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German Pages 1156 Year 2020
Brücken bauen Festschrift für Marcelo Sancinetti zum 70. Geburtstag
Herausgegeben von
Eric Hilgendorf, Marcelo D. Lerman und Fernando J. Córdoba
Duncker & Humblot . Berlin
ERIC HILGENDORF, MARCELO D. LERMAN und FERNANDO J. CÓRDOBA (Hrsg.)
Festschrift für Marcelo Sancinetti zum 70. Geburtstag
Schriften zum Strafrechtsvergleich Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf, Würzburg und Prof. Dr. Brian Valerius, Bayreuth
Band 12
Brücken bauen Festschrift für Marcelo Sancinetti zum 70. Geburtstag
Herausgegeben von
Eric Hilgendorf, Marcelo D. Lerman und Fernando J. Córdoba
Duncker & Humblot · Berlin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: Das Druckteam Berlin Printed in Germany ISSN 2364-8155 ISBN 978-3-428-18027-1 (Print) ISBN 978-3-428-58027-9 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Marcelo Sancinetti, einer der bedeutendsten Strafrechtslehrer Lateinamerikas, begeht am 27. November 2020 seinen 70. Geburtstag. Aus diesem Anlass entstand die vorliegende Festschrift, die deutlich machen soll, wie viel seine Schülerinnen und Schüler, Kolleginnen und Kollegen in Lateinamerika und Europa dem verehrten Jubilar verdanken. Sancinetti entstammt, wie er selbst schreibt,1 bescheidenen Verhältnissen. Nachdem er kurze Zeit mit der Idee eines geistlichen Berufes gespielt hatte, trat er Ende 1968 in die Militärhochschule Argentinien ein, die er jedoch kurz darauf wieder verließ, um an der Universität von Buenos Aires Jura zu studieren. Im Laufe des Studiums begann er, die deutsche Sprache zu lernen und das Lehrbuch von Hans Welzel zu lesen, eine Lektüre, die ihn offenbar von Anfang an faszinierte. Über Welzel entdeckte Sancinetti seine Liebe zum Strafrecht und zur Rechtsphilosophie. Schon bald begann er, selbst zu publizieren, u. a. eine Fallsammlung zum Strafrecht, die im Jahr 1975 erschien. 1982 schloss er sein Studium mit einem Spitzenergebnis ab, was ihm eine Tätigkeit als Vertretungs-Professor (Profesor adjunto interino) für Strafrecht und Internationales Privatrecht an der Universität von Buenos Aires ermöglichte. Daneben war er als Anwalt tätig. 1985/86 verbrachte Sancinetti zwei Forschungssemester an der Complutense Universität in Madrid und begann, sich im Detail mit der Begründung der Versuchsstrafbarkeit und der Theorie der Normen zu beschäftigen. In diesem Zusammenhang fing er an, die Dissertation von Diethart Zielinski in das Spanische zu übersetzen. Nach seiner Rückkehr nach Argentinien arbeitete Sancinetti wieder an der Universität von Buenos Aires und leitete ab 1986 einen Lehrstuhl für Strafrecht (als Profesor asociado regular). Im Jahr 1990 erwarb er seinen ersten Doktortitel mit der Arbeit „Teoría del delito y disvalor de acción“ (Verbrechenslehre und Handlungsunwert) an der Universität Buenos Aires. Ein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung ermöglichte es Sancinetti, 1991 bis 1993 unter der Leitung von Günther Jakobs in Bonn zu studieren und forschen. Sancinetti hat diese Zeit im Rückblick als „eine der intellektuell angenehmsten und fruchtbarsten Erfahrungen“ seines Lebens bezeichnet.2 Ein Ergebnis der Bonner Jahre ist Sancinettis in Deutschland bekanntestes Werk über „Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch“, das 1995 in deutscher Sprache erschien. Es handelt sich um die deutsche Fassung seiner zweiten Doktorarbeit, die er 1994 an der Universidad Complutense de Madrid eingereicht 1 Siehe seine Autobiographie in Eric Hilgendorf (Hrsg.), Die ausländische Strafrechtswissenschaft in Selbstdarstellungen, Berlin 2019, S. 407 – 438 (409). 2 Autobiographie (Fn. 1), S. 425.
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Vorwort
hatte. Der Grundgedanke des Werkes ist die Befreiung des Unrechtsbegriffs von „kausaler Magie“ und vom Erfolgsunwert. Bis heute gilt Sancinetti als einer der wichtigsten Vertreter eines radikalen Subjektivismus im Strafrecht. 1996 erhielt Sancinetti den Titel eines ordentlichen Professors (Profesor titular regular) an der Universität von Buenos Aires, eine Position, die er bis heute innehat. Wie in Argentinien üblich, war und ist er neben seiner Tätigkeit als Hochschullehrer auch als Anwalt tätig. In dieser Funktion erstellte er ab 2010 ein sehr umfangreiches Gutachten für die Argentinische Bischofskonferenz, was ihn in persönlichen Kontakt mit deren damaligem Präsidenten, dem Kardinal Jorge Mario Bergoglio und heutigen Papst Franziskus, brachte, den er 2013 im Vatikan besuchte. Im Jahr 2007 absolvierte Sancinetti einen Forschungsaufenthalt in Freiburg unter der Betreuung von Wolfgang Frisch, um die Relevanz hypothetischer Kausalverläufe im Strafrecht zu untersuchen. Auch dieser Aufenthalt wurde von der Alexander von Humboldt-Stiftung finanziert. 2010 wurde ihm ein Ehrendoktortitel der Universität Cuenca del Plata (Corrientes, Argentinien) verliehen. Daneben übersetzte er zusammen mit seinen Schülern zahlreiche deutsche Werke in das Spanische. Sancinettis zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten fanden in der gesamten spanisch- und deutschsprachigen Strafrechtswissenschaft große Anerkennung, was umso bemerkenswerter ist, als der verehrte Jubilar sein Leben lang die Neigung zeigte, eher „gegen den Strom schwimmen“ zu wollen. Zu seinen Tugenden gehören ein unbedingter Wahrheitswillen, wissenschaftliche Eigenständigkeit, Konsequenz und Hartnäckigkeit, verbunden mit bescheidener Zurückhaltung und größter Freundlichkeit, vor allem jüngeren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gegenüber. Heute gehört Sancinetti zu den wichtigsten Brückenbauern zwischen der lateinamerikanischen und der deutschen Strafrechtswissenschaft und zu den hervorragendsten Vertretern der internationalen Strafrechtswissenschaft weltweit. Diese Festschrift hätte ohne die engagierte Unterstützung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Würzburg und Buenos Aires nicht erscheinen können. Die Herausgeber danken insbesondere Herrn Leandro A. Dias, Frau María Lucila Tuñón Corti, Herrn Nicolas Woltmann und Herrn Justus Alain Köhn für ihre engagierte Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung der Beiträge. Zu danken haben wir ferner dem Verlag Duncker & Humblot und seinem Leiter, Herrn Dr. Florian Simon, für die Bereitschaft, das Werk in die „Schriftenreihe zum Strafrechtsvergleich“ aufzunehmen. Die Herausgeber hoffen, dass das Vorbild Sancinettis auch in Zukunft viele jüngere Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler aus Lateinamerika, Europa und der übrigen Welt inspirieren und zur gemeinsamen Arbeit an der internationalen Strafrechtswissenschaft motivieren wird! Würzburg und Buenos Aires, im Mai 2020
Eric Hilgendorf, Marcelo D. Lerman und Fernando J. Cordoba
Prólogo Marcelo Sancinetti, uno de los juristas penales más significativos de América Latina, celebra el 27 de noviembre de 1950 su 70.8 cumpleaños. Por este motivo surge el presente libro de homenaje, que ha de dejar en claro cuánto agradecimiento le deben sus discípulas y discípulos, y sus colegas de América Latina y Europa al venerado homenajeado. Sancinetti proviene, tal como él mismo escribe1, de circunstancias familiares humildes. Después de que él, por breve lapso, analizó la idea de dedicarse a la vida espiritual, ingresó a fines de 1968 en el Colegio Militar de la Nación Argentina, carrera que sin embargo abandonó poco después, para estudiar Derecho en la Universidad de Buenos Aires. En el curso de sus estudios comenzó a aprender alemán y a leer el Lehrbuch de Welzel, una lectura que visiblemente lo fascinó desde el comienzo. Por medio de Welzel, Sancinetti descubrió también su amor por el Derecho Penal y la Filosofía del Derecho. Bien pronto comenzó a publicar por sí mismo, entre otras cosas, un compendio de Casos de Derecho Penal, que apareció en el año 1975. En 1982 concluyó sus estudios con un promedio alto, lo que le posibilitó ejercer la actividad docente, primero, como Profesor adjunto interino de Derecho Penal, Parte General y Especial, y de Derecho Internacional Privado, en la Universidad de Buenos Aires. Paralelamente ejerció como abogado. En 1985/86 pasó dos semestres de investigación en la Universidad Complutense de Madrid, y comenzó a ocuparse en detalle de la fundamentación de la punibilidad de la tentativa y de la teoría de las normas. En ese contexto comenzó a traducir al español la tesis doctoral de Diethart Zielinski. Tras su regreso a la Argentina volvió a su actividad en la Universidad de Buenos Aires y desde 1986 dirige una cátedra como Profesor asociado regular. En 1990 obtuvo su primer título de Doctor con su trabajo “Teoría del delito y disvalor de acción”. Una beca de la Fundación Alexander von Humboldt le posibilitó a Sancinetti una estancia en Bonn entre los años 1991 y 1993, donde él estudió e investigó durante dos años y medio bajo la dirección de Günther Jakobs. Sancinetti caracteriza esta época, en mirada retrospectiva, como “una de las experiencias intelectuales más agradables y nutritivas” de su vida.2 Un producto de los años en Bonn es la obra de Sancinetti más conocida en Alemania sobre “Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch” (Fundamentación subjetiva del ilícito y desistimiento de la tentativa), que apareció en lengua alemana en 1995. Se trata de la versión alemana de su segundo trabajo de 1 Ver su autobiografía en Eric Hilgendorf (comp.), Die ausländische Strafrechtswissenschaft in Selbstdarstellungen, Berlin 2019, p. 407 – 438 (409). 2 Autobiografía(nota 1), S. 425.
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Prólogo
tesis doctoral, que él había presentado en 1994 ante la Universidad Complutense de Madrid. La idea básica de la obra es la de librar al concepto de ilícito de la “magia causal“ y del disvalor de resultado. En la actualidad, Sancinetti es uno de los representantes más importantes de un subjetivismo radical en el Derecho Penal. En 1996 Sancinetti recibió el título de Profesor titular regular de la Universidad de Buenos Aires, una posición que conserva hasta hoy. Tal como es usual en la Argentina, fue y es, junto a su ejercicio como profesor universitario, también activo en la profesión de abogado. En esta función redactó, a partir de 2010, un muy extenso dictamen para la Conferencia Episcopal Argentina, lo cual lo puso en contacto personal con su presidente de entonces, el Cardenal Jorge Mario Bergoglio (hoy Papa Francisco), a quien visitó en 2013 en la Ciudad del Vaticano. En el año 2007 Sancinetti llevó a cabo una estancia de investigación en Friburgo, bajo la tutoría científica de Wolfgang Frisch, para investigar la relevancia de los cursos causales hipotéticos en el Derecho Penal. También esta estadía fue financiada por la Fundación Alexander von Humboldt. En el año 2010 le fue otorgado un título de Doctor honoris causa por la Universidad de la Cuenca del Plata (Corrientes, Argentina). Más allá de eso, tradujo al español numerosas obras alemanas, en ocasiones en colaboración con sus discípulos. Los numerosos trabajos científicos de Sancinetti hallaron un gran reconocimiento en toda la ciencia del Derecho Penal de lengua española y alemana, algo que resulta por demás digno de señalar, dado que el venerado homenajeado, a lo largo de su vida, más bien ha mostrado la inclinación a querer “nadar contra la corriente“. Forman parte de sus virtudes una voluntad incondicional por la verdad, la independiencia científica, la coherencia y la tenacidad, que acompañan su humildad y amabilidad, sobre todo frente a las científicas y científicos jóvenes. Actualmente, Sancinetti forma parte de los más importantes constructores de puentes entre la ciencia del Derecho Penal latinoamericana y la alemana y de los representantes más excelsos de la ciencia del Derecho Penal del mundo entero. Este Libro de Homenaje no habría podido aparecer sin el comprometido apoyo de nuestras colaboradoras y colaboradores de Würzburg y Buenos Aires. Los compiladores agradecen especialmente al Sr. Leandro A. Dias, a la Sra. María Lucila Tuñón Corti, al Sr. Nicolas Woltmann y al Sr. Justus Alain Köhn por el comprometido apoyo en el trabajo de revisión de las redacciones de las contribuciones. Además, debemos agradecer a la editorial Duncker & Humblot y a su director, Sr. Dr. Florian Simon, por la predisposición a acoger la obra en la “Schriftenreihe zum Strafrechtsvergleich“ (Serie de escritos sobre Derecho Penal comparado). Los compiladores esperan que el ejemplo de Sancinetti inspire, también en el futuro, a muchas jóvenes científicas y muchos jóvenes científicos de América
Prólogo
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Latina, Europa y del resto del mundo y que motive al trabajo en común en la ciencia internacional del Derecho Penal. Würzburg y Buenos Aires, mayo de 2020
Eric Hilgendorf, Marcelo D. Lerman y Fernando J. Córdoba
Inhaltsverzeichnis
I. Grundlagen Kai Ambos und Peter Rackow Was ist Gesinnungsstrafrecht? Überlegungen unter Berücksichtigung des § 89a Abs. 2a StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Jörg Arnold Rechtsradikalismus und Strafrecht. Einige Betrachtungen aus Anlass des Buches von Kai Ambos „Nationalsozialistisches Strafrecht. Kontinuität und Radikalisierung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Enrique Bacigalupo La recepción de la dogmática penal alemana en la ciencia penal argentina . . .
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Alejandro Chehtman Subjetivismo y objetivismo en la ética de los conflictos armados . . . . . . . . . . .
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María Angélica Gelli Las complejidades de la punición en Argentina y las leyes interpretativas en materia penal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Luís Greco Strafe als Bürgerpflicht? Reflexionen zur Straftheorie von Michael Pawlik . . .
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Ulfrid Neumann Zufall, Gerechtigkeit und strafrechtliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
119
Guillermo Orce Sind Pflichten eines anderen zu erfüllen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Michael Pawlik Die bürgerliche Mitwirkungspflicht im Strafrecht und die Stellung der Exkludierten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145
Guido Pincione Suerte moral, capitalismo y socialismo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
159
Alejandro F. Poquet La imagen en el derecho penal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
173
Yesid Reyes Der Mythos des Erfolges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
189
Eduardo Rivera López Cómo rechazar la suerte moral en los resultados y no en las circunstancias . . .
201
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Inhaltsverzeichnis
Friedrich-Christian Schroeder Beobachtungen zur Theorie der Strafgesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Horacio Spector Verantwortung, Kausalität und Freier Wille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
219
II. Allgemeiner Teil Fernando J. Córdoba La competencia de la víctima. La aplicación de las reglas de la teoría del delito para su determinación . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
237
Leandro A. Dias Hypothetische Einwilligung und Patientenautonomie. Eine analytische Rekonstruktion der Debatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
253
Daniel H. Domínguez Henaín El tratamiento jurídico penal de la injerencia en el código penal paraguayo . .
271
Edgardo Alberto Donna La imputación subjetiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
285
Armin Engländer Zur Begründung der Notwehr im deutschen Strafrecht: überindividualistisch, dualistisch oder individualistisch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
297
Gonzalo D. Fernández El error sobre las causas de justificación . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
313
Marcelo Ferrante El problema de la imprudencia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
333
Wolfgang Frisch Konzepte der Unrechtsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
347
Helmut Frister Psychisch vermittelte Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
367
Gonzalo García Palominos Imputación a la persona jurídica por la conducta delictiva de una persona física: ¿imputación penal por sus consecuencias? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
385
Gustavo E. L. Garibaldi Antijuridicidad y justificación. ¿Dos caras de la misma moneda? . . . . . . . . . .
399
Enrique Gimbernat Ordeig Die Aidsübertragung durch Geschlechtsverkehr als straflose Selbstgefährdung
419
Anette Grünewald „Sozialethische“ Einschränkungen des Notwehrrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
427
Inhaltsverzeichnis
13
Volker Haas Subjektive Unrechtslehre, Versuch und Rücktritt – eine kritische Würdigung der Theorie von Sancinetti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
439
Eric Hilgendorf Unrechtshandlung und kausale Zurechnung. Ein Vorschlag zur Fortentwicklung der Lehre von der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
451
Andreas Hoyer Verwirklichungs- und Vermeidewillen bei Vorsatz und Fahrlässigkeit . . . . . . .
473
Günther Jakobs Bemerkungen zur Kausalität als Vorsatzgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
485
Urs Kindhäuser Sobre el consentimiento en el derecho penal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
499
Michael Kubiciel Geschichts- und Begriffspolitik in der Debatte um das Unternehmensstrafrecht
513
Carsten Kusche Die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Betreiber sozialer Netzwerke. Eine Bewährungsprobe (nicht nur) für die Dogmatik des Allgemeinen Teils des Strafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
529
Carlos J. Lascano y Diego A. Peretti Ávila El regreso del dolus malus, pero ahora en el tipo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
543
Marcelo D. Lerman Unterlassen durch Tun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
551
Juan Pablo Mañalich R. Situación-de-deber y acabamiento de la tentativa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
563
Omar Palermo Das eigene Unrecht der Teilnahme an einer fremden Tat? . . . . . . . . . . . . . . . .
577
Nelson R. Pessoa Autor en el derecho argentino es el “ejecutor del hecho”, art. 45 CP. Propuesta de reconstrucción dogmática . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
593
Ingeborg Puppe Strafrechtliches Glück für den Täter, aber nicht für das Opfer? Zur Erfolgszurechnung beim dolus generalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
609
Ricardo Robles Planas Die Struktur der Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
617
Frauke Rostalski Straftatbegriff und strafbefreiender Rücktritt. Zur gebotenen Abkehr von den gesetzesfremden Begriffen des fehlgeschlagenen, beendeten und unbeendeten Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
635
Maximiliano Rusconi Die Anstiftung: eine umstrittene Form der strafbaren Teilnahme . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
Jesús-María Silva Sánchez „Verschämte Zufallshaftung“ bei fahrlässigen Straftaten? . . . . . . . . . . . . . . . . .
669
Kolis Summerer Hypothetische Kausalverläufe und rechtmäßiges Alternativverhalten . . . . . . . .
681
Gustavo F. Trovato Problemas de la responsabilidad penal de las personas jurídicas. Dogmática y compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
693
José Urquizo Olaechea Causalidad y normativismo en el derecho penal. Correctivos desde la presunción de inocencia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
705
Mario Villar Las acciones neutrales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
719
III. Besonderer Teil José R. Béguelin Strafverteidigerhonorar, Geldwäsche und Hehlerei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
735
José Antonio Caro John La participación del extraneus en los delitos de infracción de deber . . . . . . . .
751
Paola Dropulich Perspectivas de fundamentación de la responsabilidad penal en la estafa . . . . .
769
María de las Mercedes Galli Falsificación de moneda y bien jurídico protegido . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
785
Héctor Hernández Basualto De nuevo sobre el enriquecimiento ilícito . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
795
Thomas Kliegel Handlungs- und Erfolgsunwert illegaler Straßenrennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
805
Hans Kudlich „Externe interne“ Ermittlungen bei Berufsgeheimnisträgern und die Reichweite des § 203 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
817
Wolfgang Mitsch Rücktritt vom untauglichen Deliktsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
829
Gonzalo Javier Molina El aborto en el bloque de constitucionalidad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
845
Luis Emilio Rojas A. Falso testimonio como frustración de una pretensión de verdad . . . . . . . . . . . .
857
Claus Roxin Zum Gefahrzusammenhang bei der Körperverletzung mit Todesfolge . . . . . . .
871
Inhaltsverzeichnis
Brian Valerius Einwilligung in gemeingefährliche Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Strafprozessrecht Javier Esteban de la Fuente La legitimidad de la internación de incapaces de culpabilidad como medida de seguridad penal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
903
José Milton Peralta Nemo tenetur: warum eigentlich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
913
Mariana Sacher Zur Herausbildung des inquisitorischen Prozessmodells. Paradigmenwechsel in Lateinamerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
927
Eugenio C. Sarrabayrouse Die singuläre Zeugenaussage und die Beweiswürdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
939
Bernd Schünemann Urteilsabsprachen im Strafverfahren oder die Rückkehr des Rechtsstaats zum Tauschhandel. Eine mit Fußnoten versehene Festrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
953
Petra Velten Konkrete und abstrakte Zweifel bei der Beweiswürdigung . . . . . . . . . . . . . . . .
969
Thomas Wostry Die Beweisantragsfrist gemäß § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO . . . . . . . . . . . . . .
981
Patricia S. Ziffer Principio de inocencia y sentencias erróneas: las enseñanzas del “caso Cabituna” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
999
V. Kriminologie und internationale Kriminalpolitik Manuel Cancio Meliá Rechtsraum der Europäischen Union, Unionsbürgerschaft und Auslieferung von EU-Bürgern. Betrachtungen aus spanisch-deutscher Perspektive . . . . . . . . 1021 Ivó Coca-Vila Die strafähnliche Ausbürgerung von Terroristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035 Alejandro Kiss Autoría mediata: hacia otra expansión en la jurisprudencia de la Corte Penal Internacional . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1053 Norbert Lösing ESMA und GRÖNING. Die späte Reaktion auf Systemunrecht . . . . . . . . . . . . 1067 Teresa Manso Porto Strafrecht als Instrument der Migrationskontrolle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
16
Inhaltsverzeichnis
Walter Perron Justicia penal transicional: la experiencia Alemana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1097 Letizia Seminara Algunas observaciones sobre el funcionalismo penal europeo, en torno al art. 83 TFUE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1113 Lista exhaustiva de publicaciones Prof. Dr. mult., Dr. h.c. Marcelo Alberto Sancinetti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1125 Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1151
I. Grundlagen
Was ist Gesinnungsstrafrecht? Überlegungen unter Berücksichtigung des § 89a Abs. 2a StGB Von Kai Ambos und Peter Rackow Marcelo Sancinetti steht für ein explizit subjektivistisches Unrechtsverständnis,1 wie es hierzulande insbesondere von Armin Kaufmann, Diethart Zielinski und Eberhard Struensee vertreten wird.2 Charakteristisch für sein System ist dabei der Blick auf die kognitive Erfassung des (unerlaubten) Risikos3 durch den Täter, welches die Schwelle zur Strafbarkeit markiert,4 sodass der dem beendeten Versuch die Grund1 Vgl. insbesondere Sancinetti, Fundamentación subjetiva del ilícito y desistimiento de la tentativa, Bogota 1995; hier in deutscher Übersetzung zitiert: Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch, Köln/Berlin/Bonn/München 1995; vgl. auch ders., Teoria del delito y disvalor de acción, Buenos Aires 2001 (Begründung eines personalen, am Handlungsunwert orientierten Unrechtsverständnisses). 2 Vgl. Kaufmann, Lebendiges und Totes in Bindings Normentheorie, Göttingen 1954; Zielinski, Handlungs- und Erfolgsunwert im Unrechtsbegriff. Untersuchungen zur Struktur von Unrechtsbegründung und Unrechtsausschluß, Berlin 1973 (übersetzt von Sancinetti: Disvalor de acción y disvalor de resultado en el concepto de ilícito. Análisis de la estructura de la fundamentación y exclusión del ilícito, Buenos Aires 1990; siehe ferner seine Übersetzung der Kommentierung Zielinskis der §§ 15 – 16 StGB im AK-StGB: Dolo e imprudencia. Comentario a los §§ 15 y 16 del Código penal alemán, Buenos Aires 2003); Struensee, Versuch und Vorsatz, in: Dornseifer/Horn/Schilling/Schöne/Struensee/Zielinski (Hrsg.), GS Armin Kaufmann (1989), S. 523 ff. sowie Verursachungsvorsatz und Wahnkausalität, ZStW 102 (1990), S. 21 (zusammenfassende Übersetzung von Sancinetti: Dolo, tentativa y delito putativo, Buenos Aires 2003). 3 Sancinetti, in: Schünemann/Achenbach/Bottke/Haffke/Rudolphi (Hrsg.), FS Roxin (2001), S. 349 (356 f.): „Wird dem ,Willens’element des Vorsatzes konstitutive Bedeutung zugemessen, so impliziert dies ein Verständnis des Vorsatzes als ,böser Wille‘, das als Relikt eines Gesinnungsstrafrechts abzulehnen ist; nur die Kenntnis eines relevanten Risikos ist entscheidend“. Sancinetti, Teoría del delito, S. 92: „En la común tendencia a ver una mayor gravedad del dolo directo, sobre el eventual, sí es manifiesta la influencia de un derecho penal de ánimo, porque la ,decision de accion’, como tal, debería ser lo decisivo; y no el mayor o menor deseo en los resultados de la decisión.“ (Herv. im Original). 4 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 43: „Das Strafrecht vermag jenen Willensentschluß zu erfassen, der gemäß der Vorstellung des Täters schon eine aktuelle Anmaßung eines fremden Organisationskreises bedeutet (in maleficiis voluntas spectatur, non exitus)“. Insoweit geht es jedoch nicht um eine Form eines Täterstrafrechts, denn an den Willensentschluss wird eben nicht etwa als Persönlichkeitsausdruck angeknüpft, sondern als Entscheidung für ein gefährliches Tun (vgl. o. Fn. 3). Vgl. hier auch Sancinetti, Teoría del delito, S. 94 „Naturalmente, una teoría del ilícito circunscripta al disvalor de acción (entendido como disvalor de la voluntad de realización) no sólo ofrecería ya un handicap imposible de
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lage gebende unwiderrufliche (kognitive) Entschluss beispielsweise für die Herbeiführung des Todes eines anderen Menschen sich als „perfekte[r] Bruch“ des Tötungsverbots darstellt.5 In diesem Zusammenhang hat er sich auch, wie wir unten erneut sehen werden6, zum Gesinnungsstrafrecht geäußert. Wir hegen deshalb die Hoffnung, dass die folgenden, ihm in jahrzehntelanger Verbundenheit zugeeigneten Überlegungen auf sein Interesse stoßen werden.
I. Begriffliche Vorüberlegungen Mit der – schwer zu datierenden7 – Einführung der Gesinnung in das Strafrecht wird es notwendig, den zunächst psychologisch, insbesondere philosophisch und auch alltagssprachlich besetzten bzw. entwickelten Begriff der Gesinnung8 strafrechtlich zu legitimieren und operationalisieren. Zum Teil geschieht dies dadurch, dass (aus einem außerstrafrechtlichen Begriffsverständnis herrührende) Inhalte, die als Anknüpfungspunkte für strafrechtliche Wertungen bzw. Konsequenzen ungeeignet erscheinen, begriffsmodifizierend ausgeschieden werden. Dies gilt etwa für die Abschichtung des Soseins des Täters, seines Charakters aus einem strafrechtlichen Gesinnungsbegriff9 und insbesondere für die Abgrenzung gegenüber einem reinen „Gedankenstrafrecht“.10 Verschiedentlich findet sich des Weiteren ein Bemühen, superar, sino que sería además equivocada (conceptualmente) y peligrosa (políticamente), si identificara la decisión de voluntad, como concordante con la ación prohibida, o distinta a ésta, según cómo fuera la personalidad del autor.“ (Herv. im Original). 5 Vgl. Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 66; Sancinetti, GA 2016, 411 (421): „… ab einem bestimmten Entwicklungsstadium [tritt] entweder Vollendung ein […] oder eben nicht …, ohne dass dem freien Willen dieser Unterschied angelastet werden kann“. Angesichts dessen stellt eine Erfolgs(unrechts)orientierung, aus der Sicht Sancinettis, die er insbesondere in Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen Ansatz Carlos S. Ninos’ entwickelt, keine Gewähr für ein liberales Strafrecht dar. Vgl. Sancinetti, Teoría del delito, S. 79 ff., prägnant S. 86 („… no se puede disuadir otra cosa que una decisión de acción“) (Herv. im Original). 6 Vgl. Haupttext zu Fn. 42 u. 44 sowie bereits o. Fn. 3. 7 Wann diese stattgefunden hat, ist schwer zu sagen. Schmidhäuser verweist in seinem grundlegenden Werk „Gesinnungsmerkmale im Strafrecht“, S. 1 insoweit auf das Rechtsverständnis der „,… soziologischen Schule‘“ (vgl. zu v. Liszt insoweit u. Fn. 13 mit Haupttext), des Weiteren darauf, dass das StGB seit seiner Einführung mit dem Begriff der Gesinnung arbeitet sowie auf die hinter den Begrifflichkeiten stehende (rechts-)philosophische Frage, „inwieweit sich das Strafrecht mit der Gesinnung des Täters befassen dürfe“. Kelker, S. 8 m.w.N. verweist auf „Hinweise auf eine Berücksichtigung der Gesinnung des Täters“ bereits in der Constitutio Criminalis Carolina und der Constitutio Bambergensis. Sehr modern anmutende Passagen etwa bei Feuerbach oder Zachariä (u. Fn. 31 u. 33) deuten darauf hin, dass die mit dem Begriff des Gesinnungsstrafrechts verbundene Sachproblematik schon lange als solche im Blick der Wissenschaft ist. 8 Vgl. insoweit Schmidhäuser, S. 24 ff. 9 Vgl. Kelker, S. 147 m.w.N. 10 Vgl. insow. bspw. die Unterscheidung zwischen einem tatbezogenen Gesinnungsstrafrecht („in maleficiis animus“) und einem nicht tatbezogenen Willensstrafrecht („in maleficiis
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ein einem vorstrafrechtlichen Gesinnungsbegriff anhaftendes Moment der Dauerhaftigkeit11 abzuschleifen und so den Begriff der Gesinnung für auf konkrete Taten bezogene Wertungen tauglich zu machen.12 Eine ganz andere, dezidiert am Strafzweck der Spezialprävention ausgerichtete Herangehensweise findet sich dann bei v. Liszt: legitimiert man Strafe und Strafrecht spezialpräventiv, mag sich das Verbrechen objektiv als „antisoziale Richtung“ einer Handlung und subjektiv als „die antisoziale Gesinnung“ des „Verbrecher[s]“ charakterisieren lassen.13 Es lässt sich also festhalten, dass der Begriff „Gesinnungsstrafrecht“ bisweilen ein Strafrecht meint, dass ganz ausdrücklich an dasjenige, was seine Verfechter jeweils unter „Gesinnung“ verstehen, anzuknüpfen sucht. Dies gilt natürlich insbesondere für die Exponenten eines dezidiert ideologisch-politischen Strafrechtsverständnisvoluntas“) bei Bettiol, in: Kaufmann/Bemmann/Krauss/Volk (Hrsg.), FS-Bockelmann (1979), S. 333 (340); hierzu auch Ambos, GA 2009, 561 (575). Freilich zeigt sich, dass die Begrifflichkeiten bzw. überlieferten Lehrsätze nicht einheitlich gehandhabt werden; so versteht Sancinetti, wie gesehen (o. Fn. 3 f.), die von Kaiser Hadrian überlieferte Wendung „in maleficiis voluntas spectatur, non exitus“ (Digesten 48. 8. 14., dt. Übersetzung bei Glöckner, S. 47: „bei Missetaten wird auf den Willen geachtet, nicht auf den Erfolg“) gerade nicht in einem täterstrafrechtlichen Sinne. Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 41 erläutert dann auch, dass dem Satz des Ulpian („cogitationis poenam nemo patitur“, Digesten 48. 19. 18., dt. Übersetzung bei Glöckner, S. 47: „[Bloßer] Gedanken Strafe erduldet niemand“) lediglich ein „Bewertungsverbot bezüglich derjenigen Gedanken, die überhaupt noch nicht von der Herrschaft losgelöst sind“, entnommen werden könne, sodass dieser durchaus mit dem Reseript („Rückantwort“) des Hadrian in Einklang zu bringen sei (so auch schon etwa Berner, S. 269). 11 Exemplarisch etwa Binder, ZStrR 67 (1952), 307 (313) („Dauerhaltung der Psyche“); Schmidhäuser, S. 69 („eine auf die Verwirklichung sittlicher Ideale gerichtete geistige Werthaltung von gewisser Dauer“); aus neuerer Zeit Timm, S. 18 f. m.w.N, die ein Verständnis von Gesinnung als „einer Einstellung bzw. Haltung des Einzelnen zu gesellschaftlichen Werten“ als konsensual erachtet und dann selbst Gesinnung definiert als „Grundhaltung zu Werten …, die von gewisser Beständigkeit ist, jedoch entsprechend ihrer Entstehung durch freien Willensakt geändert werden kann“ (37) (Herv. im Original). 12 Exemplarisch insoweit Gallas, in: Engisch/Maurach (Hrsg.), FS Mezger (1954), S. 311 (324): „Wert oder Unwert der in der konkreten Tat aktualisierten Haltung“ (unsere Herv.); vgl. auch Gallas, ZStW 60 (1941), 374 (380): „Der gesuchte Täterbegriff darf andererseits auch nicht von der verbrecherischen Tat abstrahieren, nicht wie der kriminelle Tätertyp allein auf das individuelle So-sein des Täters gegründet sein. Denn es handelt sich ja um eine Fragestellung innerhalb des Tatstrafrechts, nicht um die Auffindung eines anderweitigen Strafprinzips“. In diese Richtung weisen insbes. auch die Rechtsprechung sowie die Erläuterungen des Schrifttums zu § 46 Abs. 2 S. 2 StGB; vgl. etwa MüKoStGB/Miebach/Maier, 3. Aufl. 2016, StGB § 46 Rn. 193 („Einstellung …, die sich in der Tat ausgedrückt hat“); auch Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020, § 46 Rn. 27. Bei alldem ergeben sich Berührungspunkte zwischen einem (strafrechtlichen) Gesinnungsbegriff und dem Begriff des Gewissens bzw. damit dem Problem des Gewissenstäters. Der diesbezügliche Diskurs lässt sich indes anhand seiner Stoßrichtung – inwieweit ist (diesseits der Fälle des Verbotsirrtums) dem Umstand strafrechtlich Rechnung zu tragen, dass eine Straftat Ausdruck einer Gewissensentscheidung ist (eingehend Frisch, in: Hoyer/Müller/Pawlik/Wolter [Hrsg.], FS Schroeder [2006], S. 11 ff.)? – gegenüber der hier zu behandelnden Thematik abschichten. 13 v. Liszt, S. 386: „Die verbrecherische Gesinnung ist die rechtswidrige, oder was dasselbe sagen will, die antisoziale Gesinnung“.
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ses,14 wie es insbesondere das nationalsozialistische Strafrechtsverständnis repräsentiert.15 Im Gesamtbild mag man von einem (problembewusst) „konstruktiven“ Begriffsverständnis derjenigen Ansätze sprechen, die sich darum bemühen, dem Begriff der Gesinnung einen Inhalt zu geben, der in einer (rechtsstaatlich) plausibilisierbaren Weise strafrechtliche Ableitungen ermöglicht16, während die Integration des Gesinnungsbegriffs in ein tätertypisches System als „affirmativ“ bezeichnet werden könnte.17 Vielfach wird nun aber bekanntlich ein nicht akzeptables Anknüpfen strafrechtlicher Wertung an Täterinterna auf den Begriff des Gesinnungsstrafrechts gebracht.18 Als eine deliktsgruppenspezifische Unterspielart dieses verbreiteten, hier sogenannten „pejorativen“ Begriffsverständnisses lässt sich dabei die Kritik an Äußerungsdelikten identifizieren. Die werfen eigenständige, nicht zuletzt mit Art. 5 GG verbundene Fragen auf19, die indes aus der hier behandelten allgemeinen Thematik hinausführen und daher im gegebenen Rahmen nicht weiterverfolgt werden können. Was die Vertreter eines – hier so bezeichneten – allgemein-„pejorativen“ Begriffsverständnisses des Gesinnungsstrafrechts anbelangt, ist es charakteristisch, dass der Be14 Zur politischen Strafrechtswissenschaft insoweit grdl. Schaffstein, Politische Strafrechtswissenschaft, S. 6 ff.; dazu auch Ambos, Nationalsozialistisches Strafrecht, S. 20 f.; ausführlicher Ambos, NS Criminal Law, S. 27 ff. 15 Vgl. etwa die Verschränkung der Tätertypenlehre mit dem Gesinnungsbegriff bei Mezger, ZStW 60 (1941), 353 (356 ff.): „Echte Tätertypik liegt aber überall dort vor, wo die Gesinnung des Täters bei der Beurteilung der Tat eine entscheidende Rolle spielt“ (358). Zum Zusammenhang mit der Schaffsteinschen Pflichtverletzungslehre siehe Ambos, Nationalsozialistisches Strafrecht, S. 105 ff.; zum Zusammenhang mit dem Täter-/Willensstrafrecht ebd., S. 112 ff.; zu Erik Wolfs normativer Täterlehre mit Gesinnungstypus ebd. S. 119 ff. 16 Die Exponenten eines derartigen Verständnisses können in der Sache freilich weit auseinanderliegen. Vgl. insoweit etwa die dezidierte Abgrenzung von Schmidhäuser, S. 100 ff., gegenüber einem an das Inhaltsverständnis der Psychologie anknüpfenden konstruktiven Gesinnungsbegriff, S. 105 („… das scheint hier doch wohl mit einem Bruch in der Sache selbst auf strafrechtliche Sachverhalte aufgepfropft zu werden …“). Schmidhäuser selbst will dann auf einen an die Gesinnungsethik Kants anknüpfenden Gesinnungsbegriff als Grundlage eines Schuldstrafrechts hinaus, welches sich im hier sogenannten konstruktiven Sinne als Gesinnungsstrafrecht bezeichnen ließe (Schmidhäuser, in: Lackner/Leferenz/Schmidt/Welp/Wolff [Hrsg.], FS-Gallas [1973], S. 81 [90 ff., insbes. 93 f.]). 17 Vgl. etwa das in Fn. 15 wiedergegebene Zitat. 18 Vgl. etwa Welzel, S. 46; Frisch, JuS 1983, 915 (917) differenzierend zu den Absichtsmerkmalen des Besonderen Teils; Roxin, § 10 Rn. 78 die echten Gesinnungsmerkmale problematisierend; Tag, JR 1997, 49 (51) im Kontext der Diskussion um die neutrale Beihilfe; im Zusammenhang mit § 89a StGB BGHSt 62, 102 (114); Ambos, JR 2017, 655 (659 f.); Puschke, NJW 2017, 2932; Gazeas/Grosse/Wilde, StV 2018, 84 (87); Petzsche, ZStW 131 (2019), 576 (588 ff.); Weißer, RW 2019, 453 (474 f.); schließlich Timm, S. 13: „Vorwurf des Gesinnungsstrafrechts ist einer der härtesten, der einem auf Rechtsstaatlichkeit bedachten Strafrechtssystem gegenüber formuliert werde kann“. 19 Vgl. etwa BVerfG NJW 2010, 47 dazu, dass § 130 Abs. 4 StGB zwar tatsächlich kein allgemeines Gesetz darstellt, als Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts jedoch zu legitimieren sei. Vgl. hierzu Timm, S. 102 f. m.w.N.
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griff der Gesinnung von diesen nicht näher ausgearbeitet20, sondern die für strafrechtliche Wertungen bzw. Konsequenzen gegebene „Entscheidungsrolle“ „subjektivpsychische[r] Dat[en]“ als gesinnungsstrafrechtsverdächtig behandelt wird.21 In jüngster Zeit wird „Gesinnungsstrafrecht“ hierzulande insbesondere im Zusammenhang mit zwei durch den deutschen Gesetzgeber neu geschaffene Vorschriften diskutiert, die ihre (wesentlichen) Entstehungshintergründe im islamistischen (§ 89a StGB22) bzw. rechtsgerichteten Extremismus/Terrorismus (§ 46 Abs. 2 S. 2 StGB) haben. Die Ambivalenzen der Thematik scheinen auf, wenn eine Anwaltspraktikerin mit Bezug auf die zweitgenannte Vorschrift berichtet, in Strafverfahren gegen Angeklagte aus dem rechten Spektrum werde der Opfervertretung des Öfteren entgegengehalten, es gebe nun einmal „keine Gesinnungsjustiz (mehr)“23 und die Bundestagsfraktionen der FDP sowie der Linken die Einführung der §§ 89a, b und 91 StGB unter dem Aspekt eines drohenden Gesinnungsstrafrechts kritisiert haben.24 § 46 Abs. 2 S. 2 StGB n.F. betrifft dabei ausschließlich die Rechtsfolgenseite und stellt in ihrem 2015 neugefassten Teil25 eine Norm dar, die ganz im Kontext der 20
ve“. 21
Vgl. insow. auch Degener, JZ 2001, 388 (394): „Der Begriff verschlingt alles Subjekti-
Prägnant Degener, JZ 2001, 388 (394). Vgl. exemplarisch Rath, S. 64, der darauf abstellt, inwieweit „die (innere) Disposition des Täters über das Gegebensein von Kriminalunrecht entscheiden“ soll; des Weiteren Gropp, in: Sinn/Gropp/Nagy (Hrsg.), Grenzen der Vorverlagerung in einem Tatstrafrecht (2011), S. 99 (115) „Wenn das, was jemand getan hat, nicht strafwürdig ist, wenn er es nicht in einer bestimmten Gesinnung getan hat, dann konstituiert die Gesinnung die Strafbarkeit“; zust. Petzsche, ZStW 131 (2019), 576 (580 u. 588); vgl. des Weiteren Frisch, JuS 1983, 915 (917) („Gegen sie [gemeint ist die Lösung von Fällen „neutraler“ Strafvereitelung anhand der subjektiven Tatseite] spricht zunächst ganz grundsätzlich, daß danach Verhaltensweisen, die an sich unbedenklich bzw. sozialadäquat sind …, allein durch das Hinzutreten einer unwertigen Absicht zu unwertigem tatbestandsmäßigen Verhalten werden sollen. Das ist blankes Gesinnungsstrafrecht … “); Frisch, S. 141; vgl. des Weiteren etwa Kargl, ZStW 103 (1991), 136 (169) zu § 246 StGB: „Aus dem eben zum Gesinnungsstrafrecht Gesagten wissen wir jetzt, daß keinesfalls jeder beliebige Akt, der irgendwie den Zueignungsvorsatz manifestiert, in Betracht kommt“; Tag, JR 1997, 49 (51): „… zumindest auch eine objektive Komponente zur Bestimmung des gegebenenfalls durch neutrale Unterstützungshandlungen verwirklichten strafrechtlichen Unrechts erforderlich“. Timm, S. 217 m.w.N. fragt danach, ob sich „als Gesinnungsmerkmale etikettierte Gesetzesmerkmale in solche Verhaltenselemente ,übersetzen‘ [lassen], die für die spezifische Verhaltensmissbilligung legitimerweise ausschlaggebend sind“. 22 § 89a eingef. mWv 4. 8. 2009 durch das Gesetz zur Verhinderung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten v. 30. 7. 2009 (BGBl. I S. 2437); Abs. 2 Nr. 2 und 3 geänd., Nr. 4 aufgeh., Abs. 2a eingef. mWv 20. 6. 2015 durch Gesetz v. 12. 6. 2015 (BGBl. I S. 926); Abs. 4 Sätze 1 und 2 geänd. mWv 8. 9. 2015 durch VO v. 31. 8. 2015 (BGBl. I S. 1474); Abs. 6 geänd. mWv 1. 7. 2017 durch Gesetz v. 13. 4. 2017 (BGBl. I S. 872). 23 Götz, AnwBl. 2016, 563. 24 Vgl. insoweit BT-Drs. 17/13517, S. 1 u. 13 f. 25 § 46 Abs. 2 S. 2 wurde – infolge von Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages mit Gesetz v. 12. 6. 2015 (BGBl. I BGBl. I S. 925) – durch Einfügung des Passus „besonders auch rassistische, fremdenfeindliche und sonstige menschenverachtende Ziele des Täters“ ergänzt.
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Hate-Crime-Problematik zu sehen ist, welche hier nicht weiter vertieft werden kann.26 Nach alldem erscheint es angesichts gänzlich unterschiedlicher (begrifflich/konzeptioneller) Ausgangspunkte der Verfechter eines „konstruktiven“ Gesinnungsstrafrechts27 zum Einen und der überwiegend eben negativen Konnotation des Begriffs „Gesinnungsstrafrechts“ zum Anderen im Folgenden ertragreicher, aus der Denkrichtung des „pejorativen“ Begriffsverständnisses unter Präzisierung der Ausgangsfrage zu erörtern, ab welchem Punkt die Anknüpfung der Wertung „strafbar“ an Interna als inakzeptables „Gesinnungsstrafrecht“ beschreibbar bzw. zu kritisieren ist.
II. Einwände/Bedenken/Befürchtungen Hierzu seien zunächst die bekannten Hintergrunderwägungen eines „pejorativen“ Verständnisses in Erinnerung gerufen, die zugleich eine grundsätzliche, eine prozessuale und eine rechtspolitische Perspektive akzentuieren. Was das Grundsätzliche anbelangt, steht im Zentrum der Gedanke, dass in einem Tatstrafrecht jedenfalls der „bloße Handlungsentschluss“ nicht als strafbar behandelt werden könne, weil andernfalls der Staat Moralität erzwinge28. Eine Verfeinerung dieser auf Ulpian29 zurückgeführten Abschichtung eines reinen Gedankenstrafrechts30 stellt der Hinweis darauf dar, dass eine (zu starke) Subjektivierung straftatbestandlichen Unrechts es dem Normunterworfenen (ab einem gewissen Punkt) verunmögliche, durch sein Ver-
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Vgl. insoweit bereits Bittmann, DRiZ 2007, 323 (323 f.) u. a. dazu, dass sich unter dem Aspekt des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes ein „Sonderstrafrecht allein für ,rechte‘ Straftäter“ verböte. Grundsätzlich lässt sich aber ein strafzumessungsrechtliches Anknüpfen an die „Einzeltatgesinnung“ (StGB, 67 Aufl. 2020, § 46 Rn. 27) insbesondere unter spezialpräventivem Aspekt jedenfalls plausibilisieren (ebenso Gropp, in: Sinn/Gropp/Nagy [Hrsg.], Grenzen der Vorverlagerung in einem Tatstrafrecht [2011], S. 99 [115]): Beim Täter einer Körperverletzung, der aus einer grundsätzlich rechtsgutsfeindlichen Gesinnung heraus gehandelt hat, sind andere Rechtsfolgen veranlasst als bei demjenigen, der etwa im Grenzbereich einer Rechtfertigungslage gehandelt hat. Explizit a.A. indes Timm, JR 2014, 141 (146): „So kann bei der Strafzumessung eindeutig ein überschießender Anteil isoliert werden, der ausschließlich an die Geisteshaltung des Täters anknüpft. Dieses separate – zusätzliche – Übel wird allein aufgrund der schlechten Gedanken des Einzelnen verhängt. Es richtet sich also ein spezifischer Teil der Bestrafung unmittelbar gegen die Gesinnung der Person“. 27 Vgl. oben Fn. 8 ff. 28 Hirsch, in: Schünemann/Achenbach/Bottke/Haffke/Rudolphi (Hrsg.), FS Roxin (2001), S. 711 (722) (Herv. nicht im Original); vgl. auch unten Haupttext zu u. Fn. 59. 29 Vgl. o. Fn 10. 30 Etwa von Jakobs (vgl. u. Fn. 39). Vgl. Glöckner, S. 2 mit Fn. 3 dazu, dass der Satz des Ulpian im Zusammenhang mit der Frage nach den Kompetenzen von Amtsträgern steht, „nicht mit Inhalten des neuzeitlichen Begriffes der ,Gedankenfreiheit‘ gekoppelt war“ und dann aber von den Glossatoren als Umschreibung der „untere[n] Grenze der Strafbarkeit“ verstanden wurde.
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halten strafrechtlicher Verfolgung zu entgehen.31 Aus prozessualer Sicht wird argumentiert, dass ein noch nicht objektivierter „Wille … zumeist noch nicht faßbar“ sei.32 Gewissermaßen die Verlängerung dieses Gesichtspunkts bildet der Gedanke, dass die Kriminalisierung allzu farbloser, „unauffälliger“ Handlungen (anhand der sie tragenden Interna) dazu zu führen drohe, dass die Strafverfolgungsbehörden in einem unvertretbaren Ausmaß Ermittlungsverfahren an „Alltags“-Tun anknüpfen (müssten).33 Gemeinsamer Nenner scheint bei alldem die Vorstellung, dass sich eine Anknüpfung strafrechtlicher Wertungen bzw. Konsequenzen an Interna verbieten muss, wo diese mit Blick auf die je zugrunde gelegte Funktion des Strafrechts bzw. der Strafe dysfunktional ausfallen müsste.34 Überdies erweist sich eine Anknüpfung strafrechtlicher Wertungen an „Gesinnung“ als für eine ideologische Vereinnahmung des Strafrechts anfälliger – denken wir nur an das nationalsozialistische Gesinnungsstrafrecht!35 – als etwa ein Strafrecht, das an der Gefährlichkeit von Handlungen ausgerichtet ist. Die Durchschlagskraft dieses letztgenannten Bedenkens sollte freilich nicht überschätzt werden, denn die Geschichte hat gezeigt, dass es durchaus möglich gewesen ist, auch den Rechtsgutsbegriff durch eine (diesen entsprechende) Teleologisierung den Bedürfnissen eines nationalsozialistischen Strafrechtsverständnisses zu öffnen. Angesichts dessen erscheint der seinerzeitige Streit zwischen den Verfechtern eines radikalen „Gesinnungs- oder Pflichtenstrafrechts“ (sog. Kieler Schule) und den Vertretern eines teleologischen Rechtsgutsverständnisses (Marbur31 So weisen Sieber/Vogel, S. 140 im Zusammenhang mit den Vorschriften des GVVG auf die Gefahr hin, dass „alltägliches und sozialadäquates Verhalten … bei Vorliegen einer deliktischen Absicht kriminalisiert“ wird. Vgl. auch schon Feuerbach, S. 34: „Dieser Begriff, der den Hochverrat blos nach der Absicht bestimmt, ohne im geringsten eine eigenthümliche Beschaffenheit der Handlung an sich zu berücksichtigen, paßt für eine moralische Gesetzgebung, die hochverrätherische Gesinnungen einem Richterstuhl unterwerfen will, nicht für eine bürgerliche Gesetzgebung …“; vgl. hierzu auch Schroeder, S. 298 f. sowie auch bereits die Nw. in Fn. 21. 32 Hirsch, in: Schünemann/Achenbach/Bottke/Haffke/Rudolphi (Hrsg.), FS Roxin (2001), S. 711 (722). Vor diesem Hintergrund wurde ein „reines Gesinnungsstrafrecht“ selbst von (einigen) Verfechtern eines nationalsozialistischen Strafrechts abgelehnt; dazu Ambos, Nationalsozialistisches Strafrecht, S. 46 m. Fn. 174 u. S. 114 f. Vgl. insow. aber auch Fn. 61. 33 Vgl. insoweit besonders nachdrücklich Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (762) (in seiner ersten, noch deskriptiv-kritischen Analyse des Feindstrafrechts) unter Verweis auf Zachariä, S. 210; „Der Richter würde gegen Jeden, der in eine Apotheke tritt und Gift fordert, gegen Jeden, der sich ein Gewehr kauft oder Leitern und Stricke angeschafft hat, zu inquirieren berechtigt seyn, ob dies nicht in der Absicht geschehen sey, ein Verbrechen zu verüben, und in tausend anderen Fällen auf eine empörende Art in das Leben der Bürger eingreifen können“. 34 Prägnant insoweit bereits Stratenwerth, in: Welzel/Conrad/Armin Kaufmann/Hilde Kaufmann (Hrsg.), FS-v. Weber (1963), S. 171 (179) unter Verweis auf Schmidhäuser: „Auf die Gesinnung kann jedoch nur dann abgestellt werden, wenn sie einen ,möglichen Platz im System der Straftat findet‘, wenn sie sich als sinnvolle Voraussetzung der Strafe darstellt; …“. 35 Exemplarisch Schaffstein, DRWis 1 (1936), 39 (46): „Für uns ist … Sinn der Strafe und des Strafrechts nicht mehr Schutz von Individualsphären, sondern Reinigung und zugleich Schutz der Volksgemeinschaft durch die Ausscheidung des Entarteten. So liegt nichts näher, als dem Ausdruck einer entarteten Gesinnung unmittelbare Unrechtsbedeutung zuzuerkennen“. Dazu auch Ambos, Nationalsozialistisches Strafrecht, S. 105 ff., 114 ff. und passim.
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ger Schule, insbesondere Schwinge) als ein im Ergebnis wenig bedeutsames „Scheingefecht“36. Und natürlich hat sich die Problematik der Offenheit des Rechtsgutskonzepts nicht mit dem Ende des Dritten Reichs erledigt37.
III. Strafrechtliche Geschäftsgrundlagen Geht man davon aus, dass sich von – pejorativ verstandenem – Gesinnungsstrafrecht sprechen lässt, wo strafrechtliche Wertungen bzw. Konsequenzen in einer Art und Weise an Interna anknüpfen, die mit Blick auf die je zugrunde gelegte Funktion des Strafrechts bzw. der Strafe dysfunktional ausfallen muss, so lassen sich weiterführende Einsichten zwangsläufig nur abhängig von den zugrunde gelegten Funktionen bzw. Zwecken des Strafrechts bzw. der Strafe gewinnen. Insoweit ergeben sich dann weit auseinander liegende Folgerungen je nachdem, ob man von einem Strafrecht ausgeht, das seinen Zweck im Rechtsgüterschutz (oder der Schadensvermeidung)38 sieht oder nicht. So argumentiert Jakobs unter expliziter Anknüpfung an den Satz des Ulpian „cogitationis poenam nemo patitur“39 und bei gleichzeitiger Ablehnung des Rechtsgutsdogmas40, dass eine Handlung, die „erst auffällt, wenn man die Interna des Täters kennt“, prinzipiell nicht mit Strafe geahndet werden dürfe, „denn Strafgrund wären ansonsten die Interna“.41 Indes lässt sich, wie nicht zuletzt 36
Näher Ambos, Nationalsozialistisches Strafrecht, S. 106 f. m.w.N. Vgl. Ambos, in: Zöller/Hilger/Küper/Roxin (Hrsg.), FS Wolter (2013), S. 1285 (1288 ff.). Ins Bild gehört dabei auch, dass das BVerfG sich in seiner Inzestentscheidung bemerkenswert deutlich gegenüber einem gesetzgebungskritischen Rechtsgutsverständnis abgegrenzt hat, da die „Berufung auf angeblich vorfindliche oder durch Instanzen jenseits des Gesetzgebers ,anerkannte‘ Rechtsgüter“ den Strafgesetzgeber in seiner ihm obliegenden Entscheidung hinsichtlich der „mit den Mitteln des Strafrechts zu schützenden Güter“ einzuschränken drohe (NJW 2008, 1137 [1138]). Das Defizit einer (an sich natürlich wünschenswerten) „Konstitutionalisierung“ strafrechtstheoretisch begründeter gesetzgeberischer Beschränkung zeigt sich des Weiteren in der „dezisionistischen Abwägungspraxis des BVerfG“ bei der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Ambos, GA 2017, 308 [321]). 38 Zum angloamerikanischen harm principle s. insoweit Ambos, in: Zöller/Hilger/Küper/ Roxin (Hrsg.), FS Wolter (2013), S. 1285 (1293 ff.); im Vergleich zum Rechtsgutskonzept Ambos, GA 2017, 308 ff. m.w.N. 39 Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (753 u. 755). Übersetzung des Satzes schon o. Fn. 10. 40 Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (752 f., 753: „… zur Selbstbegrenzung insoweit unfähige[r] Rechtsgüterschutzansatz …“). 41 Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (762). Vgl. auch Pawlik, GA 2006, 240 (241): „Der Bürger eines freiheitlichen Staates schuldet strafrechtlich nie mehr als äußerliche Verhaltenskonformität. Ist die äußere Gestalt seines Verhaltens unauffällig – und in einer freiheitlichen Gesellschaft ist dies solange der Fall, wie mindestens eine ,nicht-kriminelle‘ Deutungsalternative plausibel bleibt –, so hat der Bürger seine Pflicht erfüllt“. Pawlik grenzt sich a.a.O. ab gegen „die höchst zweifelhafte Kompensation objektiver Strafbarkeitsmängel durch subjektive Gegebenheiten“; ob ein bestimmtes Verhalten der „Rolle als Bürger“ noch eben entspricht, soll gerade nicht von Interna abhängen. Vgl. auch ders., Das Unrecht des Bürgers (2012), S. 380 m. Fn. 716, wo – im Rahmen eines grundlegenden Systementwurfs, der von einer 37
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der Jubilar aufgezeigt hat, durchaus auch innerhalb eines „System[s], das auf der Desavouierung einer Norm aufgrund eines Willensfehlers aufgebaut ist“42 (und eben nicht auf Rechtsgüterschutz), eine weniger rigorose Linie ziehen, welche die schroffe Ausscheidung jedes „per se unauffällige[n] externe[n] Verhalten[s]“43 aus dem Bereich des strafrechtlich Erfassbaren vermeidet und stattdessen (auf freilich recht hohem Abstraktionsniveau) danach unterscheidet, ob ein „Willensentschluss … nicht schon auf das Äußere zielt“ bzw. „sogar für den Täter selbst noch im eigenen Organisationskreis verbleibt (cogitationis poenam nemo partitur)“ oder aber der Entschluss „gemäß der Vorstellung des Täters bereits eine aktuelle Anmaßung eines fremden Organisationskreises bedeutet (in maleficiis voluntas spectatur, non exitus)“.44 Geht man im Sinne dieses Ansatzes45 davon aus, dass strafrechtliche Ahndung weder dem Schutz von Rechtsgütern noch der Bestätigung von Handlungswerten dient, sondern auf Rechtsverhältnisverletzungen reagiert, die die Selbständigkeit anderer bzw. der „Gemeinschaftsformen“ der Person grundlegend beeinträchtigen,46 so lässt sich vertreten, dass eine solche „Rechtsverhältnisverletzung“ eben erst dort vorliegt, wo vom Handelnden geschaffene „Gefahrbedingungen“ bereits „ohne weitere selbstbestimmte Handlungen des Täters oder anderer Personen in Verletzungen umschlagen können“.47 Andernfalls fehlt es noch an einer gewissermaßen unwiderruflichen Betätigung eines „,böse‘-unrechtsbezogene[n] Willen[s]“48, was dann darauf hinausläuft, dass Strafe eben nur an den (noch nicht in maßgeblicher Weise betätigten) bösen Willen geknüpft wird. Sieht man dagegen den legitimierenden Sachgrund des Strafrechts bzw. seiner Anwendung im Rechtsgüterschutz (oder der Schadensvermeidung), so ergibt sich ein von vornherein anderes Bild. Denn auch eine Handlung, die nicht (ohne Weiteres) „auffällt“ (und sich damit eben nicht als eine ohne Weiteres erkennbare und infolgedessen generalpräventiv-erosive Auflehnung gegen eine Norm darstellt), kann mehr „strafrechtlichen Mitwirkungspflicht“ des Bürgers (insbes. S. 255 ff.) zur „Aufrechterhaltung eines Zustands der Freiheitlichkeit“ ausgeht (s. 258 u. passim) – akzentuiert wird, dass der Straftäter „sich nicht zur Erfüllung der sein Verhalten untersagenden Verhaltensnorm motiviert hat, obgleich er vernünftiger- und zumutbarerweise erkennen mußte, daß er dadurch eine qualifiziert-unerlaubte Gefahr für die von der Verhaltensnorm geschützte Rechtsposition schuf“. Und weiter: „Unzulässig ist es deshalb, ein Minus an Gefahrvorstellung durch ein Plus an böser Absicht zu kompensieren“. 42 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 37. 43 Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (762). 44 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 43 (Herv. im Original). 45 Vgl. Gierhake, ZIS 2008, 397 (398), die zwischen drei „Hauptströmungen“, die „entweder auf das Kriterium einer Rechtsgutsverletzung oder (unmittelbaren) -gefährdung, auf einen durch die Tat bewirkten Normgeltungsschaden oder auf eine durch die Tat bewirkte Rechtsverhältnisverletzung“ abstellen, differenziert. 46 Gierhake, ZIS 2008, 397 (398). 47 Gierhake, ZIS 2008, 397 (402): „Aus diesem Grund ist das im neuen § 89a-E kodifizierte Unrecht keines, das richtigerweise mit der Sanktion Strafe … belegt werden kann“. 48 Köhler, S. 23.
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oder weniger gefährlich sein.49 Ebenso wenig verbietet sich aus dieser Sicht prinzipiell die Kriminalisierung von Verhaltensweisen, die noch eines Anknüpfungshandelns bedürfen, um Verletzungserfolge zu kausieren. So wird etwa im Zusammenhang mit den Besitzdelikten des Waffenrechts darauf hingewiesen, dass Waffen ihre bestimmungsgemäße Benutzung nahelegen, sodass bereits der Besitz gefährlich sei.50 Darf man insoweit die (erheblichen) dogmatischen Bedenken gegenüber Besitzdelikten nicht übersehen51, so dürften sich zumindest Kernanwendungsfälle derartiger „Zustandsdelikte“ legitimieren lassen, wenn man mit Blick auf den Schuldgrundsatz zumindest einen „Besitzwille[n] und ein Mindestbewusstsein bezüglich der besessenen Sache“ verlangt52 und – namentlich beim verbotenen Waffenbesitz – differenzierende Regeln schafft, die etwa an die Umstände der Verwahrung und die Art der Waffe anknüpfen53. Über das Ziel der rechtsstaatlichen Begrenzung von Besitzdelikten dürfte es jedenfalls hinausschießen, auch den Besitz „per se gefährlicher“ Sachen kategorisch für nicht pönalisierbar zu erklären. Auf der Basis des Rechtsgüterschutzprinzips (bzw. auch je nach dem zugrunde gelegten Verständnis des Organisationskreises, für den der Betreffende verantwortlich ist54) lässt sich des Weiteren die „Entscheidungsrolle“55 zunächst des Tatbestandsvorsatzes plausibilisieren. Wer nämlich zum einen tatsächlich die Erfolgseignung seines Tuns erkannt und gebilligt hat und zum anderen auch in Bezug darauf, dass sein erfolgsgeeignetes Tun unerlaubt riskant ist, vorsätzlich handelt, entscheidet sich als autonomes Rechtssubjekt für die Tatbestandsverwirklichung; wer demgegenüber (wie etwa der lege artis operierende Chirurg, der aus persönlichem Groll sei-
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Angesichts dessen erledigt sich (unter rechtsgüterschützendem Blickwinkel) die Diskussion um sog. neutrale Handlungen auch nicht dann, wenn man hierunter „äußerlich ganz unverfängliche Verhaltensweisen“ versteht (so etwa Stratenwerth/Kuhlen, § 12 Rn. 160), quasi von selbst (vgl. Rackow, S. 31 ff., 117 m.w.N.). 50 Vgl. Sinn, S. 219 („jederzeitige Aktualisierbarkeit“; „potentielle Macht“). Auch Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (770) gelangt unter dem Aspekt der Normgeltungsbeeinträchtigung zur Kriminalisierbarkeit („Prototypen von Deliktswerkzeugen“; „… jedenfalls würde es die zur Normgeltung erforderliche kognitive Sicherheit beeinträchtigen, wenn man die freie Produktion und den freien Verkehr solcher Objekte zulassen wollte“). Gierhake, ZIS 2008, 397 (401) dagegen meint, dass von den „nebengesetzlichen Spezialregeln zum Umgang mit Waffen und gefährlichen Stoffen etc.“ abgesehen werden könne, was indes Zweifel an der (hinreichenden) Praktikabilität der von ihr verfochtenen (in sich natürlich konsequenten) starren Linie weckt, zumal wenn man bedenkt, dass die strafbewehrten Verbote des Waffenrechts ganz im Gegensatz zu den Vorbereitungsverboten des GVVG kriminalpolitisch weitgehend unumstritten sind. 51 Eingehend Ambos, in: Joerden/Schmoller (Hrsg.), FS Yamanaka (2017), S. 223 (224 ff.). 52 Ambos, in: Joerden/Schmoller (Hrsg.), FS Yamanaka (2017), S. 223 (234 u. 236). 53 Ambos, in: Joerden/Schmoller (Hrsg.), FS Yamanaka (2017), S. 223 (227 f.). 54 Dann nämlich, wenn man insoweit nicht auf das Kriterium des erkennbaren „Störens“ der Willensbetätigung bzw. eine Überschreitung der sozialen Rolle des Bürgers abhebt, sondern auf den beendeten Versuch (o. Fn. 3 ff.). 55 Vgl. o. Haupttext zu Fn. 21.
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nem Patienten gegenüber inständig darauf hofft, dass dieser in der Narkose bleibt56) lediglich den Erfolg will, setzt auf einen Zufall, der ihm im „Erfolgsfalle“ nicht angelastet werden kann.57 Dass die Frage danach, ob ein subjektiv-psychisches Datum eine für die Strafbarkeit eines Verhaltens entscheidende Rolle spielt, keinen tauglichen Lackmustest auf (illegitimes) Gesinnungsstrafrecht darstellt, zeigt sich ferner darin, dass eine derartige Grenzziehung auch die Schuld als gesinnungsstrafrechtlich indizieren würde.58 Umgekehrt kann es für eine legitime strafrechtliche Anknüpfung an ein Internum aus mehrerlei Gründen nicht hinreichend sein, dass dieses überhaupt mit einem Verhalten verbunden ist, sich ein böser Wille nur irgendwie manifestiert hat. Denn dann wäre die (bekanntlich maßgeblich auf Kant zurückgehende) Differenzierung zwischen moralischem Verhalten – von der „ Idee der Pflicht selbst“ motiviert – und lediglich legalem Verhalten – auf anderer, externer Motivation beruhend – hinfällig.59 Erklärte man nämlich, dass sich eine Handlung bereits dann als pflichtwidrig-strafbar ausweisen lässt, wenn sich in ihr eine üble Gesinnung überhaupt entäußert, so 56 Fall bei Maiwald, in: Vogler/Herrmann/Krümpelmann/Moos/Triffterer/Leibinger/ Schaffmeister/Meyer/Hünerfeld/Behrendt (Hrsg.), FS-Jescheck I (1985), S. 405 (422 f.). 57 Bereits nicht mehr eindeutig ist das Meinungsbild dagegen bekanntlich, wenn man sich den Chirurgen mit Sonderwissen hinsichtlich der Gefährlichkeit der an sich üblichen Operation denkt. Indes führt dieser Gedanke (akzentuiert man die rechtsgüterschützende Funktion des Strafrechts) auf einen weniger problematischen Nebenkriegsschauplatz, denn das Sonderwissen des Chirurgen markiert eben eine objektiv gesteigerte Gefährlichkeit seines Tuns (vgl. Greco, ZStW 117 [2005], 519 [537 ff.]; a.A. etwa Burkhardt, in: Wolter/Freund [Hrsg.], Straftat, Strafzumessung und Strafprozess im gesamten Strafrechtssystem [1996], 99 [105]). Vgl. auch Sancinetti, in: Schünemann/Achenbach/Bottke/Haffke/Rudolphi (Hrsg.), FS Roxin (2001), S. 349 (357) m.w.N. 58 Degener, JZ 2001, 388 (394). Vgl. ferner Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 37 dazu, dass auch beim Versuch „der innere Inhalt, der Voraussetzung der Strafbarkeit ist, weiter geht als dasjenige, was effektiv externalisiert worden ist“. 59 Vgl. Kant, S. 21; eingehend zur Unterscheidung von Legalität und Moralität bei Kant Kelker, S. 375 ff. Vgl. an dieser Stelle i.Ü. Schmidhäuser, in: Lackner/Leferenz/Schmidt/ Welp/Wolff (Hrsg.), FS-Gallas (1973), S. 81 (82 ff.) eingehend dazu, dass Kant bisweilen als Vertreter einer radikalen Gesinnungsethik missverstanden werde, für die der Erfolg einer Handlung unmaßgeblich ist, soweit sie nur in der rechten Gesinnung vorgenommen wird. Eine derartige „,reine[]‘ Gesinnungsethik“, die auf die „oberflächlich rigoristische Haltung“ (Schmidhäuser, in: Lackner/Leferenz/Schmidt/Welp/Wolff [Hrsg.], FS-Gallas [1973], S. 81 [82]; vgl. auch Gallas, in: Arthur Kaufmann [Hrsg.], FS-Bockelmann [1979], S. 155 [165]: „überspitzte Gesinnungsethik“) abstellt, dürfte indes in der Tat größere Probleme haben, zwischen Legalität und Moralität zu differenzieren und für gesinnungsstrafrechtliche Tendenzen anfällig sein; denn wo die eine „oberflächlich rigoristische Haltung“ gesellschaftliches Lob erfährt, liegt der Gedanke nicht allzu fern, auf die entgegengesetzte bzw. eine abweichende Haltung mit einem Tadel zu reagieren. M.a.W. dürfte ein (illegitimes) Gesinnungsstrafrecht letztlich in demselben Entsprechungsverhältnis zu einer „,reinen‘ Gesinnungsethik“ (82) stehen, das Schmidhäuser für eine wohlverstandene Gesinnungsethik Kant’scher Provenienz und das von ihm als Gesinnungsstrafrecht begriffene Schuldstrafrecht annimmt (94): „Man könnte auch dartun, daß sich Erfolgsethik und Erfolgsstrafrecht entsprechen wie Gesinnungsethik und Gesinnungsstrafrecht“.
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liefe dies darauf hinaus, das Handlungsattribut „pflichtwidrig“ (bzw. pflichtgemäß) von der Gesinnung abhängig zu machen, die die Handlung trägt, und so die Kategorien Pflicht und Gesinnung miteinander zu vermengen.60 Hinzu tritt, dass es dem Abstellen darauf, ob die üble Gesinnung irgendwie Eingang in ein äußerliches Verhalten gefunden hat, an Differenzierungspotential fehlt, weil „sich das Subjekt [ohnehin] durch sein Dasein und Sosein in der äußeren Welt“ stets irgendwie (seiner Gesinnung entsprechend) verhält.61
IV. Folgerungen Unsere Überlegungen können nun also dahingehend zusammengefasst werden, dass – pejorativ verstandenes – Gesinnungsstrafrecht dort vorliegt, wo strafrechtliche Wertungen bzw. Konsequenzen von Subjektiv-Psychischem (Interna) abgeleitet werden, ohne dass es hierfür einen sachlichen Grund gibt. Ob es einen sachlichen Grund gibt oder nicht hängt dann zum einen davon ab, was für ein Verständnis der Funktion des Strafrechts und des Zwecks der Strafe man zugrunde legt62, und zum anderen, in welcher Art und Weise eine bestimmte Norm (oder Rechtsprechungspraxis) Täterinterna eine „Entscheidungsrolle“ zuweist. In bereichsspezifischen Diskussionen haben insoweit insbesondere Absichts-63 bzw. Gesinnungsmerkmale64 über lange Zeit eine hervorgehobene Rolle gespielt, 60 Natürlich ist genau dieses gewissermaßen die Quintessenz des „Gesinnungs- oder Pflichtenstrafrechts“ der Kieler Schule (vgl. Schaffstein, in: Dahm/Huber/Larenz/Michaelis/ Schaffstein/Siebert [Hrsg.], Grundfragen der neuen Rechtswissenschaft [1935], S. 108, 128 f. mit dem Bsp. eines zur Lüge entschlossenen Zeugen, der irrig die Wahrheit sagt, und wegen [vollendeter] Falschaussage haften muss, weil er nach Lage der Dinge durch seine wahre Aussage seine falsche Einstellung gegenüber der Wahrheitspflicht betätigt hat; hierzu Ambos, Nationalsozialistisches Strafrecht, S. 107 f.). 61 Rath, S. 15 f.; vgl. hier auch Sieber/Vogel, S. 140 („Atmen eines Menschen in Verbindung mit einem Tötungsentschluss“). Ein praxisnäheres Beispiel dürfte die Niederlegung einer bösen Absicht in einem Tagebuch oder einem Computersystem sein. Vgl. insoweit erneut Sieber/Vogel, a.a.O.: „Mindestgehalt des Verbots eines ,Gedankenstrafrechts‘ ist demnach, dass der Bürger für sein Verhalten in der Außenwelt bestraft wird. Bloße Absichten dürfen – auch wenn sie anderen mitgeteilt und damit nach außen erkennbar werden – nicht bestraft werden. Dem Verbot des ,Gedankenstrafrechts‘ liegt die Erkenntnis zugrunde, dass zwischen bösen Absichten einerseits und ihrer Umsetzung andererseits eine grundlegende Trennung zu erfolgen hat. Denn dem zur Eigenverantwortlichkeit befähigten Menschen kann und muss zugetraut werden, sich trotz böser Gedanken für das Recht zu entscheiden. Wollte der Staat bereits die bösen Gedanken sanktionieren – wozu er angesichts der ihm heute technisch zur Verfügung stehenden Ausforschungsmöglichkeiten durchaus in weitem Umfang in der Lage wäre – so würde der Bürger nicht mehr als eigenverantwortliche Person respektiert“. 62 Vgl. o. Haupttext zu Fn. 38 ff. 63 Dass eine differenzierende Betrachtung vonnöten ist, lässt sich besonders gut an den Absichtsmerkmalen aufzeigen: Wo solche strafbegrenzend – so etwa die Zueignungsabsicht im Verhältnis zwischen Diebstahl und strafloser Gebrauchsentziehung – bzw. unrechtskontu-
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rührt doch deren gesinnungsstrafrechtliche Anfälligkeit von einer jeweiligen tatbestandlichen Inkongruenz des Objektiven und Subjektiven her, was die Frage aufwirft, ob Strafe nicht entscheidend bzw. letztlich ausschließlich an Internes anknüpft.65 Demgegenüber hat sich die neuere Diskussion vor dem Hintergrund der Schaffung von Vorfelddelikten insbesondere dem Aspekt der Kriminalisierung von (prima facie) alltäglichem bzw. sozial-adäquatem Verhalten anhand der dieses tragenden Interna zugewandt66. Dieser Aspekt der Thematik erhält seine eigene Note dadurch, dass Normen (wie etwa § 89a Abs. 2a StGB) dezidiert als rechtsgüterschützend verstanden werden wollen67, dabei jedoch an zunehmend unscharfe Rechtsgüter (oder gar nur Rechtsgutspostulate) anknüpfen.68 Ein (freilich auch wiederum ausfüllungsbedürftiges) Kriterium, das insoweit in eine richtige Richtung weist, dürfte der deliktische Sinnbezug darstellen, zumal die Alltäglichkeit, Neutralität oder auch soziale Adäquanz eines Tuns letztlich kontext- bzw. kontextualisierungsabhängig bleibt.69 Was insoweit den exemplarisch herangezogenen § 89a Abs. 2a StGB anbelangt, erscheint es plausibel zur Beurteilung eines einschlägigen Verhalten als bereits strafbar oder als (noch) straflos darauf abzustellen, ob es sich aus der Perspektive eines den Deliktsplan in Rechnung stellenden Beobachters bereits als „eindeutige objektive Manifestation der Deliktsbegehungsabsicht“ darstellt.70 Dass man unter diesen Voraussetzungen nicht mehr von Alltäglichkeit sprechen muss, ist dabei letztlich nur ein Reflex des Umstands, dass der Betreffende durch solche Handlungen beginnt, sich in einer gefährlichen (und dabei seinen Organisationskreis überschreitenden71)
rierend – etwa bei der Wegnahme mit qualifizierten Nötigungsmitteln (§ 249 StGB) – wirken, lassen sich entsprechende subjektive Erfordernisse sachlich begründen. Wo dagegen das Vorliegen einer Absicht Strafbarkeit konstituiert, liegt der Vorwurf des Gesinnungsstrafrechts nahe. Dies gilt bspw. für die BGH-Rspr. zu § 315b StGB, die „äußerlich verkehrsgerechtes“ Fahrverhalten dann als gefährlichen Eingriff erfassen will, wenn es von der Absicht getragen ist, einen Unfall herbeizuführen (BGH NJW 1999, 3132 [3133]). Ein strukturell entscheidender Unterschied zu dem eher theoretischen Beispiel im Haupttext zu Fn. 56 drängt sich jedenfalls nicht auf (deutlich insoweit Rath, S. 47 [„… nichts anderes als Gesinnungsstrafrecht“]). 64 Vgl. insoweit insbesondere Schmidhäuser, Kelker und Timm. 65 Vgl. o. Haupttext zu Fn. 31 f. 66 Vgl. o. Haupttext zu Fn. 33. 67 BT-Drs. 18/4087, S. 10 („besondere Gefährlichkeit der Vorbereitungshandlung des Reisens“); dem folgend BGHSt 62, 102 (112 f.). 68 Vgl. Duttge, in: Heinrich/Hilgendorf/Mitsch/Sternberg-Lieben (Hrsg.), FS Weber (2004), S. 285 (294 f.). Vgl. zudem auch o. Haupttext zu Fn. 37. 69 BGHSt 46, 107 (113): „Weder Alltagshandlungen noch berufstypische Handlungen sind in jedem Fall neutral. Fast jede Handlung kann in einen strafbaren Kontext gestellt werden (vgl. Roxin, in: Kühne [Hrsg.], Festschrift für Koichi Miyazawa 1995, S. 501, 515). Die genannten Begriffe sind daher für sich allein nicht geeignet, strafbare Beihilfe von erlaubtem Handeln eindeutig abzugrenzen.“; Ambos, JR 2017, 650 (660); Ambos, JA 2000, 721 (724). 70 Sieber/Vogel, S. 140 f.; Ambos, JR 2017, 650 (660). 71 Vgl. o. Haupttext zu Fn. 44.
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Weise extern an seinen Tatplan zu binden.72 Da dies nach der Normfassung allerdings nicht zwingend erforderlich ist, fällt es schwer, § 89 Abs. 2a StGB nicht als illegitimes Gesinnungsstrafrecht zu werten. Soweit der dritte Strafsenat des BGH einen solchen Vorwurf unter Verweis darauf entkräften will, dass § 89a Abs. 2a StGB voraussetzt, „dass zumindest durch den Versuch der Ausreise zum Ausdruck kommen [muss], dass der Täter seine Absicht, sich zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder zur Begehung von Vorbereitungshandlungen in ein Land zu begeben, indem sich Ausbildungslager befinden, umsetzen will“73, greift dies aus den dargelegten Gründen74 zu kurz, denn allein der Versuch der Ausreise konstituiert nicht für sich eine „rechtsgutsgefährdende Betätigung“75 des bösen Willens im Sinne einer Selbstbindung an den gefassten Plan. Der Beschluss des 3. Senats76 (fügt sich insoweit in eine Linie von Entscheidungen ein, denen zumindest ein gesinnungsstrafrechtlicher Subtext zugrunde liegt.77
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Kai Ambos und Peter Rackow
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Was ist Gesinnungsstrafrecht?
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Rechtsradikalismus und Strafrecht Einige Betrachtungen aus Anlass des Buches von Kai Ambos „Nationalsozialistisches Strafrecht. Kontinuität und Radikalisierung“ Von Jörg Arnold
I. Vorwort Mit Marcelo A. Sancinetti verbindet mich – zugleich in dankbarer Erinnerung – eine intensive Zusammenarbeit im langjährigen Projekt des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht Freiburg im Breisgau zu dem Thema „Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht. Vergleichende Einblicke in Transitionsprozesse“.1 Methodenkritisch wurde im Abschlussband dieses Projekts erwähnt, dass dort die NS-Vergangenheit eine vernachlässigte Frage ist, was bedeutet, dass der Umgang mit dem deutschen Faschismus nach der Befreiung und dem Ende des 2. Weltkrieges 1945 nicht mit untersucht wurde. Diese Kritik wurde freilich damit verbunden, aufzuzeigen, dass es notwendig ist, eine Forschungsentwicklungslinie auf diesem Gebiet herauszuarbeiten.2 Als ein Gegenstand bei der Suche nach einer solchen Forschungsentwicklungslinie erweist sich das Buch von Kai Ambos: „Nationalsozialistisches Strafrecht. Kontinuität und Radikalisierung“.3 Ein besonderer Aspekt dieses Buches ist die Tatsache, dass es auf die eingehende Befassung seines Autors mit der Schrift des argentinischen Strafrechtslehrers Raúl Zaffaroni zur NS-Strafrechtsdogmatik zurückgeht.4 Mit Kai Ambos hat sich der Publikation von Zaffaroni ein besonders profunder und ausgewiesener Experte lateinamerikanischen Rechts und dortiger Rechtspraxis angenommen. Das verleiht seinem Buch über „Nationalsozialistisches Strafrecht“ zusätzliche Authentizität. Zugleich ist es mir ein willkommener Anlass, mich zu Ehren von Marcelo A. Sancinetti – der mit dem Landesbericht für Argentinien im Rahmen des erwähnten Projekts des Max-Planck-Instituts ein engagiertes Plädoyer gegen die Straflosigkeit bei 1
Eser/Arnold, Transitionsstrafrecht und Vergangenheitspolitik; Sancinetti/Ferrante, Argentinien; Sancinetti/Ferrante, El derecho penal en la protección de los derechos humanos. 2 Eser/Arnold, Transitionsstrafrecht und Vergangenheitspolitik, S. 39. 3 Ambos, Nationalsozialistisches Strafrecht; ders., Rezension Arnold, JuS 2019, 791 ff.; ders., jW v. 26. 10. 2019; s.a. Frommel, NK 2019, 334 ff.; Vormbaum, GA 2019, 579 f. 4 Zaffaroni, Doctrina Penal Nazi.
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schweren Menschenrechtsverletzungen verfasst hat – vor allem der Betrachtungen über „Nationalsozialistisches Strafrecht“ in dessen Relevanz für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus und mit prä- bzw. protofaschistischen Symptomen5 unserer Zeit in der Bundesrepublik Deutschland zuzuwenden. Dabei sollen auch rezensorische Aspekte des Buches von Kai Ambos angesprochen werden, die vor allem Fragen der Kontinuität betreffen. Rassismus und Rechtsradikalismus sind in der Bundesrepublik Deutschland verbreitete und offensichtlich im Erstarken begriffene gesellschaftliche Phänomene.6 Dazu gehören rechtsextreme Gewalt und Rechtsterrorismus, die freilich nicht auf Deutschland beschränkt, sondern auch in anderen Ländern zu beobachten sind, wie etwa das Massaker des Massenmörders Breivik im Jahre 2011 in Norwegen, oder der Anschlag im neuseeländischen Christchurch im März 2019.7 Dabei ist auch die Internationalisierung des Rechtsterrorismus nicht zu übersehen.8 Für die Bundesrepublik Deutschland herrscht keine Einigkeit über die Zahlen im Hinblick darauf, ob in den Jahren von 1990 bis 2015 75 oder 184 Menschen Todesopfer von rechter Gewalt geworden sind.9 Zwischen den Jahren 2015 und 2018 sind nach einer Statistik weitere 194 Todesopfer rechter Gewalt zu beklagen.10 Eingeschätzt wird, dass die tödliche Gewalt aus der rechtsextremen Bewegung in den allermeisten Fällen vigilantistischer Natur ist, d. h. sich gegen Vertreter sozial konstruierter Minderheitengruppen richten und die Gewalttäter annehmen können, dass ihre Taten auf Verständnis, Bestätigung oder Unterstützung aus ihrer positiven Bezugsgruppe stoßen.11 Eine besondere Rolle bei diesen Verbrechen spielte der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund (NSU). Es handelte sich um eine rechte Terrororganisation, die angeblich nur aus wenigen Personen bestanden haben soll und für die die Namen von Uwe Mundlos, Uwe Bönhardt und Beate Zschäpe stehen. Der NSU ermordete zehn Menschen, verübte mindestens drei Sprengstoffanschläge und beging 15 Raubüberfälle. Unter den getöteten Menschen befanden sich vorrangig Mitbürgerinnen und Mitbürger ausländischer Herkunft.12 Der in den letzten Jahren vor dem Oberlandesgericht München gegen die Hauptangeklagte Zschäpe – hinsichtlich Mundlos und Bönhardt wurde davon ausgegangen, dass sie Suizid begangen hätten – und weitere Mitangeklagte aus dem Umfeld des NSU geführte Strafprozess hat viel zur Aufklärung der Verbrechen beigetragen, 5
Quent, Sueddeutsche.de v. 28. 10. 2019; Quent, Rassismus. Quent, Rassismus. 7 Quent, Deutschland rechts außen, S. 189 f., S. 211 ff. 8 Förster, der Freitag 49/2019. 9 Quent, Rassismus, S. 158; Gomolla u. a. (Hrsg.), Rassismus und Rechtsextremismus in Deutschland. 10 Quent, Rassismus, S. 161. 11 Ebenda. 12 Vgl. Schultz, NSU; Quent, Rassismus; Karakayali u. a. (Hrsg.), NSU-Komplex analysieren; Schminke/Jasmin (Hrsg.), NSU-Terror; Frindte u. a. (Hrsg.), Rechtsextremismus und „Nationalsozialistischer Untergrund“. 6
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ohne aber die Verstrickungen des Staates, insbesondere durch den Verfassungsschutz, aufklären zu können bzw. zu wollen.13 Mittlerweile entstand mit der sogenannten Alternative für Deutschland (AfD) eine Partei des autoritären Nationalradikalismus, der die Einstellung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu Grunde liegt.14 Diese Partei ist sowohl im Deutschen Bundestag vertreten, wie auch in allen Landesparlamenten. Zu Recht wird diese Partei in einen rechtsradikalen Kontext gerückt.15 Bei der Bewegung „Pegida“ schließlich handelt es sich zwar nicht um eine rechte Partei, wohl aber um eine rassistische Strömung, die in Sachsen ihren Ursprung hat.16 Vor solchem Hintergrund müssen auch die neuesten rechtsterroristischen bzw. rechtsradikalen Symptome gesehen werden,17 wie die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke18 und der antisemitische Anschlag auf die Synagoge in Halle.19 Der Leiter des ARD-Magazins „Monitor“ Georg Restle stellte unlängst fest, dass bekannt sei, „dass sich einige Rechte durch Radikalisierungen im politischen Raum geradezu berufen fühlen, zur Tat zu schreiten; offenbar weil sie sich als Vollstrecker eines imaginierten ,Volkswillens‘ verstehen.“20
Rechtsextreme Gewalt und Ausländerhass fanden bereits in den 1990er Jahren einen Höhepunkt in Brandanschlägen auf Migranten in Rostock, Hoyerswerda, Solingen und Mölln.21 Oftmals wurden die Verbrechen – die zu Recht als Pogrome bezeichnet werden – von Seiten der einheimischen Bevölkerung unterstützt.22 Der Jenaer Soziologe und Rechtsextremismusforscher Matthias Quent hebt hervor, dass tätliche Angriffe auf Minderheiten oder angebliche politische Gegner in Deutschland heute alltäglich seien. Diese Hasskriminalität, die sich aufgrund einer spezifischen Gruppenzugehörigkeit gegen Personen richte, sei Normalität und damit der eigentliche Skandal.23
13
Vgl. Friedrichsen, Prozess. Vgl. Heitmeyer, Autoritäre Versuchungen, S. 323: s.a. Sauer, in: Eick/Arnold (Hrsg.), 40 Jahre RAV, S. 92 ff. 15 Friedrich, AfD; s.a. Frei u. a., Zur Rechten Zeit, S. 183 ff. 16 Heim (Hrsg.), Pegida als Spiegel und Projektionsfläche; s.a. Bartl, in: Eick/Arnold (Hrsg.), 40 Jahre RAV, S. 121 ff. 17 Vgl. Steinbacher (Hrsg.), Rechte Gewalt in Deutschland. 18 Vgl. https://www.zeit.de/thema/walter-luebcke (Stand: 26. 2. 2020). 19 Vgl. https://www.zeit.de/thema/halle-an-der-saale (Stand: 26. 2. 2020). 20 Restle, jW v. 3. 8. 2019. 21 Frei u. a., Zur Rechten Zeit, S. 161 ff. 22 Ebenda, S. 171 f. 23 Quent, Deutschland rechts außen, S. 217; dort auch Angaben über statistische Nachweise: Das Bundesinnenministerium habe im Jahr 2017 7913 und im Jahr 2018 8113 Fälle von Hasskriminalität registriert. Doch sei das Dunkelfeld der nicht angezeigten Fälle größer. 14
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Es stellt sich nun die alte Frage neu, worin die Ursachen und Erklärungen für Rechtsradikalismus und die prä- bzw. protofaschistischen Symptome unserer Zeit liegen. Bei der Suche nach einer Antwort geht es nicht darum, Schlussfolgerungen auf eine eindimensionale Kontinuität zwischen dem „Nationalsozialismus“ und dem heutigen Kapitalismus ziehen zu wollen. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass die Aussage von Max Horkheimer: „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“,24 aktuell ist und prä- bzw. protofaschistische Symptome als schleichendes Gift die heutige gesellschaftliche Wirklichkeit durchziehen und damit insoweit eine besorgniserregende Kontinuität – bei aller Diskontinuität – sichtbar wird. Es erscheint keineswegs hinreichend belegt zu sein – wovon demgegenüber aber vielfach ausgegangen wird –, dass ein Erklärungsansatz, der Ursachen für den Faschismus nicht zuletzt auch materialistisch, mithin ökonomisch sieht, obsolet geworden ist.25 Dies zeigt auch der erst unlängst veröffentlichte Vortrag von Theodor W. Adorno aus dem Jahre 1967 über „Aspekte des neuen Rechtsradikalismus“,26 der sich passagenweise wie ein Kommentar zu aktuellen Entwicklungen liest. Hinsichtlich ökonomischer kapitalistischer Verflechtungen und Faschismus sagte Adorno, dass „die Voraussetzungen faschistischer Bewegungen trotz des Zusammenbruches gesellschaftlich, wenn auch nicht unmittelbar politisch, nach wie vor fortbestehen. Dabei denke ich in erster Linie an die nach wie vor herrschende Konzentrationstendenz des Kapitals […].“27 In seinem Vortrag widmete sich Adorno aber schwerpunktmäßig der Struktur faschistischer Agitation und den sozialpsychologischen Grundlagen ihres Erfolges.28 Gleichwohl hebt der Historiker und Publizist Volker Weiß in seinem Nachwort zu der Veröffentlichung des Vortrages von Adorno auch jene von der Kritischen Theorie herausgearbeiteten Zusammenhänge zwischen Kapitalismus und Faschismus hervor.29
II. Erklärungsansätze für Rassismus, Radikalisierung und Rechtsterrorismus Vor allem aus historischer, politikwissenschaftlicher, sozialwissenschaftlicher und ökonomischer Sicht werden heute wichtige Erklärungen für das Erstarken von prä- bzw. protofaschistischen und rassistischen, wie überhaupt politisch rechten Entwicklungen gegeben, die hier nicht im Einzelnen dargestellt werden können, zumal sie komplex sind und oftmals kaum voneinander getrennt werden können.30 Dennoch 24
Horkheimer, Zeitschrift für Sozialforschung, 115 (115). Von einer „Holzhammerthese“, mit der unlängst in der WELT der Satz Horkheimers bezeichnet worden ist, kann keine Rede sein (Schmid, Welt.de v. 11. 9. 2019). 26 Adorno, Aspekte des neuen Rechtsradikalismus. 27 Ebenda, S. 10. 28 Weiß, in: Ebenda, S. 87. 29 Ebenda, S. 72 f. 30 Vgl. Quent, Deutschland rechts außen. 25
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sollen im Folgenden einige wissenschaftliche Erklärungsansätze vorgestellt werden, die auch für weitere Überlegungen zur Rolle des Strafrechts beim Umgang mit Rechtsradikalismus aufgegriffen werden könnten. 1. Gefährdungen des Rechtsstaates durch Feindbilder Feindbilder in der Gesellschaft haben sich auf Ausländer, das heißt vorrangig auf Migranten und Asylsuchende verschoben. In vermeintlicher oder tatsächlicher Ausländerkriminalität werden neue Bedrohungen und Ängste gesehen, die nicht selten zu einer auch medial anprangernden Skandalisierung und Kriminalisierung führen. Damit sind zugleich die rechtsstaatlichen Schutzmechanismen in komplexer Weise gefährdet.31 Auch vier Jahre nach dem Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise ist von Flüchtlingen und Migranten begangene Gewaltkriminalität immer noch ein brisantes Thema. Hinsichtlich der medial skandalisierten und vom Sicherheitsgefühl als quasi permanent-reale Bedrohung aufgefasste Ausländerkriminalität in Deutschland ist eine problematische „Dialektik“ von Empörung aus der Bevölkerung gegenüber dieser Kriminalität, aber auch gegenüber Justiz und Polizei wegen deren angeblichen Versagens, sprich wegen vermeintlich fehlender bzw. zu geringer Verurteilung und Repression bei Ausländerkriminalität, zu beobachten. Indem Medien in Bezug auf Kriminalität besonders über Ausländerkriminalität berichten, entsteht das Bild eines überbordenden Anteils von Ausländerkriminalität an der Gesamtkriminalität, was zu Bedrohungs- und Angstgefühlen in der Bevölkerung mit beiträgt.32 Von politisch rechten Strömungen wird Ausländerkriminalität zu menschen- und staatsfeindlichen Bekundungen und auch gewaltsamen Verhalten instrumentalisiert. Politik und Medien wiederum nutzen die Empörung und die Ängste von Teilen der Bevölkerung, um in vereinfachender Weise diese den rechten Strömungen zuzurechnen. Damit werden wichtige Bestandteile des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung ausgeklammert, u. a. jene der sozialen Sicherheit. Ein sich seit Jahren aus der Verantwortung für soziale Sicherheit zurückziehender Staat instrumentalisiert letztlich rechtsradikale Ausschreitungen für die Geringschätzung und Missachtung von berechtigten sozialen Sorgen und Nöten von bestimmten Teilen der Bevölkerung.33 Der soziale Aspekt ist dabei freilich nur eine Seite eines komplexen Ursachenund Bedingungsgefüges für Rassismus, Radikalisierung und Rechtsterrorismus.34 Eine gesellschafts- und rechtskritische Sicht greift weiter aus als verschiedene andere kritische und wichtige Einschätzungen, die die Gefährdungen des Rechtsstaates 31
Vgl. Bauman, Angst vor den anderen. Vgl. Ataman, Spiegel.de v. 8. 8. 2019. 33 Vgl. Gomolla u. a., in: dies. (Hrsg.), Rassismus und Rechtsextremismus, S. 9 ff.; Heitmeyer, Autoritäre Versuchungen, S. 330 ff.; Quent, Deutschland rechts außen, S. 27 ff. 34 Heitmeyer, Autoritäre Versuchungen. 32
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und einer menschenrechtsfreundlichen gesellschaftliche Entwicklung mit dem Schlagwort „Populismus“ kennzeichnen.35 Das Pendel rechtsstaatlicher Gefährdungen schlägt in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklung deutlich spürbar aus. Dieser Pendelausschlag ist nicht isoliert von einer gesellschaftlichen Entwicklung zu betrachten, die nicht etwa nur national begrenzt ist, sondern im Gegenteil eine international tiefgreifende Dimension aufweist. Eine kritische Theorie bzw. sozio-ökonomische Gegenwartsanalysen sind für das Aufzeigen derartiger Zusammenhänge hilfreich.36 Nur skizzenhaft und sicher auch vereinfachend lässt sich feststellen, dass wir derzeit einen schleichenden Niedergang der Demokratie erleben, einen Verlust an Stabilität demokratischer Institutionen und demokratischer Politik.37 Das Autoritäre im gegenwärtigen gesellschaftlichen System ist auf dem Vormarsch. Seinen Ausdruck findet das nicht nur in den Wahlerfolgen der AfD oder in den einmal weniger laut, mal lauter sich äußernden sogenannten Wut-Bürgern wie von Pegida. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit38 und Antisemitismus mögen momentan „nur“ Folien der Anprangerung von zu Feinden erklärten Menschen und von Demokratie und Rechtsstaat sein. Dass diese Folien aber der Verpackung gleichen Inhalts dienen und damit gesamtgesellschaftliche Ausmaße anzunehmen vermögen, ist kein irreales Gespenst, sondern eine reale Gefahr. Das wird – worauf schon hingewiesen wurde – nicht zuletzt auch an der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sowie an dem antisemitischen Anschlag in Halle deutlich.39 Historisch wird eingeschätzt, dass eine der Gründe für das Erstarken der AfD auf dem gelungenen Spagat zwischen konservativem Bürgertum, verunsicherten Protestwählern und Rechtsradikalen beruhe, an dem die NPD nach 1969 gescheitert sei. Dies berühre auch das zweifelhafte Verständnis der AfD zur Geschichte des Nazi-Staates. Relativierung von NS-Massenverbrechen, gar des Holocaust, seien hierin angelegt.40 Insbesondere der sogenannte „völkische Flügel“ der AfD dürfte in solcher Zielstellung zu verorten sein.41 Dieser will offensichtlich die „Axt an das Selbstverständnis der Bundesrepublik legen, ihren vermeintlich ,negativen‘ Gründungsmythos namens ,Auschwitz‘ zerstören – und damit das Gebilde insgesamt delegitimieren. […] Erst wenn die Vernichtung der europäischen Juden ihren Status als einzigartiges Ereignis verliert, kann ein neues Deutschland entstehen.“42 Der polnisch-britische Soziologe Zygmunt Bauman widmet sich in „Retrotopia“ der Hinwendung und Idealisierung der Vergangen35
Nobis, JuS 2018, 453 ff. Fischer-Lescano, in: Amstutz/Fischer-Lescano (Hrsg.), Kritische Systemtheorie, S. 13 ff.; inhaltlich noch nicht berücksichtigt Fuchs, Soziale Medien und kritische Theorie. 37 Vgl. Crouch, in: Merkel (Hrsg.), Demokratie und Krise. 38 Kritisch zu diesem Begriff in der medialen Berichterstattung Pesch, nd v. 27. 7. 2019. 39 Vgl. Arnold, jW v. 26. 10. 2019. 40 Frei u. a., Zur Rechten Zeit, S. 215; s.a. Friedrich, AfD. 41 Vgl. Friedrich, AfD, S. 115. 42 Meyer, in: Eick/Arnold (Hrsg.), 40 Jahre RAV, S. 89 f. 36
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heit, die rechte Politiker betreiben.43 Daraus erwachse das „Ziel einer Erinnerungspolitik als Legitimierung des Anspruchs einer Gruppe (der sogenannten ,Nation‘) auf territoriale politische Souveränität – was wiederum oberstes Ziel des Nationalismus sei.“44 2. Gefährdungen des Sozialstaates Die Gefährdungen des Rechtsstaates korrelieren mit Gefährdungen des Sozialstaates und seines Abbauens. Alle politischen und medialen Erzählungen, wie gut es doch den Menschen in Deutschland gehe, erfolgen unter Ausklammerung vorhandener Armut, insbesondere Alters- und Kinderarmut, unter Ausklammerung der realen Lage der Migrantinnen und Migranten, weiterer Minderheiten wie Pflegebedürftiger und Obdachloser, staatlich disziplinierter Sozialhilfeempfänger, und trägt letztlich zu dem Verlust an demokratischer Stabilität mit bei. Politische Teilhabe hängt heute mehr denn je von ökonomischer Teilhabe ab, und ein großer Teil der so oft beklagten Nichtwähler hat das offenbar realisiert und mittellos sowie ganz realistisch seine Mitwirkung abgesagt, worauf insbesondere der Kölner Politikwissenschaftler und Armutsforscher Christoph Butterwege hinweist.45 Aufgezeigt wird aber auch – wie durch den Journalisten und Publizisten Sebastian Friedrich –, dass sich weite Teile der politischen Linken von der Klassenpolitik als einem Kernstück ihres Selbstverständnisses in den letzten Jahrzehnten verabschiedet hatten. Dadurch gelang es rechten Parteien und Initiativen, Teile der Arbeiterklasse zu mobilisieren.46 Vernachlässigt wurde auch die Entwicklung der „Abstiegsgesellschaft“ in eine neue Klassengesellschaft.47 3. Autoritäre Versuchungen Der Bielefelder Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer macht zu Recht darauf aufmerksam, dass sich allein durch die Verbesserung der sozialen Lage eine vorhandene gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sowie rohe Bürgerlichkeit nicht wesentlich abbauen lasse. Die kulturellen Probleme rund um die Flüchtlingsbewegung, um „den“ Islam etc., seien besonders schwerwiegend, weil sie die eigene kollektive Identität als „Deutsche“ berührten. Auch das Gefühl, von der etablierten bzw. regierenden Politik nicht wahrgenommen zu werden, sei als weitere Komponente bedeutsam. Denn wer nicht wahrgenommen werde, der ist ein Nichts. Daraus entstünden
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Dazu Quent, Deutschland rechts außen, S. 199 f. Bauman, Retrotopia, S. 78 ff. 45 Vgl. Butterwege, Die zerrissene Republik, S. 372 ff.; ders., Spiegel.de v. 21. 11. 2019; s.a. Fischer-Lescano/Möller, Der Kampf um globale und soziale Rechte. 46 Friedrich, AfD, S. 161 ff.; s.a. Nachtwey, Abstiegsgesellschaft. 47 Nachtwey, Abstiegsgesellschaft, S. 169 ff. 44
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Anerkennungsdefizite, die dann dazu führten, dass sich die Menschen „alternative“ Anerkennungsquellen suchen.48 4. Globalisierungs- und Transnationalisierungsprozesse Die Darmstädter Soziologin Cornelia Koppetsch vertritt die These, dass der Aufstieg der Rechtsparteien „eine aus unterschiedlichen Quellen gespeiste Konterrevolution gegen die Folgen der […] Globalisierungs- und Transnationalisierungsprozesse darstellt.“49 Dies dürfe allerdings nicht in dem Sinne verstanden werden, dass die Rechtsparteien wie viele linke Globalisierungskritiker die Systemfrage in den Vordergrund stellen würden, oder dass sie, wie die Occupy-Bewegung in Amerika versuchen würden, Globalisierung anders zu gestalten. Ihr Aufstieg resultiere vielmehr aus einem kollektiven emotionalen Reflex auf Veränderungen, die bereits vor längerer Zeit in die Gesellschaft eingesickert seien.50 Koppetsch gelangt zu dem Schluss, dass die Wähler der populistischen Rechtsparteien nicht nur in emotionalen Abwehrreflexen gefangen seien, sondern darüber hinaus auch nachvollziehbare Gründe für die Zurückweisung liberaler Gesellschaftsbilder, emanzipatorischer Politikmodelle und linksliberaler Eliten hätten. Sie hätten ein Interesse an der Begrenzung von Zuwanderung, an der Zurückdrängung kosmopolitischer Lebensformen oder an der Wiederherstellung nationalstaatlicher Souveränität, weil sie einer Gesellschaftsordnung entgegenstehen, in der ihnen kulturell oder politisch der Boden unter den Füßen weggezogen würde.51 5. Gesellschaft der Singularitäten Ähnlich sieht das auch der Kölner Sozialwissenschaftler Andreas Reckwitz,52 der aber noch einen Schritt weitergeht und rechte Gewalt, einschließlich Terrorismus und Amokläufe, mit Verweis auf die von ihm herausgearbeiteten strukturellen Bedingungen der Gesellschaft der Singularitäten zu beantworten sucht. Reckwitz gewinnt diese Erklärungen aus der Analyse des Strukturwandels der Moderne, die er als Singularisierungen beschreibt: u. a. der Arbeitswelt, der Digitalisierung sowie der Lebensführung. Die Täter rekrutierten sich aus dem Kreis der soziokulturellen „Verlie48 Vgl. Heitmeyer, Deutschlandfunk Kultur v. 10. 11. 2018; ders., Spiegel.de v. 10. 8. 2019; vgl. in kriminologischer Hinsicht Zick/Küpper, MschrKrim 2018, 140 ff. 49 Koppetsch, Gesellschaft des Zorns, S. 23. Dieses Buch wurde vom Verlag wegen Plagiatsvorwürfen gegen die Autorin mittlerweile zurückgezogen. Die inhaltlichen Aussagen von Koppetsch sind gleichwohl durch ihre eigenen wissenschaftlichen Untersuchungen gewonnen worden und nicht anderen Autorinnen oder Autoren zuzurechnen (vgl. dazu u. a. Angele, der Freitag 46/2019; Becker, spiegel.de v. 6. 12. 2019). 50 Koppetsch, Gesellschaft des Zorns, S. 23. 51 Ebenda., S. 256 ff.; s.a. Koppetsch, Spiegel.de v. 10. 5. 2019. 52 Reckwitz, Gesellschaft der Singularitäten; kritisch mit diesem Ansatz Butterwege, Die zerrissene Republik, S. 135 ff.
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rer“ der Gesellschaft. Auf der Seite des Amoks hätten wir es meist mit persönlich gekränkten, westlichen Mittelklasse-Jugendlichen zu tun, denen im kulturellen Spiel der „erfolgreichen Selbstverwirklichung“ die Position des Versagers zukomme; auf der Seite des Terrors handele es sich meist um Personen, die sich vor dem Hintergrund so empfundener sozialer und kultureller Deklassierung mit dem religiösen oder politisch-radikalen Kulturessenzialismus identifizieren und sich in seinem Namen an einen Kreuzzug gegen die Hegemonie des Westens beteiligten. Gewalt werde für die Täter so zu einer „attraktiven Lebensform“, indem diese verspreche, sie vom Opfer in den negativen Helden zu verwandeln.53 6. Rechtsextremismusforschung Von Rechtsextremismusforschern werden derartige Erklärungen, wie sie etwa von Koppetsch und Reckwitz gegeben werden, allerdings noch tiefer ausgelotet. So schreibt der Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke, dass die sich in den neuen Bundesländern nach der Vereinigung von DDR und Bundesrepublik mit „DDR-Faschos“ zusammengeschlossenen Neonazikader eine unvermutet große Chance hatten für ihre „neonationalsozialistisch-revolutionäre Euphorie im Kampf gegen ,das System‘ und vor allem gegen den neu ausgemachten Feind: die Migranten und Asylsuchenden.“54 Zugleich habe die Politik öffentlich wirksame Asylrestriktionen betrieben, wozu eine Kette von Gesetzesinitiativen, Asylbeschleunigungsverfahren und die Verteilung von Asylsuchenden auf das gesamte Bundesgebiet gehörte, wovon auch die dafür unvorbereiteten neuen Bundesländer betroffen waren. Damit habe sich das Hauptproblem der Arbeitslosigkeit auf das des Zustroms von Asylflüchtlingen verschieben lassen. Dadurch wurde der Asylflüchtling zum Kernproblem gemacht.55 Von dem Göttinger Sozialwissenschaftler Samuel Salzborn wird hervorgehoben,56 dass das militanzaffine Milieu im bundesdeutschen Rechtsextremismus weder isoliert von anderen Bereichen des Rechtsextremismus zu betrachten sei, noch der Rechtsextremismus ein Phänomen sei, das erst mit dem NSU seinen Ausgangspunkt genommen habe. Nehme man Rechtsextremismus aus einer gesellschaftskritischen Sicht in den Blick, dann zeige sich, dass diejenigen Akteure und Organisationen, die rechtsterroristisch handelten, in ein weitverzweigtes, langfristig entwickeltes und höchst wandlungsfähiges Netz eingebunden seien. Rechtsterrorismus sei dabei genau so wenig ohne die netzwerkartigen Strukturen der weltanschaulichen, organisatorischen und logistischen Verankerung denkbar wie „alltagsterroristische“ bzw. präterroristische Gewalttaten. Da ein korrespondierendes Verhältnis zwischen Einstellungen und Verhalten im Rechtsextremismus existiere, also keine Verhalten ohne entsprechende Einstellungen denkbar sei, bildeten die rechtsextre53
Reckwitz, Gesellschaft der Singularitäten, S. 423 ff. Funke, in: Steinbacher (Hrsg.), Rechte Gewalt in Deutschland, S. 13 ff. (19). 55 Ebenda, S. 20. 56 Salzborn, in: Steinbacher (Hrsg.), Rechte Gewalt in Deutschland, S. 187 ff. (201).
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men Einstellungen den zentralen Grund, der zu einer Radikalisierung und in ein militanzaffines Milieu hineinführt und deren weitere Steigerung aktive Gewaltbereitschaft bis hin zum Rechtsterrorismus zur Folge habe. Um Perspektiven für eine langfristige Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus zu entwickeln, gelte es, ganz wesentlich die Einstellung in den Mittelpunkt zu rücken. Denn die Voraussetzung dafür, dass sich Fragmente rechtsextremen Denkens zu einem geschlossenen Weltbild formierten, liege in dem Umstand, dass sie trotz der Gefahren, die sie bergen, in der Mitte der Gesellschaft toleriert, ja akzeptiert würden.57 7. Rechtsradikalismus in der DDR und Faschismusforschung In der neuesten von dem Jenaer Historiker Norbert Frei und anderen vorgelegten Publikation wird hinsichtlich der DDR die durchaus bedenkenswerte Feststellung getroffen, dass der Antifaschismus in der DDR insoweit ambivalent gewesen sei, als er zwar Breitenwirksamkeit erzielte, aber der historische „Nationalsozialismus“ kein Gegenstand reflektierender Betrachtung gewesen sei, so dass ein Gefühl entstand, frei von historischer Verantwortung zu sein.58 Die Bielefelder Christina Morina geht in diesem Buch davon aus, dass die vorherrschende Sicht in der DDR auf der sogenannten Dimitroff-Formel beruhte, die einen zwingenden Zusammenhang zwischen Kapitalismus, Faschismus und Imperialismus unterstellt habe.59 Darüber hinaus habe sie sich aber auch aus den bitteren Erfahrungen der Kommunisten während der Zwischenkriegszeit und im Widerstand gegen das Nazi-Regime gespeist.60 Morina legt dar, dass die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) nach dem Zweiten Weltkrieg hunderte NS-Belastete zum Aufbau von Militär, Polizei und Geheimdienst herangezogen habe, so dass entgegen der in der DDR erfolgten offiziellen Geschichtsschreibung nicht von einer konsequenten Entnazifizierung gesprochen werden könne.61 Die Publizistin Daniela Dahn verweist indes darauf, dass man in der DDR nicht in solchem Ausmaß auf das Nazi-Erbe von acht Millionen NSDAP-Mitgliedern angewiesen war, wie die Bundesrepublik,62 in der Antifaschismus „nie Staatsräson“ gewesen sei.63 a) Rechtsradikalismus in der DDR Rechtsradikalismus in der DDR wurde als solcher systemimmanent kaum offiziell thematisiert, sondern überwiegend der „normalen“ Kriminalität zugeordnet. Das 57
Ebenda, S. 201. Frei u. a., Zur Rechten Zeit, S. 43 ff. 59 Vgl. auch Quent, Deutschland rechts außen, S. 104 ff. 60 Frei u. a., Zur Rechten Zeit, S. 46; Dahn, Schnee von gestern, S. 104. 61 Frei u. a., Zur Rechten Zeit, S. 47. 62 Dahn, Schnee von gestern, S. 108, 148 ff. 63 Ebenda, S. 131. 58
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mag auch mit an jener u. a. von Morina kritisierten einseitigen These zusammengehangen haben, dass die Ursachen für Faschismus allein im Kapitalismus liegen. So aber wurde zumindest politisch wohl kaum oder nur selten danach gefragt, worin die Ursachen für Rechtsradikalismus in der DDR bestehen. Dieser aber äußerte sich in verschiedenen Symptomen und Erscheinungsformen, der sich die Forschung jedenfalls in systematischer Hinsicht wohl erst in jüngerer Zeit zuwendet.64 Wissenschaftliche Erkenntnisse, die dazu bereits in der DDR insbesondere in den 1980er Jahren existierten, hatten zu dieser Zeit keine wirkliche Chance auf Transparenz.65 Kritische Kriminologen in der DDR, wie John Lekschas von der Berliner Humboldt-Universität, mussten intern die Diskussion über die Ursachen für Kriminalität in der DDR führen, die sie nicht zuletzt in den materiellen Existenz- und Entwicklungsbedingungen des Sozialismus sowie in dessen Widersprüchen begründet sahen.66 Konsequent zu Ende gedacht, betrifft das auch die Phänomene des Rechtsradikalismus in der DDR. b) Faschismusforschung Die umfassende Studie des Rechtsextremismusforschers und Kriminalisten Bernd Wagner, die sich auch mit den intensiven Diskussionen über die Ursache von Rechtsradikalismus in der DDR befasst, die Anfang der 1990er Jahre erfolgten,67 legt nahe, dass es drängender denn je ist, der Frage nach den Ursachen für Faschismus generell wieder verstärkt wissenschaftlich nachzugehen, und dies durchaus auch jenseits der so wichtigen wissenschaftlichen Erklärungen für die Ursachen der gegenwärtigen erstarkenden rechtsradikalen gesellschaftlichen Entwicklungen. Gefragt ist dabei auch ein transnationaler wie internationaler Blick68 und die Auseinandersetzung mit Faschismustheorien und ihre Rezeption,69 auch jener, die von der DDR-Geschichtswissenschaft vertreten wurden, wie die verdienstvollen Arbeiten von Kurt Pätzold und Manfred Weissbecker.70 Aus einer westlichen marxistischen Sicht, wie beispielsweise des Marburger Faschismusforschers Reinhard Kühnl, werden mechanistische Interpretationen über den Zusammenhang von Kapital und faschistischer Bewegung, wie auch zwischen 64
Vgl. nur Wagner, Rechtsradikalismus in der Spät-DDR; ferner auch Waibel, Der gescheiterte Anti-Faschismus; zu Recht kritisch mit Waibel Heitzer H-Soz-Kult v. 4. 5. 2016; s.a. Bauer, jW v. 28. 8. 2019; Skiba/Stenzel, Im Namen des Volkes, S. 7 ff. 65 Wagner, Rechtsradikalismus in der Spät-DDR, S. 21 ff.; S. 472 ff. 66 Vgl. dazu Arnold, Normalität des Strafrechts der DDR, Bd. 1, S. 456 ff. 67 Wagner, Rechtsradikalismus in der Spät-DDR, S. 472 ff. 68 Vgl. dazu Ibarra, in: Haug (Hrsg.), Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus, Bd. 4, S. 149 ff.; ferner Kühnl, in: Haug (Hrsg.), Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus, Bd. 4, S. 179 ff. 69 Vgl. Kühnl, Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus, Bd. 4, S. 166 ff. 70 Vgl. z. B. Pätzold, Faschismus – Rassenwahn – Judenverfolgung; Pätzold/Weissbecker, Geschichte der NSDAP.
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Ökonomie und Politik kritisiert.71 Diese Kritik bezieht auch die bereits erwähnte Dimitroff-Formel, die das faschistische System als Diktatur der reaktionärsten Teile des Kapitals definiert, mit ein.72 Dabei wird auch darauf hingewiesen, dass Ursachen, Funktion und Breite der Massenbewegung und Massenbasis unbeachtet blieben.73 Demgegenüber aber habe das oberste Ziel der „Vergangenheitsbewältigung“ durch die Machtpolitik (überwiegend auch durch die Wissenschaft) in den kapitalistischen Ländern darin bestanden, „jeden Gedanken an einen kausalen und strukturellen Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Faschismus auszulöschen.“74 Mit der Festigung der Restauration und der Verschärfung des Kalten Krieges sei es verstärkt darum gegangen, den neuen Feind, den Sozialismus/Kommunismus, offen ins Visier zu nehmen und durch eine Totalitarismustheorie deutschen Faschismus und Sozialismus/Kommunismus gleichzusetzen.75 Zentrale Bedeutung habe der Begriff „Nationalsozialismus“ erhalten, der besage, dass es sich um eine nationale Singularität handelte, und dass in Deutschland eine nationale Form des Sozialismus herrschte. Damit sei die Selbstdarstellung des „Nationalsozialismus“ zum wissenschaftlich gültigen Begriff erhoben worden – ohne Anführungszeichen.76 Eine heutige wissenschaftlich konsequente Faschismusforschung wird jedenfalls an einer grundlegenden Kritik des „real-existierenden“ Kapitalismus nicht vorbeikommen. Insofern erweist sich der eingangserwähnte Satz von Horkheimer als nach wie vor aktuell. Dies lässt sich auch nicht mit Hinweis auf Rechtsradikalismus in der DDR leugnen.77 8. Aufgeklärte Kapitalismuskritik und Verteidigung des Rechtsstaates Der Berliner Kulturwissenschaftler und Philosoph Joseph Vogl spricht von einem entfesselten Finanzkapitalismus, von einer dadurch bedingten strukturellen Instabilität, in der wir leben und die mit den unterschiedlichsten Gegenwarten, unterschiedlichen Kollektiven und unvereinbaren Realitäten verbunden ist. Es ist eine Zeit, in der die Abneigung aller gegen alle zu einem neuen Gemeinschaftsgefühl geworden zu sein scheint, so Vogl unter Bezugnahme auf Robert Musils am Vorabend des Ersten Weltkrieges im Jahre 1913 in seinem so hochaktuellen Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“ geäußerte Einschätzung damaliger gesellschaftlicher Realität.78 Vogl 71
Kühnl, Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus, Bd. 4, S. 170. Ebenda, S. 171. 73 Ebenda, S. 173. 74 Ebenda, S. 174. 75 Auf dieser Ebene befindet sich offenbar auch Moritz Vormbaum mit seiner Rezension des Buches von Ambos, wo er die DDR in die Nähe der NS-Diktatur rückt (Vormbaum, GA 2019, 579 ff., 582). 76 Ebenda, S. 175. 77 So aber wohl Jander, haGalil v. 3. 1. 2018. 78 Vogl, Hohe Luft 2/2019, 29 ff. 72
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geht deutlich und zu Recht davon aus, dass „der Markt“ und „der Staat“ keine getrennten Sphären sind.79 Von solchem Hintergrund ist letztlich der Pendelausschlag der Gefährdungen des Rechtsstaates nicht zu trennen. Der Staat, der sich im Strudel der ökonomischen Eskalation jedenfalls mit befindet, reißt gewissermaßen das ihn kontrollierende Gefüge des Rechtsstaates mit dort rein, bzw. tastet die Grenzen zwischen Staat und Rechtsstaat zwangsläufig an. Der Staat bedient sich zu seiner Machterhaltung des Rechtsstaates durch dessen Gefährdung und dessen Abbau. Parallel dazu hat sich ein Meinungsmarkt entwickelt, wozu eine rasant voranschreitende Durchdigitalisierung der Gesellschaft bzw. soziale Medialisierung mit beiträgt. „Der Meinungsmarkt hat nicht bloß die notorischen Fraktalöffentlichkeiten mit Filterblasen und Resonanzverstärkern erzeugt, er funktioniert vielmehr nur unter der Bedingung des jüngsten Plattformkapitalismus, diesem universellen Maklerwesen, das Schlafplätze ebenso vertreibt wie Rohkost, Kosmetik oder eben Meinungen.“80
Wenn der kapitalistische Meinungsmarkt den autoritären Schub in den formal-demokratischen Systemen erzeugt hat,81 dann gilt das auch für die auf diesem Markt vertretenen Empörungen und Skandalisierungen versus Anprangerungen von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, von Migrantinnen und Migranten, von Minderheiten und Benachteiligten in der Gesellschaft.82
III. Rezensorisches zu Kontinuitäten 1. Kontinuitäten in Sprache und Geist Kai Ambos versteht das NS-Strafrecht in Übereinstimmung mit der verbreiteten, die Kontinuitätsthese weiterentwickelnden Radikalisierungsthese als rassistisch (antisemitisch), völkisch („germanisch“) und totalitär ausgerichtete Fortschreibung der autoritären und antiliberalen Tendenzen des deutschen Strafrechts der Jahrhundertwende und der Weimarer Republik, eine Kontinuität, die auch nach 1945 fortwirkte. Zugespitzt könne man das NS-Strafrecht als politisierte und radikale Fortschreibung der neoklassischen und finalen Verbrechenslehre charakterisieren. Es war Victor Klemperer, der von den Nazis verfolgte jüdische Dresdner Professor für romanische Philologie, der sich nach 1945 mit der Sprache des „Nationalsozialismus“ und ihrer Wirkung befasst hat. Als einen Grundzug der Lingua Tertii Im79 Vogl, faz.net v. 1. 12. 2012; s.a. Streeck, Blätter deutsche und internationale Politik 3/ 2015, 99 ff. (Teil 1), 4/2015, 111 ff. (Teil 2). 80 Vogl, Hohe Luft 2/2019, 29 (33). 81 Ebenda, 29 f. 82 Vgl. Arnold, Pranger 3.0, S. 55 ff.
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perii (LTI) bezeichnet Klemperer ihre „Armut“: Sie verzichtet auf jegliche Nuancierung oder Variation und kommt mit einem kleinen Bestand an Schlagwörtern und Phrasen aus. Sie kennt ausschließlich den Modus der Agitation: „alles in ihr war Rede, musste Anrede, Aufruf, Aufpeitschung sein.“83 Die Einförmigkeit ist für die Sprache des „Dritten Reichs“ kein Mangel, erkennt Klemperer: Erst sie macht die Sprache tauglich zum Herrschaftsinstrument. Durch ständige Wiederholung werden den Menschen die immergleichen Ausdrucksschablonen ins Gedächtnis gestanzt. Irgendwann sind sie so alltäglich, dass selbst Gegner und Opfer der Nazis sie ganz unreflektiert verwenden.84 An anderer Stelle als in seinem Buch hat Kai Ambos, wie auch der frühere Richter am Bundesgerichtshof Thomas Fischer,85 verdeutlicht, dass ein Gesetzentwurf der AfD im Deutschen Bundestag, der darauf abzielt, dass rückfällige Straftäter künftig schärfer bestraft werden, sprachlich den Ungeist des „Nationalsozialismus“ atmet.86 Zunächst greife der Entwurf die Grundidee des NS-Gewohnheitsverbrechergesetzes von 1933 wieder auf. Der AfD-Gesetzentwurf ist nach Ambos und Fischer ein Beispiel der (rückwärtsgewandten) Kontinuität des NS-Strafrechts. Der eigentliche Skandal bestehe darin, dass er nationalsozialistische Begrifflichkeiten („verbrannte Wörter“87) und damit kriminalpolitische Inhalte wieder hoffähig macht: „Gemeinschaftsspielregeln“, „besonders sozialschädliche Gewohnheitsverbrecher“, „wegsperren“, „schädliche Neigung“, „Charakterprüfung des Täters“, „negative Gesinnung“, „hartnäckige Rechtsfeindlichkeit“. Der Entwurf erweise sich damit als Ausdruck eines gesinnungsorientierten Täterstrafrechts, dem es nicht auf die konkrete Tat, sondern auf die „Lebensführungsschuld“ (Edmund Mezger) ankommt. Mezger, den die AfD auch zitiert, hatte schon 1934 die völkische und rassische Orientierung des „neuen“ Strafrechts betont, „typische Gruppen von Gesellschaftsfeinden“ ausgemacht und die „Ausscheidung volks- und rasseschädlicher Bestandteile“ aus der Volksgemeinschaft gefordert. Für Mezger war die Schuld nicht nur an der Tat, sondern vor allem auch an Wesen und Persönlichkeit des Täters (Täterstrafrecht), genauer an der Lebensführungs- und Entscheidungsschuld zu messen. Hieran knüpfe der Entwurf an, wenn er von der „gerichtlichen Charakterprüfung des Täters“ spricht und die „Relevanz des Vorlebens des Täters“ betont. Er gehe auch den weiteren Schritt vom Täterzum Gesinnungsstrafrecht, sei doch „die negative Gesinnung des Täters (…) entsprechend zu würdigen“. Wenn der Entwurf weiter den Begriff der „schädlichen Neigung“ zum Kriterium einer Strafschärfung machen will, wird damit auch die täterzentrierte, kriminalbio83
Klemperer, LTI, S. 33. Bühling, tell v. 19. 6. 2019. 85 Fischer, Spiegel.de v. 15. 3. 2019. 86 Ambos, FAZ Einspruch Magazin v. 27. 3. 2019. 87 Vgl. Heine, Verbrannte Wörter; s.a. Detering: Was heißt hier „wir“?. 84
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logisch begründete NS-Sichtweise wieder hoffähig gemacht. In diesem Sinne führten die Nazis den Begriff mittels der Verordnung über die unbestimmte Verurteilung vom 10. September 1941 in das deutsche Recht ein, später nahmen sie ihn in das Reichsjugendgerichtsgesetz von 1943 auf. Ambos betont, dass sich dieser Begriff bis heute im deutschen Jugendgerichtsgesetz befinde, mache die Sache nicht besser, sondern belege nur die (zukunftsgerichtete) NS-Kontinuität des bundesrepublikanischen Strafrechts. Der AfD-Entwurf gehe aber eben einen Schritt darüber hinaus, indem er den im (eher täterstrafrechtlich ausgerichteten) Jugendstrafrecht noch existierenden Begriff nun in das Erwachsenenstrafrecht herüberholen wolle. Nach Fischer habe die AfD im Hinblick auf das Strafrecht nichts anderes zu bieten, als dass man Ausländer möglichst hart bestrafen und ansonsten eben mit dem Knüppel auf alles draufschlagen solle. So heißt es in verschiedenen Aussagen von AfD-Politikern in den Parlamenten, beispielsweise im Landesparlament von Baden-Württemberg: „Die AfD-Fraktion erteilt allen Versuchen, einen verurteilten Straftäter sanft anzufassen, eine klare Absage. Straftäter müssen die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen, es gilt Opferschutz statt Täterschutz. Im Strafrecht muss wieder der Schwerpunkt auf der Abschreckungswirkung der Strafe liegen.“88
Das aber ist mit Fischer keine Rechtspolitik und würde auch nicht dazu führen, dass es irgendwie schöner, besser oder sicherer in Deutschland werde.89 Fischer macht deutlich, dass dies im Zusammenhang mit dem grundsätzlichen Ziel solcher rechten Bewegungen wie der AfD steht, staatliche Strukturen und das demokratische System zu delegitimieren. In Anknüpfung an die Terminologie aus der Weimarer Republik werde gesagt: Diese alten Strukturen müssen irgendwie weg und durch etwas ganz Neues ersetzt werden, also durch ein autoritäres System, was dann durch brutale Härte oder durch irgendwelche Regelungen, die vollkommen unklar sind, dafür Sorge trägt, dass die Sicherheit erhöht werde.90 Zu ähnlichen Ergebnissen wie Fischer gelangt eine wissenschaftliche Studie des Hamburger Medienwissenschaftlers Thomas Hestermann und der Leipziger Strafrechtswissenschaftlerin Elisa Hoven.91 Zugrunde liegt die Untersuchung von Pressemitteilungen der AfD über Kriminalität in Deutschland. Danach spiele in den Verlautbarungen der AfD das Narrativ vom straffälligen Ausländer eine zentrale Rolle. Im Fokus stehen vor allem Zuwanderer, die in jüngerer Zeit in großer Zahl nach Deutschland eingereist sind, vor allem aus Afghanistan, Syrien und Irak. Im Zusammenhang mit antisemitischen Straftaten werde der Antisemitismus von der AfD als ein importiertes Problem bezeichnet, das vor allem nach Deutschland eingewanderten Muslimen zuzuschreiben sei. Laut der AfD sei der Antisemitismus 88
Vgl. https://t1p.de/Opferschutz (Stand: 26. 2. 2020). Vgl. Fischer, Deutschlandfunk Kultur v. 13. 10. 2018. 90 Ebenda. 91 Hestermann/Hoven, KriPoZ 3/2019, 127 ff. 89
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in Deutschland ein „Kollateralschaden einer verfehlten Flüchtlings- und Einwanderungspolitik“. Hinsichtlich der sich seit 2017 in Deutschland verschärften Diskussion über Straftaten mit Messern stehen zunehmend Zuwanderer als Täter im Fokus; AfDPolitiker forcierten mit Wortschöpfungen wie „Messermigranten“ oder „Messereinwanderung“ die Debatte. Im Juni 2018 habe die AfD-Bundestagsfraktion gefordert, die Richtlinien zur Erstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik „dahingehend zu erweitern, dass die Verwendung des Tatmittels Messer analog zum Gebrauch von Schusswaffen erfasst wird“.92 Unterstrichen wird dieses Ergebnis von Hestermann und Hoven durch den Entwurf eines Gesetzes vom 16. 10. 2018 des Abgeordneten Roman Johannes Reusch und der Fraktion der AfD im Bundestag zur Verbesserung der Inneren Sicherheit – Verfahrensbeschleunigungsgesetz und verbesserte Eingriffsgrundlagen der Justiz.93 Die darin vorgeschlagenen Gesetzesänderungen zeugen letztlich von der Zielrichtung der Abschaffung des Rechtsstaates. Strafverschärfungen im Sinne einer reinen Vergeltungstheorie, Abschaffung des Rechtsmittels der Revision und Ersetzung durch Annahmeberufung, Ausdehnung der Untersuchungshaft bei Wiederholungsgefahr, Neuerung des Strafvollzugsrechts durch schuldangemessene Sühne als weiteres Vollzugsziel, Verschärfung des Ausländerrechts durch Einführung der Präventivhaft, die solange andauern soll, wie von dem Betreffenden eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Allgemeinheit ausgeht. Und dies sind nur einige Beispiele des Gesetzesentwurfes. Auch wenn dieser Entwurf keine Chance auf eine parlamentarische Umsetzung hatte, so darf doch nicht übersehen werden, dass sich damit der Diskurs weiter nach rechts verschiebt. Auf diese Weise entstehen rechtsstaatsfeindliche Allianzen, ja mehr noch, offenbaren sich auch hier gefährliche Kontinuitäten. Das zeigt sich an dem offiziellen Unwort des Jahres 2018 „Anti-Abschiebe-Industrie“. Der Ausdruck wurde im Mai 2018 durch Alexander Dobrindt, den Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, als offensichtlicher Kampfbegriff in die politische Diskussion eingeführt: Eine „aggressive Anti-Abschiebe-Industrie“, so Dobrindt, sabotiere die Bemühungen des Rechtsstaates und gefährde die öffentliche Sicherheit.94 Damit richtet sich Dobrindt sowohl gegen den Rechtsschutz von Flüchtlingen wie auch gegen jene Anwältinnen und Anwälte, die Flüchtlinge vertreten, wozu auch Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger in Wahrnehmung der Verteidigung von Flüchtlingen gehören, denn oftmals sind die Abschiebungen mit der Kriminalisierung von Flüchtlingen durch die Justizbehörden wie auch mit realer Kri-
92
Ebenda, 129. Vgl. BT-Drs. 19/5040. 94 Vgl. https://www.sueddeutsche.de/politik/asylpolitik-dobrindt-beklagt-anti-abschiebe-in dustrie-1.3968956 (Stand: 26. 2. 2020). 93
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minalität verbunden. Bei Dobrindt sind quasi alle abzuschiebenden Flüchtlinge Kriminelle. 2. Personelle Kontinuitäten Ausführlich verweist Ambos auf die Kontinuität nach 1945 im Hochschulbereich. Sie erkläre nicht nur das verbreitete Schweigen, sondern auch die fehlende Rechenschaftspflicht zahlreicher belasteter Juristen, die durch die Politik der Adenauer-Regierung und die bis 1989 vor allem mit Hilfe des Auswärtigen Amtes aktive „Kriegsverbrecherlobby“ auf höchster Ebene sanktioniert wurde.95 Moralphilosophisch bzw. -geschichtlich ist nach Ambos die personelle Kontinuität darauf zurückzuführen, dass die nationalsozialistische Moral derart stark in der deutschen Gesellschaft verankert war, dass sie diese auch noch lange nach 1945 prägen konnte und die Integration der Nachkriegsgesellschaft samt der in ihr weiterlebenden Nationalsozialisten garantiert hat. In seinem berühmten Buch „Furchtbare Juristen – die unbewältigte Vergangenheit der deutschen Justiz“96 hat Ingo Müller eindrucksvoll die Restauration der bundesdeutschen Justiz beschrieben. Man lese als aufschlussreiche Ergänzung das 1996 publizierte Buch von Norbert Frei über „Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit“97, sowie das jüngst erschienene Buch des Journalisten Willi Winkler „Das braune Netz. Wie die Bundesrepublik von früheren Nazis zum Erfolg geführt wurde“.98 So nimmt es auch kein Wunder, dass die NS-Verbrechen nicht in einer Weise der Strafverfolgung in der Bundesrepublik ausgesetzt waren, wie das notwendig gewesen wäre. Müller zeichnet ein für die Geschichte der Bundesrepublik insgesamt widersprüchliches Bild des strafrechtlichen Umgangs mit der NS-Vergangenheit. Darin sind die Bemühungen und „Erfolge“ bundesdeutscher Gesetzgebung und Justiz für eine Politik der Straflosigkeit, „möglichst viele Nazi-Verbrecher ungeschoren davonkommen zu lassen“,99 ebenso festgehalten, wie die Frankfurter Auschwitzprozesse. Kritisch setzt sich Ingo Müller aber auch mit der strafrechtlichen „Bewältigung“ der Nazi-Vergangenheit in der DDR auseinander, indem er aufzeigt, dass nach Abschluss der „Waldheimer Prozesse“100 Anfang der 1950er Jahre das Problem für erledigt erklärt wurde, und dies offenbar deswegen, weil man der auch in der DDR aus ehemaligen Nazi-Mitläufern bestehenden Bevölkerung nicht zu viel zumuten wollte,
95
Bohr, Kriegsverbrecherlobby. Müller, Furchtbare Juristen, S. 263 ff. 97 Frei, Vergangenheitspolitik. 98 Winkler, Das braune Netz. 99 Müller, RAV-Infobrief #94 (2005). 100 Zu den „Waldheimer Prozessen“ s. Werkentin, Waldheimer Prozesse (1950). 96
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weshalb nur noch einzelne exemplarische Strafprozesse gegen Nazi-Verbrecher stattfanden,101 eine Einschätzung, die noch näherer Überprüfung bedarf.102 3. NS-Relikte im Strafrecht a) Strafgesetzbuch Vor Kai Ambos hatten sich in der jüngeren Zeit mehrere Strafrechtsprofessoren mit den tatsächlich erfolgten Einflüssen des Nationalsozialismus auf das Strafrecht der Bundesrepublik befasst.103 Dabei werden vielfältige Relikte der NS-Zeit im geltenden StGB gesehen, so Teile des Tatbestandes der Nötigung, die Tatbestände der Erpressung, der Untreue, der Urkundenfälschung, aber auch das gesamte System der Maßregeln zur Besserung und Sicherung. Deutlich kritisiert wird der Fortbestand des Tatbestandes des Mordes im heutigen StGB, der 1941 eingeführt worden war und direkt auf den berüchtigten späteren Präsidenten des Volksgerichtshofes Freisler zurückgeht. Eine Expertenkommission, die zur Reform der Vorschriften der Tötungsdelikten und zur Überwindung des den Mordparagraphen prägenden Ungeist des Nationalsozialismus beim damaligen Bundesjustizminister Heiko Maas eingesetzt worden war, gelangte im Jahre 2015 zu dem Ergebnis, dass die Begriffe „Tätertypen“, wie eines „Mörders“ oder „Totschlägers“ überholt seien. Diese Begriffe sollten aus dem Gesetz getilgt werden. Stattdessen müsse es künftig um die „Tathandlung“ gehen. Die Kommission sprach sich leider dafür aus, dass die lebenslange Freiheitsstrafe erhalten werden soll, allerdings solle bei Mord eine lebenslange Freiheitsstrafe nicht mehr die zwingende Konsequenz sein. Der Richter solle stattdessen die Möglichkeit bekommen, auch mildernde Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Der daraufhin im Jahre 2016 erarbeitete Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Tötungsdelikte wurde aber offenbar sang und klanglos fallen gelassen, nachdem klar geworden war, dass er gegen die CDU/CSU nicht hätte durchgesetzt werden können. Albin Eser hatte schon zuvor darauf aufmerksam gemacht, dass ähnliche Reformanstöße, die bereits aus den 1980er Jahren stammen und von ihm mit maßgeblich initiiert worden waren, ohne weiteres in der Schublade verschwanden.104 b) Strafrechtsverständnis Eine bestimmte Kontinuitätslinie lässt sich zugespitzt und streitbar auf jenen Punkt bringen, der das NS-Strafrecht als einem starken Pendelausschlag innerhalb einer weit ausgreifenden historischen Entwicklungslinie von einem liberalen rechts101
Müller, RAV-Infobrief #94 (2005). Vgl. u. a. Skiba/Stenzel, Im Namen des Volkes; s.a. Bästlein, Der Fall Globke; Dahn, Schnee von gestern, S. 103 ff.; Wieland, Naziverbrechen. 103 Vgl. Wolf, JuS 1996, 189 ff.; Vogel, Einflüsse des Nationalsozialismus auf das Strafrecht. 104 Eser, in: Albrecht u. a. (Hrsg.), FS Kargl, S. 91 ff. 102
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staatlichen Strafrecht der Aufklärung zu einem „Feindstrafrecht“ der Moderne versteht. Die „Feinde“ der Moderne des insbesondere durch den Bonner Strafrechtslehrer Günther Jakobs beschriebenen „Feindstrafrechts“105 waren zunächst die sogenannten islamistischen Terroristen im Zusammenhang mit dem 11. September 2001, wonach diese Täter nicht als bürgerliche Rechtspersonen anerkannt werden sollen. Rechtsstaatliches Strafrecht sei nicht für Feinde der bürgerlichen Gesellschaft da. Inzwischen hat sich das Kriminalitätsgeschehen hinsichtlich der „Feind“-Symptomatik erweitert. Dazu zählen nun auch all jene, denen der Prozess wegen Nähe zu oder Mitgliedschaft in der PKK gemacht wird. Dazu zählen aber auch Demonstranten, die sich aktiv gegen den G20-Gipfel gewandt hatten und heute vor Gericht stehen. Stimmen aus einer kritischen Kriminologie sehen darin die Etablierung eines „Terrorismusstrafrechtes“.106
IV. Herausforderungen für die Strafjustiz Bei der Verfolgung von Straftaten mit rechtsradikalem Hintergrund lässt sich bisher ein „Feindstrafrecht“ nicht erkennen, ein solches soll und darf auch diesbezüglich nicht postuliert werden. Dennoch fällt auf, dass die Erweiterung der Eingriffs- und Verfolgungsbefugnisse im „Terrorismusstrafrecht“ wohl nicht in derselben Weise für Straftaten mit rechtsradikalem Hintergrund gelten sollen, die einen Angriff auf Demokratie und Rechtsstaat darstellen. Diese Straftaten sind ein besonders schwerwiegender und auf die Spitze getriebener Teil gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, und ein rechtsstaatliches Strafrecht hat darauf konsequent zu reagieren, aber seinerseits die solcher Straftaten Verdächtigten und Beschuldigten nicht als Feinde, sondern als Rechtspersonen zu behandeln. Polizei und Staatsanwaltschaften müssen aber vor allem mit jener bei sich allzu oft in der Vergangenheit anzutreffenden Tendenz aufräumen, Straftaten mit rechtsradikalem Hintergrund überhaupt nicht zu erkennen (oder nicht erkennen zu wollen); man denke nur an die NSU-Ermittlungen, bei denen rassistische Motive zunächst ausgeklammert wurden und stattdessen das familiäre Umfeld der Opfer ins Visier von Polizei und Staatsanwaltschaft geriet. Richtig ist die erhobene Forderung, dass die Rolle des Strafrechts bzw. die Strafverfolgung und Ahndung von rechtsradikalen bzw. rassistischen Straftaten effektiver
105 Jakobs, HRRS 2004, 88 ff.; ders., HRRS 2006, 289 ff.; vgl. dazu Merkel, in: Kindhäuser u. a. (Hrsg.), Strafrecht und Gesellschaft, S. 327 ff. Merkel befasst sich auch mit einem Vergleich des Begriffes „Feind“ bei Jakobs und Carl Schmitt, wobei er zu dem Ergebnis gelangt, dass sich dieser Begriff bei beiden unterscheidet. Allerdings findet Merkel es irritierend, dass Jakobs den Unterschied zwischen seinem und Schmitts Feindbegriff an dem Gegensatz von hostis und inimicus illustriert und inimicus für den „Feind“ seiner Konzeption des „Feindstrafrechts“ verwendet (S. 332 ff.). 106 Puschke/Rienhoff, Terrorismusbekämpfung, S. 243 ff.
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werden muss.107 Dennoch ist zu betonen, dass dem rechtsstaatlichen Strafrecht auch im Kontext von rechtsradikalen und rassistisch motivierten Straftaten Grenzen gesetzt sind und ihm nicht etwa eine „Allheilfunktion“ gruppenspezifischer Menschenfeindlichkeit zukommen kann. Rechtsstaatliches Strafrecht allein bietet keine Gewähr dafür, dass ein prä- bzw. protofaschistisches Klima, in dem nach den Verbrechen des NSU solche Straftaten wie die Ermordung des Politikers Walter Lübcke oder der antisemitische, Anschlag auf die Synagoge in Halle möglich sind, beseitigt wird. Indem der ehemalige Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages Stephan Brandner (AfD) auf Twitter die antisemitische, rassistische und misogyne Dimension des Anschlags von Halle verleugnete, wird vor Augen geführt, worin die moralische Mitverantwortung der AfD und der „Neuen Rechten“ für derartige Menschenfeindlichkeit besteht.108 „Nationalsozialistisches“ Strafrecht ist eine Mahnung dafür, sich bestimmter Kontinuitäten und der daraus erwachsenden Gefahren und realen Gefährdungen von Rechtsstaat und Demokratie bewusst zu sein und die dafür vorhandenen gesellschaftlichen – auch systemischen – Ursachen zu hinterfragen und zu verändern. Dazu gehören vor allem auch die Herausbildung und dauerhafte Sicherung eines antifaschistischen Konsenses.109 Für die Strafrechtswissenschaft besteht eine Aufgabe darin, in interdisziplinärem Zusammenwirken mit Soziologie und Rechtsextremismusforschung die Rolle des Strafrechts in Reaktion auf Rechtsradikalismus näher zu bestimmen.110 Erfahrungen und Lehren aus dem strafrechtlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit sollten dabei einbezogen werden. Damit würde sich der Kreis zu der eingangs erwähnten bisher unerfüllten Forschungsentwicklungslinie im Zusammenhang mit dem Projekt „Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht“ schließen. Horkheimer kritisiert in dem bereits erwähnten Aufsatz jene Intellektuellen der damaligen Zeit, die sich nicht mehr der Waffe des an die Wurzel gehenden kritischen Geistes bemächtigten, sondern sich im „Neuhumanismus“ eingerichtet hätten. Ohne 107
Vgl. Cremer/Cobbinah, JuS 2019, 648 ff.; s.a. früher schon und nach wie vor aktuell Hörnle, NStZ 2002, 113 ff. 108 Vgl. https://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/rav-kritisiert-brandstiften de-ideologie-der-afdbr-brandner-als-vorsitzender-des-rechtsausschusses-ungeeignet/89683a7ee d2a37f588898b8aeffa630a/ (Stand: 26. 2. 2020). 109 Dazu gehört auch, Angriffen von Seiten des Staates auf den Antifaschismus entgegenzutreten. Ein solcher Angriff stellt die Entscheidung des Finanzamtes für Körperschaften des Landes Berlin vom 4. 11. 2019 dar, dem Verein der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) die Anerkennung als gemeinnütziger Verein zu entziehen und finanzielle ruinöse steuerliche Nachforderungen zu erheben. Die Pressemitteilung des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) ist überschrieben mit: „Antifaschismus ist gemeinnützig – Antifaschismus ist unteilbar“, vgl. https://www.rav.de/publikationen/ mitteilungen/mitteilung/antifaschismus-ist-gemeinnuetzigbr-antifaschismus-ist-unteilbar/ c4683d5728dbe06c4ee922112555c20e/ (Stand: 26. 2. 2020). 110 Das Buch von Ambos liefert auch wichtige Impulse für die Weiterbeschäftigung mit solchen Rechtstheorien wie dem Neukantianismus (vgl. Frommel, NK 2019, 334 ff.).
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eine Gleichsetzung der historischen Epochen vorzunehmen, geht es auch bei dem heutigen gesellschaftlichen Zustand darum, dass nicht zuletzt Intellektuelle wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler, Schriftstellerinnen und Schriftsteller sowie Kulturschaffende ihr klares Nein gegen das sich immer mehr ausbreitende schleichende Gift rechtsradikaler und nazistischer Gedanken, gegen rassistische und menschenfeindliche Angriffe auf Demokratie und Rechtsstaat ausrufen. Dafür gibt es viele ermutigende Beispiele. Auch das Buch von Kai Ambos ist ein solches Nein.111
Nachtrag Nach Einreichung des Beitrages zur Veröffentlichung in der Festschrift haben sich weitere wichtige Entwicklungen vollzogen, auf die aber nicht mehr eingegangen werden kann, obwohl dies thematisch erforderlich wäre. Dazu würde zunächst der rechtsextremistische Anschlag von Hanau gehören, dem zehn Menschen mit Migrationshintergrund zum Opfer fielen. Zu einer wissenschaftlichen Befassung damit müsste eine Kritik an Überlegungen des Bundeskriminalamtes für den vorläufigen Abschlussbericht gehören, wonach der sich nach den Tötungen selbst gerichtete Täter Tobias R. zwar Rassist sei, aber nicht aus einer rechtsradikalen Gesinnung gehandelt habe, weil er ein paranoider Verschwörungstheoretiker war. Dagegen wird zu Recht eingewandt, dass die gesellschaftliche Botschaftswirkung eines Anschlags nicht unterschätzt und vom Täter nicht getrennt betrachtet werden könne. Tobias R. habe seine Opfer nach „rassistischen Kriterien ausgewählt“, weshalb der Anschlag auch nach den Kriterien der Polizei als rechtsextrem motivierte Straftat einzuordnen sei. Eine Entpolitisierung dieses Anschlages dürfe nicht stattfinden.112 Dringender denn je sind „Forderungen an die Politik nach Hanau“ und deren Umsetzung.113 Allein bei parlamentarischen Debatten darüber darf es nicht bleiben.114 In das Blickfeld geraten muss auch die Erkenntnis, dass eine inhumane nationale wie internationale Flüchtlingspolitik, wie unlängst die Abschottung gegenüber jenen Flüchtlingen an der griechisch-türkischen Grenze, die quasi auf die Abschaffung des Asylrechts hinausläuft, aber auch die illegitime Kriminalisierung von
111 Fischer-Lescano hat unlängst gezeigt, wie wichtig es ist, sich der gegenwärtigen Mechanismen bewusst zu werden, wie rechtes Gedankengut rechter Intellektueller in die Rechtswissenschaft eindringt (Fischer-Lescano, Verfassungsblog v. 29. 9. 2019. 112 Vgl. Flade/Mascolo, Suedeutsche.de v. 28. 3. 2020; Nowotny, der Freitag.de v. 30. 3. 2020. 113 Vgl. Dahn, nd.de v. 26. 3. 2020. 114 Vgl. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/anschlag-in-hanau-das-ist-terrorismusdebatte-im-bundestag-a-1af307fb-92db-45d2-aa3d-e317d51f8740 (Stand: 3. 4. 2020).
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Flüchtlingshilfe nicht etwa den Rechtsradikalismus verhindert, sondern ihm EU-weit Vorschub leistet.115 Ferner dürfte auch nach den Zusammenhängen zwischen dem Abbau von Grundrechten in der derzeit bestehenden „Corona-Krise“ und den schon zuvor festzustellenden Gefährdungen des Rechtsstaates zu fragen sein. In dem vorstehenden Festschrift-Beitrag werden Entwicklungen der Gefährdungen des Rechtsstaates aufgezeigt, die rechtsradikale Symptome begünstigen. Es muss deshalb danach gefragt werden, ob und inwieweit sich die Einschränkungen der Grundrechte, die unter Berufung auf den Infektions- und Seuchenschutz erfolgten und mit der Androhung einer ganzen Palette von Bußgeldern und Freiheitsstrafen verbunden sind,116 auf den Rechtsradikalismus auswirken, und inwieweit die zuvor festzustellenden Gefährdungen des Rechtsstaates die Grundrechtseinschränkungen in der „Corona-Krise“ erleichtert haben. Eine Schlussfolgerung aus dieser Krise sollte die Bekräftigung der Erkenntnis sein, dass sich ein sozialer und demokratischer Rechtsstaat von präventiver Wirkung gegenüber Rechtsradikalismus dann erweist, wenn alles zu seiner Aufrechterhaltung und Festigung getan wird. Auf diese Weise ist auch der Gefahr entgegenzuwirken, dass der „Ausnahmezustand“ zur schleichenden Normalität wird117 und eine rechte Partei wie die AfD davon profitiert.118 Entwicklungen wie in Ungarn, wo der rechtsnationale Ministerpräsident Orbán unbegrenzt per Dekret, also auf dem Verordnungsweg, regieren kann, sollten Mahnung sein.119
Literatur Adorno, Theodor W.: Aspekte des neuen Rechtsradikalismus. Mit einem Nachwort von Volker Weiß, Berlin 2019. Ambos, Kai: Nationalsozialistisches Strafrecht. Kontinuität und Radikalisierung, Baden-Baden 2019. 115
2020. 116
Vgl. Christides/Gebauer/Lüdke u. a., Spiegel.de v. 6. 3. 2020; Lüdke, Spiegel.de v. 5. 3.
https://www.welt.de/vermischtes/article206943783/Corona-Massnahmen-Diese-Bussgel der-drohen-bei-Verstoss-in-den-Bundeslaendern.html (Stand: 3. 4. 2020); vgl. auch Biermann, Zeit Online v. 30. 3. 2020; https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/corona-strafen-so-teu er-sind-verstoesse-von-bussgeldern-bis-haftstrafen-a-e8dd44ca-32ed-4772-a493-4df8b2bc4e09 (Stand: 6. 4. 2020). 117 Vgl. Prantl, Sueddeutsche.de v. 15. 3. 2020; ders., Sueddeutsche.de v. 5. 4. 2020; Zeh, Sueddeutsche.de v. 5. 4. 2020. 118 Auch wenn der sogenannte „völkische Flügel“ der AfD nunmehr vom Verfassungsschutz beobachtet wird und dieser Flügel von der AfD deshalb aufgelöst werden soll, bannt das nicht die Gefahr der Angriffe der AfD auf die Demokratie. Was derartige Angriffe bewirken können, zeigte die kurzzeitige Wahl des Ministerpräsidenten von Thüringen Kemmerich (FDP) mit allen Stimmen der AfD-Abgeordneten im Landtag von Thüringen. Ein Missbrauch der Demokratie wurde als ein normaler Wahlvorgang ausgegeben. 119 Vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/corona-ungarn-eu-101.html (Stand: 3. 4. 2020).
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La recepción de la dogmática penal alemana en la ciencia penal argentina Por Enrique Bacigalupo Desde 1983 he realizado diversos trabajos con el propósito de esclarecer la “recepción y el desarrollo de las categorías de la dogmática jurídico-penal alemana en los países de habla hispánica”.1 Es inevitable que ahora sean recogidas en este trabajo dedicado a Marcelo Sancinetti algunas de las tesis anteriormente expuestas.2 Ello es, en parte, necesario por el carácter de este homenaje dirigido también al público alemán. Además, lo que ahora también quisiera destacar es la importancia del rol que la ciencia penal argentina tuvo en esa recepción y que los debates que se han generado en la ciencia jurídico-penal argentina en los últimos ochenta años han estado estrechamente vinculados a la evolución de la dogmática alemana. Sin dudas, no es posible excluir una influencia, aunque menor, de la ciencia jurídico-penal italiana, pero, en muchos casos, los penalistas italianos también han seguido desarrollos muy cercanos a la dogmática alemana (por ej., en distintas épocas: E. Florian,3 G. Bettiol,4 G. Marinucci5 y G. Fiandaca/E. Musco6).
I. La primera exposición dogmática de un derecho penal no alemán en idioma castellano fue la parte general del Derecho Penal Argentino de Sebastián Soler, aparecida en 1940,7 en la que se aplican las categorías dogmáticas de la teoría del delito siguiendo el modelo de la ciencia jurídico penal alemana de esa época. La recepción de la dogmática alemana en Argentina fue posible por la labor que realizaron en la Universidad de Córdoba el mismo Sebastián Soler y Ricardo C. 1
Bacigalupo, Delito y punibilidad, p. 11. Bacigalupo, Revista de Derecho Penal 13 (2002), 17 ss.; Bacigalupo, Hacia el Nuevo Derecho Penal, p. 69 ss. 3 Florian, Dei reati e delle pene in generale, p. 234 ss. 4 Bettiol, Diritto penale. 5 Marinucci, Il reato come azione. 6 Fiandaca/Musco, Diritto Penale, Parte General. 7 Soler, Derecho Penal Argentino. 2
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Núñez, en un tiempo en el que, como se verá, en la Universidad de Buenos Aires dominaban las ideas de la Scuola Positiva italiana, inspirada por Garófalo y Ferri, y la tendencia a reemplazar la responsabilidad penal basada en la culpabilidad por la peligrosidad del autor, suponiendo, incluso, que era posible predecir el delito antes de que el autor lo hubiera cometido. Las dificultades de comunicación, especialmente desde el comienzo de la segunda la guerra mundial, impidieron que la recepción estuviera totalmente actualizada. En líneas generales Soler refleja en su obra un modelo teórico de la dogmática penal alemana de finales de la República de Weimar, fuertemente influido por el trabajo “Grundzüge des Strafrechts” de Ernst Beling, de 1930, que tradujo al castellano en esos años y por “Lehrbuch des Deutschen Strafrechts”, de von Liszt/E. Schmidt. La obra alemana más moderna que cita Soler es la 2.a edición del Lehrbuch de Mezger de 1933, pero, en general, la bibliografía alemana más moderna no pasa de los años treinta. También aparecen en la bibliografía obras de autores italianos, y alguno francés, pero el predominio de la literatura alemana y la estructura del sistema es, de todos modos, notable. Ciertamente existía algún antecedente respecto de la influencia del derecho penal alemán en Argentina. Carlos Tejedor (1817 – 1903) había presentado en 1868 al parlamento nacional un proyecto de código penal apoyado en el modelo del código penal de Feuerbach para Baviera de 1813, que su autor conoció a través de la traducción al francés de Ch. Vatel (1852).8 Este Proyecto no llegó a ser sancionado como código de la República Argentina, pero fue adoptado por varias provincias e influyó en el código penal argentino de 1886. Además, en 1939, poco antes de la aparición del tratado de Soler, Ricardo Núñez había dado ya un primer paso al introducir y fundamentar la noción de tipo penal de Beling en la constitución argentina.9 El ejemplo de Soler se desplegó luego en Chile con obras de la parte general de Gustavo Labatut Glena,10 Eduardo Novoa Monreal11 y Luis Cousiño Mc. Iver, en Venezuela con la parte general de José Rafael Mendoza Troconis12, algo más tarde en Uruguay, donde destacan las obras de Fernando Bayardo Bengoa13 y Milton Cairoli y en Colombia, con la parte general de Alfonso Reyes Echandía.14 En México fue muy importante en la difusión de las bases de la dogmática alemana, la
8 Zaffaroni/Alagia/Slokar, Derecho Penal. Parte General, p. 237 ss.; Soler, Derecho Penal Argentino, p. 119 ss. 9 Núñez, Revista de Psiquiatría y Criminología 19 (1939). 10 Labatut Glena, Manual de Derecho Penal. 11 Novoa Monreal, Curso de Derecho Penal Chileno. 12 Mendoza Troconis, Curso de Derecho Penal Venezolano. Parte General. 13 Bayardo Bengoa, Derecho Penal Uruguayo. 14 Reyes Echandía, Derecho Penal. Parte General.
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labor académica de Mariano Jiménez Huerta, discípulo en Madrid de Luis Jiménez de Asúa, exiliado a partir de 1939. A pesar de que la dogmática penal alemana fue introducida en los países de lengua castellana por la obra de exiliados políticos españoles, víctimas del régimen del Gral. Franco y de la persecución de las ideas de la República Española, que tuvo lugar en ese tiempo, la estructura del sistema dogmático alemán fue mantenida por los profesores que ocuparon las cátedras de derecho penal en las universidades españolas durante la dictadura (por ej., Juan del Rosal, Eugenio Cuello Calón, José Antón Oneca, José Arturo Rodríguez Muñoz, Antonio Quintano Ripollés, José María Rodríguez Devesa). Durante ese tiempo se publicaron en España las traducciones del Lehrbuch de Mezger, por José Arturo Rodríguez Muñoz y de la “Allgemeine Strafrechtslehre” de Wilhelm Sauer por Juan del Rosal. La corriente de jóvenes penalistas que continuaron sus estudios e investigaciones en las universidades alemanas tampoco se interrumpió después de finalizada la segunda guerra mundial. Los repetidos golpes de Estado sufridos por la República Argentina desde 1930 afectaron en ocasiones a la legislación penal, obviamente de forma inconstitucional, pero, como ocurrió en España, no repercutieron sobre el sistema dogmático del derecho penal, al menos en la teoría. El origen de esta nueva orientación de la ciencia jurídico penal en Argentina y Latinoamérica fue, a su vez, consecuencia de difusión en España de las ideas metodológicas y sistemáticas alemanas emprendida por Pedro Dorado Montero con la traducción del Derecho Penal de Adolf Merkel en 191115 y continuada por Luis Jiménez de Asúa, profesor entonces de la Universidad de Madrid, quien en 1917 había traducido al castellano, junto con Quintiliano Saldaña, el Lehrbuch de v. Liszt. Jiménez de Asúa había investigado en el famoso Kriminalistisches Seminar, en Berlín, gracias a una beca de la Junta de Ampliación de Estudios española y de haber presenciado el movimiento internacionalista del derecho penal y la política criminal impulsado por la Internationale Kriminalistische Vereinigung (IKV), fundada por Franz v. Liszt, Adolph Prins y Gerard Anton van Hammel en 1888. La ciencia jurídico-penal alemana había comenzado su difusión fuera de las fronteras nacionales ya a fines del siglo XIX y comienzos del XX a través de las traducciones del Lehrbuch des Deutschen Strafrechts de Franz v. Liszt, que tuvieron lugar en 1899 al portugués, al griego moderno en 1900 y 1914, al serbio en 1902, al ruso en 1903, al japonés en 1903, al francés en 1911 y 1913.16 El desarrollo de esta difusión en los países de habla castellana en aquellos años es fundamentalmente obra de Luis Jiménez de Asúa, que explicó y enseñó la teoría jurídica del delito no solo en España, sino también en la Facultad de Derecho de la 15 La edición de la editorial La España Moderna no consigna la fecha de publicación, ni el título original de la obra de Merkel, pero se trata del Lehrbuch des deutschen Strafrechts. 16 von Liszt, Lehrbuch des Deutschen Strarechts, X.
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Universidad de Santa Fe (Argentina) en 1929 y en 1930 en la de Montevideo (Uruguay). En 1931 sostuvo en España la lección inaugural del curso 1931 – 1932 en la Universidad de Madrid con el título “La teoría jurídica del delito”, donde explicó las categorías de la teoría del delito y recomendó que la ciencia del derecho penal retome el paradigma de la dogmática alemana,17 abandonado por los penalistas italianos de la Scuola Positiva, entonces de gran influencia en España y, particularmente, en Argentina.18 También becado por la Junta de Ampliación de Estudios donde pudo conocer en la cátedra de Alfred Gautier, en Ginebra, las discusiones sobre los anteproyectos de código penal suizo de 1894 y sus reformas de 1894, 1896, 1903, 1908 y el nuevo texto de 1905, basados en ideas de Karl Stoos, también discípulo v. Liszt. La nueva orientación de la ciencia jurídico-penal promovida por el joven profesor Jiménez de Asúa en España tuvo que enfrentar alguna resistencia de parte de los penalistas tradicionalistas de su tiempo. De ello dan cuenta las palabras del prólogo de una de sus primeras monografías, dedicada a la unificación del derecho penal en Suiza. En ese prólogo dice Jiménez de Asúa: “No ignoramos que hay muchos españoles que creen que para una obra legislativa deben cerrarse las puertas a las influencias extranjeras, para que así la labor sea puramente nacional: ‘Que las fuentes científicas y legislativas salgan de nosotros’”. Y responde: “Discútese aún si en España ha habido filosofía; lo que sí puede afirmarse es que nunca ha existido una Escuela penal de verdaderos trazos definidos, con positiva influencia en la marcha del saber mundial. ¿Cómo pues nos inspiraremos en lo que no existe?”19. Desde 1940 Jiménez de Asúa, exiliado en Argentina, fue profesor de la Universidad de La Plata y sus discípulos difundieron también las enseñanzas basadas en la teoría jurídica del delito. Entre ellos destacó Jorge Frías Caballero, autor de una interesante monografía sobre “El proceso ejecutivo del delito” y de artículos sobre la teoría normativa de la culpabilidad de Frank y Goldschmidt.20 En esos tiempos la influencia de la teoría positivista italiana, basada en la defensa social frente al sujeto peligroso, tenía una larga tradición en Argentina, donde había una escuela jurídico-penal positivista dominante y beligerante. En 1888 se había fundado la Sociedad Antropología Jurídica y desde la cátedra de derecho penal de la Universidad de Buenos Aires los profesores Norberto Piñero, Osvaldo Piñero, Juan P. Ramos, Eusebio Gómez y Jorge Eduardo Coll difundieron las tesis adoptadas por el Primer Congreso de Antropología Criminal de 1885.
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Jiménez de Asúa, La teoría jurídica del delito, p. 26. Bacigalupo, La teoría jurídica del delito. 19 Jiménez de Asúa, El derecho penal del porvenir, p. 17. Más tarde Jiménez de Asúa tuvo en cuenta y valoró la obra de Pedro Dorado Montero (Pedro Dorado Montero, Bases para un nuevo derecho penal), a la que reconoció especialmente. 20 Frías Caballero, La Ley 65 (1970), 845 ss. 18
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Todavía en 1935 Juan P. Ramos21 afirmaba que “desde el brusco cambio de orientación espiritual que imprime el Dr. Piñero a la cátedra universitaria en 1887, toda la juventud argentina es teóricamente partidaria de la escuela positiva. Con excepción de muy pocas personas, la mayor parte de las tesis doctorales [Dissertationen] sobre derecho penal, los principales autores de libros generales o de detalle, si no totalmente positivistas, aceptan alguna de sus ideas básicas” (…) “no ha habido jamás ninguna tentativa para oponerse a la orientación positivista de la Facultad de Derecho de Buenos Aires durante cerca de medio siglo”. Esta orientación de la ciencia penal tuvo en 1928 un fuerte respaldo con la aparición de los Principii di Diritto Criminale, de Enrico Ferri, texto en el que se mantuvo la idea de una “ciencia penal guiada por el método de Galileo y de la escuela positiva, revivida y redimida de la esterilidad científica y de la bancarrota práctica de las puras abstracciones del delito y de la pena como entidad jurídica”.22 La recepción de la dogmática penal alemana, sin embargo, no fue precedida de una discusión metodológica. Por una parte, la escuela positiva se disolvió poco a poco a partir de 1939, fecha en la que se publicó el Tratado de Derecho Penal de Eusebio Gómez, y desapareció, sin que hubiera sido derrotada en una batalla final. Por otra parte, Jiménez de Asúa, ya en Argentina, continuó la difusión del sistema de la teoría del delito, basada en las ideas de v. Liszt, Beling y Radbruch como un sistema totalmente independiente de los textos de los códigos penales. En la primera edición de “La Ley y el Delito”23, en donde desarrolló y actualizó su “Teoría Jurídica del Delito”,24 Jiménez de Asúa presentó la teoría del delito como un sistema de conceptos no vinculado necesariamente a ninguna legislación concreta. Tanto en Argentina como en Latinoamérica se admitió sin discusión que el sistema dogmático alemán era compatible con los textos legales de los códigos penales nacionales. Este punto de vista contradecía las ideas de autores alemanes, como Binding, quien pensaba que “casi ninguna ciencia es tan dependiente de la forma de su materia como la ciencia del derecho. Por esa razón el día del nacimiento de un nuevo código no es solo el comienzo de un nuevo periodo del derecho, sino también de su teoría”. [“fast keine Wissenschaft ist so abhängig von der Form ihres Stoffes wie die des Rechts. Deshalb bedeutet der Entstehunstag eines neuen Gesetzbuchs 21 Ramos, Curso de Derecho Penal, citado según Ramos Mejía, La ciencia penal argentina antes y después de Sebastián Soler, en Anales de la Academia Nacional de Derecho y Ciencias Sociales de Buenos Aires, año XVI, segunda época 19 (separata). 22 Ferri, Principii di diritto criminale, p. 76. 23 Jiménez de Asúa, La ley y el delito, prólogo de la 1.a edición. El libro proviene de los cursos que Jiménez de Asúa dictó en la Universidad Central de Caracas, Venezuela, en los meses de enero a mayo. 24 Jiménez de Asúa, Teoría jurídica del delito.
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nicht nur der Beginn einer neuen Periode des Rechts, sondern auch seiner Theorie”].25 La independencia respecto de la ley penal y la universalidad del sistema dogmático de la teoría del delito de las que implícitamente Jiménez de Asúa partía no fue cuestionada en Argentina por Soler, aunque, en cierta medida, éste adoptó el sistema dogmático alemán de su tiempo suponiendo que surgía de la ley argentina. En este sentido afirmaba que el objeto de su tratado era “la reconstrucción dogmática de la ley” y que “la construcción dogmática no debe ser barrocamente confundida con apreciaciones extranormativas, con opiniones personales, con teorías derogatorias de la ley”.26 De aquí es fácil deducir que Soler entendía que las categorías dentro de las que explica el derecho penal argentino (acción, tipicidad, antijuricidad y culpabilidad) son categorías surgidas de la ley penal argentina. Esta idea llegó a tener gran difusión en Argentina. Ricardo Núñez, discípulo de Soler, afirmaba en 1984, de manera cercana a la opinión de Binding antes transcripta, que “cada sistema penal positivo tiene su propia dogmática”27. Es decir: solo existiría una dogmática para la ley penal argentina. En ningún momento se planteó que el sistema de la teoría del delito que era propuesto para sistematizar el derecho penal argentino provenía, en realidad, del sistema dogmático elaborado para el derecho positivo alemán.
II. A partir de la recepción del sistema de la dogmática penal alemana de los años cuarenta del siglo XX la discusión argentina se concentró inicialmente en tres puntos, todos ellos de carácter intrasistemático: el concepto de dolo,28 la cuestión de la naturaleza del concepto de culpabilidad y la posibilidad de una exclusión supralegal de la culpabilidad.29 La cuestión del dolo se relacionó con la interpretación dada por Soler al art. 34, inc. 1.8, CP, en el que se define la capacidad de culpabilidad.30 A su entender, si la capacidad de culpabilidad requería que el sujeto fuera capaz de comprender la criminalidad del acto, de ello se infiere que su culpabilidad será dolosa si el autor obró realmente con conciencia de la antijuricidad. Este punto de vista había sido seguido, mutatis mutandi, también por Jiménez de Asúa en su monografía sobe el error de derecho en materia penal.31 25
Binding, Handbuch des Strafrechts, p. 15. Soler, Prólogo de la 1.a edición de Derecho Penal Argentino. 27 Núñez, Tendencias de la doctrina penal argentina, p. 21. 28 Molinario, Revista del Colegio Público de Abogados, 1942, 744 ss. 29 Bacigalupo, La renovación de la dogmática penal, p. 39 ss. 30 Al respecto: Bacigalupo, Culpabilidad, dolo y participación. 31 Jiménez de Asúa, Reflexiones sobre el error de derecho en materia penal. 26
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Sobre el concepto de culpabilidad la cuestión giró en torno a los conceptos psicológico y normativo. Los defensores del concepto normativo de culpabilidad (Jiménez de Asúa/Frías Caballero) sostenían al mismo tiempo la posibilidad de admitir una causa general de exclusión de la culpabilidad de carácter supralegal.32 La cuestión metodológica de la relación del sistema con la ley positiva no fue objeto de discusión en 1940, ni en los años posteriores. Solo adquirió importancia en los años 60 del siglo pasado, cuando comenzó a difundirse en Argentina33 y en España34 la teoría de la acción finalista. La teoría de la acción finalista y el sistema dogmático que se basaba en ella fue conocido en Argentina a través de las traducciones de Carlos Fontán Balestra, catedrático de la Universidad de Buenos Aires, y Eduardo Friker, que tradujeron una selección de artículos de Welzel y su “Derecho penal alemán” (Deutsches Strafrecht. 4.a edición) en 1956. Asimismo, en los Cuadernos de los Institutos de la Universidad Nacional de Córdoba se publicó en 1975 la traducción del artículo de Welzel, Kausalität und Handlung.35 Es de señalar que Carlos Fontán Balestra, en Buenos Aires, y Ricardo Núñez, en Córdoba, no tuvieron ninguna simpatía por el pensamiento de Welzel, que sin embargo contribuyeron decisivamente a difundir. Los penalistas argentinos, que habían desarrollado el sistema clásico de la teoría jurídica del delito alemana sin plantearse el problema de la dependencia del sistema del texto de la ley penal reaccionaron enérgicamente frente a la nueva concepción de Welzel y a su introducción en el ámbito de la dogmática argentina. Su principal argumento consistió en la incompatibilidad del finalismo con la ley penal argentina. Si bien el sistema dogmático alemán había sido aceptado sin cuestionar ni verificar su compatibilidad con la ley penal, la cuestión de la compatibilidad del sistema dogmático del delito se convirtió en una cuestión fundamental cuando se cuestionó la estructura del sistema desde nuevas perspectivas metodológicas. La introducción de la necesaria discusión sobre la relación de la dogmática penal y la ley positiva fue uno los tantos méritos de Ricardo C. Núñez, quien por primera vez en la historia de la recepción de la dogmática penal alemana planteó la cuestión de la relación entre el sistema y la ley positiva. Fue entonces cuando dijo claramente que “cada sistema penal positivo tiene su propia dogmática” y que, consecuentemente, “tanto la aplicación al código penal de la dogmática fundada en la concepción valorativa de la acción penal, como la fundada en su concepción final, implica una desviación sistemática inadmisible”36. 32
Frías Caballero, La Ley 65 (1970), 845 ss. Bacigalupo, Culpabilidad, dolo y participación; Bacigalupo, La noción de autor en el Código penal. 34 Cerezo Mir, FS Welzel, 635 ss.; Cerezo Mir, Problemas fundamentales del Derecho Penal, p. 333 ss. 35 Welzel, ZStW 51 (1931), 703 ss. 36 Núñez, Tendencias de la doctrina penal argentina, p. 21. 33
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El mismo argumento también sirvió en España para combatir el finalismo. En el prólogo a la reedición de “La doctrina de la acción finalista” de José Arturo Rodriguez Muñoz, dice José María Rodríguez Devesa: “toda construcción que no arranque de la ley misma está condenada a encontrarse con obstáculos insuperables”37. Pero tampoco en España hubo una demostración de que el sistema dogmático introducido a partir de la dogmática penal alemana provenía de la ley. Los críticos prestaron entonces especial atención fundamentalmente a dos aspectos de la modificación del sistema de la teoría del delito propuesta por Welzel: la posición asignada al dolo en el tipo subjetivo (subjektiver Tatbestand) y al concepto de autor basado en el dominio del hecho. Por otra parte, esta nueva sistemática contradecía la concepción de la culpabilidad defendida especialmente por Soler, entendida según la teoría psicológica de la culpabilidad, en la que el dolo era una de sus formas, junto con la culpa (Fahrlässigkeit). La discusión no llegó al problema metodológico implicado en las innovaciones del finalismo. Entonces no se percibió que la discusión que al respecto tenía lugar en Alemania, demostraba que un código penal no determinaba una única dogmática. La modificación del sistema que era consecuencia de la acción finalista se refería al mismo código penal que había sido hasta ese momento interpretado desde un punto de vista causalista, como, por ejemplo, el defendido por Mezger. Sin embargo, la suposición de que la teoría del delito propugnada por Soler y Núñez provenía del texto del código penal argentino, se convirtió entonces en el fundamento del rechazo de las innovaciones sostenidas por los partidarios de la teoría de la acción finalista. En el curso de esta discusión la dogmática alemana receptada por Soler y Núñez se convirtió en un dogma más sólido que la ley misma. En el desarrollo de la discusión, las posiciones más tradicionales fueron admitiendo la posibilidad de un debate sobre el concepto de acción, aunque sin consecuencias sistemáticas en la teoría del delito.38 Así, tuvo importancia la posición de Jiménez de Asúa, quien había recibido la teoría de la acción finalista con fuertes críticas. Pero, en la relación general presentada al Congreso de la AIDP de 1957 en Atenas, Jiménez de Asúa aceptó sus puntos de vista en materia de autoría, definiendo al autor según la teoría del dominio del hecho, lo que implicaba admitir indirectamente la teoría de la acción en la se fundamentaba la teoría del dominio del hecho. También en el ámbito del error, donde ya en 1942 había desarrollado su tesis contra la irrelevancia del “error de derecho” en el derecho penal.39 Además, Jiménez de Asúa subrayó en 1965, en el prólogo de la cuarta edición de su Tratado de Derecho Penal, la utilidad de la teoría de la acción finalista para profundizar en la dogmática argentina. 37 Rodríguez Devesa, prólogo a “La dotrina de la acción finalista” de José Arturo Rodríguez Muñoz, XI. 38 Creus, Derecho Penal. Parte General, p. 157 ss. 39 Jiménez de Asúa, El error de derecho en materia penal.
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Más tarde, en 1981, Enrique Ramos Mejía puso de manifiesto que la teoría de la acción sostenida por Sebastián Soler, en la edición de su Tratado de 1978, el concepto causal de acción ya no era tan rígidamente causal, como admitía en las primeras ediciones, pues ahora admitía, que en ésta “existe un elemento que no se encuentra jamás en la causalidad: hay libertad” y que hay una “diferencia cualitativa entre acción y causalidad”.40 En 1981 el mismo Enrique Ramos Mejía constataba que “no es posible afirmar que el sistema de la teoría del delito sustentado por Sebastián Soler haya sido dejado de lado totalmente en nuestro país, pero sí se puede señalar que el sistema del finalismo va haciendo notorios progresos”.41
III. La recepción de la dogmática alemana implicó la introducción de un sistema de conceptos jurídicos cuyo valor consiste, según palabras del propio v. Liszt, en “facilitar y asegurar la aplicación de normas a los hechos de la vida jurídica”42 [die Anwendung der Rechtssätze auf die Tatsachen des Rechtslebens erleichter und sichert]. El sistema dogmático del delito receptado en Argentina había sido siempre objeto de la discusión jurídico-científica en Alemania. El sistema de la teoría del delito alemana no era un sistema inmóvil, como lo demuestran algunas críticas y modificaciones que tuvieron lugar antes de su recepción en Argentina. El sistema de v. Liszt había sido cuestionado, antes de las primeras formulaciones de Welzel. En primer lugar, por parte de Gustav Radbruch en 1904, quien sostuvo la imposibilidad lógica de un concepto unitario de acción que comprendiera las acciones positivas y las omisiones.43 En 1906 Beling introdujo “el tipo del delito (Typus) como concepto jurídico penal fundamental”.44 En 1924 Mezger, por su parte, introdujo modificaciones en el sistema, reconociendo los elementos subjetivos de lo ilícito en el tipo penal.45 En 1930 Max Grünhut sostuvo que “importantes puntos de vista metodológicos podrán ser aclarados precisamente porque la aplicación del derecho es investigada no solo desde la norma aplicable, sino 40 Ramos Mejía, La ciencia penal argentina antes y después de Sebastián Soler, en separata de Anales de la Academia Nacional de Derecho y Ciencias Sociales de Buenos Aires, año XVI, Segunda época 19, 19. 41 Ramos Mejía, La ciencia penal argentina antes y después de Sebastián Soler, en separata de Anales de la Academia Nacional de Derecho y Ciencias Sociales de Buenos Aires, año XVI, Segunda época 19, 21. 42 von Liszt, Strafrechtliche Vorträge und Aufsätze, p. 218. 43 Radbruch, Der Handlungsberiff in seiner Bedeutung für das Strafrechtssystem. 44 Beling, Die Lehre vom Verbrechen. 45 Mezger, Der Gerischtssaal 89 (1924), 207 ss.
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también teniendo en cuenta el hecho que en ella se subsume”46 [“Wichtige methodische Gesichtspunkte werden gerade dadurch deutlich, dass man die Rechtsanwendung nicht nur von Seiteder anzuwendenden Norm, sondern auch den subsumierenden Sachverhalt untersucht”]. En 1948 Reinhart Maurach sostuvo que la imputación debía ser estructurada en dos categorías: la responsabilidad por el hecho y la culpabilidad.47 Lo esencial del sistema de v. Liszt, completado por la teoría del tipo penal de Beling, es que el sistema está basado en una doble valoración de los hechos: la ilicitud [Unrecht] y la culpabilidad [Schuld].48 Este sistema surge sin duda de la ley, pero la ley no determina el contenido de los conceptos del sistema. En el código penal argentino la doble valoración, como en el español o el alemán, puede ser inferida de las distintas causas que excluyen la responsabilidad penal. En algunos casos la ley penal acuerda una facultad para realizar una conducta típica (defensa necesaria, ejercicio de un derecho, estado de necesidad), es decir: establece causas de justificación [Unrechtausschliessungsgründe] y en otros considera al sujeto incapaz de culpabilidad, error y, según Soler, también la coacción o vis relativa [Zwang] [Schuldausschliessungsgründe]. Pero, el texto de la ley, tanto en Argentina como en España, agrupa las diferentes eximentes bajo el denominador común de la no punibilidad. La distinción entre causas que excluyen la ilicitud y las que excluyen la culpabilidad depende de conceptos dogmáticos no expresos en la ley.49 Algunas cuestiones pueden generar problemas de interpretación, como el estado de necesidad en conflictos de bienes jurídicos de igual jerarquía. Pero, en general, sobre la diferencia entre causas de justificación y las que excluyen la culpabilidad existe un acuerdo prácticamente total. Además, la ley no determina el contenido de cada uno de los conceptos del sistema. Por ejemplo: no define la acción, ni el dolo, ni la culpa. Tampoco establece si la lesión de la norma, es decir la antijuricidad, debe ser entendida según la teoría objetiva de la antijuricidad o si el orden jurídico es un conjunto de imperativos. Consecuentemente, es necesario admitir que el sistema dogmático de la teoría del delito es en gran parte producto de una serie de conceptos y principios que, en verdad, son previos a la ley.50 Estos conceptos serán legítimos en la medida en la que tengan un respaldo metodológico plausible y respeten los principios del derecho penal establecidos en la constitución. La discusión sobre si el método determina el objeto o si, por el contrario, el objeto determina el método no se planteó en Argentina en el marco de esta discusión.
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Grünhut, Festgabe für Reinhard Frank, p. 21 ss. Maurach, Schuld und Verantwortung im Strafrecht. 48 Grünhut, Festgabe für Reinhard Frank, p. 5 ss. 49 Bacigalupo, Delito y punibilidad, p. 86 ss. 50 Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung. 47
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IV. En lo que respecta a la teoría de la acción, que fue la razón del rechazo del sistema de Welzel como una desviación sistemática inadmisible,51 es de señalar que, como ya lo había señalado Ramos Mejía, Soler en sucesivas ediciones formuló un concepto de acción que, en realidad, ya no era puramente causal. Su punto de vista no es totalmente claro, pero no es un puro concepto causal de acción como el que Núñez consideró propio de la “doctrina penal del país”,52 que, obviamente, coincidía con el concepto de acción causal de la doctrina penal alemana. Soler pensaba que “los hechos del hombre constituyen acción solo en cuanto son expresiones individuales de la personalidad”, pero que, sin embargo, “el querer interno del agente no debe ser referido al evento o resultado externo, pues el estudio de esa relación no forma parte de la teoría de la acción”.53 En este punto es muy probable que Soler haya sido influido especialmente por la obra de Francesco Antolisei sobre la relación de causalidad,54 que, si bien no aparece en la bibliografía, es citado en numerosas ocasiones en ediciones posteriores a 1940.55 La posición de Antolisei sobre la relación de causalidad puede ser considerada cercana a la concepción de Welzel y, en general, tiene una considerable influencia de la dogmática alemana de su tiempo. Decía Antolisei: “el hombre tiene un campo en el cual puede dominar por la fuerza de sus poderes cognitivos y volitivos. Existe una esfera de señorío del hombre que se extiende al mundo exterior (…) El dominio del hombre sobre los factores externos puede ser verificado en dos modos: deteniendo o desviando el curso causal, o sustrayéndose a la eficacia de los factores mismos. En un caso y en el otro se presupone la posibilidad de conocer (…), si esta posibilidad falta el hombre no tiene capacidad de dominar. El poder del hombre tiene un límite en los límites de su conocimiento”.56 En la última evolución del pensamiento contrario a la teoría de la acción finalista, los penalistas argentinos han seguido la dirección señalada por Soler: reconocer que la acción, como concepto prejurídico, es expresión de la capacidad del autor de dirigir su comportamiento a la realización de una finalidad. Aunque no asignan a este concepto prejurídico de acción ninguna relevancia en la elaboración del sistema, a veces con errores, como identificar el carácter voluntario de la acción, reconocido por autores causalistas, con la finalidad.57
51
Núñez, Tendencias de la doctrina penal argentina, p. 21. Núñez, Tendencias de la doctrina penal argentina, p. 18. 53 Soler, Derecho Penal Argentino, p. 296. 54 Antolisei, Il rapporto di causalità nel diritto penale. 55 Soler, Derecho Penal argentino, t. I, p. 314 ss. 56 Soler, Derecho Penal argentino, t. I, p. 209. 57 Cf., por ejemplo, Creus, Derecho Penal, p. 159. 52
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De todos modos, en general, la cuestión del finalismo, como tal, ya no está en el centro de la discusión. En la actualidad el sistema dogmático de la teoría del delito dominante responde al modelo elaborado por Welzel, con o sin los fundamentos filosóficos y metodológicos de este. Simplificando al máximo la cuestión: en la moderna dogmática argentina el dolo y la culpa no son elementos exclusivos de la culpabilidad; la teoría del error suele estar basada, consciente o inconscientemente en la distinción entre dolo y conciencia de la antijuridicidad; la teoría de la autoría y la participación ha superado los límites de la teoría formal objetiva de la autoría.58 No me es posible hacer una verificación de la aceptación de estos puntos de vista en la jurisprudencia.
V. Marcelo Sancinetti, nuestro homenajeado, puede ser considerado el representante de la tercera generación de penalistas argentinos que han introducido y discutido ideas de la dogmática penal alemana en el derecho penal argentino. Lo ha hecho de manera brillante. Es por lo tanto continuador de una tradición muy asentada en nuestra cultura jurídica. Asimismo, ha hecho aportaciones teóricas importantes e innovadoras desde la perspectiva del concepto personal de la ilicitud o de lo injusto, cuestión apenas discutida hasta entonces en Argentina y en España.59 Primero con la traducción de la obra de Diethart Zielinski, “Handlungs- und Erfolgsunwert im Unrechtsbegriff” (1973)60, cuyas ideas desarrolló más tarde en su tesis doctoral en la Universidad de Buenos Aires sobre “Teoría del delito y disvalor de acción” (1991) y con la publicación en Alemania de su monografía “Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versucht”, de 1995. Bibliografía Antolisei, Francesco: Il rapporto di causalità nel diritto penale, Padova 1934. Bacigalupo, Enrique: Culpabilidad, dolo y participación, Buenos Aires 1966. Bacigalupo, Enrique: Delito y punibilidad, Madrid 1983. Bacigalupo, Enrique: La “nacionalidad” de la ciencia jurídico penal, Revista de Derecho Penal. Homenaje a Adela Reta, 13 (2002), p. 17 – 26. Bacigalupo, Enrique: Estudio Preliminar, en: Luis Jiménez de Asúa (ed.), La teoría jurídica del delito, Madrid 2005. 58
Bacigalupo, Lineamientos de la teoría del delito; Zaffaroni, Teoría del delito; Zaffaroni/ Alagia/Slokar, Derecho Penal. Parte General; Righi/Fernández, Derecho Penal; Donna, Derecho Penal. Parte General. 59 Bacigalupo, Estudios de Derecho Penal. Homenaje al profesor Santiago Mir Puig, 447. 60 Zielinski, Disvalor de acción y disvalor del resultado en el concepto de lo ilícito.
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Subjetivismo y objetivismo en la ética de los conflictos armados Por Alejandro Chehtman1
I. El debate entre tradicionalistas y revisionistas El recurso a la fuerza militar y las reglas que gobiernan los enfrentamientos durante un conflicto armado han sido objeto de una larga tradición en la reflexión jurídica y filosófica. Una de las principales divisiones contemporánea es la que se da entre los llamados tradicionalistas y revisionistas. A los tradicionalistas se los ha identificado con el trabajo de Michael Walzer, que ha defendido una posición teórica que, en principio, refleja fielmente la regulación jurídica vigente en el derecho internacional.2 Esto significa —en lo que aquí interesa— que dado que los soldados de ambos bandos en una guerra se encuentran en una situación de imposición recíproca de riesgos, es permisible para cada uno de ellos matar a los integrantes del otro bando. Así, la implicación estándar de esta perspectiva es que los beligerantes están en una posición moralmente simétrica entre sí, pero en una posición moralmente asimétrica frente a los no combatientes. Esto se explica por el hecho de que, mientras que los soldados han perdido el derecho a la vida (son pasibles de ser atacados), los civiles no han hecho nada para perderlo. El esquema resultante, muchos dirán, captura intuiciones morales profundas, lo que a su vez explica su popularidad e influencia persistente. En contraste, en el campo revisionista, Jeff McMahan, Cécile Fabre y otros rechazan que las muertes de combatientes justos causadas por combatientes injustos 1
Este texto resume algunas ideas del primer capítulo del libro sobre conflictos armados asimétricos que se publicará próximamente en Oxford University Press. Como advertirá cualquier persona que esté familiarizada con la obra del homenajeado, este trabajo es una pequeña muestra de la profunda influencia que Marcelo Sancinetti ha tenido en el desarrollo de mi vida intelectual, aun en áreas un poco alejadas de sus preocupaciones. No solamente mis convicciones últimas están muy próximas a la posición que él me enseñara como subjetivismo en la dogmática penal alemana; su rigor intelectual y su creatividad también han sido siempre un ideal regulativo a la hora de pensar la justificación moral de nuestras instituciones jurídicas y de aceptar las conclusiones a las que los principios y razonamientos que defiendo me llevan. Agradezco a Agustín Lastra la cuidadosa traducción inicial del inglés. Todo error u omisión es exclusiva responsabilidad mía. 2 Walzer explícitamente rechaza el argumento de que la igualdad entre los soldados es “meramente convencional” (Walzer, Just and Unjust Wars, p. 229). Sobre las diferencias con la regulación jurídica, véase Chehtman, Leiden Journal of International Law 31 (1).
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sean moralmente permisibles.3 Su marco normativo se apoya en un punto metodológico fundamental. Para sostener la igualdad moral de los combatientes, Walzer debe asumir que la moralidad de la guerra es esencialmente diferente de la moralidad de la defensa interpersonal.4 En cambio, la posición “reductivista”, que muchos revisionistas defienden, sugiere que las situaciones de guerra son situaciones interpersonales a gran escala y se diferencian de ellas básicamente por el número de participantes y la coordinación entre ellos. Esto significa que el fundamento de la permisibilidad del uso de fuerza defensiva letal se ha de basar, en última instancia, en los mismos principios o consideraciones en un contexto y en el otro. Este punto de partida tiene implicaciones importantes para la igualdad moral entre beligerantes. En las situaciones interpersonales, los agresores y sus víctimas están en posiciones morales asimétricas. Mientras que el ataque del agresor se considera impermisible, reconocemos a las víctimas un derecho a defenderse aun a costa de la vida del agresor. No hay una razón convincente —argumenta McMahan— para no trasladar esta asimetría moral a una situación en la que los agresores y las víctimas son más numerosos o están más coordinados entre ellos.5 En este breve trabajo sugiero que, aunque la mayoría de los revisionistas comienzan desde un punto de partida correcto, yerran en inferir todas las implicaciones de la continuidad entre la ética de la guerra y la de las situaciones defensivas interpersonales. Es decir, sugeriré que aceptar una versión plausible del reductivismo conlleva que mientras algunas guerras se dan entre beligerantes justos e injustos, y están sujetas a reglas morales asimétricas, otras guerras enfrentan a beligerantes que están en una posición sustancialmente simétrica. Ahora bien, este enfoque requiere sostener, contra la gran mayoría de la literatura, que la permisibilidad de las acciones de los beligerantes debe analizarse por referencia a consideraciones subjetivas (como las creencias de los agentes y la evidencia que tuvieron ante sí) en lugar de por referencia a consideraciones objetivas o fácticas (como la mera causalidad). En la sección II presentaré brevemente una justificación del uso de fuerza defensiva en situaciones interpersonales y de conflicto armado. En la sección III defenderé que el sentido de incorrección moral relevante para la ética de los conflictos armados es esencialmente subjetivo (o, por lo menos, no meramente fáctico). En la sección IV presentaré algunas conclusiones preliminares.
II. La permisibilidad de la fuerza defensiva De conformidad con el reductivismo, aquí defiendo un argumento sobre la permisibilidad del uso de fuerza letal defensiva en la guerra que se basa en los 3 McMahan, Killing in War; Fabre, Cosmopolitan War; Lazar, Annual Review of Political Science 20 (2017), entre otros. 4 Véase, por ejemplo, Walzer, Philosophia 34 (2006), 43. 5 McMahan, Killing in War.
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mismos principios que rigen la permisibilidad del uso de fuerza letal en situaciones interpersonales. Hay varias posiciones dentro de la bibliografía existente respecto de las condiciones necesarias y suficientes para justificar el uso de fuerza defensiva en situaciones interpersonales que tienen gran influencia en su justificación en contextos de conflicto armado. La mayoría de ellas parten de la premisa de que los individuos tienen un derecho a la vida. Este derecho es en primer lugar un derecho hohfeldiano propiamente dicho (claim) que fundamenta un deber pro tanto de abstenerse de matar a otro individuo.6 Este derecho explica, por ejemplo, por qué es pro tanto moralmente impermisible hacerlo. Pero, ciertamente, este derecho incluye otros elementos o incidentes. Generalmente, involucra al menos una libertad hohfeldiana (privilege) pro tanto de defender la propia vida, aun a costa de dañar a otros. Frente a este punto de partida, la mayoría de las justificaciones contemporáneas del uso de fuerza defensiva letal se basan principalmente en la idea de renuncia o pérdida de este derecho a la vida.7 Un agresor, argumentan, se vuelve moralmente pasible a ser muerto (liable) cuando es responsable —en alguna dimensión— de una amenaza grave y moralmente injustificada contra una víctima inocente. Este tipo de explicación captura nuestras intuiciones en ciertos casos estándar. Considere: Agresora culpable: Amalia es una asesina y ataca a Victoria con un cuchillo, intentando matarla. Victoria logra tomar una pistola que alguien ha dejado en una mesa cercana y, luego de un forcejeo corto, le dispara a Amalia en defensa propia. Hay una primera característica conceptual sobre la que vale la pena detenernos. Puesto que Amalia es moralmente pasible de ser dañada por Victoria, su muerte no constituiría una afectación ni una violación a sus derechos.8 Que sea pasible de sufrir un daño significa precisamente que carece del derecho a no sufrirlo. Siguiendo la mayor parte de la literatura usaré aquí ambas expresiones de manera indistinta. No obstante, cuando decimos que Amalia es pasible de ser dañada ello también conlleva que tiene el deber de no atacar a Victoria para defenderse de ella.9 Al perder su derecho también perdió la libertad hohfeldiana de usar fuerza letal defensiva contra Victoria. Por último, el hecho de que los agresores pierdan, o por cualquier medio carezcan de su derecho a la vida conlleva que estas consecuencias normativas se mantendrían si fueran 5 o 10 (o aun 50) los agresores culpables procurando matar injustamente a Victoria. Ser pasible de ser muerto en defensa propia o de terceros conlleva una situación de asimetría moral radical entre
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Hohfeld, Fundamental Legal Conception. Cf. Thomson, Philosophy and Public Affairs 20 (4); McMahan, Killing in War. 8 McMahan, Philosophical Issues 15 (2015), 386. 9 Cf. Fabre, Cosmopolitan War, p. 61.
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individuos, y esta asimetría descansa en intuiciones morales profundas y extendidas,10 como las que evoca el caso de Agresora culpable. Ahora bien, hay otro tipo de situaciones para las que este enfoque parece inapropiado. Consideremos: Plan Siniestro: Oficial de Policía es enviado por su superior a impedir un ataque sobre diez víctimas inocentes. Se le da una foto de Terrorista, y el horario y lugar del supuesto ataque. Cuando Oficial de Policía llega a la ubicación designada, encuentra a Terrorista apuntando con un arma a diez personas paradas frente a la pared. La única oportunidad que razonablemente se le presenta para de detener la ejecución es matar a Terrorista en el acto. Sin embargo, Terrorista es en realidad un Agente Encubierto realizando un arresto. Oficial de Policía ha sido engañado por su superior y no tenía manera de saberlo. Muchas personas considerarán que Agente Encubierto tiene una libertad hohfeldiana de matar a Oficial de Policía en defensa propia. Esta intuición sería particularmente fuerte si asumimos que Agente Encubierto ha sido también engañado por su superior haciéndole creer que algún cómplice de los arrestados (vestido de oficial de policía) intentará matarlo para impedir su detención. Sin embargo, lo principal aquí es que Plan Siniestro captura una situación en la que, a pesar de esa permisión, consideraríamos implausible que Oficial de Policía hubiese simplemente perdido su derecho a la vida. Por ejemplo, sugerir que Oficial de Policía es pasible de ser dañado por Agente Encubierto no permitiría dar cuenta de la enorme gravedad moral del daño que se impondría sobre él en caso de resultar gravemente herido, ni los motivos por los que sería adecuado reparar el daño por él sufrido. Ambas proposiciones requieren que él retenga su derecho a no ser dañado por Agente Encubierto. Además, creo que muchos consideraríamos permisible que Oficial de Policía disparara contra Agente Encubierto. De hecho, algunos incluso consideraríamos que sería moralmente incorrecto que Oficial de Policía huyera de la escena. Si se retirase lo criticaríamos, y hasta quizá debería ser sancionado por su indiferencia frente a los derechos de los terceros presuntamente en riesgo. A diferencia de Agresora culpable, este caso muestra que una situación de cierta simetría moral entre dos personas que se amenazan recíprocamente, al menos en cuanto a que ninguna de ellas ha perdido su derecho a la vida. En este tipo de situaciones, una justificación de la fuerza letal defensiva que se base exclusivamente en la noción de pérdida de derechos es inadecuadamente rígida, y en última instancia poco convincente.11 En cambio, un enfoque mucho más promisorio es 10
Ciertamente, es posible que lleguemos a un punto en el que el número de asesinos culpables sea tan grande que las consideraciones de mal menor harían que fuera impermisible que Victoria los mate. En cualquier caso, ante esa situación deberíamos decir que sería impermisible para ella matarlos a pesar de que son pasibles de ser atacados, no que han “recuperado” su derecho a que ella no los mate solo por el hecho de estar “uno al lado del otro”. 11 Para más detalles, véase Chehtman, Utilitas 29 (2017).
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analizar este tipo de casos como situaciones de conflicto de derechos pro tanto.12 Frecuentemente se acepta que los derechos pro tanto existen fuera de circunstancias particulares y que están sujetos a entrar en conflicto con los derechos pro tanto de otros. Esto es evidente en muchos contextos diferentes, como el posible conflicto entre el derecho a la libertad de expresión y el derecho a la reputación de una persona, o entre el derecho a la propiedad sobre un bien en particular y el derecho a que alguien destruya dicha propiedad para proteger un bien propio particularmente importante.13 Por consiguiente, cuando examinamos la situación concreta podemos asignar a una de las partes un derecho o libertad. Pero este derecho o libertad sería compatible con afirmar que los derechos pro tanto de la otra persona no se han perdido ni han desaparecido, sino que han sido infringidos (permisiblemente). Este enfoque admite más matices y es más atractivo que el argumento estándar a “todo-o-nada”, basado en la idea de pérdida de derechos. En Plan Siniestro este enfoque permitiría explicar fácilmente que tanto Oficial de Policía como Agente Encubierto actúen permisiblemente al disparar contra el otro. El mero hecho de que uno de ellos “apunte” primero en los hechos no parecería bastar para crear una situación totalmente asimétrica entre ellos. Además, este enfoque puede explicar fácilmente el grave residuo moral que dejaría cualquiera de esas muertes. Es decir, este tipo de explicación simplemente admite que se están infringiendo sus derechos y la relevancia moral de estos derechos es lo que sustenta el fuerte malestar moral que sentiríamos con cualquiera de estas muertes.
III. Consideraciones relativas a hechos, creencias y evidencias en situaciones defensivas Existe una dificultad básica con la posición simétrica recién defendida. Específicamente, la determinación de si es permisible usar fuerza letal contra un atacante se basa fuertemente en lo que el individuo que es atacado conocía y tenía razones para conocer, y no en lo que interpretó correctamente, es decir, en la situación fáctica subyacente. Esta es una postura controversial en la bibliografía sobre defensa propia y en la teoría de la guerra justa. Por ello, es una posición que requiere ser defendida más extensamente. Un punto de partida relativamente extendido para este debate es la distinción trazada por Derek Parfit entre tres sentidos diferentes de incorrección moral de una conducta, a saber, por referencia a los hechos, a la evidencia disponible o la creencia del agente.14 Cada uno de estos sentidos de incorrección, señala Parfit, es 12
Para dos defensas plausibles de este enfoque, cf. Thomson, The realm of rights y Feinberg, Rights, Justice, and the Bounds of Liberty. Para una visión alternativa véase por ejemplo Oberdiek, Oxford Journal of Legal Studies 28 (2008). 13 Cf., por ejemplo, Feinberg, Philosophy and Public Affairs 7 (1978), 102. 14 Parfit, On What Matters, p. 150 – 1.
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moralmente relevante, pero se usan para distintos propósitos. Por ejemplo, él sugiere que para poder evaluar cuestiones de reproche moral la dimensión más importante es lo que la incorrección moral por referencia a las creencias del agente.15 En cambio, cuando un agente debe decidir qué hacer moralmente, debe tratar de hacer “lo que sobre la evidencia o dadas sus creencias, sería de esperar que resulte en que las cosas salgan mejor”.16 Sin embargo, Parfit no aclara qué sentido de incorrección moral es más importante para determinar que una persona pierda su derecho a no ser atacada, o se torne pasible del uso de fuerza letal defensiva. En contra de la mayor parte de la literatura relevante, argumentaré que para que alguien sea considerado pasible del uso de fuerza letal defensiva, su acción debe ser moralmente incorrecta —como mínimo— por referencia a la evidencia relevante o a sus creencias. Concretamente, sugeriré que el hecho de que su acto sea incorrecto por referencia a los hechos no es ni suficiente ni necesario para que el agente se torne pasible de ser atacado. A los efectos de defender esta posición, debo antes especificar algunas de las características de esta distinción. En primer lugar, estos tres sentidos de la incorrección moral de un acto no son meramente disyuntivos, sino que bien pueden ser acumulativos. Pueden darse incluso distintas combinaciones. Podemos hablar de un acto en particular que sea moralmente incorrecto en los tres sentidos: por referencia a los hechos, la evidencia y las creencias del agente, como el caso de la Agresora culpable. Pero un acto particular puede ser incorrecto por referencia a dos, e incluso a una sola de estas dimensiones. Si A dispara contra V a la distancia con un arma que tiene buenas razones para creer que está cargada (aun si en realidad no lo estuviera) entonces su acción sería incorrecta solo por referencia a la evidencia y a sus creencias, pero no por referencia a los hechos. Voy a usar (H), (E), y (C) para indicar si un acto en particular es incorrecto en base a hechos, evidencia o creencias, respectivamente. En segundo lugar, la percepción de que una acción determinada es incorrecta puede ser distinta para los diferentes agentes involucrados, al menos por referencia a la evidencia y a las creencias. Por ejemplo, Ana puede no tener idea (C) de que si mata a Victoria evitará que ésta ejecute a 5 transeúntes inocentes. Puede que no haya evidencia de esto a disposición de Ana (E). En este contexto, la acción de Ana será incorrecta por referencia a sus creencias y a la evidencia disponible para ella. Pero no si uno la considera por referencia a las creencias y la evidencia que tiene Victoria ante sí. Comenzaré considerando una situación defensiva con dos individuos: atacante (A) y víctima (V). Cuando se trate de una amenaza por referencia a los hechos utilizaré la notación: A(H)-V(H). Si, en cambio, A tiene evidencia disponible de que su acto constituye una amenaza injustificada se puede agregar (E) a su posición y (C) si cree que su acto constituye una amenaza. Lo mismo debería ser 15 16
Parfit, On What Matters, p. 154. Parfit, On What Matters, p. 161.
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determinado respecto a V, o cualquier tercera parte involucrada. La notación (0) podría utilizarse allí cuando la acción no se considere incorrecta por referencia a ninguno de estas tres dimensiones. Con este esquema básico en mente, regresemos al punto que aquí está en discusión. En la sección anterior sugerí que la dimensión relativa a los hechos no es ni suficiente ni necesaria para concluir que A es pasible de ser atacado por V. Para ilustrar esto, primero consideremos el ejemplo siguiente: Celular: A está por mandar a un amigo un mensaje de texto preguntándole: “Cómo estás?”. Si ella presiona la “C” en su teléfono celular matará a V a través de una carga explosiva que Z ha instalado. Sin embargo, esto no lo sabe ni A, ni V (y ambas carecen de cualquier evidencia de que este sea el caso). V está parada cerca de A y está armada. Esta sería una situación del tipo [A(H);V(H)]. Creo que la mayoría de las personas estarán de acuerdo en que A no ha perdido su derecho a la vida y, por consiguiente, no es moralmente pasible de ser atacada por V,17 aun si causará su muerte a menos que V la mate. Es más, muchos aceptarían que si V, por odio u algún otro motivo injustificado, intentara matar a A en este contexto, se volvería ella misma pasible de ser muerta por A. Así, Celular ilustra que el hecho de que una acción sea incorrecta solo por referencia a los hechos no es una condición suficiente para hacer que un agente se torne pasible de ser atacado. Ciertamente, esta conclusión sería un problema para aquellos que, como Judith Thomson, argumentan que la responsabilidad causal por una amenaza objetivamente injusta basta para perder el derecho a no ser atacado defensivamente.18 No obstante, a aquellos que, como McMahan, requieren responsabilidad moral como condición necesaria para ser pasible de ser atacado, les sería fácil explicar esta conclusión.19 Es interesante, sin embargo, que esta posición parecería incurrir en el error opuesto, a saber, considerar que el hecho de que A crea y tenga razones para creer que está amenazando injustificadamente la vida de V son condiciones tanto necesarias como suficientes para que A sea pasible de ser muerta por V. Esta conclusión debería valer aun cuando A no esté amenazando a V en un sentido meramente causal (H).20 Ahora bien, consideremos: Arma descargada: Supóngase que A está apuntando un arma hacia V que ella —A— cargó unos minutos antes. Sin embargo, sin que A lo notara, V descargó el arma justo antes de que A le apuntase. La situación podría formalizarse de la siguiente manera: [A(C+E);V(0)]. Resulta claro para mí que sería impermisible para V matar a A en estas 17
Véase, sin embargo, Tadros, The Ends of Harm. Cf. Thomson, Philosophy and Public Affairs 20 (4). 19 McMahan, Killing in War. 20 Podemos dejar de lado aquí si C o E solos serían suficientes para establecer una responsabilidad moral. 18
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circunstancias. Más aún, si V matase a A, diría que habría violado sus derechos. Por consiguiente, Arma descargada sugiere que la pérdida del derecho a no ser atacado con fuerza letal no puede explicarse tomando solamente en cuenta la acción de A por referencia a la evidencia y a sus creencias. Esta conclusión parecería socavar una explicación de la pérdida del derecho a no ser atacado con fuerza letal que se base exclusivamente en la responsabilidad moral del agresor. McMahan objetaría que la responsabilidad moral es una condición necesaria pero no suficiente para su explicación de la pérdida de derechos; adicionalmente se requeriría una amenaza objetivamente injustificada.21 Esta respuesta, sin embargo, incurre en una petición de principios en la medida en que lo que está en discusión aquí es precisamente qué constituye una amenaza objetivamente injustificada. En otras palabras, la cuestión es si para tornar a un individuo pasible de ser atacado es la acción la que debe ser objetivamente injustificada, o este predicado exige además que la acción deba amenazar causalmente a V (en un sentido por referencia a los hechos). Como hemos visto, McMahan parece comprometido a responder esta última pregunta de manera afirmativa. En mi opinión, esto sería un error. Consideremos: Arma descargada 2: todo es igual que en Arma descargada, pero supongamos que es una tercera persona R quién descargó el arma de A sin que lo sepan ni A ni V. Podemos formalizar este caso de la siguiente manera: [A(C+E);V(C+E)]. A diferencia del caso anterior, en esta situación parece que A sí sería moralmente pasible de ser atacada defensivamente por V aunque A no esté amenazándola causalmente —por referencia a los hechos—. Esto parece indicar que el hecho de que A esté amenazando causalmente a V, por referencia a los hechos, no es una condición necesaria para ser moralmente pasible de ser muerta defensivamente. De esta manera, sobre la base de Celular y Arma descargada 2 (además de Plan siniestro) podemos derivar, respectivamente, que la incorrección por referencia a los hechos de una determinada acción no es suficiente, pero tampoco necesaria para que A sea pasible de ser muerta por V. De lo anterior podemos concluir que el sentido relevante de incorrección moral de una acción defensiva parece ser el relacionado con las creencias y la evidencia disponible en una situación determinada. Esto permitiría sostener que mientras hay enfrentamientos moralmente asimétricos que se analizan por referencia a la pérdida de derechos cuando los participantes tienen razones para creer que actúan impermisiblemente (por ejemplo, un combatiente del Estado Islámico), hay otros esencialmente simétricos en los que ninguna de las dos partes ha perdido su derecho a no ser atacado y, por consiguiente, han de resolverse mediante el esquema de conflicto de derechos. No todos aceptarán este punto de vista. Victor Tadros, por ejemplo, refiere la siguiente situación para poner en cuestión este esquema: 21
McMahan, Killing in War, p. 157.
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Flores: si A no desvía un vagón que circula por las vías, éste aplastará cinco flores exóticas. Debido a su amor por las flores, A desvía el vagón hacia un carril secundario donde matará a V. A no sabe que, más adelante en el carril con las flores, hay 5 personas. Tampoco tiene razones para creer que esas cinco personas están en esa vía. Su cambio de vía salva a esas cinco personas.22 Tadros argumenta que a pesar del hecho de que A es moralmente responsable de dañar a V, es impermisible interferir con ella. La razón de ello, argumenta, es que lo que A está haciendo, si bien culpable (es decir, incorrecto por referencia a sus creencias y a la evidencia que tiene ante sí), es permisible por referencia a los hechos. Esto es, la única razón por la que un observador en una posición epistémica superior estaría inhabilitado a interferir con la conducta culpable de A es que en realidad (por referencia a los hechos) A esta salvando a cinco personas.23 Este análisis de la situación me parece equivocado.24 Tadros nos presenta una situación en la que sería impermisible para una tercera persona R interferir con el accionar de A, pero esta conclusión no se basa necesariamente en la corrección de la acción de A por referencia a los hechos, sino en la corrección de la acción de R por referencia a sus creencias y a la evidencia que tiene ante sí. Para formalizarlo, la situación no es meramente R(H) si no R(C+E+H). Tadros parece identificar la situación como una en que las consideraciones fácticas deciden la cuestión normativa porque parece indiferente al hecho de que la corrección de una acción por referencia a sus creencias, la evidencia y a los hechos no son meramente disyuntivas, sino que también pueden ser acumulativas. Por ende, no da ningún argumento sobre por qué es que las consideraciones referidas a los hechos son las que permiten concluir que es impermisible para R interferir con la acción de A en Flores, en lugar de las otras dos. No resulta obvio para mí que este sea el caso. Supongamos ahora que R no está en una posición epistémicamente superior a A, si no en la misma posición epistémica. A efectivamente va a salvar a cinco personas inocentes al desviar el vagón pero R sólo ve y sólo puede ver que A va a matar a una persona inocente. A sus ojos, si interfiriera con A, R salvaría la vida de una persona inocente, mientras que si se abstuviera de interferir permitirá que A mate a esta persona para salvar cinco flores. ¿Mantendríamos nuestra posición de que es impermisible para R interferir con A? O, más precisamente, ¿seguiríamos considerando que A no es pasible de que R interfiera con su conducta? Yo opino que la mayoría de las personas creerían que A no tiene un derecho ante R de que R no interfiera con su acción. 22
Tadros, The Ends of Harm, p. 236. Tadros, The Ends of Harm, p. 236. 24 Dejo de lado aquí la cuestión de si la permisibilidad de interferir con la acción de A es una medida correcta para determinar la impermisibilidad de la acción de A. Creo que no. Y la razón de ello es que a veces entendemos que una persona tiene derecho de actuar impermisiblemente, en el sentido de que aun si la conducta es impermisible, será impermisible interferir con ella. 23
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En cambio, si R ahora tiene evidencia conclusiva (y cree) que el vagón va a matar a cinco personas si A no lo desvía, ¿no estaría R obligada, en el sentido relevante, a interferir con A? Lo que es más importante, diríamos que tiene un deber de interferir aun si, por referencia a los hechos, esto no fuera verdad, por ejemplo, porque hay una pequeña roca, imperceptible para ella, que habría descarrillado el vagón salvando en última instancia a las cinco personas. Creo que la mayoría de nosotros consideraríamos permisible para R intervenir, y lo que es decisivo para nosotros, consideraríamos a A pasible de sufrir esa interferencia. En consecuencia, Tadros sostiene que el hecho de que A esté actuando incorrectamente por referencia a su creencia y a la evidencia que tiene ante sí no es decisivo a los efectos de determinar si es moralmente pasible de sufrir la interferencia de R. Esto parece correcto. El problema con esta posición es que él quiera inferir de esta proposición que lo que explica que sea permisible para R interferir con A es que el acto de A se considere incorrecto por referencia a los hechos. Como he argumentado en esta sección, esto no se sigue de la situación bajo análisis. Que A sea pasible o no de sufrir la interferencia de R parece depender de lo que A creía y tenía razón en creer (C+E) y, crucialmente, en lo que R creía y tenía razones para creer (C+E), es decir de la corrección moral de su acción por referencia a sus creencias y a la evidencia. En la medida en que esto es así, Flores no socava en ninguna medida la posición que aquí defiendo.
IV. Conclusión He sostenido aquí que la justificación del uso de fuerza letal defensiva puede seguir dos modelos diferentes. En el primero de ellos, la víctima de un ataque protege su derecho a la vida frente a un agresor que lo ha perdido. En el segundo, en cambio, ninguna de las personas que usan violencia entre sí han perdido su derecho a la vida y, por consiguiente, la situación se resuelve en función del conflicto entre sus derechos.25 Mientras que el primer enfoque tiende a llevar a esquemas moralmente asimétricos, este último habilita una mayor simetría entre los participantes de un enfrentamiento armado. Ambos modelos aceptan el reductivismo como punto de partida, pero uno conduce a un esquema similar al defendido por los revisionistas en materia de guerra justa, mientras que el otro conduce a un esquema relativamente similar al de los tradicionalistas. Ahora bien, aceptar esta bifurcación requiere adoptar una posición que no se base centralmente en consideraciones fácticas para determinar la permisibilidad moral del uso de fuerza letal defensiva. En particular, he sugerido que las consideraciones relativas a los hechos no son necesarias ni suficientes para que A 25 También puede ser que un conflicto enfrente a dos personas o bandos que actúen de manera mutuamente impermisible. Abordo esta cuestión en Chehtman/Rivera López, en preparación.
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sea moralmente pasible de sufrir fuerza (letal) defensiva. Esta proposición refuerza la idea de que el hecho de que un individuo sea moralmente pasible de ser atacado con fuerza letal se determina por referencia a la evidencia y a las creencias disponibles para quienes usan fuerza letal entre sí. Por supuesto, esto no conlleva sostener que las consideraciones relativas a los hechos sean irrelevantes para los propósitos de la corrección o incorrección moral de ciertas acciones en la guerra (de hecho, no creo lo sean). El punto que aquí defiendo solo necesita sostener que, para llevar a cabo una teorización fructífera sobre la permisibilidad del uso de fuerza letal en conflictos armados (así como en situaciones interpersonales), deberemos centrarnos de manera muy importante en la dimensión de la incorrección moral por referencia a la evidencia y a las creencias de los agentes relevantes. Bibliografía Chehtman, Alejandro: Revisiting Defensive Killing: Liability, Mere Permissibility, and the Problem of Multiple Threats”, Utilitas 29 (2017), p. 321 – 343. Chehtman, Alejandro: Revisionist Just War Theory and the Concept of War Crimes, Leiden Journal of International Law 31 (1), 2018, p. 171 – 194. Chehtman, Alejandro/Rivera López, Eduardo: Mutually Unjust Wars (en preparación). Fabre, Cécile: Cosmopolitan War, Oxford 2012. Feinberg, Joel: Voluntary Euthanasia and the Inalienable Right to Life, Philosophy and Public Affairs 7 (1978), p. 93 – 123. Feinberg, Joel: Rights, Justice, and the Bounds of Liberty, New Jersey 1980. Hohfeld, Wesley Newcomb: Fundamental Legal Conceptions, New Haven 1919. Lazar, Seth: Just war theory: Revisionists vs. Traditionalists, Annual Review of Political Science 20 (2017), p. 37 – 54. McMahan, Jeff: The Basis of Moral Liability to Defensive Killing, Philosophical Issues 15 (2005), p. 386 – 405. McMahan, Jeff: Killing in War, Oxford 2009. Oberdiek, John: Specifying Rights Out of Necessity, Oxford Journal of Legal Studies 28 (2008), p. 127 – 146. Parfit, Derek: On What Matters, vol. 1, Oxford 2013. Tadros, Victor: The Ends of Harm, Oxford 2011. Thomson, Judith Jarvis: The Realm of Rights, Cambridge 1990. Thomson, Judith Jarvis: Self-Defence, Philosophy and Public Affairs 20 (4), 1991, p. 283 – 310. Walzer, Michael: Just and Unjust Wars, New York 1977. Walzer, Michael: Response to McMahan’s Paper, Philosophia 34 (2006).
Las complejidades de la punición en Argentina y las leyes interpretativas en materia penal Por María Angélica Gelli
I. Los principios constitucionales de la sanción penal y las garantías de los imputados en la República Argentina Desde que se sancionó la constitución histórica de la República Argentina en 1853 se mantuvieron de modo expreso los principios de inocencia, de legalidad penal y de irretroactividad de la ley en esa materia. El texto del art. 18 CN que los consagra proviene de la reforma efectuada en 1860 y ha perdurado hasta hoy.1 La norma mencionada establece derechos y garantías de todos los habitantes del país, propios del sistema penal liberal, en sintonía con la forma de gobierno de la república democrática adoptada por la Argentina y con el principio fundacional de igualdad establecido en el art. 16 CN, lo que implica que el sistema no hace acepción de personas. Tampoco admite diferenciaciones irrazonables de ningún tipo. En prieta síntesis, se disponen en el mencionado art. 18 CN las seguridades del debido proceso; la prohibición de crear comisiones especiales para el juzgamiento de los imputados y se veda la obligación de declarar contra sí mismo; se requiere una orden escrita de autoridad competente para proceder a los arrestos; se establece la inviolabilidad de la defensa en juicio de la persona y los derechos vinculados al domicilio, la correspondencia epistolar y los papeles privados; se exige ley para determinar casos y justificativos del allanamiento y ocupación de éstos. A más, ese artículo establece la abolición, para siempre, de la pena de muerte por causas políticas y toda especie de tormentos y azotes. Como deber del estado se asegura que las cárceles de la nación serán sanas y limpias, para seguridad y no para castigo de los detenidos en ellas y se responsabiliza a los jueces que autoricen toda medida 1
En 1949 se produjo una reforma constitucional integral ya derogada, aunque ello con ilegitimidad de origen. En lo que aquí interesa conservó los principios indicados en el texto y las seguridades esenciales y las amplió incorporando el hábeas corpus. Sin embargo, posibilitó en determinadas circunstancias la extensión de la jurisdicción militar a civiles. He examinado los vicios procedimentales de esa reforma constitucional, la ilegitimidad de la derogación de la totalidad de sus normas en 1956 y la unificación de la legitimidad constitucional en 1994 en Gelli, Constitución de la Nación Argentina, comentada y concordada, t. I, p. 584; 3,590 – 91; 5, 616 ss. y 2; 668 ss.
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que a pretexto de precaución conduzca a mortificarlos más allá de lo que aquélla exija. Todos esos derechos, garantías y seguridades se complementan con las garantías del amparo y el hábeas corpus, consagrados en el art. 43 CN, según la reforma de 1994, y con la declaración de la jerarquía constitucional de varios tratados de derechos humanos que se efectuó por medio de la enmienda constitucional indicada, en el art. 75 inc. 22 CN. A propósito de esta declaración debe señalarse, con especial énfasis, que en el art. 4 de la Convención Americana sobre Derechos Humanos (CADH), con jerarquía constitucional, se acuerda la mayor protección a la vida humana y, en general, desde la concepción. En consecuencia, se prohíbe el empleo de la pena de muerte a las mujeres en estado de gravidez; en ningún caso debe aplicarse por causas políticas y se veda el restablecimiento de esta pena en los estados que la hayan abolido. Además, el art. 8 CADH dispone garantías judiciales en materia penal, civil, laboral, fiscal o de cualquier otro carácter. La amplitud de estas garantías procesales de fuente convencional fue aplicada por la Corte Suprema de Justicia de la Nación (CSJN) en materia de procedimientos administrativos, para velar por el derecho a plantear, contra la administración, todos los recursos administrativos y judiciales disponibles por los afectados2 y a ser oído por un juez o tribunal competente, independiente e imparcial en un plazo razonable.3 No obstante, las garantías del debido proceso judicial del art. 8 párr. 1 y 2 CADH, aunque alegados y reclamados por la defensa en el procedimiento de responsabilidad política contra un miembro de la CSJN, fueron desoídas por el Senado de la Nación, tribunal interviniente conforme la constitución argentina y, a su turno, por la Corte Suprema, que recortó la garantía.4 A pesar de que las seguridades del debido proceso penal de fuente constitucional y convencional, y que han sido aceptadas en la Argentina —porque no han mediado reformas constitucionales al respecto, ni las desconocieron formalmente la doctrina, la jurisprudencia y los actores político-partidarios y sociales—, la interpretación de todas aquellas y, sobre todo, de su alcance, no estuvo exenta de controversias. Diría que los conflictos y dilemas en la materia que se produjeron en el país se dieron en dos direcciones. En primer término, la antigua y universal disputa acerca de la finalidad de la sanción penal muestra el espectro que va desde el cuasi abolicionismo hasta el reforzamiento quizás extremo de la punición —y de la punición con encarcelamiento—, con particular acento en la situación de las víctimas de los 2
Cf. “Astorga Bracht”; Fallos 327:4185 (2004). Cf. “Losicer”; Fallos 335:1126 (2012). 4 Cf. Gelli/Sancinetti, Juicio Político. Garantías del acusado y garantías del Poder Judicial frente al poder político, segunda parte, p. 79 – 222. El caso, por denuncia del afectado al Estado argentino se encuentra en trámite ante la Comisión Americana de Derechos Humanos desde el año 2006. Petición P-1247 – 06, de la cual se dio traslado al peticionante del descargo del Estado Argentino en dos oportunidades. Ambos traslados fueron respondidos en las oportunidades pertinentes. 3
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delitos comunes y los problemas de la seguridad ciudadana; situaciones en las que suele hace foco la opinión publicada. Aunque el art. 18 CN ya mencionado no se refiere expresamente a la finalidad de la sanción penal, sí dispone que “las cárceles de la Nación serán sanas y limpias, para seguridad y no para castigo de los reos detenidos en ellas …”. Esta norma ha dado lugar a dos interrogantes. En primer lugar, uno relacionado al objetivo del encarcelamiento y de la cesación de la libertad ambulatoria, o no, como castigo penal. En segundo lugar, acerca de si la garantía está reconocida a los detenidos durante el proceso, a los ya condenados por sentencia firme, o a ambos. Una pista sobre la interpretación plausible es ofrecida por el hecho de que los convencionales constituyentes originarios conocían la doble función de la cárcel, como lugar de alojamiento tanto de los detenidos bajo proceso, como de los condenados por la comisión de delitos.5 Como quiera que fuese, y más allá de la finalidad de la pena —retributiva, aseguradora, reparadora, o una amalgama de éstas en distinta proporción, según la gravedad del delito y sin desconocer por ello los derechos de las víctimas y sus familiares a la reparación—, las garantías de los detenidos y condenados surgen también del art. 43 CN y de los tratados de derechos humanos con jerarquía constitucional. En esa dirección, cabe transcribir algunos párrafos del discurso pronunciado por el Papa Francisco en la audiencia que brindó a los participantes del XX Congreso Mundial de la Asociación Internacional de Derecho Penal, acerca de lo que él consideró “abusos de poder sancionador”. La razón de esto se vincula no solamente con el hecho de que los párrafos emanan de una autoridad moral de orden global, sino porque implican un insumo para la reflección sobre una cuestión que interpela a todos los humanismos, a las organizaciones estatales y, entiendo, a todas las víctimas. Francisco, a propósito de la utilización indebida de las detenciones cautelares, recordó que ya había “… señalado con preocupación el uso arbitrario de la prisión preventiva. Lamentablemente, la situación ha empeorado en varios países y regiones, donde el número de presos no condenados ya supera con creces el 50 % de la población carcelaria. Este fenómeno contribuye al deterioro de las condiciones de detención y es la causa del uso ilícito de las fuerzas policiales y militares para estos fines. La prisión preventiva, cuando se impone sin que se apuren las circunstancias excepcionales o por un período de tiempo excesivo, socava el principio de que todo acusado debe ser tratado como inocente hasta que una sentencia definitiva establezca su culpabilidad”.6 Como se advierte, lucen en esta exposición, sin retaceos de ninguna especie, los principios clásicos del derecho penal liberal que,
5 6
Cf. Levaggi, La Ley, Suplemento Universidad del Salvador 8 (2002). Francisco, Papa. § 1 y 2, p. 3 (2019).
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por cierto, no excluye la sanción que podría corresponder, pero al mismo tiempo mantiene las garantías de los procesados. Podría sostenerse que ese discurso de Francisco —en el que además se llama la atención sobre otros abusos ligados al principio de legítima defensa o a la exculpación penal de las fuerzas de seguridad por actos realizados en cumplimiento del deber— se olvida de las víctimas de los delitos. Sin embargo, el Sumo Pontífice ofrece otra respuesta posible para resguardarlas mediante el empleo de la justicia restaurativa porque —en palabras de Francisco— “… la ejecución de un mal no justifica la imposición de otro mal como respuesta. Se trata de hacer justicia a la víctima, no de ajusticiar al agresor”.7 Ciertamente en estas afirmaciones están latentes, también, la espiritualidad y la concepción cristiana del perdón de la que el Sumo Pontífice es representante. Empero, debe decirse, del mismo modo, que, sin desmedro de los principios del derecho penal liberal, los estados pueden adherir y consagrar algún grado de punición en las sanciones que imponen. En segundo término, el reclamo de seguridad y reparación a través del castigo que efectúan amplios sectores de la sociedad argentina, ante lo que interpretan es una especial consideración a los victimarios en desmedro de los derechos de las víctimas, suscita una controversia mayor. Esto a propósito de la violación de los derechos humanos como consecuencia de la represión ilegal aplicada por el estado sobre el accionar de las organizaciones guerrilleras y como reacción a los actos de terrorismo sucedidos en el país en la década de 1970, una de cuyas medidas más crueles fue la desaparición de personas y la apropiación y sustitución de la identidad de niños.
II. La tragedia argentina de la década de 1970 y la controversia punitiva¿dos órdenes de sanción penal? Como en ningún otro país de América, la restauración democrática en 1983 posibilitó en la República Argentina la revisión de lo actuado por las autoridades de facto instaladas en 1976 y por las fuerzas armadas y de seguridad que actuaron a partir del golpe de estado de ese año. Sin embargo, con una dudosa equidad se resolvió no investigar ni condenar las graves violaciones a los derechos humanos por parte del gobierno constitucional —denunciadas entonces con foco en las acciones de la que se denominó Alianza Anticomunista Argentina (AAA)— que antecedió a la dictadura militar en el país (1976 – 1983). 8
7
Francisco, Papa. p. 4. (2019). Aunque se discute la causa de esta decisión, todo parece indicar que el partido político triunfante en 1983 no quiso malquistarse con quienes gobernaron desde 1973 a 1976 para asegurar la gobernabilidad. Razones que, por cierto, se llevan muy mal con la justicia, en general, y con la justicia penal, en particular. 8
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Tal como prometieron en la campaña electoral, los gobernantes que entonces resultaron elegidos derogaron la ley de auto amnistía sancionada por los militares. En el denominado juicio a las juntas, se examinaron y condenaron los actos de las cúpulas militares, con el compromiso asumido por las autoridades democráticas y la sociedad acerca del nunca más a las atrocidades cometidas. También durante el desarrollo de esos procedimientos, las autoridades constitucionales prometieron, por medio de un ministro de gobierno, examinar el accionar de los grupos insurgentes que causaron víctimas mortales, incluso entre los no combatientes. Pero esa promesa fue incumplida y, a su turno, la CSJN se negó a considerar delitos de lesa humanidad los actos de terrorismo cometidos en el Reino de España por un etarra que vivía en la Argentina, ante el pedido de extradición formulado por ese país, que rechazó.9 Lo decidido por el tribunal parecía anticipar un criterio de aplicación generalizado. La deriva normativa de aquellos juicios en contra de las cúpulas militares que ejercieron el poder de facto —en los que se obtuvieron condenas severas— fueron las denominadas leyes de punto final y de obediencia debida. Las normas dictadas por el Congreso de la Nación —en medio de sublevaciones militares— tuvieron por finalidad la de concluir con la revisión de los hechos y el eventual castigo de los que resultaran culpables. Más tarde, esas leyes fueron declaradas nulas por el poder legislativo y examinadas en su constitucionalidad por la CSJN. Esta cuestión y otras referidas al juzgamiento de delitos de lesa humanidad dieron lugar a tres célebres precedentes: “Simón”, “Arancibia Clavel” y “Mazzeo”.10 A su vez, la jurisprudencia de la Corte Interamericana de Derechos Humanos (CIDH), cuya competencia aceptó el estado argentino al aprobar la CADH (1984), enunció una serie de deberes estatales ante la violación de esos derechos: de investigar, perseguir, enjuiciar y, eventualmente, condenar a los responsables de tales actos. La aplicación estricta de estos criterios a los delitos de lesa humanidad produjo la apertura de procesos, la aplicación de la prisión preventiva a los procesados, en algunos casos por más de diez años, la denegación de criterios garantistas a esas personas detenidas o condenadas y la duración sin aparente término de los procesos judiciales.
9
Cf. “Lariz Iriondo, Jesús María”; Fallos 328:1268. Formulé la crítica a la sentencia en Gelli, Revista de Derecho Político 68 (2007). 10 Cf. “Simón”; Fallos 328:2056 (2005) sobre inconstitucionalidad de las leyes de amnistía; “Arancibia Clavel”; Fallos 327:3311 (2004) en el que se aplicó retroactivamente, aunque sin reconocerlo, la Convención sobre Imprescriptibilidad de los Crímenes de Guerra y Lesa Humanidad; y “Mazzeo”; CS. M. 2333XLII (2007) en el que, aplicando el criterio del control de convencionalidad elaborado por la CIDH, la CSJN dejó sin efecto una sentencia definitiva, desconociendo el principio de cosa juzgada en delitos de lesa humanidad. He examinado esta compleja problemática en Gelli, Constitución de la Nación Argentina, comentada y concordada., t. II, 3, p. 253 – 59 y 4.2., p. 273 y las sentencias “Arancibia Clavel” en Gelli, Revista Jurídica La Ley (2004) y “Mazzeo” en Gelli, Revista Jurídica La Ley (2007), respectivamente.
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A propósito de esta situación, el profesor Sancinetti, cuya excepcional trayectoria celebramos merecidamente con este libro, reflexionaba: “Mas es también un principio propio de los derechos fundamentales del hombre el de que toda causa penal debe concluir dentro de un plazo razonable. La reapertura de las causas tanto tiempo después no se lleva para nada bien con ese principio, aunque, admito, es un problema de solución difícil, discutible. “Pero, más allá de eso, se trata de procesados que ya no tienen la menor posibilidad de perturbar la acción de la justicia, ni la de sustraerse al cometido de los juicios. ¿Qué razón hay, entonces, para que se hallen en prisión preventiva, en violación a los límites constitucionales del encarcelamiento preventivo que aquí enseñamos, en procedimientos que, según se sabe, por lo demás, en muchos casos no concluirán nunca? Todo habla en favor de signos de instrumentalización del hombre, de muchos hombres, con fines políticos. Mas la defensa de los derechos humanos, así lo decimos en esta casa [la Facultad de Derecho de la Universidad de Buenos Aires], se caracteriza ante todo por el respeto a las garantías del imputado frente a la pretensión estatal, no por fortalecer estrategias de imputación contrarias a las garantías del individuo. Las organizaciones intermedias que se jactan de proteger los derechos de la persona humana no reparan en nada de eso. Y a quien le toque estar tan solo sindicado en una causa de esa índole —en algunos supuestos, acaso, solo por dichos de testigos— muy posiblemente perderá todo su crédito, su honra, su fortuna, y con seguridad se le restringirán también sus derechos de defensa. Si llegara a ser inocente, será muy tarde para repararlo; y aún si fuera culpable —por más que se trate, por cierto, de hechos sumamente graves—, no hay ninguna razón para violar sus garantías procesales en el tiempo intermedio”.11
La cuestión es sustantiva porque requiere aplicar sanciones a los autores de delitos gravísimos contra las personas y contra la humanidad, al mismo tiempo que —por exigencias del derecho penal liberal propio del estado de derecho— se deben preservar las garantías de todos quienes resulten procesados o condenados por esos crímenes y tratarlos según el principio de igualdad. El dilema de hasta dónde debe de llegar la punición en materia de delitos de lesa humanidad fue puesto a prueba en Argentina, una vez más, a propósito de la aplicación, por parte de la CSJN, de determinados beneficios que debían otorgarse por la extensión de la prisión preventiva sufrida antes de la condena. La controversia que generó la sentencia del tribunal y la posterior ley interpretativa en materia penal que dictó el Congreso de la Nación originó un nuevo fallo de la CSJN en el que se desconocieron garantías constitucionales, en medio de presiones de minorías muy intensas para que aquellos beneficios fueran anulados.
11
Sancinetti, Derecho al Día 82 (2006) (bastardillas agregadas).
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III. Los problemas del caso “Batalla”, después de la sentencia en “Muiña” La CSJN había resuelto en el caso “Muiña” la aplicación de un beneficio legal —computar dos años de condena por cada uno de prisión preventiva— a un condenado por crímenes de lesa humanidad, en el entendimiento de que si el legislador no había distinguido a qué tipo de delitos se aplicaba la norma más benigna, el tribunal no debía distinguir, por tratarse de materia penal. Por cierto, la necesidad de dictar una ley como la del dos por uno denota una fragilidad del sistema penal y la afectación del derecho convencional de toda persona, aunque haya cometido delitos gravísimos, a ser juzgado en un plazo razonable y con todas las garantías del debido proceso, conforme lo dispone el art. 7 inc. 5.8 CADH. Ya lo he sostenido en otras ocasiones. El estado argentino se degradó a sí mismo cuando cometió delitos de lesa humanidad. Por eso su responsabilidad es mayor, aunque no excluye la de otras personas, miembros de organizaciones civiles que se militarizaron y le disputaron el poder en la década de 1970 y de quienes, en algunos casos, cometieron actos de terrorismo. La responsabilidad del estado y sus agentes es también incuestionable en el orden nacional e internacional por la comisión de aquellos delitos. Sin embargo, de la misma manera, el estado argentino se envilecería a sí mismo y violaría el estado constitucional y convencional de derecho si no aplicara a todas las personas las garantías del debido proceso, en especial, pero no solo, las que surgen del art. 18 CN y de los art. 8, 9 y 25 CADH.12 En el caso “Muiña”, la CSJN caracterizó a los delitos de lesa humanidad cometidos en el país como “el estadio más degradado en que ha caído la humanidad” y afirmó “que el régimen durante el cual se perpetraron … descendió a niveles de inhumanidad nunca vistos en nuestro país desde la sanción de la Constitución Nacional”. Pero, al mismo tiempo, señaló que “la mejor respuesta que una sociedad respetuosa de la ley puede darle a la comisión de delitos de lesa humanidad y la única manera efectiva y principista de no parecerse a aquello que se combate y se reprueba es el estricto cumplimiento de las leyes y de los principios que caracterizan el Estado de Derecho …”. En consecuencia, el tribunal hizo lugar al beneficio solicitado.13 Por otra parte, la mayoría de la Corte en “Muiña” no consideró —es decir, no analizó ni evaluó— la procedencia de aplicar al caso la ley 27.156 y la prohibición establecida en esta norma de dictar amnistías, indultos y conmutaciones de pena en los procesos penales sobre delitos de lesa humanidad. Esta ley fue sancionada a 12 Así lo he expresado en Gelli, Revista en línea del Instituto de Estudios Legislativos de la Federación Argentina de Colegios de Abogados, 1 (7), y en Gelli, Constitución de la Nación Argentina, comentada y concordada., t. I, p. 392. 13 Cf. consid. 15 del primer voto en “Bignone” (conocido como “Muiña”); CSJ. 1574/ 2016/RH1 (2017). Bastardillas agregadas.
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mediados de 2015 y, por tanto, es anterior al fallo “Muiña”. La falta de consideración de la ley 27.156 en la sentencia implicó, implícitamente, que la mayoría del tribunal entendiese que el beneficio del dos por uno no constituía amnistía, ni indulto, ni conmutación de pena encubierta. Lo que hizo la CSJN en “Muiña” fue atenerse a lo que disponía la ley y aplicarla. Sin embargo, esta doctrina fue modificada de raíz en el caso “Batalla”. Al hacerlo, el tribunal fundamentó el giro mutilante de las garantías penales en consideraciones de orden social y jurídico. Unas y otras, según lo interpreto, en los márgenes del estado de derecho. La CSJN hizo mérito de las críticas que suscitó la sentencia en “Muiña”, reprobaciones que desbordando “el marco estrictamente jurídico doctrinario, abarcó diversos sectores de la opinión pública y registró tan alto nivel de intensidad que motivó la inmediata reunión del Congreso Nacional para debatir un asunto que merecía ser prontamente precisado”.14 También en la disidencia se lee que “después de una notoria reacción social”, el Congreso de la Nación sancionó la que el mismo poder legislativo calificó de ley interpretativa del beneficio del dos por uno y dejó constancia acerca de que “miles de ciudadanos expresaron su frontal rechazo [al fallo “Muiña”].15 Las reacciones de las víctimas de la dictadura militar por la sentencia en “Muiña” se comprenden por el dolor y daño que ellas padecieron. También resulta explicable el rechazo del fallo por parte de los ciudadanos que pudieron interpretar la decisión como un regreso de la impunidad en Argentina. Por esas entendibles intransigencias es que todos los conflictos judiciales —en especial en los procesos penales— deben decidirse, siempre, por jueces independientes de todo interés por legítimo que fuere y, al mismo tiempo, imparciales. En ese contexto de crispación se sancionó, casi por unanimidad, la ley 27.362, que se denominó interpretativa y fue promulgada sin observaciones por el poder ejecutivo nacional.16
IV. Leyes interpretativas y leyes interpretativas en materia penal Sancionada la ley, la CSJN debió resolver en el caso “Batalla” si resultaba posible el mantenimiento de la regla principal de “Muiña”. Esta regla enunciaba 14 Cf. consid. 88 del primer voto en “Hidalgo Garzón” (conocido como caso “Batalla”); CSJ. FLP 91003389/2012/TO1/93/1/RH11 (2018), bastardillas agregadas. Examiné con mayor extensión y críticamente el fallo en Gelli, Revista Jurídica La Ley (2019). 15 Cf. consid. 88 de la disidencia (bastardillas agregadas). 16 Ley 27.362 (B.O. 12/5/2017). Dado que la sentencia en “Muiña” se emitió el 3/5/2017, la reacción de uno de los poderes del Estado puede calificarse de inmediata.
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que el beneficio del dos por uno era aplicable a todos los casos excepto las excepciones previstas de modo expreso por ley 24.390. La ley 27.362 declaró ser la interpretación auténtica del art. 7.8 ley 24.390 [cómputo de dos días de prisión o reclusión por uno de prisión preventiva] y dispuso su aplicación aun en las causas en trámite. Pero esa calificación legislativa, según el primer voto en “Batalla”, no impediría a la CSJN evaluar la constitucionalidad de la norma, examinando que esa caracterización del Congreso sea verosímil y verificando que la nueva norma no encubra una modificación y “ofrezca una interpretación verosímil en relación con la ley que interpreta …”.17 La ley dispuso “que de conformidad con lo previsto en la ley 27.156 el artículo 7.8 de la ley 24.390 […] no es aplicable a conductas delictivas que encuadren en la categoría de delitos de lesa humanidad, genocidio o crímenes de guerra, según el derecho interno o internacional”. A su turno, la ley 27.156 había establecido, en un único artículo, que “las penas o procesos penales sobre delitos de genocidio, lesa humanidad y crímenes de guerra contemplados en los Artículos 6.8, 7.8 y 8.8 del Estatuto de Roma de la Corte Penal Internacional y los tratados internacionales de derechos humanos con jerarquía constitucional, no pueden ser objeto de amnistía, indulto o conmutación de pena, bajo sanción de nulidad absoluta e insanable del acto que lo disponga”.18 Además, el art. 2.8 ley 27.362 dispuso que el “cómputo de las penas establecidas en su oportunidad por el artículo 7.8 de la ley 24.390 —derogada por la ley 25.430— será aplicable solamente a aquellos casos en los que el condenado hubiere estado privado de su libertad en forma preventiva durante el período comprendido entre la entrada en vigencia y la derogación de aquella ley”. Pues bien, esta ley que se denominó interpretativa acotó en sus efectos una ley anterior que había establecido un beneficio en materia penal. Basta con comparar lo decidido en “Muiña” con lo decidido en “Batalla”. La ley 27.362 es, en consecuencia y en principio, una ley del género interpretativa, pero de la especie penal. Ello requiere, así lo interpreto, un examen de constitucionalidad más estricto de la norma a fin de concluir si es aplicable o no para diluir un beneficio anterior, sin violentar el principio de irretroactividad en materia penal, ni, por ende, ignorar la aplicación de la ley penal más benigna a un procesado o condenado. En suma, la cuestión central a resolver por la CSJN en “Batalla” consistía en determinar si la llamada ley interpretativa era aplicable a este caso, con el efecto de excluir el beneficio del dos por uno al afectado. Para eso debía decidirse si esa ley era a) estrictamente interpretativa y b) si no vulneraba garantías constitucionales y convencionales por su eventual retroactividad en materia penal en perjuicio del imputado. En esta hipótesis, la ley devendría inconstitucional. 17 18
Cf. consid. 8 y 11 del primer voto en “Batalla” (bastardillas agregadas). Ley 27.156, promulgada de hecho el 24/7/2015.
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V. Requisitos y límites de las leyes interpretativas Una ley interpretativa debe responder a una necesidad jurídica imperiosa, por las dudas que suscite lo dispuesto en ella, y debe respetar el principio de identidad normativa: ni más ni menos que lo que en su origen dispuso la ley interpretada. En palabras de la disidencia en “Batalla”, “debe recordarse que una ley genuinamente interpretativa es aquella cuyas disposiciones integran lo ya establecido por la ley interpretada y que, por ello, entra en vigencia en la misma fecha que la ley que interpreta”.19 De acuerdo con el primer voto en “Batalla”, la ley interpretativa respondía a una necesidad jurídica y a una necesidad político-institucional. La primera surgía del renovado debate doctrinario generado a partir del fallo “Muiña” —la CSJN citó pormenorizadamente las doctrinas publicadas al respecto—. La segunda necesidad, según el tribunal, se originaba en la polémica que desbordó el marco estrictamente jurídico doctrinario con tal alto nivel de intensidad que motivó “la inmediata reunión del Congreso Nacional para debatir un asunto que merecía ser prontamente precisado”.20 Sin embargo, el intenso debate giró más que en las dificultades interpretativas de la ley del dos por uno en la conveniencia de la norma o en la imposibilidad de aplicarla a los delitos de lesa humanidad y en la eventual contradicción con lo dispuesto en tratados de derechos humanos con jerarquía constitucional en la Argentina. Debe recordarse, además, que muchas sentencias han dado lugar a grandes debates sin que se hayan dictado leyes aclaratorias o interpretativas. En algunas circunstancias esas controversias dieron lugar a la derogación de las leyes cuestionadas, que en todos los casos debió respetar el principio de irretroactividad en materia penal. Pero, además, lo que hizo el Congreso no fue “precisar” el significado de una normativa, sino “decidir” en sentido contrario a lo establecido en ella, al imponer excepciones a la aplicación de la ley que no estaban contempladas en su origen. Si se examinan las expresiones de los legisladores que aprobaron la ley 27.362 se advierte que varios de ellos consideraron “francamente inconveniente” la aplicación ultractiva de la ley 24.390; que “desde la política” —cuando se conoció la sentencia dictada por la CSJN en “Muiña”— los congresistas comenzaron “a pensar qué hacer” y encontraron una solución “desde la política”.21 Manifestaciones reveladoras de que el problema de los legisladores no eran las dudas acerca de lo dispuesto en la ley del dos por uno, sino el de mantener la aplicación de ese beneficio a los delitos de lesa humanidad, ante la reacción vigorosa y crítica de una parte de la sociedad que lo rechazaba con manifestaciones y protestas. 19
Cf. consid. 12 (bastardillas agregadas). Cf. consid. 8 (bastardillas agregadas). 21 Cf. consid. 17 y 25 de la disidencia. 20
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Desde otra perspectiva, el primer voto de la CSJN hizo mérito del punto de vista político-institucional como respuesta a la necesidad del dictado de la ley interpretativa. Esto a propósito del papel del Congreso que como “genuino representante del pueblo y su carácter de cuerpo colegiado [constituye una] garantía para la fiel interpretación de la voluntad general”, afirmación que no se discute. De ello se infirió que si la ley interpretativa pasaba el “test de consistencia” y el “test de razonabilidad”, la ley era constitucional.22 Si la ley aclara, sin modificar, si “la opción hermenéutica” escogida por el legislador no desnaturaliza el propósito de la ley interpretativa, es consistente. Si, por otro lado, los delitos de lesa humanidad constituyen una categoría relevante, por su inusitada gravedad, para excluir del beneficio del dos por uno a quienes los cometieron, la ley interpretativa es razonable y no resultaría “arbitraria”, “hostil” o “persecutoria”.23 Ahora bien, si se está midiendo la razonabilidad de la ley interpretativa —la opción hermenéutica del legislador— respecto de lo dispuesto por la ley interpretada, ¿no indica ello que se trata de una modificación, de una enmienda del texto anterior, de una nueva ley? La verosimilitud del carácter interpretativo de la ley ¿no es acaso una apariencia de constitucionalidad? ¿Una conjetura acerca de su constitucionalidad en materia penal, con efecto retroactivo? Y aunque la decisión de privar de un beneficio a lo autores de crímenes de lesa humanidad sea razonable —cuestión que puede controvertirse con fundamentos—, ¿puede disponérsela retroactivamente bajo los principios del estado de derecho, que alcanza a todos, aun a quienes lo vulneraron?
VI. Una ley de interpretación en materia penal con efecto retroactivo Según lo dijo la disidencia, el principio de irretroactividad en materia penal “permite distinguir el derecho del mero ejercicio del poder y la coacción”.24 Ese principio y sus derivados constituyen un logro de la civilización que limita el poder estatal, cualquiera que sea el signo político de sus circunstanciales ocupantes, impide la persecución de los enemigos por el hecho se serlo, disuade de sancionar normas con nombre y apellido, y distingue la loable aspiración de justicia, por medio del castigo, de la mera venganza. Para enfatizar la trascendencia que tuvo el principio de irretroactividad en materia penal en la doctrina de la CSJN, la disidencia en “Batalla” recordó que la mayoría de los jueces del tribunal que conformaron la decisión en “Simón” hicieron un esfuerzo importante —no digo, por mi parte, que ese esfuerzo resultara exitoso— por demostrar que lo que se resolvía no afectaba el principio de 22
Cf. consid. 11 del primer voto (resaltado en el original). Cf. consid. 15 del primer voto. 24 Cf. consid. 27.
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irretroactividad en materia penal, porque los delitos que se le imputaban ya eran imprescriptibles al momento de su comisión, por lo que no podían ser objeto de amnistía. Esa preocupación —¿empeño?— del tribunal por resguardar ese principio, aunque sea en la retórica formal, se topó con una cuestión que todavía escuece en la República Argentina: hasta dónde, con qué alcances y con qué bordes debe de aplicarse la punición de los delitos de lesa humanidad bajo las garantías de la constitución y los tratados de derechos humanos con jerarquía constitucional.
VII. Las complejidades de la punición en la Argentina: ¿un paso más en la aplicación de la ley penal del enemigo? La función de la pena que debe de aplicar el estado es una cuestión altamente controversial en Argentina. Se presentan interrogantes acerca de los propósitos de las penas en propuestas que van desde el abolicionismo, que tiende a encontrar las causas del delito en las particulares circunstancias sociales y la falta de oportunidades que tuvieron en su vida quienes los cometieron, hasta la punición en términos absolutos de todos los crímenes, con una aplicación de sanciones muy severas: la disuasión del delito para proteger a la sociedad de su reiteración o la retribución/ restauración por el daño causado con esas acciones. A su vez, el alcance de la sanción y de las garantías constitucionales y convencionales ha evidenciado —más allá del discurso de unos y otros— un doble estándar en su aplicación en la República Argentina, según se trate de delitos comunes o delitos de lesa humanidad cometidos por el estado. Aunque la CIDH ha sostenido que sobre los delitos de lesa humanidad no deben dictarse amnistías, ni indultos, no ha determinado —porque ello corresponde al criterio de apreciación de cada estado parte— las penas que deben dictarse y el modo de su cumplimiento y ejecución. Sin embargo, sostuvo esto a partir del principio de no impunidad. Las sentencias condenatorias de esa clase de delitos y de cualquier otro crimen, en sí mismas y más allá del tipo y gravedad de las penas impuestas, implican una reparación para las víctimas, porque en esos fallos se reconoce ante la comunidad el crimen cometido —dado el caso, por el estado— y se exige de éste la asunción pública de las responsabilidades pertinentes. En el caso de los delitos de lesa humanidad, esa responsabilidad debe de ser asumida, de modo expreso, por el estado. El mismo tribunal regional lo ha expresado, reiteradamente, en sus pronunciamientos: esta sentencia es una forma de reparación. Pero las garantías constitucionales y convencionales del debido proceso deben de aplicarse a todas las personas por igual, sin diferenciarlas por la gravedad del delito que hubieran cometido. El derecho penal liberal no hace distinción entre
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personas, por los motivos que fueren, ya sea por considerarlas enemigas de la “nación”, de la “democracia”, del “pueblo” o de cualquier otro valor, ideología o ideario, por noble que resulte, pues el estado se deshonra en los casos en los que muda la justicia en venganza con ropaje judicial o institucional. Entre esas seguridades luce el principio de irretroactividad en materia penal, por lo que debe desestimarse la aplicación de una ley interpretativa que bajo esa denominación encubra una mudanza más gravosa para el afectado con efecto retroactivo. A pesar de que sectores sociales o particulares afectados por las consecuencias o derivaciones de los delitos no quieran, ni acepten, que se trate con idénticas garantías procesales a los que consideran culpables de crímenes atroces, las autoridades estatales en general, y el poder judicial en especial, deben situarse por sobre las pasiones circunstanciales y apartarse de criterios de política partidaria en la aplicación igualitaria de la ley a todos los habitantes del país. Por eso, en la toma de las decisiones judiciales deben evitarse las presiones o reclamos paralelos, del orden que fueren, y al margen o en violación de las normas constitucionales.25 Sin embargo, en esa desatinada dirección fue la mayoría en el caso “Batalla”, quizás con las mejores intenciones, en lo que se parece, más que a la validación constitucional de una ley interpretativa, a un nuevo eslabón en la aplicación de la ley penal del enemigo.26 Bibliografía Del Sel, Juan María: El Origen del Derecho Penal del Enemigo, Revista Jurídica La Ley (2007), p. 347 – 355. Francisco, Papa: Su Discurso ante los participantes del XX congreso mundial de la Asociación Internacional de Derecho Penal. Oficina de prensa de la Santa Sede. Bollettino. Sala Stampa Della Santa Sede. Viernes 15/11/2019. Versión oficial en español. Gelli, María Angélica: El alcance de la irretroactividad penal y las fuentes del ordenamiento jurídico en el caso “Arancibia Clavel”, Revista Jurídica La Ley (2004), p. 8 – 11. Gelli, María Angelica: El liderazgo institucional de la Corte Suprema y las perplejidades del caso “Mazzeo”, Revista de la Asociación Argentina de Derecho Administrativo 2 (2007); y Revista Jurídica La Ley (2007), p. 1405 – 1410. Gelli, María Angelica: Constitución de la Nación Argentina, comentada y concordada. Tomo I y II, Buenos Aires 2018. 25 He evaluado el problema en Gelli, Constitución de la Nación Argentina, comentada y concordada, p. 372. Cf. la lúcida reflexión sobre el punto, aquietando las pasiones, en Romero, La Nación 2014. 26 El “derecho penal del enemigo” constituye un criterio que en ocasiones atenúa, en determinadas materias y para ciertas personas consideradas enemigas del sistema, las garantías del debido proceso penal como una derivación de la ideología política que diferencia, en una misma comunidad, entre “amigo” y “enemigo”. Cf. Del Sel, Revista Jurídica La Ley (2007).
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Gelli, María Angelica: Opinión sobre el Fallo de la Corte [en el caso “Muiña”] y los delitos de lesa humanidad, La Defensa, Revista en línea del Instituto de Estudios Legislativos de la Federación Argentina de Colegios de Abogados, 1 (7), 2017. Gelli, María Angelica: Leyes de interpretación en materia penal: dilemas de la punición en Argentina, Revista Jurídica La Ley (2019), p. 310 – 316. Gelli, María Angelica: El terrorismo y el desarrollo progresivo de un delito internacional. Los interrogantes de “Laríz Iriondo”), Revista de Derecho Político 68 (2007), p. 363 – 384. Gelli, María Angélica/Sancinetti, Marcelo Alberto: Juicio Político. Garantías del acusado y garantías del Poder Judicial frente al poder político, Buenos Aires 2005. Levaggi, Abelardo: Análisis histórico de la cláusula sobre las cárceles en la Constitución, La ley. Suplemento Universidad del salvador 8 (2002), p. 1. Romero, Luis Alberto: Cuando la política desvirtúa a la Justicia, La Nación, publicado el 25/2/ 2014. Sancinetti, Marcelo Alberto: Su discurso en la Colación de Grados en la Facultad de Derecho de la Universidad de Buenos Aires, Derecho al Día 82 (2006).
Strafe als Bürgerpflicht? Reflexionen zur Straftheorie von Michael Pawlik Von Luís Greco Michael Pawliks Monographie „Das Unrecht des Bürgers“1 ist die monumentale Vollendung von Gedanken, die bereits in früheren Arbeiten formuliert worden waren,2 und dies in doppelter Hinsicht: Erstens werden diese Gedanken zu Ende gedacht, wie sie nur im Format der großen Monografie zu Ende gedacht werden können; zweitens werden sie in Gestalt eines Systems, also unter Ausarbeitung ihrer inneren Zusammenhänge und äußeren Verästelungen, vorgetragen. Dass es auch acht Jahre nach dem Erscheinen dieses beeindruckenden Werks zu keiner wirklichen Diskussion seiner Thesen gekommen ist,3 sagt etwas über die geistige Situation der gegenwärtigen Strafrechtswissenschaft aus. Ich denke, die verdiente Festschrift zu Ehren eines Kollegen, der sich für derartige Bücher ähnlich begeistert wie ich, könnte eine passende Gelegenheit sein, dieses Säumnis, wenn nicht zu korrigieren, so doch abzumildern. Ich hoffe, lieber Marcelo, dass die nachfolgenden Zeilen Dein Interesse finden können. Pawlik legt nicht nur eine Straftheorie vor, sondern auch, wie es im Untertitel seines Buches heißt, „Grundlinien der Allgemeinen Verbrechenslehre.“ Meine kurze Abhandlung kann diesem Reichtum selbstverständlich nicht gerecht zu werden beanspruchen. Hier möchte ich nur auf die in der Monografie entfalteten Überlegungen 1 Pawlik, Das Unrecht des Bürgers. Grundlinien einer Allgemeinen Verbrechenslehre, 2012. 2 S.a. Pawlik, Person, Subjekt, Bürger. Zur Legitimation von Strafe, 2004; ders., Kritik präventionstheoretischer Strafbegründungen, FS Rudolphi, 2004, S. 213 ff.; ders., Strafe oder Gefahrenbekämpfung?, FS Schroeder, 2006, S. 357 ff.; ders., „Der Täter ist um der Gemeinschaft willen verpflichtet, die Strafe auf sich zu nehmen“. Überlegungen zur Strafbegründung im Anschluss an Claus Roxin, GA 2006, S. 344 ff.; ders., Rezension zu Merle, Strafen aus Respekt vor der Menschenwürde, in: ZStW 120 (2008), S. 131 ff.; ders., Staatlicher Strafanspruch und Strafzwecke, in: Schumann (Hrsg.), Das strafende Gesetz im sozialen Rechtsstaat, 2010, S. 59 ff.; danach ders., Die Aufgabe des Strafrechts und die Legitimation von Strafe bei Welzel, in: Frisch u. a. (Hrsg.), Lebendiges und Totes in der Verbrechenstheorie Hans Welzels, 2015, S. 111 ff.; ders., Normbestätigung und Identitätsbalance, 2017; ders., Das Strafrecht der Gesellschaft. Sozialphilosophische und sozialtheoretische Grundlagen von Günther Jakobs’ Strafrechtsdenken, in: Kindhäuser u. a. (Hrsg.), Strafrecht und Gesellschaft. Ein kritischer Kommentar zum Werk von Günther Jakobs, 2019, S. 217 ff. 3 Bis auf die wenigen, entweder gar nicht begeisterten (Bung, RW 2014, 546 – dazu u. Fn. 41; Engländer, JZ 2014, 38 – dazu u. Fn. 45) oder eher nur berichtenden Rezensionen (M. Möllers, JoJZG 2/2015, 83).
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zur Rechtfertigung der Strafe eingehen; dasjenige, was mit dem Untertitel angesprochen wird, bleibt außer Betracht.
I. Einstieg; Priorität der Strafe vor der Straftat „Wo beginnen?“, fragt Pawlik auf der ersten Seite seines Ersten Kapitels,4 und einen eleganteren Einstieg kann man sich kaum vorstellen: Pawlik wendet sich zunächst dem „Ärgernis des Strafzwanges“ zu und erinnert an den konservativen Rechtsphilosophen des späten neunzehnten Jahrhunderts Julius Stahl, der die Strafe mit einer Berufung auf Gott zu legitimieren suchte.5 Die „Schärfe des Problembewusstseins“, die Stahl hiermit äußert, wird gelobt.6 Dies ist nicht nur erfrischend, sondern besonders willkommen in Zeiten, in denen zunehmend in einer verflachend-bagatellisierenden Betrachtungsweise von einer bloß „gefühlten Sonderstellung staatlicher Strafe“ gesprochen wird,7 in denen die Strafe als Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) oder in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG) verstanden8 und somit auf dieselbe Ebene wie das Verbot des Reitens im Walde9 oder wie Warnungen vor gefährlichen Sekten10 gestellt wird. Pawlik charakterisiert den in der Strafe verkörperten Zwang als „schmerzliche[n] Stachel im Fleisch einer jeden freiheitlichen Rechtsordnung“.11 Bei diesem Einstieg kann es aber nicht verbleiben; nunmehr muss Pawlik eine Ausarbeitung dessen, was an der Strafe so gravierend ist, des in ihr verkörperten spezifischen Übels liefern. M.a.W.: Pawlik muss einen Strafbegriff formulieren. Bereits diese Vorgehensweise impliziert eine inhaltliche Positionierung, eine Positionierung aber, derer er sich bewusst ist und die er auch rechtfertigt: Pawlik hat nämlich im Sinne einer Priorität der Strafe vor der Straftat Stellung bezogen.12 Er setzt sich mit Hegels umgekehrter Annahme einer Priorität der Straftat bzw. des Verbrechens vor der Strafe auseinander und meint, dieser Weg sei deshalb nicht mehr gangbar, weil die Überzeugungskraft der dialektischen Denkweise verschwunden
4
Pawlik (Fn. 1), S. 25. Pawlik (Fn. 1), S. 26 f. 6 Pawlik (Fn. 1), S. 27. 7 Gärditz, Strafbegründung und Demokratieprinzip, Der Staat 49 (2010), S. 331 ff. (337; Zitat), 356; zust. Kotsoglou, Das schweigende Strafrecht. Zur Auflösung des Streits über die ,richtige‘ Straftheorie, in: Bock/Harrendorf/Ladiges (Hrsg.), Strafrecht als interdisziplinäre Wissenschaft, 2015, S. 13 ff. (28 f.). 8 So insb. Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, 1996, S. 78 ff., 95, 96 ff., 127; Appel, Verfassung und Strafe, 1998, S. 431 ff. 9 BVerfGE 80, 137. 10 BVerfGE 105, 279. 11 Pawlik (Fn. 1), S. 27. 12 Pawlik (Fn. 1), S. 57. 5
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sei.13 Hier sind erste Zweifel angebracht: Ist eine Argumentation bloß deshalb schlecht, weil die anderen sie nicht mehr verstehen können? Dies scheint mir eine Vermengung der internen Ebene der Wissenschaft mit einer externen Ebene der Wissenschaftssoziologie zu sein, eine Vermengung, die den Unterschied zwischen Gründen und Vorwänden, Wissenschaft und Rhetorik nicht mehr begreifen kann. Der Grund, weshalb man bei der Strafe und nicht bei der Straftat beginnen muss, liegt m. E. darin, dass man einen liberalen Standpunkt eingenommen hat. Von einem liberalen Standpunkt aus ist Freiheit selbstverständlich, Zwang hingegen nicht; das Handeln des machtlosen Individuums ist selbstverständlich, nicht dagegen die staatliche Macht. Daraus folgt, dass die erste Sorge des liberalen Strafrechtlers die Strafe ist, also der vom machtvollen Staat zugefügte Zwang, und nicht die Straftat, die regelmäßig vom machtlosen Bürger begangen wird und nicht einmal Zwang sein muss.14 Die behauptete Priorität der Strafe vor der Straftat wird aber nicht eingehalten. Dem Anschein nach zwar schon: So kündigt Pawlik an, dies zu tun (S. 52 ff.), und sein Abschnitt über die Straftheorie steht vor seinem Abschnitt über die Straftatlehre. Dies sind aber Äußerlichkeiten; denn in der Sache ist die Mitwirkungspflicht, die, wie wir gleich sehen werden (u. IV.), für die Straftat konstitutiv ist, dasjenige, was auch die Rechtfertigung der Strafe trägt. „Im Falle des Straftäters wandelt sich die primäre Erfüllungspflicht zu einer sekundären Duldungspflicht“ (S. 116) – deutlicher kann man nicht aussprechen, dass die Straftat, nicht die Strafe, der logisch vorrangige Begriff ist. Damit geht die Fundamentalität der Fragestellung über das „Ärgernis des Strafzwanges“, mit der Pawlik das Buch begonnen hat, teilweise verloren. Das Muster, das bei der Straftat und nicht bei der Strafe anfängt, liegt aber aus den soeben genannten Gründen bestimmten Prämissen liberalen Denkens etwas ferner als das Umgekehrte.
II. Strafbegriff. Trennung von Begriff der Strafe und Legitimitätsvoraussetzungen der Strafe Pawlik wendet sich sodann der genaueren Bestimmung des Strafbegriffs zu. Es ist zu billigen, dass er inzwischen auch für eine saubere Trennung von Begriff der Strafe und Legitimitätsvoraussetzungen der Strafe eintritt.15 In der deutschen Literatur wird die Gebotenheit dieser Betrachtungsweise noch nicht hinreichend erkannt; ich habe mich an mehreren Stellen darum bemüht, darzulegen, warum es zu dieser Trennung keine Alternative gibt.16 Auf den Punkt gebracht: So wie es einen Unterschied gibt 13
Pawlik (Fn. 1), S. 56. Näher Greco, Lebendiges und Totes in Feuerbachs Straftheorie, 2009, S. 299 f.; ders., Strafprozesstheorie und materielle Rechtskraft, 2015, S. 645. 15 Pawlik (Fn. 1), S. 58. 16 Greco, Lebendiges (Fn. 14), S. 275 ff.; ders., Strafprozesstheorie (Fn. 14), S. 643 f. 14
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zwischen Nicht-Strafen (etwa: Schadensersatz gem. §§ 249 ff. BGB) und illegitimen Strafen (etwa: eine lebenslange Freiheitsstrafe für einen Verstoß gegen ein Parkverbot), so muss zwischen Begriff der Strafe und Legitimitätsvoraussetzungen für diese Sanktion unterschieden werden. An dieser Stelle hätte man von Pawlik die Entwicklung eines Strafbegriffs erwartet, dessen Aufgabe es ist, das spezifische Übel, dasjenige an der Strafe, was sie rechtfertigungsbedürftig macht – das also, was sie vom Schadensersatz oder vom Verbot des Reitens im Wald unterscheidet – zu erfassen. Diese Überlegungen kommen jedoch nicht wirklich, was umso mehr verwundert, als Pawlik in einer früheren, kürzeren Monografie einen Strafbegriff vorgeschlagen hatte.17 Stattdessen geht Pawlik zur Kritik präventiver Ansätze über,18 die aber keine Theorien zum Begriff der Strafe, sondern zu den Legitimitätsvoraussetzungen der Strafe sind. Auch seine Kritik an den verschiedenen präventiven Theorien hält die versprochene Trennung von Straftatbegriff und Legitimitätsvoraussetzungen der Strafe nicht ein: So wird gegen die Spezialpräventionstheorie angeführt, dass der „reaktiv-missbilligende Charakter“ zu den „begriffsbildenden Merkmalen der Strafe“ gehöre.19 Strafe sei an das Tat- sowie an das Schuldprinzip gebunden: „Ein Rechtsinstitut zum Umgang mit abweichendem Verhalten, dessen Zulässigkeit nicht von der Beachtung dieser beiden Grundsätze abhinge, ließe sich nicht mehr als Strafe in dem uns geläufigen Sinn bezeichnen.“20 Hier würde ich Einspruch erheben: Eine Sanktion, die das Schuldprinzip oder das Tatprinzip missachtet, kann durchaus eine Strafe sein; es handelt sich um eine illegitime Strafe, nicht notwendigerweise aber um eine Nicht-Strafe. Wenn eine Rechtsordnung jemanden deshalb lebenslang einsperrt, weil er gegen ein Parkverbot verstoßen hat, liegt eine Strafe vor, die aber wegen ihrer Schuldunangemessenheit illegitim ist. Auch Pawliks an späterer Stelle entwickelte Kritik an der positiven Generalprävention beruft sich auf einen Begriff der Strafe, in den bereits Legitimitätsvoraussetzungen hineingeschmuggelt worden sind: „Eine Pflicht, die Unaufgeklärtheit der eigenen gesellschaftlichen Umwelt duldend hinzunehmen, ließe sich freilich eher als Aufopferung denn als Strafe charakterisieren“.21 Nachdem er seine eigene Theorie zur Rechtfertigung der Strafe geliefert hat, deren zentraler Gedanke, wie wir gleich sehen werden, die Bestätigung des Zusammenhangs von Freiheitsgenuss und Mitwirkungspflicht ist, schreibt er: „Der Name des bestätigenden Akts lautet: Strafe.“22 M.a.W.: Pawlik behauptet die Notwendigkeit, Nicht-Strafen von illegitimen Strafen zu unterscheiden, leistet seiner Behauptung aber keine Folge.
17
Pawlik, Person, Subjekt, Bürger (Fn. 2), S. 15 f. Pawlik (Fn. 1), S. 61 ff. 19 Pawlik (Fn. 1), S. 75. 20 Wie die letzte Fußnote. 21 Pawlik (Fn. 1), S. 81. 22 Pawlik (Fn. 1), S. 116. 18
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Es mag vielleicht kleinlich wirken, wenn ich an dieser Stelle Kritik übe. Gerade die Kontroverse um die Sicherungsverwahrung und das Rückwirkungsverbot, in die sich das BVerfG und der EGMR verwickelt sahen,23 zeugt aber von der Wichtigkeit, einen Strafbegriff zu formulieren, der nur den zu rechtfertigenden Eingriff, nicht bereits dessen Rechtfertigungsvoraussetzungen erfasst. Schuld ist kein Begriffsmerkmal der Strafe; es gibt durchaus Strafen ohne Schuld, diese sind aber illegitime Strafen. Eine Sicherungsverwahrung, die das Abstandsgebot nicht beachtet, ist eine solche.24 Den Strafbegriff gewinnt man im Wege moralphänomenologischer Bemühungen; die Rechtfertigung der Strafe ist hingegen eine moralphilosophische bzw. rechtsethische Aufgabe.
III. Kritik an den Präventionstheorien; gegensatzaufhebende Methodik Diese Bemerkungen vermögen aber nichts daran zu ändern, dass die von Pawlik an den Präventionstheorien geübte Kritik25 weitgehend Zustimmung verdient. Seine Charakterisierung der strukturellen Grenzenlosigkeit von Prävention bringt die Dinge auf den Punkt: „Sicherheit aber ist ein unerreichbares Ziel, denn jedes Sicherheitsniveau läßt sich immer noch weiter verbessern.“26 Sehr interessant ist auch seine Kritik an der positiven Generalprävention: Er meint, diese Theorie bedeute für den Rechtsbrecher nichts anderes als eine zweifelhafte Pflicht, sich der Unvernunft (nämlich den für unvernünftig erklärten Vergeltungsimpulsen) anderer zu beugen.27 Ein weiterer zustimmungswürdiger Einwand richtet sich gegen jede rein instrumentelle, d. h. sich auf den individuellen Vorteil berufende Begründung von Rechtspflichten: Sie sei „höchst instabil, denn die Erfüllung einer jeden Rechtspflicht steht hier unter dem Vorbehalt ihrer individuellen Nützlichkeit für den Pflichtigen.“28 Ich denke aber, dass einige präventive Theorien eine teilweise Richtigkeit aufweisen, was bei Pawlik nicht hinreichend Beachtung findet.29 Dies liegt an seinem methodischen Ansatz, der sich nicht mit unaufgelösten Dualismen, hier mit dem Dualismus von Prävention und Respekt, begnügen kann, sondern zu den hinter den Gegensätzen vermeintlich aufzufindenden fundamentaleren Gedanken zu gelangen 23 S. einerseits EGMR, M. v. Deutschland, Beschw. Nr. 19359/04, v. 17. 12. 2009, Rn. 122 ff., der die Sicherungsverwahrung als Strafe einordnet, und andererseits BVerfGE 128, 326 (374 ff.), das dies verneint. 24 S. Greco, Strafprozesstheorie (Fn. 14), S. 691 f. 25 Pawlik (Fn. 1), S. 61 ff.; s. davor ders., Person, Subjekt, Bürger (Fn. 2), S. 21 ff.; ders., FS Rudolphi (Fn. 2), 213 ff. 26 Pawlik (Fn. 1), S. 82. 27 Pawlik (Fn. 1), S. 80 f.; s.a. ders., FS Rudolphi (Fn. 2), S. 226 f.; ders., in: Schumann (Fn. 2), S. 77. 28 Pawlik (Fn. 1), S. 77 f. 29 Ausf. Greco, Lebendiges (Fn. 14), S. 362 ff.
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sucht. Man könnte insofern von einer gegensatzaufhebenden Methode sprechen.30 Aus dieser Perspektive verkörpert der dualistische Ansatz, den ich in meinem Buch über Feuerbachs Straftheorie vertrete, eine „Preisgabe des Anspruchs auf axiologische Geschlossenheit“.31 „Wer bei unaufgelösten Dualismen stehenbleibt, ist nämlich nicht dazu in der Lage, einen Begriff seines Untersuchungsgegenstandes zu formulieren. Er vermag deshalb das Verhältnis, in dem die von ihm anerkannten Teilkomponenten zueinander stehen, nicht in einer systematisch kontrollierten Weise – denn das hieße: aufgrund eines ihnen gemeinsamen Oberbegriffs – zu bestimmen.“32 Auch diese Methode ist m. E. zu kritisieren – und zwar nicht aus methodischen, sondern aus inhaltlichen Gründen. Deshalb werde ich es vorziehen, die Kritik erst an späterer Stelle zu üben (u. IV. 2. c]), an der zugleich die inhaltlichen Implikationen der Methode deutlicher gemacht werden können.
IV. Pawliks Ansatz: Strafe als Mitwirkungspflicht 1. Darstellung Im Anschluss an die besagte Kritik entwickelt Pawlik seinen eigenen Ansatz: Strafe wird als „Antwort auf die Verletzung einer Mitwirkungspflicht“ begriffen,33 nämlich der Mitwirkungspflicht eines jeden Bürgers zur Aufrechterhaltung eines Zustands der Freiheitlichkeit.34 Dass Menschen nicht im Naturzustand, sondern in einem Zustand des Rechts und der Freiheit leben, dass es also nicht nur Repräsentanten der Spezies homo sapiens, sondern Bürger gibt, sei eine zivilisatorische Errungenschaft, die jedem zugutekommt. Aus dem Fairnessprinzip ergebe sich deshalb eine Pflicht, sich daran zu beteiligen, dass diese Errungenschaft auch erhalten bleibt. „Eine Mitverantwortung für die Aufrechterhaltung eines Zustandes der Freiheitlichkeit trifft deshalb auch jeden einzelnen Bürger. Diese Mitverantwortung anzuerkennen ist letztlich ein Gebot der Fairneß. ,Wer die Freiheiten einer rechtsstaatlichen Ordnung in Anspruch nehmen will, ist aufgefordert, auch das Seine zur Bewahrung und Verteidigung dieser Freiheiten beizutragen‘ (Huber). … Ein Angriff auf den Zustand der Freiheitlichkeit äußert sich folglich darin, daß der Täter, indem er der strafrechtlichen Verhaltensordnung zuwiderhandelt, seine Rolle als Repräsentant der Rechtsgemeinschaft – kurz: als Bürger – bricht. Er verletzt seine Pflicht, an der Auf30 Greco, Strafprozesstheorie (Fn. 14), S. 180, im Anschluss an Lepsius, Die gegensatzaufhebende Begriffsbildung, 1994. 31 Pawlik (Fn. 1), S. 86 Fn. 448, in Auseinandersetzung mit meinen Überlegungen. 32 Pawlik (Fn. 1), S. 240 – die Passagen zielen auf die herrschende dualistische Begründung des Notwehrrechts ab, sind aber für die im ganzen Werk sich äußernde methodische Haltung aufschlussreich. 33 Pawlik (Fn. 1), S. 82. 34 Pawlik (Fn. 1), S. 90 ff.
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rechterhaltung des bestehenden Rechtszustandes mitzuwirken.“35 An anderer Stelle fasst Pawlik den „Grundgedanken“ seines Konzepts zusammen, der „von größter Einfachheit“ sei: „Den Täter trifft eine rechtliche Mitverantwortung für den Fortbestand des freiheitlichen Zustandes, in dem er lebt. An dieser Verantwortung wird er in der Strafe festgehalten, indem auf seine Kosten die Wechselbezüglichkeit von Mitwirkungspflichterfüllung und Freiheitsgenuß bestätigt wird.“36 Strafe ist nach diesem Verständnis eine „Art erweiterter Steuerpflicht“.37 Hiermit kommt der Präventionskritiker Pawlik zu einer Theorie, die er als Vergeltungstheorie bezeichnet und die er auch in den größeren Zusammenhang der bereits vielfach festgestellten Renaissance der Vergeltungstheorie einordnet.38 Nun ist aber seine Vergeltungstheorie keine, die für die zweckgelöste Majestät der Strafe eintritt: „Nicht anders als den Präventionslehren geht es vielmehr auch der hiesigen Konzeption um die Erhaltung der gesellschaftlichen Ordnung.“39 In meiner anderweitig entwickelten Taxonomie wäre Pawlik somit als konsequentialistischer Vergeltungstheoretiker einzuordnen.40 2. Kritische Beurteilung Die Überlegungen von Pawlik sind neu und provokant; sie dürften zu den anregendsten Ideen gehören, die in letzter Zeit auf dem Gebiet der Grundlagen des Strafrechts formuliert worden sind.41 Man wird einem Gedanken am besten dadurch gerecht, dass man sich mit ihm kritisch auseinandersetzt. Meine Kritik wird sich auf verschiedenen Ebenen bewegen. a) Hobbes’scher Fairnessbegriff? Es ist erstens zu rügen, dass sich Pawlik für eine fairnessbezogene Begründung der Mitwirkungspflicht und der Strafe ausspricht, ohne den hiermit vorausgesetzten Begriff der Fairness näher zu analysieren. Hier wäre eine Berücksichtigung der insbesondere englischsprachigen politikphilosophischen Diskussion sehr ertragreich 35
Pawlik (Fn. 1), S. 106 f. Pawlik (Fn. 1), S. 110. 37 Pawlik bei Starck, Diskussion zum Vortrag von Michael Pawlik, in: Schumann (Fn. 2), S. 103. 38 Pawlik (Fn. 1), S. 87. 39 Pawlik (Fn. 1), S. 109. 40 Greco, Lebendiges (Fn. 14), S. 465 ff., mit einem vorsichtigen Versuch, die Überlegungen von Pawlik einzuordnen (Fn. 1074); ebenso Pérez-Barberá, Probleme und Perspektive der expressiven Straftheorien, GA 2014, S. 504 ff. (510). 41 Dass ein Rezensent in dem Buch nur eine „aufgewärmte Strafzweckdiskussion, die nichts Neues zu Tage fördert und nur die alten Melodien repetiert“ (Bung, Das Unrecht des Bürgers, RW 2014, 546 [S. 547]) zu erkennen vermochte, ist mir nicht verständlich. 36
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gewesen.42 Man könnte bereits kritisieren, dass die Fairness herangezogen wird, ohne auf die gewichtige Kritik einzugehen, die an diesem Prinzip geübt wird.43 Ich möchte mich aber auf einen anderen Punkt konzentrieren: Es stört nämlich, dass Pawlik einerseits Präventionstheorien mit dem Argument ablehnt, sie verkörperten bloße klugheitsbezogene Maximen, die nicht zu einer echten Verpflichtung zu führen vermöchten (s. o. I 3), andererseits aus den Vorteilen, die der Bürger aus einem Leben im Zustand der Freiheitlichkeit zieht, also letztlich doch aus einem Klugheitskalkül, seine Mitwirkungspflicht begründen möchte. Der Begriff der Fairness lässt sich genauer betrachtet entweder nach hobbes’schem Vorbild deuten, also als hypothetische Maxime, nicht zu defektieren, sondern zu kooperieren, damit man die Vorteile der Kooperation auch langfristig ziehen kann, oder kantisch, als kategorischen Imperativ, andere nicht zu „suckers“ herabzuwürdigen, sie nicht zu instrumentalisieren, sich nicht gleichheitswidrig Sonderrechte zuzuschreiben usw. In diesem Sinne scheint die Theorie von Pawlik trotz der häufigen Bezugnahme auf Hegel eher hobbes’sche Züge aufweisen. Eine Straftheorie, die mehr sein möchte als eine verkappte i.S. von indirekte Präventionstheorie, hätte sich nicht die Aufgabe ersparen dürfen, den Begriff der Fairness zu präzisieren; insbesondere hätte sie nicht den Eindruck erwecken dürfen, sie hätte sich für einen Fairnessbegriff in der Tradition von Hobbes entschieden. Genau dieser Eindruck entsteht aber in vielen Passagen des Werks, gerade in denjenigen, in denen vom Genuss der Freiheit gesprochen wird,44 oder in denen Freiheit als faktischer Zustand gedeutet wird, der einer kognitiven Untermauerung bedarf.45 Mit anderen Worten: es besteht der starke Verdacht, dass Pawlik nur eine weitere präventive Theorie formuliert hat, die somit für alle die Einwände anfällig ist, die er selbst in seiner Kritik der Präventionstheorien formuliert hat. Insbesondere dem Einwand der Grenzenlosigkeit wird er nicht mehr entgehen können: Denn was erforderlich ist, um den Zustand der Rechtlichkeit wiederherzustellen, wird von wechselnden
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Grdl. Hart, Are There Any Natural Rights?, in: The Philosophical Review 64 (1955), S. 175 ff. (185 f.); und Rawls, Legal Obligation and the Duty of Fair Play, in: Rawls, Collected Papers, Cambridge, Massachusetts/London, 1999 (zuerst 1964), S. 117 ff. (122 ff.); danach Nozick, Anarchy, State, Utopia, Malden, 1974, S. 90 ff.; Klosko, The Principle of Fairness and Political Obligation, New Edition, Lanham u. a., 1992, S. 33 ff.; ders., Political Obligations, Oxford, 1992; Simmons, Moral Principles and Political Obligation, Princeton, 1979, S. 101 ff.; Rinderle, Der Zweifel des Anarchisten, 2005, S. 167 ff. 43 Insb. Nozick und Simmons, wie die vorherige Fn. 44 Pawlik (Fn. 1), S. 110. 45 Etwa Pawlik (Fn. 1), S. 106. Gerade aus diesem Grund finde ich die ablehnende Haltung, die Engländer in seiner Rezension zu Unrecht des Bürgers (JZ 2014, 38 f.) geäußert hat, verwunderlich. Es handle sich um eine expressive Straftheorie, die also nicht erklären könne, weshalb es der Strafe bedarf. Hat nicht Pawlik durch seine Fairnessbegründung gerade versucht, darzulegen, warum dies der Fall sei? Zudem: Pawliks Thesen sind nicht so weit entfernt von den von Engländer favorisierten Prämissen Hoersters, die auch eine Nähe zu Hobbes aufweisen.
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empirischen Bedingungen abhängig sein, die von der Schuld des Täters weitgehend unabhängig sein können.46 b) Priorität von Rechten oder von Pflichten? Der soeben formulierte Einwand gehört aber vertieft und gegebenenfalls sogar radikalisiert. Denn ungemein wichtiger als die Frage nach dem Primat der Straftat oder der Strafe ist für die Einordnung einer Theorie als liberal, ob die Theorie Rechte oder Pflichten als die primäre Größe versteht.47 Je nachdem, welche von beiden Positionen als Nullpunkt angesehen wird, verteilen sich die Argumentationslasten zwischen ihnen. Es liegt auf der Hand, dass ein liberaler Standpunkt notwendigerweise von einem Primat der Rechte ausgehen muss; für den, der in der Freiheit einen Wert erblickt, sind Pflichten und nicht Rechte rechtfertigungsbedürftig. Auch in diesem Punkt verhält es sich bei Pawlik sehr ambivalent: In einer wichtigen Fußnote weist er die naturrechtliche Tradition zurück, die im Begriff der Pflicht ihren Ausgangspunkt nahm, zugunsten eines Modells, das „in Übereinstimmung mit dem liberalen Standardmodell“ vom Begriff des subjektiven Rechts ausgeht.48 Wie ernst das gemeint ist, wird aber keineswegs klar; in anderen Passagen heißt es nämlich, dass Rechte und Pflichten im Status als Bürger gleichrangig und in einem Verhältnis gegenseitiger Implikation miteinander verschmolzen würden: „Der Status des einzelnen als Grundrechtssubjekt ist vielmehr gleichursprünglich mit seiner Rechtsrolle als gemeinschaftsgebundener Bürger.“49 Und in einem wichtigen früheren Aufsatz war vom Primat der Pflicht unverhohlen die Rede,50 weshalb ich an anderer Stelle Pawliks Lehre in diesem Sinne verstanden und kritisiert habe.51 c) Inhaltliche Probleme der gegensatzaufhebenden Methodik Die Unklarheit, die ich bereits beim Begriff der Fairness und jetzt beim Verhältnis von Rechten und Pflichten festgestellt habe, ist möglicherweise aber kein bloßer Schönheitsfehler, sondern Ausdruck einer tieferen methodischen Überzeugung, nämlich der von Pawlik bevorzugten gegensatzaufhebenden Begriffsbildung, von der bereits oben die Rede war (s. o. III.).
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S. bereits Greco, Strafprozesstheorie (Fn. 14), S. 232. Ähnl. R. Dworkin, The Original Position, in: Daniels (Hrsg.), Reading Rawls, Stanford, 1975, S. 16 ff. (40 ff.). 48 Pawlik (Fn. 1), S. 101 Fn. 554. 49 Pawlik (Fn. 1), S. 107 Fn. 107. 50 Pawlik, Verdeckte Ermittlungen und das Schweigerecht des Beschuldigten, in: GA 1998, S. 378 ff. (380). 51 Greco, Strafprozesstheorie (Fn. 14), S. 233 f.; ebenso Werkmeister, Straftheorien im Völkerstrafecht, 2015, S. 145. 47
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Die Diskussion analytische versus dialektische bzw. dualistische versus gegensatzaufhebende Methodik erschöpft sich entgegen dem ersten Anschein nicht im Methodischen, sondern beruht auf inhaltlichen Prämissen.52 Der inhaltliche Unterschied liegt in der Bestimmung des Verhältnisses zwischen den beiden Adressaten einer jeden Rechtfertigung von staatlichem Zwang, namentlich dem vom Zwang unmittelbar Betroffenen und der Gesellschaft. Ein Dualist geht nämlich davon aus, dass ein Grund, den man der Gesellschaft gegenüber geltend machen kann, nicht notwendig einer sein wird, den auch der Betroffene akzeptieren muss. Genau dies bestreitet Pawlik, in einer unter Vertretern seiner Methode seltenen Nüchternheit: „Die Begründung gegenüber der Rechtsgemeinschaft konvergiert letztlich mit derjenigen gegenüber dem einer Bestrafung unterworfenen einzelnen Bürger.“53 M.a.W.: es besteht eine präetablierte Harmonie zwischen den Belangen des Betroffenen und den Belangen der Gesellschaft. Genau in dieser inhaltlichen Annahme liegt ein Problem.54 Es ist natürlich erfreulich, wenn sich eine solche Harmonie ergibt. Sie ist aber bestenfalls ein glücklicher Zufall. Konkret: Dass die Strafe, die den Zustand der Freiheitlichkeit wiederherstellt, auch eine ist, die die Schuld des Täters beachtet, wird wohl regelmäßig der Fall sein, ist aber nicht notwendig. Es kann durchaus sein, dass diese Wiederherstellung nur unter Überschreitung der Grenzen der Schuld zu erreichen ist – die Straftat hat ungewöhnlichen Widerhall gehabt; die Bevölkerung ist verunsichert; es drohen Reaktionen, Ausbrüche, weitere Straftaten. Man kann sogar das Szenario der gesellschaftsnotwendigen Bestrafung des Unschuldigen ausmalen.55 Mit welchem Argument wird Pawlik die schuldüberschreitende Strafe für unzulässig erklären? Hiermit kommt man zu einem noch tieferen Problem. Die Belange des Einzelnen zählen nach Pawlik überhaupt nicht, denn der Einzelne ist nur Träger „faktisch-kreatürlicher Interessen“;56 von Bedeutung ist nur die Rechtsperson, der Bürger.57 „Rechtspersonen beziehen ihren Status aus ihrer Zugehörigkeit zu einer Rechtsgemeinschaft.“58 Dies ist der Kunstgriff, der die ganze Unternehmung der Begründung der Strafe gegenüber dem Betroffenen letztlich hinfällig, weil unmöglich macht. Denn die Perspektive des Betroffenen, die zählt, ist nur seine Perspektive als Bürger, und diese ist wiederum mit der Perspektive der Gesellschaft identisch. Gegenüber Individuen rechtfertigt man gar nichts, denn sie sind rein biologische Wesen, die 52 S. Greco, Strafprozesstheorie (Fn. 14), S. 180 f., 194, 196 und insb. – zu Pawlik – S. 232 f. 53 Pawlik (Fn. 1), S. 27 Fn. 10. 54 Greco, Strafprozesstheorie (Fn. 14), S. 320 ff. 55 Vgl. Greco, Lebendiges (Fn. 14), S. 244 ff., im Anschluss an McCloskey. 56 Pawlik, GA 1998, 379. 57 Für diese Entgegensetzung, mit abwechselnder Terminologie, Pawlik, GA 1998, 379 („Rechtsperson“ vs. „Individuum“); ders., Rezension zu Hübner, Die Entstehung der objektiven Zurechnung (2004), in: HRRS 2005, 110 ff. (111: „Rechtsperson“ vs. „vorrechtlichen Personenbegriff“); zum Personenbegriff ausf. Pawlik (Fn. 1), S. 141 ff. 58 Pawlik (Fn. 1), S. 143.
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für Gründe nicht einmal empfänglich sind; Rechtspersonen bzw. Bürger sind hingegen ernst zu nehmen, und sie nimmt man dadurch ernst, dass man sie als Gemeinschaftsmitglieder behandelt. Es fragt sich nur, weshalb der Einwand, den Pawlik im Zusammenhang der Deutung von § 34 StGB gegen die Güterabwägungslehren richtet, nämlich dass „der einzelne als Funktionär der Gesamtheit behandelt“ werde,59 nicht seinen eigenen Ansatz trifft. Die behauptete Gleichursprünglichkeit von Gemeinschaft und Bürger60 hilft nichts, denn der Bürger ist eben nur ein Repräsentant der Gesamtheit. Dies ist vor allem deshalb eine empfindliche Begründungslücke, weil die Strafe in Rechte eingreift, die dem Individuum als Individuum, also in der Tat bloß wegen seiner biologischen Zugehörigkeit zur Gattung Mensch zustehen.61 Eine Strafe, die das Individuum als solches trifft, muss dem Individuum gegenüber gerechtfertigt werden; seine Perspektive ist als solche ernst zu nehmen, und nicht bloß als Reflex der Perspektive der Gesellschaft. An dieser Stelle entfernt sich Pawlik in der Tat von Hobbes – leider gerade an der Stelle, an der man von diesem vieles zu lernen hätte. d) Was lässt Pawlik vom Schuldprinzip übrig? In engem Zusammenhang mit dem, was gerade ausgeführt wurde, stehen Pawliks Überlegungen zu einer Vergeltungstheorie, die betont innerweltlich, sozial, m.a.W.: konsequentialistisch orientiert ist. Es geht ihm nicht mehr um gerechte Vergeltung, sondern – und ich gebrauche einen Begriff, an dem Pawlik möglicherweise Anstoß nehmen könnte – um nützliche Vergeltung. Dies ist meines Erachtens ein nicht unproblematischer Ansatz. In ihm geht gerade das, was man noch als „Weisheit der Vergeltungstheorie“62 bezeichnen konnte, namentlich die Aufstellung eines von jeglicher nützlichkeitsbezogenen Logik unabhängigen Schuldprinzips, verloren. Die Schuld wird, wie bereits angemerkt, eine Funktion des wechselnden Bedürfnisses anderer, den Zustand der Rechtlichkeit faktisch wiederherzustellen. Die Tore stehen somit offen für Überlegungen nach dem Vorbild des funktionalen Schuldbegriffs.63 Gerade an dessen Nüchternheit oder Aufrichtigkeit, die ihm so viel Kritik eingebracht haben,64 fehlt es jedoch in der verkappten Präventionstheorie, die Pawlik unter dem Deckmantel der Vergeltung entwickelt. Zu 59
Pawlik (Fn. 1), S. 96. S. o. Fn. 49. 61 S. Greco, Strafprozesstheorie (Fn. 14), S. 653 ff.: Strafe als Reaktion, die „angeborene Rechte“ entzieht. 62 Hassemer, Einführung in die Grundlagen des Strafrechts, 2. Aufl., 1990, S. 324; zu dieser Wendung s.a. Pawlik (Fn. 1), S. 87. 63 Hierzu grdl. Jakobs, Schuld und Prävention, 1976. 64 U. a. von Pawlik (Fn. 1), S. 84 f. selbst; w. Nachw. bei Greco, Lebendiges (Fn. 14), S. 246 Fn. 184, m. Kritik ebda., S. 246 ff., 499 f. 60
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einem Verständnis der Schuld als kategorischer Schranke staatlicher Strafgewalt kommt man auf der Grundlage hypothetischer Überlegungen zur empirischen Wiederherstellung eines empirischen Zustandes nicht mehr.
V. Fazit Meine Überlegungen vermögen nicht, dem „Unrecht des Bürgers“ gerecht zu werden. Sie sind ein Versuch eines kritischen Dialogs mit den Fundamenten des beeindruckenden Gebäudes, das Pawlik errichtet. Zu diesem Gebäude gehören auch Überlegungen zum materiellen Verbrechensbegriff (u. a. mit einer Ablehnung der Rechtsgutslehre zugunsten eines auf dem Begriff der Person basierenden Verständnisses,65 zugleich mit einer Billigung der Lehre von den Verhaltensdelikten66 und des demokratiepositivistischen Strafrechtsmoralismus des BVerfG67), zum Aufbau der Straftat (für die als Schlüsselbegriff die Zuständigkeit fungiert68 und die eine Unterscheidung von Unrecht und Schuld nicht mehr kennt69) und zu konkreten strafrechtsdogmatischen Fragen. Dabei bietet die Vorgehensweise des Buchs, jede Frage nicht bloß anhand der aktuellsten Kommentarliteratur zu behandeln, sondern unter Berücksichtigung der älteren Diskussion, die Pawlik nicht nur bis zu Liszt,70 sondern bis ins 19. Jahrhundert liebevoll zurückverfolgt, einen besonderen Lesegenuss, für den man dem Autor auch dankbar sein muss. Hervorhebung verdienen auch seine gedankenreichen Fußnoten zu den verschiedensten Themen, von der Diskurstheorie71 bis hin zum Prozessrecht,72 von der Strafzumessungslehre73 bis zu meiner Straftheorie74 oder zu Jägers Überlegungen zum Verhältnis von Tatbestand und Rechtfertigung.75 Es ist für die deutsche Strafrechtswissenschaft, deren Kräfte zum großen Teil durch
65 Pawlik (Fn. 1), insb. S. 140: „Ersetzung des Rechtsgutsbegriffs durch den Personenbegriff als Leitkategorie“. Hierzu krit. Roxin/Greco, AT I, 5. Aufl. 2020, § 3 Rn. 115a ff. 66 Pawlik (Fn. 1), S. 102 f., insb. Fn. 559. 67 Pawlik (Fn. 1), S. 104, unter ausdrücklicher Billigung der Inzest-Entscheidung (BVerfGE 120, 224, 240 ff.). 68 Pawlik (Fn. 1), S. 158, im Anschluss an Jakobs. 69 Pawlik (Fn. 1), S. 256 ff. 70 Pawlik (Fn. 1), S. 22, spricht sich ausdrücklich gegen die verbreitete Tendenz aus, Dogmengeschichte bei Liszt anfangen zu lassen. 71 Pawlik (Fn. 1), S. 108 Fn. 594; s.a. Pawlik, FAZ 14. 03. 2005, Nr. 61, S. 40; ders., Vom Nutzen der Philosophie für die Allgemeine Verbrechenslehre, GA 2014, S. 369 ff. (384). 72 Pawlik (Fn. 1), S. 107 Fn. 592. 73 Pawlik (Fn. 1), S. 117 Fn. 654. 74 Pawlik (Fn. 1) S. 85 f. Fn. 448; s.a. ders., Rezension zu Greco, Lebendiges und Totes in Feuerbachs Straftheorie, in: ZIS 2011, S. 262 f. 75 Pawlik (Fn. 1), S. 212 Fn. 382.
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überflüssiges Kommentieren ausgeschöpft werden,76 erfreulich, dass Monografien wie „Das Unrecht des Bürgers“ noch geschrieben werden. Ich erlaube mir, zu den straftheoretischen Überlegungen des Werks ein Fazit zu ziehen. Pawliks Unterfangen ist m. E. nicht von Erfolg gekrönt. Gerade dies lehrt aber, dass es aus den traditionellen Dualismen – von Gesellschaft und Individuum, Zweckmäßigkeit und Respekt, Hypothetischem und Kategorischem – keinen Ausweg gibt. Nur diese Dualismen stellen sicher, dass der Mensch, also der in Wahrheit von der Strafe Betroffene, und nicht bloß die Kunstfigur des „Bürgers“, ernst genommen und vor Anmaßungen anderer bewahrt wird. Denn bestraft wird nicht ein Bürger, sondern ein Mensch. Literatur Bung, Jochen: Das Unrecht des Bürgers, Rezension zu Michael Pawlik: Das Unrecht des Bürgers, Grundlinien der Allgemeinen Verbrechenslehre, RW 2014, S. 546 – 554. Dworkin, Ronald: The Original Position, in: Norman Daniels (Hrsg.), Reading Rawls, Stanford 1975, S. 16 – 53. Engländer, Armin: Rezension zu Pawlik, Das Unrecht des Bürgers, JZ 2014, S. 38 – 39. Gärditz, Klaus Ferdinand: Strafbegründung und Demokratieprinzip, Der Staat 49 (2010), S. 331 – 367. Greco, Luís: Lebendiges und Totes in Feuerbachs Straftheorie, Berlin 2009. Greco, Luís : Strafprozesstheorie und materielle Rechtskraft, Berlin 2015. Hart, Herbert L. A.: Are There Any Natural Rights?, The Philosophical Review 64 (1955), S. 175 – 191. Hassemer, Winfried: Einführung in die Grundlagen des Strafrechts, 2. Aufl., München 1990. Hörnle, Tatjana: Stärken und Schwächen der deutschen Strafrechtswissenschaft, in: Horst Dreier (Hrsg.), Rechtswissenschaft als Beruf, Tübingen 2018, S. 183 – 225. Klosko, George: The Principle of Fairness and Political Obligation, New Edition, Lanham 1992. Klosko, George: Political Obligations, Oxford 1992. Kotsoglou, Kyriakos N.: Das schweigende Strafrecht. Zur Auflösung des Streits über die ,richtige‘ Straftheorie, in: Stefanie Bock/Stefan Harrendorf/Manuel Ladiges, (Hrsg.), Strafrecht als interdisziplinäre Wissenschaft, Baden-Baden 2015, S. 13 – 36. Lepsius, Oliver: Die gegensatzaufhebende Begriffsbildung, München 1994. Nozick, Robert: Anarchy, State, Utopia, Malden 1974. 76 Richtig angemerkt von Hörnle, Stärken und Schwächen der deutschen Strafrechtswissenschaft, in: Dreier (Hrsg.), Rechtswissenschaft als Beruf, 2018, S. 183 ff. (209). Das heißt nicht, Kommentare seien überflüssig; sie sind ein unerlässlicher Kommunikationskanal zwischen Wissenschaft und Praxis. Nur die derzeit bestehende Menge (und der immer schneller werdende Rhythmus von Neuauflagen) entspricht keinem Bedürfnis der Praxis oder der Wissenschaft, sondern allein der Verlagshäuser.
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Pawlik, Michael: Verdeckte Ermittlungen und das Schweigerecht des Beschuldigten, GA 1998, S. 378 – 389. Pawlik, Michael: Person, Subjekt, Bürger. Zur Legitimation von Strafe, Berlin 2004. Pawlik, Michael: Kritik präventionstheoretischer Strafbegründungen, in: Klaus Rogall et al. (Hrsg.), FS Rudolphi, Neuwied 2004, S. 213 – 230. Pawlik, Michael: Strafe oder Gefahrenbekämpfung?, in: Andreas Hoyer/Henning E. Müller/ Michael Pawlik (Hrsg.), FS Schroeder, Heidelberg 2006, S. 357 – 386. Pawlik, Michael: „Der Täter ist um der Gemeinschaft willen verpflichtet, die Strafe auf sich zu nehmen“. Überlegungen zur Strafbegründung im Anschluss an Claus Roxin, GA 2006, S. 344 – 349. Pawlik, Michael: Rezension zu Merle, Strafen aus Respekt vor der Menschenwürde, ZStW 120 (2008), S. 131 – 140. Pawlik, Michael: Staatlicher Strafanspruch und Strafzwecke, in: Ewa Schumann (Hrsg.), Das strafende Gesetz im sozialen Rechtsstaat, Berlin 2010, S. 59 – 93. Pawlik, Michael: Rezension zu Greco, Lebendiges und Totes in Feuerbachs Straftheorie, ZIS 2011, S. 262 – 263. Pawlik, Michael: Das Unrecht des Bürgers. Grundlinien einer Allgemeinen Verbrechenslehre, Tübingen 2012. Pawlik, Michael: Vom Nutzen der Philosophie für die Allgemeine Verbrechenslehre, GA 2014, S. 369 – 389. Pawlik, Michael: Die Aufgabe des Strafrechts und die Legitimation von Strafe bei Welzel, in: Wolfgang Frisch et al. (Hrsg.), Lebendiges und Totes in der Verbrechenstheorie Hans Welzels, Tübingen 2015, S. 46 – 68. Pawlik, Michael: Normbestätigung und Identitätsbalance, Baden-Baden 2017. Pawlik, Michael: Das Strafrecht der Gesellschaft. Sozialphilosophische und sozialtheoretische Grundlagen von Günther Jakobs’ Strafrechtsdenken, in: Urs Kindhäuser er al. (Hrsg.), Strafrecht und Gesellschaft. Ein kritischer Kommentar zum Werk von Günther Jakobs, Tübingen 2019, S. 217 – 254. Pérez-Barberá, Gabriel: Probleme und Perspektive der expressiven Straftheorien, GA 2014, S. 504 – 526. Rawls, John: Legal Obligation and the Duty of Fair Play, Rawls, Collected Papers, Cambridge, Massachusetts/London 1999 (zuerst 1964), S. 117 – 129. Rinderle, Peter: Der Zweifel des Anarchisten, Frankfurt a. M. 2005. Roxin, Claus/Greco, Luís: Strafrecht Allgemeiner Teil I, 5. Aufl., München 2020. Simmons, Alan John: Moral Principles and Political Obligation, Princeton 1979. Werkmeister, Andreas: Straftheorien im Völkerstrafecht, Baden-Baden 2015.
Zufall, Gerechtigkeit und strafrechtliche Zurechnung Von Ulfrid Neumann
I. Das Problem der Relevanz des Zufalls bei der strafrechtlichen Zurechnung In seinem Beitrag zur Festschrift für Claus Roxin zu dessen siebzigsten Geburtstag widmet sich Marcelo Sancinetti der „ewige(n) Problematik … ob die Rechtsordnung von einer Moral auszugehen hat, die auch dem Glück Tribut zollt.“1 Ich nehme diese Frage, die Sancinetti in höchst scharfsinniger Weise anhand der Fallkonstellation des so genannten „dolus generalis“ erörtert, im Folgenden in einem größeren Zusammenhang auf.2 Ich werde versuchen, zu rekonstruieren, inwieweit die Antwort auf diese Frage von Weichenstellungen im Bereich der Schuldlehre, der Lehre vom Unrecht und der Straftheorien abhängt. Ich widme diese Skizze dem Jubilar in kollegialer Hochschätzung.
II. Schuldrelevanz 1. Schuld als (psychischer oder metaphysischer) „Sachverhalt“ Ob ein Zufall das Maß der Schuld eines Straftäters beeinflussen kann, hängt zunächst von der Interpretation des Schuldbegriffs ab. Versteht man die Schuld als ein Internum, als einen psychischen oder metaphysischen Sachverhalt3 in der Person des Täters, dann kann ein Zufall das Maß der Schuld logischer Weise nicht beeinflussen. Denn die Schuld ist dann gleichzusetzen mit dem „bösen Wollen“ des Täters. Das Gewollte aber ist das genaue Gegenteil des Zufälligen. Ob bei diesem Verständnis der Schuld als „Willensschuld“4 auch eine „Fahrlässigkeitsschuld“ anzuerkennen 1
Marcelo A. Sancinetti, „Dolus generalis“ und „strafrechtliches Glück“, in: Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag, 2001, S. 350. 2 Umfassende Analyse insbesondere der moralphilosophischen Diskussion (unter Berücksichtigung der „moral luck“-Debatte im angloamerikanischen Schrifttum) jetzt bei Burghardt, passim. 3 Deutung der strafrechtlichen (wie auch der „sittlichen“) Schuld als metaphysischer Sachverhalt etwa bei Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 178. 4 Zur philosophischen Tradition hinsichtlich der sittlichen Schuld (Kant, Hegel) vgl. Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 142.
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ist, lässt sich bestreiten,5 berührt aber die Frage, ob der Zufall bei diesem Schuldverständnis das Maß der Schuld mitbestimmen kann, nicht. Denn auch bei der grundsätzlichen Anerkennung einer „Fahrlässigkeitsschuld“ wäre jedenfalls vorauszusetzen, dass der Täter die Fähigkeit hatte, die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung zu erkennen. Auch die Schuld des fahrlässig handelnden Täters würde also an eine Disposition des Täters gebunden. Insofern bliebe die Interpretation der Schuld als Internum des Täters gewahrt. Bei diesem „klassischen“ Verständnis strafrechtlicher Schuld verhalten sich „Schuldhaftung“ und „Erfolgshaftung“ wie Feuer und Wasser. Der „Erfolg“ der Handlung wird, soweit er nicht vom Täter vorhergesehen (oder, im Falle der Fahrlässigkeit, für ihn vorhersehbar) war, als „Zufall“ externalisiert. Die so genannten „erfolgsqualifizierten Delikte“ verstoßen damit jedenfalls dann gegen das Schuldprinzip, wenn sie lediglich einen objektiven Zusammenhang zwischen der Verwirklichung des Grunddelikts und der besonders schweren Folge voraussetzen und damit auf das Erfordernis einer Vorhersehbarkeit dieser Folge verzichten.6 Arthur Kaufmann geht, aufgrund seines Ansatzes folgerichtig, einen Schritt weiter und erblickt in der strafrechtlichen Haftung für unbewusst fahrlässiges Handeln grundsätzlich einen (freilich: unvermeidbaren) Verstoß gegen das Schuldprinzip.7 Für dieses Modell gilt die Feststellung von Tatjana Hörnle, dass der Schuldvorwurf als zusätzlicher Vorwurf neben dem Unrechtsvorwurf verstanden werde.8 Zwar bleibt der Bezug auf das vom Täter verwirklichte Unrecht erhalten; strafrechtliche Schuld ist Tatschuld, nicht (nur) Täterschuld.9 Aber dieser Bezug der Schuld auf das Unrecht der Tat erscheint als eine Konzession an die immanente Grenze, die der Verwirklichung des Schuldprinzips im Strafrecht gesetzt ist. „Der Gedanke der Tatschuld bedeutet … die mit der Positivierung des Schuldprinzips notwendig einhergehende Formalisierung und Wesensverringerung des reinen Schuldsachverhalts.“10 Zudem tritt die konkrete Tat als Verletzung eines Rechtsguts eines bestimmten Opfers in den Hintergrund; die Tat erscheint eher als Symptom für eine bestimmte Persönlichkeitskomponente des Täters. „Das strafrechtliche Schuldurteil kann … niemals den Menschen als Ganzes meinen, sondern immer nur als Täter dieser seiner konkreten Tat, als einen, der ,so etwas‘ getan hat.“11 Symptomatisch ist hier die mit der Anonymisierung des Opfers verbundene Generalisierung der Tathandlung, die in der Formulierung „so etwas“ zum Ausdruck kommt. Der Schuldvorwurf tritt hier nicht nur neben den Unrechtsvorwurf, er über5
In diesem Sinne vor allem Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 140 ff. So die Regelung im deutschen StGB bis 1953. 7 Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 156 ff. 8 Hörnle, Kriminalstrafe, S. 58 mit Hinweis auf Arthur Kaufmann, Schmidhäuser und Maiwald. 9 Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 193 ff. 10 Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 195. 11 Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 188. 6
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nimmt bei der Strafbegründung vielmehr die führende Rolle. Damit verbunden ist eine Fokussierung auf das vom Täter Gewollte, die jegliche Zurechnung von zufälligen Umständen und Ereignissen, etwa bei den Tatbeständen der fahrlässigen Erfolgsdelikte oder den erfolgsqualifizierten Delikten, vom Standpunkt eines konsequenten Schuldprinzips aus als irregulär erscheinen lässt. 2. Kritik Das substantielle, ontologische Verständnis der Schuld, das Arthur Kaufmann in seiner Habilitationsschrift vertritt, ist allerdings erkenntnistheoretisch schwer zu verteidigen. Es ist auch für den Stand der aktuellen Schulddiskussion nicht mehr repräsentativ.12 Heute hat sich weitgehend die Einsicht durchgesetzt, dass die strafrechtliche Schuld, genauer: der Vorwurf schuldhaften Handelns, funktional auf das vom Täter verwirklichte Unrecht bezogen ist. Mit dem Schuldurteil wird festgestellt, dass das Geschehen dem Täter (nicht nur objektiv zurechenbar, sondern auch) subjektiv vorwerfbar ist. Gegenstand des Vorwurfs ist das dem Täter zurechenbare Geschehen, die „Tat“. Die Schuld bezeichnet nicht das, was dem Täter vorgeworfen wird, sondern die (subjektive) Vorwerfbarkeit. Insofern dominiert heute der „normative“ Schuldbegriff, von dem sich Arthur Kaufmann noch deutlich distanziert hatte.13 Die Begriffe „Schuldvorwurf“ und „Unrechtsvorwurf“ verlieren damit ihre strukturelle Symmetrie. Das Unrecht ist (bleibt) der Gegenstand des Vorwurfs, die Schuld bezeichnet jetzt die (subjektive) Vorwerfbarkeit und deren Voraussetzungen.
III. Unrechtsrelevanz 1. Handlungs- und Erfolgsunwert Für das Problem einer strafrechtlichen „Zufallshaftung“ bedeutet dies, dass es zunächst im Bereich des strafrechtlichen Unrechts zu thematisieren ist. Das geschieht in der Auseinandersetzung um die Unrechtsrelevanz von Handlungsfolgen, die nicht vom Vorsatz des Täters umfasst sind („Erfolgsunwert“). Ein zentrales Argument der Vertreter einer monistisch-subjektiven Unrechtslehre14 lautet bekanntlich, die Einbeziehung eines vom Täter nicht vorhergesehenen Erfolgs in den Unrechtsbegriff laufe auf eine unzulässige Zufallshaftung hinaus. Das Unrecht der Tat könne sich allein nach dem Handlungsunwert (Handlungsunrecht) bestimmen.
12 Kaufmann selbst hat seine Position später deutlich relativiert – so bereits in dem 1967 veröffentlichten Aufsatz „Dogmatische und kriminalpolitische Aspekte des Schuldgedankens im Strafrecht“, der in der 1976 erschienenen zweiten Auflage des „Schuldprinzips“ abgedruckt ist (S. 263 ff.). 13 Arthur Kaufmann, Schuldprinzip, S. 174 ff. 14 Protagonisten: Armin Kaufmann, Sancinetti, Zielinski.
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Unter diesem Gesichtspunkt erscheinen die geläufigen, im Strafgesetz vorgezeichneten strafrechtlichen Verantwortungsstrukturen vor allem in zwei Punkten problematisch. Zum einen ist von diesem Ansatz aus nicht zu begründen, dass der beendete Versuch gegenüber der Vollendung des Delikts privilegiert wird, wie es beispielsweise im deutschen Strafrecht durch die Statuierung einer fakultativen Strafmilderung bei der Versuchsstrafbarkeit geschieht (§ 23 Abs. 2 StGB). Ob der beendete Versuch zum Erfolg führe, hänge vom Zufall ab und dürfe deshalb für die Strafbarkeit des Täters keine Rolle spielen.15 Zum andern widerspricht nach der monistisch-subjektiven Unrechtslehre die Haftungsstruktur des fahrlässigen Erfolgsdelikts dem Prinzip, dass allein der Handlungsunwert das Unrecht der Tat konstituieren könne. Ob die fehlerhafte Handlung (das sorgfaltswidrige und gefahrträchtige Verhalten) zu einer Verletzung (einem „Erfolg“) führe, sei wiederum eine Frage des Zufalls. Erwogen wird deshalb, die fahrlässigen Erfolgsdelikte durch Gefährdungsdelikte zu ersetzen.16 Wenn die Vertreter der monistisch-subjektiven Unrechtslehre gleichwohl die Strafbarkeitsrelevanz des Erfolgs im Ergebnis akzeptieren, so geschieht das aus Gründen der Pragmatik des Strafens, nicht der Strafgerechtigkeit. Der Erfolg wird deshalb dogmatisch nicht als Element des Unrechts, sondern als objektive Bedingung der Strafbarkeit qualifiziert.17 Von Vertretern der Auffassung, die den Erfolgsunwert neben dem Handlungsunwert als Element des strafrechtlichen Unrechts anerkennt, wird bestritten, dass es sich bei der Verantwortlichkeit für einen fahrlässig herbeigeführten Erfolg um eine Zufallshaftung handele. Denn verantwortlich sei der Täter nur für einen Erfolg, der aus einem riskanten Verhalten resultiere. Der Erfolg sei „kein Zufall, sondern das Werk des Täters, wenn seine Verwirklichung im Einklang mit den Regeln der objektiven Zurechnung steht.“18 Dieser Satz ist nicht analytisch zu verstehen; denn die Argumentation wäre zirkulär, wenn man einen Zufall definitorisch ausschließen würde, soweit der Täter nach den Regeln der objektiven Zurechnung für den Erfolg verantwortlich ist. Sie hätte dann die Struktur: Es liege kein Zufall vor, wenn das Geschehen dem Täter objektiv zurechenbar sei; folglich verstoße die Zurechnung nicht gegen ein Verbot, dem Täter ein zufälliges Geschehen zuzurechnen. Vielmehr geht es um den oben angesprochenen Gesichtspunkt, ob der Erfolg aus einem gefahrspezifischen Verhalten des Täters resultiert. Exemplarisch: wenn ein Autofahrer Regeln missachtet, die dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer dienen (z. B. hinsichtlich der zulässigen Höchstgeschwindigkeit), dann kann er sich nicht über eine ungerechte „Zufallshaf-
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Armin Kaufmann, Lehre, S. 161. Sancinetti, Dogmatik, S. 134, 136, der diesen Gedanken in Hinblick auf die Gefahr einer Überkriminalisierung aber letztlich verwirft. Im gleichen Sinne schon Radbruch, S. 150. 17 Exemplarisch: Zielinski, S. 128 ff., 204 ff. 18 Roxin, Unrecht, S. 938. 16
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tung“ beschweren, wenn er strafrechtlich für die Verletzung eines Passanten verantwortlich gemacht wird, in der sich die von ihm geschaffene Gefahr realisiert. Man wird hier allerdings differenzieren müssen. Denn so richtig es ist, dass es sich bei der von dem Passanten erlittenen Verletzung insofern für den Täter nicht um einen Zufall handelt, als er durch sein fehlerhaftes Verhalten gerade die Gefahr einer solchen Verletzung geschaffen hat: Das Geschehen weist insofern eine Zufallskomponente auf, als das fehlerhafte Verhalten des Täters selbstverständlich ohne eine entsprechende Folge bleiben konnte. Ob der eine oder der andere Gesichtspunkt in den Vordergrund tritt, hängt davon ab, mit welcher alternativen Konstellation man den tatsächlichen Geschehensablauf vergleicht: Erste Alternative: Der Fahrer hat sich vollkommen korrekt verhalten; die Verletzung des Passanten resultiert daraus, dass dieser plötzlich gestolpert und so unter die Räder des nicht mehr abzubremsenden Fahrzeugs geraten ist. Hier wäre eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Täters eine reine Zufallshaftung (auf die Frage, ob zivilrechtlich hier die Konstellation einer „Gefährdungshaftung“ vorliegen könnte, kommt es nicht an). In der Gegenüberstellung zu dieser Konstellation lässt sich begründen, dass es bei der Verantwortlichkeit eines zu schnell fahrenden Autofahrers nicht um eine Zufallshaftung geht. Vergleicht man das reale Geschehen dagegen (zweite Alternative) mit dem Fall, dass es – bei ceteris paribus gleicher Verkehrslage und identischem Verhalten des Fahrers – nicht zu einer Kollision mit einem Passanten kommt, dann wird das Zufallselement, das in jeder Fahrlässigkeitshaftung steckt, deutlich sichtbar. Zu einem Gerechtigkeitsproblem wird dieses Zufallsmoment dann, wenn wir nicht dasselbe Verhalten eines Fahrers in verschiedenen Situationen, sondern die parallelen Verhaltensweisen zweier verschiedener Fahrer vergleichen. Nehmen wir an, dass A und B (unabhängig voneinander) mit derselben überhöhten Geschwindigkeit auf derselben Strecke, aber in unterschiedlichen Fahrtrichtungen unterwegs sind, und dass beide infolge der überhöhten Geschwindigkeit an einem Fußgängerüberweg nicht rechtzeitig bremsen können. Der Wagen des A erfasst einen Fußgänger, der die Straße auf dem Überweg überqueren will, und verletzt diesen tödlich. B hat das Glück, dass auf der Seite seiner Fahrspur kein Passant zum Überqueren des Überwegs ansetzt. Die Frage, ob es gerecht ist, dass nur einer von beiden wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) bestraft werden wird, hat zwei Aspekte. Der erste: Ist es gerecht, dass B (hinsichtlich § 222 StGB) straflos bleibt, während A, der seine Sorgfaltspflichten nicht in höherem Maße verletzt hat als B, wegen fahrlässiger Tötung bestraft wird? Der zweite: ist es gerecht, dass A nach § 222 StGB bestraft wird, während B, der seine Sorgfaltspflichten in gleicher Weise verletzt hat, insoweit straflos bleibt? Hat also B unverdientes Glück, oder A unverdientes Pech? Teilweise wird hier über den Kreis der „klassischen“ Vertreter eines monistischsubjektiven Unrechtsbegriffs hinaus die Auffassung verfochten, dass man in der Tat die Frage stellen könne, „ob bei zufällig glücklichem Ausgang der Verhaltensnormbrüchige nicht eigentlich genauso bestraft werden müsste wie beim Eintritt tatbe-
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standsmäßiger Verhaltensfolgen.“19 Ob sich dem entgegnen ließe, dass dem Täter das Ausbleiben des Erfolgs zugutekommen müsse, erscheint zweifelhaft. Im vergleichbaren Kontext des Ausbleibens des Erfolgs beim beendeten Versuch wendet sich Sancinetti20 gegen die Auffassung, dass „der Zufall (bzw. Glück und Unglück) nicht zu Lasten des Täters berücksichtigt werden darf, wohl aber zu seinen Gunsten berücksichtigt werden muss“.21 Indes: selbst wenn unter Gesichtspunkten einer strikten Strafgerechtigkeit die Straflosigkeit des Glücklichen nicht eher tolerabel sein sollte als die Strafbarkeit des Unglücklichen: unter rechtsstaatlichen Aspekten gilt anderes. Insofern bleibt die Bestrafung des A in unserem Beispielsfall problematisch. Auch wenn sich argumentieren lässt, dass A eine unerlaubte Gefahr geschaffen hat und sich seine Verantwortlichkeit für die Verletzung, in der sich diese Gefahr realisiert, insofern nicht als Zufallshaftung darstellt (dazu oben): Es bleibt der mögliche Einwand der Ungleichbehandlung. Denn B hat genau die gleiche Gefahr geschaffen, und B bleibt (hinsichtlich § 222 StGB) straflos. Dass dieser Einwand auch dadurch ausgeräumt werden könnte, dass die Rechtsordnung den B in gleicher Weise strafrechtlich zur Verantwortung ziehen würde, die Beseitigung einer möglichen gleichheitswidrigen Ungleichbehandlung dem A also nicht zwangsläufig zugutekommen würde, spielt keine Rolle.22 Denn de lege lata bleibt zu begründen, dass die Strafbarkeit sich bei identischem Handlungsunrecht an dem Eintritt/Nichteintritt des Erfolgs entscheiden soll. Ob diese Begründung zu leisten ist, kann nur unter Rückgriff auf Institution und Funktion der staatlichen Strafe entschieden werden (dazu unter III.). 2. Verhaltensnorm und Sanktionsnorm Das zweite gewichtige Argument der monistisch-subjektiven Unrechtslehre stützt sich auf normtheoretische Erwägungen. Das Recht könne, so die Argumentation, keine Erfolge, sondern lediglich Handlungen verbieten.23 Das ist jedenfalls in dem Sinne richtig, dass ein von der Handlung isolierter Erfolgseintritt nicht Gegenstand eines rechtlichen (oder auch außerrechtlichen) Verbots sein kann. Es spricht aber nichts dagegen, in die Typisierung der verbotenen Handlung die Verletzung, auf deren Verhinderung die Verbotsnorm zielt, zu integrieren. Das Verbot: „Du sollst 19 So Freund/Rostalski, § 2 Rn. 61, die aber selbst sogleich Zweifel an der Sachgerechtigkeit einer entsprechenden Regelung anmelden. 20 Sancinetti, Dolus, S. 363. 21 Gropp, auf dessen Argumentation zu den Dolus-generalis-Fällen (AT, 1. Aufl. 1998, § 5 Rn. 76) sich Sancinetti hier bezieht, hat seine Auffassung zu dieser Fallkonstellation in der nachfolgenden Auflage geändert (Gropp, AT, 2. Aufl. 2001, § 5 Rn. 73a m. Fn. 17). Wiederum anders Gropp, AT, 4. Aufl. 2015, § 4 Rn. 135. 22 Zur Frage, ob das Gleichheitsprinzip einen Anspruch auf Schlechterstellung eines anderen begründen kann, unter straftheoretischen Gesichtspunkten Neumann, Dimensionen, S. 128 ff. (in Anschluss an Überlegungen im verfassungsrechtlichen Schrifttum). 23 Exemplarisch Zielinski, S. 137.
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nicht töten!“ ist verletzt, wenn jemand in zurechenbarer Weise den Tod eines anderen verursacht hat. Die Herbeiführung des Todes ist ein Element der Handlung, die wir als das „Töten“ eines Menschen bezeichnen. Im Übrigen erscheint es keineswegs zwingend, das Unrecht der Tat allein auf die Verletzung der Verhaltensnorm zu stützen. Auch wenn man von Modellen absieht, die die strafrechtliche Verantwortlichkeit generell ohne Rückgriff auf eine Verhaltensnorm begründen wollen:24 Im Streit um die Unrechtsrelevanz des Erfolgsunwerts hat die normtheoretische Argumentation insofern die Struktur einer petitio principii, als sie das Unrecht der Tat von vornherein durch den möglichen Verbotsbereich der Verhaltensnorm begrenzen will. Ob unrechtsrelevante Elemente nicht auch außerhalb dieses Verbotsbereichs liegen können, ist aber gerade die Frage.
IV. Straftheoretische Basis Ob und inwieweit eine strafrechtliche Haftung für „Zufall“ gerechtfertigt ist, lässt sich nicht im luftleeren Raum, sondern nur auf der Grundlage eines Modells der Institution und der Funktion staatlicher Strafe entscheiden. Denn es geht um (irdische) Strafgerechtigkeit, die nicht als absolute, sondern nur als institutionell gebundene Gerechtigkeit verstanden werden kann. Die Alternativen, die sich hier eröffnen, werden durch die Koordinaten der deontologischen Straftheorien einerseits, der konsequenzialistischen Theorien andererseits bestimmt. Vorab sind aber die Grenzen strafrechtlicher Verantwortlichkeit zu skizzieren, die sich aus der Institution der Strafe ergeben und die damit für jede der unterschiedlichen Straftheorien verbindlich sind. 1. Die Institution der Strafe Strafe ist begrifflich eine Interessenverletzung (ein „Übel“), die einer Person wegen eines missbilligten Verhaltens von einer dazu ermächtigten Instanz zugefügt wird.25 Das retributive Element, das nach den deontologischen („absoluten“) Theorien den Zweck der Strafe bestimmt, ist also bereits ein Konstituens der Institution der Strafe und liegt damit der Entscheidung zwischen den unterschiedlichen Straftheorien voraus. Für konstitutive Elemente sozialer Institutionen gilt, dass sie die Institution nicht nur definieren, sondern auch elementare Regeln einer gerechten Ausgestaltung der entsprechenden institutionellen Praxis festlegen. So wäre bei der Entscheidung über die Vergabe eines Literaturpreises die Berücksichtigung der Physiognomie der Kandidatinnen und Kandidaten ein Akt der Ungerechtigkeit; im Kontext eines Schönheitswettbewerbs gilt etwas anderes.
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So etwa Hoyer, passim. Dazu und zum Folgenden schon Neumann, Institution, S. 438 ff.
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Die Strafe als beeinträchtigende Reaktion auf ein missbilligtes Verhalten muss per definitionem an ein für fehlerhaft erklärtes Verhalten anschließen. Eine reine Zufallshaftung im Sinne einer Verantwortlichkeit für einen Schaden, der nicht auf ein missbilligtes Verhalten des zu Bestrafenden zurückgeführt werden kann, wäre mit der institutionellen Struktur der Strafe nicht vereinbar und deshalb offensichtlich ungerecht. Damit sind aber zunächst nur die äußersten Pfosten eingeschlagen. Wo genau die Grenzen verlaufen, die einer strafrechtlichen Zufallshaftung gezogen sind, entscheidet sich im Bereich des Verbrechensbegriffs und der Straftheorien. Hier geht es einerseits um die Interpretation der Straftat, andererseits um den Zweck der Strafsanktion. In beiden Punkten muss ich mich im Folgenden auf besonders prägnante Positionen und Alternativen beschränken. 2. Die Straftat: Rechtsguts- oder Normverletzung? a) Die Straftat als Rechtsgutsverletzung Bestimmt man das Verbrechen materialiter als Verletzung eines Rechtsguts, dann erscheint es folgerichtig, das Unrecht der Tat auch über den Erfolgsunwert zu definieren. Das gilt jedenfalls dann, wenn man das Rechtsgut mit der personalen Rechtsgutslehre als (rechtlich geschütztes) Interesse versteht.26 Denn die Frage, in welchem Maße dieses Interesse jeweils verletzt ist, hängt von den tatsächlich resultierenden Folgen, nicht lediglich von den vom Täter intendierten ab. Das bedeutet natürlich nicht, dass dem Täter jede Verletzung, die durch seine Handlung verursacht wird, strafrechtlich zuzurechnen wäre. Welche Tatfolgen zurechenbar sind und welche nicht, entscheiden auf der Ebene der Tatbestandsmäßigkeit die Regeln der objektiven, auf der Ebene der Schuld die der subjektiven Zurechnung. Grundsätzlich aber ist es im Rahmen eines Ansatzes, der das Verbrechen als Verletzung eines Rechtsguts definiert, konsequent, dem Täter auch zufällige Folgen seiner Handlung als Unrecht zuzurechnen. b) Die Straftat als Normverletzung Komplementär ist es auf der Grundlage eines Modells, das die Straftat als Normverletzung versteht, jedenfalls prima facie naheliegend, das Unrecht mit dem Handlungsunrecht gleichzusetzen und auf die Einbeziehung des Erfolgsunwerts zu verzichten. Die oben skizzierte normtheoretische Argumentation der Vertreter eines monistisch-subjektiven Unrechtsbegriffs könnte im Rahmen eines Ansatzes, der die Straftat nicht als Beeinträchtigung von Rechtsgütern, sondern als Desavouierung gesellschaftlicher Normen interpretiert (Jakobs), erhebliches Gewicht erhalten.
26 Näher Hassemer/Neumann, in: Nomos-Kommentar zum StGB, 5. Aufl. 2017, Vor § 1 Rn. 131 ff.
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Sancinetti betrachtet es deshalb als Inkonsequenz des Strafrechtssystems von Günther Jakobs, dass hier die „Rechtsgutsverletzung“ durch die „Desavouierung der Norm“ ersetzt wird, zugleich aber „eine tatsächliche Verletzung eines Rechtsgutsobjekts zur Voraussetzung für vollendetes Unrecht gemacht wird“.27 Jakobs selbst legt diesen Einwand nahe, wenn er konstatiert, das „Nichtanerkennen der Normgeltung kann perfekt sein, ohne dass ein äußerer Deliktserfolg eintritt“;28 bei einem „Versuch, der nicht zur Vollendung führt“, handele es sich „nicht etwa um das missglückte Unternehmen, eine Norm zu brechen, sondern um einen perfekten Normbruch“.29 Der scheinbare Widerspruch entspannt sich, wenn man zwischen der normlogischen Dimension des Normbruchs einerseits, der gesellschaftstheoretischen Dimension andererseits unterscheidet.30 Die Lösung liegt damit nicht im Modell der Straftat als Normverletzung, sondern in der Straftheorie als Theorie der sozialen Funktion der Strafe (dazu nachstehend). 3. Straftheorien In welchem Maße straftheoretische Modelle die Vorstellung der „gerechten“ strafrechtlichen Reaktion bestimmen, wird an dem berühmten Diktum Franz von Liszts deutlich, die gerechte Strafe sei nichts anderes als die zur optimalen Einwirkung auf den Täter erforderliche Strafe.31 Das ist nach dem, was oben zu dem Zusammenhang zwischen der „Logik der Institution“ und der Gerechtigkeit der institutionellen Praxis festgestellt wurde, im Rahmen eines auf Spezialprävention fokussierten Strafmodells konsequent. Dieser Zusammenhang gilt nicht nur für die Frage der gerechten Bemessung der Strafsanktion (worauf das Diktum von v. Liszt zielt), sondern auch für die Regeln einer gerechten Zurechnung. a) Deontologische Ansätze Betrachtet man die Strafe im Sinn der deontologischen („absoluten“) Theorien als intrinsisch angemessene Reaktion auf ein missbilligtes Verhalten, so ist es folgerichtig, bei der Bestimmung des Unrechts die nicht intendierten Folgen auszublenden. Das gilt für vergeltungs- wie für sühnetheoretische Ansätze in gleicher Weise. Sowohl Vergeltung als auch Sühne beziehen sich maßgeblich auf das „Böse“ als ein Internum, das sich in einer Handlung des Täters manifestiert hat. Für einen nicht intendierten Erfolg zu „sühnen“, ergibt begrifflich (weil institutionell) ebenso wenig einen Sinn wie eine Vergeltung für einen solchen Erfolg. Aus der Sicht deontologischer Straftheorien muss jede Zufallshaftung (Erfolgshaftung) als Ungerechtigkeit erscheinen. 27
Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 19. Ihm zustimmend Roxin, Unrecht, S. 940. Jakobs, Handlungsbegriff, S. 598. 29 Jakobs, System, S. 70. 30 Zu dieser Unterscheidung auch Ast, S. 207 ff. 31 v. Liszt, S. 161.
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b) Opferorientierte Straftheorien Auf der anderen Seite kommt dem Erfolg der Tat eine wesentliche Rolle bei der Bestimmung des Unrechts zu, wenn man der Strafe die Funktion zuweist, dem Opfer der Tat die Verarbeitung der ihm zugefügten Verletzungen zu ermöglichen bzw. zu erleichtern.32 Nach diesem Ansatz ist das Unrecht der Tat ein „Unrecht gegenüber den Tatverletzten“;33 dann aber ist es konsequent, bei der Bestimmung dieses Unrechts die Folgen zu berücksichtigen, die sich für das Opfer tatsächlich ergeben haben. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass gerade unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung des Opfers vorsätzlich verübten Verletzungen ein besonderes Gewicht zukommt. – Auch hier sind, wie oben (IV.2.a]) zur Rechtsgutstheorie dargestellt, die Grenzen zu berücksichtigen, die aus den Voraussetzungen der objektiven und subjektiven Zurechenbarkeit resultieren. c) Strafe als Normstabilisierung Es bleibt die oben zurückgestellte Frage, ob im Rahmen des Modells, das die Straftat als Desavouierung einer strafrechtlich sanktionierten gesellschaftlichen Norm versteht, das Unrecht nicht auf den Handlungsunwert beschränkt werden müsste. Die Lösung dürfte hier, wie oben angedeutet, in der Unterscheidung zwischen der normtheoretischen und der gesellschaftstheoretischen Dimension liegen. Wenn der Strafe die Funktion zuerkannt wird, die Destabilisierung von Normen durch Straftaten zu kompensieren, dann ist es folgerichtig, das Unrecht der Tat nach dem Maßstab der resultierenden Erschütterung der Sozialnorm zu bestimmen. Es dürfte aber nicht zu bestreiten sein, dass der rechtserschütternde Eindruck einer vollendeten Tat tendenziell größer ist als der eines nur versuchten Delikts. Jakobs bringt das auf die Formel, die vollendete Tat habe – im Vergleich zu der nur versuchten – „mehr Signifikanz“.34 Letzteres ist hier keine normtheoretische, sondern eine soziologische bzw. sozialpsychologische Kategorie. Der Einwand, es sei „schon der Handlungsunwert … eine Objektivierung, die als komplettes Unrecht gelten könnte, wenn dies nur als Normbruch existierte“35, ist normtheoretisch überzeugend, scheint mir aber dieses Stufenverhältnis in der gesellschaftlichen Wahrnehmung der vollendeten Tat einerseits, der nur versuchten andererseits („Signifikanz“) zu vernachlässigen.
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Hörnle, Rolle, S. 950 ff. Hörnle, Kriminalstrafe, S. 54 Fn. 130. 34 Jakobs, Strafrecht, 6. Abschnitt Rn. 73. 35 Roxin, Unrecht, S. 941. 33
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V. Begrenzung der Zufallshaftung auf der Ebene der Schuld Die Schuld ist nach der eingangs dargelegten Auffassung kein (psychischer oder metaphysischer) Sachverhalt, sondern das Ergebnis einer Zuschreibung. Mit dem Schuldurteil werden dem Täter die Tat und ihre (objektiv zurechenbaren) Folgen auch subjektiv zugerechnet. Das geschieht, selbstredend, nicht willkürlich, sondern in Bindung an die Regeln des geltenden Rechts und der Strafrechtsdogmatik. Diese Regeln sind ihrerseits den Prinzipien einer gerechten Zurechnung verpflichtet. Die Probleme, die sich hier ergeben, resultieren weniger aus der Offenheit des Maßstabs der „gerechten“ Zurechnung (in der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Täter für seine Tat „gerechter Weise“ verantwortlich gemacht werden kann, besteht weithin Übereinstimmung), als aus der Mehrdimensionalität der Kriterien: Gesetz, Dogmatik und Gerechtigkeit können in der Frage der subjektiven Verantwortlichkeit in unterschiedliche Richtungen weisen. Marcelo Sancinetti entscheidet den Konflikt zwischen Gerechtigkeit und Dogmatik am Beispiel der Problematik des „dolus generalis“ zugunsten der Dogmatik.36 Richtig sei hier die „Versuchslösung“ – zwar ungerecht (weil der Zufall über den strafrechtlichen Vorwurf entscheidet), aber dogmatisch zwingend. Ich halte das grundsätzlich für die richtige Rangordnung, zumal aus meiner Sicht die Regeln der Dogmatik die Funktion haben, die Bindung an das Gesetz zu vermitteln. Allerdings muss die Dogmatik eine doppelte Gefahr vermeiden: die einer an der Gerechtigkeit orientierten „Verbiegung“ ihrer Regeln einerseits, die einer sachlich nicht gerechten Einengung des gesetzgeberischen Spielraums andererseits. Das sei, notwendigerweise stichwortartig, an der Diskussion zum Problem der „actio libera in causa“ in der deutschsprachigen Strafrechtswissenschaft aufgezeigt. Das deutsche Strafgesetzbuch sieht in der Bestimmung über die Schuldfähigkeit (§ 20 StGB) bekanntlich keine Einschränkung für die Fälle vor, in denen der Täter seine Schuldunfähigkeit mit der Absicht herbeigeführt hat, in diesem Zustand eine Straftat zu begehen. Die herrschende Meinung in der deutschen Strafrechtsdogmatik korrigiert im Ergebnis das Gesetz, indem sie bereits das Sich-Berauschen als tatbestandsmäßige Handlung, beispielsweise als nach § 212 StGB tatbestandsmäßige Tötungshandlung, qualifiziert. Das führt zu einer Vielzahl von Ungereimtheiten, die wiederholt analysiert und kritisiert worden sind.37 Ganz offensichtlich missachtet die Strafrechtsdogmatik hier das Gesetz, um Forderungen der „Sachgerechtigkeit“ zu bedienen. Auf der anderen Seite wendet sich die überwiegende Auffassung in der deutschen Strafrechtswissenschaft gegen eine sachgerechte gesetzliche Lösung (wie sie sich in zahlreichen anderen Staaten findet), indem sie sich auf das Prinzip der Koinzidenz von Tat und Schuld beruft. Eine der tatbestandsmäßigen Handlung vorausliegende 36
Sancinetti, Dolus, S. 364. Exemplarisch: Paeffgen, in: Nomos-Kommentar zum StGB, 5. Aufl. 2017, Vor § 323 a Rn. 5 ff. 37
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Absicht, im Zustand der Schuldunfähigkeit eine Straftat zu begehen, könne dem Täter die Berufung auf die Schuldunfähigkeit nicht abschneiden. Verwiesen wird auf das Prinzip der notwendigen zeitlichen Koinzidenz von Tat und Schuld.38 Aber darin liegt ein Missverständnis. Die Schuld als subjektive Vorwerfbarkeit hat keine zeitliche Existenz; schon deshalb kann sie nicht einem Koinzidenzprinzip unterstellt werden. Eine zeitliche Existenz hat die Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit, die de lege lata „bei Begehung der Tat“ vorliegen muss (§ 20 StGB). Ob dem Täter das Fehlen dieser Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Tatbegehung aber auch dann zugute kommen soll, wenn er es in böser Absicht herbeigeführt hat, ist eine normative Frage, die der Gesetzgeber unter Berücksichtigung des Prinzips gerechter Zurechnung zu entscheiden hat. Verneint er diese Frage, dann ist damit entschieden (!), dass der Täter in diesem Fall – trotz fehlender Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt – schuldhaft gehandelt hat. Schuld ist, nochmals gesagt, kein ontologisch vorgegebener Sachverhalt, sondern eine Zuschreibung, deren Berechtigung anhand normativer Kriterien (Gerechtigkeit, Fairness) zu beurteilen ist.39
Literatur Ast, Stephan: Konvergenzen, Divergenzen und Diskussionen zwischen Günther Jakobs und Armin Kaufmann, in: Urs Kindhäuser et al. (Hrsg.), Strafrecht und Gesellschaft, Tübingen 2019, S. 195 – 215. Burghardt, Boris: Zufall und Kontrolle. Eine Untersuchung zu den Grundlagen der moralphilosophischen und strafrechtlichen Zurechnung, Tübingen 2018. Freund, Georg/Rostalski, Frauke: Strafrecht Allgemeiner Teil, 3. Aufl., Berlin/Heidelberg 2019. Gropp, Walter: Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Aufl., Berlin/Heidelberg 2015. Hörnle, Tatjana: Die Rolle des Opfers in der Straftheorie und im materiellen Strafrecht, JZ 2006, S. 950 – 958. 38
Darstellung und Kritik bei Neumann, Konstruktion, S. 591 ff. Es ist deshalb auch nicht ganz genau, wenn meine eigene Position zu dieser Frage mit der Formulierung wiedergegeben wird, die Zurechnung in den Fällen der actio libera in causa lasse sich „widerspruchsfrei nur durch die Anerkennung des Satzes begründen, dass sich auf den Mangel der Schuld (Hervorhebung von mir, U.N.) im Tatzeitpunkt nicht berufen könne, wer ihr Fehlen durch früheres Verhalten selbst verschuldet habe“ (so Roxin, Strafrecht, § 19 Rn. 63 unter Verweis auf meine Schrift „Zurechnung und Vorverschulden“ [1985]). Es geht in dem von mir konturierten Modell aber nicht darum, dass sich der Täter nicht auf den „Mangel der Schuld“ berufen könnte. Es geht vielmehr darum, dass sich auf das Fehlen der Einsichtsbzw. Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt nicht berufen kann, wer seine Einsichts- und Steuerungsunfähigkeit in (qualifiziert) böser Absicht herbeigeführt hat. Wenn man dieses Modell zugrunde legt, dann wird die Tat dem Täter als schuldhaft begangen zugerechnet, obwohl er zum Tatzeitpunkt nicht einsichts- bzw. steuerungsfähig war. 39
Zufall, Gerechtigkeit und strafrechtliche Zurechnung
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Sind Pflichten eines anderen zu erfüllen?* Von Guillermo Orce
I. Einführung Ein zentraler Begriff in dem Werk vom Professor Sancinetti ist der vom personalen Unrecht.1 Kurz ausgedrückt bedeutet er, dass sich niemand dafür verantworten muss, was jenseits seiner Kontrolle oder seines Herrschaftsbereiches liegt, aber auch, dass sich niemand für nichts weniger verantworten muss. Sich für nichts weniger als das personale Unrecht zu verantworten, bedeutet, dass es keine anderen notwendigen Bedingungen der Verantwortung geben soll, wenn jemand etwas getan hat, was seiner Kontrolle unterliegt. Mit dieser Idee der Verantwortung für die Kontrolle hat Sancinetti die Beteiligung als nicht akzessorisch begründen müssen. Wenn man sich für die eigene Tat verantworten muss, und das ausreichend sein soll, kann sich die Verantwortung eines Beteiligten für seinen Beitrag vor dem Beginn der Tatausfürung des Täters nicht ändern, auch wenn der Täter sich hinterher dafür entscheidet, die Tat nicht auszuführen oder seinen Plan aufzugeben. Dieser Gesichtspunkt scheint notwendig mit einem Beteiligungsbegriff verbunden, der eher mit der des Teilnehmers eigenen Tat der Beteiligung an einem fremden Unrecht als mit der Idee der Verwirklichung einer einzelnen – im Tatbestand beschriebenen – Tat zu tun hat, die auch von dem Beteiligten eigenhändig, aber im Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung vollzogen wurde2. Ich werde in der hiesigen Schrift vertreten, dass bei den negativen Pflichtdelikten die Unterscheidung dieser beiden Wege, die Beteiligung zu beschreiben, weniger bedeutend ist, als es auf den ersten Blick erscheinen könnte: Auch ein Modell der Beteiligung als eigene, aber fremdhändige Verwirklichung eines Tatbestandes vermag unabhängig von dem Handeln eines anderen Verantwortung zuzuschreiben, ohne diese begriffliche Auffassung der Beteiligung zu erschüttern (infra II.). Ich werde zudem vertreten – auch wenn es gegen die eigene Natur der Verletzung positiver Pflichten zu sprechen scheinen könnte –, dass beide genannten Formen, die *In bescheidenem Dank an Professor Sancinetti für die langjährige juristische Ausbildung. Ich danke Herrn Dr. Luis C. Rey-Sanfiz für seine Mitarbeit bei der Erarbeitung der deutschen Fassung dieses Aufsatzes. 1 Sancinetti, Teoría del Delito. 2 Jakobs, System, S. 77.
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Beteiligung zu begreifen, in diesem Bereich mehr begriffliche Erklärungskraft haben. Insbesondere bei den Pflichtdelikten scheint die Fremdheit des Beitrages desjenigen, der sich an der Tat des nach der jeweiligen Institution besonders Verpflichteten beteiligt, zur Rollentrennung zu gehören. Nicht von ungefähr nennt man ihn extraneus; eine direkte Verletzung der Pflicht eines besonders Verpflichteten liegt im Prinzip außerhalb des Handlungsfelds desjenigen, an den sich die Pflicht nicht richtet. Die fremdhändige Verwirklichung des Tatbestandes muss prinzipiell ausgeschlossen werden, da eine solche Tatbestandsverwirklichung nicht vorgesehen ist (infra III.). Jedenfalls sind nicht alle positiven Pflichten gleich. Die Zugehörigkeit zu einem normativ bestimmten Kollektiv bringt Verantwortung hervor (infra III.2.).
II. Beteiligung bei der Verletzung negativer Pflichten – Irrelevanz der unterschiedlichen Teilnahmebegriffe Jemand liefert einer anderen Person eine Waffe, damit diese am folgenden Tag das Opfer tötet. Bei negativen Pflichtdelikten3 kann man die Beteiligung in Form der Beihilfe in Bezug auf die Distanzierung vom Haupttäter auf zwei Arten berücksichtigen. So kann man erstens den Beihilfebeitrag als Eigentat der Mitwirkung an einer Fremdtat verstehen. Mit dieser Beschreibung4 fällt es analytisch nicht schwer, den Vorwurf in Bezug auf den Beitrag zur Verwirklichung der Haupttat zu verselbständigen, auch wenn das Bezugsobjekt der beigetragenen Hilfe die nachfolgend begangene Tat ist (im genannten Beispiel, das Opfer mit der Waffe zu töten). Diejenigen, welche die Beteiligung so begreifen, neigen dazu, den Vorwurf an den Teilnehmer unabhängig von dem, was nach dem Beitrag geschieht, zu verselbstständigen.5 So meint Yeager zum Beispiel, dass die Beteiligung nicht ein Tun sei, weil die Beteiligung bezüglich des letzten von dem Täter vollzogenen Schadens nicht analytisch, sondern synthetisch sei.6 Das heibt, dass der Beitrag der Teilnehmer bei den konkreten Umständen nur bezüglich der Verwirklichung der schädlichen Tat notwendig sein soll, nicht aber auch analytisch für die Typen von Taten, die schädlich sind und zu denen er gehört. Demzufolge soll die Hilfe bei der Tat nicht das gleiche wie das Tun selbst sein, so dass nach diesen grammatikalischen Grenzen die Begehung einer Tat nicht anstrebt, wer dabei hilft. Das bringt es mit sich, dass die Teilnahme nicht eigentlich Teil eines Verletzungsdelikts ist, sondern sie vielmehr einem vollendeten Gefährdungsdelikt nahesteht.7 3
Jakobs, System, S. 25 ff. Sancinetti, El ilícito, passim. 5 Jedoch gehen nicht alle so vor. Das zeigt, dass es keine notwendige Beziehung zwischen dieser Ansicht und den daraus gezogenen Konsequenzen gibt. 6 Yeager, Helping, S. 31, insbesondere Fn. 49; Yeager, Dangerous, S. 9. 7 Yeager, Helping, S. 32. 4
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French lehnt expliziter die Abhängigkeit des moralischen Urteils über den Teilnehmer von dem nachfolgenden Handeln des Täters ab und argumentiert auf der Basis von Kontrolle und moralischem Zufall. Die Abhängigkeit erscheint ihm „ungeheurlich“.8 Auch wenn die Beteiligung nach French eine Form der retrospektiven Reinterpretation der Beteiligungshandlung impliziert, je nach dem was der Täter mit diesem Beitrag im Anschluss tut oder aber nicht tut, beeinflusst die nachfolgende Tat nicht notwendig das moralische Urteil über den Beitrag. Was nach der Hand des Täters hinterher geschieht, vermöge daher nicht, dem Teilnehmer eine Verantwortung ex post facto aufzubürden.9 Auf einem anderen begrifflichen Standpunkt steht Jakobs, nach dem es kein anderes Unrecht als dasjenige gibt, welches mit dem Ansetzen zur Verwirklichung der im Tatbestand beschriebenen Tat beginnt. Die Beiträge, die im Vorfeld stattfinden, machen kein selbständiges Delikt aus, denn sie verwirklichen keinen Tatbestand.10 Der Gehilfe verwirklicht dann fremhändig das Unrecht (dasselbe Unrecht des Täters), so dass es bei der Beihilfe nicht um ein selbständiges, gegenüber dem des Täters fremdes Unrecht geht. Akzessorietät macht infolgedessen einfach nur eine Zurechnungsregel aus. Trotzdem sind all die genannten begrifflichen Unterscheidungen für die Antwort auf die Frage gleichgültig, ob die Strafbarkeit des Beteiligten losgelöst vom Ansetzen zur Tatverwirklichung des Haupttäters erfolgen soll. Das zeigt sich darin, dass die Vertreter der jeweiligen Ansätze sich nicht auf eine einzige Antwort auf die Frage nach dem Begriff der Beteiligung einigen. So definiert Kutz zum Beispiel die Verantwortung der Beteiligung als böse, durch fremde Hand begangene Tat.11 Trotzdem ist Kutz ein standhafter Verteidiger der Ansicht, dass die Strafbarkeit des Gehilfen vom Ansetzen zur Verwirklichung der Haupttat unabhängig sein soll. Lepora und Goodin, welche die Beteiligung begrifflich von der Täterschaft unterscheiden (Helfen ist anders als Tun),12 scheinen aber die Verwirklichung der Haupttat als Bedingung für den Vorwurf bzgl. der geleisteten Hilfe zu fordern.13 Bei Jakobs verhält es sich umgekehrt. Der Gehilfe verantwortet sich für die Verwirklichung der einzigen, begrifflich nicht in Helfen und Tun teilbaren Tat (es handelt sich nicht um zweifach verwirklichtes Unrecht). Der Gehilfe handelte fremdhändig; trotzdem bezieht Jakobs sich, wenn er sich mit dem Handeln des Beteiligten auseinandersetzt, auf unterschiedliche Ideen der Unabhängigkeit der Verantwortung des Beteiligten von derjenigen des Täters. So vertritt er beispielsweise, dass der Beitrag
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French, S. 580. French, S. 589. 10 Jakobs, Theorie, S. 10 ff. und passim. 11 Kutz, S. 289. 12 Lepora/Goodin, Kap. 3 und passim. 13 Lepora/Goodin, S. 90. Die Interpretation der Ansicht dieser Autoren ist nicht eindeutig; wie hier, French, S. 586. 9
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des Beteiligten die Gefahr späterer Haftung schaff.14 Noch deutlicher nimmt Jakobs den selbstständigen Charakter von bestimmten Vorverlagerungen in das Vorfeld der Strafbarkeit an, etwa bei § 129, §§ 89a ff. StGB (welche er für legitim hält) und (in anderer Hinsicht) § 30 StGB.15 Jakobs fragt sich zudem, ob ein Verhalten nicht schon definitiv zum Zeitpunkt seiner Verwirklichung zu beurteilen wäre,16 und seine Erklärung bezieht sich darauf, dass vor dem Beginn der Tatverwirklichung des Täters eine Obliegenheitsverletzung vorliegt, die zur Verantwortlichkeit für das Unrecht wird, wenn der Täter zur Tat ansetzt.17 Dieser Gedankenschritt verbirgt nur die Zuschreibung unterschiedlicher Konsequenzen für ein und dasselbe Handeln je nachdem, was danach geschieht. Jakobs erklärt diese Verwandlung der Zurechnung mit einem begrifflichen Verweis darauf, dass sich das Verhalten des Beteiligten ohne weiteres Zutun desselben von der Übertretung einer Obliegenheit zu derjenigen einer Pflicht verwandelt. Jakobs verweist für diese Unterscheidung auf Hruschka.18 Trotzdem gibt dieser Autor die Relativität der Begriffe von Pflicht und Obliegenheit zu.19 Jedenfalls sind die von Hruschka dargebotenen Beispiele der Verletzung von Obliegenheiten (sich in eine Notstandssituation zu versetzen, Vollrausch/Alkoholintoxikation mit der Folge eines Verlustes des Unrechtsbewusstseins, Mangel an Sorgfalt bei Fahrlässigkeit) Handlungen derselben Person,20 die auch hinterher weiter agiert. Das heibt, es handelt sich nicht um Ereignisse, die völlig von der die Obliegenheit verletzenden Person losgelöst sind. Auch wenn die Unterscheidung der Begriffe von Obliegenheit und Pflicht sicher wäre, ist die Verletzung einer Obliegenheit bei der außerordentlichen Zurechnung die notwendige Bedingung einer nachfolgenden Pflichtverletzung. Eine einzige Tat vermag sich aber nicht durch das Handeln eines anderen von einer Obliegenheits- in eine Pflichtverletzung zu verwandeln.21 Jedenfalls hängt die behandelte Frage nicht wirklich davon ab, ob die Beteiligung als Hilfe oder als Verwirklichung der Tat durch fremde Hand begriffen wird. Es gibt nichts Intrinsisches, das nach Jakobs Auffassung dazu verpflichtet, die Regel der Akzessorietät so anzunehmen, wie er sie begreift. Wenn die Teilnahme auch die Verwirklichung des Tatbestandes sein soll, könnte man zumindest, was den Teilnehmer angeht, das Unrecht für vollständig halten, ohne auf die fremde Hand zu warten. 14
Jakobs, System, S. 79. Jakobs, Theorie, S. 14. 16 Jakobs, Theorie, S. 14. 17 Jakobs, System, S. 79. 18 Jakobs, System, S. 70. 19 Hruschka, S. 408. 20 Hruschka, S. 408. 21 So stehen schließlich Obliegenheit und Pflicht in einer konsekutiven Beziehung. Es muss die Identität des Täters bei den verschiedenen Übertretungen weiter erhalten werden und die Verletzung einer Obliegenheit ist notwendige Voraussetzung der Verletzung einer Pflicht, damit eine außerordentliche Zurechnung angebracht ist. 15
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III. Beteiligung bei der Verletzung positiver Pflichten Die positiven Pflichten22 richten sich nicht an alle, sondern an diejenigen, die einen bestimmten institutionellen Status besitzen; an die anderen richtet sich keine Pflicht. Diese Fremdheit kommt in der Bezeichnung des anderen als extraneus zum Ausdruck. Bei negativen Pflichtdelikten kann man sich darüber streiten, ob es sich dabei um die eigene Hilfe bei einem fremden Unrecht oder um eine einzige Tat handelt. Das ist jedoch nicht entscheidend für die Frage, wie der Gehilfe haften soll, wenn der Täter zur Tat ansetzt. Bei den positiven Pflichtdelikten scheint die erste Alternative die Situation besser zu beschreiben. Per definitionem kann der extraneus den Tatbestand nicht verwirklichen, denn dieser richtet eine Pflicht an einen bestimmten, sich in einer spezifischen institutionellen Position befindenden Adressaten. Allenfalls könnte sich der extraneus an einer Tat eines anderen beteiligen, denn der Zugang zur Verwirklichung der Tat ist ihm – per definitionem – untersagt. Der Strafgrund für das Verhalten des hierbei keine institutionelle Rolle besitzenden Gehilfen muss darauf erklären, wie es möglich sein kann, sich an eine Rolle anzuschließen, die man nicht einmal besitzt, wenn von Pflichten die Rede ist, die sich einzig an diejenigen richten, die eine institutionelle Position besitzen. Diese Unmöglichkeit, die Tat als eigene zu begreifen, müsste im Prinzip den Eindruck der totalen Fremdheit der Tat hervorrufen. Derjenige, an den sich die positive Pflicht nicht richtet, kann sich das Unrecht nicht zu eigen machen, denn, soll der Begriff der Rolle (noch) etwas bedeuten, ist eine solche Tat nicht seine Tat.23 In einem anderen Beitrag habe ich die Ansicht vertreten, dass die Vorstellung, dass sich der extraneus an einem Delikt positiver Pflichtverletzung beteiligen kann, falsch ist.24 Hier werde ich versuchen, darzustellen, dass nicht alle Verletzungen von positiven Pflichten denselben Grad der Abkopplung zwischen intranei und extranei aufweisen. In bestimmten Fällen ist eine bestimmte Art von Verantwortung des extraneus möglich. Der Ansicht aber, die Straflosigkeit des extraneus stets auszuschlieben, widerspricht die Beschreibung einer nach Rollentrennung organisierten Gesellschaft. Jakobs argumentierte in diese Richtung zumidest seit der zweiten Auflage seines Lehrbuchs aus dem Jahr 1991. Dort drückt er sich in dem Sinne aus, dass die Meinung (die er als vorstellbar zulässt), den Nicht-Qualifizierten nicht einmal als Gehilfen einzuordnen, nur angemessen sei, wenn die Grenzen der Rollen zugleich Grenzen der Gesellschaft wären, d. h. vergleichbar den Grenzen der denkbar rigidesten Kaste. Trotzdem – so argumentiert er weiter – wäre dies unangemessen, denn die entspre22
Jakobs, System, S. 83 ff. Dies war eine übliche Ansicht im 19. Jahrhundert. Vgl. Köstlin, S. 283; Brackenhoeft, S. 423; für das 20. Jahrhundert, Schmidhäuser, S. 438. 24 Orce, S. 2374. 23
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chenden Institutionen seien für die ganze Gesellschaft unverzichtbar. Demzufolge könne der extraneus mittels des intraneus die Institution desavouieren.25 Damit bleibt aber verborgen, dass der die Erwartungen trennende Begriff der Rolle in seiner intrinsischen Definition so umgewandelt wird, um zu vertreten, dass eine vollständige Unterscheidung zwischen zwei sozialen Rollen nicht möglich ist. Denn das würde mit sich bringen, dass auf einer der zwei Seiten der Unterscheidung nicht Gesellschaft, sondern Natur26 existieren würde und dass der gesellschaftliche Sinn eindeutig ist.27 Das scheint der eigenen Vorstellung davon zu widersprechen, dass es in einer Gesellschaft so unterschiedliche Rollen gibt, dass das, was außerhalb der einen liegt und zur anderen gehört, sich nicht außerhalb der Gesellschaft, sondern einzig außerhalb der jeweiligen Rolle befindet. Das ist beispielsweise beim Regressverbot klar zu sehen. Derjenige, der einen Beitrag gemäß seiner Rolle leistet, nimmt an dem Delikt desjenigen nicht teil, der den Beitrag für illegale Zwecke missbraucht. Der Grund, warum der Beitrag sich aber innerhalb der Rolle bewegt, ist, dass der neutrale Beitrag einen echten sozialen (erlaubten) Sinn innehat.28 Die Unterscheidung erlaubt-unerlaubt stellt sich als nicht angemessen beschrieben heraus, wenn man sagt, dass aus der Perspektive des Unrechts der (erlaubte) Beitrag Natur ist. Der soziale Sinn des neutralen Beitrages wird vielmehr als erlaubter Beitrag konstruiert, weil er Gesellschaft ist, d. h. weil es sich um einen Beitrag innerhalb einer sozialadäquaten Rolle und nicht um reine Natur handelt. Kurz gesagt, wenn die Ausübung von Rollen als die Form, in der sich die Gesellschaft organisiert, eine Funktion erfüllt, muss es Fälle geben, in denen derjenige, der die Rolle nicht innehat, nicht verantwortlich gemacht werden und deswegen nicht reine Natur sein kann. Wiederum: aus der Perspektive desjenigen, der eine Rolle ausübt, stehen diejenigen, die es nicht tun, nicht auberhalb der Gesellschaft, sondern sie sind vielmehr auch Teil derselben. Die Rollentrennung dient dazu, Verantwortungen innerhalb der Gesellschaft zu schaffen, nicht aber dazu, Gesellschaft und Natur zu trennen. Zusammenfassend: bei negativen Pflichten teilen die verschiedenen Rollen die gemeinsame Erwartung der Unschädlichkeit. Dennoch dient der Rollenbegriff auch dazu, die Verbindung zu lösen, wenn einer der Rollenträger all das von der Rolle zu Erwartende erfüllt (Regressverbot). Eine positive, an eine konkrete Rolle gerichtete Pflicht sondert immer denjenigen aus, der die Rolle nicht innehat, weil die Pflicht sich an ihn nicht richtet. Würde die Unterscheidung nach Rollen in keinem 25
Jakobs, AT, 23/15; Jakobs, System, S. 86. Jakobs, AT, 23/15. Das Argument erweitert sich, aber variiert nicht in nachfolgenden Werken. 27 Jakobs, System, S. 86, mit Hinweis auf die grundlegende Monographie von SánchezVera über Pflichtdelikte. 28 Bei negativen Pflichten teilt der Teilnehmer mit dem Täter, dass beide je nach ihrer Rolle Adressaten der Norm sind. Wer vom Regressverbot geschützt ist, verletzt (im konkreten Fall) eine Norm nicht, die er ansonsten ja verletzen kann. In dem oben im Text erwähnten Fall, kann der Teilnehmer keine Norm verletzen, die sich an ihn nicht richtet. 26
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Fall die Verantwortung desjenigen begrenzen, der keine positive Pflicht hat, dann würde sich die Beschreibung des sozialen Systems, das Orientierung und Erwartungen nach Rollen29 bietet, als für ihr Ziel ungeeignetes Instrument erweisen. Es gibt Pflichten, die aus Institutionen entstehen und die absolut trennen. Wenn die Trennung in diesem Fall trotzdem nicht richtig erscheint, löst das Rechtssystem dies mit einem expliziten Verbot, das die Rolle auf andere Personen erweitert. Kommt dies aber nicht vor, ist die Trennung kategorisch. Anschliebend werde ich dies anhand des Beispiels des Ehebruchs erörtern, auch wenn die ihn begründende Institution ihre Gestalt so geändert hat, dass es nicht mehr aktuell ist (infra III.1.). Bei den anderen Fällen könnten der Rollenträger und der extraneus allenfalls ein durch soziale oder der Institution eigene Bindungen ein bestimmtes Kollektiv gestalten. In diesen Fällen ist die Verknüpfungen des Verhaltens besser mit der Idee des kollektiven Handelns beschrieben. Hierbei dürfte die Rollentrennung zwischen extraneus und intraneus nicht so kategorisch sein, wie es oben für die andere Fallgruppe dargestellt wurde. Der Grund des Verantwortungsrestes des extraneus beruht hierbei trotzdem auf einer anderen Idee, als diejenige des Zugangs zur Institution durch Vermittlung des intraneus. Die Verantwortung dürfte beruhen auf der Zugehörigkeit zur Umwelt der Institution, von der nicht genügend Abstand genommen wurde (infra III.2.). 1. Rollentrennung A, der untreue Ehemann, ist mit seiner Ehefrau B verheiratet. A wünscht sich eine Liebesaffäre, hat aber kaum Gelegenheit zu einer solchen, ohne dass B hiervon erfährt. Dies erzählt er seinem Mitarbeiter M. M sagt A, dass eine Freundin von ihm, F, mehrmals erwähnt habe, dass sie A sehr attraktiv finde und dass sie sich mit A sehr gerne treffen würde. M stellt den Kontakt zwischen beiden her und stellt seine Wohnung zur Verfügung, damit sich beide dort diskret treffen können. A hätte sich mit F nicht getroffen, wenn er nicht den passenden Ort hierfür gefunden hätte, denn er würde es nicht riskieren, in einem Hotel der kleinen Stadt gesehen zu werden. Der Ehebruch war bis 1969 in Deutschland strafbar, d. h. bis die Ehe nicht länger als durch das Strafrecht schutzwürdig angesehen wurde. Die Argumente für diesen strafrechtlichen Schutz der Ehe basierten auf der Funktion der Ehe als sozial-ethische Institution und nicht etwa auf Moral oder auf der ehelichen Treupflicht.30 Nach Maurach besteht Einigkeit darüber, dass das Ehebruchsverbot das abstrakt gesehene Wesen der Ehe als die legalisierte Lebens- und Geschlechtsgemeinschaft eines Man-
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Jakobs, Norm, S. 96 f. Vgl. etwa Welzel, S. 346. Deswegen beseitigte die Einwilligung des Ehepartners nicht die Rechtswidrigkeit. 30
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nes mit einer Frau schützen soll. Der Ehebruch sei demnach dadurch gekennzeichnet, die Monogamie durch ein kryptopolygames Verhältnis zu ersetzen31. § 172 StGB behandelte explizit den Mitschuldigen, d. h. den Außenstehenden, als Täter. Diese Inklusion kann in zweifacher Hinsicht verstanden werden. Die erste Alternative bestünde darin, denjenigen auf die Ebene des Täters zu heben, der nach den allgemeinen Regeln nur Gehilfe sein könnte.32 Nach der zweiten, sinnvolleren Alternative war die Verletzung der ehelichen Institution dem extraneus so selbstverständlich fremd, dass das Gesetz seine Strafbarkeit explizit inkludieren musste, da es sich eben um ein Delikt handelte, das der Teilnahme eines extraneus bedurfte. Die Konsequenz ist, die Schutzpflicht der ehelichen Institution durch die Strafnorm auf denjenigen auszudehnen, der die Institution nicht verwaltet.33 Man kann darüber diskutieren – hier soll es dahinstehen –, ob ein solcher Vorgang vernünftig ist, aber dessen Existenz spricht dafür, dass die Tat ansonsten straflos wäre. Gegen die erste Alternative spricht auch die Tatsache, dass es keine validen Gründe dafür gibt, die Verantwortung des extraneus deswegen zu erhöhen, weil er zu der entsprechenden Verletzung mittels der Verantwortung des intraneus Zugang hat. So geschieht es nach den Vertretern der Strafbarkeit der Beteiligung des extraneus bei positiven Pflichtdelikten. Wenn die herkömmliche Meinung richtig wäre, d. h. wenn der extraneus Institutionen verletzen könnte, die keine expliziten rechtlichen Pflichten an ihn richten, und solch eine Verletzung nur dann stattfinden könnte, weil der Täter ihm den Zugang dazu verschafft hat, dann bestünde nicht die Notwendigkeit, irgendetwas über den extraneus zu bestimmen. Warum sollte man einen extraneus in einen intraneus verwandeln, wenn die Lage aus der Perspektive der herrschenden Meinung korrekt wäre? Dies wird bezüglich des Mitarbeiters M noch deutlicher: Soll er auch als Gehilfe angesehen werden? Die Inklusion des Mitschuldigen in den Adressatenkreis der Pflicht zeigt, dass auch jede sonstige Hilfe explizit straflos gelassen wurde. Der Mitarbeiter M ist nicht verheiratet und, auch wenn sein Beitrag von einer Rollenausübung nicht geschützt ist (er stellt seine Wohnung nicht etwa als Hotelier), ist dieser trotzdem gegenüber der Beziehung zwischen A und F fremd. Zusammenfassend offenbart die Ausdehnung der Täterschaft auf den Mittäter ein soziales Verständnis. Das impliziert notwendigerweise, dass, wenn eine besondere Vorschrift nicht existiert, der extraneus eine Institution nicht verletzen kann, die in ihrer spezifischen Gestalt nur von dem treuen Ehemann zu pflegen ist. Soll es bei dieser Vorschrift heiben, dass man erlaubt habe, dass ein extraneus über die Zusammenarbeit mit dem intraneus zu der Pflicht Zugang finde, oder wurde hierdurch eine 31
Maurach, S. 413. So scheint es das Argument von Maurach, S. 413, nahezulegen. 33 Selbstverständlich sollen hier all diejenigen Fälle dahinstehen, in denen beide Personen verheiratet sind, was keine besonderen Probleme bereitet: Jeder verletzt die Institution als Täter wegen der Übertretung seiner eigenen Treupflicht. 32
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andere Pflicht geschaffen? Dass das Gesetz den extraneus als Täter begriffen hat, ist ein erstes Indiz für die Antwort. Die Antwort liegt auch auf der Hand, wenn die Frage gestellt wird, ob man bereit wäre, den beim Zusammentreffen der Geliebten helfenden Freund zu bestrafen, d. h. die Pflicht auf jeglichen helfenden extraneus auszudehnen. Die Ehe des A geht den M nichts an und es scheint, dass es keinen Rest einer allgemeinen Sorgfaltspflicht gibt, bei der Schädigung einer Institution nicht mitzuwirken, zu der nur der Ehepartner Zugang hat.34 Die geleistete Hilfe verbindet in solchen Fällen Teilnehmer und Täter mit nichts Gemeinsamem, so dass sich die Lage besser als die eigene (straflose) Hilfe bei einer fremden Tat beschreiben lässt. Diejenigen, die jedenfalls der Meinung sind, dass der Teilnehmer über den Rollenträger Zugang zu der Pflicht finde, die ihm nicht zukommt, werden feststellen, dass es für ihre Position treffender ist, wenn sie die Tat als das eigene Unrecht beschreiben, bei einer fremden Tat zu helfen. 2. Arbeitskollektive Nicht alle Institutionen teilen dennoch die Rollen so strikt voneinander. In anderen Bereichen wird das gemeinsame Handeln durch das eigene System vorbestimmt, auch wenn die positive Pflicht eine spezifische Person betrifft. Manche positive Pflichten werden per definitionem im Rahmen eines Kollektivs von Personen ausgeübt. Gedacht sei an folgendes Beispiel: A, der Leiter einer kleinen staatlichen Verwaltungseinheit soll ein Budget und eine bestimmte technische Ausstattung verwalten, um die Erbringung einer Dienstleistung aufrechtzuerhalten. Um seinen Cousin P (und zu einem Teil auch sich selbst) zu begünstigen, gibt er den Einkauf von Vorräten in Auftrag, die P über dem Marktwert verkauft. Diese schlechte Verwaltung wird vom Mitarbeiter E entdeckt und angezeigt, der den A davor warnt, dass der Preis überhöht ist. Der A erwidert dem E, dass nur er – der A – für die Entscheidungen über Einkäufe zuständig sei, dass der E mithin die Dokumentation bereitstellen und die Überweisungen machen solle, Aufgaben, für die er üblicherweise verantwortlich ist. C, der den Lieferwagen fährt und Zeuge des Gesprächs zwischen A und E war, informiert den A, dass er beim Abholen der Vorräte nicht widersprechen wird. Auch in diesem Fall gibt es nur eine Person, welcher die positive Pflicht zukommt, nämlich den Leiter der Verwaltungseinheit. Trotzdem stellt die Institution ein Organ dar, in dem nicht nur er selbst als Pflichteninhaber, sondern notwendig auch andere Personen seine Aufgaben übernehmen. Die jeweiligen Positionen werden durch das Organigramm der Institution bestimmt und nicht nach dem freiwilligen Entschluss 34 Hier sei die Beteiligung der extranei dahingestellt, die zugleich eine Mitwirkung an einem Organisationsdelikt bzw. an einem negativen Pflichtdelikt ist.
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der Personen. Der Beitrag der Nicht-Inhaber der Pflicht wird nach Handlungsregeln bestimmt, die nicht von einer individuellen Entscheidungsfreiheit abhängen. In diesem Sinne können der Mitarbeiter und der Fahrer nicht einfach von der Tat distanziert werden, welche nach der Zugehörigkeit zu einem normativ bestimmten Kollektiv auch als eigene begriffen werden kann. Auch wenn der Beamte keiner Hilfe bedürfte (wenn er beispielsweise die Korrespondenz, die Überweisungen und den Transport der Vorräte erledigen würde) verhindert die bloße Zugehörigkeit zum Kollektiv eine vollständige Distanzierung von der Tat. Sollte es stimmen, dass die Rollen nicht absolut zu trennen sind, dann sollte selbst der Mangel an Anstrengung, die Tat eines anderen Mitglieds des Kollektivs zu verhindern, ausreichend sein, um eine volle Verantwortung zu bejahen.35 In diesem Sinne ist die Meinung von Jakobs richtig, dass der extraneus sich nicht von der Tat distanzieren kann.36 Diese Art, die Beteiligung zu beschreiben – die jetzt schon dem Vollzug einer einzigen, von allen verwirklichten Tat nähersteht – impliziert aber nicht, dass die Rollentrennung zwischen dem besonders Verpflichteten und dem extraneus verschwimmt. Es handelt sich eigentlich um eine Verantwortung zweiter Kategorie, die eben in der Zugehörigkeit zum System besteht, und nicht in einem Hilfeleisten zur Tat.37 Ansonsten gäbe es gute Gründe, um die Untätigkeit des E und C im Hinblick auf Verhinderung der Tat als volle Mitschuld zu betrachten. Wenn sich derjenige, der kein Rollenträger ist, bei positivem Beitrag von der Tat nicht löst, dann sollte dies allerdings bei Unterlassung trotz Pflichtlosigkeit auch nicht der Fall sein. Worauf könnte schließlich die Verantwortung beruhen, die schon bei der gleichzeitigen Zugehörigkeit zu einer Struktur und nicht bei der Verhinderung der Tat zu bestehen scheint? Eine Analyse dieser Art von Verantwortung ist von Mellema unternommen worden. Nach diesem Autor hängt die moralische Verantwortung für Beiträge in Arbeitskollektiven ab von dem moralischen Abstand zur unrechten Tat. Die erste Stufe des Abstands wird von der Rolle innerhalb der Institution bestimmt.38 Es sind aber auch die qualifying acts relevant, d. h. die Art der Beiträge der Mitglieder der Organisation. Mellema scheint Gründe zu liefern, das Nichteingreifen zur Verhinderung der Tat, bei der der Betreffende anwesend ist, als minimalen qualifying act anzusehen. Aber auch die Zugehörigkeit zur Organisation nach der Begehung der Tat, bei der er keine der genannten Arten von moralischer Verantwortung gehabt hat, lässt einen minderen Vorwurf entstehen, eine Art von moralischem Fleck.39 35
Darauf werde ich unten kurz zurückkommen. Jakobs, System, S. 87. 37 Die völlig gegensätzliche Ansicht wird von Sánchez-Vera, S. 215 ff. und passim vertreten, für den der extraneus an einem Pflichtdelikt und nicht bloß an einem Delikt einer sonstigen negativen Pflicht teilnimmt. 38 Mellema, S. 127. 39 Mellema, S. 131, mit weiteren Hinweisen. 36
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Jedenfalls sind die aktuellen Optionen der Zuweisung von Verantwortung für Beiträge zu positiven Pflichten anderer Personen extrem. Die volle Verantwortung für die Tat, als wären die Teilnehmer Adressanten der Pflicht, wird nur dadurch erreicht, dass man zu Argumenten greift, welche die Beschreibung einer aus unterschiedlichen Rollen bestehenden Gesellschaft verfehlt. Möchte insbesondere der Nicht-Inhaber der Pflicht völlig von der Tat distanziert werden, würde das von ihm verlangen, dass er die Tat desjenigen verhindern muss, der die institutionelle Macht zur Durchführung derselben hat, oder dass er aus dem Kollektiv ganz ausscheidet.
IV. Zusammenfassung 1. Bei Delikten der Verletzung negativer Pflichten ist die Unterscheidung zwischen der eigenen Tat, bei einer fremden Tat zu helfen, und dem gemeinsamen, den Tatbestand verwirklichenden Handeln wenig hilfreich. 2. Bei positiven Pflichtdelikten gewinnt die genannte Unterscheidung mehr Sinn, indem manche Arten dieser Pflichten nicht ein gemeinsames Handeln implizieren und es bei anderen Arten um ein gemeinsames Handeln innerhalb des Rahmens von normativ bestimmten Organisationen geht. In diesen letzten Fällen handelt der Inhaber der Pflicht im Rahmen einer Handlungsstruktur, bei der er nicht allein ist (Untreue im Bereich des Unternehmens oder des Staates mit Angestellten und Beamten). 3. Der Begriff der Rollentrennung als Beschreibung davon, wie die Gesellschaft funktioniert, verliert jede Erklärungsmacht, wenn jemand Erwartungen enttäuschen kann, die per definitionem nicht an ihn gerichtet sind. Die extranei können an Pflichtdelikten nicht teilnehmen, die nur andere etwas angehen. 4. Trotzdem ist bei Delikten, die die Verletzung positiver Pflichten mit gemeinsamen, normativ bestimmten Handlungsstrukturen (Unternehmen, staatliche Organe) umschreiben, irgendein Grad von minderer Verantwortung wegen der Nicht-Distanzierung von der Struktur de lege ferenda wünschenswert. Literatur Brackenhoeft, Theodor: Über allgemeine und besondere Gehülfen bei verbrecherischen Handlungen, Archiv des Criminalrechts, Neue Folge 1840, S. 410 – 433. French, Peter: Complicity: That Moral Monster, Troubling Matters, Criminal Law and Philosophy 10 (2016), S. 575 – 589. Hruschka, Joachim: Strafrecht nach logisch-analytischer Methode, Berlin/New York 1983. Jakobs, Günther: Norm, Person, Gesellschaft, Berlin 1999. Jakobs, Günther: Strafrecht Allgemeiner Teil, Berlin 1991. Jakobs, Günther: System der strafrechtlichen Zurechnung, Frankfurt am Main 2012.
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Die bürgerliche Mitwirkungspflicht im Strafrecht und die Stellung der Exkludierten Von Michael Pawlik
I. Kriminalunrecht als Mitwirkungspflichtverletzung Die Grundhaltung des Philosophen ist das Staunen über das, was anderen Menschen als selbstverständlich erscheint. Worüber staunt ein Rechtsphilosoph? Er ist sich im Klaren darüber, dass die Organisationsform der Normativität erhebliche Risiken birgt.1 Da Normen mit der Bezeichnung von Alternativen – Normerfüllung versus Normverletzung – beginnen,2 berauben sie ihren Gegenstand seiner Notwendigkeit und heben ihre eigene Verletzbarkeit hervor.3 Erstaunlich und der Erklärung bedürftig ist aus der Sicht eines dies bedenkenden Rechtsphilosophen deshalb in erster Linie der Umstand, dass die Form der Normativität sich trotz ihrer Anfälligkeit gegenüber Verletzungen als erfolgreich erwiesen hat. Wie kann es sein, dass die Zähmung der Macht durch das Recht nicht allein den Gegenstand literarischer Abhandlungen und wohltönender Proklamationen bildet, sondern sich – wie unvollkommen auch immer – in der sozialen Wirklichkeit behaupten kann? Die Rechtsphilosophie kann sich daher nicht damit begnügen, Aussagen darüber zu tätigen, wie das Recht aussehen soll; sie muss sich vielmehr auch damit auseinandersetzen, wie das Recht seine wirklichkeitsprägende Macht gewinnt und bewahrt. Kant war noch der Überzeugung, die Aufrechterhaltung der Rechtsordnung könne ausschließlich durch ein die selbstsüchtigen Neigungen der Menschen zuverlässig neutralisierendes Netz staatlicher Behörden bewerkstelligt werden; auf eine entgegenkommende Motivationsstruktur der Bürger komme es nicht an. Das Problem der Staatserrichtung sei deshalb, „so hart wie es auch klingt, selbst für ein Volk von Teufeln (wenn sie nur Verstand haben), auflösbar“.4 Wie der britische Kriminologe David Garland darlegt, avancierte diese Auffassung zeitweise geradezu zum Credo der „Hochmoderne“.5 Sie ist jedoch unzutreffend. Da die Obrigkeit in einem Volk von Teufeln ausschließlich auf das Motivierungsmittel der Zwangsdro1
Nida-Rümelin, Philosophie und Lebensform, S. 123, 138 f. Möllers, Die Möglichkeit der Normen, S. 368. 3 Möllers (Fn. 2), S. 153. 4 Kant, Zum Ewigen Frieden, AA Bd. 8, S. 366. – Im Einzelnen dazu Pawlik, JRE 14 (2006), S. 269 ff. 5 Garland, Kultur der Kontrolle, S. 92. 2
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hung zurückgreifen kann, ist conditio sine qua non der von ihr zu bewirkenden Rechtswahrung die Existenz eines schlagkräftigen und weitverzweigten Zwangsapparates. Der Preis für dessen Einrichtung ist jedoch außerordentlich hoch: Er besteht in der Installierung eines umfassenden Überwachungssystems. Fichte hat diese Konsequenz ausdrücklich gezogen: Vor die Aufgabe gestellt, ein Rechtssystem zu konzipieren, das in seinem Bestand von der Moralität der Bürger unabhängig ist, empfiehlt er einen Staat, in dem „die Polizei […] so ziemlich [weiß], wo jeder Bürger zu jeder Stunde des Tags sei, und was er treibe“6. Dies würde allerdings nicht nur die bürgerliche Freiheit zerstören, sondern auch die organisatorischen Kapazitäten des Staates bei Weitem überfordern; dieser würde an seinem Überwachungshunger buchstäblich ersticken.7 Die Erzwingungskosten einer Rechtsordnung lassen sich demnach nur dann in einem freiheitstheoretisch akzeptablen Rahmen halten, wenn rechtstreues Verhalten sich für die Rechtsunterworfenen größtenteils von selber versteht.8 Der Rückzug äußerer Disziplinierungsinstanzen muss mithin durch eine hinreichend verlässliche Selbstbeherrschung der Rechtsgenossen ausgeglichen werden. Ein freiheitlicher Staat vermag deshalb nur zu bestehen, weil und sofern seine Bürger sich im Großen und Ganzen in freiem Gehorsam dem Recht unterordnen und rechtswidrige Handlungen vereinzelte Erscheinungen bleiben; darin liegt der harte Kern von deren Verantwortung als Mitträger des bestehenden rechtlichen Zustandes. Deshalb steht die Rechtsbeachtung von Seiten der Bürger gleichrangig neben den übrigen Formen des Rechtshandelns,9 und deshalb besitzen nicht nur Gesetzgebung und Rechtsprechung repräsentativen Charakter, sondern, wie der Philosoph Volker Gerhardt hervorhebt, auch die alltägliche Rechtsbefolgung. „Das Gesetz repräsentiert die Verhaltenserwartung einer institutionellen Gemeinschaft, der Richter repräsentiert das Gesetz und der legal handelnde Bürger stellt exemplarisch die Geltung der Gesetze vor.“10 Auf diese Weise trägt der einzelne Bürger zur Bewältigung des soeben erwähnten Grundrisikos von Normativität bei: des Umstands, dass diese, um ihre Aufgabe erfüllen zu können, auf ein entgegenkommendes Verhalten der Normadressaten angewiesen ist. Dadurch füllt der rechtstreu Handelnde seine Bürgerrolle in entgegengesetzter Weise aus wie der Rechtsbrecher: Während dieser die Bedingungen und den Umfang seiner Rechtstreue nach eigenem Gutdünken festzulegen beansprucht, erkennt jener den unbedingten Primat des Allgemeinen – des Gesetzes – an. Dadurch bestätigt und befestigt er dessen Maßgeblichkeit.11
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Fichte, Grundlagen des Naturrechts, Werke, hrsg. von I. H. Fichte, Bd. 3, S. 302. Ebenso Jakobs, Norm, Person, Gesellschaft, 3. Aufl., S. 78 f. 8 Näher zum Folgenden Pawlik, Das Unrecht des Bürgers, S. 90 ff.; ders., Normbestätigung und Identitätsbalance, S. 29 ff. 9 Müller/Christensen, Juristische Methodik, Bd. 1, 11. Aufl., S. 45, 302. 10 Gerhardt, Partizipation, 2007, S. 343. 11 Vgl. Spaemann, Zur Kritik der politischen Utopie, S. 180. 7
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Das Strafrecht im hiesigen Verständnis fordert nichts Anderes ein als die Erfüllung dieser bürgerlichen Mitwirkungspflicht; es ist daher begriffsnotwendig „law for citizens“12. Die spezifische Beschaffenheit kriminellen Unrechts liegt umgekehrt darin, dass der Täter, indem er eine von der strafrechtlichen Normenordnung abweichende, ihn einseitig begünstigende Norm exekutiert, seiner Verpflichtung, an der Aufrechterhaltung des bestehenden Rechtszustands mitzuwirken, zuwiderhandelt und dadurch seine Rolle als Repräsentant der Rechtsgemeinschaft – kurz: als Bürger – bricht.13 In einem Wort: Strafrechtlich relevantes Unrecht ist ein Unrecht des Bürgers.
II. Mitwirkungspflicht und Bürgerstatus 1. „Who is criminal law for?“ Der Bürgerbegriff ist notorisch vieldeutig; je nach Kontext kann er ganz Unterschiedliches besagen. Sozialgeschichtlich kann er als Abgrenzungsbegriff sowohl nach „oben“, zum Adel, als auch nach „unten“, zur Arbeiterschaft14 oder, wie in den Gesellschaften des globalen Südens, zu den Bewohnern der Villas Miseria dienen. Auch in politischer und rechtlicher Hinsicht ist der Bürgerbegriff interpretationsoffen. Nach klassisch-republikanischer Auffassung bezeichnet er den vollberechtigten Angehörigen einer politischen Gemeinschaft, in der die Freien über sich selbst herrschen;15 Bürger heißt hier also so viel wie Staatsbürger. In einem erweiterten Verständnis, das sich im heutigen politischen Sprachgebrauch weitgehend durchgesetzt hat, sind Bürger hingegen alle Einwohner innerhalb einer Gebietskörperschaft, unabhängig von ihrer staatsrechtlichen Stellung. Marcelo Sancinetti, dem dieser Aufsatz in langer freundschaftlicher Verbundenheit zugeeignet ist, hat in einer Diskussion, die ich in Buenos Aires mit ihm führen durfte, angesichts dieser Ambivalenzen zu Recht die Frage nach den genauen Voraussetzungen aufgeworfen, unter denen man einem Individuum den Status als Bürger im strafrechtlichen Sinne zuschreiben und den Betreffenden damit zum tauglichen Täter einer Mitwirkungspflichtverletzung erklären kann. „Who is criminal law for?“16 In der Terminologie Anthony Duffs betrifft diese Frage nicht die conditions strafrechtlicher Verantwortlichkeit, wie sie in den anerkannten Ausschlussgründen strafrechtlicher Verantwortlichkeit niedergelegt sind, sondern deren preconditions: 12
Duff, Theoretical Criminology 14 (2010), 293. Nachweise zu nahestehenden Positionen in: Pawlik (Fn. 8 – Normbestätigung), S. 39 Fn. 176. 14 Dazu Riedel, Art. Bürger, in: Brunner u. a. (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 1, S. 681 ff., 699 f., 713 ff. 15 Skinner, Visionen des Politischen, S. 147 ff., 161 f., 167 ff.; ders., The Paradoxes of Political Liberty, S. 229 f., 237 ff., 246 ff. 16 Duff, Theoretical Criminology 14 (2010), 300. 13
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Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um überhaupt den Anwendungsbereich des Strafrechts zu eröffnen.17 Daher kann sie nicht – jedenfalls nicht abschließend – durch das positive Strafgesetz beantwortet werden, sondern nur durch die Strafrechtsphilosophie.18 Wann also lässt sich an jemanden die strafbewehrte Forderung richten, durch rechtstreues Verhalten daran mitzuwirken, dass eine bestehende Rechtsordnung sich als lebenskräftig erweist? Wird konzediert, dass nicht jedermann jederzeit zur Aufrechterhaltung jeder beliebigen Strafrechtsordnung in Anspruch genommen werden darf, der Adressatenkreis einer Mitwirkungspflicht also Grenzen kennt, so drängt sich die Antwort geradezu auf, dass ein spezifisches Näheverhältnis zwischen dem Forderungsadressaten und der betreffenden Normenordnung bestehen muss. Ein solches Näheverhältnis liegt dann vor, wenn der Adressat der Forderung durch deren Erfüllung auch seiner eigenen Sache dient. Innerhalb der heutigen Rechtsphilosophie dürfte diese Aussage – jedenfalls in dieser Allgemeinheit – weitestgehend konsensfähig sein. Das Kriterium der „auch eigenen Sache“ entspricht sowohl der kommunitaristischen Betonung des Eigenwerts partikularer Gemeinschaften19 als auch der kontraktualistischen Logik wechselseitiger Vorteilsgewährung20. Zwar schließt es die Möglichkeit nicht aus, dass einzelne Ausprägungen der allgemeinen Mitwirkungspflicht (beispielsweise die allgemeine Hilfeleistungspflicht oder die Pflicht zur Duldung von Aggressivnotstandseingriffen) einseitig auf die Wahrung fremder Belange zugeschnitten sind.21 Wohl aber zieht es dort eine Grenze, wo jemand an der mit Hilfe des Strafrechts aufrechterhaltenen sozialen Lebensordnung in keiner nennenswerten Weise teilhat. Unproblematisch ist die Verpflichtungskraft einer Strafrechtsordnung demnach bei jenen Personen, welche der Rechtsordnung sowohl einen hinreichend gesicherten Freiraum zur Gestaltung ihrer persönlichen Lebensvollzüge verdanken als auch kraft ihrer Staatsbürgerrolle in die Produktion jener Ordnung einbezogen sind; hier kann man von einer Position maximaler Inklusion sprechen. Die von Marcelo Sancinetti aufgeworfene Frage betrifft jedoch das Problem, welche Abstriche von dieser Stellung möglich sind, ohne der Zuschreibung einer strafrechtlichen Mitwirkungspflicht die legitimationstheoretische Basis zu entziehen.22
17 Duff, Punishment, Communication, and Community, S. 179 ff. – In früheren Publikationen habe ich mich dieser Problematik bereits im Hinblick auf das Strafrechtsanwendungsrecht und das Völkerstrafrecht gewidmet (Pawlik, FS F.-C. Schroeder, 2006, S. 379 ff.; ders. [Fn. 8 – Unrecht], S. 124 ff.). 18 In diesem Sinne auch Duff, Theoretical Criminology 14 (2010), 300. 19 Überblicksdarstellungen bei Seelmann/Demko, Rechtsphilosophie, 6. Aufl., S. 219 ff. und Volkmann, Rechtsphilosophie, S. 107 ff. 20 Dazu Kersting, Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrags, S. 46 ff. 21 Zur Begründung dieser Pflichten Pawlik (Fn. 8 – Unrecht), S. 248 ff. 22 Grundlegend zu diesem Problem jüngst Silva Sánchez, FS Kindhäuser, 2019, S. 475 ff.
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2. Nicht-Staatsbürger Zunächst geht es um solche Personen, denen bei ansonsten voller Anerkennung ihrer Rechtspositionen lediglich die Stellung als Staatsbürger fehlt. Zweifel an ihrer Mitwirkungspflichtigkeit können sich zum einen auf diskurstheoretischer Grundlage und zum anderen auf der Basis eines strikten Republikanismus ergeben. Von den Anhängern der Diskurstheorie wird das Recht zur Teilhabe an der demokratischen Willensbildung zur Grundlage strafrechtlicher Verpflichtungen erklärt. Die Verpflichtung, trotz Ablehnung der Norm Unrecht zu vermeiden, sei nur legitim, „wenn die Rechtsperson das Recht und die Möglichkeit hat, in die Rolle des Staatsbürgers zu wechseln und als solcher von ihren deliberativen Fähigkeiten in der Weise Gebrauch zu machen, daß sie öffentlich gegen die Norm Stellung nimmt“.23 „Ohne solche Verfahren keine Normbefolgungspflicht und auch keine Schuld im Falle einer Normverletzung.“24 Das Recht, in der Öffentlichkeit die Stimme zu erheben – ein Recht, von dem die typische Klientel der Strafgerichte allerdings nur selten Gebrauch macht –, ist freilich nicht an die Staatsbürgerschaft gebunden. Außerdem darf in einer funktionierenden Öffentlichkeit darauf vertraut werden, dass es Gruppen (und Gerichte) gibt, die gleichsam vikarisch die Belange derjenigen im Auge haben, die sich am politischen Entscheidungsprozess nicht selbst beteiligen können. Wer dies zur Begründung einer strafrechtlichen Mitwirkungspflicht nicht ausreichen lässt, muss sich vorhalten lassen, dass er die grundlegenden ordnungspolitischen Voraussetzungen menschlicher Existenz allzu gering schätzt.25 „Die Ermöglichung geht der Optimierung, die Sicherung des esse der Beförderung des bene esse voran.“26 Von ungleich größerer existentieller Bedeutung als das Recht auf demokratische Mitwirkung ist für den einzelnen die Aussicht, im Alltag zwischen den Wahlterminen sicher und in Frieden leben zu können. Die freiheitstheoretisch primäre Alternative lautet deshalb nicht: Demokratie oder Nicht-Demokratie, sie lautet vielmehr: bürgerlicher Zustand oder Naturzustand. Auch ein demokratischer Staat muss zunächst einmal Staat sein. Er muss mithin die Leistungen erbringen, welche von einem Staat erwartet werden – in erster Linie die Garantie des Friedens. An dieser Aufgabe wird er scheitern, solange die Gehorsamspflicht der auf seinem Territorium lebenden Personen im Zweifel steht.27 Der profilierteste Vertreter einer republikanisch fundierten Strafrechtstheorie ist Anthony Duff. Mitwirkungspflichtige Bürger sind nach seinem Verständnis nur diejenigen, die das Strafrecht als das ihrige ansehen können, und zwar in dem anspruchs23
K. Günther, in: Brunkhorst/Niesen (Hrsg.), Das Recht der Republik, S. 95. K. Günther, Schuld und kommunikative Freiheit, S. 256. 25 Zur Kritik an den demokratietheoretischen Hintergrundannahmen der Diskurstheorie Pawlik, ARSP-Beiheft 93 (2004), 121 ff. 26 Kersting, Politik und Recht, S. 129. 27 Wie hier Keller, FS Lüderssen, S. 427 f.; i. E. auch Silva Sánchez, FS Kindhäuser, S. 476 ff. mit sehr instruktiver Fallgruppenbildung. 24
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vollen Sinne, dass es „the values by which they define themselves as a polity“ zum Ausdruck bringe und insofern „in their own collective voice“ spreche.28 Die Projektion solcher Homogenitätsvorstellungen auf heutige westliche Gesellschaften wirkt allerdings nicht weniger realitätsvergessen als manche diskurstheoretischen Exaltationen. Duff beeilt sich denn auch klarzustellen, dass das Recht jedes zivilisierten Gemeinwesens nicht nur dessen Bürger binde, sondern auch seine Gäste („guests“), denn es erstrecke auf diese den gleichen Schutz und die gleichen Erwartungen wie auf die Bürger.29 Die letztgenannte Erwägung verdient Zustimmung; sie lässt sich mit einem schlichten Fairnessargument begründen. Das Fairnessprinzip erklärt es „für unsittlich, die Früchte eines von mehreren getragenen Unternehmens zwar zu genießen, die Lasten oder Opfer, die mit diesem Unternehmen notwendig verbunden sind, aber allein den anderen zu überlassen“.30 Wer so agiere, verhalte sich gleichheitswidrig; es lasse sich nämlich kein überzeugender Grund angeben, weshalb jemand, nur weil er zufällig diese bestimmte Person sei, anders als jeder andere gestellt sein sollte.31 An jemanden, der davon profitiert, dass die Rechtsordnung ihm ein Leben in Sicherheit ermöglicht, die die conditio sine qua non realer Freiheit ist,32 kann deshalb mit gutem Grund die Forderung gestellt werden, auch seinerseits durch rechtstreues Verhalten zur Aufrechterhaltung einer Infrastruktur der Sicherheit beizutragen.33 Dies ist aber eine Begründung, die nicht nur für „Gäste“ zutrifft, sondern für sämtliche Einwohner eines Staates gleichermaßen gilt. Statt sich an der Abgrenzung von Bürgern und Gästen festzuklammern, sollte die Strafrechtswissenschaft den Bürgerbegriff daher von vornherein so bilden, dass er nicht an die Inhaberschaft politischer Rechte, sondern an den genossenen Rechtsschutz anknüpft.
3. Sozial Exkludierte Höchst zweifelhaft ist demgegenüber die Verpflichtungskraft der Strafrechtsordnung gegenüber jenen Individuen, die, obwohl sie formell als Bürger eingestuft werden, bei materieller Betrachtung von den Leistungen der bestehenden politischen und sozialen Funktionssysteme so gut wie gar nicht profitieren: den Exkludierten, deren Status geprägt ist durch eine Kumulation von Ausschließungen34 – „keine Arbeit, kein Geldeinkommen, kein Ausweis, keine stabilen Intimbeziehungen, kein Zugang zu Verträgen und gerichtlichem Rechtsschutz“35 –, die, räumlich vom Rest der Ge28
Duff, Proceedings of the Aristotelian Society, Bd. 84 (2010), 6. Duff, Proceedings of the Aristotelian Society, Bd. 84 (2010), 6. 30 Hoerster, Utilitaristische Ethik und Verallgemeinerung, 2. Aufl., S. 112. 31 Patzig, Ethik ohne Metaphysik, S. 6. 32 Pawlik (Fn. 8 – Unrecht), S. 124 m. w. N. 33 Ebenso Waldron, Philosophy & Public Affairs 22 (1993), 9. 34 Stichweh, Inklusion und Exklusion, 2. Aufl., S. 47. 35 Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, S. 630.
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sellschaft separiert, die Repräsentanten des Staates, wenn sie mit ihnen zusammentreffen, nicht (auch) als Beschützer ihrer Rechte, sondern bloß als Feinde erfahren, und die, wie selbst der ansonsten stets eine Haltung ironisch-kühler Distanz kultivierende Luhmann nach seiner Begegnung mit der Armut in den Favelas fassungslos feststellte, „in einer Art von Elend [leben], die sich der Beschreibung entzieht“36. In rechtsstaatlich gefestigten und sozialstaatlich gut ausgepolsterten Wohlstandsgesellschaften wie der Bundesrepublik ist dies ein Problem von lediglich theoretischem Interesse. In Südamerika mit seiner extrem ungleichen Vermögensverteilung sieht dies ganz anders aus. Zwar ist die Gruppe der sozial Exkludierten weit weniger trennscharf zu kennzeichnen als diejenige der Nicht-Staatsbürger. Die soziale Realität weist eine Reihe von Zwischenstufen zwischen den (noch) Inkludierten und den (eindeutig) Exkludierten auf.37 An der Tatsache als solcher, dass es in weiten Teilen der Welt, nicht zuletzt in Südamerika, nach wie vor eine große Zahl von Menschen gibt, die sozial eindeutig exkludiert sind, ändert diese Randunschärfe jedoch nichts. Hier drängt sich die Frage geradezu auf, ob es nicht von vornherein unzulässig ist, Slumbewohner, die, im Teufelskreis von Gewalt, Drogen und Elend gefangen, täglich aufs Neue um die fundamentalsten Lebensgüter kämpfen müssen, zu Adressaten der bürgerlichen Mitwirkungspflicht und damit zu potentiellen Tätern genuin kriminellen Unrechts zu erklären.38 Das soeben zugunsten einer Mitwirkungspflicht angeführte Fairnessargument richtet sich hier gegen den strafenden Staat, denn dieser enthält den Exkludierten selbst die buchstäblich lebenswichtigsten Früchte einer Ordnung vor, deren Verletzung er ihnen dessen ungeachtet zum Vorwurf macht.39 Es ist nicht der geringste Vorzug des hier vorgeschlagenen Verbrechensbegriffs, dass er es gestattet, dieses Problem überhaupt als ein solches wahrzunehmen. Das herkömmliche Verständnis des Verbrechens als Rechtsgutverletzung ebnet den hier herausgestellten Unterschied demgegenüber ein, denn im Hinblick auf die von ihnen angerichtete Rechtsgutverletzung unterscheiden sich die Taten der Inkludierten und der Exkludierten nicht. Um die Verpflichtungskraft des Strafrechts auch gegenüber den sozial Exkludierten zu begründen, kommen drei Argumentationsstrategien in Betracht: eine positivistische, eine formal-normativistische und eine naturrechtliche. Der konsequente Positivist kann mit Kelsen behaupten, zur Verpflichtung (auch) der Exkludierten ge-
36 Luhmann, Gesellschaftsstruktur und Semantik, Bd. 4, S. 147. – Über Herkunft und Bedeutungsgehalt des Begriffs der Exklusion informiert im Einzelnen Kronauer, Exklusion, 2. Aufl., S. 40 ff. 37 Dazu Paugam, in: Häußermann u. a. (Hrsg.), An den Rändern der Städte, S. 80 ff. 38 In diesem Sinne auch Duff (Fn. 17), S. 183 f.; ders., Answering for Crime, S. 191 f.; ders., Ratio 23 (2010), 136 f.; Gargarella, Penal Coercion in Contexts of Unjust Inequality, http://digitalcommons.law.yale.edu/yls_sela/81 , S. 11 f., 23 ff.; Silva Sánchez, FS Kindhäuser, S. 485 f. (für den von den mala in se unterschiedenen Bereich der acquired obligations); Tadros, Journal of Value Inquiry 43 (2009), 404 ff. 39 Tadros, Journal of Value Inquiry 43 (2009), 393, 404 f.
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nüge es, dass die Rechtsordnung insgesamt im Großen und Ganzen wirksam sei.40 Die so begründbare Verpflichtung reflektiert aber letztlich nur die tatsächlichen Machtverhältnisse innerhalb einer Rechtsgemeinschaft. Nach der metapositiven Legitimität jener Verpflichtung kann und will der Positivist hingegen nicht fragen. Seine „Antwort“ ist daher in Wahrheit eine Antwortverweigerung. Diesen Vorwurf kann man gegenüber dem Normativisten zwar nicht erheben. Mit seinem Hinweis darauf, dass – auf dem Papier – die sozial Exkludierten dieselben Rechte besäßen wie die übrigen Gesellschaftsmitglieder, verfällt er hingegen in die entgegengesetzte Abstraktion. Besteht die Aufgabe des Rechts darin, der Freiheit ein Dasein zu geben,41 sie zur „Wirklichkeit einer Welt“ zu gestalten,42 darf das Recht rechtsphilosophisch nicht zu einer reinen Sollensordnung verdünnt, sondern muss es als reale Lebensordnung begriffen und von dieser Warte aus beurteilt werden. Einen dritten Typus von Abstraktheit weisen schließlich naturrechtlich fundierte Argumentationsgänge auf. Mit der Behauptung, es sei an sich unrecht und prinzipiell vorwerfbar, andere Menschen zu berauben, zu verletzen oder gar zu töten,43 wenngleich die Schwere des Vorwurfs angesichts einer desolaten sozialen Lage des Täters abgeschwächt werden könne, stellt der Naturrechtler sich zwar ausdrücklich auf einen Standpunkt oberhalb des positiven Rechts. Allerdings nimmt er eine heikle Verschiebung des Grundes der Verpflichtung vor, auf deren Bruch er sodann den Vorwurf gegen den Täter stützt. Die hiesige Konzeption leitet diese Verpflichtung aus dem streng säkularen Gedanken der Mitwirkung an einem gemeinsamen Unternehmen ab. Das naturrechtliche Modell operiert demgegenüber mit der Vorstellung einer gleichsam freischwebenden Normenordnung, zu deren Exekutoren es sodann ausgerechnet solche Staaten beruft, deren tatsächliches Erscheinungsbild mit der höheren Gerechtigkeit, der sie zur Durchsetzung zu verhelfen vorgeben, zumeist herzlich wenig zu tun hat. Eine solche Konstruktion lädt zum ideologischen Missbrauch geradezu ein.
III. Der Umgang mit den Exkludierten: Gefahrenabwehr jenseits des Strafrechts Sind die Exkludierten keine tauglichen Adressaten der bürgerlichen Mitwirkungspflicht, so bedeutet dies, dass es sich bei der staatlichen Ausübung von Zwangsgewalt ihnen gegenüber nicht um genuines Strafrecht handelt. Das Verhältnis zwischen dem Staat und seinen exkludierten Bürgern muss anders begriffen werden – aber wie?
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Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Aufl., S. 219. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, Werke Bd. 7, § 29 (S. 80). 42 Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, Werke Bd. 10, § 484 (S. 303). 43 So für die mala in se Silva Sánchez, FS Kindhäuser, S. 475, 486; i. E. ebenso Green, The University of Chicago Legal Forum 2010, 63. 41
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Am radikalsten wäre es, im Gefolge Fichtes44 dieser Beziehung den Rechtscharakter generell abzusprechen und sie als einen – zumindest partiellen – Naturzustand nach Hobbesschem Vorbild aufzufassen, in dem das Verhalten der Akteure ausschließlich durch Klugheitserwägungen geleitet wird.45 Die sozial Exkludierten würden in diesem Fall ihre Dispensierung von den ansonsten geltenden Rechtsvorschriften allerdings um einen hohen Preis erkaufen. Sie müssten hinnehmen, dass sie von Staats wegen einer allein an Effektivitätserwägungen orientierten Behandlung unterworfen würden, und die Distanz zwischen ihnen und der übrigen Bevölkerung, in der sozialen Realität ein fließender Übergang, würde normativ zu einer unüberbrückbaren Kluft vertieft werden. Ein Staat, der dies täte, würde sich zudem in einen eklatanten Widerspruch zu seinem Begriff setzen. So wie nach einer Metapher Hegels auch der hässlichste Mensch, ein Kranker und Krüppel, immer noch ein Mensch ist, so ist der Staat, selbst wenn er die soziale Exklusion eines Teils seiner Bürger zulässt, immer noch ein Staat,46 und in dieser Eigenschaft steht es ihm nicht zu, Menschen – und zumal solche, die er als seine Bürger betrachtet – anders zu behandeln denn als Rechtspersonen.47 Der Umstand, dass der Staat es sich versagen muss, den sozial Exkludierten gegenüber Vorwürfe zu erheben,48 ändert freilich nichts daran, dass sie eine (häufig erhebliche) Gefahr für fremde Rechtsgüter darstellen. Die Notrechte der von ihren Taten Betroffenen bleiben daher unverändert bestehen.49 Systematisch konsequent wäre es, die Exkludierten innerhalb der Grenzen, die der Respekt vor ihrer Persönlichkeit gebietet, auch von Staats wegen als Gefahrenquellen zu behandeln, sie also abgesehen vom gewöhnlichen Polizeirecht50 einem neben dem (Bürger-)Strafrecht stehenden eigenständigen Präventionsrecht zu unterstellen. Aber gibt diese Lösung den Betroffenen nicht Steine statt Brot? Ein konsequent am Gedanken der Gefahrenabwehr ausgerichtetes Interventionsrecht birgt beträchtliche Risiken für die ihm Unterworfenen. So drängt der Grundsatz der Abschreckungs-Generalprävention nach dem Motto „Viel hilft viel“ zu immer schärferen Sanktionen,51 und das Modell der Spezialprävention legt nicht nur eine der Willkür Tor und Tür öffnende Flexibilisierung des Sanktionsregimes nahe, sondern tendiert auch zu einer Preisgabe des Tatprinzips zugunsten vorbeugender Zwangsmaßnahmen.52 Auch die Zurechnungs44
Fichte (Fn. 6), S. 213. Dazu Kersting, Thomas Hobbes, S. 121 ff. 46 Vgl. Hegel (Fn. 41), § 258 Z (S. 404). 47 Hegel (Fn. 41), § 209 A (S. 360 f.). 48 Silva Sánchez, FS Kindhäuser, S. 477. 49 Silva Sánchez, FS Kindhäuser, S. 485. 50 Silva Sánchez, FS Kindhäuser, S. 486. 51 Der Tübinger Theologe Johann David Michaelis, in dessen Werk zentrale Punkte von Feuerbachs Straftheorie vorweggenommen sind, spricht dies noch in dankenswerter Unbefangenheit aus: In Fällen, in denen geringe Strafübel nichts fruchteten, werde auch das größte nicht zu groß sein (Michaelis, Mosaisches Recht, 6. Theil, S. 36). 52 Pawlik (Fn. 8 – Unrecht), S. 75 ff. 45
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maßstäbe eines konsequenten Präventionsrechts unterscheiden sich in wesentlichen Punkten von denen eines herkömmlichen Schuldstrafrechts. So müsste soziale Depravation danach nicht etwa als strafmildernd, sondern im Gegenteil als sanktionsschärfend angesehen werden, denn Armut und Chancenlosigkeit erhöhen das Risiko, das von dem betreffenden Delinquenten ausgeht.53 Schließlich droht unter der Herrschaft eines Ansatzes, dem zufolge es nicht um Schuld, sondern „nur“ um Prävention geht, auch die dem Beschuldigtenschutz dienende strenge Formalisierung des Strafverfahrens zugunsten eines weniger strikten Rechtsregimes zurückgedrängt zu werden. Diese Risiken wiegen zumal deshalb schwer, weil sie einen Personenkreis treffen würden, der sich aufgrund seiner prekären sozialen Stellung rechtlich schlecht zur Wehr setzen und kaum mit behördlicher oder gerichtlicher Sympathie rechnen kann. Einen systematisch sauberen Ausweg aus diesem Dilemma gibt es nicht. Die Strafrechtstheorie ist nicht dazu imstande, aus eigenen konzeptionellen Ressourcen grundlegende gesellschaftspolitische Fehlentwicklungen zu korrigieren.54 Die primäre Forderung an Staaten, die die Existenz einer signifikanten Gruppe exkludierter Bürger zulassen, besteht deshalb darin, mittels einer geeigneten Wirtschafts- und Sozialpolitik an der Behebung dieses Missstandes zu arbeiten.55 Solange allerdings die Verhältnisse so sind, wie sie sind, kommt für den staatlichen Umgang mit sozial exkludierten Personen am ehesten eine Mischstrategie in Betracht. Danach finden die Vorschriften des Strafrechts insoweit Anwendung, wie sie den Belangen des Beschuldigten dienen. Abstriche an den Verfahrensgarantien sind ebenso wenig akzeptabel wie unbestimmte Verurteilungen. Nicht in Betracht kommen ferner Sanktionen, die härter sind als diejenigen, die nach Maßgabe des herkömmlichen Schuldstrafrechts, und zwar unter voller Berücksichtigung der durch die desaströse soziale Situation der betreffenden Personen bedingten Erschwerung ihrer Normbefolgungsbereitschaft,56 angemessen wären. Wo hingegen unter Präventionsrücksichten eine mildere Sanktion hinreichend erscheint, darf über diese nicht hinausgegangen werden. Inwieweit darüber hinaus Modifikationen der allgemeinen strafrechtlichen Zurechnungsgrundsätze geboten sind, bedarf einer detaillierten Untersuchung. Wichtig ist es jedenfalls, diese so auszugestalten, dass die Slumlords, die in zahlreichen Formen der Kriminalität Exkludierter eine Schlüsselrolle spielen, in einer ihrer hohen Verantwortlichkeit und Gefährlichkeit entsprechenden Weise dogmatisch erfasst und sanktioniert werden können. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich aus meiner Sicht eine Praxis, die die Bandenchefs einem hohen Verfolgungsdruck und harten Sanktionen aussetzt, den einfa53 So ist nach Feuerbach ein Täter, der durch eine böse Erziehung verderbt ist, in einem höherem Grade strafbar als ein solcher, der keine erziehungsbedingte Disposition zu Straftaten aufweist (Feuerbach, Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts, 1. Theil, S. XXII, 2. Theil, S. 336). 54 Insoweit zutreffend Morse, Alabama Civil Rights & Civil Liberties L. R. 2 (2011), 173. 55 Gargarella (Fn. 41), S. 12 f.; Gowder, Iowa L. R. 99 (2014), 1062 ff. 56 Eindringlich Silva Sánchez, FS Kindhäuser, S. 480.
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chen Gangmitgliedern gegenüber hingegen größtmögliche Milde walten lässt und ihnen die Chance einer nicht-kriminellen Lebensführung eröffnet. Die Herauslösung des staatlichen Umgangs mit der Kriminalität Exkludierter aus dem allgemeinen Strafrecht und ihre Ausrichtung am Gedanken der Gefahrenabwehr – freilich einer solchen, die sozial Exkludierte nicht als Feinde behandelt, die vernichtet oder doch jedenfalls niedergehalten werden müssen, sondern als Mitbürger, deren Rechtspersonalität geachtet und deren Inklusion angestrebt wird – macht begreiflich, dass diese Vorgehensweise nicht nur praktisch sinnvoll, sondern auch theoretisch geboten ist. Einmal mehr bestätigt sich daran der Befund des deutsch-amerikanischen Psychologen Kurt Lewin, dass nichts so praktisch ist wie eine gute Theorie. Zwar ist die konsequente Umsetzung einer langfristig angelegten Strategie, in der Sozialreform und Gefahrenabwehr ineinandergreifen, angesichts der politischen Rahmenbedingungen in den meisten Staaten Südamerikas schwierig. Ein Blick auf die inneren Spannungen dieser Länder lässt allerdings dringend vermuten, dass die Alternative, einfach weiterzumachen wie bisher, auf die Dauer zu erheblich höheren sozialen Kosten führen wird. Die Strafrechtstheorie, die Marcelo Sancinetti so Vieles zu verdanken hat, kann die Grenzen ihres legitimen Kompetenzbereichs und die für den Fall von deren dauernder Missachtung zu erwartenden Gefahren lediglich benennen. Zur praktischen Bewältigung dieser Probleme bedarf es genuin politischer Qualitäten: Urteilskraft, Verantwortungsbewusstsein und Hartnäckigkeit. Literatur Duff, R. A.: Punishment, Communication, and Community, Oxford 2001. Duff, R. A.: A Criminal Law for Citizens, Theoretical Criminology 2010, S. 293 – 309. Duff, R. A.: Towards a Theory of Criminal Law?, Proceedings of the Aristotelian Society, Supplementary Volumes, Bd. 84 (2010), S. 1 – 28. Duff, R. A.: Blame, Moral Standing and the Legitimacy of Criminal Trial, Ratio, Bd. 23 (2010), S. 123 – 140. Feuerbach, Paul Johann Anselm: Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts, 1. Theil, Chemnitz 1799, und 2. Theil, Chemnitz 1800. Fichte, Johann Gottlieb: Grundlage des Naturrechts, in: Immanuel Hermann Fichte (Hrsg.), Fichtes Werke, Bd. 3, Berlin 1971. Gargarella, Roberto: Penal Coercion in Contexts of Unjust Inequality, SELA (Seminario en Latinoamérica de Teoría Constitucional y Política) Papers, Paper 81 (2010), abrufbar unter http://digitalcommons.law.yale.edu/yls_sela/81 (Stand: 26. 11. 2019). Garland, David: Kultur der Kontrolle, Frankfurt a. M. 2008. Gerhardt, Volker: Partizipation, München 2007. Gowder, Paul: Equal Law in an Unequal World, Iowa Law Review, Bd. 99 (2014), S. 1021 – 1081.
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Suerte moral, capitalismo y socialismo Por Guido Pincione
I. Marcelo Alberto Sancinetti sostiene que “la tentativa acabada o la imprudencia como tal (y no la consumación)” deberían fundar la responsabilidad penal.1 Por consiguiente, rechaza lo que los filósofos Thomas Nagel y Bernard Williams denominan “suerte moral”, es decir, la idea de que el elogio o reproche de un agente pueden estar fundados en factores ajenos a su control.2 En mi campo de investigación, la filosofía política, el rechazo de la suerte moral subyace a la defensa del socialismo ofrecida por G. A. Cohen. En este artículo, expondré algunas dificultades en el argumento de Cohen, pero no cuestionaré su rechazo de la suerte moral. Para Sancinetti, si A le dispara a B con la intención de matarlo, la gravedad del hecho quedó establecida una vez que A disparó, sin importar qué ocurrió luego por circunstancias que A no pudo controlar. En palabras de Sancinetti: La primera intuición de justicia de quienes queremos ceñir la dogmática del hecho punible al disvalor de acción reside en el rechazo a la “responsabilidad por casualidad” que tendría el hecho de que la pena variase en función del disvalor de resultado; esto implicaría la influencia del factor “suerte”, en el sentido de que nadie puede controlar todas las variables que inciden para el éxito de su proyecto de acción. [Nota omitida]3
El rechazo de la suerte moral implica que los motivos de una acción son suficientes para evaluarla moralmente. Las consecuencias de esa acción son irrelevantes. Siguiendo una tradición teórica inaugurada por Kant, Sancinetti pone estados mentales como la intención y la imprudencia en el centro de la escena a la hora de atribuir responsabilidad penal. Los filósofos morales que rechazan la suerte moral sostienen que la intención, pero no la mera previsión de un efecto colateral del resultado intentado, es moralmente relevante. Esta idea aparece en la influyente “doctrina del doble efecto”. Según esta doctrina, acciones que tienen efectos colaterales disvaliosos son permisibles cuando persiguen fines desproporcionadamente valiosos, pero la 1
Sancinetti, InDret 1 (2017), 1 (Abstract). Nagel, Mortal Questions y Williams, Moral Luck. 3 Sancinetti, InDret 1 (2017), 9. 2
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producción intencional de un resultado disvalioso, ya sea como fin o como medio, es reprobable, no importa cuán valioso sea el fin último perseguido por el agente. Un par de casos imaginarios ampliamente discutidos en la literatura ilustra cómo la doctrina del doble efecto captura intuiciones pre-teóricas muy extendidas. En uno de esos casos, un transeúnte salvaría las vidas de cinco personas a punto de ser arrolladas por un tranvía fuera de control si accionara un conmutador que desviaría el tranvía hacia un carril secundario, en el que mataría a una persona. Según la doctrina del doble efecto, es moralmente permisible que el transeúnte salve a esas cinco personas, aun cuando ello cause la muerte de una persona, ya que esta muerte es un efecto colateral de la acción (accionar el interruptor) que salvará a los cinco. En el otro caso, un cirujano no podría salvar la vida de cinco pacientes a menos que les trasplantara órganos extirpados de un sexto paciente sin su consentimiento, quien como consecuencia moriría. Aquí la doctrina del doble efecto prohíbe al cirujano salvar a los cinco, ya que estaría matando a uno como medio para salvar a cinco.4 La doctrina del doble efecto, en la medida que descuenta la gravedad moral de los efectos colaterales disvaliosos y pone énfasis en la intención de producir resultados disvaliosos (como medio o como fin), es una doctrina animada por las mismas intuiciones que subyacen al rechazo de la suerte moral. Es curioso que los filósofos morales no hayan discutido, al menos sistemáticamente, las implicaciones de rechazar la suerte moral cuando el efecto colateral de acciones moralmente permisibles es valioso. Hay que ir a la filosofía política para encontrar defensas de esas implicaciones. Cohen critica al capitalismo no solamente por engendrar desigualdades injustas, sino también por promover motivaciones viles o, cuando menos, lamentables: la codicia y el miedo a la miseria extrema. Para Cohen, esas motivaciones condenan al capitalismo (o a los mercados libres, términos que, al igual que Cohen, usaré como sinónimos), a pesar de la prosperidad que generan como efecto colateral.5 Para Cohen, los efectos colaterales valiosos de la búsqueda de ganancias en una sociedad capitalista no disculpan la bajeza de los motivos que animan a ese comportamiento. Por ende, su crítica al capitalismo rechaza, al menos implícitamente, la suerte moral. Cohen sostiene que el miedo a la miseria extrema y, especialmente, la codicia, predominantes en los sistemas capitalistas, son suficientes para condenarlos moralmente. Él no propone reemplazar el capitalismo por el socialismo de la noche a la mañana, ya que ello requeriría un uso desmedido de la coerción o desalentaría demasiado la producción. De ahí que, siguiendo a Joseph Carens, Cohen sostenga que la internalización de un ethos apropiado es condición
4 Foot, Oxford Review 5 (1967), ofrece la primera e influyente discusión de un par de casos similares. 5 Cohen, Why Not Socialism?, p. 76 – 79, entre otras.
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necesaria para que los principios socialistas sean observados dentro de parámetros admisibles de coerción y productividad.6
II. Como muchos, Cohen critica a los mercados libres por generar distribuciones injustas. La siguiente pregunta retórica expresa vívidamente el tenor de esa crítica: ¿estaríamos dispuestos a dejar que algunas personas mueran de hambre o por enfermedades fácilmente tratables, o a admitir vastas desigualdades de recursos o pobreza extrema, por no redistribuir la riqueza en favor de los más necesitados o por no implementar otras intervenciones en los mercados que pongan fin a esos males? Ahora bien, el defensor del mercado no está lógicamente compelido a rechazar los principios presupuestos por quienes formulan esa pregunta retórica. ¿Qué le impide apelar a los mismos principios de justicia que ellos suscriben? En efecto, el defensor del mercado podría hacer esta pregunta retórica: ¿estaríamos dispuestos a dejar que algunas personas mueran de hambre [. . .] por no adoptar instituciones o políticas que protejan los mercados libres?7 Ambas preguntas sugieren que el debate entre estatistas y libremercadistas no gira necesariamente alrededor de principios de justicia. Podría ser un debate empírico y, más específicamente, causal. En esta interpretación, sería un debate acerca de si las intervenciones sugeridas en la primera pregunta, o más bien el mercado libre sugerido en la segunda pregunta, generan distribuciones justas. Cohen rechaza esta interpretación política o institucional de lo que la justicia exige. Para él, los principios de justicia no imponen meramente deberes de establecer, o apoyar, políticas o instituciones que produzcan distribuciones justas. Las elecciones que los individuos realizan dentro de las libertades que les confieren esas instituciones o políticas también deben cumplir con los principios de justicia. Cohen ilustra este punto con el famoso principio de diferencia propuesto por John Rawls, según el cual, para ponerlo toscamente, la justicia requiere que las instituciones básicas de la sociedad maximicen el ingreso y la riqueza de los más pobres.8 Para Cohen, el principio de diferencia no solamente impondría, como cree Rawls, deberes de establecer y apoyar instituciones básicas que maximicen el ingreso y la riqueza de los más pobres, sino también deberes de ejercer las libertades que esas instituciones consagran de tal manera que el ingreso y la riqueza de los más pobres aumenten lo más posible. En otras palabras, no habría justicia 6 Cohen desarrolla esta línea de argumentación en, por ejemplo, Why Not Socialism?. Ver también, Carens, Equality, Moral Incentives, and the Market: An Essay in Utopian PoliticoEconomic Theory. 7 El lector puede tomarse la libertad de llenar el blanco con su descripción preferida de las injusticias provocadas por los mercados. 8 Rawls, A Theory of Justice, p. 65 – 73.
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plena si los individuos no usaran las libertades que les otorgan esas instituciones para beneficiar a los más pobres. Ello violaría el espíritu del principio de diferencia, y por eso, contra lo que cree Rawls, sería injusto aun cuando las instituciones básicas que confieren esas libertades sean la mejor aproximación a la justicia en un mundo en el que tales injusticias son predecibles. El hecho de que los principios de justicia se aplican a las acciones permitidas por instituciones justas, y no meramente a esas instituciones (o a las acciones que las diseñan o establecen), socava, según Cohen, defensas del mercado basadas en sus buenas consecuencias. Por ejemplo, una defensa del mercado basada en el principio de diferencia debería mostrar no solamente que el mercado maximiza el ingreso y la riqueza de quienes están peor, sino que consiste en, o promueve, comportamientos justos (a la luz del principio de diferencia) aun en la esfera privada. Puesto que Cohen cree que el mercado promueve la codicia y el miedo, su tesis de que el mercado es injusto no se vería debilitada, entonces, si se pudiera mostrar que el mercado es, entre los ordenamientos institucionales factibles, el que mejor implementa el principio de diferencia (o los principios socialistas que Cohen suscribe). No voy a pronunciarme sobre la tesis de Cohen de que los principios de justicia gobiernan no solamente las instituciones básicas sino también las acciones permitidas por esas instituciones. Como anuncié, tampoco voy a cuestionar su rechazo de la suerte moral para justificar el comportamiento de quienes, animados por las motivaciones deplorables que él atribuye a los agentes típicos en un mercado, contribuyen a producir como efecto colateral resultados justos. Pero sí voy a rechazar su tesis de que el capitalismo es inherentemente injusto.
III. Mi primera movida es empírica. Muchos estudios encuentran una correlación positiva entre los mercados libres y distribuciones que muchos críticos del mercado valoran. Por ejemplo, James Gwartney, Robert Lawson y Joshua Hall encuentran la siguiente correlación entre la libertad económica de un país (medida en función de una combinación de indicadores que incluyen, entre otras cosas, la protección de la propiedad privada, la libertad contractual y los bajos impuestos) y el ingreso promedio de los más pobres: En el cuartil más alto de libertad económica [en una lista de 123 países], el ingreso promedio del 10 % más pobre fue de $10,660 en 2016, comparado con $1,345 en el cuartil más bajo (PPP constante U$S 2011). Es interesante notar que el ingreso promedio del 10 % más pobre en las naciones económicamente más libres es de casi el doble que el ingreso per capita promedio en las naciones menos libres.
Si esta correlación es causal, entonces las redistribuciones impositivas de ricos a pobres reducirán el ingreso de los más pobres, especialmente en el largo plazo. Esta
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paradoja se desvanece si recordamos que esas redistribuciones reducen la libertad económica, tal como esta es medida en el estudio que estoy citando, y que, bajo el supuesto de que la correlación citada es causal, la libertad económica aumenta el ingreso de los más pobres. Otra correlación encontrada por los autores es la siguiente: Las naciones en el cuartil más alto de libertad económica tuvieron un ingreso promedio per capita de $40.376 en 2016, en comparación con $5.649 en el cuartil más bajo de naciones (PPP constante U$S 2011).9
Similarmente, Daniel Shapiro presenta una batería de argumentos filosóficos y datos económicos que muestran que en Estados Unidos el estado de bienestar tiene consecuencias menos igualitarias que mercados más libres para la provisión de salud, jubilaciones y otros servicios que buscan satisfacer necesidades humanas básicas.10 Por último, pero lejos de sugerir exhaustividad en el listado de publicaciones que apuntan en esta dirección, la reciente obra de Deirdre McCloskey ofrece detallado apoyo histórico para la tesis de que los mercados libres, especialmente si prevalece un ethos que admira el éxito del emprendedor capitalista, producen subas astronómicas en el nivel de vida de todos, incluyendo los más pobres.11 Por supuesto, correlación no implica causación. Pero hay dos razones para pensar que la conexión entre los mercados libres y la mejora en la situación de los más pobres no es meramente accidental. La primera razón es el papel que los precios formados en mercados libres cumplen en la transmisión de información crucial para asignar recursos eficientemente. Como ha mostrado famosamente Friedrich Hayek, los precios que emergen de la confluencia de la oferta y la demanda en un mercado libre economizan en información: los productores y consumidores norteamericanos, por ejemplo, no necesitan saber que una guerra civil en otro país que exporta cobre usado por fábricas norteamericanas para producir el casquillo de un lápiz aumentó la escasez del cobre en relación con otros metales que podrían cumplir la misma función. Los productores únicamente necesitan comparar costos de producción y los consumidores únicamente necesitan comparar precios de diferentes tipos de lápices. No hace falta que los consumidores sepan que los lápices que compraban tenían casquillos de cobre ni que los lápices con casquillos de aluminio pasaron a ser más baratos como consecuencia de una guerra civil lejana. Los cambios de precios causados por esa guerra los incentiva a reemplazar aquellos por estos. En suma, los precios formados en mercados libres estimulan a compradores, vendedores y productores a economizar en recursos que, por razones que bien pueden desconocer, se tornaron más escasos: los precios libres 9
Gwartney/Lawson/Murphy/Hall, Economic Freedom of the World: 2018. Annual Report. Shapiro, Is The Welfare State Justified?, passim. 11 McCloskey, Bourgeois Equality: How Ideas, Not Capital or Institutions, Enriched the World, capítulos 1 – 5. 10
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inducen a no derrochar. Productores y consumidores se comportan como lo haría un planificador benevolente y poseedor de completa información sobre preferencias y escaseces relativas, pero evitando los costos prohibitivos de obtener esa información. Hayek publicó por primera vez estas ideas en la década de 1940, y hoy en día están incorporadas en la teoría económica estándar.12 Tanto la dispersión como la naturaleza no-verbalizable de la información encapsulada en precios libres son partes de la explicación de la tendencia de los gobiernos a derrochar más que los mercados libres.13 Tales derroches devienen intolerables cuando los gobiernos intentan controlar totalmente la economía, como en la planificación centralizada al estilo chino o soviético durante el siglo veinte. En esos sistemas, el gobierno decide qué y cuánto producir, en qué y cuánto cada ciudadano va a trabajar, y qué y cuánto cada uno va a consumir. La teoría informacional de los precios también predice derroches en variantes más moderadas de intervencionismo, tales como los controles de precios, las regulaciones anticompetitivas, los subsidios y los altos impuestos. La otra razón para sostener que los mercados libres causan los resultados deseables indicados en el índice de libertad económica proviene de la teoría de la elección pública.14 Una proposición central de esta teoría afirma que las decisiones políticas tienden a favorecer a los miembros de grupos pequeños y bien organizados. A diferencia de los miembros de grupos dispersos y desorganizados, como los contribuyentes y los consumidores, los miembros de los grupos pequeños y bien organizados resultan significativamente afectados por políticas públicas que tienen un impacto diferencial en esos grupos y, por ende, tienen un incentivo para “buscar rentas”, es decir, invertir tiempo y dinero (por ejemplo, haciendo lobbying o dando apoyo financiero a campañas políticas) para promover políticas que los favorezcan. Ejemplos de tales políticas son subsidios y regulaciones que perjudiquen a competidores, impidiéndoles entrar al mercado o aumentando sus costos de producción. Cuando los miembros de esos grupos pequeños y bien organizados son individuos relativamente adinerados, esos grupos tienen ventajas competitivas adicionales en la búsqueda de rentas. No debemos esperar, por ende, que los desempleados sin experiencia laboral que serían contratados en ausencia de leyes de salario mínimo, los trabajadores en industrias exportadoras nacionales o extranjeras que se beneficiarían con la liberalización del comercio, y otros individuos relativamente pobres que no pertenecen a organizaciones que buscan rentas
12 Ver Hayek, American Economic Review 35 (4). Hayek recibió el premio Nobel en economía en 1974. 13 Otra parte importante de la explicación proviene de la teoría de la elección pública, a la que me referiré en el próximo párrafo. 14 Congleton, Public Choice 175 (2008), describe la gran influencia de la teoría de la elección pública en la teoría económica y la ciencia política actuales.
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resulten más beneficiados por políticas públicas intervencionistas y redistributivas que por mercados libres, incluyendo los mercados internacionales.15
IV. Estas dos razones sugieren que la correlación indicada más arriba entre los mercados libres y la disminución de la pobreza es causal, no accidental. ¿Cuánto afecta esta conclusión a los argumentos anticapitalistas de Cohen? Como vimos, él sostiene que las buenas consecuencias producidas por los mercados libres no exoneran moralmente a los económicamente más exitosos. En efecto, los productores más talentosos producirían menos si las remuneraciones que perciben en mercados libres fueran recortadas en aras de la igualdad. Para citar un ejemplo imaginado por Cohen, muchos neurocirujanos de alta complejidad preferirían ganarse la vida en tareas menos estresantes si sus ganancias fueran recortadas. Él sostiene que la naturaleza moral de esas decisiones de producir más o menos bienes o servicios que satisfacen necesidades básicas es la misma que la de la amenaza de matar a un niño secuestrado hecha por el secuestrador a los padres de ese niño para que paguen un rescate. Los padres bien pueden tener una obligación moral de pagar el rescate cuando todo parece indicar que es la única manera de evitar que el niño sea asesinado. Pero, por supuesto, esa obligación moral no implica que sea justo que el secuestrador obtenga ese dinero. Cohen señala que, similarmente, los legisladores bien podrían estar moralmente obligados a gravar a los ricos con impuestos más bajos que los requeridos en una sociedad idealmente igualitaria, si esos legisladores previeran que en respuesta a tales impuestos igualitarios los ricos reducirían sensiblemente su producción de bienes y servicios.16 En consecuencia, Cohen está comprometido con el siguiente contrafáctico: “Si los ricos tuvieran un ethos que los hiciera trabajar o producir tanto como lo hacían antes de pagar el impuesto igualitario, entonces todas las consecuencias buenas del capitalismo, incluyendo la elevación del nivel de vida de los más pobres, se mantendrían”. Pero este contrafáctico es falso. Incluso si, por ejemplo, el neurocirujano siguiera operando tanto como como lo hacía antes de las transferencias impositivas igualitarias, tendría que cambiar sus hábitos de consumo. No seguiría comprando algunas de las cosas que compraba anteriormente, en parte porque ya no tiene el dinero que le permite comprarlas, y en parte porque reordenaría sus prioridades en función de sus mayores restricciones presupuestarias. En consecuencia, dejaría de beneficiar a ciertos individuos relativamente pobres. Por ejemplo, los camareros de los restaurantes lujosos que el cirujano frecuentaba, los conductores de camiones que proveen de carne a esos restaurantes, el personal 15
Dos obras fundacionales en la teoría de la elección pública son Buchanan/Tullock, The Calculus of Consent: Logical Foundations of Constitutional Democracy y Olson, The Logic of Collective Action. 16 Cohen, Rescuing Justice and Equality, p. 39 – 41.
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de limpieza de los grandes estudios contables contratados por esos restaurantes y muchos otros individuos relativamente pobres cuyos trabajos y salarios dependen de las ganancias de esos restaurantes se verían perjudicados por la menor frecuencia con la que ese cirujano y los demás ricos comen en ellos luego de la suba de impuestos. Además de este impacto adverso en el nivel de vida de los más pobres, la eficiencia en la asignación de recursos se resentiría. En efecto, las inversiones disminuirían, en parte porque los ricos pueden invertir más que los pobres y en parte porque canalizan una parte desproporcionadamente mayor de sus ingresos a la inversión antes que al consumo. Esta caída en la inversión iría en detrimento de la capacidad de consumir de los más pobres.17 En cualquier caso, los cambios en la inversión y en el consumo producidos por el impuesto (supuestamente) igualitario impedirían que los precios funcionen como señales de escaseces en relación con las preferencias y restricciones presupuestarias de los individuos, señales que, como vimos en la sección anterior, ocupan un lugar central en el argumento epistémico en favor de los mercados libres. Por todas estas razones, y aun cuando todos hubieran adoptado el ethos que Cohen exalta, resulta difícil aceptar su tesis de que el impuesto que imagina beneficiará a los más pobres. Cohen podría objetar que los precios no se alterarían tanto como estoy sugiriendo. Por ejemplo, las masas que reciben las transferencias impositivas podrían ahora comer ocasionalmente en los restaurantes lujosos en los que comía un puñado de ricos, con lo cual los precios de las comidas, insumos y salarios vinculados con esos restaurantes no se alterarían significativamente. Pero esta suposición es arbitraria. Tal vez los beneficiarios de esas transferencias no quieran consumir tanto en esos restaurantes como lo hacían los ricos, dadas las otras cosas que ahora pueden comprar, y esto sin mencionar las diferencias entre las preferencias de diferentes personas. Observaciones similares son aplicables a las decisiones de invertir. Todos estos cambios en la capacidad y voluntad de comprar o invertir se reflejan en un nuevo sistema de precios, un sistema que, a diferencia de los precios que se forman en un mercado completamente libre, y por ello sin impuestos redistributivos, no enviará las señales que, como vimos en la sección precedente, promueven una eficiente asignación de recursos. El dilema entre igualdad y eficiencia, que Cohen imagina superado tras la adopción generalizada de un ethos igualitario, persistiría. ¿Pero acaso no podría Cohen responder que las ineficiencias producidas por los impuestos que imagina serían tolerables en vista de la igualdad que promoverían? El problema de esta especulación es que desafía las correlaciones causales indicadas en la sección III, especialmente si la eliminación de la pobreza tiene un peso especial en la medición de la igualdad. Vimos allí, en efecto, que la libertad económica (entendida de un modo que incluye bajos impuestos) reduce la pobreza. 17 Para el fundamento teórico de la afirmación de que reducciones en la inversión perjudican diferencialmente a los más pobres, ver Schmidtz, The Elements of Justice, p. 140 – 149.
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Y también vimos dos párrafos más arriba que la reducción de la inversión expande la pobreza. Estamos ahora en condiciones de entender por qué es inapropiado el modelo del pago del rescate a un secuestrador, propuesto por Cohen para criticar el comportamiento típico de los ricos en una sociedad capitalista. Si bien, como vimos, hay circunstancias en las que los padres tienen un deber moral de pagar el rescate, el deber moral de los legisladores de permitir ingresos post-impuestos altos no está generado por una amenaza de los ricos de trabajar o producir menos. La justificación de ese deber moral reside en el hecho de que en un mercado libre las decisiones de consumo e inversión habilitadas por esos ingresos constituyen un engranaje en un complejo mecanismo causal que promueve los ideales distributivos de Cohen en mayor medida que las decisiones que tomarían (incluso si estuvieran animados del ethos socialista) en presencia de altos impuestos u otras intervenciones en los mercados. Esto es así porque, como también vimos, tales medidas impiden que los precios señalicen escaseces relativas y favorecen desproporcionadamente a grupos pequeños y bien organizados, especialmente si tienen dinero para influir en las decisiones políticas.
V. He tratado de mostrar que, bajo presupuestos teóricos y fácticos plausibles, el comportamiento de los más ricos en un mercado se ajusta a exigencias igualitarias más que sistemas económicos intervencionistas o estatistas. Por supuesto, conformidad con el deber no es suficiente para que una persona actúe motivada por el deber. En la medida en que los ricos actúan motivados por el autointerés, y no por el deseo de promover la prosperidad y reducir la pobreza, podría pensarse que su comportamiento es condenable. Esta objeción merece ser tomada con cuidado si, como anuncié, seguimos a Cohen en su rechazo de la suerte moral. Daré por sentado, pues, que las consecuencias deseables del capitalismo son irrelevantes para evaluar el comportamiento capitalista si no fueron producidas intencionalmente. No obstante, no es necesario tirar por la borda los mercados libres y con ello todas las buenas consecuencias que (como vimos en la sección III) ellos producen, para promover la virtud. Podemos imaginar, como lo hice en el segundo párrafo de la sección II, a capitalistas motivados por un deber moral de ayudar a los desempleados, los gravemente enfermos y otros individuos que presumiblemente serían beneficiarios prioritarios de las redistribuciones propuestas por Carens y Cohen. La evidencia empírica y las teorías económicas que discutí brevemente en la sección III sugieren que ese deber se cumple comportándose como un típico capitalista en un mercado libre. Por consiguiente, el ethos que contribuye a la estabilidad de un sistema social justo no tiene por qué imponer los grandes costos personales que entraña el ethos exaltado por Carens y Cohen.
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Nótense las diferencias entre la defensa del mercado que estoy sugiriendo y la basada en la “mano invisible” que Adam Smith hiciera famosa. Smith señaló que el mercado libre induce a individuos autointeresados a interactuar de modos que promueven una prosperidad general que nadie intenta promover.18 Por el contrario, el capitalista que estoy imaginando actúa por deber, no (solamente) por autointerés. Es una conciencia del deber que, a diferencia del ethos requerido por Carens y Cohen, no requiere renunciar al autointerés característico de quienes operan en los mercados. Pero tiene que estar suficientemente generalizada para que la libertad económica sea estable. Conviene detenerse en este punto. Como han sostenido los teóricos de la elección pública, los mercados libres son instituciones inherentemente inestables. Como vimos en la sección III, quienes resultarían beneficiados por políticas públicas que van en detrimento de la prosperidad general tienen incentivos para invertir en “búsqueda de rentas”, es decir, actividades enderezadas a lograr cambios legislativos o jurisprudenciales que impongan regulaciones que dificultan la entrada de competidores al mercado o interpretaciones del derecho favorables a sus intereses. La búsqueda de rentas responde a una estructura de incentivos que en la teoría de juegos se conoce como “dilema del prisionero”, en una versión generalizada a muchos jugadores. Un ejemplo de esta estructura es la elección de un individuo, Juan, entre (a) beneficiarse del hecho de que todos compitan en un mercado libre, o (b) beneficiarse aún más si todos menos Juan compiten en ese mercado. Para Juan es económicamente racional elegir (b), y por ende invertir tiempo y dinero en buscar rentas. Este análisis predice, pues, una gran inversión en búsqueda de rentas, lo que a su vez conduce a regulaciones anti-competitivas y otros privilegios legislativos que destruyen las señales de escaseces relativas que emiten los precios que se forman en los mercados libres. Recordemos, una vez más, que tales señales son una parte importante de la explicación de la menor pobreza y la mayor prosperidad general observada en los mercados más libres. Dado que el buscador de rentas procura, como vimos, alterar en beneficio propio las reglas vigentes, su comportamiento desestabiliza cualquier sistema económico. ¿Cómo explicar, entonces, las diferencias en el grado de libertad económica que observamos en distintas sociedades? Una posible explicación remite al grado y extensión con que una sociedad adoptó un ethos pro-mercado y, por ende, rechazó la tentación de buscar rentas. Cuando esa explicación es adecuada, el mercado queda justificado sin apelar a la suerte moral. Para entender este punto, conviene tener presente que los dilemas del prisionero desaparecen si cambian las ganancias de los jugadores. Ese cambio puede consistir en un incentivo legal suficientemente fuerte para que los individuos cooperen (es decir, produzcan y comercien) en lugar de ser lo que los teóricos de juegos llaman free riders (pasajeros sin cargo), que en el caso que nos ocupa buscan rentas. Por ejemplo, algunos autores sostienen que el federalismo induce a los 18
Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, p. 16 y 421.
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ciudadanos a residir y desarrollar sus actividades económicas en provincias o municipalidades que les ofrezcan paquetes atractivos de libertades económicas y bienes públicos financiados con impuestos. Los disconformes con los impuestos, las regulaciones anticompetitivas o la insuficiente producción de bienes públicos pueden emigrar a otras jurisdicciones que les ofrezcan paquetes más atractivos. Esto perjudicaría políticamente a las autoridades locales, ya que la pérdida de contribuyentes les haría más difícil financiar la educación básica, los servicios de pavimentado, los seguros de desempleo y otros programas de los que dependen sus votos y la permanencia de los demás contribuyentes. Por consiguiente, las autoridades locales tienen incentivos para desalentar la búsqueda de rentas, ya que, como vimos, ella engendra las políticas públicas responsables de esas migraciones internas.19 Ahora bien, hay otra razón por la cual un dilema del prisionero puede desaparecer. Los jugadores pueden experimentar una conversión moral que les haga preferir la alternativa cooperativa.20 En el caso que nos ocupa, esa conversión moral los llevaría a hacer su parte en la producción de las buenas consecuencias que tienen los mercados libres. La evidencia empírica esbozada en la sección III sugiere que un individuo cumple con esa obligación cuando respeta los derechos de propiedad y los contratos que están en la base de los mercados libres. Los ejecutivos de grandes firmas, por ejemplo, cumplen con esa obligación al maximizar las ganancias de esas firmas, tal como lo exige una compleja trama contractual en la que participan accionistas y autoridades de la firma. A muchas personas que interactúan en un mercado libre, quizá una amplia mayoría, no les resultará gravoso cumplir con tales obligaciones, ya que al hacerlo aumentan sus propios ingresos. Pero hay un deber ciertamente gravoso y crucial para la estabilidad del sistema: el deber de abstenerse de buscar rentas. Como también sugiere esa evidencia empírica, ese deber surge, irónicamente, de valores que los críticos del mercado típicamente invocan. Uno de esos valores es la igualdad, al menos cuando esta es entendida del único modo en que puede constituir un ideal defendible, es decir, como un ideal que nos prohíbe apoyar políticas que expanden y agudizan la pobreza.21 El resultado de esta línea de 19
Somin, Democracy and Political Ignorance: Why Smaller Government is Smarter, capítulo 5, desarrolla esta defensa del federalismo. Uso aquí el término “bien público” en el sentido que tiene en la teoría económica, es decir, y puesto muy toscamente, un bien cuya producción en un mercado libre es subóptima debido a la imposibilidad de cobrarles un precio a quienes lo usan. Estos tienen por ende incentivos para ser pasajeros sin cargo en los costos que otros pagan para producir el bien. Un ejemplo clásico de bien público es la defensa nacional. Sobre el dilema del prisionero que subyace a la producción de un bien público, ver, por ejemplo, Gaus, On Philosophy, Politics, and Economics, p. 109. En la presente propuesta, el federalismo contribuye a producir óptimamente dos tipos de bienes públicos: (a) la eliminación de la búsqueda de rentas y (b) bienes púbicos tradicionales, como los servicios de policía y la belleza escénica (en la medida en que, por ejemplo, pueda ser producida por leyes de zonificación). 20 Ver, por ejemplo, Parfit, Reasons and Persons, p. 62 – 66. 21 Frankfurt, On Inequality, critica convincentemente concepciones de la igualdad que requieren en ciertos casos reducir el bienestar o los recursos de los más pobres.
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argumentación es que los críticos igualitarios del mercado que rechazan la suerte moral tienen razones para promover un ethos pro-mercado.
VI. Por supuesto, no estuve usando las palabras “capitalismo” y “mercado” para referirme a lo que en inglés se suele llamar crony capitalism (capitalismo de amigos), un sistema que rige en muchos países comúnmente llamados “capitalistas”. En el capitalismo de amigos, algunas grandes empresas y otras organizaciones económicamente poderosas buscan exitosamente rentas. El capitalismo de amigos es claramente criticable por un sinnúmero de razones, incluyendo razones igualitarias. Lo que hace interesante las ideas de Cohen, Carens y otros socialistas es que su blanco es un adversario más difícil de enfrentar: los mercados genuinamente libres, donde la búsqueda de rentas no existe, o al menos no tiene un impacto significativo en las políticas públicas. Como vimos en la sección precedente, mi respuesta a esos autores no cuestiona el ethos que ellos exaltan sino su presuposición de que individuos animados por ese ethos y bien informados se opondrán al capitalismo, como algo diferente del capitalismo de amigos. También vale la pena subrayar que mi respuesta a Carens y Cohen no niega que tengamos deberes de ayudar a víctimas de graves infortunios. Supongamos que un individuo animado por el ethos pro-mercado no pueda, por razones ajenas a su voluntad, producir o vender nada que otros deseen comprar: está física o mentalmente discapacitado, ha perdido el trabajo como consecuencia de una recesión, etcétera. Imaginemos también que carece de familiares o amigos. Podría parecer que la línea argumentativa que desarrollé hasta aquí implica que nadie tiene el deber de ayudar a esa persona, ya que ello substraería recursos de la producción de bienes demandados por los consumidores y, por ende, constituiría una violación de los deberes de maximizar ganancias en un mercado libre, dadas las consecuencias igualitarias que ello parece tener a la luz de la evidencia indicada en la sección III. Esta implicación podría ser tomada como una reducción al absurdo de mi defensa del mercado, ya que razones de decencia o compasión mínimas imponen obligaciones de ayudar a esas personas, al menos cuando la ayuda puede ser brindada sin costos personales significativos. Pero el argumento que propuse no tiene esa implicación. Dado que el individuo que imaginé en el párrafo anterior tiene un ethos pro-mercado, su situación dramática no fue producto de su ineptitud o mala suerte en la búsqueda de rentas. Esa situación fue producto de su pura mala suerte. Por consiguiente, ayudarlo no le dará incentivos perversos. Más aún, si todos estuvieran imbuidos del ethos promercado, esa ayuda no les dará incentivos perversos a otros individuos. Esto muestra que es la adopción generalizada, aunque no necesariamente universal, de un ethos pro-mercado lo que nos permite proclamar deberes de ayuda defendibles,
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deberes cuyo cumplimiento no desviará significativamente recursos desde la inversión y la producción hacia la búsqueda de rentas.
VII. Como vimos, la crítica de Cohen al capitalismo extiende implícitamente la doctrina del doble efecto a los beneficios colaterales: tales beneficios no serían razones para elogiar a quienes los causan. Esta idea le permite a Cohen rechazar defensas del capitalismo basadas en procesos de mano invisible. Mi respuesta a Cohen no rechaza esta extensión de la doctrina del doble efecto, sino su creencia de que la abolición de la propiedad privada de los medios de producción es necesaria para erradicar las motivaciones innobles que, según él, subyacen al comportamiento capitalista típico. Si (i) los principios socialistas que Cohen suscribe son válidos, (ii) la acción motivada por esos principios, y no la que meramente se conforma a ellos, tiene valor moral, y (iii) el capitalismo alcanza mejor que sistemas factibles alternativos los resultados exigidos por esos principios, entonces debemos procurar que quienes interactúan en el mercado lo hagan, al menos en parte, con la intención de contribuir a que esos resultados se produzcan, o en todo caso sientan algún tipo de satisfacción moral por realizar esa contribución. Esto requiere transparentar los beneficios del mercado: transformarlos, de efectos colaterales ampliamente ignorados, en resultados buscados intencionalmente, o por lo menos producidos con algún grado de orgullo. Las características del proceso educativo capaz de transparentar esos beneficios son un tema de investigación que excede los límites de este trabajo. En la sección I sugerí que las razones que llevan a Sancinetti a rechazar la suerte moral como razón para eximir de castigo a quienes no producen resultados disvaliosos valen también para no premiar a quienes producen resultados valiosos. Ambos tipos de resultados son meros efectos colaterales de los resultados que el agente intenta producir, ya sea como medio o como fin. Espero haber mostrado que este corolario del rechazo de la suerte moral está en la base de una versión generalizada de la doctrina del doble efecto y que esta versión facilita la evaluación de influyentes argumentos en la filosofía política actual y sugiere movidas hasta ahora inexploradas.22
22 Durante la preparación de este trabajo me beneficié de muchas conversaciones con Ezequiel Spector, pero soy el único responsable de los errores que pueda contener.
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La imagen en el derecho penal Por Alejandro F. Poquet “[q]ue no quede todo librado a nuestra humilde y limitada razón”, Marcelo A. Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación.
I. Agradecido y honrado acepté la invitación del profesor Eric Hilgendorf a participar en este libro homenaje al Prof. Dr. mult., Dr. h. c. Marcelo A. Sancinetti con motivo de su septuagésimo cumpleaños, organizado también por sus discípulos Marcelo D. Lerman y Fernando J. Córdoba, de conformidad con la tradición alemana de cuya cultura Sancinetti se siente deudor y con la cual dialoga en sus libros, artículos, traducciones y conferencias, convencido de que es el modo de mejorar la discusión crítica de la dogmática penal de habla hispana en su país de origen. Por esta razón, el hecho de que esta obra festiva, además, sea publicada en una editorial alemana suma valor al reconocimiento de la trayectoria de este jurista argentino que trascendió las fronteras de su país, al punto que algunos de sus trabajos fueron aceptados y debatidos en la exigente lengua de Goethe.
II. Conscientes del carácter resistente de la realidad y los límites del lenguaje para conocerla, los hombres de talento aceptan con hospitalidad las paradojas. Es por esa razón que me animo a entregar como homenaje un texto que no guarda, en principio, ninguna relación con los principales intereses científicos de Sancinetti. Además, es probable que el homenajeado no esté de acuerdo con el contenido de este trabajo, ni con su epígrafe utilizado como subtítulo de este artículo,1 al extremo de poder ser aplicables aquí las mismas palabras de Eberhard Struensee a la relación propuesta por Sancinetti entre concepción subjetiva del ilícito y teoría de la imputación objetiva: “Está todo mal eso que usted dice ahí”.2
1
Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación, p. 19. Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación, p. 642 y en Dogmática penal entre naturalismo y normativismo, p. 530. 2
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III. Más allá de que el homenajeado pueda sentirse tentado a usurpar la voz de Struensee en relación con el contenido de este homenaje, asumo el riesgo al estar convencido de que la importancia de la imagen o la metáfora no puede ser ignorada en el proceso cognoscitivo3 en general y no puede obviarse la pregunta sobre si cumple alguna función en ese proceso y, en caso afirmativo, cuál (esencial, accesoria o decorativa). Este interrogante, por ende, tampoco puede ser dejado de lado en la construcción del saber jurídico, aun (o con mayor razón) si se está interesado principalmente, como es el caso de Sancinetti, en las posibilidades de una teoría de la imputación,4 racional y justa,5 en el marco de la “pulcritud” de la teoría del delito desprovista de la magia causal,6 o de la pulcritud del sistema sin magia causal.7 Razones de espacio no me permiten explicar los distintos sentidos atribuidos al concepto de imagen, ni su relación con el pensamiento. Me veo obligado a limitarme a mostrar ejemplos de importantes dogmáticos que hacen uso de ella en el proceso de construcción de categorías centrales del saber jurídico penal e, incluso, en el propio ilícito penal, que es el campo más fértil de los trabajos del aquí homenajeado. Por la frecuencia de este uso, consciente o inconscientemente, se parte de la hipótesis de que la imagen y la metáfora cumplen una función teórica y práctica que no se puede subestimar y es necesario esclarecer.
IV. Así como el Lehrbuch de Hans Welzel fue una “experiencia electrizante” para Sancinetti, produce una sensación similar su otra obra Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, traducida al español como Introducción a la Filosofía del Derecho. Derecho natural y justicia material. Es una obra digna de admiración y provoca un enorme placer intelectual leer el registro, en preciosa síntesis, de “un coloquio de dos milenios y medio de duración” acerca de las distintas teorías del derecho natural que se fueron sucediendo en el tiempo, con el fin de poder determinar (esfuerzo no menor) la “ética jurídica material” o los principios materiales del recto obrar social.8
3
Welzel, Introducción a la Filosofía del Derecho, p. 336. Sancinetti, Derechos Humanos en la Argentina post-dictatorial, XVII – XXI. 5 Sancinetti, Fundamentación subjetiva del ilícito y desistimiento de la tentativa, p. 289. 6 Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación, p. 640; Sancinetti, Dogmática penal entre naturalismo y normativismo, p. 528. 7 Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación, p. 21. 8 Welzel, Introducción a la filosofía del derecho, p. 1 – 3. 4
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Después de recorrer todas estas teorías antiguas, medievales, ilustradas, idealistas, positivistas, neokantianas, marxistas, existencialistas, entre otras, queda la impresión que, en última instancia, se trata de un “coloquio entre imágenes”. En el último capítulo de esta obra, Welzel se pregunta qué es lo que queda de este recorrido de dos mil quinientos años realizado para conocer la justicia material a través de la teoría del derecho natural. Esta pregunta encierra la angustia kantiana de la falta de seguridad acerca de puntos firmes en la naturaleza humana, ante lo cual “las distintas figuras de los hombres hacen de todo el espectáculo algo incierto y engañoso”. Ese punto firme y permanente lo encuentra Welzel en la “idea” del derecho y, con una metáfora y en lenguaje poético, grafica que los derechos eternos se encuentran en el cielo junto a las estrellas.9
V. En su tesis doctoral, Armin Kaufmann analizó lo que se podía rescatar de la teoría de las normas de Binding para fijar los fundamentos de una moderna dogmática penal (Lebendiges und Totes in Bindings Normentheorie). Al comenzar su crítica de los fundamentos de la teoría de las normas y sentar el punto de partida de su investigación, lo primero que hace el autor es resaltar la ambigüedad de la palabra “norma” por su variedad de significados, uno de los cuales es, precisamente, el de una metáfora (más adelante aclara que es una forma ideal —Denkform—). En el lenguaje jurídico romano, el concepto de norma era utilizado “como una metáfora para indicar la relación entre la conducta general acorde con las prescripciones y la conducta particular que se apartaba de aquéllas”.10 En realidad, no hace falta recurrir a un período tan lejano, porque contemporáneamente Winfried Hassemer también considera a las normas como imágenes, aunque nebulosas y débiles, y son estas imágenes normativas las que construyen otra imagen: la de la sociedad y las personas junto con su identidad.11 Sería demasiado sustituir el título del libro de Kaufmann “Teoría de las normas” por el de “Teoría de las metáforas jurídicas”, pero serviría para llamar la atención sobre la estrecha relación entre imagen y pensamiento jurídico. Es digno de atención, también, que para su fundamento inicial Kaufmann cite Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, libro en el cual Welzel, como ya se describió en el acápite anterior, tras destacar la idealidad como esencia del derecho, advierte que cada iusnaturalista se apropia de antemano, y según su deseo, de un concepto de la naturaleza humana. Cuando Kaufmann analiza la esencia del delito en Binding, como “autorrealización de la culpabilidad”, complementa esa definición con una metáfora: la 9
Welzel, Introducción a la filosofía del derecho, p. 319 – 328. Kaufmann, Teoría de las normas, p. 47 y 165. 11 Hassemer, ¿Por qué castigar?, p. 32 – 35.
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“contraimagen de la acción perfecta”, a la cual suma “el anillo del delito” para explicar la inseparabilidad tanto de la culpabilidad subjetiva, como de la antijuridicidad.12 En el punto relacionado con el “círculo de los destinatarios de la norma”, Kaufmann se explaya en párrafos cargados de imágenes para criticar la relación de Binding entre norma, como orden, y el capaz de acción, como único destinatario, como también a aquellos que agregan entre los “destinatarios inidóneos” al que duerme y al sordomudo. Dice que la “imagen” del destinatario de la orden de Binding no es apropiada, por lo que propone una “imagen acertada”: la de un trasmisor radial, imagen que le permite lograr “un sistema jurídico penal cerrado”.13
VI. También encontramos imágenes en el pensamiento de otro subjetivista, Diethart Zielinski, especialmente en un elemento central de la teoría del ilícito como lo es el dolo. En efecto, en su obra “Dolo e imprudencia”, traducida al español por Marcelo Sancinetti, desecha la fórmula tradicional de saber y querer la realización del tipo, concibiéndolo, por el contrario, como decisión de realizar un proyecto de acción en conocimiento de las modalidades típicamente relevante y de las consecuencias de la acción. Dolo es igual, aquí, a actuar con conocimiento del riesgo típico.14 Cuando Zielinski se interna en los elementos del dolo, al tratar la forma de la consciencia de este y procurando explicar la intensidad de ese conocimiento, propone una especie de diálogo o correspondencia entre dos imágenes: la imagen de representación de la acción del autor con la imagen de la acción tipificada. Incluso es uno de los pocos juristas que intenta dilucidar el contenido de esa imagen, aunque limitándose al campo psicológico, sin alcanzar un nivel filosófico. No obstante, los conceptos imagen, representación, operación mental racional, proceso vital unitario y un conjunto difuso de experiencias, conocimientos y motivaciones, conviven sin explicar el modo de esta convivencia aparentemente pacífica, limitándose Zielinski a invocar, únicamente, la tesis psicologista del jurista austríaco Wienfried Platzgummer, de quien toma, a su vez, el concepto de coconsciencia, el que también intenta explicar a través de “la imagen vital de la acción”.15 Cabe agregar que Zielinski recurre a la imagen incluso para los casos conocidos de movimientos reflejos o acciones automáticas, para los que exige que el autor vivencie las circunstancias y consecuencias de la conducta a modo de imagen.16 Al analizar el riesgo de lesión típica del bien jurídico, como objeto del dolo, echa mano 12
Kaufmann, Teoría de las normas, p. 22 – 23. Kaufmann, Teoría de las normas, p. 163 – 166 y 387 s. 14 Zielinski, Dolo e imprudencia, p. 34. 15 Zielinski, Dolo e imprudencia, p. 38 s. 16 Zielinski, Dolo e imprudencia, p. 40 s.
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a este mismo concepto a manera de salvación, porque el autor nunca puede tener una “imagen” de representación completa de la realidad, ya que los contenidos de representación mentales, conceptuales, lingüísticos, son “ricos en imágenes”.17
VII. En su obra sistemática, Günther Jakobs grafica con precisión dogmática la presencia de la imagen en la construcción de la teoría de la imputación penal. Para este autor el concepto de acción en la teoría del injusto encierra una imagen del ser humano. Por tanto, ante las diferentes escuelas de pensamiento penales este ser ha revestido las más diversas imágenes, según la filosofía jurídica de la cual parta cada una de esas escuelas. En palabras de Jakobs: “En la determinación del concepto de acción no se trata sólo de imputar su acción a un sujeto, sino que al establecer el concepto de acción se determina simultáneamente lo que es un sujeto y lo que es su acción […]. La constitución psicofísica de la persona, relevante para el injusto penal, no está establecida desde el principio. Ya la diversidad de los conceptos de acción hasta ahora manejados en el injusto entraña también una diversidad de sujetos actuantes: El sujeto que actúa voluntariamente en el concepto causal de acción está menos especificado que el sujeto que actúa directivamente en el concepto final de acción”.18
Cito también textualmente el próximo párrafo, por su importancia con el tema de la imagen en la teoría de la imputación, sin perjuicio de que aquí Jakobs prioriza el tema de la dirección de la acción y el control de los impulsos: “En la determinación del sujeto de la imputación se declara sistema una estructura psicofísica de la cual en el ámbito del injusto sólo interesa el output en forma de actos voluntarios (concepto causal de acción) o de actos dirigidos (concepto final), mientras que el control de los impulsos, en el ámbito del injusto, es asunto (interno) del sistema, es decir, es asunto del sujeto de la imputación”.19
En apoyo de esta imagen de sujeto actuante con relevancia penal cita a Luhmann, para quien “[e]l concepto penal de acción es, pues, una noción equívoca de lo que ha de analizarse, se trata de lo que es un sujeto”. La función de la imagen (de Jakobs) en relación con el sujeto concreto imputado también cobra relevancia con su posterior afirmación acerca de que la imputación penal del injusto tiene que resignar la plena “constitución de cada individuo”, pues el derecho penal debe posibilitar la seguridad de la expectativa en contactos sociales poco asegurados y anónimos.
17
Zielinski, Dolo e imprudencia, p. 44. Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 168 s. 19 Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 169. 18
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Es decir, la imagen del hombre actuante (más allá del hombre concreto que actuó) es necesaria para garantizar esta expectativa social y, en la sistemática de Jakobs, esa imagen se construye sobre la base del rol que se le atribuye al sujeto. En procura de una “imputación individualizadora” se procura “una distanciación del autor lo más amplia posible”, lograda gracias al estándar al que se recurre para formular la imputación. Esta distancia del sujeto concreto imputado se refuerza con su concepto de conducta humana a través de la evitabilidad, en tanto esta se determina gracias a un escenario hipotético, consistente en imaginar qué habría hecho el autor en posesión del motivo dominante de evitar la acción que realizó.20 Esta distancia del sujeto que actúa, esta relevancia de la expectativa social en la determinación de la “constitución psicofísica” del autor, lleva al paroxismo cuando Jakobs le atribuye capacidad de acción penal a las personas jurídicas. Para esta conclusión explica que lo importante no es la naturaleza, sino la valoración del sujeto de la imputación: “qué sistema psicosomático se trata de juzgar por sus efectos exteriores”. Esta valoración puede estimar que, además de una persona física con mente y cuerpo, el sujeto del sistema de imputación también puede estar conformado por una persona jurídica con estatutos y órganos. Agrega: “Más bien los estatutos y los órganos de una persona jurídica se pueden definir también como sistema, en el cual lo interno —paralelamente a la situación en la persona física— no interesa … pero sí interesa el output. Las actuaciones de los órganos con arreglo a sus estatutos se convierten en acciones propias de la persona jurídica”. Pero no solo de acción dota Jakobs a las personas jurídicas, sino también de culpabilidad, consciente de requerir algo más que la culpabilidad de sus órganos. No obstante este “algo más” no queda claro en su comparación con las personas físicas. Su “imagen” de culpabilidad es difusa o incompleta, en tanto “se trata de que un órgano actúe con efecto para la persona jurídica sin que la competencia del órgano pudiera recortarse mediante los estatutos de la persona jurídica”. Concluye de manera dogmática: “Así pues, tanto para la acción como para la culpabilidad son idénticas las formas dogmáticas (y no sólo los nombres) en la persona física y en la persona jurídica”.21 La imagen vuelve en esta obra al momento de conceptualizar la pena, cierto que de un modo tangencial, pero que igual permite, creo que sin forzamiento, llegar a la conclusión de que cualquier teoría de la pena es, para Jakobs, una especie de imagen, solo que algunas son negativas y otras positivas. Se opone por superficial a la “imagen de la pena” de Grocio (pero no por ser una imagen), una teoría absoluta de la pena en la cual esta es un mal que recae en virtud de un mal realizado previamente. Por el contrario, considera, con Hegel, que a la pena no hay que definirla por su lado negativo, sino por su aspecto positivo: muestra (¿imagen?) de la vigencia de la norma a costa de un responsable.22 20
Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 170, 172, 174. Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 182 ss. 22 Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 8 s. 21
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VIII. Dejo para el final al aquí homenajeado, quien con su propuesta de erradicar totalmente al resultado del ámbito del ilícito penal, tacha de creencia mítica y prejuiciosa a la dogmática penal —hegemónica— de corte resultatista, aquella que considera a la consecuencia de la acción como elemento constitutivo del ilícito.23 Es decir, según esta investigación, nada más alejado de la razón, la lógica y la coherencia sería el modelo de imputación tradicional y francamente mayoritario, porque estaría conformado, en el ámbito del disvalor, por magia, azar y mito. Este mito se desdobla en primario —para fundamentar y agravar el ilícito—, al identificar el resultado con una voluntad más mala, y en mito secundario, al convertir al resultado en sospechoso de la voluntad del autor.24 Cuando Sancinetti pone en duda la racionalidad y la lógica del silogismo de correspondencia de Nino (el resultado es una garantía liberal) en su libro “Los límites de la responsabilidad penal”, se basa también en una imagen, la “imagen de operatividad de la norma disuasoria”, para la cual “la circunstancia de que se cause, en efecto, el resultado disvalioso, o no, es absolutamente irrelevante para la noción de infracción a la norma”; norma cuyo concepto es muy amplio e impreciso para Sancinetti,25 con lo cual parece acercarse a una de las críticas que se le formula a la imagen: su falta de precisos contornos. No solo el pensamiento jurídico penal mayoritario es mítico, también la sociedad: “Si viviéramos en una sociedad menos mágica, la tacha de inconstitucionalidad contra la agravación de la pena del delito consumado debería prosperar”.26 De este modo, Sancinetti señala el camino contrario al que se empeña en recorrer la tradición social y jurídica con la exigencia del resultado para saciar la sed de una justa imputación. El autor advierte que este señalamiento en minoría corre el peligro de convertirse en un rasgo autoritario, pues se podría percibir como una imposición que proviene de una alta o elitista razón que la mayoría democrática no comparte. Tan consciente es de este peligro que recuerda un consejo de Paul Feyerabend sobre la necesidad de escuchar las voces de esas tradiciones sociales. Claro que Sancinetti hace un esfuerzo por convencer que no trata de “imponer” una solución, sino, por el contrario, de dilucidar cuál es la respuesta más racional y justa frente al ilícito; objetivo que, como vimos, se repite más de una vez en su obra.27 Pero con esta cita Sancinetti entra en un terreno epistemólogo peligroso, pues Feyerabend representa todo lo contrario a lo que él declama, e incluso se enfrenta en varias partes de su obra con Karl Popper, filósofo del que Sancinetti toma conceptos esenciales. Feyerabend se proclama un anarquista del conocimiento que propone 23
Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 11 y 71. Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 68 – 72. 25 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 85 y 98. 26 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 126, 128 y 132. 27 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 132.
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tomarse las cosas a la ligera, aun los postulados de la ciencia, prefiriendo con los años ser recordado como un frívolo dadaísta.28 Contrasta que en la página siguiente Sancinetti invoque el racionalismo crítico de Karl Popper, cuya filosofía fue criticada por el “ligero dadaísta” por formalista y elitista, por ser una colección de slogans tales como verdad, honestidad intelectual, rigor, falsación, con un método que no es más que una imagen metodológica, aclarando que la ciencia está más cerca de las artes y se asemeja mucho más al mito.29 De igual riesgo epistemológico se puede hablar con la coincidencia entre Nino y Sancinetti en la imagen del legislador como si fuera una especie de figura geométrica, de lo cual se deriva un conceptualismo que oculta las valoraciones del jurista detrás de “dogmas científicos” (Nino), o un prejuicio mítico o religioso que conduce a los juristas a interpretar un código como si fuera un libro sagrado (Sancinetti). El filósofo del derecho argentino impugna toda la dogmática jurídico-penal continental europea por deducir soluciones normativas de la ficción de un legislador perfecto, incapaz de lagunas, errores o contradicciones.30 Por su parte, el homenajeado le atribuye a la formación jurídica estar basada en un nuevo pensamiento mágico, ya no relacionado con el resultado (azaroso) del ilícito, sino con la concesión de sentido a cualquier palabra del legislador por considerarlo legatario de un ser divino.31 Es, repito, un racionalista crítico el que denuncia magia, mito y ficciones en conceptos y funciones esenciales de la dogmática jurídico-penal. No obstante, y más allá de algunas metáforas aisladas como complementos explicativos (“norma madre” y “norma hija”),32 o la “imagen factible” de un observador objetivo,33 también se pueden hacer ciertos señalamientos “imaginarios” con relación a algunos conceptos dogmáticos que maneja Sancinetti, comenzando por la base de su ilícito penal: el dolo. Su modelo subjetivo parte de la idea de que el ilícito es graduable, porque la estructura del dolo lo permite, recayendo su menor o mayor gravedad en el elemento “intelectual”, es decir en el “grado de probabilidad de daño representado por el autor”, con lo cual postula una “pura teoría de la representación”.34 La consciencia segura y la consciencia insegura son los dos conceptos sobre los que gira el fundamento del dolo y del dolo eventual, para cuya delimitación es 28
Feyerabend, Tratado contra el método, p. 6. Cabe aclarar que la cita de Sancinetti es de un libro posterior de Feyerabend, titulado La ciencia en una sociedad libre, no obstante en este volumen profundiza sus ideas anteriores, al punto de advertir sobre la amenaza de la ciencia para la democracia, cultivada por expertos interesados y de dudosa fiabilidad (p. 87 y 101). 29 Feyerabend, Tratado contra el método, XVI, p. 32, 157 – 167 y 289. 30 Nino, Los límites de la responsabilidad penal, p. 64 – 76. 31 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 224. 32 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 422. 33 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 573. 34 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 136.
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necesario echar mano a la imaginación del autor, pues la seguridad o inseguridad son hipotéticas, exclusivas de la mente o el grado de reflexión del sujeto actuante, lo que denomina “auto-abribución de chances”, siendo determinante en el disvalor de acción “la entidad de las posibilidades que le atribuya el autor a su plan de acción”. También para el establecimiento del elemento subjetivo en el delito imprudente, “nos imaginamos [dice Sancinetti] un autor que se representa la posibilidad de que ‘pueda pasar algo’”.35 Más allá del aspecto objetivo acerca del grado de posibilidades reales de afectar el objeto de bien jurídico, el intérprete debe partir de una imagen basada en la imagen del autor doloso o imprudente, imagen o representación que lleva la carga de poder convertirse en “voluntad de realización”. Por otra parte, al adherir Sancinetti a la teoría de la representación aparece el mismo dilema que con Zielinski, en el sentido de que nunca se termina de saber, a ciencia cierta, en qué consiste la consciencia (segura o insegura), ni la “pura” representación, la cual en el caso del autor alemán se acerca a la percepción como reproducción incompleta de la realidad. Ludwig Wittgenstein vincula la representación a la imagen, explicando que nos representamos el conocimiento al modo de la percepción de un proceso externo, pero no se puede estar seguros de esta proyección, porque lo que esta “representación” muestra es la “imagen” que nos hacemos del conocimiento.36 Es decir, la teoría pura de la representación bien podría ser enunciada como una teoría pura de la imaginación, principalmente porque la imagen ha sido identificada en el campo filosófico tanto con la conciencia como con la representación y ningún exponente de esta teoría jurídica ha brindado explicaciones para delimitar estos conceptos o dilucidar su grado de interrelación, salvo el caso ya visto de Zielinski que parece asociar imagen a percepción (sin hacerse cargo de los cuestionamientos filosóficos y psicológicos), convirtiendo a esta en un recipiente de abigarrado contenido con elementos harto heterogéneos (experiencias, conocimientos, motivaciones) que no se sabe cómo actúan o influyen entre sí. En Armin Kaufmann, por su parte, la sola representación alcanza para ser “capaz de acción”, sin necesidad de la existencia real del objeto, con lo cual se suma a las anteriores una nueva sinonimia.37 Este problema se manifiesta en el capítulo primero de esta obra de Sancinetti, cuando aborda su teoría monista del ilícito y trata su fundamentación con la delimitación del delito doloso de lesión, el doloso de puesta en peligro, el dolo eventual y el delito imprudente. A la falta de precisión sobre los conceptos antes mencionados, se agrega la equiparación entre consciencia (no explicitada) segura y sensación de seguridad, con lo cual parece ser intercambiable la impresión del autor con su conocimiento cierto o reflexivo, sensación que también es utilizada para 35
Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 139 ss. Wittgenstein, Sobre la certeza, parágrafo 90, 14 c. 37 Kaufmann, Die Dogmatik der Unterlassungsdelikte, p. 210, citado por Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 470. 36
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equipararla a la seguridad de afectación del objeto de bien jurídico o de la producción del resultado.38 Cuando construye el tipo objetivo doloso para delimitar el campo prohibido de la “representación” (antes que el autor, “la primera señora del dolo es la norma”) utiliza otros conceptos como sinónimos de esa representación, que introducen una incertidumbre mayor, tales como identificar y creer: “identificación” de un peligro concreto a partir del cual la acción está prohibida (dolo), “saber o creer” que se crea el riesgo de una situación de hecho prevista en un tipo penal (dolo), “creencia” en que no había riesgo o que era remoto, cuando en realidad sí lo había (error de tipo). El verbo creer también es empleado para el tipo subjetivo de justificación, ya que la “creencia” del autor problematiza la existencia del ilícito.39 Representación, identificación, creencia, saber y consciencia (segura e insegura) son fungibles en el proceso de demostración del concepto unitario de dolo (y en el “dolo de justificación”) y su carácter graduable,40 como también en el “reconocer” el síndrome de riesgo para identificar la estructura del delito doloso de peligro y el imprudente41 (por lo demás, aquel “creer” que se equipara a “saber” difícilmente pueda ser el mismo “creer en ejecución” o “creer que el hecho no se ha consumado” con el que Sancinetti le permite al autor desistir a pesar de estar “el hecho “objetivamente” consumado”).42 Esta representación es la misma que requiere esta sistemática en el delito imprudente, en tanto se trata aquí de un “mini-dolo”, conformado por una representación lejana o remota del resultado o de una posibilidad abstracta de que acontezca. Es importante advertir aquí que el propio Sancinetti pone de manifiesto “el problema verbal agudo” que se oculta detrás de los “ambiguos” conceptos de “consciente” e “inconsciente”,43 ambigüedad que, como se viene mencionando en este artículo, le ha permitido a los distintos autores manejarse sin demasiado rigor con todas estas categorías, al punto que cualquiera de ellas podría ser sustituida sin mucho problema por “imaginación”, ya que esta es entendida como representación, percepción, consciencia, pensamiento y tantas otras funciones más de las que da cuenta la historia filosófica. A estos usos o giros se puede agregar la representación como mero “parecer” que utiliza Sancinetti cuando analiza el caso de la tentativa absolutamente inidónea (“existen evidentes razones […] para motivar a que nadie dispare contra nada que le parezca un ser humano”),44 como también su expresión “representación de la 38
Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 140, 148 y 150. Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 568. 40 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 199 – 201, 203 y 207 – 210. 41 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 257 – 259. 42 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 439 y 444. 43 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 284 – 287. También los vocablos “decisión” e “intención” cargan con cierta ambigüedad según Sancinetti, p. 415. 44 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 475. 39
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imagen” para graficar el tipo de la tentativa acabada: “Y también es simple representarse la imagen que, paralelamente, sería propia del tipo de la tentativa acabada”.45 Este tipo penal como imagen se acerca, a su vez, a la “imagen del hecho” de la tipicidad y antijuridicidad de Armin Kaufmann46 y a la “metáfora del texto” de Hans Albert, la que le posibilita a la ciencia moderna del derecho elevarse a la dimensión filosófica: “se trata de un paso hacia una filosofía, cuyo objeto no es ya el texto, sino en la que la metáfora del texto se extiende a todo el mundo”.47 Así como Zielinski propone un diálogo entre imágenes (la de la representación de la acción con la de la acción tipificada), Sancinetti establece un “diálogo imaginario” entre el derecho y el destinatario de la norma para fundamentar la tentativa absolutamente inidónea, diálogo que comienza con la pregunta del autor acerca de si es legítimo lo que a él le parece (nuevamente la identidad entre representación y parecer), es decir “su cuadro de la realidad”, aunque reconoce que este “diálogo” no alcanza o es insuficiente para resolver todos los problemas que se presentan y evitar la punibilidad del delito putativo.48 En su posterior investigación sobre la fundamentación del ilícito en Jakobs, Sancinetti reconoce la vaguedad de los términos “objetivo” y “subjetivo”, como también que ambos pudieron ser usados en forma ambigua en su obra, pero no más que en la de Jakobs. Si a este reconocimiento se le agrega que “las representaciones pertenecen por igual al mundo de ‘los hechos’”49 y que para Jakobs la representación de un medio causal-natural pertenece al tipo objetivo de la tentativa,50 se podrá entender mejor el porqué de la falta de precisión de tantos elementos subjetivos utilizados indistintamente (representación, consciencia, razón, imaginación, percepción, creencia, etc.) y, por ende, el extendido uso de la “imagen” en derecho penal. Este uso extensivo de la “imaginación” se vuelve más notorio cuando Sancinetti aborda el tema de los cursos causales hipotéticos, ya que admite la relevancia de las hipótesis para comprobar si el curso causal efectivamente realizado es factible de imputación, al igual que sucede en los delitos omisivos y en el parecer corriente de la sociedad.51 A la manera de consecuencia lógica de la referida vaguedad de los conceptos “objetivo” y “subjetivo”, Sancinetti pone a prueba la realidad con la presunción de un ejercicio imaginativo: “la realidad vale tanto o cuánto, según 45
Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 428. Kaufmann, Estudios de Derecho Penal, p. 128. 47 Citado por Bacigalupo, Hacia el nuevo Derecho penal, p. 168. 48 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 475 s. 49 Sancinetti, Fundamentación subjetiva del ilícito y desistimiento de la tentativa, p. 290, 293 y 297. 50 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 496. 51 Sancinetti/Ziffer, Cursos causales hipotéticos en el derecho penal, p. 7 – 8. La equiparación de los cursos causales hipotéticos entre delitos comisivos y de “omisión por comisión”, también, en Sancinetti, Dogmática del Hecho Punible y Ley Penal, p. 121 – 125. 46
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cómo es de presumir que habría discurrido el mundo hipotético”, de acuerdo con la primera posición de Jakobs en su escrito de habilitación (que luego abandonaría).52 Dijimos que Sancinetti le concede importancia a las hipótesis pero, en verdad, parece otorgarles un lugar mucho más protagónico o definitivo, como se desprende de la siguiente pregunta: “¿Y si solo las hipótesis marcasen la verdadera relevancia del curso real?”. Esta inversión de paradigma es explicada con estas palabras: “Porque la frase de Jakobs de que el curso hipotético no explica el curso real no demuestra en absoluto que el curso real pueda explicar por sí solo la cuestión de si él mismo tiene importancia. Su verdadera importancia tiene que depender de la confrontación, justamente, con el curso hipotético. Invirtiendo la frase de Jakobs: acaso sólo el curso hipotético explique la importancia del curso real. El curso real, por sí solo, es ‘naturalismo’”.53
En apoyo de esta inversión valorativa, Sancinetti recuerda que algunos autores proponen la disminución de la pena para aquellos casos en que un curso hipotético habría producido el mismo resultado, como también que en la dogmática del derecho civil gana terreno “la hipótesis de la diferencia”, consistente en comparar el daño realmente causado por el autor, con la situación en que estaría el dañado si aquel no hubiera actuado.54 Y para confirmar la ambigüedad de lo objetivo y subjetivo y la influencia de los ejercicios de la imaginación sobre la realidad, le concede razón a Frisch en que el concepto de causación depende de un principio normativo, al igual que el resultado (Puppe) y propone analizar el desencadenamiento (hipotético) de los cursos causales que, paralelamente, estaban dirigidos a dañar el mismo bien (causas de reserva) para constatar el perjuicio “en verdad” ocasionado, aclarando, por si quedaba alguna duda, “qué sea un resultado no es algo que nos esté ‘objetivamente dado’”.55 Esta “realidad objetiva” en el ilícito termina de recibir un duro golpe en favor de los juicios imaginarios (hipotéticos) con la superación de la relación de causalidad o dogma de la causación por el principio de representación, que defiende Sancinetti para resolver el dilema conocido como “doble neutralización de la responsabilidad por el resultado”, que Jakobs sintetiza así: “El decurso real no es tenido en cuenta en la explicación, y el discurrir hipotético no puede ser considerado por ser irreal; la efectiva producción de la lesión ya no resulta explicable, entonces, de ningún modo”. Es el caso de los denominados “resultados sobrecondicionados”, como el que muere envenenado por una copa que fue sustituida por otra con igual cantidad y calidad de veneno; o el que muere de sed en el desierto porque alguien le robó la 52
Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación, p. 24 y 27. Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación, p. 643; Sancinetti, Dogmática penal entre naturalismo y normativismo, p. 531. 54 Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación, p. 645, 646, 648, 649; Sancinetti, Dogmática penal entre naturalismo y normativismo, p. 533, 534, 536, 537. 55 Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación, p. 670 – 673; Sancinetti, Dogmática penal entre naturalismo y normativismo, p. 556 – 558. 53
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cantimplora sin saber que su agua estaba envenenada, con lo cual el ladrón alargó la vida de la víctima evitando que muera antes por el envenenamiento de un tercero. La solución para estos casos, según Sancinetti superadora del dilema de la doble neutralización de responsabilidad, consiste en considerar a la causalidad como derivación de la imputación y, en consecuencia, aceptar al segundo actuante, que realmente causó el resultado, como representante del primer actuante e imputable de su curso causal sustituido.56 El haber resaltado el propio autor aquellas dos palabras significa que ha puesto en cuestión nada más ni nada menos a la realidad y su principio de causalidad (en el ámbito jurídico-penal), detrás de lo que se abre la puerta, de par en par, para que la imaginación y las imágenes jueguen un rol protagónico en este ámbito, al fortalecer el ejercicio hipotético (imaginario) sin el cual parece imposible lograr una imputación justa y racional como la que persigue Sancinetti. Por este tipo de argumentación en relación con la causalidad, Helmut Frister, en su manual de derecho penal, traducido por el propio Sancinetti, da por segura “la imaginación de los científicos jurídico-penales”.57
IX. Me propuse mostrar que la imagen, la metáfora y la imaginación forman parte de la construcción de la teoría jurídico-penal. En realidad, se puede ir más lejos, pues esos instrumentos alados, al parecer propios de la literatura, forman parte del pensamiento en general y sin ellos el conocimiento no parece posible, aun el riguroso y sistemático. En este sentido es inestimable el aporte de Welzel con el registro de dos mil quinientos años de imaginación sobre la naturaleza humana y su metáfora geográfica de los derechos eternos en el cielo junto a las estrellas. Bajo el peso de esa historia, creo no ser del todo culpable de haber salido a la “caza” de imágenes en los textos seleccionados, como no lo son los finalistas que buscan el dolo en la culpa,58 o los subjetivistas que encuentran el azar —principalmente— en el resultado. La obra de Sancinetti se caracteriza por un marcado énfasis en la racionalidad, el rigor lógico y la no contradicción, en una pureza matemática que prescinda del azar y sea justa en su aplicación. Su ostensible orgullo es la analogía de su obra con un reloj (Baigún) y con la coherencia interna libre de crítica sistemática (Silva Sán-
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Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación, p. 685 – 688; Sancinetti, Dogmática penal entre naturalismo y normativismo, p. 569 – 572. 57 Frister, Derecho penal. Parte general, p. 186. 58 Tomo esta expresión de Feuerbach y Binding según recuerda Kaufmann, citado por Sancinetti en Teoría del delito y disvalor de acción, p. 261 y 271.
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chez).59 Pero a pie de página, como susurrando en una plegaria pronunciada, justamente, en los días de Todos los Santos y Todos los fieles Difuntos, pide “que no quede todo librado a nuestra humilde y limitada razón”. En esta invocación encuentro el punto de contacto con la búsqueda de imágenes en la cuestión penal y la razón de ser de su inserción como epígrafe en este trabajo, a manera de complemento del título: el reconocimiento de la incapacidad o dificultad humana para develar esencias (si es que las hay), tanto en el objeto, como en el sujeto de conocimiento; una forma de prudencia intelectual o cognoscitiva. Bibliografía Bacigalupo, Enrique: Hacia el nuevo Derecho penal, Buenos Aires 2006. Feyerabend, Paul Karl: Tratado contra el método. Esquema de una teoría anarquista del conocimiento, Madrid 1986. Feyerabend, Paul Karl: La ciencia en una sociedad libre, México 1988. Frister, Helmut: Derecho penal. Parte general, Buenos Aires 2016. Hassemer, Wienfried: ¿Por qué castigar? Razones por las que merece la pena la pena, Valencia 2016. Jakobs, Günther: Derecho Penal. Parte General. Fundamentos y teoría de la imputación, Madrid 1997. Kaufmann, Armin: Teoría de las normas. Fundamentos de la dogmática penal moderna, Buenos Aires 1977. Kaufmann, Armin: Estudios de Derecho Penal, Montevideo, Buenos Aires 2013. Kaufmann, Armin: Die Dogmatik der Unterlassungsdelikte, Gotinga 1959. Nino, Carlos Santiago: Los límites de la responsabilidad penal. Una teoría liberal del delito, Buenos Aires 1980. Sancinetti, Marcelo Alberto/Ziffer, Patricia Susana: Presentación de la versión castellana, en Erich Samson, Cursos causales hipotéticos en el derecho penal. Una contribución sobre la causalidad de la complicidad, Buenos Aires 2003, p. 7 – 8. Sancinetti, Marcelo Alberto: Derechos humanos en la Argentina post-dictatorial, Buenos Aires 1988. Sancinetti, Marcelo Alberto: Teoría del delito y disvalor de acción. Una investigación sobre las consecuencias prácticas de un concepto personal de ilícito circunscripto al disvalor de acción, Buenos Aires 1991.
59 En ocasión de calificar como jurado la primera tesis doctoral de Sancinetti, Baigún utilizó esta metáfora: “verdadero juego de relojería”, y en igual cargo Silva Sánchez equiparó la segunda tesis doctoral del nombrado con la lógica y el grado de coherencia de los primeros finalistas.
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Sancinetti, Marcelo Alberto: Fundamentación subjetiva del ilícito y desistimiento de la tentativa. A la vez, una investigación sobre la fundamentación del ilícito en Jakobs, Bogotá 1995. Sancinetti, Marcelo Alberto: Dogmática del Hecho Punible y Ley Penal/Dogmatik der Straftat und Strafgesetz, edición bilingüe, Zweisprachige Ausgabe, Buenos Aires 2003. Sancinetti, Marcelo Alberto: Presentación, en: Marcelo A. Sancinetti (ed.), Causalidad, riesgo e imputación. 100 años de contribuciones críticas sobre imputación objetiva y subjetiva, Buenos Aires 2009, p. 15 – 37. Sancinetti, Marcelo Alberto: Cursos causales hipotéticos y teoría de la diferencia, en: Marcelo Alberto Sancinetti (ed.), Causalidad, riesgo e imputación. 100 años de contribuciones críticas sobre imputación objetiva y subjetiva, Buenos Aires 2009, p. 639 – 693. Sancinetti, Marcelo Alberto: Cursos causales hipotéticos y teoría de la diferencia, en: Alejandro Kiss/Ezequiel Malarino (eds.), Dogmática penal entre naturalismo y normativismo. Libro en homenaje a Eberhard Struensee, Buenos Aires 2011, p. 527 – 576. Welzel, Hans: Introducción a la Filosofía del Derecho. Derecho natural y justicia material, Montevideo, Buenos Aires 2011. Wittgenstein, Ludwig: Sobre la certeza, Barcelona 1988. Zielinski, Diethart: Dolo e imprudencia. Comentario a los §§ 15 y 16 del Código Penal alemán, Buenos Aires 2003.
Der Mythos des Erfolges* Von Yesid Reyes Die Einladung, an dieser Festschrift für Marcelo Sancinetti mitzuwirken, hat mich sehr gefreut, nicht nur wegen der angenehmen Zeit, die wir in Bonn während eines Forschungsaufenthalts zusammen verbrachten, sondern auch, weil es mich schon immer beeindruckt hat, mit welcher Ernsthaftigkeit er seine Arbeit anging, unabhängig davon, ob es sich um eine Übersetzung oder um eine gründliche Untersuchung der Tiefen solch komplexer Themen wie Normtheorie, Teilnahme oder Rücktritt handelte. In einer seiner wichtigsten Veröffentlichungen hat Sancinetti den Erfolg als einen von einem kausalen Dogma (von „der kausalen Magie“1) abgeleiteten Mythos, „animistischen und magischen“2 Ursprungs bezeichnet, wie es für primitive Gesellschaften typisch sei, die dazu tendierten, in der scheinbaren Sicherheit Zuflucht zu suchen, die der Erfolg, als „Beweis dafür, dass ein Gott mit dem Finger auf den wahren Straftäter zeigt“3, bot. Die erste (die er primär nennt) übe eine materiell-rechtliche Funktion aus, da „man den Täter vor der Beliebigkeit eines Urteils über seine Absichten bewahre, indem man eine Handlung anhand dessen Folgen beurteile“4 ; die zweite (die er als „sekundär“ bezeichnet) sei in prozessualer Hinsicht relevant, da der durch den Erfolg entstandene Verdacht den Rückschluss erlaube, „der Täter [habe] den Erfolg nicht nur verursacht, sondern auch gewollt“5. In einer späteren, nicht weniger wichtigen Schrift befasst sich Sancinetti mit der Konfrontation zwischen Objektivismus und Subjektivismus, bei welcher die Schüler Welzels (vor allem Armin Kaufmann und Günther Jakobs) entgegengesetzte Positionen vertraten, und kommt zu dem Ergebnis, deren Unterschiede im Bereich des vorsätzlichen Unrechts seien „nicht wirklich dramatisch“6, und dies trotz des Umstandes, dass es sich um Positionen handelt, die dass sie unterschiedliche Gesichtspunkte bezüglich des Begriffes und der Relevanz des Erfolges in der Verbrechenslehre vertreten.
* Deutsche Fassung von Jaime Cancio Fernández (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg). 1 Vgl. Sancinetti, Fundamentación, S. 259. 2 Sancinetti, Teoría, S. 67. 3 Vgl. ebd., S. 67 4 Vgl. ebd., S. 68. 5 Vgl. ebd., S. 68. 6 Vgl. Sancinetti, Fundamentación, S. 255.
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Die Diskussion darüber, ob die Straftat die Verletzung eines Rechtes ist,7 oder ob sie zusätzlich die eines Gutes erfordert,8 hat nicht ausschließlich mit dem Gedanken und der Funktion des Rechtsguts zu tun, sondern sie erstreckt sich insofern auf andere Gebiete, da sie die Frage aufwirft, ob die Straftat als Normverletzung den Begriff des Erfolges zu einer quantité négligéable macht und ob letzterer mit jenem des Rechtsguts deckungsgleich ist. Welzel schien zum Beispiel das Rechtsgut als das „diesem zugrunde liegende (materielle oder immaterielle) empirische Substrat“9 zu identifizieren; aus dieser Perspektive lehnte er das Verständnis der Rechtswidrigkeit als kausale Verletzung des Rechtsgutes ab und erkannte, dessen Verletzung oder Gefährdung sei nur „[f]ür die meisten Delikte“10 wesentlich; aufgrund seiner Verbindung von Rechtsgut und Erfolgsunwert ging Welzel davon aus, bei Hypothesen wie jener des untauglichen Versuches11 sei kein Rechtsgut präsent, so dass der untaugliche Versuch nach dieser Lehre strafbar sei, obwohl er kein für Rechtsgüter gefährliches Verhalten darstelle. Zielinski kritisierte Welzel wegen seiner Verwendung eines ontologischen Handlungsbegriffes12 (in welchem dem Erfolg noch gewisse Bedeutung zukam) und versuchte diese Inkonsistenz mittels zweier Verbesserungen zu überwinden: Die erste bestand in der Präzisierung, dass sich nicht jedes Rechtsgut in einem körperlichen Gegenstand konkretisieren lasse, der beschädigt werden könne; ist dies nicht der Fall, fügte er hinzu, erschwere diese Abstraktion den Rechtsgüterschutz, weshalb die Rechtsordnung deren effizienteren Schutz erstrebe, indem sie bestimmte vor der konkreten Schädigung liegende Zielsetzungen (im Sinne finaler Handlungen), die in der Regel Mittel zur Rechtsgutsverletzung darstellen würden, mit einem (negativen) Werturteil belaste;13 dies sei etwa der Fall bei der Sanktionierung des Meineids zum Schutze des (abstrakten) Rechtsguts des Justizwesens. Die zweite Korrektur bestand in der Definition des Unrechts als reiner Handlungsunwert, der außerdem den Gegenstand der Norm, also den Inhalt des strafrechtlichen Verbotes darstelle.14 Anders als es auf den ersten Blick zu scheinen mag, bedeutete diese Konstruktion keinen Verzicht auf den Begriff des Rechtsgutes,15 sondern lediglich dessen Umformulierung. Aus seiner Perspektive bestehe der Handlungsunwert in der Absicht, den unwerten Erfolg zu erzielen, weshalb der Handlungsunwert unangetastet bleibe, wenn der Erfolg nicht eintritt. Dies ermöglicht ihm den Rück7
Wie Feuerbach vorschlug; vgl. Feuerbach, § 21, S. 45. Vgl. Birnbaum, S. 175 f. 9 Mir, S. 174. 10 Welzel, Das Deustche Strafrecht, S. 62. 11 Welzel, ebd., S. 62. 12 Vgl. Zielinski, S. 126. 13 Vgl. Zielinski, S. 125. 14 Vgl. Zielinski, S. 127. 15 „Natürlich nimmt die Konstruktion des Unrechts ausschließlich durch den Handlungsunwert dem Rechtsgut als grundlegendes Prinzip nichts an Wert“, Sancinetti, Teoría, S. 39. 8
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schluss, die Bedeutung des Erfolgsunwerts, den er als Rechtsgutsverletzung versteht, liege grundlegend darin, dass ohne einen durch die Handlung erstrebten Erfolgsunwert kein Handlungsunwert möglich sei. Seines Erachtens werde keine Handlung an sich positiv oder negativ gewertet, sondern erst in Bezug auf die Art des angestrebten (positiv der negativ gewerteten) Zweckes; daraus folgend schließt er, es gebe keine Unrecht begründenden Handlungen, deren Unwert sich nicht auf ein Rechtsgut beziehe.16 Durch diese einfallsreiche Wende ist es Zielinski möglich, den Rechtsgutsbegriff ohne dessen Ausdehnung auf rein unmoralisches Verhalten als Kernelement der Verbrechenslehre beizubehalten,17 jedoch unter Verwerfung der ontologischen Konnotation Welzels. Da er das Rechtsgut nicht mit dessen Substrat identifiziert, erreicht er es im Ergebnis, dass es nicht als unwerter, mit der unwerten Handlung bloß kausal verbundener Erfolg gesehen wird, worin einer der Kritikpunkte bestand, die man Welzel entgegenbringen konnte; anders als letzterer war er zudem auch in der Lage, den untauglichen Versuch zu erklären, ohne auf das Rechtsgut verzichten zu müssen, weil in diesem Falle der Tätervorsatz auch auf die Erzielung des Erfolgsunwerts gerichtet sei, was aus seiner Sicht eine abschließende Wertung des Handlungsunwertes ermöglicht. Auf diesen Prämissen aufbauend bringt Zielinski die Regulierung menschlichen Verhaltens als Zweck der Norm vor, die durch die Auferlegung von Pflichten funktioniere, sei es durch das Gebot eines bestimmten Verhaltens oder dessen Unterlassung. Die Rechtswidrigkeit wird als eine Nichterfüllung dieser Pflichten verstanden und sei eine Handlung. Der Handlungsunwert, der aus dem Anstreben eines bestimmten (in sich selbst unwerten) Zwecks folge, stelle das Unrecht dar; in seinen bekannten und lapidaren Worten: „Unrecht ist der pflichtwidrige finale Akt – und nur er“.18 Diese Formulierung ist traditionellerweise aus verschiedenen Gründen als subjektivistisch19 eingeordnet worden: erstens, weil das Kernelement des Unrechts kein objektives Kausalverhältnis ist; d. h. Handlugen sind als bloße ex post bewertete er-
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Vgl. Zielinski, S. 124. Es müsste absolut außer Frage stehen, dass – demzufolge – ein auf den Handlungsunwert bezogener Unrechtsbegriff keineswegs das Recht zur Moral verbiegen könnte, weil sich jegliche Überlegung bezüglich der Legitimität des Schutzes des jeweiligen Interesses (Rechtsguts) bereits das Unrechtsurteil über die Handlung begründet; Sancinetti, Teoría, S. 39. 18 Vgl. Zielinski, S. 143. 19 Zaffaroni bezeichnet sie als „Theorie des reinen Handlungsunwerts“, als „subjektivistischen Monismus“; vgl. Zaffaroni/Alagia/Slokar, § 31/III/2, S. 466; Zur „subjektivistischen“ Beschaffenheit der Theorie Zielinskis (die er die “subjektivistische Unrechtslehre aus Zielinski“ nennt), vgl. Roxin, Strafrecht, Bd. I, § 16/12, Rn. 18, S. 456. In einer näheren Betrachtung ihrer subjektiver Naturwarnt Roxin davor, bei konsequenter Weiterführung dieser These, „schon in dem Norm zuwiderlaufenden Handlungsentschluß strafrechtliches Unrecht [zu] sehen“; Roxin, Strafrecht, § 10/99, S. 202. 17
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folgserzeugende Ursachen nicht relevant;20 zweitens, weil durch das Ausscheiden des Erfolges (dessen Unwertes im Sinne eines Schadens am Rechtsgut) als Teil eines Kausalverlaufes nur die Handlung übrig bleibe, die unwertig sei, wenn sie final auf einen unwerten Erfolg zielt, selbst wenn dieser nicht eintritt;21 drittens, weil Normen nicht die Entstehung von Erfolgen verbieten können, sondern nur bestimmte Verhaltensweisen gebieten und andere verbieten, die auf die Erzielung eines unwerten Erfolges gerichtet sind22, dessen Eintritt stets kausal ist;23 viertens, weil wenn das Unrecht den Bruch einer Norm darstellt, die lediglich Menschen dazu bestimmen kann, sich auf bestimmte Weise zu verhalten, diese nur durch denjenigen gebrochen werden kann, der dazu fähig ist, sie zu erkennen, zu verstehen und sich ihr entsprechend zu verhalten,24 weshalb eine Unterscheidung zwischen Unrecht und Schuld nicht mehr möglich ist.25 Zwar behielt die Theorie der objektiven Zurechnung (einer dessen bedeutendster Vertreter Jakobs ist26) den (unwerten) Erfolg als ein Unrechtselement bei,27 ihre Hauptentwicklungen erfolgten jedoch bezüglich des Handlungsunwerts; statt diesen auf der finalen Orientierung des Täters aufzubauen, wurde er hier durch die Existenz 20 In der dritten Auflage seines Lehrbuches sagte Mir: „Da die präventive Strafnorm auf den Moment der Realisierung des Verhaltens abzielt und versucht, zu dessen Verhinderung zu motivieren, muss die Beurteilung der Gefährlichkeit, die zum Verbot der Handlung führt, ex ante erfolgen, zu dem Zeitpunkt, an dem das Subjekt handeln wird, ohne dass der ex post resultierenden Gefährlichkeit Bedeutung zukommt. Das Recht kann nur versuchen, dass die Bürger jene Verhalten unterlassen, die zum Zeitpunkt ihres Vorliegens gefährlich erscheinen. Wie könnte die Norm ihrem Adressaten verbieten, eine Handlung zu begehen, deren Gefährlichkeit für das zu beschützende Rechtsgut erst nach ihrer Durchführung erkennbar wird?“ (vgl. Mir, 1990, S. 143). Ab der darauffolgenden Auflage veränderte sich seine diesbezügliche Ansicht. 21 Vgl. Zielinski, S. 124. 22 In der dritten Auflage seines Lehrbuches sagte Mir: „Das Recht kann nicht verbieten, dass schädliche Erfolge eintreten – es kann nicht verbieten, dass Menschen sterben oder erkranken! – sondern lediglich, dass die Bürger willentlich ein Verhalten durchführen, die solche Erfolge auslösen können“ (vgl. Mir, 1990, S. 142); seine diesbezügliche Ansicht veränderte sich in den darauffolgenden Auflagen seines Werkes. 23 Vgl. Sancinetti, Teoría, S. 62 u. 67. 24 Vgl. Sancinetti, Teoría, S. 19. 25 Vgl. Molina, S. 67; Sancinetti, Teoría, S. 19. („Die gegenwärtige Unterscheidung von Rechtswidrigkeit und Schuld ist weder möglich noch nötig, weil sich die Norm nicht an die Schuldunfähigen richtet“). 26 Dies erklärt, dass Sancinetti sich auf Kaufmann und Jakobs als Schüler Welzels bezieht, die die subjektive und die objektive Ansicht der Verbrechenslehre vertreten; vgl. Sancinetti, Fundamentación, S. 255. 27 Deshalb kritisiert Sancinetti an dieser Theorie, dass sie auf dem Begriff des mit der Handlung kausal verbundenen Erfolges beharrt: „in den die Kausalität begrenzenden (,normativen‘) Theorien oder allgemein der Zurechnung des Erfolges (wie die aktuelle Theorie der objektiven Zurechnung) verbirgt sich dasselbe Empfinden: der Gedanke, dass Kausalität (die Zuschreibung eines Erfolges einer Handlung) bereits Schuld impliziert“ (vgl. Sancinetti, Teoría, S. 128).
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der Handlungsgebote begründet, die aus den Garantenpositionen des Einzelnen für die relative Unversehrtheit von Rechtgütern folgen; Handlungen würden nicht negativ gewertet nur weil der Täter sie mit der Absicht einer Rechtsgutsverletzung durchführt, sondern weil sie ihre Pflicht des Rechtsgüterschutzes (durch Handeln oder Unterlassen) gegenüber bestimmter Angriffsformen nicht erfüllen würden. Da diese Struktur den Vorsatz als Teil des Unrechts (in welchem sich auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale und das Sonderwissen befinden) beibehält, haben einige Autoren ihre behauptete Objektivität infrage gestellt,28 in ähnlicher Weise wie bei Welzel kritisiert wurde, dass er von einer objektiven Rechtswidrigkeit sprach. Die Kritik geht von der Einnahme einer ontologischen Perspektive aus, um zwischen dem Subjektiven, dem sich im Kopf des Menschen befindenden, und dem Objektiven, dem sich außerhalb befindenden zu unterscheiden;29 dieser Gesichtspunkt ist bei denjenigen verständlich, die Verbrechenslehren auf ontologischen (der Welt des Seienden angehörenden) Grundlagen konstruierten, wie Kausalisten und Finalisten. Baut die Verbrechenslehre hingegen auf normativen (aus der Welt des Seinsollen übernommenen) Ideen auf, so kann gesagt werden, dass das Objektive alles einen Rollenträger betreffende ist und das Subjektive, alles, was das Individuum betrifft.30 Derjenige, der handelt, um einer Handlungspflicht nachzugehen, weist jedenfalls ein externes (sich in der Welt des Seienden befindendes), von seinem Willen gelenktes Verhalten auf; aber weder die Handlung als reine Veränderung der Außenwelt noch die Absicht, mit der sie ausgeführt wurde, verleihen seinem Verhalten Relevanz, sondern der Umstand, dass dies als Verletzung einer sich aus Garantenstellung ergebenden Handlungspflicht geschah.31 Aus einer normativistischen (oder wertenden) Perspektive betrachtet ist die Straftat kein natürliches Phänomen, sondern ein Konstrukt des Menschen als soziales Wesen. Zwar erfolgt das Verhalten, um welches sich das Strafrecht kümmert, in der Sphäre des Natürlichen, die Eigenschaft „Straftat“ entspricht jedoch einem Urteil der Welt des Sollens. Das Strafrecht interessiert sich nicht für dieses Verhalten, weil es die Außenwelt verändert, sondern wegen dessen Bedeutung auf der gesellschaftlichen Ebene. Von allen Ursachen, die mit dem Eintritt des Erfolges in Verbindung stehen, beschäftigt es sich nur mit solchen, die Verhaltensweisen einer Person entge28 In dieser Hinsicht fragen sich Kaufmann und Struensee: Was ist an objektiven Zurechnung objektiv?; vgl. Kaufmann, S. 251 ff.; Struensee, GA 1987, S. 98. 29 Zurecht sagte Welzel: „Durch die Vieldeutigkeit des Begriffs ,objektiv‘ ist das Mißverständnis aufgekommen, daß sich die Rechtswidrigkeit nur auf den objektiven (außenweltilichen) Teil der Handlung beziehen könne, weil sie ein ,objektives‘ Werturteil sei. In Wahrheit haben beide Anwendungen des Wortes ,objektiv‘ hier nichts miteinander zu tun. Die Rechtswidrigkeit ist nur objektiv im Sinne eines allgemeinen Werturteils; ihr Gegenstand, die Handlung, dagegen ist eine Einheit objektives (außenweltlicher) und subjektiver Elemente“; Welzel, Strafrecht, S. 51. 30 Reyes, ZStW 105 (1993), S. 124. 31 Hirsch spricht sich gegen die Benutzung verschiedener Perspektiven zur Unterscheidung des Objektiven und des Subjektiven aus, und führt an, Objektivität und Subjektivität stünden der Dogmatik nicht zur Verfügung; vgl. Hirsch, S. 407.
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gen ihren Handlungspflichten entsprechen, und letztere folgen wiederum aus den Rollen, die diese Person innerhalb der Gesellschaft erfüllt. Diese Sicht ist objektiv, weil sie das Verhalten der Person als soziales Wesen (als Rollenträger) und nicht als Individuum bewertet; aus Sicht der objektiven Zurechnung ist die relevante Frage, ob sie sich verhalten hat, wie jede andere beliebige Person in ihrer sozialen Rolle es hätte tun müssen. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Untersuchung des Unrechts ausgehend vom wertenden Begriff der Schaffung rechtlich missbilligter Gefahr anstatt vom ontologischen Begriff der Ursache allgemein durchgesetzt, sowohl für vorsätzliche als auch für fahrlässige Straftaten.32 Aber während die Lehre einen Großteil ihrer Anstrengungen der Untersuchung der Einzelheiten des missbilligten Risikos gewidmet hat, hat sie sich vom Erfolgsbegriff ferngehalten, der noch in seinen ontologischen Wurzeln verankert ist. Zurecht wird angenommen, nicht jede Ursache interessiere das Strafrecht, sondern nur jene mit rechtlicher Bedeutung (etwa rechtlich missbilligte Gefahren), aber allgemein wird angenommen, dass der Erfolg strafrechtlich als reine Veränderung der Außenwelt relevant ist, ohne das ein wertender Filter erforderlich wäre. Unabhängig davon, welche Ansicht man diesbezüglich vertritt, brachte die Diskussion um den Vorrang des Handlungsunwerts gegenüber dem Erfolg einen wichtigen Fortschritt in der Entwicklung der Verbrechenslehre, da sie erwies, dass Handlungen und Erfolge das Strafrecht nur als Gegenstände eines negativen Werturteils von Belang sind. Der Fehler der Verfechter subjektiver Konzeptionen war es, die Wertung des Verhaltens an die Absicht33 und die des Erfolges an dessen Erscheinen in der äußeren Welt zu ketten; für einige trug der Erfolg als Veränderung der Außenwelt nichts zum Unrechtsbegriff bei,34 während er für andere als Verletzung des Rechtsgutes zu berücksichtigen war, allerdings auf dessen Substrat bezogen.35 Die objektive Zurechnung korrigierte den ersten Punkt, indem sie die rein kausale Betrachtung der Handlung aufgab und ihr einen Wert zumaß, den sie von den Hand-
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Unter denjenigen, die schon früh die Anwendbarkeit der objektiven Zurechnung sowohl auf vorsätzliche als auch auf fahrlässige Straftaten anerkannten sind insbesondere zu nennen: Hans-Heinrich Jescheck, S. 529, zumindest was den Schutzzweck der Norm angeht; auch Karl Larenz, S. 52, der Hegel vorwarf, die objektive Zurechnung nur auf die vorsätzliche Straftat bezogen zu haben, unter Vernachlässigung der fahrlässigen; Theodor Lencker, Schönke/Schröder, Vorbem. 13 ff./92; Manfred Maiwald, JuS 1984, S. 440; Maurach/Zipf, § 18 III/36, S. 244; Otto, S. 204 f.; Claus Roxin, Honig-Festschrift, S. 144; ders., KaufmannGedächtnisschrift, S. 247; ders., Schutzzweck S. 241 f.; Hans-Joachim Rudolphi, S. 866; Eberhard Schmidhäuser, § 8/50, S. 222; Günter Stratenwerth, Rn. 215, S. 84; Klaus Ulsenheimer, S. 27; Johannes Wessels S. 54. 33 „Der Akt erhält seinen Unwert immer nur aus der Intention des wertwidrigen Erfolges“; Zielinski, S. 124. 34 Vgl. Zielinski, S. 143. 35 Vgl. Welzel, S. 62.
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lungspflichten ableitete; was den Erfolg angeht, betrachtete sie ihn aber weiterhin lediglich als externes Ereignis.36 Komischerweise ist es Zielinski, der der Lösung des Problems nahekommt, indem er behauptet, die Straftat sei der Verstoß gegen eine Norm;37 nur handelt es sich für ihn um eine Norm, die nicht die Schaffung von Erfolgen, sondern die Durchführung der auf dessen Erzielung gerichteten Handlungen verbietet.38 Würden Normen aber jegliches auf einen Erfolg abzielendes Verhalten39 bestrafen, so würde sich der Anwendungsbereich des Strafrechts über die Vollendungshandlungen hinaus erstrecken, auch auf Vorbereitungshandlungen und auf jegliche Äußerung des deliktischen Willens. Die einzige Art und Weise, dies zu begrenzen, ist durch klare Feststellung der Ereignisse, deren Eintritt der Gesetzgeber verhindern will; wenn er den Totschlag strafbar macht, gibt er zu erkennen, dass er den Tod eines Menschen nicht will, und wenn er den versuchten Totschlag unter Strafe stellt, lässt er wissen, dass er nicht will, dass versucht wird, jemanden zu töten.40 Es ist so wichtig, dass die Normen den Erfolg beinhalten, den der Gesetzgeber verbieten will, dass Zielinski selbst behauptet, der Handlungsunwert sei nur vollkommen, wenn der Täter seine Handlung auf die Herbeiführung eines unwerten Erfolges gerichtet hat.41 Genau auf diese Weise bewerkstelligte er es, das Rechtsgut als Grenze der strafrechtlichen gesetzgeberischen Tätigkeit beizubehalten.42 Aber weil in diesem Kontext nur dasjenige unwert sein kann, welches der Gesetzgeber mit der Norm verbietet, enthält diese zweifelsohne den Erfolg, den der Gesetzgeber negativ wertet und deshalb zu verhindern sucht. 36 In seinem Lehrbuch behauptet Jakobs „der Erfolg ergänz[e] die Versuchshandlung zur Vollendungshandlung und das Versuchsunrecht zum Vollendungsunrecht“, und bezieht sich damit eindeutig auf einen Erfolg als Veränderung der Außenwelt; Jakobs, Lehrbuch, § 6/75. 37 „Wer die Norm übertritt, wer die verbotene finale Handlung setzt bzw. die gebotene finale Handlung unterläßt, der realisiert den Gegenstand des (sekundaren) Werturteils, er realisiert das, was zu verhindern Zweck und Aufgabe der strafrechtlichen Norm ist, er realisiert Unrecht i.S. des Strafrecht“; Zielinski, S. 127. 38 „Ohne einen Erfolgsunwert, auf welchen die Handlung gerichtet ist, ist auch kein Handlungsunwert möglich. Keine Handlung ist wertvoll oder wertwidrig aus sich heraus; sie erhält ihren Wert oder Unwert immer erst aus ihrer Bezogenheit auf ein wertvolles oder wertwidriges Ziel“; Zielinski, S. 124. 39 „Die so verstandene Handlung ist Gegenstand der Norm, Inhalt des strafrechtlichen Verbots, weil sie gemessen an den Rechtswerten (Rechtsgütern) ein negativ bewertetes Handlungsziel (Rechtsgutsobjektsverletzung, d. i. Gegenstand des primären Werturteils) intendiert und dadurch selbst zum Gegenstand eines negativen (sekundären) Werturteils wird“; Zielinski, S. 127. 40 Auch wenn er es nicht als abstrakt-generelles Vebot tut, wie anschließend präzisiert wird. 41 Vgl. Zielinski, S. 124. 42 „Keine Handlung ist wertvoll oder wertwidrig aus sich heraus; sie erhält ihren Wert oder Unwert immer erst aus ihrer Bezogenheit auf ein wertvolles oder wertwidriges Ziel. Daraus folgt, es gibt keine Unrechtshandlungen, deren Unwert nichtbezogen wäre auf ein Rechtsgut; jedes strafrechtliche Verbot dient dem Schutz eines Rechtsgutes“; Zielinski, S. 124 f.
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Es trifft zu, dass der Gesetzgeber nicht das Herbeiführen von Erfolgen verbietet;43 richtig ist aber auch, dass er nur auf die Erzielung bestimmter Erfolge gerichtete Handlungen bestraft, was keinen Zweifel an der Wichtigkeit dieser Erfolge zulässt.44 Ohne Erfolge, die der Gesetzgeber verhindern will, haben Verbotsnormen keinen Sinn; ein Verhalten wird nicht lediglich verboten, um dieses zu tadeln, sondern um zu verhindern, dass es bestimmte unerwünschte Wirkungen (also unwerte Erfolge) herbeiführt. Jenes, das der Gesetzgeber mittels der Norm beschützen will, ist in der Tat ein Rechtsgut,45 aber nicht im Sinne eines natürlichen Gegenstands, sondern im Sinne der sich wandelnden Form in welcher verschiedene Gesellschaften das Verhältnis ihrer Mitglieder zu positiven Werten verstehen, welche die Verfügung über individuelle Freiheiten ermöglichen. Weil die Rechtsgüter in diesem Kontext – dem einzigen in welchem sie Sinn ergeben – zumutbaren Schäden ausgesetzt sind (in dem von Welzel als sozialadäquates Verhalten identifizierten Bereich,46 der heute unter das erlaubte Risiko47 gefasst werden kann), ist es klar, dass der Gesetzgeber keine Normen erlassen kann, die den Schaden am Rechtsgut pauschal verbieten; deshalb wären solche Normen sinnlos, die abstrakt verbieten, Besitz einer fremden beweglichen Sache zu ergreifen (dies geschieht bei der Übergabe nach einem Kauf), oder jemanden der Freiheit zu berauben (dies tun Richter, wenn sie einen Straftäter zu einer Haftstrafe verurteilen) oder, sogar jemanden zu töten (diese Aufgabe kommt dem Scharfrichter in Ländern zu, in denen die Todesstrafe existiert). Da innerhalb des normalen sozialen Kontaktes andauernd Rechtsgütern geschadet wird, werden vom Gesetzgeber einige Angriffsformen verboten, bei denen er eine negative Wertung für angemessen hält. Dieser Angriff auf das Rechtsgut kann in dessen Verletzung bestehen, wie etwa wenn bei jemandem Verletzungen verursacht werden; der Tatbestand der Körperverletzung droht demjenigen eine Strafe an, der, im wahrsten Sinne des Wortes, jemanden verletzt, etwas, das von der Bedeutung des Erfolges für das Verbot zeugt; gibt es keinen Verletzten, so kann es keine strafbare Körperverletzung geben. Weil aber ein allgemeines Verbot sinnlos wäre, muss auf eine soziale Betrachtung des Rechtsgutes „körperliche Unversehrtheit“ zurückgegriffen werden, um all jene Schäden am Rechtsgut aus dem Schutzbereich der Norm zu entfernen, die im sozialen Umfeld erträglich sind, wie zum Beispiel die Körperverlet43 Vgl. Mir, 1990, S. 142. Seine diebezügliche Ansicht veränderte sich in den darauffolgenden Auflagen seines Lehrbuches. 44 „Der Satz, daß nur Handlungen und nicht Erfolge verboten werden können, ist nur insoweit richtig, als Erfolge sich nicht unabhängig von menschlichen Handlungen und auch nicht als deren nur zufällig-unberechenbare Auswirkungen verbieten lassen. Es ist sinnlos, Naturereignisse oder unvermeidbare Zufälle verbieten zu wollen“; Roxin, Strafrecht, § 10/96, S. 201. 45 Vgl. Jakobs, Lehrbuch, § 2/7, 47. 46 Vgl. Welzel, Studien, S. 142. 47 Zur Sozialadäquanz als Vorgänger des Begriffes des erlaubten Risikos, vgl. Reyes, Imputación, S. 98.
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zungen, die Chirurgen bei chirurgischen Eingriffen zufügen, oder jene, die sich zwei Boxkämpfer in einem regelkonformen Boxkampf gegenseitig zufügen. Dies bedeutet, dass nicht alle ontologischen Erfolge (im Sinne von Veränderungen der Außenwelt) für das Strafrecht relevant sind, sondern nur solche, die aus Verhaltensformen stammen, mit welchen eine rechtlich missbilligte Gefahr für das geschützte Rechtsgut geschaffen wurde. Beim Versuch, wie zum Beispiel beim versuchten Totschlag, stellt der Gesetzgeber ein Verhalten unter Strafe, das als der Versuch, einen Menschen zu töten, verstanden werden kann; man merke, dass in dieser kurzen Beschreibung eines strafbaren Versuches auf zweierlei verwiesen wird: auf ein Verhalten und auf dessen Interpretation als „Versuch, einen Menschen zu töten“; während Ersteres der Handlung entspricht, bezieht sich das zweite Element auf den Erfolg, jedoch nicht als aus ontologischer Perspektive verstandene Veränderung der Außenwelt, sondern aus einer wertenden Optik als Bruch der Norm, die verbietet, die Tötung eines anderen zu versuchen. Der Erfolg, der für das Strafrecht von Belang ist, ist also der Normverstoß, und im versuchten Totschlag erfolgt er, wenn die Handlung als eine unerlaubte (eine rechtlich missbilligte Gefahr schaffende) Modalität verstanden werden kann, eine Tötung zu versuchen. Aus dem Gesichtspunkt des Erfolges (im Sinne eines Normverstoßes) besteht also kein Unterschied zwischen den Handlungen, die das Rechtsgut verletzen und jenen, die es gefährden; dieser Unterscheidung kommt nur zum Zeitpunkt der Strafzumessung Bedeutung zu, in der Einsicht, dass derjenige, der ein Rechtsgut tatsächlich verletzt, mehr Tadel verdient hat, als derjenige, der es nur gefährdet hat:48 allerdings ist in beiden Fällen das Verhaltensunrecht mit dem Normverstoß insofern vollständig, wenn das Verhalten als unerlaubte Form des Angriffs auf das Rechtsgut interpretiert werden kann, unabhängig davon, ob es verletzt oder ob es nur gefährdet wurde. Der Erfolg ist somit sowohl in den vollendeten als auch in den versuchten Straftaten präsent und besteht im Normverstoß.49 Der Unterschied dieser beiden Varianten der Straftat wurzelt darin, dass die Norm, die den Totschlag unter Strafe stellt, den Eintritt des ontologischen Erfolges erfordert (ohne Toten gibt es keinen Totschlag), während die, die den versuchten Totschlag bestraft, nicht erfordert, dass das Verhalten einen ontologischen Erfolg hat. Wenn der Gesetzgeber entscheidet, dass einige Verhaltensweisen bestraft werden müssen, die das Rechtsgut zwar nicht verletzten, jedoch ein inakzeptables Risiko dafür schaffen (wie es beim Versuch und bei den Ge48
Molina hingegen behauptet, die Unterscheidung zwischen Verletzung und Gefährdung des Rechtsguts sei im Bereich der Rechtswidrigkeit relevant: „Was an erster Stelle infrage gestellt werden kann, ist die Möglichkeit, die Verletzung des Rechtgutes und die Gefahr dafür auf derselben Bewertungsebene zu orten. Zwischen einer Tötungshandlung und einer das Leben gefährdenden Handlung besteht ein wesentlicher Unterschied: im ersten Fall wird das Rechtsgut verletzt und der Handlungsunwert ist aus der Perspektive der Verletzung nicht zu bezweifeln; im zweiten kann höchstens eine Beurteilung dessen erfolgen, was hätte geschehen können, nicht aber bezüglich des tatsächlich Geschehenen“; Molina, S. 77. 49 Vgl. Jakobs, Kaufmann GS, S. 277.
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fährdungsdelikten geschieht), schafft er eine Norm, die denjenigen bestraft, der es auf unerlaubte Weise angreift, bedingt aber die Verhängung der Strafe nicht durch den Eintritt eines ontologischen Erfolges;50 es reicht aus, dass das Verhalten als Normverstoß interpretiert werden kann. Gibt man zu, wie Welzel zeigte, dass die ontologische Perspektive nicht die einzige ist, aus der man das Objektive und das Subjektive unterscheiden kann;51 greift man seinen Vorschlag auf, Rechtsgüter in ihrem Kontext sozialer Beziehungen zu verstehen;52 und übernimmt man die Formulierung Zielinskis im Sinne des Verständnisses des Unrechts als Normverstoß,53 so hat Sancinetti Recht, wenn er behauptet, die Unterschiede zwischen subjektivistischen (ontologischen) Tendenzen, wie von Zielinski verfochten (sowie von Sancinetti selbst, deren Hauptvertreter in Lateinamerika er ist) und den objektivistischen (normativen oder wertenden) Ansätzen, wie von Jakobs vertreten, seien nicht dramatisch.54 Zusammenfassend, wenn Zielinski behauptet, der Handlungsunwert sei nur vollkommen gegeben, wenn die Person ihr Verhalten auf das Erreichen eines unwerten Erfolges gerichtet hat,55 bezieht er sich auf zwei Elemente: auf eine Handlung und auf einen (unwerten) Erfolg, auf den diese gerichtet ist; da aber nicht jedes auf das Erzielen eines Erfolges gerichtete Verhalten strafbar ist (Vorbereitungshandlungen zum Beispiel sind es nicht), muss es eine Grenze geben, ab welcher das Verhalten strafbar ist; und diese Grenze befindet sich immer in der Norm, sodass diese auf Erzielung eines unwerten Erfolges gerichtete Handlung, von der Zielinski spricht, nur ab dem Moment strafrechtlich relevant ist, an dem man sagen kann, dass sie die Norm bricht. Die Interpretation des Verhaltens als Normverstoß ist genau der Erfolg in seiner wertenden Bedeutung. Es gibt also bei genauerer Betrachtung gar keinen Mythos des Erfolges; es gab eine Diskussion auf zwei verschiedenen Ebenen, die es erschwert hat, zu Übereinstimmungen zu gelangen. Im Bereich des Ontologischen trifft es zu, dass jedes Verhalten einen Erfolg verursacht, wie diejenigen behaupteten, die sagten, eine Beleidigung bewege Schallwellen, die mit dem Trommelfell des Empfängers zusammen50 „Der Erfolg kann also auf drei verschiedene Weisen gedeutet werden: In seiner ontologischen Ausprägung entspricht er jeglicher Veränderung der Außenwelt und ist deshalb eine Folge aller Handlungen oder Unterlassungen, ohne, dass dies unbedingt das Strafrecht interessiert. Aus einer wertenden Perspektive entspricht er der Bruch der Normgeltung, ist bei jedem tatbestandsmäßigen Verhalten präsent und ist eine notwendige Bedingung für die Beurteilung der objektiven Zurechnung. Aus dem Gesichtspunkt der Tatbestandsmäßigkeit konkretisiert er sich in einem bestimmten naturalistischen Effekt, der durch gesetzgeberische Verfügung Teil einiger Tatbestände (der sogenannten Erfolgsdelikte) ist, sodass ohne dessen Vorliegen kein Normbruch erfolgt“. Reyes, El delito de tentativa, S. 79 f. 51 Vgl. Welzel, Lehrbuch, S. 51. 52 Vgl. Welzel, Studien, S. 140. 53 Vgl. Zielinski, S. 127. 54 Vgl. Sancinetti, Fundamentación, S. 255. 55 Vgl. Zielinski, S. 124.
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stoßen; es stimmt aber auch, dass nicht alle ontologischen Erfolge für das Strafrecht von Belang sind. Das eigentlich wichtige Element, um von Unrecht sprechen zu können, ist, dass mittels eines eine rechtlich missbilligte Gefahr schaffenden Verhaltens gegen eine strafrechtliche Norm verstoßen wird; und der Gesetzgeber ist derjenige, der beim Entwurf der Norm entscheidet, ob für dessen Bruch ein ontologischer Erfolg erforderlich ist (wie beim Totschlag), oder ob es ausreicht, dass das Verhalten als eine unerlaubte Form des Angriffes auf das Rechtsgut interpretiert werden kann (wie es beim Versuch oder bei den Gefährdungsdelikten der Fall ist). Literatur Birnbaum, Johann Michael Franz: Ueber das Erforderniß einer Rechtsverletzung zum Begriffe des Verbrechens, mit besondere Rücksicht auf den Begriff der Ehrenkränkung, Archiv für Criminalrecht – Neue Folge, Halle 1834. Feuerbach, Paul Anselm, in: C. J. A. Mittermaier (Hrsg.), Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen Peinlichen Rechts, Giessen 1847. Hirsch, Hans Joachim: Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln, Köln 1988. Jakobs, Günther: Tätervorstellung und objektive Zurechnung, in: Gerhard Dornseifer u. a. (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann, Köln/Berlin/Bonn/München 1989, S. 271 – 288. Jakobs, Günther: Strafrecht – Allgemeiner Teil, Berlin 1991. Jescheck, Hans-Heinrich: Lehrbuch des Strafrechts – Allgemeiner Teil, 4. Auflage, Berlin 1988. Kaufmann, Armin: „Objektive Zurechnung“ beim Vorsatzdelikt?, in: Theo Vogler/Joachim Herrmann (Hrsg.), Festschrift für Hans-Heinrich Jescheck, 1. Halbband, Berlin 1985. Larenz, Karl: Hegels Zurechnungslehre und der Begriff der objektiven Zurechnung: ein Beitrag zur Rechtsphilosophie des kritischen Idealismus und zur Lehre von der „juristischen Kausalita¨ t“, Leipzig 1927. Maiwald, Manfred: Zurechnungsprobleme im Rahmen erfolgsqualifizierter Delikte – BGHSt 31, 96, JuS 1984, S. 439 – 445. Maurach, Reinhart/Gössel, Karl-Heinz: Strafrecht Allgemeiner Teil, Teilband II, 7. Auflage, Heidelberg 1989. Mir, Santiago: Derecho Penal – parte general, 3. Auflage, Buenos Aires 1990. Mir, Santiago: Derecho penal – parte general, 10. Auflage, Barcelona 2016. Molina, Fernando: Antijuridicidad penal y sistema del delito, Barcelona 2001. Otto, Harro: Grundkurs Strafrecht – Allgemeine Strafrechtslehre, 3. Auflage, Berlin/New York 1988. Reyes, Yesid: Theoretische Grundlagen der objektiven Zurechnung, ZStW 105 (1995), S. 108 – 136.
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Cómo rechazar la suerte moral en los resultados y no en las circunstancias1 Por Eduardo Rivera López
I. Introducción En los trabajos seminales de Bernard Williams y Thomas Nagel aparece por primera vez la expresión “suerte moral”.2 El término “suerte” en dicha expresión se refiere al hecho de que muchos factores que inciden de modo determinante en nuestras acciones y en sus resultados están completamente fuera de nuestro control. El término “moral”, por su lado, alude al hecho de que muchas veces parece que la suerte (en el sentido definido) determina el modo o el grado en que somos moralmente responsables o reprochables por nuestras acciones.3 La cuestión de si existe o no la suerte moral, o algún tipo de suerte moral (y no otro), permanece abierta en la filosofía moral contemporánea.4 Nagel, en el trabajo mencionado, distingue cuatro tipos de suerte moral. Tres de ellos son antecedentes a nuestras acciones: la suerte constitutiva (nuestros rasgos de carácter), las condiciones causales remotas (haber nacido en un determinado momento y lugar, por ejemplo) y la suerte circunstancial (las circunstancias específicas en las que actuamos). El tipo de suerte moral restante, que podemos denominar “consecuencial”, se refiere a los resultados de nuestras acciones.5 1 Esta es una versión revisada y modificada de Rivera López, Journal of Value Inquiry 50 (2). Para esta nueva versión, me he beneficiado de los comentarios de Ezequiel Monti, a quien agradezco. 2 Véase Williams, Moral Luck, passim; Nagel, Moral Luck, passim. 3 Utilizaré “moralmente responsable” (o “responsable” a secas) y “reprochable” como sinónimos y con el significado de merecer un reproche moral por la conducta realizada. Esto significa, por un lado, que me restringiré al ámbito de la moral (dejando de lado la cuestión del reproche jurídico o jurídico-penal); por otro, que me restringiré a la responsabilidad negativa, dejando de lado la responsabilidad positiva o “elogiabilidad”. Algunos de los problemas y posibles soluciones de la reprochabilidad son paralelos a los de la elogiabilidad, pero hay diferencias (que no exploraré). 4 Para un panorama reciente de la discusión, véase Nelkin, The Stanford Encyclopedia of Philosophy. 5 Opto por esta expresión porque la que usa Nagel (Moral Luck, p. 61) es muy larga: suerte en el modo en el que resultan las cosas. Se usa también “resultant luck”, pero “suerte resultante” no es feliz en castellano.
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Para aclarar de qué modo operarían estos diferentes tipos de suerte moral, concentrémonos en la suerte circunstancial y la suerte consecuencial. En el caso de la suerte circunstancial, la idea es que muchas de las circunstancias en las cuales actuamos son totalmente ajenas a nuestro control y, sin embargo, son determinantes para que realicemos ésta o aquella acción y, por tanto, seamos o no reprochables por lo que hemos hecho. Por ejemplo, el hecho (azaroso) de encontrar a mi peor enemigo en la calle posibilita que yo decida enfrentarme con él y matarlo (lo cual, supongamos, es altamente reprochable). Si no me hubiera encontrado con él, no habría realizado esa acción y, por tanto, no tendría responsabilidad moral alguna. La suerte consecuencial, por su lado, opera luego de que ya hemos actuado. Un resultado puede ocurrir o no dependiendo de factores completamente incontrolables. Hemos decidido conducir a alta velocidad por una calle populosa y alguien se cruza en nuestro camino. Luego, somos reprochables por haber atropellado (negligentemente) a esa persona. Pero esa persona podría perfectamente no haberse cruzado y, en ese caso, no seríamos reprochables por ese resultado (solo lo seríamos por haber conducido negligentemente).6 Es interesante observar, adicionalmente, que la suerte consecuencial y la suerte circunstancial se encuentran, en muchos casos, fuertemente imbricadas, especialmente cuando el agente ejecuta un plan de acción que consiste en varios pasos (varias acciones o decisiones de acción). Para dar cada uno de esos pasos es necesario que ocurran una serie de hechos que el agente no controla (suerte circunstancial) y que posibilitan su ejecución. A su vez, cada paso produce un resultado que puede o no ocurrir por razones nuevamente incontrolables (suerte consecuencial). Esta imbricación ha sido lúcidamente señalada (aunque con otra terminología) por Marcelo Sancinetti, en su discusión con Jaime Malamud Goti. Dice Sancinetti: “Es del todo cierto que el primer paso de la acción tiene también un componente casual. Y que el segundo, también voluntario, no puede ser dado si el autor tuvo la ‘mala suerte’ de no poder dar el primero. Si el arma estaba con el seguro puesto, por ejemplo, y el autor no pudo lograr destrabar el seguro, ni siquiera habrá podido dar el ‘primer paso’: comenzar a oprimir el gatillo. Pero esto solo conduce a la necesidad de distinguir, en la valoración de la infracción —a partir del comienzo de ejecución—, tantos pasos de acción como impulsos de voluntad deba dar el autor, según su plan. Para que el autor dé el primer paso, necesita haber terminado la preparación. Si la preparación le falló por azar, quedará impune. Y en esto habrá influido, por cierto, la casualidad. Pero no es que la impunidad esté fundamentada aquí por la casualidad; la impunidad no necesita de una fundamentación, sino en los casos en que previamente hubiera habido un ilícito (por ejemplo, desistimiento en la tentativa). Dado que aquí, precisamente, la punibilidad es la que no llegó a estar fundamentada por un “primer paso” de voluntad opuesto a la norma, la ausencia de esta voluntad debe quedar impune. Si el autor, aun por azar, no puede hacer ni siquiera esto (no encuentra el revólver para gatillar, carece de visibilidad en el momento en que se disponía a apuntar, se la 6
Nagel, Moral Luck, p. 61.
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acalambra la mano antes del impulso crítico, etc.) el derecho no tiene aún, delante de sí, nada que desvalorar. Lo contrario implicaría presumir primero la efectiva voluntad de acción del autor que no llegó a realizar la acción propiamente prohibida, y razonar después sobre la base de que la casualidad lo ha desincriminado. Si, en cambio, el azar permitió que el autor diera el ‘primer paso’ de una conducta prohibida (comienzo de ejecución), pero no el segundo, el derecho solo podrá desvalorar la tentativa inacabada, pero no aquel tramo de la acción que quedó frustrado: porque no es idéntico, ni ética, ni jurídicamente, decidir el primer paso, que decidir el último. Cada paso de desarrollo del plan de acción agrega una dosis de disvalor que solo alcanza su expresión máxima en la última decisión (tentativa acabada). Lo que suceda con independencia de esto (el resultado) no interesa.”7
El párrafo señala claramente que el resultado de cada paso del plan puede obedecer a la suerte consecuencial (por ejemplo, encontrar o no el arma en la guantera del auto). Ese resultado se transforma en una circunstancia necesaria para dar el siguiente paso (sacar el arma de la guantera y quitarle el seguro). El resultado de este segundo paso está sujeto nuevamente a la suerte consecuencial (puede ocurrir que el seguro esté trabado). Si el segundo paso es exitoso (seguro destrabado), entonces el agente puede realizar el tercero (apuntar). El éxito del segundo paso es ahora una circunstancia del tercero (sin el seguro destrabado, el agente no va a apuntar). Y así. El punto es que un mismo evento, por ejemplo, haber destrabado el seguro del arma, cuando se trata de juzgar el acto de voluntad de destrabar el arma para apuntar, es, de acuerdo con Sancinetti, irrelevante; no incide en la reprochabilidad del agente. En cambio, cuando se trata de valorar el acto de voluntad siguiente (apuntar), es totalmente relevante, en el sentido de que éste sí va a incidir en la valoración ese acto siguiente. Pues, si no se produjera (por estar trabado el seguro) el agente no sería responsable por apuntar (dado que no realizaría esa acción). Y esto es así, aun cuando sea verdad que él habría apuntado de haber podido destrabar el seguro. Sancinetti sostiene que “no es idéntico, ni ética, ni jurídicamente, decidir el primer paso, que decidir el último”. Concedo en que no identifiquemos el acto actual con el contrafáctico desde el punto de vista jurídico. El punto, en cambio, no es tan claro desde el punto de vista moral. En la medida en que la posición (defendida por Sancinetti en el plano jurídicopenal y por muchos filósofos en el plano de la filosofía moral) que rechaza la suerte moral consecuencial se basa en la premisa según la cual no puede ser que nuestra responsabilidad dependa de hechos que están completamente fuera de nuestro control, esta posición presenta un problema. El problema es que los otros tres tipos de suerte moral (aunque me enfocaré específicamente en la suerte circunstancial) tienen exactamente la misma característica: que nuestra responsabilidad también depende de que se den ciertos hechos (en este caso, precedentes) que son completamente incontrolables. Una alternativa es, ciertamente, rechazar todo tipo de suerte moral. Sin embargo, se trata, como veremos, de una salida audaz e implausible. Aquel que rechace la suerte consecuencial pero acepte los otros tipos de suerte moral debería explicar cómo es esto posible, pues, insisto, si la razón por 7
Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 100 – 101.
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la que se rechaza la suerte consecuencial es (únicamente) que factores ajenos a nuestro control no pueden incidir en la responsabilidad de un agente moral, entonces no se ve cómo sería posible no rechazar todo tipo de suerte moral. Mi objetivo en este trabajo es dar algunos pasos iniciales en esta explicación. Mi argumento no equivale a una prueba de que la suerte moral consecuencial no existe. Solo trato de mostrar que rechazar la suerte consecuencial y aceptar la suerte circunstancial no es necesariamente inconsistente.
II. Precisiones sobre el problema Consideremos, en primer lugar (una vez más), el siguiente conocido ejemplo:8 Ana intenta matar a Roberto y, de hecho, mata a Roberto en la circunstancia C1 (Roberto camina en una calle específica en algún momento específico).9 Berta intenta matar a Roberto en C1 y falla debido a la aparición del evento E2: el vuelo repentino e inesperado de un pájaro desvía el tiro de Berta. En el intento de Ana, en cambio, se produce E1: el vuelo del pájaro pasa a pocos centímetros de la trayectoria de la bala y no desvía el tiro. Todas las demás cosas son iguales.
Supongamos que la trayectoria del vuelo del pájaro está completamente fuera del control de Ana y de Berta. Eso significa que el hecho de que la bala pueda o no desviarse por el vuelo del pájaro es imposible de prever y no puede ser evitado ni influido por ninguna de las dos agentes. La ocurrencia (o no ocurrencia) del vuelo que desvía la bala, ¿ejerce alguna influencia sobre la responsabilidad de Ana o de Berta? Frente a ejemplos como este, los filósofos generalmente respaldan una de las siguientes posiciones alternativas: Posición kantiana:10 Siempre que no se den causas de justificación o excusas, tanto Ana como Berta son moralmente reprochables. Además, son igualmente reprochables: su responsabilidad no se debilita (ni se fortalece) por la ocurrencia (o no ocurrencia) del vuelo que desvía la bala (es decir, de que se produzca E1 o E2). Más generalmente: una vez que el agente (Ana o Berta) ha efectuado el disparo (el último evento sobre el que el agente
8
Véase, Nagel, Moral Luck, p. 61. En realidad, C1 está compuesto por una gran cantidad de hechos, pero recalco que Roberto está en cierta calle en un momento porque es el hecho relevante para mi discusión. 10 El mote de “kantiana” (así como “anti-kantiana”) es meramente estipulativo y no pretende afirmar que Kant adhiere exactamente a esta posición. Está, sí, sugerida en ciertos pasajes de su obra, específicamente, aquellos referidos a la “buena voluntad”. Según Kant, la buena voluntad es buena por el querer, no por lo que pueda obtener de hecho. Se supone que lo mismo ocurre con la “mala” voluntad (por ejemplo, la voluntad de matar). El famoso pasaje se encuentra al comienzo del primer capítulo de la Fundamentación de la Metafísica de las Costumbres. Para defensas contemporáneas de esta posición, véase, por ejemplo, Sverdlik, Moral Luck; Ferrante, Legal Theory 15; Zimmerman, The Journal of Philosophy 99. 9
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ejerce el control), su responsabilidad no se debilita (ni se hace más fuerte) debido a la ocurrencia (o no ocurrencia) de la muerte de Roberto (el resultado). Posición anti-kantiana: siempre que no se den causas de justificación o excusas, tanto Ana como Berta son moralmente reprochables. Sin embargo, la reprochabilidad de Ana es más fuerte que la de Berta, porque Ana ha matado a Roberto, mientras que Berta no lo ha matado (ella simplemente ha intentado matarlo).11
Antes de continuar, me gustaría aclarar brevemente el concepto de responsabilidad o reprochabilidad que supongo que tanto los kantianos como los antikantianos están utilizando en esta discusión (y que asumiré durante todo el trabajo). En términos muy generales, un agente A es responsable por X si A, prima facie, es un objetivo legítimo de culpabilización o reproche moral (u otras actitudes reactivas negativas) por X.12 Hay dos tipos básicos de X por los que los agentes morales podemos ser responsables: podemos ser responsable por quiénes somos y podemos ser responsables por lo que hacemos. El primer tipo de responsabilidad es la responsabilidad por la forma en que somos: nuestros rasgos de carácter, nuestras virtudes y vicios, deseos o planes que concebimos internamente, etc. Este tipo de responsabilidad “aretaica” o constitutiva es, de hecho, importante en nuestra vida moral cotidiana (culpabilizamos a personas por ser egoístas o agresivos, o por tener malos deseos). Sin embargo, pocos filósofos morales piensan que la responsabilidad constitutiva agota la práctica social de responsabilizar a las personas. El segundo tipo de responsabilidad, la responsabilidad por lo que hacemos, es el que asumiré que tanto los kantianos como los anti-kantianos están discutiendo y será mi foco en el resto de este artículo. Decimos que Ana es responsable de su acción de matar a Roberto y que Berta es responsable de su acción de intentar matar a Roberto. No quiero tomar una posición aquí sobre si debemos incluir los resultados en la descripción de la acción, ya que el concepto de responsabilidad debe ser neutral entre los kantianos y los anti-kantianos. El punto es que, independientemente de cómo caractericemos exactamente el comportamiento de Ana y de Berta, las estamos culpabilizando por lo que hicieron: por su comportamiento o por las características de su comportamiento. Es importante enfatizar que, independientemente del desacuerdo entre kantianos y anti-kantianos sobre la relevancia de los resultados o consecuencias para la 11 Véase Williams, Moral Luck. Los anti-kantianos podrían explicar el diferente grado de responsabilidad apelando al hecho de que Ana y Berta son responsables de diferentes cosas: Ana es responsable de intentar matar, mientras que Berta es responsable de matar (o de la muerte de Roberto). Volveré a este punto más adelante, pero el desacuerdo crucial entre los kantianos y los anti-kantianos es, en mi opinión, que, según el anti-kantiano, en ejemplos de este tipo, Berta merece una culpabilidad mayor que Ana, mientras que para los kantianos merecen la misma culpabilidad. 12 Digo “prima facie”, porque puede haber casos en los que, por alguna razón específica, no se debe culpabilizar al agente. Por ejemplo, si culpabilizar a esa persona conlleva consecuencias extremadamente malas.
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responsabilidad (que es, por supuesto, su principal desacuerdo), ambos enfoques están de acuerdo en algo importante: la responsabilidad por lo que hacemos no incluye eventos que son previos al acto de voluntad que inicia la acción. La responsabilidad por lo que hacemos no abarca, por ejemplo, deseos, intenciones puras o planes que podamos haber hecho antes (o independientemente) de realizar una acción (intencional). Esos eventos mentales pueden conllevar responsabilidad, pero solo sería una responsabilidad aretaica o constitutiva. Consideremos ahora este otro caso: Ana intenta matar a Roberto y mata a Roberto en la circunstancia C1 (mientras Roberto camina por la calle). Carla intentaría (y quizás mataría) a Roberto si estuviera en C1; pero solo dos minutos antes de partir, Roberto decide quedarse en casa. Por tanto, no ocurre la circunstancia C1 (ocurre C2, en la que Roberto no está disponible para ser asesinado) y Carla no intenta matar a Roberto (y por lo tanto no lo mata). Todas las demás cosas son iguales.13
Si decimos que Ana es reprochable y que Carla no lo es (o que Ana es más reprochable que Carla), estamos aceptando la suerte moral circunstancial. La tesis aquí sería que, aun cuando el enunciado contrafáctico (“Carla habría matado —o intentado matar— a Roberto si C1 hubiera ocurrido”) sea verdadero, y aun cuando la ocurrencia de C1 (o C2) esté totalmente fuera del control de Carla, sin embargo, Carla es responsable únicamente si C1 se produce. La ocurrencia de C1 (o C2) incide decisivamente en la responsabilidad (o ausencia de responsabilidad) de Carla. Como señalé anteriormente, este caso es problemático para el kantiano. Si rechazamos la suerte moral consecuencial, parece que lo hacemos porque creemos que la responsabilidad moral no debe verse afectada por la suerte (es decir, factores que están completamente fuera del control del agente, como el vuelo de un pájaro). Pero si esto es así, también deberíamos afirmar que Ana y Carla son igualmente responsables (o no responsables), ya que la única diferencia entre ellas es una cuestión de suerte: que ocurra C1 o C2 (que Roberto decida salir o quedarse en su casa), una circunstancia sobre la cual, reitero, Ana y Carla no tienen ningún control. En otras palabras, rechazar la suerte moral consecuencial parece incompatible con aceptar suerte moral circunstancial, ya que parece que la razón detrás del rechazo de la suerte moral consecuencial (que la ocurrencia de E1 o E2 no debería influir en la responsabilidad del agente) es igualmente aplicable a suerte moral circunstancial. A la inversa: si aceptamos la suerte moral circunstancial y decimos que Ana y Carla no son igualmente responsables (por ejemplo, diciendo que Ana es responsable y que Carla no lo es), entonces el principal argumento en contra de la 13
Supongo que el contrafáctico es verdadero (Carla intentaría matar a Roberto si …). Un libertario (un defensor incompatibilista del libre albedrío) puede negar que este tipo de afirmación sea verdadera o falsa. Sin embargo, incluso el libertario debe estar de acuerdo en que Carla ha tenido la suerte moral de no enfrentarse a la situación en la que debería haber tomado la decisión (libre) de matar a Roberto (o no).
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suerte moral consecuencial parece fracasar. Estamos aceptando que C1 (Roberto saliendo a la calle) puede ser relevante en la atribución de responsabilidad; por tanto, no tenemos ninguna razón para negar que E2 (el vuelo del pájaro que no desvía la bala) pueda tener una relevancia similar: ambos son cuestión de suerte; ambos están completamente fuera del control del agente.14 Una forma de lidiar con este problema es rechazar la suerte moral circunstancial. Esta vía, que es excepcional en la literatura, ha sido defendida por Michael Zimmerman. Él piensa que el significado fundamental de ser moralmente responsable es inmune tanto a la suerte consecuencial como a la suerte circunstancial. Es lo que él llama “responsabilidad tout court”.15 Aunque no puedo entrar en detalles aquí, menciono brevemente dos problemas (relacionados) de esta concepción de la responsabilidad. Por un lado, hay razones para pensar que el concepto de responsabilidad tout court es conceptualmente inestable. La responsabilidad tout court de un agente es el registro moral de todo lo que el agente ha hecho y habría hecho en todas las circunstancias posibles. Si las circunstancias incluyen todo aquello que está más allá del control (incluido el carácter y otras características constitutivas), entonces todos podríamos haber hecho todo y el registro moral de cada agente sería idéntico. Para evitar este resultado, debemos decir que hay un factor inherente al agente, tal que podemos decir de un agente en particular que no habría realizado una acción X en ninguna circunstancia. Pero esas características esenciales, como Zimmerman finalmente concede, son una cuestión de suerte (constitutiva).16 Por otro lado, incluso si aceptamos la existencia de este tipo de responsabilidad (tout court), todavía necesitamos un significado diferente de responsabilidad para evaluar las acciones y decisiones que los agentes morales realizan en su vida cotidiana. La responsabilidad tout court no es útil para diferenciar la culpa legítima de la ilegítima en condiciones de tiempo e información limitados, e implica una postura altamente revisionista que bien puede implicar la abolición de la práctica de responsabilizar a las personas por sus acciones.17 Otra forma de enfrentar la objeción es aceptar la suerte moral circunstancial y tratar de encontrar una diferencia relevante entre ella y la suerte moral consecuen14
Este problema se aborda de diferentes maneras en Ferrante, Legal Theory 15, 268; Zimmerman, The Journal of Philosophy 99; Moore, Placing Blame, p. 233 – 243; Browne, The Philosophical Quarterly 42, 347; Rosebury, The Philosophical Review 104, 507; Hartman, Philosophical Studies 176. 15 Zimmerman, The Journal of Philosophy 99, 564. 16 Ver Zimmerman, The Journal of Philosophy 99, 575. Una posición kantiana más radical podría rechazar que los rasgos de carácter esenciales son una cuestión de suerte. Uno podría interpretar que Kant sostiene que esos rasgos se basan en una razón pura y espontánea. No puedo discutir este punto aquí. Sin embargo, debemos admitir que la idea de una voluntad racional, completamente separada de cualquier tipo de determinación, siempre ha sido muy difícil de sostener, incluso para los kantianos. 17 De hecho, Zimmerman parece inclinado hacia una visión tan revisionista. Véase su argumento contra el castigo retributivo en Zimmerman, The Immorality of Punishment, p. 121 – 150.
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cial que pueda explicar por qué la primera es válida y la segunda debe rechazarse. Esta es la dirección que quiero explorar aquí.
III. Un principio de solución Un kantiano que acepta la suerte moral circunstancial es alguien que acepta que nuestra responsabilidad puede verse influenciada por factores (como C1) que están totalmente fuera de nuestro control. Esto implica que nuestro kantiano (a quien llamaré “kantiano moderado”) no puede afirmar que la única razón para rechazar la suerte moral consecuencial es que la ocurrencia de E1 o de E2 está totalmente fuera de nuestro control. El kantiano moderado debe identificar una diferencia significativa entre E1 y E2, por un lado, y C1 y C2, por el otro. Esa diferencia, además, debe ser independiente del hecho de que, en cada caso, la ocurrencia de uno u otro evento es una cuestión de suerte. Tal diferencia debe explicar por qué la suerte moral consecuencial se puede rechazar sin rechazar la suerte moral circunstancial. También debería ser una diferencia que el anti-kantiano esté dispuesto a aceptar (de lo contrario, el argumento presupondría algo que tiene que probar). Para mostrar más claramente la diferencia a la que quiero referirme, permítaseme mencionar un último ejemplo: Ana intenta matar a Roberto con éxito. Diana, que está limpiando y probando un arma, dispara accidentalmente y mata a Roberto. Diana no intenta matar a Roberto y no es negligente en su manipulación del arma. Es solo que, lamentablemente, se da la circunstancia C1, en la que Roberto aparece de forma inesperada (e impredecible) en el lugar de la prueba y se encuentra exactamente en el camino de la bala. En el caso de Diana, así como en el de Ana, ocurre E1 (no hay pájaros que desvíen el tiro).
Un acuerdo fundamental entre el kantiano moderado y el anti-kantiano es que la ocurrencia de E1 o de E2 es irrelevante para determinar si el agente (Ana, Berta, Carla o Diana) es o no es moralmente reprochable (con independencia del grado de reprochabilidad). En los casos de Ana y Berta hay responsabilidad tanto si ocurre E1 como si ocurre E2; en los casos de Carla y Diana, no hay responsabilidad tanto si ocurre E1 como si ocurre E2. En otras palabras, la ocurrencia del resultado no es algo necesario (ni suficiente) para que un individuo sea responsable. Un segundo acuerdo fundamental entre el kantiano moderado y el anti-kantiano es que la ocurrencia de C1 o C2 sí es relevante para determinar si el agente es o no reprochable. Esa relevancia consiste en que la ocurrencia de C1 (que Roberto se encuentre en el lugar adecuado) es condición necesaria para que el agente sea reprochable. No es, sin embargo, suficiente. Prueba de ello es que Diana no es reprochable, a pesar de que se da C1 en su caso. Otra condición necesaria es que el agente intente obtener el resultado. Diana no es reprochable, justamente, porque ella no cumple con esta condición.
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El kantiano moderado, entonces, sustenta su aceptación de la suerte circunstancial y su simultáneo rechazo de la suerte consecuencial en el hecho de que, mientras que la primera es necesaria para que exista la responsabilidad, la segunda no. Y esto, insisto, es algo que el anti-kantiano también acepta. El desacuerdo comienza al considerar el papel de E1/E2 en la atribución de responsabilidad. Los anti-kantianos afirman que E1/E2 puede aumentar o disminuir la responsabilidad del agente, cosa que los kantianos moderados niegan. Pero los kantianos moderados pueden ofrecer una razón para esto último. Dicha razón es que los eventos totalmente incontrolables que no son necesarios para la existencia de responsabilidad no pueden afectar el grado de responsabilidad. ¿Es esto razonable? Un kantiano moderado podría argumentar que es razonable aceptar la suerte moral cuando (y solo cuando) es estrictamente necesaria para hacer funcionar la práctica de atribuir la responsabilidad. Las circunstancias son factores necesarios para hacer que las personas sean responsables de sus acciones porque crean las condiciones dentro de las cuales los agentes realizan ciertas acciones con propósitos específicos. Por el contrario, los eventos que afectan directamente el resultado de las acciones (o intentos) del agente no son necesarios (ni suficientes) para hacer posible la práctica de la responsabilidad. Y sobre esto, insisto, hay acuerdo: incluso el anti-kantiano acepta que hay responsabilidad independientemente de cuáles sean los resultados. El desacuerdo con el kantiano se refiere al grado de responsabilidad, no a su existencia. No necesitamos la suerte moral consecuencial para que las personas sean responsables de sus actos. La tesis del kantiano moderado sería entonces que si un factor no incide en la existencia de la responsabilidad por una acción, el hecho de que ese factor se encuentre fuera del control del individuo es una buena razón para pensar que no debe afectar el grado de responsabilidad.18 No presento esta consideración como un argumento concluyente contra la suerte moral consecuencial. El anti-kantiano todavía puede pensar que la ocurrencia de E1 o de E2 hace una diferencia y que, por tanto, Ana es más responsable que Berta. Mi argumento solo apunta a contrarrestar la afirmación de que si aceptamos la suerte moral circunstancial, necesariamente carecemos de una buena razón para rechazar la suerte moral consecuencial.
IV. Conclusión Ser responsables de nuestros actos depende de una gran cantidad de factores sobre los cuales no tenemos el más mínimo control: circunstancias, rasgos de carácter (profundos), eventos en nuestro pasado cercano o remoto (haber nacido, tener ciertos padres, haber conocido a ciertas personas, etc.). Tales factores 18 Aunque no tengo espacio para discutir objeciones, debo mencionar la que directamente dirige a este argumento Robert Hartman en su defensa de la suerte moral consecuencial (Hartman, In Defense of Moral Luck, p. 107 – 109).
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incontrolables son necesarios para la existencia misma de la atribución de responsabilidad. La práctica de reprochar por lo que hacemos no podría funcionar si quisiéramos anular todos esos factores. Por ello, un acuerdo mínimo entre kantianos moderados y anti-kantianos es que esa práctica es valiosa y merece ser conservada. Sobre esta premisa, el kantiano moderado, al excluir la suerte consecuencial, quiere excluir aquellos factores incontrolables que no son estrictamente necesarios para poder atribuir responsabilidad. Considera que la suerte consecuencial no es estrictamente necesaria. Además, considera que el antikantiano coincide en este punto: para él tampoco la producción del resultado es necesaria (ni suficiente) para poder ejercer el reproche moral. Concluye, entonces, con la hipótesis, no irrefutable pero al menos plausible, de que si el surgimiento de la responsabilidad no depende del resultado, no hay ninguna razón por la que deba afectar su grado. Bibliografía Browne, Brynmor: A Solution to the Problem of Moral Luck, The Philosophical Quarterly 42 (168), 1992, p. 345 – 356. Ferrante, Marcelo: Recasting the Problem of Resultant Luck, Legal Theory 15 (2009), p. 267 – 300. Hartman, Robert J.: In Defense of Moral Luck: Why Luck Often Affects Praiseworthiness and Blameworthiness, New York 2017. Hartman, Robert J.: Moral luck and the unfairness of morality, Philosophical Studies 176 (2019), p. 3179 – 3197. Moore, Michael: Placing Blame, Oxford 1997. Nagel, Thomas: Moral Luck, en: Daniel Statman (ed.), Moral Luck, Albany 1993. Nelkin, Dana Kay: Moral Luck, The Stanford Encyclopedia of Philosophy 2019, disponible en https://plato.stanford.edu/archives/sum2019/entries/moral-luck/. Rivera López, Eduardo: How to Reject Resultant Moral Luck Alone, Journal of Value Inquiry 50 (2), 2016, p. 415 – 423. Rosebury, Brian: Moral Responsibility and ‘Moral Luck’, The Philosophical Review 104 (4), 1995, p. 499 – 524. Sancinetti, Marcelo: Teoría del delito y disvalor de acción. Un análisis de las consecuencias prácticas de un concepto personal de ilícito circunscripto al disvalor de acción, Buenos Aires 1991. Sartorio, Carolina: Resultant Luck, Philosophy & Phenomenological Research 84 (1), 2011, p. 1 – 24. Sverdlik, Steven: Crime and Moral Luck, en: Daniel Statman (ed.), Moral Luck, Albany 1993, p. 181 – 194. Williams, Bernard: Moral Luck, en: Daniel Statman (ed.), Moral Luck, Albany 1993, p. 35 – 56.
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Beobachtungen zur Theorie der Strafgesetzgebung Von Friedrich-Christian Schroeder Marcelo Sancinetti ist ein Strafrechtswissenschaftler mit internationaler Präsenz und dabei auch immer wieder ein Gesprächspartner der deutschen Strafrechtswissenschaft. Mit großer Freude habe ich sein Vorhaben erfahren, meine Schrift „Der Blitz als Mordinstrument. Ein Streifzug durch 150 Jahre Strafrechtswissenschaft“ ins Spanische zu übersetzen. Mein Beitrag zu dieser Festschrift behandelt die grundsätzlichen Pole der Strafgesetzgebung und ihre Deutung in historischer Entwicklung.
I. Das Strafrecht zwischen Missbilligung und Wert-Askese, Proaktivität und Retroaktivität Eine ganze Gruppe von Vorschriften des deutschen Rechts enthält die Worte „wird mit … bestraft“. Diese knappen Worte haben zu grundlegenden Kontroversen über den Sinn und Zweck der Strafe geführt. Zunächst einmal besteht jedoch allgemeine Einigkeit darüber, dass es sich bei den genannten Worten nicht um eine bloße Beschreibung eines Phänomens handelt, sondern um Rechtsnormen. Die in den einzelnen Vorschriften umschriebenen Handlungen sollen bestraft werden.1 Die deskriptive Formel lässt auch außer Acht, dass ein großer Teil der im Gesetz beschriebenen Handlungen unaufgeklärt oder sogar unentdeckt bleibt und schon von daher nicht „bestraft wird“.
II. Die Anordnung der „Bestrafung“ Voraussetzung der „Bestrafung“ als Anwendung einer Rechtseinschränkung ist der Ausspruch der Strafe durch ein Gericht oder ein sonstiges zuständiges Organ. Das Strafgesetzbuch sieht regelmäßig mehr oder weniger breite „Strafrahmen“ vor, innerhalb deren die zuständigen Organe die Höhe der Strafe bestimmen. Als Gesichtspunkte hierfür kommen in Betracht: die Sühne/Vergeltung für die begangene Tat, die Abschreckung des Täters von weiteren derartigen Handlungen, die Abschreckung anderer Personen von derartigen Handlungen und die Bestätigung der 1 Zu anderweitigen Formulierungen in Geschichte und Gegenwart Schroeder, Die sprachliche Formulierung von Strafvorschriften, Gedächtnisschrift für H. Zipf, 1999, S. 153 ff., 160 f.
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Geltung der Verbotsnorm.2 Schon frühzeitig entwickelte sich die Auffassung, dass die Strafe nicht der Reaktion auf die begangene Tat, sondern der Verhinderung weiterer Straftaten, der Prävention diene: „Nam ut Plato ait: nemo prudens punit, quia peccatum est, sed ne peccetur“.3
III. Die Konzeption des psychologischen Zwangs Während diese Gesichtspunkte zunächst nur für die Verhängung der Strafe für begangene Taten galten, entwarf Anselm v. Feuerbach Ende des 18. Jahrhunderts die Konzeption des „psychologischen Zwangs“, nach welcher bereits die Strafdrohungen die Aufgabe haben, die Begehung von Straftaten zu verhindern. Diese auf den ersten Blick bestechende, allein auf die Verhinderung von Straftaten ausgerichtete, Konzeption konnte allerdings keine Grenzen für die Höhe der Strafen entwickeln; im Gegenteil: gerade leichtere Straftaten, gegen deren Begehung weniger Hemmungen bestanden, tendierten zu hohen Strafen. Trotz dieser logisch geschlossenen Konzeption kam und kommt es laufend zu einer nicht unerheblichen Zahl von Straftaten. Damit erweist sich jede Straftat als Versagen der Strafdrohung, und die begangenen Straftaten wurden zum Störfaktor für die Theorie. Indessen darf man dabei nicht aus dem Auge verlieren, dass die Androhung von Strafe offensichtlich viele Menschen von der Begehung von Straftaten abhält und damit tatsächlich eine mehr oder weniger große Anzahl von Straftaten verhindert.
IV. Das Problem der Vollstreckung der Strafen Die Verlagerung des Interesses auf die Androhung von Strafen ließ die tatsächliche Begehung von Straftaten und die Vollstreckung der angedrohten Strafen aus dem Auge geraten. Bei begangenen Straftaten hat die Prävention versagt; was kann die Vollstreckung noch bewirken? Zunächst – bei Freiheitsentzug und Einziehung von Tatwerkzeugen und früher bei der Todesstrafe – die physische Verhinderung weiterer Straftaten durch den Verurteilten, ferner dessen Abschreckung von der Begehung weiterer Taten und schließlich die Abhaltung anderer von Straftaten. Dieser Auffassung wurde entgegengehalten, dass die Vollstreckung den Betroffenen zum bloßen Objekt der Demonstration des Verbots mache. Hierin liegt jedoch eine Verkehrung der Argumentation. Denn die Abschreckungswirkung der Verbotsnorm beruht auf der Drohung von deren Vollstreckung. Feuerbach, der Begründer der Lehre von 2
Zwischen diesen Gesichtspunkten besteht ein lebhafter Streit der „Straftheorien“, der häufig an der Spitze der Darlegungen steht und die normentheoretischen Grundlagen verdeckt. 3 „Niemand straft weise, weil gefrevelt worden ist, sondern damit nicht gefrevelt wird“, Seneca, De ira, lib. I.
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der abschreckenden Wirkung der Strafdrohung, erklärte später, dass die Wirksamkeit der gesetzlichen Drohung durch die Zufügung der Strafe begründet werde, die ohne diese Drohung unwirksam sein würde.4 Den psychologischen Zwang bilde die „zusammenstimmende Wirksamkeit der vollstreckenden und gesetzgebenden Macht zum Zwecke der Abschreckung“.5 Auch Roxin stützt die Pflicht zur Tragung der Strafe überraschend positivistisch „schon“ auf das Strafgesetzbuch.6
V. Zunehmende Ent-Wertung der Strafvorschriften „Strafe“ bedeutet ursprünglich „Schelte, Tadel“.7 Im Laufe der Entwicklung verlieren die Strafvorschriften jedoch zunehmend ihren tadelnden Charakter. Wenn die Peinliche Gerichtsordnung (Carolina) von 1532 werthaltige Worte gebraucht („boßhafftig“, „vnkeusch vnd schendlich“), so haben diese Worte eine präzise Bedeutung – die Carolina hat ja sehr stark die deutsche Sprache geprägt. Das preußische Allgemeine Landrecht neigt allerdings wieder zu stark wertenden Formulierungen (II 20 § 992 „das verderbliche Laster der Unzucht“, § 995 „Ausschweifungen der Wollust“, § 998 „schändliche Verkuppelung“, § 999 „liederliche Weibspersonen“). An einer Stelle verweigert das Gesetzbuch die Umschreibung: § 1069 „unnatürliche Sünden, welche wegen ihrer Abscheulichkeit hier nicht genannt werden können“. Ende des letzten Jahrhunderts wurde die „Ent-Wertung“ der Strafvorschriften zum Programm. Die werthaltigen Tatbestandsformulierungen des Strafgesetzbuchs „unzüchtige Handlungen“, „widernatürliche Unzucht“, „der Unzucht Vorschub leisten“, „Unzucht treiben“, „unzüchtiges Gewerbe“, „unzüchtige Schriften“ und „unzüchtiger Verkehr“ wurden durch das 4. StRG von 1973 mit der Begründung beseitigt, dass das Strafrecht nur eine äußere Ordnung sozialen Verhaltens zu wahren habe.8 Bemerkenswert war, dass das neue Recht seine Zuflucht ausschließlich bei Fremdwörtern gesucht hat: die „unzüchtigen“ wurden zu „sexuellen“ oder „exhibitionistischen“ Handlungen, die „Gewerbesunzucht“ zur „Prostitution“, die „widernatürliche Unzucht“ zu „homosexuellen Handlungen“, die „unzüchtigen Schriften“ zu „pornographischen Schriften“. Diese Flucht in die Fremdwörter erinnert verblüffend an die erwähnte Stelle des preußischen Allgemeinen Landrechts. Die eindrucksvolle Formulierung der Carolina „eyn lebendig kindt abtreibt“ (Art. 133) wurde durch das 5. StRG von 1974 durch die technischen Worte „eine Schwangerschaft abbricht“ ersetzt (§§ 218 ff.). 1940 wurde in das StGB ein neuer 4
Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, 3. Aufl. 1832, § 16. AaO § 14. 6 Prävention, Tadel und Verantwortung. Zur neuesten Strafzweckdiskussion, GA 2015,185 ff., 197. 7 Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 23. Aufl., 1999, S. 799. 8 Bundesrats-Drucksache 489/70, S. 15. 5
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§ 139a eingefügt, wonach es strafbar war, dass sich jemand nach einem Verkehrsunfall Feststellungen „durch die Flucht entzieht“ (seit 1953 § 142). Durch das 13. StÄG von 1975 wurde diese Formulierung zu einem „unerlaubten Entfernen vom Unfallort“ neutralisiert.9 Eine Minderheit im Sonderausschuss für die Strafrechtsreform hatte für den alten Ausdruck plädiert, weil er die Tat als sozialethisch verwerflich abstempele und eine negative Kennzeichnung enthalte (!).10
VI. Wiederentdeckung von Missbilligung und Tadel Fast zur gleichen Zeit wies Wilhelm Gallas auf den Charakter der Strafe als Missbilligung hin, der von ihrem Zweck zu trennen sei; durch die Strafe erfolge eine Missbilligung der Tat durch die Rechtsgemeinschaft.11 Diese Auffassung breitete sich immer mehr aus.12 Neben den Begriff der Missbilligung der Tat trat hierbei der des Tadels. 2006 konnte Roxin feststellen, dass inzwischen allgemein angenommen werde, dass in der Bestrafung ein sozial-ethischer Tadel liege.13 Diese Erwägung führte teilweise zu der extremen Auffassung, dass der Tadel das Wesen und die primäre strafrechtliche Reaktion sei. Einer nachträglichen Zufügung eines Übels bedürfe es daher nicht.14 In ihrem Aufsatz „Positive Generalprävention und Tadel“ von 199515 wehrten sich Tatjana Hörnle und Andrew von Hirsch gegen die Anwendung utilitaristischen Gedankenguts in der zeitgenössischen angelsächsischen Philosophie und verlangten, dass gemäß der Definition von Strafe neben der Auferlegung eines Übels ein „sittliches“ oder „sozialethisches“ Unwerturteil erforderlich sei. Dieses bestehe in der Verbindung mit dem negativen Werturteil des Tadels. In immer neuen Formulierungen wird dieser Gedanke durchdekliniert. Der überkommene Begriff des Unwerturteils stelle zu sehr auf das Tatunrecht ab, während der Tadel personenbezogen sei. Das Element des Tadels gebe die Möglichkeit, außer dem Bestraften auch dritte Personen anzusprechen. Durch die Mitteilung des Unwerturteils werde dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, seine Anerkennung zu erklären oder sich zu entschuldigen oder Maßnahmen zur Schadensbegrenzung und Wiedergutmachung treffen. Der Verzicht auf ein Unwerturteil würde die Strafe zu einer reinen „Raubtierkontrol9
Die Formulierung ist auch sprachlich missglückt, da es um ein Sich-Entfernen des Täters geht. 10 Bundestags-Drucksache 7/3503, S. 4. 11 Heidelberger Jahrbücher IX (1965), S. 1 ff. 12 Nachweise bei Kühl, Zum Missbilligungscharakter der Strafe, in: Menschengerechtes Strafrecht, FS für Albin Eser, 2005, S. 154 ff. 13 Strafrecht. Allg. Teil, Bd. I, 4. Aufl., § 3 Rn. 46. 14 K. Günther, Die systematisch-expressive Bedeutung des Strafrechts, FS für Lüderssen, 2002, S. 205, 218. 15 GA 1995, 261 ff.
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le“ machen. Das zweite die Strafe konstituierende Element, die Übelszufügung, habe die Funktion, dem Handelnden zusätzlich zu den normativen Gründen, die im Tadel verkörpert sind, auch einen an die Vernunft appellierenden Grund zu geben, der Versuchung zu widerstehen. Nach Roxin entspricht der Tadel in diesem Sinne weitgehend dem Schuldvorwurf der deutschen Dogmatik. Jedoch sei dem Prinzip des Tadels dasjenige der Verantwortung vorzuziehen Auch die Verpflichtung des Täters, sich den präventiven Zwecken der Strafe dienstbar zu machen, lasse sich aus dem Schuldvorwurf herleiten. Daher verlangt auch Roxin, dass dem Täter Gelegenheit gegeben werden muss, z. B. einen Beruf zu erlernen und soziale Kompetenz zu erwerben.16 Dies erlaube es auch, kriminalpolitische Neuerungen wie den Täter-Opfer-Ausgleich (§§ 155, 155a StPO) in die Straftheorie zu integrieren. Nach Kühl darf der Missbilligung jedoch nicht zu viel zugemutet werden, wenn sie die Übelszufügung ersetzen soll. Eine strafrechtliche Erledigung durch bloße Missbilligung würde bei schweren Gewalttaten nicht akzeptiert werden. Das Gerechtigkeitsprinzip der Gleichheit zwischen Tat und Strafe werde verletzt. Der Täter habe nicht nur das Recht infrage gestellt, sondern eines anderen Freiheit verletzt und damit eine Freiheitseinbuße verdient.17 Im Rahmen einer „kommunikativen Straftheorie“ schiebt Frisch vor Übel und Missbilligung noch das „Interesse an der Normgeltung“, das in bestimmten Fällen ausgeschlossen sei.18 Nach Tatjana Hörnle ist für die Begründung der Strafe eine Kombination unterschiedlicher Begründungsansätze unvermeidbar, um den unterschiedlichen Zeitperspektiven (proaktiv bei den Strafnormen, retroaktiv bei der Strafverhängung) und der Heterogenität unterschiedlicher gesellschaftlicher wie individueller Interessen bei der Reaktion auf Straftaten so weit wie möglich gerecht zu werden.19 Literatur Feuerbach, Paul Johann Anselm: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, 3. Aufl., Giessen 1832. Frisch, Wolfgang: Zum Begründungshintergrund von Übel und Tadel in der Theorie der Strafe, GA 2019, S. 537 – 553. Gallas, Wilhelm: Gründe und Grenzen der Strafbarkeit. Gedanken zum Begriff des Verbrechens, in: Universitäts-Gesellschaft Heidelberg (Hrsg.), Heidelberger Jahrbücher, Bd. IX, Heidelberg 1965. 16
GA 2015, 199. S. Anm. 12. 18 Zum Begründungshintergrund von Übel und Tadel in der Theorie der Strafe, GA 2019, 537 ff., 544 ff., 548 ff. 19 Straftheorien, 2011, S. 60. 17
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Günther, Klaus: Die systematisch-expressive Bedeutung des Strafrechts, in: Cornelius Prittwitz et al. (Hrsg.), Festschrift für Lüderssen, Baden-Baden 2002, S. 205 – 219. Hirsch, Andrew v./Hörnle, Tatjana: Positive Generalprävention und Tadel, GA 1995, S. 261 – 282. Hörnle, Tatjana: Straftheorien, Tübingen 2011. Kluge, Friedrich: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 23. Aufl., Berlin 1999. Kühl, Kristian: Zum Missbilligungscharakter der Strafe, in: Jörg Arnold et al. (Hrsg.), Menschengerechtes Strafrecht, Festschrift für Albin Eser, München 2005, S. 154 – 162 Roxin, Claus: Prävention, Tadel und Verantwortung. Zur neuesten Strafzweckdiskussion, GA 2015, S. 185 – 202. Schroeder, Friedrich-Christian: Die sprachliche Formulierung von Strafvorschriften, in: Karl Heinz Gössel/Otto Triffterer (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Heinz Zipf, Heidelberg 1999, S. 153 – 164.
Verantwortung, Kausalität und Freier Wille* Von Horacio Spector Kausaler Determinismus besagt, dass alle Ereignisse kausal determiniert sind. Die Problematik, ob freier Wille mit kausalem Determinismus kompatibel ist, lässt unterschiedliche Herangehensweisen zu. Kompatibilisten behaupten, kausaler Determinismus sei mit dem freien Willen vereinbar. Sie sind der Meinung, ein Akteur tue X auf freie Weise, wenn X zu tun das Ergebnis der richtigen kausalen Abfolge sei. Für Kompatibilisten ist freie Akteurschaft nicht nur kompatibel mit kausalem Determinismus, sondern ohne ihn undenkbar. Inkompatibilisten weisen die Kompatibilität zwischen freiem Willen und kausalem Determinismus zurück. Libertarier sind Inkompatibilisten, die behaupten, freie Akteurschaft sei möglich, da kausaler Determinismus falsch sei. Dem Inkompatibilismus zufolge ist metaphysische Freiheit nur in einer indeterministischen Welt möglich. Leben wir hingegen in einer deterministischen Welt, so ist freie Akteurschaft nur dann möglich, wenn Kompatibilismus wahr ist. Daher ist der Kompatibilismus, insofern wir eine deterministische Sicht der Welt ergreifen, als eine Bedingung für die Möglichkeit moralischer und strafrechtlicher Verantwortung von ausschlaggebender Bedeutung. Das Konzept freier Akteurschaft kann auf verschiedene Arten erläutert werden. Ist das Konzept freier Akteurschaft schwächer, so scheint es einfacher, Kompatibilismus zu akzeptieren. Ist das Konzept freier Akteurschaft hingegen stärker, so wird Kompatibilismus eine schwierigere Option. Grundsätzlich wird angenommen, dass eine Akteurin nur dann moralisch verantwortlich für ihre Handlung ist, wenn sie frei gehandelt hat, und, dass sie nur dann frei gehandelt hat, wenn sie anders hätte handeln können.1 Der kursive Teil des vorhergehenden Satzes drückt das sogenannte Prinzip alternativer Handlungsmöglichkeiten aus, welches besagt: Prinzip alternativer Handlungsmöglichkeiten (PAP): Eine Person handelt nur dann frei, wenn sie auch anders hätte handeln können.2 PAP scheint eine fundamentale Wahrheit über metaphysische Freiheit auszudrücken. Tatsächlich scheint freie Wahl etwas wie die Verfügbarkeit alternativer Ent* Dieser Artikel ist eine erweiterte und überarbeitete Version einer Buchrezension, die in Mind, Jg. 127, Nr. 505, 2018 veröffentlicht wurde. Die deutsche Übersetzung erfolgte durch Luca Böllert. 1 Michael McKenna/David Widerker (Hrsg.), Moral Responsibility and Alternative Possibilities, Aldershot, Ashgate 2006, S. 2 f. 2 Frankfurt, Harry G., Alternate Possibilities and Moral Responsibility, The Journal of Philosophy, Jg. 66, Nr. 32, 1969, S. 829.
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scheidungs- und Handlungsmöglichkeiten vorauszusetzen. Ist PAP wahr, so ist jedoch das Konzept freier Wahl sehr stark und Inkompatibilismus deshalb wahrscheinlich wahr. PAP macht es schwierig, moralische Verantwortung in einer deterministischen Welt zu akzeptieren. Ist PAP falsch, so ist hingegen das Konzept freier Akteurschaft schwächer und seine Instanziierung in einer deterministischen Welt wird wahrscheinlicher. Harry Frankfurt hat seine bekannten Gegenbeispiele vorgebracht, um PAP anzugreifen. Frankfurt zufolge hätte ein Akteur eine Handlung auch dann frei ausführen können, wenn er keine alternative Möglichkeit gehabt hätte, also nicht anders hätte handeln können. Ich hingegen denke, dass PAP wahr ist, beziehungsweise werde ich versuchen, dafür zu argumentieren, dass PAP wahr ist, indem ich Carolina Sartorios aktuellen Fall von Kompatibilismus und freier Akteurschaft kritisiere.3 Sowohl Frankfurt als auch Sartorio weisen PAP zurück. Ich widerspreche. Ich denke, dass PAP wahr ist und ein ernsthaftes Problem für den Kompatibilismus bleibt. Sartorios Buch ist es wert, diskutiert zu werden, da es eine der geistreichsten kürzlich veröffentlichen Verteidigungen von Kompatibilismus und freier Akteurschaft darstellt. Sartorio entwickelt eine Theorie der tatsächlichen Abfolge des freien Willens. Dieser Theorie nach ist freier Wille hinsichtlich einer Entscheidung oder Handlung eine Funktion der tatsächlichen kausalen Abfolge, von der diese Entscheidung oder Handlung hervorgebracht wurde, und superveniert über dieser Abfolge. Das bedeutet, dass freier Wille bezüglich einer Entscheidung oder Handlung nicht vermittels der alternativen Handlungsmöglichkeiten der Akteurin erklärt wird. Sartorio behauptet, kausaler Determinismus sei nicht nur mit freier Akteurschaft kompatibel, sondern würde auch von dieser vorausgesetzt. Genauer gesagt möchte sie ein komplexes Argument für die Behauptung vorbringen, „[…] dass tatsächliche Abfolgen ausreichende Grundlagen für Freiheit sind: sie begründen Freiheit und nichts anderes ist erforderlich, um diese zu begründen, als sie selbst oder ihre eigenen Grundlagen“4. Sartorio ist auch der Meinung, eine Akteurin könne nur dann für ein Ergebnis Y zur Verantwortung gezogen werden, wenn es ein X gibt, sodass die Akteurin verantwortlich für X ist, X Y hervorruft und die Akteurin die relevanten epistemischen Bedingungen erfüllt.5 Sartorio konzentriert sich nicht auf Verantwortung, sondern eher auf Freiheit als metaphysische Bedingung von Verantwortung.6 Damit behauptet sie, metaphysische Freiheit (d. h. freier Wille) sei eine Voraussetzung für moralische Verantwortung. Tatsächlich scheint Freiheit in Form von Kontrolle eine notwendige Bedingung moralischer Verantwortung darzustellen. Hat ein Akteur nicht die Kontrolle über X, so 3
Sartorio, Carolina, Causation & Free Will, Oxford, Oxford University Press, 2016. Original: „that actual sequences are sufficient grounds for freedom: they ground freedom, and nothing is required to ground it other than themselves, or their own grounds.“ Sartorio, S. 20. 5 Sartorio, S. 81. 6 Sartorio, S. 7 f. 4
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kann er nicht moralisch tadelnswert für X sein. Ich argumentiere jedoch dafür, dass Freiheit als eine Komponente moralischer Verantwortung eine moralisch geladene Kategorie ist und deshalb mit unseren moralischen Intuitionen über Verantwortung übereinstimmen muss. Wenn dem so ist, spiegeln Sartorios Intuitionen über Kausalität in Fällen, in denen Akteure nicht anders handeln können, ihre eigenen moralischen Intuitionen wider. Ich werde dafür argumentieren, dass moralische Intuitionen uns zu verschiedenen Schlüssen über die Bedeutung freien Willens als eine Bedingung moralischer Verantwortung führen. Insbesondere behaupte ich, dass Freiheit die Möglichkeit, alternative durchdachte Entscheidungen treffen zu können, erfordert, und, dass die Idee alternativer durchdachter Entscheidungen, die von praktischem Urteilen vorausgesetzt wird, mit kausaler Determiniertheit menschlicher Deliberation inkompatibel ist.
I. Beispiele im Frankfurt-Stil Frankfurt lehnt PAP auf Grund seiner Angreifbarkeit durch Gegenbeispiele ab. Eine von Sartorios Varianten dieser Beispiele lautet wie folgt: Frankfurts Fall: Frank hat Gründe, Furt zu schaden, und trifft selbst die Entscheidung (C), ihn zu erschießen. Frank unbewusst überwacht ein Neurowissenschaftler seine Gehirnprozesse. Der Neurowissenschaftler kann sowohl die Entscheidungen, die Frank treffen wird, voraussagen, als auch Franks Gehirn manipulieren. Hätte der Neurowissenschaftler irgendeinen Grund gehabt, zu glauben, dass Frank die Entscheidung C nicht selbst treffen würde, hätte er auf solche Weise interveniert, dass Frank C dennoch getroffen hätte.7 Frank hat Gründe, Furt zu schaden und handelt, was das Treffen der Entscheidung C anbelangt, selbstständig, aber er hätte die Entscheidung ohnehin getroffen, da der Neurowissenschaftler, der sein Gehirn überwacht, interveniert hätte, um Frank dazu zu veranlassen, die Entscheidung zu treffen, die er selbst nicht getroffen hätte. Intuitiv scheint Frank frei zu sein, Entscheidung C zu treffen, obwohl ihm – und dies steht im Widerspruch zu PAP –, die Möglichkeit fehlt, anders zu handeln oder anders zu entscheiden. Die Back-up-Intervention des Neurowissenschaftlers, die Franks Entscheidung sicherstellt, schließt Franks Verantwortung nicht aus. Tatsächlich hat Frank trotz des Fehlens alternativer Möglichkeiten die Kontrolle über seine Handlung. Frankfurts Beispiele legen nahe, dass wir PAP zurückweisen sollten. Nichtsdestotrotz denke ich, dass PAP intuitive Zustimmung genießt und einen wichtigen Sinn freier Akteurschaft erfasst. Sartorio stimmt mit Frankfurts Behauptung überein, PAP könne in dieser Art von Gegenbeispielen freie Wahl nicht erklären. Sie behauptet, das, was Franks Kontrolle über seine Handlung – ungeachtet der vermeintlichen Missachtung von PAP – erkläre, sei die Kausalgeschichte seiner Entscheidung. 7
Sartorio, S. 13, S. 113.
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Sartorios ganzes Projekt geht von ihrer Annahme aus, in Fällen im Frankfurt-Stil, in denen die Entscheidung der Akteurin unvermeidlich ist, sei die Theorie tatsächlicher Abfolgen in der besten Position, die Freiheit der Akteurin zu erklären. Ich hingegen verteidige eine Theorie alternativer Möglichkeiten über freie Akteurschaft. Wir denken, dass Frank moralisch verantwortlich dafür ist, Furt zu erschießen, weil seine Entscheidung und seine Handlung genauso von seinen eigenen Gründen hervorgerufen wurden, wie sie von ihnen hervorgerufen worden wären, wenn der Neurowissenschaftler nicht geplant hätte, zu intervenieren. Die Frage ist, ob die potenzielle Back-up-Intervention des Neurowissenschaftlers eine ausreichende Rechtfertigung (oder vielleicht Entschuldigung) für Frankfurts gesetzeswidrige Entscheidung ist. Wir denken intuitiv, dass dies nicht der Fall ist. Da wir Franks moralische Verantwortung nicht ausschließen und annehmen, dass Freiheit eine Bedingung moralischer Verantwortung ist, sind wir geneigt, zu glauben, Frank sei hinsichtlich seiner Entscheidung, Furt zu erschießen, frei. In dem Alternativszenario, in dem Franks Entscheidung von der Manipulation seines Gehirns durch den Neurowissenschaftler hervorgerufen wird, sind wir überzeugt, dass Frank nicht frei und somit nicht moralisch verantwortlich ist. Im Hauptszenario aber, in dem er Furt aus seinen eigenen Gründen erschießt, ist Frank zweifelsohne frei (und moralisch verantwortlich), auch wenn er nicht anders hätte handeln können. Gegeben der Tatsache, dass es keine alternative Möglichkeit zu Franks Schießen gibt, scheinen unsere Intuitionen darauf hinzudeuten, dass eine alternative Möglichkeit zu Franks Schießen nicht benötigt wird, um seine Freiheit, Furt zu erschießen, zu begründen. Eine Alternative-Möglichkeiten-Sicht würde mit sich bringen, dass Frank hinsichtlich seiner Entscheidung, Furt zu schaden, nicht frei wäre (auch nicht hinsichtlich der Schädigung Furts), weil diese Entscheidung (C) unvermeidbar war, das heißt, dass Frank, hätte er nicht selbst entschieden, Furt zu verletzen, die Entscheidung durch die Intervention des Neurowissenschaftlers dennoch getroffen hätte. Sartorio zufolge ist Frank frei, Entscheidung C zu treffen, aber unfrei, C nicht zu treffen. Er ist unfrei, C nicht zu treffen, da der Neurowissenschaftler sicherstellt, dass er C treffen wird, auch wenn seine Deliberation ihm vorschreibt, nicht C zu treffen. Sartorio behauptet, Franks Freisein hinsichtlich C läge nicht an irgendeiner Eigenschaft einer alternativen, hypothetischen Kausalabfolge, sondern an den Eigenschaften der tatsächlichen kausalen Abfolge, von der C hervorgerufen wurde. Anstelle der Alternative-Möglichkeiten-Sicht, der zufolge die Entscheidung eines Akteurs auf Grund seiner Möglichkeit, anders zu handeln, frei ist, argumentiert Sartorio, Freiheit sei ausschließlich eine Funktion der tatsächlichen kausalen Geschichte der Entscheidung. Im Wesentlichen behauptet sie, die Freiheit der Entscheidung eines Akteurs begründe sich in einer kausalen Tatsache, nämlich in der Tatsache, dass sein Urteil, dass es gute Gründe gab, die Entscheidung zu treffen, kausal in der Entscheidung resultiert hat.8 Somit ist ein Akteur frei darin, X zu wählen, sofern 8
Sartorio, S. 50.
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seine Entscheidung von seinem Urteil, dass er Gründe hat, X zu tun, hervorgerufen wurde. Kausalität ist nicht nur mit freiem Willen kompatibel, sondern auch eine Voraussetzung freien Willens. Ich denke, dass Sartorios Variante von Frankfurts Beispiel, die im Kontext einer moralisch verwerflichen Entscheidung (Furt zu erschießen) steht, lehrreich ist. Sie zeigt, dass wir eher unseren Annahmen über freien Willen moralische Propositionen voraussetzen als andersherum. Obwohl Sartorio äußert, keine Theorie moralischer Verantwortung bereitstellen zu wollen, und, dass ihr Hauptanliegen die „Freiheitsbedingung“9 für Verantwortung – nicht Verantwortung selbst – sei, sollten wir berücksichtigen, dass unsere Intuitionen in Reaktion auf Fälle im Frankfurt-Stil mit moralischen Ideen belastet sind. Sartorio bietet keine ausgearbeitete Definition von Kausalität, aber sie behauptet, Kausalität sei eine „bedeutende metaphysische Relation“10, die Zuschreibungen von Verantwortung zu Akteurinnen verständlich mache.11 Ich konzentriere mich auf Sartorios Argumente für die Abweisung der Theorie alternativer Möglichkeiten und die Verteidigung einer Theorie der tatsächlichen Abfolge. Ich versuche, die Verbindungen zwischen ihrer Sicht freien Willens und ihrem Kausalitätskonzept freizulegen. Außerdem behaupte ich, dass es verschiedene Arten moralischer Verantwortung gibt und die Entscheidungsverantwortung diejenige ist, die in einer besonderen kausalen Relation zwischen Gründen und Entscheidungen fundiert ist.
II. Kausalität und Verantwortung Sartorio behauptet, im Szenario der tatsächlichen Abfolge hätten Franks Gründe seine Entscheidung hervorgerufen und diese kausale Relation sei nicht durch eine Kontrafaktische-Abhängigkeits-Theorie von Kausalität zu begründen (die Kontrafaktische-Abhängigkeits-Theorie von Kausalität ist der philosophische Gegenpart der conditio sine qua non). Dieser Theorie zufolge ruft ein Ereignis c ein Ereignis e hervor, wenn, und nur wenn, e in Absenz von c nicht aufgetreten wäre. Sartorio trifft die folgende kausale Annahme: Kausale Annahme: In einem Frankfurt-Fall ist die Entscheidung des Akteurs die Folge einiger Gründe, von denen diese nicht kontrafaktisch abhängig ist (wären diese Gründe nicht aufgetreten, so hätte die Entscheidung trotzdem stattgefunden).12 [Hervorhebung des Verfassers] 9
Original: „freedom condition“, vgl. Sartorio, S. 35. Original: „significant metaphysical relation“, vgl. Sartorio, S. 49. 11 Sartorio behauptet, die Kausalrelation habe vier Eigenschaften: (1) ließe sie Überdeterminiertheit zu (S. 50 ff.); (2) sei sie unterschiedserzeugend (S. 94 – 102); (3) sei sie extrinsisch, insofern extrinsische Faktoren sie beeinflussen können (d. h., Faktoren, die dem kausalen Prozess extern sind) (S. 75 f.), und (4) sei sie eine intransitive Relation (S. 104 ff.). 12 Sartorio, S. 52. 10
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Da Frank nicht anders hätte handeln können, hängt das Ergebnis, das er hervorgerufen hat, nicht kontrafaktisch von seiner Deliberation ab. Der KontrafaktischeAbhängigkeits-Analyse zufolge hat Franks Deliberationsprozess das Ergebnis (Furts Erschießung) nicht hervorgerufen. In Übereinstimmung mit PAP ist Frank nur dann verantwortlich für seine Entscheidung C, wenn er anders hätte handeln (sich anders hätte entscheiden) können. Nach dieser Sichtweise ist Frank nicht verantwortlich für das Ergebnis, weil er, wäre seine Deliberation von Gründen anders verlaufen, Entscheidung C durch die Intervention des Neurowissenschaftlers dennoch getroffen hätte. Frank ist jedoch wirklich verantwortlich, weil er selbst entschieden hat, das Ergebnis herbeizuführen. Daher brauchen wir eine andere Kausalitätstheorie, um den kausalen Zusammenhang zwischen Franks Deliberation und dem Ergebnis, das er in einem freien Zustand hervorgerufen hat, darstellen zu können. Wir haben festgestellt, dass das Vorhandensein eines Back-up-Grundes für seine Entscheidung C (d. h. die Intervention des Neurowissenschaftlers) kein Grund für die Befreiung von moralischer Verantwortung ist. Sartorio bietet eine Kausalitätstheorie an, der zufolge ein Grund ein Unterschiedserzeuger ist – jedoch nicht im Sinne kontrafaktischer Abhängigkeit. Sie behauptet, Gründe leisten einen kausalen Beitrag zu ihren Folgen, den ihre Absenz nicht leistet.13 In ihren Worten: Unterschiedserzeugung: Gründe erzeugen hinsichtlich ihrer Folgen insofern einen Unterschied, als dass die Folgen nicht von der Absenz der Gründe hervorgerufen worden wären.14 Im Prinzip sollte die Annahme der Unterschiedserzeugung bezüglich Kausalität von der Theorie kontrafaktischer Abhängigkeit unterschieden werden. Tatsächlich besagt Unterschiedserzeugung, dass der von dem Grund geleistete kausale Beitrag in Absenz des Grundes nicht aufgetreten wäre, nicht, dass die Folge in Absenz des Grundes nicht aufgetreten wäre. Sartorio behauptet, wir können sagen, Franks Deliberation von Gründen dafür, Furt zu schaden, habe seine Entscheidung C verursacht, da die Absenz von Franks Deliberation von Gründen seine Entscheidung C nicht verursacht hätte. Absenzen können Sartorio zufolge Gründe sein, diese spezifische Absenz würde aber nicht den gleichen kausalen Beitrag zu Franks Entscheidung C leisten wie das entsprechende positive Ereignis (d. h., Franks Deliberation hinsichtlich der existierenden und nicht-existierenden Gründe dafür, Entscheidung C zu treffen). Wenn Franks Bewertung von Gründen einen kausalen Beitrag zu seiner Entscheidung C leistet, der bei Absenz der Bewertung von Gründen nicht geleistet wird, so muss es eine tatsächliche kausale Abfolge zwischen Franks praktischem Urteilen und seiner Entschei13 Hier habe ich eine andere Analyse von Kausalität verteidigt: Spector, Horacio, The MMTS Analysis of Causation, in: Richard Goldberg (Hrsg.), Perspectives on Causation, Hart, Oxford 2011. 14 Original: „Causes make a difference to their effects in that the effects wouldn’t have been caused by the absence of their causes.“, vgl. Sartorio, S. 94.
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dung C geben. Seine Freiheit, Entscheidung C zu treffen, oder seine Kontrolle über Entscheidung C begründet sich in der tatsächlichen kausalen Geschichte im Sinne von Sartorios Annahme der Unterschiedserzeugung. Für Sartorio erfasst Unterschiedserzeugung eine wichtige notwendige Bedingung von Kausalität, sie ist aber keine hinreichende Bedingung, da möglich ist, dass ein Ereignis X nicht Y hervorruft, auch, wenn die Absenz von X ebenfalls nicht Y hervorruft.15 Dass Frank etwa einen Hut trägt, ist der Unterschiedserzeugung zufolge keine Ursache seiner Entscheidung, auch, wenn die Absenz von Franks Hut-Tragen seine Entscheidung ebenfalls nicht hervorruft. Warum ist die Absenz von Franks Urteil, dass Gründe seine Entscheidung, zu schießen, festlegen, nicht auch im Interventionsszenario ein Entscheidungsgrund? Sartorio bietet eine Analogie. Sie ist der Meinung, ein Soldat in einer perfekten Armee sei nicht unersetzbar, und leiste dennoch einen nicht überflüssigen Beitrag zur Armee. Gleichsam hätten Franks Gründe, Furt zu schaden, seine Entscheidung, Furt zu erschießen, hervorgerufen, weil diese Gründe hinsichtlich der Entscheidung nicht überflüssig seien.16 In ihrer Absenz wird die Entscheidung durch die Intervention des Neurowissenschaftlers hervorgerufen. Wenn Frank entscheidet, Furt nicht zu erschießen, dann ist die Absenz von Franks Gründen, Furt zu erschießen, kausal wirksam, um die Intervention des Neurowissenschaftlers zu aktivieren, und diese Intervention wiederum ruft Franks Entscheidung, Furt zu erschießen, hervor. Jedoch ist es nicht die Absenz von Franks Urteil, Gründe legen seine Entscheidung fest, zu schießen, die seine Entscheidung, Frank zu erschießen, hervorruft. Tatsächlich ist Kausalität entgegen Sartorios Behauptung keine transitive Relation.17 Franks Gründe leisten also einen kausalen Beitrag zu seiner Entscheidung, den ihre Absenzen nicht leisten. Obwohl Sartorios Verweis auf die Unterschiedserzeugung sinnreich ist, ist mir nicht klar, dass die Annahme der Unterschiedserzeugung Frankfurts Beispiel erklären kann, ohne sich auf die Kontrafaktische-Abhängigkeit-Analyse und PAP zu stützen. Ich werde versuchen, meine Zweifel zu begründen. Ziehen Sie die folgende Annahme in Erwägung: Nicht-Identität von Entscheidungen: Für ein beliebiges Paar an Entscheidungen X und Y, das von einer Akteurin A getroffen wurde, gilt, dass, wenn X von einem bestimmten deliberativen Prozess As hervorgerufen wurde, und Y nicht von diesem deliberativen Prozess hervorgerufen wurde, X nicht-identisch zu Y ist, auch, wenn X und Y Entscheidungen von A sind, die gleiche Handlung auszuführen, oder das gleiche Ergebnis hervorzurufen. Wenn wir diese Annahme akzeptieren, so folgen zwei Konsequenzen. Erstens muss Franks Entscheidung, Furt zu erschießen, kontrafaktisch abhängig von seinem 15
Sartorio, S. 96. Sartorio, S. 95. 17 Sartorio, S. 104 ff. 16
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Urteil sein, dass es Gründe gibt, Frank zu erschießen. Folglich verursacht Franks Deliberation nur dann seine Entscheidung, Furt zu erschießen, wenn die Deliberation und die Absenz dieser Deliberation unterschiedliche kausale Rollen spielen. Da bei Intervention des Neurowissenschaftlers die Absenz von Franks Deliberation nicht seine Entscheidung, Furt zu erschießen, hervorruft, ist seine Entscheidung der obigen Annahme entsprechend nicht-identisch zu seiner Entscheidung, Furt zu erschießen, im Nicht-Interventions-Szenario. Hätte Frank nicht aus eigenen Gründen entschieden, Furt zu erschießen, wäre daher seine (deliberative) Entscheidung, Furt zu erschießen, nicht getroffen worden. Zweitens verletzen unsere Intuitionen über Franks Verantwortung nicht PAP. Folglich hätte Frank anders handeln können, indem er die deliberative Entscheidung, Furt zu erschießen, hätte vermeiden können und die Hervorrufung seiner nicht-deliberativen Entscheidung durch den Neurowissenschaftler hätte verursachen können. Einige Autoren haben argumentiert, Frank habe im ursprünglichen Frankfurt-StilGegenbeispiel die Möglichkeit, anders zu handeln. Die als Flicker of Freedom Defense bezeichnete Verteidigung von PAP argumentiert, Frank hätte anders handeln können, indem er hätte versuchen können, eine andere Entscheidung zu treffen, oder ein Zeichen zu geben, dass er sich selbst dazu entscheiden wird, Furt zu erschießen. Sartorios Antwort ist, solche Optionen (versuchen, anders zu entscheiden; ein Zeichen geben usw.) seien nicht robust genug, um Franks Freiheit zu begründen.18 Jedoch ist unter der Annahme der Nicht-Identität von Entscheidungen das Treffen einer nicht-identischen Entscheidung eine robuste Alternative. Unter anderem ist im Nicht-Interventions-Szenario Franks deliberative Entscheidung vollständig seine eigene, während seine vom Neurowissenschaftler hervorgerufene Entscheidung (auch) die Entscheidung des Neurowissenschaftlers ist. Das ist der Grund, aus dem wir denken, Frank sei in diesem Fall nicht verantwortlich. Tatsächlich ist der Neurowissenschaftler derjenige, der verantwortlich ist. Strafverteidiger könnten dem zustimmen, da sie grundsätzlich behaupten würden, die Intervention des Neurowissenschaftlers habe die Kausalkette unterbrochen. Es ist aber wichtig, zu beachten, dass diese mögliche Bemerkung irrtümlich ist. Es ist nicht die Verbindung zwischen Franks Entscheidung und der Erschießung Furts, die unterbrochen ist, sondern eher die Verbindung zwischen Franks Gründen und seiner Entscheidung. Diese Art der Unterbrechung kausaler Verbindung wird in der Strafrechtstheorie selten angesprochen.
III. Ist die Alternative-Möglichkeiten-Sicht wirklich falsch? Peter van Inwagen formuliert in Verteidigung des PAP Beispiele, in welchen wir die moralische Verantwortung eines Akteurs auf Grundlage dessen, dass er nicht an-
18
Sartorio, S. 14.
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ders hätte handeln können, bestreiten.19 Die Intuition, dass moralische Verantwortung die Möglichkeit anderen Handelns fordert, wird unterstützt, was wiederum die Frage dringlich macht, ob es nicht möglich ist, eine andere Erklärung für Franks moralische Verantwortung und, genauer, eine Theorie alternativer Möglichkeiten seiner Kontrolle über seine Entscheidung, Furt zu erschießen, zu finden. Stellen Sie sich einen Fall eines vermeidbaren Versäumnisses vor: Telefone: Ich werde Zeuge davon, wie ein Mann ausgeraubt und zusammengeschlagen wird. Ich überlege, die Polizei zu rufen. Ich könnte einfach das Telefon aufnehmen und sie rufen. Aber ich entscheide mich – aus einer Kombination von Angst und Bequemlichkeit – dagegen. In diesem Szenario bin ich eindeutig verantwortlich für mein Versäumnis. Stellen Sie diesem Fall den eines unvermeidbaren Versäumnisses gegenüber: Keine Telefone: Alles ist so wie in Telefone, ausgenommen, dass ich, ohne mir dessen bewusst zu sein, die Polizei nicht hätte rufen können (die Telefonleitungen waren zu dem Zeitpunkt tot). Hier bin ich nicht intuitiver Weise verantwortlich, weil ich das Versäumnis nicht hätte vermeiden können, indem ich die Polizei gerufen hätte. Es scheint also so, als wäre die Möglichkeit, das Versäumnis zu vermeiden, eine Bedingung, um mich für mein Versäumnis verantwortlich machen zu können. Dieses Urteil kann auf positive Handlungen ausgeweitet werden. Stellen Sie sich zuerst den Fall einer vermeidbaren Handlung vor: Nicht alle Straßen führen nach Rom: Ein Mann, Ryder, reitet auf Dobbin, einem durchgehenden Pferd. Ryder kann Dobbin nicht zum Stehen bringen, aber er kann ihn mit den Zügeln in verschiedene Richtungen lenken. Als sie eine bestimmte Kreuzung erreichen, erkennt Ryder, dass nur eine der Straßen nach Rom führt. Ryder hasst Römer, deshalb lenkt er Dobbin in diese Richtung, sodass einige Römer durch das Passieren des durchgehenden Pferdes verletzt werden. Ryder ist hinsichtlich seines Verletzens der Römer zweifellos frei (und verantwortlich), weil er, unter anderem, anders hätte handeln können – er hätte es unterlassen können, Dobbin nach Rom zu lenken. Vergleichen Sie dieses Szenario mit einem, in dem Ryders Handlung unvermeidbar ist: Alle Straßen führen nach Rom: Alles ist so wie in Nicht alle Straßen führen nach Rom, ausgenommen, dass, Ryder unbewusst, alle Straßen nach Rom führen (Ryder hätte die Schädigung der Römer nicht vermeiden können). Diese Gegenbeispiele zeigen, dass der Unterschied zwischen unseren Intuitionen bezüglich meiner Verantwortung in Telefone und Keine Telefone und Ryders Verantwortung in Nicht alle Straßen führen nach Rom und Alle Straßen führen nach Rom nicht ausschließlich eine Funktion der Eigenschaften der tatsächlichen kausalen Ge19
van Inwagen, Peter, An Essay on Free Will, Clarendon Press, Oxford 1983, S. 162 – 166.
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Horacio Spector
schichte in jedem Szenario ist, sondern, dass sie auch eine Funktion der Eigenschaften der parallelen kontrafaktischen Geschichten ist. Die Schlussfolgerung, die wir ziehen können, ist, denke ich, dass in Telefone und Nicht alle Straßen führen nach Rom die Verfügbarkeit alternativer kausaler Verläufe eine Voraussetzung für moralische Verantwortung ist. Sartorio weist diese Schlussfolgerung zurück. Sie verteidigt eine Theorie tatsächlicher Abfolgen, indem sie argumentiert, dass die Unterschiede zwischen unseren Intuitionen – bezüglich dessen, ob die Akteurin frei handelt – über jeden Fall und seinen Gegenpart sich eher in der tatsächlichen kausalen Geschichte begründen als in dem Fehlen einer alternativen Handlungsmöglichkeit. Es muss also einen kausalen Unterschied zwischen Telefone und Keine Telefone geben, der sich in den Eigenschaften der tatsächlichen kausalen Abfolgen begründet. Sartorio behauptet, während in Telefone mein Versagen, das Telefon aufzunehmen, mein Versagen, die Polizei zu rufen, hervorrufe, sei in Keine Telefone mein Versagen, die Polizei zu rufen, kausal unwirksam, weil die Leitungen zu dem Zeitpunkt tot sind.20 Sartorio ist der Meinung, eine kausale Relation sei insofern extrinsisch, als dass extrinsische Faktoren determinieren können, ob die Relation auftritt oder nicht. Sie verweist auf die extrinsische Natur von Versäumnissen, um eine Theorie der tatsächlichen Abfolge von Keine Telefone zu verteidigen: Extrinsität: Dass eine kausale Relation zwischen C und E auftreten kann, ist teilweise den Faktoren, die dem kausalen Prozess, der C und E verbindet, extrinsisch sind, zu verdanken.21 Die Tatsache, dass die Leitungen tot sind, und die Tatsache, dass alle Straßen nach Rom führen, sind in diesem Sinne extrinsisch. Der Bedingung der Unterschiedserzeugung entsprechend kann mein Versagen, das Telefon aufzunehmen, nicht den gleichen kausalen Beitrag zu meinem Versagen, die Polizei zu rufen, leisten, wie mein Aufnehmen des Telefons. Das bedeutet, dass, wenn in Keine Telefone mein Versagen, das Telefon aufzunehmen, mein Versagen, die Polizei zu rufen, hervorruft, mein Aufnehmen des Telefons nicht den gleichen kausalen Beitrag zu meinem Versagen, die Polizei zu rufen, leisten kann. Daher ist in Keine Telefone mein Versagen, die Polizei zu rufen, genauso kausal unwirksam wie mein Versuch, die Polizei zu rufen. In anderen Worten leisten, Sartorio zufolge, mein Versagen, das Telefon aufzunehmen, und mein Aufnehmen des Telefons in Sachen Unwirksamkeit einen kausal gleichwertigen Beitrag zu meinem Versagen, die Polizei zu rufen. Sartorio verweist damit auf die extrinsische Natur von Versäumnissen, um eine Theorie der tatsächlichen Abfolge von Keine Telefone zu verteidigen. Sie behauptet, ich könne in Keine Telefone nur versagen, zu versuchen die Polizei zu rufen (nicht versagen, die Polizei zu rufen): “Insbesondere resultiert mein Versagen, zu versuchen, die Po-
20 21
Sartorio, S. 99. Sartorio, S. 71.
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lizei zu rufen, in diesem Szenario [Telefone] kausal in meinem Versagen, die Polizei zu rufen, was es in Keine Telefone nicht tut.“22 Jedoch ist die Tatsache, dass mein Versuch, die Polizei zu rufen, nicht in einem Rufen der Polizei resultieren kann, weil die Leitungen tot sind, die gleiche wie die Tatsache, dass ich, wenn ich versage, die Polizei zu rufen, nicht anders hätte handeln (d. h., die Polizei rufen) können, weil die Leitungen tot sind. Schließlich hängt die Tatsache, dass die kausalen Geschichten in Telefone und Keine Telefone verschieden sind, von der Tatsache ab, dass ich auf Grund eines extrinsischen Faktors die Polizei nicht rufen kann.23 Daher ist nicht klar, dass Sartorios Umgang mit Keine Telefone sich nicht auf eine PAP-Theorie stützt. Überdies scheint ihre Theorie der tatsächlichen Abfolge von Eigenschaften der kontrafaktischen kausalen Geschichten abzuhängen. Während ich in Telefone die Polizei hätte rufen können (ich also anders hätte handeln können), hätte ich in Keine Telefone die Polizei nicht rufen können (also nicht anders handeln können). Sartorio behauptet, Extrinsität gelte sowohl hinsichtlich Versäumnisse als auch hinsichtlich positiver Handlungen; die Behauptung ist aber hinsichtlich Versäumnisse plausibler. Während der extrinsische Faktor (die Möglichkeit, zu vermeiden) als eine konzeptuelle Bedingung von Versäumnissen erscheint, hat er bezüglich positiver Handlungen eine dubiose Stellung. Er kann höchstens als eine konzeptuelle Bedingung für freie Handlungen, nicht aber für positive Handlungen grundsätzlich, fungieren. Tatsächlich scheint die folgende Aussage wahr zu sein: Versäumnisse: Ein Akteur versäumt nur dann, X zu tun, wenn er versagt, X zu tun und die Möglichkeit hat, X zu tun. Die entsprechende Aussage bezüglich positiver Handlungen ist kontrovers: Handlungen: Ein Akteur führt X nur dann aus, wenn er X tut und die Möglichkeit hat, nicht X zu tun (X zu vermeiden). Weiterhin argumentiert Sartorio, weniger überzeugend, denke ich, der Unterschied zwischen dem Lenken Dobbins nach Rom in Nicht alle Straßen führen nach Rom und Ryders entsprechender Handlung in Alle Straßen führen nach Rom begründe sich nicht in der Tatsache, dass ersteres vermeidbar ist, während zweiteres unvermeidbar ist. Der Unterschied liege wieder in der Tatsache, dass das Lenken Dobbins in Alle Straßen führen nach Rom nicht die Schädigung der Römer verursache, da ein extrinsischer Faktor (die Tatsache, dass Dobbin die Römer ohnehin verletzen wird) die kausale Verbindung verhindere. In Alle Straßen führen nach Rom, so 22 Original: „In particular, my failing to try to call the police causally results in my failing to call the police in that scenario [Phones], whereas it doesn’t in No Phones.“, vgl. Sartorio, S. 75. 23 Hier habe ich eine andere Theorie von Versäumnissen dargeboten: Spector, Horacio, The Moral Asymmetry between Acts and Omissions, in: Kimberly Ferzan/Stephen J. Morse (Hrsg.), Legal, Moral, and Metaphysical Truths: The Philosophy of Michael Moore, Oxford University Press, Oxford 2016.
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behauptet Sartorio, verhindere ein extrinsischer Faktor die kausale Verbindung zwischen Ryders Handlung und der Schädigung.24 Intuitiver Weise ist Ryder in Alle Straßen führen nach Rom nicht verantwortlich dafür, Dobbin zu lenken, und seine Motive, die Römer zu verletzen, rufen sein Lenken Dobbins (nicht nur seinen Versuch, Dobbin zu lenken) auf die Straße, die er wählt, hervor. Sartorio behauptet, Ryder sei in Alle Straßen führen nach Rom nicht frei, weil es nicht seine Handlung sei, die Dobbin dazu bringe, die Römer zu verletzen. Tatsächlich macht die Absenz von Dobbins Lenkung durch Ryder keinen kausalen Unterschied, weil gemäß der Bedingung der Unterschiedserzeugung den Römern ohnehin geschadet wird und ihr zufolge deshalb Dobbins Lenkung durch Ryder keine Ursache des Schadens ist. Jedoch ist die Tatsache, dass Ryders Versagen, Dobbin zu lenken, Dobbin nicht davon abhält, den Römern zu schaden, die gleiche, wie die Tatsache, dass Ryder, als er versagt, Dobbin zu lenken, nicht anders hätte handeln (d. h., die Schädigung vermeiden) können, weil alle Straßen nach Rom führen. Letzten Endes gilt PAP also für Alle Straßen.
IV. Variationen moralischer Verantwortung Sartorio stimmt zu, dass „unsere Intuitionen über Kontrolle und Verantwortung selbst nicht immer präzise sind“.25 Sie versucht jedoch nicht, unsere moralischen Hintergrundintuitionen zu entwirren. Ich möchte vorschlagen, dass die Unterschiede in unseren metaphysischen Intuitionen über Frankfurts Beispiel, Keine Telefone und Alle Straßen führen nach Rom von den distinkten Arten moralischer Verantwortung ausgehen, die wir bei der Beurteilung der Beispiele voraussetzen. Ich unterscheide drei Arten moralischer Verantwortung: Entscheidungsverantwortung, Handlungsverantwortung und Ergebnisverantwortung. Bei Entscheidungsverantwortung beurteilen wir die Intentionen und Entscheidungen der Akteurin. Bei Handlungsverantwortung bewerten wir die positiven Handlungen der Akteurin. Bei Ergebnisverantwortung schließlich machen wir die Akteurinnen für die Ergebnisse, die sie erzeugen, verantwortlich. Ich lege nahe, dass Extrinsität sowohl auf Handlungsverantwortung als auch im besonderen Maße auf Ergebnisverantwortung, nicht jedoch auf Entscheidungsverantwortung anwendbar ist. In Frankfurts Beispielen sind wir gefragt, Franks Verantwortung für seine Entscheidung zu beurteilen. Dies ist ein Fall von Entscheidungsverantwortung. Ich glaube, dass die Verbindung zwischen Franks Deliberationen und seiner Entscheidung eine besondere kausale Relation darstellt. Gründe rufen Entscheidungen nicht im gewöhnlichen Sinn hervor, haben aber eine Art interne Verbindung zu Entscheidungen. Die Annahme über die Nicht-Identität von Entscheidungen ist ein Ergebnis dieser 24
Sartorio, S. 73 f. Original: „our intuitions about control and responsibility themselves are not always precise.“, vgl. Sartorio, S. 141. 25
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besonderen Art von Kausalität zwischen Gründen und Entscheidungen. Entscheidungen werden von Gründen nicht nur hervorgerufen, sondern auch von ihnen konstituiert, Frank hat daher die Möglichkeit, eine andere Entscheidung zu treffen. Obwohl von unterschiedlichen Deliberationsprozessen hervorgerufene Ergebnisse identisch sein können, werden Entscheidungen durch ihre Gründe definiert. Deshalb können extrinsische Faktoren die kausale Relation zwischen Gründen und Entscheidungen im Gegensatz zu derjenigen zwischen Entscheidungen und Ergebnissen nicht unterbrechen. Bei Entscheidungsverantwortung wird PAP durch die Annahme der Nicht-Identität von Entscheidungen vermittelt. Daher kann die Möglichkeit der Intervention des Neurowissenschaftlers die kausale Relation zwischen Franks Gründen und seiner Entscheidung im Nicht-Interventions-Szenario nicht verhindern. Frank ist verantwortlich für seine Handlung, weil er anders hätte entscheiden können. Die durch die Intervention des Neurowissenschaftlers hervorgerufene Entscheidung ist eine andere Entscheidung; sie ist nicht Franks Entscheidung im gleichen Sinne, in dem Franks Entscheidung, Furt zu erschießen, in der Nicht-Interventions- Alternative Franks Entscheidung ist. Ebenso habe ich in Keine Telefone Entscheidungsverantwortung, weil ich mich hätte entscheiden können, das Telefon aufzunehmen, und ebenso können wir Ryder für seine Entscheidung in Alle Straßen führen nach Rom verantwortlich machen, weil er sich hätte entscheiden können, Dobbin nicht nach Rom zu lenken. Ergebnisverantwortung beinhaltet keine intentionalen, subjektiven Elemente und kann zweifellos von extrinsischen Faktoren beeinflusst werden. Wir können Keine Telefone und Alle Straßen führen nach Rom als ausschließlich Ergebnisverantwortung enthaltend interpretieren. In Keine Telefone können wir wissen wollen, ob ich dafür verantwortlich bin, dass die Polizei nicht gerufen wird, und, damit zusammenhängend, ob der extrinsische Faktor, dass die Leitungen tot sind, relevant ist. Intuitiver Weise bin ich nicht verantwortlich für dieses Ergebnis, weil ich nicht die Möglichkeit habe, es zu vermeiden. Ebenso können wir Ryder nicht für die Schädigung der Römer in Alle Straßen verantwortlich machen. Die Schädigung der Römer ist durch die Straßenführung kausal determiniert, daher ist Dobbins Lenkung durch Ryder hinsichtlich dieses Ergebnisses kausal überflüssig. Insofern Frank verantwortlich für sein Erschießen Furts ist, ist Frank auch verantwortlich dafür, dass Furt erschossen wird, weil sein Erschießen Furts ein Unterschiedserzeuger hinsichtlich des Ergebnisses ist. Handlungsverantwortung ist ein mittelbarer, hybrider Begriff. Sowohl subjektive als auch objektive Elemente können, von der Gewichtung abhängend, wichtig sein. Unsere Intuitionen hinsichtlich Handlungsverantwortung sind unbeständig, gerade weil sie zwischen der subjektiven und objektiven Interpretation jeden Falles oszillieren. In Alle Straßen führen nach Rom ist die Frage, ob Ryder verantwortlich dafür ist, Dobbin zu lenken, kontrovers. Wir sind geneigt, zu glauben, Ryder sei nicht verantwortlich für Dobbins Lenkung, wenn wir die Ergebnisse der Handlung stärker gewichten und wir sind geneigt, zu glauben, Ryder sei verantwortlich für Dobbins Lenkung, wenn wir seine Entscheidung, den Römern zu schaden, fokussieren. Franks
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Horacio Spector
Position ist ebenfalls ambig. Er ist nicht verantwortlich dafür, Furt zu erschießen, sofern wir diese Handlung als externes, physisches Verhalten ansehen (weil die Handlung dieser Überzeugung nach unvermeidbar ist). Sofern wir uns diese Handlung hingegen als Franks durchdachter Entscheidung, Furt zu erschießen, entspringend vorstellen, so ist Frank verantwortlich für Furts Erschießung. Tatsächlich haben wir schon festgestellt, dass Frank für seine durchdachte Entscheidung, Furt zu erschießen, verantwortlich ist, und, dass seine durchdachte Entscheidung, Furt zu erschießen, Furts Erschießung durch Frank im tatsächlichen Szenario hervorgerufen hat. Und insofern, als Frank verantwortlich dafür ist, Furt zu erschießen, ist er auch verantwortlich dafür, dass Furt erschossen wird. Wie können wir uns Franks Schießen vorstellen? Ich kann an dieser Stelle nur nahelegen, dass unsere Ambivalenz in solchen Fällen die instabile Natur von Handlungsverantwortung als eine hybride (subjektive, objektive) Art moralischer Verantwortung reflektiert. Anders als positive Handlungen lassen Versäumnisse nur Entscheidungsverantwortung und Ergebnisverantwortung zu, weil sie keinen physischen Prozess beinhalten, der das Ergebnis hervorbringt. Werden wir über Verantwortung für Versäumnisse befragt, so tendieren wir dazu, die Frage im Kontext von Ergebnisverantwortung zu verstehen; es sei denn eine klare Gewichtung auf Motive und Entscheidungen wird expliziert. Ich bin also nicht verantwortlich dafür, dass die Polizei in Keine Telefone nicht gerufen wird, da dieses Ergebnis unvermeidbar war. Unsere Antwort würde jedoch anders ausfallen, wenn wir explizieren würden, dass wir daran interessiert sind, meine moralische Verantwortung dafür nachzuweisen, (unwissend, dass die Leitungen tot sind) zu entscheiden, die Polizei nicht zu rufen. Intuitiver Weise trage ich Verantwortung für meine Entscheidung, obwohl die Verantwortung nicht notwendigerweise zu dem Ergebnis führt. Wie gesagt steht PAP durch die Annahme der NichtIdentität von Entscheidungen im Zusammenhang mit Entscheidungsverantwortung. Ich schließe, dass Sartorios Theorie der tatsächlichen Abfolge von Freiheit und ihre Diskussion von Frankfurts Beispiel die Aufgabe PAPs nicht rechtfertigen, solange PAP im Lichte der Annahme der Nicht-Identität von Entscheidungen interpretiert wird. Ein Vermeidungsprinzip scheint relevant zu sein, um alle Arten moralischer Verantwortung verstehen zu können. Wenn wir einen Akteur für seine Entscheidung verantwortlich machen; dafür, eine positive Handlung auszuführen; dafür, in der Verhinderung eines Ergebnisses zu versagen, oder für sein Hervorbringen eines Ergebnisses, so nehmen wir an, dass er moralische Verantwortung hätte vermeiden können, indem er etwas anderes gewählt oder getan hätte.
V. Fazit Sartorio und ich stimmen bezüglich Franks Verantwortung für seine Entscheidung überein. Aber unsere Theorien sind unterschiedlich. Sartorio verweist, PAP ablehnend, auf eine Theorie der tatsächlichen Abfolge. Ich denke, dass Frank für seine Entscheidung, Furt zu erschießen, verantwortlich ist, weil er anders hätte handeln kön-
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nen (da er sich seiner Unfähigkeit, Furt nicht zu erschießen, nicht bewusst war). Obwohl er in der alternativen kausalen Geschichte eine Entscheidung mit gleichem Inhalt hätte treffen können, wäre seine alternative Entscheidung eine andere Entscheidung gewesen – tatsächlich nicht seine Entscheidung, sondern die des Neurowissenschaftlers. Von verschiedenen Entscheidungen hervorgerufene Ergebnisse können identisch sein, aber Entscheidungen, die gleiche Handlung auszuführen, die von unterschiedlichen Gründen oder Deliberationsprozessen hervorgerufen wurden, können nicht identisch sein. Da die Relation zwischen Gründen und Entscheidungen intern ist (in einem Sinn, in dem die Relation zwischen Entscheidungen und Ergebnissen es nicht ist), wird PAP insofern nicht von Frankfurts Gegenbeispielen beeinflusst, als die Frage von Franks Verantwortung im Kontext von Entscheidungsverantwortung steht. Daher widerspreche ich Sartorios Behauptung, PAP (oder irgendeine ähnliche vermeidungsbezogene Idee) sei hinsichtlich freien Willens und moralischer Verantwortung irrelevant. Bezüglich Ergebnisverantwortung scheint seine Relevanz unbestreitbar. Versäumnisse etwa werden im Sinne der Möglichkeit, anders zu handeln (die entsprechende positive Handlung auszuführen), definiert. Deshalb scheint hinsichtlich der Verantwortung für Versäumnisse irgendein vermeidungsbezogenes Prinzip adäquat zu sein. Verantwortung für Handlungen unterscheidet sich ein wenig davon. Vielleicht ist Frank nicht verantwortlich dafür, Furt zu erschießen, da er es nicht hätte vermeiden können, Furt zu erschießen. Verstehen wir Franks Verantwortung dafür, Furt zu erschießen, als von seiner Entscheidung, Furt zu erschießen, abhängend, so ist Frank vielleicht verantwortlich dafür, Furt zu erschießen. Ich habe bereits nahegelegt, dass unsere moralischen Intuitionen wahrscheinlich instabil sind. Ich denke, dass Professor Dr. Dr. Marcelo Sancinetti Entscheidungsverantwortung als essenziell wichtig für die strafrechtliche Verantwortung ansieht, und deshalb glaube ich, dass er vorbereitet wäre, PAP zu verteidigen. Ob er meiner Theorie von Gegenbeispielen im Frankfurt-Stil zustimmen würde, weiß ich nicht. Mehrere Jahre lang haben Marcelo und ich in Buenos Aires über Tassen von Fünf-Uhr-Tee die anspruchsvollsten Probleme moralischer und strafrechtlicher Verantwortung diskutiert. Ich bin sicher, dass wir viele weitere Tassen Tee brauchen werden, um die von der metaphysischen Freiheit und dem Determinismus aufgeworfenen Probleme zu klären. Literatur Frankfurt, Harry Gordon: Alternate Possibilities and Moral Responsibility, The Journal of Philosophy, Jg. 66, Nr. 32, 1969, S. 829 – 839. McKenna, Michael/Widerker, David (Hrsg.), Moral Responsibility and Alternative Possibilities, Aldershot 2006. Sartorio, Carolina: Causation & Free Will, Oxford 2016. Spector, Horacio: The MMTS Analysis of Causation, in: Richard Goldberg (Hrsg.), Perspectives on Causation, Oxford 2011, S. 339 – 359.
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Spector, Horacio: The Moral Asymmetry between Acts and Omissions in: Kimberly Ferzan/ Stephen J. Morse (Hrsg.), Legal, Moral, and Metaphysical Truths: The Philosophy of Michael Moore, Oxford 2016, S. 187 – 202. Van Inwagen, Peter: An Essay on Free Will, Oxford 1983.
II. Allgemeiner Teil
La competencia de la víctima La aplicación de las reglas de la teoría del delito para su determinación Por Fernando J. Córdoba Marcelo Sancinetti se ocupó tempranamente de los problemas relacionados con la participación en una autolesión y la autoría mediata, y fue también uno de los juristas que más contribuyó en nuestro medio a la difusión de la teoría de la imputación objetiva, a la que enriqueció además con sus propias aportaciones.1 Para mi contribución a su homenaje he elegido un tema que los entrelaza y complementa y que, espero, sirva para continuar la discusión sobre sus ideas.
I. Voy a valerme de dos conocidos ejemplos para introducir el tema. A convence a B de que cruce un lago por un sector de hielo quebradizo. B, imprudente, pero absolutamente al tanto del peligro, muere en el intento. A suministra a B heroína para consumo personal. Ambos están al tanto de su peligrosidad. B se inyecta la sustancia y muere a causa de ello. La regla de imputación, conocida como competencia de la víctima,2 establece que, cualquiera sea la valoración que pueda merecer la conducta del autor y su incidencia causal en el resultado, si se concluye que la víctima decidió libre y responsablemente poner en peligro sus bienes (en los ejemplos, su vida), el resultado lesivo que es la realización de ese riesgo (la muerte) debe serle imputado exclusivamente a ella. Junto a estos casos de autopuesta en peligro, también se mencionan aquellos otros en los que la víctima deja que otro la ponga en peligro, es decir, de
1 Cf., por ej., Sancinetti, Doctrina Penal, 1 y passim; ders., Teoría del delito y disvalor de acción, p. 699 ss.; ders., Subjetivismo e imputación objetiva en derecho penal, p. 85 – 144; ders., Estudios sobre la teoría de la imputación objetiva, 37 – 74; ders., Causalidad, riesgo e imputación, p. 1 y passim. 2 El tópico es estudiado bajo diversas denominaciones: principio de autorresponsabilidad, actuar a propio riesgo, riesgos en los que media una acción del lesionado, ámbito de protección del tipo, imputación al ámbito de responsabilidad de la víctima, etc.
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heteropuesta en peligro consentida.3 Con frecuencia también son incluidos en este tópico de la imputación objetiva los casos de autolesión,4 pero en cambio sólo muy ocasionalmente se propone hacer lo mismo con el consentimiento que excluye la tipicidad.5 En relación con este último instituto aún prevalece el tratamiento autónomo de que ha sido objeto tradicionalmente. En lo que sigue, para una mayor claridad expositiva, limitaré mi argumentación a la autopuesta en peligro y, luego de examinar si se trata de una institución de la creación o de la realización del riesgo (II.), intentaré mostrar las ventajas de un esquema de análisis para resolver sobre la responsabilidad de la víctima con base en las categorías de la teoría del delito (III.). Por último, aunque por razones de extensión solo de manera muy somera, reseñaré los presupuestos bajo los cuales, a falta de competencia de la víctima, sería posible considerar autor (mediato o directo) a quien contribuyó a su autopuesta en peligro. Y a continuación postularé la pertenencia de la heteropuesta en peligro consentida, la autolesión y el consentimiento excluyente de la tipicidad también al ámbito de la competencia de la víctima y, por tanto, la aplicabilidad del esquema de análisis expuesto también a estos (IV.).
II. La primera pregunta que cabe entonces formularse es la siguiente: ¿se trata la competencia de la víctima de un instituto de la imputación objetiva del comportamiento, es decir, de la creación de riesgo no permitido? ¿O se trata más bien de un problema de la imputación del resultado? En otras palabras, ¿se excluye en estos casos la imputación objetiva por falta de creación de un riesgo no permitido o porque fracasa la imputación del resultado? La primera alternativa implicaría afirmar que no constituye la creación de un riesgo no permitido el mero causar que otra persona decida libre y responsablemente ponerse en peligro, como tampoco, si ya estaba decidida, contribuir a que lo haga. Esta caracterización parece calzar bien con los casos llamados de incitación o ayuda a realizar actividades arriesgadas. Lo contrario equivaldría a afirmar que el 3 Cf., por ej., con reservas, Roxin, Strafrecht, Allgemeiner Teil, t. I, § 11 n.o m. 123, y el sector de la doctrina que lo acompaña (cuando es equiparable bajo todos los aspectos relevantes a una autopuesta); en forma amplia, Jakobs, Estudios de Derecho Penal, p. 411; ders., La imputación objetiva, p. 111; Otto, Grundkurs Strafrecht, Allgemeine Strafrechtslehre, § 6 n.o m. 65; Cancio Meliá, Conducta de la víctima, p. 238, 316 ss. 4 Cf., por ej., Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht. Allgemeiner Teil, n.o m. 185; Otto, Grundkurs Strafrecht, Allgemeine Strafrechtslehre, § 6 n.o m. 59; Frisch, Comportamiento típico, p. 165 ss.; Jakobs, Estudios de derecho penal, 395, 410; Cancio Meliá, Conducta de la víctima, p. 316, 328 ss.; Murmann, Grundkurs Strafrecht, § 23 n.o m. 70 ss. 5 Cf. Jakobs, La imputación objetiva, p. 109; ders., Estudios de derecho penal, p. 221; Cancio Meliá, Conducta de la víctima, p. 203, 316 ss.
La competencia de la víctima
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personal de boxes de una escudería crea un riesgo no permitido ya por el hecho de que contribuye causalmente a que el piloto ponga en peligro su vida en cada carrera; y lo mismo cabría decir respecto de todo aquel que alentara a otro a cumplir su sueño de practicar paracaidismo, aladeltismo o cualquier otro deporte extremo y de quienes se dedican a ofrecer y prestar esos servicios, o de quien contrata a un silletero para trabajos de pintura o limpieza en altura, o propone a otro un desafío, como en el primer ejemplo. También como casos de falta de creación de riesgo no permitido se suele clasificar a los de entrega de cosas o sustancias a una persona responsable con las que luego esta, al usarlas, se pone en peligro y lesiona, como sucede en el segundo ejemplo, pero también cuando se presta a un vecino un hacha, una sierra circular o cualquier otra herramienta cuyo uso, incluso correcto, pero más si es descuidado, entraña siempre un riesgo. Hay, sin embargo, otra serie de casos en los que la competencia de la víctima se presenta más bien como un problema de realización del riesgo, es decir, de la imputación del resultado. Un ejemplo tomado de la jurisprudencia del derecho civil de daños6 servirá para aclararlo. El hecho ocurrió una mañana de otoño, alrededor de las 6:30 hs., en la Autopista del Oeste. La víctima fue embestida, cuando intentaba cruzar la autopista, por un automóvil que acababa de sobrepasar a otro vehículo y circulaba por el carril rápido de la izquierda. Como consecuencia de ello se produjo la muerte de la víctima. Al momento del impacto, el conductor conducía a 146 km/h, a pesar de que la velocidad máxima permitida era de 130 km/h. A su vez, la víctima estaba cruzando la autopista para dirigirse a una obra en construcción en la que trabajaba, a pesar que de que el cruce peatonal de una autopista se halla absolutamente prohibido. El tribunal que resolvió el caso rechazó la demanda por daños y perjuicios presentada por los herederos por considerar que la muerte se produjo por exclusiva culpa de la víctima. Esta conclusión coincide con aquella a la que conduce el análisis jurídico-penal desde la perspectiva de la imputación objetiva. En efecto, en un caso como éste afirmaríamos que la conducta del conductor no sólo fue causal respecto del resultado, sino que además, debido al exceso de velocidad, representó la creación de un riesgo no permitido. Sin embargo, a continuación, concluiríamos que en el resultado no se realizó el riesgo no permitido creado por el autor, sino el riesgo creado por la propia víctima, al invadir la calzada de una autovía por la que circulan vehículos a alta velocidad. Como justificativo de esta conclusión diríamos que el sentido de la regla que establece en 130 km/h la velocidad máxima permitida es limitar el peligro para la vida y la integridad física de quienes circulan por la autopista (sea como conductores o como acompañantes), más no, en cambio, evitar que los conductores atropellen transeúntes que invaden repentinamente la calzada.
6 Causa “Gauna”, sentencia de la Cámara Nacional de Apelaciones en lo Civil, Sala F, del 12/11/2003. Un caso similar en Cancio Meliá, Conducta de la víctima, p. 379.
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En otras palabras, en casos de competencia de la víctima como este, no fracasa la creación del riesgo no permitido sino la imputación del resultado. Esta es la lógica que siguen otros dos grupos de casos que son mencionados habitualmente en el marco de la competencia de la víctima. Estos son, por un lado, los casos en los que se discute si, por ej., la muerte sufrida por el bombero o un particular que auxilia puede serle imputada al responsable del incendio, o debe serle atribuida a la víctima como una autopuesta en peligro libre y voluntaria (casos de acciones de salvamento peligrosas). Por el otro, aquellos en que las consecuencias ulteriores, por ej., el agravamiento de las lesiones o incluso la muerte, se le imputan a la víctima lesionada y no al responsable de la lesión inicial (casos de conducta descuidada de la víctima después de un comportamiento lesivo del autor). ¿Pero por qué la competencia de la víctima presenta tal ambivalencia? La respuesta parece hallarse en una característica que no es privativa de la competencia de la víctima, sino común a toda la imputación objetiva. Me refiero a la relatividad del riesgo permitido. Jakobs, que ha llamado la atención sobre este aspecto, lo ha explicado con claridad de la mano de este ejemplo: “el propietario de una pensión en el centro de la ciudad que apaga la luz del portal por las noches […], —dice— actúa de modo no permitido solo en relación con los huéspedes que aún faltan llegar, pero no en relación con los transeúntes que quieran refugiarse allí de la lluvia. Y, en relación con sus huéspedes, actúa de modo no permitido solo en la medida en que su establecimiento se queda oscuro; en cambio, el riesgo de que los huéspedes que regresan ebrios pierdan la orientación para encontrar la pensión, lo crea de modo permitido. E, incluso en lo que respecta a la oscuridad en su establecimiento, solo crea de modo no permitido el riesgo de que se caiga un huésped, pero no el de que lo asalten en la oscuridad. En definitiva, solo es no permitida la consecuencia ‘peligro de que tropiecen huéspedes en el establecimiento’ […]. Como muestra el ejemplo, el autor puede, mediante un único comportamiento de organización, iniciar riesgos permitidos para un bien (en el ejemplo, para la integridad física de los transeúntes), y además riesgos tanto permitidos como no permitidos para otro bien (en el ejemplo, para la integridad física de los huéspedes)”.7 En el caso de la autopista, en lo que atañe a la prohibición de circular a más de 130 km/h, la conducta del conductor que circulaba a 146 km/h solo constituyó un riesgo no permitido en relación con la integridad física y la vida de los conductores y pasajeros que viajaban por la autopista, pero no respecto de la víctima, porque el sentido de la prohibición de exceder esa velocidad no es (no puede ser) evitar peligros para la vida y la integridad física de transeúntes que aparecen de improviso sobre la calzada. Como se puede apreciar, el análisis de la relatividad del riesgo (no) permitido es, precisamente, aquello que se lleva a cabo cuando se resuelve sobre la realización del riesgo con arreglo al principio del fin de protección de la norma. Es decir, no 7
Jakobs, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 7/76 s.
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solo en el primero, sino también en el segundo de los dos pasos en que se estructura el examen de la imputación objetiva se trata de establecer si el autor creó un riesgo no permitido, solo que ahora desde una perspectiva más precisa. En el primero, importa establecer si la conducta representa prima facie la creación de un riesgo no permitido según la formulación abstracta de una norma de cuidado; en el segundo (el de la realización), si constituye efectivamente un riesgo no permitido en relación con el bien afectado y el modo de afectación específico. En otras palabras, la realización del riesgo es la “sintonía fina” de la creación del riesgo no permitido. A diferencia de los demás institutos de la imputación objetiva del comportamiento, lo que ocurre entonces en la competencia de la víctima es que conviven casos en los cuales desde el inicio se puede predicar que la conducta no creó respecto de la víctima ningún riesgo no permitido, y el resultado antes bien le es imputable exclusivamente a ella, con otros en los que se puede llegar a esa conclusión solo después de un análisis más pormenorizado sobre el fin de protección de la norma.8
III. Aclarada esta primera cuestión, lo segundo que hay que establecer es de qué depende de que se le pueda imputar lo sucedido a la víctima, es decir, cuándo se puede afirmar que estamos ante un caso de competencia de la víctima. La respuesta a esta pregunta, al menos la primera respuesta, fue anticipada al comienzo de esta exposición: la víctima responde exclusivamente por el resultado lesivo cuando, con independencia de lo que hiciera el autor, fue ella la que decidió libre y responsablemente ponerse a sí misma en peligro. En otras palabras, el presupuesto para que pueda hablarse de competencia de la víctima es que haya existido una autopuesta en peligro libre y responsable. Pero la pregunta que surge entonces inmediatamente es de qué depende de que se pueda considerar que la víctima decidió libre y responsablemente ponerse en peligro. Sin desconocer la existencia de diversos matices, puede decirse que en general la doctrina menciona los siguientes requisitos: a) que la víctima haya sido consciente del peligro al que se exponía, en la misma medida que la persona que la incitó o la ayudó a ponerse en peligro; b) que el resultado sea la realización del riesgo aceptado y no de otro distinto; y c) que la autopuesta en peligro sea reconducible a una decisión adoptada libre y, por tanto, responsablemente, es decir,
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También en Cancio Meliá, Conducta de la víctima, p. 352, subyace la idea de la relatividad del riesgo cuando argumenta, a favor de considerar a la responsabilidad de la víctima como institución de la imputación del comportamiento (= creación de riesgo), que se trata de conductas que en principio son típicas respecto de terceros, pero no lo son en la interacción con la víctima.
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bajo propia responsabilidad, por la víctima. Si se dan estos requisitos, el resultado se le imputa exclusivamente a la víctima. Pero sobre el último punto, es decir, sobre el modo de determinar si la víctima actuó libre y responsablemente, no hay consenso, sino dos posiciones antagónicas.9 La primera, la llamada “solución de la exculpación” propone aplicar analógicamente los criterios que rigen para el autor de una heterolesión y preguntase si la víctima habría sido hecha responsable por su hecho si, en lugar de haberse puesto en peligro y lesionado a sí misma, hubiera lesionado a un tercero o, por el contrario, habría sido exculpada por aplicación de alguna de las causas previstas en el § 3 JGG y los §§ 19, 20 y 35 StGB. La posibilidad de imputar a la víctima quedaría excluida cuando se tratara de una persona incapaz de culpabilidad o que se hallase en una situación de necesidad exculpante. En cambio, la segunda, llamada “solución del consentimiento”, propone orientarse según los criterios más estrictos que rigen para la eficacia de un consentimiento justificante. Según esta postura, aunque no se diesen los presupuestos de las mencionadas causas de inculpabilidad, la posibilidad de responsabilizar a la víctima quedaría excluida cada vez que se concluyera que ella, al momento de actuar, no se hallaba en condiciones de comprender y ponderar adecuadamente el significado y la trascendencia de su conducta. La consecuencia práctica de esta distinción se pone de manifiesto en los casos de capacidad disminuida, en los que la víctima es un sujeto responsable, es decir, capaz de culpabilidad, pero en el momento del hecho tiene dificultades para hacer uso de esa capacidad (por ej., a causa de una intoxicación alcohólica que no alcanza los valores que hacen aplicable el § 20 StGB). El punto de vista que aquí sostengo es que para establecer si la víctima actuó libre y (auto) responsablemente habría que transitar las mismas categorías de la teoría del delito que se utilizan para decidir sobre la responsabilidad del autor; claro está, con las adaptaciones necesarias que atiendan a la circunstancia de que la víctima no interviene en derechos ajenos sino en los suyos propios. 1. En primer lugar, en cuanto a la tipicidad objetiva es indudable que la víctima que se pone a sí misma en peligro contribuye causalmente a la producción de la lesión que luego sufre a consecuencia de ello. Pero al igual que la imputación al autor también la imputación a la víctima se excluye cuando la conducta no traspasa los límites del riesgo tolerado socialmente. El equivalente a la creación del riesgo no permitido es la creación del riesgo en infracción de los deberes de autoprotección. Ello amerita una breve explicación: riesgo permitido significa que me está permitido actuar a pesar del riesgo de que se produzca el resultado. Pero si hay una regla social que me permite actuar, esto significa, desde la perspectiva del 9 Sobre la discusión y los partidarios de cada postura, respectivamente con más referencias, p. ej., Frisch, Comportamiento típico, p. 183 ss.; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht. Allgemeiner Teil, n.8 m. 189; Sch/Sch/Eser/Sternberg-Lieben, Strafgesetzbuch, comentario previo al § 211 n.8 m. 36.
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destinatario de la regla, que no tengo el deber de evitar el comportamiento a pesar del riesgo de producción del resultado. A su vez, riesgo no permitido equivale a decir que no me está permitido actuar en atención al riesgo de que se produzca el resultado, o lo que es igual, que tengo el deber de evitar el comportamiento en atención al riesgo de producción del resultado. Es decir, afirmar que el autor creó un riesgo no permitido equivale a decir que el autor tenía el deber de evitar el comportamiento en cuestión y que infringió ese deber. Ahora bien, en el caso de la víctima no se habla de creación de riesgo, sino que se utiliza el modo de expresión alternativo y se dice que infringió el deber de autoprotección, es decir, el deber de evitar el comportamiento en atención al riesgo de sufrir una autolesión. Ese deber, sin embargo, no es un deber jurídico, sino una Obliegenheit, es decir, un deber instituido en el propio interés del obligado. Este puede, por ello, incumplirla, pero el incumplimiento tiene como consecuencia que luego no puede agraviarse de los perjuicios que derivan de ello y para cuya evitación la Obliegenheit fue instituida.10 Hay diversas propuestas sobre cómo traducir la palabra Obliegenheit, pero en el ámbito de la imputación objetiva y, más específicamente, de la competencia de la víctima, se ha impuesto la expresión obligación o deber de auprotección. Con esta aclaración queda claro entonces que, por ej, si un conductor no respeta un semáforo rojo y atropella mortalmente a un peatón, que cruzaba correctamente, habrá causalidad, pero no infracción del deber de autoprotección por parte de la víctima, de modo que la imputación a ella queda excluida. En el ejemplo de la autopista, en cambio, la víctima infringió su deber de autoprotección, al invadir la calzada de una autovía por la que circulan vehículos a alta velocidad y en la que el cruce de peatones no está permitido. Por último, a la realización del riesgo se refiere la doctrina al requerir que el resultado sea la realización del riesgo aceptado y no de otro distinto (supra en b). Así, por ej., en el caso de la autopista, habría que negar la realización del riesgo si la víctima no hubiese muerto atropellada, sino al ser golpeado por una bicicleta que hubiese caído del portaequipaje de techo de un automóvil. Y también habría que negar la imputación a la víctima, por ej., en el caso de un peatón que, al emprender el cruce no por la esquina, sino por la mitad de la calle, es atropellado por un automovilista que circula de contramano. En un caso así, no habría duda de que el peatón infringió sus deberes de autoprotección, pero por aplicación del criterio del fin de protección de la norma habría que concluir que el resultado no es la concreción del riesgo asumido con ese cruce no permitido, sino del riesgo no permitido creado por el conductor del vehículo. El contenido del deber de autoprotección se establece en el caso concreto del mismo modo que el riesgo (no) permitido, esto es, apelando a las reglas sociales que pueden presentarse bajo la forma de regulaciones del derecho positivo, como en los ejemplos, o bien como reglas del arte (leges artis) o reglas de prudencia no escritas. Lo mismo vale para la realización de riesgo, pero aquí en los riesgos cuya 10 Sobre el concepto de Obliegenheit, y con más referencias, cf. Córdoba, Evitabilidad del error de prohibición, p. 153.
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administración compete a varias personas —en lo que aquí interesa, autor y víctima— cobra especial relevancia resolver de qué modo repercute en la medida de la responsabilidad del primero una infracción del deber de autoprotección de parte del segundo. Ejemplo: un conductor ebrio no frena en el semáforo rojo y choca desde atrás al automóvil de la víctima, que sale despedida del vehículo por no tener puesto el cinturón de seguridad. 2. Es en la tipicidad subjetiva, sin embargo, donde se plantean los interrogantes que suscitan más debate. Cuando la doctrina pone como condición que la víctima haya sido consciente del riesgo al que se exponía, lo que hace es requerir el mismo presupuesto intelectual para la imputación, que en el caso del autor es el dolo. Pero sabemos que también hay responsabilidad imprudente y la pregunta que se plantea es si no podría responsabilizarse también a la víctima por su autopuesta en peligro cuando las consecuencias posibles de su acción eran previsibles. Tomemos los siguientes ejemplos: A mantiene un contacto sexual consensuado, sin protección, con B, a quien acaba de conocer. A no sabe que B es portador del VIH, pero sí que pertenece a un grupo de riesgo. A resulta contagiado. A consume en una fiesta electrónica una pastilla de éxtasis y muere a consecuencia del efecto combinado de la droga con sustancias adulterantes que la potencian y la hacen más peligrosa, de cuya presencia A nada sabía y el vendedor, por supuesto, nada había informado. En el primer ejemplo, es cierto que A no sabía que B era portador del VIH, pero sí sabía que tenía un contacto sexual sin protección y que B pertenecía a un grupo de riesgo, de modo que el peligro de contagio le era previsible. ¿Debería responsabilizarse a la víctima no solo por las consecuencias conocidas, sino también por las previsibles de su autopuesta en peligro? Más aun, obsérvese que se podría incluso alegar que quien decide tener sexo sin protección y, además, con alguien que pertenece a un grupo de riesgo, asume conscientemente el peligro de un contagio no solo del VIH, sino de cualquier enfermedad de transmisión sexual. Es decir, que dependiendo de la precisión o generalidad con que se describa el peligro podría incluso ser vista como una víctima que era consciente del peligro al que se exponía, a la manera de lo que ocurre con el llamado “dolo genérico”. Y no sería impedimento para ello que la doctrina exija que la víctima haya conocido el riesgo en la misma medida que la persona que contribuyó a su autopuesta en peligro, pues, presupuesto que el riesgo determinante para esa comparación pudiera ser descripto con ese grado de generalidad, el requisito de igualdad de conocimiento estaría satisfecho. El tratamiento como casos de conocimiento posible parece, sin embargo, preferible, pues permite tematizar con más claridad los criterios normativos para la delimitación de los ámbitos de responsabilidad en la adquisición de conocimiento. Esos criterios, que considero relevantes para la solución de estos casos, son asociados habitualmente a la responsabilidad imprudente. En efecto, sabido es que
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para la responsabilidad por imprudencia no basta con que el autor haya podido conocer, sino que tiene que haber tenido además el deber de procurarse el conocimiento que le faltó. Este deber de adquirir conocimiento o de cerciorarse o de informarse, como sea que se lo quiera llamar, no es un deber jurídico, sino que se trata una vez más de una Obliegenheit, es decir, un deber estatuido en el propio interés de la persona a la que obliga: el autor, si quiere, puede incumplirla, pero luego no puede alegar que, por su falta de conocimiento, o sea, por su error, no pudo evitar la conducta lesiva.11 Por supuesto, lo mismo vale para la víctima. La Obliegenheit de procurarse conocimiento es parte del deber de autoprotección y su infracción tiene como consecuencia que la víctima no puede luego agraviarse de que, por su falta de información, no pudo evitar, es decir, no pudo decidir libremente la autopuesta en peligro. En definitiva, también para la imputación de imprudencia a la víctima hace falta no solo que pudiera conocer el riesgo en toda su extensión, sino también que tuviera el deber de procurarse la información a ese respecto, que le faltó, al momento de tomar la decisión. Se trata, por tanto, de establecer qué informaciones acerca del riesgo le corresponde procurarse a la víctima y cuáles, en cambio, le debe suministrar la persona que contribuye a su autopuesta en peligro, si quiere que su comportamiento se mantenga dentro del límite del riesgo permitido. En el caso del VIH, la opinión mayoritaria responsabiliza por el contagio al portador si guarda silencio sobre su condición, es decir, considera que es él quien tiene siempre el deber de dar esa información. En minoría, en cambio, Jakobs opina que, en el caso del ejemplo, al saber ya la víctima que aquel con quien tendrá sexo sin protección pertenece a un grupo de riesgo, el ulterior cuidado de su salud pasa a ser un asunto prioritariamente suyo. Es decir que, conocidas ya esas circunstancias, el neminem laedere no obligaría al portador a revelar más detalles sobre su propio estado de salud, sino que más bien sería la víctima quien debería decidir si actúa a propio riesgo o se procura más información.12 En el caso de la pastilla de éxtasis, en cambio, parece claro que así como hay responsabilidad por el producto adulterado, tanto más respecto de productos de venta prohibida por su peligrosidad, es decir, que la prohibición de dañar obliga también al proveedor de la pastilla a evitar todos los peligros no consentidos por el receptor, como lo es el que deriva de una adulteración.13 No parece, en cambio, que pudiera adjudicársele al vendedor el deber de informar la cantidad de miligramos que debería tomar el comprador en función de su peso, edad y su estado de salud, de modo que éste actuaría a propio riesgo si no se informara por su cuenta o adoptara
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Cf. Córdoba, Evitabilidad del error de prohibición, p. 154 ss., con más referencias. Jakobs, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 21/78a; ders.,Estudios de derecho penal, 405; ders., La imputación objetiva, p. 111. En el mismo sentido, Cancio Meliá, Conducta de la víctima, p. 333. 13 Cf. Frisch, Comportamiento típico, p. 224 ss. 12
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otros recaudos antes de consumir. El tradicional ejemplo de suministro a la víctima que se inyecta y muerte por sobredosis daría cuenta de ello. Puede quedar ahora de lado cuál sería en cada caso la solución correcta. Lo que me parece importante destacar es que, si se admite la posibilidad de una responsabilidad de la víctima por imprudencia, lo dirimente es la discusión acerca de qué información le corresponde proveer o procurarse a cada quien.14 La mera superioridad de conocimiento de quien incita, favorece o posibilita la autopuesta en peligro no es suficiente. 3. El análisis debería continuar ahora para verificar si la autopuesta en peligro tuvo lugar en un contexto de (cuasi) justificación. Es lo que ocurre, por ej., en los casos en que la víctima se expone conscientemente a un riesgo para escapar de la agresión a la que quiere someterla el autor. Véanse los siguientes ejemplos tomados de las crónicas policiales: Una joven se tira del balcón del segundo piso para evitar que un hombre que había ingresado a la fuerza a su departamento la viole. Un hombre se tira de su camioneta en marcha en la que iba secuestrado por dos ladrones que lo habían abordado a la fuerza durante la detención en un semáforo. Por otra parte, también entran en consideración aquí los casos de víctimas lesionadas en el marco de una acción de salvamento. Un vecino sufre quemaduras al rescatar a un niño de una vivienda en llamas, que un pirómano ha prendido fuego. El estado de necesidad de la víctima presenta aquí una particularidad que lo diferencia de su análogo, el estado de necesidad agresivo de un autor. Me refiero a que dado que la víctima no interviene en derechos ajenos, sino que pone en peligro los propios, no hace falta que el interés a preservar sea considerablemente mayor al que es puesto en peligro o incluso sacrificado. La autopuesta en peligro de la víctima se halla (cuasi) justificada mientras haya cualquier tipo de ventaja, más aún, mientras no se obtenga un resultado irracional.15 4. A causa de esta ampliación del campo de la justificación ya no queda espacio para un estado de necesidad (cuasi) exculpante, en la culpabilidad. Pero sí lo hay para un error de prohibición inevitable, como sucedería, por ej., cuando alguien le hace creer a la víctima que concurre alguna de las situaciones de necesidad de los ejemplos anteriores y ella actúa sin poder evitar el error. En cambio, a diferencia de 14 Esta propuesta basada en el reconocimiento de una competencia de la víctima (cuasi) imprudente se corresponde con la determinación objetiva del riesgo a la que aluden Jakobs (AT, 7/126 ss.) y Cancio Meliá (Conducta de la víctima, p. 200 y 335 ss.): a la víctima le corresponde procurarse el conocimiento de aquellos factores de riesgo que, según esa interpretación objetiva, son inherentes al contacto social elegido. Sólo habría discrepancia cuando a la víctima ni siquiera le fuera conocible el peligro, como en el ejemplo de Jakobs (en AT, 7/ 129), pero entonces se trataría de infortunio de la víctima. 15 Cf. Jakobs, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 21/89.
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lo que ocurre con la imprudencia, habría competencia de la víctima cuando el error fuera evitable, si es que se traslada analógicamente la solución que se propicia para el mismo supuesto cuando se trata de una heterolesión.16 Por último, hay acuerdo en que fracasa también la imputación a la víctima cuando concurre analógicamente una causa de incapacidad de culpabilidad (§ 3 JGG y §§ 19 y 20 StGB; y arts. 1 Ley n.8 22.278 y 34 inc. 1 CP argentino). La discusión —como vimos— se plantea respecto de los casos de capacidad de culpabilidad disminuida. Las dos posiciones, bajo las denominaciones “teoría de la exculpación” y “teoría del consentimiento”, han sido ya presentadas, pero hay también matices entre los partidarios de la primera. Roxin, por ej., propone distinguir según la capacidad sobre la que opere la disminución: “si quien se pone en peligro es plenamente consciente del riesgo y solo tiene disminuida su capacidad de inhibición, el cooperador debe quedar impune. Pues el que se pone en peligro sigue siendo dueño de sus decisiones, aunque le sea más difícil la decisión. En cambio, si tiene disminuida su capacidad de comprensión, de tal modo que ya no es correctamente consciente del riesgo, el resultado se le debe imputar al extraño”.17 En el código penal argentino no existe una disposición como la del § 21 StGB, que toma como punto de apoyo Roxin en su propuesta. Pero los últimos tres anteproyectos de reforma han coincidido en proponer su inclusión y en términos similares al parágrafo alemán. En esta misma línea, si se parte —como creo que es correcto— de que no hay capacidad disminuida, sino dificultades para hacer uso de una capacidad en sí existente, es decir, que se trata en verdad de un problema de exigibilidad,18 entonces se abre la posibilidad de trasladar analógicamente las reglas que rigen la exculpación a ese ámbito19 : competencia de la víctima si ella es la única responsable de que se haya llegado a la situación de dificultad, autoría mediata si el responsable es el promotor o favorecedor de la autopuesta en peligro. 5. En síntesis, solo puede hablarse, en principio, de una autopuesta en peligro decidida libre y responsablemente cuando la víctima infringió la obligación de autoprotección y el resultado es la concreción de esa infracción, actúo con (cuasi) dolo, es decir, con consciencia del peligro, y sin que concurriera una situación de (cuasi) justificación, ni tampoco una causa de (cuasi) exculpación. Abierta quedaría, en cambio, la posibilidad de concebir una variante (cuasi) imprudente. Si falta alguno de los presupuestos enumerados, entonces hay que negar la competencia de la víctima, pero hay que advertir que ello no conduce automáti-
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Cf. p. ej. Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 12/53; Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 705. 17 Roxin, Strafrecht, Allgemeiner Teil, t. I, § 11 n.o m. 114. 18 Jakobs, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 17/49 y 18/28 y 34. 19 Jakobs, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 17/71 ss.; Córdoba, En Letra Derecho Penal 4 (2017), 49 ss.
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camente a la responsabilidad del promotor o facilitador de la autopuesta en peligro.20
IV. En razón del espacio disponible, solo podré referirme muy sucintamente a la cuestión mencionada en último lugar y a las dos restantes anunciadas al inicio de la exposición. 1. Si la competencia de la víctima fracasa por falta de infracción del deber de autoprotección, entonces se trata de un caso normal de autoría directa en el que habrá que establecer si hubo creación y realización de un riesgo no permitido. Esto es lo que acontece, por ej., en el caso brindado más arriba del conductor que no respeta un semáforo rojo y atropella al peatón que cruzaba correctamente. En los casos de error de la víctima acerca del peligro al que se expone o de la necesidad de ponerse en peligro, la responsabilidad del promotor o favorecedor dependerá de que pueda considerárselo autor mediato. Pero para considerarlo tal no bastará con invocar los mayores conocimientos que poseía respecto de la víctima acerca del peligro al que se exponía, sino que —como acaece con cualquier autor— habrá adicionalmente que establecer si su contribución significó la creación de un riesgo no permitido, o lo que es igual, si tenía el deber de evitar su contribución en atención al riesgo de que la víctima actuara como lo hizo; y, en especial, si como parte de ese deber21 debía informar a la víctima sobre los factores de riesgo que esta reconocía, es decir, sacarla del error, o era la víctima quien debía procurarse ese conocimiento. A modo de ejemplo: si A, notoriamente torpe e inexperto en el manejo de herramientas, le pide prestada a B una sierra circular para cortar unas maderas y B se la presta, no hay autoría mediata, aunque B, al hacerlo, hubiese contado con que un desenlace nocivo podía tener lugar y A ni siquiera hubiera pensado en algo parecido. En definitiva, la mera superioridad de conocimiento —como se lo mencionó ya al tratar supra la situación de la víctima imprudente— no es per se suficiente. Las cuestiones relacionadas con la autoría mediata a través de un instrumento que obra inculpablemente, incluyendo a la víctima (cuasi) inculpable, es ampliamente conocida.22 Solo señalaré que el cumplimiento de la prohibición de lesionar no se satisface aquí informando al incapaz, sino únicamente omitiendo la contribución a la autopuesta en peligro. Ejemplo: a un niño de corta edad que 20 Llamaba ya la atención acerca de la necesidad de resolver sobre la autoría mediata con los criterios que le son propios y no influenciados por la impunidad o levedad de la pena que de otro modo resultaría por aplicación de las reglas de la accesoriedad o del tipo de instigación al suicido, Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 695. 21 Si es que no prefería cumplir el deber de evitar directamente absteniéndose de actuar. 22 Cf., por todos, Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 705 ss.
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quiere comprar una caja de fósforos no basta con informarle de los peligros de jugar con fuego, sino que directamente no hay que vendérselos. A su vez, en los casos de capacidad disminuida no imputable a la víctima, la autoría mediata dependerá de que el comportamiento, realizado por la víctima en estado de incapacidad parcial, le sea también objetivamente imputable a quien causó la autopuesta en peligro, por ej., porque creó de modo no permitido las condiciones para que se llegara a esa disminución de la capacidad.23 En cuanto a los casos de víctima (cuasi) justificada, obsérvese que no hace falta recurrir en ellos a la autoría mediata, sino que la imputación al que causó la situación de necesidad puede resolverse ya como problema de la realización del riesgo: el agresor y el incendiario de los ejemplos anteriores, al actuar como lo hacen, crean también de modo no permitido el riesgo de que la víctima resulte lesionada a consecuencia de los peligros que, como es razonable esperar, asumirá para ponerse a salvo o salvar el interés amenazado. En otras palabras, si la autopuesta en peligro luce razonable en atención al peligro y los intereses en juego —y, por ello, está (cuasi) justificada—, el resultado se le imputa como realización de riesgo a quien provocó de modo no permitido la situación de necesidad. Por último, si fracasara la imputación de la autopuesta en peligro a la víctima y tampoco hubiera otra persona que pudiera ser responsabilizada por ella, solo quedará la posibilidad de explicar cognitivamente el daño como infortunio de la víctima. 2. Las reglas que rigen la competencia de la víctima en caso de autopuesta en peligro son aplicables también a los casos de heteropuesta en peligro consentida, es decir, a los casos en los que la víctima consiente que otro la ponga en peligro. Ello es lógico si se tiene en cuenta que ambos son casos de “actuación a propio riesgo”, solo que en la autopuesta la víctima actúa de propia mano, mientras que en la heteropuesta en peligro consentida lo hace en división de tareas junto con otro su lesión.24 3. La competencia de la víctima no se agota en los casos de auto y heteropuesta en peligro, sino que abarca también toda la problemática de la autolesión y el consentimiento (de una heterolesión) que excluye la tipicidad. Muy sucintamente, utilizamos la expresión “autolesión” para referirnos a los casos en que la víctima quiere la lesión o, si no la quiere, tiene al menos la certeza de que se producirá, e igualmente sigue adelante; es decir, obra respecto de la lesión con “(cuasi) dolo directo” o “(cuasi) dolo de consecuencias necesarias”. En cambio, lo que caracteriza a una “autopuesta en peligro” es que la víctima no quiere sufrir la lesión, pero se representa la posibilidad, es decir, el peligro de que ello ocurra. En otras palabras, una autopuesta en peligro es una autolesión con “(cuasi) dolo 23
Jakobs, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 21/94, de quien tomo también el ejemplo. Contra la relevancia de la distinción, cf., por ej., Jakobs, Estudios de derecho penal, 395 y 410; Otto, FS-Tröndle, p. 169 ss.; Cancio Meliá, Conducta de la víctima, p. 238 ss., 326, con más referencias. 24
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eventual” o “(cuasi) imprudencia consciente”. Lo mismo vale para la relación entre heterolesión y heteropuesta en peligro consentidas. De allí pues que el procedimiento para el análisis de la responsabilidad de la víctima, presentado en el apartado anterior, debería ser trasladable de manera sistemática mutatis mutandis a esos cuatro tópicos. Como se puede apreciar, esta propuesta —que, como dije, por razones de extensión aquí solo puedo enunciar sin desarrollar— se inscribe en la tendencia de integrar al consentimiento (al menos, al que excluye la tipicidad) en la competencia de la víctima, como institución de la imputación objetiva, y no a la inversa. Con esto he llegado al final de mi exposición. Solo me queda expresar mi respeto, admiración y, sobre todo, agradecimiento al homenajeado, el Prof. Marcelo Sancinetti, mi maestro y la persona a quien tanto debo. Bibliografía Cancio Meliá, Manuel: Conducta de la víctima e imputación objetiva en derecho penal, Bogotá 2001. Córdoba, Fernando Jorge: La evitabilidad del error de prohibición, Madrid 2012. Córdoba, Fernando Jorge: De nuevo sobre la relación entre prevención general positiva y culpabilidad, En Letra Derecho Penal 4 (2017), p. 43 – 64. Frisch, Wolfgang: Comportamiento típico e imputación del resultado, Madrid 2004. Jakobs, Günther: Strafrecht. Allgemeiner Teil, Die Grundlagen und die Zurechnungslehre, 2.a ed., Berlín 1991. Jakobs, Günther: La imputación objetiva, especialmente en el ámbito de las instituciones jurídico-penales del “riesgo permitido”, la “prohibición de regreso” y el “principio de confianza”, en: Günther Jakobs (ed.), Estudios de derecho penal, Madrid 1997, p. 209 – 222. Jakobs, Günther: La organización de autolesión y heterolesión, especialmente en caso de muerte, en: Günther Jakobs (ed.), Estudios de derecho penal, Madrid 1997, p. 395 – 412. Jakobs, Günther: La imputación objetiva en Derecho penal, Madrid 1996. Murmann, Uwe: Grundkurs Strafrecht, 3.a ed., Múnich 2015. Otto, Harro: Grundkurs Strafrecht, Allgemeine Strafrechtslehre, 6.a ed., Berlín 2000. Otto, Harro: Eigenverantwortliche Selbstschädigung und -gefährdung sowie einverständliche Fremdschädigung und -gefährdung, en: Hans-Heinrich Jescheck/Theo Vogler (ed.), Festschrift für H. Tröndle, Berlín 1989, p. 157 – 175. Roxin, Claus: Strafrecht, Allgemeiner Teil, t. I, Grundlagen, Der Aufbau der Verbrechenslehre, 4.a ed., Múnich 2006. Sancinetti, Marcelo Alberto: Inducción al suicidio y homicidio en autoría mediata, Doctrina Penal, Buenos Aires 1988, p. 255 – 281. Sancinetti, Marcelo Alberto: Teoría del delito y disvalor de acción, Buenos Aires 1991.
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Hypothetische Einwilligung und Patientenautonomie Eine analytische Rekonstruktion der Debatte Von Leandro A. Dias
I. Einleitung Sancinetti hat sich in den letzten Jahrzehnten intensiv mit dem Problem der hypothetischen Kausalverläufe im Strafrecht und insbesondere mit der Analyse von Kausalität und Zurechnung beschäftigt.1 So konnte er unter anderem darauf hinweisen, dass wir im alltäglichen Leben ständig mit Hypothesen argumentieren, was sich auch in verschiedenen Bestandteilen der Verbrechenslehre widerspiegelt, wie z. B. bei den Rechtfertigungsgründen mit prospektiven Elementen oder den Fällen des Abbruches eines rettenden Kausalverlaufs.2 Wenn man daher die Verwendung von Hypothesen im Strafrecht ablehnen will, wie es etwa die herrschende Meinung über den Einfluss hypothetischer Kausalverläufe auf den Kausalzusammenhang tut,3 ist es notwendig, fundierte Gründe für diese Sichtweise anzugeben. Sancinetti hat mit Schärfe gezeigt, dass derartige Gründe für die gegenwärtig herrschende Meinung nicht existieren. Dieser Beitrag wird sich auf eine Rechtsfigur konzentrieren, die ebenfalls auf einer hypothetischen Analyse basiert: die sogenannte hypothetische Einwilligung des Patienten. Unter diesem Begriff wird die Möglichkeit diskutiert, die Verwirklichung eines Tatbestandes durch einen Arzt (in der Regel Körperverletzung gem. § 223 StGB4) zu rechtfertigen, wenn dieser einen Heileingriff an einem Patienten durchgeführt hat, in den der Patient nicht wirksam eingewilligt hat, weil der Arzt seiner Aufklärungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist (z. B. weil er den Patienten über die Risiken einer Operation belogen hat). Sie ergibt sich aus der hy1 Sancinetti, Estudios, 37 ff.; ders., FS Jakobs, 583 ff.; ders., ZStW 120, 661 ff.; ders., Revista de Derecho Penal y Procesal Penal 2010, 583 ff. 2 Sancinetti, ZStW 120, 665, 693 f.; ders. Revista de Derecho Penal y Procesal Penal 2010, 591 f. 3 Vgl. BGHSt 2, 20; 10, 369; 13, 13; Kindhäuser/Hilgendorf, Strafgesetzbuch, Vor § 13 Rn. 81 f.; Kühl, Strafrecht AT, § 4 Rn. 12; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 239. 4 Nach Ansicht der Rechtsprechung auch dann, wenn die Behandlung erfolgreich war. Statt vieler RGSt, 25, 375, 378; BGHSt 11, 111, 112; 16, 309; 43, 306. Zum heutigen Stand der Diskussion, vgl. nur LK-StGB/Grünewald, § 223 Rn. 63 ff.; Kindhäuser/Hilgendorf, Strafgesetzbuch, § 223 Rn. 7 ff.
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pothetischen Erwägung, dass der Patient, wenn er rechtmäßig aufgeklärt worden wäre, gleichwohl in den Eingriff eingewilligt hätte.5 Während die Frage, ob all dies tatsächlich einen Rechtfertigungsgrund darstelle sehr umstritten ist (oder ob es sich im Gegenteil um ein Kriterium der objektiven Zurechnung handle, das es ermöglichen würde, die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens auszuschließen statt eine prima facie rechtswidrige Handlung zu rechtfertigen),6 ist eines klar: eines der grundlegenden Argumente für die Anerkennung der hypothetischen Einwilligung ist gleichbedeutend mit der Begründung von Straffreiheit im Falle rechtmäßigen Alternativverhaltens, sprich: dem fehlenden Pflichtwidrigkeitszusammenhang.7 Vor allem wäre die pflichtwidrige Handlung des Arztes normativ bedeutungslos, da das vorliegende Ergebnis auch bei einem rechtmäßigen Alternativerhalten eingetreten wäre. Und da allgemein anerkannt ist,8 dass im Falle rechtmäßigen Alternativverhaltens das objektive Unrecht ausgeschlossen ist, gäbe es durchaus einen Grund, die gleichen Konsequenzen der Rechtsfigur der hypothetischen Einwilligung zuzuordnen. Insofern gilt die von Sancinetti postulierte allgemeine Regel über hypothetische Kausalverläufe. Zu diesem Thema ist viel geschrieben worden, sowohl um der Rechtsprechung des BGH9, die diese Rechtsfigur aufrechterhalten hat, beizupflichten als auch um sie abzulehnen.10 Der Aufsatz wird sich mit einem konkreten Kritikpunkt befassen, 5 Hilgendorf/Valerius, Strafrecht AT, § 5 Rn. 138; Kindhäuser/Zimmermann, Strafrecht AT, § 19 Rn. 16; Kühl, Strafrecht AT, § 9 Rn. 47a; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 594. 6 Siehe nur Böcker JZ 2005, 927 ff.; Hengstenberg, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 159 ff.; Mitsch JZ 2005, 280 ff.; Puppe, ZIS, 6/2016, 369 ff.; Sturm, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 59 ff. 7 Vgl. Beulke, medstra, 2/2015, 73; Kuhlen, FS Roxin, 331 ff.; ders., JR 2004, 227; Murmann, Grundkurs, § 25 Rn. 132; Rosenau, FS Maiwald, 691; Roxin, Strafrecht AT, § 13 Rn. 120; Silva Sánchez, ZIS 11/2014, 549 f. Diese These ist allerdings nicht unumstritten (statt aller Albrecht, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 259 ff.; Gaede, Limitiert akzessorisches Medizinstrafrecht, S. 16 ff.; Hengstenberg, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 259 ff.; Schwartz, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 171 ff.). Wenn man mit dieser Analogie nicht einverstanden ist, geht man davon aus, dass sie zumindest für die Zwecke der Diskussion geeignet ist. So z. B. Sternberg-Lieben, FS Beulke, 302. 8 Vgl. statt aller Kühl, Strafrecht AT, § 17 Rn. 49 ff.; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 304 ff. Auch Sancinetti, ZStW 120, 662, m.w.N. 9 BGH NStZ 1996, 34; 2004, 442; 2012, 205; NStZ-RR 2004, 16; 2007, 340; MedR 2008, 435; NJW 2013, 1688. Zur Rechtsprechungsentwicklung LK-StGB/Grünewald, § 223 Rn. 102; Hengstenberg, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 267 ff.; Zabel, GA 2015, 227 ff. 10 Saligers (FS Beulke, 258) Behauptung ist in dieser Hinsicht besonders aufschlussreich: „Die Schärfe der Debatte scheint dabei in dem Maße zuzunehmen, wie sich das Institut in der Praxis verfestigt hat (…). Die Positionen könnten polarer kaum sein“. Ähnlich Krüger, FS Beulke, 139 f. Zum Meinungsstand siehe Beulke, medstra, 2/2015, 68 ff.; Roxin, medstra 2017, 130 ff.; Sturm, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 46 ff.; Wessels/Beulke/ Satzger, Strafrecht AT, Rn. 596 ff.
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nämlich dem angeblichen Verstoß gegen das Autonomierecht des Patienten, der auftreten soll, wenn das Verhalten des Arztes aufgrund hypothetischer Einwilligung straffrei bleibt. Dies liegt vor allem daran, dass Bedenken, die auf dem Autonomiegedanken beruhen und im Allgemeinen von einem Verweis auf einen Verstoß gegen das Grundgesetz (Art. 1 Abs. 1 GG, eventuell auch Art. 2 GG) begleitet werden, ein stark emotionalisiertes Moment aufweisen, das bewusst oder unbewusst die Überzeugungskraft solcher Bedenken erhöht. Allerdings stecken nicht immer plausible Argumente dahinter. Tatsächlich wird in diesem Beitrag davon ausgegangen, dass im Großen und Ganzen zwei Hauptargumente gegen die hypothetische Einwilligung im Hinblick auf den Autonomiegrundsatz existieren, von denen aber nur eines überzeugend, wenn auch nicht entscheidend, ist (Abschnitte II. und III.). Dies macht es notwendig, die Idee, dass diese Rechtsfigur wegen eines Verstoßes gegen das Autonomierecht des Patienten kurzerhand abgelehnt werden sollte, differenzierter zu betrachten. Es wird aber auch versucht, zu zeigen, dass es ein drittes Argument im Zusammenhang mit dem Begriff der Autonomie gibt, das in der Lage wäre, die hypothetische Einwilligung schließlich zu Fall zu bringen (Abschnitt IV.).
II. Allgemeine Patientenautonomiekritik Vor der Analyse der grundsätzlichen Kritik ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff ,Autonomie‘ durch seine Polysemie gekennzeichnet ist und die diesbezüglichen Unterschiede bemerkenswert sind, auch in Bezug auf die Definition des Begriffs durch verschiedene Philosophen und Juristen.11 Im Rahmen ärztlicher Heileingriffe beziehen sich Bioethiker oft auf das Konzept der persönlichen Autonomie, namentlich das Recht zu entscheiden, wie das eigene Leben zu leben ist (insbesondere wie man sich bei kritischen Lebensentscheidungen zu verhalten hat), und die Pflicht anderer, dieses Recht zu achten.12 Die Gerichte höherer Instanzen betrachten dies oft auch als das verfassungsmäßige Verständnis von Autonomie, zumindest was bioethische Fragen betrifft. Das Bundesverfassungsgericht weist darauf hin, dass Art. 1 Abs. 1 GG die Würde des Menschen schütze und dass hierzu gehöre, dass „der Mensch über sich selbst verfügen und sein Schicksal eigenverantwortlich gestalten kann“.13 Diese Vorstellung von persönlicher Autonomie als das Recht, kritische Lebensentscheidungen ohne Störung durch Dritte (in diesem Fall Ärzte) zu treffen, ist
11 Siehe dazu G. Dworkin, The Theory and Practice of Autonomy, S. 101 ff.; Feinberg, The Inner Citadel, S. 27 ff..; Magnus, Patientenautonomie im Strafrecht, S. 14 ff.; Pawlik, Recht der Älteren, § 7 Rn. 3; ders., Das Unrecht des Bürgers, 2012, S. 222 f. 12 Vgl. Christman, Stanford Encyclopedia of Philosophy; Rivera López, Problemas de vida o muerte, S. 71. 13 BVerfGE 49, 286 (298). Zur Rechtsprechung des BVerfG siehe Magnus, Patientenautonomie, S. 111 f.; Wiesner, Die Hypothetische Einwilligung im Medizinstrafrecht, 2010, S. 124 f. Siehe auch Duttge, FS Schroeder, 179 ff.; Zabel, GA 2015, 226 f.
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auch der Ausgangspunkt der Diskussion über die hypothetische Einwilligung14 und führt im Großen und Ganzen (und nach meiner Rekonstruktion der Debatte) zu zwei Kritikpunkten an dieser Rechtsfigur: einem allgemeinen und einem spezifischen. Das allgemeine Argument, warum bei Anerkennung einer hypothetischen Einwilligung gegen den Autonomiegrundsatz verstoßen würde, besagt, dass dem Patienten mit der Straffreiheit des Arztes ein heteronomer Wille aufgezwungen würde, der seine freie Entscheidung über die Behandlung ersetze. Man stelle sich einen Fall vor, in dem der Arzt den Patienten fahrlässig nicht über die Risiken einer Operation aufklärt, diese Risiken sich anschließend realisieren und der Arzt letztendlich keine Strafe für die Körperverletzung erhält sondern freigesprochen wird, weil der Richter der Ansicht ist, dass der Patient eingewilligt hätte, wenn er vom Arzt richtig aufgeklärt worden wäre. In diesen Fällen würde der Richter seinen Willen einem Patienten aufzwingen, der sich in seiner Autonomie verletzt fühlt, weil er aus Mangel an Informationen keine selbstbestimmte Entscheidung treffen konnte.15 Tatsächlich wäre es also nicht der Patient, der über sein Leben entscheidet, sondern der Richter, der anhand von Indizien und Plausibilitätserwägungen darüber urteilt, was das hypothetische Verhalten des Patienten gewesen wäre. Damit wäre der Wille des Patienten dem Willen des Richters untergeordnet. Außerdem zwingt der Arzt in Fällen wie z. B. der Täuschung, bei denen die Verletzung von Aufklärungspflichten durch den Arzt vorsätzlich geschieht, seinen Willen auch bei der Entscheidung auf, ob der Heileingriff erfolgen soll oder nicht. Im Sinne der kantischen Argumentation zu diesem Thema nutzt der Arzt den Patienten als bloßes Mittel, um seine Ziele zu erreichen, anstatt ihn wie ein autonomes Wesen zu behandeln. Daher fände in diesen letztgenannten Fällen eine doppelte Unterordnung des Patientenwillens statt: gegenüber dem Willen des Arztes, der die Täuschung durchführt und ihn vorsätzlich daran hindert, eine autonome Entscheidung zu treffen, und gegenüber dem Willen des Richters, der am Ende entscheidet, welches der hypothetische Wille gewesen wäre. Dieses Argument ist jedoch deshalb problematisch, weil es höchst zweifelhaft ist, ob der Richter dem Patienten seinen Willen tatsächlich aufzwinge. In Wahrheit trifft der Rechtsanwender, der über den Fall entscheiden muss, keine echte Willensentscheidung über die Durchführung des ärztlichen Heileingriffes. Er beschränkt sich im Gegenteil darauf, die Hypothese zu überprüfen, dass der Patient in einer möglichen Welt, in der der Arzt seine Aufklärungspflichten erfüllt hat, selbst zugestimmt hätte. Dieses Vorgehen ist für jede Argumentation aufgrund der Existenz von Alternativen16 charakteristisch. In diesem Sinne darf behauptet werden, dass durch ein sol14 Vgl. Puppe, ZIS 6/2016, 366; Sternberg-Lieben, MedR 2019, 187; Sturm, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 53; Wiesner, Die Hypothetische Einwilligung im Medizinstrafrecht, S. 123 ff., m.w.N. 15 Puppe, ZIS 6/2016, 366. 16 Ähnlich Gropp, FS Schroeder, 2006, 201 f. Zu diesem Problem grundlegend Rödig, Die Denkform der Alternative in der Jurisprudenz, S. 77 ff.
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ches Verfahren der Wille des Patienten selbst verwirklicht wird, der aufgrund fehlender oder mangelhafter Informationen nur tatsächlich nicht betätigt werden konnte.17 Daher wird der Patient keinem heteronomen Willen unterworfen, sondern der eigene Wille des Patienten wird berücksichtigt, allerdings in einer hypothetischen Form. Zuweilen wird erwähnt, dass es einen qualitativen Unterschied zwischen dem tatsächlich Willen und dem hypothetischen im Strafverfahren rekonstruierten Willen des Patienten gibt.18 Aber was ist der Grund für diese Unterscheidung? Die Tatsache, dass der Richter Indizien und Plausibilitätserwägungen benutzen kann, um eine Entscheidung zu treffen, ist für die Lösung des Problems nicht relevant, da seine Funktion sich darauf beschränkt, die Tatsachen aus dem verfügbaren Beweismaterial zu ermitteln, und die Regeln der Beweiswürdigung in Fällen hypothetischer Einwilligung dieselben sind wie in allen anderen Fällen, in denen alternative Hypothesen zur Anwendung kommen.19 Mit anderen Worten scheint die Tatsache, dass der hypothetische Wille einer kontrafaktischen Analyse entspringt, obwohl dies Beweisschwierigkeiten hervorrufen kann, für eine Ablehnung der hypothetischen Einwilligung nicht ausreichend, da der Rückgriff auf Alternativen, wie bereits erwähnt, im Strafrecht keine Seltenheit ist.20 Auch wenn es notwendig ist, den tatsächlichen Willen des Patienten zu ermitteln, muss der Richter eine ähnliche Entscheidung treffen wie die hier diskutierte, da die für das Strafverfahren charakteristischen epistemischen Einschränkungen immer erfordern, auf Wahrscheinlichkeiten zurückzugreifen.21 Alles würde sich dann auf ein Beweisproblem reduzieren.22 Zweitens gibt es bei vorsätzlichen Verstößen des Arztes gegen die Aufklärungspflicht auch keine Bevorzugung des ärztlichen Willens gegenüber dem Willen des Patienten. Es ist wahr, dass der Arzt die Autonomie des Patienten insofern beeinträchtigt, als er ihn daran hindert, eine freie Entscheidung über sein Schicksal zu treffen, indem er ihm nicht die hierfür notwendigen Informationen liefert oder ihn bewusst täuscht. Der Eingriff in die Autonomie bleibt jedoch bei hypothetischer Einwilligung nicht ungestraft (und das ist es, was aus strafrechtlicher Sicht von Interesse ist), da die Bestrafung des Arztes nach versuchtem Delikt möglich bleibt und dies zu einem Ausgleich führt. Kuhlen23 weist zu Recht darauf hin, dass in diesen Fällen nur 17 Beulke, medstra, 2/2015, 74; Kuhlen, JR 2004, 227; ders., FS- Müller-Dietz, 442; Rönnau JZ 2004, 802 ff. 18 Siehe Puppe, ZIS 6/2016, 367; Saliger, FS Beulke, 2015, 265; Sowada NStZ 2012, 7 f. 19 Ähnlich Hengstenberg, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 268 ff., m.w.N. 20 Vgl. Hengstenberg, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 295 ff. 21 Ähnlich Kühl, Strafrecht AT, § 9 Rn. 47a; Merkel, JZ 2013, 976 f.; Rönnau JZ 2004, 802; Roxin, Strafrecht AT, § 13 Rn. 133. Zu den epistemischen Einschränkungen des Strafrechts Laudan, Truth, Error, and Criminal Law, S. 29 ff. 22 Die Beweisschwierigkeiten werden auch in der Literatur betont. So z. B. Fischer, Strafgesetzbuch, § 223 Rn. 34; Hilgendorf, Einführung in das Medizinstrafrecht, § 2 Rn. 72; Arzt/ Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht BT, § 6 Rn. 106 f. 23 Kuhlen, FS Roxin, 340; ders., JR 2004, 229 f. Dazu Beulke, medstra, 2/2015, 74 f.; Böcker JZ 2005, 927 f.; Hengstenberg, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 359;
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die objektive Seite des Unrechts ausgeschlossen ist. Jedoch bleibt das subjektive Unrecht bzw. der Handlungsunwert bestehen, denn der Arzt richtet seinen Willen darauf aus, den Willen des Patienten zu unterminieren und den Heileingriff ohne dessen Einwilligung durchzuführen, selbst wenn dieser in einer hypothetischen Welt tatsächlich eingewilligt hätte.24 Daher bleibt der Arzt in diesen Fällen strafbar und die Autonomie des Patienten wird geschützt. Puppe25 beanstandet auch, dass eine Strafbarkeit wegen Versuchs keine Option sei, da, wenn die subjektive Seite der Tat das genaue Spiegelbild der objektiven Seite im Kopf des Täters sei, es für die Straflosigkeit der Handlung ausreichen würde, ernsthaft darauf zu vertrauen, dass der Patient dem Eingriff hypothetisch zugestimmt hätte. Wenn man bedenkt, dass der hypothetische Wille des Patienten eine bloße Spekulation ist, die schwer zu beweisen ist, könnte sich der Arzt immer auf dieses Vertrauen berufen und Heileingriffe durchführen, ohne ordnungsgemäß aufzuklären. Die Möglichkeit, dass Ärzte stets fälschlicherweise behaupten könnten, sie hätten darauf vertraut, dass der Patient hypothetisch zugestimmt hätte, um eine Bestrafung wegen Versuchs zu vermeiden, ist freilich nicht völlig von der Hand zu weisen. Aber dies ist eine Annahme, die nur dann überzeugen würde, wenn sie von reellen Anhaltspunkten gestützt wird, nicht aber ein starkes normatives Argument, das dazu zwingen würde, die Rechtsfigur prinzipiell abzulehnen.26 Im Gegenteil, dieser Einwand schließt keineswegs aus, dass die Täuschung des Patienten zur Erlangung einer Einwilligung, bei anschließender Durchführung des Heileingriffs als Versuch einer Straftat gewertet werden kann, selbst wenn später nachgewiesen wird, dass er sie hypothetisch gegeben hätte. Die einzigen Fälle, in denen ein Versuch nicht von Anfang an unternommen würde, sind diejenigen, in denen der Arzt tatsächlich ernsthaft und ehrlich darauf vertraut hat, dass der Patient trotzdem zugestimmt hätte.27 Sollte dies der Fall sein, erscheint die Straffreiheit gerechtfertigt und in der Tat scheinen diese Fälle nebensächlich zu sein, da der Arzt, der den Patienten täuscht, kaum rational argumentieren kann, dass er darauf vertraut hat, dass der Patient auf jeden Fall dem Eingriff zugeTag, ZStW 127, 535. Zu dieser „Korrektur über die Versuchsstrafbarkeit“ Gaede, Limitiert akzessorisches Medizinstrafrecht, S. 42 ff. 24 Siehe Rönnau, JuS 2014, 883; Swoboda, ZIS 2013, 27. 25 Puppe, ZIS 6/2016, 369; dies., JR 2004, 471; dies., GA 2003, 770. Zustimmend Albrecht, Die „hypothetische Einwilligung“ im Strafrecht, S. 476 f.; Eldbauer, Die hypothetische Einwilligung, 2009, S. 438; Mitsch, JZ 2005, 284 f.; Roxin, medstra 2017, 134; Sowada NStZ 2012, 8; Sternberg-Lieben, FS Beulke, 304; ders, StV 2008, 193; Swoboda, ZIS 2013, 28; Wiesner, Die Hypothetische Einwilligung im Medizinstrafrecht, S. 123. Wohl auch Jäger, Zurechnung und Rechtfertigung, S. 26. 26 Zu Recht Rosenau FS Maiwald, 692 („Freilich ist das kein spezielles Problem dieser Figur“). 27 Mit anderen Worten: Fälle, in denen § 16 Abs. 1 StGB wirklich anwendbar ist. Dazu Böcker JZ 2005, 926. Zu Recht, aber nur in diesem eingeschränkten Sinne, Sternberg-Lieben, MedR 2019, 188, m.w.M.
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stimmt hätte. Man denke zum Beispiel an den so genannten Bohrer-Fall,28 bei dem einem Arzt beim Versuch, das Gelenk eines Patienten während einer Schulteroperation zu stabilisieren, die von ihm verwendete Bohrerspitze abbrach und im Knochen des Patienten stecken blieb. Außerdem belog er den Patienten über die Notwendigkeit, eine zweite Operation durchzuführen, um den Fehler verbergen zu können. Es wäre in diesen Fällen wohl relativ einfach, nachzuweisen,29 dass der Arzt nicht darauf vertraute, dass der Patient in den Eingriff einwilligen würde, und die Strafbarkeit wegen Versuchs unverändert bestehen zu lassen. Aus all diesen Gründen scheint der pauschale Verweis auf die Autonomie des Patienten nicht überzeugend.
III. Puppes spezifische (erkenntnistheoretische) Kritik Zusätzlich zu diesem allgemeinen Argument, das auf der Idee der Autonomie basiert, liefert Puppe30 eine spezifischere Kritik erkenntnistheoretischer Natur. Ihrer Ansicht nach kann niemand eine wahrheitsfähige Aussage darüber treffen, wie ein Dritter in einer Konfliktsituation entschieden hätte, die nicht tatsächlich von ihm durchdacht wurde. Insbesondere hätte jede Behauptung darüber, was in einer Situation getan worden wäre, die gar nicht aufgetreten sei, die logische Form eines irrealen Konditionalsatzes. Dies mache nur Sinn beim Paraphrasieren allgemeingültiger Gesetze, die nicht nur tatsächliche, sondern auch fiktive Ereignisse bestimmen müssten.31 Dies ist indes nichts Neues, sondern charakteristisch für ein Strafrecht, das, wie bereits erwähnt, die Relevanz hypothetischer Kausalverläufe in Gestalt verschiedener Rechtsfiguren anerkennt. Das entscheidende Problem in diesen Fällen sei jedoch damit verbunden, dass keine allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten menschlichen Verhaltens bekannt seien, geschweige denn, ob derartige Gesetze gültig wären oder nicht.32 Daher sei es nicht wahr, dass die tatsächliche Entscheidung des Patienten durch die Entscheidung ersetzt werde, die er tatsächlich, nur eben in einer alternativen hypothetischen Welt, getroffen hätte. Im Gegenteil, sie werde durch eine Behauptung ersetzt, die auf bloßen Annahmen beruhe. 28
BGH, NStZ 2004, 442. In jedem Fall handelt es sich um eine durch Fakten zu belegende Frage. Die Behauptung, dass diese Beweisprobleme der Versuchsstrafbarkeit aus kriminalpolitischer Sicht problematisch seien (so etwa Sowada NStZ 2012, 8), reicht daher nicht aus, um diese Rechtsfigur zu diskreditieren. Sich ebenso gegen das kriminalpolitische Argument wendend Hengstenberg, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 359. 30 Puppe, ZIS 6/2016, 367; dies., JR 2004, 470; dies, GA 2003, 769. Jüngst auch Kindhäuser/Hilgendorf, Strafgesetzbuch, Vor § 32 – 35 Rn. 65. 31 Puppe, ZIS 6/2016, 367; dies., JR 2004, 470. 32 Puppe, ZIS 6/2016, 367; dies., JR 2004, 470. Zustimmend Eisele, JA 2005, 254; Kindhäuser/Hilgendorf, Strafgesetzbuch, Vor § 32 – 35 Rn. 65; Otto, Jura 2004, 683 („Es gebe keine Methode, auszuschließen, dass der Patient auch bei vollständiger Aufklärung die tatsächlich durchgeführte Behandlungsmethode gewählt hätte“). Dazu auch Schlehofer, FS Puppe, 2011, 969. 29
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Dieser Position wird vorgeworfen, sich auf lebensferne Behauptungen der Rechtslogik und der Erkenntnistheorie zu stützen, die unserer alltäglichen Praxis widersprächen, solche Behauptungen aufzustellen. Zum Beispiel sagen wir oft, dass, wenn ein Fußballspieler X von seinem Verein eine Gehaltserhöhung erhalten hätte, er den Vertrag verlängert hätte, anstatt bei einer anderen Mannschaft zu unterschreiben.33 Auch im Strafrecht (z. B. im Bereich der Anstiftung oder der psychischen Beihilfe)34 weisen wir diesen Prognosen sogar eine gewisse Wahrscheinlichkeit zu, die auf dem Wissen um bestimmte relevante Umstände beruht, die die hypothetische Entscheidung beeinflussen würden. Puppe verwirft dieses Argument, indem sie darauf hinweist, dass im Strafrecht andere Wahrheitsmaßstäbe gelten sollten als in Gesprächen über Fußball. Sie behauptet weiter, dass, selbst wenn dieses Argument akzeptiert würde, es nicht für die Fälle hypothetischer Einwilligung des Patienten gelten dürfe.35 Insbesondere weist sie zu Recht auf Erfahrungen hin, die wir selber bisweilen machen und die zeigen, dass wir uns manchmal anders verhalten, als wir ursprünglich gedacht hätten (insbesondere in kritischen Lebenssituationen).36 Hinzu komme die Tatsache, dass, um die Frage zu beantworten, was der Patient getan hätte, wenn er richtig aufgeklärt worden wäre, eine enorme Menge fiktiver Umstände erfunden werden müsse. Je nachdem, wie verschiedene Begleitumstände fingiert werden (z. B. wie der Arzt die Erklärung durchgeführt hätte, in welchem Ton, in welchem Kontext usw.), werde es in der hypothetischen Welt mehr oder weniger plausibel sein, zu sagen, dass der Patient ohnehin in den Eingriff eingewilligt hätte. Und da man praktisch immer eine hypothetische Situation erdenken könnte, in die man hätte einwilligen können, würde man den Ärzten tatsächlich das Recht einräumen, dem Patienten ungestraft jeden lege artis Eingriff aufzuzwingen.37 Es ist klar, dass dieses erkenntnistheoretische Argument komplexer ist als das allgemeine Argument der Autonomie. Wenn es auf wenige Worten heruntergebrochen werden sollte, könnte man sagen, dass die Autonomie des Patienten verletzt wird, weil ihm in diesen Fällen ein hypothetischer erfundener Wille auferlegt wird basierend auf reinen Spekulationen über eine mögliche Welt, die wir aufgrund fehlender Informationen über die allgemeinen Gesetze, die das menschliche Verhalten bestimmen, nicht zuverlässig konstruieren können. Es geht nicht mehr darum zu sagen, dass der Richter seinen Willen dem des Patienten aufzwingt, sondern dass der Richter, da es ihm unmöglich ist, den Willen des Patienten zu bestimmen, weil er nur auf bloße Vermutungen zurückgreifen kann, am Ende einen Ad-hoc-Willen schafft: den des 33
Kuhlen, JR 2004, 228. Vgl. Beulke, medstra, 2/2015, 74; Hengstenberg, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 293 ff.; Rönnau, JuS 2014, 883; Sowada NStZ 2012, 6; Tag, ZStW 127, 538 f. 35 Puppe, ZIS 6/2016, 367; dies., JR 2004, 472. 36 Puppe, ZIS 6/2016, 368; dies., JR 2004, 470; dies., GA 2003, 769. Ebenso Duttge, FS Schroeder, 188; Otto, Jura 2004, 683; Sowada NStZ 2012, 6; Sternberg-Lieben, FS Beulke, 2015, 302; ders, StV 2008, 192; Swoboda, ZIS 2013, 29. 37 Puppe, ZIS 6/2016, 368; dies., GA 2003, 769. Ähnlich Sternberg-Lieben, FS Beulke, 2015, 302; ders, StV 2008, 192; Duttge, FS Schroeder, 188; Otto, Jura 2004, 683. 34
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Patienten in einer Konfliktsituation, die er nicht durchleben musste, zusammengereimt aus Begleitumständen.38 Das erkenntnistheoretische Argument hat den Vorteil, die Unzulänglichkeiten des Standardarguments auszugleichen, da es in adäquater und weitgehend überzeugender Weise darlegt, warum in diesen Fällen dem Patienten ein heteronomer Wille auferlegt wird. Es ist jedoch nicht entscheidend für eine kategorische Delegitimierung der Rechtsfigur der hypothetischen Einwilligung. Insbesondere wird das Argument dadurch gestützt, dass wir die allgemeinen Gesetze zur Verhaltensbestimmung nicht kennen oder dass es nicht möglich ist, zuverlässige Vorhersagen über das menschliche Verhalten in kritischen Kontexten zu treffen. Aber das ist etwas Empirisches,39 denn diese Position erkennt implizit an, dass es durchaus möglich wäre, den hypothetischen Willen des Patienten zu bestimmen, dass wir nur (noch) nicht wissen, wie wir es tun sollen. Dieses Zugeständnis zeigt sich deutlich daran, dass es für diese Meinung besonders problematisch ist, wenn der Patient nicht rechtzeitig über ein Risiko aufgeklärt wurde, das sich ex post im ärztlichen Eingriff realisiert, aber nach der Operation erklärt, dass er trotzdem eingewilligt hätte. Angesichts dieser Konstellation, in der der hypothetische Wille des Patienten durch die Aussage des Patienten selbst relativ zuverlässig ermittelt werden kann (unter der Annahme, dass er keinerlei Druck ausgesetzt ist und kognitive Verzerrungen, die in diese Situationen hineinspielen könnten, ausgeschlossen sind), bieten sich Kompromisslösungen, eine Strafbarkeit des Arztes zu vermeiden, wie z. B. die Möglichkeit einer für die Frage der Rechtswidrigkeit im Prinzip nicht relevanten40 nachträglichen Genehmigung41 des Patienten oder der Verweis auf Verfahrensregeln, die die praktische Bedeutung dieser Fälle einschränken würden.42 Dies zeigt, dass die erkenntnistheoretische Kritik an der Figur der hypothetischen Einwilligung auf der Basis des Grundsatzes der Patientenautonomie überzeugend, 38 Kindhäuser/Zimmermann, Strafrecht AT, § 19 Rn. 17; Otto/Albrecht, Jura 2010, 269 („bloße Fiktion“); Puppe, Strafrecht AT, § 11 Rn. 11; dies., ZIS 6/2016, 367 („reine Spekulation“). Wohl auch Paeffgen, Rudolphi-FS, 208 f.; NK-StGB/Paeffgen/Zabel, Vor §§ 32 ff. Rn. 168a; 168c. Nach Haas (GA 2015, 151) ist es aus normativer Sicht entscheidend, „dass eine derartige Rekonstruktion aufgrund der menschlichen Entscheidungsfreiheit eine bloße Mutmaßung bleibt, die trotz der vorrangigen Berücksichtigung der individuellen Präferenzen des Patienten diesem immer ein Stück Fremdbestimmung auferlegt“. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass dies aus der Perspektive der Entscheidungsfreiheit normativ maßgeblich sein soll und nicht allein das Erfinden einer Rechtsfigur, die von der Bestimmbarkeit menschlichen Verhaltens ausgeht (eine Schlussfolgerung, die Haas ausdrücklich [150] vermeiden will). Ausführlich zu dieser Frage der nächste Abschnitt. 39 Es geht nicht um ein Beweisproblem (Kindhäuser/Zimmermann, Strafrecht AT, § 19 Rn. 17; Puppe, JR 2004, 470; dies., GA 2003, 770; wohl auch Paeffgen, Rudolphi-FS, 208 f.; dazu Yamanaka, FS-Maiwald, 871 f.), aber nur deshalb, weil es an Methoden fehlt, menschliches Verhalten sicher vorherzusagen. Wenn eine wissenschaftliche Entdeckung aber einen diesbezüglichen Perspektivwechsel erzwingen würde, wäre es in der Tat ein Beweisproblem. 40 Eisele, JA 2005, 254; Puppe, ZIS 6/2016, 366; Tag, ZStW 127, 537. 41 Zabel, GA 2015, 233. Dazu NK-StGB/Paeffgen/Zabel, Vor §§ 32 ff. Rn. 168e. 42 Puppe, ZIS 6/2016, 366. Auch Paeffgen, Rudolphi-FS, 208.
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aber nicht kategorisch ist. Dieses erkenntnistheoretische Argument basiert letztlich auf Klugheitsgründen bzw. prudentiellen Gründen (im Gegensatz zu deontologischen Gründen)43 und gilt insofern nur bedingt: Wir können den hypothetischen Willen des Patienten (vielleicht mit Ausnahme der problematischen Fälle der Ex-postWillenserklärung des Patienten) immer noch nicht zuverlässig nachweisen. Eine Anerkennung der hypothetischen Einwilligung ist deshalb heutzutage mit Risiken verbunden – zumindest im Strafrecht. Es sprechen gute Gründe dafür, die Anwendung dieser Rechtsfigur derzeit abzulehnen. Sie scheinen jedoch keinen Einwand zu bedeuten, die hypothetische Einwilligung ohne Weiteres abzulehnen, zumindest solange nicht empirisch nachgewiesen ist, dass menschliches Verhalten nicht vorhergesehen werden kann. Aber wenn Richter in Zukunft in grundsätzlich ausreichender Weise zuverlässige Bestimmungen über den (hypothetischen) Willen des Patienten treffen könnten, wäre dieses Argument der Autonomie im Rahmen der Diskussion über die Legitimität der hypothetischen Einwilligung irrelevant.
IV. Freier Wille, kausaler Determinismus und hypothetische Einwilligung Wie gesehen vermag das erkenntnistheoretische Argument also weitgehend zu überzeugen. Mit Hinweis auf die Verletzung des Autonomierechts des Patienten durch die Rechtsfigur der hypothetischen Einwilligung scheint jedoch etwas Bedeutenderes anzuklingen als die aufschiebend bedingte Behauptung, dass wir heute nach dem Stand von Wissenschaft und Technik in der Regel nicht bestimmen könnten, was der hypothetische Wille des Patienten gewesen wäre. Es wäre deshalb im Ergebnis nicht angemessen, diesen Rechtfertigungsgrund bzw. dieses Kriterium der objektiven Zurechnung anzuerkennen. Im Gegenteil, hinter der intuitiven Annahme, dass eine Verletzung der Patientenautonomie stattfände, scheint sich die Notwendigkeit zu verbergen, den Blick von Klugheitsgründen abzuwenden und sich einem deontologischen Argument zu nähern. Das hieße, unabhängig vom aktuellen oder zukünftigen Stand von Wissenschaft und Technik wäre die hypothetische Einwilligung unzulässig, weil sie grundsätzlich gegen das Autonomierecht des Patienten verstößt. Der Versuch, ein solches Argument zu skizzieren, könnte wie folgt zusammengefasst werden. Die bloße Anerkennung der Möglichkeit, im Strafverfahren festzustellen, was der hypothetische Wille des Patienten gewesen wäre, impliziert die Annahme einer kausalen deterministischen Interpretation der Willensfreiheit. Wenn man nicht bereit ist, diese Position einzunehmen, dann wäre es eine praktikable Alternative, in jeder Ausübung der Autonomie ein unverursachtes, einzigartiges Ereignis zu sehen, das grundsätzlich nicht vorhergesagt werden kann. Das heißt man könnte von einem Konzept der Autonomie ausgehen, das auf einem Indeterminismus des freien 43 Zur diesem Gegensatz Mosayebi, Kant und Menschenrechte, S. 273; Pawlik, ZIS 2/ 2013, 79. Auch Greco, Lebendiges und Totes in Feuerbachs Straftheorie, S. 356 ff.
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Willens basiert, wie er von bestimmten kantischen Strömungen vertreten wird. Auf diese Weise wäre es möglich, die Rechtsfigur der hypothetischen Einwilligung kategorisch abzulehnen. Um diese Idee zu vertiefen, ist es notwendig, auf bestimmte Überlegungen zurückzugreifen, die der allgemeinen Argumentation zur Patientenautonomie entstammen. Wie bereits erwähnt, wird oft behauptet, dass es vor dem Hintergrund der Autonomie einen qualitativen Unterschied zwischen dem tatsächlich ausgedrückten Willen und dem hypothetischen Willen des Patienten gebe, der in einem Strafverfahren rekonstruiert wird. Es wurde auch festgestellt, dass diese Behauptung problematisch ist, weil einerseits der Rückgriff auf das, was in einer möglichen hypothetischen Welt geschehen wäre, genau derselbe ist, der in anderen Rechtsfiguren angewandt wird, die sich auf Hypothesen beziehen, wie z. B. beim rechtmäßigen Alternativverhalten, dessen Struktur derjenigen der hypothetischen Einwilligung vergleichbar ist. Und andererseits, weil das vermeintliche Auferlegen des Richterwillens gar nicht stattfindet, sondern der Richter eine Entscheidung treffen muss wie in jedem anderen Fall, in dem Hypothesen ins Spiel kommen. Daher bedarf dieses Argument einer Ergänzung, um zu erklären, warum es aus der Perspektive der Autonomie einen qualitativen Unterschied zwischen der tatsächlichen Einwilligung des Patienten und der hypothetischen Einwilligung gibt. Außerdem muss dieses Argument begründen, warum in diesen Fällen etwas anderes gelten sollte als das, was in anderen Fällen des hypothetischen Denkens im Strafrecht gilt. Es kann auch hilfreich sein, sich auf ein zentrales Merkmal der hypothetischen Einwilligung zu konzentrieren: Es wird davon ausgegangen, dass die freie Entscheidung des Patienten über einen medizinischen Heileingriff vorhergesagt werden kann und dass diese Vorhersage Auswirkungen auf die normative Analyse der Einwilligung haben sollte. Das heißt, es ist möglich, in einem Strafverfahren festzustellen, was der Inhalt eines Willensakts gewesen wäre, den der Patient in einer hypothetischen Welt gebildet hätte, in der er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre. Diese Feststellung ist entscheidend für die Strafbarkeit des Täters. Dies zeigt sich deutlich im erkenntnistheoretischen Argument gegen die hypothetische Einwilligung: Die Kritik konzentriert sich auf die Tatsache, dass die Anhänger dieser Rechtsfigur davon ausgehen, dass es allgemeine Gesetze oder praktische Kriterien für menschliches Verhalten gäbe, die es uns ermöglichten, die Entscheidung des Patienten in der hypothetisch möglichen Welt festzustellen, obgleich diese Gesetze oder Kriterien noch gar nicht existieren oder nicht valide sind. Man kann deshalb sagen, dass diejenigen, die das erkenntnistheoretische Argument der Autonomie formulieren, eine Idee mit den Anhängern der hypothetischen Einwilligung teilen: Beide Positionen akzeptieren eine deterministische Interpretation der Willensfreiheit. Genauer gesagt würden sie davon ausgehen, dass unsere Handlungen nicht frei sind, sondern außerhalb unserer Kontrolle liegen, da sie wie jedes andere Naturereignis im Universum kausal bestimmt sind. Genau aus diesem Grund könnten wir sie durch die Kenntnis der allgemeinen Gesetze oder durch praktische Regeln über das tägliche menschliche Verhalten vorhersagen.
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Puppe skizziert in einem kleinen Absatz die Grundlage nicht nur für die erkenntnistheoretische Kritik, sondern auch für das entscheidende deontologische Argument: „Wenn menschliche Entscheidungen frei, also in einem noch so bescheidenen Sinne nicht vollständig determiniert sind, so gibt es auch auf die Frage wie ein bestimmter Mensch sich entschieden hätte, wenn er vor eine Wahl gestellt worden wäre, vor die er in Wahrheit nicht gestellt worden ist, keine Antwort. Indem man annimmt, dass die Antwort auf eine solche Frage objektiv feststeht, behandelt man die betreffende Person als unfrei“.44 Aber warum ist es so, dass die Aussage, die Entscheidung einer Person sei vorhersehbar, gleichbedeutend damit ist, sie als unfrei zu betrachten, was zu einer Verletzung ihrer Autonomie führen würde? So taucht die klassische philosophische Debatte über Determinismus, Indeterminismus und Kompatibilismus45 wieder auf, deren Ausgangspunkt die Annahme eines kausalen Determinismus bildet. Im Prinzip führt dies dazu, dass niemand für sein Handeln verantwortlich gemacht werden könnte, dass also die strafrechtliche und moralische Verantwortung nichts anderes als eine Illusion wäre.46 In diesem Aufsatz wird nicht versucht, eine so anspruchsvolle Aufgabe zu bewältigen wie die, eine geeignete Idee zu liefern, um dieser grundlegenden philosophischen Debatte ein Ende zu setzen. Was man hier betonen kann, ist die Tatsache, dass, wenn wir von einem auf Indeterminismus basierenden Autonomiebegriff ausgehen, wie er aus bestimmten kantischen Strömungen abgeleitet werden kann,47 der Rückgriff auf eine Figur wie die hypothetische Einwilligung von Anfang an unzulässig wird. Wenn man bedenkt, dass Willensakte „unbewegte Beweger“ bzw. erste Ursache sind, d. h. ein vom Menschen und nicht durch ein anderes Ereignis verursachtes Ereignis,48 ist es widersprüchlich, einer Figur, die auf der Annahme beruht, dass solche Handlungen vorhergesagt werden können, normative Wirkung zuzusprechen. Letzteres ist eines der zentralen Merkmale der hypothetischen Einwilligung. Im Gegensatz zu anderen Fällen von Berufung auf eine hypothetische Argumentation, in denen nur bestimmte Umstände vorhergesagt werden müssen, aber menschliches Handeln relativ klar definiert ist (wie in Fällen rechtmäßigen alternativen Verhaltens), geht die Anerkennung 44
Puppe, JR 2004, 470. Siehe auch Puppe, GA 2003, 769. Hengstenberg (Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, 168), Merkel (JZ 2013, 976 f.) und Swoboda (ZIS 2013, 29) erkennen diese philosophische Verbindung ebenfalls. 46 Vgl. nur R. Dworkin, Justice for Hedgehogs, S. 219 ff.; Rivera López, Análisis Filosófico 20(1 – 2), 33 ff. Siehe hierzu auch den Beitrag von Spector in diesem Band. 47 Zu dem Zusammenhang zwischen der kantischen Moraltheorie und dem Problem des kausalen Determinismus Rivera López, Análisis Filosófico 20(1 – 2), 29 ff. Eine jüngere Verteidigung des Indeterminismus aus einer kantischen Perspektive findet sich in Kohl, Ethics 125(2), 331 ff. Natürlich ist die Frage, ob eine kantische Moraltheorie unbedingt den Indeterminismus akzeptieren muss, umstritten. Tatsächlich ist eine kompatibilistische Interpretation der Kantischen Texte weit verbreitet. So Bennett, Kant’s Dialectic, 1974, 211 ff.; Hill Jr., Dignity and Practical Reason in Kant’s Moral Theory, 135 ff.; Korsgaard, Creating a Kingdom of Ends, 231 ff.; Wood, Self and Nature in Kant’s Philosophy, 73 ff. 48 Chisholm, Free Will, 28 f.; Rivera López, Análisis Filosófico 20(1 – 2), 47 ff. Siehe auch Hruschka, ZStW 110, 585 f. 45
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der hypothetischen Einwilligung des Patienten Hand in Hand mit der Möglichkeit, eine Ausübung der Willensfreiheit vorherzusagen,49 und diese Annahme ist nur für diejenigen verständlich, die einen kausalen Determinismus geltend machen. Der Vorschlag könnte wie folgt zusammengefasst werden: Wenn das Autonomierecht des Patienten ein Recht auf Durchführung eines Willensakts ist, der als unverursachtes Ereignis nicht vorhergesagt werden kann (Indeterminismus), dann widerspricht die hypothetische Einwilligung notwendigerweise diesem Recht, indem sie die Möglichkeit voraussetzt, einen solchen Willensakt vorherzusagen (kausaler Determinismus). Natürlich ist es keine Detailfrage, ob man sich für einen Begriff robuster Autonomie einsetzt, wie er hier vorgeschlagen wird, oder nicht.50 Tatsächlich leidet der Rückgriff auf die kantischen Vorstellungen von Autonomie im Medizinstrafrecht unter schlechter Presse. Denn der vorherrschende Begriff der persönlichen Autonomie unterscheidet sich vom kantischen Begriff der moralischen Autonomie insofern, als er uns als freie Wesen erkennt,51 denen das universelle Moralgesetz als Ausübung der reinen praktischen Vernunft aufgezwungen werden kann.52 Nach dieser Auffassung ergeben sich die moralischen Gesetze, an die wir gebunden sind, aus unserer praktischen Vernunft oder unserem rationalen Willen, wobei nicht nur unsere individuellen Vorstellungen sondern die aller rationalen Personen berücksichtigt werden,53 was als zu eng und moralisierend kritisiert wird.54 Dies zeigt sich deutlich an dem Widerspruch, der, zumindest im Prinzip, zwischen dem kantischen Autonomiebegriff und verallgemeinerter Intuition (im positiven Recht verankert) in Sachen Sterbehilfe besteht.55 Wie bereits erwähnt, wird dieser Aufsatz nicht versuchen, diesen Streit beizulegen, sondern zumindest aufzeigen, wie wichtig diese grundlegende Diskussion für die Lösung spezifischer dogmatischer Probleme wie die hypothetische Einwilligung des Patienten ist. Mit anderen Worten erfordert die Lösung dieses dogmatischen Problems zumindest, wenn man es aus der Perspektive der Autonomie betrachtet, eine gründliche Analyse der philosophischen Grundlagen, auf denen die Diskussion beruht.
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Siehe dazu Puppe, GA 2003, 768 ff.; dies., JR 2004, 470; Saliger, FS Beulke, 2015, 266; Sowada NStZ 2012, 10; Sternberg-Lieben, MedR 2019, 186; ders., FS Beulke, 2015, 302; Wiesner, Die Hypothetische Einwilligung im Medizinstrafrecht, 2010, S. 115 f. Siehe auch Dehne-Niemann, ZStW 130, 1072 m.w.N. 50 Siehe Merkel, JZ 2013, 976 f. (gegen Indeterminismus). 51 Christman, Stanford Encyclopedia of Philosophy. Zum kantischen Autonomiebegriff auch Korsgaard, Creating a Kingdom of Ends, S. 124; Timmons, Moral Theory. An Introduction, S. 210. 52 Pawlik, Das Unrecht des Bürgers, S. 223. 53 Vgl. Childress/Beauchamp, Principles of Biomedical Ethics, S. 364; Waldron, Autonomy and the Challenges to Liberalism, 2005, S. 307. 54 Birnbacher, MedR 30, 562; Magnus, Patientenautonomie im Strafrecht, S. 41. 55 Siehe Pawlik, Das Unrecht des Bürgers, S. 223; Recht der Älteren, § 7 Rn. 4, mit mehrfachen Verweisen auf Autoren, die versuchen, einen kantischen Begriff von Autonomie und aktuelle moralische Vorstellungen von Sterbehilfe miteinander in Einklang zu bringen.
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V. Fazit Dieser Aufsatz hat versucht zu zeigen, dass die Kritik an der Rechtsfigur der hypothetischen Einwilligung, basierend auf dem vorherrschenden Begriff der Autonomie, nicht so durchschlagend ist, wie es auf den ersten Blick erscheint. Andererseits würde ein anspruchsvollerer Autonomiebegriff, der zur Zurückweisung von auf einem kausalen Determinismus beruhenden Rechtskonstruktionen verpflichtet, es ermöglichen, die hypothetische Einwilligung kategorisch abzulehnen. Die Frage, ob es sich lohnt, das traditionelle Verständnis von Autonomie in der Bioethik und im Medizinstrafrecht zu modifizieren, muss in weiteren Forschungsarbeiten behandelt werden, die sich auf die philosophischen Grundlagen des Autonomiebegriffs konzentrieren. Vielleicht kann der Jubilar, dem die Untiefen philosophischer Diskussionen nicht fremd sind, in Zukunft zu dieser Debatte beitragen. Literatur Albrecht, Andreas: Die „hypothetische Einwilligung“ im Strafrecht, Berlin 2010. Arzt, Günther/Weber, Ulrich/Heinrich, Bernd/Hilgendorf, Eric: Strafrecht. Besonderer Teil, 3. Auflage, Bielefeld 2015. Bennett, Jonathan: Kant’s Dialectic, London 1974. Beulke, Werner: Die hypothetische Einwilligung im Arztstrafrecht – Eine Zwischenbilanz, medstra 2 (2015), S. 67 – 76. Birnbacher, Dieter: Vulnerabilität und Patientenautonomie – Anmerkungen aus medizinethischer Sicht, MedR 30 (2012), S. 560 – 565. Böcker, Philipp: Die „hypothetische Einwilligung“ im Zivil- und Strafrecht, JZ 2005, S. 925 – 932. Childress, James/Beauchamp, Tom: Principles of Biomedical Ethics, 7. Auflage, Oxford 2013. Chisholm, Roderick: Human Freedom and the Self, in: Gary Watson (Hrsg.), Free Will, Oxford 1982, S. 24 – 35. Christman, John: Autonomy in Moral and Political Philosophy, Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2015, abrufbar unter https://plato.stanford.edu/entries/autonomy-moral/ [18. 01. 2020]. Dehne-Niemann, Jan: Trunkenheitsangepasste Fahrtgeschwindigkeit als sorgfaltsgemäßes Alternativverhalten und Kausalität der Sorgfaltswidrigkeit, ZStW 130 (2018), S. 1035 – 1086. Duttge, Gunnar: Die „hypothetische Einwilligung“ als Strafausschlussgrund: wegweisende Innovation oder Irrweg?, in Andreas Hoyer/Henning Ernst Müller/Michael Pawlik/Jürgen Wolter (Hrsg.), Festschrift für Friedrich-Christian Schroeder zum 70. Geburtstag, Heidelberg 2006, S. 179 – 196. Dworkin, Gerald: The Theory and Practice of Autonomy, Cambridge 1988. Dworkin, Ronald: Justice for Hedgehogs, Cambridge/Massachusetts 2011.
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El tratamiento jurídico penal de la injerencia en el código penal paraguayo Por Daniel H. Domínguez Henaín Para tener una clara representación de los alcances legales de la injerencia en el derecho penal paraguayo estimo necesario concentrar la atención en tres de sus disposiciones: la cláusula general de conversión y equivalencia contemplada en el art. 15; el tipo penal de la omisión de auxilio agravada del art. 117 inc. 2; y el delito de abandono de persona previsto en el art. 119. Transcribo a continuación solo la parte pertinente de cada una de ellas, que resulta de interés para el tema en tratamiento: […] Art. 15: OMISIÓN DE EVITAR UN RESULTADO. Al que omita impedir un resultado descrito en el tipo legal de un hecho punible de acción, se aplicará la sanción prevista para éste solo cuando: 1. Exista un mandato jurídico que obligue al omitente a impedir tal resultado; y 2. Este mandato tenga la finalidad de proteger el bien jurídico amenazado de manera tan específica y directa que la omisión resulte, generalmente, tan grave como la producción activa del resultado. […] Art. 117: OMISIÓN DE AUXILIO: 1.8 El que no salvare a otro de la muerte o de una lesión considerable, pudiendo hacerlo sin riesgo personal, será castigado con una pena privativa de libertad de hasta un año o con multa, cuando: 1. El omitente estuviere presente en el suceso; o 2. Cuando se le hubiere pedido su intervención en forma directa y personal. 2.8 Cuando el omitente, por una conducta antijurídica anterior, haya contribuido a que se produjera el riesgo, se aplicará una pena privativa de libertad de hasta dos años o multa. […] Art. 119. ABANDONO. 1.8 El que: 1. Expusiere a otro a una situación de desamparo; o 2. Se ausentara, dejando en situación de desamparo a quien esté bajo su guarda o a quien, independientemente del deber establecido por el art. 117, deba prestar amparo, y con dicha conducta pusiere en peligro su vida o integridad física, será castigado con pena privativa de libertad de hasta cinco años.
Al igual que el código penal alemán (StGB), el código penal paraguayo (CPP) no refiere en su cláusula de conversión (art. 15) a las posibles fuentes del mandato jurídico de impedir el resultado. Difiere, en cambio, del código penal español
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(CPE), que sí menciona a las tres fuentes formales de la posición de garante: ley, contrato e injerencia. Y se distancia del código alemán en lo que hace a la significación jurídica de la injerencia, aproximándose al español, al contener una expresa tipificación de la injerencia, mediante su configuración como un supuesto agravado de la omisión de auxilio, aunque de menor contenido de injusto que el correspondiente delito comisivo. La injerencia, como fuente del deber de actuar tendente a evitar un resultado, está abarcada en la llamada teoría formal de las fuentes del deber, como una subclase del accionar precedente, mientras que en la teoría funcional de las fuentes del deber está comprendida en la categoría del garante de control o aseguramiento, en la que, señala Kaufmann, “[…] la misión de protección del garante tiene por contenido el poner coto a la concreta fuente de peligros; solo secundariamente, como efecto reflejo, se deriva la garantía de aquellos bienes jurídicos amenazados por esta fuente de peligros”.1 Ahora bien, por mucho que haya constituido un avance la teoría de las funciones respecto a su antecesora, los problemas nucleares no han sido resueltos por esta concepción. Observa acertadamente Stratenwerth que: “[…] no se puede decir que con tal diferenciación funcional ya se haya dado el paso hacia una teoría material de las posiciones de garantía”. 2 Y en verdad ello es así.3 Al día de hoy no hay consenso respecto a los fundamentos materiales en base a los cuales poder decidir si determinado deber de actuar se limita a la simple prestación de auxilio o se exige más, esto es, una actuación tendente a la evitación del resultado típico y, en su caso, el porqué de tal diferencia. La inseguridad en el tratamiento de esta cuestión por parte de la doctrina más calificada es evidente. Prueba de ello son las dudas expresadas por Roxin respecto a la responsabilidad penal por el producto, al señalar: “[…] se discute si la misma puede incardinarse en una de las posiciones de garante de vigilancia tradicionales o bien puede suponer un tipo propio del deber de responsabilizarse del aseguramiento o una posición de garante de protección”.4 El texto transcripto es también demostrativo de que asiste razón a quienes cuestionan a la teoría de las funciones, en cuanto a que las categorías propuestas carecen de una base material que justifique la diferenciación, presentándose con frecuencia como intercambiables.5
1
Kaufmann, Dogmática de los delitos de omisión, p. 290. Stratenwerth, Derecho Penal. Parte General I, p. 460. 3 Véase también la crítica de Pawlik, La libertad institucionalizada, p. 186, para quien “[l] os representantes de esta teoría, se limitan mayormente, a constatar los —supuestamente— distintos contenidos de deber de ambas clases de posiciones de garante, pero en general dejan de lado la pregunta de a qué principios materiales se deben, previamente, esas constataciones”. 4 Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. II, p. 885. 5 Pawlik, La libertad, p. 185 ss., coincidiendo en la crítica con Jakobs. 2
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Esta imprecisión facilitó la expansión de las fuentes de garante, en muchos casos sin una razón que dé sustento a la decisión. En las últimas décadas, se intensificaron los esfuerzos en la ciencia penal por precisar los fundamentos materiales de las posiciones de garante para los delitos de omisión impropia. Sin pretensión de exhaustividad, he de ocuparme de algunas de las explicaciones que actualmente predominan sobre esta cuestión. Un sector de la doctrina, considera que la responsabilidad penal por injerencia tiene su fundamento en el deber general de no dañar a otro (neminem laedere). Se argumenta que la libertad reconocida y garantizada por el Estado a toda persona de organizar su vida y bienes conforme a su propia discrecionalidad conlleva como correlato el deber de responder por las consecuencias lesivas generadas a terceros a causa de una organización deficiente. El sinalagma: libertad de acción/responsabilidad por las consecuencias permite explicar, en el ámbito de la injerencia, los deberes —derivados de un determinado comportamiento previo— que tienen su manifestación externa en dos formas fenotípicamente diferentes: como deber de aseguramiento y como deber de salvamento. Sin embargo, ambos responden al mismo principio rector: neminem laedere. Este “deber negativo” de no dañar a otro exige para su cumplimiento que la persona estructure su ámbito de organización de forma no perjudicial para terceros. Para eso, no solo deberá adoptar los recaudos necesarios para que de su obrar no se proyecten riesgos por encima del jurídicamente permitido, sobre bienes jurídicos ajenos (deber de aseguramiento o vigilancia), sino que también, para el caso en que tal control haya sido deficiente, tiene la obligación de intervenir para neutralizar o “revocar un curso lesivo que ya ha penetrado en la organización ajena”6 (deber de salvamento). Corolario de estos postulados, es la afirmación de que la injerencia es apta para generar deberes de salvamento como garante, por lo que entonces responder el omitente por el resultado no evitado, a título de una omisión impropia. Destaca Roxin que la opinión preponderante en Alemania reconoce dos grandes grupos de posiciones de garante: 1) la asunción de una función de protección, y 2) el deber de vigilancia de fuentes de peligro. Y que los casos de injerencia se explican de manera plausible al ser una forma de manifestación de la posición de garantía por vigilancia de fuentes de peligro. Si bien reconoce que respecto de la injerencia “[…] tanto su existencia, como su fundamentación y su configuración en los detalles son exasperantemente discutidas”,7 lo fundamenta diciendo que “[…] la creación del peligro conlleva la obligación de prevenir sus consecuencias dañosas, graficándolo con un ejemplo: el conductor debe hacer lo posible por mantener bajo su control todos los peligros que se derivan de tal actividad: si él no hace eso y causa con ello un accidente de tránsito tiene que ser sancionado por un hecho imprudente. Si él ha lesionado a una persona a través del actuar precedente, resulta de su deber 6 7
Jakobs, Conferencias sobre temas penales, p. 49 – 86. Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. II, p. 899.
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de control el deber de evitar mayores daños o la muerte del herido. Pues si responde como autor por el peligro inicial (el accidente), se tiene que ser responsable, con mayor razón, de la evitación del resultado en caso de consecuencias posteriores y aumento del peligro que se creó mediante el accidente. No tendría ningún sentido hacer responsable penalmente a alguien solamente por el impulso y no por la evolución posterior evitable de un curso causal que lleva a la realización típica. En una frase: quien es responsable de la evitación de un curso causal lesivo de bienes jurídicos, tiene que ser responsable también en cada fase de su desarrollo”.8 Para esta posición doctrinal, el deber de salvamento emergente de una situación previa de injerencia no tiene su fundamento en un deber de solidaridad calificada para con la víctima,9 sino que: “[…] es materialmente un deber de aseguramiento, un deber negativo y no un deber de solidaridad con la víctima sino un deber de revocación de la usurpación de libertad ajena”.10 Si A, dueño de un rottweiler, no vigila adecuadamente a su animal y éste ataca y mata a un niño, deberá responder como autor de un homicidio, tanto si el niño muere en el acto por las mordeduras (por ser garante de control), como también, si luego de feroces mordeduras, el can deja de atacar al niño y A se aleja del lugar sin socorrer al menor. Si este fallece posteriormente por falta de oportuna atención, A debería responder como garante por injerencia, al no haber realizado la posterior conducta tendente al salvamento. Pero ambos, tanto el deber de control, como el deber de salvamento —se afirma— tienen su fundamento en un mismo principio: el deber de toda persona de no dañar a otra. Si bien esta es la posición ampliamente mayoritaria en Alemania, existe una corriente de pensamiento que pone en cuestión el postulado de que se puede responder penalmente como garante por injerencia. Ya Armin Kaufmann advertía respecto de la necesidad de separar el problema de la fundamentación del deber de impedir un resultado del correspondiente a la fundamentación subsiguiente de la equiparación de la omisión al delito comisivo:11 que alguien esté obligado a actuar no habilita a que se le impute el resultado no evitado por haberse substraído al cumplimiento de tal deber, ni que se lo sancione con la pena prevista para el delito en su forma comisiva. En esta posición —que algunos denominan de la anti injerencia— corresponde ubicar a Bernd Schünemann, para quien el dominio sobre un ámbito de peligro únicamente genera, deberes de aseguramiento y no de salvación.12 En virtud de ello, considera imprescindible encontrar un fundamento para legitimar el deber de salvamento en caso de injerencia. Considera que, al exigir la ley una equivalencia 8
Roxin, Injerencia e imputación objetiva, p. 63 – 164. Así lo considera el art. 117 inc. 2.8 CPP. 10 Jakobs, Conferencias sobre temas penales, p. 54 – 55. 11 Kaufmann, Dogmática de los delitos de omisión, p. 293. 12 Schünemann, Fundamentos y límites de los delitos de omisión impropia, p. 338. 9
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entre la no evitación del resultado y su producción comisiva, resulta imprescindible encontrar un fundamento lógico objetivo idéntico para la omisión en relación con la razón por la que se imputa el resultado típico en los delitos comisivos: tal sería el “dominio sobre el fundamento del resultado”, al ser éste en los delitos de acción el principio general en virtud del cual se puede imputar un resultado a una acción. En tal dominio encuentra la “directriz material de la equiparación”. Ahora bien, cuando se interroga si es posible hallar tal dominio sobre el fundamento del resultado en la omisión post injerencia, la respuesta de Schünemann es contundente: “desde el punto de vista rector del ‘dominio sobre el fundamento del resultado’, entre la comisión y la responsabilidad por injerencia no hay igualdad sino solo diversidad”.13 Y lo fundamenta destacando que: “el dominio del omitente reside, en los casos de injerencia, completamente en el pasado, no presentando por tanto […] la actualidad requerida dirigida al futuro. En el momento de la omisión, el omitente no se distingue de ninguna manera del quivis ex populo, pues ambos tienen simplemente el dominio potencial sobre el acontecer, caracterizado por la posibilidad de impedir. Mediante la acción previa, el que se injiere ha ‘despedido’ el curso causal de su ámbito de dominio (el propio cuerpo, el coche, la casa), perdiendo por tanto su dominio con infracción de los deberes de cuidados de ahí derivados, lo que […] fundamenta la imputación del resultado [….] Las fases subsiguientes del curso causal solo pueden imputarse a su esfera de dominio a través del acto desencadenante”.14 Para Schünemann, de la conducta peligrosa precedente solo pueden derivarse deberes de intervención equivalentes a los que pesan sobre la generalidad respecto de la prestación de un auxilio al que se encuentra en riesgo, que si no lo materializa podría configurar una omisión de socorro agravada, más grave que la simple omisión, pero menos grave que la omisión impropia. Esta concepción crítica de la injerencia, de la que participaron autores como Hans Welzel, Armin Kaufmann y Wolfgang Schöne,15 entre otros, ha tenido una gran influencia en la dogmática española —en especial por obra de Schünemann—, en la que, en base a distintos fundamentos, la doctrina dominante ha establecido restricciones a la injerencia para fundamentar la responsabilidad penal por omisión impropia. Este criterio se plasmó también en la ley penal española, que contempla a la omisión post-injerencia como un supuesto de omisión de auxilio agravado, al igual que en el CPP. El tratamiento jurídico penal de la injerencia en el CPP es consecuencia directa de esta posición. 13
Schünemann, Fundamentos y límites de los delitos de omisión impropia, p. 365. Schünemann, Fundamentos y límites de los delitos de omisión impropia, p. 364. 15 Schöne fue el principal artífice de la reforma penal en Paraguay. Su pensamiento puede consultarse en Schöne, Acerca del orden jurídico penal, donde se compilan diferentes trabajos del autor. Muy claro, además, en el prefacio al libro de su discípula Criscioni, ¿Estafa omisiva? 14
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I. Análisis dogmático de la regulación jurídica de la injerencia Una interpretación conglobada de los arts. 15, 117 y 119 permite evidenciar que la normativa penal paraguaya no considera a la omisión post injerencia como equivalente a la comisión, al haber configurado un tipo autónomo —omisión de auxilio agravado—, que no se encuentra abarcado por la cláusula de equiparación del art. 15 CPP. El art. 117 inc. 2, contiene en su materia de prohibición un claro caso de responsabilidad penal por injerencia. El supuesto fáctico allí contemplado corresponde a una estructura compleja, que se integra con una conducta antijurídica por parte de quien sería el autor y la posterior omisión por parte de éste de prestar el auxilio necesario a la víctima de la acción inicial. La pena prevista para tal omisión es claramente inferior a la que le habría de corresponder si se la considerara configurativa del delito de homicidio (doloso o culposo) o de lesiones graves (dolosas o culposas) en su modalidad de omisión impropia, por aplicación de la cláusula de conversión y equivalencia del art. 15. Y es también ligeramente superior a la correspondiente al delito de omisión de auxilio, contemplado en el inciso 1.8 del art. 117. Es decir que, en la legislación paraguaya, se ha tipificado expresamente lo que se denomina “delito de omisión de gravedad intermedia”, por constituir un injusto y culpabilidad mayor que el delito de pura omisión (omisión propia), pero menos grave que el correspondiente delito de omisión impropia. La decisión legislativa de no admitir la injerencia como fuente de la posición de garante de un delito de impropia omisión, es clara y contundente. No solo por su tipificación autónoma como delito en el libro segundo —principal razón que impide considerar a la omisión de evitar el resultado post injerencia, como equivalente a la forma comisiva—, sino además por excluir expresamente la posibilidad de configurar otros delitos próximos en su configuración, como ser el de abandono de persona previsto en el art. 119 inc. 1.8 CPP. El art. 119 inc. 1.8, al referir al círculo de posibles autores del delito de abandono de persona, delimita la autoría circunscribiéndola a aquellos que, al momento del hecho, han tenido a la víctima bajo su guarda o a quienes, teniendo el deber de prestarle amparo, la abandonan, lo que produce una puesta en peligro de su vida o integridad física. Pero excluye expresamente la posibilidad de considerar autor al simple omitente, al dejar en claro que el deber de amparo al que se refiere debe ser distinto al de prestar el auxilio: “independientemente del deber establecido por el art. 117”. Para una mejor percepción de las consecuencias jurídicas que emergen de la relación entre la cláusula de conversión del art. 15, el tipo penal de la omisión de auxilio agravada del art. 117 inc. 2.8 y el delito de abandono del art. 119 inc. 18 y su
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aplicación en los casos concretos, planteo a continuación un caso imaginario, para luego exponer mi opinión respecto de cómo se debería resolver conforme a la legislación paraguaya y hacer un parangón con la solución que correspondería dar si se aplicara al caso la legislación penal española o la alemana. Caso: El sujeto Z manipula imprudentemente su escopeta, lo que da lugar a un disparo que impacta en su compañero de cacería N. Al aproximarse y observar la gravedad de la lesión infligida a N, Z se aleja del lugar, abandonando a su suerte a su compañero, quien muere desangrado horas más tarde por falta de atención. Es un claro supuesto de responsabilidad penal por injerencia, que tiene distinta solución legal según las legislaciones de los mencionados países, dado que la acción inicial del disparo culposo de Z cuenta con una diferente consecuencia jurídicopenal en cada una de las referidas legislaciones. Si el caso se tuviera que resolver en base a la legislación penal paraguaya, habría que condenar a Z por el delito de homicidio culposo por la muerte de N, en concurso real con el delito de omisión de auxilio agravado, por la posterior falta de atención mientras N se encontraba con vida. En cuanto al no haber socorrido a N (trasladándolo a un centro asistencial, llamando al número de emergencias médicas o realizando cualquier otra acción que permitiera la adecuada y oportuna atención de N), aunque haya sido una omisión dolosa, no se le podría imputar a Z el resultado muerte, dado que para el CPP la injerencia no constituye una fuente de posición de garante. Tampoco se podría condenar a Z, por el delito de abandono de persona. En primer lugar, porque el delito de abandono está limitado a la provocación de un riesgo para la vida o la integridad física y no contempla la situación en que se produce la muerte de la persona abandonada. En segundo lugar —y esto es lo nuclear—, porque Z solo tenía el deber jurídico de prestar auxilio a N —en este caso un deber más intenso por haber sido Z quien le generó las lesiones a N a través de una conducta antijurídica anterior—, pero sin que existiera al momento del abandono el deber de prestar el amparo requerido por art. 119 inc. 1.8, dado que, como ya lo he expresado, el citado artículo lo excluye expresamente al decir: “… independientemente del deber establecido por el art. 117 …”. La solución que correspondería dar al caso conforme a la legislación española es menos clara, dado que el código penal español en el art. 11 —donde se contempla la cláusula de conversión y equivalencia— refiere expresamente a la injerencia como una de las fuentes de garante para los delitos de omisión impropia (denominados en España delitos de comisión por omisión), al prever como una de las causales de equiparación de la omisión a la acción el caso en que el omitente haya creado una ocasión de riesgo para el bien jurídicamente protegido mediante una acción u omisión precedente. Pero también contempla un tipo penal autónomo de omisión de auxilio agravado (art. 195 inc. 38) para los casos de no realización de la acción de salvamento post injerencia, similar al tipo penal del código paraguayo. La diferencia está en que el código español admite injerencia por un comportamiento
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anterior lícito. Y sanciona más severamente cuando la conducta precedente es imprudente. Si bien el tema es objeto de controversias, un importante sector doctrinal se inclina en la resolución de la omisión post injerencia por la aplicación del correspondiente delito culposo y, en lo que se refiere a la posterior no prestación dolosa del socorro, el delito de omisión de auxilio agravado del art. 195 inc. 3.8, en concurso real. Otros autores admiten —según las circunstancias— un homicidio doloso en su forma de comisión por omisión. Señala al respecto Dopico GómezAller, que la discusión es solo doctrinal, no jurisprudencial y que “[…] la única sentencia de ‘atropello y huida’ (‘hit-&-run’) en la que el Tribunal Supremo ha apreciado un homicidio doloso en comisión por omisión, derivando la responsabilidad del omitente de una conducta precedente peligrosa (injerencia), es la que se conoce como “el caso del cobertizo” (STS español del 21 de diciembre de 1977) al que le dedicara un comentario.16 En lo que respecta al derecho penal alemán, la doctrina y jurisprudencia mayoritaria, responderían condenando a N por el delito de homicidio doloroso en su forma de omisión impropia, con excepción de aquella corriente a la que ya he referido que excluye a la omisión post injerencia del catálogo de los delitos de omisión impropia, conforme a ciertos fundamentos materiales, o por considerar que no se da la equivalencia con la realización del tipo legal mediante un comportamiento activo, como lo requiere el § 13 StGB.17 En todo caso, el StGB le otorga al juez la facultad de aplicar una pena atenuada, conforme a lo dispuesto por el § 13 II StGB.
II. Aspecto objetivo del tipo legal del delito de omisión de auxilio calificado El tipo legal del delito de omisión de auxilio agravado, se integra con: a) Una conducta precedente que contribuye a que se produzca un riesgo de muerte o de lesión considerable para otro; b) la posterior omisión por parte del autor de la conducta riesgosa, quien se sustrae al deber de prestar el auxilio necesario a quien puso en peligro de muerte o de considerable lesión. Analizaré separadamente cada una de estas situaciones. 1. La conducta que precede a la omisión puede ser tanto una acción como una omisión —art. 14, inc. 1.8 punto 1 CPP, donde se define al término “conducta” como comprensivo de acciones y omisiones (interpretación auténtica)—.
16 Dopico Gómez-Aller, Caso del cobertizo, p. 239. Sostiene la misma solución Silva Sánchez, ADPCP 1988. 17 En especial, Schünemann, Fundamento y límites de los delitos de omisión impropia.
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2. La conducta anterior debe ser antijurídica, esto es, contraria a derecho. Es conocida la importante discusión doctrinal respecto a si el obrar precedente en la injerencia debe ser, necesariamente, contrario a derecho para que genere en el omitente una responsabilidad penal que exceda a la simple omisión de auxilio. Tal debate se ha suscitado en relación con la admisibilidad de una responsabilidad penal a título de omisión impropia, habiéndose manifestado la doctrina alemana mayoritaria por exigir la antijuridicidad del obrar precedente. El CPP toma partido por esta posición —aun cuando lo que se va a imputar no es el delito de homicidio o el de lesión grave en su forma de omisión impropia, sino solo el tipo calificado de omisión de auxilio—, al exigirse en el texto legal que el comportamiento precedente sea de carácter antijurídico (art. 177 inc. 2.8 CPP). Esta toma de posición plasmada en la ley se contrapone a una corriente de pensamiento que admite —aun cuando su consecuencia sea la de imputar a título de omisión impropia— la posibilidad de que por un comportamiento generador de un riesgo lícito se imponga a su autor el deber de intervenir para evitar consecuencias ulteriores, siempre que se trate de un “riesgo especial”, como lo serían, por ejemplo, el riesgo lícito en el tránsito vial,18 o la puesta en circulación de un producto para su uso por un número indeterminado de personas (ámbito de la responsabilidad penal por el producto). Se trata de riesgos particularmente elevados y que se entienden autorizados bajo la condición de que se realice la acción de salvamento si se produjera un riesgo concreto para la vida o la integridad corporal. Incluso si la ciencia mayoritaria en Alemania se decanta por la exigencia de requerir ilicitud en el obrar precedente, la admisión de excepciones por parte de la doctrina19 y la jurisprudencia, sumado a la interpretación que se realiza de la expresión “antijurídica”, permite afirmar que tal exigencia se encuentra relativizada.20 18 Considera Jakobs que el ámbito de la injerencia se reduce en demasía si se centra en comportamientos anteriores antijurídicos. Y agrega: “[…] el sinalagma libertad de comportamiento/responsabilidad por las consecuencias existe también respecto de formas de comportamiento que supongan un incremento de los riesgos normales de toda manifestación vital …”; considerando que la regla “quien origina un riesgo especial tiene que cargar también con deberes de salvamento”, es más acertada que la regla del comportamiento precedente antijurídico. Ello, en tanto la víctima se haya comportado conforme a sus propios deberes y haya adoptado las medidas de seguridad necesarias para su autoprotección, conforme, Jakobs, Sobre el estado de la teoría del delito, p. 138 – 140. En igual sentido, Sancinetti, Dogmática del hecho punible y la ley penal. También, Bacigalupo, Derecho Penal, p. 555 – 556. 19 Por todos, Claus Roxin (Derecho Penal. Parte General, t. II, p. 905 – 906; 917 – 918) quien enfatiza que una posición de garante derivada de un actuar precedente es aceptable, si —y solo si— la acción resulta imputable al causante, valiéndose para su determinación, de los criterios aportados por la teoría de la imputación objetiva. No obstante, páginas más adelante reconoce dos excepciones: acción precedente justificada por estado de necesidad y cuando desaparecen los presupuestos de la justificación en una acción previa justificada con efecto permanente. 20 Al respecto cabe recordar lo resuelto por el Tribunal Superior Federal alemán (BGH) en la causa del espray para cueros (Lederspray), en la que se condenó a los responsables de haber
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Señala Frister que el parámetro de la objetiva contrariedad al deber es interpretado en la jurisprudencia alemana de manera no uniforme. Un sector “considera suficiente con que según la situación de hecho efectivamente dada existiera un riesgo objetivamente antijurídico de que se causara el resultado independientemente de su conocibilidad”; mientras que el Tribunal Superior Federal, si bien coincide en la necesidad de que la conducta previa contenga un riesgo antijurídico de que se pudiera causar el resultado, requiere, además, que haya sido conocible para un tercero imaginado en la situación del agente. Frister se decide por considerar innecesaria la conocibilidad.21 Con la expresa exigencia de antijuridicidad de la conducta anterior, la ley paraguaya brinda una solución a la cuestión ampliamente debatida en doctrina sobre el tratamiento jurídico que corresponde dar cuando el riesgo que luego no se neutraliza procede de un obrar justificado por legítima defensa. En tal caso, si el agresor queda herido y no es asistido por quien le causó la lesión en una situación de defensa necesaria, y muere por falta de asistencia médica, tal muerte no podría imputársele al que se defendió legítimamente, por más que por pura venganza haya decidido dejarlo morir cuando ya no cabía posibilidad alguna de que se reiniciara la agresión. Conforme al CPP, solo respondería por simple omisión de auxilio (art. 117 inc. 1.8 CPP). Ninguna de las otras soluciones propuestas por la doctrina resulta de posible aplicación al caso. No se configura el delito de homicidio doloso en su forma de omisión impropia, por la ya reiterada razón de que la omisión post injerencia no es apta para generar deberes de salvamento, cuya omisión sea equivalente a la producción activa del resultado. Tampoco puede considerarse un caso de exceso en la legítima defensa —solución minoritaria—, dado que la regulación del exceso en los límites de una causa de justificación —contemplado en el CPP como una causa de exención de pena—, limita su aplicación a los casos en que el exceso sea consecuencia de una situación de confusión o terror, lo que no se dio en la hipótesis analizada. Finalmente, no puede subsumirse la conducta en el tipo de omisión de auxilio agravada (117 inc. 2.8 CPP), porque el accionar anterior del omitente no fue antijurídico, al haber obrado en legítima defensa. 3. La conducta antijurídica anterior debe haber contribuido a que se produjera el riesgo de ocasionar a otro la muerte o de provocarle una considerable lesión. Tal contribución a la producción del riesgo debe entenderse en un sentido imputativo y no es suficiente una simple vinculación causal. No basta con que coincidan en el suceso la conducta antijurídica y el riesgo de muerte o lesión hacia un tercero: aquélla debe haber incidido de manera determinante en el desencadenamiento o puesto en el mercado un producto que produjo en algunos usuarios afecciones respiratorias, con el argumento de que la puesta en circulación de los espray fue “objetivamente antijurídica”, sin dar relevancia a la falta de conocimiento inicial de la peligrosidad de la sustancia. 21 Frister, Derecho Penal, p. 439 – 444.
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aumento de tal peligro. Lo contrario daría lugar una respuesta versarista: a quien actúa antijurídicamente se le cargan en su haber todas las consecuencias derivadas causalmente (o casualmente) de aquel obrar contrario a derecho. Esto es, se habría filtrado el “versari in re illicita”. 4. Es suficiente con que la conducta anterior sea antijurídica; no es necesario que su autor sea culpable (reprochable en la terminología del CPP). No habría impedimento para responsabilizar por omisión de auxilio calificada a quien en estado de inimputabilidad, después de abundante consumo de alcohol, golpea duramente a su compañero de velada y luego se queda dormido, pero lo abandona sin socorrerlo al despertarse y tomar conciencia de lo que hizo. Si se acreditara que el tramo de comisión lo hizo en estado de ebriedad total y absoluta respondería por omisión de auxilio calificada y —según la posición que se adopte respecto a la embriaguez no pre-ordenada— solo por tal delito, o eventualmente también por lesiones, en concurso real.
III. Aspecto subjetivo de la conducta precedente La única discusión posible es sobre el componente subjetivo de la conducta precedente, no así respecto de la omisión, que necesariamente debe ser dolosa. Respecto de la conducta precedente, puede ser tanto dolosa como culposa. Si ambas —la precedente y la posterior omisión— son dolosas, o ambas culposas, la omisión post injerencia se entiende como un hecho co-penado. El caso problemático se da cuando falta la señalada congruencia. Así, si se tratara de una conducta precedente culposa y una omisión dolosa, respondería por un concurso real de delitos (homicidio culposo —o, según el caso, lesiones culposas— y omisión de auxilio doloso agravado). En cambio, si nos encontráramos ante una conducta dolosa inicial y una omisión culposa posterior, la respuesta sería distinta. Supongamos que, por ejemplo, quiero matar a mi enemigo, efectúo varios disparos y, por un error imputable, lo creo muerto y me alejo del lugar. Si sobrevive, la respuesta sería: tentativa acabada de homicidio, que en el CPP tiene la misma pena que el delito consumado. No se configuraría la omisión, por error de tipo que excluye al dolo.
IV. Posibilidad de otro encuadre jurídico y principio de legalidad ¿Siempre que se trate de un hecho que responda a la estructura de la injerencia —comisión y omisión en sucesión temporal—22 debe aplicarse el art. 117 22 Silva Sánchez, El Delito de omisión, donde bajo el título “Comisión y omisión en sucesión temporal” analiza distintos supuestos.
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inc. 2.8 CPP, o es posible dar un encuadre jurídico diferente —incluso más gravoso— sin afectar al principio de legalidad? No siempre que el hecho a juzgar presente la estructura comisión-omisión debe encuadrarse en el tipo de omisión de auxilio agravado. Solo un par de casos para graficar a lo que me estoy refiriendo. Caso 1: Raúl es contratado para servir la comida en una reunión de amigos. Decide envenenar al dueño de casa colocando un poderoso tóxico en la copa de vino de Antonio. Después de materializar su plan observa que Mario, hijo de Antonio, está por beber de la copa envenenada. Para no ser descubierto, decide guardar silencio, por lo que deja que Mario ingiera el veneno y muera intoxicado, a pesar de que podría haber impedido la muerte. En este caso, se presenta una conducta precedente que genera un riesgo para la vida de Mario y el autor, pudiendo neutralizar el peligro, decide dolosamente omitir la acción que impediría la muerte (advertirle de tal situación; tratar de retirar la copa con algún pretexto, para impedir la ingesta). La razón por la que no puede admitirse la subsunción en el delito de omisión de auxilio agravada es que Raúl, al momento de la omisión, tenía en sus manos la posibilidad real de evitar la afectación, por lo que se daba un dominio actual de la fuente de peligro. Los casos que representan omisiones de auxilio agravadas por injerencia son aquellos en los que el peligro que tenía que controlar ya salió del ámbito de dominio, lo que afecta la integridad de otro. Mientras mantenga el control del peligro, su omisión de neutralizarlo o controlarlo conlleva responsabilidad a título de omisión impropia. La particularidad del caso está dada en que respecto a Mario no hubo dolo de homicidio, por lo que se podría pensar en un caso de injerencia: culpa inicial, con dolo en la omisión. No obstante, es preciso tener presente que su condición de garante estaría dada en tener a su cargo una fuente de riesgo. Caso 2: Juan es el enfermero contratado para que cuide de la anciana María. Un día observa una reacción alérgica en María y se da cuenta que eso se debe a que preparó pescado al horno, tras olvidarse que María es alérgica al pescado. Para que no le responsabilicen por su mal proceder, no lleva a María a un centro asistencial, lo que le produce la muerte. El caso presenta una situación de concurso aparente de leyes, en el que concurren, por una parte, el deber de salvamento propio de su condición de garante por asunción voluntaria del cuidado de María y, por otra parte, el deber de auxilio por injerencia. Uno de estos genera responsabilidad penal por homicidio doloso en su modalidad de omisión impropia y, el otro, por omisión de auxilio agravada. Se resuelve por aplicación del principio de consunción, imputándosele al autor el delito más grave —homicidio—, que desplaza al menos grave —omisión de auxilio agravada—.
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No puedo ocuparme de todas las situaciones problemáticas.23 A título de advertencia incorporé dos casos en los que a pesar de presentar la estructura característica de la injerencia, por las razones expuestas se concluye en una imputación por omisión impropia.
V. Breve consideración axiológica respecto a la regulación penal de la injerencia en la legislación penal paraguaya Es evidente que la legislación penal paraguaya se enrola en la postura más restrictiva en cuanto a la aptitud de la injerencia para generar un deber cualificado de salvamento. Con relación a tal decisión, si bien tiene un importante aval en doctrina y jurisprudencia —particularmente en España— en lo que hace a la falta de equivalencia entre los casos omisión post injerencia y los delitos de omisión impropia, mi discrepancia no radica en la opción del CPP de contemplar a la injerencia bajo la forma de un delito de gravedad intermedia, sino en la equidistancia que se le ha dado en relación con los delitos de omisión impropia: Se optó por configurar una forma agravada de omisión de auxilio y, a mi parecer, debió contemplarse como una forma atenuada de los delitos de omisión impropia. El §13 II StGB, al dejar en manos del juzgador la posibilidad de aplicar una pena atenuada, se aproxima a lo que entiendo sería la mejor respuesta. En mi opinión, correspondería establecer para los casos de injerencia una escala penal atenuada, no facultativa, sino obligatoria, con el fin de respetar el principio de proporcionalidad, dado que falta una identidad en cuanto a la gravedad del injusto y de la culpabilidad. Considero necesario un amplio debate en la sociedad paraguaya sobre el tema abordado, para decidir si la decisión jurídica sobre la omisión post injerencia debe mantenerse tal cual está hoy plasmada en la ley, o si es necesaria una reforma legislativa que modifique la actual normativa. Este modesto aporte al libro de homenaje al profesor Dr. Dr. h.c. Marcelo A. Sancinetti, no logra expresar en su verdadera dimensión el profundo agradecimiento a su decisiva y desinteresada contribución al perfeccionamiento profesional y académico de los abogados de la región del NEA de la República Argentina. Mi eterna gratitud para quien fue y seguirá siendo un calificado referente de la ciencia penal contemporánea. 23 Puede presentarse problemática la solución que corresponde dar a casos de “Omisso in omitendo”; omisión por comisión; entre otros. Muy interesante el planteo de Dopico GomezAller, respecto a la propuesta de un tratamiento diferenciado de la omisión de aseguramiento de un foco de peligro respecto a la omisión de socorro a un sujeto desamparado, en Dopico Gómez-Aller, Libro Homenaje al Profesor Santiago Mir Puig, p. 542 y con mayor desarrollo en Dópico Gómez-Aller, Omisión e injerencia en Derecho Penal.
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La imputación subjetiva Por Edgardo Alberto Donna
I. Sobre el homenajeado El reconocimiento que se hace en este libro al Profesor Dr. Marcelo Sancinetti, tanto por su calidad de profesor, como por su obra reconocida en Argentina y en ámbitos internacionales. es un acto de equidad a un colega que ha prestigiado la ciencia del derecho penal.1 Brevemente he de decir que conocí al Profesor Sancinetti, cuando todavía era alumno, creo, en 1974, cuando concurrió a Mendoza a escuchar una serie de conferencias del Profesor Bacigalupo que habíamos organizado con vistas a la creación de la Facultad de Derecho de la Universidad Nacional de Cuyo. Luego, por esas coincidencias del destino, rendimos juntos un doble concurso para catedrático en la Facultad de Derecho de la Universidad de Buenos Aires en 1996 y más tarde la reválida. Y allí dejamos de encontrarnos en estas cuestiones de concursos académicos por la edad: llegué antes a los setenta años.
II. La imputación subjetiva. Introducción 1. Se trata en el presente estudio de analizar la imputación subjetiva, partiendo, siempre de conceptos desde los cuales se pueda, posteriormente, llegar a conclusiones en otros ámbitos de la dogmática, tanto penal, como procesal penal, que deben funcionar dentro de un sistema. La síntesis del pensamiento que se propone es que se debe exigir que la conciencia del injusto por parte de la persona deba ser actual.2 Kant lo había explicitado en su introducción a “Metafísica de las costumbres”, cuando afirmaba que “se considera al agente como autor del efecto, y éste, junto con la acción misma, pueden imputársele cuando se conoce previamente la ley en virtud de la cual pesa sobre ellos una obligación”.3 1 Debo decir que en el “Rechtsphilosophische Seminar Universität Bonn” en donde fueron profesores, entre otros, Graf zu Dohna, Welzel, Kaufmann, Jakobs y, hasta fin de septiembre de 2019, Zaczyk, se encuentran los libros, en alemán, del homenajeado. 2 Köhler, La imputación subjetiva, 82; Kaufmann, Das Unrechtsbewusstsein, p. 61 ss.; Schmidhäuser, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 6/16; 10/1; Jakobs, FS Rudolphi, p. 121 – 122; Otto, Manual de Derecho Penal, p. 317 ss. 3 Kant, Metafísica de las Costumbres, p. 223.
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Esta idea se relaciona con el concepto de culpabilidad, en sentido amplio —en la teoría del delito—, que tiene sustento constitucional y cuya síntesis fue dada por el Tribunal Constitucional Alemán, (BVerfG), al tener en cuenta al respecto a la dignidad humana (artículo 1.1 de la Ley Fundamental alemana (GG)), así como al principio del estado de derecho (artículo 20.3 de la Ley Fundamental).4 El BVerfG interpreta, en los fallos citados, el principio de culpabilidad como una expresión de la “responsabilidad individual del hombre”, basado en la autonomía de la persona y la protección de la dignidad humana, que se asiente en el concepto del ser humano como un ser ético, que está diseñado para autodeterminarse y desarrollarse en libertad. Por tanto, en la pena se debe alcanzar una retribución justa “por la realización de una conducta legalmente prohibida”.5 Si se acusa al autor de una falta de ético-social, esa reacción penal sería “incompatible con la garantía de la dignidad humana y el principio del estado de derecho sin el establecimiento de la responsabilidad individual”.6 El profesor de Bonn, Gärdin, en base a esas premisas, observa que de esos fallos se dan dos consecuencias que son pertinentes: por un lado, la cuestión debe resolverse de acuerdo con criterios de imputación que acrediten la responsabilidad material por el acto y asegure un mínimo de condiciones para fundamentar el reproche individual.7 Por otro lado, como reflexión procesal, se debe exigir que el tribunal se base en pruebas adecuadas a los requisitos reales dentro del proceso, sin las cuales no puede realizarse el principio material de la culpabilidad.8 Así pues, la valoración previa individual presupone la verdad material que exige procesos adecuados para ese fin.9 2. Con la posición que se da en el texto, se deja de lado, en primer lugar, la concepción del delito que viene desarrollándose desde principios de 1900. 4
Vease, Klaus, Schuld, p. 269 ss. Klaus, Schuld, p. 269 ss. 6 BVerfGE 133, 168, 140, 317, 344, citado por Gärditz, Schuld, p. 271; la Corte Suprema de Justicia de la Nación ha dado intentado dar un concepto, al decir: “Es principio fundamental de que solo puede ser reprimido quien sea culpable, es decir, aquel a quien la acción punible le pueda ser atribuida tanto objetiva como subjetivamente. (Fallos 289:336; 284: 42). Pero, sin sacar las consecuencias generales en los casos concretos. 7 BVerfG-K, Besch. v. 23. 9. 2014 – 2 BvR 2445/12, InfoAusIR 2015, 261, cit por Gärditz, Schuld, p. 270. 8 BVerfGE 133, 168, 140, 317, 344, cit por Gärditz, Schuld, 271. Similar, Appel, Verfassung und Strafe, p. 515 ss. 9 BVerfGE 133, 168, 197, todo en Gärditz, Schuld, p. 270. Obsérvese como los Códigos modernos, copiados del sistema adversarial de los Estados Unidos que lleva a los acuerdos, mediación, etc, deja de lado estas consideraciones. Semejante al antiguo sistema germánico bien representado en la ópera de Wagner Lohengrin. (véase, Donna, En Revista de Derecho Procesal Penal, Dir. Edgardo Donna, Rubinzal-Culzoni, 2018, I, Introducción). La síntesis la da Gärditz al decir que al no haber más la racionalidad -el postmodernismo la ataca- los procedimientos de racionalización aparecen para el llamado postmodernismo como ideologías para estabilizar relaciones concretas de gobierno bajo la tutela del Estado de Derecho-liberal. Los sujetos no serían más que interpretación constructiva de los discursos lingüísticos y las relaciones de poder detrás de ellos (ningún autor, detrás del hecho) (Gärditz, Schuld, p. 283). 5
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Brevemente, y como afirma Stubinger, el actual sistema “clásico” del delito, que fue desarrollado decisivamente por Frank von Liszt y Ernst Beling, los hechos de una infracción o el llamado injusto en su conjunto concentran todo lo objetivo, mientras que lo subjetivo queda en el marco de la culpabilidad.10 Una necesidad tan aguda de diferenciación estaba fundamentada en una referencia a las ciencias naturales. En este sentido, recuérdese que el sistema estaba fuertemente influenciado por estas, no solo en el tipo penal, que se reducía a la comprobación de un mero curso causal, sino que llevaba la cuestión al tema de la culpabilidad, que era una relación psicológica, pero entendida según la comprensión de la época: lo psíquico como algo físico.11 De modo que todo terminaba en la aplicación de medidas coercitivas fundamentadas en la peligrosidad.12 Además, todo este aparato conceptual influenció a la parte especial del derecho penal y a la interpretación de los tipos penales.13 3. En segundo lugar se deja de lado la teoría de la culpabilidad normativa —obra del neokantismo14—, que surge, en principio, con el trabajo de Frank de 1906,15 unido a la teleología objetiva de los valores y según la cual, en la versión de Welzel, la voluntad del autor es un mero objeto de valoración, mientras que el injusto se convierte en desvalor del acto “ético social”.16 Esta teoría etizante del injusto subjetivo vuelve sobre la teoría normativa de la culpabilidad, especialmente por obra de Armin Kaufmann, quien lleva a que la teoría del injusto no sea unitaria: por una parte, en referencia al dolo se “alude a una realización subjetiva real de la validez. Pero, por otra parte, se alude a la mera posibilidad de comprensión —cognoscibilidad subjetiva—, evitabilidad, reprochabilidad”;17 en consecuencia, se dio un concepto de culpabilidad y se la objetivó doblemente con la desaparición del autor por completo.18 4. Por último, se trata de dar un concepto de imputación subjetiva que tenga un contenido acorde al principio de que “no hay pena y su medida sin culpabilidad” y ello solo se logra cambiando el eje de la cuestión y sustentando el sistema en la
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Stubinger, FS Zaczyk, 263 ss. Véase, Koch, Zeitchrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 131 (2019). 12 Köhler, Sobre el estado de la teoría del delito, p. 78 ss. 13 Claro en este aspecto, Jakobs, Nötigung. 14 Ziemann, Neukantianisches Strafrechtsdenken. El texto es importante a los fines de estudiar este pensamiento que marcó al Derecho Penal y de manera importante: solo para nombrar a algunas figuras, además de Lask, Rickert, Windelband, se puede citar a Radbruch, Max Ernst Mayer, Grünhut, Mezger, Binding, entre otros. 15 Frank, La estructura del concepto de normatividad; Goldschmidt, La concepción normativa de la culpabilidad. 16 Köhler, Sobre el estado de la teoría del delito, p. 78. 17 Köhler, Sobre el estado de la teoría del delito, p. 79. 18 Kohler, FS Hirsch, 78. 11
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persona autónoma.19 Esto trae consecuencias, una de las cuales se analiza en este trabajo.20
III. La imputación según el concepto jurídico de la libertad21 1. Kant había definido la imputación afirmando que “la imputación (imputatio) en sentido moral es el juicio en virtud del cual alguien es considerado como autor (causa libera) de una conducta, que desde ese momento se denomina hecho (factum) y que se halla bajo la ley”.22 Desde esa definición se puede afirmar que la imputación (penal) se basa en la acción del sujeto que tiene como fundamento la razón de la persona autónoma que comprende las reglas existentes que la regulan (a la acción) con significación normativa.23 Ritter expresa en este sentido que “se afirma con el punto de vista kantiano de la moralidad —es decir, de la persona— que el derecho abarca solo la esfera de la libertad externa, y es en sí y para sí la personalidad en su subjetividad interior y por ende la libertad establecida que reconoce la ley, que es la ‘libertad de la voluntad subjetiva’”24. De este modo, la imputación se basa en una relación reflexiva del sujeto sobre la norma objetiva o, más aún, la co-constitución concreta en la ejecución de la acción. Y agrega Köhler que este requisito previo de la imputación subjetiva que marca tanto el mérito como el demerito y la sanción, ha sido una propiedad común europea-occidental desde Aristóteles hasta la fecha.25 Sobre este concepto se da el fundamento a la imputación subjetiva, que se comprende mejor si se acude a la segunda parte de la Filosofía del Derecho de Hegel, esto es, a la moralidad (Moralität).26 En lo que hace a nuestro problema, entonces, la eticidad (Sittlichkeit) contiene a la moralidad y ello da la base de la 19
Köhler, Die bewusste Fahrlässigkeit, p. 133 ss.; Zaczyk, Das Unrecht der versuchten Tat, p. 128 ss; Donna, Persona y Derecho, p. 79 ss; Pawlik, Das Unrecht des Bürgers, p. 141 ss. En distinto sentido, Jakobs, Strafrechtswissenschaftliche Beiträge, p. 250 ss.; Ritter, Materialien zu Hegels Rechtsphilosophie, p. 217. 20 Kant, Metaphysik der Sitten, Einleitung IV (Akademische Aufgabe, vol. VI, § A-D; Hegel, Filosofía del Derecho, en especial la parte de la Moralidad. 21 Además de los autores citados en concreto veáse: Kahlo, Die Handlungsform der Unterlassung als Kriminaldelikt, p. 176 ss; Gierke, Der Zusammenhang von Freiheit, Sicherheit und Strafe im Recht, p. 248 ss. 22 Kant, Metaphysik der Sitten, Einleitung IV, p. 227. 23 Köhler, FS Hirsch, 65, con cita expresa de Kant, Metaphysik der Sitten, p. 227. 24 Ritter, Materialien zu Hegels Rechtsphilosophie, p. 217. 25 Ross, cuando comenta la Ética a Nicómaco, afirma que “los hombres son elogiados o vituperados solo por sus acciones voluntarias (Ross, Aristóteles). 26 Interesante desde otra perspectiva, el análisis de Jakobs sobre la Moralität en Hegel. Véase Jakobs Schuld.
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imputación subjetiva.27 “Esto significa que el movimiento —dialectico— de la voluntad y su realización, como la conciencia del acto y su oposición al derecho, al cual contradice, aparece como una realidad externa, pero, y acá está la cuestión, es al mismo tiempo una con ella. De este modo, la acción que aumenta el riesgo y su resultado le pertenece al autor como propio. Es por ello que la expresión de esta unidad de la voluntad consigo misma, en su acto, hace posible la imputación subjetiva, ya que la persona no puede negar sus obras, que le pertenecen a su voluntad como su propia realidad.28 Pues bien, esta idea aparece de una manera explícita en el § 124 de la Filosofía del Derecho de Hegel: “El sujeto [afirma Hegel] es la serie de sus acciones. Si esta es una serie de producciones sin valor, también carecerá de valor la subjetividad del querer; si, por el contrario, la serie de sus hechos es de naturaleza sustancial, también lo será la voluntad interna del individuo”. Y en la observación del parágrafo, dice Hegel: “El derecho de la particularidad del sujeto a encontrarse satisfecho, o, lo que es lo mismo, el derecho de la libertad subjetiva constituye el punto central y de transición en la diferencia entre la antigüedad y la época moderna”.29 En consecuencia, el hombre no puede negar sus obras. Estas pertenecen a su voluntad como su propia realidad. 2. El delito30 debe ser visto como la violación de la relación jurídica externa de la libertad jurídica de una persona. Por eso, el injusto excluye una visión meramente subjetiva y eticista del delito.31 El autor del hecho penal, como persona racionallibre, establece, a través del injusto. la afirmación de la generalización de su principio de acción, pero ello es precisamente incompatible con la libertad general. En este sentido, el injusto penal es un proceso frustrado de autodeterminación jurídica. El sujeto, en este caso, reconoce la generalidad, que también por su voluntad es general, pero quiere lo que tiene de particular sabiendo que contradice lo general. Su voluntad quiere imponerse a los otros, manifiesta su capacidad de razonar precisamente en la voluntad que apuesta a su propia exaltación del injusto32 y pretende convertirse en voluntad general. Se debe afirmar que la imputación subjetiva tiene su propia independencia y justificación en el derecho penal. En este punto, es importante analizar que al ser la autodeterminación- autonomía33 constitutiva del derecho —es decir, la persona no es un mero sujeto pasivo de esta relación—, entonces, el delito es la negación 27 Sobre este punto, Larenz, Hegels Zurechnungslehre. En igual sentido, Hermann, Ist Systematische Philosophie möglich?, p. 35 ss., en especial, p. 42 ss. 28 Hegel, Principios de la Filosofía del Derecho, § 124. En la dialéctica ninguna de las oposiciones y la conclusión son fijas, ni ésta última es un compromiso entre las antinomias, manera que no se relacionan entre si, como opuestos fijos o firmes, sino que los opuestos se exigen entre si, no hay pensamiento sin oposición, y la conclusión los incluye en un todo. 29 Hegel, Principios de la Filosofía del Derecho, § 124. 30 Köhler, FS Hirsch, 65 ss. 31 Köhler, FS Hirsch, 68; Ritter, Materialien zu Hegels Rechtsphilosophie, p. 217. 32 Gierke, Der Zusammenhang von Freheit, Sicherheit und Strafe im Recht, p. 255. 33 Zaczyk, Das Unrecht der versuchten Tat, p. 37 ss.
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fundamental del derecho o, en palabras de Hegel, “la lesión del derecho en cuanto derecho”.34 Negación que se realiza a través de la validez general negativa de la relación interpersonal determinada por la decisión subjetiva.35 El delito es pues, de la misma manera, una ruptura objetiva- subjetiva de esa relación jurídica. La imputación subjetiva en la relación jurídica concreta se convierte en un requisito previo relativamente independiente, bajo el principio de libertad.36 Esto fue explicitado por Hegel, cuando afirmaba la nulidad en sí misma del delito.37 Es más, “lo nulo es haber eliminado el derecho en cuanto derecho”,38 aunque no lo logre. El delito es, entonces, una violación igualmente objetiva y subjetiva de la relación jurídica especificada.
IV. La imputación subjetiva propiamente dicha39 1. Como se ha visto, entonces, la imputación subjetiva es, conceptualmente, un requisito esencial de la imputación. La autonomía de la persona exige que se la tenga en cuenta, pero no de manera natural, en el sentido de que la afirmación de los valores y las normas se dan simplemente como dadas.40 Este es un punto esencial del tema de la imputación subjetiva, ya que en la complejidad de las relaciones jurídicas en el mundo moderno, el cumplimiento subjetivo, la aceptación por parte de la persona de la validez de las reglas, debe ser reconocido como un logro individual de la razón. Esto ya lleva el tema al ámbito normativo.41 Por ende, si ya en el concepto de imputación la persona aparece como esencial, lo es más en el tema de la imputación subjetiva.42 Este sistema, que es producto de la libertad de la persona, como afirma Krings, se da a través de las condiciones que tiene la propia existencia.43 Por ende, en el sistema, el propósito es organizar un hecho como posibilidad de libertad real.44 Esta afirmación general se manifiesta en el sistema del derecho: en la medida en que la libertad se establece en relación con otras libertades, el sistema jurídico es la condición para que existan estas relaciones.45 En 34
Hegel, Principios de la Filosofía del Derecho, § 97. Köhler, FS Hirsch, 68. 36 Köhler, FS Hirsch, 68. 37 Hegel, Principios de la Filosofía del Derecho, § 97. 38 Hegel, Principios de la Filosofía del Derecho, agregados al § 97. 39 Además de los autores citados, puede verse, Hübner, Die Entwiklung der objektiven Zurechnung, p. 46 ss; Hettinger, FS Spendel, 245. 40 Köhler, Strafrecht AT, p. 420. 41 Köhler, FS Hirsch, 76 ss. 42 Sobre el desarrollo del concepto de libertad en Kant, vease, Ludwig, Kant-Studien. Philosophische Zeitschrift der Kant-Gesellschaft 109 (2018), 68 ss. 43 Krings, Ist Systematische Philosophie möglich, p. 40 – 41. 44 Krings, Ist Systematische Philosophie möglich, p. 41. 45 Krings, Ist Systematische Philosophie möglich, p. 42. 35
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consecuencia, si el sistema es producto de la libertad, deben hacerse explícitas las dificultades, porque vale decir, la libertad no es incondicional. Pero, dialécticamente, al mismo tiempo el concepto de libertad es incondicionado y de allí la primera contradicción. Esto significa que el sistema debe ser establecido, como se dijo supra, sobre la base de la autonomía de la persona. Esta autonomía expresa, en palabras de Krings, la contradicción del yo —no psicológico— y la ley incondicionada, que es la que posibilita la libertad.46 La ley, dentro del sistema, es una relación necesaria en la medida en que es la razón la que proporciona la ley y que debe ajustarse a ella como razón. En consecuencia, la autonomía y el sistema son conceptos correlativos.47 Siguiendo este razonamiento, es necesaria la convergencia entre las instituciones liberales y las normas jurídicas, la construcción de la autonomía práctico-jurídica y la formación de actitudes de la persona.48 Esto es, el reconocimiento del otro como persona, que es el fundamento del derecho y, a su vez, la esencia del delito, cuando ese reconocimiento es negado.49 Sin embargo, este “no reconocimiento” puede carecer de razones subjetivas- normativas no imputables al autor,50 como el error, y, más precisamente, el llamado error de prohibición. Este razonamiento justifica la independencia de la imputación subjetiva, basada en el concepto de libertad.51 Solo se debe agregar que Hegel en la Moralidad y, en especial, en el Capítulo I, “El propósito y la responsabilidad”, trabaja esto dialécticamente al enfrentar la subjetividad con la objetividad (§ 132). En ese orden de ideas, en el § 117 es que se puede hablar del “derecho a la subjetividad”.52 Este parágrafo debe complementarse con el § 118, en el que Hegel establece los límites de la imputación —al dolo—, en lo que acá interesa.53 La claridad de la reflexión es evidente, en el sentido que la imputación a la persona solo debe limitarse a su dolo y a su comprensión. Desde esta perspectiva, Köhler afirma “el dolo del hecho es la voluntad práctica de realización y validez con relación al tipo concreto de lesión: 46
Krings, Ist Systematische Philosophie möglich, p. 43. Krings, Ist Systematische Philosophie möglich, p. 43. 48 Köhler, FS Hirsch, 78 ss. 49 Zaczyk, Strafrecht und Gesellschaft, p. 65 ss. Donna, Persona y Derecho, p. 96 ss; Pawlik, Das Unrecht des Bürgers, p. 141 ss.; Ritter, Materialien zu Hegels Rechtsphilosophie, p. 217; En distinto sentido, pero con análogas consecuencias, Jakobs, Strafrechtswissenschafliche Beiträge, p. 250 ss. 50 Köhler, FS Hirsch, 79. 51 Köhler, FS Hirsch,79. 52 Hegel, Principios de la Filosofía del Derecho, § 117, 105. “El derecho de la voluntad es reconocer solo lo que su acción, en su acto, y, solo es culpable de lo que él sabe de los requisitos previos a su propósito. El acto solo puede ser imputado a la culpabilidad de la voluntad: éste es derecho del conocimiento”. Desde otra perspectiva, pero con textos de Hegel, Jakobs, Schuld, p. 111 ss. 53 Hegel, Principios de la Filosofía del Derecho, § 118, 105: ”El derecho de la voluntad es reconocer solo lo que su acción, en su acto, y, solo es culpable de lo que él sabe de los requisitos previos a su propósito. El acto solo puede ser imputado a la culpabilidad de la voluntad: éste es derecho del conocimiento”; ver además §§ 115,117, 117, 120, 132. 47
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del mismo modo, requiere una voluntad del injusto, que radica en la concreta comprensión de la norma por el autor”. Luego, señala con razón Köhler que se trata de “la voluntad en contra un deber (ético) moral reconocido”, por lo que insiste en que la responsabilidad penal presupone la negación consciente de la norma.54 Esta afirmación es importante y da lugar, como consecuencia obvia, a que, además de lo dicho, quede fuera del sistema penal la imprudencia inconsciente.55 La consecuencia que se sigue no es difícil de deducir: el conocimiento de la ilicitud del acto debe ser actual. Posteriormente, se debe reconocer esta actualidad del conocimiento. Es que la teoría normativa de la culpabilidad, que acepta el error de prohibición evitable, de acuerdo con una medida objetiva, la reprochabilidad —palabra traída al mundo jurídico-penal por Frank—, reemplaza a la imputación subjetiva. Luego, la crítica desde la teoría del dolo, que se había hecho en su momento, está más que justificada.56 El principio del derecho liberal da lugar a un concepto de delito como acto, que debe contener una negación objetivamente grave y subjetivamente atribuible de la relación jurídica del reconocimiento.57 Y esta negación del otro como otro debe, por lo menos desde esta perspectiva, integrar el dolo. “Se ha de dar por supuesto, en cambio, que el autor sitúe, para sí, con un juicio afirmativo de validez, el resultado mismo de la lesión descripta en el tipo. En el dolo subyace un establecimiento de la relación interpersonal. No se trata solo de imputar un curso empírico de sucesos, sino del subjetivo deber-ser de la lesión personal”.58 Este concepto es jurídico, no es natural —el dolo “natural”—. El mero conocimiento de hechos, cursos causales e incluso de aumentos de riesgo carece de lógica dentro de este esquema59 y, más aun, se torna peligroso en manos de la jurisprudencia cuando se refiere a “conocer meros hechos causales” sujetos a la calificación circunstancial del juzgador. En el caso del homicidio (art. 79 CP argentino), por ejemplo, el acto de matar exige que el autor sepa que es otra persona, pero, además, que la está desconociendo como tal y, por
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La cursiva es nuestra. Köhler, Die bewusste Fahrlässigkeit, p. 373. En igual sentido Schmidhäuser, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 6/16, 10/1; Kaufmann, Das Unrechtsbewusstsein, p. 61 y ss. 56 Si el dolo debe estar en el injusto o en la culpabilidad no es tema de este trabajo. 57 Köhler, FS Hirsch, 80 – 81. 58 Köhler, Sobre el estado de la teoría del delito, p. 86. 59 Afirma Schmidhäuser que no solo la conciencia del hecho puede ser insegura, sino también la del ilícito. Por ende, se debe exigir en el hecho doloso la conciencia del injusto y mantener el dolo en la culpabilidad. Solo así se puede afirmar que tanto la conciencia del hecho como la de la ilicitud sean actuales. La actualidad significa que, lo actual (del hecho y) de la conciencia del injusto constituye el término de lo doloso, por lo que ningún autor puede ser castigado sin la conciencia actual del injusto por el hecho doloso. El juicio de culpabilidad evalúa una situación de hecho y conciencia definida con precisión bajo un aspecto muy específico: se trata -con la culpabilidad del dolo- de una violación consciente y concreta de la norma y, por lo tanto, de un valor independiente de la opinión (Schmidhäuser, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 6/16; 10/1). 55
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ende, que lesiona al derecho como derecho.60 Jakobs —con un fundamento distinto— razona de forma análoga en el sentido de afirmar que las características de “ser humano”, en el homicidio, deben interpretarse como características normativas. Y da el ejemplo del esclavo en Roma que nos sirve para comprender el problema: la persona, para la legislación romana, no incluía al esclavo, de manera tal que quien matara a un esclavo podría cometer otro delito, pero no un homicidio.61 El ejemplo del hurto y en general en los delitos contra la propiedad, así como los delitos de omisión impropia, avalan esta posición.62 Como este punto ya entra en la llamada por Hegel Sittlichkeit, la persona debe ser tenida en cuenta con su formación, educación y posibilidad real de comprensión de la norma. Y, sin perjuicio de la sanción al autor por el hecho típico, la sociedad debe tener su coste en este problema, si poco ha hecho por esa persona. De allí la racionalidad de las penas y su medida en relación con la culpabilidad en sentido amplio y no con la prevención.63
V. A modo de síntesis Si bien de manera esquemática, dentro de los límites de este reconocimiento academico, hemos intentado analizar la imputación subjetiva y las consecuencias que ello tiene cuando se trata el tema desde la perspectiva de la autonomía de la persona, dejando de lado seriamente las ideas naturalistas y psicologistas que impregnan el derecho penal actual.64 Así, el autor, como persona, debe actuar con consciencia actual del injusto, esto es, con desconocimiento de otra persona y su ámbito de libertad. Esto exige un sistema penal que así lo amerite y respete al autor como persona y su culpabilidad —en sentido amplio—, tanto en la imputación como en la pena y su medida. Y, además, un procedimiento penal que pruebe esa culpabilidad, esa decisión en contra del “derecho como derecho”. Luego, un proceso penal que escamotee este principio es violatorio del principio de culpabilidad. Los acuerdos en los juicios penales, extraídos más por miedo que por convicción, la mediación con personas que se presumen inocentes, las confesiones a cambio de premios en el juicio penal, el proceso copiado de los 60
Köhler, Recht und Gerechtigkeit, p. 265 ss. Debe recordarse la crítica de Hegel, a la esclavitud, en su RPh, agregado al § 66 “Radica en la naturaleza de la cosa que el esclavo tiene el derecho absoluto de hacerse libre. Desde esta perspectiva la rebelión de Spartacus como esclavo, sería justificada. 62 Jakobs, Schuld, p. 114 – 115. 63 Cuando se deja de lado la culpabilidad y su relación con la pena, rigen, entonces los fines de la pena y la desproporción de éstas, tal como el postmodernismo lo ha hace en el presente tanto en las sentencias ejemplificadoras desproporcionadas tanto de la culpabilidad, como de la relación con otros delitos, y en los proyectos de reformas penales. Todo ello olvidando lo dicho por Hegel en el § 97 de la Filosofía del Derecho, en su ejemplo del palo y el perro. 64 Claras en autores argentinos, como Soler, Derecho Penal argentino. Parte General, § 34 II 1. 61
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Zur Begründung der Notwehr im deutschen Strafrecht: überindividualistisch, dualistisch oder individualistisch? Von Armin Engländer
I. Einleitung Das deutsche Notwehrrecht räumt dem Verteidiger eine – auch im internationalen Vergleich – sehr weitreichende Verteidigungsbefugnis ein. Jede Verletzung des Angreifers, die erforderlich ist, um den von ihm ausgehenden gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff abzuwenden, gilt gemäß § 32 StGB1 prinzipiell als gerechtfertigt. Die Erforderlichkeit fehlt nur dann, wenn der Verteidiger noch eine weitere Handlungsoption besitzt, mit der er den Angriff ebenso sicher abwehren könnte, die aber den Angreifer weniger schädigen würde. Eine darüber hinausgehende Einschränkung durch Gesichtspunkte der Verhältnismäßigkeit ist dem deutschen Notwehrrecht dagegen nach herrschender Meinung grundsätzlich fremd.2 Eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter findet deshalb im Normalfall nicht statt. So darf zum Beispiel der Eigentümer eines wertvollen Schmuckstücks zur Verteidigung seines Sacheigentums auf den sich mit der Beute zur Flucht wendenden Dieb schießen, falls dies die einzige Möglichkeit darstellt, den Dieb noch aufzuhalten.3 Eine Ausnahme wird lediglich dann gemacht, wenn der Einsatz des an sich erforderlichen Mittels extrem unverhältnismäßig wäre4 – wenn es sich also bei der Beute im eben genannten Beispiel nicht um ein wertvolles Schmuckstück, sondern um einen geringwertigen Gegenstand wie billigen Modeschmuck handelte. Aus welchem Grund das deutsche Recht dem Verteidiger in der Notwehrlage eine so weitgehende Abwehrbefugnis gewährt, steht 1
§ 32 StGB lautet: (1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig. (2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. 2 Einige Stimmen im Schrifttum sehen zwar im verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine allgemeine Notwehrschranke, so etwa Bülte, GA 2011, 145; Kaspar, RW 2013, 56 ff.; Koriath, FS Müller-Dietz, 361. Diese Ansicht hat sich jedoch zu Recht nicht durchsetzen können. Zur Kritik siehe Engländer, in: Handbuch des Strafrechts, § 38 Rn. 67 ff. 3 Nach herrschender Meinung ergibt sich ein Verbot der Tötung des Angreifers zur Verteidigung von Sachgütern auch nicht aus Art. 2 EMRK. Vgl. zu dieser Problematik Engländer, in: Matt/Renzikowski, § 32 Rn. 56. 4 Vgl. dazu Engländer, in: Matt/Renzikowski, § 32 Rn. 44.
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nach wie vor im Streit. Dabei lassen sich drei Grundpositionen unterscheiden: eine (heute freilich kaum mehr vertretene) überindividualistische, eine dualistische und eine individualistische. Sie sollen im Folgenden näher betrachtet werden.5
II. Der überindividualistische Begründungsansatz Zunächst kurz zum überindividualistischen Ansatz: Ihm zufolge dient die Notwehr allein einem Interesse der Allgemeinheit, nämlich der Bewährung (= Verteidigung) der Rechtsordnung.6 Durch die Abwehr des Angriffs werde die empirische Geltung der vom Angreifer verletzten Verhaltensnorm bekräftigt und damit die faktische Steuerungskraft des Rechts erhalten. Legitimiert wird die Befugnis zur Verteidigung der Rechtsordnung auf Kosten des Angreifers mit dem – freilich ursprünglich gerade nicht überindividualistisch, sondern individualistisch gemeinten – berühmten Diktum Berners, das Recht brauche dem Unrecht nicht zu weichen.7 In der Konfliktsituation der Notwehr komme der Fortgeltung der Rechtsordnung gegenüber den Rechtsgütern des Angreifers stets der höhere Wert zu. Die überindividualistische Konzeption ist jedoch durchschlagenden Einwänden ausgesetzt. In aller Kürze: Zum einen vermag sie nicht zu erklären, weshalb § 32 StGB nur erlaubt, einen Angriff „von sich oder einem anderen“, nicht aber von der Allgemeinheit abzuwenden, obwohl die empirische Geltung der Rechtsordnung doch ebenso gut durch Verstöße gegen Normen erschüttert werden kann, die dem Schutz von Rechtsgütern der Allgemeinheit dienen. Zum anderen zeigt das staatliche Gefahrenabwehrrecht, insbesondere das Polizeirecht, mit der strikten Bindung an den verfassungsrechtlich begründeten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass der Schutz der Rechtsordnung selbst in zugespitzten Konfliktsituationen keineswegs prinzipiellen Vorrang vor den Belangen des sogenannten Störers8 genießt. So ist gefahrenabwehrrechtlich ein Schusswaffengebrauch gegen Personen nur zur Abwehr besonders schwerwiegender Gefahren zulässig (vgl. pars pro toto Art. 67 des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes). Zu Recht findet die überindividualistische Notwehrkonzeption daher heute kaum noch Anhänger.
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Dabei greife ich auf Überlegungen aus Engländer, Nothilfe, zurück. Schmidhäuser, GA 1991, 116 ff. 7 Berner, Archiv des Criminalrechts 1848, 562. Nach Berner ist es allerdings das subjektive Recht des Einzelnen, das dem Unrecht nicht zu weichen braucht. Näher dazu Pawlik, ZStW 114, 292 f. 8 Als Störer wird im deutschen Polizeirecht derjenige bezeichnet, dem eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zugerechnet und der deshalb zur Gefahrenabwehr in Verantwortung genommen wird. 6
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III. Der dualistische Begründungsansatz Die (noch) herrschende Meinung vertritt einen dualistischen Ansatz, den man auch als Kombinationslösung bezeichnen kann. Danach bezweckt die Notwehr sowohl die Bewährung der Rechtsordnung als auch die Verteidigung der Individualrechtsgüter des Angegriffenen.9 Das entspreche dem Willen des Gesetzgebers10 und folge aus der Systematik der Rechtfertigungsgründe.11 Zudem könne damit begründet werden, weshalb die Notwehr keine allgemeine Unrechtsverhinderungsbefugnis einräume, also Rechtsgüter der Allgemeinheit nicht notwehrfähig seien. Ferner lasse sich so erklären, warum eine Verteidigung auch dann zulässig bleibe, wenn unter dem Gesichtspunkt des Individualrechtsgüterschutzes ein Ausweichen beziehungsweise die Flucht die sinnvollere Option darstelle.12 Und schließlich ergebe sich erst durch die Kombination beider Komponenten – Individualgüterschutz und Rechtsbewährung – ein solches Übergewicht, dass demgegenüber die Interessen des Angreifers an der Unversehrtheit seiner Individualrechtsgüter grundsätzlich nachrangig seien. Voraussetzung für eine Rechtfertigung als Notwehr ist nach dem dualistischen Ansatz folglich kumulativ ein Interesse an der Verteidigung des angegriffenen Individualgutes (Individualgüterschutzinteresse) und ein Interesse an der Verteidigung der Rechtsordnung (Rechtsbewährungsinteresse). 1. Das Verhältnis von Individualgüterschutz und Rechtsbewährung Geht man mit der dualistischen Auffassung davon aus, dass für eine Rechtfertigung gemäß § 32 StGB sowohl ein Individualgüterschutzinteresse als auch ein Rechtsbewährungsinteresse vorliegen muss, hat das zur Folge, dass die Notwehr ausgeschlossen ist, wenn eine der beiden Komponenten fehlt. Das führt allerdings dazu, dass einer der angeblichen Vorteile des dualistischen Notwehrmodells gegenüber einer rein individualistischen Konzeption bei näherer Betrachtung entfällt. Wie erwähnt, argumentieren die Vertreter der Kombinationslösung, dass sich nur auf der Grundlage des dualistischen Modells erklären lässt, weshalb die Notwehr auch dann zulässig bleibt, wenn ein Ausweichen des Angegriffenen die Erhaltung seiner Individualgüter besser gewährleisten würde und damit unter dem Gesichtspunkt des 9 BGHSt 24, 356, 359; 48, 207, 212; BGH NJW 2013, 2133, 2135; Kühl, AT, § 7 Rn. 6 ff; Eisele/Perron, in: Schönke/Schröder, § 32 Rn. 1 f.; ausführlich Kaspar, RW 2013, 40; van Rienen, S. 138 ff. Siehe auch Roxin, FS Kühl, 2014, 398 ff., der eine eigenständige Bedeutung des Rechtsbewährungsinteresses allerdings nicht mehr im Hinblick auf die Begründung des Notwehrrechts, sondern nur noch hinsichtlich seiner ausnahmsweisen „sozialethischen Einschränkung“ bejahen will. Das erscheint jedoch ungereimt. Denn wenn das Vorliegen des Rechtsbewährungsinteresses für die Begründung des scharfen Notwehrrechts letztlich ohne Belang ist, wie soll dann seine Reduzierung oder sein Fehlen eine Einschränkung dieses Rechts begründen können? 10 So Roxin, AT 1, § 15 Rn. 2. 11 Lenckner, GA 1968, 3; Eisele/Perron, in: Schönke/Schröder, § 32 Rn. 1a. 12 Dieses Argument relativiert allerdings inzwischen Roxin, FS Kühl, 393.
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Individualgüterschutzes eine Verteidigung, die die Rechtsgüter des Angreifers verletzt, nicht erforderlich ist.13 Nimmt man einmal hypothetisch an, die Behauptung, im Falle einer Ausweichmöglichkeit des Angegriffenen fehle das Individualgüterschutzinteresse, träfe tatsächlich zu, hätte das zur Konsequenz, dass hier allein das Rechtsbewährungsinteresse vorläge. Da die Anhänger der Kombinationslösung jedoch fordern, dass beide Komponenten kumulativ gegeben sein müssen, reichte das zur Begründung der Notwehrbefugnis gerade nicht aus. Die dualistische Konzeption stünde insoweit nicht besser da als die individualistische. Um dieser Problematik zu entgehen, könnten Vertreter des dualistischen Notwehrmodells zwar in Betracht ziehen, auf die Kombination beider Komponenten zu verzichten und es für die Rechtfertigung nach § 32 StGB genügen zu lassen, wenn die Verletzung des Angreifers alternativ dem Individualgüterschutz oder der Verteidigung der Rechtsordnung dient. Dieser Ausweg steht jedoch nicht offen. Denn würde bereits das Rechtsbewährungsinteresse allein zur Begründung der Notwehrbefugnis ausreichen, müsste die Notwehr auch zur Verteidigung von Rechtsgütern der Allgemeinheit zulässig sein. Das ist aber aus den bei der Erörterung des überindividualistischen Begründungsansatzes bereits dargelegten Gründen gerade nicht der Fall und wird auch von den Vertretern des dualistischen Modells zu Recht abgelehnt. 2. Die These vom Übergewicht der kombinierten Interessen Das zentrale Argument zugunsten der dualistischen Notwehrkonzeption besagt, dass das Individualgüterschutzinteresse des Angegriffenen für sich betrachtet nicht hinreicht, um das weitreichende Notwehrrecht des § 32 StGB unter Verzicht auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zu legitimieren; erst durch die Kombination mit dem Rechtsbewährungsinteresse ergebe sich ein solches Übergewicht, dass demgegenüber die Interessen des Angreifers an der Unversehrtheit seiner Rechtsgüter grundsätzlich nachrangig seien. Wiederum hypothetisch angenommen, dass das Individualgüterschutzinteresse des Angegriffenen allein zur Begründung des weitreichenden Notwehrrechts nicht genügt: Führt dann die Verbindung mit dem Interesse an der Verteidigung der Rechtsordnung tatsächlich zu dem behaupteten Interessenübergewicht? Das ist aus den folgenden Gründen zu verneinen: Durch einen rechtswidrigen Angriff wird nicht die empirische Geltung der Rechtsordnung insgesamt gefährdet, sondern allenfalls die faktische Steuerungskraft bestimmter rechtlicher Verhaltensnormen.14 So schwächt zum Beispiel das Einsperren eines Menschen unter Umständen das in § 239 StGB enthaltene Verbot der Freiheitsberaubung oder schlimmstenfalls den Komplex der freiheitschützenden Vorschriften; es destabilisiert jedoch nicht die 13 Kühl, AT, § 7 Rn. 11; Eisele/Perron, in: Schönke/Schröder, § 32 Rn. 1a; Roxin, AT 1, § 15 Rn. 2. 14 Ebenso Koriath, FS Müller-Dietz, 372.
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Rechtsordnung als Ganze. Bei der Verteidigung der Rechtsordnung gegen einen rechtswidrigen Angriff kann es daher immer nur um die Stabilisierung der konkret betroffenen Vorschriften gehen. Nun kommt den Normen der Rechtsordnung als solchen aber kein Eigenwert zu.15 Ihr Wert bemisst sich vielmehr allein nach dem Wert der Rechtsgüter, die sie schützen. Das bedeutet zwar nicht, dass die Geltung der in Frage stehenden Norm neben dem Wert des verteidigten Individualgutes als Eigenschaft eines bestimmten Objekts keinen zusätzlichen Wert haben kann, denn mit der Stabilisierung der Norm wird nicht nur ein Objekt, sondern eine Klasse von Objekten geschützt. Am Beispiel: Das Verbot der Freiheitsberaubung schützt die Fortbewegungsfreiheit aller Menschen im Geltungsbereich des Gesetzes. Seine Stabilisierung kommt damit auch allen diesen Menschen zugute. Aber selbst wenn man dies berücksichtigt, führt das nicht zu dem angenommenen generellen Übergewicht. Geht man, wie die Vertreter der Kombinationslösung, davon aus, dass bei einer Freiheitsberaubung das Interesse des Angegriffenen an seiner Fortbewegungsfreiheit allein eine schwerwiegende Verletzung des Angreifers nicht zu rechtfertigen vermag, kann angesichts des Rangverhältnisses der betroffenen Güter auch der Wert der Fortbewegungsfreiheit allgemein in der Regel kein anderes Ergebnis begründen. Eine entsprechende Annahme, die der Normstabilisierung zum Schutze einer Klasse von Objekten prinzipiell einen solch hohen Wert zukommen ließe, wäre mit der nach deutschem Recht geltenden Güterrangordnung nicht vereinbar.16 3. Genese und Systematik der Notwehrregelung Womöglich sprechen für die dualistische Notwehrkonzeption jedoch, wie einige ihrer Befürworter meinen, die Normgenese des § 32 StGB sowie die Gesetzessystematik. Ersteres ist indes klar zu verneinen. Weder in den Gesetzesmaterialien zu § 32 StGB,17 noch in denen zu den weitgehend identischen Vorläufernormen finden sich Anhaltspunkte dafür, dass die Notwehr nicht nur die Individualrechtsgüter des Einzelnen verteidigen, sondern zusätzlich noch die Rechtsordnung bewähren soll.18 Mehr Aufmerksamkeit verdient das systematische Argument. Es stützt sich auf einen Vergleich des § 32 StGB mit dem in § 34 StGB geregelten rechtfertigenden Notstand. Während der Letztere eine Interessenabwägung voraussetzt und verlangt, dass das geschützte Interesse das beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegt, verzichtet der Erstere auf eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter. Das lasse sich nur mit der zusätzlichen Komponente der Rechtsbewährung begründen. Allein unter dem Gesichtspunkt des Individualgüterschutzes könne nicht erklärt werden, weshalb die Notwehr anderen Bewertungsmaßstäben folge als der rechtfertigende 15
Frister, GA 1988, 295; Renzikowski, S. 85. Zur Auseinandersetzung mit der Kritik aus (modifiziert-)dualistischer Sicht Kaspar, RW 2013, 40. 17 Vgl. BT-Drs. V/4095, 14. 18 Näher dazu Engländer, Nothilfe, S. 31 f. 16
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Notstand, denn das Rangverhältnis der beteiligten Individualrechtsgüter könne hier nicht anders aussehen als dort.19 Auch diese Überlegung vermag jedoch nicht zu überzeugen. Aus einem Vergleich des § 32 StGB mit § 34 StGB lässt sich kein systematisches Argument zugunsten der dualistischen Notwehrkonzeption gewinnen. Der Zweck des Individualrechtsgüterschutzes darf nicht utilitaristisch als Gewährleistung des größtmöglichen Gesamtgüterbestandes missverstanden werden, für den es in einer Konfliktsituation allein auf die Erhaltung des höherwertigen Gutes ankommt.20 Nicht vor jeder denkbaren Beeinträchtigung soll die Rechtsordnung die Güter des Einzelnen gleichermaßen schützen, sondern vorwiegend nur vor solchen Gefahren, die in den Verantwortungsbereich einer anderen Person fallen. Berücksichtigt man diese Zielsetzung, ist eine unterschiedliche Gewichtung des Wertes der betroffenen Individualgüter je nach der Verantwortlichkeit der Beteiligten für das Entstehen der Notlage – wie sie etwa auch in den voneinander abweichenden Maßstäben des Aggressivnotstands in § 904 BGB und des Defensivnotstands in § 228 BGB zum Ausdruck kommt – nur folgerichtig.21 Zu ihrer Begründung bedarf es daher keines Rückgriffs auf irgendein Allgemeininteresse. Gleiches gilt für die sich unterscheidenden Bewertungsmaßstäbe des Defensivnotstands und der Notwehr. Auch hier ist es prinzipiell möglich, die Differenzierung mit der gesteigerten Verantwortlichkeit des Angreifers zu begründen.22
IV. Der individualistische Begründungsansatz Angesichts der Schwierigkeiten und Ungereimtheiten der Kombinationslösung findet seit einiger Zeit der individualistische Begründungsansatz wieder verstärkt Zustimmung. Ihm zufolge dient die Notwehr allein der Verteidigung der durch den Angriff bedrohten Individualrechtsgüter. Zur Begründung für den Verzicht auf eine Abwägung zwischen den Gütern des Angegriffenen und denen des Angreifers werden von seinen Vertretern allerdings ganz unterschiedliche Gesichtspunkte angeführt. Genannt werden etwa das Selbsterhaltungsinteresse des Einzelnen,23 der zusätzlich zu Buche schlagende hohe Wert der stets mit angegriffenen allgemeinen Handlungsfreiheit bzw. freien Entfaltung der Persönlichkeit,24 die fehlende Schutzwürdigkeit des Angreifers, da dieser sich durch das Unterlassen bzw. den Abbruch
19
Lenckner, GA 1968, 3. Zur Kritik der utilitaristischen Deutung des rechtfertigenden Notstands siehe Engländer, GA 2017, 244 f. 21 Näher dazu Engländer, Handbuch des Strafrechts, § 38 Rn. 8 f. 22 Vgl. Engländer, Handbuch des Strafrechts, § 38 Rn. 10. 23 Klose, ZStW 89, 86. 24 Kroß, S. 56 ff. 20
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seines Angriffs selbst vor Schaden bewahren könne,25 die Aufhebung der Solidaritätspflichten des Angegriffenen aufgrund des vom Angreifer verschuldeten Rückfalls in eine naturzustandsähnliche Lage,26 das durch Gesellschaftsvertrag nicht über die Grenze der Erforderlichkeit hinaus beschränkbare naturrechtliche Selbstverteidigungsrecht27. Auch gegen all diese Begründungsversuche lassen sich indes ernsthafte Einwände vorbringen.28 Das Selbsterhaltungsinteresse des Einzelnen ist einerseits zu weit, weil es auch die Schädigung von unbeteiligten Dritten erfordern kann, andererseits zu eng, da es die Verteidigung nicht existenzieller Rechtsgüter ebenso wenig erfasst wie die Fälle der Nothilfe. Bedrängnis und Ungeübtheit in der Abwehr von Gefahren können ebenso in Notstandskonstellationen vorliegen, ohne dass dort auf eine Interessenabwägung verzichtet würde. Geht es aufseiten des Angreifers um das Leben, ist die allgemeine Handlungsfreiheit bzw. die freie Entfaltung der Persönlichkeit abstrakt nicht gewichtig genug, um gemeinsam mit jedem beliebigen weiteren Individualrechtsgut des Angegriffenen ein grundsätzliches Übergewicht zu dessen Gunsten zu begründen. Die Nichtwahrnehmung einer Selbstschutzmöglichkeit verringert zwar üblicherweise die Schutzwürdigkeit, schließt sie jedoch keineswegs stets aus. Die Annahme eines Rückfalls in einen Quasi-Naturzustand impliziert eine problematische Entgrenzung der Notwehr. Und der Rückgriff auf ein vorstaatliches „natürliches“ Selbstverteidigungsrecht des Menschen ist mit den grundlegenden ontologischen und erkenntnistheoretischen Problemen naturrechtlicher Vorstellungen behaftet. Diese Kritik an den verschiedenen Begründungsargumenten spricht freilich nicht gegen die individualistische Notwehrkonzeption als solche. Überzeugend begründen lässt sie sich, wenn man die subjektiven Rechte des Angegriffenen und damit das Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Angreifer in den Blick nimmt.29 1. Die Struktur und Funktion subjektiver Rechte Formal können subjektive Rechte als dreistellige Relationen zwischen (a) einem Inhaber, (b) einem Adressaten und (c) dem Inhalt des Rechts beschrieben werden.30 Bei den Inhalten subjektiver Rechte ist zwischen Ansprüchen, Freiheiten und Kom-
25
Puppe, AT, § 12 Rn. 15. von der Pfordten, FS Schreiber, 372. 27 Rückert, S. 52 ff. 28 Näher dazu Engländer, Nothilfe, S. 39 ff. 29 Für eine rechtebasierte Notwehrkonzeption, freilich mit Unterschieden im Einzelnen, Greco, GA 2018, 675 ff.; Merkel, FS Jakobs, 389 f.; Pawlik, Unrecht, S. 237 ff.; Renzikowski, S. 231 f.; ausführlich Engländer, Nothilfe, S. 67 ff. 30 Vgl. Alexy, S. 171 ff. Grundsätzlich zu den Relationen bei subjektiven Rechten Hohfeld, S. 35 ff. 26
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petenzen zu unterscheiden.31 Relevant im hiesigen Kontext sind die Ansprüche. Sie beziehen sich stets auf ein Verhalten des Adressaten. Dieses kann sowohl in einem Unterlassen, etwa der Nichtbehinderung von Handlungen oder der Nichtschädigung von Gütern des Rechteinhabers, als auch in einem positiven Tun liegen. Ein Anspruch besteht genau dann, wenn der Adressat gegenüber dem Rechteinhaber eine Pflicht zu einem solchen Verhalten hat, also wenn Ersterem dieses Verhalten gegenüber Letzterem geboten ist.32 Nicht alle Anspruchsrechte dienen demselben Zweck. Vielmehr ist zu differenzieren zwischen Rechten mit Schutzfunktion und Rechten mit Transferfunktion. Ein Recht hat eine Schutzfunktion, wenn durch den Anspruch des Rechteinhabers auf ein Verhalten des Adressaten die Integrität bestimmter Güter geschützt werden soll. Ein Recht besitzt hingegen eine Transferfunktion, wenn der Anspruch des Rechteinhabers auf ein Verhalten des Adressaten die Übertragung von Gütern gewährleisten soll. Ein Beispiel hierfür ist der Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer, die Kaufsache übergeben zu bekommen. Zur Begründung der Notwehr kommen nur Ansprüche mit einer Schutzfunktion in Betracht.33 Wenn im Folgenden von subjektiven Rechten die Rede ist, sind daher immer solche Ansprüche mit Schutzfunktion gemeint. Prominente Beispiele sind das Recht auf Leben, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und das Eigentumsrecht. Die Besonderheit subjektiver Rechte besteht darin, dass sie ihrem Inhaber einen besonders strikten Schutz seiner Güter verschaffen. Er ist hier nicht bloß der Nutznießer, der von einem an andere gerichteten Gebot oder Verbot profitiert. Vielmehr befindet er sich in einer Position, in der er vom Adressaten ein bestimmtes Verhalten, das eine Beeinträchtigung seiner Güter vermeidet bzw. verhindert, fordern kann. Die Verpflichtung des Adressaten zu diesem Verhalten besteht somit nicht irgendjemandem, sondern gerade ihm gegenüber. Aus diesem Grund kann dem Rechteinhaber – anders als bei Vorteilen, von denen der Begünstigte lediglich im Wege eines Rechtsreflexes profitiert, ohne jedoch auf sie ein Anrecht zu haben – der Schutz auch nicht einfach wieder entzogen werden.34 Mit subjektiven Rechten verbindet sich die Vorstellung, dass der Anspruch gegenüber dem Adressaten gesichert ist. Sie stellen also,
31 Vgl. Alexy, S. 171; Hart, Essays, S. 164 ff. Teilweise wird mit den sog. Immunitäten noch eine vierte Gruppe subjektiver Rechte angenommen. Immunitäten bestehen darin, dass der Rechtsträger nicht der Kompetenz einer anderen Person unterliegt. Vgl. Hohfeld, S. 60 ff. 32 Anspruch und Verpflichtung sind hier also logisch äquivalent. Betrachtet man die Relation aus der Perspektive des Rechtsträgers, bezeichnet man sie als Anspruch; beschreibt man sie aus der Sicht des Adressaten, wird sie Pflicht genannt. Näher Alexy, S. 185 ff. Aufgrund der logischen Äquivalenz fassen manche das subjektive Recht auch als bloßen „Reflex“ der Pflicht auf; so Kelsen, S. 132 f. 33 Das erklärt auch, warum zivilrechtliche Forderungen im deutschen Recht prinzipiell nicht notwehr- und nothilfefähig sind. Sie regeln den Transfer von Gütern, nicht ihren Schutz. 34 Zum Problem der Abgrenzung subjektiver Rechte von bloßen Rechtsreflexen vgl. Hart, Essays, S. 175 ff.
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um die bekannte Bezeichnung Dworkins aufzugreifen, Trümpfe dar, die der Rechteinhaber gegen andere in der Hand hält.35 2. Die Durchsetzung subjektiver Rechte Fragt man nach der Verbindung zwischen subjektiven Rechten und der Notwehrbefugnis, so kommen zwei Arten eines Zusammenhangs in Betracht. Zum einen könnte eine begriffliche Verknüpfung existieren. Dann müsste es sich bei der Notwehrbefugnis um ein notwendiges Element des Begriffs des subjektiven Rechts handeln.36 Zum anderen ist, auch wenn ein begrifflicher Zusammenhang nicht existieren sollte, eine normative Verbindung denkbar. Das wäre dann der Fall, wenn die Notwehrbefugnis im Hinblick auf die Schutzfunktion subjektiver Rechte begründet werden könnte. a) Begrifflicher Zusammenhang zwischen subjektiven Rechten und Verteidigungsbefugnis? Wenn eine begrifflich notwendige Verbindung zwischen einem subjektiven Recht und der Notwehrbefugnis bestünde, folgte die letztere zwingend aus der Existenz des Ersteren. Es wäre also logisch unmöglich, dass jemand zwar ein subjektives Recht besitzt, aber für den Fall der Missachtung dieses Rechts durch den Adressaten über keine Notwehrbefugnis zu seiner Durchsetzung verfügt. Dass ein solcher begrifflicher Zusammenhang tatsächlich besteht, hat nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht Kant in seiner Rechtslehre gezeigt.37 Kant zufolge ist das Recht „der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann.“38 Aufgabe des Rechts soll also die Gewährleistung miteinander kompatibler Handlungsfreiheiten sein. Dem entspricht auch die subjektiv-rechtliche Ausformung des Rechtsprinzips: „Freiheit (Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür) sofern sie mit jedes anderen Freiheit nach einem allgemeinen Gesetz zusammen bestehen kann, ist dieses einzige, ursprüngliche, jedem Menschen, kraft seiner Menschheit, zustehende Recht.“39 Jedermann hat somit nach Kant ein subjektives Recht a priori auf eine mit der Freiheit aller anderen 35
Vgl. Dworkin, S. 14. Zu beachten ist, dass eine kontingente begriffliche Verbindung, etwa als Resultat einer definitorischen Festsetzung, die die Verteidigungsbefugnis einfach zu einem konstitutiven Merkmal des Begriffs des subjektiven Rechts erklärt, selbstverständlich nicht hinreicht. Anderenfalls könnte man einfach aus dem Begriff des subjektiven Rechts das ableiten, was man zuvor selbst in diesen Begriff hineingelegt hat. Eine solche „Begründung“ wäre natürlich wertlos. 37 So etwa Höffe, S. 143 ff.; Hruschka, ZStW 115, 203 f.; Kersting, Freiheit, S. 105 ff. 38 Kant, AB 33. 39 Kant, AB 45. 36
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verträgliche Handlungsfreiheit. Unrecht sei es demzufolge, wenn jemand an einer nach diesem Prinzip rechtlich erlaubten Handlung gehindert werde, „denn dieses Hindernis (dieser Widerstand) kann mit der Freiheit nach allgemeinen Gesetzen nicht bestehen.“40 Inwieweit lässt sich auf dieser Grundlage eine begriffliche Verbindung von subjektivem Recht und Verteidigungsbefugnis begründen? Kant bedient sich dazu der Regel von der doppelten Negation: „Nun ist alles, was Unrecht ist, ein Hindernis der Freiheit nach allgemeinen Gesetzen; der Zwang aber ist ein Hindernis oder Widerstand, der der Freiheit geschieht. Folglich: wenn ein gewisser Gebrauch der Freiheit selbst ein Hindernis der Freiheit nach allgemeinen Gesetzen (d.i. unrecht) ist, so ist der Zwang, der diesem entgegengesetzt wird, als Verhinderung eines Hindernisses der Freiheit mit der Freiheit nach allgemeinem Gesetz zusammen stimmend, d.i. recht: mithin ist mit dem Rechte zugleich eine Befugnis, den, der ihm Abbruch tut, zu zwingen, nach dem Satze des Widerspruchs verknüpft.“41 „Recht und Befugnis zu zwingen bedeuten also einerlei.“42 Dieser Argumentation liegt eine Analogie zu physikalischen Gesetzmäßigkeiten, zur „Möglichkeit freier Bewegungen der Körper unter dem Gesetze der Gleichheit der Wirkung und Gegenwirkung“43 zugrunde. So wie die Ordnung der Natur aus dem Aufeinandereinwirken physikalischer Objekte resultiert, soll die Ordnung der Freiheit durch gegenseitigen Zwang aufrechterhalten werden können. Kant konzipiert damit die Rechtsordnung, wie Wolfgang Kersting es ausdrückt, als „Zwangsmechanismus eines wechselseitigen Sich-in-dieSchranken-Verweisens …, als Zustand einer gleichverteilten Ausgrenzungs- und Abstoßungskraft, mit der sich die einzelnen Freiheitsparzellen gegeneinander abschotten und sich so ihre gleiche Größe erhalten.“44 Die Vorstellung eines rein defensiven Gegenzwangs,45 der ausschließlich den aggressiven Zwang des Angreifers neutralisiert und auf diese Weise die mit der Freiheit eines jeden verträgliche Handlungsfreiheit wiederherstellt, erscheint zwar auf den ersten Blick bestechend. Sie führt aber bei näherer Betrachtung gleichwohl in die Irre. Gegenzwang heißt in der Realität häufig nicht nur, dass derjenige, der in den rechtlich geschützten Freiheitsraum eines anderen eingedrungen ist, aus diesem zurückgedrängt und in seinen eigenen Freiheitsraum zurückverwiesen wird. Hiervon könnte man allenfalls solange sprechen, wie es sich bei dem Gegenzwang um einen rein psychisch vermittelten Zwang, etwa in Form einer Drohung, oder um einen die körperliche Integrität des Angreifers nicht verletzenden physischen Zwang, etwa in Gestalt eines bloßen Wegstoßens, handelt. Das reicht jedoch oftmals zur Abwehr des Angriffs nicht aus, sodass eine Verletzung des Angreifers erforder40
Kant, A 33 B 33 f. Kant, AB 35. 42 Kant, AB 36. 43 Kant, AB 37. 44 Kersting, Politik, S. 319. 45 Diese Bezeichnung findet sich bei Höffe, S. 143. 41
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lich ist – bis hin zu dessen physischer Vernichtung. Damit wird aber nicht nur der Angreifer in seinen eigenen Freiheitsraum zurückgeworfen, sondern der Verteidiger dringt seinerseits notwendigerweise in dessen – an sich – rechtlich geschützten Freiheitsraum ein. Der Gegenzwang enthält hier also gleichsam eine aggressive Komponente. Es wird nicht einfach der vor dem Angriff bestehende rechtskonforme Zustand restituiert, vielmehr ist die Abwehr des Eingriffs nur um den Preis einer verletzenden Handlung zu haben, die – als solche – mit der Freiheit eines jeden gerade nicht vereinbar ist. Am Beispiel: Der Angegriffene, der sich gegen eine Freiheitsberaubung mit einer schweren Körperverletzung zur Wehr setzt, stellt nicht nur seine persönliche Fortbewegungsfreiheit wieder her; er verletzt zugleich auch die körperliche Integrität des Angreifers. Hierbei sind zwei Aspekte zu unterscheiden. Das Zwingen des Angreifers, die Fortführung der Freiheitsberaubung zu unterlassen, beeinträchtigt dessen rechtlich garantierte Handlungsfreiheit in der Tat nicht, da diese die Verhaltensoption der Freiheitsberaubung nicht mit umfasst. Die damit verbundene Verletzung seiner körperlichen Integrität dagegen stellt durchaus eine solche Beeinträchtigung dar. Das Problem in Kants Argumentation besteht darin, nur den ersten Aspekt zu berücksichtigen, nicht hingegen den zweiten Aspekt. Deshalb sieht er nicht, dass der zur Wiederherstellung der Freiheit des Angegriffenen erforderliche Zwang zugleich auch ein „Hindernis der Freiheit nach allgemeinen Gesetzen“ sein kann. In welchem Umfang nun auch solche Verteidigungsmaßnahmen zulässig sind, folgt deshalb nicht bereits aus dem Gewährleistungsgehalt des subjektiven Rechts.46 Kants Versuch einer analytischen Begründung der Zwangsbefugnis muss scheitern, weil sich aus der Zuordnung von Handlungsfreiheiten nicht logisch deduzieren lässt, wie im Falle ihrer Störung verfahren werden soll. Eine begrifflich notwendige Verbindung von subjektivem Recht und Verteidigungsbefugnis existiert daher nicht. b) Normativer Zusammenhang zwischen subjektiven Rechten und Verteidigungsbefugnis Es besteht aber ein normativer Zusammenhang zwischen subjektivem Recht und Notwehrbefugnis, da die Einräumung der Letzteren im Hinblick auf die Schutzfunktion des Ersteren geboten ist. Ohne eine Durchsetzungsmöglichkeit wären subjektiven Rechte wenig effektiv. Neben die subjektiven Rechte zum Schutz bestimmter Güter müssen deshalb auf einer zweiten Normebene Handlungsbefugnisse treten, die die Achtung der Rechte und damit die Einhaltung der korrespondierenden Pflichten gewährleisten sollen.47 Da es hier um die Fälle geht, in denen ein Adressat seine Verpflichtungen nicht freiwillig erfüllt, muss es sich bei diesen Befugnissen um Zwangsbefugnisse handeln. Dabei sind nach dem Zweck der Zwangsausübung 46
Umgekehrt bedeutet deshalb die Nichtgewährung einer Zwangsbefugnis, entgegen Hruschka, ZStW 115, 222 f., auch nicht die Aberkennung des subjektiven Rechts. 47 Mit Hart können diese Befugnisse als secondary rules bezeichnet werden; vgl. Hart, Concept, S. 79 ff.
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zwei Arten von Zwangsbefugnissen zu unterscheiden. Der Zwang kann einerseits einen abwehrenden, andererseits einen sanktionierenden Charakter haben. Mit einer sanktionierenden Zwangsausübung wird die Nichtbefolgung einer Verpflichtung nachträglich geahndet. Ziel ist es, die Adressaten subjektiver Rechte durch das Wissen um eine solche Sanktionierung auch in den Fällen zur Befolgung ihrer Pflichten zu motivieren, in denen sie dazu nicht bereits aus anderen Gründen disponiert sind.48 Dagegen hat die Zwangsausübung einen abwehrenden Charakter, wenn sie eine noch nicht vollendete Verletzung eines durch ein subjektives Recht geschützten Gutes verhindern soll. Sie bezweckt damit – zumindest in der Regel – keine Beeinflussung der Motivation des Adressaten, sondern, wie Feuerbach richtig bemerkt, eine „unmittelbare Ueberwindung der auf Rechtsverletzung gerichteten physischen Kräfte des Beleidigers“.49 Anders als die sanktionierende Zwangsausübung, die lediglich zukünftige Pflichtverletzungen zu verhindern vermag, ermöglicht die abwehrende Zwangsausübung, den Zweck des subjektiven Rechts des Angegriffenen – bestimmte Güter vor Beeinträchtigungen durch den Adressaten zu schützen – trotz der Missachtung des Rechts durch den Letzteren doch noch zu erreichen. Der Rechteinhaber braucht sich mit einer Schädigung seiner Güter nicht abzufinden; er darf den Adressaten zum Vollzug des Verhaltens zwingen, zu dem dieser ohnehin verpflichtet ist, nämlich Schädigungshandlungen zu unterlassen. Damit ist freilich noch nicht die Frage beantwortet, weshalb die zwangsweise Durchsetzung des subjektiven Rechts des Angegriffenen in jedem Fall Vorrang vor etwaig entgegenstehenden Rechten des Angreifers genießt. Begründen lässt sich das damit, dass praktisch jedermann ein Interesse daran hat, erstens subjektive Rechte zu besitzen und sie zweitens im Konfliktfall auch durchsetzen zu können. Dafür ist er bei vernünftiger Überlegung auch bereit, allen anderen die gleichen Rechte zuzugestehen.50 Um den bestmöglichen Schutz für die eigenen Güter zu erhalten, akzeptiert ein jeder, dass er hierzu den anderen denselben Schutz einräumen muss. Denn die mit der Begrenzung der eigenen Handlungsfreiheit verbundenen Nachteile werden überwogen von den Vorteilen, die die im Austausch erlangten Freiheitseinschränkungen der anderen begründen. Schränkte man nun die Befugnis zur angriffsabwehrenden Zwangsausübung durch das Erfordernis einer Güterabwägung ein, würde der angegriffene Rechteträger jedoch gegenüber einem Zustand ohne ein solches System wechselseitiger Rechte und Pflichten nicht besser, sondern schlechter gestellt. Er müsste gegebenenfalls die Schädigung eines Gutes durch pflichtwidriges Verhalten hinnehmen, ohne sich dagegen zur Wehr setzen zu dürfen. Der Angegriffene hätte die Kosten eines Freiheitsverzichts zu tragen, käme aber nicht in den Genuss der damit erstrebten Vorteile. Der Zweck der Zuerkennung subjektiver Rech48 Angenommen wird damit eine generalpräventive Wirkung einer regelbasierten Zwangsandrohung und Zwangszufügung. 49 Feuerbach, § 10. Eine Ausnahme von der unmittelbaren Überwindung der physischen Kräfte des Angreifers besteht etwa in den Fällen, in denen ein Verteidiger den Angreifer durch eine Drohung dazu nötigt, seinen Angriff abzubrechen. 50 Näher dazu Engländer, Nothilfe, S. 73 ff.
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te verkehrte sich so in sein Gegenteil. Statt im Gegenzug für die Übernahme einer Verpflichtung einen erhöhten Schutz der eigenen Güter zu erhalten, würde ihr Schutz verringert. Ein Vorrang des subjektiven Rechts des Angreifers ermöglichte es diesem, in einer solchen Konstellation praktisch ungehindert die Güter des Angegriffenen zu verletzen. Diese wären insoweit also schutzlos gestellt. Im Ergebnis käme das einem einseitigen Freiheitsverzicht des Angegriffenen gleich. Faktisch befände dieser sich in der gleichen Situation wie eine Person, die ausschließlich die Rolle des Adressaten und damit die Position des Verpflichteten innehat. Zwar besitzt er im Unterschied zu Letzterer normativ betrachtet einen Anspruch gegenüber dem Angreifer, doch ist der Anspruch allein, das heißt ohne die Bereitschaft, ihn auch zu erfüllen, in der aktuellen Konfliktlage für ihn wertlos. Niemand, der rational seine Schutzinteressen verfolgt, hätte eine Veranlassung, eine solche einseitige Verpflichtung zu akzeptieren. Daher ist eine über das Merkmal der Erforderlichkeit hinausgehende Begrenzung der Zwangsausübung grundsätzlich nicht begründbar.51 Das gilt ganz unabhängig vom Wert des durch einen Angriff konkret betroffenen Gutes. Von niemandem kann, wie schon Hobbes gesehen hat, gefordert werden, dass er sich von einer anderen Person zu seinem Nachteil ausbeuten lässt.52
V. Fazit Die rechtebasierte Notwehrkonzeption vermag das scharfe deutsche Notwehrrecht überzeugend zu erklären und zu legitimieren.53 Ferner lässt sich auf ihrer Grundlage begründen, weshalb nicht nur die Selbstverteidigung, sondern auch die Nothilfebefugnis – das heißt die Befugnis, einen anderen gegen einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff zu verteidigen – nicht durch ein Verhältnismäßigkeitserfordernis beschränkt wird: Der Nothelfer handelt nicht aus eigenem Recht, sondern er nimmt das fremde Notwehrrecht des Angegriffenen stellvertretend für diesen wahr.54 Eines Rückgriffs auf den problematischen Kombinationsansatz der (noch) herrschenden Meinung bedarf es daher nicht.
51
Zwar kann ein Akteur aus altruistischen Motiven auf die Zwangsausübung verzichten. Da es sich hierbei jedoch um keine Präferenzen handelt, die er haben muss, kann er prinzipiell zu einem solchen Verzicht nicht verpflichtet werden. Vgl. dazu im Einzelnen Engländer, Nothilfe, S. 206 ff. 52 Vgl. Hobbes, Kap. 14 Abs. 5. 53 Zur Begründbarkeit von „sozialethischen Einschränkungen“ in bestimmten Ausnahmekonstellationen vgl. Engländer, in: Matt/Renzikowski, § 32 Rn. 42 ff. 54 Siehe dazu Engländer, Nothilfe, S. 90 f. Die Akzessorietät der Nothilfe hat zur Folge, dass sie dem Angegriffenen im Prinzip nicht gegen seinen Willen aufgedrängt werden darf. Ausführlich hierzu Engländer, Nothilfe, S. 99 ff.; zusammenfassend ders., Handbuch des Strafrechts, § 38 Rn. 50 ff.
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El error sobre las causas de justificación Por Gonzalo D. Fernández
I. Introducción El error es, en sí mismo, un supuesto problemático dentro de la teoría general del delito, que puede operar tanto como una causa de exclusión del injusto, como directamente como una causa de exclusión de la culpabilidad.1 Dentro de ese panorama polivalente, el error que recae sobre una causa de justificación (o sea, cuando incide sobre un tipo permisivo) acentúa todavía más las dificultades de comprensión del instituto. Esto obedece, en buena medida, a la supervivencia de un viejo modelo dogmático muy arraigado, que solo distingue entre error de hecho (error facti) y error de derecho (error iuris), consagrado en los antiguos códigos penales.2 A su vez, la falta de previsión expresa acerca del error sobre una causa de justificación, por lo menos en la mayoría de los textos codificados —que suelen contentarse con regular solamente la hipótesis del error sobre un tipo incriminador (prohibitivo u omisivo)—, contribuye simultáneamente a ensombrecer el alcance y los perfiles de esta peculiar modalidad de error. Por cierto, conviene clarificar de entrada que estamos refiriéndonos al error de carácter intelectivo; aquel que genera en definitiva la ausencia de comprensión de la ilicitud de la conducta por parte del agente. Se trata pues de la divergencia entre la errónea representación mental del sujeto y la realidad; vale decir, el conocimiento equivocado del autor respecto de la situación involucrada en el hecho, su falsa representación, la ausencia de conocimiento o bien la ignorancia de algo.3 El objeto de análisis es entonces un error cognitivo, de orden intelectual, del cual queda excluido el error o yerro en la ejecución; esto es, la mala realización material de una conducta, susceptible de generar —pero por un error en el golpe— un caso de delito aberrante (por ej.: aberratio ictus; aberratio delicti; error in objecto).4
1
Frisch, El error en el derecho penal, p. 11 ss. Jiménez de Asúa, Reflexiones sobre el error de derecho en materia penal, p. 67. 3 En líneas generales, vid. Herrera, El error en materia penal, p. 11 – 12; Hernando Londoño, El error en la moderna teoría del delito, p. 11; Gurruchaga, El error en el delito, p. 20; Muñoz Conde, El error en derecho penal, p. 15. 4 Kuhlen, Die Unterscheidung von vorsatzausschliessendem und nichtvorsatzausschliessendem Irrtum, p. 37 – 38. 2
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Pues bien, cuando ese error de conocimiento —falsa representación o error de comprensión— recae no ya sobre un tipo incriminador de la parte especial (prohibitivo o impositivo), sino sobre una causa de justificación (o sea, sobre un tipo permisivo de la parte general), esa equivocada creencia del agente puede provenir de dos fuentes distintas. 1. La errónea interpretación del suceso Una primera hipótesis se verifica cuando el error responde a una equivocada apreciación del contexto fáctico. Aquí el sujeto interpreta erróneamente la situación del hecho ocurrente. No aprecia en forma correcta o adecuada el suceso que realmente está aconteciendo y, en tal virtud, obra creyendo hallarse ante un supuesto justificante que no es tal (error directo). Dicho de otro modo, el sujeto no tiene un error sobre lo que hace, sino “sobre si lo que hace está prohibido o no”5, puesto que actúa en la convicción de obrar lícitamente dentro del marco del permiso legal. El supuesto constituye un error directo, resultante de una inadecuada valoración del contexto fáctico. Por ejemplo, el sujeto interpreta erróneamente que la persona con la cual está discutiendo realiza un ademán de sacar un arma de fuego de su abrigo, creyendo hallarse así ante una agresión ilegítima, actual e inminente, cuando en verdad su oponente sólo pretende —mediante el movimiento realizado— extraer del bolsillo un paquete de cigarrillos. No cabe duda de que se configura en el caso un error factum, un error directo sobre la concurrencia de los componentes objetivos de una causa de justificación (por ej., legítima defensa), resultante de la falsa apreciación del suceso por parte del agente. 2. El no reconocimiento de un tipo permisivo Una segunda hipótesis se configura, en cambio, cuando el autor no reconoce la concurrencia de los componentes objetivos del tipo permisivo, que lo ampara en el caso concreto. En tal supuesto, el agente desconoce la justificación (objetiva) de su conducta y, por el contrario, actúa en la equivocada convicción de que su comportamiento es ilícito (error inverso).6 En el error inverso, en efecto, el autor obra, por tanto, con dolo penal y en ausencia del elemento subjetivo de justificación que configura el tipo subjetivo de la respectiva causa justificante; del cual, empero, reniegan algunos autores, al negar su existencia.7 5
Sancinetti, Sistema de la teoría del error en el Código Penal argentino, p. 12. Véase Trapero Barreales, El error en las causas de justificación, p. 43 y 605; Hilgendorf/ Valerius, Derecho Penal. Parte General., p. 164. 7 A modo de ejemplo, Zaffaroni/Alagia/Slokar, Derecho Penal. Parte General, p. 605; Rusconi, Derecho Penal. Parte General, p. 390 ss.; Nino, Los límites de la responsabilidad penal. Una teoría liberal del delito, p. 471. 6
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Por el contrario, también puede pensarse el caso en el cual el sujeto sí es objeto de una agresión ilegítima, a la cual, empero, ni siquiera reconoce y, por ende, sin representarse siquiera la configuración objetiva de una situación justificante y obra directamente con dolo penal, creyendo (erróneamente) y queriendo cometer un acto delictivo. El caso ejemplifica un supuesto de error inverso, donde el agente —quien se encuentra objetivamente justificado—, actúa no obstante sin el condigno elemento subjetivo de justificación. 3. Errónea suposición de una justificante La segunda fuente de error se plantea, en cambio, cuando el sujeto incurre en la errónea creencia de que existe una causa justificante que, sin embargo, no está reconocida legalmente y es irreal.8 Cabe pensar en el ejemplo del locador de un inmueble, quien cree hallarse amparado en un (inexistente) derecho de retención sobre los bienes muebles de su arrendatario mal pagador. Es pues un error que recae sobre la imaginaria existencia de un tipo permisivo que no está consagrado por la ley. Del mismo rango es aquella otra variedad del error cognitivo en la que incurre quien, en el supuesto de una causa de justificación sí reconocida legalmente, cree de todas formas que esta tiene un alcance y límites mayores a los reales. Puede pensarse en la hipótesis, como ejemplo, de la equivocada creencia de que, cuando media un hurto con penetración domiciliaria, el propietario queda habilitado, en ejercicio de la legítima defensa de su domicilio, a perseguir al ladrón y está autorizado a dispararle durante la fuga, ya en la vía pública. En un supuesto de este tenor se configura, nuevamente a causa de un error cognitivo, un error sobre el alcance o sobre los límites de una causa de justificación.9 En puridad, sea que el error verse sobre la existencia misma de la justificante, o que tan solo incida sobre su alcance y límites, en ambas alternativas encontramos que el agente obra con el elemento subjetivo de justificación, creyendo ejercer un permiso legal. Empero, a pesar de ello no concurren los componentes objetivos que enmarcan legalmente la causa de exclusión del ilícito.10 4. Valoración En el primer caso, el objeto del error cognitivo —por ej., los hechos, el material fáctico— parece indicar que podría subsumírselo dentro del antiguo error de hecho, en tanto que la otra modalidad —el error sobre la existencia, alcance o límites de 8
Olaizola Nogales, El error de prohibición, p. 96. Trapero Barreales, El error en las causas de justificación, p. 518. 10 Frister, Derecho Penal. Parte General, p. 294; Hilgendorf/Valerius, Derecho Penal. Parte General, p. 164. 9
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una causa de justificación— implica, en cambio, un error sobre la valoración jurídica de la conducta (comportamiento que el agente cree tener legalmente permitido), que incidiría sobre la conciencia de la antijuridicidad. Se trata en verdad de un error de derecho, al cual la doctrina dominante encuadra bajo el modelo del error de prohibición indirecto.11 Ahora bien, desde nuestro punto de vista, los supuestos de error que vienen de señalarse deben ser clasificados, diferencialmente, como un error de justificación —cuando incide sobre lo fáctico— y un error de permisión —cuando recae sobre la valoración jurídica—, debiéndose tomar en cuenta que las dos modalidades admiten la ocurrencia de un error directo y de un error inverso,12 según medie o no en el autor el correspondiente elemento subjetivo de justificación, acompañando la realización o ejecución material de la conducta. El aspecto terminológico puede discutirse y, por cierto, es lo menos relevante. Lo que interesa es que el error de justificación versa sobre los hechos, sobre un suceso, situación o estado de cosas descripto dentro de un tipo permisivo, a partir del cual el agente cree configurada la justificante y, por ende, piensa que está excluido el injusto penal. Por el contrario, la denominación error de permisión pone el acento en que el error recae sobre la propia existencia, alcance o límites del permiso legal reconocido por el ordenamiento jurídico (que lisa y llanamente no existe o, cuando menos, tiene un alcance más restrictivo del que ha supuesto equivocadamente el autor).
II. El error de justificación 1. El error de justificación directo En el error de justificación directo, el autor, con adecuado conocimiento del tipo permisivo legislado en el ordenamiento jurídico, se equivoca, sin embargo, en la interpretación o apreciación de la situación fáctica, que comprende equivocadamente. Este error directo de justificación importa, pues, la suposición imaginaria de que concurren los elementos objetivos del tipo permisivo, los cuales en realidad no se configuran ni están presentes. El autor actúa en este caso con elemento subjetivo de justificación, con el llamado “dolo de justificación”,13 pues cree erróneamente que concurre en la especie la interferencia de un tipo permisivo que justificaría su comportamiento, el que, sin embargo, no está objetivamente configurado. Sirve de ejemplo ilustrativo el 11
Cobos Gómez de Linares, Presupuestos del error sobre la prohibición, p. 255. Fernández, El elemento subjetivo de justificación en Derecho penal, p. 106. 13 Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 433.
12
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movimiento de la víctima de querer extraer del bolsillo un paquete de cigarrillos, lo que es equivocadamente interpretado como un ademán de sacar un arma que supuestamente daría inicio —conforme al errado juicio del autor— al comienzo de una agresión ilegítima. Por tanto, el error directo de justificación es un error sobre la comprensión de los hechos ocurrentes y recae efectivamente sobre el contexto situacional. Consiste en una mala o inadecuada interpretación del suceso fáctico: una suposición no real (sino imaginaria) de la presencia del componente objetivo justificador, el cual precisamente falta. A raíz de ello, el sujeto obra con elemento subjetivo de justificación, pero sin encontrarse objetivamente justificado. La antigua doctrina valoró este supuesto como un caso de error de hecho, porque efectivamente el error recae sobre los hechos que acaecen.14 La doctrina alemana, que se maneja, por el contrario, con el moderno esquema error de tipo/error de prohibición, calificó al supuesto que nos ocupa como un error de prohibición indirecto.15 En la actualidad tiende a prevalecer la tesitura que encuadra al error directo de justificación, que recae sobre la concurrencia de los componentes objetivos de una justificante, no como un error de prohibición indirecto, sino, antes bien, como un error de tipo permisivo;16 corriente de opinión que nos parece la más acertada. De esta forma, el error de tipo permisivo significa la contracara del error de tipo, dado que no recae sobre un tipo incriminador, sino sobre un tipo permisivo, que posee efecto neutralizador del injusto. Corresponde hacer la salvedad inmediata de que la calificación del supuesto en examen no impone la simultánea adhesión a la conocida teoría de los elementos negativos del tipo, la que concibe a las causas de justificación como contratipos negativos, incidentes ya en el primer estadio de valoración de la conducta; esto es, en el juicio de tipicidad.17 Aun dentro de una teoría tripartita del ilícito penal (por ej., tipicidad, antijuridicidad, culpabilidad), creemos que las causas de justificación están diseñadas y deben valorarse como tipos permisivos. Técnicamente, su estructura es la propia de un tipo, al igual que sucede en el tipo de la tentativa, en el tipo de la complicidad, etc. 14 Vid. Jiménez de Asúa, Tratado de Derecho Penal, p. 573; Núñez, Derecho Penal Argentino, p. 114. 15 Así, Welzel, Derecho Penal Alemán, p. 129; Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht. Allgemeiner Teil, p. 457; Jescheck/Weigend, Tratado de Derecho Penal, p. 491. 16 Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. I, p. 529; Freund, Strafrecht. Allgemeiner Teil, p. 249; Kühl, Strafrecht. Allgemeiner Teil, p. 433; Gropp, Strafrecht. Allgemeiner Teil., p. 509; Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 444; Frister, Derecho Penal. Parte General., p. 290; Heuchemer, Der Erlaubnistatbestandsirrtum, p. 40. 17 Véase Roxin, Teoría del tipo penal, p. 189 ss.; Schünemann, El sistema moderno del derecho penal, p. 71 ss.; Schroth, FS Kaufmann, 595 – 610.
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El concepto de tipo, en efecto, no está restringido, ni se reduce a los tipos incriminadores, en los que se describen las figuras delictivas. Muy por el contrario, el tipo es una forma ideográfica de expresión de una cláusula de derecho positivo. El tipo es la forma de expresión corriente de la norma positivizada, cuyo núcleo central está conformado por un determinado supuesto de hecho (Tatbestand), con el que se conecta la consecuencia jurídica respectiva: en el caso de los tipos permisivos, el permiso o autorización de la conducta descripta in abstracto en el supuesto de hecho.18 2. El error de justificación inverso El error de justificación inverso —o error “al revés”— se configura cuando el sujeto actúa con dolo penal, en la convicción equivocada de llevar a cabo un ilícito y sin conocimiento de la concurrencia, en el caso concreto, de los componentes fácticos objetivos del tipo permisivo, que sin embargo amparan y autorizan su conducta. En este supuesto, el sujeto realiza una conducta permitida, pues se verifican todos los componentes objetivos del tipo permisivo, de modo que a nivel material queda neutralizada la antijuridicidad de la conducta. No obstante, él lo ignora y por eso se califica la hipótesis como un error inverso: el agente desconoce la incidencia del permiso (los elementos objetivos de la justificante que concurre) y obra sin elemento subjetivo de justificación, con inequívoco desvalor subjetivo de acción.19 Es el caso, por ejemplo, del policía que procede a la detención de un prófugo requerido por la justicia, pero motivado en exclusivas razones de odio o enemistad personal con el detenido y obrando con la completa ignorancia de la requisitoria de captura que pende sobre el prófugo. Por consiguiente, aquí también media absoluta incongruencia entre la situación objetiva configurada (por ej., la justificante del cumplimiento de la ley) y la actitud subjetiva del policía aprehensor, quien obra en ausencia de todo elemento subjetivo de justificación, por su personal móvil de enemistad, como lo explicita la literatura penal dominante.20 18 Fernández, El elemento subjetivo de justificación en derecho penal, p. 68. Más ampliamente, Hassemer, Tatbestand und Typus. Untersuchungen zur strafrechtlichen Hermeneutik, p. 109; Wolf, Las categorías de la tipicidad, p. 18 – 19; Baumann, Einführung in die Rechtswissenschaft, p. 197; Kuhlen, Typuskonzeptionen in der Rechtstheorie, p. 163; Engisch, Einführung in das juristische Denken, p. 255; Kaufmann, Analogía y naturaleza de la cosa, p. 94. 19 Binding, Die Normen und ihre Übertretung, t. III, p. 402 – 403; Engisch, FS Heinitz, 185; Fischer, Der Irrtum über Tatbestandsalternativen, p. 50. 20 Valle Muñiz, El elemento subjetivo de justificación y la graduación del injusto penal, p. 93; Sanz Morán, Elementos subjetivos de justificación, p. 95; Gil Gil, La ausencia del elemento subjetivo de justificación, p. 85 ss.; De la Fuente, El aspecto subjetivo de las causas de justificación, p. 317 ss.; Trapero Barreales, Los elementos subjetivos en las causas de justificación y de atipicidad penal, p. 497.
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Desde luego, esta categoría de error se desvanece por completo para quienes entienden que los tipos permisivos no requieren ningún tipo subjetivo complementario, sino que se configuran objetivamente; opinión que —salvo el caso del derecho penal italiano y por la redacción literal del art. 59 de su código penal21—, continúa siendo la postura minoritaria.22
III. El error de permisión 1. El error de permisión directo El error de permisión directo es aquel error en el que el sujeto se representa una causa de justificación lisa y llanamente inexistente. Se trata de la imaginaria suposición de un tipo permisivo que no está reconocido por el ordenamiento jurídico. A vía de ejemplo, es el caso de quien cree hallarse autorizado, ante el daño que ha sufrido un bien de su propiedad, a hacer justicia por su propia mano y dañar un objeto propiedad del infractor, como si existiera una suerte de “retorsión” o devolución del daño, como hipótesis justificante. En contraposición con el error de tipo permisivo, aquí, en el error de permisión directo, el sujeto tiene un conocimiento exacto de la situación objetiva bajo la cual actúa, pero supone imaginariamente que existe una causa de justificación capaz de legitimar su comportamiento y autorizar su conducta.23 Vale decir, el sujeto se representa estar actuando bajo una causa de justificación inexistente, no reconocida por la ley. Otra variable, también encuadrable bajo el error directo de permisión, se verifica cuando el agente se equivoca ya no sobre la existencia de la justificante —que sí está consagrada dentro del ordenamiento jurídico—, sino que el error recae en este caso sobre el alcance y/o sus límites, pues cree que el tipo permisivo correspondiente posee un alcance, radio de acción o límites superiores y más amplios que aquellos que marca estrictamente la ley positiva. Sería el caso del padre que maltrata gravemente a su hijo, en la equivocada convicción de que el derecho de corrección paterno le permite llegar a tales extremos. Queda en claro que en cualquiera de ambos casos, ya fuere que el error incida sobre un tipo permisivo no reconocido por la ley, o bien sobre el alcance y los 21 Así y todo, reivindican la necesidad de un elemento subjetivo de justificación, Riz, Lineamenti di Diritto Penale. Parte Generale, p. 189; Marinucci, Rechtfertigung und Entschuldigung, p. 58; Spagnolo, Gli elementi suggetivi nella strutura delle scriminanti, p. 96 – 97; Fiore/Fiore, Diritto Penale. Parte Generale, p. 352; Moccia, El derecho penal entre ser y valor, p. 222. 22 Reivindican la postura objetivista dentro de la dogmática alemana: Spendel, FS Oehler, 203; Spendel, FS Bockelmann, 245 – 260: Oehler, Das objektive Zweckmoment in der rechtswidrigen Handlung, p. 165 ss. 23 Trapero Barreales, El error en las causas de justificación, p. 481.
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límites del tipo permisivo legislado, que el sujeto los cree de mayor amplitud a la real, la esencia de este error no es una inadecuada valoración fáctica de la situación objetiva, sino que estamos —bien por el contrario— en presencia de un error concerniente a la valoración jurídica, a la apreciación legal del hecho, que delinea entonces un supuesto de error de prohibición indirecto.24 En efecto, la creencia errónea del autor recae en esta hipótesis sobre el derecho y no sobre la situación fáctica concurrente. El error recae sobre la norma permisiva en sí misma, pues tiene que ver con el grado de conocimiento del derecho y no consiste —como ocurre en el caso del error de justificación— en una equivocada comprensión de la situación objetiva.25 Y en virtud de ese error, cuando el autor supone la presencia de una causa de justificación inexistente, o bien cuando le atribuye al tipo permisivo reconocido por la ley un alcance mayor o más amplio que el real (es decir, el legalmente reconocido), su conducta termina excediendo el permiso normativo o sobrepasando sus límites; de manera que si bien aquel obra con elemento subjetivo de justificación —bien que viciado por el error incidente—, no se configura una justificante en el ámbito objetivo. 2. El error de permisión inverso Al igual que con el error de justificación, también el error de permisión admite una modalidad inversa o de error al revés, la que se verifica cuando el autor no conoce la existencia del tipo permisivo —o bien cree que tiene límites más restringidos a los que en verdad reconoce el ordenamiento jurídico— y, por tanto, tiene la convicción errónea de obrar en forma ilícita, actuando consecuentemente con dolo penal, pese a que objetivamente su conducta está permitida. En definitiva, asistimos en la especie a una conducta objetivamente justificada, pero realizada sin dolo de justificación; vale decir, con ausencia del elemento subjetivo de justificación requerido por el tipo permisivo.26 Nuevamente, en este supuesto de justificación putativa, la ausencia del elemento subjetivo de justificación acompañando la realización material de la conducta será irrelevante para aquellos autores que solo creen en la configuración puramente objetiva de las justificantes.27
24
Vid.: Jescheck/Weigend, Tratado de Derecho Penal, p. 496; Kühl, Strafrecht. Allgemeiner Teil, p. 450 ss.; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, p. 162; Rudolphi, Unrechtsbewusstsein, Verbotsirrtum und Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums, p. 178 ss. 25 Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. I, p. 589 y 871. 26 Trapero Barreales, El error en las causas de justificación, p. 606; Gil Gil, La ausencia del elemento subjetivo de justificación, p. 85; Sanz Morán, Elementos subjetivos de justificación, p. 60; Kohlschütter, Die Strafrechtstheoretische Lösung der Fälle des indirekten Verbotsirrtum, p. 10. 27 Así, Haft, Strafrecht. Allgemeiner Teil, p. 56.
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IV. Valoración dogmática del error 1. El modelo a emplear Expuesto someramente el elenco de posibles errores en materia de causas de justificación, corresponde encarar seguidamente su adecuada valoración dogmática e indicar el tratamiento jurídico-penal que a cada uno de ellos debería otorgársele. Si nos atenemos a la antigua dicotomía entre error de hecho y error de derecho, es evidente que el error que versa sobre los componentes objetivos del tipo permisivo (error directo de justificación) devendría encuadrable dentro del modelo del error de hecho, en tanto que el error de permisión resultaría subsumible bajo el error de derecho, aunque con la trascendente limitación de la regla del error iuris nocet, conforme a la cual se predicaba antiguamente la irrelevancia de todo error de derecho recaído sobre una norma de carácter penal.28 Si se apela, entonces, a la tesis del error de hecho y del error de derecho sobre materia extrapenal (por ejemplo, sobre el alcance del derecho de retención amparado por la ley civil), ambas hipótesis confluyen en mantener la antijuridicidad, porque en lugar de excluir el injusto, solo dirimen la culpabilidad del autor. No obstante, hace ya buen tiempo que la dogmática contemporánea sobre el error ha reemplazado las viejas categorías de error de hecho y de derecho, trabajando en su lugar con el esquema diferencial del error de tipo y del error de prohibición ya referido.29 El error de tipo supone un error o desconocimiento de los elementos descriptivos o normativos del tipo penal, en tanto que el error de prohibición recae sobre la existencia misma de la norma prohibitiva. El primero incide pues sobre un elemento constitutivo del tipo penal, mientras que el segundo se vincula con la conciencia de la antijuridicidad, dado que el autor desconoce la existencia de la norma prohibitiva.30 Y ese modelo diferencial de error (por ej.: error de tipo/error de prohibición), pensado prima facie para el caso de los tipos prohibitivos, puede trasladarse cómodamente y aplicarse sin dificultades en el espacio de los tipos permisivos, los
28 Véase Jiménez de Asúa, Reflexiones sobre el error de derecho en materia penal, p. 67; Herrera, El error en materia penal, p. 42 – 43; Fernández Carrasquilla, Delito y error. Perspectiva político-criminal, p. 31; De la Rua, In Iure 2, 46. 29 A mera vía de ejemplo, Sancinetti, Sistema de la teoría del error en el Código Penal argentino, p. 3; Bacigalupo, Tipo y error, p. 154 y 171; Muñoz Conde, El error en el Derecho penal, p. 117. 30 Otra vez a vía de ejemplo, Nieto Martín, El conocimiento del derecho. Un estudio sobre la vencibilidad del error de prohibición, p. 107 ss.; Garibaldi/Pitlevnik, Error y delito, p. 110; Olaizola Nogales, El error de prohibición, p. 89 ss.; Bracco, Culpabilidad y conocimiento de la norma, p. 40 ss.; Córdoba, La evitabilidad del error de prohibición, p. 24; Horn, Verbotsirrtum und Vorwerfbarkeit. Eine systematische Grundlagenanalyse der Schuldtheorie, p. 57 ss.
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que —como se dijo— constituyen también estructuralmente tipos, solo que justificadores o de permiso.31 Dentro de ese esquema de pensamiento, la postura clásica identificó a todos los errores incidentes sobre una causa de justificación como supuestos de error de prohibición indirecto, por contraposición al error de prohibición directo, el que se relaciona con un tipo prohibitivo.32 Sin embargo, esa calificación “in totum” y globalizadora de los errores de justificación no resulta del todo acertada y es necesario agudizar el análisis de las diversas especies de error planteadas. 2. El error de justificación directo como error de tipo permisivo El error de prohibición, en cualquiera de sus modalidades (directo e indirecto) versa sobre el derecho. Implica, en efecto, el desconocimiento o la ignorancia de la existencia de una norma penal. No significa un error de comprensión fáctica de la situación objetiva configurada, sino un claro error de valoración jurídica, centrado en el desconocimiento de la norma penal.33 En cambio, en el error de justificación directo el autor no padece un error de índole normativa, pues conoce las dimensiones y alcance del tipo permisivo, pero yerra, sin embargo, en la comprensión o interpretación de la situación fáctica concurrente. Es —si se quiere— un error “de hecho”, porque el agente se equivoca en la apreciación del suceso fáctico y, por error, cree que convergen todos los elementos objetivos de una causa de justificación, cuando en realidad eso no es así. Desde luego, la valoración jurídica que se formula sobre el error de justificación directo depende de la concepción que se preconice respecto de la culpabilidad penal. a) La antigua teoría del dolo La doctrina clásica sostuvo que la suposición errónea de la concurrencia de los componentes objetivos de una causa de justificación no era una situación de “ignorantia iuris” o desconocimiento del derecho, sino un error de hecho que eliminaba el dolo del agente. Por tanto, al neutralizarse el dolo —que ellos insertaban como forma o especie de la culpabilidad—, ese error de hecho se 31
Véase supra, nota 18. Véase Welzel, Derecho penal alemán, p. 129; Jescheck/Weigend, Tratado de Derecho penal, p. 411; Zaffaroni/Alagia/Slokar, Derecho Penal. Parte General, p. 734; Righi, Derecho Penal. Parte General, p. 332. 33 Felip i Saborit, Error iuris. El conocimiento de la antijuridicidad y el art. 14 del Código Penal, p. 120; Groteguth, Norm-und Verbots(un)kenntnis, p. 35. 32
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convertía en una causa de exclusión de la culpabilidad, pero no alteraba el tipo de injusto, dejando inalterada la antijuridicidad del hecho.34 b) La teoría estricta de la culpabilidad En cambio, el finalismo encuadró al error sobre la concurrencia de los presupuestos objetivos de una justificante como un error de prohibición indirecto, preconizando que todo error incidente sobre un tipo permisivo (incluido el error de permisión, que versa sobre la existencia, alcance o límites de una causa de justificación) debía recibir el mismo tratamiento penal, reivindicando de este modo una consideración unitaria o monista.35 En adelante la referida tesis comienza a abrirse camino. La dogmática penal pasa a reconocer dos hipótesis diversas de error de prohibición: el error directo, configurado por la ignorancia o desconocimiento de una norma incriminadora, y el error indirecto de prohibición, conformado por la falsa creencia del autor, de hallarse amparado bajo un supuesto justificante.36 Si el error es invencible excluye la culpabilidad del autor, en tanto que, si fuere vencible o evitable, determina solo una atenuación de la pena. c) La teoría restringida de la culpabilidad Otro grupo de autores se decantan por argumentar que el error sobre los presupuestos objetivos de una causa de justificación no es un error de prohibición, sino un error de tipo. En tal virtud, la vencibilidad del error compensa el dolo, pero mantiene la eventual imputación por imprudencia (si estuviere legislada una forma típica imprudente del respectivo delito), pues solo el error invencible exime de responsabilidad.37 Entonces, la suposición errónea sobre la concurrencia de los componentes objetivos de una causa de justificación fue valorada, tanto por los partidarios de la teoría del dolo, como por los defensores de la teoría estricta de la culpabilidad, 34 Así von Liszt/Schmidt, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, p. 258 y 265; Liepmann, Einleitung in das Strafrecht, p. 131 – 134; Kohlrausch, Irrtum und Schuldbegriff im Strafrecht, p. 300; von Beling, Die Lehre vom Verbrechen, p. 178 y 181; von Hippel, Lehrbuch des Strafrechts, p. 137; von Weber, Lineamientos del derecho penal alemán, p. 94; Sauer, Derecho Penal. Parte General, p. 255. 35 Welzel, Derecho penal alemán, p. 232; Welzel, El nuevo sistema del derecho penal, p. 178; Kaufmann, Estudios de Derecho Penal, p. 141; Maurach/Zipf, Derecho Penal. Parte General, p. 675; Hauf, Strafrecht. Allgemeiner Teil, p. 220. 36 Vid.: Kaufmann, FS Schmidt, 325 ss.; Córdoba Roda, El conocimiento de la antijuridicidad en la teoría del delito, p. 115; Zaffaroni/Alagia/Slokar, Derecho Penal. Parte General, p. 734; Righi, Derecho Penal. Parte General, p. 332; Bacigalupo, Tipo y error, p. 88. 37 Gallas, La teoría del delito en su momento actual, p. 63; Stratenwerth, Derecho Penal. Parte General I, p. 228; Grünwald, GS Noll, 183 – 196.
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como una deficiencia vinculada a la conciencia del injusto, la que faltaría en quien obra bajo la convicción errónea de realizar una acción permitida. d) Nuestra postura: el error de tipo permisivo En principio, nos parece equivocada la consideración monista o unitaria en materia de errores de justificación y de permisión, porque equiparan situaciones claramente diferentes. Para apreciar la divergencia entre ellas no hay que mirar a la consecuencia jurídica del error, sino —antes bien— al objeto sobre el cual recae el susodicho error. De lo contrario, todo error de tipo terminaría convertido también en error de prohibición, porque el sujeto (por ejemplo, al tomar un abrigo similar al suyo, pero ajeno), carece en ese momento de toda conciencia de realizar un injusto penal. Por tanto, cuando el error recae sobre los extremos objetivos de una causa de justificación (que se suponen equivocadamente concurrentes), estamos en presencia de un error de tipo permisivo y el caso debe resolverse conforme a las reglas del error de tipo, y no como error de prohibición indirecto. Según lo señalara con agudeza Mir Puig, el error sobre los presupuestos objetivos de una causa de justificación, por afectar como el error de tipo al supuesto de hecho de la norma justificante, debe tener la misma significación que el error de tipo y debe merecer idéntico tratamiento.38 El propio Welzel hubo de admitir que el error de justificación directo no es un error sobre la norma permisiva, sino “un error sobre un estado de cosas”39 ; solo que sobre la concurrencia de los presupuestos objetivos de la justificante. A su turno, Jescheck visualizó la diferencia entre las distintas clases de errores, admitiendo que el error sobre un tipo permisivo “está a caballo entre el error de tipo y el error de prohibición”.40 En consecuencia, actualmente buena parte de la doctrina —solución a la cual adherimos— estima que un error que incide sobre los componentes o presupuestos objetivos de una causa de exclusión del injusto (el error de justificación directo) es un error de tipo permisivo (Erlaubnistatbestandsirrtum), puesto que estructuralmente versa sobre los elementos del tipo permisivo y, por consiguiente, debe tratarse como un error directo de tipo permisivo, en tanto posee la misma significación.41 Tal postura tiende a generalizarse también dentro de la dogmática alemana.42 38
Mir Puig, Derecho Penal. Parte General, p. 253. Welzel, Derecho penal alemán, p. 234. 40 Jescheck/ Weigend, Tratado de Derecho Penal, p. 497. 41 Díaz y García Conlledo, El error sobre elementos normativos del tipo penal, p. 169. 42 Véase Frister, Derecho Penal. Parte General, p. 290; Freund, Strafrecht. Allgemeiner Teil, p. 249; Kühl, Strafrecht. Allgemeiner Teil, p. 433; Gropp, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 39
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En lo central, el acontecer objetivo real y la representación del autor divergen de tal forma, que no se realiza el tipo objetivo del permiso regulado por la ley, el cual aquél supone sin embargo concurrente en la situación fáctica concreta. Lo más correcto, por lo tanto, es aplicar al error directo de justificación (error directo sobre el tipo permisivo) la teoría restringida de la culpabilidad (también se la denomina teoría limitada), valorando que, en tanto error de tipo, prima facie solo compensa el dolo. Empero, cuando es vencible deja subsistente la culpa. Si el error fuera inevitable o invencible, se neutraliza y excluye también la imprudencia. 3. El error de justificación inverso El error de justificación inverso —según se viera— se plantea cuando sí concurren todos los presupuestos objetivos de una justificante, pero el autor no los reconoce y obra con dolo penal. Vale decir, es un error al revés, pues el sujeto desconoce la aplicabilidad del tipo permisivo y, por ende, obra sin elemento subjetivo de justificación. Este error inverso de tipo permisivo es también una errónea apreciación del contexto situacional por parte del agente, quien cree que no concurre en el caso ninguna justificante legal, porque no reconoce la presencia del componente objetivo de una causa de exclusión del injusto. La doctrina diverge sobre el tratamiento penal que dicho error amerita. a) Solución de la impunidad Para algunos, que sufragan por la intrascendencia del elemento subjetivo de justificación, el hecho queda de todas maneras plenamente justificado por la sola configuración objetiva del tipo permisivo, independientemente de cual sea el conocimiento y la voluntad del agente (quien actúa con dolo penal).43
p. 509; Heuchemer, Der Erlaubnistatbestandsirrtum, p. 40; Ebert, Strafrecht. Allgemeiner Teil, p. 127; Schmidt, Strafecht. Allgemeiner Teil, p. 203; Dreher, Der Irrtum über Rechtfertigungsgründe, p. 207 – 228; Dreher/Tröndle, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, p. 91; Lackner, Strafgesetzbuch mit Erläuterungen, p.132; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, p. 158 – 159; Schlüchter, Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale im Strafrecht, p. 175 y 179. 43 Spendel, FS Bockelmann, 245 – 260; Spendel, FS Oehler, 197 – 208; Haft, Strafrecht. Allgemeiner Teil, p. 56; Quintano Ripolles, Compendio de Derecho Penal, p. 247; Rodriguez Devesa, Derecho Penal. Parte General, p. 482 – 483; Cobo del Rosal/Vives Antón, Derecho Penal. Parte General, p. 427 – 429; Carbonell Mateu, La justificación penal. Fundamento, naturaleza y fuentes, p. 89. Ver además las obras citadas en la nota 7.
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b) Solución de la consumación La tesis antagonista, situada en las antípodas de este planteo, se origina en la corriente de pensamiento finalista, la que entiende que al no concurrir en el caso un elemento subjetivo de justificación de parte del autor, el hecho debe imputarse —pese a la concurrencia de una situación objetiva justificante— como un delito consumado.44 En menos palabras, la ausencia del elemento subjetivo de justificación, que determina un desvalor de acción, le hace perder toda eficacia a los componentes objetivos del tipo permisivo. En esta orientación, Maurach desarrolló la llamada “teoría de la congruencia”, fundamentando que la justificación penal requiere siempre de la presencia conjunta del elemento objetivo y del subjetivo, de modo que la sola justificación objetiva devendría irrelevante y, entonces, ella conduce a valorar la conducta como un ilícito consumado.45 c) Solución de la tentativa inidónea Si bien la congruencia entre elementos objetivos y subjetivos es una regla que hace a la esencia del tipo y el razonamiento finalista guarda, por cierto, una lógica interna, la solución de la consumación a la que arriba, privando de todo valor a la configuración objetiva del tipo permisivo, nos parece exagerada. Gallas fue el primero en acotar que cuando la conducta solo es típica en la representación subjetiva del autor y cuando este último obra típicamente y con dolo penal, pero objetivamente justificado, la situación debe resolverse como un supuesto de tentativa inidónea.46 De la misma opinión participa Rudolphi, para quien un desvalor de acción, por sí solo, no puede fundamentar jamás la punición por delito consumado.47 Zipf elabora —contra la teoría de la congruencia de Maurach— la teoría de la justificación separada, conforme a la cual en los supuestos de concurrencia de los elementos objetivos de una justificante, como falta el desvalor de resultado neutralizado, no es posible imputar un delito consumado solo con el desvalor de acto (el actuar doloso) del sujeto y, por tal razón, corresponde la aplicación
44 Welzel, Derecho penal alemán, p. 21; Hirsch, Derecho Penal. Obras Completas, p. 301; Niese, Finalität, Vorsatz und Fahrlässigkeit, p. 18; Paeffgen, El error en el derecho penal, p. 215; Cerezo Mir, Derecho Penal. Parte General, p. 514; Gil Gil, La ausencia del elemento subjetivo de justificación, p. 199; Zielinski, Desvalor de acción y desvalor de resultado en el concepto de ilícito, p. 311 – 312. 45 Maurach, Tratado de Derecho Penal, p. 374 – 375. 46 Gallas, FS Bockelmann, 175. 47 Rudolphi, FS Maurach, 58.
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analógica de una tentativa inidónea, que es —frente a la solución de la consumación— una analogía “in bonam partem”.48 La solución de la tentativa inidónea gana rápidamente partidarios en el seno de la doctrina49 y nos parece la más acertada, porque no puede privilegiarse la presencia del dolo del tipo prohibitivo, al extremo de pasar por alto una situación objetiva justificante plena y llegar a imputarle al sujeto un delito consumado. 4. El error de permisión El error de permisión, conforme fuera anotado, ya no consiste en una equivocada apreciación de la situación fáctica objetiva, sino que constituye —lisa y llanamente— un error de derecho, un error iuris, que concierne al conocimiento jurídico y a la valoración que puede hacer el sujeto. Reconoce también dos modalidades: el error directo de permisión y el error inverso de permisión.50 a) El error directo de permisión En el error directo de permisión, que versa sobre la existencia, alcance o límites de un tipo permisivo, existe consenso en calificarlo como un error de prohibición indirecto, pues tiene que ver con la existencia o el alcance de una norma legal permisiva.51 Como error de prohibición indirecto, si se lo tiene por invencible, funcionará con el efecto de exclusión de la culpabilidad del agente, planteando así un supuesto de injusto inculpable. c) El error inverso de permisión Al igual que en el error inverso de justificación, en el que el autor no reconoce la concurrencia de los componentes objetivos, en el error inverso de permisión el sujeto también actúa sin elemento subjetivo de justificación en una situación que 48
Véase Maurach/ Zipf, Derecho Penal. Parte General, p. 435. Blanke, Die subjektiven Rechtfertigungselemente, p. 148 y 164; Sch/Sch/Lenckner, Strafgesetzbuch Kommentar, 1991, Observaciones preliminares al § 32, n.8 m. 15; Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. I, 2.a ed., p. 597; Stratenwerth, Derecho Penal. Parte General I, 4.a ed., p. 225; Jescheck/Weigend, Tratado de Derecho Penal, p. 354; Günther, Strafrechtswidrigkeit und Strafunrechtsausschluss, p. 114 – 115; Luzón Peña, Curso de Derecho Penal. Parte General, p. 603 – 604; Gimbernat Ordeig, Introducción a la Parte General del Derecho Penal Español, p. 51; Huerta Tocildo, Sobre el contenido de la antijuridicidad, p.121 ss.; Sanz Morán, Elementos subjetivos de justificación, p. 93 ss.; Trapero Barreales, El elemento subjetivo de la causa de justificación, p. 606. 50 Véase, el apartado correspondiente. 51 Jescheck/Weigend, Tratado de Derecho Penal, p. 496; Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. I, 2.a ed., p. 871; Engisch, ZStW 70, 599. 49
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está objetivamente justificada, porque ignora la existencia misma del tipo permisivo, o bien porque supone que el alcance del permiso es menor al real. Aquí, la doctrina de orientación finalista aboga también por su encuadre en la calificación de una tentativa inidónea,52 en tanto otros optaron por definir este supuesto como un delito putativo,53 esto es, la suposición imaginaria de que se comete una conducta ilícita: la realización de un comportamiento lícito, pero con la errónea convicción de su ilicitud penal, lo que le otorga un formato a la figura del delito putativo. Bibliografía Bacigalupo, Enrique: Tipo y error, 2.a ed., Buenos Aires 2002. Baumann, Jürgen: Einführung in die Rechtswissenschaft, Múnich 1967. Baumann, Jürgen/Weber, Ulrich/Mitsch, Wolfgang: Strafrecht. Allgemeiner Teil, 10.a ed., Bielefeld 1995. Beling¸ Ernst von: Die Lehre vom Verbrechen, Tubinga 1906. Binding, Karl: Die Normen und ihre Übertretung, t. III, Darmstadt 1991. Blanke, Ernst-August: Die subjektiven Rechtfertigungselemente, Bonn 1960. Bracco, Simón: Culpabilidad y conocimiento de la norma, Buenos Aires 2012. Carbonell Mateu, Juan Carlos: La justificación penal. Fundamento, naturaleza y fuentes, Madrid 1982. Cerezo Mir, José: Derecho Penal. Parte General, Montevideo/Buenos Aires, 2008. Cobo del Rosal, Manuel/Vives Antón, Tomás Salvador: Derecho Penal. Parte General, 4.a ed., Valencia 1996. Cobos Gómez de Linares, Miguel: Presupuestos del error sobre la prohibición, Madrid 1987. Córdoba, Fernando Jorge: La evitabilidad del error de prohibición, Madrid 2011. Córdoba Roda, Juan: El conocimiento de la antijuridicidad en la teoría del delito, Barcelona 1962. De la Fuente, Javier Esteban: El aspecto subjetivo de las causas de justificación, Santa Fe 2008. De la Rúa, María Antonia: El error sobre los presupuestos de las causas de justificación, In Iure 2 (2011), p. 46 – 62. Díaz y Garcia Conlledo, Miguel: El error sobre elementos normativos del tipo penal, Madrid 2008. Dreher, Eduard/Tröndle, Herbert: Kommentar, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 40.a ed., Múnich 1981. 52 53
Véase nota 35. Trapero Barreales, El error de las causas de justificación, p. 607.
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El problema de la imprudencia Por Marcelo Ferrante Marcelo Sancinetti publicó su primera gran obra —su monumental “Teoría del Delito y Disvalor de Acción”— en 1991. Supe de la edición en esos días, cuando era apenas un alumno inicial en la Universidad de Buenos Aires. Me zambullí en su lectura y quedé fascinado. El libro ofrecía un estudio comprensivo de las implicancias de una concepción personal del ilícito según la cual —en palabras que la obra popularizaría— ilícita es la decisión de acción contraria a deber, y solo ella. En cada una de sus partes, Sancinetti identificaba problemas universales de los juicios de responsabilidad penal y ofrecía soluciones complejas, profundas e iluminadoras. En este homenaje a ese jurista sobresaliente del que aprendí qué es teorizar sobre la responsabilidad penal y de quien recibí el primero y principal apoyo en mi carrera, quiero simplemente revisitar un argumento de aquel libro deslumbrante, con la mirada de quien vuelve a la casa que habitó en la niñez. Elijo apenas uno de los tantos argumentos que me fascinaron entonces, que llamaré aquí la solución del problema de la imprudencia. El problema de la imprudencia es el nombre que doy a un contrargumento a la concepción personal del ilícito (I.). La solución del problema que Sancinetti presenta en “Teoría del Delito y Disvalor de Acción” pretende blindar a la concepción personal de ilícito frente a esa crítica, mostrando que el problema, en rigor, no es tal (I.I). Durante algún tiempo pensé que la solución de Sancinetti, y la concepción personal del ilícito que ella estaba dirigida a salvar, era vulnerable a una objeción, que la socavaría quizás fatalmente (III. y IV.). Hoy creo, sin embargo, que esa objeción no es fatal y que tal vez no sea siquiera una objeción (V.).
I. El reproche o condena que el castigo penal expresa requiere, si es que ha de estar justificado, que aquello por lo cual es impuesto sea un comportamiento ilícito, algo que aquel a quien se castiga no debía hacer. De acuerdo con la concepción personal del ilícito de Hans Welzel,1 una conducta es ilícita en relación con un deber cualquiera solo si quien realiza esa conducta hace 1
Cf. Welzel, Das neue Bild des Strafrechtssystems.
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intencionalmente aquello que ese deber prohíbe o manda. Si el deber prohíbe matar a otro, la conducta será ilícita en relación con ese deber si el agente mata intencionalmente a otro. Aunque ejemplificaré siempre con ese deber, lo mismo vale para cualquier otro: si el deber prohíbe hacer v, solo hacer v intencionalmente será ilícito en virtud de la violación de ese deber.2 Tal como uso aquí ese lenguaje, hacer intencionalmente algo es más amplio que hacer algo guiado por la intención de hacerlo. En breve, decir de alguien que hizo v intencionalmente es decir de esa persona que hizo v o bien guiado por la intención de hacer v, o bien guiado por la intención de hacer alguna otra cosa q, pero se representó al actuar así que podría resultar v en lugar de q o además de q.3 Sancinetti y otros autores que han escrito dentro de la tradición de Welzel demostraron que los presupuestos welzelianos llevan a la conclusión de que el factor que determina o fundamenta la ilicitud es exclusivamente el componente mental o subjetivo del hacer intencional. Lo que hace ilícita a una conducta en relación con el deber que prohíbe matar a otro, es eso que hace de ella un matar intencionalmente a otro, y no el hecho de que causa la muerte de otra persona. Un giro tradicional en la filosofía de la acción puede ayudar4 : lo que hace ilícito (por violar el deber que prohíbe matar a otro) a un matar intencionalmente a otro es aquello que queda de ese matar intencionalmente a otro si se le resta el hecho de que mata a otro. Ese resto es lo que Sancinetti llamó la decisión de acción (de matar a otro, en este caso).5 Una de las implicancias más notables de la concepción personal del ilícito es la tesis de que la responsabilidad por dolo y la responsabilidad por imprudencia —como aparecen en muchos derechos penales positivos— son el reflejo de ilícitos distintos. La implicancia es notable porque hay una tendencia, fácilmente comprensible, a explicar el ilícito de, por ejemplo, todo homicidio punible como la violación de un único deber de no matar a otros, y a dar cuenta de las diferencias de responsabilidad que los derechos penales positivos establecen según distintos estados mentales con los que el agente mata a otro, apelando a factores distintos de la ilicitud. Bajo la concepción personal del ilícito, en cambio, solo quien mata intencionalmente —en rigor, quien realiza la decisión de acción de matar a otro aunque de ella no resulte, de hecho, un matar a otro— puede obrar ilícitamente en virtud de la violación del deber de no matar a otro. Quien mata sin advertir que lo hace, como en los casos característicos de responsabilidad por imprudencia, no 2
Aquí y en adelante, las variables expresadas con letras griegas representan descripciones de clases de acciones. 3 La aclaración es solo terminológica; nada sustantivo se deriva de que se use de ese modo el lenguaje del hacer intencional, o se prefiera, en cambio, un uso más restrictivo. Con todo, el uso que propongo en el texto es el frecuente en la filosofía de la acción en la tradición analítica de G.E.M. Anscombe y Donald Davidson. Cf., por ej., Bratman, Philosophical Review 93; Ginet, On Action, p. 76. 4 Wittgenstein, Philosophical Investigations, § 621. 5 Sancinetti, Teoría del Delito y Disvalor de Acción, p. 30.
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infringe con su acción el deber que prohíbe matar a otro. Si esa acción es ilícita, en el sentido requerido para la responsabilidad penal, ha de serlo en virtud de la infracción de un deber distinto.6 Tomo un caso cualquiera de aparente responsabilidad por imprudencia, que usaré a lo largo de este ensayo como representante de todo el universo de casos de esa clase: Al conducir con los frenos en malas condiciones, un conductor atropella con su camión a un peatón; el peatón muere como consecuencia del choque y en la explicación del choque figura centralmente el hecho de que el sistema de frenos del camión estaba (previsiblemente para el conductor) en malas condiciones. El conductor ignora que con su acción mata al peatón —ignora que dirige su camión hacia el peatón, y que el camión no detendrá su marcha al pisar el pedal del freno—. No puede violar con ella, por lo tanto, el deber que le prohíbe matar al peatón, pues de acuerdo con la concepción personal del ilícito éste solo se puede violar con la decisión de acción de matarlo. Si la acción del conductor ha de generar responsabilidad penal por la provocación de la muerte del peatón, su acción debe ser ilícita en virtud de alguna otra norma. La tesis de quienes sostienen una concepción personal del ilícito es que la acción puede ser relevantemente ilícita en virtud de la infracción de una norma de cuidado. Son estas normas las que dan cuenta de la ilicitud de la imprudencia. Junto a cada norma principal, como la que prohíbe matar a otro, suele haber un conjunto de normas, derivadas de algún modo de aquélla, que prohíben o mandan clases de acciones cuya realización u omisión haría irrazonable o injustificadamente probable que ocurriera el desenlace que busca evitar la norma principal. En el ejemplo del conductor del camión, la norma de cuidado podría ser una que prohibiera, por ejemplo, conducir con los frenos en mal estado. Ésta podría ser la norma de cuidado que haría ilícita la acción del conductor y que, si concurriera también el resto de condiciones de las que depende la responsabilidad penal, daría fundamento a una condena por el homicidio (por imprudencia) del peatón. Ahora bien, por la misma razón por la que solo un matar intencionalmente a otro puede violar la prohibición de matar a otro, solo un conducir intencionalmente con los frenos en mal estado puede violar la prohibición de conducir con los frenos en mal estado. Si, por ejemplo, el conductor ignorara que los frenos de su camión estaban en mal estado, su acción no sería ilícita —no, al menos, en relación con la norma de cuidado relevante— y no sería condenable como autor de un homicidio imprudente. El ejemplo ilustra la objeción a la concepción personal del ilícito que llamo aquí el problema de la imprudencia. De acuerdo con esta objeción, la concepción 6
Aludo aquí a la denominada imprudencia inconsciente. En los casos de la así llamada imprudencia consciente —también culpa con representación— el agente mata intencionalmente y viola, por tanto, el deber de no matar. Por eso Sancinetti los identifica con la responsabilidad por dolo. Cf. Sancinetti, Teoría del Delito y Disvalor de Acción, p. 145 ss., esp. 197 ss.
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personal del ilícito no da buena cuenta de la responsabilidad por imprudencia, en los dos sentidos siguientes. Primero, no acomoda rasgos característicos de la práctica jurídico penal de atribución de responsabilidad por imprudencia, al requerir ciertos estados mentales como condición para la responsabilidad y dejar lugar, en consecuencia, a una defensa de error que es ajena a esa práctica. El conductor del ejemplo puede ofrecer como descargo que ignoraba que estuviera conduciendo con los frenos en mal estado —aunque ese rasgo de su acción fuera fácilmente cognoscible para él— y eso sería suficiente para negar el ilícito en relación con la norma de cuidado escogida. Por cierto, esto es un problema solo si el valor de la teoría jurídica tiene una dimensión o compromiso descriptivo; esto es, si se espera de ella que encaje en la práctica sobre la que pretende teorizar, o la explique en todos sus detalles.7 Segundo, la concepción personal del ilícito no permite hallar imprudencia donde debería hallarla —por ejemplo, en el comportamiento del conductor del camión—. Más específicamente, ella implicaría condiciones del ilícito tales que muchas de las acciones que identificamos normalmente como imprudentes —tal vez la mayoría de ellas— no serían reconocibles como ilícitas, de modo que el universo de acciones imprudentes que se derivaría de la teoría sería injustificadamente reducido.
II. La solución al problema de la imprudencia que Sancinetti presenta en “Teoría del Delito y Disvalor de Acción”8 concede que la atribución de imprudencia implica una evaluación de lo que el agente hace intencionalmente y, así, admite como un costo teórico aceptable la primera parte de la objeción; pero niega la segunda parte, esto es, que eso impida dar cuenta de un razonable universo de casos de imprudencia. La objeción exageraría así las implicancias de un rasgo genuino de la teoría para postular un problema donde, en rigor, no lo hay. La solución de Sancinetti resulta de la combinación de algunas ideas que ajustan y precisan conceptos más básicos con los cuales formulamos juicios de ilicitud, en general, y de impudencia, en particular. La primera es la idea de que las normas de cuidado a las que apelamos en nuestros juicios de imprudencia frecuentemente no son normas discretas, sino que conforman conjuntos más o menos fluidos de estándares, que podemos ordenar en secuencias de normas relacionadas unas con otras según la mayor o menor generalidad de sus objetos: las clases de acciones que prohíben o mandan. Piénsese, por ejemplo, en la imprudencia en la manipulación de armas en relación con el riesgo para la vida de otras personas. De acuerdo con esta idea, el deber general de 7 8
Cf., por ej., Dworkin, Law’s Empire; Coleman, The Practice of Principle, p. 162 ss. Sancinetti, Teoría del Delito y Disvalor de Acción, p. 257 ss.
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comportarse con cuidado de quien interviene en ese contexto se manifiesta en muchos deberes más o menos específicos (NC1, NC2, NC3, . . . NCn), que podrían plausiblemente incluir, entre otros, la prohibición de la riesgosísima conducta de disparar un arma cargada contra otra persona, y de las menos peligrosas de manipular un arma cargada frente a otra persona, o incluso de la de manipular el arma que quizás esté cargada donde quizás haya alguien que puede verse afectado por un disparo accidental. De esta idea se sigue que no es posible negar la imprudencia con solo negar la ilicitud respecto de alguna norma de cuidado, si es que hay formulaciones menos específicas, pero todavía relevantes, del deber general de cuidado que el agente pudo haber infringido. Así, negar la imprudencia implica sostener que no hay ninguna norma de cuidado relevante que haya sido violada. La segunda idea refiere a la estructura de las normas de cuidado. Según esta idea, muchas de las normas a las que aludimos al atribuir imprudencia tienen una estructura compleja, que refleja el hecho de que frecuentemente los comportamientos que pueden ser imprudentes son, sin embargo, condicionalmente permisibles, si quien los lleva a cabo adopta cierta medida de protección. Una norma con esta estructura prohíbe (i) la realización de una clase de comportamiento que se asocia con una probabilidad irrazonable de lesión o riesgo, junto con (ii) la omisión de llevar a cabo además la acción requerida para reducir o neutralizar de alguna manera ese riesgo. Sancinetti acuña los términos síndrome de riesgo para referir a los elementos definitorios de la acción en virtud de los cuales se la asocia con una probabilidad irrazonable de daño —aquello a lo que alude la parte (i) de la norma de cuidado— y componente sin-haber para la clase de acción de cuya omisión depende la ilicitud —la parte (ii)—.9 Así, el objeto de una norma como la última del ejemplo de los deberes de cuidado vinculados con el uso de armas, debería ser representado con mayor exactitud en estos términos: “No (i) manipular un arma que puede estar cargada donde probablemente hay otra persona, (ii) sin haber revisado el lugar para asegurarse que allí no hay nadie”. Estas dos ideas —sumadas a un entendimiento razonable acerca de las condiciones que autorizan a decir de alguien que hace intencionalmente algo que consiste en una acción compleja integrada por un síndrome de riesgo y un componente sin-haber— diluyen la objeción de que la concepción personal del ilícito no es capaz de dar cuenta de un conjunto razonablemente amplio de casos de imprudencia punible. Vuélvase al ejemplo del conductor del camión que arrolla a una persona en virtud de un defecto en el sistema de frenos. La acción del conductor no puede ser ilícita en virtud de la norma que prohíbe matar a otros, pues, por hipótesis, no es verdad que mata a otro intencionalmente; ni lo puede ser tampoco 9 Sancinetti toma estos términos de Zielinski (Handlungs- und Erfolgsunwert im Unrechtsbegriff, p. 171 ss.) y Struensee (Juristenzeitung 1987).
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en relación con la norma de cuidado que prohíbe conducir con los frenos en mal estado (NC1), pues, también por hipótesis, el conductor ignora que sus frenos están en mal estado, por lo que no es verdad que conducir con los frenos en mal estado es algo que él hace intencionalmente. Ahora, la primera idea indica que NC1 es solo una especificación, entre muchas, del deber general de cuidado que obligaba al agente en la conducción del camión como correlato del derecho de la víctima de no ser atropellada. Junto a NC1 hay otras normas de cuidado relevantes para la explicación del daño ocurrido, de modo que no se sigue sin más del hecho de que el conductor no haya infringido NC1 la conclusión de que no haya actuado ilícitamente en el sentido requerido para su responsabilidad como autor de un homicidio imprudente. Por ejemplo, parece plausible que entre las normas de cuidado que lo obligan esté NCn, que prohíbe “(i) conducir un camión (ii) sin haber revisado que el sistema de frenos estuviera en buenas condiciones”. Si conducir el camión sin haber revisado los frenos es algo que el conductor del ejemplo hace intencionalmente, entonces su comportamiento podrá ser ilícito en virtud de esa norma de cuidado, lo que refutaría la objeción de que la concepción personal del ilícito no puede hallar responsabilidad por imprudencia en casos como ese. Sancinetti sostiene que, en general, las condiciones de la ilicitud estarían satisfechas si quien actúa lo hace con consciencia de los rasgos que constituyen el síndrome de riesgo, sin que sea necesario que obre representándose también el hecho de que ha omitido la acción a cuya ausencia alude el componente sin-haber. La ausencia de esa representación no negaría el ilícito; lo que lo negaría o excluiría es la creencia o representación de que ha llevado a cabo la medida de protección a la que refiere el componente sin-haber: en el ejemplo del conductor, la creencia (verdadera o falsa) de que sí ha controlado los frenos.10 Este contraste entre las condiciones de la ilicitud relativas al síndrome de riesgo y las correspondientes al componente sin-haber —que permite estrechar aún más las redes de la concepción personal del ilícito de manera que no deje escapar los casos de imprudencia que debe capturar— puede parecer ad hoc a primera vista, pero no lo es. Solo puedo decir aquí que esa idea vale en general para toda omisión intencional y para los rasgos negativos de acciones positivas.
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La conclusión de Sancinetti depende del papel relativo que ejerce en la explicación o fundamentación del ilícito el componente sin-haber en comparación con el síndrome de riesgo. Parece haber algo así como una relación tal que cuanto más explica el ilícito el síndrome de riesgo, menos lo hace el componente sin-haber, y viceversa. La conclusión que anoto en el texto vale mientras la explicación del ilícito depende principal o predominantemente del síndrome de riesgo. De allí que la haya cualificado con un “en general”. A partir del punto en el que el síndrome de riesgo no juega ya casi ningún papel en la fundamentación del ilícito, y casi todo el trabajo lo hace el componente sin-haber, quizás sea necesario para la ilicitud que el agente obre representándose que ha omitido precisamente esa medida de protección. Cf. Sancinetti, Teoría del Delito y Disvalor de Acción, p. 281 – 284.
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En el caso de ilícitos puramente omisivos, es suficiente con que quien omite una acción obligatoria (v) sea consciente de las circunstancias fácticas en virtud de las cuales está obligado a hacer v y de aquellas que lo hacen capaz de hacer v, pero no es necesario que sea efectivamente consciente de que no hace v —aunque no omitiría intencionalmente v si creyera que hace v—. Así, viola el deber que obliga a prestar ayuda a otros quien, por ejemplo, no llama al servicio de emergencias a pesar de advertir la situación de necesidad en que está la persona a su lado en la calle y de ser consciente de que tiene su teléfono móvil encima —y no lo violaría si creyera que llama, aunque en efecto no lo hiciera—. Lo mismo vale para los componentes negativos de acciones positivas. Cuando una clase de acción se define, en parte, en términos de la ausencia de un hecho —por ejemplo, la ausencia de consentimiento de parte de otra persona— las condiciones en las que es posible decir inteligiblemente de alguien que lleva a cabo intencionalmente una acción de esa clase no incluyen la exigencia de que el agente se represente esa ausencia; es suficiente con que no obre con la creencia de que ocurre ese hecho. Por ejemplo, abusa sexualmente de otra persona quien impone sobre ella un contacto sexual no consentido, sin que sea necesario que el agente obre con la consciencia de que no cuenta con el permiso de la otra persona; es suficiente que no se represente que sí cuenta con ese permiso. Si este análisis es exacto, es suficiente para atribuir al conductor del camión la acción intencional de conducir sin haber revisado los frenos —y, por lo tanto, la violación de NCn— que sea consciente de que conduce, de las circunstancias que lo obligaban a revisar el sistema de frenos (quizás el tiempo transcurrido desde el control anterior) y de la oportunidad para hacerlo. El universo de casos de imprudencia que las redes de la concepción personal del ilícito permiten capturar parece así razonablemente amplio. Una vez que se la especifica adecuadamente, no parece haber fundamento para la objeción: el problema de la imprudencia, en fin, no es tal.
III. La solución al problema de la imprudencia deja a la luz, sin embargo, el siguiente déficit de la concepción personal del ilícito. Es una anomalía que al condenar a alguien, por ejemplo, por homicidio —esto es, por un tipo de conducta que caracterizamos como matar a otra persona, o causar su muerte— no se pueda atribuir a quien se condena el ilícito del homicidio, la violación del deber de no matar. Es de esperar que aquello por lo cual se condena coincida con aquello en virtud de lo cual se condena. Así, si hemos de condenar a alguien por matar a otra persona, es el matar a otra persona lo que debe constituir el ilícito que lo hace condenable.11 La solución al problema de la imprudencia, en cambio, nos lleva a 11
Ferrante, Legal Theory 15, 294 ss.
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fundar la condena por homicidio (imprudente) en un ilícito distinto (¡muy distinto!): el de conducir un camión sin haber revisado los frenos.12 Esa anomalía da motivo para volver sobre la pregunta acerca de por qué no puede ser ilícito el matar a otro de quien obra por imprudencia. No puede serlo porque, de acuerdo con la concepción personal del ilícito, solo puede violar el deber de no matar a otro quien mata a otro intencionalmente. La tesis de Welzel de la que deriva esta concepción se asienta en dos ideas más básicas. Ambas ideas son frágiles o inestables en el sentido que sostengo en esta sección y en la que sigue. Welzel postula con razón que la propiedad ilicitud no puede predicarse de meras secuencias causales, sino solo de acciones personales; y caracteriza el concepto de acción personal de modo que éste resulta idéntico al de acción intencional en el sentido que doy a este concepto en este trabajo. Esta última caracterización, sin embargo, es artificial o arbitrariamente restrictiva. Entre, por un lado, lo que hacemos intencionalmente y, por otro, los meros procesos causales en los que no figuramos como agentes —y a los que aludimos con el lenguaje de las acciones solo en un sentido extensivo— hay un espacio que corresponde naturalmente al campo de las acciones personales. Ese espacio es el que comprenden las acciones no intencionales: eso que hacemos como agentes, bien que no intencionalmente. Un ejemplo canónico:13 en la historia que narra la tragedia “Edipo Rey”, Edipo se casa con Yocasta. Casarse con Yocasta es algo que Edipo hace intencionalmente, una acción personal de él. Yocasta era su madre, de modo que si es verdad que (i) Edipo se casó con Yocasta, tiene que ser verdad que (ii) Edipo se casó con su madre. El enunciado (ii), sin embargo, no describe algo que Edipo haya hecho intencionalmente bajo esa descripción, pues ignora, al casarse con ella, que Yocasta es su madre. Pero tampoco describe un mero proceso causal ciego. La siguiente comparación debería ayudar. En virtud de conexiones inaccesibles para las personas, la unión de Edipo con Yocasta desencadena una peste en Tebas. De modo que también es verdad que, al casarse con Yocasta, (iii) Edipo provocó una peste en Tebas. El enunciado (iii) describe sin dudas un proceso causal ciego, algo que definitivamente no es una acción personal de Edipo: la secuencia de eventos que conectan su casarse con Yocasta y la irrupción de la peste años más tarde es, por hipótesis, obra de los dioses, no un evento que Edipo pudiera controlar —ni siquiera entrever— al casarse con Yocasta. El suceso así descripto no expresa ninguna de las capacidades que pueden caracterizar a Edipo como agente. Podemos referir a él con el lenguaje de 12
En rigor, el déficit no se limita a la responsabilidad por imprudencia; simplemente allí se hace más evidente. Cf., por ej., Feinberg, Problems at the Roots of Law, p. 77 ss., quien, al defender una posición semejante a la de la concepción personal del ilícito, propone ajustar la práctica jurídico penal de modo que se deje de condenar por homicidio para hacerlo, en su caso, por la clase de comportamiento exactamente ajustada a la ilicitud atribuible. 13 Searle, Intentionality, p. 101 ss.
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las acciones, como lo hacemos al decir que un rayo destruyó el tejado, o un toro arruinó la carrera profesional del torero; pero lo hacemos usando ese lenguaje en sentido extensivo o meramente causal. Lo que expresa el enunciado (ii), en cambio, es muy distinto. Edipo ignora un rasgo del que depende la verdad del enunciado —i. e., el hecho de que Yocasta es su madre— pero el conocimiento de ese rasgo está a su alcance. Los enunciados (ii) y (iii) describen cosas que no son acciones intencionales de Edipo; no son cosas que Edipo hace intencionalmente. Sin embargo, mientras que el suceso que describe (iii) está indiscutiblemente fuera de su capacidad agencial, el que describe (ii), en cambio, es cualitativamente diferente: (ii) describe algo que Edipo puede hacer intencionalmente, una acción intencional posible de Edipo. Una forma de expresar este contraste es que mientras (iii) describe algo que no es una acción de Edipo, (ii) describe una acción no intencional suya. Edipo está allí involucrado como agente. Casarse con su madre es algo que él hace, aunque no lo hace intencionalmente. Es una acción personal suya; una acción no intencional. La caracterización de qué es una acción personal de la que parte Welzel en su argumento de que solo una acción personal, mas no un proceso causal ciego, puede ser el objeto de un juicio de ilicitud es —parece— injustificadamente estrecha. Y si lo es, entonces sería injustificado postular que, en el caso de nuestro ejemplo, el matar al peatón no es una acción personal (no intencional) del conductor. Y si es una acción personal del conductor, ¿por qué no puede ser ilícita bajo esa descripción, como una violación del deber de no matar a otros?
IV. Aun si muchas de las cosas que hacemos sin advertir que las hacemos —i. e., nuestras acciones no intencionales— merecen ser concebidas como acciones en sentido personal y no meros procesos causales ciegos, todavía puede ser verdad que no pueden ser ilícitas —y, por lo tanto, hacernos reprochables por ellas— en virtud de la segunda idea en la que se apoya el finalismo de Welzel: su tesis acerca de cómo funcionan los deberes de cuya violación depende la ilicitud. Según esa tesis, un deber es una entidad cuya función es interferir en el razonamiento práctico del agente, motivándolo para hacer o no hacer lo que el deber manda o prohíbe. El mecanismo de funcionamiento de un deber puede ilustrarse con un diálogo imaginario en el que el derecho (o la moral) le indica a la persona destinataria del deber que, por ejemplo, no debe matar, de manera que ella ajuste su comportamiento en virtud de esa indicación para que éste no resulte en un matar a otra persona. Ese diálogo imaginario solo podría ser fructífero si el agente a quien se dirige la indicación tiene ciertas creencias sobre el entorno al que se enfrenta; en particular, en el ejemplo del deber de no matar, si advierte que si sigue adelante con lo que está haciendo (o está a punto de emprender) matará (probablemente) a otra
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persona. El diálogo, en cambio, sería inútil con quien carece de esas creencias, o ignora ese rasgo de su comportamiento actual. Indicarle que no debe matar a quien ignora que está por matar no serviría a la función de que ajuste su comportamiento para que no resulte en un matar a otro; y eso mostraría que esa persona no está obligada por ese deber, o que su conducta no es idónea para violarlo. Si los deberes cuya infracción funda el juicio relevante de ilicitud se identifican por la función que pueden cumplir en el razonamiento práctico, y ese diálogo imaginario ilustra adecuadamente esta función, se entiende que solo un hacer intencionalmente v pueda violar un deber de no hacer v. Quien está en condiciones de participar fructíferamente en ese diálogo imaginario —porque advierte la probabilidad actual de que resulte un hacer v del comportamiento que emprende— sigue adelante y hace v, habrá hecho v intencionalmente. Hay buenas razones para conceder que la ilicitud equivale a la infracción de deberes, y que éstos son entidades que identificamos por su función en el razonamiento práctico —en especial, su capacidad para motivar conductas—. Sin embargo, la metáfora del diálogo imaginario no parece ilustrar adecuadamente el mecanismo de funcionamiento de esos deberes; al menos, no parece agotar el espacio de los mecanismos posibles, de manera que solo algo que encaje en esa metáfora pueda ser un deber o una infracción de ese deber. Si la metáfora del diálogo imaginario no ilustra con exactitud el mecanismo de funcionamiento de los deberes, o no lo hace exhaustivamente, puede que lleve a negar ilicitud a acciones que serían identificables como ilícitas de acuerdo con una concepción más acertada del funcionamiento de los deberes en el razonamiento práctico de los agentes. La pregunta que interesa hacerse aquí es si alguna concepción razonable del funcionamiento de los deberes lleva a la conclusión de que acciones no intencionales pueden ser ilícitas —i. e., que un hacer v no intencionalmente puede ser ilícito a la luz del deber de no hacer v—. Y esa pregunta parece tener una respuesta afirmativa. Una forma de mostrarlo es la que sigue.14 El deber de no hacer v no solo es capaz de motivar a un agente a que ajuste el comportamiento que reconoce efectivamente que resultará (probablemente) en un hacer v, sino también a ser sensible a los indicios de su contexto de actuación que le permiten advertir que su comportamiento resultará (probablemente) en un hacer v. Piénsese en alguien que va a tirar un objeto pesado hacia el otro lado de una pared medianera alta sin pensar más que en desembarazarse de ese objeto. Por hipótesis, esa persona tiene el deber de no dañar a otros —entre ellos al vecino que pasará por allí en ese momento—; y debe por eso asegurarse razonablemente de que por allí no pasará nadie a quien pueda caerle encima el objeto que arroja. Cumplir con el deber de no dañar a otras personas es en parte ser sensible a los rasgos accesibles del contexto que le permiten evaluar el riesgo de daño. Indicarle a ese agente que no debe dañar es en parte indicarle una razón para percibir el mundo que lo rodea con 14
Cf. Jakobs, FS Welzel, con una versión de este argumento.
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un ojo puesto en no dañar. Si arroja el objeto sin molestarse en pensar en esa posibilidad, viola el deber de no dañar al vecino que pasa por ahí y recibe el golpe propinado no intencionalmente por el agente. De acuerdo con esta idea, en fin, el error en la metáfora del diálogo imaginario residiría en suponer que quien no está en condiciones de hacer v intencionalmente, aunque sí de hacer v no intencionalmente, no puede motivarse eficazmente para no hacer v mediante el deber de no hacer v. La idea no debería sorprender si se atiende a que las acciones no intencionales son sucesos que están dentro de la capacidad agencial de quien las realiza. Son eventos cuyo agente podría emprender bajo esa misma descripción como acciones intencionales; son eventos controlables para su agente bajo esa descripción.15 Vuélvase al ejemplo del conductor del camión sin frenos. Si es posible decir con verdad de él que mató al peatón, en sentido personal y no meramente causal, eso es porque ese matar al peatón es un suceso que podría llevar a cabo intencionalmente como un matar al peatón y podría controlarlo —i. e., modificarlo o evitarlo— en tanto que matar al peatón. De allí se sigue que si el agente reconoce una razón suficiente para no matar podría modificar o evitar su matar al peatón —por ejemplo, revisando los frenos antes de conducir, o asegurándose de algún otro modo a su alcance que esa colisión, y otras posibles, no tendrán lugar—. El deber de no matar a otra persona, entonces, no solo es capaz de motivar a quien sabe que matará (probablemente) a otro a que modifique su conducta para que no resulte esa muerte. Más en general, ese deber puede motivar a toda persona que puede matar a otra (intencional o no intencionalmente) para que esas acciones posibles no tengan lugar. Cuando ocurre una de ellas, aun las de matar no intencionalmente a otro, no hay ningún obstáculo conceptual que impida sostener que su ocurrencia revela una violación del deber de no matar, en el sentido de que no ha sido el caso que el agente encontró en el deber de no matar un motivo suficiente para evitar esa acción.
V. Uno podría pensar, a partir de la discusión de las dos secciones anteriores, que la concepción personal del ilícito es errónea y que todo el edificio que Sancinetti construye sobre esa base en “Teoría del Delito y Disvalor de Acción”, ejemplificado aquí con su solución al problema de la imprudencia, se derrumba con ella. Los argumentos que presenté muestran que las premisas sobre las cuales se niega que la acción del conductor del camión sin frenos del ejemplo es ilícita en el sentido del homicidio —y no solo como un conducir sin haber revisado los frenos— son frágiles o inestables. Y si no hay premisas independientes en las que apoyarlas, esa fragilidad o inestabilidad se transmite a la concepción personal del ilícito: no es 15
Sobre la noción de control agencial, cf. Ferrante, Legal Theory 15, 274 ss.
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posible asegurar que ella sea la concepción correcta acerca de lo que hace ilícitas a las conductas; o que la concepción correcta de la ilicitud de las acciones no sea otra, una bajo la cual puede ser ilícito por violar el deber de no matar, un matar no intencionalmente a otra persona. Esa conclusión sería, sin embargo, precipitada. Todo parece indicar que no hay una concepción correcta de la ilicitud de las acciones, sino sentidos distintos en los que atribuimos ilicitud a un comportamiento, que refieren a distintas propiedades capaces de hacer verdadera la proposición acerca de una acción de que quien la llevó a cabo no debió hacerlo.16 De acuerdo con esta idea, hay algo así como un pluralismo de concepciones del ilícito, ninguna de las cuales agota por sí la verdad sobre las condiciones que permiten decir de una conducta que es ilícita o no lo es, sino que cada una de ellas responde a los distintos usos, preocupaciones o contextos en los que tiene sentido preguntarse por la ilicitud de un comportamiento. Para mostrar ese pluralismo tal vez ayude presentar la discusión sobre la concepción del ilícito —sobre los deberes y su infracción— en términos de la noción más básica de razones, razones para la acción. Decir de una persona que tiene el deber de no hacer v es afirmar que hay algo que es una razón para que esa persona no haga v; y es el actuar en contra de esa razón lo que da cuenta del ilícito. Puesta en estos términos, la pregunta por la concepción del ilícito es, de esta manera, la pregunta acerca de qué cosas pueden constituir razones para la acción.17 La concepción personal del ilícito implica la tesis de que son las creencias del agente las que constituyen razones para la acción. En el caso del ilícito del homicidio, es el hecho de que el agente cree que matará (probablemente) a otra persona si sigue adelante con lo que está haciendo o a punto de hacer, lo que le da una razón para ajustar su comportamiento de manera que no resulte esa muerte. El conductor del camión sin frenos del ejemplo no cuenta con esa razón, y por lo tanto no comete ese ilícito, precisamente porque no obra con la creencia de que con su acción matará al peatón. Buena parte de nuestro discurso normativo —por ej., el que involucra la noción de derechos y deberes correlacionados con derechos— encaja mejor con la tesis de que son hechos del mundo, y no nuestras creencias acerca del mundo, los que constituyen razones para la acción en el sentido buscado.18 De acuerdo con esta tesis, entonces, es el hecho de que el agente matará a otra persona si sigue adelante lo que constituye la razón para corregir su comportamiento, y no el hecho de que cree que la matará. Si hay una razón para no matar en este sentido, toda acción de matar es un actuar en contra de esa razón. 16
Así lo muestra Parfit, On What Matters, p. 150 ss. Sobre la convertibilidad de enunciados de deberes en enunciados de razones, cf., por ej., Raz, Practical Reason and Norms, p. 28 ss. 18 Cf., por ej., Dancy, Practical Reality, p. 49 ss. 17
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Esta posición objetivista simple, a su vez, no da buena cuenta de otros usos de nuestro discurso normativo, como el uso al que recurrimos en contextos de decisión, en los que está en juego la pregunta acerca de qué debemos hacer. Allí prospera el sentido según el cual solo rasgos del mundo epistémicamente accesibles para el agente —y no hechos del mundo simpliciter, ni las creencias del agente acerca del mundo— pueden constituir razones para la acción, con independencia de si el agente es efectivamente sensible a la evidencia disponible para él, o no lo es.19 De las concepciones del ilícito que corresponden a las últimas dos versiones acerca de la naturaleza de las razones —la objetivista simple, y la de la disponibilidad epistémica— puede derivarse que, en el ejemplo del camión sin frenos, el conductor ha violado el deber de no matar a la víctima, y no solo el que prohíbe conducir sin haber revisado los frenos, como se sigue de la concepción personal del ilícito; porque es plausible la proposición de que el hecho de que matará al peatón —o el riesgo accesible de que eso ocurra— es una razón para que el conductor ajuste adecuadamente su comportamiento. El pluralismo acerca de la naturaleza de las razones deriva del reconocimiento de que no hay fundamento concluyente para optar en general por alguna de esas versiones —y sus concepciones correlativas sobre lo que hace ilícitas a las acciones— como la correcta y negar ese carácter a las otras. Sería, entonces, injustificado hacerlo y constituiría una fuente de desacuerdos innecesarios. La debilidad de la concepción personal del ilícito a la que apuntan mis argumentos de las secciones III y IV no sugiere, en rigor, más que esta idea de que la tesis de que las creencias del agente pueden constituir razones en virtud de las cuales juzgar la ilicitud de su comportamiento convive con otras, como la que indica que los rasgos del mundo por sí —o en la medida en que son epistémicamente accesibles— también son razones capaces de determinar ilicitud, o pueden serlo. Si la idea del pluralismo de concepciones del ilícito es acertada, la cuestión entonces ya no es cuál de las concepciones en disputa es la correcta, sino solo cuál o cuáles de ellas son las pertinentes para la atribución de responsabilidad penal. Mi hipótesis es que la respuesta a esa pregunta varía según cuáles son nuestras ideas acerca de qué es el castigo estatal y el derecho con el que lo administramos; de modo que a distintas ideas sobre el castigo y el derecho penal pueden corresponder distintas concepciones del ilícito. Y más en particular: si el castigo estatal es el vehículo institucional con el que una sociedad compleja expresa actitudes de reproche y condenación,20 o en la medida en que lo es, una concepción personal del ilícito debería figurar en el centro de la teoría de la responsabilidad penal. La explicación residiría en que las personas somos justificadamente objeto de las reacciones actitudinales de otros, como el reproche y la condena, en parte en virtud 19 Cf. Dancy, Practical Reality, p. 56 ss. Las tres versiones que presento en el texto no agotan el universo de sentidos posibles de ilicitud; cf. Parfit, On What Matters, p. 164 ss. 20 Cf., por ej., Feinberg, The Monist 49.
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de cuáles son las actitudes que expresamos en nuestros comportamientos, y éstas, a su vez, son sensibles a las creencias e intenciones sobre la base de las cuales actuamos. Pero no es ésta la ocasión para defender esa hipótesis. Alcanza con mostrar aquí, como anticipé en la introducción, que las objeciones que presenté en las secciones III y IV no son fatales para la concepción personal del ilícito; y que tal vez no sean siquiera objeciones: apenas sugieren el pluralismo sobre el fundamento del ilícito que presenté en esta sección. Las ideas de Sancinetti, como era de esperar, están tan vigentes como cuando fueron presentadas a la comunidad académica hace ya casi treinta años. Bibliografía Bratman, Michael: Two Faces of Intention, Philosophical Review 93 (1984), p. 375 – 405. Coleman, Jules: The Practice of Principle, Oxford 2001. Dancy, Jonathan: Practical Reality, Oxford 2000. Dworkin, Ronald: Law’s Empire, Cambridge 1986. Feinberg, Joel: The Expressive Function of Punishment, The Monist 49 (1965), p. 397 – 423. Feinberg, Joel: Problems at the Roots of Law, Oxford 2003. Ferrante, Marcelo: Recasting the Problem of Resultant Luck, Legal Theory 15 (2009), p. 267 – 300. Ginet, Carl: On Action, Cambridge 1990. Jakobs, Günther: Vermeidbares Verhalten und Strafrechtsystem, en: Gerd Geilen/Hans J. Hirsch/Günther Jakobs/Armin Kaufmann/Fritz Loos/Hans-Ludwig Schreiber/Günter Stratenwerth (eds.), Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag, Berlín 1974, p. 307 – 327. Parfit, Derek: On What Matters, Vol. 1, Oxford 2011. Raz, Joseph: Practical Reason and Norms, 2. ed., Princeton 1990 (Oxford, 1999). Sancinetti, Marcelo Alberto: Teoría del Delito y Disvalor de Acción, Buenos Aires 1991. Searle, John Rogers: Intentionality, Cambridge 1983. Struensee, Eberhard: Der subjektive Tatbestand des fahrlässigen Delikts, en: Juristenzeitung 2 (1987), p. 53 – 63. Welzel, Hans: Das neue Bild des Strafrechtssystems, 4.a ed., Gotinga 1961. Wittgenstein, Ludwig: Philosophical Investigations, 2.a ed., Oxford 1958. Zielinski, Diethart: Handlungs- und Erfolgsunwert im Unrechtsbegriff, Berlín 1973.
Konzepte der Unrechtsbegründung Von Wolfgang Frisch Fragen der Unrechtsbegründung haben den von mir hochgeschätzten Jubilar im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit immer wieder beschäftigt; sie nehmen in seinem überaus umfangreichen spanisch-sprachigen Werk ebenso einen prominenten Platz ein wie in dem stattlichen Katalog der in deutscher Sprache verfassten Publikationen.1 Sie – oder doch zumindest einen Ausschnitt aus dieser Thematik – zum Gegenstand dieses Beitrags zu machen, lag daher nahe – zumal es sich um Fragen handelt, an denen auch der Autor dieser Zeilen seit langem interessiert ist. Der nachfolgende Beitrag wird sich zunächst den Fragen der Unrechtsbegründung im Kontext der vorsätzlichen Straftaten zuwenden, sich darauf aber nicht beschränken, sondern in einem weiteren Schritt auch die Unrechtsbegründung bei den Fahrlässigkeitsdelikten untersuchen. Ein solcher Ausgriff erscheint angemessen, ja geradezu geboten, weil gewisse Einsichten zur Unrechtsbegründung bei den Fahrlässigkeitstaten auch für die Erfassung des (vollen) Unrechts der Vorsatzdelikte bedeutsam sein dürften – so wie der Blick auf das Unrecht der Vorsatzdelikte Impulse für das Verständnis des Unrechts der Fahrlässigkeitsdelikte geben könnte. Auf die Auffassung des Jubilars wird dabei jeweils nach einer knappen Voranstellung des Panoramas der Meinungen einordnend und durch den Versuch einer Würdigung der Position Marcelo Sancinettis eingegangen werden. Die Würdigung wird eine Reihe von Übereinstimmungen aufdecken, freilich auch Divergenzen sichtbar machen. Der Jubilar möge die im Rahmen dieser Würdigung vorgebrachten Bedenken und Einwände nicht als beckmesserische Kritik, sondern als Anregung zu einem – weiteren – Gespräch verstehen, auf das ich mich freue.
I. Zur Unrechtsbegründung bei den Vorsatzdelikten 1. Die lange Zeit herrschende ältere Lehre (und Rechtsprechung) hat (auch) das Unrecht der vollendeten Vorsatzdelikte in einem objektiven Sachverhalt, nämlich der Verletzung des im Tatbestand geschützten Rechtsguts gesehen. Bei den vorsätzlichen Erfolgsdelikten lag das Unrecht danach in der Verursachung des tatbestandlich maßgeblichen Erfolgs, also dem Verstoß gegen ein Verursachungsverbot, bei sonstigen Delikten (also z. B. sogenannten Tätigkeitsdelikten) in der Erfüllung der Merkmale 1 Vgl. nur Sancinetti, Unrechtsbegründung, passim; ders., Dogmatik, S. 22 ff.; ders., Teoría, S. 17 ff., 43 ff., 145 ff., 257 ff.; ders., InDret, 1/2017, S. 1 ff.
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eines im objektiven Sinn verstandenen Tatbestands. An diesem objektiven Verständnis des Unrechts (auch) der vollendeten Vorsatzdelikte änderten auch die – im Grunde Gedanken des Handlungsunrechts vorwegnehmenden – materialisierenden Kausalitätstheorien (Adäquanztheorie, Relevanztheorie) und die Lehre von der objektiven Zurechnung wenig. Zwar gewinnen mit dem, seitens der objektiven Zurechnungslehre betonten, der Handlung anhaftenden missbilligten Risiko Aspekte des Handlungsunrechts Eingang in das Unrechtsverständnis – am deutlichsten herausgearbeitet in der Lehre, die in solchem risikobehaftetem Verhalten das eigentlich tatbestandsmäßige Verhalten der Erfolgsdelikte sieht.2 Aber es bleibt doch bei einem – nur eben auf die Handlung und objektives Handlungsunrecht erstreckten – objektiven Unrechtsverständnis. Und auch die Entdeckung sogenannter subjektiver Unrechtsmerkmale in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts vermochte das grundsätzlich objektive Unrechtsverständnis nicht zu erschüttern. Die genannten Merkmale blieben für die traditionelle Doktrin auf einige wenige Delikte begrenzte subjektive Einsprengsel in ein grundsätzlich objektiv zu verstehendes Unrecht (der vollendeten Vorsatzdelikte). Eine wirkliche Änderung, gewissermaßen ein neues Bild des strafrechtlichen Unrechts (der Vorsatzdelikte), brachte erst die zur Mitte des 20. Jahrhunderts hin aufkommende und sich rasch verbreitende finalistische Sicht der Straftat.3 Für sie war Ausgangspunkt in der Bestimmung des strafrechtlichen Unrechts der auf die Erfüllung des Tatbestands gerichtete oder mit ihr doch jedenfalls rechnende Wille des Täters. Wer in solcher Vorstellung oder Einstellung (mit solchem Willen) handelte, verwirklichte damit Unrecht, selbst wenn es zu keinen weiteren Folgen kam – am deutlichsten sichtbar an der Strafbarkeit des Versuchs, die ohne solches Unrecht nicht begründbar sei. Bei der Verwirklichung solchen Unrechts bleibe es – so die finale Sicht – jedoch auch, wenn im Gefolge derartigen Handelns der Erfolg eintrete. Uneinig waren sich die Vertreter der finalistischen Sichtweise allein darüber, welche Bedeutung für das Unrecht einem Erfolg zukam, der dann doch noch als Folge solchen Täterhandelns eintrat. Die Hauptströmung der finalen Unrechtslehre hielt insoweit an Teilen des klassischen Unrechtsverständnisses fest, ging also davon aus, dass auch der eingetretene Erfolg für das Unrecht bedeutsam sei, nämlich das zuvor allein verwirklichte Handlungsunrecht um ein Erfolgsunrecht erweitere, was für die Höhe der verwirkten Strafe bedeutsam sei.4 Ein Teil der Anhänger der finalistischen Lehre sah das anders: Für sie war das Unrecht als Verletzung des Rechts durch den Täter, also als Normbruch, mit der Beendigung des Handelns des Täters (dem beendeten Versuch) abgeschlossen; der Erfolg, dessen Eintritt oft zufällig sei, war nach ihrer Auffassung ungeeignet, dem vorhandenen Unrecht weiteres Unrecht hinzuzufügen; 2 Vgl. etwa Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 33 ff.; ders., GA 2018, 553 ff., 561 ff. 3 Welzel, Finale Handlungslehre, S. 7 ff., 13 ff.; ders., Das neue Bild, S. 2 f., 27 ff.; ders., Strafrecht, S. 33 ff.; Niese, Finalität, S. 6 ff., 27 ff.; krit. dazu Roxin, ZStW 74 (1962), 595 ff. 4 So z. B. Welzel, Strafrecht, S. 62; Gallas, FS Bockelmann, S. 155, 163 f.; Stratenwerth, FS Schaffstein, S. 177 ff.
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er war für diese Gruppe der Finalisten eine bloße objektive Bedingung für die Strafbarkeit des Täters wegen eines vollendeten Vorsatzdelikts.5 2. Die Position, die der Jubilar in diesem Panorama der Auffassungen selbst vertritt, ist eindeutig: Er ist ein überzeugter Anhänger der zuletzt genannten Doktrin – und zwar einer ihrer engagiertesten und in der Argumentation anspruchsvollsten und spitzfindigsten. Das wird wohl am deutlichsten an seiner monografischen Auseinandersetzung mit der Lehre von Welzels Schüler Günther Jakobs, der – wie Welzel – an der Unrechtsbedeutsamkeit des Erfolgs festhalten will.6 Sancinetti wirft einer solchen Konzeption in einer Vielzahl von kritischen Detailperspektiven vor, unvereinbar zu sein mit der – von Jakobs selbst wie von ihm vertretenen – Auffassung, dass das Wesen der Straftat in einem Normbruch liege, dem das Strafrecht zur Bestätigung der Geltung der Norm durch die Bestrafung des Normbruchs entgegentrete. Denn der Normbruch und damit das Unrecht der Straftat liege allein im Handeln des Täters und sei mit der Erreichung des Stadiums des beendeten Versuchs beendet.7 Ob noch ein Erfolg eintrete, sei eine Frage des Zufalls, nicht mehr durch ein (weiteres) Handeln des Täters bedingt und daher ungeeignet, dem vom Täter schon verwirklichten Unrecht weiteres hinzuzufügen. Auf der Linie eines solchen Verständnisses des Unrechts liegt es, dass Sancinetti in der Bestrafung des Versuchs und auch des untauglichen Versuchs nur eine konsequente Umsetzung dieses Verständnisses des Unrechts des Vorsatzdelikts sieht und den Einwänden gegen die Bestrafung des untauglichen Versuchs ablehnend gegenübersteht.8 Ein Normbruch sei dabei nicht nur dann gegeben, wenn der Täter über das Gegebensein tatsächlicher Umstände (wie z. B. das Geladensein der Pistole) irrt, bei deren Vorliegen sein Handeln (Schuss auf eine Person) zur Tatbestandsverwirklichung geeignet wäre. Auch wenn er seinem Handeln unter völliger Verkennung des Erfahrungswissens die Eignung zur Erfolgsherbeiführung beimesse – wie bei dem Schuss aus einer Waffe, mit der das Opfer gar nicht erreicht werden kann –, sei ein Normbruch zu bejahen. In Betracht komme in solchen Fällen im Hinblick auf die Ungefährlichkeit der Tat allein eine Milderung der Strafe – wie etwa im Falle des grob unverständigen Versuchs wegen des insoweit geringeren Handlungsunwerts. 3. Von einem Strafrechtler, der – wie der Autor dieses Beitrags – bekannt dafür ist, das Unrecht der vollendeten vorsätzlichen Tat in erster Linie in der (vorsätzlichen) Schaffung eines missbilligten, sich im Erfolg realisierenden Risikos zu sehen, mag 5 Arm. Kaufmann, ZStW 80 (1968), 34 ff., 50 f.; ders., FS Welzel, S. 393 ff., 403; Horn, Gefährdungsdelikte, S. 78 ff.; Zielinski, Unrechtsbegriff, S. 128 ff., 143 ff. 6 Jakobs, AT, 6/73, 75 f.; ders., Handlungsbegriff, S. 34 f.; krit. dazu Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 19 ff., 24 ff., 85 f., 165 ff., 282, 285; ders., InDret 3/2017, S. 1, 4, 9 ff. 7 Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 15 ff., 19 ff., 135 f., 285; ders., Dogmatik, S. 24; ders., InDret 1/2017, 1 ff., 7 ff., 10 ff.; ders., FS Jakobs, S. 583, 600. 8 Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 44 ff., zu Grenzen S. 197 ff.; ders., InDret 1/2017, S. 1, 7 ff.; ders., Dogmatik, S. 37 ff., 48 f.
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man möglicherweise erwarten, dass er dem vorstehend skizzierten Unrechtskonzepts Sancinettis von vornherein ablehnend gegenübersteht. Das ist indessen nicht der Fall. Im Gegenteil: Ich bin mit einigen der Thesen Sancinettis durchaus einverstanden. Das gilt insbesondere für Sancinettis Kernthese, also den Gedanken eines Unrechts, das bereits darin liegt, dass der Täter sich auf der Basis eines bestimmten subjektiven Sachverhalts – nämlich des Willens oder der Vorstellung der mit dem Handeln verbundenen Erfolgsherbeiführung oder Tatbestandsverwirklichung – betätigt. Ich kann dieser These nicht nur deshalb zustimmen, weil diese auch der Standpunkt des positiven Rechts ist, der sich in der Strafbarkeit des Versuchs einschließlich der prinzipiellen Strafbarkeit des untauglichen Versuchs widerspiegelt. Ich stimme der These vor allem zu, weil ich sie aus normentheoretischen Gründen für zwingend halte – und zwar auch für ein Strafrecht, das darauf zielt, Rechtsgüter vor bestimmten Beeinträchtigungen durch Strafe (genauer durch die Stabilisierung eines auf diesen Schutz gerichteten Normensystems) zu schützen. a) Auch ein solches (letztlich) auf Rechtsgüterschutz zielendes Strafrecht muss sich – nach der Bestimmung der zu schützenden Rechtsgüter und der zu verhindernden Beeinträchtigungen oder Gefährdungen – klar darüber werden, welche Verhaltensweisen es zur Erreichung seiner Ziele negativ zu bewerten und als (prinzipiell) rechtswidriges Verhalten zu qualifizieren hat. Naheliegenderweise sind dies Verhaltensweisen, denen ein nicht hinnehmbares und deshalb (prinzipiell) missbilligtes Risiko eignet, die zu verhindernden Beeinträchtigungen (oder sonstigen Zustände) herbeizuführen. Freilich kann ein vollständiges Normensystem beim Entwurf solcher Bewertungsnormen nicht stehenbleiben. Es muss auch dafür sorgen, dass diese Normen beachtet und eingehalten werden. Normentheoretisch am einfachsten ist dies, also die Bestimmung zu rechtsrichtigem Verhalten, wenn Personen (Normadressaten) selbst schon davon ausgehen, dass einem von ihnen erwogenen Verhalten jenes Risiko eignet, das die Rechtsordnung missbilligt. Dem Personenkreis, der das der Handlung eignende missbilligte Risiko erfasst hat, braucht die Rechtsordnung (als Verhaltensanleitung) nichts weiter zu sagen, als dass die erwogene Handlung zu unterlassen sei. Dementsprechend handelt rechtswidrig und verwirklicht Handlungsunrecht i.S. der Vorsatzdelikte, wer in Kenntnis des seinem Verhalten anhaftenden, seitens der Rechtsordnung missbilligten Risikos die entsprechende negativ bewertete Handlung vornimmt – erst recht natürlich, wenn er das Risiko zum Zweck der Erfolgsherbeiführung schafft oder von einem weit höheren als dem schon missbilligten Risiko (etwa dem sicheren Erfolgseintritt) ausgeht.9 All das erscheint völlig sachgerecht in den Fällen, in denen die Risikoeinschätzung des Täters mit einer objektiven ex ante Bewertung des Verhaltens übereinstimmt; dass das ex ante bestehende Risiko sich wegen des Eingreifens Dritter oder wegen ex ante nicht erkennbarer Umstände (zufälligerweise) dann doch nicht realisieren kann, steht der Annahme eines vom Täter verwirklichten Unrechts 9 Also in den besonders hervorgehobenen Vorsatzfällen der Absicht und des sicheren Wissens; näher zum systematischen Zusammenhang Frisch, Vorsatz, S. 496 ff.
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nicht entgegen. Freilich werden von einer das Verbot an die subjektive Sicht des Täters knüpfenden Verhaltensnorm auch die Fälle erfasst, in denen der Risikoannahme des Täters schon aus einer objektiven Sicht ex ante keine Gefahr korrespondiert, also die Fälle des untauglichen Versuchs – sei es, dass vom Täter angenommene gefahrbegründende Umstände in Wahrheit fehlen, von ihm nicht gesehene Umstände der Gefahr entgegenstehen oder die vorgenommene Handlung, vom Täter verkannt, nach dem Erfahrungswissen ganz ungefährlich ist. Sancinetti möchte auch für diese Fälle am Gegebensein eines Normbruchs und dessen prinzipieller Bestrafung festhalten; Versuche einer Einschränkung der Strafbarkeit für derartige Fälle weist er (weitgehend) zurück.10 Das mag im Ergebnis richtig sein, bedarf aber einer vertiefteren Begründung. Für eine solche Begründung reicht die Berufung auf den vagen Topos des „rechtsfeindlichen Willens“11 nicht aus – zu belegen wäre vielmehr, dass eine Person, die in der genannten Fehlvorstellung handelt, damit gegen eine legitimierbare und für die Annahme eines (strafbaren) Versuchs geeignete Rechtsnorm verstößt. Es müsste also rationale Gründe dafür geben, Personen auch Verhaltensweisen zu verbieten, die nur nach ihrer Vorstellung mit bestimmten, nämlich anderen Rechtsinhabern (oder Rechtsgutsträgern) von der Rechtsordnung prinzipiell nicht zugemuteten Risiken behaftet, objektiv aber schon ex ante ungefährlich sind. Außerdem müsste es legitimierbar sein, den Verstoß gegen solche Normen zu deren Stabilisierung trotz objektiver Ungefährlichkeit des Verhaltens mit Strafe zu belegen – wobei für eine solche Stabilisierung die Regeln des Versuchs in Betracht kommen, wenn es um Risiken geht, deren Eingehung für Vorsatzdelikte taugt. Tatsächlich gibt es Gründe, die solche Verhaltensnormen und deren Stabilisierung durch Strafe tragen. b) Das Verbot auch solcher Handlungen, die (nur) nach den Vorstellungen der je Handelnden mit Risiken für andere behaftet sind, denen man diese nicht aussetzen darf, entspricht dem Geist einer Rechtsordnung, für die zum Begriff des Rechts die wechselseitige Anerkennung und Achtung der Rechte anderer gehört – also einem Rechtsverständnis, das in Deutschland seinen Niederschlag schon in der Verfassung gefunden hat. Die Achtung der Rechte anderer fordert nicht nur, dass man sein Verhalten so einrichtet, dass es objektiv nicht mit Risiken behaftet ist, die anderen nicht zugemutet werden.12 Sie schließt auch ein, dass man als Rechtsperson Verhalten unterlässt, das nach der eigenen Einschätzung mit nicht mehr hinnehmbaren Risiken für die Rechte und Güter anderer verbunden ist oder sogar auf deren Verletzung zielt und dadurch die Nichtachtung der jeweiligen Rechte (Rechtsgüter) zum 10 Eine Ausnahme bilden die nach seiner Auffassung schon begrifflich nicht erfassten Fälle des abergläubischen und des irrealen Versuchs, vgl. Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 193 ff., 201 ff., 284; für eine Strafmilderung bei grob unverständigen Versuchen vgl. Sancinetti, InDret 1/2017, S. 1, 8 f. 11 Vgl. etwa RGSt 1, 439, 441: „verbrecherischer Wille“; 8, 198, 203; BGHSt 11, 268, 271: „Auflehnung gegen die rechtlich geschützte Ordnung“; BGHSt 41, 94, 96; Fischer, StGB, § 22 Rn. 2 b. 12 Bedeutsam im Kontext der Begründung des Fahrlässigkeitsunrechts, s. unten II. 3. a).
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Ausdruck bringt. Eine Norm, die dies als verbindliche Verhaltensregel ausdrücklich einfordert, schreibt damit nur konkretisierend das fest, was sich im Grunde schon aus dem im Rechtsbegriff enthaltenen und verfassungsrechtlich bestätigten Gebot der Achtung der Rechte anderer ergibt. Dass die Vorstellung der handelnden Person falsch sein könnte und sich nach der Tat als falsch erweist, ändert an der Sachgerechtigkeit und Sinnhaftigkeit der rechtlichen Erwartungen nichts. Denn die Vorstellung des Handelnden kann eben (und wird häufig) auch richtig sein – und schon im Hinblick auf diese Möglichkeit und deren Nichtausschließbarkeit aus der Perspektive des Täters erscheint es sachgerecht, Verhalten in solcher Vorstellung zu verbieten. Mit einem solchen Verbot soll erreicht werden, dass Handeln auf der Grundlage solcher Vorstellung wegen der aus der Sicht des Täters nicht ausschließbaren wirklichen Gefährlichkeit unterbleibt.13 Personen, die gegen diese Verhaltensregeln verstoßen, verletzen damit das Recht und verwirklichen so Unrecht – auch wenn die Annahme eines ihrem Handeln anhaftenden, anderen Gutsträgern nicht zugemuteten Risikos falsch war, denn darauf kommt es nach dem Inhalt der Norm nicht an. Denkbar wäre es allenfalls, in den Fällen, in denen das Handeln des Täters die Voraussetzungen eines (strafbaren) Versuchs erfüllt, weil seine Fehlvorstellung den Vorsatzanforderungen genügt, auf eine Stabilisierung der verletzten Verhaltensnorm durch Strafe zu verzichten. Doch ist (auch) das abzulehnen. Denn wenn die Norm das Verhalten bei vom Täter angenommener Gefährlichkeit trotz der Möglichkeit einer Fehlvorstellung untersagt, weil es aus der Perspektive des Handelnden zufällig (nicht kalkulierbar) ist, ob das Verhalten gefährlich ist oder nicht, und wenn die Norm mit diesem Inhalt beachtet sein will, so wäre es geradezu widersprüchlich, die objektive Ungefährlichkeit zum Anlass zu nehmen, auf eine Stabilisierung der verletzten Norm durch Strafe zu verzichten. Das Verhalten ist also trotz der objektiven Ungefährlichkeit als (untauglicher) Versuch strafbar. Das gilt, ganz gleich, ob der Täter zu Unrecht von gefahrbegründenden Umständen ausgegangen ist, gefahrenparalysierende nicht gekannt hat oder Irrtümern im Bereich der Erfahrungssätze erlegen ist. Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn die Fehlannahmen des Täters so grotesk sind, dass von ihnen geleitetes Verhalten richtigerweise schon gar nicht von den Handlungsverboten erfasst wird, weil es keine ernstzunehmende Missachtung des zu achtenden Rechtsguts darstellt (wie die Fälle des abergläubischen oder irrealen Versuchs)14, oder wenn man annehmen darf, ein Verzicht auf strafrechtliche Reaktion gegenüber so motiviertem Täterverhalten würde auf die Anerkennung und Einhaltung der Norm keinen Einfluss haben, insbesondere nicht zu deren Erosion führen.15 13 Siehe dazu auch Frisch, GA 2019, 305, 317; in der Sache ebenso Hoyer, FS Frisch, S. 223, 234 f.; Kindhäuser, FS Streng, S. 325, 339, 341; ders., AT, § 30 Rn. 28 und 29. 14 Explikationsversuche dessen bei Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 197 ff., 284 m.w.N. 15 Hintergrund des Verzichts aus Strafe in den Fällen des grob unverständigen Versuchs; ähnlich Arm. Kaufmann, Strafrechtsdogmatik, S. 155, 161; Zielinski, Unrechtsbegriff, S. 134 Fn. 14.
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Ob und wann diese Voraussetzungen gegeben sind, wäre Gegenstand einer eigenen Untersuchung. Klar ist jedenfalls, dass es insoweit nur um Ausnahmefälle gehen kann – darin stimme ich dem Jubilar zu. c) Nicht mehr zuzustimmen vermag ich Sancinetti dagegen, wenn er die bisher skizzierte Unrechtsbegründung als eine subjektive Unrechtsbegründung bezeichnet. Sowohl die Verhaltensnorm, die der Täter verletzt, als auch der Vorgang ihrer Verletzung sind objektive Sachverhalte. Subjektives spielt bei dem objektiv gegebenen Unrechtsverhalten nur insoweit eine Rolle, als die Norm, die der Täter durch sein Verhalten verletzt, an das Gegebensein einer bestimmten Vorstellung in der Psyche des Täters anknüpft bzw. sie voraussetzt. Das einfach als subjektive Unrechtsbegründung zu bezeichnen, erscheint mir zumindest missverständlich. Erhebliche Zweifel habe ich zudem an der Richtigkeit der These Sancinettis, dass sich das Unrecht der vollendeten Vorsatztat in dem erschöpfe, was er als subjektive Unrechtsbegründung bezeichnet, und dass dieses Unrecht mit dem beendeten Versuch des Täters abgeschlossen sei. Sollte der eingetretene Erfolg, dessen Herbeiführung das Recht durch Verhaltensnormen und deren Stabilisierung durch Strafe verhindern will, für das Unrecht wirklich ohne Bedeutung sein? Und kommt es für die volle Erfassung des Unrechts – über die betätigte Vorstellung oder den betätigten Willen des Täters hinaus – nicht auch wesentlich darauf an, ob das Verhalten objektiv auch wirklich ein missbilligtes Risiko aufweist – also auf das, was Verhaltensweisen kennzeichnet, die das Recht deshalb (als erstes) negativ bewertet und von dem die an das Subjektive anknüpfenden Verhaltensnormen nur verhaltensregelnde Umsetzungen sind? – Das vor allem gegen die Unrechtsbedeutsamkeit des Erfolgs (möglicherweise aber auch gegen die Unrechtsrelevanz der objektiven Gefährlichkeit) gerichtete Argument (auch Sancinettis), dass es hier um Zufälliges gehe, hat viel Kritik erfahren16 und ist möglicherweise in der Tat nicht so überzeugend, wie Sancinetti denkt. Indessen erscheint es vor dem Versuch eines endgültigen eigenen Urteils in diesem Punkt sinnvoll, noch einen Blick auf das Unrecht des Fahrlässigkeitsdelikts zu werfen. Bei ihm ist möglicherweise schon die These von der subjektiven Unrechtsbegründung problematisch und die Kennzeichnung des Objektiven (also des Erfolgseintritts wie der objektiven Gefährlichkeit) als eines nicht unrechtsbedeutsamen Zufalls noch weniger überzeugend durchzuhalten.
II. Zur Unrechtsbegründung beim Fahrlässigkeitsdelikt 1. Wie bei dem vollendeten Vorsatzdelikt ist auch bei dem Fahrlässigkeitsdelikt das vom Täter verwirklichte Unrecht zunächst in der Verursachung des tatbestandlichen Erfolgs (bzw. des im Tatbestand umschriebenen objektiven Sachverhalts) gesehen worden. Eher früher als bei dem vollendeten Vorsatzdelikt ist hier jedoch auch 16 Vgl. statt vieler Jakobs, FS Samson, S. 43 ff., 53 f.; Stratenwerth, FS Schaffstein, S. 177, 183 f.
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schon auf ein Erfordernis des Handlungsunrechts in Gestalt der Sorgfaltswidrigkeit des zum Erfolgs führenden Täterhandelns hingewiesen worden.17 Versuche, das Unrecht des Fahrlässigkeitsdelikts in Parallele zum Vorsatzdelikt von einem subjektiven Sachverhalt (wie – bei den Vorsatzdelikten – einer bestimmten Vorstellung oder dem Willen des Täters) her zu erfassen, fehlen jedoch zunächst. Auch Welzel, der Begründer des Finalismus, fasst das Handlungsunrecht des Fahrlässigkeitsdelikts noch objektiv, nämlich als den Verstoß des Täters gegen eine objektive Sorgfaltspflicht, also das, was eine objektive Maßstabsperson als Sorgfalt aufbringen würde;18 statt von Finalität als etwas real Subjektivem spricht er – etwas dunkel – von potentieller Finalität oder einem Mangel an gebotener finaler Steuerung als Charakteristikum des Unrechts der Fahrlässigkeitstat.19 In neuerer Zeit wird zwar auch im Kontext des Fahrlässigkeitsdelikts vom subjektiven Tatbestand gesprochen. Sieht man genauer hin, so stellt man freilich fest, dass damit regelmäßig nicht etwas wirklich Subjektives gemeint ist, sondern dass der Begriff im Sinne einer Individualisierung verwendet wird: Für die Frage der Sorgfaltswidrigkeit soll es danach nicht mehr auf das Wissen und die Fähigkeiten einer objektiven Maßstabsperson, sondern auf die Fähigkeiten (und das Wissen) des Täters ankommen.20 Anders ist das nur bei einer kleinen Gruppe von Finalisten, die versucht hat, das Unrecht des Fahrlässigkeitsdelikts in Anlehnung an das Unrecht der Vorsatzdelikte als eine Art Entscheidungsunrecht zu begründen. Für sie – beispielhaft dafür Struensee – liegt das Wesen des Handlungsunrechts der Fahrlässigkeitsdelikte (oder das Unrecht dieser Delikte überhaupt) darin, dass der Täter handelt, obwohl er bestimmte Umstände erfasst hat – nämlich Umstände, die ein sogenanntes Risikosyndrom ergeben und die ihm hätten Anlass sein müssen, von seinem Handeln Abstand zu nehmen.21 2. Sancinettis Sicht des Unrechts der Fahrlässigkeitsdelikte22 liegt auf der Linie der neueren finalistischen Position: Das Unrecht wird dezidiert auf das Handlungsunrecht beschränkt und hier als Handeln unter Verletzung der Sorgfaltsanforderungen verstanden. Dabei ist anfänglich eine deutliche Sympathie für die Position Struensees zu erkennen, also das – an das Entscheidungsunrecht der Vorsatztat an-
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Grundlegend insoweit Engisch, Untersuchungen, S. 266 ff. Welzel, Strafrecht, S. 132 f.; ders., Fahrlässigkeit, S. 9 ff., 15 f.; zuvor schon Niese, Finalität, S. 62 ff. 19 Welzel, ZStW 58 (1939), 491, 559; ders., Finale Handlungslehre, S. 17; ders., Strafrecht, S. 129; ders., JZ 1956, 316, 317; dazu auch Sancinetti, Teoría, S. 257 ff., 260; krit. insoweit Niese, Finalität, S. 43 ff., 51. 20 Vgl. etwa Jakobs, Studien, S. 64 ff.; Stratenwerth, AT I, 1971, Rn. 1165 ff.; Zielinski, Unrechtsbegriff, S. 169 f., 190 f. 21 Struensee, JZ 1987, 53, 60 ff.; s. auch schon Arm. Kaufmann, Strafrechtsdogmatik, S. 133, 143 f. 22 Eingehend entwickelt in Sancinetti, Teoría, S. 257 ff.; s. auch ders., Unrechtsbegründung, S. 173 ff., 299 ff.; ders., Dogmatik, S. 134 ff. 18
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gelehnte – Verständnis als Handeln trotz Erfassung eines Risikosysdroms;23 später erscheint ihm diese Position als zu eng und er neigt möglicherweise eher dem von Zielinski ausgearbeiteten Konzept zu, nach dem die Sorgfaltswidrigkeit des Handelns in einem „Handeln, ohne zu …“ liegt – also z. B. einem Handeln, ohne sein Handeln hinreichend auf dessen Gefährlichkeit zu untersuchen oder hinreichende Steuerungsmaßnahmen zu ergreifen (usw.).24 Wie Zielinski vertritt auch Sancinetti – zweitens – mit Nachdruck die Auffassung, dass der eingetretene Erfolg für das Unrecht des Fahrlässigkeitsdelikts ohne Bedeutung sei, weil es zufällig sei, ob er bei Verletzung der Sorgfaltspflichten durch den Täter eintrete.25 Ähnlich wie Zielinski im Erfolgseintritt nur eine objektive Bedingung der Strafbarkeit des fahrlässigen Verhaltens sieht,26 begreift Sancinetti den Erfolgseintritt als Ermächtigungsvoraussetzung für jenen Eingriff, der im Hinblick auf insoweit nicht selten zu erforschende Interna in der Untersuchung der Frage liegt, ob der Täter fahrlässig gehandelt hat: Es solle vermieden werden, dass es zu einer Untersuchung derartiger Interna kommt, wenn noch nicht einmal der tatbestandlich geforderte Erfolg eingetreten ist.27 3. Dass Sancinetti bei der Umschreibung der Spezifika des Handlungsunrechts des Fahrlässigkeitsdelikts von dem an das Vorsatzdelikt angelehnten Gedanken einer Entscheidung zum Handeln trotz Erfassung eines Risikosyndroms wieder abgerückt ist, halte ich für richtig. Denn so bestechend dieser Ansatz auf den ersten Blick auch erscheinen mag, so problematisch erweist er sich bei näherer Betrachtung.28 Die Erfassung der ein Risikosyndrom ausmachenden Umstände allein, also ohne Erfassung des damit verbundenen Risikos, bildet noch keine wirklich überzeugende Erklärung dafür, warum der auf dieser Basis handelnde Täter Unrecht verwirklicht haben soll; hat der Täter auch die Riskantheit seines Verhaltens erfasst, so ist der Fall kaum noch von Fällen des dolus eventualis zu unterscheiden. Auch sind der Begriff des Risikosyndroms und die Extension solcher Syndrome reichlich unbestimmt. Außerdem ist der Topos wohl kaum geeignet, überzeugend und intersubjektiv nachvollziehbar alle Sachverhalte zu erfassen, in denen eine Fahrlässigkeitsbestrafung als sachgerecht empfunden wird – man denke nur an das weite Feld der unbewussten Fahrlässigkeit und hier wieder insbesondere an die Fälle, in denen der Täter, ohne 23
Sancinetti, Teoría, S. 272 ff., 276 ff. Vgl. Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 173 f. (Fn. 135), 299 f. i.V.m. den Äußerungen in Sancinetti, Teoría, S. 271 f., 284 f. 25 Sancinetti, Teoría, S. 291 ff.; ders., Unrechtsbegründung, S. 167 f., 285; ders., Dogmatik, S. 134 ff.; ders., InDret 1/2017, S. 1, 10 ff.; Zielinski, Unrechtsbegriff, S. 142 ff., 153 f., 204. 26 Zielinski, Unrechtsbegriff, S. 145 f., 205 ff., 309; ebenso Arm. Kaufmann, FS Welzel, S. 393, 411. 27 Sancinetti, Dogmatik, S. 136 ff.; ders., InDret 1/2017, S. 1. 28 Krit. schon Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 34 f. (Fn. 140); Burkhardt, Fahrlässigkeit, S. 441, 461 f.; gegen die „Jagd nach dem Vorsatz in der Fahrlässigkeit“ auch Pawlik, Unrecht, S. 369 ff. 24
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irgendetwas zu bedenken, blind darauf los handelt.29 Solche Fälle lassen sich letztlich wohl nur mit dem von Zielinski herausgearbeiteten Kriterium des „Handelns, ohne zu …“ erfassen, für das, wenn ich recht sehe, auch Sancinetti eine gewisse Sympathie hegt. Einen das Unrecht des Fahrlässigkeitsdelikts rein subjektiv begründenden Ansatz wird man darin freilich kaum sehen können. Doch trifft dieser kritische Hinweis den Ansatz Sancinettis natürlich nur, wenn sein Pochen auf eine subjektive Unrechtsbegründung auch auf das Fahrlässigkeitsdelikt bezogen sein sollte. a) Gewichtiger als dieses Bedenken, das man als terminologisch abtun mag, erscheint mir eine Unterthematisierung eines wichtigen Teils des Handlungsunrechts der Fahrlässigkeitsdelikte in Sancinettis Konzept. Für Sancinetti ist das Handlungsunrecht des Fahrlässigkeitsdelikts dadurch gekennzeichnet, dass der Täter handelt, ohne bei seinem Handeln die gebotene Sorgfalt aufzuwenden, also ohne seine Sorgfaltspflichten zu erfüllen.30 Diese – auch sonst bisweilen anzutreffende31 – Kennzeichnung ist in doppelter Hinsicht problematisch. Sie ist erstens in Bezug auf das Handeln, um das es geht, im rechtlichen Kontext viel zu unspezifisch. Was das Handlungsunrecht des Fahrlässigkeitsdelikts kennzeichnet, ist nicht irgendein Handeln, sondern ein Handeln, das nach den dem je interessierenden Tatbestand zugrunde liegenden Bewertungsnormen (prinzipiell) rechtswidriges Verhalten ist – bei den Erfolgsdelikten also ein Verhalten, das sich als missbilligte Risikoschaffung in Richtung auf das tatbestandlich geschützte Rechtsgut darstellt. Zweitens drückt Sancinettis Umschreibung des Handlungsunrechts der Fahrlässigkeitsdelikte aber auch die spezifische Funktion der sogenannten Sorgfaltspflichten nicht zutreffend aus. Seine Umschreibung des Handlungsunrechts der Fahrlässigkeitsdelikte erweckt den Anschein, als interessierten sogenannte Sorgfaltspflichten als solche und als läge das Handlungsunrecht bereits darin, dass eine Person diese bei ihrem Handeln nicht erfüllt (bzw. verletzt). Damit werden die spezifische Funktion und der Stellenwert der Sorgfaltsanforderungen und der Sorgfaltswidrigkeit im Rahmen der Konstitution des (Handlungs-)Unrechts des Fahrlässigkeitsdelikts verzeichnet. Die Erbringung oder Nichterbringung der einer Rechtsperson zugemuteten (von ihr erwarteten) Sorgfalt interessiert hier in Wahrheit allein unter einem ganz spezifischen Aspekt – nämlich unter dem Aspekt, ob die in Frage stehende Person ihr bereits erwähntes (und in der Fragestellung vorausgesetztes) rechtswidriges Verhalten gegenüber dem tatbestandlich geschützten Gut bei Erbringung der ihr zugemuteten (von ihr erwarteten) Sorgfalt hätte vermeiden können.32 Nur wenn das der Fall ist, ist ihr rechts29
Krit. insoweit Herzberg, JZ 1987, 536, 537 f.; auch Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 173 f. (Fn. 135). 30 Sancinetti, Teoría, S. 274 f.; ders., Unrechtsbegründung, S. 299 ff.; ders., InDret 1/2017, S. 1. 31 So bei Welzel, Strafrecht, S. 131 ff.; Arm. Kaufmann, Strafrechtsdogmatik, S. 133, 141; ders., FS Welzel, S. 393, 404, 410 f. (= Strafrechtsdogmatik, S. 155, 168). 32 Eingehend zu dieser zutr. Sicht der Rolle der Fahrlässigkeit (Sorgfaltsverletzung) Burkhardt, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 99, 114 ff., 127 ff.; ders., Fahrlässigkeit, S. 441, 445 ff.; Pawlik, Unrecht, S. 371 f. i.V.m. 309 ff.
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widriges – und als solches z. B. bereits zu polizeilichem Einschreiten u. U. berechtigendes – Verhalten auch das in den strafrechtlichen Tatbeständen vorausgesetzte (Handlungs-)Unrecht eines Fahrlässigkeitsdelikts. War das – nach den schon erwähnten Bewertungsnormen – objektiv rechtswidrige Verhalten dagegen auch bei Erbringung der zugemuteten Sorgfalt nicht zu vermeiden, so fehlt es an solchem Unrecht. b) Die vorstehend skizzierte Kritik ist in doppelter Hinsicht bedeutsam. Sie lässt – erstens – erkennen, dass Sancinettis Annahme, das Handlungsunrecht des Fahrlässigkeitsdelikts sei ungeheuer weit, so dass es zur Vermeidung der mit seiner Ermittlung oft verbundenen Untersuchung von Interna einer Ermittlungsermächtigung in Gestalt des (diese Funktion übernehmenden) eingetretenen Erfolgs bedürfe,33 einer Fehlintuition entspringt. Das Feld ist gar nicht so weit, wenn man erkennt, dass es nicht um irgendein Handeln geht, bei dessen Vornahme eine Person Sorgfaltspflichten verletzt hat oder haben könnte, sondern allein um ein Verhalten, das nach den dem Tatbestand zugrunde liegenden Bewertungsnormen wegen des mit ihm verbundenen missbilligten Risikos in Bezug auf das tatbestandlich geschützte Gut prinzipiell rechtswidriges Verhalten ist. Schon solches Verhalten (mehr noch natürlich, wenn es den tatbestandlichen Erfolg nach sich zieht) ist ein hinreichender Grund dafür, der Frage nachzugehen, ob sich das Verhalten seitens der handelnden Person bei Erbringung der ihr zugemuteten Sorgfalt hätte vermeiden lassen (und zur Beantwortung dessen ggf. auch gewisse Interna zu untersuchen). Zweitens lässt die der Kritik an Sancinettis Darstellung des Handlungsunrechts der Fahrlässigkeitsdelikte zugrunde liegende Darlegung des zutreffenden Konzepts des Handlungsunrechts der Fahrlässigkeitsdelikte aber auch erkennen, dass im Zentrum des Handlungsunrechts der Fahrlässigkeitsdelikte ein nach den Bewertungsnormen des Rechts rechtswidriges Verhalten steht – nämlich ein Verhalten, das wegen der ihm gegenüber dem Gut anhaftenden Gefahr objektiv rechtswidrig ist. Dieses ist nicht etwa nur, wie es bei Sancinetti den Anschein hat, die zufällige Folge einer im Zentrum des Handlungsunrechts stehenden Verletzung einer als solcher bestehenden (rechtlichen) Sorgfaltspflicht.34 Für die rechtliche Betrachtung ist die nicht hinnehmbare Riskantheit des Verhaltens die Essentiale; sie ist für diese Betrachtung Voraussetzung des Unrechts, nicht zufällige Folge einer Sorgfaltspflichtverletzung. Die dem rechtswidrig Handelnden zugemutete Sorgfalt interessiert vielmehr nur unter einem ganz bestimmten Aspekt – nämlich als Kriterium zur Beantwortung der Frage, ob das rechtswidrige Verhalten und dessen Fehleinschätzung dem Handelnden auch personal als Unrecht zurechenbar sind.35 Wer stattdessen eine Verletzung 33 Vgl. Sancinetti, Dogmatik, S. 136; auch schon ders., Teoría, S. 291 ff.; erwähnt bereits oben 2. a.E. 34 Vgl. etwa Sancinetti, InDret 1/2017, S. 1, 7 (in Bezug auf Erfolgsdelikte allgemein). 35 Zutr. herausgearbeitet von Burkhardt, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 99, 122, 130: „Voraussetzung dafür, dass (riskantes Verhalten und) dessen Fehleinschätzung dem Täter zugerechnet werden kann“.
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von Sorgfaltspflichten beim Handeln in das Zentrum rückt, vermengt die spezifisch rechtliche mit einer gesinnungsethischen Sicht.36 c) Es bleibt die Frage nach der Unrechtsrelevanz des Erfolgs. Sancinetti verneint sie, weil der Erfolgseintritt bezogen auf die Sorgfaltspflichtverletzung des Täters, also das von ihm angenommene Handlungsunrecht, Zufall sei. Aber das überzeugt schon deshalb nicht, weil in dieser Argumentation von einem unzutreffend konzipierten Handlungsunrecht ausgegangen wird. Freilich könnte man den Einwand auch bei Zugrundelegung des zutreffend konzipierten Handlungsunrechts erheben wollen. Denn ist es nicht auch bei einem Ausgang von einem rechtswidrigen, weil mit einem rechtlich missbilligten Risiko behafteten Verhalten des Täters, das dieser bei Wahrnehmung der ihm zugemuteten Sorgfalt hätte vermeiden können, noch Zufall, ob es im Gefolge dieses Verhaltens zum Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs kommt? Sancinetti ist zuzugeben, dass man hier in gewisser Hinsicht von Zufall sprechen mag: es ist zufällig, ob das ex ante bestehende missbilligte Risiko durch ex ante nicht erkennbare Umstände an der Realisierung gehindert wird oder nicht. Die Frage ist nur, ob das im normativen Kontext ein wirklich relevanter Gesichtspunkt ist. Das ist m. E. mit Nachdruck zu bestreiten. Das Zufalls-Argument stammt aus der Schublade des Naturalismus; es ist bezeichnenderweise zuerst auch von dieser Denkweise verpflichteten Wissenschaftlern37 erhoben worden. Damit das, was aus naturalistischer Sicht Zufall sein mag, für die rechtliche Bewertung von Verhaltensfolgen Relevanz erlangt, müsste es auf diese Zufälligkeit oder Nichtzufälligkeit des Folgeneintritts an irgendeiner Stelle der anerkannten und rationaler Betrachtung entspringenden rechtlichen Muster zur Bewertung von Verhaltensfolgen ankommen. Dies ist indessen nicht der Fall. Ein erstes, durchaus rationales (und anerkanntes) Kriterium, ob der Täter mit Folgen seines missbilligten Verhaltens belastet werden darf, ist die Frage, ob es ohne das Fehlverhalten nicht zur eingetretenen Folgen gekommen wäre. Nach diesem Bewertungsmaßstab wird der Täter mit der Folge belastet, wenn diese ohne sein Fehlverhalten ausgeblieben wäre – dass der Folgeneintritt durch Umstände ermöglicht wurde, deren Vorliegen nicht sicher, sondern nur möglich und damit zufällig ist, spielt keine Rolle. Hierauf kommt es aber auch nach dem zweiten, zusätzlich einengenden rational fundierten und anerkannten Bewertungskriterium nicht an. Dieses fragt danach, ob der eingetretene Erfolg, zu dem es ohne das Verhalten nicht gekommen wäre, auf dem missbilligten Risiko beruht, dessentwegen das Verhalten verboten ist, also eine Realisierung dieses Risikos darstellt.38 Ist das der Fall, so ist es unerheblich, ob im Rahmen der Risikorealisierung Umstände eine Rolle gespielt haben, 36
Bezeichnend Sancinettis Bezug auf die Moralphilosophie in InDret 1/2017, S. 1. Etwa (dem noch sehr jungen) Radbruch, VDB, Bd. V, S. 185, 201 f., Anm. 2; weit. Belege bei Arm. Kaufmann, Strafrechtsdogmatik, S. 133, 134 f. 38 Eingehend zu diesen Zurechnungskriterien m.w.N. Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 518 ff.; Jakobs, AT, 6/5 ff., 72 ff.; Roxin, AT I, § 11 Rn. 69 ff. 37
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deren Vorliegen aus der Sicht ex ante nur möglich erscheint und daher dem Verlauf in diesem Sinne einen zufälligen Charakter verleiht. Auch der Grund für die rechtliche Irrelevanz des Zufallsmoments liegt auf der Hand: Im Grunde ist es ja regelmäßig gerade die Einsicht, dass folgenreiche Verläufe auch vom zufälligen Vorliegen eintrittsbegünstigender oder Nichtvorliegen eintrittshindernder Umstände abhängen, die hinter dem Verbot bestimmter riskanter Verhaltensweisen steht. Bei dieser Sachlage wäre es geradezu widersprüchlich, den Zufallscharakter dieser Umstände dazu zu verwenden, dem Täter die zu verhindernden Folgen seines Verhaltens nicht anzulasten. Diese bilden vielmehr das, was durch das Verbot des Verhaltens verhindert werden sollte – und damit vom Täter zu vermeidende Zustände i.S. von Sachverhalten, die zum rechtlich Gewollten in Widerspruch stehen.39 d) Gegen die Qualifikation eingetretener Erfolge als Unrecht ließe sich damit allein noch einwenden, dass der Begriff des Unrechts auf den Normbruch beschränkt sei und dieser allein im menschlichen Verhalten liege, welches das Recht bricht; was nach dem beendeten Normbruch eintrete, sei bloße Veränderung der Welt, nicht aber Unrecht. Thesen dieser Art finden sich – neben dem Zufallsargument – bei einer Reihe von Vertretern des Finalismus; Sancinetti argumentiert ähnlich.40 Zu diesen und ähnlichen Äußerungen lässt sich aus meiner Sicht nur eines sagen: Natürlich ist es möglich, Begriffe definitorisch enger oder weiter festzulegen. Aber die gewählte Definition sollte doch wenigstens zweckmäßig sein und der Streit um Definitionen sollte nicht die eigentlichen Sachprobleme verdecken (bzw. definitorisch zu „lösen“ versuchen). Dass eine Verengung des Unrechts auf unrechtes menschliches Verhalten zweckmäßig wäre, ist mit Nachdruck zu bestreiten. In allen anderen Rechtsgebieten – dem Zivilrecht, dem öffentlichen Recht, dem Völkerrecht usw. – werden mit dem Begriff auch Zustände oder Folgen belegt: Zustände, die nicht dem Recht entsprechen oder unter Verletzung des Rechts entstanden sind. Das ist auch durchaus sinnvoll, um solche Zustände von dem Recht entsprechenden (oder rechtlich neutralen) Zuständen zu unterscheiden. Mit einer dies ignorierenden Begriffsbildung läuft das Strafrecht Gefahr, von anderen Rechtsgebieten missverstanden zu werden und seine diskursive Anschlussfähigkeit zu verlieren. Diesen Preis zu zahlen, erscheint umso weniger sinnvoll, als der Streit um die Subsumierbarkeit zurechenbarer Verhaltensfolgen unter den Unrechtsbegriff und der darin eingeschlossene Streit um die Extension des Unrechtsbegriffs das eigentliche Sachproblem verdecken. – Darauf wird zurückzukommen sein. Zuvor aber noch ein Blick darauf, was sich aus dem bisher zum Unrecht des Fahrlässigkeitsdelikts Gesagten für das Unrecht der Vorsatzdelikte ergibt.
39 In der Sache übereinstimmend Stratenwerth, FS Schaffsein, S. 177, 183 f.; Jakobs, FS Samson, S. 43, 53 f.; Pawlik, Unrecht. S. 112 f.; Ast, Handlung, S. 101 ff. (über ein Verbot erfolgsdefinierter Handlungen). 40 Vgl. etwa Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 15 ff., 167 f., 285; ders., InDret 1/2017, S. 1 ff.; ähnlich Zielinski, Unrechtsbegriff, S. 129 f., 135 ff., 143 f., 204 ff.
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III. Auswertende Weiterführung für das Unrecht des Vorsatzdelikts Die Überlegungen zum Unrecht des Fahrlässigkeitsdelikts sind auch für eine abschließende Bestimmung des Unrechts des vollendeten Vorsatzdelikts bedeutsam. 1. Aus ihnen ergibt sich zunächst, dass schon das Handlungsunrecht des vollendeten Vorsatzdelikts mit dem noch unterbestimmt ist, was Sancinetti als subjektiv begründetes Unrecht bezeichnet und ich Entscheidungsunrecht nenne. Für das Handlungsunrecht des vollendeten Vorsatzdelikts ist nicht nur kennzeichnend, dass der Täter sich durch ein Verhalten gegen das tatbestandlich geschützte Rechtsgut, nämlich für ein Verhalten entschieden hat, das den Tatbestand verwirklichen sollte oder würde oder doch zumindest ein von der Rechtsordnung missbilligtes Risiko in dieser Richtung enthielt. Das Handlungsunrecht des vollendeten Vorsatzdelikts hat auch eine objektive Seite. Diese objektive Seite entspricht dem Handlungsunrecht des Fahrlässigkeitsdelikts.41 Das Handeln des Täters muss dementsprechend auch tatsächlich mit einem Risiko der Tatbestandsverwirklichung behaftet sein, dessentwegen seine Vornahme sich nach den im Tatbestand vorausgesetzten Bewertungsnormen als nicht hinnehmbare, missbilligte Risikoschaffung in Richtung auf die Tatbestandsverwirklichung (den Erfolgseintritt) darstellt. Damit dieses wegen seiner objektiven Dimension missbilligte rechtswidrige Verhalten auch als personales Unrecht des Täters gelten kann, muss es – ähnlich wie beim Fahrlässigkeitsdelikt – für den Täter auch vermeidbar (gewesen) sein. Anders als beim Fahrlässigkeitsdelikt bedarf die Feststellung solcher Vermeidbarkeit freilich in der Regel keiner besonderen Prüfung mehr dahingehend, ob der Täter sein rechtswidriges Verhalten bei Erbringung der ihm zugemuteten Sorgfalt hätte vermeiden können. Die Vermeidbarkeit ergibt sich vielmehr, wenn das objektiv geschaffene und das vom Täter bewusst eingegangene Risiko übereinstimmen, bereits aus der dem Entscheidungsunrecht zugrunde liegenden Kenntnis des mit dem Handeln verbundenen missbilligten Risikos.42 Wenn es um verschiedene Risikodimensionen geht, bedarf es allerdings für die Annahme, dass das subjektiv nicht unterfütterte objektiv geschaffene Risiko und rechtswidrige Handeln vermeidbar und damit personales Unrecht war, wieder der vom Fahrlässigkeitsunrecht her bekannten Vermeidbarkeit durch Erbringung der zugemuteten Sorgfalt. Hier steht die Verschiedenheit der Risikodimensionen dann auch der Verurteilung wegen eines vollendeten Vorsatzdelikts entgegen; es kommt zu einem Nebeneinander von Entscheidungsunrecht (Versuch) und objektiv verwirklichter Unrechtsdimension (Fahrlässigkeitsdelikt). 41 Vgl. schon Frisch, Vorsatz, S. 130; ebenso Burkhardt, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 99, 128; Herzberg, JZ 1987, 536, 539; Schönke-Schröder/Eisele, StGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 93, je m.w.N. 42 Zur funktionalen Entsprechung von Vorsatz und Fahrlässigkeit als Zurechnungskriterium Burkhardt, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 99, 130.
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2. Die zuletzt angestellten Erwägungen zeigen zugleich, dass das Handlungsunrecht des vollendeten Vorsatzdelikts nicht nur aus einer Addition des auch den untauglichen Versuch kennzeichnenden Entscheidungsunrechts und des Handlungsunrechts des Fahrlässigkeitsdelikts besteht. Das Handlungsunrecht des Vorsatzdelikts ist durch eine spezifische Verschränkung dieser beiden Begründungsmuster gekennzeichnet. Das Entscheidungsunrecht und das objektive (Gefährdungs-)Unrecht müssen einander inhaltlich entsprechen (Kongruenz). Durch diese Entsprechung und Verschränkung sind sowohl das Entscheidungsunrecht als auch das objektive Handlungsunrecht besonders ausgeprägt. Unter dem Aspekt des Entscheidungsunrechts hebt sich das Handlungsunrecht des vollendeten vorsätzlichen Erfolgsdelikts vom schlichten (schon im untauglichen Versuch begegneten) Entscheidungsunrecht dadurch ab, dass ihm deckungsgleiches objektives Handlungsunrecht korrespondiert. Aus dem Blickwinkel des objektiven Handlungsunrechts betrachtet, handelt es sich wegen der Kenntnis des Risikos seitens des Täters im Verhältnis zu Fällen der Fahrlässigkeit um einen besonders ausgeprägten Fall der Vermeidbarkeit des rechtswidrigen Handelns. Vor dem Hintergrund des Letzteren erscheint es damit durchaus berechtigt, im Verhältnis zwischen Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt von einem maius-minus-Verhältnis zu sprechen.43 3. Hinsichtlich des Erfolgsunwerts des vorsätzlichen Delikts kann weitgehend auf die entsprechenden Ausführungen zum Unrecht des Fahrlässigkeitsdelikts verwiesen werden. Der eingetretene Erfolg ist danach als tatbestandlich relevanter Erfolg und Erfolgsunwert anzusehen, wenn es ohne das durch einen doppelten Handlungsunwert (oben 1. und 2.) gekennzeichnete Verhalten des Täters nicht zum Erfolgseintritt gekommen wäre und der eingetretene Erfolg sich als Realisierung dieses Handlungsunrechts darstellt. Dafür genügt es nicht schon, dass sich der Erfolg als Realisierung eines dem Täterverhalten objektiv anhaftenden missbilligten Risikos begreifen lässt. Das Risiko, das sich realisiert hat, muss auch das sein, für dessen Schaffung sich der Täter entschieden hat; beide Risiken müssen also, damit der besondere Erfolgsunwert des vorsätzlichen Delikts vorliegt, kongruent sein. Fehlt es an dieser Kongruenz, haben sich also ein anderes Risiko und ein anderer Verlauf realisiert als jenes Risiko und jener Verlauf, denen der Täter das betroffene Rechtsgut(-sobjekt) aussetzen wollte (auszusetzen bereit war), so fehlt es am besonderen Erfolgsunwert des vorsätzlichen Erfolgsdelikts; in Betracht kommt dann allein eine Bestrafung wegen des Entscheidungsunrechts des Versuchs und bei Vermeidbarkeit des Risikos, das sich objektiv realisiert hat, eine Bestrafung aus einem Fahrlässigkeitsdelikt. Sind die Voraussetzungen der Kongruenz dagegen erfüllt, so ist es nach der hier (oben II. 3. c]) vertretenen Auffassung auch möglich und sogar zweckmäßig und sinnvoll, den eingetretenen Erfolg als Erfolgsunrecht anzusehen; wegen der Begründung sei auf das früher zum Erfolgsunrecht des Fahrlässigkeitsdelikts Ausgeführte verwiesen. 43 Übereinstimmend Pawlik, Unrecht, S. 373 f. m.w.N. – Bedeutsam in den Fällen möglichen Zweifels darüber, ob der Täter vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat; dazu BGHSt 32, 48, 57; Fischer, StGB, § 1 Rn. 36; Schönke/Schröder/Hecker, StGB, § 1 Rn. 85 m.w.N.
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IV. Das verdeckte Sachproblem: Der straftheoretische Ausgangspunkt Freilich sollte gerade diese zuletzt genannte Klassifikation in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden. Die Verbissenheit, mit der darüber diskutiert wird, ob der eingetretene Erfolg als Unrecht klassifiziert werden kann oder nicht, erklärt sich wohl vor allem daraus, dass man glaubt, diese Klassifikation sei vorentscheidend für eine Sachfrage – nämlich die Bestrafung des Täters, genauer: die Frage, ob bei Erfolgseintritt höher zu bestrafen ist (oder bestraft werden darf) als bei Nichteintritt eines Erfolgs. Das wird vor allem in den Stellungnahmen derer deutlich, die die Unrechtsqualität des eingetretenen Erfolgs verneinen; sie glauben, dass damit auch eine höhere Strafe bei eingetretenem Erfolg nicht mehr in Betracht komme.44 Richtig daran ist eines: Die Qualifikation des eingetretenen Erfolgs als (zusätzliches) Unrecht kann auf der Basis bestimmter Straftheorien die Begründung für die Verhängung einer höheren Strafe bei eingetretenem Erfolg als bei Ausbleiben des Erfolgs (bei ansonsten gleichem Verhalten) erleichtern oder ermöglichen. Hält man es beispielsweise straftheoretisch für richtig, dass die Strafe der Vergeltung des Unrechts oder dem Ausgleich des verschuldeten Unrechts dient,45 so stellt die Begreifbarkeit des eingetretenen Erfolgs als (zusätzliches) Unrecht ein gutes Argument zur Begründung einer höheren Strafe bei eingetretenem Erfolg dar. Ähnlich wäre es, wenn man den Zweck der Strafe in der Wiederherstellung des vom Täter mit seiner Tat verletzten Rechts sieht. Ebenso unübersehbar ist nun freilich, dass die Frage, ob der eingetretene Erfolg zusätzliches Unrecht darstellt, auf der Basis bestimmter Straftheorien bedeutungslos wird. Geht es z. B. bei der Bestrafung nicht um Vergeltung des Unrechts oder Ausgleich der Schuld, sondern allein um die Bestätigung der Geltung der vom Täter verletzten Norm und hält man es straftheoretisch für richtig, die Strafe insoweit an der Bedeutung der verletzten Norm und dem Gewicht des Normbruchs bzw. dem Maß der Infragestellung der Norm auszurichten, so lässt sich mit guten Gründen die Auffassung vertreten, dass es auf den eingetretenen Erfolg nicht ankomme.46 Hier passt auch das Zufallsargument – denn in der Tat besagt der Erfolgseintritt nicht unbedingt etwas über das Maß der Infragestellung der Norm durch den Täter, das sich nach anderen Gesichtspunkten (Motive des Täters, Planung und Ausführung der Tat, also dem Täterverhalten) bestimmt.
44 Vgl. etwa Arm. Kaufmann, Strafrechtsdogmatik, S. 151, 160 f.; Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 135 ff., 163 ff.; ders., Dogmatik, S. 138 ff.; ders., InDret 1/2017, S. 1 ff.; Zielinski, Unrechtsbegriff, S. 213 ff., 216, 309. 45 Nachw. dazu und zur Problematik einer solchen Auffassung bei Frisch, GA 2015, 65, 70 f.; ders., GA 2019, 185, 186 f.; ders., GA 2019, 537, 539 ff.; Roxin, GA 2015, 185, 187 f., je m.w.N. 46 So ja auch Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 15 ff., 167 f., 285 in seiner Auseinandersetzung mit Jakobs; ders., InDret 1/2017, S. 1 ff.
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Dass den eigentlichen Streitpunkt in Wahrheit Fragen der Straftheorien bilden und die Qualifizierbarkeit des eingetretenen Erfolgs als Unrecht nur einen „Nebenkriegsschauplatz“ darstellt, wird noch deutlicher, wenn man nach der eben genannten Straftheorie einige weitere Theorien einbezieht. Nach einer weitverbreiteten Theorie liegt der mit der Strafe verfolgte Zweck in der Beseitigung der durch die Tat bewirkten Rechtsfriedensstörung; die Strafe ist ein Mittel zur Erledigung des durch die Tat geschaffenen Konflikts;47 nach anderen Auffassungen bezweckt sie auch eine Befriedigung von Genugtuungsinteressen des Opfers und ihrer Angehörigen.48 Es ist leicht zu sehen, dass der eingetretene, dem Täter zurechenbare Erfolg für die Strafe hier auch dann relevant ist, wenn man auf seine Klassifikation als Unrecht verzichtet: Die Rechtsfriedensstörung ist wegen des eingetretenen zurechenbaren Erfolgs, nicht wegen dessen Qualifizierbarkeit als Unrecht größer; auch das Maß des Genugtuungsinteresses hängt – bei Zurechenbarkeit der Beeinträchtigung zum Täterverhalten – mit der erlittenen Beeinträchtigung und ihrem Ausmaß und nicht damit zusammen, ob man die Folgen als Unrecht zu qualifizieren bereit ist oder nicht. Mit diesen skizzenhaften analytischen Bemerkungen zu den Straftheorien muss es hier bewenden; eine eigenständige substantielle Stellungnahme zur richtigen Straftheorie49 war hier nie beabsichtigt. Ziel war es vielmehr nur zu verdeutlichen, dass der Kampf gegen als irrational empfundene Bestrafungen und Strafmaßregeln besser direkt auf der Ebene der Straftheorie geführt werden sollte. Der Umweg über die Verbrechenslehre und deren Qualifikationen belastet das eigentlich zu Diskutierende unnötig mit Zusatzproblemen. Der Jubilar mag mir verzeihen, dass meine Ausführungen seinen Thesen nur teilweise zustimmen. Das ändert freilich nichts daran, dass seine scharfsinnigen Argumentationen mich auch dort, vielleicht sogar dort besonders, angeregt, bereichert und fordernd weitergeführt haben, wo ich letztlich anderer Meinung bin. Für diese Bereicherung möchte ich Marcelo Sancinetti herzlich danken und ihm als Ausdruck meines Dankes und als Zeichen langjähriger Verbundenheit und Wertschätzung diese Zeilen mit den besten Wünschen zum 70. Geburtstag widmen.
Literatur Ast, Stephan: Handlung und Zurechnung, Berlin 2019. Burkhardt, Björn: Tatbestandsmäßiges Verhalten und ex-ante-Betrachtung, in: Jürgen Wolter/ Georg Freund (Hrsg.), Straftat, Strafzumessung und Strafprozeß im gesamten Strafrechtssystem, Heidelberg 1996, S. 99 – 134. 47 Vgl. etwa Roxin, GA 2015, 185, 197 ff.: Störung des öffentlichen Friedens und Wiederherstellung des Rechtsfriedens (S. 199). 48 S. etwa Hörnle, JZ 2006, 950 ff.; dies., Straftheorien, S. 29 ff., 37 ff. 49 S. dazu Frisch, GA 2019, 185 ff.; ders., GA 2019, 535, 539 ff.
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Burkhardt, Björn: Fahrlässigkeit als individuelle Erkennbarkeit der Tatbestandsverwirklichung, in: Urs Kindhäuser et al. (Hrsg.), Strafrecht und Gesellschaft, Tübingen 2019, S. 441 – 489. Engisch, Karl: Untersuchungen über Vorsatz und Fahrlässigkeit im Strafrecht, Aalen 1930. Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 67. Auflage, München 2019. Frisch, Wolfgang: Vorsatz und Risiko, Köln 1983. Frisch, Wolfgang: Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, Heidelberg 1988. Frisch, Wolfgang: Strafe, Straftat und Straftatsystem im Wandel, GA 2015, S. 65 – 85. Frisch, Wolfgang: Erfolgsgeschichte und Kritik der objektiven Zurechnungslehre, GA 2018, S. 553 – 572. Frisch, Wolfgang: Straftheorie, Verbrechensbegriff und Straftatsystem im Umbruch, GA 2019, S. 185 – 204. Frisch, Wolfgang: Untauglicher Versuch und Wahndelikt, GA 2019, S. 305 – 324. Frisch, Wolfgang: Zum Begründungshintergrund von Übel und Tadel in der Theorie der Strafe, GA 2019, S. 537 – 553. Gallas, Wilhelm: Zur Struktur des strafrechtlichen Unrechtsbegriffs, in: Arthur Kaufmann (Hrsg.), Festschrift für Bockelmann, München 1979, S. 155 – 179. Herzberg, Dietrich: Die Sorgfaltswidrigkeit im Aufbau der fahrlässigen und vorsätzlichen Tat, JZ 1987, S. 536 – 541. Horn, Eckhard: Konkrete Gefährdungsdelikte, Köln 1969. Hörnle, Tatjana: Die Rolle des Opfers in der Straftheorie und im materiellen Strafrecht, JZ 2006, S. 950 – 958. Hörnle, Tatjana: Straftheorien, Tübingen 2011. Hoyer, Andreas: „Umräumen von Möbeln“ auf offener Bühne, in: Georg Freund/Uwe Murmann/René Bloy/Walter Perron (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang Frisch, Berlin 2013, S. 223 – 244. Jakobs, Günther: Studien zum fahrlässigen Erfolgsdelikt, Berlin 1972. Jakobs, Günther: Strafrecht. Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Berlin 1991. Jakobs, Günther: Der strafrechtliche Handlungsbegriff, München 1992. Jakobs, Günther: Erfolgsunwert und Rationalität, in: Wolfgang Joecks (Hrsg.), Festschrift für Erich Samson, Heidelberg 2010, S. 43 – 54. Kaufmann, Armin: Das fahrlässige Delikt, Zeitschrift für Rechtsvergleichung (Wien) 1964, S. 41 ff. (zit. nach Kaufmann, Armin: Strafrechtsdogmatik zwischen Sein und Wert, Köln 1982). Kaufmann, Armin: Die Dogmatik im Alternativentwurf, ZStW 80 (1968), S. 34 – 53. Kaufmann, Armin: Zum Stande der Lehre vom personalen Unrecht, in: Günther Stratenwerth et al. (Hrsg.), Festschrift für Hans Welzel, Berlin 1974, S. 393 – 414. Kaufmann, Armin: Strafrechtsdogmatik zwischen Sein und Wert, Köln 1982.
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Psychisch vermittelte Kausalität Von Helmut Frister
I. Einführung Das beeindruckende wissenschaftliche Werk von Marcelo Sancinetti wird maßgeblich geprägt durch seine Überzeugung, dass strafrechtliches Unrecht ausschließlich subjektiv zu begründen sei.1 Dies hat ihn aber nicht daran gehindert, die Strafrechtswissenschaft auch durch grundlegende Überlegungen zu den Voraussetzungen des objektiven Tatbestands zu bereichern.2 Deshalb hoffe ich, dass ein Beitrag auf sein Interesse stoßen wird, der sich mit einem (vermeintlichen) Sonderproblem aus diesem Bereich befasst, der psychisch vermittelten Kausalität. Sowohl das argentinische als auch das deutsche Strafrecht setzen – etwa bei der Beteiligungsform der Anstiftung und den sog. Selbstschädigungsdelikten Nötigung, Erpressung und Betrug – voraus, dass nicht nur ein natürliches Geschehen, sondern auch die Entscheidung einer Person verursacht werden kann. Die Frage, wie diese psychisch vermittelte Kausalität zu verstehen und mit der Zuerkennung von Entscheidungsfreiheit zu vereinbaren ist, wurde insbesondere in der Strafrechtswissenschaft des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts intensiv diskutiert.3 In neuerer Zeit ist diese Diskussion insbesondere von Ingeborg Puppe wiederbelebt worden.4 Sie ist derzeit die wohl prominenteste Verfechterin der Auffassung, dass die Zurechnung der Entscheidungen anderer Personen nicht auf der Grundlage des allgemeinen Kausalitätsbegriffs erfolgen könne, sondern auf eine grundsätzlich andere Basis gestellt werden müsse.5 Ob die Unmöglichkeit einer sicheren Vorhersage von Entscheidungen und die Zuerkennung von Entscheidungsfreiheit tatsächlich dazu zwingen, „die Illusion eines einheitlichen Kausalbegriffs“6 1 Aus dem deutschsprachigen Œuvre des Jubilars dazu: Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch; FS Roxin, S. 349; FS Jakobs, S. 583; JJZG 2011, 267; GA 2016, 411. 2 Vgl. aus dem deutschsprachigen Œuvre insbesondere den tiefschürfenden Beitrag zu den hypothetischen Kausalverläufen in: ZStW 120 (2008), 661. 3 Vgl. zu dieser Diskussion etwa Frank, StGB, S. 14 f. m.w.N. 4 NK-StGB/Puppe Vor §§ 13 ff. Rn. 125 – 134c m.w.N. 5 NK-StGB/Puppe Vor §§ 13 ff. Rn. 131; ihr zustimmend Renzikowski, FS Puppe, S. 201 ff. und im Grundsatz auch Roxin, FS Achenbach, S. 409 (413). 6 NK-StGB/Puppe Vor §§ 13 ff. Rn. 131.
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preiszugeben, möchte ich im Folgenden durch eine Analyse verschiedener Fallkonstellationen psychisch vermittelter Kausalität überprüfen.
II. Ermöglichung einer Entscheidung Die erste – vergleichsweise unproblematische – Fallgruppe psychisch vermittelter Kausalität wird durch die Fälle gebildet, in denen eine Person eine notwendige Voraussetzung dafür schafft, dass sich eine andere Person für ein bestimmtes Verhalten entscheiden kann. Ein einfaches Beispiel ist die Verschaffung notwendiger Informationen für die Begehung einer Straftat, etwa der Hinweis des A auf eine dem B nicht bekannte Gelegenheit zur Begehung eines lukrativen Einbruchsdiebstahls. Auch wenn B frei entscheiden kann, ob er die Gelegenheit wahrnimmt oder nicht, ist der Hinweis des A eine notwendige Bedingung für eine von B getroffene Entscheidung zur Begehung der Tat. Denn ohne die Information des A hätte B gar keine Möglichkeit gehabt, sich für den von ihm begangenen Einbruchsdiebstahl zu entscheiden, sodass seine Entscheidung zur Begehung der Tat nach der traditionellen, in der Rechtsprechung bis heute vorherrschenden Definition der Ursache als „conditio sine qua non“ unzweifelhaft durch den Hinweis des A verursacht worden ist. Auch wenn man mit der herrschenden Meinung das strikte Verständnis der Ursache als notwendige Bedingung durch eine Zusatzregel für die alternative Kausalität (sog. Doppel- oder Mehrfachkausalität) und ein Verbot der Hinzudenkens von Ersatzursachen aufweicht7 und die Ursache dann folgerichtig als notwendigen Teil einer hinreichenden und wahren Bedingung definiert8, ergibt sich noch kein anderes Ergebnis. Solange man die Frage, ob die Information des A ein notwendiger Teil des zu der Entscheidung des B führenden Kausalverlaufs war, ex post beurteilt, ergibt sich schon aus der Tatsache, dass sich B für die Begehung des Einbruchsdiebstahls entschieden hat und diese Entscheidung ohne die Information des A gar nicht hätte treffen können, dass diese Information gemeinsam mit anderen Umständen zu dessen Entscheidung geführt und diese damit als notwendiger Teil einer hinreichenden und wahren Bedingung verursacht haben muss. Für all das kommt es nicht darauf an, ob man die Tatsache, dass Menschen in identischen Situationen unterschiedlich entscheiden, nur auf unterschiedliche psychische Eigenschaften oder auch auf einen nicht durch psychische Eigenschaften bestimmten freien Willen zurückführt. Selbst auf der Grundlage der – erkenntnistheoretisch fragwürdigen9 – Vorstellung eines durch die psychische Identität nicht vollständig bestimmten freien Willens bleibt es dabei, dass die Information des A gemeinsam mit anderen Umständen, zu denen dann auch der freie Wille des B gehört, dessen 7 Vgl. etwa Kühl, Strafrecht AT § 4 Rn. 12 und 19; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT § 6 Rn. 233 und 239, beide m.w.N. 8 NK-StGB/Puppe Vor §§ 13 ff. Rn. 102 ff. 9 Vgl. dazu Frister, Strafrecht AT, 3. Kap. Rn. 7 m.w.N.
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Entscheidung für die Begehung des Einbruchsdiebstahls herbeigeführt hat. Die indeterministische Vorstellung, menschliche Entscheidungen würden auch durch einen Faktor bestimmt, der seinerseits nicht aus den Eigenschaften der Person und der Entscheidungssituation resultiert, ändert nichts daran, dass Umstände, die zu diesem indeterministischen Faktor hinzutreten müssen, um die betreffende Entscheidung herbeizuführen, bei einer ex post Beurteilung sowohl eine notwendige Bedingung als auch ein notwendiger Teil einer hinreichenden Bedingung für die getroffenen Entscheidung sind. Problematisch wird die Qualifikation der Information des A als notwendiger Teil einer hinreichenden Bedingung für die Entscheidung des B erst dann, wenn man eine ex ante hinreichende Bedingung verlangt, d. h. als Ursache nur einen Umstand anerkennt, der gemeinsam mit anderen bereits vorliegenden Umständen aufgrund eines allgemein gültigen strikten Kausalgesetzes die zu erklärende Wirkung herbeiführt.10 Auf der Grundlage einer solchen Definition des Begriffs der Ursache ist die Information des A nicht ursächlich für die Entscheidung des B, weil wir über keine allgemein gültigen strikten Kausalgesetze verfügen, aus denen wir ableiten könnten, dass sich B aufgrund dieser Information für die Begehung des Einbruchsdiebstahls entscheiden wird. Auch insoweit kommt es nicht darauf an, ob man einen nicht durch die psychische Identität bestimmten freien Willen anerkennt oder nicht, weil wir auch bei einem Verzicht auf diese indeterministische Vorstellung jedenfalls nicht über hinreichendes psychologisches Wissen verfügen, um eine solche Entscheidung sicher vorhersagen zu können. Eine Definition der Ursache als notwendiger Teil einer bereits ex ante hinreichenden Bedingung würde jedoch nicht nur die Möglichkeit einer psychisch vermittelten Kausalität in Frage stellen, sondern hätte zur Folge, dass auch in vielen anderen Fällen die Kausalität nicht mehr zu begründen wäre. So könnte – um zunächst ein außerstrafrechtliches Beispiel zu bemühen – das Ankreuzen der richtigen Zahlen auf einem Lottoschein nicht mehr als ursächlich für einen Lottogewinn angesehen werden.11 Obwohl kein Zweifel daran bestehen kann, dass das Ankreuzen der richtigen Zahlen gemeinsam mit deren späterer Ziehung den Gewinn herbeigeführt hat, ist es – jedenfalls wenn die Ziehung ordnungsgemäß erfolgt – kein Bestandteil einer schon ex ante hinreichenden Bedingung für diesen Gewinn. Denn selbstverständlich verfügen wir über kein allgemeines Kausalgesetz, aus dem sich ableiten ließe, dass man beim Ankreuzen einer bestimmten Zahlenkombination sechs Richtige im Lotto haben wird. Da die Wahrscheinlichkeit eines Hauptgewinns im Lotto verschwindend gering ist und es gerade zum Wesen einer Lotterie gehört, dass der Zufall über den Gewinn entscheidet, sind die Schwierigkeiten einer ex ante Betrachtung der Kausalität hier 10
So – wenn ich sie richtig verstehe – NK-StGB/Puppe Vor §§ 13 ff. Rn. 103, die ausführt, dass der Begriff hinreichende Bedingung in Bezug auf einen Einzelfall keinen Sinn habe, sondern auf einen allgemeinen Satz der Form „immer wenn, dann“ rekurriere. 11 Vgl. zu diesem Beispiel bereits Dencker, Kausalität und Gesamttat, S. 40.
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besonders augenscheinlich. Aber auch außerhalb von Lotterie und Glückspiel sind wir – schon weil Prognosen bekanntlich schwierig sind, besonders wenn sie die Zukunft betreffen – in der Regel nicht in der Lage, den Eintritt zukünftiger Ereignisse anhand der uns bekannten Kausalgesetze sicher zu prognostizieren.12 So begründen selbst typische Tötungshandlungen wie etwa der gezielte Schuss auf einen Menschen zumeist nur ein mehr oder weniger großes Risiko für den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs. Ob der Schuss den Menschen tatsächlich treffen und ihn nicht nur verletzen, sondern auch töten wird, lässt sich in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle nicht sicher vorhersagen. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass sich aus den im Zeitpunkt des Schusses bereits vorliegenden Umständen keine nach allgemeinen Kausalgesetzen hinreichende Bedingung für den tödlichen Erfolg formulieren lässt. Möglich ist die Formulierung einer solchen bereits ex ante hinreichenden Bedingung nur bei Handlungen, die mit 100-prozentiger Sicherheit den Erfolg herbeiführen werden. Da aber solche Handlungen in der strafrechtlichen Praxis eher eine Rarität sind, ist eine Definition der Ursache als notwendiger Teil einer bereits ex ante hinreichenden Bedingung für den Erfolg für strafrechtliche Zwecke untauglich. Die strafrechtlichen Erfolgsdelikte müssen auch Handlungen erfassen, die lediglich ein mehr oder weniger großes Risiko des Erfolgseintritts begründen, das sich dann im weiteren Verlauf realisiert.13 Dazu ist die Kausalität ex post zu beurteilen, also der Begriff der Ursache entweder als notwendige Bedingung oder als notwendiger Teil einer ex post hinreichenden Bedingung für den Erfolg zu definieren.14 Weil damit auch eine Verursachung menschlicher Entscheidungen prinzipiell möglich ist, lässt sich als erstes Zwischenergebnis festhalten, dass jedenfalls die generelle Leugnung der Möglichkeit psychisch vermittelter Kausalität nicht berechtigt ist. Zumindest Handlungen, die einer Person die Entscheidung für ein bestimmtes Verhalten erst ermöglicht haben, sind in Anwendung des allgemein im Strafrecht geltenden Kausalitätsbegriffs als ursächlich für diese Entscheidung zu qualifizieren.
III. Veranlassung einer Entscheidung Eine zweite – im Ergebnis ebenfalls noch unproblematische – Fallgruppe psychisch vermittelter Kausalität besteht aus Fällen, in denen eine Person den äußeren Anlass dafür schafft, dass sich eine andere Person für ein bestimmtes Verhalten entscheidet. Ein markantes Beispiel ist der vom Bundesgerichtshof entschiedene „Gu12 Vgl. dazu bereits eingehend Schulz, FS Lackner, S. 39 (41 ff.) sowie Dencker, Kausalität und Gesamttat, S. 36. 13 Dies konzediert letztlich auch Puppe, die sich deshalb genötigt sieht, bei „nicht vollständig determinierten Prozessen“ eine Zurechnung nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen zuzulassen (NK-StGB/Puppe Vor §§ 13 ff. Rn. 135 – 151a). Aber es erscheint wenig sinnvoll, einen allgemeinen strafrechtlichen Kausalitätsbegriff zu formulieren, der für die überwiegende Zahl der zu beurteilenden Fälle nicht passt und durch Ausnahmen wieder korrigiert werden muss. 14 Ebenso bereits Schulz, FS Lackner, S. 39 (41 ff.).
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bener Hetzjagdfall“.15 Um sich vor einer massiven Bedrohung und Verfolgung durch die Angeklagten in Sicherheit zu bringen, hatte das Opfer der Hetzjagd eine Glastür eingetreten und sich dabei tödliche Schnittverletzungen zugezogen. Obwohl der Gejagte die Glastür auch ohne die Bedrohung und Verfolgung hätte eintreten können, seine Entscheidung also nicht erst durch die Hetzjagd ermöglicht wurde, hatte der Bundesgerichtshof zu Recht keinen Zweifel daran, dass die Hetzjagd das Eintreten der Glastür und damit im Ergebnis auch den Tod verursacht hat. Weil das Opfer die Glastür nur eingetreten hat, um der Verfolgung und Bedrohung zu entgehen, war die Hetzjagd sowohl eine notwendige als auch ein notwendiger Teil einer ex post hinreichenden Bedingung für die Entscheidung zum Eintreten der Tür. Anders als bei der ersten muss bei dieser zweiten Fallgruppe zur Begründung der psychisch vermittelten Kausalität festgestellt werden, auf welchem Beweggrund die getroffene Entscheidung beruht. Daraus lassen sich aber schon deshalb keine durchgreifenden Einwände gegen die Annahme psychisch vermittelter Kausalität ableiten, weil das Strafrecht mit der Formulierung subjektiver Strafbarkeitsvoraussetzungen die Feststellbarkeit der Beweggründe für menschliche Entscheidungen voraussetzt. Die Schwierigkeiten, den dafür notwendigen Rückschluss aus den objektiven Umständen theoretisch exakt zu erfassen, ändern nichts daran, dass die Feststellung (oder „Zuschreibung“) von Beweggründen ein unerlässlicher und in der Praxis häufig auch gar nicht besonders problematischer Bestandteil der richterlichen Tätigkeit ist.16 So liegt etwa im „Gubener Hetzjagdfall“ das Motiv für das Eintreten der Glastür auf der Hand. Die lediglich theoretische Möglichkeit, dass der Gejagte die Glastür aus einem anderen Grund eingetreten haben könnte, kann nach den für die richterliche Überzeugungsbildung geltenden Maßstäben die Kausalität nicht ernsthaft in Frage stellen. Ebenso ist es bei vielen anderen Entscheidungen, die zur Abwendung ohne die betreffende Entscheidung drohender Nachteile oder durch sie zu erlangender Vorteile getroffen werden. Zahlt z. B. jemand den geforderten Geldbetrag an den Entführer einer ihm nahestehenden Person, so ist die Zahlung durch die Entführung verursacht worden. Tötet ein Auftragsmörder nach Erteilung eines entgeltlichen Auftrags eine ihm zuvor unbekannte Person, so war die Auftragserteilung nebst Honorierung ursächlich für den begangenen Mord. Aber auch ohne die Verknüpfung mit Voroder Nachteilen kann der Beweggrund für eine Entscheidung erst durch die Handlung eines anderen ermöglicht worden und damit diese Handlung eine notwendige Bedingung bzw. ein notwendiger Teil einer ex post hinreichenden Bedingung für die getroffene Entscheidung sein. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn A dem B mitteilt, dass seine Frau ein außereheliches Liebesverhältnis mit seinem besten Freund C unterhält, und B daraufhin aus Eifersucht den C verprügelt, oder wenn ein Beamter
15
BGH NJW 2003, 150. Vgl. dazu bereits Dencker, Kausalität und Gesamttat, S. 38 f.; Frister, ZIS 2019, 381 (386); ders., FS Rengier, S. 377 (381). 16
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oder Arbeitnehmer eine bestimmte dienstliche Entscheidung nicht aus eigenem Antrieb, sondern nur deshalb trifft, um eine ihm erteilte Weisung zu befolgen. Als weiteres Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass Handlungen, die eine Entscheidung veranlasst, d. h. es erst ermöglicht haben, die Entscheidung aus dem Grund zu treffen, aus dem sie getroffen worden ist, ebenfalls in Anwendung des allgemein im Strafrecht geltenden Kausalitätsbegriffs als ursächlich für diese Entscheidung zu qualifizieren sind. Die psychisch vermittelte Kausalität besteht in diesen Fällen auch dann, wenn der Anlass nicht wirklich besteht, sondern lediglich erfolgreich vorgetäuscht wird, also z. B. das Lösegeld an einen sog. Trittbrettfahrer gezahlt, der Auftragsmord mit wertlosem Falschgeld honoriert, die Weisung des Vorgesetzten von einem böswilligen Kollegen gefälscht oder die Liebesbeziehung nur erfunden worden ist.
IV. Beeinflussung einer Entscheidung Problematisch wird die Feststellung psychisch vermittelter Kausalität erst bei Handlungen, die eine getroffene Entscheidung nicht veranlasst, aber dadurch beeinflusst haben, dass sie weitere Gründe für die Entscheidung geschaffen oder gegen die Entscheidung sprechende Gründe beseitigt haben. Wenn A den C verprügelt, weil er sich erstens selbst an C rächen und zweitens 100 E erlangen will, die ihm B für das Verprügeln des C versprochen hat, dann lässt sich aus der Begehung der Tat und der ihr zugrundeliegenden Motivation nicht mehr ohne weiteres ableiten, dass das Versprechen der 100 E für die Entscheidung des A ursächlich war. Da A den C auch verprügelt hat, um sich an ihm zu rächen, ist es durchaus möglich, dass das Versprechen der 100 E für die getroffene Entscheidung nicht ausschlaggebend war. Entsprechendes gilt, wenn B dem A keine 100 E, sondern stattdessen versprochen hatte, ihm bei der Begehung der Tat zu Hilfe zu kommen, falls sich C als stärker erweisen sollte. Auch in einem solchen Fall erscheint es zumindest möglich, dass A die Begehung der Tat auch ohne diese Rückversicherung riskiert hätte. Eine Begründung psychisch vermittelter Kausalität scheint in derartigen Fällen vorauszusetzen, dass man diese Möglichkeiten ausschließen, d. h. mit hinreichender Sicherheit feststellen kann, dass A sich ohne das Versprechen der 100 E bzw. einer notwendig werdenden Hilfeleistung im Ergebnis nicht für die Begehung der Tat entschieden hätte. Puppe bestreitet die Möglichkeit einer solchen Feststellung bereits mit der prinzipiellen Überlegung, dass Behauptungen über fiktive Geschehnisse nur dann einen Sinn hätten, wenn diese Geschehnisse durch allgemein gültige strikte Gesetze bestimmt seien. Da menschliche Entscheidungen gerade nicht durch solche strikten Gesetze bestimmt seien bzw. uns zumindest derzeit keine derartigen Gesetze zur Verfügung stünden, könne nicht einmal die betreffende Person selbst und erst
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recht kein außenstehender Dritter zuverlässig sagen, wie sich eine Person in einer hypothetischen Entscheidungssituation entschieden hätte.17 An dieser Überlegung ist richtig, dass die Antwort auf die Frage, wie sich eine Person in einer hypothetischen Situation entschieden hätte, die Kenntnis von Regeln voraussetzt, aus denen sich ableiten lässt, wie sich eine bestimmte Person in einer bestimmten Situation entscheidet. Aber die Aussage, dass es sich bei diesen Regeln notwendigerweise um allgemeingültige strikte Gesetze handeln müsste, verkennt die Anforderungen an eine Tatsachenfeststellung im Strafprozess. Im Strafprozess geht es nicht um einen naturwissenschaftlichen oder gar mathematischen Beweis, sondern um die Gewinnung einer einen vernünftigen Zweifel nicht mehr zulassenden Überzeugung. Schon weil eine solche Überzeugung anerkanntermaßen auch aus für sich genommen nicht zwingenden Indizienschlüssen gewonnen werden kann,18 ist es nicht prinzipiell ausgeschlossen, aus in ähnlichen Situationen getroffenen Entscheidungen, Werteinstellungen, Gewohnheiten und sonstigen Persönlichkeitsmerkmalen sowie rechtlichen und sozialen Normen abzuleiten, wie sich eine bestimmte Person in einer hypothetischen Situation entschieden hätte. Wäre dies anders, so hätte auch die Feststellung einer mutmaßlichen Einwilligung keinen Sinn. Obwohl es damit nicht prinzipiell sinnlos ist, danach zu fragen, wie sich eine Person in einer hypothetischen Situation entschieden hätte, muss man einräumen, dass es in vielen Fällen nicht möglich sein wird, mit einer für eine strafprozessuale Verurteilung hinreichenden Sicherheit festzustellen, ob eine bloße Beeinflussung des Entscheidungsprozesses einer Person für das Ergebnis der Entscheidung ausschlaggebend war. So wird etwa in den oben gebildeten Beispielsfällen eine ausschlaggebende Bedeutung der Versprechen, 100 E zu zahlen bzw. erforderlichenfalls zu Hilfe zu kommen, nur dann zu begründen sein, wenn A sich schon längere Zeit gerne an C gerächt hätte, aber erst dann zur Tat geschritten ist, nachdem ihm B die entsprechenden Zusagen gemacht hatte. Lässt sich eine solche zeitliche Abfolge nicht feststellen, so werden jedenfalls in aller Regel vernünftige Zweifel daran bleiben, dass A die Tat ohne die Versprechen des B nicht begangen hätte. Damit scheint bei der bloßen Beeinflussung einer Entscheidung eine psychisch vermittelte Kausalität zwar nicht prinzipiell ausgeschlossen, aber nur in Ausnahmefällen feststellbar zu sein. Im Hinblick auf das im Ergebnis allgemein anerkannte Verbot des Hinzudenkens von Reservehandlungen19 bei der Beurteilung der Kausalität stellt sich allerdings die Frage, ob eine Beeinflussung des realen Entscheidungsprozesses nicht auch dann als ursächlich für die getroffene Entscheidung angesehen werden kann, wenn in dem hypothetischen Entscheidungsprozess ohne diese Beeinflussung (möglicherweise) die 17
NK-StGB/Puppe Vor §§ 13 ff. Rn. 130; ebenso Renzikowski, FS Puppe, S. 201 (212). Vgl. zur Struktur der Überzeugungsbildung eingehend SK-StPO/Velten Vor § 261 Rn. 3 ff. m.w.N. 19 Vgl. etwa BGHSt 2, 20 (24); 30, 228 (231 f.); Roxin, Strafrecht AT, Bd. 1, § 11 Rn. 58 m.w.N.; Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 125 ff.; Sancinetti, ZStW 120 (2008), 661 (681 und 703). 18
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gleiche Entscheidung getroffen worden wäre. Lässt man hypothetische Entscheidungen anderer Personen bei der Beurteilung der Kausalität unberücksichtigt, so liegt es nahe, mit hypothetischen Entscheidungen der gleichen Person ebenso zu verfahren, also das hypothetische Ergebnis eines unbeeinflussten Entscheidungsprozesses bei der Beurteilung psychisch vermittelter Kausalität nicht hinzuzudenken. In den oben genannten Beispielen wären die Versprechen des B damit schon deshalb ursächlich für die von A begangene Körperverletzung, weil A sich aufgrund eines von B beeinflussten Entscheidungsprozesses für die Begehung der Tat entschieden hat. Die (mögliche) Begehung der Tat aufgrund eines anderen, nicht von B beeinflussten Entscheidungsprozesses wäre als Reservehandlung bei der Beurteilung der psychisch vermittelten Kausalität nicht zu berücksichtigen. Diese normative Modifikation der Conditio-sine-qua-non-Formel erscheint jedenfalls bei der Beurteilung der Kausalität für eine rechtswidrige Entscheidung überzeugend. Sie lässt sich damit begründen, dass die Rechtsordnung grundsätzlich erst dann davon ausgehen darf, dass Menschen sich rechtswidrig verhalten, wenn sie dies durch ihr Verhalten gezeigt haben.20 Aufgrund dieses Tatprinzips sind bei der Beurteilung der Kausalität hypothetische Entscheidungen zur Begehung einer rechtswidrigen Tat generell nicht zu berücksichtigen. Dementsprechend kommt es für die Kausalität psychischer Einwirkungen auf eine rechtswidrige Entscheidung nicht darauf an, ob ohne real vorhandene Beweggründe oder mit real nicht vorhandenen Bedenken ebenfalls die rechtswidrige Entscheidung getroffen worden wäre. Auch eine solche rechtswidrige Entscheidung ist hypothetischer Natur und hat deshalb bei der Beurteilung der Kausalität außer Betracht zu bleiben. Dies hat zur Folge, dass jede Schaffung zusätzlicher Beweggründe oder Beseitigung vorhandener Bedenken als ursächlich für eine getroffene rechtswidrige Entscheidung anzusehen ist. Entsprechendes gilt auch für die Beeinflussung von Entscheidungen, mit denen eine Person rechtmäßig über eigene Rechtsgüter disponiert. Die normative Begründung für die Modifikation der Conditio-sine-qua-non-Formel ergibt sich hier aus dem Recht der betreffenden Person, selbst über die Preisgabe ihrer Rechtsgüter zu entscheiden.21 Um dieses Recht zu schützen, ist bei der Beurteilung der Kausalität eine hypothetische Beeinträchtigung eigener Rechtsgüter ebenso wenig zu berücksichtigen wie deren hypothetische Verletzung durch Dritte. Dementsprechend ist auch für die Kausalität psychischer Einwirkungen auf Entscheidungen, mit denen eigene Rechtsgüter preisgeben werden, nicht darauf abzustellen, ob die Preisgabe ohne tatsächlich vorhandene Beweggründe oder mit tatsächlich nicht vorhandenen Bedenken ebenfalls erfolgt wäre. Eine solche lediglich hypothetische Disposition bleibt bei der Beurteilung der Kausalität ebenfalls außer Betracht, sodass im Ergebnis auch bei der Preisgabe eigener Rechtsgüter jede Schaffung zusätzlicher Beweggründe oder Beseitigung vorhandener Bedenken als ursächlich für die getroffene Entscheidung anzusehen ist. 20 21
Frister, Strafrecht AT, 9. Kap. Rn. 30 m.w.N. Frister, Strafrecht AT, 9. Kap. Rn. 31.
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Ein reales Beispiel für eine solche Konstellation ist der Verkauf eines neuen Medikaments an austherapierte Krebspatienten mit der falschen Behauptung, das Medikament sei bereits klinisch getestet und seine Wirksamkeit erwiesen. Der Bundesgerichtshof hat hier die Kausalität der durch die Täuschung hervorgerufenen Fehlvorstellung für die getroffene Vermögensverfügung von der Feststellung abhängig gemacht, dass die Patienten das Medikament ohne diese Fehlvorstellung nicht erworben hätten.22 Dies wird von Puppe mit scharfen Worten zu Recht kritisiert.23 Die falschen Behauptungen sind für die getroffene Vermögensverfügung bereits deshalb ursächlich, weil sie einen zusätzlichen Grund für den Erwerb des Medikaments geschaffen haben. Ob die Patienten das Medikament wegen des Fehlens anderweitiger Behandlungsmöglichkeiten auch dann erworben hätten, wenn ihnen die nicht erfolgte klinische Testung und der fehlende Wirksamkeitsnachweis bekannt gewesen wären, ist – weil eine hypothetische Preisgabe eigener Vermögenswerte bei der Beurteilung nicht zu berücksichtigen ist – für die Kausalität ohne Bedeutung. Zu klären bleibt, ob die Beeinflussung einer rechtswidrigen oder eigene Rechtsgüter preisgebenden Entscheidung auch dann nach diesen Regeln zu beurteilen ist, wenn der Entscheidende sich explizit vorgestellt hat, wie er sich ohne die durch die Beeinflussung geschaffenen zusätzlichen Gründe bzw. mit den durch sie beseitigten Bedenken entscheiden würde. Eine solche explizite Vorstellung besteht insbesondere dann, wenn schon vor der erfolgten Beeinflussung ein fester Vorsatz vorhanden war, sich so zu entscheiden, wie dies nach der Beeinflussung tatsächlich geschehen ist. Diskutiert wird die Behandlung derartiger Fälle bekanntlich bei der Anstiftung. Die auf die Begehung einer Straftat gerichtete Beeinflussung eines zur Begehung der Tat bereits fest Entschlossenen (omnimodo facturus) soll nach herrschender Meinung nicht als Anstiftung, sondern lediglich als psychische Beihilfe zu bewerten sein. Bei einem bereits vorhandenen festen Tatentschluss könne die rechtswidrige Entscheidung des Täters nicht durch eine spätere Beeinflussung verursacht worden sein.24 Dem wird jedoch zu Recht entgegengehalten, dass der Entschluss zur Begehung einer Straftat vor dem Eintritt in das Tatausführungsstadium von der Rechtsordnung noch nicht als verbindlicher Tatentschluss anerkannt wird.25 Auch wenn A in dem oben gebildeten Beispiel schon „fest entschlossen“ war, den C zu verprügeln, um sich an ihm zu rächen, kann das Versprechen des B, ihm für eine solche Tat 100 E zu zahlen oder ihm zu Hilfe zu kommen, wenn sich C als stärker erweisen sollte, einen weiteren Grund für die getroffene Entscheidung geschaffen bzw. einen gegen die Entscheidung sprechenden Grund beseitigt haben. In einem solchen Fall ist das Versprechen des B entgegen der herrschenden Meinung ebenfalls als ur22
BGH NStZ 2010, 88 (89). NK-StGB/Puppe Vor §§ 13 ff. Rn. 132. 24 BGH NStZ 2017, 401 (403); Kühl, Strafrecht AT § 20 Rn. 177; Schönke/Schröder/ Heine/Weißer § 26 Rn. 6; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT § 16 Rn. 848, alle m.w.N. 25 SK-StGB/Hoyer § 26 Rn. 8; Puppe, GA 1984, 101 (119 f.); NK-StGB/Schild § 26 Rn. 8. 23
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sächlich für die Begehung der Körperverletzung anzusehen. Die Verwirklichung des ursprünglichen Vorsatzes, den C nur zu verprügeln, um sich zu rächen, bzw. ihn ungeachtet des Risikos, dass er sich als stärker erweist, zu verprügeln, ist auch in diesem Fall eine von dem realen psychischen Geschehen abweichende hypothetische rechtswidrige Entscheidung, die bei der Beurteilung der Kausalität nicht zu berücksichtigen ist. Einen richtigen Kern hat die herrschende Meinung zum omnimodo facturus allerdings insofern, als bei einem bereits bestehenden festen Entschluss zur Begehung einer Straftat in vielen Fällen nicht nachweisbar sein wird, dass eine auf die Begehung der Tat gerichtete Beeinflussung einen weiteren Beweggrund für die Tat geschaffen oder vorhandene Bedenken beseitigt hat. Waren A die ihm von B versprochenen 100 E egal oder hatte er ohnehin keine Bedenken, dass sich C als stärker erweisen könnte, dann hat B die rechtswidrige Entscheidung des A nicht verursacht. Allerdings liegt in einem solchen Fall auch keine Beihilfe vor, weil der Tatentschluss des A gerade nicht verstärkt und damit die Tat nicht erfolgreich gefördert worden ist. Es handelt sich vielmehr um eine versuchte Anstiftung, die im deutschen Recht gemäß § 30 StGB nur bei Verbrechen strafbar ist. Für den durch die herrschende Meinung vorgenommenen Rückgriff auf die psychische Beihilfe ist damit im Ergebnis allenfalls Raum, wenn ein bereits betätigter Tatentschluss zusätzlich bestärkt wird. Ist die Einwirkung auf einen omnimodo facturus noch vor dem Beginn der Tatausführung erfolgt, so ist sie stets als vollendete bzw. versuchte Anstiftung einzuordnen.
V. Vereitelung einer Entscheidung Die letzte zu erörternde Fallgruppe psychisch vermittelter Kausalität ist in gewisser Weise das Gegenstück zur ersten. Sie besteht aus den Fällen, in denen nicht eine Entscheidung für ein erfolgsherbeiführendes Verhalten ermöglicht, sondern eine Entscheidung für ein erfolgshinderndes Verhalten vereitelt, d. h. ein rettender Kausalverlauf abgebrochen wird, dessen Verwirklichung eine Entscheidung zur Verhinderung eines eingetretenen Erfolgs beinhaltet hätte. Ein klassisches Lehrbeispiel ist der Fall, dass der Nichtschwimmer A den erfahrenen Schwimmer B niederschlägt und es ihm dadurch unmöglich macht, den ins Wasser gefallenen Nichtschwimmer C vor dem Ertrinken zu retten. Aber nicht nur durch Gewalt, sondern auch durch das Vorenthalten notwendiger Mittel oder Gelegenheiten können Entscheidungen zur Verhinderung eines eingetretenen Erfolgs vereitelt werden. Insbesondere hatte die Rechtsprechung mehrfach über Fälle zu entscheiden, in denen für die Beseitigung einer Gefahr zuständige Personen nicht über deren Existenz informiert wurden und dadurch keine Möglichkeit hatten, Maßnahmen zur Abwendung des infolge der Gefahr drohenden tatbestandlichen Erfolgs zu treffen.26
26
Vgl. die Zusammenstellung bei Roxin, FS Achenbach, S. 409 (422 f.).
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Nach der ständigen Rechtsprechung ist sowohl der aktive Abbruch als auch das pflichtwidrige Unterlassen der Einleitung eines rettenden Kausalverlaufs nur dann ursächlich für einen eingetretenen Erfolg, wenn dessen Eintritt durch den abgebrochenen bzw. nicht eingeleiteten Kausalverlauf mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ verhindert worden wäre.27 Diesen Maßstab wendet die Rechtsprechung auch und gerade an, wenn der rettende Kausalverlauf eine Entscheidung zur Verhinderung des eingetretenen Erfolgs erfordert hätte.28 In dem genannten Lehrbeispiel ist danach zur Begründung der Kausalität die Feststellung erforderlich, dass sich A mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tatsächlich dafür entschieden hätte, ins Wasser zu springen, um den C vor dem Ertrinken zu retten. Ob er sich rechtlich dafür hätte entscheiden müssen, ist nach der Auffassung der Rechtsprechung allenfalls insofern von Bedeutung, als die Existenz einer rechtlichen Verpflichtung dafür sprechen kann, dass er diese Verpflichtung auch tatsächlich erfüllt hätte. Dementsprechend hat der BGH das pflichtwidrige Unterlassen der Anzeige einer nicht hinreichend sterilen Methode der Aufbereitung von Blutspenden bei der zuständigen Aufsichtsbehörde nur dann als ursächlich für den durch in das Blut gelangte Keime herbeigeführten Tod von Blutempfängern angesehen, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehe, dass die Aufsichtsbehörde die weitere Anwendung der nicht hinreichend sterilen Methode durch geeignete Aufsichtsmaßnahmen tatsächlich unterbunden hätte.29 Bestünden Zweifel, ob die Behörde ihrer rechtlichen Verpflichtung zur Unterbindung dieser Methode auch tatsächlich gerecht geworden wäre, so sei der Nachweis der Kausalität nicht erbracht. Für die unvollständige Information eines Speditionsunternehmers über den Umfang eines festgestellten Bremsdefekts durch einen mit der LKW-Wartung betrauten Mitarbeiter hat der BGH diese Rechtsauffassung nochmal bestätigt.30 Die unvollständige Information sei für einen auf dem Bremsdefekt beruhenden späteren Unfall nur ursächlich, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehe, dass der Unternehmer seine Fahrer bei vollständiger Information nicht mehr mit dem defekten Fahrzeug hätte fahren lassen. Diese Rechtsprechung wird in der Literatur zu Recht kritisiert.31 Ihr ist entgegenzuhalten, dass es keinen Grund gibt, ein hypothetisch gebliebenes rechtswidriges Unterlassen der Erfolgsabwendung bei der Beurteilung der Kausalität anders zu behandeln als ein hypothetisch gebliebenes rechtswidriges Handeln zur Herbeiführung des tatbestandliches Erfolgs. Der das Verbot des Hinzudenkens sog. Reservehandlungen 27
BGHSt 37, 106 (127); 43, 381 (397); BGH NJW 2000, 2754 (2757), 2010, 1087 (1091); NStZ 2000, 583. 28 Siehe die Nachweise in Fn. 24. 29 BGH NJW 2000, 2754 (2757). 30 BGHSt 52, 159 (164 f.). 31 Lindemann, ZJS 2008, 404 (407 f.); NK-StGB/Puppe Vor §§ 13 ff. Rn. 134; Roxin, FS Achenbach, S. 409 (427 ff.), alle m.w.N.
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tragende Grundsatz, dass rechtswidrige Entscheidungen nicht zu unterstellen sind, bevor sie tatsächlich getroffen wurden, gilt unabhängig davon, ob die Entscheidung auf ein Handeln oder ein Unterlassen gerichtet ist. Spiegelbildlich zu dem allgemein anerkannten Verbot des Hinzudenkens von hypothetischen erfolgsverursachenden Handlungen bei der Beurteilung schädigender Kausalverläufe, besteht deshalb bei der Beurteilung rettender Kausalverläufe das Gebot des Hinzudenkens von hypothetischen erfolgsverhindernden Handlungen, wenn diese rechtlich geboten sind. Solange in dem oben erwähnten Lehrbeispiel die Rettung des C für den von B niedergeschlagenen A nicht mit einer unzumutbaren Gefährdung der eigenen Person verbunden wäre, kommt es deshalb für die Kausalität der Handlung des B nicht darauf an, ob A sich – wäre er von B nicht niedergeschlagen worden – tatsächlich dafür entschieden hätte, den C zu retten. Da A ohne eine unzumutbare Gefährdung der eigenen Person zumindest gemäß § 323c StGB verpflichtet gewesen wäre, den C zu retten, wäre ein gegenteiliges Verhalten zwar keine Reservehandlung, aber ein Reserveunterlassen, das bei der Beurteilung der Kausalität nicht zu berücksichtigen ist. Dies würde selbst dann noch gelten, wenn A zu dem Zeitpunkt, in dem er von B niedergeschlagen wurde, bereits „fest entschlossen“ gewesen wäre, den C nicht vor dem Ertrinken zu retten. Erst wenn sich seine Chancen zur Rettung des C zu diesem Zeitpunkt bereits erheblich verschlechtert hätten, wäre seine Entscheidung, diese Rettung zu unterlassen, nicht mehr hypothetischer Natur, womit das Handeln des B für den nicht erfolgten Rettungsversuch nicht mehr ursächlich wäre. Auch in den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen der Vorenthaltung von Informationen über eine abzuwendende Gefahr ist bei der Beurteilung der Kausalität davon auszugehen, dass die bestehenden Rechtspflichten zur Abwendung des tatbestandlichen Erfolgs erfüllt worden wären. Entgegen der Entscheidung des BGH kommt es deshalb in dem Fall der fehlerhaft aufbereiteten Blutspenden bei der Beurteilung der Kausalität nicht darauf an, ob die pflichtwidrig nicht unterrichtete Aufsichtsbehörde bei Erhalt einer Information über die nicht hinreichend sterile Aufbereitung willens gewesen wäre, ihre Verpflichtung zur Abwendung der sich daraus ergebenden Gefahren für die Blutempfänger zu erfüllen. Nur wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, zu denen allerdings auch das Fehlen für die Bewertung der Information notwendiger Fachkenntnisse gehören kann,32 gar nicht in der Lage gewesen sein sollte, die weitere Anwendung der nicht hinreichend sterilen Methode zu unterbinden, ist die unterbliebene Information der Aufsichtsbehörde für den Tod der Blutempfänger nicht ursächlich geworden. Der Fall des nur unvollständig über einen Bremsdefekt an einem seiner LKWs informierten Speditionsunternehmers hat die Besonderheit, dass der Unternehmer bereits aufgrund der ihm mitgeteilten Informationen seine Fahrer nicht mehr mit dem defekten LKW hätte fahren lassen dürfen. Insofern könnte man argumentieren, 32 Vgl. dazu die Ausführungen in BGH NJW 2000, 2754 (2757), wonach sich die Behörde möglicherweise auf die „höher einzustufende fachliche Autorität“ des Leiters der Blutbank verlassen hätte.
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dass die rechtswidrige Entscheidung, das Fahrzeug weiterhin verwenden zu lassen, bereits getroffen wurde und deshalb bei der Beurteilung der Kausalität der unvollständigen Mitteilung für den späteren Unfall durchaus zu berücksichtigen ist. Jedoch legitimiert die tatsächlich getroffene Entscheidung, das Fahrzeug ungeachtet des mitgeteilten Bremsdefekts weiter verwenden zu lassen, nicht die Unterstellung, dass bei der Mitteilung des weiteren Bremsdefekt ebenso entschieden worden wäre.33 Weil sich aus dem nicht mitgeteilten Bremsdefekt zusätzliche Bedenken gegen eine weitere Verwendung des Fahrzeugs ergeben hätten, kann die tatsächlich getroffene Entscheidung nicht mit der auf der Grundlage einer vollständigen Information zu treffenden hypothetischen Entscheidung gleichgesetzt werden. Deshalb ist ungeachtet der getroffenen rechtswidrigen Entscheidung davon auszugehen, dass der Unternehmer bei vollständiger Information über den vorliegenden Bremsdefekt eine rechtmäßige Entscheidung getroffen hätte, sodass neben der getroffenen rechtswidrigen Entscheidung des Unternehmers auch die unvollständige Information des mit der LKW-Wartung betrauten Mitarbeiters für den späteren Unfall ursächlich war. Während sich also die Kausalität der Vereitelung rechtlich gebotener Entscheidungen für das Unterbleiben dieser Entscheidungen normativ begründen lässt, muss bei der Vereitelung rechtlich nicht gebotener Entscheidung zur Begründung der Kausalität tatsächlich festgestellt werden, welche Entscheidung ohne die Vereitelungshandlung getroffen worden wäre. Dies führt naturgemäß zu erheblichen Beweisschwierigkeiten. Zwar ist es – wie bereits ausgeführt wurde – nicht prinzipiell ausgeschlossen, Aussagen darüber zu treffen, wie sich eine bestimmte Person in einer hypothetischen Situation entschieden hätte. Aber in der Regel sind solche Aussagen mit zu vielen Unwägbarkeiten belastet, um eine für eine strafrechtliche Verurteilung hinreichende Überzeugung erlangen zu können. Wäre etwa in dem genannten Lehrbeispiel die Rettung des C vor dem Ertrinken mit einer über das zumutbare Maß hinausgehenden Gefährdung des A verbunden gewesen, so werden sich vernünftige Zweifel daran, dass A sich gleichwohl dafür entschieden hätte, den C zu retten, allenfalls dann ausschließen lassen, wenn er sich schon mehrfach in einer derartigen Situation befunden und dabei stets das für die eigene Person bestehende Risiko in Kauf genommen hat. Diese bei der Vereitelung rechtlich nicht gebotener Entscheidungen auftretender Beweisschwierigkeiten durch die Aufgabe der „Illusion eines einheitlichen Kausalbegriffs“ lösen zu wollen, wäre jedoch schon deshalb nicht überzeugend, weil sie in vergleichbarer Form auch bei rettenden Kausalverläufen auftreten, deren Verwirklichung keine Entscheidung zur Abwendung eines tatbestandlichen Erfolgs voraussetzt. Wandelt man etwa das genannte Lehrbeispiel dahingehend ab, dass B nicht einen möglichen Retter niederschlägt, sondern eine in Richtung des ins Wasser gefallenen C treibende Holzplanke anhält, so muss zur Begründung der Ursächlichkeit dieses Handelns für den Tod des C festgestellt werden, dass die Holzplanke rechtzeitig bei C angelangt wäre, er sie hätte ergreifen und sich mit ihrer Hilfe vor dem Er33
Ebenso NK-StGB/Puppe Vor §§ 13 ff. Rn. 134b.
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trinken hätte retten können. Auch dieser hypothetische Ablauf ist wegen der in vielen Gewässern kaum zu berechnenden Strömungsverhältnisse und der Ungewissheit, wie lange sich C in welcher physischen Verfassung hätte über Wasser halten können, mit so vielen Unwägbarkeiten belastet, dass ein Gericht ihn in der Regel nicht mit einer für eine strafrechtliche Verurteilung hinreichenden Sicherheit wird feststellen können. Das Beispiel zeigt, dass die Wurzel der zu konstatierenden Beweisschwierigkeit nicht die psychische Vermittlung, sondern die hypothetische Natur des festzustellenden Geschehensablaufs ist. Die bei einem realen Geschehensablauf im Wege einer ex post Betrachtung in der Regel ohne weiteres mögliche Feststellung, dass sich ein zunächst nur geringes Risiko im weiteren Verlauf des Geschehens verwirklicht hat, ist bei einem lediglich hypothetischen Geschehensablauf der Natur der Sache nach ausgeschlossen. Ein hypothetisches Geschehen lässt sich nicht ex post betrachten, sondern nur durch die Anwendung von allgemeinem Erfahrungswissen und damit aus der ex ante Perspektive erschließen. Dementsprechend ist die sichere Feststellung eines solchen Geschehens nur für Situationen möglich, die nach dem uns zur Verfügung stehenden Erfahrungswissen mit Sicherheit zu dem betreffenden Geschehensablauf führen werden. Solche Situationen sind jedoch nicht nur bei schädigenden, sondern auch bei rettenden Kausalverläufen eher die Ausnahme. In der Regel besteht zu Beginn eines rettenden Kausalverlaufs lediglich eine mehr oder weniger große Chance, dass der Erfolg im Ergebnis vermieden werden wird, sodass sich ohne die bei hypothetischen Verläufen nicht mögliche ex post Betrachtung nicht feststellen lässt, ob sich die Chance verwirklicht hätte oder nicht. Die Frage, wie das Strafrecht mit den sich bei der Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe notwendigerweise ergebenden Beweisschwierigkeiten umgehen soll, wird vor allem für die Kausalität einer Sorgfaltspflichtverletzung (sog. Pflichtwidrigkeitszusammenhang) und die Kausalität des Unterlassens einer rechtlich gebotenen Handlung für einen eingetretenen Erfolg seit langem diskutiert. Während die Risikoerhöhungslehre34 die aus der hypothetischen Natur des bei pflichtgemäßen Verhalten eintretenden Verlaufs resultierenden Beweisschwierigkeiten zum Anlass nehmen will, eingetretene Erfolge auch ohne die in der Regel nicht feststellbare Verwirklichung der durch das pflichtwidrige Verhalten bewirkten Risikoerhöhung zuzurechnen, scheint die herrschende Meinung35 auf dem Standpunkt zu stehen, dass diese Beweisschwierigkeiten uneingeschränkt in Kauf zu nehmen seien. Die Rechtsprechung des BGH verlangt für die Feststellung die Strafbarkeit begründender hypothetischer Geschehensabläufe generell eine „an Sicherheit grenzende Wahrschein-
34
Vgl. etwa Hoyer, FS Rudolphi, S. 95 (96); Otto, JURA 2001, 275 (277); Roxin Strafrecht AT, Bd. 1, § 11 Rn. 88; Schmoller, FS Wolter, S. 479 (483 ff.), alle m.w.N. 35 BGHSt 11, 1 (7); 21, 59 (61); BGH NJW 2010, 1087 (1091); 2015, 96 (101 f.); MünchKomm/Freund Vor § 13 Rn. 311 ff. und § 13 Rn. 223, jeweils m.w.N.
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lichkeit“ und hat mehrfach betont, dass dieser Maßstab mit dem allgemein für die richterliche Überzeugungsbildung geltenden Maßstab des § 261 StPO identisch sei.36 Ob dieses Bekenntnis zu einem einheitlichen Maßstab in der Praxis der Gerichte umgesetzt, d. h. an die Feststellung eines hypothetischen Geschehens wirklich die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an die Feststellung eines realen Geschehens, scheint mir allerdings noch nicht ausgemacht zu sein. Schon die Tatsache, dass die Rechtsprechung die Formulierung der „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ bevorzugt bei der Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe verwendet, könnte darauf hindeuten, dass hier doch Abstriche von dem für die Feststellung eines realen Geschehens geltenden Maßstab gemacht werden. Dem soll jedoch in diesem Beitrag ebenso wenig nachgegangen werden wie der Frage, ob und inwieweit derartige Abstriche der Natur der Sache nach notwendig und geboten sind. Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung genügt die Feststellung, dass die bei der Vereitelung von Entscheidungen auftretenden Beweisschwierigkeiten lediglich ein Anwendungsfall des allgemeinen Problems der Feststellung hypothetischer Geschehensabläufe sind und somit keinen Anlass dazu geben, die Zurechnung von Entscheidungen anderer Personen nach anderen Regeln zu beurteilen als die Zurechnung eines natürlichen Geschehens.
VI. Schluss Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass die Zurechnung von Entscheidungen anderer Personen auf der Grundlage des allgemeinen Kausalitätsbegriffs erfolgen kann. Da ein Erfolg auch durch Handlungen verursacht werden kann, die bei ihrer Vornahme lediglich ein Risiko des Erfolgseintritts begründen, lassen sich Handlungen, die eine Entscheidung einer anderen Person erst ermöglicht oder sie veranlasst haben, unproblematisch als Ursache der getroffenen Entscheidung qualifizieren. Eine durch die Schaffung zusätzlicher Beweggründe bzw. Beseitigung vorhandener Bedenken erfolgende Beeinflussung rechtswidriger oder eigene Rechtsgüter preisgebender Entscheidungen ist – weil solche Entscheidungen bei der Beurteilung der Kausalität nicht zu unterstellen sind, bevor sie tatsächlich getroffen wurden – im Ergebnis ebenfalls ursächlich für die getroffene Entscheidung. Die Ursächlichkeit der Vereitelung rechtlich gebotener Entscheidungen für deren Unterbleiben lässt sich in gleicher Weise begründen. Prinzipielle Beweisschwierigkeiten bestehen damit nur bei der Vereitelung rechtlich nicht gebotener Entscheidungen. Diese sind jedoch kein Spezifikum psychisch vermittelter Kausalität, sondern müssen im Rahmen des allgemeinen Problems der Anforderungen an die Feststellung die Strafbarkeit begründender hypothetischer Geschehensabläufe diskutiert und gelöst werden.
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BGHSt 37, 106 (127); BGH NJW 2010, 1087 (1091).
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Sancinetti, Marcelo A.: Hypothetische Kausalverläufe und die Differenztheorie, ZStW 120 (2008), S. 661 – 703. Sancinetti, Marcelo A.: Das Denken der Aufklärung und das sogenannte „Verletzungsprinzip“, JJZG 2011, S. 267 – 299. Sancinetti, Marcelo A.: Der Handlungsunwert als Grundlage einer rationalen Strafrechtsdogmatik, GA 2016, S. 411 – 426. Schmoller, Kurt: Verwirklichung einer unerlaubten Gefahr bei „Risikoerhöhung“, in: Mark A. Zöller/Hans Hilger/Wilfried Küper/Claus Roxin (Hrsg.), Gesamte Strafrechtswissenschaft in internationaler Dimension. Festschrift für Jürgen Wolter zum 70. Geburtstag, Berlin 2013, S. 479 – 501. Schönke, Adolf/Schröder, Horst: Kommentar zum Strafgesetzbuch, 30. Auflage, München 2019. Schulz, Joachim: Gesetzmäßige Bedingung und kausale Erklärung, in: Wilfried Küper/Ingeborg Puppe/Jörg Tenckhoff (Hrsg.), Festschrift für Karl Lackner zum 70. Geburtstag, Berlin/New York 1987, S. 39 – 51. Wessels, Johannes/Beulke, Werner/Satzger, Helmut: Strafrecht Allgemeiner Teil, 49. Auflage, Heidelberg 2019. Wolter, Jürgen (Hrsg.), Systematischer Kommentar zum StGB, Bd. 1: §§ 1 – 37, 9. Auflage, Köln 2017. Wolter, Jürgen (Hrsg.), Systematischer Kommentar zur StPO, Bd. 1: §§ 1 – 93, 5. Auflage, Köln 2018.
Imputación a la persona jurídica por la conducta delictiva de una persona física: ¿imputación penal por sus consecuencias? Por Gonzalo García Palominos* Siendo apenas un estudiante de doctorado en la Universidad de Friburgo, Alemania, tuve la suerte de cruzar caminos con Marcelo Sancinetti quien, junto a su esposa Patricia Ziffer e hijos, se aprestaba a desarrollar una extensa estadía de investigación en esa misma ciudad. Para mi fortuna, Sancinetti y familia se hospedarían por largo tiempo en la Humboldt-Haus junto al Seepark, precisamente el lugar en el que yo residía con mi familia y lugar de encuentro de un grupo amplio de estudiantes latinoamericanos. El profesor de Buenos Aires no ignoró, por cierto, a estos principiantes; por el contrario, compartió intensas tertulias, organizó seminarios para ellos, les presentó a catedráticos alemanes y, probablemente lo más importante, los contagió con pasión (“argentina”) por la dogmática penal “seria”. En esos días, su preocupación eran los “cursos causales hipotéticos” y trabajaba en su artículo de homenaje a Jakobs por su septuagésimo cumpleaños y, con ello, a la traducción de textos alemanes sobre causalidad e imputación objetiva. La mayoría de aquellos estudiantes, a pesar de los intereses distintos y escuelas diferentes, nos maravillábamos no solo de aquella pasión, sino también del “profesionalismo” de Sancinetti: el estudio de cada detalle, la construcción depurada de cada argumentación y hasta la búsqueda e incorporación con precisión de relojería de cada cita eran características de su “forma de trabajar”. Por cierto, se trataba de un modelo de científico honesto, que valía la pena observar. A pesar de que con el tiempo nos hemos vuelto a encontrar en varias oportunidades, recuerdo especialmente un encuentro, producido ya varios años después, en la Ciudad de Buenos Aires, Argentina. Yo me había convertido en profesor de derecho penal en Chile y acompañaba a un grupo de alumnos a una pasantía en Argentina. Allí fuimos recibidos amable y generosamente en su casa para charlar sobre derecho penal. El efecto de su legado y aquella generosidad al transmitir pasión por la dogmática y por el trabajo bien hecho terminaron por ayudarme en la formación de mis propios alumnos en la seriedad del trabajo honesto.
* El autor agradece al ayudante de la cátedra de Derecho Penal en la Universidad de los Andes (Chile), Alberto Cruz, por su colaboración en la revisión y corrección formal de este trabajo.
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I. Introducción En diciembre de 2009 el ordenamiento jurídico chileno incorporó una nueva modalidad de responsabilidad, que denominó “penal”, y que tiene como sujeto de imputación a las personas jurídicas. Como presupuesto esencial de aquella modalidad se estableció la acreditación de un factor de conexión entre un concreto hecho delictivo, cometido por una persona física, y el incumplimiento de deberes de la persona jurídica: “[…] siempre que la comisión del delito fuere consecuencia del incumplimiento, por parte de ésta, de los deberes de dirección y supervisión”. La principal duda radica en que no se trataría solo de una modalidad de responsabilidad penal que acepta modificar el “sujeto de imputación penal”1 —sin perjuicio de faltar en ella las facultades espirituales de las personas naturales sobre las cuales se ha construido el derecho penal moderno2—, sino adicionalmente de una que entiende “compatible” la exigencia de una especie de “relación consecuencial” —que explica la imputación a la persona jurídica por la conducta de la persona física— con la responsabilidad autónoma de la persona física, basada en el principio de autodeterminación que rige la responsabilidad personal. A primera vista, la incorporación de este factor de conexión podría generar dos problemas dogmático penales, considerando que se trata de un concepto que hace referencia a una hipótesis en que un “agente” obra de forma extrínseca sobre otro “agente”, produciendo en él un cambio o efecto significativo jurídico penalmente.3 Desde la perspectiva de la imputación a la persona física, surge el problema de aceptar que su delito no es consecuencia autónoma de su autodeterminación individual como sujeto, sino que está predeterminado “relevantemente” por la esfera de organización externa de otro agente —que es de carácter fáctica y/o normativa—, por lo que se podría poner en duda su “dominio sobre el hecho” (versión cuantitativa) o, al menos, su vulneración libre e intencionada de la norma de conducta (versión cualitativa).4 Mientras que desde la perspectiva de la responsabilidad penal de personas jurídica surge el problema de aceptar que recaigan cargas y consecuencias “comunicativas” de la pena en ella, sin perjuicio que el delito haya sido previamente imputado individualmente a un tercero como su propia obra fáctica y normativa.
Van Weezel, Poli´tica Criminal 5 (9), 114 ss.; véase también sobre este cuestionamiento Jakobs, FS Lu¨ derssen, 565; Frisch, Humanizar y Renovar el Derecho Penal, p. 813 ss. 2 Van Weezel, Poli´tica Criminal 5 (9), 121. 3 Véase en Sáez Cruz, The Xavier Zubiri Review 11 (2009), 58. 4 Para esta nomenclatulora y distinción cuantitativa y cualitativa véase Mañalich, Norma, causalidad y acción, p. 76 ss. 1
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II. La doble naturaleza de los sujetos de imputación penal 1. Más allá de la discusión dogmática —y hasta filosófica— respecto de si las personas jurídicas pueden, o no, ser sujetos capaces de ejecutar de manera clásica “ilícitos penales” susceptibles de reproche por culpabilidad,5 lo claro es que el legislador sí lo ha considerado posible y “exigible” en alguna forma y grado que no está del todo claro (art. 3 de la ley n.8 20.393 de 2009). Aquella aprobación, que se ha desarrollado de la mano de una creciente aceptación de la teoría de sistemas, atribuye a las organizaciones una importante relevancia social, lo que le permite implementar un criterio de responsabilidad excepcional. Este criterio reconoce tanto a la persona física como a la jurídica la capacidad de ser sujetos de responsabilidad penal, aunque de manera diferenciada; esto, ya que, en principio, serían complementarias (coexisten la responsabilidad de la persona física y jurídica) y, al mismo tiempo, podría exigir que una sea “consecuencia” de la otra. ¿Cómo es aquello posible? Evidentemente, el comienzo de la explicación no lo podremos encontrar en la clásica teoría de la ficción6 y en su negación a aceptar una capacidad de acción y culpabilidad de las personas jurídicas —ya que al carecer de una verdadera voluntad propia7— y entender que solo pueden asumir las obligaciones representadas por sus órganos (personas físicas).8 Aquella explicación inicial, al apelar a la ficción, pierde de vista que los entes, en tanto modo de organización real (según la teoría de sistemas), tienen capacidad de generar efectos en la vida social, de manera independiente de las personas físicas.9 Aquello reconoce dos modos diferenciados de vincularse socialmente, según se trate de personas naturales con capacidad moral o personas jurídicas con capacidad de autoorganización. Precisamente, a dichas capacidades de autoorganización, autorregulación y autodeterminación, que generan efectos sociales (lesividad y cuestionamiento de vigencia de normas),10 recurren autores, como Gómez-Jara, para sostener la “culpabilidad” de las organizaciones.11 Lo que explicaría su capacidad para “expresar ciertos niveles de injusto merecedor de pena”, sin perjuicio de reconocer que las organizaciones son incapaces de ejecutar fácticamente delitos descritos en el código penal, sería, entonces, que su “realidad” e “identidad” —caracterizadas por la interacción Jakobs, FS Lu¨ derssen, 2002; Gómez-Jara, Libro Homenaje al Dr. Gonzalo Rodri´guez Mourullo, p. 163 – 182. 6 Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, p. 235 ss. 7 Con más detalles Bedecarratz, Rechtsvergleichende Studien zor Strafbarkeit juristischer Personen, p. 43 s. 8 Rodríguez Mourullo, Derecho penal. Parte General, p. 227. 9 En el mismo sentido Artaza, Empresa como sujeto de imputación de responsabilidad penal, fundamentos y límites, p. 179. 10 Gómez-Jara, Responsabilidad penal de las empresas y compliance program, p. 83. 11 Gómez-Jara, Poli´tica Criminal 5 (10), 469. 5
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múltiple, coordinación, organización y estructura en búsqueda de objetivos comunes— podrían ser fuentes de fenómenos sociales de relevancia penal. Esto, en tanto se trata de organizaciones compuestas por seres humanos, de manifestaciones de voluntades y tensiones en torno a estas (agrupación social) configuradas deliberadamente —ya sea como un instrumento de “dominación y control” o de “planeación u organización”— para lograr fines u objetivos específicos, aunque cambiantes.12 Dicha organización deliberada generaría, entonces, no solo capacidad de dominación y de organización autónoma, sino que específicamente, como señala Morgan,13 capacidad de incidir en el entorno, lo que incluye a las conductas de las personas que interaccionan con ella, a partir de valores, creencias, normas, rituales, políticas y otros “modelos de significados compartidos”.14 Así, no solo es posible afirmar un nivel relevante de competencia autónoma de las organizaciones, diferenciada de las personas físicas, sino también de su relación con los elementos del ambiente15 —relación reciproca y no necesariamente neutra—, de manera tal de poder influir en su entorno y, al mismo tiempo, ser influenciada positiva y/o negativamente. Entonces, la perspectiva que es propia a la organización es, alternativamente, la “funcional” —que destaca la estructura de orden y jerarquización en torno a funciones— y la referida a procesos. Esto es, la manifestación fáctica de la voluntad de una organización de generar actividades en flujos de trabajo organizados y coordinados, que resultan estar “alineados”, por una parte, con la misión, visión y objetivos estratégicos de la organización y, por otra, de la cultura de esta. Aquello permite, a su vez, por medio del control de sus procesos, ser capaz de dominarlos y controlarlos por sus “propios medios”, por lo que se hace posible considerarlas sujetos de derecho y de “imputación” en un sentido estricto. 2. Sin perjuicio de que el legislador chileno ha accedido a la posibilidad de una especie de responsabilidad penal de las organizaciones (reconociendo un estatuto de persona moral16 o de ciudadano corporativo17), mantiene la lógica de que los fenómenos de la realidad que le interesan, como acciones de relevancia penal, siguen siendo aquellos que tienen su origen en la conducta humana. La definición de delito del art. 1.8 CP sigue siendo entendida como acción humana (voluntaria) y los delitos en particular siguen siendo diseñados para ser ejecutados —en términos amplios de intervención— y atribuidos por y a personas físicas.18 Aquello obedece a una comprensión de que socialmente el delito es un modo especial de expresión
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Véase el interesante estudio Parsons, Evolutionary and Comparative Perspectives. Morgan, Imágenes de la organización. 14 Camarena Martínez, Revista Oikos Polis (RLCES) 1(1), 146. 15 Camarena Martínez, Revista Oikos Polis (RLCES) 1(1), 164. 16 Artaza, Empresa como sujeto de imputación de responsabilidad penal, fundamentos y límites, p. 192. 17 Críticamente Cigüela, La culpabilidad colectiva en el derecho penal, p. 269. 18 Sánchez-Ostíz, Estudios de Derecho Penal, p. 609 ss. 13
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ético-social exclusivamente humana que tiene valorativamente una expresión fáctica y normativa.19 Esa decisión cultural puede tener su fundamento —según ya lo proponía Aristóteles en la “Ética Nicomáquea” o Descartes (res cogitans y res extensa)—20 en que resulta determinante socialmente la diferencia entre acciones personales que tienen al hombre como su principio generador y que tienen a las razones como causa de sus acciones (actos de la volición propios o ámbito del espíritu dominados por la libertad) y, por el contrario, a los meros acontecimientos (Dinamis) que generan una especie de determinismo causal. La circunstancia de que los entes se encuentren en una situación intermedia, esto es, que surgen y se desarrollen a partir de manifestaciones de voluntad e intereses de grupos de seres humanos, no cambia el hecho de son incapaces de manifestarse espiritualmente y “conductualmente” (sino por medio de sus órganos); aunque que no se puede negar que son generadores autónomos de “procesos” u “operaciones” dominados enteramente por la racionalidad humana colectiva. Esa situación intermedia resulta ser reconocida en la misma medida; esto es, por una parte, se entiende que los entes son incapaces de intervenir en la actividad delictual misma (ejecutar) y de expresar ético-socialmente deslealtad a la norma, pero, por otra parte, en atención a sus niveles de intervención humana colectiva y complejidad organizacional, se entiende que son sujetos en alguna medida merecedores de pena. Aquello pasa por reconocer también que la reacción penal no se produce en la misma dimensión que aquella impuesta a los seres humanos. En realidad, se trata solo de imponer ciertos efectos comunicativos de la pena a los entes. Por esa misma razón, no parece correcto —al menos, no la interpretación que le podamos atribuir al sistema creado por el legislador chileno— que el reconocimiento del fenómeno lo sea en la dimensión de un comportamiento colectivo (sumatorio) defectuoso de las personas físicas.21 Tampoco sería correcto, entender que la búsqueda de soluciones del legislador estén enfocadas en solucionar una especie de “déficit de prevención”22 radicado en las estructuras complejas de las organizaciones modernas y que generan una especie de “irresponsabilidad individual estructurada”,23 lo que explicaría una adopción de un sistema puramente autónomo (solo excepcionalmente se establece una “aparente” responsabilidad autónoma en el art. 5). Más bien, la aproximación del legislador se acerca a un tipo de fenómeno que, aunque la ley aluda genéricamente al concepto de persona jurídica como ficción (acentuando su capacidad para ser titular de derechos y 19
Roxin, Strafrecht. Allgemeiner Teil, § 8 n.8 m. 44; 58; 59. Sobre la clásica la teoría de los dos mundos (Die Zwei-Welten-lehre) o dualistas véase Von der Heydt, Perspektivität von Freiheit und Determinismus, p. 133 ss. 21 Véase a modo de ejemplo Schroth, Unternehmen als Normadressaten und Sanktionssubjekte. Eine Studie zum Unternehmensstrafrecht, p. 152. 22 Heine, Modelos de autorresponsabilidad penal empresarial, p. 27. 23 Sobre este último concepto véase con mayor precisión en Heine, Modelos de autorresponsabilidad penal empresarial, p. 27. 20
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obligaciones), en la práctica se refiere a las organizaciones complejas con capacidad para influir en su entorno y que sobrepasan la individualidad de las personas que la componen. Incluso cuando su merecimiento y necesidad de pena se exprese solo cuando se haya ejecutado un delito por un persona física. Solo respecto de este fenómeno es que es posible acceder al problema social de riesgos (autónomos respecto del de las personas individuales) y que se manifiesta, como una capacidad de influencia en el entorno, en su cultura corporativa como un sistema defectuoso de organización (Lampe) o, por ejemplo, como un defecto organizativo (Tiedemann), etc. Es evidente la opción del legislador chileno (art. 3 y 5), entonces, por un sistema de responsabilidad derivada (mixto) que va a vincular dos subsistemas sociales y normativos distintos (de diferente dimensiones sociales) —considerando que la única manifestación del injusto penal típico será el de la persona física—, pero que, como presupuesto, debe reconocer (vincular) y no “confundir” el fenómeno de la acción individual de la persona física con el fenómeno organizacional como “proceso sistémico lesivo”.24 Esto porque para un sistema de heteroresponsabilidad (o derivada), la fundamentación debe reconocer una “no exclusión recíproca” de responsabilidades (por cuestión de diseño del legislador) y, por tanto, una absoluta autonomía de la persona física.25 Lo anterior es posible solo si se considera a la responsabilidad de la persona jurídica a partir de la interpretación de sus mismas estructuras de riesgos26 y de sus propios deberes (y normas de sanción) y no a partir de una analogía con la “acción individual del individuo”.27 Esta última —la conducta— es exclusiva de la persona física. Por tanto, lo relevante es reconocer que las organizaciones son capaces, por un lado, de generar “procesos dinámicos” en busca de objetivos y, por el otro, en tanto sujeto capaz de motivar dichos procesos por el derecho (por su capacidad de autor organización), de gestionarlos: dirigirlos y controlarlos. Es correcta, entonces, la aproximación de parte importante de la literatura28 cuando, distinguiendo la naturaleza de la imputación de la persona física, enfoca su mirada en los déficit de la organización o en la falta de conciencia de sus riesgos y, vinculado a estos, con el desarrollo de los procesos de dichas organizaciones y, específicamente, su capacidad de comprender en estos la conducta de la persona física. En tanto procesos de naturaleza diferenciada, la relevancia penal para esta última deviene en “merecedora de pena” en la medida que pueda realizarse una atribución como parte 24 Concepto utilizado por Heine, Modelos de autorresponsabilidad penal empresarial, p. 27. 25 Una opinión similar en Gómez-Jara, Cuadernos de política criminal 88 (2006), 151. 26 Artaza, Empresa como sujeto de imputación de responsabilidad penal, fundamentos y límites, p. 179. 27 Artaza, Empresa como sujeto de imputación de responsabilidad penal, fundamentos y límites, p. 187 con mayores referencias. 28 Por ejemplo, Heine, Modelos de autorresponsabilidad penal empresarial, p. 30 s.; Dannecker, GA 2001, 101 – 130.
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de un “proceso” autoorganizado y dirigido por la propia organización (de su competencia autónoma) e imputársele a la manifestación de su ejercicio libre de autoorganización. Aquello genera, en lo que a nosotros respecta, dos dimensiones no solo de la anti-normatividad, sino que adicionalmente de la realidad social (la psíquica o moral y la meramente organizativa). Aunque, como señala Gómez-Jara, con potencialidad de participar en la producción común de sentido.29
III. El contenido y alcance de los deberes de dirección y vigilancia Normativamente, el modelo de “responsabilidad penal” de los arts. 3 y 5 de la ley n.8 20.393 no se basa en una especie de transferencia de funciones de policía, por parte del Estado a la persona jurídica bajo coacción y que, por razones prácticas,30 abarca la prevención y evitación de todos los delitos desarrollados en su seno,31 de manera tal que esta última responda por la infracción propia al “deber social de prevenir (todos o un grupo de) los delitos”. Por el contrario, la opción del legislador fue configurar un sistema “de verdadera responsabilidad penal” aunque i) asumiendo deberes de autorregulación (regulada), referidos al control de los “propios riesgos” (incumbencia) y ii) respecto esencialmente de “delitos corporativos”, es decir, de riesgos producidos en la búsqueda de rentabilidad durante la operación del negocio.32 Por tanto, se trata de un modelo similar al de las “incumbencias”,33 de manera que resultan ser deberes limitados al control del propio riesgo (que otorga competencia especial) por ser generador de incentivos para conductas delictivas de terceros vinculados con la organización; aquella vulneración adopta relevancia penal recién cuando es posible aceptar un vínculo de ilicitud entre la vulneración de deberes propios y la conducta delictiva de la persona física. La diferencia entre un modelo y otro es relevante, ya que mientras el primero impone una competencia formal a la persona jurídica por el solo hecho de materializarse el delito en su esfera de organización o ser realizado por un órgano, el segundo modelo define dicha competencia por incumbencia material, esto es, por generar un nivel de riesgo que exigiría un autocontrol adicional interno.34
Gómez-Jara, Poli´tica Criminal 5 (10), 464. Bedecarratz, Rechtsvergleichende Studien zor Strafbarkeit juristischer Personen, p. 210. 31 Similar Ragués , La actuacio´n en beneficio de la persona juri´dica como presupuesto para su responsabilidad penal, p. 93 ss; Kuhlen, Responsabilidad de la Empresa y Compliance, p. 103 ss. 32 Nieto Martín, Estudios de Derecho Penal, p. 169. 33 Sobre el concepto de incumbencia, véase Hruschka, ZStW 96 (1984), 661 – 702. 34 Véase el Mensaje del Presidente de la República n.8 018 – 357 de marzo 2009. 29 30
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De ahí que la competencia sobre riesgos de las conductas delictivas de terceros (auto responsables) tendría sentido solo si estos se encuentran en el ámbito de conductas motivadas, posibilitadas y/o facilitadas por los incentivos desordenados propios de la organización (competitividad y maximización en la búsqueda de beneficios);35 esto es, si la conducta de la persona física es de aquellas en que la propia organización tenga algún grado de capacidad de incentivo (por ejemplo, por orientación a la rentabilidad/optimización 36 o el ethos de la empresa)37 y, por tanto, respecto de las cuales la organización deba asumir “excepcionalmente” competencia en el control o la vigilancia de las conductas de terceros auto responsables. Aquello se confirma, además, con el hecho de que la falta de implementación de un programa de cumplimiento no es interpretado por el sistema, per se, como una infracción a los deberes de dirección y vigilancia (art. 4).38 Por el contrario, solo podrá considerarse que la falta de implementación de un programa de cumplimiento constituye una modalidad de vulneración del deber de dirección y vigilancia en aquellos casos que, como señala Silva Sánchez, por las características de la empresa, la sistematización y procedimentalización (que aportan estos programas) parecen necesarias ex ante.39 Considerando que el legislador ha establecido dos deberes diferenciados —el deber de dirección y el de vigilancia—, se pueden definir sus contenidos, asumiendo la terminología de los deberes de garantía a la que hace referencia Heine para estos efectos,40 como de dos tipos: i) uno de correcta organización en virtud del cual, en uso de la libertad empresarial, la empresa se puede organizar libremente según su capacidad auto organizativa, lo que implica aceptar un determinado riesgo empresarial, pero que no puede superar el permitido.41 Aquí, Gómez-Jara propone el análisis del estándar de organización en base al buen ciudadano medio empresarial, la organización básica en torno a los programas de cumplimiento habituales del sector que opera, etc.42 En esta misma línea, Silva Sánchez señala que en los sectores regulados el estándar vendrá dado por la propia normativa sectorial, por lo que en los demás casos se remite a la autorregulación, atendiendo a los usos del sector de la actividad, acuerdos marco de autorregulación, etc.;43 y ii) finalmente, la asunción de una especie de “garante de supervisión”. A 35
Nieto Martín, Estudios de Derecho Penal, p. 169. En un sentido similar Piña Rochefort, Modelos de prevención de delitos en la empresa, p. 24. 37 Véase sobre este punto en Artaza, Empresa como sujeto de imputación de responsabilidad penal, fundamentos y límites, p. 256 s. 38 Hernández, Política Criminal 5 (9), 227; Piña Rochefort, Modelos de prevención de delitos en la empresa, p. 7. 39 Silva Sánchez, Fundamentos del derecho penal de la empresa, p. 195, 258. 40 Heine, Modelos de autorresponsabilidad penal empresarial, p. 36. 41 Gómez-Jara, Tratado de responsabilidad de las personas jurídicas, p. 105. 42 Gómez-Jara, Tratado de responsabilidad de las personas jurídicas, p. 105. 43 Silva Sánchez, El Derecho Penal como teoría y como práctica, p. 888. 36
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pesar de que Heine44 se refiere a empresas con déficit de organización, aquí parece necesario asumir la necesidad de que toda organización, cualquiera sea su naturaleza y nivel organización, puede llegar a transformarse en una estructura que pueda incentivar conductas ilícitas de sus trabajadores y órganos. Por lo mismo, surgiría para esta el deber de organizarse adecuadamente de manera tal que los procesos de la persona jurídica —en el marco de su competencia organizativa— no constituyan un catalizador de conductas delictivas y de “controlar” o supervigilar45 de manera tal que no se generen desproporcionadamente o se superen los riesgos de comisión de delitos, como la generación de políticas de negocios que impliquen tolerancia e impulso de conductas delictivas46 o hasta su incentivo.
IV. Imputación a la “persona jurídica” del delito de la “persona física”: dominio del proceso 1. Habiéndose resuelto que las conductas de la persona física y los procesos de relevancia social generados por la persona jurídica son diferentes, aun cuando se vinculen entre sí, ahora resulta necesario definir en qué medida la conducta auto responsable de la persona física forma parte de los “procesos” dominados, dirigidos y controlados por la persona jurídica que, al mismo tiempo, adoptan una relevancia penal autónoma. Aquel objetivo resulta completo, si se parte del reconocimiento de que “atribuir responsabilidad” no es equivalente a imputar (Zurechnung), aunque imputar constituye el principal modo de materializar algunas modalidades de responsabilidad caracterizadas por la atribución de sentido significativo y que considera un proceso de “rendir cuenta personal por una acción”.47 Esto, porque aun cuando el sistema de responsabilidad de personas jurídicas no es un sistema ético-social completo —al punto de que solo se pretende imponer ciertos efectos comunicativos de la pena a la organización—, se construye a partir de una atribución de sentido que permite definir el merecimiento de aquel efecto propiamente penal y su vinculación con una conducta de significación social (o dudosamente moral).48 Por lo mismo, la posibilidad de acceder a estatutos de responsabilidad sin imputación personal (o por el comportamiento ilícito de un tercero) —como en la responsabilidad civil subsidiaria, solidaria y en la vicarial (véase, por ejemplo, en las
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Heine, Modelos de autorresponsabilidad penal empresarial, p. 36. Zugaldía Espinar, La Ley Penal 76 (2010). 46 Ortuzar, Revista de Estudios de la Justicia 16 (2012), 238. 47 Fletcher, Gramática del Derecho Penal, p. 372 s. 48 Kant, La metafísica de las costumbres, § 227, 35; un análisis véase en Cordini, Revista de Derecho de la Pontificia Universidad Católica de Valparaíso XLVII (2016), 433; Así también Hruschka, Imputación y derecho penal, p. 5. 45
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acciones noxales del derecho penal privado romano)49—, aun cuando estén fundadas en razones de justicia distributiva, resultan ser rechazables como modelo penal. 2. A diferencia del sistema alemán del § 130 I @OWiG, basado exclusivamente en una omisión propia de deberes de control (Aufsichtsmaßnahmen), el sistema chileno tiene la particularidad de exigir aparentemente una “consecuencialidad” fáctica-normativa entre la persona jurídica y la conducta de la persona física. Dicho concepto, “consecuencia”, que obliga a adoptar un criterio de responsabilidad “adscriptiva”, es complejo, porque parece exigir la distinción de hechos o circunstancias dominadas por una persona física, pero que son efectos (denominados consecuencias o resultados) de otros hechos o circunstancias que resultan ser sus causas (relación empírica) y que son de dominio de una persona jurídica. Al encontrarse en una misma línea de causalidad fáctica, la complejidad radica en atribuir al mismo tiempo dos dominios del hecho diferentes, ubicando a dos agentes autorresponsables en un mismo nivel de “capacidad de arbitrio” sobre el hecho. Aquello sucedería también si en su lugar se adoptara una relación lógico-normativa, pero de base causal general: i. adoptar un nivel de relación fáctica general y, luego, ii. adoptar un criterio “de relevancia” fáctica y/o jurídica como corrección.50 Como solución, solo cabe adoptar un criterio mixto, que no sería incompatible ni con la lógica, ni con el texto legal; esto es, un sistema de “responsabilidad-agente” que atribuya a ciertas propiedadades del “agente” no el hecho, sino, el proceso al que pertenece el hecho (no causal) y, luego, el desarrollo de un criterio corrector “de relevancia” jurídica (similar a la imputación objetiva). La autoría siempre quedará radicada en la persona física. La eliminación de la lógica empírica causal y la adopción de la responsabilidad de “agencia” (autor/posición) permite distinguir dos niveles de atribución e imputación asociados, pero basados tanto en la naturaleza diferenciada de ambos como en los distintos niveles de competencia normativa en la protección de los bienes jurídicos de cada agente. Aquello garantizaría una independencia de cada agente respecto del obrar del otro, tanto en un sentido de expresión fáctica, como normativa: el hecho como expresión de la persona y el proceso como expresión del ente. Así, se generan dos procedimientos de imputación: de la conducta autorresponsable individual de la persona física (dominio de hecho) y la de la organización que se expresa en la atribución al ente de “procesos” (dominio del proceso) al que pertenece la conducta de la persona física.51 3. “Organización interna defectuosa” (entorno interno): En primer lugar, es necesario atribuir a la persona jurídica particular un ejercicio desordenado de la libertad empresarial en su capacidad auto organizativa, que genera “procesos riesgosos” (en infracción al deber de dirección). Específicamente, se hace necesario 49
Rosso, Los Límites de la responsabilidad objetiva, p. 29. Figueroa, Adscripción y reacción, p. 48. 51 Críticamente Cigüela, La culpabilidad colectiva en el derecho penal, p. 278. 50
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atribuir a la organización la existencia ya sea de estructuras con procesos de “dominación y control” o de “planeación u organización” con capacidad de incidir negativamente en el “entorno interno” (colaboradores, trabajadores o órganos), a partir de valores, creencias, normas, rituales, políticas y otros “modelos de significados compartidos”,52 que resultan ser riesgosos potencialmente para el entorno externo (a partir de numerus clausus de delitos). 4. “Dominio de la organización sobre el proceso” (entorno externo): En segundo lugar, una vez identificado el ente organizado defectuosamente —en tanto sujeto garante de control (deber de vigilancia)— se debe atribuir el “dominio sistemático de la organización”53 sobre el “proceso concreto” en que se desarrolló la conducta de la persona física y que se relaciona con el “entorno social externo”. Como se analizó más arriba, lo que es propio y distintivo de las organizaciones es su capacidad de vincularse recíprocamente con el entorno “por medio de procesos”; por lo mismo, es necesario vincular la conducta de la persona física —espaciotemporalmente— con una parte definida de las actividades y recursos de la organización —entre ellos, órganos, y colaboradores— que transforman elementos de entrada en elementos de salida (productos, servicios, etc.). Estos procesos pueden ser definidos como estratégicos, operativos o de soporte,54 de manera que se presentan en distintos niveles y grados de formalidad. Por lo mismo, se trata de desarrollar dos tipos de atribución: i) identificar un ámbito de interacción en que se desarrolla la conducta de la persona física y atribuirle la calidad de proceso; e ii) identificar aquel proceso de interacción —con idoneidad de influencia social recíproca negativa con el entorno— y atribuirlo espacio-temporalmente a la organización como propio. Esta vinculación de dominio sobre el proceso (gestión) permitirá definir su competencia de control sobre riesgos de las conductas delictivas de terceros (auto responsables) y, a su vez, en el ámbito de las conductas motivadas, posibilitadas y/o facilitadas por los incentivos desordenados propios de la organización (competitividad y maximización en la búsqueda de beneficios).55 A este nivel será necesario identificar la vulneración a los deberes de supervigilancia y control sobre el proceso “concreto” (distinto a la mera organización riesgosa). 5. “El proceso como ámbito motivacional de la persona física” (particular): En tercer lugar, se hace necesario definir la capacidad de motivación del “proceso
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Camarena Martínez, Revista Oikos Polis. Revista Lationamericana (RLCES) 1 (1), 146. Heine, Verantwortung und Steuerung von Unternehmen in der Marktwirtschaft, p. 90 ss. 54 Gibson/Ivancevich/Donnelly, Las Organizaciones – Comportamiento, Estructura, Procesos. 55 Nieto Martín, Estudios de Derecho Penal, p. 169. 53
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concreto” a la persona física, lo que completa el “dominio sistemático de la organización”.56 En el caso de la regulación chilena, aquello se produce, de manera muy exigente, de dos formas: i) asegurándose de que la persona física sea un órgano con una posición apical en la organización (lo que se interpreta en la posición de poder en un proceso); y ii) definiendo si la persona física ha actuado, directa e inmediatamente en interés o provecho organizativo (art. 3) o, en caso de una imputación autónoma —en la que no es posible definir dicho vinculo motivacional de interés—, que haya actuado “dentro del ámbito de funciones y atribuciones propias” (art. 5). 6. Organización como ámbito de control del cumplimiento del deber ajeno: “Vínculo de antijuridicidad”: Ya que solo excepcionalmente el ente es competente por las conductas de terceros [por el mero vínculo “de organización-proceso” (riesgoso)] se hace necesario determinar el merecimiento de pena corrigiendo dicho vínculo, de manera de relacionar el ejercicio ilícito de la libertad de autoorganización manifestado en procesos (en vulneración a deberes de dirección y control) con la conducta autodeterminada de la persona física: a aquello el legislador le llama “consecuencia (normativa) del incumpimiento”. Dicho vínculo de antijuridicidad, adicionalmente, genera una relación de “sentido social común” antinormativo entre proceso y hecho. En definitiva, la atribución se concreta con la determinación ex post de una “conexión de infracción del deber” (Pflichtwidrigkeitszusammenhang), en base a la teoría de la evitabilidad (entre mecanismos de procesos de dirección y control, según el estándar para el tipo de organización y la conducta delictual). Bibliografía Artaza, Osvaldo: Empresa como sujeto de imputación de responsabilidad penal, fundamentos y límites, Madrid/Barcelona 2013. Bedecarratz, Francisco: Rechtsvergleichende Studien zur Strafbarkeit juristischer Personen, Baden-Baden 2015. Camarena Martínez, Jose´ Luis: La organizacio´n como sistema: el modelo organizacional contemporáneo, Revista Oikos Polis. Revista Lationamericana (RLCES) 1 (1), 2016, p. 135 – 174. Cigüela, Javier: La culpabilidad colectiva en el derecho penal, Madrid/Barcelona 2015. Cordini, Nicolás Santiago: La imputación según Kant. ¿Reconoce este autor diversos niveles de análisis?, Revista de Derecho de la Pontificia Universidad Católica de Valparaíso XLVII (2016), p. 427 – 459. Dannecker, Gerhard: Zur Notwendigkeit der Einführung kriminalrechtlicher Sanktionen gegen Verbände. Überlegungen zu den Anforderungen und zur Ausgestaltung eines Verbandsstrafrechts, GA 2001, p. 101 – 130. 56
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Antijuridicidad y justificación. ¿Dos caras de la misma moneda? Por Gustavo E. L. Garibaldi
I. Introducción Ingresé en la Facultad de Derecho de la Universidad de Buenos Aires en 1976, el año de inicio de una dictadura militar. Obtuve mi título de abogado sin conocer el pensamiento crítico y sin saber lo que representa un catedrático, ni una comunidad académica de maestros y discípulos. Inicié mis estudios de posgrado en 1985, cuando el sistema institucional de Argentina se había normalizado. Quedé deslumbrado al asistir a la primera clase del curso Técnica para la solución de casos penales, dictado por el entonces joven profesor asociado, Marcelo Sancinetti, homenajeado en este libro. Al poco tiempo logré ingresar a su cátedra y recuerdo haber celebrado su cumpleaños número treinta y siete junto a otros profesores y docentes. Soy apenas nueve años menor y, sin embargo, la diferencia de formación era tan evidente, que Sancinetti representaba para mí un ideal inalcanzable. Luego, su doble doctorado, sus múltiples estancias de investigación y la profundidad de sus observaciones y racionalizaciones publicadas, así como expuestas en clases y seminarios, ahondaron la diferencia, pese a mis esfuerzos y logros durante los siguientes treinta y cinco años. En una breve nota, Sancinetti recordaba un relato que atribuye a Jorge Luis Borges, en conferencia sobre los milagros: “El maestro de una secta que adoctrinaba contra la existencia de los milagros muere. En su velatorio todos sus discípulos rodean el féretro, cuando, de pronto, el cadáver empieza a levitar, ante el asombro de todos. El discípulo principal toma la palabra e implora al cadáver: ‘Maestro, tú nos has enseñado siempre que los milagros no existen. ¡Por favor, haz algo para restablecer la confianza en tu doctrina!’. Y entonces ocurre que el cadáver se reposa lentamente en el lugar debido, volviendo todo a la normalidad”.1 Quienes formamos parte de su cátedra durante aquellos años aprendimos que los milagros no existen, pero la mayoría ha podido conceder que pudiesen suceder y, probablemente, no nos sorprendería que algunos, efectivamente, ocurriesen. 1
Sancinetti, El Dial (CC13E1), II.
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En la misma nota, Sancinetti enunciaba los diversos campos en que se marcaban asperezas entre las perspectivas ex ante y ex post, a partir del ejemplo de las causas de justificación.2 En el tomo 2 de su libro de casos expuso el punto neurálgico de la solución adecuada en estos términos: “Para una teoría del ilícito que pretenda explicar siempre la función de la norma (prohibitiva o permisiva) como proposición dirigida a motivar el comportamiento —resolver la pregunta ‘qué debo hacer’—, el cuadro de representación posible del autor tiene que ser lo decisivo, al igual que lo es para la fundamentación del ilícito por vía de la tentativa (la llamada ‘perspectiva ex ante de las causas de justificación’). En esa medida, el tipo subjetivo de la causa de justificación es tan determinante para excluir el ilícito, como lo es el tipo subjetivo del ilícito, para fundamentarlo, mientras que al tipo objetivo le cabe la misma función rectora del dolo (‘bueno’) de justificación que le cabe al tipo objetivo del ilícito respecto del dolo del hecho típico”.3
Así, lo decisivo es la representación del autor, porque el presupuesto central es que las normas se dirigen a motivar comportamientos. Saber que se está justificado es tan relevante para excluir el ilícito (y justificar), como el dolo para fundamentar la ilicitud. Sigue el texto: “En razón de que el tipo objetivo del tipo permisivo es igualmente el esquema rector del tipo subjetivo de la justificación, lo esencial de la delimitación de un tipo permisivo reside en establecer en qué casos la conducta estaría objetivamente justificada y en qué casos no, presuponiendo, pues, que no hubiera ningún error sobre las circunstancias del hecho”.4
Así como el tipo objetivo delimita al dolo, para Sancinetti el tipo permisivo establece objetivamente la justificación. En este trabajo sostendré en alguna medida tales presupuestos. La solución adecuada suele estar en la perspectiva ex ante; las normas penales de ordinario se dirigen a motivar comportamientos, aunque no únicamente; y el tipo objetivo delimita al dolo, pero el tipo permisivo y la antijuridicidad no se vinculan de modo idéntico. Cuando el doctor Molina, pese a conocer lo inseguro de su pulso, dispara contra el puma que atacaba a la enfermera en la zona selvática donde cumplían una misión y falla, matando a la muchacha, obra con conocimiento de lo probable, pero justificadamente, si no tenía opción frente a la amenaza del animal. Quizá no, de modo permitido.5 La norma penal prescribe que no se debe efectuar un disparo de arma de fuego cuando hay riesgo de acertar en una persona. La imputación objetiva y aun la 2
Sancinetti, El Dial (CC13E1), IV. Sancinetti, Casos de Derecho penal, p. 201 – 202. 4 Sancinetti, Casos de Derecho penal, p. 202. 5 Sancinetti, Casos de Derecho penal, p. 26.
3
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justificación habilitan a disparar pese a todo, si el riesgo que se introduce al intentar el salvamento es menor o equivalente al que estaba teniendo lugar. Las consecuencias para el resto del ordenamiento jurídico no son seguras. En otro sentido, aunque me ha parecido siempre preferible considerar la perspectiva del autor antes que el desarrollo efectivo de la conducta, no tengo la misma confianza que Sancinetti en la misión motivadora de las normas. Silva Sánchez recuerda que en los últimos veinte años, la discusión sobre la teoría de las normas ha alcanzado y abarcado todos sus aspectos, a saber, su existencia como enunciados de deber ser; su vocación de dirección de conductas, y su relevancia para construir la teoría del delito.6 Aun si los ciudadanos siquiera consideren los mandatos normativos que los tienen por destinatarios, las soluciones más justas se alcanzan a partir de considerar tanto qué motivaba sus conductas, cuanto qué sabían y creían cuando actuaban. A diferencia de las maquinas, no cabe simplemente evaluar el éxito o fracaso, observando el proceso completo desarrollado para el logro de aquello a lo que están destinadas. Pero, además, el objetivo pudiera matizarse, en algunos casos, con la persecución de logros menos pretenciosos, como simplemente delimitar responsabilidades. Las rayas blancas para peatones en ciertas esquinas de Buenos Aires que no tienen semáforo no se pintan para decorar el pavimento, aunque la mayoría no frena para dar paso al peatón que pretende cruzar (quien además, no tiene la expectativa de respeto a su prioridad) y aun sería riesgoso frenar para respetarla, bajo ciertas circunstancias. Cuando se infringe una norma de conducta, es principal la consideración de lo que se sabe y, en los procesos en que la conducta tiene cierto desarrollo, lo más relevante es el propio desarrollo y no el logro del objetivo procurado. Lo prohibido, se prohíbe desde el comienzo de ejecución y a partir de lo que se sabe. Sancinetti, en su primera tesis doctoral, escribe: “Si está prohibida ya una parte, entonces, lo que en todo caso sería valorativamente razonable, es inferir de allí la prohibición de aquel todo que requiera de esa parte; no a la inversa”.7 En Jakobs, la influencia de las normas sobre el comportamiento de los ciudadanos es una función latente, un efecto psicológico secundario. Lo decisivo se manifiesta como expresión de una expectativa institucionalizada de conducta, donde la víctima y la sociedad se ven afectadas.8
6
Silva Sánchez, Aproximación al Derecho Penal Contemporáneo, p. 584. Sancinetti, Teoría Del delito Disvalor de la Acción, p. 424. 8 Silva Sánchez, Aproximación al Derecho Penal Contemporáneo, p. 585, nota 2, cita a Jakobs, Norm, Person, Gesellschaft. 7
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En Pawlik, lo principal es el mantenimiento del estado de libertades preexistente y jurídicamente configurado, siendo el delito una infracción al deber cívico de cooperar al mantenimiento de ese estado.9 Intentaré marcar diferencias a partir de un breve trabajo de un maestro chileno, fallecido en 2008. Alguien que critica tanto la posición que ve en el resultado el peso total del ilícito, como su equivalente extrema contraria, respecto del disvalor de acción.10 Bustos Ramírez postuló, entre otras, dos tesis que me interesa reproducir: “Lo que es antijurídico en el derecho penal lo es al mismo tiempo para todo el ámbito del derecho. Lo que no es antijurídico para el derecho penal no es al mismo tiempo lícito para todo el ámbito del derecho”.11
La diferenciación contradice en alguna medida el modelo tradicional basado en una concepción unitaria de la antijuridicidad, que hace pie en el principio de unidad del ordenamiento jurídico. Es difícilmente discutible la primera de las afirmaciones, en tanto deriva de la gravedad que revisten los hechos sancionados con pena y del descarte del filtro que generan hipotéticos derechos del infractor de actuar como lo hizo. La segunda pone en crisis la idea de que antijuridicidad y justificación sean dos caras de una misma moneda.12 Aunque un hecho típico estuviese justificado, no necesariamente se deriva de allí que tal conducta está permitida y carece de efectos en el resto del ordenamiento jurídico. Ambas consideraciones, se explican en términos generales, a partir de principios arraigados en el derecho penal, como son los de última ratio y subsidiariedad. Cuando una de tales conductas carece de justificación es porque el ordenamiento jurídico no la permite.
9
Pawlik, Ciudadanía y Derecho Penal, p. 36 – 45 y 139 – 142. Sancinetti, Teoría del Delito y Disvalor de la Acción, p. 104. Allí, refiriéndose a la defensa de Bustos Ramírez acerca de la función constante de revisión crítica del sistema que debe cumplir la noción de bien jurídico: “Una posición que describe al ilícito como el puro disvalor de acción opuesto a una norma, no tiene por qué ser conformista con el sistema jurídico. Porque la pregunta acerca del ilícito permite la más exigente respuesta a la pregunta por la legitimidad de la norma que le da fundamento [….]. No hay nada, en la teoría del bien jurídico, que no sea una teoría sobre la función de la norma”. 11 Bustos Ramírez, Antijuridicidad. 12 Pawlik, recorre otro camino a partir de los presupuestos funcionalistas que dan sustento a su teoría de la competencia, restando relevancia a la diferenciación entre acción/omisión y tratando tipo/justificación como manifestaciones de una misma competencia. Pawlik, Ciudadanía y Derecho penal, p. 81, 87, 103 – 106, 133 – 134, 141 y 145. 10
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Si otras alternativas deben ser preferidas a la pena, entonces puede haber justificación de conductas típicas dentro del derecho penal que, sin embargo, no son lícitas bajo la mirada de otras áreas del derecho.
II. Efectos de la antijuridicidad penal A partir de Welzel ha dominado el desdoblamiento de criterios de valoración y la dogmática mide primero el nivel de injusto como deber ser, según el derecho, para llegar a un segundo paso, a nivel de la culpabilidad, vinculado al concreto poder actuar del autor conforme a ese deber.13 Se suele enseñar que la caracterización como antijurídica de una conducta tiene efectos de variado orden.14 Que el llamado principio de unidad del ordenamiento jurídico impone que lo lícito según el derecho civil o el derecho público no puede ser antijurídico para el derecho penal y, a la inversa, que la justificación penal también afecta especialmente a esos derechos.15 Mencionaré algunas de las consecuencias de los que se postulan con mayor o menor extensión. Carecen de la posibilidad de defenderse legítimamente quienes realizan una conducta típica siendo agresores ilegítimos, quienes en cierto estado de necesidad sacrifican un interés mayor o equivalente al salvado y, en general, quienes obran típicamente sin derecho. La justificación se corresponde con un deber de tolerar en cabeza del afectado. Se es cómplice o instigador cuando un autor realiza una conducta que se adecua a un tipo legal y no concurre una causa de justificación. Se debe responder civilmente por los daños que genera la realización de una conducta antijurídica y no debe reparar quien actúa justificadamente.
13
Lo recuerda Pawlik, para poner en crisis la descomposición misma del delito en las tres características categorías de tipicidad, antijuridicidad y culpabilidad. Pawlik, La libertad Institucionalizada, p. 113. Partiendo de las premisas de Welzel dice que debiera abandonarse la diferenciación injusto/culpabilidad y sustituirla por un concepto global de injusto criminal, p. 118. 14 Cf., Mir Puig, Derecho Penal. Parte General, p. 425 ss., Donna, Derecho Penal. Parte General, p. 63 ss. También Bacigalupo, Derecho Penal. Parte General, en la ed. 1984 de su Manual, p. 121 ss. En cambio, en Parte General, 1999, distingue causas de justificación de causas de exclusión de la responsabilidad por el hecho. Luego, reserva como característica fundamental de aquellas, la exclusión de toda consecuencia jurídica (penal, civil o administrativa) respecto del autor y de quienes lo ayudaron o indujeron, aclarando que esas consecuencias no aplican a las causas de exclusión de la responsabilidad por el hecho, que ni eliminan la responsabilidad civil, ni benefician a los partícipes. Bacigalupo, Derecho Penal. Parte General, p. 352. 15 Cf., Hilgendorf/Valerius, Derecho Penal. Parte General, p. 88.
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Se puede aplicar una medida de seguridad al inimputable que participa de una conducta antijurídica. La justificación no requiere de elemento subjetivo alguno para la exclusión de la antijuridicidad.16 Varias de esas consecuencias son discutibles.
III. Casos controvertidos 1. Legítima defensa y estado de necesidad que presentan particularidades en la justificación a) Si el dueño de un bote impide que el obligado lo utilice para salvar al niño que se está ahogando en el lago. El derecho civil alemán (§ 904 BGB)17 declara que el propietario de una cosa no está autorizado a prohibir la actuación de un tercero, cuando es necesaria para impedir un peligro actual y el daño que amenaza a ese tercero es desproporcionadamente mayor que el originado al propietario. Sin embargo, concede el derecho de exigir reparación. El deber de tolerar debiera regir aun cuando padre e hijo que no sabe nadar, hubieran preordenado la situación para utilizar el bote ajeno y simplemente dar un paseo. Aun cuando hubiese sido negligente en el cumplimiento de deber de vigilar. No obstante, en ambos se genera la obligación de reparar. b) Si se ingresa en el campo de otro cuyo límite está deficientemente establecido y se es atacado por el perro que en tal circunstancia es muerto, al golpeárselo con una piedra en la cabeza. El derecho civil alemán (§ 228 BGB)18 declara no antijurídico al estado de necesidad defensivo o defensa contra cosas, cuando el daño o destrucción no es desproporcionado y es necesario para evitar el peligro. Sin embargo, obliga a indemnizar a quien fue responsable del riesgo.
16 Se verá que en Alemania predomina la opinión que exige un elemento subjetivo que complemente los presupuestos objetivos de un tipo permisivo (Hilgendorf/Valerius, Derecho Penal. Parte General, p. 101) con lo que coincide Sancinetti, más allá de que en Argentina, ha tenido predicamento la opinión contraria que enseñan Zaffaroni/Alagia/Slokar, Derecho Penal. Parte General, p. 602, entre otros. 17 Hilgendorf/Valerius, Derecho Penal. Parte General, p. 112. 18 Hilgendorf/Valerius, Drerecho Penal. Parte General, p. 111.
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A la reparación se puede aspirar si, por ejemplo, el predio estuviese bien señalizado y quien mató al perro hubiese estado distraído al ingresar en el campo ajeno. c) Si se provoca a otro mirando fijo a su pareja y generando una reacción agresiva que pone en la disyuntiva de dejarse agredir o responder La acción provocadora no puede ser considerada suficiente, de modo que no inhibe la defensa frente a la reacción agresiva. Pero más allá de lo regulado en la ley argentina, la concurrencia incompleta del requisito omisivo (falta de provocación suficiente) muestra la relatividad de la afirmación que pretende asegurar que no se responde civilmente por el daño producido. El estado de necesidad fundado en una norma de reconocimiento del derecho a generar un daño se vincula de modo valorativamente complejo con el derecho a obtener una compensación civil, que está fundado en una norma de merecimiento.19 Junto al reconocimiento del derecho, se debe incluir el merecimiento de la situación en la que ese derecho se ejerce.20 El art. 1750 del vigente código civil y comercial dispone que por razones de equidad responda el autor de un daño causado por un acto involuntario. El art. 1742, a su vez, permite al juez, cuando no media dolo del responsable, atenuar la indemnización que fija, en tanto sea equitativo en función del patrimonio del deudor, la situación de la víctima y las circunstancias del hecho. Aun en casos legítima defensa, la causa de justificación penal que se distingue porque protege y habilita a actuar al ilegítimamente agredido genera casos en que cierto daño recae sobre bienes independientes del agresor. La conducta justificada de quien era agredido o defendía a un agredido, genera un ilícito civil que subsiste desde el merecimiento, al defenderse a expensas de la cosa de otro.21 Lo mismo es aplicable en casos de legítima defensa putativa, ocasionada por un error, cuya generación no es atribuible a quien padece el daño. Desde el merecimiento, subsiste un ilícito civil y el derecho a indemnización.22 d) Si un tercero alcanza al agredido un cuchillo para que se defienda cuando podía alcanzarle un palo, racionalmente suficiente para repeler la agresión La accesoriedad interna limitada amarra inconvenientemente la suerte del partícipe a la justificación del autor.
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Bustos Ramírez, Antijuridicidad, V. Bustos Ramírez, Antijuridicidad, VI. 21 Bustos Ramírez, Antijuridicidad, VI. 22 Bustos Ramírez, Antijuridicidad, VI. 20
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2. Injusto menor, violencia de género a) Si la víctima de violencia de género espera que el marido se quede dormido para comenzar a acuchillarlo y es ayudada por su hija (también maltratada por el padre) a quien despierta el escándalo, cuando la madre estaba siendo superada en fuerza por el herido Más allá de cierta extensión que en casos de violencia de género se da a la situación de agredida de la víctima de esta clase de violencia,23 cuando el violento está dormido pareciera que la hija no ayuda al agredido, sino a quien no recurre al medio menos lesivo y agrede. No obstante, pudiera estar justificada la hija por estado de necesidad en semejante encrucijada, aunque el padre tendría derecho de defensa contra ambas. 3. Estado de necesidad a) Si el encargado del control del programa de cambio de vías modifica el itinerario para evitar una colisión con un vagón detenido con cien personas a bordo y lo desvía hacia la colisión con una formación sobre la que hay solamente tres b) Si el piloto de una embarcación inundada por un temporal, amenazada de hundirse y con muchos niños a bordo, arroja algunos al agua y de ese modo salva a los restantes Probablemente estos casos serían resueltos respectivamente, como estado de necesidad exculpante supralegal y estado de necesidad exculpante del § 35 StGB. Los integro porque el código penal argentino apenas habla de quien causa un mal por evitar otro mayor y el español, por su parte, exige que el mal causado no sea mayor al salvado. En el caso del piloto, si bien el peligro es también para sí, la opción supererogatoria de sacrificio propio supondría la muerte de todos los niños al quedar la embarcación a la deriva. Se ha discutido que ciertas situaciones sean disculpantes. Incluso quienes lo niegan aceptan que el tercero afectado no tiene deber de tolerar la intervención necesaria de aquel respecto de quien se admite una reacción.24 Los modelos relativos a situaciones de necesidad que no generan deberes de tolerancia en terceros afectados han sido caracterizados como deontológico 23 CSJN, RCE s/recurso extraordinario de inaplicabilidad de ley en c. 63.006 del Tribunal de Casación Penal, s. IV,733/2018/CS1, 29/10/2019. 24 Silva Sánchez alude a teorías como las de responsabilidad por el hecho de Maurach o de las causas de exclusión del injusto penal de Günther, en Consideraciones sobre la teoría del delito, p. 221.
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valorativo motivacional (que restringe las situaciones de necesidad eximentes) y consecuencialista (que comprende actuaciones necesarias para la salvaguarda de cualesquiera bienes y sujetos).25 Las situaciones de necesidad pueden ser valoradas en ambas claves, con un resultado probablemente distinto respecto de la interpretación del término “mal”. En las “causas de exclusión del injusto penal”, que propuso Günther, cuando el interés salvado no es esencialmente superior al sacrificado, y aun en caso de intereses iguales, si la conducta se muestra adecuada para obtener el fin pretendido, el injusto disminuye de tal modo que, aunque no estuviera justificada por la normativa extrapenal, se podría entender excluido el injusto penal como injusto calificado, reservándose los casos de lesión de un bien mayor al salvado para la necesidad exculpante.26 En homenaje a Rolf Dietrich Herzberg, Hörnle se refiere a casos en que el autor mata dolosamente para salvar un número mayor de personas con quienes no tiene relación personal, atribuyendo al homenajeado la siguiente posición: “la cuestión de la justificación es difícil de responder […]. Sin embargo […] la solución no se encuentra en el nivel de la culpabilidad. Allí […] solamente se puede tratar de tener en cuenta déficits personales de quien actúa […] o de situaciones de presión estandarizadas […]. Si se decidiera no castigar al autor, a la vista de la parte meritoria de su hecho, por las vidas salvadas, habría que decidirse por una justificación.27 Si bien discrepa con Herzberg en el caso del guardagujas, que ella exculpa, coinciden en el caso del avión, al que luego me referiré.28 En casos extremos, cuando no hay alternativa, el motivo de la justificación no es el deber de solidaridad, ausente precisamente porque no hay deber de tolerar por el afectado. Tampoco corresponde imponer el cumplimiento de deberes a quien carece de alternativa razonable y se encuentra en una encrucijada de imposible solución razonable.29 Tales emergencias se resuelven como justificación, en casos de colisión de deberes como el del médico que dispone de un único pulmón artificial y se encuentra frente a dos enfermos que lo precisan. Incluso cuando la infracción se corresponde con un deber de igual jerarquía respecto del respetado.30
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Silva Sánchez, Consideraciones sobre la teoría del delito, p. 250 – 251. Silva Sánchez, Consideraciones sobre la teoría del delito, p. 238. 27 Hörnle, InDret 2 (2010), 4. 28 Hörnle, InDret 2 (2010), 25. 29 Silva Sánchez, Consideraciones sobre la teoría del delito. 30 Mir Puig, Derecho Penal. Parte General, p. 453.
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4. Ejercicio de derechos, cumplimiento y colisión de deberes a) Si los padres maltratan leve y ocasionalmente a sus hijos mediante verbalizaciones, coscorrones, coacciones o prohibiciones de salida El código civil y comercial vigente impone a los progenitores el deber de educar (art. 646a) y prohíbe el castigo corporal en cualquiera de sus formas, así como los malos tratos y cualquier hecho que lesione o menoscabe física o psíquicamente a niños o adolescentes (art. 647). Otras legislaciones también han suprimido la facultad de corregir moderadamente31 o, en cambio, imponen a padre y madre el deber de corregir a sus hijos adecuadamente, auxiliándose de profesionales especializados, en caso de ser necesario.32 Así, lo que conceptualmente era una facultad, se convirtió en el cumplimiento de un deber de los progenitores. Es posible preguntarse por la relevancia de casos de maltrato leve ocasional, injurias, amenazas, coacciones o privaciones de libertad que puedan parecer excesivas y allí lo penalmente irrelevante, o aun justificado, puede, no obstante, tener efectos en el derecho de familia. b) Si la ley de derribos autoriza disparar contra el avión que va a estrellarse contra un objetivo civil El Tribunal Constitucional Federal alemán (BVerfG) calificó de inconstitucional el § 14 párr. 3 de la ley de seguridad aérea (LuftSiG). A la vez, y dejando abierta la valoración jurídico penal,33 se preguntó acerca de la punibilidad de un piloto de la fuerza aérea que derribase sobre territorio despoblado un avión secuestrado, matando pasajeros y tripulación, si se sabe que el secuestrador quiere hacer lo propio e inevitablemente lo logrará en un lugar donde morirán muchas más personas.34 Aquí, y a propósito del concepto inevitablemente, recordaré cómo Sancinetti enuncia un criterio general: “para la ponderación de riesgos en el estado de necesidad justificante […] es determinante el pronóstico sobre el riesgo a conjurar (su probabilidad e intensidad según un juicio hipotético ex ante) y la relativa gravedad del riesgo a crear para conjurar aquél”.35
31 Vgr España, a partir de la Ley 26/2015, de 28 de julio, modificatoria del sistema de protección a la infancia y a la adolescencia, EDL 2015/130118. 32 Art. 215, Código de Familia, El Salvador. 33 BVertGE 115, 118 (157). 34 Hörnle, InDret 2 (2010), 5. 35 Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación, p. 619.
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Más allá de la interpretación judicial, una tal ley impide considerar la acción del piloto como estado de necesidad exculpante o exculpante supralegal. Las soluciones probablemente difieran y sean discutibles, si se contrapone el caso de los derribos con el del encargado del control del programa de cambio de vías respecto del que no se concibió una norma permisiva.36 Varían según la perspectiva jurídico- cultural y filosófica que las informa.37 Frente a la pregunta acerca de qué debe ser decisivo en la ponderación, se destaca que la tradición idealista alemana marca el rechazo del pensamiento consecuencialista.38 Hörnle explica que una perspectiva neutral es ajena al derecho penal y que el núcleo del reproche al culpable se formula con referencia al autor, sin que se pueda hacer desaparecer la perspectiva de la víctima.39 Una que, a su juicio, simplifica la posición de la doctrina dominante en Alemania, rechazando la justificación conforme el § 34 StGB en los casos de guardagujas y del avión.40 La llamada doctrina del doble efecto postula salvar a la madre embarazada, aun sabiendo el médico que perderá el embarazo. Admite ocasionar daños conociendo que sucederán, para salvar un interés considerado superior, sin que medie intención de causarlos. Mantiene así un elemento volitivo integrado al dolo con un criterio que permite argumentar acerca de la justificación en los casos de derribo y del controlador de vías. En ambos se sabe que las muertes se producirán con seguridad, aunque no se las desea.41 Una especie de dolo indirecto o de consecuencias necesarias invertido, en el sentido de que al conocimiento seguro se agrega la exigencia de no querer aquello que se sabe, con certeza, que sucederá. En el caso del derribo, la vida de los pasajeros habría durado unos minutos más, algo que, sin embargo, carece de relevancia para la opinión mayoritaria y para la del Tribunal Constitucional Federal alemán.42 Debieran tener las víctimas, en todo caso, derecho a indemnización. En este caso, serían los derribados, incluso contra la prevista acción estatal legislada. Resulta difícil responder si pudiera un tercero evitar legítimamente el ataque del legitimado, impidiendo que derribe el avión que instantes después se derribará inevitablemente.
36
En Alemania, caso del guardagujas. Hörnle, InDret 2 (2010), 9 – 19. 38 Hörnle, InDret 2 (2010), 20. 39 Hörnle, InDret 2 (2010), 20. 40 Hörnle, InDret 2 (2010), 20. 41 Hörnle, InDret 2 (2010),10. 42 Hörnle, InDret 2 (2010), cita en notas 61 y 62, doctrina alemana y BVerfGE 115, 118 (158). 37
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c) Si la ley prevé expresamente que el aborto no es punible cuando el embarazo es producto de una violación o cuando está en riesgo la vida de la madre Más sencilla parece la justificación del último caso, si se aplica la mencionada doctrina del doble efecto,43 pero incluso por admitir simplemente que la vida del nacido constituye un interés preponderante respecto de la del nasciturus.44 Más compleja es la explicación en casos de violación, donde la vida del no nacido aparece colisionando no solo con la integridad sexual afectada, sino con otras libertades y derechos fundamentales de quien está embarazada. d) Si frente a dos moribundos accidentados, con imposibilidad de atender integralmente la situación, el socorrista decide asistir a uno, dejando sin atención a quien por eso muere e) Si el padre, durante el naufragio, solo puede asistir a uno de sus hijos que pedían socorro, lo que da lugar a la muerte por ahogamiento del no asistido. Y si uno de los hijos tenía colocado el chaleco salvavidas y el padre se lo quita para ponérselo al otro Es sabido que no pueden imponerse deberes de cumplimiento imposible, proponiéndose la justificación del socorrista y del padre en el caso base. Se obra bajo el estándar que excluye la antijuridicidad en ciertos casos donde interés sacrificado y salvado son idénticos. En la variante del padre que quita el chaleco a quien lo tenía colocado se aumenta el riesgo de muerte de aquel a quien se lo quita, provocando una situación de hecho diferente de aquella que se le presentaba.
43 Hörnle, InDret 2 (2010), dice que se atribuye a un breve pasaje de Tomás de Aquino, 10 y nota 21. 44 Bacigalupo incluye el supuesto en los de exclusión de la punibilidad por reducida ilicitud o ausencia de responsabilidad por el hecho. Una categoría intermedia que justifica, explicando que mientras las causas de justificación expresan aprobación del orden jurídico, en otros supuestos, el Estado simplemente renuncia a penar por insuficiencia de la gravedad de la ilicitud. Bacigalupo, Derecho Penal. Parte General, p. 387. Incluye grupos de casos tradicionalmente tratados como de exclusión de la culpabilidad por inexigibilidad de una conducta diversa, como por ejemplo, el estado de necesidad por colisión de intereses de igual jerarquía, p. 400. También, sin distinguir, supuestos de no punibilidad del aborto: Terapéutico (por colisión de la vida de la madre y del niño concebido), criminológico (por embarazo proveniente del delito de violación) y eugenésico (por malformación del embrión o feto), p. 405.
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5. Colisión de permisos a) Si dos personas se ponen de acuerdo en batirse a duelo para terminar una disputa y se disparan mutuamente con armas cargadas con un único proyectil, sobreviviendo quien apuntó mejor y acertó Mañalich recuerda que la existencia de una agresión antijurídica actual es condición de aplicación de la norma permisiva y debe estar ya consolidada cuando comienza la ejecución de la acción generadora de la permisión. Es lo que a su juicio falla cuando ninguno de los disparos es, en rigor, una acción defensiva. En tal caso, no se puede decir que cualquiera de ellos está ante una agresión antijurídica actual del otro.45 Siempre que dos o más se disponen a agredirse entre sí, de modo estrictamente simultáneo, las agresiones no se corresponderán con la ejecución de una acción de alguien expuesto a una agresión actual por un tercero.46 b) Si dos boxeadores se golpean mutuamente de modo permitido, cada uno puede aplicar golpes reglamentarios aunque ninguno tiene el deber de dejarse golpear por el otro Ferrante presenta el caso para afirmar que “la permisibilidad de la acción de uno no implica para otros deberes de abstenerse de llevar a cabo acciones que frustren la acción permisible del primero”.47 A la vez, muestra que la conducta autorizada de uno no siempre genera deberes de tolerancia por quien la padece, cuando menos, a partir de cierto consentimiento válido. 6. Caso en que el autor obra de modo justificado, sin que concurra el elemento subjetivo de la causa de justificación Hasta desde el lenguaje es difícil argumentar que se defiende, o defiende a un tercero, quien ataca ignorando que lo hace respecto de un agresor ilegítimo. Conforme la jurisprudencia del BGH, la justificación según § 34 StGB requiere conocimiento de la situación de necesidad y voluntad de salvamento, no dominada completamente por motivos acompañantes.48 La opinión dominante en Alemania exige la concurrencia de un elemento subjetivo que acompañe a los presupuestos objetivos del tipo permisivo.49 45
Mañalich, La antijuricidad en el derecho penal, p. 271 – 272. Mañalich, La antijuricidad en el derecho penal, p. 272 – 273. 47 Ferrante, Revista Discusiones 7 (2007). 48 BGHSt, t2, p. 111 (114). 49 Hilgendorf/Valerius, Derecho Penal. Parte General, p. 101. 46
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Lo discutido son las consecuencias de la ausencia de tal elemento, siendo creciente la concepción que defiende la idea de que la situación de justificación compensa el ilícito de resultado, proponiéndose una aplicación analógica de las reglas de la tentativa.50 A partir de la publicación de su trabajo inicial en 1983, Günther51 lideró la tarea de extender el funcionalismo del programa de Roxin52 a la categoría de la antijuridicidad. Su esfuerzo consistió en introducir contenidos de política criminal también en esa categoría. Se refirió especialmente al merecimiento de pena o injusto merecedor como eje que lo regula, rechazando contradicciones valorativas y normativas, para evitar un tratamiento diferente de realidades idénticas.53 La antijuridicidad penal permitiría diferenciar causas eximentes no genuinas, provenientes de preceptos permisivos no penales, de eximentes genuinas, de origen estrictamente penal. Las primeras, convierten la conducta típica en lícita para todo el ordenamiento. Las segundas, pueden eliminar la punición inmerecida que conlleva el injusto típico, sin afectar su componente de ilicitud general.54 La tentativa, justamente, es mencionada como una consecuencia de tal postura diferenciadora en causas de disminución del injusto, por concurrencia parcial de causas de justificación. Un modo de dar relevancia a la disminución de lo injusto en la antijuridicidad.55 No es necesario rechazar la solución de la tentativa por entender que la situación de justificación nada compensa en la ilicitud. Recordando la cita textual de la nota 3, si, con Sancinetti, el cuadro de representación posible del autor es lo decisivo —desde mi perspectiva esto es, al menos, bien relevante—, igual que para la fundamentación del ilícito por vía de la tentativa, basta con analizar esa representación errónea de no justificación y el grado de desarrollo de la acción para proponer, luego, cuál debe ser su efecto sobre la punición.
50
Hilgendorf/Valerius, Derecho Penal. Parte General, p. 101. Günther, Strafrechtswidrigkeit und Strafunrechtsausschluss. 52 Roxin, Política Criminal y Sistema del Derecho Penal. 53 Diez Ripollés, ADPCP 44 (3), 716 ss., exposición crítica sobre la teoría de Günther acerca del contenido de la antijuridicidad. 54 Diez Ripollés, ADPCP 44 (3), 723 – 724. 55 Diez Ripollés, ADPCP 44 (3), 726, nota 29. Bacigalupo se refiere a la tesis desarrollada por Günther como de gran interés, con la consecuencia práctica de que una conducta justificada, no lo está necesariamente en ámbito civil, donde el deber de indemnizar seguiría subsistente. Las causas de justificación específicamente penales reducirían el contenido de ilícito por debajo del mínimo exigido por el principio constitucional de proporcionalidad, en un ámbito donde el grado de ilicitud debe ser alto, por la gravedad de la sanción penal. En cambio, una tal intensidad no es necesaria en el ámbito civil o administrativo. Bacigalupo, Derecho Penal. Parte General, p. 357 – 358. 51
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Afirma Pawlik: “desde un punto de vista de la teoría de las normas sería dudoso poder conectar una norma de comportamiento así concretada con la (incorrecta) representación del autor”.56 La conducta antijurídica vulnera el derecho. También la que por azar está justificada cuando se cree actuar antijurídicamente. Tanto más si justificación no equivale llanamente a conducta conforme a derecho.
IV. Relatividad de las consecuencias El desarrollo precedente habilita a formular algunas afirmaciones probablemente acertadas. En casos extremos de necesidad en los que no hay alternativa, así como en aquellos por colisión de deberes de equivalente jerarquía, el titular del bien sacrificado y la víctima del deber infringido no siempre carecen de la posibilidad de defenderse legítimamente. En caso de la colisión de permisos,57 no es posible la defensa legítima si no se está expuesto a una agresión actual consolidada. El ejercicio de derechos que colisionan no siempre se excluye recíprocamente.58 La no accesoriedad de la participación, o su mínima dependencia de la tipicidad, revela que no siempre se es autor de un hecho antijurídico cuando está prohibida la conducta del partícipe (no autor).59 No siempre se está eximido de responder patrimonialmente por los daños que genera la realización de una conducta justificada. La concurrencia de causas de exculpación evidencia la inequidad de aplicar medidas de seguridad a inimputables por sus conductas antijurídicas.60 Los supuestos de hecho en los que concurren justificantes que se ignoran no debieran justificar. Unos son los efectos de la antijuridicidad y, frecuentemente, son otros los de la justificación penal. En todo caso esta última es orientativa de ciertos efectos no penales. Al revés, debieran ser valoradas como defensa legítima la acción del agresor que actúa con error inevitable respecto de la situación que genera su agresión y cree 56
Pawlik, La Libertad Institucionalizada, p. 127. Caso del duelo. 58 Caso de los boxeadores. 59 Recordar al colaborador que alcanza al agredido el medio más dañoso de los que dispone para que se defienda. 60 Se trató también, en Garibaldi/Pitlevnik, Error y delito, p. 174 – 178. 57
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estarse defendiendo. Lo propio cuando cree inevitablemente estar en situación de necesidad justificante.61 El ejercicio de un derecho no siempre elimina las posibilidades de defensa de quien lo padece, sino que presenta particularidades y requiere de un análisis cuidadoso en los casos de provocación y de exceso.
V. Antijuridicidad y justificación Roxin sostiene que la admisión de una causa de justificación no implica la realización de un juicio de valor positivo respecto de la conducta justificada. Así, el castigo moderado al que habilitan las legislaciones respecto de un niño no representa una toma de posición en la polémica pedagógica. Estima que tal observación es suficiente para considerar innecesaria la introducción de un escalón valorativo adicional entre tipo y antijuridicidad.62 Se refiere a Günther, diciendo que no hay ninguna necesidad de introducir entre tipo y antijuridicidad el escalón valorativo adicional de la antijuridicidad penal específica.63 Justamente, lo que llevó a ese autor a distinguir entre causas en las que se renuncia a desaprobar jurídico penalmente la conducta, que excluirían el injusto penal (por ej., el consentimiento presunto o ciertos casos de interrupción del embarazo), y causas de justificación, que incluyen una aprobación jurídica general (por ej., la legítima defensa o el estado de necesidad).64 Jakobs define las causas de justificación como “motivos bien fundados para ejecutar un comportamiento en sí prohibido. A diferencia de lo que ocurre en el comportamiento atípico, en el justificado se trata de un comportamiento socialmente no anómalo, sino aceptado como socialmente soportable, solo en consideración a su contexto, o sea, a la situación de justificación”.65 Apenas son motivos bien fundados, pero su contenido debe ser extraído de cierta sociedad, de ordinario compleja, lo que no admite una formula única.66 También se refiere a Günther para criticar la propuesta que distingue una cuestión que él propone no distinguir. Me refiero a la antijuridicidad en sentido formal, mostrando reparos en cuanto a cierto potencial desplazamiento de ese 61 Refiriendo a sus presupuestos fácticos, hace ya muchos años sostuve que cuando fuese imposible conocer la antijuridicidad del hecho, cabe aplicar las reglas de la justificación, en Garibaldi/Pitlevnik, Error y delito, p. 140. 62 Roxin, Derecho Penal. Parte general, p. 557. 63 Roxin, Derecho Penal. Parte general, p. 557. 64 La distinción entre causas genuinas de exclusión del injusto penal y causas no genuinas, permite llenar lagunas que derivan de exigencias de las causas de justificación y se muestran político criminalmente inadecuadas. 65 Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 419. 66 Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 420.
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concepto por un criterio material extralegal, sometido a interpretación y ampliación arbitraria. No obstante las críticas, se le reconoce a la distinción de Günther el haber permitido un análisis diferenciado del comportamiento del autor y de las posibilidades de defensa de la víctima. Podrá defenderse si la conducta del amparado en una causa de exclusión del injusto deja de ser merecedora de pena, aunque persista su ilicitud general.67 Los casos de justificación incompleta no están regulados y son una laguna que arrastra la legislación alemana y que está en la base de la propuesta de Günther.68 En general, el reconocimiento de tales disminuciones de injusto se formula en la medición de pena, lo que origina injusticias al no poderse imponer pena por debajo del mínimo legal. Otras veces, la solución es procesal, a través del principio de oportunidad.69 La frustración que generan las propuestas que opacan la función de la antijuridicidad/justificación como indicadores seguros de lo prohibido/permitido por el ordenamiento jurídico no es mayor admitiéndolas, que reconociendo, con Jakobs, un contenido complejo de la justificación que no tolera una fórmula única. La pretensión de elaborar una dogmática que funcione como mecanismo de relojería, sin concesiones que puedan evidenciar inconsecuencias, difícilmente acepte de buen grado la segunda tesis que proponía Bustos Ramírez. No hay dificultad para aceptar que lo antijurídico en el derecho penal es al mismo tiempo antijurídico para todo el derecho. Difícilmente se acepte el postulado inverso. Algunos de los casos analizados muestran que las causas de justificación presentan supuestos límite cuando se trata de aceptar una intromisión aprobada por un interés preponderante. Si bien el aspecto formal de la antijuridicidad no admite graduación, la justificación sí impone distinciones, ni bien se considera que los valores que fundamentan la convivencia social deberían ser relevados a la hora de solucionar conflictos en el ámbito de la antijuridicidad. Analizando con detenimiento los requisitos de las causas de justificación, se advierte que en buena medida están impregnados de contenidos de oportunidad y conveniencia. No solamente de valoraciones lógico-sistemáticas.70
67
Diez Ripollés, ADPCP 44 (3), 728. Diez Ripollés, ADPCP 44 (3), 740. 69 Diez Ripollés, ADPCP 44 (3), 742. 70 Diez Ripollés, ADPCP 44 (3), 782. 68
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Bustos Ramírez y Hormazábal71 afirman que estructuran la norma en una fase de reconocimiento de la situación de crisis y una segunda de valoración del merecimiento del derecho a afectar un bien jurídico determinado para solucionarla, sosteniendo que las causas de justificación pueden neutralizar la intervención penal, dejando intacta la antijuridicidad del comportamiento. La teoría personal del injusto que magistralmente ha defendido Sancinetti durante toda su vida académica sostiene la idea de una norma objetiva. Pero el control es exclusivamente subjetivo y no precisa correlatos. Luego, antijuridicidad y justificación lucen caras de la misma moneda. Su toma de posición en la que riesgo no equivale a peligro y la norma objetiva se infringe subjetivamente supone que la finalidad preventiva del derecho penal es específica y, centralmente, la de motivar comportamientos. Se pudiera decir, quizá, que mi contribución no está suficientemente en línea con las ideas del maestro homenajeado. Sin embargo, las soluciones que entiendo corresponden a la mayor parte de los casos presentados tienen su marca. Recordando, una vez más, el diálogo del célebre Jorge Luis Borges, prefiero enseñar que los milagros no ocurren porque no tenemos pruebas convincentes. Sin embargo, si supiera de alguno, prestaría atención y concedería que pude haber estado equivocado. Mi reconocimiento a la genialidad crítica de Sancinetti y mi deseo de que su pensamiento siga siendo discutido e influya a las siguientes generaciones de juristas de habla hispana. Bibliografía Bacigalupo, Enrique: Derecho Penal. Parte General, Buenos Aires 1999. Bustos Ramírez, Juan/Hormazábal Malarée, Hernán: Nuevo sistema de Derecho penal, Madrid 2004. Bustos Ramírez, Juan: Antijuridicidad y causas de justificación, Conferencia pronunciada en la Universidad EAFIT, II Jornadas de Derecho Penal, Medellín septiembre de 2004. Díez Ripollés, José Luis: La categoría de la antijuridicidad en Derecho Penal, ADPCP 44 (3), 1991, p. 774 – 777. Donna, Edgardo: Derecho Penal. Parte General, t. III, Buenos Aires 2010. Ferrante, Marcelo: Necesitados, intolerantes, homicidas y malos samaritanos, Revista Discusiones 7 (2007), p. 57 – 77. Garibaldi, Gustavo/Pitlevnik, Leonardo: Error y Delito, Buenos Aires 1995. Günther, Hans-Ludwig: Strafrechtswidrigkeit und Strafunrechtsausschluss, Colonia 1983. 71 Bustos Ramírez/Hormazábal Malarée, Nuevo sistema de Derecho penal, p. 45 – 52 al que remite Velázquez-Vioque, p. 279, nota 422.
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Die Aidsübertragung durch Geschlechtsverkehr als straflose Selbstgefährdung Von Enrique Gimbernat Ordeig Wie ich an einem auf Deutsch verfassten Aufsatz dargelegt – und mit zahlreichen Hinweisen auf die deutsche und spanische Wissenschaft und Rechtsprechung auch zu begründen versucht habe –, ist die Teilnahme an einer Selbstgefährdung immer straflos, während der Täter einer Fremdgefährdung in allen Fällen für den eingetretenen Erfolg haften muss.1 Die h.M. ist auch der Ansicht, dass die Teilnahme an einer Selbstgefährdung keine Verantwortung begründet.2 Um zu veranschaulichen, worin der Unterschied zwischen einverständlicher Fremdgefährdung und Teilnahme an einer Selbstgefährdung besteht, seien allein zwei Beispiele aus der spanischen Rechtsprechung erwähnt. Im Urteil des spanischen Tribunal Supremo (TS, Oberstes Gerichtshof) vom 17. 7. 1990 (Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung) ging es zunächst um folgenden Sachverhalt: Mit Einverständnis des späteren Opfers (Hector) schoss der Angeklagte Carlos – um damit zu beweisen, dass er ein guter Schütze sei – auf die Flasche, die Hector in seiner Hand hielt. Carlos aber verfehlte das Ziel und das Geschoss traf Hector tödlich am Kopf. Ein Beispiel für die Teilnahme an einer Selbstgefährdung behandelt der Beschluss der Audiencia Provincial (Landgericht) Córdoba vom 26. 9. 1995 (Einstellung des Prozesses gegen den Beschuldigten): Der Angeklagte hatte einem anderen versprochen, ihm eine Flasche Whisky zu spendieren, wenn dieser – das spätere Opfer – sich bereit erklären würde, die Flasche Whisky in einem Zug zu leeren. Der andere ließ sich darauf ein und starb 1
Vgl. Gimbernat, Wolter-FS 2013, S. 389 ff. Mit der Frage der Teilnahme an einer Selbstgefährdung habe ich mich auch auf Deutsch in: Frisch-FS 2013, S. 291 ff. beschäftigt. Auf Spanisch habe ich mich mit den Problemen der einverständlichen Fremdgefährdung und der Teilnahme an einer Selbstgefährdung in folgenden Schriften befasst: Gimbernat, Ruiz Antón-LH 2004, S. 431 – 457; ders., CDJ VII/2006, S. 93 – 107; ders., Imputación objetiva y conducta de la víctima, 2007; ders., Suárez Montes-LH 2013, S. 289 – 301. 2 Vgl. Duttge, MüKoStGB, 3. Aufl. 2017, § 15 Rn. 152/153, mit weiteren Hinweisen in Anm. 792; Puppe, NK, 5. Aufl. 2017, vor §§ 13 ff. Rn. 198; Paeffgen/Martin Böse, NK, 2017, § 223 Rn. 19 mit weiteren Hinweisen in Anm. 131; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30 Aufl. 2019, vor §§ 32 ff. Rn. 107. Roxin, GA 2018, S. 251 – 257, unterteilt die Standpunkte der Rechtsdogmatik nach drei Theorien („Gleichstellungstheorie“, „Bestrafungstheorie“ und „die Theorie differenzierender tatbestandlicher Zurechnung“), je nachdem ob sie für eine absolute Bestrafung der Fremdgefährdung oder für eine absolute oder eine relative Straflosigkeit der Fremdgefährdung (nur wenn diese einer Selbstgefährdung gleichzustellen ist) eintreten. Aber alle diese drei Theorien sind sich darin einig, dass die Teilnahme an einer Selbstgefährdung keine Verantwortung nach sich zieht.
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an einer akuten Alkoholvergiftung wenige Minuten nachdem er bereits einen Großteil des Whiskys zu sich genommen hatte. Was der strafbaren einverständlichen Fremdgefährdung und der meiner Meinung nach straflosen Teilnahme an einer Selbstgefährdung gemein ist, besteht darin, dass sich das spätere Opfer in beiden Fällen des Ausmaßes der Gefahr, eine körperliche oder gar lebensgefährdende Verletzung zu erleiden, völlig bewusst ist. Das, was beide Fälle aber unterscheidet, ist, dass während bei der Fremdgefährdung der Dritte derjenige ist, der den Tod des Opfers bzw. die Beeinträchtigung dessen Körperintegrität unmittelbar verursacht, es bei der Selbstgefährdung das Opfer ist, das sich selbst den Tod oder die Körperverletzung zufügt. Aus dieser Perspektive betrachtet, stellt sich die Frage, ob wir es bei einer Aidsübertragung durch Geschlechtsverkehr, bei welchem der Virusträger den gesunden Geschlechtspartner über seine Krankheit unterrichtet hat, mit einer straflosen Selbstgefährdung oder aber mit einer strafbewehrten einverständlichen Fremdgefährdung zu tun haben. Obgleich man sich in Doktrin und Rechtsprechung bewusst ist, dass die Aidsübertragung durch Geschlechtsverkehr einen Grenzfall darstellt, geht die h.L. dahin, dass es sich hierbei um einen Fall der Selbstgefährdung handelt.3 Eine Mindermeinung vertritt dagegen die Ansicht, bei der Aidsübertragung durch Geschlechtsverkehr handele es sich um eine einverständliche Fremdgefährdung.4 Diejenigen, die bei einer Aidsübertragung durch Geschlechtsverkehr die Selbstgefährdung verfechten, greifen vornehmlich auf die Lehre der Tatherrschaft zurück, um Fremd- von Selbstgefährdung zu unterscheiden.5 So ist z. B. im Urteil des BayObLG vom 15. 9. 19896 (Freispruch des HIV-Trägers) zu lesen: 3 Vgl. etwa Bottke, Die Rechtsprobleme von AIDS, in: Schünemann/Pfeiffer (Hrsg.), 1988, S. 183; Otto, Tröndle-FS 1989, S. 367; Hugger, JuS 1990, S. 975; Fiedler, Zur Strafbarkeit der einverständlichen Fremdgefährdung, 1990, S. 190/191; Mir, ADPCP 1991, S. 264/265; Walther, Eigenverantwortlichkeit und strafrechtliche Zurechnung, 1991, S. 240; Jakobs, AT, 2. Aufl. 1991, 21/78a; Jakobs, Estudios de Derecho penal, 1997, S. 405; Zaczyk, Strafrechtliches Unrecht und die Verantwortung des Verletzten, 1993, S. 58 Anm. 195; Gómez Rivero, La imputación de resultados producidos a largo plazo, 1998, S. 185/186; García Álvarez, La puesta en peligro de la vida y/o la integridad física asumida voluntariamente por su titular, 1999, S. 271/272, 291/292; Hellmann, Roxin-FS 2001, S. 284; Kühl, AT, 6. Aufl. 2008, § 4 Rn. 89; Joecks, MüKoStGB, 23. Aufl. 2017, vor § 223 ff. Rn. 63; Wessels/Beulke/Satzger, AT, 49. Aufl. 2019, § 6 Rn. 284. In gleichem Sinne (Aidsübertragung als Selbstgefährdung) und mit weiteren Hinweisen haben sich auch Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl. 2019, vor §§ 32 ff. Rn. 107, ausgesprochen. 4 Vgl. etwa Helgerth, NStZ 1988, S. 262; Frisch, NStZ 1992, S. 66/67; Schünemann, Problemas jurídico penales del SIDA, in: Mir Puig (Hrsg.), 1993, S. 44; Roxin, AT I, 4. Aufl. 2006, § 11 Rn. 133; Roxin, GA 2018, S. 254. Unentschieden, ob wir hier vor einer Selbst- oder einer Fremdgefährdung stehen: Weber, Spendel-FS 1992, S. 54 Anm. 45; Schroeder, LK, 11. Aufl. 1992 – 2003, § 16 Rn. 183. 5 Vgl. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 2019, vor §§ 32 ff Rn. 107, mit weiteren Hinweisen.
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„Eine Selbstgefährdung liegt vor, wenn jemand selbstgefährdende Handlungen vornimmt oder sich in eine schon bestehende Gefahr hineinbegibt. Dagegen ist eine einverständliche Fremdgefährdung anzunehmen, wenn sich jemand der von einem anderen erst drohenden Gefährdung in vollem Bewusstsein des Risikos aussetzt, wenn also der ,Täter‘ allein die Tatherrschaft über das die Rechtsgutgefährdung herbeiführende Geschehen ausübt und das ,Opfer‘sich lediglich den Wirkungen der gefährlichen Täterhandlung aussetzt, so dass sein Schicksal letztlich in den Händen des ,Täters‘ liegt.– Hier wurde die Gefährdung der Zeugin nicht nur durch die bloße Tatsache, dass der Angekl. HIV-Virusträger war, sondern durch den mit ihm ausgeübten – ungeschützten – Sexualkontakt bewirkt. Der ungeschützte Geschlechtsverkehr ist sonach das gefährliche Verhalten, das unter dem Gesichtspunkt der Tatherrschaft von Belang ist. Der Umstand, dass der Angekl. im medizinisch-virologischem Sinn die Gefahrenquelle bildete, ist dagegen für die Frage der Tatherrschaft nicht von entscheidender Bedeutung. Der Zeugin war vor dem Geschlechtsverkehr mit dem Angekl. dessen HIV-Infizierung bekannt. Nach den Feststellungen des LG drängte sie darauf, den Geschlechtsverkehr ohne Kondome durchzuführen. Bei dem jeweils einverständlich vorgenommenen Geschlechtsverkehr beherrschten beide Partner das Geschehen gemeinsam. Jeder von ihnen hatte grundsätzlich jederzeit die Möglichkeit, in den Geschehensablauf steuernd einzugreifen; sie konnten jederzeit den Sexualkontakt abbrechen oder dessen Gefährlichkeit, z. B. durch Verwendung von Kondomen, wesentlich verringern.“
Dafür, dass wir bei der Aidsübertragung durch Geschlechtsverkehr nicht vor einer Selbst- sondern vor einer Fremdgefährdung stehen, hat sich u. a. Roxin7 mit folgenden Argumenten ausgesprochen: „In den Bereich der einverständlichen Fremdgefährdung wird man auch den besonders aktuellen Fall einordnen müssen, dass jemand Sexualkontakte mit Aids-Risiko aufnimmt. Diese Fälle werden häufig unter dem Gesichtspunkt behandelt, dass der Infizierte an einer Selbstgefährdung seines Partners teilnimmt. Da die Gefährdung ausschließlich vom Infizierten ausgeht und der Partner sich dieser lediglich aussetzt, handelt es sich um eine einverständliche Fremdgefährdung, die durchaus dem Fall vergleichbar ist, dass jemand sich ein Rauschgift von einem anderen einspritzen lässt.“8
Ungeachtet dessen, ob man zur Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme die Tatherrschaft für das geeignete Kriterium hält,9 stehen wir bei der Aidsübertragung durch Geschlechtsverkehr vor der unproblematischsten Form der Tatherrschaft, nämlich vor „[der] unmittelbaren Täterschaft durch Handlungsherrschaft“, von der Roxin folgendes schreibt:10
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BayObLG NJW 1990, S. 131/132. Roxin, AT I, 4. Aufl. 2006, § 11 Rn. 133. 8 S. auch Roxin, GA 2018, S. 254: „Richtigerweise wird eine einverständliche Fremdgefährdung anzunehmen sein [beim Sexualkontakt einer gesunden Frau mit einem Virusträger], weil die Gefahr allein von dem infizierten Mann ausging.“ 9 Gegen das Unterscheidungskriterium der Tatherrschaft habe ich mich in mehreren Schriften ausgesprochen, vgl. etwa: Gimbernat, Autor y cómplice en Derecho penal, 2. Aufl. 2006, S. 101 ff.; Gimbernat, Homenaje a Bernd Schünemann, 2014, S. 297 ff. 10 Roxin, AT II, 2003, § 25 Rn. 38. 7
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„Täter ist zunächst, wer – sei es allein, sei es unter Beteiligung mehrerer – den gesamten Tatbestand durch eigenkörperliche Aktivität (also i. d. R. mit eigener Hand) erfüllt. Man kann eine Tat nicht besser beherrschen, als indem man sie selbst ausführt. Bei der unmittelbaren Tatherrschaft wird dem Ausführenden die Herrschaft durch Vornahme der tatbestandsentprechenden Handlung vermittelt; ich spreche deshalb von ,Handlungsherrschaft‘. Es handelt sich hier um den augenfälligsten Typ der Tatherrschaft, weil diese Form der Tatherrschaft dem verständnisgefälligsten Typ der Täterschaft als Tatbestandsverwirklichung am deutlichsten entspricht. Die Annahme der Täterschaft bei eigenhändiger Tatbestandsverwirklichung wird durch den Wortlaut des Gesetzes bestätigt, der demjenigen die Täterschaft zuspricht, der die Tat ,selbst … begeht‘.“
Beim genital-genitalen Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau findet die Aidsübertragung dadurch statt, dass der infizierte Mann die Frau durch seinen Samenerguss ansteckt, oder auch dadurch, dass die kontaminierte Frau durch ihr Vaginalsekret dem bis dahin gesunden Mann die Krankheit überträgt.11 Die Kontaminierung durch Samenerguss ist nicht etwa – wie Roxin meint – dem Fall vergleichbar, „dass jemand sich ein Rauschgift von einem anderen spritzen lässt“. Denn hat jemand einem anderen eine Rauschgift enthaltende Spritze gereicht, so hat derjenige, der die Spritze gesetzt hat, durch eine Handlung – nämlich durch die Injektionsgabe – den Verletzungstatbestand verwirklicht. Er hat also die Körperverletzung selbst begangen. Dagegen sind beim Vaginalverkehr die Geschehnisse, die das Virus übertragen, nämlich der Samenerguss oder das Austreten der Scheidenflüssigkeit, keine Handlungen sondern Reflexbewegungen, die durch die Stimulierung und sexuellen Reize des bis dahin gesunden Sexualpartners oder der Sexualpartnerin – zusammen mit denen, des HIV-Trägers bzw. der HIV-Trägerin – unwillkürlich entfesselt werden, so dass die Opfer als Mittäter bzw. Mittäterin ihrer eigenen Infizierung - d.h. als sich selbst Gefährdende - anzusehen sind. Da die Reflexbewegungen der Auslösung von HIV-Übertragungsmitteln (Sperma, Vaginalsekret) gerade auch auf das Verhalten der Infizierten zurückgeführt werden müssen, stehen wir nicht vor einer Fremdsondern vor einer Selbstgefährdung. Und das gleiche gilt ceteris paribus beim Analverkehr, denn die HIV-Übertragung ist ebenfalls auf die Handlungen der Infizierten (Selbstgefährdung) zurückzuführen, welche die kontaminierende Reflexbewegung der Ejakulation selbst mitverursacht haben. Beim Oralverkehr (wo das Risiko der Aidsübertragung wesentlich geringer ist als bei Vaginal- oder Analverkehr), d. h. bei denjenigen Verhaltensweisen, in denen gesunde Partner einen Cunnilingus oder eine Fellatio an HIV-Trägern oder -Trägerinnen vollziehen und sich dadurch anstecken, sind der Mann oder die Frau, die kontaminiert werden, die einzigen Täter bzw. Täterinnen ihrer Selbstverletzung. Denn es 11
Obgleich es sich in den meisten der von der spanischen Rechtsprechung entschiedenen Fällen um eine mannesseitige Übertragung des HIV-Virus handelte (so in den Urteilen des TS vom 6.11. und 8. 11. 2011; weitere Angaben bei Gimbernat, Fn. 1 [2007], S. 57//58), ging es beim Urteil des LG Madrid vom 2. 1. 2008 um einen Sachverhalt, in dem die HIV-Trägerin, diejenige war, die ihren männlichen Sexualpartner mit dem Virus infizierte.
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waren ja sie, die durch die von ihnen vollzogene Stimulierung des männlichen Gliedes bzw. der Vagina die Reflexbewegungen der infizierenden Ejakulation oder des Scheidensekrets ausgelöst haben, so dass wir wiederum – diesmal als Alleintäterschaft des Opfers – vor einer Selbstgefährdung stehen. Unser Jubilar Marcelo Sancinetti hat sich immer wieder – und immer scharfsinnig – mit der Lehre der objektiven Zurechnung beschäftigt.12 Ich widme diesen Aufsatz meinem alten Freund und einem der hervorragendsten spanischsprechenden Strafrechtswissenschafler mit dem Wunsch, dass er uns noch über viele Jahre mit seinen Beiträgen in unserer Wissenschaft weiter bereichern möge. Literatur Bottke, Wilfried: Strafrechtliche Probleme von AIDS und der AIDS- Bekämpfung, in: Bernd Schünemann/Gerd Pfeiffer (Hrsg.), Die Rechtsprobleme von AIDS, Baden-Baden 1988, S. 171 – 247. Cirener, Gabriele u. a. (Hrsg.): Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 11. Auflage, Berlin 2003. Frisch, Wolfgang: Selbstgefährdung im Strafrecht – Grundlinien einer opferorientierten Lehre vom tatbestandsmäßigen Verhalten, NStZ 1992, S. 1 – 7, 62 – 67. García Álvarez, Pastora: La puesta en peligro de la vida y/o integridad física asumida voluntariamente por su titular, Valencia 1999. Gimbernat, Enrique: ¿Se puede imputar objetivamente al delincuente que se está fugando las muertes o las lesiones que se autocausen los policías que le persiguen?, in: Javier Gustavo Fernández Teruelo/María Marta González Tascón/Sonia Victoria Villa Sieiro (Hrsg.), Estudios penales en Homenaje al profesor Rodrigo Fabio Suárez Montes, Oviedo 2013, S. 289 – 302. Gimbernat, Enrique: A vueltas con la imputación objetiva, la participación delictiva, la omisión impropia y el Derecho penal de la culpabilidad, in: Enrique Gimbernat et al. (Hrsg.), Homenaje a Bernd Schünemann por su 708 aniversario, Lima 2014, S. 275 – 324. Gimbernat, Enrique: Autor y cómplice en Derecho penal, 2. Auflage, Buenos Aires/Montevideo 2006. Gimbernat, Enrique: Der Pockenarztfall, Grundlagen und Dogmatik des gesamten Strafrechtssystems, in: Georg Freund/Uwe Murmann/René Bloy/Walter Perron (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang Frisch zum 70. Geburtstag, Berlin 2013, S. 291 – 297. Gimbernat, Enrique: Imputación objetiva y conducta de la víctima, México D. F. 2007. Gimbernat, Enrique: Imputación objetiva, participación en una autopuesta en peligro y heteropuesta en peligro consentida, Emilio Octavio de Toledo y Ubieto/Manuel Gurdiel Sierra/ 12
Vgl. etwa Sancinetti, Subjetivismo e imputación objetiva en Derecho penal, 1998; ders., RPCP 9 (2000), S. 583 – 600; ders., Gimbernat-LH 2008, S. 1579 – 1607; ders., ZStW 120 (2008), S. 661 – 703. Sancinetti hat sogar ein umfangreiches Werk herausgegeben (Causalidad, riesgo e imputación, 2009, 693 Seiten), das einige der wichtigsten Beiträge deutscher Autoren zur Lehre der objektiven Zurechnung in spanischer Fassung enthält.
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Emilio Cortés Bechiarelli (Hrsg.), Estudios penales en recuerdo del profesor Ruiz Antón, Valencia 2004, S. 431 – 457. Gimbernat, Enrique: Otra vez: conducta de la víctima e imputación objetiva, CDJ VII/2006, S. 93 – 107. Gimbernat, Enrique: Strafrechtliche Gleichbehandlung der Mitwirkung an einer Selbstgefährdung und der einverständlicher Fremdgefährdung? Gesamte Strafrechtswissenschaft in internationaler Dimension, in: Mark A. Zöller/Hans Hilger/Wilfried Küper/Claus Roxin (Hrsg.), Festschrift für Jürgen Wolter zum 70. Geburtstag, Berlin 2013, S. 389 – 402. Gómez Rivero, María Carmen: La imputación de los resultados producidos a largo plazo. Especial referencia a la problemática del SIDA, Valencia 1998. Helgerth, Roland: Aids-Einwilligung in infektiösen Geschlechtsverkehr, NStZ 1988, S. 261 – 264. Hellmann, Uwe: Einverständliche Fremdgefährdung und objektive Zurechnung, in: Bernd Schünemann et al. (Hrsg.), Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag, 2001, S. 271 – 285. Hugger, Heiner: HIV-Übertragung als mitherrschaftliche Beteiligung an fremder Selbstverletzung, JuS 1990, S. 972 – 977. Jakobs, Günther: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Berlin/New York 1991. Jakobs, Günther: Estudios de Derecho penal, Madrid 1997. Joecks, Wolfgang/Miebach, Klaus (Hrsg.): Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage, München 2017. Kindhäuser, Urs/Neumann, Ulfried/Paeffgen, Hans-Ullrich (Hrsg.): Nomos Kommentar zum StGB, 5. Auflage, Baden-Baden 2017. Kühl, Kristian: Strafrecht Allgemeiner Teil, 6. Auflage, München 2008. Mir, Santiago: Sobre el consentimiento en el homicidio imprudente. Comentarios a la STS de 17 de julio de 1990, ADPCP 1991, S. 259 – 267. Otto, Harro: Eigenverantwortliche Selbstschädigung- und gefährdung sowie einverständliche Fremdschädigung- und gefährdung, in: Hans-Heinrich Jescheck/Theo Vogler (Hrsg.), Festschrift für Herbert Tröndle 1989, S. 157 – 175. Roxin, Claus: Strafrecht Allgemeiner Teil Band II, 3. Auflage, München 2003. Roxin, Claus: Strafrecht Allgemeiner Teil Band I, 4. Auflage, München 2006. Roxin, Claus: Die einverständliche Fremdgefährdung – eine Diskussion ohne Ende?, GA 2018, S. 250 – 263. Sancinetti, Marcelo: ¿Son irrelevantes los cursos causales hipotéticos para la responsabilidad penal?, Gimbernat-LH, Madrid 2008, S. 1579 – 1607. Sancinetti, Marcelo: Hypothetische Kausalverläufe und die Differenztheorie, ZStW 120 (2008), S. 661 – 703. Sancinetti, Marcelo: Observaciones sobre la teoría de la imputación objetiva, RPCP 9 (2000), S. 561 – 585. Sancinetti, Marcelo: Subjetivismo e imputación objetiva en Derecho penal, Bogotá 1998.
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Sancinetti, Marcelo (Hrsg.): Causalidad, riesgo e imputación objetiva, Buenos Aires 2009. Schönke, Adolf/Schröder, Horst (Hrsg.): Strafgesetzbuch Kommentar, 30. Auflage, München 2019. Schünemann, Bernd: Problemas jurídicopenales relacionados con el SIDA, in: Santiago Mir Puig (Hrsg.), Problemas jurídico penales del SIDA, Barcelona 1993, S. 25 – 120. Walther, Susanne: Eigenverantwortlichkeit und strafrechtliche Zurechnung. Zur Abgrenzung der Verantwortungsbereiche von Täter und „Opfer“ bei riskantem Zusammenwirken, Freiburg i. Br. 1991. Weber, Ulrich: Einwände gegen die Lehre von der Beteiligung an eigenverantwortlicher Selbstgefährdung im Betäubungsmittelstrafrecht, in: Manfred Seebode (Hrsg.), Festschrift für Günther Spendel, Berlin 1992, S. 371 – 380. Wessels, Johannes/Beulke, Werner/Satzger, Helmut: Strafrecht Allgemeiner Teil, 49. Auflage, Heidelberg 2019. Zaczyk, Rainer: Strafrechtliches Unrecht und die Selbstverantwortlichkeit des Verletzten, Heidelberg 1993.
„Sozialethische“ Einschränkungen des Notwehrrechts Von Anette Grünewald
I. Einleitung Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden (§ 32 Abs. 2 StGB). Während der letzte Teil dieses Satzes die Notwehrlage beschreibt, benennt das Kriterium der Erforderlichkeit die Anforderung, der die Verteidigungshandlung objektiv genügen muss. Folgt man der nahezu einhelligen Ansicht, ist die Erforderlichkeit indes nicht das letzte Wort, um (in objektiver Hinsicht) zur Rechtmäßigkeit der Notwehrhandlung zu gelangen. Vielmehr werden Begrenzungen der Notwehrbefugnis, die über dieses Kriterium hinausreichen, weitgehend anerkannt. Man spricht verbreitet von sozialethischen Einschränkungen des Notwehrrechts.1 Als gesetzlicher Anknüpfungspunkt für diese zusätzlichen Beschränkungen dient die Gebotenheit in § 32 Abs. 1 StGB.2 Aus § 32 Abs. 1 StGB lässt sich jedoch nur herleiten, dass derjenige, der eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, nicht rechtswidrig handelt. Von sozialethischen Einschränkungen ist im Gesetzestext hingegen nicht die Rede. Vorläufer der heutigen Notwehrvorschrift war § 53 RStGB von 1871.3 Seit dem Zweiten Strafrechtsreformgesetz findet sich die Vorschrift in § 32 StGB, mithin seit 1975.4 Absatz 2 der Notwehrregelung blieb seit 1871 unverändert – sieht man von ganz geringfügigen sprachlichen Modifikationen ab. Lediglich Absatz 1 wurde durch das Zweite Strafrechtsreformgesetz insoweit präziser formuliert, als die durch Notwehr gebotene Tat seither als „nicht rechtswidrig“ bezeichnet wird, wohingegen zuvor eine „strafbare Handlung“ ausgeschlossen worden war. Betrachtet man die Gesetzgebungsgeschichte, so können kaum Zweifel daran aufkommen, dass dem Merkmal der Gebotenheit im 19. Jahrhundert keine eigenständige Bedeutung 1
Frister, Strafrecht AT 16/25; Murmann, Grundkurs Strafrecht § 25 Rdn. 95; Kühl, Strafrecht AT § 7 Rdn. 157 ff.; W/Beulke/Satzger, Strafrecht AT Rdn. 522. 2 SSW/Rosenau, § 32 Rdn. 31; SK/Hoyer, § 32 Rdn. 70 ff.; Fischer, § 32 Rdn. 36; Sch/ Sch/Perron/Eisele, § 32 Rdn. 44; LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 228; siehe auch BGHSt 48, 207 (212). 3 Mit § 53 RStGB weitgehend übereinstimmend bereits § 41 des preußischen StGB von 1851. 4 Gesetz vom 4. Juli 1969, BGBl. I S. 717 ff., sowie Gesetz vom 30. Juli 1973, BGBl. I S. 909.
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zukam. Vielmehr wurde es mit der Erforderlichkeit gleichgesetzt.5 Eine Notwehrhandlung war folglich geboten, wenn sie erforderlich war. Diese Interpretation entspricht auch dem Wortlaut der Vorschrift. Einschränkungen der Notwehrbefugnis, die über die Erforderlichkeit hinausgehen, lassen sich aus dem Wortlaut bzw. dem Terminus „geboten“ also nicht ableiten.6 Richtig ist aber auch, dass der Gesetzgeber bei der erwähnten Reform des Allgemeinen Teils davon ausging, dass das Notwehrrecht „aus sozial-ethischen Gründen einer Begrenzung“ bedürfe.7 Um diese Einschränkungen gesetzlich zu verankern, wurde der Begriff „geboten“ in Absatz 1 beibehalten. Als Fälle, in denen eine Rechtfertigung trotz erforderlicher Notwehrhandlung ausgeschlossen sein sollte, wurden in der Gesetzesbegründung beispielhaft geringfügige Angriffe oder solche von Kindern und Geisteskranken sowie vom Verteidiger provozierte Angriffe aufgeführt. Im Gesetzestext selbst kommen diese Vorstellungen des Gesetzgebers allerdings nicht zum Ausdruck.8 Auf der anderen Seite wurde 1871 mit § 53 RStGB zwar ein scharfes Notwehrrecht im Gesetz festgeschrieben.9 Weitergehende Begrenzungen der Notwehrbefugnis wurden jedoch schon damals diskutiert und teilweise befürwortet. Im 20. Jahrhundert hat diese Position sich schließlich durchgesetzt. Heute gilt es als „nahezu unbestritten“, dass das Notwehrrecht jedenfalls in Ausnahmefällen zusätzliche Einschränkungen erfordert.10 Gestützt werden diese vielfach auf die Sozialethik.11 Rechtspositionen mit diffusen sozialethischen Erwägungen einzuschränken, überzeugt aber schon prima facie kaum. Vielmehr sollten Rechtsphären von Personen anhand spezifisch rechtlicher Kriterien voneinander abgegrenzt werden.12 Im Folgenden sind die gängigen Fallgruppen einer sogenannten sozialethischen Begrenzung des Notwehrrechts daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit sie sich mit Rechtsprinzipien fundieren lassen. Meine Ausführungen widme ich dem Jubilar mit herzlichen Glückwünschen zum Geburtstag.
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Olshausen, § 53, S. 224 ff.; Frank, § 53, S. 118 f. MK/Erb, § 32 Rdn. 205; M/R/Engländer, § 32 Rdn. 42; NK/Paeffgen/Zabel, Vor §§ 32 ff. Rdn. 150 sowie NK/Kindhäuser, § 32 Rdn. 2; LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 228; Baumann/ Weber/Mitsch, Strafrecht AT § 15 Rdn. 1 („Diese Thematik bewegt sich […] auf ,übergesetzlichem‘ Terrain.“). Andere Ansicht SK/Hoyer, § 32 Rdn. 70. 7 Hierzu sowie dem Folgenden BT-Drucks. V/4095 S. 14. 8 LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 228; MK/Erb, § 32 Rdn. 205. 9 Hierzu sowie dem Folgenden Grünewald, ZStW 122 (2010), S. 51 (54 ff.). 10 Sch/Sch/Perron/Eisele, § 32 Rdn. 43; MK/Erb § 32 Rdn. 202; LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 225; NK/Kindhäuser, § 32 Rdn. 98. 11 Zu Recht kritisch Engländer, S. 355 f.; Rückert, S. 443 f.; SK/Hoye,r § 32 Rdn. 72. 12 MK/Erb, § 32 Rdn. 202; Fischer, § 32 Rdn. 36. 6
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II. Die einzelnen Fallgruppen Zusätzliche Notwehreinschränkungen zu etablieren bedeutet für den Angegriffenen, dass er eine erforderliche Verteidigungshandlung nicht vornehmen darf, sondern je nach Konstellation verpflichtet ist, den gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff hinzunehmen, ihm auszuweichen oder ein weniger effektives und eingriffsintensives Verteidigungsmittel zu wählen.13 Solche Einschränkungen werden üblicherweise befürwortet bei Angriffen schuldlos handelnder Personen (1.) sowie in Fällen eines vom Angegriffenen provozierten Angriffs (2.), ferner im Rahmen eines besonderen Näheverhältnisses zwischen Angreifer und Angegriffenem (3.) sowie in Fällen eines groben Missverhältnisses zwischen den angegriffenen und den durch die Verteidigungshandlung betroffenen Gütern (4.).14 1. Angriffe schuldlos handelnder Personen Dass dem Angegriffenen gegen Angriffe von schuldlos handelnden Personen das volle Notwehrrecht nicht zuerkannt werden sollte, entspricht zu Recht allgemeiner Auffassung. Mehrheitlich wird diese Fallkonstellation auch über eine Beschränkung der Notwehrbefugnis gelöst.15 Es stellt sich allerdings schon die Frage, ob diese Fälle im Notwehrrecht treffend verortet sind. Alternativ besteht die Option, bereits eine Notwehrlage abzulehnen und diese Fälle über den rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB) zu lösen.16 Letzteres hat schon auf den ersten Blick den Vorzug, dass § 34 StGB keine mit § 32 StGB vergleichbar weitreichenden Eingriffsbefugnisse gewährt, sondern die Rechtfertigung von einer Abwägung abhängig macht.17 Hinzu kommt, dass die von der herrschenden Ansicht vorgenommene sozialethische Begrenzung das Notwehrrecht ohnehin auf Defensivnotstandsbefugnisse reduziert.18 Gegen eine Lösung über das Notstandsrecht wird auf den Wortlaut des § 32 Abs. 2 StGB verwiesen, der nur einen rechtswidrigen und keinen schuldhaften Angriff verlange.19 Bei der Notwehr gehe es außerdem „um die Abgrenzung von Frei13
Siehe nur NK/Kindhäuser, § 32 Rdn. 106. Darüber hinaus werden weitere Notwehrbegrenzungen diskutiert (wie etwa aus Art. 2 EMRK oder in Chantage-Fällen). Darauf kann im Rahmen dieses Beitrags aus Platzgründen nicht weiter eingegangen werden. Zu den möglichen Fallgruppen Sch/Sch/Perron/Eisele, § 32 Rdn. 48 ff.; SK/Hoyer, § 32 Rdn. 73 ff.; MK/Erb, § 32 Rdn. 209 ff.; LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 230 ff. 15 LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 242 ff.; Sch/Sch/Perron/Eisele, § 32 Rdn. 24 – beide m.w.N.; siehe zudem Entwurf 1962, BT-Drucks. V/4095 S. 14; Baumann et al., S. 51. 16 So Hruschka, Strafrecht, S. 140 ff.; Jakobs, Strafrecht AT 12/16 ff.; Renzikowski, S. 279 ff.; NK/Kindhäuser, § 32 Rdn. 22 ff., 64 ff.; SK/Hoyer, § 32 Rdn. 12, 76; differenzierend Engländer, S. 253 ff.; de lege ferenda auch Frister, Strafrecht AT 16/13. 17 SK/Hoyer, § 32 Rdn. 12. 18 Hruschka, FS Dreher, S. 189 (206); Renzikowski, S. 101. 19 Roxin, Strafrecht AT § 15 Rdn. 10; Duttge, HK-GS § 32 Rdn. 5; MK/Erb, § 32 Rdn. 61 (mit gewissen Sympathien für die Gegenmeinung). 14
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heitssphären […], um Recht und Unrecht, nicht um Schuld“.20 Da Notwehr keine Strafe sei, spreche zudem nichts dagegen, sie gegen Personen zuzulassen, denen (wie etwa Kindern) die Fähigkeit fehle, das Unrecht der Tat einzusehen und ihr Verhalten entsprechend zu steuern.21 Nun trifft es durchaus zu, dass es bei der Notwehr um Recht und Unrecht geht. Wenig plausibel ist es jedoch, diese Unterscheidung oder die Abgrenzung von Freiheitssphären an faktischen statt an normativen Kriterien auszurichten.22 So lässt sich prinzipiell infrage stellen, ob es ein schuldloses Unrecht gibt. Die besseren Gründe sprechen dagegen.23 Hiernach liegt bereits kein Unrecht vor, wenn eine zurechnungsunfähige Person faktisch in die rechtlich geschützte Sphäre einer anderen Person eingreift.24 Denn eine zurechnungsunfähige Person verfügt nicht über die Kompetenz, Unrecht als solches zu erkennen bzw. ihr Verhalten an Rechtsnormen auszurichten. Zudem begründet nach § 32 Abs. 2 StGB nur ein menschliches Verhalten eine Notwehrlage. Das Spezifikum dieses Erfordernisses liegt – im Unterschied zu einer bloßen Gefahr (§ 34 StGB) – aber gerade darin, dass Verantwortung zugewiesen werden kann.25 Normativ wie innersystematisch ist es daher schlüssiger, einen notwehrfähigen Angriff nur bei verantwortlichem Handeln anzunehmen.26 2. Vom Angegriffenen provozierte Angriffe Um in Fällen einer vom Angegriffenen provozierten Notwehrlage zu einer angemessenen Bewertung zu gelangen, sollte man sich zunächst vergegenwärtigen, dass der Angreifer einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff ausführt, für den er vollverantwortlich ist (vgl. zu 1.). Denn nur dieser aktuelle Rechtsbruch vermag eine Notwehrlage auszulösen. Wäre dagegen die dem Angriff vorangegangene Provokation bereits als ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff anzusehen, begründete diese Provokation eine Notwehrlage, so dass die Reaktion hierauf als Verteidigungshandlung einzustufen wäre. Demgegenüber ändert eine dem Angriff vorausgegangene, aber nicht mehr aktuelle Provokation nichts daran, dass der die Notwehrlage auslösende Angreifer im Unrecht ist. Denn er dringt aktuell und rechtswidrig in eine fremde Rechtssphäre ein. Ihn trifft daher auch die rechtliche Pflicht, den Angriff sofort zu beenden. Zugleich könnte er sich dadurch einer in seine Güter eingreifenden
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SK/Günther, § 32 Rdn. 29 (Band I, 41. Lieferung, 2005). Klesczewski, FS E. A. Wolff, S. 225 (244). 22 NK/Kindhäuser, § 32 Rdn. 22. 23 Vgl. zuletzt Rostalski, S. 102 ff. 24 Pawlik, S. 79: „Wer kein subjektiv zurechenbares Unrecht begeht, der begeht mithin überhaupt kein kriminalrechtlich relevantes Unrecht.“ 25 Jakobs, Strafrecht AT 12/16; NK/Kindhäuser, § 32 Rdn. 22, 65; Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT § 15 Rdn. 59. 26 Renzikowski, S. 281 ff.; SK/Hoyer, § 32 Rdn. 74 ff.; NK/Kindhäuser, § 32 Rdn. 22 f., 65; Jakobs, Strafrecht AT 12/16 ff. 21
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Verteidigungshandlung entziehen.27 Sobald er den Angriff nämlich abbricht, verliert der Angegriffene seine Notwehrbefugnis. Auf der anderen Seite ist es aber gewiss etwas anderes, ob jemand ohne sein Zutun rechtswidrig angegriffen wird oder ob er durch sein Verhalten zu dem Angriff beigetragen hat. Geht man von einem interpersonalen Rechts- und Freiheitsverständnis aus, ist es nur konsequent anzunehmen, dass sich das Maß an Verantwortlichkeit, welches dem Angreifer und dem Angegriffenen an der Entstehung der Notwehrlage zugeschrieben werden kann, auf die Ausgestaltung der Notwehrbefugnis auswirken muss.28 Hiernach lässt sich dem Angegriffenen ein uneingeschränktes Notwehrrecht vornehmlich dann zuerkennen, wenn er vor dem Angriff mit dem Angreifer in keinem Interaktionsverhältnis stand. Umgekehrt kommt eine Begrenzung seiner Notwehrbefugnis in Betracht, sofern es im Vorfeld der Notwehr eine konflikthafte Interaktion mit dem Angreifer gab. Zu klären bleibt aber, welche Qualität das vorangegangene, als Provokation bezeichnete Verhalten aufweisen muss, um eine Einschränkung der Notwehrbefugnis zu tragen. Denn es dürfte evident sein, dass nicht jede, gleich wie geartete vorausgegangene Brüskierung des Angreifers ausreichen kann, um das Notwehrrecht zu begrenzen. Der Sache nach muss das Vorverhalten so beschaffen sein, dass sich dem Angegriffenen nach rechtlichen Kriterien eine Sonderverantwortung zuweisen lässt. Hierfür reicht weder ein rechtlich erlaubtes noch ein sozialadäquates Verhalten aus. Darüber besteht zu Recht Einigkeit.29 Auch lässt sich das Vorliegen einer rechtlich beachtlichen Provokation nicht danach bemessen, ob der Angreifer sich durch das Verhalten herausgefordert oder verletzt fühlt.30 Da das Recht als eine allgemeingültige und -verbindliche Ordnung fungiert, braucht es hierfür einen generellen Maßstab. Individuelle Empfindungen (oder Überempfindlichkeiten) sind dafür kein taugliches Kriterium. Ebenso wenig kann aber darüber hinaus ein bloß sozialethisch zu missbilligendes Verhalten (wie Belästigungen oder Taktlosigkeiten) genügen.31 Denn ein Verhalten des Angegriffenen, welches zwar moralisch zu beanstanden ist, den rechtlich geschützten Freiheitsbereich des Angreifers aber nicht überschreitet, lässt sich nicht dazu heranziehen, um einen partiellen Rechtsverlust des Angegriffenen zu begründen. Vom Angreifer ist vielmehr zu erwarten, dass er solchen Provokationen standhält und sich nicht zu einer Rechtsverletzung hinreißen lässt. Zudem bleibt ihm die Möglichkeit, mit einem sozialethisch inkorrekten Verhalten auf solche rechtlich unbeachtlichen Provokationen zu reagieren. Für ihn besteht 27
Hierzu auch Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT § 15 Rdn. 2. Vgl. Grünewald, ZStW 122 (2010), S. 51 (77 ff.). 29 Roxin, Strafrecht AT § 15 Rdn. 71; MK/Erb, § 32 Rdn. 233; Sch/Sch/Perron/Eisele, § 32 Rdn. 59; Fischer, § 32 Rdn. 43. 30 Wohl auch LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 255 (andererseits Rdn. 254 [„Sticheleien“]). 31 SK/Hoyer, § 32 Rdn. 88; LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 255; S/S/W/Rosenau, § 32 Rdn. 41; M/R/Engländer, § 32 Rdn. 50; Sch/Sch/Perron/Eisele, § 32 Rdn. 59; modifizierend MK/Erb, § 32 Rdn. 234 f. Andere Ansicht z. B. Fischer, § 32 Rdn. 44; Lackner/Kühl, § 32 Rdn. 14; Kühl, Strafrecht AT § 7 Rdn. 223a m.w.N. sowie BGHSt 42, 97 (100 f.). 28
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also, wenn er die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen möchte, sogar die Option, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Verlässt er mit seiner Reaktion jedoch den Bereich des lediglich sozialethisch unzulänglichen Verhaltens und greift in die rechtlich geschützte Freiheitssphäre des Provokateurs ein, trägt er dafür die alleinige Verantwortung. Denn seine Reaktion weist eine andere Qualität als die vorausgegangene Provokation auf; sie stellt ein Unrecht und nicht mehr nur eine Sozialwidrigkeit dar. Zugleich lässt sich der rechtswidrige Angriff hierdurch nicht mehr als eine adäquate Reaktion auf das Vorverhalten ansehen; sondern er impliziert eine Eskalation.32 An dieser Bewertung ändert sich auch nichts, wenn der Angegriffene mit seinem sozialethisch defizitären Verhalten einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff geradezu bezweckt, um den Angreifer sodann im Rahmen seiner Verteidigungshandlung verletzen zu dürfen (sogenannte Absichtsprovokation).33 Denn allein die schlechte Einstellung kann nicht zur Rechtswidrigkeit eines Verhaltens führen, welches in objektiver Hinsicht keinen Eingriff in die Rechtssphäre des Angreifers darstellt.34 Sofern das Vorverhalten des Angegriffenen hingegen rechtswidrig ist, lässt sich sein Notwehrrecht begrenzen. Eine Einschränkung der Verteidigungsbefugnis ist aber selbst bei einem rechtswidrigen Vorverhalten nur insoweit angezeigt, als der Angriff noch eine angemessene Reaktion auf dieses Vorverhalten darstellt.35 Steht der Angriff nämlich außer Verhältnis zu der vorangegangenen Rechtsverletzung (z. B. ein Angriff mit einem Messer als Reaktion auf eine Beleidigung), lässt er sich nicht mehr plausibel mit dem Vorverhalten erklären und stellt einen Exzess dar. Da das Notwehrrecht ein unmittelbares, situationsbezogenes Recht ist, muss es ferner in einem räumlich und zeitlich engen Zusammenhang zur rechtswidrigen Provokation ausgeübt werden.36 Gewisse Abstufungen sind hier jedoch nötig, entsprechend der Schwere der Provokation. So wird man bei gravierenden Rechtsverletzungen nicht eine gleichermaßen schnelle Beruhigung und kognitive Verarbeitung des Konflikts erwarten dürfen wie bei einem leichteren Eingriff. Diesen Unterschieden muss Rechnung getragen werden. Die Beschränkung der Notwehrbefugnis bei provoziertem Notwehrangriff nach dem skizzierten Schema beruht nicht auf Sozialethik. Die gebräuchliche Bezeichnung „sozialethische Notwehreinschränkung“ ist daher irreführend und in der Sache verfehlt. So lässt sich die Einschränkung des Notwehrrechts in ein negatives Freiheitskonzept integrieren. Durch seinen dem Angriff unmittelbar vorangegangenen rechtswidrigen Eingriff hat der Angegriffene als Erster gegen das allgemeine Schädigungsverbot verstoßen. In letzter Konsequenz folgt die Verkürzung seiner Notwehrbefugnis daher aus dem Neminem-laedere-Grundsatz. 32
Zum Ganzen zutreffend SK/Hoyer, § 32 Rdn. 88 f. Wie hier Roxin, Strafrecht AT § 15 Rdn. 65; zur anderen Ansicht siehe Kühl, Strafrecht AT § 7 Rdn. 225 m.w.N. 34 Grünewald, ZStW 122 (2010), S. 51 (82 f.); SK/Hoyer, § 32 Rdn. 88; LK/Rönnau/ Hohn, § 32 Rdn. 253. 35 MK/Erb, § 32 Rdn. 232; LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 253. 36 Jakobs, Strafrecht AT 12/56 spricht von einer „identischen […] Situation“. 33
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3. Näheverhältnis zwischen Angreifer und Angegriffenem Als weitere Fallgruppe eines eingeschränkten Notwehrrechts fungiert ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Angreifer und dem Angegriffenen. Gegenstand dieser Fallgruppe sind vor allem Eheverhältnisse, eingetragene Lebenspartnerschaften oder vergleichbar enge persönliche Beziehungen, sofern sie, wie Ehe oder Lebenspartnerschaft, auf Dauer angelegt und durch ein qualifiziertes Vertrauensverhältnis gekennzeichnet sind. Die wohl noch herrschende Ansicht steht auf dem Standpunkt, dass der Angegriffene die erforderliche Verteidigungshandlung nicht ergreifen darf, sondern zugunsten des Angreifers zurückstecken muss.37 Obwohl er also gegenwärtig, rechtswidrig und – nach hier vertretener Ansicht (siehe zu 1.) – vollverantwortlich angegriffen wird, hat er eine Begrenzung seiner Notwehrbefugnis hinzunehmen. In der Praxis trifft diese Notwehreinschränkung überwiegend „Frauen prügelnder Ehemänner“.38 Die Kriminalstatistik lässt einen Anstieg an partnerschaftlicher Gewalt in den letzten Jahren erkennen.39 Der Anteil weiblicher liegt erheblich über dem Anteil männlicher Opfer.40 Vor diesem Hintergrund geht von einer Verkürzung der Notwehrbefugnis in engen persönlichen Beziehungen ein problematisches Signal aus; denn der damit verbundene Rechtsverlust seitens des angegriffenen Partners impliziert gerade keine konsequente Delegitimierung von Beziehungsgewalt. Eine solche Haltung wäre aber erforderlich, um das Verbot von körperlichen Übergriffen bzw. Rechtsverletzungen in besonderen Näheverhältnissen klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen. Dem (potentiellen) Angreifer muss eindeutig vor Augen geführt werden, dass es sich hierbei (wie auch in anderen Fällen familiärer Gewalt) nicht um eine „Privatangelegenheit“ handelt, der die Rechtsordnung mit Nachsicht begegnet.41 Abgesehen von diesen kriminalpolitischen Einwänden spre37 Diese Notwehreinschränkung wird im Grundsatz anerkannt von MK/Erb, § 32 Rdn. 219; SSW/Rosenau, § 32 Rdn. 33; Duttge, HK-GS § 32 Rdn. 27; LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 239; NK/Kindhäuser, § 32 Rdn. 114; Lackner/Kühl, § 32 Rdn. 14; Roxin, Strafrecht AT § 15 Rdn. 93 ff.; Jakobs, Strafrecht AT 12/58; Kühl, Strafrecht AT § 7 Rdn. 198 ff.; Schramm S. 111 ff. 38 So Frister, Strafrecht AT 16/34; ferner Kühl, Strafrecht AT § 7 Rdn. 199; LK/Rönnau/ Hohn, § 32 Rdn. 238. 39 Bundeskriminalamt, S. 4. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Anstieg solcher Taten in der Kriminalstatistik nicht zwingend deren reale Zunahme belegt; er könnte z. B. auch auf ein verändertes Anzeigeverhalten zurückzuführen sein (siehe a.a.O. S. 21). Andererseits bildet die Kriminalstatistik aber auch nur das Hellfeld ab (a.a.O. S. 22). 40 Bundeskriminalamt, S. 4 ff. 41 Andere Ansicht Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT § 15 Rdn. 61 sowie MK/Erb, § 32 Rdn. 219. Diese wollen dem Angreifer seine innerhalb einer Beziehung angeblich „herabgesetzten Möglichkeiten […] zur Vermeidung der eigenen Aggression“ zugutehalten (Zitat bei MK/Erb a.a.O.). Das mag, jedenfalls zum Teil, eine psychologisch nachvollziehbare Erklärung für familiäre Gewalt sein, Gewalt gegen Kinder eingeschlossen. Daraus folgt für die normative Ebene aber noch nichts. Insbesondere lässt sich hieraus nicht ableiten, dass die Rechtsordnung auf familiäre Gewalt mit Milde reagieren sollte oder müsste. Das Gegenteil
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chen aber auch strafrechtsdogmatische Erwägungen gegen eine Begrenzung der Notwehrbefugnis. Um Notwehreinschränkungen in engen persönlichen Beziehungen zu fundieren, wird auf das zwischen den Partnern bestehende Sonderrechts- bzw. Garantieverhältnis oder auf den Solidaritätsgedanken verwiesen.42 Hieran ist zutreffend, dass die Partner sich in solchen Beziehungen mehr als nur Mindestsolidarität im Sinne des § 323c StGB schulden, zu der alle Personen sich gegenseitig verpflichtet sind. Allerdings legt, worauf schon früh hingewiesen wurde,43 das Sonderrechtsverhältnis, in dem die Partner zueinander stehen und das zu gesteigerten Schutzpflichten führt, viel eher eine andere Konsequenz nahe. Es spricht nämlich mehr dafür, eine Steigerung des Unrechts seitens des angreifenden Partners anzunehmen, als dafür, das Notwehrrechts des angegriffenen Partners zu verkürzen. Darüber hinaus überzeugt es nicht, eine besondere Rücksichtnahme oder Schutzpflicht von jemandem einzufordern, der von seinem Partner unter Missachtung ebendieser Pflicht sowie des allgemeinen Schädigungsverbots gerade attackiert wird. Soweit vorgebracht wird, der Fortbestand der Partnerschaft oder jedenfalls das Interesse hieran verlange vom angegriffenen Partner ein rücksichtsvolles Verhalten,44 wäre dieses Argument doch an erster Stelle dem Angreifer entgegenzuhalten. Wenn dieser an der Fortsetzung der Beziehung und der Aufrechterhaltung eines besonderen Vertrauens- und Schutzverhältnisses interessiert ist, dann muss er seinerseits dafür Sorge tragen, dass das für seinen Partner unter akzeptablen Bedingungen möglich ist. Und das sollte zumindest bedeuten, dass er diesem keine Rechtsverletzungen zufügt. Die gegenseitige Einstandspflicht in engen persönlichen Partnerschaften begründet ferner nur eine Pflicht, sich in Situationen der Not und Hilfsbedürftigkeit beizustehen. Einer solchen Pflicht bedarf es aber nicht, wenn ein Partner seine Lage unter Verletzung seiner rechtlichen Pflichten selbst herbeigeführt hat und zudem jederzeit in der Lage wäre, diese Situation zu beenden45 – wozu er rechtlich auch verpflichtet ist. In einer Notlage befindet sich allein der angegriffene Partner und der angreifende Partner hat ihn in diese Lage gebracht. Eine Beschränkung des Notwehrrechts aufgrund eines Ehe- oder eines anderen vergleichbaren Näheverhältnisses ist deshalb abzulehnen.46 Notwehreinschränkungen in solchen Verhältnissen können sich jedoch aus anderen Erwägungen ergeben (siehe zu 2. sowie sogleich noch zu 4.). dürfte der Fall sein: Von jeder Person ist zu verlangen, dass sie ihre Aggressionen zumindest so weit im Griff hat, dass sie diese nicht, zumal in Form von Rechtsverletzungen, an anderen (körperlich unterlegenen) Familienmitgliedern auslässt. 42 Köhler, Strafrecht AT, S. 275; Jakobs, Strafrecht AT, 12/58; Roxin, Strafrecht AT I, § 15 Rdn. 93 f.; Kühl, Strafrecht AT § 7 Rdn. 202 f.; NK/Kindhäuser, § 32 Rdn. 113. 43 Namentlich von Spendel, JZ 1984, S. 507 (509). 44 So Sch/Sch/Perron/Eisele, § 32 Rdn. 53; MK/Erb, § 32 Rdn. 219. 45 Frister, GA 1988, S. 291 (308 f.); Engländer, S. 360; Engels, GA 1982, S. 109 (113). 46 LK/Spendel, 2. Band, 11. Aufl. 2003, § 32 Rdn. 310; ders., JZ 1984, S. 507 (509); Engels, GA 1982, S. 109 ff.; Frister, GA 1988, S. 291 (309); ders., Strafrecht AT, 16/34; Engländer, S. 362; van Rienen, S. 288 ff.; Grünewald, S. 240 ff.; SK/Hoyer, Rdn. 97 ff.; NK/
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4. Krasses Missverhältnis zwischen den betroffenen Gütern Zuletzt bleiben Fälle, in denen zwischen den durch den Angriff und die Verteidigungshandlung betroffenen Gütern ein krasses Missverhältnis besteht. Auch in dieser Fallkonstellation wird eine über die Erforderlichkeit hinausreichende Begrenzung der Notwehrbefugnis ganz überwiegend anerkannt.47 Dabei versteht sich diese Einschränkung schon insofern nicht von selbst, als es bei der Notwehr auf eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit gerade nicht ankommt.48 Auf spezifisch rechtliche Kriterien lässt sich die Verkürzung des Notwehrrechts daher auch nicht stützen;49 vielmehr muss auf sozialethische Erwägungen, namentlich den Gedanken der Solidarität, zurückgegriffen werden. Die Rechtsordnung steht einem solchen Rückgriff nicht prinzipiell entgegen. Zum einen ist das Sozialstaatsprinzip grundgesetzlich verankert.50 Zum anderen ist die Gewährung von Mindestsolidarität auch strafrechtlich abgesichert, wie sich insbesondere an der unterlassenen Hilfeleistung (§ 323c StGB) oder dem Aggressivnotstand (§ 34 StGB) zeigt.51 Besteht zwischen den betroffenen Gütern eine völlige Disproportionalität – wie im Beispiel der Tötung eines Diebs, der eine Handvoll Kirschen vom Baum gepflückt hat –, lässt sich für eine Begrenzung des Notwehrrechts ebenfalls auf die Solidarität verweisen. Die Einschränkung oder (in den meisten Fällen ja) der Verlust des Notwehrrechts bleibt jedoch Zweifeln ausgesetzt. Anders nämlich als bei der unterlassenen Hilfeleistung oder beim Aggressivnotstand hat man es im Notwehrrecht mit einem Angreifer zu tun, der gegenwärtig, rechtswidrig und schuldhaft52 in die Rechtssphäre einer anderen Person eindringt.53 Weshalb aber sollte nun ausgerechnet diese Person gegenüber Paeffgen/Zabel, Vor §§ 32 ff. Rdn. 150 mit Fn. 706; Rückert, S. 489 f.; wohl auch Fischer, § 32 Rdn. 37. Dass es sich bei dieser Ansicht um „vereinzelte Gegenstimmen“ handelt (so NK/ Kindhäuser, § 32 Rdn. 114), bildet das Meinungsbild kaum zutreffend ab. 47 Duttge, HK-GS § 32 Rdn. 28; SSW/Rosenau, § 32 Rdn. 34; M/R/Engländer, § 32 Rdn. 44; Sch/Sch/Perron/Eisele, § 32 Rdn. 50; LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 230; MK/Erb, § 32 Rdn. 214; Lackner/Kühl, § 32 Rdn. 14; Fischer, § 32 Rdn. 39; NK/Kindhäuser, § 32 Rdn. 112. 48 Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT § 15 Rdn. 51; Murmann, Grundkurs Strafrecht § 25 Rdn. 98; Kühl, Strafrecht AT § 7 Rdn. 176; van Rienen, S. 230 ff. (sieht in der Fallgruppe eine „verdeckte Güterabwägung“); andere Ansicht und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung einfordernd Bülte, NK 2016, S. 172 (179 ff., 187 f.); Kaspar, RW 2013, S. 40 (56 ff.); ders., S. 610 ff.; gegen diese Position Rückert, S. 449 ff.; Greco, GA 2018, S. 665 (673 ff.). 49 Andere Ansicht Sch/Sch/Perron/Eisele, § 32 Rdn. 50 (mit Hinweis auf verfassungs- und menschenrechtliche Vorgaben); Kaspar, RW 2013, S. 40 (56 ff.); ders., S. 610 ff.; Bülte, NK 2016, S. 172 (179 ff.). 50 Noch anders NK/Kindhäuser, § 32 Rdn. 107 („Solidaritätsanforderungen, die dem Recht immanent sind“). 51 Vgl. nur Jakobs, Strafrecht AT 12/46. 52 Siehe unter II.1. 53 Jakobs, Strafrecht AT 12/46; Pawlik, GA 2003, S. 12 (16); abgelehnt wird eine Notwehreinschränkung daher von Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT § 15 Rdn. 53; van Rienen, S. 238 f.; dagegen stellte für Kühl, Strafrecht AT § 7 Rdn. 178 die Zuerkennung eines uneingeschränkten Notwehrrechts eine „evidente Ungerechtigkeit“ dar.
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dem Angreifer (noch) zur Solidarität verpflichtet sein?54 Zumal der Angreifer, im Gegensatz zu Fällen des § 323c StGB und § 34 StGB, auf einen entsprechenden Schutz nicht angewiesen ist, weil er sich selbst schützen könnte, indem er den Angriff abbricht, wozu er – um es nochmals zu sagen – rechtlich auch verpflichtet ist. Insofern lässt sich durchaus sagen, dass eine Verkürzung der Notwehrbefugnis bzw. ein Verzicht auf dieses Recht aus Solidaritätserwägungen nicht erforderlich ist, weil der Angreifer sich selbst helfen kann.55 Das gilt jedenfalls für Fälle eines direkt vorsätzlichen Angriffs.56 Da Notwehr auch gegen fahrlässige Angriffe möglich ist, lässt sich eine Begrenzung des Notwehrrechts in dieser Fallgruppe in engen Grenzen noch begründen;57 sie dürfte in einer friedfertigen Gesellschaft auch wünschenswert sein. Im Weiteren bilden geringfügige Angriffe keine eigene Fallgruppe.58 Denn die Abwehr von Bagatellangriffen ist erst problematisch, wenn sie extrem unverhältnismäßig ist.59 Damit aber gehen diese Fälle in denen eines krassen Missverhältnisses auf.
III. Ergebnis In Fällen schuldlos handelnder Personen greift das Notwehrrecht nicht ein. Diese Fälle sind vielmehr über den (Defensiv-)Notstand zu lösen. Bei einer vom Angegriffenen durch vorangegangenes rechtswidriges Verhalten provozierten Notwehrlage ergibt sich die Einschränkung der Notwehrbefugnis aus Rechtsprinzipien. Vom Angegriffenen muss man also keine Mindestsolidarität mit dem Angreifer einfordern. In engen persönlichen Beziehungen sind besondere Begrenzungen der Notwehrbefugnis dagegen abzulehnen. Auf die Gewährung von (Mindest-)Solidarität lassen sich in engen Grenzen Einschränkungen des Notwehrrechts stützen, sofern zwischen den betroffenen Gütern ein krasses Missverhältnis besteht. Nur in diesem Fall lässt sich von einer sozialethisch begründeten Begrenzung der Notwehrbefugnis sprechen. Literatur Baumann, Jürgen et al.: Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches. Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Tübingen 1969. Baumann, Jürgen/Weber, Ulrich: Strafrecht Allgemeiner Teil, 12. Auflage, Bielefeld 2016. 54
Jakobs, Strafrecht AT 12/46; Engländer, S. 356. So Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT § 15 Rdn. 53; ferner Frister, GA 1988, S. 291 (311 f.). 56 Vgl. Jakobs, Strafrecht AT 12/47; vergleichbar wohl auch Renzikowski, S. 316. 57 Vgl. Murmann, Grundkurs Strafrecht § 25 Rdn. 98. 58 MK/Erb, § 32 Rdn. 215; Duttge, HK-GS § 32 Rdn. 28; SSW/Rosenau, § 32 Rdn. 35; im Ergebnis auch LK/Rönnau/Hohn, § 32 Rdn. 230 f. 59 MK/Erb, § 32 Rdn. 215; SSW/Rosenau, § 32 Rdn. 35. 55
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Subjektive Unrechtslehre, Versuch und Rücktritt – eine kritische Würdigung der Theorie von Sancinetti Von Volker Haas
I. Einleitung Die Unrechtslehre, nicht minder aber Versuch und Rücktritt, sind Gegenstandsbereiche der Strafrechtswissenschaft, die noch immer äußerst kontrovers diskutiert werden. Der Jubilar hat mit seinem Werk „Subjektive Unrechtslehre und Rücktritt vom Versuch“ einen bedeutenden Beitrag zu den einschlägigen Diskussionen geleistet. Als ich seinerzeit an meinem Aufsatz über den Rechtsgrund von Versuch und Rücktritt gearbeitet habe, war es mir nicht möglich, die Ausführungen von Sancinetti so umfassend zu würdigen, wie es eigentlich ihrem Rang entsprochen hätte. Der nachfolgende Beitrag gibt Gelegenheit, diesem Manko abzuhelfen und das Versäumte nachzuholen. In einem ersten Schritt soll das Grundgerüst der Lehre von Sancinetti nachgezeichnet werden – nicht um Eulen nach Athen oder besser: nach Buenos Aires zu tragen –, sondern um das eigene Verständnis der Lehre von Sancinetti offenzulegen und überprüfbar zu machen. In einem zweiten Schritt folgt eine kritische Auseinandersetzung, die schließlich in einer kurzen Darlegung des eigenen Standpunkts mündet, dessen innere Verwandtschaft mit dem Standpunkt des Jubilars deutlich werden sollte.
II. Die Grundarchitektur der Theorie von Sancinetti Sancinetti vertritt eine rein subjektive Unrechtstheorie. Die Kompromisslosigkeit und Folgerichtigkeit seiner Darlegungen ist – ungeachtet etwaiger Meinungsverschiedenheiten – durchaus faszinierend. Der Jubilar behauptet, dass der Bewertungsgegenstand des Unrechtsurteils immer auf den aktuellen Handlungsentschluss, das heißt auf den endgültigen Willensimpuls, beschränkt sei. Für diesen soll nur die Motivation des Täters, also die Willensseite seines Verhaltens, maßgeblich sein.1 Unrechtskonstitutiv ist seiner Lehre zufolge ausschließlich die Vorstellung des Täters. Nur die vom Täter erkannte Möglichkeit, dass der Erfolg eintreten wird, soll daher zum Unrecht gehören, nicht jedoch der tatsächliche Erfolgseintritt selbst. Der kausale Zauber der äußeren Erfolgsverursachung sei aus der Unrechtsbegründung zu 1
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verbannen. Die Rechtsgutsverletzung könne im Unrechtsbegriff keinen Platz finden.2 Für eine Unrechtslehre, die auf der Desavouierung der Norm fuße, erscheine die unrechtskonstituierende Funktion des Erfolgs als Fremdköper, als adoptiertes Kind einer rivalisierenden Theorie.3 Dass das Unrecht subjektiv begründet werden muss, lässt sich nach Ansicht von Sancinetti gerade beim Versuch ablesen, weil bei diesem die äußere Störung hinter dem Internen zurückbleibt.4 Das Unrecht des beendeten Versuchs, bei dem der Täter glaubt, alles Notwendige unternommen zu haben, ohne sich eine sichere Möglichkeit zur Vermeidung der Tatbestandsverwirklichung zuzuschreiben, bei dem also der Täter im Unterschied zum unbeendeten Versuch die Möglichkeit eines Kontrollverlusts über die Vollendungsverhinderung in Kauf nimmt, soll einen perfekten Normbruch bedeuten und daher Prototyp einer Straftat sein. Was danach geschehe, unterliege dem reinen Zufall.5 Der beendete Versuch markiere daher den Endpunkt des Unrechts.6 Sancinetti zieht daraus die Schlussfolgerung, dass der beendete Versuch mit der Tat gleichzusetzen sei. Der Erfolgseintritt könne die Tat nicht mehr verändern. Die Vollendung liege gewissermaßen nach der Tat.7 Das Tatprinzip wird folglich von Sancinetti subjektiv ausgelegt.8 Damit stimmt überein, dass es Sancinetti für viel vernünftiger hält, dem Täter die Übernahme der Ungewissheit über den Erfolgseintritt, das heißt dessen entsprechenden Willensentschluss, zuzurechnen statt den Erfolg selbst. Die Zurechnung des Erfolgs soll offenbar aufgrund des Zufallsmoments der Vollendung nicht mehr von der Funktion der Freiheit gedeckt sein. Andernfalls leide die Zurechnung.9 Anderen Textstellen ist allerdings zu entnehmen, dass dem Täter nur bei einer vorzeitigen Vollendung im Falle eines unbeendeten Versuchs die Vollendung nicht zugerechnet werden können soll, weil der Vorsatz des Täters in diesem Tatstadium defizitär ist.10 Möglicherweise bedarf die Lehre von Sancinetti an dieser Stelle noch der Klärung. Während der Täter beim beendeten Versuch sich seiner Vorstellung nach endgültig bzw. definitiv eine fremde Organisation anmaßt und durch sein Verhalten (perfekt) gegen die Hauptnorm verstößt, übertritt der Täter beim unbeendeten Versuch nach Ansicht von Sancinetti lediglich (imperfekt) eine flankierende Norm.11 Die flankierende Norm verbiete den aktuellen Entschluss unter der Bedingung, dass ein auf die zukünftige Ausführung gerichteter Wille vorhanden sei. Sie betreffe 2
Sancinetti, S. 24 ff., 37, 131, 282 ff. Sancinetti, S. 15 ff., 37, 46, 285. 4 Sancinetti, S. 38. 5 Sancinetti, S. 71 ff., 282 f. 6 Sancinetti, S. 37. 7 Sancinetti, S. 86. 8 Sancinetti, S. 43. 9 Sancinetti, S. 21, 51. 10 Sancinetti, S. 54, 63, 66. 11 Sancinetti, S. 39 ff., 68, 82 f., 282. 3
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also eine Phase, in der der Täter nach seiner Vorstellung noch Kontrolle über sein Verhalten besitze.12 Das Recht befürchte daher – so die Analyse von Sancinetti – eigentlich ein späteres Verhalten und untersage dieses bereits durch ein Verbot des vorangehenden Verhaltens.13 Das Unrecht des unbeendeten Versuchs besteht folglich nicht in demselben Normbruch wie beim beendeten Versuch.14 Die flankierende Norm soll einen geringeren Status besitzen, weil – Sancinetti verwendet insoweit verschiedene Formulierungen – sich der Täter noch nicht definitiv, noch nicht endgültig eine fremde Organisation anmaßt bzw. es sich nur um eine antizipierte Anmaßung respektive um den gegenwärtigen Teil einer Anmaßung handelt. Der Täter verwirkliche daher im Falle eines unbeendeten Versuchs im Vergleich zum beendeten Versuch geringeres Unrecht.15 Gerade der unbeendete Versuch zeigt nach Auffassung des Jubilars, dass das Unrecht nicht über das Externe definiert werden kann, weil der Planungszusammenhang in diesem Deliktsstadium einbezogen werden muss.16 Den Rücktritt versteht Sancinetti als Kehrseite der subjektiven Unrechtslehre. Rücktritt sei Umkehrung des Verhaltensunwerts, bevor der Versuch beendet sei, also vor dem vollständigen Vorsatz.17 Er ordnet ihn in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre in Deutschland18 als Strafaufhebungsgrund ein.19 Dennoch begreift Sancinetti den Rücktritt als allgemeinen Bestandteil der Zurechnungslehre – und zwar bei jeder Norm, die ein Verhalten sanktioniert, bei dem ein Teil der Handlung sich auf die Zukunft bezieht.20 Der Rücktritt soll eine Art positiver Gegenzurechnung bewirken.21 Die Möglichkeit des Rücktritts ist nach Auffassung des Jubilars in deutlicher Anlehnung an die Tatänderungslehre von Jakobs22 auf den unbeendeten, nicht fehlgeschlagenen Versuch begrenzt, weil nur die sich erst noch bildende Tat abänderbar sei.23 Hingegen sei, nachdem der Täter eine nicht mehr änderbare Vollendungsmöglichkeit in Kauf genommen habe, jedes Verhalten Nachtatverhalten. Ein rein versuchsintern begründeter Rücktritt soll daher nicht mehr möglich sein.24 Es bleibt gleichwohl nach Einschätzung von Sancinetti die Frage erörterungsbedürftig, ob diese Beschränkung zu erklären vermöge, wie eine bereits vorhandene 12
Sancinetti, S. 54, 58, 282. Sancinetti, S. 82. 14 Sancinetti, S. 55. 15 Sancinetti, S. 57, 63, 71, 82, 84. 16 Sancinetti, S. 57. 17 Sancinetti, S. 79. 18 BGHSt 7, 296, 299; BGH, StV 1982, S. 1; Fischer, § 24 Rn. 2; Lilie/Albrecht, § 24 Rn. 50; Kühl, § 16 Rn. 8; Wessels/Beulke/Satzger, Rn. 1002. 19 Sancinetti, S. 82, 84. 20 Sancinetti, S. 83. 21 Sancinetti, S. 89, 282, 286. 22 Jakobs, S. 82 f. 23 Sancinetti, S. 71 f., 79. 24 Sancinetti, S. 72. 13
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Normverletzung annulliert werden könne. Entweder verletze das Rudiment des unbeendeten Versuchs tatsächlich eine Norm oder nicht. Die Umwandlung des Rudiments selbst könne nicht das Verschwinden der schon vorhandenen Normverletzung nach sich ziehen. Die Annullierung eines bereits verwirklichten Teils des Versuchs sei mit seiner Existenz schwerlich in Einklang zu bringen.25 Sancinetti führt schließlich den Rücktritt auf die zweifelhafte Legitimität der flankierenden Normen zurück, die nicht definitive Anmaßungen verbieten. Die flankierenden Normen fänden keine ausreichende Grundlage in dem gegenwärtigen Teil der Anmaßung. Sie bedürfen daher – wie oben schon dargelegt – nach Ansicht von Sancinetti der Einbeziehung eines internen Elements, nämlich der Absicht des Täters, ein weiteres Verhalten zu vollziehen, durch das sich der Täter unter Zugrundelegung seiner Vorstellung endgültig eine fremde Organisation anmaßen würde. Diese Vorverlagerung soll nur dann legitimierbar sein, wenn dem Täter die Möglichkeit gegeben wird, sich der Strafbarkeit durch Rücktritt zu entziehen.26 Von der Darstellung der Einzelheiten der Rücktrittslehre von Sancinetti sei hier abgesehen. Sancinetti wendet sich gegen die herrschende Lehre, dass sich die Rücktrittschance dem Täter auch durch bloßen Zufall eröffnen könne, dass sie außerdem nicht einmal in ihrer ganzen Tragweite ausgeschöpft werden und dass der Rücktritt lediglich erfolgreich sein müsse. Sancinetti erkennt in diesen Parametern das Gegenstück zu einer erfolgsfixierten Zurechnungslehre. So wie die Vollendung das Idealmodell des Unrechts für eine erfolgsorientierte Zurechnungslehre bilde, so stelle eine erfolgreiche Rettung das Idealmodell des strafbefreienden Rücktritts dar. Von der Maxime „Ende gut, alles gut“ habe man sich zu verabschieden. Die Vollendungsverhinderung spiele daher für die Strafbefreiung keine Rolle. Ausschlaggebend sei allein die Umdefinition der noch beherrschbaren Tat durch die Revokation des noch unvollständigen Vorsatzes.27
III. Würdigung Vielen Ansichten, die Sancinetti in seiner Monografie dargelegt und begründet hat, kann uneingeschränkt zugestimmt werden. Dies gilt für seine ertragreiche Unterscheidung zwischen Hauptnorm und flankierender Norm sowie der Zuschreibung verschiedener Unrechtsgrade im Falle ihrer Verletzung. Dies gilt aber auch für seinen Standpunkt, dass das Unrecht der Tat durch den Erfolgseintritt nicht erhöht wird.28 Es ist alles andere als schlüssig, dem Täter gegenüber zunächst den Vorwurf zu erheben, dass er vorsätzlich eine Handlung vollzogen hat, und ihm gegenüber sodann den weiteren, normativ-logisch davon unabhängigen Vorwurf zu erheben, dass er durch sein 25
Sancinetti, S. 79, 81. Sancinetti, S. 82, 83. 27 Sancinetti, S. 88, 110, 282. 28 Vgl. Sancinetti, S. 11, 23.
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Handeln den tatbestandlichen Erfolg verursacht hat. Die Unschlüssigkeit liegt in dem Umstand begründet, dass die Verursachung des tatbestandlichen Erfolgs schon dadurch berücksichtigt wird, dass der entsprechende Vorsatz des Täters dazu veranlasst, sein Handeln als Normverletzung und damit als Unrecht zu qualifizieren. Dem Problem, ob diese Diagnose die Konsequenz hat, den Erfolgseintritt bzw. die Vollendung der Tat aus dem Unrecht ausschließen zu müssen, soll unten noch einmal im Rahmen der Darstellung des eigenen Ansatzes nachgegangen werden. Wie auch immer: Zustimmung verdient auch das Anliegen von Sancinetti, den Zufall aus der Rücktrittsdogmatik zu verbannen. Etwas schwieriger gestaltet sich die Beantwortung der Frage, ob die subjektive Unrechtslehre gegen den Grundsatz „cogitationis poenam nemo patitur“ verstößt. Sancinetti weist diesem Grundsatz eine engere Bedeutung als Jakobs zu. Die Regel von Ulpian spreche nur ein Bewertungsverbot derjenigen Gedanken aus, die überhaupt noch nicht von der Herrschaft des Subjekts losgelöst seien. Das Tatprinzip verbiete die Bewertung von Willensakten, die schon für den Täter selbst innerhalb seines Organisationskreises verbleiben würden. Es ermögliche, diejenigen Willensäußerungen, die nicht auf das Äußere zielen würden, aus dem Strafrecht auszuschließen.29 Dies bedeute nicht, dass jeder betätigte Entschluss, einen geringfügigen Ausdruck des Unrechtssinns aus dem eigenen Herrschaftsbereich zu entlassen, vom Strafrecht zu erfassen sei. Gemeint sei nur, dass von diesem Punkt an die Beschränkung staatlichen Eingreifens nicht durch den Grundsatz des Ausschlusses von Interna geleistet werden könne, sondern durch andere rechtsstaatliche Werte.30 Der Jubilar gelangt zu dem Ergebnis, dass das Tatprinzip subjektiv ausgelegt werden müsse. Kein Willensentschluss, der nicht schon auf das Äußere ziele, der sogar für den Täter selbst noch im eigenen Organisationskreis verbleibe, könne vom Strafrecht erfasst werden. Positiv gewendet: Strafrecht vermöge jenen Willensentschluss zu erfassen, der gemäß der Vorstellung des Täters schon eine aktuelle Anmaßung bedeute.31 Sancinetti gibt dabei zu, dass die subjektive Unrechtslehre nicht die Grenzziehung zwischen Vorbereitung und Versuchsbeginn erklären könne. Es soll allerdings überhaupt nicht Aufgabe der subjektiven Unrechtslehre sein, diese Grenze zu ziehen. Subjektiv-monistisch sei nicht die Norm, sondern ihre Übertretung.32 Der angesprochene Problemkreis kann hier nicht vollständig zur Sprache gebracht werden. Es muss genügen, auf zwei wesentliche Punkte aufmerksam zu machen. So lässt sich den Ausführungen des Jubilars möglicherweise nicht ganz eindeutig entnehmen, wann ein Willensentschluss nach Vorstellung des Täters innerhalb von dessen Organisationskreis verbleibt. Wie oben ausgeführt, meint Sancinetti einerseits, dass das Strafrecht Willensentschlüsse erfasse, die nach Vorstellung des Täters eine aktuelle Anmaßung eines Organisationkreises bedeuten würden, zugleich 29
Sancinetti, S. 41, 53. Sancinetti, S. 41 f. 31 Sancinetti, S. 6, 43, 53, 284. 32 Sancinetti, S. 56. 30
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spricht Sancinetti andererseits im Falle des unbeendeten Versuchs teilweise von einer antizipierten Anmaßung. Begrifflich schließt sich beides aus. Wäre Letzteres zu bejahen, dürfte eigentlich das Strafrecht den unbeendeten Versuch nicht unter Strafe stellen. An anderer Stelle geht Sancinetti jedoch davon aus, dass erst das Anlegen einer Waffe und nicht schon ihr Kauf von der Versuchsnorm verboten wird und dass aus diesem Grund der Entschluss zum Kauf der Waffe noch keine aktuelle Anmaßung fremder Organisation bedeute.33 Aber diese Begründung droht, Grund und Folge zu verkehren. Wenn man wie Sancinetti den Standpunkt vertritt, dass das Strafrecht nicht Willensentschlüsse erfassen darf, die nach Vorstellung des Täters noch im eigenen Organisationskreis verbleiben und damit keine Anmaßung fremder Organisation bedeuten, dann müssen die jeweiligen Voraussetzungen – nämlich diejenigen für die Beachtung der Grenzen und diejenigen für die Überschreitung der Grenzen des eigenen Organisationskreises unter Zugrundelegung der Vorstellung des Täters – unabhängig davon definiert sein, ob das positive Strafrecht den Handlungsentschluss bei Strafe verbietet oder nicht. Man darf also nicht behaupten, dass der Täter nach seiner Vorstellung einen fremden Rechtskreis usurpiert, weil er gegen ein strafrechtliches Verbot verstößt. Vielmehr verhält es sich genau umgekehrt. Im Ergebnis wird man Sancinetti wohl so zu verstehen haben, dass im Fall eines unbeendeten Versuchs unter Heranziehung der Tätervorstellung partiell schon eine gegenwärtige Anmaßung zu bejahen ist, partiell aber eben auch nur eine antizipierte Anmaßung eines fremden Organisationskreises. Aber worin besteht die partiell gegenwärtige Anmaßung? Sie liegt darin, dass ein Handeln zu dem alleinigen Zweck, fremde Organisationsfreiheit zu missachten, nicht mehr von der Handlungsfreiheit der betreffenden Person gedeckt ist. Es handelt sich genau genommen um einen Fall von Rechtsmissbrauch – mit der Konsequenz, dass der potenziell Betroffene sogar einen Anspruch auf Unterlassen besitzt. Allerdings muss die Absicht des Eingriffs in fremde Freiheitssphären sich nach außen verobjektivieren. Erst unter dieser Voraussetzung gewinnt die Absicht der Verletzung anderer rechtliche Relevanz. Seit jeher ist daher die Ansicht vertreten worden, dass es einer äußerlich erkennbaren Umsetzung des Willens bedürfe.34 Heute würde man die erforderliche Rechtsfriedensstörung als einschlägige Kategorie heranziehen. An dieser Rechtsfriedensstörung fehlt es gewiss dann, wenn der Täter sich dazu entschließt, eine Tat zu begehen, dann jedoch schon im nächsten Moment daran gehindert wird, seine Absicht durch irgendeine Handlung umzusetzen. An dieser Rechtsfriedensstörung fehlt es aber auch dann, wenn der Täter zur Verwirklichung seines Vorhabens im entfernten Vorfeld lediglich irgendeine sozialübliche, äußerlich unauffällige Handlung vollzogen hat. Ob der Grundsatz „cogitationis poenam nemo patitur“ alle Fälle einer fehlenden Rechtsfriedensstörung abdeckt, oder nur den Fall, in dem es an jedweder Umsetzung fehlt, muss hier nicht entschieden werden. Der Grundsatz von Ulpian betrifft freilich 33
Sancinetti, S. 55. Bauer, § 67, S. 104; Henke, § 40, S. 254; Jarcke, § 32, S. 215; Luden, § 65, S. 389, 395; Otto, S. 20. 34
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noch einen zweiten Punkt, der in ähnlicher Weise mit dem Tatprinzip in Zusammenhang steht und sich mit dem ersten Punkt berührt. Gemeint ist die Problematik des Gesinnungsstrafrechts. Behauptet man wie der Jubilar, dass der Erfolgseintritt bloßer Zufall sei,35 und erklärt man den beendeten Versuch für die Tat, dann verliert der Vorsatz seine Funktion, dem Täter die objektiv vollendete Tat zuzurechnen. Denn objektive Tatvoraussetzungen wie Handlung, Erfolg und Kausalität gibt es infolge der theoretischen Prämissen des Jubilars nicht mehr. Sie betreffen nicht mehr die Tat als solche. Die Bedeutung des Vorsatzes könnte nur noch in der Äußerung der bösen Gesinnung des Täters liegen. Unvermeidliche Konsequenz wäre die Etablierung eines Täterstrafrechts. So wurde im 19. Jahrhundert – in einem dieses Strafverständnis nahelegenden Sinne – als eigentlicher Strafgrund des Versuchs überwiegend die böse Absicht oder der böse Wille des Täters herangezogen.36 Folgerichtig wurde der Rücktritt auf Gründe der Kriminalpolitik gestützt, da der Täter durch sein Handeln seine nicht mehr rückgängig zu machende böse Absicht bzw. seinen nicht mehr rückgängig zu machenden bösen Willen schon offenbart hat.37 Es wäre ein lohnenswertes Projekt, insoweit einmal der historischen These nachzugehen, inwieweit die christlich-theozentrischen Wurzeln des Schuldprinzips und der damaligen Strafauffassung für dieses täterstrafrechtliche Denken mitverantwortlich zeichnen. Schließlich leuchtet nicht die Einordnung des Rücktritts als Strafaufhebungsgrund ein, weil Sancinetti den Rücktritt völlig zutreffend der Zurechnungslehre zuordnet und ihn als eine Art positive Gegenzurechnung begreift. Wäre es aber dann nicht überzeugender, den Rücktritt auf der Unrechtsebene zu verorten? Begründet die negative Zurechnung das Unrecht, muss die positive Gegenzurechnung das Unrecht ausschließen. Der Jubilar würde gewiss der hier vertretenen These zustimmen, dass ein Täter nur für eine Tat bestraft werden kann. Diese These folgt aus dem Tatprinzip, das auch der Jubilar seinen Ausführungen zugrunde legt. Nun behauptet Sancinetti – ganz bewusst wurde diese Sentenz seiner Darlegungen oben wiedergegeben –, dass es sich beim allein rücktrittsfähigen unbeendeten Versuch um eine erst noch sich bildende und daher abänderbare Tat handele. Mit anderen Worten: Im Deliktsstadium des unbeendeten Versuchs liegt nur das Fragment einer Tat vor. Aber dies reicht natürlich nicht, um dem Tatprinzip zu genügen. Eine Tat muss immer vollständig verwirklicht sein – nur dann hat der Täter das Unrecht getan, das für seine Bestrafung notwendig und hinreichend ist. Tritt der Täter zurück, indem er es unterlässt, die Handlung zu vollziehen, die seiner Vorstellung nach zur Verwirklichung des Tatbestandes noch erforderlich wäre, vernichtet er gleichsam seine eigene Tat, die dadurch in ihrer Gänze niemals zur Entstehung gelangt. Das verbleibende Tatrudiment erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen, Tat zu sein. Dasselbe gilt für den Fall, dass der Täter schon nach seiner Vorstellung alles für die Tatvollendung Erforderliche getan hat, sich aber eine sichere Möglichkeit der nachträglichen Verhinde35
Sancinetti, S. 7, 21. Bauer, § 70, S. 108; Henke, § 40, S. 254; Krug, S. 6 ff.; Marezoll, § 33, S. 116. 37 Vgl. Bauer, § 71, S. 109 Fn. c); Henke, § 40, S. 257; Krug, S. 26; Osenbrüggen, S. 38; Otto, S. 86. 36
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rung der Tatvollendung zuschreibt und dann von dieser Möglichkeit durch die Wahl bestmöglicher Rettungsoptionen Gebrauch macht. Denn in diesem Fall gehört das nachträgliche Unterlassen der Erfolgsabwendung zur Tat, wie schon im 19. Jahrhundert in der Literatur teilweise erkannt wurde.38 Diese Sichtweise verhehlt nicht, dass der Täter bei einem unbeendeten Versuch die flankierende Norm übertritt und missachtet. Aber es handelt sich eben – wie Sancinetti völlig zutreffend herausgearbeitet hat – um einen imperfekten Normbruch. Ein imperfekter Normbruch konstituiert noch keine Tat. Die Kehrseite dieser Einsicht ist allerdings, dass die Strafbarkeit des Täters in den Fällen einer Begründung bedarf, in denen dieser lediglich einen unbeendeten Versuch begangen hat und nicht mit der Folge der Straffreiheit zurückgetreten ist. Die Strafbarkeit kann in diesen Fällen nicht allein auf das gestützt werden, was der Täter tatsächlich getan hat, da es an einer Tat fehlt. Die gegenteilige Annahme würde gegen das Tatprinzip verstoßen. Und auch beim beendeten Versuch fehlt es genau genommen an einer Tat, weil die Tatvollendung ausgeblieben ist. Mit diesen Überlegungen ist der Beitrag an einen Punkt gelangt, an dem nunmehr kurz die eigene Theorie dargelegt werden soll.
IV. Der eigene Standpunkt Die strafrechtlichen Institute des Versuchs und des Rücktritts klären, ob, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Grade der betätigte Wille des Täters wie die Tat selbst zählen kann.39 Schon die Glossatoren erläuterten die Bedingungen, unter denen der Wille für die Tat selbst genommen werden darf.40 Jahrhunderte später bezog sich Pufendorf auf diese Ansicht und machte sich die These, dass der Wille (voluntas) der Tat (factum) gleichkommt, nur für den Fall zu eigen, dass der Täter keine weitere Willensbetätigung mehr unternehmen muss, um den Erfolg herbeizuführen (extremus conatus).41 Diese Versuchsbestimmung griff schließlich Art. 2 des französischen code penale von 1810 auf, der die Voraussetzungen nannte, unter denen der Versuch des Verbrechens wie das Verbrechen selbst anzusehen ist. Der code penale beeinflusste wiederum die §§ 31, 32 des Preußischen Strafgesetzbuchs von 1851. Entsprechende Formulierungen finden sich auch in der strafrechtlichen Literatur des 19. Jahrhunderts. So fragte Zachariae nach Gründen, den Versuch für das Verbrechen selbst zu erklären.42 Dies scheint mir der rationale Kern der Theorie des Jubilars zu sein, die in dem Diktum des Kaisers Hadrian „In maleficiis voluntas spectatur, non exitus“ zum Ausdruck kommt – ein Rechtssatz, der auch noch im
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Schröter, § 89, S. 130 Fn. 1. Vgl. schon Haas, S. 245 ff. 40 Siehe Glöckner, S. 93 ff. 41 Hruschka, S. 241 f. unter Verweis auf Pufendorf, Lb. VIII Cap III, § 18. 42 Zachariae, § 53, S. 89. 39
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19. Jahrhundert rezipiert wurde.43 Diese Sichtweise bedeutet jedoch nicht, dass der Versuch die Tat selbst ist, wie Ende des 19. Jahrhunderts der Sache nach vereinzelt behauptet wurde.44 Vielmehr gelingt es dem Täter bei einem bloßen Versuch gerade nicht, die Tat zu begehen. Dass nur im Falle der Vollendung eine Tat existiert, brachte seinerzeit eine Vielzahl von Autoren in unterschiedlicher Weise zum Ausdruck.45 Die ratio der Versuchsstrafbarkeit liegt demnach darin, dass sich der Täter auf das unter Zugrundelegung seines Vorsatzes zufällige Ausbleiben der Tatvollendung gerade nicht berufen können solle. Zufall ist aus der Sicht des Täters nur das Ausbleiben des Erfolgs, nicht sein Eintritt! Der Täter wird daher so behandelt, als sei die Tat objektiv vollendet worden. Der Vorsatz übernimmt damit die nämliche Zurechnungsfunktion wie bei der objektiv vollendeten Tat, sodass sich auch der Strafgrund der versuchten und der vollendeten Tat entsprechen. Dass damit eine Rechtsfiktion statuiert wird, lässt sich schon von den Glossatoren lernen,46 später auch von Böhmer.47 Nichts anderes ist mit der im vorangegangenen Absatz wiedergegebenen Gleichstellungsformel gemeint. Darauf, dass beim Versuch das Ausbleiben der Tatvollendung auf Zufall beruht, beriefen sich im 19. Jahrhundert eine Vielzahl von Strafrechtswissenschaftlern, ohne damit das Wesen der strafrechtlichen Institute von Versuch und Rücktritt stets vollständig zu erfassen.48 Im Fall eines freiwilligen Rücktritts, der stets noch aus Sicht des Täters die Beherrschbarkeit des Erfolgseintritts voraussetzt, ist das Ausbleiben der Tatvollendung das Verdienst des Täters und eben kein Zufall. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Täter die Tatvollendung tatsächlich verhindert. Ist dies nicht der Fall, so wird der Täter – genau umgekehrt wie bei der bei Unrechtsbegründung – so behandelt, als habe er dies durch seinen Rücktritt vollbracht. Die Abhängigkeit der Unrechtsbegründung vom Fehlen eines freiwilligen Rücktritts artikuliert sich in der alten Literatur in der Forderung, dass die beabsichtigte Wirkung durch zufällige, vom Willen des Handelnden unabhängige Umstände vereitelt werden müsse.49 Als Folge des Rücktritts wurde ein Zurechnungsausschluss angenommen.50 Einer Annullierung des schon betätigten Willens bedarf es nicht.51 Vielmehr ist entscheidend, dass der schon vollzogene Teilakt ohne jede selbständige Bedeutung ist, weil der bis dato betätigte Vorsatz die Zurechnung der Tat nicht trägt und daher kein hinreichendes Tat43
Schröter, § 83, S. 125. Lammasch, S. 54. 45 Bar, § 2, S. 3; Hepp, S. 308; Marezoll, § 33, S. 116; Schröter, § 86, S. 138; Temme, § 57, S. 272. 46 Glöckner, S. 93 ff. 47 Böhmer, zu 131, § 15, S. 566; ebenso zu 178, § 11, S. 857. 48 Hälschner, § 46, S. 73; § 49, S. 199; Hepp, S. 285, 293; Tittmann, § 109, S. 169. 49 Henke, § 40, S. 257; Hepp, S. 300; Klein, § 29, S. 41; Marezoll, § 33, S. 116; vgl. auch Schröter, § 86, S. 128. 50 Hepp, S. 308. 51 So aber Zachariae, § 255, S. 240; sich anschließend Köstlin, § 121, S. 392 ff. 44
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unrecht begründet,52 und der Täter die Annahme widerlegt, er werde die Absicht, alles Erforderliche für die Tatverwirklichung auszuführen, in die Wirklichkeit umsetzen. Es wurde auch erkannt, dass bei einem beendeten Versuch nachträgliche Revokationsbemühungen die Strafbarkeit nicht ausschließen. Bei einem beendeten Versuch hänge die Abwendung des Erfolgs nur vom Zufall ab. Es sei daher lediglich eine Strafmilderung aufgrund tätiger Reue gerechtfertigt.53 Dem bösen Willen wurde eine hinreichende Stärke attestiert. Die Sinnesänderung nach vollendetem Versuch könne an der rechtsverletzenden Eigenschaft der Handlung nichts mehr ändern. Der böse Wille werde von der folgenden Handlung getrennt.54 Der Versuch könne nicht ungeschehen gemacht werden. Es handele sich um bloße Wiedergutmachung.55 Der Rücktritt wurde damit auf einen Rechtsgrund zurückgeführt.56 Tritt der Täter nicht freiwillig vom Versuch zurück, sondern wird er ohne seinen zurechenbaren Willen an der weiteren Ausführung der Tat gehindert, so wird er so behandelt, als habe er die Tat weiter ausgeführt und als sei der Taterfolg eingetreten. Dem Täter wird unterstellt, dass er – wäre er nicht gehindert worden – seinen Willen weiter umgesetzt hätte. Es gilt insoweit die Präsumtion der Fortdauer des deliktischen Willens.57 Der Täter wird also nicht mit dem Einwand gehört, dass er, wäre er nicht an der weiteren Ausführung der Tat gehindert worden, den Tatentschluss ohnehin aufgegeben hätte. Warum auch? Der Entschluss zur Tatrevokation bleibt kontrafaktisch bzw. hypothetisch. Die Funktion der eine Rechtsfiktion statuierenden Gleichstellungsformel besteht somit beim unbeendeten wie beim beendeten Versuch darin, den subjektiven Tatkonstituenten wie bei der vollendeten Tat eine Zurechnungsfunktion zuzuweisen und schon die Unrechtsbegründung der versuchten Tat an das Tatprinzip zu binden. Das strafbare Unrecht wird im Vergleich zur Einordnung des Rücktritts als bloßer Strafaufhebungsgrund eingeschränkt. Die zweite Funktion der Gleichstellungsklausel besteht darin, den Strafrahmen der vollendeten Tat für anwendbar zu erklären. Hier nun ist beim unbeendeten Versuch eine Strafmilderung angebracht, weil das Handlungsunrecht des unbeendeten Versuchs im Vergleich zum beendeten Versuch gemindert ist.
52 Luden, § 69, S. 420; Zachariae, § 255, S. 240: vgl. auch Herzog, S. 169 ff.; Lammasch, S. 69 ff. 53 Krug, S. 27. 54 Schröter, § 86, S. 128; § 88, S. 129. 55 Temme, § 60, S. 279. 56 Vgl. Geib, § 102, S. 311; Hepp, S. 314; Zachariae, § 237, S. 239. 57 So schon Luden, § 69, S. 420 ff.; später auch Herzog, S. 169 ff., 180; Lammasch, S. 70 f.; dagegen Temme, § 60, S. 278 Fn. 1; vgl. auch Loos, S. 356.
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V. Ausblick Die soeben vorgestellte Auffassung von Versuch und Rücktritt als einheitlicher Zurechnungsfigur weist dem Erfolg einen Platz im Unrecht zu, leugnet aber, dass der Erfolgseintritt eine unrechtserhöhende Bedeutung hat, wenngleich die Rechtsfriedensstörung gegenüber dem beendeten Versuch noch einmal gesteigert sein mag. Vorsätzliches Handeln und Vollendung bilden eine Unrechtseinheit und können daher nicht in zwei normativ-logisch voneinander unabhängige Bestandteile zergliedert werden. Insoweit bin ich kein Anhänger einer rein subjektiven Unrechtslehre. Der Erfolgseintritt gehört durchaus zum Unrechtstatbestand. Zugleich aber muss die Bedeutung der objektiven Unrechtsmerkmale deutlich eingeschränkt werden. Insoweit ist eine Konvergenz zwischen der Theorie des Jubilars und der hier vertretenen Lehre festzuhalten. Die Auffassung von Versuch und Rücktritt als einheitlicher Zurechnungsfigur entsprach gewiss nicht den Vorstellungen des deutschen Gesetzgebers des zweiten Strafrechtsreformgesetzes nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Wortlaut von Art. 42 des argentinischen codigo penal scheinen sich indes die dargelegten Traditionslinien schon eher widerzuspiegeln. Doch beruht die hier vertretene Theorie ohnehin auf einem logischen Umkehrschluss, dem sich der jeweilige Gesetzgeber nicht entziehen kann: Handelt der Täter ohne Vorsatz, so wird ihm die objektiv vollendete Tat nicht zugerechnet. Der Täter wird so behandelt, als sei die Tat niemals geschehen, als sei sie objektiv niemals vollendet worden. Bei einem Versuch verhält es sich genau umgekehrt: Objektiv fehlt es an einer vollendeten Tat. Der Täter hat aber mit dem Vorsatz gehandelt, eine Tat objektiv zu vollenden. Der Täter wird daher so behandelt, als habe er objektiv eine vollendete Tat begangen. Dieses logische Fundament macht die Lehre zu einem Kandidaten für eine vom positiven Strafrecht unabhängige Diskussion um den Rechtsgrund von Versuch und Rücktritt! Literatur Bar, Carl Ludwig v.: Zur Lehre vom Versuch und Theilnahme am Verbrechen, Hannover 1859. Bauer, Anton: Lehrbuch des Strafrechts, 2. Auflage, Göttingen 1833. Böhmer, Johann Samuel Fridrich von: Meditationes in Constitutionem Criminalem Carolinam, Magdeburg 1770. Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch, 67. Auflage, München 2020. Geib, Gustav: Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, 2. Band, Leipzig 1862. Glöckner, Hans Peter: Cogitationis poenam nemo patitur, Frankfurt am Main 1989. Haas, Volker: Zum Rechtsgrund von Versuch und Rücktritt, ZStW 123 (2011), S. 226 – 259. Hälschner, Hugo Philipp Egmont: Das Preußische Strafrecht, Teil 2, Bonn 1858. Henke, Eduard: Handbuch des Criminalrechts und der Criminalpolitik, Erster Theil, Berlin 1823.
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Unrechtshandlung und kausale Zurechnung Ein Vorschlag zur Fortentwicklung der Lehre von der objektiven Zurechnung Von Eric Hilgendorf
I. Einleitung Zu den wichtigsten Vorbedingungen von Erkenntnisfortschritt bei der Lösung von Problemen jeder Art gehört eine hinreichende Vielfalt unterschiedlicher und miteinander konkurrierender Lösungsansätze. Dies gilt auch für die internationale Strafrechtsdogmatik,1 zu deren besonders herausragenden Vertretern der verehrte Jubilar Marcelo A. Sancinetti gehört. Deshalb ist es ein Glücksfall, dass Sancinetti in der ihm eigenen Zurückhaltung und Höflichkeit, aber doch auch mit beeindruckender Hartnäckigkeit und größtem Scharfsinn immer wieder (auch) Positionen vertritt, die sich als Alternativen zur „herrschenden Meinung“ darstellen. Die von ihm ausgearbeitete Version eines radikalen „Subjektivismus“2 bildet jedenfalls zur Zeit (noch?) eine Mindermeinung, und dennoch hat Sancinetti auf ihrer Grundlage viele eindrucksvolle Analysen strafrechtsdogmatischer Problemstellungen vorgelegt, die die internationale Diskussion belebt und weitergeführt haben. Einer seiner bislang noch zu wenig beachteten Vorschläge zielt auf eine stärkere Einbeziehung des Gesichtspunktes der „Risikoverringerung“ in die Auseinandersetzung mit den Fragen objektiver Zurechnung unter gleichzeitiger Distanzierung vom Topos der Erfolgsverursachung.3 Es ist denkbar, dass ein Verhalten das Risiko für ein bestimmtes Rechtsgut verringert, und dennoch der tatbestandsmäßige Erfolg eintritt. Zur Veranschaulichung bildet Sancinetti folgendes Beispiel: „Garant C fährt mit dem Unternehmer X auf einem Segelschiff den Rhein hinauf. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wird er unterrichtet, dass zwei unabhängig voneinander agierende Schützen auf der Lauer liegen, um den X zu töten. Der hervorragende Schütze A, mit einem Schnellfeuergewehr ausgerüstet und mit großer Erfahrung in ähnlichen Lagen, wird seinen Plan vom linken Ufer aus durchführen, vom rechten Ufer aus wird dies B 1
Zum hier zugrunde gelegten Verständnis von „internationaler Strafrechtsdogmatik“ Hilgendorf, Handbuch des Strafrechts, Bd. 1, § 18 Rn. 8. 2 Eingehend dazu Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch, 1995. 3 Sancinetti, FS Jakobs, S. 583 ff.
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tun, dessen veraltete Waffe keine Zielsicherheit bietet, und der außerdem im Schusswaffengebrauch ungeübt ist. Die Umstände liegen dergestalt, dass A ein Risiko mit 80 % Erfolgschancen schafft, während es bei B 20 % sind. Beide kennen ihre Möglichkeiten, handeln also irrtumslos. Die Warnung erreicht C zu dem Zeitpunkt, an dem der Angriff unmittelbar bevorsteht. Es bleibt keine andere Lösung, als die Risiken zu minimieren, was in diesem Fall bedeutet, den Kurs mit den geringsten Erfolgschancen zu wählen, den C in der Entfernung von A um den Preis einer gewissen Annäherung an B sieht. Nach dem Kurswechsel reduzieren sich die Chancen von A auf 50 %, die von B steigen auf 25 %. Zum kritischen Zeitpunkt vollführt das Opfer einige plötzliche Bewegungen. Die fünf Schüsse von A zerstören den Sitz, auf dem sich X noch eine Sekunde davor sonnte; die einzige Kugel von B trifft ihn in den Schädel, auf sehr unglückliche Weise, denn zufällig hatte sich X gerade bewegt“4
Eine „Standardlösung“ dieses Falles könnte so aussehen, dass C durch die Richtungsänderung des Schiffes eine conditio sine qua non für den konkreten Erfolgseintritt gesetzt hat. War dieser Erfolg „objektiv zurechenbar“? C hat zweifellos die Gefahr genau dieses Tathergangs durch sein Verhalten geschaffen oder zumindest erhöht. Viele würden vielleicht argumentieren, die Gefahrschaffung sei nicht „rechtlich missbilligt“ – aber auf welcher Grundlage wird diese Bewertung eigentlich abgegeben? Ein Verhalten, das in der rechtswidrigen Tötung eines Menschen endet, muss grundsätzlich als rechtlich missbilligt angesehen werden. Nur angemerkt sei, dass auch eine Lösung über Vorsatz oder Fahrlässigkeit5 im vorliegenden Fall nicht ohne Weiteres zu Straflosigkeit führen würde, denn C war die Gefahr durch B ja bekannt. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass unser Rechtsgefühl im vorliegenden Fall nicht trügt und eine Straflosigkeit des C tatsächlich auch dogmatisch herleitbar ist, und zwar grundsätzlich auf dem Weg, den Sancinetti vorgezeichnet hat.6 Mein Vorschlag zielt darauf ab, mit Sancinetti den Risikobegriff unter Wahrscheinlichkeitsaspekten zu deuten und so bei der Zurechnung die „Gefahrenträchtigkeit“ des jeweiligen Verhaltens wesentlich stärker zu gewichten. Dazu könnten im objektiven Tatbestand die „Unrechtshandlung“ und die „kausale Zurechnung“ als neue Kategorien7 eingeführt werden. Dahinter steht die Überlegung, dass uns die Kategorien „Kausalität“ und „Zurechnung“ nicht vorgegeben sind; sie beruhen vielmehr auf menschlichen Konstruktionen, die wiederum bestimmten Adäquatheitsanforderungen genügen müssen. Das juristische Verständnis von „Kausalität“ und „Zurechnung“ orientiert sich einerseits am Sprachgebrauch des Alltags, muss aber andererseits auch den Zielsetzungen des Strafrechts gerecht werden, insbesondere dem Präventionsgedan4
FS Jakobs, S. 597 f. Insbesondere die deutsche Rechtsprechung verortet viele Zurechnungsprobleme bei der Prüfung von Vorsatz und Fahrlässigkeit, siehe unten Fn. 23 ff. 6 FS Jakobs, S. 583, 598 und passim. 7 Die hier vertretene komplexere Form der Kausalitätsanalyse knüpft an das von CarlGustav Hempel und anderen entwickelte „deduktiv-nomologische“ Modell (oder „coveringlaw-Modell“) der Kausalanalyse an, dazu grundlegend Hempel, Aspekte wissenschaftlicher Erklärung, 1977; dazu auch Stegmüller, Probleme und Resultate der Wissenschaftstheorie und Analytischen Philosophie, Band 1, 2. Aufl. 1983, S. 110 ff. 5
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ken. Prävention setzt an bei menschlichen Handlungen und ihren intendierten oder zumindest erwartbaren Folgen. Die Voraussicht von Handlungsfolgen ist nur möglich, weil es gesetzmäßige Zusammenhänge in der uns umgebenden Welt gibt. Menschen bedienen sich solcher gesetzmäßigen Zusammenhänge, um ihre eigenen Ziele zu verwirklichen. Wenn das Recht einem Täter T ein Ereignis als „sein Werk“ kausal zurechnet, ist damit ausgesagt, dass T den Eintritt des Ereignisses auf der Grundlage gesetzmäßiger Zusammenhänge beeinflussen, d. h. zumindest partiell steuern konnte. Die Lehre von der „objektiven Zurechnung“, so wird zu zeigen sein, verdankt ihre Karriere nicht zuletzt einem stark reduzierten Konzept von Kausalität als „notwendiger Bedingung“ (conditio sine qua non). Legt man an anspruchsvolleres Kausalitätsverständnis zugrunde, wie es in der allgemeinen Wissenschaftstheorie und auch in der strafrechtswissenschaftlichen Grundlagendebatte8 schon lange diskutiert wird, so lassen sich viele der von der Lehre von der „objektiven Zurechnung“ behandelten Problemstellungen bereits auf der Prüfungsstufe einer „kausalen Zurechnung“ lösen, welche sich wiederum als Präzisierung des Adäquanz-Gedankens9 deuten lässt. Hinzu tritt das Konzept einer „Unrechtshandlung“, wodurch Handlungen, die bereits als solche kein „Unrecht“ konstituieren, weil sie z. B. das Risiko einer Rechtsgutsverletzung verringern statt vergrößern und/oder von einem Einverständnis des Betroffenen gedeckt werden, aus dem objektiven Tatbestand ausgeschieden werden.10 * Lange Zeit sah es so aus, als würde sich die Lehre von der „objektiven Zurechnung“ in der deutschen Strafrechtswissenschaft allgemein durchsetzen. In den letzten Jahren mehren sich jedoch die skeptischen Stimmen,11 wobei neben der mangelnden Bestimmtheit der Lehre12 und ihren unklaren Grundbegriffen13 auch das Fehlen 8 Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang etwa Urs Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, 1988, Ingeborg Puppe, zuletzt in NK-Puppe, Vor §§ 13 ff., Rn. 80 – 152 (mit Nachweisen zu älteren Arbeiten), Heinz Koriath, Kausalität, Bedingungstheorie und psychische Kausalität, 1988, sowie Manfred Maiwald, Kausalität und Strafrecht, 1980. 9 Näher zur „Adäquanz-Theorie“ Sch-Sch-Eisele, Vor §§ 13 ff., Rn. 87/88, zur historischen Genese Engisch, Kausalität als Merkmal der juristischen Tatbestände, 1931, S. 41 ff. Im Zivilrecht ist der Adäquanz-Gedanken weit verbreitet, vgl. etwa BGHZ 37, 19; BGH NJW 2002, S. 2233. 10 Grundlegend Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, 1988, S. 44 ff., 50 ff. 11 In Auswahl: Frisch, Roxin-FS, S. 214 ff.; ders., GA 2018, S. 553 ff.; Goeckenjan, Revision der Lehre von der objektiven Zurechnung, 2017; Kindhäuser, GA 2007, S. 447 ff.; ders., ZStW 2008, S. 481 ff.; Puppe, ZIS 2020, S. 142, 144 ff.; Weigend, Thomas, Objektive Zurechnung – mehr als nur ein Wort?, in: Hilgendorf (Hrsg.), Aktuelle Herausforderungen des chinesischen und deutschen Strafrechts, 2015, S. 117 ff.; skeptisch auch Kühl, AT, 36 f. (Rn. 38, 42); Lampe, in: Kaufmann-GS, S. 189 ff.; ders., Roxin-FS, S. 45 ff.; Puppe, ZStW 1987, S. 595 ff.; Struensee, JZ 1987, S. 53 ff.; aus der älteren Literatur etwa Hirsch, LencknerFS, S. 119 ff.; Arm. Kaufmann, Jescheck-FS, S. 251 ff. 12 Zieschang, in: Handbuch des Strafrechts, Bd. 2, § 32 Rn. 52.
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einer überzeugenden Grundlagentheorie14 und schwere systematische Fehler15 kritisiert werden. Die Ausweitung des Lösungsansatzes einer „objektiven Zurechnung“ drohe, mühsam erarbeitete dogmatische Differenzierungen zu verdrängen16 und dogmatischen Scharfsinn in intuitiv ansprechende Fallgruppen aufzulösen.17 Mehr und mehr entwickele sich die Lehre von der objektiven Zurechnung zu einer allzu bequemen Rumpelkammer für ungelöste dogmatische Probleme jedweder Art. Ihre verführerische Einfachheit hat allerdings dazu geführt, dass die Lehre in der Ausbildungsliteratur dominiert, und in der Tat scheint es, dass gerade für die praktische Falllösung ein echter Konkurrent nicht in Sicht ist. Auf der anderen Seite wiegt die Kritik schwer: Zu den wichtigsten Grundsätzen der internationalen Strafrechtsdoktrin seit der Aufklärung gehört die Bindung der Richter an Recht und Gesetz. Es geht darum, richterliche Willkür zu verhindern und eine Kontrolle der Rechtsprechung zu ermöglichen. Deshalb fordert das Gesetzlichkeitsprinzip klare und bestimmte Strafgesetze; gesetzliche Tatbestände müssen mit ihren geschriebenen ebenso wie mit den ungeschriebenen Merkmalen diesen Anforderungen entsprechen. Darüber hinaus muss das richterliche Urteil so genau begründet sein, dass der Argumentationsgang des Gerichts nachprüfbar wird. Eine der Hauptaufgaben der Strafrechtsdogmatik besteht gerade darin, die hierfür erforderlichen Begriffe und Regeln zu entwickeln und systematisch auszuarbeiten. Die Lehre von der objektiven Zurechnung wird diesen Anforderungen bisher nicht gerecht.18
II. Kritische Stimmen: Eine Auswahl Es ist deshalb erforderlich, sich nicht mit dem bequemen, theoretisch aber anspruchslosen Abprüfen von Fallgruppen zu begnügen, sondern das begriffliche Fundament der Lehre von der objektiven Zurechnung kritisch zu hinterfragen und zu versuchen, sie theoretisch reflektiert weiterzuentwickeln.19 Dabei ist den Skeptikern Recht zu geben, dass schon der Begriff „Zurechnung“ unglücklich und missverständlich gewählt ist: Eine Zurechnung zur Person („sein Werk“) kann erst erfolgen, wenn die „Zurechnungsfähigkeit“ des betreffenden Subjekts geprüft wurde.20 Zurechnung vor Zurechnungsfähigkeit zu prüfen ist zumindest in hohem Maße unsystematisch. In der Lehre von der objektiven Zurechnung geht es, anders als in der überkommenen 13
Hilgendorf, in: U. Weber-FS, S. 33 ff. Frisch, GA 2028, S. 553 (561): „heterogene Superkategorie“. 15 Frisch, GA 2018, S. 553 (571). 16 Hilgendorf, FS Fischer, 2018, S. 99 (115 f.). 17 Puppe, ZIS 2020, S. 143 ff. 18 Puppe, ZIS 2020, S. 143, 147 („Sammelsurium von Topoi“). 19 Hilgendorf, U. Weber-FS, S. 33 (47). 20 Frisch, GA 2018, S. 553 (570). Die von Roxin, AT 1, § 11 verwendete Formulierung von der „Zurechnung zum Tatbestand“ scheint mir das Problem eher zu verschleiern als zu erhellen. 14
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Zurechnungslehre,21 um eine Einschränkung des Zusammenhangs zwischen Täterhandlung und Taterfolg, welche deshalb erforderlich wurde, weil das Kriterium der Kausalität nur im Sinne von „notwendiger Bedingung“ verstanden wird und deshalb viel zu weit ist, um normativ relevante Erfolgsursachen von irrelevanten abzugrenzen.22 Aber auch die Bezeichnung der von der Lehre behandelten Problemstellungen als „objektiv“ und ihre Verortung im objektiven Tatbestand überzeugt nur zum Teil. Viele der von der Lehre von der objektiven Zurechnung adressierten Problemstellungen scheinen sich im subjektiven Tatbestand sachgerechter erfassen zu lassen. Dieser Ansicht ist vor allem die Rechtsprechung, die die Lehre von der objektiven Zurechnung nur in Ansätzen übernommen hat.23 Die Fallgruppen der „objektiven Zurechnung“ werden stattdessen teilweise im Rahmen der Kausalitätsprüfung verortet, etwa bei der Frage nach rechtmäßigem Alternativverhalten.24 In Fällen atypischen Kausalverlaufs nimmt der BGH in ständiger Rechtsprechung eine wesentliche, den Vorsatz ausschließende Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf an, wenn sich ersterer nicht mehr in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält und auf Grund eines insoweit veränderten Unrechtsgehalts eine andere rechtliche Bewertung der Tat erfordert.25 In Fällen freiverantwortlicher Selbstgefährdung schließt der BGH den objektiven Tatbestand aus, ohne sich dabei auf die Lehre der objektiven Zurechnung zu stützen.26 Dagegen besitzt die Lehre von der objektiven Zurechnung in der deutschen Strafrechtswissenschaft zahlreiche Anhänger,27 so dass man sie als die herrschende Lehre bezeichnen kann. Es ist aber nicht zu übersehen, dass der Kreis der Kritiker in den letzten Jahren nicht kleiner, sondern größer geworden ist:28 Für alle Fallgruppen der „objektiven Zurechnung“ existieren tragfähige alternative Lösungsansätze, die allerdings in sich durchaus heterogen sind und von Wahrscheinlichkeitserwägungen über die Schaffung neuer Kategorien im objektiven Tatbestand, die Fahrlässigkeit, die Verortung im subjektiven Tatbestand bis hin zu Rechtfertigungslösungen reichen.29
21
Dazu Stübinger, RW 2011, S. 154 ff. Zum historischen Hintergrund NK-Puppe, Vor §§ 13 ff. Rn. 228. 23 Fischer, StGB, Vor § 13 Rn. 31; Lackner/Kühl, Vor § 13 Rn. 14. 24 BGH NJW 2004, 237 ff. 25 BGH NJW 1991, 3161; NJW 2003, 150. 26 BGH NJW 2000 m.w.N. 27 Wiederum in Auswahl: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, AT, § 10 Rn. 64 ff.; Greco, ZStW 117 (2005), 519 ff.; ders., ZStW 165 (2018), S. 539; Heinrich, AT 1, § 11; Jakobs, AT 7/35 ff.; Jescheck/Weigend, AT, S. 286 ff.; Kudlich, FS Wolter, 2013, S. 995 ff.; Rengier, AT, § 13 Rn. 60 ff.; Roxin, AT I, § 11 und ZStW 116 (2004), 929 ff.; Schünemann, GA 1999, S. 207 ff.; Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 256 ff. 28 So auch Zieschang, in Handbuch des Strafrechts, Bd. 2, § 33 Rn. 51. 29 Umfassend Goeckenjan, Revision der Lehre von der objektiven Zurechnung, 2017. 22
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III. Kausalität Eine Person wird nicht für das Auftreten beliebiger Schäden bestraft, sondern nur dann, wenn sie den Schaden verursacht hat.30 Das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen einer Handlung und einem zweiten Ereignis oder Zustand wird im Recht wie im Alltag meist dadurch festgestellt, dass man prüft, ob die Handlung notwendige Bedingung für den Eintritt des Ereignis oder das Entstehen des in Frage stehenden Zustandes war: Hätte T den Stein nicht geworfen, so wäre die Fensterscheibe des O nicht zur Bruch gegangen; hätte T nicht auf O geschossen, so wäre O nicht tot, usw. Abstrakt formuliert, wird das Vorliegen einer kausalen Beziehung ausgedrückt, indem man sagt: „Wenn nicht (A), dann nicht (B)“. Ganz ähnlich wird heißt es in der englischen Sprache „But for (A), (B) would not have happened“. Um festzustellen, ob A für B kausal war, denkt man also A „hinweg“. Entfällt dann auch B, so war A für B kausal. Dieses Verständnis von Kausalität ist tief im Alltagsdenken verwurzelt und in diesem Sinne vorrechtlich. 1. Kausalität und csqn-Formel Die Rechtssprache hat das Verständnis von Kausalität aus der Alltagssprache übernommen, es aber präzisiert und weiterentwickelt.31 „Hätte T nicht auf O geschossen, so wäre O nicht tot“ – wenn dieser Satz zutrifft, dann war der Schuss des T im juristischen Sinne kausal für den Tod des O. Der Schuss Ts war in diesem Fall also eine notwendige Bedingung für den Tod des O, oder, in lateinischer Sprache, eine „conditio sine qua non“. In der modernen Strafrechtsdogmatik spricht man deshalb auch von der „conditio sine qua non-Formel“32 (im Folgenden „csqn-Formel“). Mit dieser Redewendung wird zwar gegenüber der Alltagssprache eine neue Terminologie eingeführt, inhaltlich ändert sich gegenüber der alltäglichen Sichtweise von Kausalität jedoch noch wenig. Dies geschieht erst, wenn man einen Schritt weitergeht und fragt, welche Bedingungen denn eigentlich für einen bestimmten strafrechtlichen Erfolg, also ein bestimmtes Ereignis oder einen bestimmten Zustand, notwendig sind. Bisher hatten wir nur den Steinwurf oder den Schuss des T in den Blick genommen. Eine notwendige Bedingung setzt aber auch der Hersteller H der Scheibe: Hätte er die Schreibe nicht (so) hergestellt, so hätte T sie nicht mit einem Steinwurf zerstören können. Oder nehmen wir an, dass V den O gerade dorthin
30 Leitmodell ist hier das vollendete vorsätzliche Begehungsdelikt. Zu Recht spricht Sancinetti, FS Jakobs, S. 583 insofern vom „Prototyp der Straftat“. 31 Diese Verwurzelung im Alltagssprachgebrauch ist typisch für das juristisch-dogmatische Denken und dürfte eine wesentliche Akzeptanzvoraussetzung für rechtswissenschaftliche Theorien und das Recht im Allgemeinen sein. Ein Nachteil dieser Herangehensweise kann darin gesehen werden, dass sie den Kontakt zur allgemeinen Wissenschaftslehre und Wissenschaftstheorie erheblich erschwert, wenn nicht ganz abschneidet. 32 Siehe oben Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, AT, § 10 Rn. 6 f.
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geschickt hat, wo er stand, als er erschossen wurde. Auch V hat in diesem Fall eine notwendige Bedingung für den Tod des O gesetzt. 2. Probleme der csqn-Formel Es existieren allerdings Konstellationen, die sich mittels der csqn-Formel nicht ohne Weiteres lösen lassen. Drei Fallgruppen lassen sich unterscheiden: a) Fallgruppe 1 Dazu gehören zunächst solche Fälle, die von der Grundkonstellation „eine Handlung bzw. ein Kausalverlauf – ein Erfolg“ abweichen, ohne jedoch eine Modifikation der csqn-Formel zu erfordern. Am einfachsten verhält es sich bei Fällen kumulativer Kausalität (Kausalverlauf1 und Kausalverlauf2 bewirken zusammen einen Erfolg, den sie einzeln nicht hätten bewirken können).33 Derartige Fallgestaltungen lassen sich mit der Grundformel von der csqn zufriedenstellend bearbeiten. Schwieriger zu lösen sind die Fälle, die unter dem Schlagwort „hypothetische Kausalität“ diskutiert werden: T schießt auf O mit tödlicher Wirkung, doch wäre O wenig später infolge einer anderen Ursache – z. B. wegen einer Bombenexplosion – ohnehin ums Leben gekommen. In diesem Fall liegt nach ganz h.M. Kausalität im Sinne der csqn-Formel vor, denn wenn man den Schuss hinwegdenkt, wäre O jedenfalls nicht zu diesem konkreten (frühen) Zeitpunkt gestorben. Der Erfolg in seiner konkreten Gestalt würde also entfallen, wenn man den Schuss des T hinwegdenkt. In ähnlicher Weise werden auch die Fälle „überholender Kausalität“ gelöst, also wenn ein bereits angelegter Kausalverlauf1 nicht zur Realisierung gelangt, weil der gleiche Erfolg schon früher durch einen Kausalverlauf2 herbeigeführt wird34 In beiden Fallgestaltungen wird auf den „Erfolg in seiner konkreten Gestalt“ abgestellt. Aber was bedeutet dies eigentlich?35 Ein Außenweltgeschehen lässt sich in ganz unterschiedlicher Konkretisierung abbilden. Grundsätzlich muss ein Geschehen zumindest so konkret umschrieben werden, dass es sich dem in Frage stehenden Straftatbestand subsumieren lässt. Sowohl bei der „hypothetischen“ als auch bei der „überholenden“ Kausalität muss außerdem darauf geachtet, dass Kausalitätserwägungen nicht in die Beschreibung des kausal zu erklärenden Erfolgs aufgenommen werden, ansonsten würde die Erklärung zirkulär. Wenn man etwa im obigen Beispiel die relevanten Erfolge durch „Tod durch Schuss“ und „Tod durch Bombe“ beschreibt, wird das Ergebnis schon vorweggenommen. 33
T1 und T2 geben O jeweils eine Dosis Gift, die für sich allein nicht tödlich wäre, zusammengenommen aber tödlich wirkt. 34 Beispiel: T1 gibt O ein langsam wirkendes tödliches Gift. Bevor O daran stirbt, wird er jedoch von T2 erschossen. 35 Hilgendorf, GA 1995, S. 515 ff.; NK-Puppe, Vor §§ 13 ff., Rn. 62 ff.
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b) Fallgruppe 2 In eine zweite Fallgruppe gehören diejenigen Fälle, die mit der Grundformel der csqn allein nicht mehr gelöst werden können und eine Modifikation der Formel erforderlich machen. Hierzu gehören vor allem die Fälle „alternativer Kausalität“: T1 und T2 schießen gleichzeitig auf O. Eine Kugel trifft den Kopf, die andere das Herz. Beide Male handelt es sich um tödliche Verletzungen. Denkt man hier den Schuss des T1 hinweg, so kommt man zu dem Ergebnis, dass der Tod des O zu exakt der gleichen Zeit immer noch eingetreten wäre, und zwar durch den Schuss des T2. Soll das bedeuten, dass der Schuss des T1 nicht kausal für den Tod des O war? Denkt man den Schuss des T2 hinweg, so gelangt man zu dem gleichen Ergebnis: der Tod des O wäre immer noch eingetreten, allerdings durch den Schuss des T1. Bei konsequenter Anwendung der csqn-Formel ergibt sich also, dass weder der Schuss des T1 noch der Schuss des T2 ursächlich für den Tod des O waren. Dieses Ergebnis wird allgemein als unbefriedigend empfunden. Nach der Anschauung des Alltags waren sowohl der Schuss des T1 als auch der Schuss des T2 Ursachen für den Tod des O. Deshalb wird für diese Fallgruppe der alternativen Kausalität die csqn-Formel modifiziert: Von zwei (oder mehr) Bedingungen, die man zwar einzeln, aber nicht zusammen hinwegdenken kann, ohne dass der Erfolg entfiele, sind beide (alle) kausal für den Erfolg.36 Für unseren Ausgangsfall bedeutet dies, dass sowohl der Schuss des T1 als auch der Schuss des T2 für den Tod des O ursächlich sind. Diese Modifikation legt nahe, dass die csqn-Formel keine Definition von Kausalität darstellt, sondern nur ein – nach Bedarf abänderbares – Hilfsmittel, um Kausalität feststellen. Dies führt zu der Frage, welches Kausalitätsverständnis – oder welche Kausalitätsdefinition – dem juristischen Sprachgebrauch eigentlich zugrunde liegt. c) Fallgruppe 3: Fälle, in denen die csqn-Formel versagt Bevor diese Frage adressiert wird, sollen noch einige weitere Probleme der csqnFormel angesprochen werden, die auch durch Modifikationen der Formel allein nicht befriedigend gelöst werden können. Ein erstes derartiges Problem ist darin zu sehen, dass die csqn-Formel den Kausalzusammenhang, dessen Vorliegen sie prüfen soll, streng genommen schon voraussetzt. Wenn man nicht weiß, dass eine bestimmte Handlung für einen bestimmten Erfolg kausal ist, kann man die Formel nicht anwenden. Dies zeigt sich etwa dann, wenn T dem O ein bestimmtes Medikament gibt und O einige Zeit später stirbt. Handelt es sich hier nur um eine zeitliche Aufeinanderfolge von Vergabe des Medikamentes und Tod des O? Oder hat die Medikamentengabe den Tod des O verur36 Hilgendorf/Valerius, AT § 4 Rn. 40; Wessles/Beulke/Satzger, AT, Rn. 232; a.A. Frister, AT, Kap. 9 Rn. 13.
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sacht? In dieser Situation die csqn-Formel anzuwenden hilft nicht weiter: Wir denken die Medikamentengabe durch T hinweg – und dann? Wir wissen nicht, ob der Tod des O entfallen würde, weil wir nicht wissen, ob das Medikament eine Ursache für den Tod des O war oder nicht.37 Hieran wird erneut deutlich, dass die csqn-Formel bloß ein Hilfsmittel ist, um einen anders definierten Kausalzusammenhang festzustellen.38 Ein zweites Problem, das sich ergibt, wenn Kausalbeziehungen allein mittels der csqn-Formel festgestellt werden sollen, liegt in der Tatsache begründet, dass sich für jedes Ereignis eine unabsehbare Kette von notwendigen Bedingungen angeben lässt, die unbegrenzt weit in die Vergangenheit zurückreichen. Nicht nur die Tat des Mörders M ist kausal für den Tod seines Opfers, sondern auch die Verbindung der Eltern des M, denn hätten die Eltern den M nicht gezeugt, so hätte M sein Opfer nicht töten können. Auch die Zeugung des M war also csqn für den Tod des Opfers. Dasselbe gilt für die Zeugung der Großeltern usw. Die csqn-Formel führt deshalb bei konsequenter Anwendung zu einem infiniten (unendlichen) Regress. Ein drittes Problem des csqn-Formel ist schließlich darin zu sehen, dass nach ihr sämtliche Erfolgsursachen gleichwertig sind.39 Auch Bedingungen, die nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen zu einem bestimmten Erfolg führen, können notwendige Bedingungen für diesen Erfolg sein. Dies lässt sich an einem der berühmtesten Fälle der Kausalitätsdiskussion zeigen, dem „Erbonkel-Fall“:40 Angenommen, Neffe N schickt seinen Erbonkel O in das Gebirge, damit dieser dort vom Blitz erschlagen werde. Geht O in diesem Fall wirklich in das Gebirge und wird dort vom Blitz erschlagen, so war das Verhalten des N dafür eine conditio sine qua non, denn hätte der Neffe den Onkel nicht in das Gebirge geschickt, so wäre O dort nicht vom Blitz erschlagen worden. Dennoch erscheint es problematisch, dem N den tödlichen Erfolg ohne Weiteres als „sein Werk“, als „seine Tat“ mit strafrechtlichen Folgen zuzurechnen.
IV. Exkurs: Ein Ausflug in die Wissenschaftslehre Die csqn-Formel, so lässt sich festhalten, definiert Kausalität nicht, sondern stellt lediglich ein (immer wieder korrekturbedürftiges) Hilfsmittel dar, um kausale Zusammenhänge festzustellen. Wie lässt sich aber dann ein kausaler Zusammenhang definieren? Aus der allgemeinen Wissenschaftslehre stammt der Vorschlag, ein Ereignis X dann als kausal für ein anderes Ereignis Y anzusehen, wenn sich aus
37
Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 10 Rn. 8. Siehe oben 2. b). 39 Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, AT, § 10 Rn. 6. 40 Zur Historie dieser Fallgestaltung F.-C. Schroeder, Der Blitz als Mordinstrument, 2009, S. 7 ff. 38
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X zusammen mit einem Kausalgesetz das Ereignis Y herleiten lässt.41 Wenn bekannt ist, dass Stoff X bei Einnahme durch einen Menschen immer oder in einer Vielzahl von Fällen Ereignisse wie Y (z. B. eine Krankheit) hervorruft, so handelt es sich um ein Kausalgesetz, mit dem man das Auftreten von Y im konkreten Fall erklären kann.42 Ein solches Kausalgesetz wird in der Rechtswissenschaft meist „gesetzmäßiger Zusammenhang“ genannt.43 Eine Handlung X ist für einen bestimmten Rechtsgutsschaden Y also dann kausal, wenn zwischen X und Y ein gesetzmäßiger Zusammenhang besteht. Die csqn-Formel ist nur ein (gelegentlich zu) einfaches Hilfsmittel, um das Vorliegen eines solchen gesetzmäßigen Zusammenhanges festzustellen.44 Eine wichtige, in der Rechtswissenschaft viel zu wenig beachtete Unterscheidung ist die zwischen deterministischen und probabilistischen Zusammenhängen:45 Ruft X in allen Fällen den Effekt Y hervor, so handelt es sich um einen deterministischen gesetzmäßigen Zusammenhang. Führt X dagegen nur in einer bestimmten Anzahl von Fällen zum Effekt Y, in anderen dagegen nicht, so handelt es sich im einen probabilistischen Zusammenhang. In manchen Fällen lässt sich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Y nach X quantitativ feststellen (X erzeugt Y in z % aller Fälle), in vielen Fällen lässt sich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Y aber nur qualitativ bestimmen (X macht Y wahrscheinlich, sehr wahrscheinlich, fast sicher, usw.). Der gesetzmäßige Zusammenhang zwischen einem Messerstich ins Herz und dem Tod des Verletzten lässt sich deterministisch formulieren46, der zwischen einem Stich in die Magengegend und dem Todeseintritt nicht. Wichtig ist, das Begriffspaar „sicher/unsicher“ vom Begriffspaar „deterministisch/probabilistisch“ zu unterscheiden. Ein probabilistisch formulierter gesetzmäßiger Zusammenhang kann sehr gut bewährt und damit höchst sicher sein („Stoff X führt bei seiner Anwendung beim Menschen in z % der Fälle zum Tode“), während deterministisch formulierte Zusammenhänge durchaus sehr unsicher und sogar geradezu „ins Blaue hinein“ formuliert sein können („Stoff X führt immer zum Tode“). Verfehlt wäre es, als relevante Kausalgesetze nur wahre Naturgesetze (oder wahre Beschreibungen von Naturgesetzen) zu akzeptieren und diese von gesetzmä41
Hempel, Aspekte wissenschaftlicher Erklärung, 1977, S. 20 ff. Hilgendorf, Jura 1995, S. 514 ff.; ebenso wohl auch Frister, AT, Kap. 9 Rn. 35. 43 Grundlegend Engisch, Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, 1931, S. 21. 44 Gelegentlich wird es von Bedeutung sein, zwischen dem „realen“ Kausalzusammenhang und seiner sprachlichen Beschreibung zu unterscheiden. Im vorliegenden Zusammenhang kann diese Differenzierung aber auf sich beruhen. 45 Hilgendorf, Gefahr und Risiko im (Straf-)Recht, in: Fischer/Hilgendorf (Hrsg.), Gefahr, 2020, S. 9 (18) (Baden-Badener Strafrechtsgespräche). 46 Bei genauerem Hinsehen dürfte selbst hier ein mit nahezu 100 % anzugebender probabilistischer Zusammenhang vorliegen. Möglicherweise sollten deterministische Zusammenhänge lediglich als Grenzfall probabilistischer Zusammenhänge angesehen werden. 42
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ßigen Zusammenhängen zu unterscheiden.47 Der Begriff „Naturgesetz“ ist zum einen überaus schillernd und wird in ganz unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Zum anderen befördert er die irrige Vorstellung, Kausalerklärungen ließen sich nur mittels wahrer oder gar „sicher wahrer“ naturgesetzlicher Zusammenhänge höchsten Abstraktionsgrades leisten. Gut bewährte Erfahrungssätze reichen aus, um Kausalerklärungen zu tragen.48 Es gibt im Übrigen niemals eine unfehlbare Gewähr dafür, dass die Erklärung „sicher wahr“ ist, weil wir nie sicher wissen können, ob die Formulierung eines gesetzmäßigen Zusammenhangs wahr ist. Sie ist allenfalls gut bewährt. Die skizzierten Unterscheidungen erlauben es, auch den Begriff des Risikos genauer zu fassen: Ein „Risiko“ besteht dann, wenn nach unserem Erfahrungswissen der Eintritt eines Schadens wahrscheinlich ist. Das Risiko wird umso größer, je höher bei gegebener Wahrscheinlichkeit der Schaden ist. Bei gleichbleibender Schadenshöhe steigt das Risiko mit der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Risiko lässt sich also als das Produkt von Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit deuten.49
V. Die Lehre von der „objektiven Zurechnung“ Vor allem um die zweite und die dritte Fallgruppe der oben skizzierten Kausalitätsprobleme lösen zu können, wird in der Strafrechtswissenschaft von vielen Autoren die „Lehre von der objektiven Zurechnung“ herangezogen. Ein Erfolg lässt sich danach „objektiv zurechnen“, wenn der Täter durch seine Handlung eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat, die sich im konkreten Erfolg realisiert hat.50 Dies ist die (vor allem bei den Studierenden beliebte) Grundformel der Lehre von der objektiven Zurechnung. In weitgehender Übereinstimmung werden dabei als Fallgrup-
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Unproblematisch erscheint dagegen der Ausdruck „naturgesetzmäßiger Zusammenhang“, wie ihn etwa Engisch, Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, 1931, S. 21, verwendet. Die Anforderungen an ein „Kausalgesetz“ sind im Übrigen noch nicht hinreichend geklärt, vgl. etwa Poser, Wissenschaftstheorie. Eine philosophische Einführung, 2012, S. 68 ff.; Hüttemann, Ursachen, 2. Aufl. 2018, S. 78 ff. und passim. 48 So wäre etwa die kausale Erklärung eines Todesfalls A ohne Weiteres dadurch möglich, dass man auf eine anerkannte Gesetzmäßigkeit nach Art von „Wer die Chemikalie X zu sich nimmt, stirbt ohne Gegenmittel innerhalb von 24 Stunden“ verweist, wenn feststeht, dass A die Chemikalie zu sich genommen hat. Dass es sich bei der zitierten Gesetzmäßigkeit nicht um ein hoch abstraktes „Naturgesetz“ handelt, ist irrelevant. Natürlich wissen wir nie absolut sicher, ob die Kausalerklärung „wahr“ ist, weil wir empirische Zusammenhänge niemals mit absoluter Sicherheit feststellen können. 49 Dies dürfte auch die in den Technikwissenschaften vorherrschende Definition von „Risiko“ sein, vgl. Renn/Zwick, Risiko- und Technikakzeptanz, 1997, S. 87. 50 So, mit unterschiedlichen Formulierungen, etwa Kühl, AT, § 4 Rn. 43; Sch-Sch-Eisele, Vorbem. §§ 13 ff., Rn. 92a; Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 261.
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pen mangelnder objektiver Zurechenbarkeit trotz Erfüllung der csqn-Formel folgende Konstellationen benannt: 1. Allgemeine Lebensrisiken (Fehlen einer rechtlich relevanten Gefahr/erlaubtes Risiko) Das Handeln des Täters soll hier zwar ursächlich für den Erfolg sein, er hat aber keine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen. Vielmehr habe sich das „allgemeine Lebensrisiko“ realisiert. Ein Beispiel ist wieder der Erbonkelfall.51 Die Redeweise von der „rechtlichen Missbilligung“ lässt freilich offen, weshalb bestimmte Gefahren von der Rechtsordnung gebilligt werden, andere nicht. Außerdem lässt sich fragen, unter welchen Voraussetzungen ein Lebensrisiko „allgemein“ ist und was allgemeine von nicht-allgemeinen Lebensrisiken unterscheidet. Der relevante Unterschied liegt offenbar in der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts: ganz unwahrscheinliche Abläufe führen dazu, dass eintretende Folgen nicht zugerechnet werden. Änderte man den Erbonkelfall dahingehend, dass der Berg, auf den der Erbonkel geschickt wird, für seine plötzlich eintretenden Gewitter geradezu berüchtigt ist (oder dass das Flugzeug, welches der Onkel nutzen soll, schadhaft und deshalb erheblich absturzgefährdet ist), so ließe sich dem Neffen der Tod des Onkels kausal zurechnen.52 Sowohl im Ausgangsfall als auch in der Abwandlung lässt sich eine probabilistisch formulierte Gesetzmäßigkeit formulieren, die den Zusammenhang zwischen der Handlung des Neffen bzw. dem Verhalten des Onkels und dem Todesfall beschreibt. Je größer die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Ausgangs ist, desto eher sind wir geneigt, eine Zurechnung vorzunehmen. Im Erbonkelfall kommen genau genommen beide hier entwickelten Gesichtspunkte zum Tragen: infolge allenfalls minimaler Gefährdung durch den Neffen fehlt es an einer Unrechtshandlung. Außerdem ist der Zusammenhang zwischen der Empfehlung und dem Todeseintritt so unwahrscheinlich, dass es auch an einer kausalen Zurechenbarkeit fehlt. 2. Atypischer Kausalverlauf In Konstellationen eines atypischen Kausalverlaufs wird vertreten, die vom Täter gesetzte missbilligte Gefahr habe sich nicht im tatbestandsmäßigen Erfolg „verwirklicht“ oder „realisiert“:53 Der von A durch einen Messerstich verletzte O stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus durch ein herabstürzendes Flugzeug. 51
Siehe oben III.2.c). Ich verwende den Ausdruck einer „kausalen Zurechnung“, um deutlich zu machen, dass die hier entscheidende Frage bereits im Rahmen der Kausalprüfung, nämlich bei der Prüfung der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens, berücksichtigt werden kann. 53 Die Unschärfe dieses Ausdrucks wird von Puppe, ZIS 2020, S. 143, 145 zu Recht kritisiert. 52
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Metaphern wie das von der Risiko„verwirklichung“ verdunkeln mehr als sie erhellen. Auch hier liegt der Grund für die Nicht-Zurechnung des Erfolgs in der extremen Unwahrscheinlichkeit einer derartigen Ereignisabfolge: Messerstich – Transport – Tötung durch Flugzeugabsturz. Obwohl die csqn-Formel greift, lässt sich hier kein sinnvolles Kausalgesetz formulieren. Ob man auf Normzweckerwägungen54 abstellen kann, erscheint demgegenüber fraglich: die einschlägige Strafnorm, § 212 StGB, stellt menschliches Verhalten unter Strafe, welches andere Menschen in Lebensgefahr bringt. Dazu gehören auch Gefahren durch abstürzende Flugzeuge oder andere technische Unfälle: Wer einen anderen an einen Ort bringt, an dem mit großer Wahrscheinlichkeit in Kürze ein Flugzeug abstürzen oder ein Zug mit einem anderen kollidieren wird, dem würde eine Tötung des Opfers ohne Weiteres zugerechnet. Es geht hier also nicht um einen Normzweck, sondern um Schadenswahrscheinlichkeiten. 3. Risikoverringerung mit Schadensreduktion Das Schaffen einer rechtlich missbilligten Gefahr und damit die objektive Zurechnung soll zu verneinen sein, wenn eine drohende Rechtsgutverletzung abgewehrt und eine weniger gravierende Verletzung des Opfers verursacht wird:55 T holt mit einem Hammer zum Schlag auf den Kopf des O aus. R lenkt den Schlag auf die Schulter des O ab. Es handelt sich um einen Fall echter Risikoverringerung: Auch wenn sich die Wahrscheinlichkeit eines Auftreffens des Schlags nicht wesentlich verändert haben dürfte, hat sich doch die Schwere der Rechtsgutsverletzung verändert, wenn statt dem Leben (nur) der Körper des O betroffen ist.56 Derartige Fälle lassen sich am ehesten mit dem Rechtsgedanken der (mutmaßlichen) Einwilligung, die hier als tatbestandsausschließend verstanden werden kann, erfassen. Es liegt keine Unrechtshandlung vor. 4. Schutzzweck der Norm Beeinträchtigt ein Täter ein Rechtsgut, soll nach verbreiteter Ansicht57 zunächst geprüft werden, ob die verletzte Norm überhaupt dem Schutz dieses Rechtsguts dient bzw. ob die Norm darauf abzielt, Verhalten wie das in Frage stehende zu unterbinden. Anderenfalls sei durch den Normverstoß keine für das Opfer relevante Gefahr geschaffen worden: Auf dem Weg nach Frankfurt fährt T in Würzburg zu schnell. Zwei Stunden später tötet er in Frankfurt den O, der ihm vor das Auto läuft. Der Unfall in Frankfurt war für T in der konkreten Situation unvermeidbar. Wäre er aber in
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Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, AT, § 10 Rn. 82 i.V.m. Rn. 94. Roxin, AT 1, § 11 Rn. 53. 56 Siehe oben IV. zum Risikokonzept. 57 Roxin AT 1, § 11 Rn. 84 ff.; Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 264. 55
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Würzburg nicht zu schnell gefahren, wäre er erst zu einem späteren Zeitpunkt in Frankfurt gewesen und O wäre ihm nicht vor das Auto gelaufen. Hier wird vertreten, die Geschwindigkeitsbegrenzung diene nur dem Schutz der Menschen im konkreten Straßenbereich des aufgestellten Verkehrsschildes, nicht auch dem des O in Frankfurt.58 Dem kann man zustimmen, wobei freilich zu klären wäre, auf wessen Perspektive es bei der Bestimmung des Schutzzwecks der Norm ankommen soll – diejenige des Normgebers oder diejenige des Norminterpreten. Ersterer wird sich in der Regel über Detailfragen wie die hier behandelte keinerlei Gedanken gemacht haben. Zumindest fehlen belastbare Zeugnisse darüber. Die Schutzzweckbestimmung des Norminterpreten bedarf ihrerseits einer argumentativen Stützung, die oft fehlt. Aus diesen Gründen sind Normzweckargumente meist nicht sehr tragfähig, sondern stellen lediglich eine Formel dar, um ein intuitiv als richtig empfundenes Ergebnis zu präsentieren. In der vorliegenden Fallgruppe liegt eine Unrechtshandlung wegen des Verstoßes gegen das Straßenverkehrsrecht vor. Es fehlt aber an Kausalität zwischen der Sorgfaltspflichtverletzung (Unrechtshandlung) in Würzburg und dem „Erfolg“ in Frankfurt, denn es lässt sich kein Kausalgesetz formulieren, welches das Überschreiten von Geschwindigkeitsgeboten in der einen Stadt und das Verursachen von Verkehrsunfällen in einer anderen Stadt sinnvoll miteinander verknüpft. Eine entsprechende Erfahrungsregel ist nicht belegbar, eine statistische Erfassung würde allenfalls minimale Wahrscheinlichkeiten offenbaren. Dies bedeutet im Ergebnis, dass es an der kausalen Zurechenbarkeit zwischen der Geschwindigkeitsüberschreitung in Würzburg und dem tödlichen Unfall fehlt. 5. Freiverantwortliche Selbstgefährdung und Selbstschädigung Wegen des Prinzips der Eigenverantwortlichkeit dürfe, so wird argumentiert, ein Erfolg nicht zugerechnet werden, wenn das Opfer ihn eigenverantwortlich herbeigeführt hat:59 T besorgt dem freiverantwortlich handelnden O eine Giftspritze. O injiziert sich die Spritze und stirbt. Oder: T schlägt O vor, Klettern zu gehen. O folgt dem Ratschlag, stürzt ab und stirbt. Auch hier wird man primär darauf abstellen können, dass das Opfer der eigenen Gefährdung zugestimmt hat. Es fehlt deshalb an der Unrechtshandlung.60 Anders läge ist, wenn O wegen geistiger Mängel nicht in der Lage gewesen wäre, eigenverantwortlich61 zu handeln. In diesem Fall käme für T eine Fahrlässigkeitstat oder sogar mittelbare Täterschaft in Frage.62 58
Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 265. Eingehend Kühl, AT, § 4 Rn. 83 ff. 60 Alternativ lässt sich auch darauf abstellen, dass das Opfer selbst Tatherrschaft hatte, so dass eine strafbare Anstiftung durch T ausscheidet. Allenfalls ein Fahrlässigkeitsdelikt kommt in Frage. 61 Das Problem, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um von „eigenverantwortlichem Handeln“ sprechen zu können, muss hier ausgeklammert bleiben. 59
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6. Eingreifen Dritter in den Geschehensablauf Greift ein Dritter in einen in Gang befindlichen Kausalverlauf ein, soll der Erfolg dem Ausgangstäter nur dann zuzurechnen sein, wenn das Verhalten des Dritten typischerweise „in der Ausgangsgefahr begründet“ sei63 : T1 verletzt O schwer. Als T2 der schwerverletzten O sieht, kommt er herbei und tötet ihn. Da das Verhalten von T2 nicht typischerweise durch die Tat des T1 hervorgerufen wird, soll eine Zurechnung des tödlichen Erfolgs an T1 ausscheiden. Der entscheidende Gesichtspunkt scheint mir auch hier wieder die große Unwahrscheinlichkeit des eingetretenen Ablaufs zu sein.64 Hätte T1 den O gezielt an einem Ort verletzt, wo weitere Angriffen auf das Leben Os wahrscheinlich waren, so wäre ihm ein entsprechender Erfolg kausal zurechenbar. 7. Rechtmäßiges Alternativverhalten Insbesondere bei Fahrlässigkeitstatbeständen wird die Zurechnung abgelehnt, wenn der Erfolg auch bei sorgfaltsgemäßem Handeln eingetreten wäre: T unterlässt es, ein Medikament auf gefährliche Nebenwirkungen zu testen. In der Folge kommt ein Mensch nach Einnahme des Medikaments zu Schaden. Der Schaden wäre jedoch auch dann eingetreten, wenn diese Tests sorgfältig durchgeführt worden wären. Hier bedarf es einer Diskussion von Zurechnung gar nicht: Die Art der Durchführung des Tests steht offenbar mit dem Eintritt des Erfolgs nicht in Zusammenhang und war und damit nicht kausal. Dagegen war das Auf-den-Markt bringen und Verkaufen des Medikaments kausal für den Schaden. Bei entsprechender Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts ist es auch kausal zurechenbar. (Eine Strafbarkeit hängt dann davon ab, ob die Voraussetzungen von Fahrlässigkeit, insbesondere die Erkennbarkeit des Risikos, gegeben sind). 8. Abnorme Konstitution des Opfers Die Zurechnung wird abgelehnt, wenn das Opfer nur aufgrund seiner abnormen Konstitution geschädigt wird:65 T ohrfeigt den O. O ist Bluter, was T aber nicht weiß. Infolge der Ohrfeige erleidet O schwere innere Blutungen, an denen er verstirbt. Wenn in diesem Fall ein nicht nur ganz minimales Risiko dafür bestand, dass die Ohrfeigen lebensbedrohliche innere Blutungen zur Folge haben würden, so ist die kausale Zurechnung zu bejahen. Es besteht offenbar ein hinreichend wahrscheinlicher gesetzmäßiger Zusammenhang zwischen dem Schlag und den inneren Blutungen. 62
Zieschang, Handbuch des Strafrechts, Band 2, § 33 Rn. 109 ff. Überblick über die divergierenden Lösungsansätze der Vertreter der Lehre von der objektiven Zurechnung bei Zieschang, Handbuch des Strafrechts Band 2, § 33 Rn. 116 ff. Zieschang selbst plädiert für eine Lösung über den Tatherrschaftsgedanken. 64 M.a.W.: Der probabilistische Zusammenhang ist zu schwach. 65 Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 301. 63
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Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob dem T dieser gesetzmäßige Zusammenhang bewusst war, ein Problem welches bei Prüfung von Vorsatz oder Fahrlässigkeit zu thematisieren ist. 9. Gefahrspezifischer Zusammenhang Eine Zurechnung wird abgelehnt, wenn sich bei einem erfolgsqualifizierten Delikt nicht die Gefahr des Grunddelikts, sondern eine andere Gefahr realisiert:66 T raubt der herzkranken O die Handtasche. In der Handtasche befindet sich ein Medikament, welches O jeden Tag einnehmen muss. Da sie es sich nach dem Raub nicht mehr verschaffen kann, verstirbt sie. Eine Unrechtshandlung liegt hier vor. Die Unterscheidung zwischen der Gefahr des Grunddelikts und der „anderen Gefahr“ erscheint kaum durchführbar und ist auch unerheblich: Wäre dem T die Tatsache, dass sich in der Tasche das dringend benötigte Medikament67 der O befand, bekannt gewesen, so wäre er ohne Weiteres wegen eines vorsätzlichen oder zumindest fahrlässigen Tötungsdelikts zu bestrafen gewesen. Der entscheidende Gesichtspunkt ist also, ob dem T der zu erwartende Ablauf (Nicht-Einnahme der Medikamente führt zum Tode der O) bekannt war oder zumindest hätte bekannt sein können. Der Fall lässt sich also auf der Ebene von Vorsatz und Fahrlässigkeit lösen. 10. Erlaubtes Risiko Bei der industriellen (Massen-)Produktion eines Produktes (z. B. Airbag, Pkw, Kettensäge) treten statistisch sicher Schäden bei Nutzern auf. Dennoch werden die Produkte weiter produziert.68 Die Schäden werden dem Unternehmen nicht „zugerechnet“, weil die Massenproduktion ganz überwiegend Nutzen stiftet. Richtigerweise sollte in derartigen Fällen Fahrlässigkeit auf Seiten des verantwortlichen Unternehmensrepräsentanten verneint werden: zwar sind die Schäden voraussehbar (sie sind statistisch sogar sicher) und durch Einstellen der Produktion auch vermeidbar. Wegen ihres hohen sozialen Nutzens möchte die Gesellschaft aber nicht z. B. auf Airbags verzichten, und akzeptiert die damit unvermeidbar verbundenen Risiken.69 Man beachte, dass mit dem Gesichtspunkt der „Unvermeidbarkeit“ ein dynamisches Moment in die Prüfung der Herstellersorgfalt Eingang findet, denn was „unvermeidbar“ ist, wandelt sich mit dem wissenschaftlichen und technischen Fort-
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Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, AT, § 13 Rn. 16. Die Formulierung „dringend benötigt“ deutet an, dass schwere Schäden bei Nicht-Einnahme des Medikaments sehr wahrscheinlich oder praktisch sicher sind. 68 Beispiel: Ein Unternehmen stellt Airbags für Automobile her; im Schnitt kommt auf 1.000.000 eingebaute Airbags ein Körperschaden, der durch eine Fehlauslösung verursacht wird. Zu einer ähnlichen Konstellation BGH NJW 2009, S. 2952 (Airbag-Fall). 69 Man mag dies als einen utilitaristischen Begründungsansatz einstufen. 67
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schritt.70 Abgefedert wird die Herstellerhaftung allerdings durch den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Derartige Erwägungen betreffen offensichtlich die Feststellung der vom Hersteller geforderten Sorgfalt. Es besteht deshalb keinerlei Grund dafür, sie systemwidrig in die Kategorie „objektive Zurechnung“ zu pressen. 11. Risikoverringerung bei gleich bleibendem Verletzungsschaden Abschließend stellt sich die Frage, wie der von Sancinetti gebildete Fall – Risikoverringerung bei gleich bleibendem Verletzungsschaden71 – auf der Grundlage der hier skizzierten Vorschläge zu lösen ist. Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass Garant C durch sein Verhalten für den X eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen hat; Gefahrsituationen, die im Tod eines Menschen münden, sind immer rechtlich relevant. C hat auch das Risiko des X, von einer Kugel des B getroffen zu werden, erhöht, nur das Risiko, von einer Kugel des A getroffen zu werden, hat er verringert und dadurch insgesamt das Tötungsrisiko herabgesetzt. Statt hier davon zu sprechen, der Tod des X sei C nicht „zuzurechnen“, erscheint es sehr viel sachgemäßer, das Handeln des C nicht als „Unrechtshandlung“ einzustufen. Trotz Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs72 kann hier also mit Sancinetti73 schon auf der Ebene des objektiven Tatbestands eine Strafbarkeit des C abgelehnt werden.
VI. Ergebnis Die knappe vorstehende Übersicht zeigt, dass sich die im Rahmen der „objektiven Zurechnungslehre“ diskutierten Fallgruppen auch in anderen Kategorien behandeln und lösen lassen, und zwar von allem in den Kategorien der Eintrittswahrscheinlichkeit und des Vorliegens einer Unrechtshandlung. Andere Fallgruppen sind auf der Prüfungsstufe von Fahrlässigkeit oder Vorsatz lösbar. Bemerkenswert ist, dass sich ganz überwiegend das Ergebnis – strafbar oder nicht strafbar –, nicht von den Ergebnissen der Vertreter der Lehre von der objektiven Zurechnung unterscheidet. Es scheint, dass das Rechtsgefühl in den oben aufgeführten Fallgruppen es ausschließt, den Verursacher ohne weiteres zur Verantwortung zu ziehen und ihm die Tat zuzurechnen. Nur über den Weg zu diesem Ergebnis besteht Uneinigkeit. Es ist offensichtlich, dass der hier vorgeschlagene Ansatz noch weiterer Ausarbeitung bedarf: So ist das Konzept der „Unrechtshandlung“ im Sinne einer rechtlich negativ bewerteten Handlung durchaus noch präzisierungsfähig. Zu klären wäre auch die Frage, welcher Grad von Risikoschaffung als noch akzeptabel gelten kann, so dass eine kausale Zurechnung zu verneinen ist. Hinzu kommt das Problem, wie 70
Hilgendorf, ZStW 130 (2018), S. 674 (700). Siehe oben I. 72 Dies unterscheidet den Fall von den oben V.3. diskutierten Fällen. 73 FS Jakobs, S. 583, 584. 71
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sich Wahrscheinlichkeiten überhaupt feststellen lassen. Man wird freilich darauf hinweisen dürfen, dass sich diese Fragen auch schon bei der bisherigen „Lehre von der objektiven Zurechnung“ stellen, dort allerdings durch wohlklingende Formeln und Metaphern aus der Alltagssprache überdeckt werden. Für die Lehre von der objektiven Zurechnung spricht ihre verführerische Einfachheit. Die Formulierungen „Schaffung einer rechtlich mißbilligten Gefahr“ und „Realisierung dieser Gefahr im konkreten Erfolg“ sind weit und flexibel genug, um in allen oben erwähnten Fallgruppen ein Ergebnis zu begründen, welches dem Rechtsgefühl entspricht. In dieser Weite und Flexibilität der objektiven Zurechnungslehre liegt aber auch ihre größte Schwäche: Ihre Grundformel ist so unbestimmt, dass erhebliche Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgrundsatz bestehen. Ist die Grundformel der Lehre von der objektiven Zurechnung mitsamt ihrer Fallgruppen möglicherweise nur ein rhetorisches Instrument ohne eindeutige Abgrenzungskriterien? Auch wenn man so weit nicht gehen will, scheint die Lehre jedenfalls noch nicht präzise genug ausgearbeitet zu sein. Literatur Baumann, Jürgen/Weber, Ulrich/Mitsch, Wolfgang/Eisele, Jörg: Strafrecht Allgemeiner Teil. Lehrbuch, 12. Aufl. Bielefeld 2016. Engisch, Karl: Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, Tübingen 1931. Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 67. Aufl., München 2020. Frisch, Wolfgang: Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, Heidelberg 1988. Frisch, Wolfgang: Faszinierendes, Berechtigtes und Problematisches der Lehre von der objektiven Zurechnung des Erfolgs, in: Bernd Schünemann u. a. (Hrsg.), Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag am 15. Mail 2001, Berlin/New York 2001, S. 214 – 237. Frisch, Wolfgang: Zum gegenwärtigen Stand der Diskussion und zur Problematik der objektiven Zurechnungslehre, GA 2003, S. 719 – 743. Frisch, Wolfgang: Objektive Zurechnung des Erfolgs. Entwicklung, Grundlinien und offene Fragen der Lehre von der Erfolgszurechnung, JuS 2011, S. 19 – 24, 116 – 123. Frisch, Wolfgang: Erfolgsgeschichte und Kritik der objektiven Zurechnungslehre – zugleich ein Beitrag zur Revisionsbedürftigkeit des Straftatsystems, GA 2018, S. 553 – 572. Goeckenjan, Ingke: Revision der Lehre von der objektiven Zurechnung: Eine Analyse zurechnungsausschließender Topoi beim vorsätzlichen Erfolgsdelikt, Tübingen 2017. Greco, Luis: Das Subjektive an der objektiven Zurechnung. Zum „Problem“ des Sonderwissens, ZStW 117 (2005), S. 519 – 554. Greco, Luis: Objektive Zurechnung als Vorsatzgegenstand? Überlegungen aus Anlass des BGH-Urteils zum Göttinger Transplantationsskandal (BGHSt 32, 233), ZStW 165 (2018), S. 539 – 548. Heinrich, Bernd: Strafrecht Allgemeiner Teil. 6. Aufl., Stuttgart 2019.
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Hempel, Carl Gustav: Aspekte wissenschaftlicher Erklärung, Berlin, New York 1977. Hilgendorf, Eric: Zur Lehre vom „Erfolg in seiner konkreten Gestalt“, GA 1995, S. 515 – 534. Hilgendorf, Eric: Der „gesetzmäßige Zusammenhang“ im Sinn der modernen Kausallehre, JURA 1995, S. 514 – 522. Hilgendorf, Eric: Wozu brauchen wir die „Objektive Zurechnung“? Skeptische Überlegungen am Beispiel der strafrechtlichen Produkthaftung, in: Bernd Heinrich/Eric Hilgendorf/Wolfgang Mitsch/Detlev Sternberg-Lieben (Hrsg.), Festschrift für Ulrich Weber zum 70. Geburtstag am 18. September 2004, Bielefeld 2004, S. 33 – 48. Hilgendorf, Eric: Dilemma-Probleme beim automatisierten Fahren. Ein Beitrag zum Problem des Verrechnungsverbotes im Zeitalter der Digitalisierung, ZStW, 130 (2018), S. 674 – 703. Hilgendorf, Eric: Autonome Systeme, künstliche Intelligenz und Roboter. Eine Orientierung aus strafrechtlicher Perspektive, in: Stephan Barton u. a. (Hrsg.), Festschrift für Thomas Fischer, München 2018, S. 99 – 113. Hilgendorf, Eric: Die deutsche Strafrechtswissenschaft der Gegenwart, in: Eric Hilgendorf/ Hans Kudlich/Brian Valerius (Hrsg.), Handbuch des Strafrechts, Bd. 1. Grundlagen des Strafrechts, Heidelberg 2019, § 18 (S. 853 – 895). Hilgendorf, Eric: Gefahr und Risiko im (Straf)Recht. Klärungsversuche in interdisziplinärer Perspektive. in: Thomas Fischer (Hrsg.), Gefahr. Baden-Badener Strafrechtsgespräche 2019, 2020 (im Erscheinen). Hilgendorf, Eric/Valerius, Brian: Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., München 2015. Hirsch, Hans-Joachim: Zur Lehre von der objektiven Zurechnung, in: Albin Eser/Ulrike Schittenhelm/Heribert Schumann (Hrsg.), Festschrift für Theodor Lenckner zum 70. Geburtstag, München 1998, S. 119 – 142. Jescheck, Hans-Heinrich/Weigend Thomas: Lehrbuch des Strafrechts. Allgemeiner Teil, 5. Aufl., Berlin 1996. Jakobs, Günther: Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., Berlin 1991. Kahlo, Michael: Über den Zusammenhang von Rechtsgutsbegriff und objektiver Zurechnung im Strafrecht, in: Hefendehl, Roland/v. Hirsch, Andrew/Wohlers, Wolfgang (Hrsg.), Die Rechtsgutstheorie. Legitimationsbasis des Strafrechts oder dogmatisches Glasperlenspiel, Baden-Baden 2003, S. 26 – 38. Kaufmann, Armin: „Objektive Zurechnung“ beim Vorsatzdelikt?, in: Theo Vogler (Hrsg.), Festschrift für Hans-Heinrich Jescheck zum 70. Geburtstag, Berlin 1985, S. 251 – 271. Kindhäuser, Urs: Gefährdung als Straftat, Frankfurt a. M. 1989. Kindhäuser, Urs: Der subjektive Tatbestand im Verbrechensaufbau: zugleich eine Kritik der Lehre von der objektiven Zurechnung, GA 2007, S. 447 – 468. Kindhäuser, Urs: Risikoerhöhung und Risikoverringerung, ZStW 120 (2008), S. 481 – 503. Kindhäuser, Urs/Hilgendorf, Eric: Strafgesetzbuch. Lehr- und Praxiskommentar, 8. Aufl., Baden-Baden 2020. Koriath, Heinz: Kausalität, Bedingungstheorie und psychische Kausalität, Göttingen 1988.
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Eric Hilgendorf
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Verwirklichungs- und Vermeidewillen bei Vorsatz und Fahrlässigkeit Von Andreas Hoyer
I. Zur Einführung: Sancinettis „Kieler Woche“-Vortrag Im Juni 2015 weilte Marcelo Sancinetti als „Kieler Woche“-Gast an der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel und hielt dort am 23.06. einen Vortrag zum Thema „Der Handlungsunwert als Grundlage einer rationalen Strafrechtsdogmatik“. In diesem später veröffentlichten Vortrag,1 der die zahlreichen dabei anwesenden Studierenden wegen seiner ihnen völlig neuartigen Sicht auf das Wesen des Unrechts tief beeindruckte, verwendete er einen hypothetischen Fall, den er aus einem Aufsatz von Frank Jackson zur Entscheidungstheorie2 entlehnt hatte und den ich dann wenige Wochen danach den studentischen Teilnehmern meiner Vorlesung zur Lösung im Rahmen der semesterabschließenden Zwischenprüfungsklausur unterbreitete: „Einem Arzt wird zur Behandlung ein Patient gebracht, der an einer schwerwiegenden Krankheit leidet. Der Arzt verfügt über drei Medikamente: A, B und C. Er weiß, dass das Medikament A die Symptome der Krankheit behutsam um etwa 50 % lindern würde. Er weiß auch, dass von den Medikamenten B und C eines die Krankheit komplett heilen, während das andere für einen Menschen mit dieser Krankheit tödlich wirken würde. Um den Fall etwas glaubwürdiger zu gestalten, nehmen wir an, dass dem Arzt nur wenig Zeit für seine Entscheidung zur Verfügung steht und die Medikamente in einem Feldkrankenwagen transportiert werden, die Etiketten der Medikamente B und C sich jedoch abgelöst haben. Vor Ort gibt es weder Mittel noch Zeit, um eine vorherige Analyse durchzuführen. Der Patient ist außerdem bewusstlos, weshalb er dem Arzt die Entscheidung auch nicht etwa abnehmen kann. Wie hat der Arzt zu verfahren?“3
Die deutliche Mehrheit der Kieler Studierenden antwortete auf diese Frage, der Arzt solle (und dürfe auch nur) das Medikament verabreichen, welches nach seiner Kenntnis die Auswirkungen der Krankheit um 50 % reduzierte. Genau diese Antwort hält auch Sancinetti für zutreffend, wenn nach Vorstellung des Arztes die Gabe des Medikaments B ebenso wie des Medikaments C eine Tötungswahrscheinlichkeit von 50 % beinhaltete, ohne dass irgendeine Möglichkeit bestände, in Erfahrung zu bringen, ob nun das Medikament B oder aber das Medikament C die heilenden Eigen1
Sancinetti, GA 2016, 411 ff. Jackson, Ethics 101, Nr. 3 (1991), 461 ff. 3 Sancinetti, GA 2016, 425. 2
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Andreas Hoyer
schaften besitzt. Sancinetti verallgemeinert dieses Ergebnis dahingehend, dass die Richtung, in der eine Verhaltenspflicht für den Täter entsteht, nicht davon abhängt, wie gefährlich das betreffende Verhalten objektiv ist, sondern davon, wie gefährlich es nach der „Vorstellung des Täters zum Tatzeitpunkt“ ist.4 Dementsprechend sei es dem Arzt im Beispielsfall verboten, eines der beiden Medikamente B oder C zu verabreichen, und umgekehrt geboten, das Medikament A zu verabreichen. „Wenn der Arzt diese Pflicht nicht beachtet und sich zweifelnd für eines der anderen beiden Medikamente entscheidet, z. B. indem er eine Münze wirft,5 und unter anschließender Gabe des Medikaments C den Patienten vollständig heilt, bewahrt ihn dies nicht vor einer Bestrafung wegen (eines objektiv untauglichen) Versuchs, ebenso wie es ihn nicht vor einer Bestrafung wegen vollendeten Totschlags bewahren würde, wenn der Patient stürbe.“6 Da aber der Eintritt oder das Ausbleiben des tatbestandsmäßigen Erfolgs infolge der Verabreichung des Medikaments C nichts an der mit dessen Verabreichung begangenen Pflichtverletzung ändere, „warum sollte die Strafe eine andere sein“, je nachdem, ob der Erfolg durch den jedenfalls begangenen beendeten Tötungsversuch nun (aus der Sicht des Täters:) zufällig eintrete oder ausbleibe?7 Mit dieser rhetorischen Frage will Sancinetti dazu auffordern, von der generellen Möglichkeit einer Strafrahmenabsenkung, wie sie § 23 Abs. 2 StGB für die versuchte relativ zu einer vollendeten Tat eröffnet, im Falle eines beendeten Versuchs wegen des bereits vollständig verwirklichten Handlungsunrechts grundsätzlich keinen Gebrauch zu machen.8 Durch einen Verzicht auf die in § 23 Abs. 2 StGB ja nur fakultativ vorgesehene Strafrahmenabsenkung lässt sich also der von Sancinetti für maßgeblich erachteten Identität des Handlungsunrechts von beendetem Versuch und vollendetem Delikt immerhin auf gesetzeskonforme Weise Rechnung tragen. Bleibt dagegen eine Fahrlässigkeitstat im Stadium des beendeten Versuchs stecken, verweigert sich das Gesetz der von Sancinetti empfohlenen Fokussierung allein auf das verwirklichte Handlungsunrecht bei der Sanktionierung der Tat. Eine „rationale Strafrechtsdogmatik“ im Sinne von Sancinetti9 scheitert also an der generellen Tatbestandslosigkeit bloß fahrlässigen Handlungsunrechts, solange es sich nicht letztlich (aus der Sicht des Täters) zufällig auch in einem entsprechenden Erfolgseintritt verwirklicht.
4
Sancinetti, GA 2016, 425. An dieser Stelle seines Vortrags warf Sancinetti eine Münze weit über seinen Kopf hinaus senkrecht in die Höhe und fing sie im Absinken wieder auf. 6 Sancinetti, GA 2016, 426. 7 Sancinetti, GA 2016, 426 8 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung 1995, 183, 190. 9 Sancinetti, GA 2016, 411. 5
Verwirklichungs- und Vermeidewillen bei Vorsatz und Fahrlässigkeit
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II. Zur Abgrenzung zwischen Vorsatzund Fahrlässigkeitsunrecht Gerade im Zusammenhang mit dem zitierten Beispielsfall fragt es sich daher, ob Sancinetti überhaupt zu Recht davon ausgeht, die Verabreichung des Medikaments B oder C führe jedenfalls zu einer Strafbarkeit wegen versuchten Totschlags oder sogar zu einer Strafbarkeit wegen vollendeten Totschlags, wenn der Patient stürbe.10 Könnte man die Verabreichung entweder von B oder von C, anders als Sancinetti es ohne Begründung unterstellt, dagegen nur als tötungsfahrlässiges Verhalten des Arztes einstufen, so lautete die Alternative unter Zugrundelegung des geltenden Rechts je nach Erfolgseintritt oder -ausbleiben, dass der Arzt entweder wegen fahrlässiger Tötung gem. § 222 StGB strafbar ist oder gänzlich straflos bleibt. Zunächst einmal wäre also festzustellen, ob der Arzt tötungsvorsätzlich oder -fahrlässig handelte, wenn er seinem Patienten, um diesen vollständig zu heilen, entweder das Medikament B oder C verabreichte. Da ein dolus directus des Arztes bezüglich einer Tötung seines Patienten dann jedenfalls ausschiede, stellte sich die in der Strafrechtsdogmatik wohlbekannte Streitfrage, nach welchen Kriterien dolus eventualis und bewusste Fahrlässigkeit voneinander abzugrenzen sind. Das kognitive Vorsatzelement des dolus eventualis wäre bei einer Tötungswahrscheinlichkeit von 50 % aus der Sicht des Täters im Falle einer Verabreichung entweder von B oder von C unzweifelhaft gegeben, sodass hier nur problematisch sein kann, ob der dolus eventualis daneben auch noch ein voluntatives Vorsatzelement voraussetzt und ob diese voluntative Voraussetzung im konkreten Beispielsfall auch vorliegt. Immerhin wäre dem Arzt, der das Medikament B oder C in der Hoffnung verabreichte, dadurch eine vollständige Heilung seines Patienten herbeizuführen, dessen Tötung außerordentlich unlieb und keineswegs gleichgültig oder gar erwünscht. Sein verfolgtes Handlungsziel, den Patienten komplett zu heilen, wäre einem hypothetisch auf dessen Tötung gerichteten Handlungsziel, wie es den dolus directus 1. Grades auszeichnet, diametral entgegengesetzt. Im kognitiven Bereich setzen sowohl dolus directus 1. Grades als auch dolus eventualis lediglich voraus, dass der Täter es konkret für möglich hält, mit seiner Handlung sämtliche objektiven Tatumstände eines gesetzlichen Tatbestands zu verwirklichen. Wenn aber für den dolus directus 1. Grades zusätzlich ein auf die Verwirklichung dieser Tatumstände abzielender Wille erforderlich ist, kann dann ein umgekehrt gerade auf die Vermeidung dieser Tatumstände abzielender Wille tatsächlich demselben Vorsatzbegriff unterfallen und ebenfalls (prinzipiell gleich schwerwiegendes) Vorsatzunrecht begründen? Um dolus directus 1. Grades, 2. Grades und dolus eventualis als unterschiedliche Vorsatzformen unter denselben Vorsatz-Oberbegriff subsumieren zu können, ist es – wie Armin Kaufmann zu Recht feststellt – zunächst erforderlich, eine „einheitliche dolus-Lehre“ zu entwickeln, „nicht jedoch eine besondere Doktrin über den dolus 10
Sancinetti, GA 2016, 426.
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Andreas Hoyer
eventualis. Das heißt: Die Kriterien, nach denen die Grenze zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit zu ziehen ist, dürfen nicht nur den dolus eventualis kennzeichnen, sie müssen auch mit dem direkten Vorsatz harmonieren“.11 Das Vorhaben, einen einheitlichen Vorsatzbegriff zu entwerfen, von dem sich dann die einzelnen Vorsatzformen als dessen Spezialfälle ableiten lassen, wird dadurch erleichtert, dass die Definitionen des dolus directus 1. und 2. Grades weitgehend unstreitig sind, sodass sich aus diesen beiden Vorsatzformen der gemeinsame Nenner für einen Vorsatz-Oberbegriff induzieren lässt, aus dem dann wiederum die speziellen Kriterien für den dolus eventualis deduziert werden können. 1. Dolus directus 1. und 2. Grades Dolus directus 1. Grades liegt vor, wenn der Handelnde mit seinem Handeln jedenfalls auch die Verwirklichung der tatbestandsmäßigen Umstände als End- oder Zwischenziel seines Handelns anstrebte. Dass er es dann auch mindestens für konkret möglich gehalten haben muss, mit seinem Handeln zur Verwirklichung der tatbestandsmäßigen Umstände beizutragen, ergibt sich bereits daraus, dass eine solche Möglichkeitsvorstellung die notwendige Voraussetzung dafür bildet, um das für möglich Gehaltene überhaupt mit der Handlung anstreben zu können. Auch für den dolus directus 2. Grades braucht der Handelnde es nicht etwa als sicher angesehen zu haben, dass seine Handlung zur Verwirklichung der tatbestandsmäßigen Umstände führt, sondern er muss lediglich den Zusammenhang zwischen der Erreichung seiner Handlungsziele und der Verwirklichung tatbestandsmäßiger Umstände als sicher angesehen haben.12 Ein Versicherter, der zum Zwecke eines Versicherungsbetrugs sein Haus in die Luft sprengt, obwohl er sicher ist, dass seine Mieter im Falle einer Explosion ums Leben kämen, handelte also auch dann mit dolus directus 2. Grades bezüglich einer Tötung, wenn er es nur für möglich gehalten hätte, dass die beabsichtigte Sprengung glückt. Ebenso wie die Erreichung seines Zwischenziels, der Sprengung des Hauses, braucht der Handelnde also auch die damit seiner Vorstellung nach notwendig verbundene Tötung der Hausbewohner nur für konkret möglich gehalten zu haben, um dolus directus 2. Grades annehmen zu können. Dass er dann trotz des als sicher erachteten Zusammenhangs mit der Tötung der Hausbewohner weiterhin die Sprengung des Hauses betrieben hat, bedeutet zugleich, dass er auch die Tötung der Hausbewohner als Teil des seiner Vorstellung nach nur insgesamt verwirklichbaren Umständekomplexes mit angestrebt hat. Mathematisch knapp ausgedrückt: Wer einen Umstand x trotz der Annahme anstrebt, dass x und ein anderer Umstand y notwendig miteinander verbunden sind, der strebt damit den aus x und y bestehenden Umständekomplex an. Es mag dann durchaus sein, dass dem Handelnden hypothetisch ein isolierter Eintritt lediglich von x, ohne von y begleitet zu werden, noch lieber gewesen wäre als der Eintritt des aus 11 12
Arm. Kaufmann, ZStW 70 (1958), 72. Jakobs, AT 8/18; Samson, JA 1989, 450 f.; Roxin, AT I § 12 Rn. 18.
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x und y zusammengesetzten Umständekomplexes. Real bestand aber keine Wahl zwischen x ohne y einerseits sowie x und y andererseits, sondern allein eine Wahl zwischen sowohl x als auch y einerseits und weder x noch y andererseits. Sofern der Handelnde in dieser realen Entscheidungssituation die Alternative (x und y) relativ zu der Alternative (-x und -y) präferiert, will er mit seiner Handlung den Kausalverlauf in die von ihm bevorzugte Richtung steuern, um so den Eintritt der bestmöglichen ihm erreichbar scheinenden Umständekonstellation zu bewirken. 2. Dolus eventualis Dolus directus 1. Grades und 2. Grades fußen also auf dem gemeinsamen Nenner, dass der Handelnde mit seiner Handlung jeweils eine Umständekonstellation zu verwirklichen für möglich hält und (weil er sie relativ zu der ohne seine Handlung bestehenden präferiert) zu verwirklichen anstrebt, deren notwendige Bestandteile jedenfalls auch die tatbestandsmäßigen Umstände sind. Als dritte Vorsatzform müsste sich demzufolge auch der dolus eventualis unter diesem gemeinsamen Nenner integrieren lassen, da sonst die grundsätzliche Gleichstellung des dolus eventualis mit den beiden anderen Vorsatzformen in Bezug auf die dadurch verwirklichten Tatbestände und den dadurch ausgelösten Strafrahmen nicht verständlich wäre. Auch bei „bloßem“ dolus eventualis muss der Handelnde es also erstens für möglich halten, mit seiner Handlung einen Umständekomplex zu verwirklichen, zu dem auch die tatbestandsmäßigen Umstände gehören. Zweitens muss er den Eintritt dieses Umständekomplexes aufgrund seiner Handlung gegenüber demjenigen bevorzugen, der ohne seine Handlung bestünde, und Erstgenannten insofern relativ zu Zweitgenanntem anstreben bzw. verwirklichen wollen. a) Lederriemen-Fall Auf den bekannten Lederriemen- als Schulfall für die Abgrenzung zwischen dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit bezogen,13 heißt das, die Täter müssten es sich, um bedingten Tötungsvorsatz aufzuweisen, erstens als möglich vorgestellt haben, ihr Opfer mit dem Lederriemen erdrosseln zu können. Zweitens müssten sie einen Umständekomplex, in dem sie ihre Wegnahmeziele erreicht, zugleich aber ihr Opfer getötet hätten, bei Vornahme der tatbestandsmäßigen Handlung relativ zu einem alternativen Umständekomplex, in dem beides nicht der Fall ist, bevorzugt haben. Es stünde dem dolus eventualis nicht entgegen, wenn sie einen dritten Umständekomplex, in dem sie sowohl ihre Wegnahmeziele erreicht hätten als auch ihr Opfer trotzdem am Leben geblieben wäre, zum Zeitpunkt der tatbestandsmäßigen Handlung ebenfalls für möglich gehalten und relativ zu einer Wegnahme mitsamt Tötung noch mehr präferiert hätten. Hilfsweise, nämlich unter der Bedingung, dass dieser dritte meistbevorzugte Umständekomplex sich mit den ihrerseits verfüg13
BGHSt 7, 363 ff.
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baren Tatmitteln nicht erreichen lassen sollte, treffen die Täter genau dieselbe Entscheidung, die auch ein mit dolus directus 2. Grades handelnder Täter trifft und die den Eintritt tatbestandsmäßiger Umstände mit beinhaltet. Im Lederriemen-Fall wäre also zu fragen, ob die Täter den von ihnen erstrebten Wegnahmeerfolg so sehr wertschätzten, dass ihnen um seinetwillen sogar der zusammengesetzte Umständekomplex aus Wegnahme- und (isoliert betrachtet: unerwünschtem) Todeserfolg insgesamt noch vorzugswürdig erschien im Vergleich zu einem Umständekomplex, der keinen der beiden genannten Erfolge enthielte. Schätzt der Täter den Wert des Wegnahmeerfolges für sich höher ein als den Unwert des Todeserfolgs, so mag man formulieren, der Täter finde sich mit dem Todeserfolg notfalls ab14 bzw. nehme ihn um des Wegnahmeerfolges willen in Kauf.15 Ebenso lässt sich von einem Billigen des tatbestandsmäßigen Erfolgs sprechen,16 wenn darunter das relative Präferieren eines Zustandes mit Wegnahme- und Todeserfolg gegenüber einem Zustand ohne diese beiden Erfolge verstanden wird. In Armin Kaufmanns Terminologie17 ließe sich sagen, der Verwirklichungswille bezogen auf den Wegnahmeerfolg überwiege dann gegenüber dem Vermeidewillen bezogen auf den Todeserfolg, sodass sich per saldo beides verrechnen lässt zu einem Gesamtverwirklichungswillen bezogen auf jenen im Lederriemen-Fall tatsächlich eingetretenen Umständekomplex aus beiden Erfolgen. b) Sancinettis Beispielsfall Was bedeutet dies alles nun für die Lösung von Sancinettis oben angeführtem Beispielsfall?18 Wenn der Notarzt in diesem Fall entweder Medikament B oder C verabreicht, so handelt er dabei ebenfalls mit Vermeidewillen in Bezug auf eine Tötung seines Patienten und zugleich mit Verwirklichungswillen in Bezug auf eine vollständige Heilung dieses Patienten. Anders als im Lederriemen- lässt sich im Notarzt-Fall aber kein aus beiden Einzelerfolgen zusammengesetzter Umständekomplex bilden, hinsichtlich dessen festzustellen wäre, ob der Täter ihn gegenüber einem alternativen Umständekomplex ohne die beiden Einzelerfolge bevorzugte. Die beiden Einzelerfolge „Heilung“ und „Tötung“ des Patienten schließen einander vielmehr – anders als „Wegnahme“ und „Tötung“ im Lederriemen-Fall – objektiv und auch aus der Sicht des Täters zwingend aus. Damit lässt sich im Notarzt-Fall auch nicht sagen, der Täter habe sich um der erstrebten Heilung willen notfalls auch mit dem Tod seines Patienten abgefunden bzw. ihn in Kauf genommen. Relativ zu dem Umständekomplex vor der Tathandlung (und ohne sie), als der Patient „nur“ an einer schweren Gesundheitsschädigung litt, hätte der Arzt jedenfalls keinen Umständekomplex prä14
BGH NStZ 2004, 35; NStZ 2007, 700 (701); 2008, 93. RGSt 59, 1 (3); 67, 425. 16 BGHSt 7, 363; 21, 283 (284); NStZ 2008, 451; 2009, 91. 17 Arm. Kaufmann, ZStW 70 (1958), 74. 18 Vgl. unter I.
15
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feriert, der unter anderem den Tod seines Patienten beinhaltete, zumal dessen Unwertigkeit dann auch unmöglich noch durch den Wert des vom Täter allein erstrebten Heilungserfolgs beim selben Patienten zu kompensieren gewesen wäre. Konsequenz dieser Ausführungen kann meines Erachtens nur sein, dass der Arzt in Sancinettis Beispiel ohne Verwirklichungswillen in Bezug auf einen Umständekomplex gehandelt hat, der auch den Tod seines Patienten in sich barg. Mithin könnte ihm statt dolus eventualis lediglich bewusste Fahrlässigkeit hinsichtlich dieser Tötung zur Last gelegt werden, woraus eine Strafbarkeit nach § 222 StGB ausschließlich für den Fall folgt, dass er zufällig das tödlich wirkende Medikament ausgewählt und verabreicht hätte. Würde der Arzt in Sancinettis Beispielsfall dagegen umgekehrt das Medikament B oder C mit dem Ziel verabreichen, seinen Patienten auf diese Weise zu töten, so machte er sich dadurch entweder wegen vollendeten oder jedenfalls wegen versuchten Totschlags strafbar. Obwohl er also jeweils mit derselben 50 %igen Wahrscheinlichkeit den Tod bzw. eine vollständige Heilung seines Patienten erwartet, zöge die einander entgegengesetzte Richtung seines Verwirklichungs- bzw. Vermeidewillens auch eine entsprechend unterschiedliche Beurteilung seiner Strafbarkeit wegen Vorsatz- oder Fahrlässigkeitsdelikts nach sich. Armin Kaufmann hat vor einer solchen „auf gesinnungsethischen Erwägungen basierenden Differenzierung“19 zwischen Vorsatz- und Fahrlässigkeitstaten allerdings gewarnt: „Ein Vermeidenwollen im Sinne des bloßen Wünschens“ schließe den Verwirklichungswillen und damit den Vorsatz nicht aus.20 Beachtlich in dem Sinne, dass er den Vorsatz entfallen lasse, könne nur ein Vermeidewille als tatmächtiger „steuernder Wille sein, der sich im äußeren Geschehen manifestiert“.21 In allen Fällen, in denen die Strafbarkeit nach dem Gesetz von einem Absichtserfordernis (ob als qualifizierte Vorsatzform oder als überschießende Innentendenz) abhängt, entscheidet aber ohnehin allein die unterschiedliche Gesinnung verschiedener Handelnder darüber, ob nun deren jeweils gleich ausgeprägtes Für-möglich-Halten einer Erfolgsverursachung den betreffenden Tatbestand erfüllt oder nicht. Ginge es in Sancinettis Beispiel etwa nicht um die gleich wahrscheinlichen Alternativen „Tötung“ oder „vollständige Heilung“, sondern um die ebenfalls gleich wahrscheinlichen Alternativen „Erblindung“ oder „vollständige Heilung“, so hinge die Strafbarkeit nach § 226 Abs. 2 StGB unstreitig allein davon ab, mit welcher Zielrichtung der Arzt das Medikament B oder C verabreicht hätte. Wenn es aber bei der Abgrenzung des dolus directus 1. Grades von anderen Unrechtsformen auf die Gesinnung des Handelnden ankommt, so spricht zumindest nichts dagegen, auch für die Abgrenzung der weiteren Unrechtsformen voneinander nach „gesinnungsethischen Erwägungen“ zu differenzieren. Ein solches Vorgehen entspräche vielmehr genau Armin Kaufmanns Forderung, keine „besondere Doktrin über den dolus eventualis“, 19
Arm. Kaufmann, ZStW 70 (1958), 78. Arm. Kaufmann, ZStW 70 (1958), 75. 21 Arm. Kaufmann, ZStW 70 (1958), 76. 20
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sondern stattdessen eine „einheitliche dolus-Lehre“ mit für alle Vorsatzformen gleichartigen Abgrenzungskriterien zur Fahrlässigkeit zu entwickeln.22 Wie sollte sich der Verwirklichungswille des Handelnden, wenn er nicht schizophren ist, auch zugleich auf zwei Ereignisse (Tötung und Heilung) beziehen, die einander gerade ausschließen? „Der Verwirklichungswille findet seine Grenze also am – Verwirklichungswillen“, wie Armin Kaufmann zu Recht feststellt.23 Sowohl unter spezial- als auch unter generalpräventivem Blickwinkel ergibt sich überdies ein höherer strafrechtlicher Einwirkungsbedarf in Bezug auf einen Täter, dem die Verwirklichung seiner Handlungsziele wichtiger ist als die Vermeidung einer Tötung, im Vergleich zu einem Täter, dessen Handlungsziel gerade in der Vermeidung einer Tötung besteht. Ebenso wie ein mit der lebensgefährlichen Verabreichung von Medikament B oder C verfolgtes Tötungsziel nicht nur einen unerheblichen Wunsch bildete, sondern als Verwirklichungswille den Vorsatz begründete, bildet umgekehrt auch ein mit derselben Medikamentenverabreichung verfolgtes Heilungsziel nicht nur einen unerheblichen Wunsch, sondern schließt als Vermeidewillen den Vorsatz aus. c) Lacmann’scher Schießbuden-Fall und Raser-Fälle Entsprechendes gilt über Sancinettis Beispielsfall hinaus auch für andere Sachverhaltskonstellationen, in denen das vom Handelnden verfolgte außertatbestandliche Handlungsziel sich nach der Vorstellung des Handelnden nur erreichen lässt, wenn auf der anderen Seite der tatbestandsmäßige Erfolg vermieden werden kann. Ein bekanntes Lehrbuchbeispiel dafür stellt der Lacmann’sche Schießbudenfall dar, in dem der Handelnde seine Wette nur gewinnt, wenn es ihm gelingt, so genau zu treffen, dass eine Verletzung des Schießbudenfräuleins durch den Schuss ausbleibt.24 Sehr viel praxisnäher als diese Beispiels- sind die sog. Raser-Fälle, in denen mehrere Autofahrer sich in weit überhöhtem Tempo eine Wettfahrt durch die verkehrsreichen Straßen einer belebten Innenstadt liefern.25 Wenn man hier annimmt, jeder an der Wettfahrt beteiligte Autofahrer rechne sich Gewinnchancen nur für den Fall aus, dass es ihm gelingt, eine Kollision seines Fahrzeugs mit entgegenkommenden oder kreuzenden anderen Fahrzeugen zu vermeiden, dann folgt daraus, dass ihm kein bedingter Tötungsvorsatz, sondern lediglich bewusste Tötungsfahrlässigkeit vorgeworfen werden kann.
22
Arm. Kaufmann, ZStW 70 (1958), 72. Arm. Kaufmann, ZStW 70 (1958), 73 f. 24 Lachmann, ZStW 31 (1911), 159. 25 BGH JZ 2018, 574 ff. 23
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III. Fahrlässigkeitsunrecht 1. Entscheidungsfahrlässigkeit Fahrlässigkeitsunrecht setzt im Unterschied zu Vorsatzunrecht nicht das Vorhandensein von Verwirklichungswillen im Hinblick auf tatbestandsmäßige Umstände voraus, sondern das Fehlen eines hinreichenden Vermeidewillens im Hinblick auf dieselben Umstände. Am „hinreichenden“ Vermeidewillen fehlt es sowohl demjenigen, der bewusst die Verwirklichung tatbestandsmäßiger Umstände durch seine Handlung riskiert, als auch demjenigen, der auf ihm als solchen bewusst gewordene Gefahrindikatoren nicht mit den Vermeideanstrengungen reagiert, die angesichts ihrer normativ in der Tatsituation geboten gewesen wären. Bei hinreichendem Vermeidewillen wäre weder die verabredete Autowettfahrt gestartet noch der riskante Schuss in Richtung des Schießbudenfräuleins abgegeben worden – und auch in Sancinettis Beispielsfall hätte der Arzt „selbstverständlich“26 das jedes Tötungsrisiko vermeidende Medikament A statt eines der beiden vermeintlich jeweils ein 50 %iges Tötungsrisiko schaffenden anderen Medikamente verabreichen müssen. In allen drei genannten Fällen kommt dem Handelnden also sein vorhandener Vermeidewille insoweit zugute, als er seine Vorsatzstrafbarkeit ausschließt. In allen drei genannten Fällen reicht dieser Vermeidewille aber andererseits nicht hin, um auch seine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit auszuschließen, falls denn das fahrlässig eingegangene Risiko sich auch objektiv verwirklicht. Zutreffend weist Sancinetti aber darauf hin, dass die Vornahme einer Handlung, die dem Täter „riskant erscheint, […] selbst dann einen Normbruch darstellt, wenn sie folgenlos bleibt“.27 Auch das Fahrlässigkeitsdelikt beinhalte demnach eine Art „Vorsatz […], und zwar hinsichtlich einer Ansammlung von Bedingungen, die nach dem Urteil der Rechtsordnung eine (unerlaubt) riskante Situation darstellen“.28 In den genannten Beispielsfällen war sich der Handelnde selbst des mit seiner Handlung verbundenen Risikos bewusst, sodass sich hier von bewusster oder Entscheidungsfahrlässigkeit sprechen lässt. 2. Vollzugsfahrlässigkeit Davon ist als weitere Fahrlässigkeitsform die Vollzugs- oder Steuerungsfahrlässigkeit29 zu unterscheiden, die darin besteht, dass sich der Handelnde unter mehreren ihm ersichtlichen Handlungsalternativen gerade für die seiner Vorstellung nach risikoärmste entscheidet, bei der Ausführung dieser Entscheidung aber versehentlich doch ein unerlaubtes Risiko schafft. Als Beispiel für diese Konstellation führt San26
So Sancinetti, GA 2016, 425. Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung 1995, 301; ähnl. schon Arm. Kaufmann, ZfRV 1964, 55, dem zufolge „der Erfolgseintritt dem fahrlässigen Delikt nicht wesentlich ist.“ 28 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung 1995, 299. 29 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung 1995, 173 Fn. 135. 27
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cinetti einen Autofahrer an, der wegen einer dicht vor ihm auf der Fahrbahn hingefallenen Dame bremsen will, dabei aber das Brems- mit dem Gaspedal verwechselt und deswegen unwillentlich beschleunigt.30 Hier bleibt es dem Autofahrer zum Zeitpunkt seines Pedaltritts zwar verborgen, dass er dadurch ein Risiko für den Erfolgseintritt schafft. Immerhin war ihm aber unmittelbar vor seinem Pedaltritt bewusst, dass abhängig von seinem künftigen Verhalten ein Risiko für den Erfolgseintritt zu entstehen droht. Dem Täter war also die Risikoerheblichkeit seiner Verhaltensentscheidung und deren Ausführung durchaus bekannt, sodass er bei hinreichendem Vermeidewillen allen Grund dazu gesehen hätte, nicht nur bei seiner grundsätzlichen Verhaltensentscheidung („bremsen!“) auf Risikovermeidung zu achten, sondern auch bei deren konkreter Ausführung („auf das richtige Pedal treten!“). 3. Schlussfolgerungsfahrlässigkeit Als dritte Fahrlässigkeitsform (analog zu den drei Vorsatzformen) ist schließlich noch die Aufklärungs- oder Schlussfolgerungsfahrlässigkeit zu nennen, bei der es der Täter mangels hinreichenden Vermeidewillens versäumt, aus bestimmten ihm bewusst gewordenen Besonderheiten der Tatsituation (Gefahrindikatoren) die Befürchtung abzuleiten, dass seine künftige Verhaltensentscheidung möglicherweise risikorelevant sein könne, und auf diese Befürchtung dann mit den entsprechenden Vermeideanstrengungen zu reagieren. Sancinettis Arzt-Fall variierend, ließe sich als Beispiel für diese Konstellation etwa vorstellen, dass der ungewohnte Farbton des vermeintlichen Heilmittels den Arzt bei gehörigem Vermeidewillen zu dem Verdacht hätte führen können, es handele sich dabei tatsächlich um ein tödliches Gift. Wenn der Arzt diese subjektiv als solche registrierten Auffälligkeiten dann etwa aus Gleichgültigkeit oder Zeitmangel unbeachtet lässt, ohne sich weitere Gedanken darüber zu machen, so könnte ihm ebenfalls (unbewusste) Fahrlässigkeit hinsichtlich des dadurch geschaffenen Risikos zur Last gelegt werden. Anknüpfungspunkt für das Fahrlässigkeitsurteil ist auch in diesem Fall ein bestimmtes Wissen des Handelnden, auf das dieser nicht mit den Vermeideanstrengungen reagiert hat, die ihm ein hinreichend ausgeprägter Vermeidewille bei einem derartigen Vorstellungsinhalt nahegelegt hätte. Das Unrecht kommt also auch bei dieser Fahrlässigkeitsform dadurch zustande, dass „eine Entscheidung auf der Grundlage von bestimmten Vorstellungsinhalten getroffen wird […], die nach dem Urteil der Rechtsordnung eine (unerlaubt) riskante Situation darstellen“.31 Selbst wenn der Handelnde in der Tatsituation beispielsweise durch ein Handy am Steuer seines Fahrzeugs abgelenkt ist, so weiß er doch zumindest, dass er abgelenkt ist, stellt sich also Umstände vor, unter denen seine Handlung nach den Maßstäben der Rechtsordnung Unrecht begründet.
30 31
Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung 1995, 173 Fn. 135. Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung 1995, 299.
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IV. Zusammenfassung Auch das Unrecht einer fahrlässigen Handlung lässt sich somit wie dasjenige einer vorsätzlichen Handlung aus einem Urteil über das dieser Handlung zugrunde liegende Wissen und Wollen ableiten: Der Täter verfügt jeweils über ein bestimmtes (zumindest vermeintliches) Wissen von gefahrindizierenden Umständen, reagiert aber jeweils auf dieses Wissen nicht mit solchen Maßnahmen zur Gefahrvermeidung, wie sie ein Handelnder mit hinreichend ausgebildetem Vermeidewillen aufgrund desselben Wissensstands ergriffen hätte. Qualifiziertes Vorsatzunrecht statt bloßem Fahrlässigkeitsunrecht kommt dadurch zustande, dass sich das Fehlen hinreichenden Vermeidewillens beim Täter darin äußert und dazu steigert, dass er konträr zur Verbotsnorm sogar positiv Verwirklichungswillen hinsichtlich tatbestandsmäßiger Umstände entwickelt und betätigt. Literatur Jackson, Frank: Decision-theoretic consequentialism and the nearest and dearest objection, Ethics 101, Nr. 3, 1991, S. 461-482. Jakobs, Günther: Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Berlin/Boston 2011. Kaufmann, Armin: Der dolus eventualis im Deliktsaufbau, ZStW 70 (1958), S. 64-86. Kaufmann, Armin: Das fahrlässige Delikt, ZfRV 1964, S. 41-55. Lachmann, Wilhelm: Die Abgrenzung der Schuldformen in der Rechtslehre, ZStW 31 (1911), S. 142-166. Roxin, Claus: Strafrecht Allgemeiner Teil, Band 1, 4. Auflage, München 2006. Samson, Erich: Absicht und direkter Vorsatz im Strafrecht, JA 1989, S. 449-454. Sancinetti, Marcelo Alberto: Der Handlungsunwert als Grundlage einer rationalen Strafrechtsdogmatik, GA 2016, S. 411-426. Sancinetti, Marcelo Alberto: Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch, Köln/München 1995.
Bemerkungen zur Kausalität als Vorsatzgegenstand Von Günther Jakobs
I. Terminologie In der entzauberten Welt1 birgt die Natur keinen Sinn; „Schicksal“ und „höhere Fügung“ geben keine Erklärungsmuster für individuelle oder gesellschaftliche Ereignisse mehr ab. Sinn ist stets ein von Menschen gemachter Sinn, und er wird in der Hauptsache produziert, indem natürliche oder gesellschaftliche Zustände planvoll verändert werden (oder planvoll so belassen werden, wie sie sind), indem also ein Individuum (Mensch) oder eine (gesellschaftlich gebundene) Person sie vorsätzlich verändern (oder belassen). Die Vorsätzlichkeit wird verbreitet als psychisches Faktum verstanden und als „Kenntnis“ des Fortgangs oder „Wissen“ davon beschrieben und Unvorsätzlichkeit als „Nichtkenntnis“ oder „Irrtum“, auch als „fehlende Einsicht“ (siehe § 16 StGB, Überschrift und Abs. 1 Satz 1 [hier und nachfolgend wird das deutsche StGB zitiert] sowie § 17 StGB, Überschrift und Satz 1). Eine solche Terminologie ist unglücklich gewählt und verleitet zu Fehlern; denn Nichtkenntnis oder Nichtwissen sowie fehlende Einsicht erfassen einen ungleich weiter geschnittenen Bereich, als es bei einem Irrtum der Fall ist. Man stelle sich die riesigen möglichen Wissensbereiche vor, von denen kein Mensch alle oder auch nur den überwiegenden Teil einsichtsvoll kennt, angefangen beim Grundschüler, der etwa von der Integralrechnung keine Ahnung hat, sich aber keineswegs allein deshalb irrt, bis hin zum Universalgenie, welches weiß, dass es nicht alles weiß, dies wiederum ohne sich zu irren, da eine Kenntnis der Nichtkenntnis und ein Irrtum über das – bekannterweise! – nicht Gekannte sich ausschließen. Ein Irrtum sind nur eine Fehlvorstellung oder das Fehlen einer Vorstellung, die dem Agierenden bei seiner sinnhaften Weltgestaltung ungelegen im Sinne von nicht gleichgültig sind. Die soeben kritisierte Terminologie führt leicht zu Fehlern, weil sie die sinnrelevante Fehlvorstellung oder das Fehlen einer solchen Vorstellung mit der sinnneutralen defizitären Vorstellungslage in eins setzt und damit denjenigen Täter, der die Folgen seines Verhaltens aus seinem Sinn ausklammert, mit einem Täter gleichsetzt, bei dem die vorab nicht gesehenen Verhaltensfolgen den Sinn aufheben oder schmälern, eben allenfalls mit einem Fahrlässigkeitstäter. Beispielhaft, der am Ergehen anderer Personen nicht interessierte Rabauke wird dann einer Person gleichgestellt, die eine 1
Max Weber, Wissenschaft, S. 592.
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– auch von ihr selbst gerügte – Wahrnehmungsschwäche zeigt. Kurzum, durch die Gegenüberstellung von Kenntnis (Wissen) und Irrtum sowie die Gleichsetzung von Unkenntnis (Nichtwissen) und Irrtum wird dem individuellen psychischen Faktum eine Dominanz verliehen, die seine rechtliche Wertung (Warum fehlt Kenntnis?) überspielen kann.
II. Objektivierung eines Tatbestandsvorsatzes Nach dieser Vorbemerkung soll die Vorsatzlehre von Sancinetti in den Blick genommen werden. Vorsatz ist bei Sancinetti konstitutives Element des Unrechts, und das heißt bei ihm, des Handlungsunrechts in dem Verständnis, dass ein Deliktserfolg, der sich aus dem Verhalten einer Person ergibt, seinerseits nicht auch Teil des Unrechts ist.2 Das Unrecht einer Vorsatztat besteht und erschöpft sich demnach im vorsätzlichen Verhalten (Tun oder Unterlassen) und liegt mit dessen Abschluss, und das heißt mit der Beendigung des Versuchs, komplett vor. Diese Unrechtslehre stellt auf die aktuelle, sichere Beherrschbarkeit des Geschehens ab, sodass Unrecht mit dem Vollzug des letzten Verhaltensteils abschließt; ist danach die Möglichkeit einer Revokation vorbehalten und auch gegeben, handelt es sich um einen hybriden unbeendeten Versuch.3 Sancinetti versteht sich selbst – zutreffend – als Angehöriger der sogenannten Armin Kaufmann-Schule,4 deren Lehren hier nur insoweit herangezogen werden, als sie sich speziell auf den Vorsatz beziehen.5 Zunächst geht es um die Beantwortung 2 Sancinetti, Dogmática, durchgehend, insbesondere S. 42 ff.; schon ders., Subjektive Unrechtsbegründung, vom Titel an durchgehend. – Die Entgegensetzung von objektiver und subjektiver Unrechtsbegründung im Langtitel ist sehr missverständlich; denn eine nur-objektive Unrechtsbegründung ist von dem dort genannten „Jakobs“ (dem Verf. dieser Zeilen) nie behauptet worden. Mehr noch, spätestens seit der Arbeit zum Handlungsbegriff (Jakobs, Handlungsbegriff, S. 41 ff. = Beiträge, S. 602 ff.) wird dargetan, die Schuld sei Handlungsvoraussetzung und damit auch Unrechtsvoraussetzung – eine Lehre, die sich einigermaßen zwingend ergibt, wenn das Delikt als kompetenter (!) Widerspruch gegen die Normgeltung verstanden wird. Dass die Kompetenz bei einem funktionalen Schuldbegriff (schon Jakobs, Schuld und Prävention, = Beiträge, S. 641 ff.) auch davon abhängt, wie die Gesellschaft organisiert ist, steht auf einem anderen Blatt. – Der Sache nach geht es hauptsächlich um die Frage, ob auch ein Deliktserfolg zum Delikt und zur Handlung gehört. Dazu unten Fn. 5. 3 Loos, Dogmenhistorische Bemerkungen zum Rücktritt vom Versuch, S. 349, 354 und passim; sachlich ebenso Armin Kaufmann, Zum Stande, S. 403 Fn. 28; auch schon ders., Unterlassungsdelikte, S. 228 f.; Roxin, Anfang, S. 218. 4 Armin Kaufmann, Zum Stande S. 411 ff.; Zielinski, Handlungs- und Erfolgsunwert, S. 128 ff.; Struensee, Versuch, S. 523 ff. 5 Immerhin sei zu dem Kern der Lehre dieser Schule einiges angemerkt: Die vorgebliche Konsequenz der Lehre ist eine zwingende Gleichbehandlung, insbesondere Strafgleichheit, des beendeten Versuchs mit der Vollendung: Armin Kaufmann, Alternativ-Entwurf, S. 50 ff.; ders., Zum Stande, S. 402 f.; Zielinski, Handlungs- und Erfolgsunwert, S. 204 ff., 209 ff.; Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 163 ff. Bekannt ist folgendes Verdikt von Armin Kaufmann (Zum Stande, S. 403): „Wieso, wenn das Opfer lange nach der Tat dem Plan
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der Frage, inwieweit sich ein Versuch allein aus der Vorstellung des Täters konstruieren lässt. Diese Frage besteht aus zwei Teilen: Erstens, muss sich der Vorsatz auch beim Versuch objektivieren, und zweitens, bildet jede noch so phantastische Vorstellung der Erfolgsherbeiführung einen Vorsatz? Zur ersten Teilfrage: Sie wird kaum je aufgeworfen und auch von Sancinetti nicht speziell behandelt.6 Vorsatz als – zumindest bei seinem Beginn – Internum einer Perdes Täters gemäß im Krankenhaus stirbt, sich Handlungsunrecht und Tatschuld erhöhen könnten, ist nicht erfindlich.“ Das dürfte treffend benennen, was ein isolierter Täter, sich und die Norm verbindend, als seinen „Output“ versteht (dazu Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 213), besagt aber nichts darüber, wie die Gesellschaft den auf sie eindringenden „Input“ zu verarbeiten hat, und so wie die Externalisierung des Täters in Stufen erfolgt (unbeendeter und beendeter Versuch), mag auch die Internalisierung in die Gesellschaft Stufen kennen: Ein Versuch, der folgenlos bleibt, zwingt weniger dazu, das Geschehene intern zu verarbeiten, als es bei einer vollendeten Tat der Fall ist. Dagegen lässt sich nicht einwenden, das Maß der geschehenden Internalisierung als gesellschaftliches Problem sei ein kategorial anderes als das für die Schuldbestimmung heranzuziehende Maß; denn der Täter ist kein von der Gesellschaft isoliertes Individuum, vielmehr Person, also in der Gesellschaft die Adresse von Rechten und Pflichten, und die Pflicht, Strafe zu dulden, wird ihm schwächer auferlegt, wenn er erfolglos zu delinquieren versucht, als wenn ihm Erfolg beschieden ist und damit sein Protest gegen die normative Struktur stärker eingebrannt wird. Beispielhaft, das Opfer eines Tötungsversuchs wird eher selten beweint, anders als es bei einem getöteten Menschen der Fall ist. – Zur Problematik jüngst mit eingehender Darstellung der Kontroverse Ast, Konvergenzen, S. 205 ff. – Beiläufig, Welzel hat Ende der sechziger Jahre gegen Schluss eines gemeinsamen Seminars mit Kaufmann zum Thema „Handlungsunrecht“ wörtlich (!) gesagt: „Zum Mord gehört eine Leiche.“ – Hegel, Grundlinien, § 218 Anm., formuliert (Hervorhebung original): „Die Folgen als die die eigene immanente Gestaltung der Handlung, manifestieren nur deren Natur und sind nichts anderes als sie selbst; die Handlung kann sie daher nicht verleugnen und verachten. … – Hierin liegt, daß es dem Verbrecher, wenn seine Handlung weniger schlimme Folgen hat, zu Gute kommt, so wie die gute Handlung es sich muß gefallen lassen, keine oder weniger Folgen gehabt zu haben, und daß dem Verbrechen, aus dem sich die Folgen vollständiger entwickelt haben, diese zur Last fallen.“ Hegel schließt die „gute Handlung“ zu Recht ein: Wer würde etwa einen großzügigen Spender, dessen Gabe allerdings nie die Destinatäre erreicht, als deren Retter bezeichnen? Etwas bewirken ist eben mehr als nur etwas tun oder unterlassen. – Die Gesellschaftsferne der Lehre von der alleinigen Relevanz des Handlungsunrechts, genauer: des Verhaltensvollzugsunrechts, wird auch in Sancinettis Theorie der Beteiligung deutlich (Dogmática, S. 66 ff.). Während es gesellschaftlich selbstverständlich ist, dass Personen sich miteinander verbinden können (Jakobs, Beteiligung, S. 15 ff. und passim), spaltet Sancinetti bei der Beteiligung das Verhalten aller in je für sich zu bewertende Einzelbeiträge auf: Nach dem Abschluss eines Beitrags wird dieser beurteilt. „… die Tat des Teilnehmers und diejenige des Täters können vollständig getrennt werden“ (a.a.O., S. 78); die „Tat des anderen braucht keine besonderen Voraussetzungen zu erfüllen, sie braucht nicht einmal tatsächlich stattfinden zu müssen“ (a.a.O., S. 84; Hervorhebung original; auch S. 88, 102). – Es gibt also nur ein Ich, nicht auch ein Wir. Das ist die Beteiligungslehre einer zwar konsequent konstruierten, gesellschaftslosen Welt, die allerdings in dieser Gestalt nicht stattfindet. 6 Eingehender zum Thema Jakobs, „Versuch“ S. 37 ff. – Immerhin erkennt Sancinetti, dass dem von der agierenden Person nicht zu garantierenden Wissen („Sonderwissen“, „rollenfremdes Wissen“ [so es solches geben sollte]) kein objektiver Tatbestand entspricht, dieses Wissen also kein Element eines Tatbestandsvorsatzes sein kann: Sancinetti, Subjektive Un-
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son gehört zu deren Privatbereich. Wieso darf die Gestalt dieses Bereichs überhaupt ermittelt werden? Sie darf es nicht jedenfalls; anlasslose Vorsatzermittlungen wären offenbar rechtlich unzulässig. Aber was ist ein Anlass, der Ermittlungen rechtlich trägt? Die Antwort, das unmittelbare Ansetzen sei ein hinreichender Anlass, genügt nicht; denn man müsste den Vorsatz ja schon kennen, um vom unmittelbaren Ansetzen zu wissen. Aber das Recht kann auch nicht warten, bis sich ein dolus ex re zeigt; denn dieser mag selbst bei einer vollendeten Tat fehlen. So bleibt nur die Möglichkeit, bei einer wahrnehmbar (!) aggressiven Ausrichtung des Organisationskreises eines möglichen (!) Täters auf den Organisationskreis des möglichen (!) Opfers den Bestand eines dolus zu ermitteln, was im Fall eines undolosen „Täter“-Verhaltens auf eine Aufopferung seiner internen Sphäre im allgemeinen Interesse hinausläuft.7 Beispielhaft, das Abdrücken eines Gewehrs in Richtung einer anderen Person ist jedenfalls dann eine wahrnehmbare, aggressive Ausrichtung, wenn die Waffe nicht offensichtlich untauglich, insbesondere ungeladen ist. Verkennt einzig der Hantierende die Untauglichkeit, so bleibt es mangels einer wahrnehmbar aggressiven Ausrichtung bei einem (straffreien) „Versuch“, in das (strafbare) Versuchsstadium zu gelangen. Etwas vergröbernd, wer die auf der Hand liegende Sozialadäquanz seines Verhaltens verkennt und es als gefährlich einstuft, hat keinen Tatbestandsvorsatz, da Tatbestände sich nicht auf (objektiv) Sozialadäquates beziehen. Damit ist auch die Antwort auf die zweite Teilfrage vorbereitet, die dem abergläubischen und dem irrealen Versuch gilt. – Beim abergläubischen Versuch (genauer, bei dem „Versuch“ genannten abergläubischen Unterfangen) will der „Täter“ der Welt durch den Einsatz übernatürlicher Kräfte einen bestimmten Sinn geben; zumeist dürfte es sich um eine versuchte Anstiftung „höherer Mächte“ oder „dienstbarer Geister“ oder um sonstige Anregungen an diese handeln. Die Vertreter der Lehre von der alleinigen Geltung des Handlungsunrechts argumentieren teils, dieses Unrecht liege auch in solchen Fällen vor, allenfalls möge das Strafbedürfnis sinken.8 Die insoweit klarste Formulierung findet sich bei Armin Kaufmann:9 „In konsequenter Durchführung des personalen Unrechtskonzepts (und auch der subjektiven Versuchstheorie) bestimmt allein der Sinn, den der Täter im Tatvorsatz seiner Tat gibt, das Wertungssubstrat des Normwidrigkeitsurteils. Selbst der abergläubische Versuch ist also Unrecht.“ rechtsbegründung, S. 244 ff.; ebenso Jakobs, Tätervorstellung S. 275 ff. = Beiträge, S. 396 ff.; ders., Zuständigkeit durch Wissen?, S. 235 ff. 7 Jakobs, „Versuch“, S. 40 ff. (negative Pflichten), S. 46 (positive Pflichten). 8 Armin Kaufmann, Zum Stande, S. 403; Zielinski, Handlungs- und Erfolgsunwert, S. 134 Fn. 14, S. 161 Fn. 33, auch S. 124 Fn. 52. – Anders Struensee, Verursachungsvorsatz, S. 30 ff., 36 ff., der solche Fehlvorstellungen den von ihm so genannten „nomologischen“ Irrtümern zuschlägt. Dazu Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 202 ff.; Jakobs, Strafrecht, 25/36 Fn. 56a. 9 Armin Kaufmann, Zum Stande, S. 403; Hervorhebung original.; siehe auch ders., Unterlassungsdelikte, S. 242 f.
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Eingangs dieser Abhandlung wurde dargetan, dass der Vorsatz die Funktion hat, bei Aktionen in einer „entzauberten“ Welt Sinn stiften zu können. Der Einfluss übernatürlicher Mächte würde aber gerade die – zumindest mögliche – Abhängigkeit der Welt von den Regeln dieser Mächte bedeuten, also von (auch) deren Sinnvorgaben. Die Tatbestände, die in einer „entzauberten“ Welt zu bilden sind, können aber übernatürliche Sinnvorgaben nicht erfassen; der abergläubische „Versuch“ ist also kein tatbestandsmäßiger Versuch, mit anderen Worten, seinem „Täter“ fehlt ein Tatbestandsvorsatz, was sich mit der Lehre von Sancinetti hauptsächlich deckt.10 – In der Gegenansicht verbirgt sich ein totalitäres Verständnis von Recht, da nach ihr der subjektive Sinn eines Verhaltens auch dann zu ermitteln sein soll, wenn dafür kein gesellschaftlich anzuerkennender Anlass besteht.11 Die Lösung zum abergläubischen Versuch – mangels tatbestandlicher Erfassung kein Tatbestandsvorsatz – lässt sich anschaulich darstellen, wenn die Norm und die „Tat“ als kommunikative Sequenz verstanden werden. Die Norm lautet dann „vollziehe kein Verhalten, das die Herbeiführung eines bösen Erfolgs bedeutet“, womit ein solches gemeint ist, das in der gesellschaftlichen Kommunikation als Erfolgsherbeiführung verstanden werden kann. Ein abergläubisches Verhalten wird in einer säkularisierten Gesellschaft allerdings nie als Erfolgsherbeiführung verstanden, allenfalls als individuell so gemeint, aber nicht als personal gültig. Das Charakteristische ist nicht der Aberglaube (das Übernatürliche der beschworenen Kräfte), vielmehr die Weltfremdheit, das in der Gesellschaft Bedeutungslose des Verhaltens. Dieses Bedeutungslose findet sich nicht minder beim – insbesondere von Sancinetti so genannten12 – irrealen Verhalten, besser wäre wohl: bei einem absurden Verhalten. Dabei handelt es sich um ein „Versuchs“-Verhalten, bei dem es der Täter in nur-isoliert ausgedachter oder gedeuteter, nicht aber mit dem allgemeinen Verständnis abgestimmter Art und Weise unternimmt, seinen Sinn in der Welt zu verwirklichen, dies durchaus in einer seines Erachtens mit der säkularisierten Naturbeurteilung verträglichen Sicht. Auch ein solches Verhalten kann als individueller Sinnausdruck verstanden werden, aber nicht als gesellschaftlich bedeutende Aussage. Deshalb fällt es auch aus den Rechtsnormen heraus, die sich einzig auf gesellschaftlich Bedeutsames bezieht. Beispielhaft, der „Versuch“, ein Tausende Meter hoch fliegendes Flugzeug mit einer Pistole abzuschießen, dies vielleicht in der Meinung, die 10
Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 193 ff. Beiläufig, das Fehlen eines Anlasses heißt nicht, ein abergläubisch bedingtes Verhalten könne nicht in einer aufgeklärten Gesellschaft stören. Beispielhaft, gewiss stört die öffentliche Bitte des Landebischofs, „der Herr“ (wer das auch immer sein mag) möge den Landesherrn alsbald „zu sich nehmen“, die öffentliche Ordnung ebenso wie der öffentlich geäußerte Wunsch, er möge aus weltlichen Gründen dahinscheiden, aber diese Störung betrifft nicht den Bestand von Rechten, vielmehr die Meinung von der Wünschbarkeit des Bestands. Diese Meinung mag verbreitet sein: Es mag die gesamte Gemeinde niederknien oder die Bürgerschaft einen Demonstrationszug veranstalten; eine Vorstellung von rechtlich relevanter Kausalität besteht bei diesen Personen nicht. 12 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 193 ff. 11
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Thermik werde das Geschoss schon hochreißen, mag individuell als Unternehmen der Zerstörung des Objekts gemeint sein, aber dieses Meinen ist mit den allenthalben alltäglich erfahrenen Zusammenhängen nicht abgestimmt und deshalb unverständlich. – Gewiss ergeben sich Probleme der Abgrenzung dieser absurden Unternehmungen zu grob unverständigen Versuchen (§ 23 Abs. 3 StGB), aber letztere müssen immerhin aus der Perspektive der Gesellschaft als solche (als Versuche) erkennbar sein. In den Fällen abergläubischer oder absurder Versuche fehlt es zudem an einer gesellschaftlich verständlichen Objektivierung: Der individuelle Sinn mag als individueller erkennbar sein, nicht aber als möglicher Sinn in der alltäglich praktizierten Welt. Zum abergläubischen Versuch drastisch: Wer seine Hände zum Himmel erhebt und laut ruft, welcher Schaden dem Feind von dort oder von der Hölle her zugefügt werden soll, lässt seine bösen Intentionen deutlich erkennen, bietet aber keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen, da das Verhalten keinen Verdacht eines Eingriffs in die Rechtssphäre des Feindes begründet. Bei einem offenbar absurden Versuch dürfte es sich entsprechend verhalten. In beiden Fällen fehlt ein tatbestandlicher13 Vorsatz und kann deshalb auch nicht externalisiert werden. Sancinetti überträgt seine Lehre zum abergläubischen Versuch (kein Vorsatz) auch auf ein zur Rettung vollzogenes Verhalten, also, wie er formuliert, auf einen „umgekehrten Vorsatz“, „Rettungsvorsatz“, oder einen „dolus bonus“.14 In dieser Übertragung erscheint ein abergläubischer Rettungs-„Versuch“ ebenso wenig als ein Rettungsverhalten wie der Verletzungs-„Versuch“ als ein Verletzungsverhalten. Der gebotene Vollzug eines Rettungsverhaltens müsse „(zumindest) minimal rational“ erfolgen;15 kenne der Agierende dieses Gebot nicht, befinde er sich „höchstens“ in einem Gebotsirrtum.16 Bei zumindest minimal rationalem Rettungsverhalten argumentiert Sancinetti, ein Rettungsversuch liege vor und damit entfalle der Vorsatz eines Unterlassungsdelikts.17 – Eine Bedingung dieser Lösung dürfte allerdings sein, dass der Agierende seinen Versuch als optimal rettend einschätzt.18 Wie verhält es sich aber, wenn der Agierende davon ausgeht, sein Verhalten werde die Rettung gewiss bewirken, und zugleich weiß, dass ein Rettungserfolg nach allgemeiner Sicht nicht eintreten wird? Hier steht sein Wissen vom Inhalt der Norm, wie sie nach allgemeinem Verständnis lautet, gegen seine Annahme, das so Gebotene sei unnütz, da er auf seine Weise retten werde. Für das agierende Individuum wäre also 13
Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 193 ff. Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 230 ff. 15 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 230. 16 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 232. 17 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 232. 18 Sancinettis Lösung knüpft wohl an die Lehre von Armin Kaufmann an, ein Unterlassungsversuch sei bei strenger Terminologie ein Unterlassen des Versuchs, die gebotene Handlung vorzunehmen; Armin Kaufmann, Unterlassungsdelikte, S. 231. Aber doch wohl des optimalen Versuchs! 14
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eine Rettung gerade auf allgemein verständliche Art und Weise eine bloße Pflichtübung, freilich für die Person nicht. Abstrakt ist zu entscheiden, ob dasjenige, das bei einem abergläubischen (oder absurden) Unternehmen keinen Vorsatz bildet, als Rettungsunternehmen einen Unterlassungsvorsatz ausschließen kann. Darauf wird noch zurückzukommen sein. Diese Ausführungen lassen sich leicht auf die Lage übertragen, in der aus abergläubischen oder sonst absurden Gründen ein sozialadäquates Verhalten als Angriff gedeutet wird, wobei der Deutende allerdings um das Esoterische seines Verständnisses weiß: Der als Angreifer Gedeutete verhält sich auch bei dieser Sicht nach allgemeinem Verständnis nicht störend, muss also keine „Abwehr“ dulden, und die Fehldeutung des sich angegriffen Wähnenden mag an seiner Zurechnungsfähigkeit zweifeln lassen, aber nicht an seiner Kenntnis vom Fehlen einer Rechtfertigungslage. Beispielhaft, wer meint, das Fernsehgerät seines Nachbarn sei aggressiv auf ihn „ausgerichtet“, und es deshalb bei passender Gelegenheit zerstört, begeht, wenn er das allgemeine Urteil über eine solche „Ausrichtung“ kennt, eine vorsätzliche, rechtswidrige Sachbeschädigung.
III. Dolus indirectus Keine Person kann die gesamte Welt mit eigenem Sinn erfüllen, dies teils mangels Greifbarkeit des Gesamten, teils wegen der individuellen Ausklammerung vieler Ereignisse aus dem Lebenskreis, der Aktionssphäre der Person. Jede Person muss zwar ihren Organisationskreis19 in Ordnung halten, denjenigen anderer jedoch nur ausnahmsweise, hauptsächlich bei bestehenden Sonderpflichten; ansonsten mag sie diese Kreise aus dem Bereich ihrer Aufmerksamkeit ausklammern. Beispielhaft, um den Schutz vor den allergieerregenden Pollen mancher Pflanzen müssen sich die Allergiker selbst kümmern und nicht etwa die Besitzer von Gärten oder Parks, während Eltern vor dem Zimmerfenster ihres stark allergischen Kindes keinen Haselstrauch pflanzen dürfen. Bei der Verwaltung eines Organisationskreises mögen lästige Fehler unterlaufen, etwa, weil die Person abgelenkt wird oder sich sonst unaufmerksam verhält, indem sie sich verrechnet oder einer Müdigkeit nachgibt. Sie mag damit ihrem eigenen Organisationskreis schaden, also nach innen (eine Obliegenheitsverletzung) – beispielhaft, im Chemiebetrieb verderben mangels hinreichender Kühlung wertvolle Substanzen –, oder der Organisationskreis trägt Gefahren nach außen, in andere Organisationskreise – beispielhaft, wegen nur schwer erkennbarer Fehler im Rohrleitungssystem treten ätzende Dämpfe nach außen in die Nachbarschaft (eine Fahrlässigkeit). Solche Fehlverwaltung beruht auf menschlicher Schwäche, wie sie eine jede Person überkommen mag, und die übliche Reaktion des Täters dürfte ein Erschrecken (zumal der Schaden auch ihn selbst hätte treffen können, vielleicht 19
Zum Begriff: Jakobs, Organisationskreis, S. 115 ff.
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sogar getroffen hat) oder zumindest eine Beschämung über die demonstrierte Inkompetenz sein.20 Aber nicht diese unangenehme subjektive Befindlichkeit entscheidet, sondern das entsprechende gesellschaftliche Urteil: Einer sich so verhaltenden Person steht die gesellschaftliche Unmaßgeblichkeit auf der Stirn geschrieben. Es mag sich auch so verhalten, dass die Person die nach innen oder außen eintretenden Folgen nicht bedenkt, weil ihr der Eintritt oder Nichteintritt gleichgültig, nicht bedenkenswert ist. Beispielhaft, der Betreiber des bereits herangezogenen Chemiebetriebs kümmert sich nicht um die Sicherung der Nachbarschaft; denn er ist ohnehin gewiss, alle eventuell Betroffenen würden – wie seit Jahrzehnten – die Misere klaglos dulden, zumal die Finanzen der Stadt von ihm als größtem Arbeitgeber und Steuerzahler abhängen. Man mag es in solchen Fällen drehen und wenden wie man will: Mangels eines Bezugs des schädigenden Geschehens zu dem Teil des Organisationskreises, dessen Zustand den Betreiber einzig interessiert, den dieser also als handlungsleitend versteht, fehlt ihm – zumindest möglicherweise – aktuelles Wissen. Entsprechend verhält es sich, wenn eine Person in einer affektiv aufgeladenen Stimmung auf eine andere heftig eindringt und ihr dabei zwar deren Schädigung vor Augen steht, allerdings ohne dass die sich aufdrängenden Weiterungen registriert würden. Abstrakt formuliert handelt es sich um Fälle, in denen der volle Umfang des zu verwaltenden Organisationskreises nicht ins Bewusstsein tritt, weil der Inhaber sich zumindest im Zeitpunkt des relevanten Verhaltens nur ausschnittweise für ihn interessiert. Von einem Irrtum kann nicht die Rede sein, da niemand über Angelegenheiten irrt, die er für sich als irrelevant ansieht. Schlägt man solche Fälle der Fahrlässigkeit zu, so ergibt sich, dass dem Agierenden (regelmäßig) ein Vorteil deshalb gewährt wird, weil ihn die rechtlich gebotene Aufmerksamkeit für den Zustand seines Organisationskreises partiell nicht bekümmert – ein wohl paradoxes Ergebnis. Dessen Korrektur lautete bist vor gut zweihundert Jahren: dolus (!) indirectus. Diese Rechtsfigur fiel dem Psychologismus zum Opfer, der aus Feuerbachs Theorie vom „psychologischen Zwang“ folgt; manche störenden Ergebnisse des Wegfalls eines dolus indirectus korrigiert Feuerbach allerdings durch Vermutungen über die Beschaffenheit der psychischen Lage.21 Hegel, ohnehin kein Verfechter feuerbachscher Lehren, behält den dolus indirectus bei.22 Heute wird ein dolus indirectus nur ganz vereinzelt für diskussionswürdig gehalten,23 sein Fehlen aber partiell durch erfolgsqualifizierte Delikte kompensiert, wobei 20 Das ist schon bei Aristoteles angelegt, Nikomachische Ethik, Rn. 1110b = III. Buch, 2. A. – Siehe aber auch u. III. a.E.: Die Einstellung nach der Tat als bloßes Indiz für diejenige bei der Tat. 21 Dazu Stuckenberg, Vorsatz und Zurechnung, S. 252 ff. 22 Hegel, Grundlinien, § 119 Anm. a.E. 23 Eingehender Jakobs, Gleichgültigkeit, S. 584 ff.; zur neueren Geschichte Puppe, Vorstellungsinhalt, S. 23 – 31; NK-Puppe, § 15 Rn. 14 f.; Stuckenberg, Vorstudien, S. 539 ff., 557 ff. und passim; Lesch, Verbrechensbegriff, S. 61 ff., 140 ff. (dolus indirectus bei Hegel). –
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freilich die stets erhebliche Strafschärfung (gegenüber der Anwendung der allgemeinen Regeln bei einem Zusammentreffen einer Vorsatztat mit einer fahrlässigen Weiterung) einigermaßen offenbar von ebendem Rechtsgedanken getragen wird, der auch die Anerkennung eines dolus indirectus begründet. Bloße Fahrlässigkeit bezüglich der Folge einer Vorsatztat (§ 18 StGB) ist beim erfolgsqualifizierten Delikt zu wenig, vielmehr sind die Fälle der Fahrlässigkeit aus Irrtum auszuscheiden und nach allgemeinen Konkurrenzregeln zu behandeln. Beispielhaft, wer eine aufdringliche Person heftig wegschiebt und dadurch diese mit Todesfolge an eine Mauer stößt, haftet wegen Nötigung und fahrlässiger Tötung. Fällt der Stoß zudem schmerzhaft aus, dürfte eine Haftung für Körperverletzung mit Todesfolge unangebracht sein.24 Wer aber, um einer Festnahme zu entkommen, „wie wild“ mit einem Dolch um sich sticht und dabei mit tödlicher Folge die Halsschlagader einer Person trifft, mag seinen Organisationskreis auf ein „Entkommen“ konzentriert und alles Weitere ausgeblendet haben. Ob die Festnahme rechtens erfolgen sollte oder der Stechende in Notwehr handelte, spielt dabei für den Vorsatzumfang keine Rolle. Nach Sancinetti soll es sich um Fallgestaltungen handeln, bei denen „etwas Offensichtliches nicht bemerkt wird“.25 Solches ist allerdings zumindest bei jeder groben Fahrlässigkeit der Fall, und Sancinetti wirft den Vertretern der Lehre vom dolus indirectus auch prompt vor, nach dieser Lehre müsse ein Täter stets als Vorsatztäter behandelt werden, wenn er etwas nicht sieht, weil es ihm nicht wichtig ist, oder immer dann, wenn er zu sich selbst sagen kann, „wenn ich es gewusst hätte, hätte ich genauso gehandelt“.26 Ersteres ist richtig, denn es ist ja gerade der Witz der Lehre vom dolus indirectus, dass der Täter sich nicht mit der Begründung aus dem Bereich strengerer Haftung verabschieden kann, das Geschehen sei für ihn unwichtig. Letzteres ist allerdings falsch; denn es kommt darauf an, ob das Desinteresse des Täters den Grund für die Nichtvergegenwärtigung der Folgen bildet (wofür seine Einstellung nach der Tat allerdings indiziell sein mag). Erst ist die Frage zu beantworten, warum einem Täter etwas nicht vor Augen steht, danach erfolgt die rechtliche Beurteilung dieser Lücke.
Siehe zudem Heuchemer, Erlaubnistatbestandsirrtum, S. 275 ff.; Hsu, „Doppelindividualisierung“, S. 128 ff., 221 ff.; Pawlik, Person, S. 85 ff. 24 Zu den Versuchen, erfolgsqualifizierte Delikte zu beschränken, siehe LK-Vogel, § 18 Rn. 18 ff. 25 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 262; Hervorhebung original. 26 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 262. – In einigen krassen – vielleicht allzu krass gebildeten – Fällen meint Sancinetti, bereits einen direkten Vorsatz vermuten zu dürfen (S. 262 ff.); damit hat er diese Fälle „verbrannt“.
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IV. Absurder Erfolgsvermeidungsversuch Abschließend soll ein Problem zur Diskussion gestellt werden, das – soweit ersichtlich – bislang kaum behandelt wird,27 wie nämlich der Vorsatz zu bestimmen ist, wenn der Täter meint, die Tatbestandsverwirklichung durch abergläubische oder irreale (absurde) Maßnahmen oder Gegebenheiten ausschließen zu können, wobei die Maßnahmen bereichsweise zur Reduzierung der Erfolgswahrscheinlichkeit zweckdienlich sein mögen, vom Täter aber in ihrer Wirksamkeit aus absurden Gründen überschätzt werden. Beispielhaft, der Täter meint, eine giftige Frucht, die er dem Opfer heimlich verabreicht, werde nicht schädlich wirken, da er sie vorher stundenlang in Messwein getaucht hat, oder er meint, bei starkem Verkehr eine „rot“ zeigende Ampel für sich und andere Personen schadlos überfahren zu können, da er zu außergewöhnlich schnellen Reaktionen in der Lage sei. Jedenfalls ist dem Täter allerdings bekannt, niemand werde seine Strategien zur Erfolgsvermeidung für hinreichend halten, mögen sie auch nach allgemeinem Verständnis zu einer Verringerung der Erfolgswahrscheinlichkeit innerhalb des unerlaubten Risikos beitragen können, etwa bei höchst gespannter Aufmerksamkeit im Ampelbeispiel. Generalisierend formuliert geht es um das Problem, ob Vorstellungen aus einem Weltdeutungsbereich, die zur Bildung eines Tatbestandsvorsatzes nicht allein hinreichen würden, eben solche abergläubischer oder (zumindest partiell) irrealer (absurder) Art, die Kenntnis der Tatbestandsverwirklichung dann ausschließen können, wenn dem Täter immerhin „bekannt“ ist, dass sein Verhalten nach allgemeinem Urteil als uneingeschränkt oder nur gering eingeschränkt gefährlich beurteilt wird. Das Problem wurde bereits bei der Behandlung von solcherart gestalteten Rettungsversuchen angedeutet.28 Kann es also entlastend wirken, wenn der Agierende sein esoterisches Weltverständnis vor das ihm bekannte und allgemein praktizierte rückt, oder, anders gefragt, geht es bei dem Sinn, den ein Täter der Welt gibt, allein um den Sinn in seinem eigenen esoterischen Verständnis der Welt? So gefragt bietet sich die Antwort bereits an: Normen werden nicht an isolierbaren Weltverständnissen ausgerichtet, sondern bestimmen, wie die Verwaltungen der Organisationskreise in der Gesellschaft ablaufen oder eben nicht ablaufen sollen, und deshalb ist die vom Täter vorzunehmende Konkretisierung der generellen Norm (etwa: Töte nicht irgendwie!) auf die spezielle Pflicht (etwa: Verabreiche jetzt nicht das tödliche Gift XYZ!) nicht nach seinem esoterischen Weltverständnis auszurichten, sondern nach dem, was allgemein gesellschaftlich praktiziert wird. Schlagworthaft, was als esoterische Vorstellung keinen bösen Vorsatz begründet, kann auch einen bösen Vorsatz nicht neutralisieren. Aber wie verhält es sich, wenn der Täter „felsenfest“ von der Wirkung seiner Strategie der Erfolgsvermeidung überzeugt ist? Diese Überzeugung ändert nichts an sei27 Ein erster Versuch der Behandlung findet sich bei Jakobs, Beurteilungsperspektiven, S. 224 ff. mit Fn. 26. 28 Oben II. (Text zu Fn 4 – 17); dazu Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung, S. 230.
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ner „Bekanntschaft“ mit der gegenteiligen Ansicht, die gesellschaftlich vorherrscht. Vorsatz ist die Kenntnis der gesellschaftlichen Beurteilung des eigenen Verhaltens, indirekter Vorsatz die aus Desinteresse resultierende Nichtkenntnis. Ein Täter mag sich also auch vorsätzlich verhalten, wenn sich der Tatbestand zu seiner individuellen Überraschung verwirklicht, so er nur beim Handlungsvollzug weiß, dass ansonsten (nahezu) niemand über die Tatbestandsverwirklichung überrascht sein wird.29 Für das Individuum wandelt sich das Verletzungsverbot bei dieser Lösung zu einem bloßen Ungehorsamsdelikt (es muss sich an das Allgemeine halten, auch wenn das in seiner Sicht nichts „bringt“). Aber dieser Wandel findet nur im individuellen Verständnis statt, nicht aber im Verständnis der rechtlich gebundenen Person.
V. Absurder Ausschluss der Erfolgsvorstellung Die hier zum dolus indirectus (oben III.) und zum absurden Erfolgsvermeidungsversuch (oben IV.) vorgeschlagenen Lösungen normativieren den Vorsatz und setzen einiges der Zurechnungslehre Hegels und seiner Schüler fort. Hegel stellt das agierende Subjekt gegen den agierenden „Denkenden“,30 wobei er die Kollisionsmöglichkeiten durchaus erkennt.31 Die wohl überhaupt beste Formel für die Anerkennung eines dolus indirectus gelingt ihm bei der Behandlung der Unrechtskenntnis, wobei er für die Gesetzeskenntnis eine „Kenntnis als Bekanntschaft“ genügen lässt,32 also auch das Bekannte, das nicht aktuell bedacht wird, der Kenntnis zuschlägt, so wie der Wechsel der Jahreszeiten bekannt ist, auch wenn er aktuell nicht bedacht wird. Damit wendet sich Hegel gegen Feuerbach: „Daß der Verbrecher im Augenblick seiner Handlung sich das Unrecht und die Strafbarkeit desselben deutlich müsse vorgestellt haben, um ihm als Verbrechen zugerechnet werden zu können, … spricht ihm … die innewohnende intelligente Natur ab.“33 29 Es bleibt die Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Agierende das gesellschaftliche Urteil über sein Verhalten nicht kennt. Sancinetti vermutet in entsprechenden Fällen des Rettungsunterlassens einen Gebotsirrtum; siehe oben II., Text zu Fn 16. Eher dürfte es sich um einen Sozialisationsdefekt handeln, der die Zurechnungsfähigkeit ausschließt. Beispielhaft, wer ernsthaft meint, die Norm verlange (bei Geboten) inbrünstiges Beten oder erlaube (bei Verboten) ein Vertrauen auf „Gottes Fügung“, Glück oder Ähnliches, lebt in einer anderen, eben esoterischen Welt, was sich nur durch eine „exotische“ Sozialisation, genauer: durch das Fehlen einer Sozialisation erklären lässt. Dazu Jakobs, Strafrecht, 18/24, 19/7. 30 Hegel, Grundlinien, § 120. – Bei Hegel führt das zum Ausschluss der Möglichkeit von Fahrlässigkeit. Aber, was Hegel verkennt, auch der „Denkende“ bedarf äußerer Bedingungen, soll er als „Denkender“ funktionieren, und zu diesen Bedingungen gehören nicht nur Reife und geistige Gesundheit (dazu Hegel, Grundlinien, § 120 Anm.), vielmehr auch das Freisein von Schrecken, Übermüdung, Zeitnot, plötzlicher Ablenkung etc. (Jakobs, „Recht des Willens“, S. 119). Schon Köstlin, Grundbegriffe, hat das erkannt und durch die Entwicklung des Begriffs „Versehen“ korrigiert; S. 227 ff. (§§ 98 – 103). 31 Dazu mit Nachweisen Jakobs, Person und Subjekt, S. 350 f. 32 Hegel, Grundlinien, § 132 Anm.; Hervorhebungen original. 33 Hegel, Grundlinien, § 132 Anm.; Hervorhebungen original.
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Die Bereiche der Normativierung sind kombinierbar und werden oft kombiniert werden müssen, wie sich an den in Deutschland zurzeit viel behandelten „Raserfällen“ und vergleichbaren Rücksichtslosigkeiten demonstrieren lässt: (1)34 Unternehmen (mindestens) zwei Autofahrer auf belebter, durch Verkehrsampeln regulierter Straße ein heftiges Rennen, ohne sich an die Verkehrsregeln zu halten, und ein berechtigt querender anderer Fahrer wird tödlich verletzt, so dürfte wie folgt zu argumentieren sein: Dass die Folgen der Raserei den Beteiligten insgesamt gleichgültig blieben (dolus indirectus), ist wenig wahrscheinlich, da ein Unfall die Beteiligten selbst empfindlich treffen könnte (und im Ergebnis auch traf). Näher liegt die Annahme, die Rasenden hätten vermutet, durch ihr Geschick und mit Glück, jedenfalls auf zumindest partiell absurde Art und Weise, die Gefahr erheblich reduzieren zu können (normativ nicht zu berücksichtigender absurder Erfolgsvermeidungsversuch), und sie hätten eine eventuell verbliebene Restgefahr nicht bedacht, da diese wegen ihres großen Interesses an der Raserei für sie nicht weiter bedenkenswert war (insoweit dolus indirectus). Das Ergebnis lautet: Tötungsvorsatz liegt vor, da den Fahrern das allgemeine Urteil über ihr Verhalten zwar gleichgültig, aber immerhin „bekannt“ war. (2)35 Ein alkoholisierter Autodieb soll in flagranti von der Polizei gestellt werden, flieht aber mit dem gestohlenen Fahrzeug, rast bewusst mit hoher Geschwindigkeit auf die Gegenfahrbahn und kollidiert mit einem dort korrekt bewegten Fahrzeug, dessen Insassen teils getötet und teils schwer verletzt werden. Die Argumentation dürfte lauten: In der affektiv gestalteten Situation war das für den Täter einzig dominante Motiv, der Polizei zu entkommen; alles andere, auch der eigene Tod, war gegenüber diesem Ziel gleichgültig (dolus indirectus). Ergebnis: Tötungsvorsatz und Verletzungsvorsatz liegen vor. Ob der Täter sich in solchen Fällen die Folgen vergegenwärtigt oder das Sich-Aufdrängende nicht weiter verfolgt oder hinter seinem absurden Erfolgsverhinderungsbemühen im Verborgenen belässt, muss nicht erst ermittelt werden; denn es geht nicht um psychische Befunde wie „Einwilligen“, „Billigen“, „In-Kauf-Nehmen“, „Sich-Abfinden“, „Damit-Rechnen“ und gerade „Nicht-auf-ein-Ausbleiben-Vertrauen“ etc., vielmehr um die Kenntnis oder um die mangels Interesses verweigerte Kenntnis (bei aber bestehender „Bekanntschaft“)36 der allgemeinen Beurteilung, und diese Bekanntschaft dürfte allemal gegeben sein. Diese Bekanntschaft ist der einzig relevante Gegenstand der anzustellenden Ermittlungen. Es steht zu vermuten, dass hinter dem üblichen und meist geradezu peinlichen Gewirr psychischer Befunde (ohnehin keine Domäne der Juristen) oft nichts steckt als diese Bekanntschaft. 34 Im Anschluss an BGH 63, S. 88 ff.; LG Berlin, NStZ 2017, S. 471 ff.; – eine Zusammenfassung der literarischen Reaktionen auf beide Entscheidungen bei Mitsch, Rücksichtslosigkeit, S. 235 ff. 35 Im Anschluss an den Beschluss des 4. Strafsenats des BGH vom 16. 1. 2019, 4 StR 345/ 18. 36 Siehe oben V., Text zu Fn. 32.
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Sobre el consentimiento en el derecho penal* Por Urs Kindhäuser
I. Planteamiento del problema 1. En la dogmática jurídico-penal alemana se discute si el consentimiento del lesionado es una causa de justificación1 o si, en cambio, tiene ya por consecuencia que no se realice el tipo objetivo del delito correspondiente.2 Los partidarios de la doctrina de la exclusión del tipo conciben los bienes individuales jurídicopenalmente protegidos como designación prototípica de las posibilidades del libre desarrollo de la personalidad y, por eso, niegan ya, en caso de un consentimiento, una afectación del bien jurídico respectivo. Con arreglo a la ubicación tradicional del consentimiento dentro de las causas de justificación, también los bienes jurídicos individuales son protegidos con independencia de la voluntad de su titular, de modo tal que el consentimiento sería una razón especial que excepcionalmente autoriza una afectación del bien jurídico.3 ¿Qué tiene que ver esta controversia con nuestro proyecto común de investigación acerca de las cuestiones jurídico-penales que se plantean con vista al cese de la vida humana? La conexión se vuelve clara si uno considera dos preceptos del código penal alemán. Allí se establece, en el § 216, que será penado quien “ha sido determinado a matar por requerimiento explícito y serio del occiso”, aun cuando la pena es considerablemente reducida en relación con el tipo básico del homicidio del § 212. Y en el § 228 se dice que aquel que “efectúa una lesión corporal con el consentimiento de la persona lesionada” sol actúa antijurídicamente “si a pesar del consentimiento el hecho atenta contra las buenas costumbres”.
* Traducción de Juan Pablo Mañalich R. 1 Así, entre otros, BGHSt 17, 359 (360); 23, 1 (3 s); Amelung/Eymann, JuS 2001, 938; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts Allgemeiner Teil, § 34 I 3; Köhler, Strafrecht AT, p. 245 s.; Otto, Jura 2004, 680; Paeffgen, Nomos-Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 228 n.8m. 8. 2 Así, entre otros, Kaufmann, FS Klug, 282; Rönnau, Willensmängel bei der Einwilligung im Strafrecht, p. 92, 124; ídem, Jura 2002, 666; Roxin, Strafrecht AT, § 13 n.8 m. 12 ss.; Rudolphi, ZStW 86, 87 s.; Schlehofer, Einwilligung und Einverständnis, p. 4 ss.; Weigend, ZStW 98, 44 (60). 3 Acerca de las posiciones encontradas en el desarrollo histórico de la doctrina del consentimiento véase; Honig, Die Einwilligung des Verletzten, p. 32 ss., 46 ss., 60 ss.
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2. Estas dos restricciones a la posibilidad de un consentimiento generan problemas considerables para los partidarios de la doctrina de la exclusión del tipo, tal como se deja ilustrar con el ejemplo de una lesión corporal: si la intervención en la integridad corporal de una persona solo realiza el tipo de las lesiones corporales bajo el presupuesto de que el hecho atente contra las buenas costumbres, entonces esta norma no protege la libertad de desenvolvimiento del portador del bien jurídico, sino solo las buenas costumbres. Pues entonces el atentado contra las buenas costumbres fundamenta exclusivamente el injusto. La prohibición de la lesión corporal, sin embargo, difícilmente pueda servir el fin de proteger primariamente el bien colectivo de las buenas costumbres. Dificultades similares para la doctrina de la exclusión del tipo se siguen de la punibilidad del homicidio a petición. Si el dar muerte a otro puede no representar una lesión del bien jurídico “vida”, la razón de la prohibición no puede encontrarse en la protección de este bien jurídico. La salida de reformular la prohibición del homicidio a petición como un delito de peligro abstracto para la protección frente a una eventual precipitación en el manejo de la propia vida, parece artificiosa y es poco convincente.4 Que el tipo delictivo del precepto presupone un requerimiento expreso y serio del occiso muestra que el consentimiento típico desde el principio no puede tener el carácter de una decisión precipitada. Y, además, no hay controversia alguna acerca de que el dar muerte a otro también realiza el tipo si en el caso concreto no hay duda en cuanto a la seriedad de la voluntad de morir. Finalmente, la posición formal del § 216 en el respectivo sistema de delitos muestra inequívocamente que en este precepto se trata de un tipo privilegiado frente al homicidio simple.5 3. Las propuestas de solución de la posición contraria dominante, que concibe el consentimiento como causa de justificación, son igualmente poco atractivas de cara a los problemas ya indicados. ¿Puede efectivamente sostenerse que un médico que efectúa una intervención curativa por cirugía contraviene la prohibición de las lesiones corporales y solo resulta justificado en virtud del consentimiento del paciente, tal como uno está justificado en una situación de legítima defensa o estado de necesidad? Igualmente problemática es esta solución con la vista puesta en el tipo del homicidio a petición. Si el consentimiento fuese una causa de justificación, entonces el mismo difícilmente podría reducir el injusto típico a modo de privilegio, resultando así incomprensible por qué el requerimiento expreso y serio aparece formulado como un elemento del tipo. 4. El problema que se esconde detrás de la ordenación sistemática del consentimiento parece ser el siguiente: de un lado, hay una ventaja formal en tratar 4
Así Jakobs, FS Kaufmann, 467 s. Entre el tipo del homicidio menos grave del § 213 StGB y el tipo privilegiado (ya derogado) del dar muerte a un infante del § 217 StGB en su versión antigua. 5
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el consentimiento como una causa de justificación, mientras que de otro parece materialmente más plausible, habiendo consentimiento, negar o en todo caso tener por reducido el injusto típico. En lo que sigue ha de mostrarse que las dificultades que trae consigo la clasificación sistemática no son fortuitas. El consentimiento no es un elemento negativo del tipo cuya satisfacción conduzca a la exclusión del tipo, como tampoco una causa de justificación en el sentido tradicional. Se trata, antes bien, de una exclusión del injusto sui generis y, más precisamente: una razón que bajo determinados presupuestos suprime la validez de la norma de prohibición respectiva.
II. El consentimiento como regla permisiva 1. A continuación quisiera referirme a la función de las causas de justificación, lo que requiere, a su vez, una breve revisión de la estructura de las normas jurídicopenales. El derecho penal conoce dos clases de normas: normas de sanción y normas de comportamiento. Las normas de sanción son directivas de conducta para el cuadro de funcionarios encargado de la persecución y jurisdicción penal. Ellas enuncian las condiciones bajo las cuales un comportamiento ha de ser sancionado penalmente. El contenido de las normas de sanción penal se deja extraer de los tipos delictivos de la parte especial, de las reglas generales de imputación y de los presupuestos del proceso penal. Entre los presupuestos necesarios de cada norma de sanción figura la condición de que la persona a ser sancionada haya cometido un injusto, esto es, que a través de su comportamiento haya expresado no querer acatar las exigencias de comportamiento jurídicamente correcto. Las exigencias de comportamiento jurídicamente correcto se obtienen de las normas de comportamiento dirigidas, o bien a cualquier persona, o bien solo a personas especialmente obligadas. Estas normas de comportamiento se dejan subdividir en cuatro clases: prohibiciones que proscriben un determinado comportamiento, mandatos que prescriben un determinado comportamiento, permisiones que autorizan un determinado comportamiento y exenciones que autorizan la omisión de un comportamiento. En este sentido, las permisiones son la contrapartida a las prohibiciones y las exenciones la contrapartida a los mandatos. El contenido de las prohibiciones y mandatos jurídico-penales se deja extraer a modo de formulación contradictoria de los tipos delictivos de la parte especial. Así, si el tipo delictivo dice que el dar muerte a otro ser humano bajo los presupuestos adicionales de una norma de sanción penal es punible, entonces la prohibición dirigida a toda persona dice que está prohibido matar a otro ser humano. Las permisiones y exenciones se hallan, en parte, expresamente regladas en el código penal, como es el caso tratándose de la legítima defensa o el estado de necesidad. Pero ellas también pueden ser extraídas de la totalidad del ordenamiento jurídico.
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Regulaciones de derecho público o privado, pero también regulaciones no escrituradas que autorizan la ejecución de un comportamiento, por principio, valen también como permisiones en derecho penal. 2. Las exigencias de comportamiento jurídicamente correcto se obtienen de la conjunción de las normas de comportamiento que son relevantes para la evaluación de un caso concreto. En la medida en que solo una determinada norma resulta aplicable a una situación, no se presenta problema alguno: solo esta norma será entonces determinante. Así, quien lesiona corporalmente a otro contra su voluntad, sin contar con una permisión para ello, se comporta de modo objetivamente antijurídico en el sentido de la prohibición de las lesiones corporales. Lo mismo vale si varias normas de la misma clase resultan aplicables a una situación, como por ejemplo varias prohibiciones. En un caso tal, el comportamiento es antijurídico por diferentes razones. En cambio, si en la valoración de una determinada situación resultan aplicables normas de clases contrapuestas entre sí, entonces la valoración jurídica resulta contradictoria en ese mismo nivel lógico. Este es el caso, por ejemplo, cuando un comportamiento está simultáneamente permitido y prohibido, o bien simultáneamente prohibido y ordenado. Puesto que todas las normas del derecho se hallan sujetas al principio de nocontradicción, la colisión entre normas ha de ser solucionada en un nivel lógicamente superior, abriéndose así dos posibilidades. Por un lado, una de las normas puede prevalecer de modo irrestricto frente a la otra. La prohibición de las lesiones corporales resulta completamente desplazada, por ejemplo, por la permisión de la legítima defensa, si el agente solo puede repeler una agresión peligrosa para su vida lesionando corporalmente al agresor. Por otro lado, puede que una norma solo desplace a la otra de modo restringido. Este es el caso por ejemplo, de acuerdo con el derecho alemán, si el que se defiende ha provocado la agresión; en una situación tal, él solo puede defenderse lesionando corporalmente al agresor en caso de no poder retirarse o protegerse de otro modo. 3. La alternativa de solucionar las colisiones de normas en un nivel lógicamente superior, recurriendo a reglas de colisión, resulta formalmente impuesta en cada sistema de normas que ha de ser aplicable bajo la máxima de proveer claras directivas de conducta para cada situación posible. Pero ciertamente —y esto es importante en nuestro contexto—, uno también puede evitar las colisiones sujetando la norma desde el principio a una cierta reserva. Así, uno puede prohibir el dañar una cosa ajena siempre que así no haya de evitarse un menoscabo considerablemente mayor para otro bien jurídico. La prohibición del daño de cosas se encontraría entonces sujeto a la reserva del impedimento de un estado de necesidad. Célebremente, la así llamada teoría de los elementos negativos del tipo intenta integrar permisiones, bajo formulación invertida, en los tipos de prohibición. Welzel opuso a la teoría de los elementos negativos del tipo el sugestivo argumento de que el matar un mosquito sería algo distinto de matar a un ser humano en legítima defensa.
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Este argumento evidentemente falla en cuanto a la concreta exigencia de conducta. Pues de conformidad con el derecho, matar un mosquito está tan permitido como matar a un ser humano en legítima defensa. En el nivel de la concreta directiva de conducta, el juicio correspondiente reza en ambos casos: permitido. Sin embargo, en cuanto a los presupuestos bajo los cuales se llega a la concreta exigencia de conducta, el argumento es correcto. Por falta de una prohibición correspondiente, no existe razón alguna que hable en contra de matar un mosquito. Pero sí hay una razón que habla en contra de dar muerte a un ser humano, y esta razón tiene un peso tal que la prohibición de matar pertenece a las normas elementales del sistema jurídico. Y para que la prohibición de matar no rija, tiene que haber razones contrapuestas cuyo peso sea extraordinariamente grande. Lo que quiere decir que también cuando la razón que habla contra el dar muerte a un ser humano pueda eventualmente dejar de valer en atención a las razones contrapuestas que hablan a favor de la permisión de la legítima defensa, auquella sigue existiendo como razón para la acción. En cierta medida, esta razón para la acción es como la espada de Damocles que queda suspendida sobre la permisión de la legítima defensa y que al menor sobrepaso de los límites de la autorización cae y vuelve a convertir el comportamiento en prohibido. Con esto quiero decir lo siguiente: el defensor de la teoría de los elementos negativos del tipo tampoco logra eludir el problema de tener que fundamentar precisamente la concreta directiva de conducta. Él tiene que explicar exactamente en qué medida los elementos negativos del tipo limitan a los positivos y viceversa. También la teoría de los elementos negativos del tipo tiene que resolver el problema material que se esconde detrás de las colisiones de normas, a saber: la concurrencia de razones contrapuestas para actuar. Y por eso estimo más simple distinguir entre las razones que hablan a favor de una prohibición y las razones que hablan a favor de una permisión. 4. Quien acepta esto se ve expuesto al problema consiguiente de tener que proveer criterios para la distinción entre tipos delictivos y causas de justificación. Pues el derecho penal solo excepcionalmente protege bienes jurídicos en términos absolutos, como en el caso de la prohibición de matar. En el caso normal, en cambio, el derecho penal prevé restricciones más o menos considerables. Así por ejemplo, la prohibición de causar lesiones corporales bajo el derecho penal alemán no comprende el maltrato psíquico. O, para dar otro ejemplo: la irrogación de un perjuicio patrimonial solo se encuentra prohibida a título de estafa bajo el presupuesto de que el autor persiga la obtención de un beneficio. ¿Tiene sentido incrustar esas restricciones en el tipo, o se trata más bien de elementos negativos con carácter justificante encubierto? Parecería evidente que de la respuesta a esta pregunta también dependerá la respuesta a nuestra pregunta inicial acerca de la posición del consentimiento del lesionado en la construcción sistemática del hecho punible.
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Si una norma prevé restricciones inmanentes, esto cuenta como indicio de que esta norma es el producto de una concurrencia de diversas razones contrapuestas, esto es, que representa una solución de compromiso. Esto se hace particularmente claro en el ámbito de la protección jurídico-penal del patrimonio, donde los antagonismos relevantes son igualmente fáciles de reconocer. El patrimonio no es protegido absolutamente respecto de cualquier menoscabo, sino solo frente a determinadas formas de ataque, tales como la sustracción, la coacción, el engaño o el aprovechamiento de una posición especial de confianza. En esta medida, las normas jurídico-penales que protegen el patrimonio pueden ser entendidas como una coordinación de intereses contrapuestos entre sí. De un lado se encuentra la libertad general de acción de un participante en el tráfico negocial y, del otro, el patrimonio como el conjunto de las posibilidades objetuales del libre desarrollo de la personalidad. La norma jurídico-penal de comportamiento interviene en este libre juego de fuerzas, designando las condiciones bajo las cuales la libertad general de acción del destinatario de la norma es restringida a favor de la protección del patrimonio ajeno: aquel debe abstenerse de menoscabar un patrimonio ajeno a través de una sustracción, una coacción, un engaño o el aprovechamiento de una posición especial de confianza. Este modelo de la coordinación de la libertad general de acción del destinatario de una norma con determinados intereses protegidos vale para cada norma de comportamiento del derecho penal. Y aquí ha de observarse que la libertad general de acción es en sí misma un bien constitucionalmente protegido, que solo puede ser restringido en atención a intereses de protección particularmente importantes. Con el añadido de que, en el derecho penal, la restricción de la libertad general de acción aparece sometida a una intervención particularmente intensa, representada por la conminación legal de la pena. Aquí se halla la razón fundamental para el así llamado carácter fragmentario del derecho penal. Aquello sobre lo que quisiera llamar la atención es lo siguiente: de lo que se trata en las normas de comportamiento del derecho penal es de una coordinación del bien de la libertad general de acción del destinatario de la norma con los bienes jurídicos respectivamente protegidos, esto es, el patrimonio, la integridad corporal, la libertad de desenvolvimiento sexual, el honor, etcétera. Se trata así de dos intereses contrapuestos que han de ser coordinados de modo tal que sean identificadas las condiciones bajo las cuales la libertad general de acción claramente se retraiga frente al respectivo interés protegido. Esta coordinación es abstracta en dos sentidos distintos. Hace abstracción, primero, del concreto titular del bien jurídico protegido y así también de la pregunta de si una determinada persona, en una determinada situación, tiene efectivamente interés en que el bien jurídico que se le adscribe permanezca salvaguardado. Y la coordinación de los intereses hace abstracción, segundo, de razones ulteriores que pudieran desempeñar un papel en la evaluación de un conflicto dado.
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5. A continuación quisiera concentrarme en la segunda forma de abstracción, es decir, de aquella referida a razones ulteriores que pudieran tener relevancia para la valoración jurídico-penal de una concreta situación de conflicto. Esta abstracción resulta necesaria ya por consideraciones prácticas, dado que resulta completamente imposible formular por adelantado exigencias de conducta concretas para toda situación vital imaginable. Solo se dejan establecer reglas de decisión con carácter de principios, con ayuda de las cuales puede obtenerse, entonces, a través de una ponderación de los intereses contrapuestos, la exigencia de conducta para el caso concreto. Con arreglo a este modelo, los conflictos relevantes para el derecho penal pueden juzgarse en tres pasos sucesivos: primero ha de probarse si un suceso cae bajo un tipo delictivo. De afirmarse esto, entonces ya se ha establecido que un comportamiento está prohibido de acuerdo con la coordinación general de la libertad de acción del autor como destinatario de la norma con respecto al bien jurídico protegido. En un segundo paso se indaga en posibles razones que pudieran hablar a favor de una valoración diferente del hecho. Aquí se trata, y esto es lo importante, de la posible consideración de ulteriores intereses merecedores de protección. Estos pueden ser intereses del autor, intereses de la víctima o intereses de la generalidad. Si tales intereses son identificados —por ejemplo en atención a una situación de legítima defensa o a un estado de necesidad—, entonces ha de preguntarse, en un tercer paso, cuál de las razones contrapuestas desplaza, y en qué medida, a las demás. El resultado de este triple paso es el concreto enunciado normativo acerca de la conformidad o contrariedad a derecho del comportamiento evaluado. Si uno traslada este procedimiento de la valoración jurídico-penal de formas de comportamiento a la diferenciación entre tipos delictivos y causas de justificación, lo que se obtiene es una respuesta simple a la pregunta de qué elementos han de asignarse al tipo y cuáles a una determinada causa de justificación: elementos de un tipo delictivo son todas aquellas circunstancias que son de importancia para la coordinación abstracta de la libertad general de acción del destinatario de la norma y el objeto de protección relevante. A una causa de justificación pertenecen, en cambio, todas aquellas circunstancias que traen en consideración ulteriores intereses merecedores de protección, así, por ejemplo, en el estado de necesidad, el peligro para un bien que claramente prepondera sobre el valor del bien afectado; o en la legítima defensa, la existencia de un bien agredido, así como el valor colectivo de la validez de una norma que es desautorizada por la agresión en cuestión. De acuerdo con esto, el consentimiento del lesionado no puede constituir una causa de justificación. Pues concierne exclusivamente a la relación entre autor y víctima referida al estado del bien jurídico protegido. Con la consideración del consentimiento del lesionado no es traído a colación interés alguno que tenga que ser considerado más allá de la norma prohibitiva correspondiente. Antes bien, se
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trata exclusivamente de la pregunta de si en el caso concreto también pueden reclamar pertinencia las razones que en general hablan a favor de la validez de esta norma.6
III. El consentimiento como elemento negativo del tipo 1. No pudiendo ordenarse el consentimiento del lesionado como una causa de justificación, podría plantearse su ordenación como un elemento negativo del tipo. A favor de esta solución se ofrecen dos puntos de partida. Por un lado, sería posible sostener que la alteración de un bien jurídico efectuada con el consentimiento de su titular no habría de ser valorada como un menoscabo. Por otro lado, sería posible argumentar que no hay diferencia alguna en si el lesionado mismo menoscaba atípicamente su bien o si en cambio deja que otro efectúe el menoscabo por él. 2. El primer argumento mencionado pareciera contar con una alta plausibilidad para casos típicos de la vida cotidiana. ¿Por qué habría que considerar la realización de un tatuaje en el brazo como un menoscabo de la integridad corporal, si quien se deja hacer el tatuaje está feliz con ello? ¿O por qué debería constituir un daño a las cosas que alguien quisiera que la vieja cerca de su jardín sea desmantelada y reemplazada por una nueva? ¿No debería uno dejar que sea exclusivamente el titular del bien quien responda la pregunta de si su alteración ha de verse como favorable, neutral o perjudicial? Uno podría dar todavía un paso más y declarar la libertad de disposición sobre un bien como un bien jurídico en sí mismo. Entonces no sería la integridad corporal, sino la libertad de un ser humano de poder disponer sobre el estado de su cuerpo, lo que sería protegido a través de la prohibición de las lesiones corporales. Una concepción tal parecería ser aun más atractiva cuando uno define los bienes jurídicos, tal como yo también lo sostengo,7 como propiedades de personas, cosas e instituciones que sirven al libre desenvolvimiento del individuo en una sociedad constituida como estado social y democrático de derecho. Sin embargo, existe un argumento concluyente en contra de la negación de un menoscabo típico si hay consentimiento del titular del bien jurídico. Si la alteración de un bien efectuada con el consentimiento del titular, per se, no pudiera ser un menoscabo, entonces sería conceptualmente imposible asociar consecuencias jurídicas a alteraciones perjudiciales de bienes que han sido consentidas por su titular. Asúmase que una persona que se encuentra en peligro de muerte solo puede ser salvada por un tercero si una cosa que me pertenece es destruida para ello. No solo sería contrario al lenguaje ordinario no reconocer la destrucción de la cosa 6
Es materialmente equivocado, por lo mismo, fundamentar el carácter del consentimiento como causa de justificación con el argumento de que aquí, en el marco de una ponderación de bienes, la libertad de disposición del individuo prevalecería sobre el valor del bien jurídico, así sin embargo Geppert, ZStW 83, 952 ss.; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts Allgemeiner Teil, § 34 II 3; Noll, ZStW 77, 15. 7 Kindhäuser, Strafrecht AT, § 2 n.8 m. 6, con fundamentos ulteriores.
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como un daño por el hecho de que yo esté de acuerdo con ello para el fin del salvamento de la vida de la persona en peligro, sino que, además, yo tampoco podría, por inexistencia de perjuicio, hacer valer una pretensión de resarcimiento en contra de la persona salvada. El derecho civil ve el asunto de manera ciertamente distinta, en tanto diferencia la exclusión de la antijuridicidad del daño de cosas en estado de necesidad, por un lado, y la pretensión de resarcimiento respecto de la cosa dañada, por otro. De esto se sigue que si tiene sentido distinguir entre un menoscabo y la aceptación voluntativa de este menoscabo, entonces el derecho penal no tendría que renunciar a esta diferenciación. Aceptar menoscabos de bienes se corresponde con situaciones cotidianas de decisión, para así impedir un menoscabo más intenso de otros bienes. Un tratamiento dental doloroso no deja de representar una reducción del bienestar corporal porque uno se someta a él para impedir así un menoscabo corporal más severo. En esta medida, concebir el consentimiento como elemento negativo del tipo no debería augurar ventaja dogmática alguna. 3. Podría pensarse, sin embargo, en la posibilidad de integrar el consentimiento en el tipo como elemento negativo de la exigencia de menoscabo ajeno. En este sentido, que alguien produjera una alteración de un bien jurídico con el consentimiento de su titular sería visto como si el titular mismo hubiese efectuado la alteración. Considerado dogmáticamente, el consentimiento conduciría —análogamente a la autoría mediata— a una imputabilidad del comportamiento del autor al titular del bien jurídico; la acción podría ser vista, normativamente, como un actuar del propio titular del bien jurídico. Esta solución parece ser completamente plausible. Que en un arrebato de alegría alguien lance una copa de cristal de su propiedad contra la pared, o que pida a otro que lo haga por él, no parece tener una diferencia axiológicamente significativa. Pero se plantea la pregunta de por qué en el caso del ejemplo no hay diferencia relevante si el titular del bien jurídico daña por sí mismo la copa o deja que un tercero la dañe. Pues para ello podría haber dos razones. Por un lado, la irrelevancia de la diferencia podría encontrarse en que, en virtud del consentimiento, la responsabilidad por la destrucción de la copa se traspasara completamente desde el tercero hacia el titular del bien jurídico. Pero, por otro lado, la diferencia pudiera ser irrelevante por el hecho de que el consentimiento otorga al tercero el derecho a dañar la copa. En este caso, la equiparación normativa del daño a la copa por parte del tercero con su daño por parte del propio titular se funda exclusivamente en que la primera acción está tan permitida por el derecho como la segunda. Ahora bien, hay mejores razones para conceptualizar el consentimiento, en el sentido de la segunda variante, como una razón para una permisión y no ya —yendo bastante lejos— como una razón para una regla de imputación que transfiriera completamente la responsabilidad por un comportamiento de una persona a otra. Pues también en la coautoría cada coautor conserva la plena responsabilidad por su comportamiento, haciéndose competente al mismo tiempo por el comportamiento
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de los demás coautores. Solo en la autoría mediata tenemos el caso de que el hombre de atrás carga solo con la responsabilidad por el comportamiento del instrumento. Esto tiene lugar, no obstante, bajo el presupuesto específico de que el instrumento no sea de antemano responsable por el comportamiento delictivo en cuestión. Una situación análoga a esta última no se da en el consentimiento, de modo tal que según los principios generales ha de asumirse que el tercero no pierde la responsabilidad por su comportamiento en virtud del consentimiento del titular. Pues, formalmente, su comportamiento sigue siendo típicamente relevante: él lesiona corporalmente a otro, mata a otro o daña una cosa ajena. 4. Como resultado provisional puede mantenerse entonces que el consentimiento deja intacta la realización del tipo delictivo correspondiente. No hay posibilidad alguna de integrar plausiblemente el consentimiento como elemento negativo en el tipo de un delito de lesión. Pero dado que también sería asistemático considerar el consentimiento como una causa de justificación, ninguna de las propuestas de solución actuales alcanza a producir una ordenación del consentimiento en la construcción del hecho punible que sea convincente.
IV. El consentimiento como razón de cancelación de la norma 1. No obstante, el consentimiento no se deja concebir como un elemento negativo del tipo. Se se encuentra en todo caso referido a la coordinación de intereses entre el autor y el titular del bien jurídico. Ahora, el consentimiento no concierne a las condiciones típicas bajo las cuales, según la ponderación general de intereses, el interés de protección prevalece genéricamente sobre la libertad de acción del destinatario de la norma. ¿Qué rol puede desempeñar el consentimiento, entonces, si de acuerdo con el principio general del volenti non fit iniuria hace desparecer el injusto de un hecho?8 Las normas de comportamiento del derecho penal, como ya fuera explicado, son coordinaciones generalizadas de intereses. Esto requiere una valoración abstracta de los bienes en conflicto. A los bienes de la vida, la integridad corporal, el honor, la autodeterminación sexual, el patrimonio, etcétera, se adscribe un valor, el cual puede, con mayor o menor exactitud, reflejar el valor posicional que el bien respectivo ocupa en la sociedad y su ordenamiento valorativo constitucional. Se entiende por sí mismo que esta valoración puede desviarse decisivamente de las preferencias del ciudadano individual. De la posibilidad de que el valor abstracto de un bien difiera considerablemente de las preferencias de los concretamente afectados por una norma se sigue el siguiente dilema.
8 Así la tradicional formulación abreviada de la fórmula de Ulpiano: “nulla iniuria est, quae in volentem fiat” (Digesto 47.10.1.5).
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Por un lado, el derecho tiene que establecer, de modo generalmente vinculante, cómo han de ser valorados y en qué relación se encuentran los intereses que colisionan recíprocamente en determinados conflictos sociales. Y, sobre todo: en qué medida el valor del bien jurídico protegido debería tener prioridad sobre la libertad general de acción del autor. Por otro lado, sin embargo, el bien prioritario no es protegido en consideración de su valor abstracto, sino como medio para el libre desarrollo personal de su titular. Este dilema entre interés abstracto e interés concreto solo alcanza a zanjarse, precisamente, mediante la posibilidad del consentimiento. La coordinación abstracta de intereses solo vale bajo el presupuesto de que, en el caso concreto, el titular del bien protegido no haya renunciado declaradamente al interés en su conservación inalterada.9 Así visto, con el consentimiento decae la razón para seguir la norma abstracta en el caso concreto. Dado que el interés protegido constituye el fundamento de la norma jurídico-penal de comportamiento, con el consentimiento resulta cancelado el fundamento de validez de la norma.10 2. A favor de la concepción del consentimiento como razón de cancelación de la norma también habla una consideración de viabilidad práctica.11 Las normas de comportamiento determinan, de modo generalizado, qué comportamiento es jurídicamente correcto; estas fijan las expectativas que los ciudadanos mantienen recíprocamente. En tal medida, el contenido de una norma no puede orientarse según las preferencias individuales de los respectivamente afectados. Pero la validez de una norma en su conjunto sí puede verse cancelada bajo determinadas condiciones. Este es el caso tratándose de normas permisivas que están en conflicto con normas prohibitivas, pero también puede serlo tratándose de un consentimiento. En esta medida, el modo del efecto del consentimiento se corresponde con el de una causa de justificación. 3. Ahora bien, si el consentimiento deja intacto el contenido de la norma y, por ende, el tipo delictivo correspondiente, y solo cancela la validez de la norma en el caso concreto, entonces también es posible explicar sin dificultad la exclusión y la limitación del consentimiento en los casos de homicidio a petición y de lesiones corporales contrarias a las buenas costumbres. Aquí puede ser útil echar un vistazo a la diferencia entre obligaciones contractuales y obligaciones jurídico-penales. La diferencia se encuentra en que los deberes contractuales emanan de la autonomía privada. Es asunto exclusivo de las partes de un contracto cómo ellas configuran sus
9 Con la renuncia a la protección jurídica se fundamenta reiteradamente el carácter del consentimiento como causa de justificación, véase BGHSt 17, 359 (360); Geerds, ZStW 72, 43; Otto, FS Geerds, 613. 10 La concepción del consentimiento como razón de cancelación (cancellation condition) de una norma de comportamiento en el sentido de Raz, Praktische Gründe und Normen, p. 31 s. y passim, se encuentra desarrollada en Juan Pablo Mañalich, Nötigung und Verantwortung, p. 80 ss. 11 Para argumentos ulteriores véase Mañalich, Nötigung und Verantwortung, p. 80 ss.
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deberes de prestaciones recíprocas y si ellas se atienen al cumplimiento de estos deberes. Es cierto que los deberes jurídico-penales de conducta, en el ámbito de los bienes jurídicos individuales, sirven a los intereses de protección del respectivo titular del bien jurídico. Pero el cumplimiento de estos deberes es exigido, al mismo tiempo, en interés de la generalidad. Pues las normas de comportamiento del derecho penal deben ser, precisamente, estándares generalizados de comportamiento jurídicamente correcto. De esto se sigue que si va en interés de la generalidad que el titular del bien jurídico pueda decidir con pleno alcance acerca de la validez de una norma de comportamiento, entonces puede reconocérsele al titular del bien jurídico respectivo la posibilidad irrestricta de un consentimiento. Un ejemplo de esto es el daño de cosas. Puesto que la propiedad representa un poder de plena disposición sobre cosas según el propio arbitrio, aquí no se justifican limitaciones al consentimiento en base al interés general. Tratándose de los bienes de la integridad corporal y la vida, el asunto se presenta de manera distinta. Ciertamente, no hay razón alguna para imponer restricciones al individuo en el manejo de su cuerpo y su vida a través de su propio comportamiento. En tal medida falta ya desde el principio una contradicción generalizable entre la libertad general de acción y un interés de protección específico; antes bien, libertad de acción e interés de protección caen juntos habiendo identidad de la persona afectada. Pero en el ámbito de la protección de la vida puede ir en interés de la generalidad declarar irrestrictamente vinculante el estándar generalizado del tabú de matar a otro. De modo debilitado, esto también vale para las lesiones corporales contrarias a las buenas costumbres y, precisamente, si el atentado a las buenas costumbres se funda en la gravedad de la afectación corporal respectiva, por ejemplo, en caso de la pérdida del oído o de la capacidad visual en un ojo.12 Yo no alcanzo a divisar un “paternalismo” propiamente tal en esta restricción. Sería paternalista, por ejemplo, que por protección de la propia persona se declarase punible el quitarse la vida o la auto-mutilación. Pero éste no es el caso. Y puesto que las autolesiones de este tipo no son desvaloradas penalmente, tampoco está prohibida la participación de terceros en ellas —a saber, a modo de complicidad—. Pero prohibir a alguien poner fin a la vida de otro no resulta paternalista, ni siquiera allí donde quien quiere morir lo solicita enérgicamente. A quien está harto de vivir no se le prohíbe morir, sino solo se prohíbe que esa muerte sea causada por mano ajena. Que en el caso concreto esta pueda ser la única posibilidad de encontrar la muerte para quien está harto de vivir, puede fácticamente tener el efecto de una tutela paternalista. Mas en la fundamentación de normas y su validez no se trata de dar cuenta de situaciones fácticas específicas, sino que de establecer coordinaciones generalizadas de bienes en conflicto en interés general. 12 Así una concepción cada vez más reconocida, véase con diferencias de detalle Arzt, Willensmängel bei der Einwilligung, p. 36 ss.; Hirsch, FS Welzel, 798 s.; Jakobs, Strafrecht AT, 14/9; Otto, FS Geerds, 618 ss.; Rudolphi, ZStW 86, 86; Weigend, ZStW 98, 64 s.
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Dieser Beitrag ist Marcelo Sancinetti, meinem hochgeschätzten argentinischen Kollegen und Mitstreiter in manchen Diskussionen seit unserem ersten Treffen im September 1996 auf einer Tagung in Bogotá, mit den besten Grüßen und Wünschen zum 70. Geburtstag gewidmet. Bibliografía Amelung, Knut/Eymann, Frieder: Die Einwilligung des Verletzten im Strafrecht, JuS 2001, p. 937 – 948. Arzt, Gunther: Willensmängel bei der Einwilligung, Fráncfort del Meno 1970. Geerds, Friedrich: Einwilligung und Einverständnis des Verletzten im Strafgesetzentwurf, ZStW 72 (1960), p. 42 – 92. Geppert, Klaus: Rechtfertigende “Einwilligung” des verletzten Mitfahrers bei Fahrlässigkeitsstraftaten im Strassenverkehr?, ZStW 83 (1971), p. 947 – 1001. Hirsch, Hans Joachim: Einwilligung und Selbstbestimmung, en: Gerd Geilen/Hans J. Hirsch/Günther Jakobs/Armin Kaufmann/Fritz Loos/Hans-Ludwig Schreiber/Günter Stratenwerth (eds.), Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag, Berlín/New York 1974, p. 775 – 800. Honig, Richard Martin: Die Einwilligung des Verletzten, Leipzig 1919. Jakobs, Günther: Zum Unrecht der Selbsttötung und der Tötung auf Verlangen. Zugleich zum Verhältnis von Rechtlichkeit und Sittlichkeit, en: Fritjof Haft/Winfried Hassemer/Ulrich Neumann/Wolfgang Schild/Ulrich Schroth (eds.), Festschrift für Arthur Kaufmann, zum 70. Geburtstag, Strafgerechtigkeit, Heidelberg 1993, p. 459 – 472. Jakobs, Günther: Strafrecht, Allgemeiner Teil. Die Grundlagen und die Zurechnungslehre, 2.a ed., Berlín/New York 1991. Jescheck, Hans-Heinrich/Weigend, Thomas: Lehrbuch des Strafrechts Allgemeiner Teil, 5.a ed., Berlin 1996. Kaufmann, Armin: Rechtspflichtbegründung und Tatbestandseinschränkung, en: Günter Kohlmann (ed.), Festschrift für Ulrich Klug zum 70. Geburtstag, t. 2, Colonia 1983, p. 277 – 292. Kindhäuser, Urs: Strafrecht Allgemeiner Teil, 8.a ed., Baden-Baden 2017. Kindhäuser, Urs/Neumann, Ulfried/Paeffgen, Hans-Ullrich (eds.), Nomos-Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2.a ed., Baden-Baden 2005. Köhler, Michael: Strafrecht Allgemeiner Teil, Hamburgo 1997. Mañalich, Juan Pablo: Nötigung und Verantwortung, Baden-Baden 2009. Noll, Peter: Tatbestand und Rechtswidrigkeit: Die Wertabwägung als Prinzip der Rechtfertigung, ZStW 77 (1965), p. 1 – 36. Otto, Harro: Einwilligung, mutmaßliche, gemutmaßte und hypothetische Einwilligung, Jura 2004, p. 679 – 683.
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Otto, Harro: Einverständnis, Einwilligung und eigenverantwortliche Selbstgefährdung, en: Ellen Schlüchter (ed.), Kriminalistik und Strafrecht, Festschrift für Friedrich Geerds zum 70. Geburtstag, Lübeck 1995, p. 603 – 622. Raz, Joseph: Praktische Gründe und Normen, Fráncfort del Meno 2006. Rönnau, Thomas: Voraussetzungen und Grenzen der Einwilligung im Strafrecht, Jura 2002, p. 665 – 675. Rönnau, Thomas: Willensmängel bei der Einwilligung im Strafrecht, Tubinga 2001. Roxin, Claus: Strafrecht Allgemeiner Teil, t. 1, 4.a ed., Múnich 2006. Rudolphi, Hans-Joachim: Literaturbericht, Strafrecht Allgemeiner Teil, Reinhard Maurach, Deutsches Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4.a ed, ZStW 86 (1974), p. 68 – 97. Schlehofer, Horst: Einwilligung und Einverständnis, Colonia/Berlín/Bonn/Múnich 1985. Weigend, Thomas: Über die Begründung der Straflosigkeit bei Einwilligung des Betroffenen, ZStW 98 (1986), p. 44 – 72.
Geschichts- und Begriffspolitik in der Debatte um das Unternehmensstrafrecht Von Michael Kubiciel
I. Einleitung Aktiengesellschaften, Vereine und Parteien sind juristische Personen, aber keine leblosen rechtlichen Fiktionen.1 Vielmehr entfalten sie zielgerichtet tatsächliche und rechtliche Wirkungen2 und entwickeln eine Verbandspersönlichkeit, deren Existenz und Entwicklung unabhängig von einzelnen natürlichen Personen ist.3 Unbestritten ist auch der erhebliche Einfluss von Personenverbänden auf die Gesellschaft. Sie üben aufgrund ihrer Organisation und „zweckvollen Zusammenfassung von Vermögenswerten“ einen Einfluss auf Wirtschaft, Politik, Publizistik und andere Teilbereiche der Gesellschaft aus, die der Einzelne allein niemals aufbringen könne, meinte Jescheck schon Mitte der 1950er Jahre.4 Trotz dieser Einsicht setzte sich in den 1950er Jahren die Auffassung in Deutschland durch, dass eine Strafbarkeit juristischer Personen aus rechtskulturellen und dogmatischen Gründen ausgeschlossen sei. Begründet wurde dies mit dem historischen Argument, dass eine solche Strafbarkeit von Verbänden dem „deutschen Rechtsdenken“ fremd sei; hinzu trat der dogmatische Einwand, dass sich Handlungs- und Schuldbegriff nicht auf juristische Personen übertragen ließen. Infolgedessen lernten Generationen deutscher Juristen einen
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So aber v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. 2, 1840, S. 312; zuletzt Aichele, JRE 16 (2008), 3; Wagner, ZRG 2016, 112, 125. Wie hier Gilchrist, Hastings L. Journal 64 (2013), 1, 9; aus normativer Sicht klarstellend Renzikowski, GA 2019, 149, 153 f.; aus empiristischer Sicht Kohler, GA 1917, 500: Sie als „etwas Künstliches zu betrachten und anzunehmen, daß nur das Individuum wesentlich sei (…), zeugt von einem vollen Mißkennen der Gestaltungen des Natur- und Kulturlebens.“ 2 Klassisch US Supreme Court, NY Railroad v US, 1909, 492: „If, for example, the invisible, intangible essence or air which we term a corporation can level mountains, fill up valleys, lay down iron tracks, and run railroad cars on them, it can intend to do it, and can act therein as well viciously as virtuously.“ 3 Zum Einfluss dieser Verbandspersönlichkeit auf das Handeln der Mitarbeiter s. nur Buell, Indiana L. Journal 81 (2006), 473, 491; am Beispiel Gilchrist (Fn. 1), S. 11 – 12. Derartige gruppendynamische Prozesse und Wirkungsverstärkungen sind in der Soziologie oft beschrieben worden; eine auch literarisch besonders eindrückliche Schilderung findet sich bei Canetti, Masse und Macht, 2003, S. 16 ff. 4 Jescheck, DÖV 1953, 539, 541.
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Satz, der eine unhintergehbare Wahrheit zu verkünden und jede weitere Diskussion zu stoppen scheint: Societas delinquere non potest. Noch vor wenigen Jahren hieß es, ein Verbandsstrafrecht sei mit „logisch notwendigen Strukturprinzipien des Strafrechts“5 bzw. „sachlogischen Strukturen“6 unvereinbar. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich bereits ab, dass die bislang geltenden Regeln des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (§§ 30, 130 OWiG) durch umfassendere strafrechtliche oder jedenfalls strafrechtsähnliche Regeln abgelöst werden. Nun, da Deutschland vor der Einführung eines neuen Gesetzes über die Sanktionierung verbandsbezogener Straftaten (VerSanG) steht, scheint es angebracht, die historischen und dogmatischen Argumente in den Blick zu nehmen, die einer strafrechtlichen Sanktionierung von Verbänden im Wege stehen sollen. Dieser Blick soll im Folgenden in der Hoffnung gewagt werden, das Interesse des hochgeschätzten Jubilars zu finden. Die historische und ideengeschichtliche Perspektive zeigt dreierlei. Erstens gründeten die bis in das 18. Jahrhundert in Deutschland verbreiteten und bis in die 1960er Jahre erhaltenen Regeln über Verbandsstrafen keineswegs auf „Irrationalismen“.7 Vielmehr existierten handfeste politische Gründe für die Sanktionierung von Verbänden. Zweitens zeigt die Rechtsgeschichte, dass der Satz societas delinquere non potest auch in Deutschland keine überzeitlich gültige und sachlogisch zwingende Wahrheit ist, sondern das Zwischenergebnis einer ideengeschichtlichen Entwicklung. Zugleich bewahrheitet sich der Satz des Rechtshistorikers Michael Stolleis, demzufolge Rechtsgeschichte geschrieben wird, diese also keine objektiv-feststehende Existenz hat, sondern von der Bindung des jeweiligen Autors an seine Gegenwart und nach Maßgabe seiner Überzeugungen und Interessen erzählt,8 gelegentlich sogar absichtsvoll umgeschrieben wird. Dass die Bestrafung von Verbänden „deutschem Rechtsdenken“ fremd sei und allein dem „anglo-amerikanischen“ Rechtssystem entstamme, wie der BGH und viele Rechtslehrer in der Nachkriegszeit betonten, ist historisch jedenfalls falsch (dazu II.). Drittens zeigt die Diskussion um das Unternehmensstrafrecht, dass sich auch mit der Verwendung strafrechtlicher Begriffe Politik machen lässt. Dies gilt nicht nur für Straftheorien, deren eminent politischer Charakter auf der Hand liegt, oder den Rechtsgutsbegriff, sondern auch für den Handlungs- und Schuldbegriff. Eine Rückschau auf die Diskussion macht jedenfalls deutlich, dass der Handlungs- und Schuldbegriff als strategischer Einwand gegen die Einführung eines Unternehmensstrafrechts verwendet worden ist, obwohl diese Einwände in dogmatischer Hinsicht keineswegs stichhaltig waren und ihre Überzeugungskraft inzwischen fast vollständig verloren haben (III.). 5
Schünemann, ZIS 2014, 1, 2. Zieschang, GA 2014, 91, 95. Siehe auch den knappen Hinweis bei Murmann, in: Ambos/ Bock (Hrsg.), Aktuelle und grundsätzliche Fragen des Wirtschaftsstrafrechts, 2019, S. 57, 74, „dass ein Unternehmen keine Schuld in personalem Sinne auf sich laden kann.“ 7 So aber Eidam, Der Organisationsgedanke im Strafrecht, 2015, S. 241. 8 Stolleis, Rechtsgeschichte schreiben, 2008, S. 21 ff., 27 (Bindung an die Gegenwart). 6
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Ob man Unternehmen für handlungs- und schuldfähig erachtet, ist mithin keine dogmatische, sondern eine rechtspolitische Frage.9 Die wechselnden Antworten der Strafrechtswissenschaft spiegeln den vorherrschenden Überzeugungshaushalt einer Gesellschaft.10 So gesehen, sind Gründe für die Anerkennung bzw. Nicht-Anerkennung von Verbands- bzw. Unternehmensstrafen weniger in „logisch-systematischen als vielmehr in politischen Notwendigkeiten“11 zu finden.
II. Die ideengeschichtliche Entwicklung als Reflex der Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik 1. Verbände: Von Zünften des Spätmittelalters zu den Kartellen des 19. Jahrhunderts Dass der Satz societas non delinquere potest lediglich „eine mögliche Antwort auf die Frage nach der Deliktsfähigkeit der Personenverbände“ ist,12 zeigt sich schon daran, dass in Deutschland die Bestrafung von Verbänden über Jahrhunderte möglich war.13 Am Anfang der Entwicklung steht die Übernahme des Schuldbegriffes aus dem kanonischen Recht durch das moderne weltliche Strafrecht, dessen entscheidender Vorteil darin bestand, Personenverbände zu umfassen und deren Bestrafung zu ermöglichen.14 Unternehmen im heutigen Sinne gab es zwar noch nicht. Bestraft wurden vielmehr Städte, Abteien, Zünfte, Gilden und andere Korporationen, die zu jener Zeit für das (Erwerbs-)Leben der Einzelnen eine erhebliche Rolle spielten, da dem Staat noch die für die Ordnung der Gesellschaft notwendige Wirkmacht fehlte. Erst als sich der moderne Staat etablierte, büßten kirchliche und gesellschaftliche Intermediäre einen großen Teil ihrer politischen Bedeutung ein. Mit ihrer Verbandsmacht schwand zugleich die Notwendigkeit, ihr Verhalten strafrechtlich zu regulieren und zu sanktionieren.15 Erst in diesem Umfeld setzte sich die Ablehnung der Strafbarkeit von Verbänden auch in dogmatischer Hinsicht durch. So liest man bei Feuerbach, das Subjekt eines Verbrechens sei „notwendig“ nur das Individuum;
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So schon Vogel, StV 2012, 427; ebenso Kubiciel, ZRP 2014, 133; Rogall, GA 2015, 261, 265; jüngst Dust, Täterschaft von Verbänden, 2019, S. 41 ff. 10 Siehe dazu bereits Verf., FAZ Einspruch vom 21. 8. 2019; der Text baut auf den dortigen Ausführungen auf und vertieft diese. 11 Heinitz, Gutachten für den 40. Deutschen Juristentag, 1953, S. 67. Ebenso schon Busch, Grundfragen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Verbände, 1933, S. 81. 12 Treffend Jescheck, DÖV 1953, 539. 13 Hafter, Die Delikts- und Straffähigkeit der Personenverbände, 1903, S. 1; Schmitt, Strafrechtliche Maßnahmen gegen Verbände, 1958, S. 26. 14 Maihold, Strafe für fremde Schuld? Die Systematisierung des Strafbegriffs in der spanischen Spätscholastik und Naturrechtslehre, 2005; dazu Pawlik, HRRS 2005, 264 ff. 15 Heinitz (Fn. 11), S. 68 f.; Schmitt (Fn. 13), S. 26.
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die „universitas“ sei keines Verbrechens fähig.16 Die bedeutenden Strafrechtskodifikationen des vorletzten Jahrhunderts, insbesondere das Reichsstrafgesetzbuch von 1871, verzichteten auf Regelungen über die Bestrafung juristischer Personen. Bald erschien der vom Mittelalter bis in das frühe 19. Jahrhundert geläufige Satz, dass Körperschaften eine Straftat begehen und dafür bestraft werden können, wie eine „historische Reminiszenz“.17 Dessen ungeachtet blieben einzelne Regelungen über die Sanktionierung von Korporationen im Neben- und Landesrecht erhalten. Ihre Stunde schlug, als sich mit Verspätung die industrielle Revolution auch in Deutschland entfaltete. Nun waren es nicht mehr Kirchen und Zünfte, die mit ihrer wirtschaftlichen und politischen Macht das Leben der Bürger beeinflussten und in Konkurrenz zum Staat traten. Vielmehr entstanden Genossenschaften und Großunternehmen, letztere vereinigten sich in Syndikaten und Kartellen und schoben sich gleichsam zwischen den Einzelnen und den Staat.18 Auch der Staat selbst veränderte sich, er musste sich verändern, um die Folgen des rasanten Bevölkerungswachstums und der Industrialisierung bewältigen zu können. Zu diesem Zweck übertrug er einen Teil seiner Aufgaben an rechtlich verselbständigte öffentlich-rechtliche Anstalten und die Gebietskörperschaften.19 Als nach der Wirtschaftskrise – dem sog. Gründerkrach – die Marktwirtschaft stärker reguliert wurde,20 richtete sich der Blick auch auf die Möglichkeiten, Ordnungsstrafen gegen juristische Personen zu verhängen.21 Prompt erschienen Arbeiten, welche die dogmatischen Einwände gegen die Verbandsstrafen relativierten oder die Sanktionierung von Verbänden legitimierten. So betont Merkel in seinem berühmten Lehrbuch, es sei nicht begrifflich unmöglich, dass der im Verhalten einer Korporation sich äußernde Kollektivwille eine für rechtlich geschützte Interessen gefährliche und vom Recht verbotene Wirksamkeit erlange; ebenso wenig sei es unvernünftig, die „rechtliche Gegenwirkung“ – die Strafe – gegen jenen „Faktor“ auszurichten, von dem diese Wirkungen ausgingen.22 Hafter griff die Genossenschaftstheorie von Gierkes auf und erklärte Personenverbände nicht nur für rein tatsächlich willens- und handlungsfähig, sondern auch in rechtlicher und strafrechtlicher Hinsicht.23 „Der Personenverband will und handelt durch einzelne Menschen.“ Die Vorgänge des Wollens und Handelns vollzögen sich lediglich anders als bei Ein16
Feuerbach, Lehrbuch des Peinlichen Rechts, 1801, § 36. Er begründete dies mit der fehlenden Straffähigkeit: Eine Strafe müsse sich nicht nur auf die gegenwärtigen, sondern auf die künftigen Glieder der universitas erstrecken, was nicht möglich sei. 17 Hafter (Fn. 13). 18 Schmoeckel/Maetschke, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, 2. Aufl. 2016, Rn. 742 f. 19 Busch (Fn. 11), S. 81 ff. 20 Zur Organisation des Kapitalismus in den Jahren 1870 bis 1919 siehe Schmoeckel/ Maetschke (Fn. 18), Rn. 742 f. 21 Schmitt (Fn. 13), S. 26. 22 Merkel, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, 1889, § 18. 23 Hafter (Fn. 13), S. 61, 65.
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zelindividuen.24 An der rechtlichen Relevanz dieser Äußerungen sei aber nicht zu zweifeln. 2. Rechtskulturelle Selbstbehauptung in den 1950er Jahren Während des 1. Weltkrieges, der Weimarer Republik und der NS-Zeit setzten sich diese Ansätze nicht durch, da man sich auf andere Regulierungsstrategien verließ, namentlich die Lenkung natürlicher Personen durch ein sehr dichtes und rigides, teils unmenschlich hartes Nebenstrafrecht.25 Erst Mitte der 1950er Jahre rückte das Verbandsstrafrecht wieder in den Mittelpunkt der Diskussion. Anlass dafür waren Vorschriften der Besatzungsmächte, die eine Bestrafung juristischer Personen für Verstöße gegen das Devisenrecht vorsahen. Nach einer für Berlin geltenden Devisen-Verordnung konnten unter Voraussetzungen, die dem § 31 BGB ähneln, Personenvereinigungen strafbare Handlungen ihrer Vorstandsmitglieder, Gesellschafter oder Angestellten zugerechnet werden.26 Der Bundesgerichtshof betonte zwar die Verbindlichkeit dieser Regelung, hob aber hervor, dass dem Landgericht zuzugeben sei, „daß es dem bisherigen deutschen Rechtsdenken widerspricht, gegen juristische Personen eine Kriminalstrafe zu verhängen. Sie paßt nicht zu dem im deutschen Recht entwickelten sozialethischen Schuld- und Strafbegriff.“27 Im Umfeld dieser und anderer Entscheidungen entwickelte sich eine rechtspolitische Debatte darüber, ob die im deutschen Recht nach wie vor existierenden Sanktionsmöglichkeiten gestrichen oder im Zuge einer Neuausrichtung des Wirtschaftsstrafrechts ausgebaut werden sollten. Die Mehrheit in der Rechtswissenschaft widersprach derartigen Bestrebungen. Zentral waren dabei die Argumente, dass das deutsche Recht die Verbandsstrafe nicht kenne28 und diese mit dem Schuldbegriff „im Sinne deutscher Rechtsüberzeugungen“29 sowie dem (deutschen) Strafbegriff nicht vereinbar sei.30 Stattdessen wurden die Verbandsstrafen einseitig „fremdem, die heimatliche Tradition der Besatzungsmächte widerspiegelndem Rechtsdenken“31 zugeordnet: Dessen Dogmatik, insbesondere die „angloamerikanische“ Schuldlehre, sei nicht so weit durchgebildet wie die „modernen“ deutschen Begriffe.32 Das ist – wie wir gesehen haben – in jeder Beziehung unzutreffend, waren Verbandsstrafen 24
Hafter (Fn. 13), S. 75. Dazu Kubiciel, JZ 2019, 1158 ff. 26 BGHSt 5, 28, 31. 27 BGHSt 5, 28, 32. Ebenso (falsch) Lange, JZ 1952, 261: mit „kontinentalem Rechtsdenken grundsätzlich unvereinbar“. 28 Bruns, JZ 1954, 253; Niese, JZ 1953, 320, 321. 29 Lange, JZ 1952, 261, 262. 30 Bruns, JZ 1954, 253; Heinitz (Fn. 11), S. 85; Niese, JZ 1953, 320, 321; Lange, JZ 1952, 261, 262; Schmitt (Fn. 13), S. 106 f. 31 Jescheck, ZStW 65 (1953), 210. 32 Siegert, NJW 1953, 527 f. 25
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doch in Deutschland bis zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert anerkannt; zudem existierten Reste im deutschen Steuer- und Nebenstrafrecht bis in die frühen 1960er Jahre fort. Dass diese Sätze dennoch Gehör und Zustimmung fanden, hat zwei Gründe. Zum einen deutet der mitunter herablassend-blasierte Tonfall darauf hin, dass die deutsche Strafrechtswissenschaft nach der moralischen Katastrophe Deutschlands in einem Akt der Selbstvergewisserung darum bemüht war, die (vermeintlich) hochwertige deutsche (Rechts-)Kultur über die anglo-amerikanische Pragmatik und Zivilisiertheit zu stellen.33 Sie knüpfte damit auch an strafrechtliche Traditionslinien an, die in die 1930er Jahre zurückreichen.34 Zum zweiten brachte man in der frühen Nachkriegszeit die Begriffe Kollektivschuld und -strafe vor allem mit dem Statut und der Rechtsprechung des Internationalen Militärgerichtshofs sowie mit Art. 10 des Alliierten Kontrollratsgesetzes vom 20. 12. 1945 sowie der Frage nach der Schuld für Krieg und Völkermord in Verbindung.35 Karl Engisch konnte sich in der Diskussion um das Unternehmensstrafrecht jedenfalls nicht den Hinweis verkneifen, dass man von „der Strafhaftung aufgrund von Schicksalsverbundenheit genug verschmeckt […] habe“; man wolle nicht schuldlos dafür einstehen, „was andere schuldhaft getan haben, mit denen uns Zufall, Ahnungslosigkeit, Gutgläubigkeit in einem Verband zusammengeführt haben.“36 Mitte der 1950er Jahre fand er damit Gehör.
III. Dogmatik als Spiegel politischer und soziokultureller Überzeugungen 1. Handlungsfähigkeit von juristischen Personen Vor diesem soziokulturellen und politischen Hintergrund setzte sich die Auffassung durch, dass juristische Personen weder handlungs- noch schuldfähig seien. In-
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Diese Form des Kulturchauvinismus hat in Deutschland eine lange Tradition. Vgl. etwa Thomas Mann, Betrachtungen eines Unpolitischen, 3. Aufl. (der Taschenbuch-Ausgabe), 2004, S. 52 ff. (mit weiteren Nachweisen bei Nietzsche). 34 Siehe etwa die scharfen Wendungen gegen französisches und angloamerikanisches (Rechts-)Denken bei Welzel, Naturalismus und Wertphilosophie im Strafrecht, 1936, hier zitiert nach: Abhandlungen zum Strafrecht und zur Rechtsphilosophie, 1975, S. 30. Zu diesem Wesenszug in und zur Einordnung von Welzels Schrift Kubiciel, in: Frisch et al. (Hrsg.), Lebendiges und Totes in der Verbrechenslehre Hans Welzels, 2015, S. 135, 143 ff. Vgl. auch Ambos, Nationalsozialistisches Strafrecht, 2019, S. 134 f.; Stopp, Hans Welzel und der Nationalsozialismus, 2018, S. 19 ff. 35 Vgl. Bohne, FS Sauer, 1949, 128. Dazu auch Hirsch, Die Frage der Straffähigkeit von Personenverbänden. Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften, 1993, S. 15, 20. 36 Engisch, Verhandlungen des 40. Deutschen Juristentages, Bd. 2 (Sitzungsberichte) Gutachten E, S. 7, 28.
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ternational anschlussfähig war diese Position schon seinerzeit nicht mehr.37 Vor allem aber hatten die Hinweise auf die fehlende Handlungs- und Schuldfähigkeit häufig den Status einer „unbewiesenen Behauptung“ anstatt eines fundierten Arguments.38 Blickt man auf den Handlungsbegriff, so meint dieser die Fähigkeit einer Person, rechtlich erhebliche Handlungen vorzunehmen; strafrechtliche Handlungsfähigkeit meint dementsprechend das Potenzial, den Tatbestand eines Strafgesetzes in zurechenbarer Weise erfüllen zu können.39 Dass juristische Personen in rechtlicher Hinsicht handlungsfähig sind, ist unbestritten: Sie schließen zum Beispiel wirksame Verträge. Weshalb für das Strafrecht etwas anderes gelten soll, ist in den 1950er Jahren oftmals gar nicht mehr begründet worden.40 Dabei hatte schon Franz von Liszt die rhetorische Frage gestellt, weshalb juristische Personen, die wirksame Verträge zu schließen vermögen, nicht auch betrügerische oder wucherische Verträge schließen könnten.41 Dass eine juristische Person in strafrechtlicher Hinsicht nicht handlungsfähig sei, weil ihr die „physisch-geistige Substanz“ fehle,42 ist jedenfalls keine Begründung, sondern eine petitio principii. Dass die These von der fehlenden strafrechtlichen Handlungsfähigkeit häufig unwidersprochen bleibt, dürfte auch daran liegen, dass die gesamte Strafrechtsdogmatik am Beispiel des Individualstrafrechts (zumeist anhand einfach gelagerter Erfolgsdelikte) entwickelt wird. Wer die Dogmatik stets und ausschließlich von einem derartigen Standpunkt aus betrachtet und von dort aus seine Begriffsbildung betreibt, muss zu dem Schluss gelangen, dass eine Verbandsstrafe strafrechtsdogmatischen Begriffen widerspreche.43 Zwingend ist dieser Schluss keineswegs. Selbst vom Standpunkt des in den 1950er Jahren stark vertretenen finalen Handlungsbegriffs lässt sich juristischen Personen eine strafrechtliche Handlungsfähigkeit zuschreiben: Ist nämlich eine Handlung die Ausübung von Zwecktätigkeit,44 handeln juristische Personen jedenfalls soweit, wie das Handeln eines Mitarbeiters den von den Leitungsorganen gebildeten Willen der juristischen Person spiegelt.45
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Siehe den Bericht vom 6. Internationalen Strafrechtskongress in Rom 1953 bei Blau, Der Betrieb 1954, 34, 35. 38 Treffend schon Weber, GA 1954, 237, 239 f. 39 Marcuse, GA 1917, 478. 40 Vgl. Lange, JZ 1952, 261, 262, der dort auch die Unvereinbarkeit der Verbandsstrafe mit dem „deutschen“ Schuldbegriff nicht begründet. 41 v. Liszt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, 2. Aufl. 1884, S. 104. 42 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, Bd. 1, 4. Aufl. 2006, § 8 Rn. 59. 43 Auf diesen Fehlschluss weist schon v. Weber, in: Verhandlungen des 40. Deutschen Juristentages, Bd. 2 (Sitzungsberichte) Gutachten, E 61, hin. 44 Welzel, Das deutsche Strafrecht, 11. Aufl. 1969, S. 33. 45 Siehe Heinitz (Fn. 11), S. 84 f.; Jescheck, ZStW 65 (1953), 210, 212 f.
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2. Schuldfähigkeit von juristischen Personen Als besonders wirkmächtig in der Diskussion hat sich die These erwiesen, juristischen Personen fehle die Schuldfähigkeit. Sie war schon während der 1950er Jahre unbestritten und bildete über Jahrzehnte den dogmatischen „Generalnenner“ der deutschen Strafrechtswissenschaft in den periodisch wiederkehrenden kriminalpolitischen Diskussionen.46 Noch Anfang des 21. Jahrhunderts lehnte die Mehrheit einer beim Bundesjustizministerium angesiedelten Kommission die Einführung eines Unternehmensstrafrechts u. a. mit dem Argument ab, dies werfe „erhebliche Bedenken hinsichtlich des Schuldprinzips“ auf.47 Grundlage dieser Unvereinbarkeitsthese ist in vielen Fällen ein Schuldbegriff, der in den 1950er und 1960er Jahren verbreitet war: Schuld meint danach sozialethische Vorwerfbarkeit. Der Vorwurf eines „sozialethischen Versagen(s)“ ergebe nur „gegenüber der einzelmenschlichen Persönlichkeit“ Sinn, fasst Jescheck eine bis heute gängige Intuition zusammen.48 Der unbefangene Beobachter stellt sich indes die Frage: Weshalb eigentlich nicht? Schließlich legt die Gesellschaft auch an das Handeln von Unternehmen moralische Maßstäbe an.49 So müssen sich Unternehmen, Vereine und andere juristische Personen immer häufiger für eine mangelhafte „moral compliance“ öffentlich rechtfertigen, nicht nur bei der (rechtlich legalen) Ausnutzung prekärer Beschäftigungsverhältnisse im Ausland, sondern sogar für bloß anstößiges Verhalten von (leitenden) Angestellten.50 Zudem weist das europäische und deutsche Recht Unternehmen in zunehmendem Maße eine corporate social responsibility zu (vgl. die entsprechenden Berichtspflichten in den §§ 289b, 289c HGB). Nun mag man einwenden, dass eine Berichtspflicht keine strafrechtliche Verhaltensnorm sei und die moralische Bewertung eines Verhaltens durch die Gesellschaft von der strafrechtlichen Bewertung durch ein Gericht unterschieden werden müsse. Gerade letzteres zeigt indes die Unzulänglichkeit des ethisierenden Schuldbegriffs: Ein Strafurteil fällt gerade kein moralisches Urteil über eine (natürliche oder juristische) Person, sondern misst ein Ver46 Vgl. Jescheck, in: Niederschriften der Großen Strafrechtsreform, Bd. 1, 1956, S. 297: Der „Generalnenner“ aller Mitglieder der Kommission sei, „daß aus grundsätzlichen straf- und schuldtheoretischen Erwägungen eine echte kriminelle Bestrafung von Personenverbänden auszuscheiden hat.“ Vgl. ferner den knappen Hinweis bei Schünemann, Unternehmenskriminalität und Strafrecht, 1979, S. 233, demzufolge einem Verband nach „ganz überwiegender Auffassung“ Handlungs- und Schuldfähigkeit fehlten. Schünemann vertieft den „unfruchtbaren Austausch begriffsjuristischer Argumente“ (so treffend ders., aaO, S. 236) nicht, da er im Folgenden eine mit der Beweisnot begründete Sonderlegitimation erarbeitet. 47 Siehe Hettinger, Reform des Sanktionenrechts, Teilband 3: Verbandsstrafe, 2002, S. 354. 48 Jescheck, ZStW 65 (1953), 210, 213. So schon in wortgleicher Übereinstimmung Eb. Schmidt, in: Haertel/Josef/Schmidt, Wirtschaftsstrafgesetz, 1949, S. 31 ff. Ähnlich Heinitz (Fn. 11), S. 85, der neben dem sozialethischen Schuldbegriff noch auf die Lebensführungsschuld verweist. 49 Vgl. zur Diskussion um die Menschenrechtsbindung von Unternehmen Birk/Heger, ARSP 102 (2016), 128 ff.; Kubiciel, öAnwBl. 2016, 574 ff. 50 Am Beispiel des Spitzensports Kubiciel, SpuRt 2019, 23 f.
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halten ausschließlich an Rechtsnormen. Daher steht ein Schuldbegriff, der in einer Verurteilung (auch) einen ethischen Vorwurf sieht, nicht im Widerspruch zur Straffähigkeit juristischer Personen, sondern ist mit der Legitimation und dem Sinn der Strafe insgesamt nicht zu vereinbaren. Eine Verurteilung spricht keinen (ethischen) Vorwurf aus, sondern markiert die rechtliche Zuständigkeit eines Einzelnen für einen Rechtsverstoß.51 Demzufolge stellt die Strafe das Recht symbolisch wieder her, nicht die Integrität sozialethischer Normen. Lehnt man mit der heute herrschenden Meinung einen sozialethischen Schuldbegriff ab,52 fragt sich, welche anderen Gründe die Annahme tragen könnten, dass eine strafrechtliche Verantwortungszuweisung nur gegenüber natürlichen Personen, nicht aber gegenüber juristischen Personen möglich sein soll. Die Standardantwort auf diese Frage lautet: Weil eine juristische Person sich nicht für das Recht und gegen das Unrecht entscheiden könne.53 Wollte man aus dieser Aussage ableiten, dass nur dann eine strafrechtliche Verantwortung begründbar sei, wenn positiv und empirisch ein freier Wille desjenigen festgestellt werden kann, dem die Handlung als Straftat zugerechnet werden soll, erklärt die Aussage zu viel. Denn dieser Nachweis lässt sich auch bei natürlichen Personen nicht führen. Er muss aber auch nicht geführt werden, da das Strafgesetzbuch natürliche Personen ab einem gewissen Alter für grundsätzlich schuldfähig erklärt (§ 19 StGB). Liegen keine besonderen Gründe vor, mit denen ein Mensch von seiner unrechten Handlung distanziert werden kann (§§ 20, 35 StGB), gilt er – rechtlich betrachtet – als verantwortlich. Eine solche Festlegung kann das Recht auch in Bezug auf juristische Personen treffen.54 Es tut dies schon heute – unter anderem in § 30 Ordnungswidrigkeitengesetz. Nach dieser Vorschrift sind juristische Personen für das Handeln solcher Leitungspersonen verantwortlich, mittels derer die juristische Person rechtlich agiert und die (wirtschaftlichen) Interessen der hinter ihr stehenden Anteilseigner verfolgt. Wenn keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, kann das unternehmensbezogene Handeln einer Leitungsperson nicht von der juristischen Person distanziert werden, die dem Verhalten seinen besonderen sozialen und rechtlichen Sinn verleiht. Die Bestechung durch einen Geschäftsführer zum Zweck der Auftragsgewinnung ist eben
51 Vgl. dazu im hiesigen Zusammenhang Rogall, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Aufl. 2018, § 1 Rn. 8 sowie umfassend Pawlik, Das Unrecht des Bürgers, 2012, S. 260 ff. – Greco, GA 2015, 503, 505 f., kritisiert diesen Schuldbegriff als inhaltsleer. Jedoch könnte man seine Feststellung auch ins Positive wenden: Der hier vertretene normative Begriff hält die strafrechtliche Schuld frei von nicht beweisbaren empirisch-anthropologischen oder umstrittenen strafrechtstheoretisch-philosophischen Vorannahmen und sucht stattdessen Anschluss an die geltende Rechtslage und -praxis; vgl. dazu auch Hassemer, ZStW 121 (2009), 829, 840; grundlegend Jakobs, Schuld und Prävention, 1976. 52 So etwa in diesem Zusammenhang Rogall (Fn. 51), § 30 Rn. 15. 53 So BGHSt 5, 28, 31 f. Ferner Heinitz (Fn. 11), S. 85. 54 Vogel, StV 2012, 427 ff.; ebenso Kubiciel, ZRP 2014, 133 ff. Umfassend Kohlhof, Legitimation einer originären Verbandsstrafe, 2019.
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nicht nur eine Episode im Leben dieses Menschen,55 sondern weist einen untrennbaren Unternehmensbezug auf. Sie ist eine corporate crime, auf die mit einem Bußgeld oder Strafe reagiert werden kann, ohne dass dies einen straftheoretischen Unterschied macht.56 Dem hält Schünemann ein an der Abschreckungsprävention orientiertes Schuldverständnis entgegen. Die Strafandrohung richte sich an einen „rationalen Nutzenmaximierer“, der von der Begehung einer Straftat abgeschreckt werden solle. Adressat könne daher „nur ein zum Verstehen der Norm und zu ihrer Befolgung befähigter Mensch sein“.57 Indes ist schon zweifelhaft, ob die negative Generalprävention überhaupt als die Straftheorie gelten darf, mit deren Hilfe die strafrechtliche Zurechnung und strafdogmatische Begriffe modelliert werden können.58 Davon abgesehen erklärt der Einwand nicht, weshalb nicht auf die abschreckende Wirkung abgestellt werden darf, welche die Strafandrohung gegenüber der physisch handelnden Leitungsperson der juristischen Person ausübt. Schließlich ist die Abschreckungsprävention – wenn irgendwo – doch gerade bei unternehmerischen Handlungen aussagekräftig, die stärker von Nutzenkalkülen geleitet wird als Alltagsverhalten. Zu erklären wäre also, weshalb die Schuld der juristischen Person nicht im Fehlverhalten jener natürlichen Personen liegen soll, durch die sie faktisch und rechtlich handelt.59 Greco hält dem die Höchstpersönlichkeit der Schuld entgegen; die Schuld der natürlichen Person lasse sich der juristischen Person nicht zurechnen.60 Indes stellt sich bereits die Frage, ob wir es überhaupt mit einer Zurechnung fremder Schuld zu tun haben. Denn anders als natürliche Personen, zwischen denen fremde Schuld nicht strafbarkeitsbegründend zugerechnet werden kann, können juristische Personen weder faktisch noch rechtlich höchstpersönlich handeln. Vielmehr handeln für sie natürliche Personen, ohne dass das Handeln der natürlichen Personen vom Ganzen – dem Verband bzw. der juristischen Person – getrennt werden könnte.61 Während beim Handeln verschiedener natürlicher Personen die Notwendigkeit besteht, die Verantwortungsbereiche zu trennen und eine unzulässige Zurechnung fremder Schuld zu verhindern, handeln juristische Personen nur durch natürliche Personen und natürliche Personen auch für diese, falls ein rechtlicher Verbandsbezug 55
Seelmann, Kollektive Verantwortung im Strafrecht, 2002, S. 22. Zwar wird behauptet, dass dem Bußgeld jener sozialethische Tadel fehle, der kennzeichnend für die Strafe sei (so Kühl, FS Tiedemann, 2008, S. 29, 42 f.; krit. Jahn/Brodowski, JZ 2016, 969, 973). Jedoch weisen beide Reaktionsformen keine substantiellen Unterschiede auf, siehe dazu Kubiciel, ZStW 129 (2017), 473, 488 f.; Rogall (Fn. 51), Vorbemerkung Rn. 1 ff.; § 30 Rn. 21. 57 Schünemann, ZIS 2014, 1, 2. Insoweit zustimmend Silva-Sánchez, GA 2015, 267, 271. 58 Dazu Kubiciel, Die Wissenschaft vom Besonderen Teil des Strafrechts, 2013, S. 144 ff. 59 Eine solche Zurechnung ablehnend v. Freier, Kritik der Verbandsstrafe, 1998, S. 100 f.; Klesczewski, FS Seebode, 2008, S. 179, 186; Frisch, FS Wolter, 2013, S. 349, 362. 60 Greco, GA 2015, 503, 507. So auch Murmann (Fn. 6), S. 74. Kritisch dazu Renzikowski, GA 2019, 149, 157 f. 61 Vgl. Aichele, JRE 16 (2008), 3, 22. Renzikowski, GA 2019, 149, 153, 156 f. 56
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vorliegt. Eine verbandsbezogene Straftat stellt dann nicht allein eine Individualstraftat dar, sondern ist wegen des besonderen faktischen und normativen Kontextes stets auch das Verschulden der juristischen Person. Aber selbst wenn man in dieser Gleichsetzung eine Zurechnung von Handeln und Schuld sehen wollte, sprechen basale Fairnesserwägungen für die Zulässigkeit einer solchen Zurechnung.62 Denn es ist nicht einzusehen, weshalb der juristischen Person, die nur durch ihre (leitenden) Mitarbeiter zu handeln imstande ist, zwar die Vorteile der in ihrem Interesse vorgenommenen Betätigung zufließen (sollen), „dass sie aber beim Fehlen einer Sanktionsmöglichkeit nicht den Nachteilen ausgesetzt wäre, die als Folge der Nichtbeachtung der Rechtsordnung im Rahmen der für sie vorgenommenen Betätigung eintreten können“.63 Eine strafrechtliche Zurechnung zur Schuld der juristischen Person ließe sich dann nur noch ausschließen, indem man zusätzliche strafrechtstheoretische oder rechtsphilosophische Kriterien einführt, die eine juristische Person (vermeintlich) nicht erfüllen kann. So meint v. Freier, das spezifische Strafunrecht sei eine „Störung des Friedensverhältnisses durch einen in sich reflektierten Willen“.64 Damit soll dem Freiheitsgedanken im Rahmen eines nicht-instrumentalen Verhältnisses zwischen Person und Rechtsordnung auf der Ebene der Schuld Geltung verliehen werden.65 Indes stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber an Überlegungen gebunden ist, „die nur ein Teil der Rechtswissenschaft, wenn auch vehement und mit naturrechtlichem, sachlogischem oder sonst kritikimmunisiertem Anspruch vorbringt.66 Diese Frage ist zu verneinen. In den Grenzen der Grundrechte kann der Gesetzgeber bestimmen, wer Zurechnungsendpunkt ist.67 Dass diesem Schritt keine zwingenden rechtskulturellen und dogmatischen Gründe entgegenstehen, hat der vorstehende Beitrag darzulegen versucht. Ob und wie das Recht auf eine corporate crime reagieren soll, ist eine Frage, die nicht von strafrechtlichen Begriffen beantwortet werden kann.
IV. Fazit Deutschland schickt sich an, ein umfassendes und modernes Gesetz über die Sanktionierung verbandsbezogener Straftaten zu schaffen. Nachdem das Land Nordrhein-Westfalen (2013) sowie eine Kölner Forschungsgruppe (2017) in rechtspolitische bzw. wissenschaftliche „Vorleistung“ gegangen sind, hat das Bundesministeri62
Vgl. Kubiciel (Fn. 58), S. 164 f. Treffend Bundestagsdrucksache V/1269, S. 59; Bundestagsdrucksache 17/11053, S. 20. Näher Dust (Fn. 9), S. 41 f. 64 v. Freier, GA 2009, 98, 106. 65 Vgl. Silva-Sánchez, GA 2015, 267, 268/273. 66 Dazu und zum Folgenden Vogel, StV 2012, 427, 428. 67 Ebenso Jahn, in: ders./Schmitt-Leonardy/Schoop (Hrsg.), Das Unternehmensstrafrecht und seine Alternativen, 2016, S. 53 ff. 63
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um der Justiz und für Verbraucherschutz im Jahr 2019 einen Entwurf fertiggestellt. Damit nähert sich eine Diskussion dem vorläufigen Abschluss, die seit Jahrzehnten geführt wird. Sie ist indes kaum je über die Wiederholung der immer gleichen Einwände vorangekommen. Man hat nicht nur versucht, die Einführung eines Strafrechts für juristische Personen durch eine bestenfalls einseitige oder sogar unzutreffende Rezeption der Rechtsgeschichte zu desavouieren. Vor allem haben Generationen von Strafrechtswissenschaftlern den Handlungs- und Schuldbegriff als Diskussionsstopper verwendet, ohne dass man sich allzu lange mit einer strafrechtstheoretischen Fundierung der Einwände aufgehalten hätte. Damit hat die Strafrechtswissenschaft Rechtsgeschichts- und Begriffspolitik betrieben und eine sachliche Auseinandersetzung um das Ob und vor allem das Wie einer Reform verhindert. Nun, da sich der Pulverdampf der Schlacht lichtet, wird der Blick auf die zahlreichen praktisch wichtigen Fragen frei, in deren Beantwortung auch und vor allem die Aufgabe einer kriminalpolitisch arbeitenden Wissenschaft liegt. Literatur Aichele, Alexander: Persona physica und persona moralis: Die Zurechnungsfähigkeit juristischer Personen nach Kant, in: B. Sharon Byrd/Joachim Hruschka/Jan C. Joerden (Hrsg.), Jahrbuch für Recht und Ethik, Band 16, Berlin 2008, S. 3 – 23. Ambos, Kai: Nationalsozialistisches Strafrecht, Baden-Baden 2019. Birk, Axel/Heger, Wolfram: Unternehmerische Verantwortung für Menschenrechte?, ARSP 2016, S. 128 – 152. Blau, Günter: Internationale Aspekte des Wirtschaftsstrafrechts, Der Betrieb 1954, S. 34 – 35. Bohne, Gotthold: Organisationsverbrechen, Gruppenkriminalität und Kollektivschuld in Theorie und Praxis des 13. Jahrhunderts, in: Wilhelm Sauer (Hrsg.), Festschrift für Wilhelm Sauer zu seinem 70. Geburtstag am 24. Juni 1949, Berlin 1949, S. 128 – 162. Boujong, Karlheinz (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zum OWiG, München 2018. Buell, Samuel W.: The Blaming Function of Entity Criminal Liability, Indiana Law Journal 2006, S. 474 – 537. Busch, Richard: Grundfragen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Verbände, Leipzig 1933. Canetti, Elias: Masse und Macht, Hamburg 1960. Drost, Heinrich/Erbs, Georg: Kommentar zum Wirtschaftsstrafgesetz, Frankfurt am Main 1949. Dust, Julian: Täterschaft von Verbänden, Berlin 2019. Eidam, Lutz: Der Organisationsgedanke im Strafrecht, Tübingen 2015. Engisch, Karl: Gutachten E, in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 40. Deutschen Juristentages, Band 2, München 1954. Feuerbach, Paul Johann Anselm v.: Lehrbuch des Peinlichen Rechts, Gießen 1801.
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Michael Kubiciel
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Die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Betreiber sozialer Netzwerke Eine Bewährungsprobe (nicht nur) für die Dogmatik des Allgemeinen Teils des Strafrechts Von Carsten Kusche Noch im ersten Jahr seiner Mitarbeit an der Juristischen Fakultät der Universität Würzburg eröffnete sich dem Autor dieser Zeilen die Chance, einem Vortrag des verehrten Jubilars zum „Handlungsunwert als Grundlage einer rationalen Strafrechtsdogmatik“1 zu lauschen und dadurch den Zauber zu verspüren, den Marcelo A. Sancinetti grundlegendsten Fragen der Unrechtsbegründung auch heute noch zu verleihen vermag.2 Um der Bedeutung der Grundlagen des Strafrechtssystems für das Forschungsinteresse und die großen wissenschaftlichen Verdienste des Jubilars zumindest im Ansatz gerecht zu werden, legt der vorliegende Beitrag seinen Schwerpunkt auf die dogmatischen Schwierigkeiten einer rechtspolitisch angemessenen Erfassung der Verantwortlichkeit der Betreiber sozialer Netzwerke für das von ihren Nutzern begangene Unrecht durch die geltende Rechtslage. Technische Besonderheiten und die geltenden Privilegierungsvorschriften des Telemediengesetzes (TMG) werden demgegenüber in den Hintergrund gerückt und nur besprochen, soweit dies für das Verständnis der Problemlage oder -lösung unumgänglich ist.
I. Einleitung Die sozialen Netzwerke des Internets zählen zu den wichtigsten Kommunikationsmitteln des 21. Jahrhunderts. Im Grundsatz beruhen diese Modelle vor allem auf der Interaktion der Mitglieder der Plattform. Das Wesen der Kommunikation auf Facebook, Twitter, bei Instagram und Co. wird u. a. durch die Veröffentlichung eigener Inhalte – regelmäßig von Texten, Bildern oder Videos – für ein beschränktes oder unbeschränktes Publikum oder eine Stellungnahme zu Beiträgen anderer Plattformnutzer geprägt. Wer zu einem fremden Beitrag Stellung nimmt, tut das etwa auf Facebook durch die Anfertigung eines Kommentars, das Weiterverbreiten des Inhalts 1
Veröffentlicht in Sancinetti, GA 2016, 411. Zumindest mittelbar dürften die Eindrücke dieser Vortragsveranstaltung den Autor dieses Beitrags auch dazu verleitet haben, im Rahmen eines Lernbeitrags (Kusche, JURA 2019, 913) die „Subjektivität und Normativität der Versuchsstrafbarkeit“ zu thematisieren. 2
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durch sog. „Teilen“ oder die Betätigung des unter einem jeden Beitrag befindlichen „Gefällt mir“-Buttons (sog. „Like“). All das ist nur möglich, weil die Betreiber der sozialen Netzwerke die jeweilige Plattform zur Nutzung bereitstellen, die Beiträge ihrer Nutzer speichern und entsprechend dem Aufbau der Plattform präsentieren. Neben wünschenswerter Kommunikation werden über soziale Netzwerke vermehrt auch Straftaten begangen. Eine große Rolle spielen dabei Beleidigungen und die Veröffentlichung volksverhetzender Inhalte. Im Wesentlichen unproblematisch ist dann die Strafbarkeit dessen, der die Äußerung erstmals in die Welt – also auf die Plattform – gesetzt hat. Schwieriger ist demgegenüber die strafrechtliche Bewertung etwaiger Stellungnahmen anderer Nutzer, z. B. durch Weiterverbreitung oder „Liken“ des inkriminierten Inhalts, und insbesondere die der Verantwortlichkeit des Betreibers der Plattform. Strafrechtsdogmatische Anknüpfungspunkte stellen insoweit das Betreiben der Plattform als positives Tun und ein etwaiges Unterlassen der Löschung inkriminierter Inhalte bereit. Die entscheidende Frage – die bei einer Beteiligung des Netzwerkbetreibers durch Tun die Schaffung eines rechtlich missbilligten Risikos und beim Unterlassen auch das Vorliegen einer Garantenstellung betrifft – ist, ob den Plattformbetreiber eine (strafbewehrte) rechtliche Zuständigkeit für die Vermeidung oder Beseitigung von Straftaten seiner Nutzer trifft. Der vorliegende Beitrag plädiert dafür, sie aus einer plattform- und deliktsspezifischeren Sicht auf das Problem als üblich zu beantworten.
II. Strafrechtliche Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers nach geltendem Recht allenfalls für das Unterlassen der Löschung eines strafbaren Inhalts Bei der Untersuchung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Betreiber sozialer Netzwerke, deren Dienste originär auf rechtmäßige Nutzung ausgerichtet sind, ist zu unterscheiden, ob ein strafrechtlicher Vorwurf schon auf ein aktives Tun durch Bereitstellen des Speicherplatzes oder erst das Unterlassen der Verhinderung einer konkreten Rechtsverletzung gestützt werden soll. Bei diesem Unterlassen wiederum macht es dann einen normativen Unterschied, ob der Plattformbetreiber es „nur“ unterlässt, durch eine Vorprüfung rechtswidrige Inhalte vor der Veröffentlichung herauszufiltern oder aber eine bereits in die Welt gesetzte strafbare Information auch nach Kenntniserlangung von ihrem strafbaren Inhalt nicht löscht. 1. Das Betreiben der Plattform als derzeit untauglicher Anknüpfungspunkt Denkbar wäre zunächst, an das Betreiben der Plattform selbst anzuknüpfen und darin für den Regelfall mangels Tatherrschaft und gemeinsamen Tatplans mit dem Nutzer zwar keine täterschaftliche Beteiligung, womöglich aber eine Teilnahme an einer über das Netzwerk begangenen Straftat zu sehen. Grundsätzlich dürfte es
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dann aber – mit dem Gedanken der neutralen Beihilfe eng verbunden – naheliegen, dies im Ergebnis schon deshalb abzulehnen, weil der bloße Betrieb einer OnlineKommunikationsplattform sozialadäquat ist und unbeschadet besonderer Funktionsweisen und Zwecksetzungen der Plattform kein rechtlich missbilligtes Risiko dahingehend schafft, dass es auf ihr zu einer Straftat durch die Plattformnutzer kommt.3 Eine strafbare Hilfeleistung als insoweit zumindest teilweise eigenständiger Rechtsgutsangriff des Gehilfen setzt voraus, dass dieser ein bereits ex ante als solches erkennbares unerlaubtes Risiko der Rechtsgutsverletzung schafft.4 Schon kein objektives Teilnahmeunrecht verwirklicht deshalb der Betreiber eines Online-Kochforums, wenn es im Rahmen einer Diskussion über das beste Asado-Rezept zu einer Beleidigung unter den Diskussionsteilnehmern kommt. Man könnte nun hinterfragen, ob das pauschal für alle Online-Plattformen gilt, die der Zweckbestimmung nach legalen Nutzeraktivitäten dienen. Die auf Anonymität, Emotion und Reichweite basierende Funktionslogik gerade der modernen Plattformen sozialer Kommunikation wie Facebook oder Twitter scheint die Begehung von Straftaten in bestimmten Deliktsbereichen nämlich in besonderem Maße zu fördern. Das betrifft vor allem Verbreitungs- und Äußerungsdelikte wie Volksverhetzung oder Beleidigung im Rahmen von „Fake News“, „Hate Speech“ und Co.5 Dieser Gedanke wird noch zu vertiefen sein. An dieser Stelle – bei der Beurteilung einer etwaigen aktiven Beteiligung des Netzwerkbetreibers durch Bereitstellen der Plattform und das Speichern von Nutzerpostings – muss er allerdings noch nicht zu Ende gedacht werden. Seinen Grund hat das in Vorgaben europäischen Rechts, die in Deutschland durch das Telemediengesetz (TMG) umgesetzt werden mussten. Das derzeit noch geltende europäische und dem folgend das deutsche Recht gehen in Hinblick auf die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern des Internets für fremde Informationen, die sie für Dritte speichern (sog. Host-Service-Provider), auf die Jahrtausendwende zurück, als der Akzeptanz des Internets in der Gesellschaft noch zum Durchbruch verholfen werden musste. Das wurde dadurch bewerkstelligt, dass der Betrieb auf legale Zwecke ausgerichteter Plattformen durch das TMG im Grundsatz pauschal von einer Haftung für rechtswidrige Handlungen freigestellt wird, die Dritte unter Nutzung des Dienstes begehen. Host-Service-Provider sind nach § 7 Abs. 2 TMG nämlich nicht verpflich3 So speziell für soziale Netzwerke Ceffinato, JuS 2017, 403 (404) und, dabei allerdings eher auf die subjektive Tatseite abstellend, Beck, in: Hilgendorf/Liang, Beteiligungslehren: Modelle, Erscheinungsformen und Herausforderungen, Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen); Greco, ZIS 2019, 435 (441) im Kontext der Diskussion um die Einführung eines Straftatbestands des Betreibens einer kriminellen Handelsplattform nach § 126a StGB-E; im Allgemeinen Zieschang, GA 2020, 57 (59 f.). 4 Roxin, AT II, § 26 Rn. 8 ff.; 183; wie er Schünemann, in: LK, Vor § 26 f. Rn. 1 ff.; Greco, ZIS 2019, 435 (441). 5 Hoven, ZWH 2018, 97 (98); Jaursch, Regulatorische Reaktionen auf Desinformation, S. 9; Paal/Hennemann, ZRP 2017, 215 (216); Sängerlaub, Möglichkeiten und Grenzen des Fact-Checking als Mittel gegen Desinformation, S. 5 f.; Sängerlaub/Rühl, Trumps CrimeTweet, S. 4.
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tet, die von ihnen gespeicherten Informationen proaktiv zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Zum anderen normiert § 10 S. 1 TMG, dass diese Diensteanbieter ohne besondere Nähe zu einem inkriminierten Inhalt für diesen nicht haften, sofern sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung haben. Erforderlich ist dabei positive Kenntnis des konkreten Inhalts.6 Dadurch wird eine auf das Vorliegen von Eventualvorsatz gestützte Strafbarkeit von Service-Providern vollumfänglich ausgeschlossen.7 Begründet wird all das damit, dass Service-Provider bloß als neutrale, technische Vermittler aufträten und keine Informationsnähe besäßen.8 Die Privilegierung entfällt erst, wenn der Provider eine aktive Rolle bei der Tatbegehung einnimmt. Das tut er z. B. dann, wenn er als Betreiber einer Handelsplattform rechtswidrige Werbeanzeigen seiner Kunden individualisiert freischaltet. Facebook, Twitter und Co. nehmen eine solche aktive Rolle – trotz der Steuerung der Präsentation von Inhalten – nach gängiger Auffassung nicht ein.9 Für die Verantwortlichen von Facebook, Twitter und Co. bedeutet das, dass sie sich jedenfalls nach geltendem Recht weder wegen des bloßen Betreibens der Plattform noch wegen des Unterlassens der Herausfilterung krimineller Inhalte vor deren Veröffentlichung strafbar machen können.10 Denn sie mögen zwar damit rechnen, dass sie zum Hochladen strafrechtsrelevanter Inhalte beitragen. Nach geltendem Recht müssen sie das aber nicht prüfen. Wenn die Speicherung des Inhalts dann automatisiert geschieht, erlangen sie positive Kenntnis erst, wenn das Posting bereits online gegangen ist. 2. Das Unterlassen der Löschung eines Beitrags trotz Kenntnis Nach geltendem Recht können sich die meisten Plattformbetreiber also allenfalls strafbar machen, wenn sie einen inkriminierten Inhalt trotz positiver Kenntnis nicht löschen.11
6 Zur Diskussion um den Bezugsgegenstand der Kenntnis Hilgendorf/Valerius, Computerund Internetstrafrecht, Rn. 208; Hoven, ZWH 2018, 97 (101 f.); Zieschang, GA 2020, 57 (67 f.). 7 Bär, in: Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, Kap. 15 Rn. 194; Ceffinato, JuS 2017, 403 (405); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 184 Rn. 84; Hoven, ZWH 2018, 97 (101); Zieschang, GA 2020, 57 (67). 8 S. etwa Erwägungsgrund 42 der E-Commerce-Richtlinie RL 2000/31/EG. 9 Heghmanns, in: Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, Teil 6 Rn. 46; Kartal-Aydemir/Krieg, MMR 2012, 647 (648). 10 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 184 Rn. 85; Hoven, ZWH 2018, 97 (99). 11 Ceffinato, JuS 2017, 403 (404); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 184 Rn. 85; Zieschang, GA 2020, 57 (59 ff.); Galetzka/Krätschmer, MMR 2016, 518 (522) stützen den strafrechtlichen Vorwurf ab Kenntnis dennoch auf ein Tun.
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a) Garantenstellung des Providers? Die aus rechtspolitischer wie strafrechtsdogmatischer Perspektive alles entscheidende Wertungsfrage ist, ob die Verantwortung für strafbare Nutzer-Postings überhaupt zwischen dem User und dem Provider aufzuteilen oder allein dem Nutzer anzulasten ist. Eine Strafbarkeit wegen unterlassener Löschung eines Beitrags setzt nämlich vor allem das Bestehen einer Garantenstellung des Providers voraus. Im Ausgangspunkt spricht deutlich gegen eine Rechtspflicht der Plattformbetreiber, dass der Betrieb des Netzwerks rechtlich zulässig ist. Eine Garantenstellung aus Ingerenz scheidet deshalb aus.12 Hinzukommt, dass das Verhalten der Provider erst durch die User in kriminelle Zusammenhänge gezogen wird. Auch der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit des dazwischentretenden Dritten deutet also auf das Fehlen einer rechtlichen Einstandspflicht der Provider für das Verhalten ihrer Nutzer hin.13 aa) Die Herrschaft über die Gefahrenquelle als rechtsdogmatischer Anknüpfungspunkt In Betracht kommt wohl allenfalls eine Stellung als Überwachungsgarant, wenn es Aufgabe der Plattformbetreiber wäre, die Gefahrenquelle „soziales Netzwerk“ zu zähmen.14 Da der Provider die auf seiner Plattform eingestellten Rechtsverletzungen durch Löschung zumindest für die Zukunft unterbinden könnte, wäre die Herleitung einer etwaigen Garantenstellung des Netzwerkbetreibers aus der Herrschaft über die Gefahrenquelle jedenfalls im Grundsatz denkbar.15 Mit den Löschungspflichten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes ließe sich eine solche rechtliche Vertrauenserwartung der Rechtsgemeinschaft auch gesetzlich untermauern.16 Die Schaffung einer Gefahrenquelle und die Möglichkeit der Erfolgsabwendung dürfen allein indes nicht zur Annahme einer strafbewehrten rechtlichen Erfolgsab-
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Sieber, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 19.1 Rn. 37 ff. Im Allgemeinen Roxin, AT I, § 32 Rn. 125. 14 Bejahend Bosch, in: Schönke/Schröder, § 13 Rn. 44; Ceffinato, JuS 2017, 403 (404); Hörnle, NJW 2002, 1008 (1011); „in engen Grenzen“ Eisele, in: Schönke/Schröder, § 184 Rn. 85; tendenziell auch Beck, in: Hilgendorf/Liang, (s. Fn. 3) Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen); (nur) bei „objektiv klar rechtswidrigen“ Inhalten Sieber, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 19.1 Rn. 42 ff.; dagegen Heghmanns, in: Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, Teil 6 Rn. 48; für den Regelfall auch Zieschang, GA 2020, 57 (65). 15 Ceffinato, JuS 2017, 403 (405); Sieber, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 19.1 Rn. 44. 16 Ceffinato, JuS 2017, 403 (405) und Galetzka/Krätschmer, MMR 2016, 518 (522) stützen ihre Thesen von der vorstrafrechtlichen Wertung zugunsten einer Garantenstellung vor Inkrafttreten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes auf das TMG selbst; im Allgemeinen zur rechtlich fundierten Vertrauenserwartung als Begründung einer Garantenstellung aus der Herrschaft über eine Gefahrenquelle Jescheck/Weigend, AT, S. 620, 627. 13
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wendungspflicht führen.17 Das ergibt sich daraus, dass sonst zwei Voraussetzungen der unechten Unterlassungsstrafbarkeit vermischt würden: Die physisch-reale Möglichkeit der Erfolgsvermeidung ist das eine – die Garantenstellung als rechtliche Pflicht zur Verhinderung des Eintritts des Erfolgs das andere.18 Die Begründung der Garantenstellung muss deshalb normativ erfolgen.19 Zuweilen wurde insoweit mit einem „rechtlichen Entscheidungsmonopol [des Plattformbetreibers] über die Weiterexistenz der Dateien“ argumentiert.20 Angesichts der immens gestiegenen Bedeutung der Nutzung von sozialen Netzwerken für die Ausübung der Meinungsfreiheit wird derzeit indes lebhaft darüber diskutiert, ob Plattformbetreiber ihren Nutzern in Ausübung eines „virtuellen Hausrechts“ strengere Kommunikationsstandards auferlegen dürfen, als sie dem Grundrecht der Meinungsfreiheit durch das Grundgesetz gezogen werden oder Betreiber sozialer Netzwerke im Einzelfall einer staatsähnlichen Bindung an die Grundrechte unterliegen – mit der Folge, dass ihnen im Rahmen verfassungsrechtlich zulässiger Äußerungen ihrer Nutzer eben keine rechtliche Gestaltungsfreiheit zustünde.21 Die Behauptung eines umfassenden rechtlichen Entscheidungsmonopols des Plattformbetreibers bewegte sich daher derzeit auf dünnem Eis. bb) Die Unmittelbarkeit der Gefahr als Zurechnungskriterium Nach allgemeinen Grundsätzen setzt eine rechtliche Einstandspflicht des Herrschers über die Gefahrenquelle jedenfalls voraus, dass es naheliegt, dass die Eröffnung des Verkehrs zu einer Rechtsgutsbeeinträchtigung führt.22 Es ergeben sich im hier interessierenden Zusammenhang insoweit indes sogar noch gesteigerte Begründungserfordernisse daraus, dass es zur Risikoverwirklichung noch eines kriminellen Dazwischentretens Dritter – der Plattformnutzer – bedarf.23 Zur Annäherung an die 17 BGH NJW 1982, 1235; Ceffinato, JuS 2017, 403 (405); Jescheck/Weigend, AT, S. 620; Sieber, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 19.1 Rn. 29; Zieschang, GA 2020, 57 (63). 18 Beck, in: Hilgendorf/Liang, (s. Fn. 3) Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen); ähnlich Zieschang, GA 2020, 57 (63) in Hinblick auf das Erfordernis einer über den bloßen Verweis auf eine Löschungsmöglichkeit hinausgehenden Begründung der etwaigen Tatherrschaft des Providers. 19 Ceffinato, JuS 2017, 403 (405). 20 So für das alte Recht und unter anderen tatsächlichen Verhältnissen Hörnle, NJW 2002, 1008 (1011); dagegen Sieber, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 19.1 Rn. 54 und im Allgemeinen Jescheck/Weigend, AT, S. 627 f. 21 S. etwa BVerfG ZD 2019, 362; OLG München NJW 2018, 3115; 3119 (3120); LG Karlsruhe BeckRS 2018, 20324; LG Frankfurt a. M. MMR 2018, 545; OLG Dresden NJW 2018, 3111 (3113 f.). 22 Zieschang, GA 2020, 57 (65); im Allgemeinen Gaede, in: NK-StGB, § 13 Rn. 46. 23 Gaede, in: NK-StGB, § 13 Rn. 46; Hilgendorf/Valerius, Computer- und Internetstrafrecht, Rn. 242; Hoven, ZWH 2018, 97 (100); deutliche Trennung der für die Annahme einer Garantenstellung wegen der Beherrschung einer Gefahrenquelle erforderlichen Begrün-
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für eine Bejahung der Garantenstellung erforderliche Nähe des Plattformbetreibers zur Gefahr dürfte sich bei einer Gegenüberstellung mit klassischen Gefahrenquellen wohl am ehesten ein Vergleich mit einer etwaigen Garantenstellung aus der Herrschaft über eine Räumlichkeit anbieten.24 Der für eine Räumlichkeit Verantwortliche kann eine Pflicht zur Verhinderung von Rechtsgutsverletzungen haben, die sich darin abspielen – aber nur, wenn die Räumlichkeit selbst als unmittelbare Gefahrenquelle fungiert.25 Das mag für den Wohnungsinhaber in Hinblick auf eine (fahrlässige) Körperverletzung seiner Gäste anzunehmen sein, wenn er eine defekte Treppe nicht repariert und diese mit dem Gast zusammenbricht.26 Mit deutlichen Einschränkungen kann den Verantwortlichen für eine Räumlichkeit auch eine Rechtspflicht zur Vermeidung der Begehung bzw. Aufrechterhaltung von Straftaten treffen, die darin durch Dritte begangen werden.27 So soll es etwa liegen, wenn bei einer zuvor durch einen Dritten ins Werk gesetzten Freiheitsberaubung die Abgeschlossenheit des Raumes des potentiell Sonderpflichtigen dazu führt, dass dessen Räumlichkeit selbst zur Gefahr wird.28 Der Wirt einer Gaststätte hingegen hat mangels Unmittelbarkeitszusammenhangs keine Pflicht, betrunkene Gäste von einer Trunkenheitsfahrt oder einer Schlägerei abzuhalten.29 cc) Plattform- und deliktsspezifische Betrachtungsweise Eine Übertragung dieser Grundsätze auf die Verantwortlichkeit der Betreiber sozialer Netzwerke wirft die Frage auf, ob die von den Nutzern begangenen Straftaten „nur bei Gelegenheit“ der Nutzung von Facebook und Co. begangen werden oder soziale Netzwerke eine derart naheliegende – unmittelbare – Gefahr der Tatbegehung schaffen, dass den Betreibern dieser Plattformen Sonderpflichten aufzuerlegen sind.30 Für den Regelfall ist anzunehmen, dass die Bereitstellung neutraler Kommunikationsplattformen nicht dazu führt, dass Straftaten der Nutzer besonders naheliegen. Allerdings dürfte insoweit im Einzelfall nach der jeweiligen Plattform und insbesondere auch der einschlägigen Straftat zu unterscheiden sein. dungserfordernisse von jenen, die eine Verantwortlichkeit für das Verhalten Dritter ermöglichen bei Bosch, in: Schönke/Schröder, § 13 Rn. 47. 24 Hoven, ZWH 2018, 97 (99), indes für das aktive Tun durch Betrieb der Plattform. 25 Freund, in: MüKo-StGB, § 13 Rn. 157; in diese Richtung auch Beck, in: Hilgendorf/ Liang, (s. Fn. 3) Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen); Bosch, in: Schönke/ Schröder, § 13 Rn. 54; Valerius, in: Hilgendorf/Liang, (s. Fn. 3) Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen); Zieschang, GA 2020, 57 (65). 26 So das Beispiel bei Roxin, AT I, § 32 Rn. 115; ähnlich Gaede, in: NK-StGB, § 13 Rn. 46. 27 Gaede, in: NK-StGB, § 13 Rn. 46, 51. 28 Freund, in: MüKo-StGB, § 13 Rn. 157; Roxin, AT I, § 32 Rn. 115. 29 In der Sache so auch Bosch, in: Schönke/Schröder, § 13 Rn. 54; Ceffinato, JuS 2017, 403 (405 f.); Gaede, in: NK-StGB, § 13 Rn. 51; Roxin, AT I, § 32 Rn. 120 ff. 30 Bejahend Hoven, ZWH 2018, 97 (99); auch Ceffinato, JuS 2017, 403 (405 f., 408), der allerdings von einem Leerlaufen der Garantenstellung wegen Vollendung der Haupttat vor dem Unterlassen durch den Betreiber ausgeht.
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Unbeschadet besonderer Zwecksetzungen schaffen etwa Diskussionsforen – seien sie politischer Natur oder Treffpunkt für gleichgesinnte Hobbyköche oder Fußballfans –, deren Funktion und Zwecksetzung sich darin erschöpft, Diskussionsteilnehmer zusammenzubringen, grundsätzlich keine gesteigerte Gefahr dafür, dass es im Diskussionsverlauf zur Begehung von Straftaten kommt. Dem ähnlich verursachen soziale Netzwerke jedenfalls keine unmittelbare Gefahr dahingehend, dass auf ihnen kinderpornografische Inhalte verbreitet oder sonstige kriminelle Handelsgeschäfte abgewickelt werden. Das könnte ebenso auf einfachen Webseiten ohne interaktive Nutzerkommunikation geschehen. Die Auswahl des Netzwerks erscheint insoweit als Zufall und nicht als naheliegend.31 Schwieriger ist die Bewertung im Bereich von „Fake News“ und „Hate Speech“, also etwa bei Strafbarkeiten wegen Vortäuschens einer Straftat und insbesondere wegen Beleidigung gegen Einzelpersonen oder wegen Volksverhetzung, wenn bestimmte Teile der Bevölkerung verleumdet werden.32 Die moderne Kommunikation im digitalen Raum weist einige Besonderheiten auf, die dazu führen, dass die pauschale These von der Sozialadäquanz des Providerhandelns in Hinblick auf die Moderation unser Kommunikation durch die sozialen Netzwerke überprüfungsbedürftig geworden ist. Nahezu alle dieser Plattformen wie Facebook, Twitter und Co. haben erstens gemeinsam, dass sie einen hohen Automatisierungsgrad aufweisen und dadurch besonders massenwirksam sind.33 Zweitens findet eine Kontrolle der durch die einzelnen Nutzer geschaffenen Inhalte meist nicht proaktiv statt, sondern erst nach etwaigen Beschwerdemeldungen der Plattformnutzer.34 Darin liegt zumindest dann ein Unterschied zur Offline-Welt, wenn die öffentliche Meinungsbildung betroffen ist und gedruckte Pressewerke einer journalistisch-redaktionellen Kontrolle unterlägen. Hinzu kommt in vielen Fällen drittens die Möglichkeit anonymen Surfens.35 Moderne Kommunikation im Netz weicht von jener in der analogen Welt also erheblich ab, und
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Näher Kusche, Die Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet de lege ferenda – Zum Reformbedarf der Entwürfe eines § 126a StGB-E von Bundesrat und Innenministerium (im Erscheinen); in diese Richtung, wenngleich restriktiver, auch Zieschang, GA 2020, 57 (65 f.), der eine Garantenstellung (unter Verweis auf eine dann vorrangige Begehung durch Tun) nur annimmt, wenn die Plattform von vornherein auf die Förderung von Straftaten angelegt ist. 32 Dazu Hoven, ZStW 129 (2017), 718; Schünemann, GA 2019, 620. 33 Beck, in: Hilgendorf/Liang, (s. Fn. 3) Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen); ähnlich Bader, in: Steinebach/Bader/Rinsdorf/Krämer/Roßnagel, Desinformation aufdecken und bekämpfen, S. 22 f.; generell für eine Garantenstellung des Service-Providers aufgrund der „besonderen Beschaffenheit der […] Verbreitungsmöglichkeiten“ der von ihm gespeicherten Inhalte Bosch, in: Schönke/Schröder, § 13 Rn. 44. 34 Beck, in: Hilgendorf/Liang, (s. Fn. 3) Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen). 35 Ceffinato, JuS 2017, 403.
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zwar durch einen gesteigerten Verbreitungsgrad inhaltlich ungeprüfter Informationen, die anonym in die digitale Welt gesetzt werden können.36 Das hat Auswirkungen auf die Eignung sozialer Netzwerke zur Förderung von Straftaten. Das Überwinden der Hemmschwelle, einen anderen zu beleidigen oder rassistische Ressentiments zu bedienen, fällt wesentlich leichter, wenn es anonym geschieht. Auch Fake News werden recht häufig über die sozialen Medien verbreitet und zwar, weil sie sich dafür besonders gut eignen.37 Inhalte erreichen dort Reichweite durch das Kommentieren bzw. Teilen eines Beitrags oder auch bloßes Liken. Nach dem Stand der Forschung geschieht das sehr häufig beiläufig und allein aufgrund der Wahrnehmung der Überschrift eines Artikels, ohne dass dieser überhaupt selbst vollständig gelesen wurde.38 Die Streuung von Desinformation ist in sozialen Netzwerken deshalb nicht nur wegen der globalen Verfügbarkeit von OnlineInformationen einfacher denn je, sondern vor allem, weil weder den teilenden und likenden Nutzer noch Plattformen wie Facebook journalistisch-redaktionelle Sorgfaltspflichten treffen.39 Befeuert wird die Attraktivität sozialer Medien als Mittel z. B. der Fake-NewsPropaganda durch die Funktionslogik des Geschäftsmodells der Netzwerkbetreiber. Sie streben insbesondere nach Werbeeinnahmen, die sich durch Nutzerzahlen und Nutzungsdauern – also letztlich die Aufmerksamkeit des Nutzers – steigern lassen.40 Deshalb setzen Plattformbetreiber Algorithmen ein, die wesentlich darüber mitentscheiden, welche Informationen der Nutzer erhält.41 Nicht selten tragen deshalb auch die Betreiber sozialer Netzwerke zur Verzerrung des gesellschaftspolitischen Diskurses bei, indem sie durch Rückkoppelung von Nutzerinteressen im Newsfeed, politische Werbung, Verkauf persönlicher Daten oder schlicht die Art und Weise der Präsentation von Inhalten zur Überhöhung der Wichtigkeit eines Themas oder Fehlein36 Beck, in: Hilgendorf/Liang, (s. Fn. 3) Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen) tendiert deshalb zur Bejahung einer Garantenstellung. 37 S. etwa die Auswertung der zehn meist verbreiteten Fake News-Fälle im Vorfeld der Wahl zum deutschen Bundestag 2017 bei Sängerlaub/Meier/Rühl, Fakten statt Fakes: Verursacher, Verbreitungswege und Wirkungen von Fake News im Bundestagswahlkampf 2017. 38 Halvani et al., in: Steinebach/Bader/Rinsdorf/Krämer/Roßnagel, Desinformation aufdecken und bekämpfen, S. 133; Sängerlaub/Meier/Rühl, Fakten statt Fakes, Verursacher, Verbreitungswege und Wirkungen von Fake News im Bundestagswahlkampf 2017, S. 53; Sängerlaub/Rühl, Trumps Crime-Tweet, S. 4. 39 Hoven, ZStW 129 (2017), 718; Jaursch, Regulatorische Reaktionen auf Desinformation, S. 10; Paal/Hennemann, JZ 2017, 641 f.; in diese Richtung auch Bader, in: Steinebach/ Bader/Rinsdorf/Krämer/Roßnagel, Desinformation aufdecken und bekämpfen, S. 27; Löber/Roßnagel, in: Steinebach/Bader/Rinsdorf/Krämer/Roßnagel, Desinformation aufdecken und bekämpfen, S. 151, 161; Sängerlaub/Meier/Rühl, Fakten statt Fakes: Das Phänomen „Fake News“, S. 8. 40 Hegelich, Die politische Meinung 2017, Nr. 543, 32 (34); Jaursch, Regulatorische Reaktionen auf Desinformation, S. 10 f. 41 Holznagel, MMR 2018, 18 (19); Paal/Hennemann, JZ 2017, 641 (643 f.); in diese Richtung auch Jaursch, Regulatorische Reaktionen, S. 11; dazu ferner Schünemann, GA 2019, 620 (623).
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schätzungen zur Seriosität einer Information beitragen.42 All das kann sich dann in der einzelnen Straftat des beleidigende oder volksverhetzende Inhalte postenden Users niederschlagen. Eine Garantenstellung etwa der für die Löschung strafbarer Inhalte zuständigen Mitarbeiter insbesondere von Facebook ist im Ausgangspunkt also für bestimme „plattformtypische“ Delikte zumindest argumentativ konstruierbar. Diskutabel wäre das etwa für die Beleidigung nach § 185 StGB, die Volksverhetzungstatbestände des § 130 StGB oder – so es denn zu einer speziellen gesetzlichen Normierung kommt – vor allem einen Straftatbestand der Verbreitung von Desinformation.43 Aus den vorgenannten Überlegungen resultierte indes keine umfassende Garantentenstellung, die auf die Verhinderung oder Beseitigung sämtlicher über das Netzwerk begangener Straftaten gerichtet wäre. Im Regelfall keine besondere Verantwortung trägt der Betreiber einer Social-Media-Plattform für das Einstellen strafbarer Pornografie durch einen seiner Nutzer. Das mag einem ersten Rechtsgefühl folgend befremdlich wirken, ist aber die Konsequenz des Erfordernisses einer nicht nur auf eine tatsächliche Handlungsmöglichkeit gestützten rechtlichen Verantwortungszuschreibung. Eine Garantenstellung, die sich auf die Löschung sämtlicher strafbarer Inhalte bezöge, die nur „gelegentlich“ der Plattformnutzung veröffentlicht werden, könnte sich in jedem Fall nur aus einer gesetzlichen Normierung ergeben. Auch eine etwaige strafrechtliche Verantwortlichkeit der Betreiber sozialer Netzwerke zur Löschung plattformtypischer Inhalte müsste im Übrigen wohl eher restriktiv gehandhabt werden. Eine uneingeschränkt strafbewehrte Löschungspflicht würde nämlich die Gefahr des „Overblocking“ bergen und Meinungs- und Informationsfreiheit der Plattformnutzer erheblich beeinträchtigen.44 Sieber etwa fordert deshalb eine Beschränkung der strafrechtlichen Garantenpflicht auf „objektiv klar rechtswidrige“ Inhalte.45 b) Teilnahme nach Vollendung? Nur angerissen werden kann an dieser Stelle, dass auch die vom Jubilar kritisch beäugte Akzessorietät der Teilnahme Schwierigkeiten bei der Bewertung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Betreiber sozialer Netzwerke bereitet. Das gilt zumindest für die besonders praxisrelevanten Beleidigungsdelikte. Wenn (irgend-) ein Plattformnutzer vor dem Betreiber Kenntnis von dem strafbaren Posting erlangt, ist die Haupttat im Moment der Auslösung einer etwaig strafbewehrten Handlungs42 Eingehend Steinebach/Bader/Rinsdorf/Krämer/Roßnagel (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen; Scott/Ghosh, Digitale Werbung und Propaganda. 43 In diese Richtung auch Hoven, ZWH 2018, 97 (100). 44 Sieber, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 19.1 Rn. 63. 45 Sieber, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 19.1 Rn. 51; skeptisch nicht aus rechtspolitischer Perspektive, aber in Hinblick auf die Vereinbarkeit einer solchen Beschränkung mit den Regelungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes Hoven, ZWH 2018, 97 (100).
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pflicht des Providers bereits vollendet. Wenn der Plattformbetreiber den Beitrag dann nicht löscht, kommt – da darin im Regelfall kein für eine täterschaftliche Begehung erforderlicher Ausdruck eigener Missachtung liegt – allenfalls eine Gehilfenschaft in Betracht.46 Das wirft die Frage auf, ob der Plattformbetreiber überhaupt noch (sukzessive) Beihilfe durch Unterlassen leisten kann. Aus rechtspolitischer Perspektive spricht – eine normative Vertrauenserwartung in das Handeln des Betreibers vorausgesetzt – dafür, dass die Beleidigung dauerhaft auf der Plattform sichtbar ist und sich die Beeinträchtigung der Interessen des Geschädigten fortlaufend intensiviert.47 Besonders deutlich wird das bei der üblen Nachrede i.S.d. § 186 StGB, deren Unrechtsgehalt maßgeblich davon abhängt, ob nur ein Einzelner oder unbestimmt viele Dritte Kenntnis von einer ehrenrührigen Tatsachenbehauptung erlangen. Die Beleidigung im Internet ähnelt einem Dauerdelikt daher stark. Wenn man sie dem deshalb nicht etwa zumindest für die Teilnahme gleichsetzt,48 außerdem Teilnahme nach Vollendung ablehnt49 und zuletzt die Betrachtung auf eine etwaige Strafbarkeit „likender“ oder „teilender“ Dritter ausweitet, erlangt die These Sancinettis, dass die Beteiligungslehre eine „an jeden einzelnen Beteiligten individuell“ gerichtete Norm finden müsse,50 zumindest in Hinblick auf die Teilnahme an vollendeten Beleidigungen im Internet einen gewissen Charme. In vielen Fällen, in denen eine Teilnahme nach Vollendung diskutiert (und abgelehnt) wird, existieren andere Lösungen, etwa gestützt auf die §§ 257, 258 StGB oder bei der Brandstiftung in Form der Nebentäterschaft. Für die Beteiligung an der vollendeten Online-Beleidigung müssen sie – wenn sie nicht im Einzelfall täterschaftlich erfolgt – erst noch gefunden werden.
III. Ergebnis und rechtspolitischer Ausblick Ist eine Internetplattform nicht originär auf die Förderung strafbarer Verhaltensweisen ausgerichtet, scheidet eine Strafbarkeit wegen Betreibens der Plattform oder des Unterlassens einer proaktiven Inhaltskontrolle nach geltendem Recht schon aufgrund von europarechtlichen Vorgaben aus. Proaktive Überwachungspflichten bestehen nicht und Eventualvorsatz schadet nicht. Eine Strafbarkeit des Betreibers eines sozialen Netzwerks wäre allenfalls wegen Unterlassens denkbar, wenn inkriminierte Inhalte nach Erlangung positiver Kenntnis nicht gelöscht werden. Ob man sie bejaht, hängt neben Besonderheiten der jeweils einschlägigen Deliktsbereiche davon ab, ob 46 Beck, in: Hilgendorf/Liang, (s. Fn. 3) Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen); Zieschang, GA 2020, 57 (62 f.). 47 Dafür Hoven, ZWH 2018, 97 (100 f.); Galetzka/Krätschmer, MMR 2016, 518 (522); Zaczyk, in: NK-StGB, § 185 Rn. 19; zumindest i.E. dagegen Ceffinato, JuS 2017, 403 (406 f.); Zieschang, GA 2020, 57 (69). 48 So Hoven, ZWH 2018, 97 (100). 49 Zieschang, GA 2020, 57 (69). 50 Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch, S. 291.
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man aufgrund der Gegebenheiten moderner Online-Plattformen im delikts- und plattformbezogenen Einzelfall davon ausgeht, dass das Netzwerk selbst unmittelbar zur Straftatbegehung beigetragen hat. Käme man zu einer bejahenden Antwort – die bei sozialen Netzwerken für Äußerungs- und Verbreitungsdelikte nach §§ 130, 185 StGB näherliegt als für strafbare Pornografie –, stellte das jedenfalls de lege ferenda auch die geltende Privilegierung von Host-Service-Providern in Hinblick auf eine Gefahrschaffung durch aktives Tun in Frage. Im Ergebnis sind die strafrechtlichen Haftungsrisiken von Plattformbetreibern nach geltendem Recht indes eher gering.51 Nutzergenerierte Online-Plattformen stehen zu Beginn des 21. Jahrhunderts im Mittelpunkt der digitalen Kommunikation.52 Eine angemessene Bestimmung der Legitimität und Grenzen der Verantwortlichkeit ihrer Betreiber für von den Nutzern begangene Straftaten ist für ein zukunftsgerüstetes Strafrecht daher von kaum zu überschätzender Bedeutung. Bereits nach geltendem Recht wäre eine verselbständigte strafbewehrte Pflicht zur Löschung jedenfalls offensichtlich rechtswidriger Inhalte denkbar. Präventiv – zur Vermeidung aggressionsfördernder Gemengelagen in sozialen Netzwerken – ließe sich auch eine strafrechtliche Sanktionierung von Transparenz- und Offenlegungspflichten hinsichtlich politischer Werbung und der Nutzung von Algorithmen zur Präsentation von Inhalten konstruieren. Grundsätzlich bedarf es darüber hinaus auch einer grundlegenden rechtspolitischen Reflexion über die fortdauernde Berechtigung der Privilegien des Telemediengesetzes und der Einstufung auch solcher Plattformbetreiber als neutrale, technische Vermittler von Informationen, die wie Facebook und Co. tatsächlich vielfältigen Einfluss auf die Art und Weise des Informationsflusses auf der eigenen Plattform nehmen. Das würde das Spektrum denkbarer strafrechtsdogmatischer Lösungen zur Einbeziehung von Plattformbetreibern in die Wahrung der Diskussionskultur im World Wide Web massiv erweitern. Diskutabel würden dann etwa eine proaktive Kontrollpflicht der Provider, die Einbeziehung von Eventualvorsatz und damit letztlich sogar eine Strafbarkeit schon wegen Unterlassens der präventiven Herausfilterung rechtswidriger Inhalte. Bei dieser Diskussion darf aber auch die andere Seite der Medaille nicht übersehen werden. Strafbewehrte proaktive Überwachungspflichten würden nicht nur das gesamte Geschäftsmodell der sozialen Netzwerke in Frage stellen, sondern in ihren zensurähnlichen Wirkungen auch die Informations- und Meinungsfreiheit der Plattformnutzer beeinträchtigen. Strafbar machen kann sich in Deutschland überdies zumindest derzeit noch allein der Mensch. Die Diskussion um eine angemessene Verantwortungsverteilung zwischen Plattformbetreibern und -nutzern zeigt damit erneut die fortwährende Aktualität der Diskussion um eine etwaige Verbandsstrafbarkeit auf. Rechtsdogmatisch mag die Auffassung überzeugen, dass der Betriebsinhaber seine Garantenpflicht 51
Hoven, ZWH 2018, 97 (106); ohne Konkretisierung auf die Betreiber sozialer Netzwerke auch Zieschang, GA 2020, 57 (68 f.). 52 Beck, in: Hilgendorf/Liang, (s. Fn. 3) Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen).
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auf den mit der Löschung eines Beitrags beauftragten Mitarbeiter überträgt.53 Wenn Facebook seinen Inhaltsprüfern im Jahr 2020 52 Millionen Dollar als Entschädigung für erlittene posttraumatische Belastungsstörungen zahlt,54 weckt das aber jedenfalls dahingehend Zweifel, ob die Verantwortlichkeiten damit auch aus rechtspolitischer Sicht angemessen verteilt sind. Da sich in Argentinien schon heute, etwa im Korruptionsstrafrecht, auch juristische Personen strafbar machen können,55 wird die deutsche Rechtswissenschaft in diesem Bereich von den Erkenntnissen des argentinisch-deutschen Rechtsdiskurses nur profitieren können. Literatur Bär, Wolfgang: Computer- und Internetkriminalität, in: Heinz-Bernd Wabnitz/Thomas Janovsky/Lothar Schmitt (Hrsg.), Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, Kapitel 15, 5. Aufl., München 2020. Beck, Susanne: Täterschaft und Teilnahme in der Digitalisierung, in: Eric Hilgendorf/Genlin Liang (Hrsg.), Beteiligungslehren: Modelle, Erscheinungsformen und Herausforderungen, Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen). Ceffinato, Tobias: Die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Internetplattformbetreibern, JuS 2017, S. 403 – 408. Galetzka, Christian/Krätschmer, Manuel: Rassismus und Terrorismus im Netz – Strafrechtliche Verantwortlichkeit der Betreiber von sozialen Netzwerken, MMR 2016, S. 518 – 523. Greco, Luís: Strafbarkeit des Unterhaltens einer Handels- und Diskussionsplattform insbesondere im sog. Darknet, ZIS 2019, S. 435 – 450. Heghmanns, Michael: Daten- und Datennetzdelikte (Teil 6), in: Hans Achenbach/Andreas Ransiek/Thomas Rönnau (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl., Heidelberg 2019. Hilgendorf, Eric/Valerius, Brian: Computer- und Internetstrafrecht, 2. Auflage, Heidelberg 2012. Holznagel, Bernd: Phänomen „Fake News“ – Was ist zu tun? Ausmaß und Durchschlagskraft von Desinformationskampagnen, MMR 2018, S. 18 – 22. Hörnle, Tatjana: Pornographische Schriften im Internet: Die Verbotsnormen im deutschen Strafrecht und ihre Reichweite, NJW 2002, S. 1008 – 1013. Hoven, Elisa: Zur Strafbarkeit von Fake News – de lege lata und de lege ferenda, ZStW 129 (2017), S. 718 – 744. Hoven, Elisa: Die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Betreiber von Social-Media-Plattformen, ZWH 2018, S. 97–106. Jaursch, Julian: Regulatorische Reaktionen auf Desinformation – Wie Deutschland und die EU versuchen, gegen manipulative Meinungsmache auf digitalen Plattformen vorzugehen, Stiftung Neue Verantwortung 2019. 53
Hoven, ZWH 2018, 97 (100). https://www.zeit.de/digital/2020 - 05/schadensersatz-facebook-inhalte-pruefer-trauma. 55 S. etwa die Darstellung bei Tangerino/Montiel/Olive, KriPoZ 2019, 189. 54
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Kartal-Aydemir, Aliye/Krieg, Rebecca: Haftung von Anbietern kollaborativer Internetplattformen – Störerhaftung für User Generated Content?, MMR 2012, S. 647 – 652. Paal, Boris P./Hennemann, Moritz: Meinungsbildung im digitalen Zeitalter, JZ 2017, S. 641 – 652. Paal, Boris P./Hennemann, Moritz: Rechtspolitik im digitalen Zeitalter, ZRP 2017, S. 215 – 216. Sancinetti, Marcelo A.: Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch – Zugleich eine Untersuchung der Unrechtslehre von Günther Jakobs, Köln u. a. 1995. Sancinetti, Marcelo A.: Der Handlungsunwert als Grundlage einer rationalen Strafrechtsdogmatik, GA 2016, S. 411 – 426. Sängerlaub, Alexander: Feuerwehr ohne Wasser? Möglichkeiten und Grenzen des Fact-Checking als Mittel gegen Desinformation, Stiftung Neue Verantwortung 2018. Sängerlaub, Alexander/Meier, Miriam/Rühl, Wolf-Dieter: Fakten statt Fakes: Das Phänomen „Fake News“, Stiftung Neue Verantwortung 2018. Sängerlaub, Alexander/Meier, Miriam/Rühl, Wolf-Dieter: Fakten statt Fakes: Verursacher, Verbreitungswege und Wirkungen von Fake News im Bundestagswahlkampf 2017, Stiftung Neue Verantwortung 2018. Sängerlaub, Alexander/Rühl, Wolf-Dieter: Trumps Crime-Tweet: Viel Aufmerksamkeit, wenig Unterstützung, Stiftung Neue Verantwortung 2018. Schünemann, Bernd: Gefährden Fake News die Demokratie, wächst aber im Strafrecht das Rettende auch?, GA 2019, S. 620 – 640. Scott, Ben/Ghosh, Dipayan: Digitale Werbung und Propaganda – Wie mit Technologien der digitalen Werbeindustrie Desinformation im Netz verbreitet wird, Stiftung Neue Verantwortung 2018. Sieber, Ulrich: Strafrecht und Strafprozessrecht, in: Thomas Hoeren/Ulrich Sieber/Bernd Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 19, 50. EL, München 2019. Steinebach, Martin/Bader, Katharina/Rinsdorf, Lars/Krämer, Nicole/Roßnagel, Alexander (Hrsg.): Desinformation aufdecken und bekämpfen – Interdisziplinäre Ansätze gegen Desinformationskampagnen und Meinungspluralität, Baden-Baden 2020. Valerius, Brian: Beteiligungslehren vor neuen Herausforderungen – Digitalisierung und Internet, in: Hilgendorf/Liang, Beteiligungslehren: Modelle, Erscheinungsformen und Herausforderungen, Schriften zum Ostasiatischen Strafrecht (im Erscheinen). Zieschang, Frank: Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Host-Providers für rechtswidrige Inhalte, GA 2020, S. 57 – 69.
El regreso del dolus malus, pero ahora en el tipo Por Carlos J. Lascano y Diego A. Peretti Ávila Como es bien sabido, a causa del proceso de escisión que se produjo en la dogmática penal del hasta ese momento milenario e incólume fenómeno llamado dolus malus, compuesto de lo que hoy conocemos como dolo natural o “de tipo” y la conciencia de antijuridicidad, el llamado dolo natural o “de tipo”, junto con la imprudencia, pasaron a la parte subjetiva del tipo complejo —no resulta posible, en nuestros días, concebirlo de otro modo—, mientras que la conciencia de antijuridicidad, fundamentalmente, por lo que consideramos cuestiones metodológicas,1 debió permanecer dentro de la estructura de la culpabilidad, como se mantiene hasta nuestros días. La denominada imputación objetiva —que parte de las raíces más profundas del pensamiento hegeliano, al ser una doctrina acuñada por el célebre jurista Karl Larenz y transpolada a la dogmática penal a partir de la obra del neokantiano Richard Hönig en su obra titulada Kausalität und objektive Zurechnung, posteriormente incorporada al ámbito de nuestra ciencia gracias al pensamiento de Claus Roxin, quien con la publicación de su trabajo “Gedanken zur Problematik der Zurechnung im Strafrecht” posicionó a esta categoría como complementaria de la causalidad en la moderna teoría del delito—, con su noción basal de riesgo no permitido —unerlaubte Risiko—, que ya sea formando parte de los presupuestos necesarios de configuración del tipo objetivo o de la atribución de su resultado, postura última sustentada por Wolfgang Frisch,2 ha llegado a la dogmática penal para quedarse. Vista la estructura del tipo objetivo, en términos generales, a partir de la incursión de este fenómeno, existe consenso ampliamente mayoritario en la doctrina que aquella quedaría conformada del siguiente modo: 1) elementos descriptivos; 2) normativos; 3) relación de causalidad y, finalmente, 4) imputación objetiva. La imputación objetiva y sus postulados gravitan con mayor fuerza en la doctrina penal de nuestros días respecto de la correspondiente a cualquier otra época de la humanidad debido a que, como acertadamente se refiere en estos tiempos, el 1
El llamado derecho penal del hecho impone que el análisis siempre comience por el aspecto objetivo del fenómeno. Al tratarse de la conciencia de antijuridicidad, es necesario, en primer orden iniciar el examen partiendo por la antijuridicidad, fenómeno universalmente reconocido como objetivo, para poder llegar, una vez acreditada la presencia de la primera, al elemento subjetivo correspondiente. 2 Frisch, Tatbestandsmässiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, p. 67.
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concepto de sociedad industrial o de clases desarrollado fundamentalmente por Marx y Weber, que giraba en tomo a la cuestión de cómo se puede repartir la riqueza producida socialmente de una manera desigual y al mismo tiempo legítima, ha dado paso a la preeminencia de un nuevo paradigma, llamado de la sociedad del riesgo, cuyo núcleo reposa en la solución de un problema similar y, sin embargo, completamente diferente. ¿Cómo se pueden evitar, minimizar, dramatizar o canalizar los riesgos y peligros que se han producido sistemáticamente en el proceso avanzado de modernización y limitarlos y repartirlos en cuanto a sus efectos secundarios latentes, de tal modo que ni obstaculicen el proceso de modernización, ni sobrepasen los límites de lo soportable (ecológica, médica, psicológica, socialmente)?3 En este mismo orden de ideas decimos que en el normal desarrollo de nuestra vida social moderna nos encontramos más que nunca determinados a generar, incrementar y padecer riesgos para bienes jurídicos propios y ajenos y la imputación objetiva fija límites al ingreso al campo del tipo penal. a partir de la noción de riesgo no permitido, que resulta definido por Jakobs como aquel comportamiento que el propio derecho prohíbe a causa de su peligrosidad concreta o abstracta, incluso bajo una amenaza de pena o de una multa administrativa.4 Siguiendo ahora a Roxin, a partir de lo expresado sostenemos que la concepción de la imputación al tipo objetivo debe ocurrir siguiendo dos principios estructurados de manera sucesiva uno tras de otro: a) solamente puede imputarse al tipo objetivo un resultado causado por el actor cuando su conducta hubiera creado para el objeto de la acción un peligro que no estuviera cubierto por un riesgo no permitido y este peligro se hubiera realizado también en el resultado concreto, y b) si el resultado se manifestara como la realización de un peligro creado por el autor será por regla general imputable, de manera que se habrá cumplido con el tipo objetivo. Pero excepcionalmente podrá desaparecer la imputación cuando el alcance del tipo no abarcara la evitación de tales peligros y sus consecuencias.5 Pasando al análisis del tipo subjetivo, y siguiendo la posición sentada por Roxin, podría conceptualizarse al dolo como el conocimiento y la intención de realización de los presupuestos objetivos del tipo6 y aquí es donde aparecen los principales problemas que abordaremos. 3
Beck, La sociedad del riesgo, p. 26 ss. Jakobs, La Imputación objetiva en el Derecho Penal, p. 51. 5 Roxin, La imputación objetiva en el Derecho Penal, p. 79 – 80. 6 Roxin, Derecho Penal, Parte General, t. I, p. 476 ss. En un sentido más afín todavía al que nosotros sostenemos se manifiesta Luzón Peña quien define al dolo como conocimiento y voluntad de realizar todos los elementos objetivos del tipo total de injusto (conf. Luzón Peña, Derecho Penal. Parte General, p. 389). Teniendo en cuenta el objeto de análisis de nuestro trabajo, del mismo modo se aplicaría lo que aquí vamos a sostener al marco de una llamada teoría cognitiva del dolo, como la que sostienen, por ejemplo Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 312 ss.; o en una de las llamadas teorías de la probabilidad del dolo, que distan mucho de ser creaciones nuevas, sino que las conclusiones que arrojas ya se remontan en sus 4
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Si se tiene en cuenta el concepto de riesgo prohibido que acabamos de anticipar y que este constituye la piedra angular de la teoría de la imputación objetiva, entonces cabría ahora preguntarse qué rol jugaría en la estructura de la teoría del delito el fenómeno de la antijuridicidad. Uno de los problemas serios que plantea el concepto de riesgo no permitido que se encuentra presente en el nervio mismo de la dimensión de la imputación objetiva, en la estructura del tipo objetivo; está representado por su articulación con la categoría de la antijuridicidad. Al respecto, la doctrina mayoritariamente sostiene que el riesgo no permitido que sustenta la objetiva imputación del tipo es de condición genérica, representado a partir de reglas generales, mientras que el que compete a la antijuridicidad hace referencia a una cuestión excepcional que implica la justificación de una conducta —típica— riesgosa;7 en este mismo sentido Roxin expresa categóricamente: “Aquí se va a entender por riesgo permitido una conducta que crea un riesgo jurídicamente relevante, pero que de modo general (independientemente del caso concreto) está permitida y por ello, a diferencia de las causas de justificación, excluye ya la imputación al tipo objetivo. Prototipo del riesgo permitido es la conducción automovilística observando todas las reglas del tráfico viario … No obstante el legislador permite el tráfico viario (en el marco de determinadas reglas de cuidado) porque lo exigen intereses preponderantes del bien común. Pero a diferencia de la causa de justificación de estado de necesidad (§ 34), aquí no se precisa una ponderación de intereses en el caso concreto que pueda llevar a diversos resultados según el peso de los intereses en conflicto, la proximidad del peligro, etc. Por el contrario, la autorización de la conducción automovilística se basa en una ponderación global, que (si se respetan todas las normas del tráfico) ya no deja surgir el tipo delictivo. Es decir, que la conducción de un automóvil está permitida aunque en el caso individual no persiga intereses superiores”.8 La concepción que acabamos de señalar resulta confusa y, a nuestro criterio, complicada de sostener en el plano de la configuración del tipo, en función de que, como la mayoría de los autores reconocen, es muy difícil —nosotros consideramos imposible en estos términos— determinar el traspaso del universo de la generalidad del tipo al de la particularidad o singularidad del ámbito de la antijuridicidad; antecedentes a la época de Bartolo de Sassoferrato, como bien refería Feuerbach en su tratado, cuando decía: “Man denke ich, der culpose Todschläger der vorigen Anmerkung habe die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit einer Tödung, als Folge seiner Handlung eingesehen und auf Gerathewohl die Begehung der Handlung gewagt. – So wie in den vorhergehenden Fällen, der unterlassene Erkenntmissakt unmittelbar das Verschulden begründete, so wird das Verschulden hier unmittelbar durch die äußere Handlung selbst begründet. Ausgeführt ist dieses alles in den Betrachtungen über Dolus und Culpa. Bart. IX“ (Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts, nota al § 65). También la postura de nuestro trabajo no resultaría necesariamente incompatible con una teoría normativa multidimensional del dolo, como la que sostiene entre nosotros Gabriel Pérez Barberá, El dolo eventual. Hacia el abandono de la idea de dolo como estado mental, passim. 7 Stratenwerth, Derecho Penal. Parte General. El hecho punible, p. 153. 8 Roxin, Derecho Penal. Parte General, p. 371.
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como muestras bastan algunos ejemplos como el del principio de la disminución del riesgo, que integra indiscutiblemente el campo de la imputación al tipo objetivo y que, por definición, exige ponderación de intereses en el caso concreto, o el de los cursos causales hipotéticos, que si bien no enervan la noción de riesgo no permitido, por tratarse de una categoría ex post, reclaman inescindiblemente un análisis del caso concreto; mientras que, por otra parte, pocas situaciones pueden haber sido contempladas en modo más general, aun que el caso del tipo mismo,9 como son el cumplimiento de un deber o el legítimo ejercicio de un derecho, autoridad o cargo —art. 34 inc. 4 CP— y, aun así, nadie duda que se trata de verdaderas causas de justificación pertenecientes al mundo de la antijuridicidad. Esta afirmación encuentra todavía sustento si resaltamos —cuestión que todo lector habrá notado— que la forma paradigmática de explicar el contenido de estos principios en todos los manuales y libros que abordan el tema es a partir de la amplia casuística desarrollada en la materia. Tampoco parece consistente, a contrario sensu, la posición que, por estas mismas razones, decide ubicar a la imputación objetiva dentro del campo de la antijuridicidad, reservando las excepciones del tipo, por ser estas generales, a las pautas de adecuación social.10 En realidad, la noción de riesgo permitido representa un concepto de contenido normativo de valoración jurídica que nos remite en modo directo al contenido del injusto, lo que convierte a la distinción entre lo particular y general, además de excesivamente difusa, completamente arbitraria, sobre todo, teniendo en cuenta que lo que conocemos como causas de justificación, al tener su fundamento en la legislación positiva, resultan ser de contenido general. Esta es una concepción ampliamente desarrollada en la doctrina argentina por la rama del derecho administrativo, donde se afirma categóricamente: “La generalidad de la ley consiste en la circunstancias de regular mediante normas jurídicas situaciones abstractas, impersonales y objetivas, que se aplican o pueden aplicarse a toda la comunidad, un sector o conjunto de individuos”.11 Allí se observa que da por sentado, con toda claridad, que una ley individual no sería nunca tal, sino, más bien, un acto jurídico. El proceso de subsunción del caso concreto resulta ser un elemento insoslayable del mecanismo de interpretación de la norma que se presenta de modo indistinto en todos los elementos que conforman el delito; se deberá recurrir al caso concreto siempre para poder determinar si esta actividad de poner una dosis de azúcar a otro sujeto deviene una conducta homicida, si la venta de este machete resulta ser una 9 En todo caso, dilucidar de qué derecho se trata, en muchas oportunidades resulta ser una actividad más genérica que determinar de qué tipo penal estamos hablando. 10 Bustos Ramírez, Lecciones de Derecho Penal, p. 37. El citado autor defiende esta postura: sin embargo, el análisis de la adecuación social de la conducta de las lesiones producidas en el marco de ciertos espectáculos deportivos no resulta, en modo alguno más genérico que el que se lleva a cabo cuando analizamos el derecho de retención (art. 2587 CCyCN ss.) o las facultades que derivan del ejercicio de la responsabilidad parental (art. 2639 CCyCN). 11 Cassagne, Derecho Administrativo, p. 129. En el mismo sentido: Gordillo, Tratado de Derecho Administrativo y Obras selectas, VII 3-VII 4.
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contribución al injusto ajeno en términos de participación criminal, o una acción neutral, como así también para establecer si se han dado los presupuestos exigidos por el estado de necesidad justificante, o si esta conducta se encuentra amparada por el principio de confianza o el de prohibición de retroceso; en todos los casos de causas de justificación nos encontraremos con una noción que excluye todo el ámbito de la antijuridicidad, por lo menos específicamente penal, que es la de riesgo permitido; puesto que sería verdaderamente una contradictio in adiecto afirmar la presencia de una causa de justificación que represente en el fondo un riesgo prohibido, en este caso se debería concluir que: o no estamos en presencia de una causa de justificación o que no se trata, en realidad, de un riesgo prohibido por el ordenamiento jurídico, que es el parámetro de valoración al que remite inevitablemente el término normativo prohibido y que, entre otras cosas y debido a su mayor exactitud, fue preferido por la doctrina moderna frente la aplicación de la primigenia teoría de la adecuación social formulada por Welzel. Aceptada la arbitrariedad de la distinción entre el riesgo no permitido que opera como noción central en el ámbito de disvalor de acción de la imputación objetiva y el riesgo no permitido correspondiente al ámbito de la antijuridicidad, al menos hasta que aparezca un argumento superior y más rentable a los presentados hasta ahora, no queda otra salida que considerar a esta expresión —riesgo no permitido— como única y la misma para todos los casos, con la consecuencia de integrar, para ser racionalmente consistentes con la incorporación de la imputación objetiva a la dimensión del tipo, lo que conocemos como antijuridicidad —concepto eminentemente negativo— al campo del disvalor de acción, que corresponde a la imputación objetiva. A partir de esta operación, no se avizora ninguna consecuencia opuesta a la idea de un derecho penal de contenido liberal y personalista, basado en los principios político-institucionales inspirados en un estado social y democrático de derecho,12 que reconoce como principal cimiento de su ordenamiento jurídico al metaprincipio irrenunciable y absoluto de dignidad de la persona humana; más bien, por el contrario, como trataremos de demostrar y sin que se vea alterada en forma crítica la estructura del delito, este último fenómeno quedaría conformado en su estructura por los siguientes elementos: tipo de injusto y culpabilidad o responsabilidad, como nos parece mejor llamarla, siguiendo las enseñanzas de Roxin. Partiendo ahora de esta idea base, al haber sido absorbido el concepto de antijuridicidad dentro de la dimensión objetiva del tipo, que es donde siempre debió ser considerada desde el momento de la incorporación de la imputación objetiva, han sido removidos todos los obstáculos para que la conciencia de antijuridicidad, que antes se encontraba en el ámbito de la culpabilidad, pase nuevamente a integrar el ámbito del dolo. La razón es muy simple: si el dolo resulta ser el conocimiento y la intención de realización de los presupuestos objetivos del tipo —como hemos dicho— y lo que conocemos como antijuridicidad de una acción se encuentra 12
Mir Puig, Derecho Penal. Parte General, p. 75 – 102.
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dentro del ámbito del tipo objetivo, integrando un concepto más amplio como es el de la imputación objetiva, el conocimiento y la voluntad del obrar antijurídico no es otra cosa que una parte sustancial del fenómeno que llamamos dolo —dolus malus, si se quiere, aunque esta designación, en este nuevo marco, carecería sustancialmente de sentido o importancia práctica—. Sobre la posibilidad de aceptación del dolus malus se manifiesta favorablemente Jakobs,13 quien, con el rigor científico, agudeza y claridad que caracterizan a todas sus posiciones, independientemente que puedan o no ser compartidas, advirtió en su momento que conceptos como ajenidad, posición de garante o conducta no permitida comportan un proceso de valoración global, que hace que devenga imposible la separación entre el dolo de tipo y la conciencia de antijuridicidad en estos casos, subrayando que la distinción, en el caso de la teoría alemana —opinión que también compartimos aquí—, no tiene más remedio que apañarse en la regulación —penal— legal vigente en ese país. El célebre maestro alemán encuentra, a nuestro juicio, el quid de la cuestión en lo que respecta a este último punto, dado que, en la doctrina civil de ese país, tan generoso en la producción jurídico científica, cuando se hace referencia al dolo, los autores de esa rama del derecho no titubean en afirmar: “Im Unterschied zur Fahrlässigkeit ist der Begriff des Vorsatzes im BGB nicht definiert, sondern der Rechtwissenschaft und Recthsprechung zur Klärung überlassen. Nach immer noch herrschender Auffassung handelt vorsätzlich, wer sich den Erfolg seiner Handlung vorstellt und ihn in Kenntnis der Pflichtwidrigkeit seines Handelns dennoch in seinen Willen aufgenommen hat (Larenz). Vorsatz ist also Wissen und Wollen des rechtswidrigkeiten Erfolgs, genauer: Wissen und Wollen des Erfolgs im Bewusstein der Rechtwidrigkeit”14 —el resaltado nos pertenece—. Jakobs concluye su prolijo análisis afirmando que, en el plano teórico, la diferencia entre dolo de tipo y conocimiento del injusto carece de fundamentos, puesto que el dolo de tipo no constituye, ni desde el punto de vista lógico, ni desde el punto de vista práctico, un nivel previo al conocimiento del injusto, sino que ambos se condicionan recíprocamente. Sin embargo, el referido autor no se manifiesta expresamente en favor del traslado de la conciencia de antijuridicidad al ámbito del tipo subjetivo, como lo hacemos nosotros, sino que sigue abordando a lo largo de sus obras el error de tipo y el de prohibición por separado, manteniendo la misma escisión entre los elementos del dolo que sostiene actualmente la doctrina mayoritaria.15 13
Jakobs, InDret 4 (2009). Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, p. 322 15 El homenajeado de este trabajo también se manifiesta partidario de la división entre dolo de tipo y conciencia de antijuridicidad cuando afirma: “Si se resuelve que el riesgo admitido por el autor es ya un riesgo alcanzado por la norma, hay dolo. Un error del autor sobre el no estar alcanzado el riesgo por la norma, sería un error de prohibición” (conf. Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 200). A su vez, aclaramos que la conformación del dolus malus no resulta ser una consecuencia necesaria de la teoría de los elementos negativos 14
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El problema que se presenta en el derecho penal alemán que consagra legalmente el error de prohibición y otorga un trato diferente al de tipo, estableciendo un serio obstáculo para la conformación completa del dolo —dolus malus, si se quiere así llamarle—, no se manifiesta en el ordenamiento jurídico argentino sino, más bien, todo lo contrario, puesto que en lo referente al exceso en los límites de la causa de justificación que, conforme a la teoría de la culpabilidad —ya sea en su versión estricta o restringida— debiera ser tratado como un error de permisión, el art. 35 CP consagra expresamente: “El que hubiere excedido los límites impuestos por la ley, por la autoridad o por la necesidad, será castigado con la pena fijada para el delito por culpa o imprudencia” —el resaltado nos pertenece—. Si a esto sumamos que concordamos, del mismo modo que la doctrina mayoritaria de nuestro país, que el error que recae sobre los presupuestos objetivos de la justificación debe ser tratado como error de tipo y que el error sobre la existencia de la prohibición o de la justificación que recae sobre lo permitido del riesgo y, en algunos casos, de la primera hipótesis, aun sobre el riesgo mismo, da lugar, por definición —siempre que sea aceptado el planteo que hemos desarrollado en este trabajo—, a errores de tipo, entonces queda allanado el camino para la integración completa del dolo, con el traspaso de la conciencia de la antijuridicidad a la órbita del tipo subjetivo. Podríamos abonar la posición que aquí sostenemos con muchos más argumentos teóricos y prácticos, como ser la mejor efectivización de la función de garantía del tipo, la mayor compatibilidad con los principios de la constitución nacional, la función preventivo general de la pena, etc., mas excederíamos los límites impuestos por la brevedad de este trabajo y perderíamos la oportunidad de poder celebrar la fructífera presencia del homenajeado en el ámbito de la ciencia penal, no solo argentina, sino también mundial, haciendo votos para que su infatigable labor, el poder inagotable de su genialidad y la calidez de su hombría de bien nos sigan alumbrando a todos en nuestros caminos por muchos años más. “Exegi monumentum aere perennius regalique situ pyramidum altius, quod non imber edax, non Aquilo impotens possit diruere”. ¡Marcelo, salud!
del tipo; a tal efecto, véase: Wessels/Beulke, Strafrecht. Algemeiner Teil, p. 152 – 153; Otto, Strafrecht. Allgemeine Strafrechtslehre, p. 91. En español puede verse en Luzón Peña, Derecho Penal. Parte General, p. 388, donde el autor presenta un concepto de dolo objetivamente malo, que no se identifica con el que nosotros propugnamos, puesto que resulta ser un dolo, no de conocimiento de la antijuridicidad, sino de los elementos indiciarios del tipo, manteniendo la distinción con la ignorancia de la ilicitud, que corresponde a la conciencia de antijuridicidad, concepto que no compartimos, por considerar que proviene del arrastre de la noción bipartita de riesgo prohibido que hemos cuestionado a lo largo de este trabajo al abordar la faz objetiva del tipo. Entre nosotros De la Rúa y Tarditti reconocen la importancia de la división entre el dolo de tipo y la conciencia de antijuridicidad, subrayando su problematicidad (De la Rúa/Tarditti, Derecho Penal. Parte General, p. 407 – 408).
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Unterlassen durch Tun* Von Marcelo D. Lerman Dieser Beitrag soll der Würdigung meines verehrten Lehrers Marcelo Sancinetti dienen. Neben der Begleitung meiner strafrechtlichen Ausbildung, als ich während des Studiums der Rechtswissenschaft sein Student war, hat er meine Doktorarbeit, die 2011 an der Universität Buenos Aires vorgelegt und 2013 in spanischer Sprache mit dem Titel „La omisión por comisión“ [Unterlassung durch Begehung] veröffentlicht wurde, betreut.1 Als Dank für diese Betreuungsarbeit2 möchte ich im Folgenden den Kern meiner Doktorarbeit zum ersten Mal in deutscher Sprache vorstellen.3
* Übersetzung von Dr. Teresa Manso Porto, mag. iur. comp. (Bonn), wiss. Mitarbeiterin an der Universität Freiburg. Für die Unterstützung bei der Übersetzung danke ich Ass. iur. Marc Lindner, M.A. 1 Das hier untersuchte Thema lief in der Geschichte der Dogmatik unter verschiedenen Bezeichnungen. von Rohland wird das Verdienst zugeschrieben, 1908 den Terminus Ommisivdelikt durch Begehung in seinem Werk Kausalzusammenhang, Handeln und Unterlassen geprägt zu haben. Zweifellos hat von Overbeck die erste dogmatische Untersuchung des Themas in seinem Beitrag Unterlassung durch Begehung (1922) durchgeführt. Die wortwörtliche Übernahme der von v. Overbeck verwendeten Formel ist in der spanischen Dogmatik vorherrschend, vielleicht wegen der dadurch aufgezeichneten Parallelität mit den unechten Unterlassungsdelikten, weshalb ich sie für den Titel meiner Doktorarbeit verwendet habe. Androulakis verwendet eine ähnliche Formel: „Unterlassungsdelikte durch Begehung“ (vgl. Androulakis, S. 152). Derzeit sind in Deutschland andere Bezeichnungen vorherrschend wie: Unterlassen durch Tun (siehe Roxin, Strafrecht AT II, § 31, Rn. 99; Stoffers, Die Rechtsfigur Unterlassen durch Tun, 1992), oder: Begehung von Unterlassungsdelikten durch positives Tun (Frister, Strafrecht AT, § 22, Rn. 16), die in der Tat für die Beschreibung des unten analysierten Problems besser geeignet sind. Weitere Bezeichnungen für dieselbe Kategorie bei Reinhold, Unrechtszurechnung, S. 255, Fn. 692. 2 Neben meinen Dank für die konkrete Betreuungsarbeit möchte ich betonen, was für eine Inspirationsquelle die Dissertationen von Sancinetti selber für all diejenigen bedeuten, die eine Doktorarbeit beginnen. Die erste, an der Universität Buenos Aires mit dem Titel Teoría del delito y disvalor de acción vorgelegte Doktorarbeit stellt eine wahrhaftig paradigmatische Studie des rationalen Denkens in unserer Disziplin dar, und die zweite, an der Universität Complutense de Madrid vorgelegte Doktorarbeit, Fundamentación subjetiva del ilícito y desistimiento de la tentativa. A la vez, una investigación sobre la fundamentación del ilícito en Jakobs, spiegelt die von Sancinetti als Humboldtstipendiat an der Universität Bonn durchgeführten Untersuchungen wider und wurde unter den Titel Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch. Zugleich eine Untersuchung der Unrechtslehre von Günther Jakobs in deutscher Sprache veröffentlicht. Die zentralen Ideen beider Doktorarbeiten wurden später in das Buch Ilícito personal y participación zusammengefasst vorgestellt, wodurch mehrere Generationen von Studenten Zugang zu den zentralen Ideen dieser beiden Arbeiten hatten.
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I. Problemstellung Die Diskussion um die Möglichkeit der Begehung von Unterlassungsdelikten durch positives Tun kennt eine geschichtliche Entwicklung von mehr als einem Jahrhundert, in dessen Verlauf dem Thema verschiedene inhaltliche Schwerpunkte zugeordnet worden sind. Unter den in diesem Bereich diskutierten Fragen ist die hinsichtlich der Folgen interessanteste diejenige, ob bestimmte Körperbewegungen, auf die ein von einem aktiven Straftatbestand erfasstes Ergebnis folgt (z. B. der Tod), dennoch unter den Tatbestand echter Unterlassungsdelikte (als paradigmatischer Fall: unter den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung, § 323c StGB) subsumiert werden können. Es geht also um Fälle, in denen ein durch eine Körperbewegung geäußertes Verhalten, das einen tatbestandlichen Verletzungserfolg zur Folge hat, letztlich unter eine Straftat subsumiert wird, deren Beschreibung einen ausdrücklichen Bezug auf Unterlassungen enthält. Es handelt sich um ein Parallelproblem zur Begehung durch Unterlassung (das heißt: dem Fehlen einer bestimmten Bewegung, die letztlich unter einen Straftatbestand subsumiert wird, der im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs in einer Sprache beschrieben wird, die auf aktives Verhalten anspielt). Tatsächlich wurde die hier untersuchte Kategorie gelegentlich sogar mit dem Hinweis geringgeschätzt, sie entspreche einem rein ästhetischen Imperativ, weil der Gedanke anziehend sei, es solle, so wie es Begehung durch Unterlassung gebe, ebenfalls Unterlassung durch Begehung geben.4 Im Laufe der historischen Entwicklung der Kategorie wurden viele verschiedenartige Fälle als mögliche Kandidaten für Unterlassen durch aktives Tun analysiert, darunter beispielsweise der Rücktritt vom eigenen Rettungskausalverlauf oder die aktive Teilnahme an Unterlassungsdelikten.5 Im Hinblick auf eine möglichst klare Problemdarstellung werde ich das Thema allerdings nicht in der Reihenfolge darstellen, in der es historisch-dogmatisch behandelt worden ist (der Rücktritt vom eigenen Rettungskausalverlauf stellt sich als das Thema dar, bei dem zunächst die stärksten Anstrengungen unternommen wurden), sondern im Folgenden den Fall behandeln, 3 Die analytische Darstellung der Doktorarbeit wird hier aus Platzgründen ausgespart, so dass viele Vor- und Nebenprobleme nicht behandelt werden. 4 Vgl. Kaufmann, Armin, S. 194 f. Seine Schlussfolgerung über die untersuchte Kategorie drückt er im selben Werk auf S. 203 aus: „Damit sind die Würfel über die ,Unterlassungsdelikte durch Begehung‘ gefallen: Sie existieren nicht!“. 5 Übrigens geht der Ursprung der Diskussion zu diesem Thema, wenn auch mit anderer Reichweite als heute, auf Adolf Merkel zurück, der 1867 die Frage stellte, ob es möglich sei, ein Gebot durch ein positives Tun zu missachten, beispielsweise, wenn ein Wehrdienstpflichtiger flieht und sich versteckt (Merkel, A., S. 90 ff.). Johannes Studt widmete 1913 seine Doktorarbeit – die keinen starken Einfluss auf die spätere Literatur hatte – der doppelten Frage, ob Verbote durch Unterlassungen und Gebote durch Handlungen missachtet werden können, unter dem Titel Können Verbote durch Unterlassen, Gebote durch Handeln übertreten werden? Aber wie schon erwähnt war der Text von v. Overbeck (Fn. 1) der Anstoß für die bis heute bestehende Diskussion. Eine Auseinandersetzung mit den Positionen von Merkel bis v. Overbeck und generell mit der Geschichte der Diskussion um diese Kategorie siehe bei Stoffers, S. 139 f.
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der mir am besten geeignet scheint, die Notwendigkeit und die Nützlichkeit dieser Kategorie nachzuweisen. In der Tat kann das Hauptthema anhand der Behandlung von zwei Varianten eines schon klassischen Falles dargestellt werden. In der ersten Variante ist an eine Person zu denken, die in Lebensgefahr schwebt, weil sie im herkömmlichen Fall von einem Rudel wilder Hunde verfolgt wird. Um die Gefahr abzuwenden, muss sie in das einzige dort befindliche Haus eindringen. Der Grundstücksbesitzer öffnet ihr die Tür jedoch nicht und das Opfer erliegt dem Angriff des Rudels. Bei dieser ersten Variante liegt die Lösung auf der Hand: Sofern der Wohnungsinhaber keine Garantenstellung besitzt, also weder der Vater noch der Hundebesitzer ist, handelt es sich um einen Fall unterlassener Hilfeleistung (§ 323c StGB). Als nächstes wenden wir uns der zweiten Variante zu: Gesetzt sei ein ähnlicher Fall mit dem Unterschied, dass die Tür ursprünglich geöffnet war und der Wohnungsinhaber, obwohl er die Situation vollständig erfasst, die Tür schließt. 6 Hier handelt es sich nun um eine Körperbewegung und einen Todeserfolg. Aber sollen wir eine Strafe wegen Totschlags nur deshalb verhängen, weil der Wohnungsbesitzer die Tür geschlossen hat anstatt sie zu öffnen? Diese Frage positiv zu beantworten, würde eine Erklärung voraussetzen, warum ein so großer Unterschied in der Strafe gegenüber der ersten Variante besteht, nur weil die Tür vorher geöffnet war.7 Die Frage negativ zu beantworten bedeutet, ein „Unterlassen durch positives Tun“ in dem Sinne anzuerkennen, dass ein aktives Verhalten unter ein echtes Unterlassungsdelikt subsumiert wird. Aus meiner Sicht ist die Frage negativ zu beantworten, das heißt durch das Türschließen kann kein Totschlag begangen werden. Dies hat den Grund, dass in beiden Varianten das Verhalten dieselbe Bedeutung hat (denselben Sinn ausdrückt): Es wurde einem Bedürftigen der Zugang zu einer Wohnung verwehrt, in welche er (nur) auf Grund seiner Notlage hätte eindringen dürfen. Aus materieller Perspektive muss die Frage wie folgt verstanden werden: Die Grundlage der Duldungspflicht angesichts der Not eines anderen, die es wegen des Bestehens eines Rechtfertigungsgrundes (rechtfertigender Aggressivnotstand) erlaubt, dass der von Hunden Verfolgte ein prinzipiell tatbestandsmäßiges Verhalten (Hausfriedensbruch) begeht, stimmt mit dem Strafgrund der unterlassenen Hilfeleistung überein.8 Diese Grundlage wird
6 Vgl. Meyer-Bahlburg, S. 51, der den Fall vorschlägt, dass jemand von bissigen Hunden oder vom schnell steigenden Hochwasser davonläuft und in ein Haus eindringen muss. 7 Eine solche Erklärung fehlt etwa bei Winter, wenn er unterschiedliche Lösungen für solche Fälle vorschlägt, je nachdem, ob die Tür vorher geschlossen oder geöffnet war (vgl. Winter, S. 147). 8 Pawlik verweist zurecht auf eine zuständigkeitstheoretische Parallele „zwischen dem rechtfertigenden Notstand und der unterlassenen Hilfeleistung“ (Das Unrecht des Bürgers, S. 251, mit weiteren Nachweisen in Fn. 574). Zur Problemstellung siehe schon Pawlik, Der rechtfertigende Notstand, S. 154 – 156. Dazu auch Hruschka, S. 91 ff.
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nach herrschender Meinung als Mindestsolidaritätspflicht bezeichnet.9 Dementsprechend müsste für den hier behandelten Fall gelten, dass sowohl derjenige, der eine Tür schließt, als auch derjenige, der sie nicht öffnet, nicht gegen die allgemeine Pflicht, andere nicht zu verletzen (neminem laedere),10 verstößt, sondern gegen das, was die herrschende Meinung Mindestsolidaritätspflicht nennt.11 Dabei ist es nicht relevant, ob der Widerspruch gegen diese Solidaritätspflicht sich als Handlung oder als Unterlassung manifestiert;12 wenn darin immer noch ein bedeutsamer Unterschied gesehen wird, dann nur als Reminiszenz einer naturalistischen Sichtweise,
9 Die Verwendung des Wortes Solidarität verdient in diesem Zusammenhang besondere Aufmerksamkeit. Die umgangssprachliche Verwendung des Begriffs setzt zunächst die Verwirklichung eines Verhaltens voraus, zu dem man nicht verpflichtet ist, so dass derjenige, der es unternimmt, ein Verdienst hat, während hier derjenige, der das betreffende Verhalten nicht ausführt, bestraft wird. Es ist aber auch die Aussage von Pawlik zu berücksichtigen, der bereits in seinem Aufsatz Unterlassene Hilfeleistung: Zuständigkeitsbegründung und systematische Struktur darauf verzichtet hat, das Vergehen der unterlassenen Hilfeleistung und die Duldungspflicht im Fall fremder Not zur Duldung im Bedarfsfall auf eine Pflicht zur intersubjektiven Solidarität zwischen Individuen zu stützen (S. 363). Seiner Meinung nach ist es der Staat, der die Pflicht hat, den Bedürftigen zu helfen, aber soweit er dies nicht tut, belastet er den Bürger, der gelegentlich die Möglichkeit hat, einer ihm als „Verwaltungshelfer“ auferlegten quasi-institutionellen Pflicht nachzukommen (S. 364). In Anbetracht dessen meine ich, dass weiterhin von Solidarität gesprochen werden kann, wenn deutlich gemacht wird, dass es sich um eine vom Staat vermittelte Solidarität handelt (nur in diesem Sinne wird im Text weiterhin von Solidaritätspflichten gesprochen). 10 Eine gegensätzliche Position bei Silva Sánchez: „Dementsprechend kann der vom Hilfsbedürftigen erlittene Erfolg dem Rechtsinhaber (oder dessen Vertreter oder Helfer) zugerechnet werden, wenn er mit seiner Handlung im Rahmen seiner eigenen Organisationssphäre den rettenden Kausalverlauf abbricht“ (Silva Sanchez, Abbruch, S. 306). In einem früheren Text hatte Silva ausgeführt, dass in seinem Verständnis die Situation anders und schwerwiegender sei als im Falle der bloßen Passivität, wenn die vom Verhalten der betroffenen Person (im Ausgangsfall der Eigentümer des Hauses) das sich selbst rettende Verhalten der bedürftigen Person durch ihren direkten aktiven Widerstand oder durch die Wegnahme der von der bedürftigen Person angestrebten Güter neutralisiert. Silva kommt zu dem Schluss, dass im Falle eines aktiven Verhaltens die Haftung für die Verletzung der Rechtsgüter der bedürftigen Person (Rechte des aggressiven Notstands, S. 40) begründet werden kann. Weiter führt er aus, das Notstandsrecht erscheine als das Recht, „den status quo nicht zum Nachteil der Güter der Bedürftigen zu ändern, d. h. ihre Situation zu verschlechtern“ (S. 49). In einer solchen Situation bleibt jedoch unklar, warum das Versäumnis, den Bedürftigen aktiv zu helfen, zu einer viel geringeren Strafe führt, obwohl es auch die Verweigerung eines für die Rettung notwendigen Gutes bedeutet. Im Übrigen weist Robles Planas in Bezug auf die von Silva Sánchez unterstützte vermeintliche Neuordnung der Rechtssphären in Notlagen dezidiert darauf hin, dass die Annahme nicht richtig sei, dass in einer Notsituation alle Rechtsbereiche jedes Bürgers zugunsten der Bedürftigen neu definiert werden, da es nicht richtig erscheine, dass die Freiheitsrechte der Bürger ihren absoluten Charakter verlieren könnten, nur weil sich andere in einer Notsituation befänden (Robles Planas, S. 95 f.). 11 In der in der vorherigen Anmerkung genannten Form. 12 In Jakobs’ Sprache ist es etwas Phänotypisches (Jakobs, System der strafrechtlichen Zurechnung, S. 25) ohne materiell-rechtliche Relevanz; eine rein technische Frage (s. Jakobs, Die strafrechtliche Zurechnung von Tun und Unterlassen, S. 43).
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die aus einer normativen Analyse verbannt werden muss.13 Die Sanktion, die im Fall eines aktiven oder passiven Verstoßes gegen eine solche Mindestsolidaritätspflicht verhängt werden soll, muss identisch sein: die nach § 323c StGB.14 Aus rein terminologischer Perspektive müsste man den Fall, in dem der Hausbesitzer die Tür schließt, richtigerweise als „Unterlassen durch Tun“ bezeichnen und zwar insofern, als eine Körperbewegung letztlich unter ein echtes Unterlassungsdelikt subsumiert wird, welches sprachlich ein tatbestandsmäßiges Verhalten durch das Ausbleiben von Bewegungen beschreibt. Aber wesentlich ist nicht so sehr diese Bezeichnung, sondern das Verständnis, dass das aktive Verhalten, sich der durch die bedürftige Lage eines anderen begründeten Duldungspflicht zu widersetzen, und das passive Verhalten, die bedürftige Lage eines anderen nicht zu mildern, zwei Erscheinungsformen derselben Übertretung sind: die Nichterfüllung einer Pflicht, die vom Staat auferlegt wird, um jemandem zu helfen, der in Not ist, und zwar nur deshalb, weil dieser eben in Not und jemand anders in der Lage ist, ihm zu helfen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es bei den beiden bisher analysierten Fallvarianten der Flucht vor einem Rudel in erster Linie um zwei verschiedene äußere Formen der Widersetzung gegen dieselbe materielle Pflicht geht und sie daher nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen. Dies bedeutet, dass es richtig ist, die aktive Form als „Unterlassung durch Tun“ zu betrachten, wenn wir dadurch einen Fall besser verstehen, in dem aktives Verhalten unter einen Straftatbestand fällt, das im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches in einer Sprache beschrieben wird, die sich im Prinzip auf Unterlassungen bezieht: Unterlassung der Hilfeleistung.15
13 Coca Vila weist auf eine weitere Fallkonstellation hin, in der bestimmte aktive Veränderungen eines kausalen Geschehensablaufs kein tatbestandsmäßiges Verhalten darstellen, das zu einer Verletzung führt, indem sie ein Übel auf einen Dritten umlenken, soweit es sich um Organisationshandlungen in der eigenen Sphäre handelt; zum Beispiel, wenn ein Wanderer einem Stein ausweicht, der dadurch einen anderen verletzt (vgl. Coca Vila, S. 988). Diese Art von Fall erklärt auch den Fehler, der darin besteht, eine Bewegung, auf die ein für einen anderen schädliches Ergebnis folgt, direkt mit der Konstellation eines Begehungsdelikts in Verbindung zu bringen. 14 Daher ist die Subsumtion des Falles von Meyer-Bahlburg korrekt (S. 51). Von nun an wird es sich nur noch um eine unterlassene Hilfeleistung handeln, wenn die Gefahr, die aufzutreten droht, zu denjenigen gehört, die in dieser Norm die Hilfepflicht vorschreiben. Andererseits ist es eine andere Frage, ob das Ausmaß der in dieser Norm vorgesehenen Sanktion ausreichend oder vielleicht unterbewertet ist (für darin subsumierbare Handlungen oder Unterlassungen); dies kann hier nicht behandelt werden. Man kann allerdings schon feststellen, dass eine solche Sanktion wesentlich geringer sein muss als diejenige, die sich aus der Widersetzung gegen die allgemeine Pflicht ergibt, anderen nicht zu schaden. 15 Das Verhalten desjenigen, der die Tür aktiv schließt, kann, wie sich später zeigen wird, als die Unterbrechung eines rettenden Kausalverlaufs des Opfers selbst verstanden werden, die durch die Verweigerung einer erforderlichen eigenen Intervention erfolgt. In diesem Sinne verstehe ich auch das von Hilgendorf/Valerius, Kap. 11 Rn. 13, vorgeschlagene Kriterium, dem gemäß hier eine unterlassene Hilfeleistung in Betracht gezogen werden könnte.
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II. Zwei zusätzliche Probleme Zwei Fragen, die sich bei bestimmten Abwandlungen des Rudel-Falls in seiner zweiten Variante stellen können, d. h. wenn der Täter die Tür für den Bedürftigen aktiv schließt, runden das anfängliche Gesamtbild ab. So kann man sich zunächst fragen, wie zu bewerten ist, dass der Ehemann des Opfers derjenige ist, der die Tür schließt. Das zweite Problem kann mit folgender Frage umschrieben werden: Was passiert, wenn der Täter, anstatt die Tür zu seinem eigenen Haus zu schließen, einen Felsen rollt und so den Eingang zu einer Höhle schließt, in der das vor dem Rudel fliehende Opfer Schutz finden könnte? In beiden Fällen muss meiner Meinung nach die Strafe des Begehungsdelikts (Tötung) und nicht diejenige der unterlassenen Hilfeleistung verhängt werden, und zwar in beiden Fällen auf einer unterschiedlichen Grundlage. 1. Garant für die Erfolgsvermeidung In der ersten der soeben angesprochenen Fragestellungen – dem Fall, in dem die Tür durch den Ehemann (oder wer auch immer Garant für die Erfolgsvermeidung ist) geschlossen wird – stehen wir vor der Situation, dass der Maßstab des Begehungsdelikts zur Anwendung kommen sollte, da es sich um ein unechtes Unterlassungsdelikt handelt. Es ist nicht so, dass die Körperbewegung unmittelbar unter die sprachlich als kausal oder aktiv beschriebene Strafart subsumiert wird. Vielmehr stellt die Bewegung als solche, nämlich die Schließung der Tür des eigenen Hauses vor dem Bedürftigen, nur eine Unterlassung der Hilfe dar bzw. eine Verleugnung von etwas, auf das der Betreffende aufgrund seiner bedürftigen Lage ein Recht hat (etwas, was der Täter als Garant aufzugeben hat). Es ist seine besondere Stellung als Garant gegenüber seinem Ehepartner, die ihn für diesen Todeserfolg als Totschläger strafbar macht. Daher erfolgt hier die Anwendung des Strafrahmens des Begehungsdelikts im selben Umfang wie bei unechten Unterlassungsdelikten. Wir stehen, wenn man so will, vor einer „Unterlassung durch Tun auf dem Gebiet der unechten Unterlassungsdelikte“. Im Klartext: Obwohl der Täter seinen Körper bewegt, wird ihm der schädliche Erfolg nicht auf Grund dessen zugeschrieben, was er durch seine Körperbewegung verursacht hat, sondern wegen der unterlassenen Hilfe (die sich durch eine Handlung manifestiert) in einer Garantenposition. Angesichts der Kritik, diese Unterscheidungen hätten nur ästhetischen Charakter, muss man feststellen, dass dies durchaus praktische Folgen für den Umfang der Sanktion haben kann, und zwar dann, wenn das Rechtssystem eine Strafmilderungsklausel für unechte Unterlassungsdelikte vorsieht, und die Frage aufgeworfen wird, ob diese Klausel Materiell-rechtlich gerechtfertigt ist.16 Die problematischsten und 16 In GA 2/2008, S.78 ff., Die fakultative Strafmilderung für die unechten Unterlassungsdelikte, zeige ich auf, dass eine Klausel wie die des § 13 Abs. 2 StGB meiner Ansicht nach
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interessantesten Fälle im Bereich des Unterlassens durch Tun sind übrigens, wie gesagt, diejenigen, in denen der Täter kein Garant ist (im Gegensatz zum Täter des letzten Beispiels). In diesen Fällen geht es um die Feststellung, ob das Verhalten unter ein Begehungsdelikt subsumierbar oder gegebenenfalls als unterlassene Hilfeleistung zu bewerten ist – mit dem daraus resultierenden Strafmaßunterschied. 2. Der Fall der Höhle Die zweite Frage betrifft den Sachverhalt, in dem der Täter den Zutritt zu einer Höhle verhindert (gemeint ist damit ein öffentlich zugänglicher Ort).17 Ich bin der Meinung, dass in diesen Fällen die Körperbewegung des Subjekts direkt unter ein Begehungsdelikt subsumiert werden muss. Es mag zunächst überraschend klingen, dass die Lösung anders ausfällt, wenn der Zugang zu einem Haus oder zu einer Höhle versperrt wird. Dies sollte jedoch nicht so sein. Der Zugang zur Wohnung ist Sache ihres Eigentümers, und wenn er sie einer bedürftigen Person gestatten muss, geschieht dies nur auf der Grundlage des Bestehens eines solchen Bedürfnisses. Die (aktive oder passive) Nichteinhaltung dieser Nachgehens- oder Duldungspflicht bedeutet keine Verletzung sondern nur die Nichteinhaltung der Solidarität (im Sinne der oben erläuterten Termini), wenn Letztere obligatorisch ist. Ganz im Gegensatz dazu ist der Zugang zu einer Höhle ein Recht, das die Bedürftigen nicht nur wegen ihrer Notlage haben. Täter und Bedürftige sind im Normalfall (ohne Notlage) beim Betreten der Höhle gleichberechtigt: Beide dürfen eintreten. Dagegen hätte der (Nicht-)Bedürftige im Normalfall kein Recht, das Haus zu betreten, und der Täter dürfte seine Tür öffnen oder schließen (um Zugang zu gewähren oder nicht zu gewähren), wie es ihm beliebt. Aktiv dagegen vorzugehen, dass die bedürftige Person Zugang zum Ort ihrer Rettung erhält, worauf sie auch in normalen Situationen (ohne Notlage) das Recht hätte, bedeutet meiner Meinung nach, sie zu verletzen, d. h. gegen den Grundsatz neminem laedere zu verstoßen. Denn hier stehen wir sehr wohl vor einer Veränderung der Rechtsphäre des Bedürftigen, die nicht nur aus seiner Notlage resultiert. Und im Übrigen muss das Privileg, gemeinschaftliche Rechtsgüter allein deshalb genießen zu dürfen, weil man als erster angekommen ist, zugunsten der Not des Bedürftigen weit dahinter zurückstehen. Die prior-in-tempokeine ernstzunehmende Grundlage hat. Das Thema kann an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden, aber grundsätzlich kann man sagen, dass eine solche Klausel nur in einem naturalistischen Schema ihren Ausgangspunkt findet, in dem Begehen ein Mehr an Unwert hat, das mit der Idee des Verursachens durch den eigenen Körper verbunden ist. Ein Standpunkt, der das Thema aus einer normativen Perspektive beleuchtet, kann keinen Unterschied in der Reaktion auf die Unterlassung eines Garanten machen, zumindest nicht einen Unterschied, der genau darauf beruht, dass es sich um eine Unterlassung handelt. 17 Es war der Gefeierte, der mich dazu veranlasste, über diesen Fall nachzudenken, indem er ihn als Thema in einer Lehrstunde seines Seminars über Verbrechenslehre problematisierte, zu der er mich eingeladen hatte, um einige vorläufige Schlussfolgerungen aus meiner Doktorarbeit zu präsentieren. Gewiss führte die Herausforderung dieses Falles zur Vertiefung eines der wichtigsten Aspekte der Untersuchung.
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re-potior-in-iure-Regel kann hier nur insofern zu berücksichtigen sein, als derjenige, der als zweiter kommt, nicht in den öffentlichen Raum eintreten muss, um seine Güter zu schützen, d. h. solange er sich nicht in einer Notlage befindet, die demjenigen fehlt, der zuerst ankommt. Dieses letzte Beispiel zeigt, dass das Einfügen eines Hindernisses in einen vom Opfer initiierten Rettungskurs (das Aufsuchen eines Ortes, an dem er sicher ist) offenbar nicht immer das Vorliegen eines Unterlassungsdelikts durch Tun mit sich bringt. Vielmehr gilt die umgekehrte Regel: Im Prinzip sollte diese Art von Unterbrechungen der vom Opfer eingeleiteten rettenden Kausalabläufe als Verletzung der allgemeinen Pflicht ausgelegt werden, anderen nicht zu schaden. Wenn also z. B. jemand einer Person einen Baumstamm in den Weg legt, die vor einem Rudel flieht, mit der Folge, dass das Opfer stolpert und von den Hunden getötet wird, ist er im Sinne des Verletzungsdelikts verantwortlich. Tatsächlich gilt für Verhaltensweisen, die rettende Kausalverläufe der Natur oder Dritter unterbrechen, die von der herrschenden Meinung18 vertretene Regel, dass diese unter die entsprechenden Begehungsdelikte subsumiert werden müssen19 – was auch für die Unterbrechung der vom Opfer initiierten Rettung gelten sollte. Nur wenn das fragliche Verhalten auf ein für die Rettung notwendiges Gut einwirkt, das der Täter ursprünglich in seiner Rechtssphäre hatte und dem Opfer auf Grund der Notlage zur Verfügung stellen muss, stehen wir vor einer Unterlassung durch Tun (verstanden als aktives Verhalten, das unter ein echtes Unterlassungsdelikt subsumiert wird, sofern der Täter nicht aus einem anderen Grund Garant ist).
III. Fehlgeschlagene Rettung eines Dritten, welche Rechtsgüter des Täters beansprucht Nach den Behauptungen des vorherigen Abschnittes muss nur kurz klargestellt werden, dass der Fall, in dem der Täter den Rettungskausalverlauf eines Dritten un18 Gimbernat Ordeig versucht für diese Fälle eine dritte Form der Straftatbegehung zu begründen (vgl. Gimbernat, S. 177 ff., unter Verweis auf die herrschende Lehre und andere Mindermeinungen auf S. 171 ff.). Eine Kritik dieser Argumentation in Lerman, La omisión por comisión, S. 149 f. 19 Auf die Argumente, weshalb diese Lösung richtig ist, kann im Rahmen dieses Beitrags nicht eingegangen werden (näher dazu Lerman, La omisión por comisión, S. 199 – 216, und ders., Sobre el criterio de distinción entre la interrupción de cursos causales salvadores iniciados por terceros o provenientes de la naturaleza y la causación directa, passim). Es sei an dieser Stelle nur kurz auf die Ausgangsidee hingewiesen, wonach reine Begehungsdelikte, die die fundamentalsten Rechtsgüter verletzen, in vielen Fällen auch als Unterbrechungen rettender Kausalverläufe angesehen werden können (Beispiel: Wenn man jemanden erstickt, beraubt man ihn der Luftzufuhr als Rettungsmittel, genauso wie wenn man ihm Wasser entzieht), mit dem einzigen Unterschied, dass in den Fällen, die wir Unterbrechung der Rettungsabläufe nennen, diese Prozesse einen höheren Grad an Unsicherheit aufweisen können, oder besser gesagt: Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass der Ablauf anders gestaltet wird. Diese Anmerkungen zeigen, dass man nicht von einer starken Differenzierung zwischen direkter Kausalität und Unterbrechung rettender Kausalverläufe ausgehen kann.
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terbricht, indem er in seine eigenen Güter eingreift, deren Nutzung er zugunsten des Bedürftigen aufgeben soll, richtigerweise so gelöst werden soll, dass man von einem Fall der „Unterlassung durch Tun“ ausgeht. Meines Erachtens begeht im von Ranft20 analysierten Fall der Besitzer des einzigen zur Rettung eines Ertrinkenden zur Verfügung stehenden Bootes, das er unter Anwendung von Gewalt für sich behält, wodurch er die Rettung verhindert, eine unterlassene Hilfeleistung.21 Dieser Fall ist offenbar gleich zu lösen wie wenn der Rechteinhaber das Boot in einem abgeschlossenen Raum verwahrt hätte und das Verhalten darin bestünde, die Herausgabe des Schlüssels an denjenigen, der die Rettung unternehmen soll, zu unterlassen (das heißt analog zum Fall, in dem das Nicht-Helfen sich in einer Untätigkeit manifestiert). Es ist wichtig zu bedenken, dass es für die Lösung solcher Fälle nicht darum geht, wer der Eigentümer des für die Rettung beanspruchten Gutes ist, sondern wer der rechtmäßige Besitzer ist. Entscheidend ist, wer die Möglichkeit hat, Rechte an diesem Eigentum auszuüben: Auch der Bootsmieter, der die Nutzung dieses Eigentums zugunsten des Vermieters, der es zu seiner eigenen Rettung braucht, aktiv verweigert, unterlässt es zu helfen (§ 323c StGB). Es sollte auch klargestellt werden, dass es in diesen Fällen (d. h. in solchen wie in dem von Ranft behandelten Beispiel) nur dann um Unterlassung durch Tun geht, wenn es sich um ein Rettungsmittel handelt, bei dem der Täter im Normalfall das Recht hat, frei einzugreifen, und das er nur aufgrund der Bedürftigkeit des anderen aufgeben muss. Andererseits kann, wenn sowohl der Bedürftige als auch der Täter im Normalfall dieselben Befugnisse hinsichtlich des Eigentums haben, das Verhalten als Verletzung angesehen werden (Beispiel: Der Täter und der Bedürftige sind Mitbesitzer des Bootes).
IV. Weitere im Bereich der Unterlassung durch Tun diskutierte Fragestellungen (Remission) Bisher wurde die für mich grundlegende Frage für das Verständnis der wichtigsten Anwendungsfälle der Kategorie des Unterlassens durch Tun aufgegriffen. Es gibt mindestens drei Fallgruppen, in denen die Anwendung dieser Kategorie in der Lehre diskutiert wird: die Unterbrechung von selbst eingeleiteten rettenden Kausalverläufen (der Täter beginnt zu helfen und bricht dann die Rettung durch aktives Verhalten ab)22, Fälle von omissio libera in causa (aktive Unterbrechung der späteren 20
Ranft, S. 341. Hinweise auf Autoren, die es auf die umgekehrte Weise lösen, bei Seelmann, § 13, Rn. 25. 22 Relevant dazu der Beitrag von Samson, Begehung und Unterlassung (insbesondere S. 582 ff.) und die dort dargestellte Diskussion um Roxins Stellungnahmen in: An der Grenze von Begehung und Unterlassung. 21
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Rettungsmöglichkeit) und die aktive Teilnahme an einer Unterlassung des Haupttäters.23 In einigen dieser Themenbereiche kann es auch Fälle geben, auf welche die Kategorie der Unterlassung durch Tun zutrifft, aber es ist hier nicht möglich, diese Frage im Detail zu behandeln.24 In diesem Beitrag sollte nur die Frage aufgeworfen werden, die als Ausgangspunkt dienen kann, um die konkrete Diskussion über die Unterlassung durch aktives Tun in den Bereichen zu durchleuchten, in denen sie als problematisch dargestellt werden kann.
V. Schlusswort Ich möchte die letzten Zeilen dem Geehrten widmen. Sein dogmatisches Werk ist gewaltig und grundlegend für jeden, der die Zurechnungstheorie vernünftig studieren will. Doch ich will hier seine Tätigkeit als Lehrer mehrerer Generationen von Strafrechtlern hervorheben.25 Als ordentlicher Professor an der Universität von Buenos Aires lehrte er die wichtigen Themen des Fachs ebenso verständlich wie meisterhaft. Er ermutigte diejenigen, die sich für Dogmatik interessierten, auch die deutsche Sprache zu erlernen und so Zugang zu den neuesten Entwicklungen in der Lehre zu erlangen. Stets wurde durch ihn das Studium der Entwicklungen der deutschen Dogmatik gefördert, begleitet von einer immensen Übersetzungsarbeit, die es vielen Menschen aus dem spanischsprachigen Raum ermöglicht hat, auf grundlegende Werke zuzugreifen, die sie nicht hätten lesen können, wenn er sich nicht persönlich bemüht hätte, sie ins Spanische zu übersetzen. Deshalb ist festzuhalten, dass diese wohlverdiente, mit Beiträgen von Autoren aus verschiedenen Ländern in Deutschland veröffentlichte Festschrift die beste Art ist, ihn zu würdigen. Sie bezeugt, dass er Brücken zur deutschen Wissenschaft gebaut hat, die es anderen ermöglicht haben, über sie zu gehen. Ein solcher Dienst am Menschen verdient die höchste Anerkennung.
23 Für die Lösung dieser Frage ist die Kritik des Gefeierten an der Idee der Akzessorietät der Teilnahme meines Erachtens grundlegend. Sancinetti hat immer die Notwendigkeit eines personalen Unrechts vertreten und das traditionelle Verständnis der Akzessorietät der Teilnahme in Frage gestellt. Dazu insbesondere Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, S. 627 ff.; ders., Ilicito personal y participación, Kap. II, S. 57 ff. 24 Alle grundlegend untersucht in Lerman, La omisión por comisión, S. 245 – 260. 25 In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig zu betonen, dass Sancinetti bereits 1975, während seiner Studienzeit, das Buch Casos de Derecho Penal veröffentlichte, welches für die Vermittlung der Probleme des Allgemeinen Teils mittels der Fallmethode für Studierende von grundlegender Bedeutung ist. Derzeit (seit 2005) gibt es eine dritte Auflage dieses Werkes in drei Bänden, welches nicht nur Fallstudien, sondern auch Lösungen und kommentierte Rechtsprechung enthält, und für die Ausbildung von Studierenden von wesentlicher Bedeutung ist.
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Situación-de-deber y acabamiento de la tentativa Por Juan Pablo Mañalich R.*
I. Introducción: acabamiento de la tentativa y oportunidad-para-la-acción El propósito de esta contribución es analizar la estructura de la tentativa acabada, a partir de premisas teóricas que nuestro homenajeado ciertamente no comparte. Al estar seguro de que el esfuerzo no logrará persuadirlo de asumir esas premisas, quisiera en todo caso rendirle un tributo procurando honrar la vocación por la indagación rigurosa de difíciles problemas dogmáticos que es distintiva de la obra de Sancinetti,1 en un ámbito temático de su particular predilección. Para definir el concepto de tentativa acabada, podemos echar mano a la noción de “oportunidad-para-la-acción”.2 Un comportamiento constitutivo de la tentativa acabada de un delito cualquiera consiste en el aprovechamiento exhaustivo de la oportunidad para ejecutar u omitir una acción que, según la creencia predictiva atribuible al agente, este tenía que omitir o ejecutar para adecuar su comportamiento a la norma respectiva, resultando ex post falsa esa misma creencia predictiva.3 El problema de la demarcación entre el carácter “todavía” inacabado y el carácter “ya” acabado de una tentativa, a propósito del cual quedan enfrentadas diferentes versiones de la tesis de la “consideración global”, por un lado, y de la
* El presente trabajo presenta resultados alcanzados a través de la ejecución del Proyecto Fondecyt N.8 1160147, financiado por la Comisión Nacional de Investigación Científica y Tecnológica de Chile. Agradezco a Antonia Silva Lioi, ayudante ad honorem del Departamento de Ciencias Penales, por su ayuda en la revisión del texto. 1 Una muestra especialmente clara de ello aparece en su análisis del así llamado “caso de la cantimplora”, recogido en Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación, p. 631 ss., 689 ss.; al respecto, Mañalich, Norma, causalidad y acción, p. 91 ss., 110 ss., 127 ss. 2 Fundamental, Von Wright, Norm and Action, p. 37, 42 ss., 45 ss. 3 Que bajo una descripción distinta de aquella que sirviera de sustento a la correspondiente creencia predictiva el comportamiento haya resultado antinormativo bajo la misma norma, carece de toda relevancia para la constitución de una tentativa. Pues en tal caso el comportamiento antinormativo quedará especificado por una descripción bajo la cual ese comportamiento no resulta imputable a título de dolo. Véase Mañalich, Revista Chilena de Derecho 44, 475 s.; Mañalich, Política Criminal 14 (27), 305 ss.
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tesis de la “consideración individual”, por otro,4 puede ser redefinido en términos de la pregunta por las condiciones de identidad de una tentativa de delito, esto es, las condiciones de individuación y cuantificación de una o más instancias de la tentativa de un mismo delito cualquiera.5 Por el momento basta con observar que el modelo de la oportunidad-para-la-acción provee un criterio de individuación que no queda directamente formulado en referencia al problema de la modalidad de desistimiento pertinente. Con ello se evita vincular la determinación del acabamiento de la tentativa con la pregunta por la pertinencia de una modalidad de desistimiento —a saber: la del desistimiento “pasivo”— que, stricto sensu, solo es compatible con la estructura de la tentativa (inacabada) de un delito comisivo. Si es posible diferenciar la tentativa inacabada y la tentativa acabada de un delito omisivo, esa distinción no puede quedar vinculada con la diferenciación de una modalidad pasiva y otra activa del desistimiento, respectivamente.6 Pero esto último ciertamente no obsta a que el criterio así obtenido pueda ser esgrimido para responder la pregunta por la forma de desistimiento que se corresponde con una y otra forma de tentativa.
II. Silogismo práctico y situación-de-deber Según ya fuera anticipado, existe una conexión interna entre la pregunta por las condiciones de identidad de una tentativa de delito, por un lado, y la pregunta acerca de la fisonomía que puede exhibir, qua desistimiento, la revisión del quebrantamiento de una norma constitutivo de una tentativa inacabada o acabada, por otro.7 Esa conexión se vuelve reconocible por el hecho de que la respuesta a ambas preguntas pueda obtenerse del criterio de la “identidad de la situación-de-deber”, sin que eso implique que se trate de una y la misma pregunta. Según lo muestra el modelo del “silogismo práctico”,8 el o los deberes que una norma puede fundamentar para uno cualquiera de sus destinatarios son siempre relativos-a-la-situación, a saber: a alguna situación que provee, según la representación de las circunstancias con la que cuente el propio agente, la oportunidad para omitir o ejecutar una acción congruente con lo exigido por la norma. Esto hace posible introducir el siguiente criterio de identidad para una tentativa de delito 4
Véase Sancinetti, Fundamentación subjetiva del ilícito y desistimiento de la tentativa, p. 106 ss. Una muy pormenorizada presentación de la controversia es ofrecida por Bergmann, ZStW 100 (1988), 330 ss., 333 ss., 339 ss. 5 En general sobre el problema, véase Puppe, NStZ 1986, 16 ss.; también Dold, Eine Revision der Lehre vom Rücktritt vom Versuch, p. 134 ss. 6 Para un llamado de atención sobre esto, fundamental Küper, ZStW 112 (2000), 2 ss., 5 s. 7 La concepción del desistimiento como revisión del quebrantamiento se encuentra delineada en Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, p. 217 ss. 8 Para lo que sigue, y con mayor detalle, Mañalich, Norma, causalidad y acción, p. 17 ss.; Mañalich, Libertad, razón y normatividad, p. 104 ss.
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cualquiera: la identidad de una tentativa se conserva en la medida en que subsista la situación fundante del deber en cuya infracción consiste esa tentativa. O más precisamente: el comportamiento de un agente A en un punto de tiempo t1 y el comportamiento de A en un punto de tiempo t2 son constitutivos de una misma tentativa, si, y solo si, entre el deber que A infringe en t1 y el deber que A infringe en t2 existe una relación de identidad. Por vía de ejemplo: Tras lanzar a B a un río de aguas profundas, A dispara su arma de fuego contra B, mientras este —incapaz de nadar— procura mantenerse a flote; B resulta en definitiva socorrido por C, en tanto que A es detenido antes de poder efectuar un nuevo disparo.
Dado que la prohibición del homicidio fundamentaba, para A, el deber de omitir tanto la acción de empujar a B hacia el río como la acción de disparar el arma de fuego contra B, las dos acciones diferidamente ejecutadas por A admiten ser unificadas como constitutivas de la infracción de un mismo deber (conjuntivo), en razón de la identidad de la oportunidad con la que, según su representación de las circunstancias, A contaba para ejecutar una y otra acción. De ahí que, en referencia al mismo caso, deba negarse que a A serían imputables dos tentativas de homicidio. Y ello es independiente de cómo deba responderse la pregunta de si la única tentativa de homicidio imputable a A cuenta como acabada o inacabada. Respecto de esta última pregunta, nada parece poner en cuestión la posibilidad de adscribir a A la creencia predictiva de que, al haber lanzado a B al agua, él ya ha condicionado suficientemente el (probable) acaecimiento de la muerte de B —a saber: por inmersión—, sin que la adscripción de esa creencia pueda entenderse revertida por el posterior disparo también efectuado por A. Pues que el agente pudiera pretender acelerar el acaecimiento de la muerte de la víctima del potencial homicidio ciertamente no es incompatible con que él pueda creer haber condicionado suficientemente el acaecimiento (más tardío) de la muerte de esa misma persona. De esto es posible extraer una consecuencia fundamental: un comportamiento consistente en la ejecución de una determinada acción puede resultar constitutivo de una tentativa asimismo constituida por la ejecución de una acción anterior por parte del mismo agente, sin que la eventual omisión de aquella acción posterior necesariamente hubiera de corresponderse con un desistimiento de esa tentativa. Esto se sigue del hecho de que, en retrospectiva —lo cual quiere decir: una vez que sea constatable la falta de consumación del delito respectivo— cabrá decir que la tentativa en cuestión se encontraba “ya” acabada cuando el autor se disponía a ejecutar, o a dar inicio a la ejecución de, esa acción posterior, sin que en ese mismo instante la tentativa haya contado como fallida. Esto último lo muestra el hecho de que, al efectuar el disparo apuntando a B, A no tenía razón alguna para creer que B no estuviera todavía expuesto a morir ahogado en el río. Esto es indicativo de que la
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caracterización de una tentativa como fallida es conceptualmente independiente de su caracterización como acabada o inacabada.9 El criterio de la identidad de la situación-de-deber hace posible reconocer que la identidad de una tentativa puede verse conservada más allá del punto en que, retrospectivamente, ella cuenta como acabada. Pero esto no impide que el mismo criterio sea aprovechable para precisar las condiciones de cuya satisfacción depende que, asimismo en retrospectiva, una tentativa cuente como inacabada, también tratándose de la posible tentativa de un delito omisivo. Este último énfasis se justifica por el hecho de que suele ser negada la posibilidad constructiva de la tentativa inacabada de un delito omisivo,10 lo cual no parece ser independiente de que, según ya se observara, el desistimiento de toda tentativa de un delito omisivo solo pueda asumir la forma de un desistimiento “activo”.11 Ello fue muy claramente advertido por Lönnies, quien partía de la observación de que el sector doctrinal que aceptaba la posibilidad constructiva de distinguir una y otra forma de tentativa en este ámbito tendía a cifrar el acabamiento de la tentativa acabada de un delito omisivo en el instante en que, según la representación de las circunstancias que tenga el agente, este contaría con la última oportunidad para ejecutar la acción que la norma lo obliga a ejecutar. Tratándose de la tentativa de un delito de omisión impropia, esta quedaría acabada en el instante en que, según su representación de las circunstancias, el garante deja pasar “la última posibilidad para intervenir en salvamento [de la víctima]”.12 La inadecuación de esta tesis queda de manifiesto, según Lönnies, si nos preguntamos por la solución que a partir de ella habría que alcanzar frente a un caso como el siguiente: “La mujer A ha resuelto dejar morir de hambre a su niño pequeño. Durante una vasta serie de días lo deja sin alimentación. Recién cuando el niño se encuentra completamente debilitado, la embargan el arrepentimiento y la compasión. Puesto que ella cree que solo la asistencia médica puede aún salvar al niño, llama sin más a un médico.”13
Si asumimos ahora que, en contra de la formulación original del caso, el médico lograra impedir la muerte del niño, según la tesis que estamos analizando habría que concluir que, al llamar al médico, A se habría desistido de una tentativa “todavía” inacabada de un homicidio omisivo. En sus consecuencias el argumento lleva a que, 9
Aun cuando desde una perspectiva diferente, ello es claramente advertido por Sancinetti, Fundamentación subjetiva del ilícito y desistimiento de la tentativa, p. 110 s. 10 Véase Herzberg, Monatsschrift für Deutsches Recht 27, 93 s.; recientemente, Kindhäuser, FS Fischer, 140. Sobre el debate, véase Alcácer, Estudios sobre la tentativa y el desistimiento en derecho penal, p. 154 ss. 11 Para una exposición crítica de la correspondiente tesis del “acabamiento necesario de la tentativa” de los delitos omisivos, Küper, ZStW 112 (2000), 4 ss. 12 Lönnies, NJW 1962, 1951. Que la configuración de la respectiva tentativa dependa de que, objetivamente, el potencial autor cuente como garante, se sigue de que la mal llamada “tentativa subjetivamente inidónea” solo pueda exhibir el estatus de un delito putativo; latamente al respecto, Mañalich, Política Criminal 14 (27), 357 ss., 364 ss. 13 Lönnies, NJW 1962, 1950.
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no obstante la posibilidad de distinguir entre una tentativa inacabada y una tentativa acabada del respectivo delito de omisión impropia, conceptualmente no sea posible un desistimiento de la segunda. Pues si el acabamiento de la tentativa tiene lugar en el instante en que el garante deja pasar la última posibilidad para impedir el acaecimiento del resultado, entonces el acabamiento de la tentativa se identifica con el instante en que dejaría de ser posible un desistimiento. Para alcanzar una solución sistemáticamente satisfactoria, Lönnies proponía adoptar el criterio siguiente: la tentativa se encuentra inacabada si “para el impedimento del resultado es suficiente comportarse como la ley originariamente lo exigía” del agente; en cambio, la tentativa se encuentra acabada cuando para impedir el acaecimiento del resultado ya no es suficiente ejecutar la acción “originariamente” exigida, de modo tal que para desistirse de ella el agente tenga que “hacer más […] en comparación con lo que la ley originariamente exigía de él”.14 El criterio propuesto por Lönnies, que por vía de generalización resulta aplicable, por igual, tanto para la tentativa de un delito omisivo como para la tentativa de un delito comisivo, no es más que el criterio de la identidad de la situación-de-deber. Pues justamente la circunstancia de que una tentativa quede acabada en el instante en el cual, según la representación de las circunstancias atribuible al agente, el impedimento de la consumación deja de ser posible a través del cumplimiento del deber situacionalmente fundamentado por la norma, explica que el desistimiento de una tentativa acabada pueda ser caracterizado como un comportamiento que trasciende el deber en cuya infracción consiste esa misma tentativa.
III. La redefinición dinámica de la situación-de-deber Hasta aquí se ha asumido como dado el carácter pretendidamente estático de la fundamentación situacional del deber cuya infracción puede ser constitutiva de una tentativa de delito.15 Asumir eso implica desconocer la posibilidad de que la respectiva situación-de-deber, que provee el criterio de identidad para la correspondiente tentativa, sea dinámicamente redefinida. Como punto de partida, consideremos el caso siguiente: En contra de sus expectativas, A advierte que no ha logrado impactar a B con el primer disparo de su arma de fuego; no obstante estar confiado en poder alcanzarlo con uno o dos disparos siguientes, A opta por retirarse sin volver a disparar, tras escuchar la sirena de un automóvil de patrulla policial.
14 15
Lönnies, NJW 1962, 1951 s. Véase Burkhardt, Der Rücktritt als Rechtsfolgebestimmung, p. 90.
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Asúmase como hipótesis de trabajo que, al quedar motivada por el miedo a ser eventualmente aprehendido por los funcionarios policiales, la renuncia de A a efectuar un disparo adicional en contra de B, en caso de constituir un desistimiento de la tentativa de homicidio, no satisfaría la exigencia de voluntariedad de cuya satisfacción depende su potencial efecto excluyente de la punibilidad de semejante tentativa. Esto tiene asociada la ventaja de hacer posible examinar la pregunta por el carácter acabado o inacabado de la tentativa en cuestión, sin que el análisis quede contaminado por la consideración de que, dependiendo de cuál sea la respuesta a la pregunta por la voluntariedad del desistimiento, estaría en juego la punibilidad o falta de punibilidad de la tentativa en cuestión.16 Según la tesis de la consideración individual (“TCI”), la tentativa imputable a A tendría que considerarse “ya” acabada, y a la vez fallida.17 Ergo, la renuncia a efectuar un disparo ulterior solo podría tener el estatus de un eventual desistimiento de una tentativa distinta de la tentativa (acabada) constituida por la ejecución del primer disparo,18 en la medida en que esta nueva tentativa hubiera de entenderse ya iniciada. Con arreglo a la tesis de la consideración global (“TCG”), por el contrario, la tentativa de homicidio constituida por el disparo ya efectuado por A tendría que considerarse “todavía” inacabada. El argumento recurrentemente esgrimido para ello apela a la existencia de una “unidad natural de acción” entre ese primer disparo y el o los disparos que pudieran haberle seguido.19 El problema está, sin embargo, en que la pretendida “naturalidad” de semejante unidad de acción no es tal. Pues como observara ya Maiwald, esa construcción pretende descansar en “una aplicación de parámetros-de-acción pre-jurídicos”, siendo el caso, empero, que ella resulta ser expresiva de “una valoración jurídica en grado sumo”.20 En efecto, el problema no es otro que el de diferenciar los casos en los cuales una misma norma de comportamiento resulta quebrantada unitariamente, por un lado, de los casos en los cuales la misma norma es quebrantada múltiplemente, por otro. Si se sigue a Kindhäuser, la posibilidad de unificar dos o más comportamientos que prima facie cuentan como instancias diferentes de quebrantamiento de una norma depende de una atribución (objetiva) de consistencia subjetiva al comportamiento del agente que, en tal medida, se presenta como susceptible de unificación.21 Y la corrección de esa atribución es directamente sensible a la variable aquí tematizada en términos de la identidad de la situación-de-deber: 16 Burkhardt, Der Rücktritt als Rechtsfolgebestimmung, p. 34 ss., explícitamente centra todo el peso de la argumentación en “la ratio de los preceptos relativos al desistimiento”. 17 Véase, por ejemplo, Burkhardt, Der Rücktritt als Rechtsfolgebestimmung, p. 90 ss. 18 Véase Puppe, NStZ 1986, 16. 19 Especialmente claro al respecto, Dreher, JR 1969, 106 s. Sobre el problema, fundamental Maiwald, Die natürliche Handlungseinheit, p. 85 ss. 20 Maiwald, Die natürliche Handlungseinheit, p. 90. 21 Kindhäuser, JuS 1985, 103.
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“Múltiples acciones típicas pueden ser consideradas como una [única] contravención de la norma, si el autor, en contra de las exigencias situacionales de la norma, lesiona de manera intensificada los bienes jurídicos respectivamente protegidos.”22
Que esta manera de reformular el problema parezca quedar inmediatamente referida a la posibilidad de construir un quebrantamiento unificado de una norma de comportamiento constitutivo de un delito consumado, no impide a Kindhäuser mostrar que el criterio también debe contribuir a determinar en qué casos al autor de un delito consumado ha de ser imputable una tentativa, constituida por un comportamiento precedente, como una instancia diferente de quebrantamiento de la misma norma.23 La premisa decisiva a favor de esta conclusión queda sugerida por la observación de Dreher en cuanto a que la pregunta crucial aquí sería si tendría que postularse una (única) tentativa “todavía” inacabada si el agente, al advertir o creer advertir que su comportamiento precedente no ha logrado condicionar suficientemente la consumación del delito, asume contar con “la posibilidad de ejecutar acciones promisorias-de-resultado”.24 La premisa consiste en la consideración de que el criterio de reconocimiento de una única instancia de quebrantamiento de la norma solo lo provee aquello que Maiwald denominara la “concreta situación-del-hecho”, lo cual significa: la situación cuya identidad determina que, siendo imputable la realización antijurídica del respectivo tipo-de-delito, el quebrantamiento de la norma así constituido no represente más que un único delito consumado.25 Para quedarnos con uno de los ejemplos considerados por Maiwald: si el autor, en el intento de matar a su enemigo, se muestra confiado en que habrá de impactarlo letalmente haciendo uso de los dos cartuchos con los que está cargada su escopeta, para después, al advertir que su enemigo ha quedado lesionado, pero no muerto, proceder a hacer uso de su cuchillo “para llevar a término su trabajo”, nadie podría dudar de la corrección del reconocimiento de una “unidad de acción” resultante en la imputación de nada más que un homicidio consumado.26 En estos términos, la posibilidad de una redefinición dinámica de la respectiva situación-de-deber no es más que la posibilidad de que, según su propia representación de las circunstancias, el agente vea modificadas sus posibilidades de acción a lo largo del proceso en que infringe el deber ya fundamentado por la norma, desde 22
Kindhäuser, JuS 1985, 103 (cursivas añadidas). Kindhäuser, JuS 1985, 103 s. 24 Dreher, JR 1969, 107. 25 Véase Maiwald, Die natürliche Handlungseinheit, p. 90 s. 26 Maiwald, Die natürliche Handlungseinheit, 92. Que en tal caso no tiene sentido sostener que, además del homicidio consumado, se configuraría una tentativa de homicidio, se sigue de que, habiendo “unidad de acción”, el hecho de que esta se corresponda con un delito consumado determina que no se satisfaga el presupuesto del cual depende, conceptualmente, la posibilidad de una tentativa del delito respectivo, a saber: el presupuesto de la falta de consumación de este; sobre esto último, Mañalich, Revista Chilena de Derecho 44, 475 ss., 478 ss. 23
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el punto de vista de su posibilidad de evitación de una y la misma instancia de comportamiento antinormativo, esto es, de un comportamiento constitutivo de uno y el mismo (potencial) delito consumado. A este respecto es importante tener a la vista la asimetría que exhiben las condiciones de preservación de la identidad de la respectiva situación-de-deber, según si la norma que fundamenta el deber consiste en una prohibición o en un requerimiento de acciones de cierto tipo, en función de la diferente estructura lógica que exhibirá el deber fundamentado por una norma de una u otra clase. La conclusión del silogismo práctico que encuentra en una norma de prohibición su premisa mayor tiene naturaleza (potencialmente) conjuntiva, según cuáles sean las posibilidades de acción con las que el agente cuente según su propia representación de las circunstancias.27 Esto determina que el deber situacionalmente fundamentado por la norma consista en la omisión de toda acción que, según esa misma representación, habría de producir el resultado cuya producción la norma prohíbe. Ello quiere decir que la tentativa de un delito comisivo se encuentra “todavía” inacabada siempre que el destinatario de la norma cuenta aún con a lo menos una posibilidad de acción de cuya falta de materialización dependería, bajo su propia representación de las circunstancias, la evitación de la correspondiente instancia de comportamiento antinormativo, sin que importe si esa posibilidad de acción estaba a su disposición ya al quedar originariamente fundamentado el deber en cuestión o si, en cambio, se configuró en el ínterin, antes de que hubiera quedado extinguida la situación-de-deber. Por su parte, la estructura de un deber fundamentado por una norma de requerimiento, cuyo quebrantamiento pueda ser constitutivo de un delito omisivo, queda determinada por el carácter (potencialmente) disyuntivo de la conclusión del correspondiente silogismo práctico, según cuáles sean las posibilidades de acción del agente.28 En un caso en el cual el padre de un niño pequeño que ha caído desde un bote al lago, tras advertir la caída, ni lanza el anillo salvavidas hacia su niño, ni se lanza él mismo al agua, el primero infringe el deber que la respectiva norma de requerimiento le impone en razón de su posición de garante. La identidad de la correspondiente situación-de-deber, y así también la condición de inacabada de la tentativa respectiva, se verá preservada en tanto el destinatario de la norma conserve cada una de las posibilidades de acción originariamente disponibles para, según su representación de las circunstancias, adecuar su comportamiento a la norma. Con ello, recién cuando aquel deje de contar con alguna de esas posibilidades de acción, aun conservando las restantes, la tentativa en cuestión contará como acabada. Esto último ocurriría, retomando nuestro ejemplo, una vez que el niño ya se ha hundido bajo el agua, de manera tal que el padre ya no pueda impedir su muerte lanzándole el anillo salvavidas, sino solo arrojándose él mismo al agua. Y al revés, es enteramente irrelevante que, en el ínterin, el destinatario de la norma de 27 28
Mañalich, Libertad, razón y normatividad, p. 106 s. Mañalich, Libertad, razón y normatividad, p. 107 ss.
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requerimiento pase a contar con una posibilidad de acción no disponible cuando quedara constituida la situación-de-deber. Así, y volviendo al caso original, si siéndole todavía posible salvar a su hijo por cualquiera de las dos vías, desde otro bote es lanzada una cuerda al padre que este podría extender para que su hijo se sujete de ella para así llevarlo de regreso hacia el bote, entonces qua garante el padre pasa a contar con una posibilidad de acción adicional para cumplir el deber que la norma situacionalmente le impone.
IV. Una versión estricta de la tesis de la “consideración global” La consecuencia que el argumento recién ofrecido tiene para el problema de la individuación de una o más instancias de tentativa de un mismo delito queda muy aptamente formulada por Dreher: “Allí donde no existe una ulterior posibilidad de acción, deja de haber tentativa”.29 Esta observación sienta las bases para lo que, en congruencia con el reconocimiento de la posibilidad de una redefinición dinámica de la correspondiente situación-de-deber, puede articularse como una versión estricta de la TCG. La clave para esto la provee la solución propuesta por Murmann para los casos que un sector de la doctrina etiqueta como casos de una “tentativa provisionalmente fallida”,30 en relación con los cuales procedería, bajo determinadas condiciones, una corrección del “horizonte del desistimiento”.31 Estos son precisamente los casos en torno de los cuales gira la disputa entre la TCI y la TCG tras la superación del criterio del “plan del autor”. Para retomar el ejemplo ya ofrecido de esta constelación: si el autor advierte, tras efectuar un primer disparo apuntando contra su potencial víctima, que no ha acertado el tiro, ¿cabe considerar todavía inacabada la respectiva tentativa (de homicidio) por la circunstancia de que el agente asuma todavía contar con la posibilidad de efectuar uno o varios disparos más, capaces de impactar letalmente a su víctima? Según ya se explicara, la TCG responde afirmativamente esta pregunta. Una versión estricta de esta tesis se obtiene si, siguiendo a Murmann, sostenemos que esa respuesta afirmativa queda condicionada por la exigencia de que, tras efectuar el primer disparo, y al advertir que la víctima no ha sido impactada, el agente se encuentre inmediatamente en posición de ejecutar una acción que según su representación de las circunstancias sería adecuada para producir el resultado.32 Y al revés: si según su representación de las circunstancias la posibilidad de ejecutar una 29
Dreher, JR 1969, 107. Murmann, Versuchsunrecht und Rücktritt, p. 44 ss.; véase también Murmann, GA 2012, 716 ss. 31 Al respecto, Puppe, ZIS 6, 525 ss. 32 Murmann, Versuchsunrecht und Rücktritt, p. 47 s. 30
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ulterior acción eventualmente letal para la víctima dependería de la ejecución de una acción preparatoria, habrá que negar que haya identidad entre la tentativa constituida por el primer disparo y la tentativa que pudiera quedar asociada al comportamiento posterior del agente, contando esa primera tentativa, entonces, como “ya” acabada y también como fallida.33 Esto ocurriría, por ejemplo, si en el mismo caso, y tras hacer uso de la última bala cargada en su pistola, el autor tuviese que ir en búsqueda de una nueva carga antes de poder disparar nuevamente, así como si, en otro caso, la víctima lograse salir huyendo del lugar, lo que haría necesario para el autor perseguirla hasta poder contar nuevamente con la posibilidad de ejecutar una acción eventualmente letal, sea utilizando el mismo medio, sea utilizando un medio distinto.34 Este refinamiento de la TCG no necesita hacerse descansar en la consideración, sugerida por Murmann,35 de que, una vez traspasado el umbral representado por el criterio (general) del inicio de la tentativa, la expectativa puesta en la evitación del quebrantamiento de la norma devendría inverosímil, lo cual (normativamente) justificaría someter el juzgamiento del comportamiento ulterior del agente a “parámetros empíricos”, bajo los cuales sería esperable del agente un aprovechamiento de la oportunidad con la que, según su propia representación de las circunstancias, aún cuenta para delinquir.36 Antes bien, el criterio alcanzado queda suficientemente apoyado en el reconocimiento de la posibilidad de una redefinición dinámica de la situación-de-deber. Esto se ve corroborado por la observación de Maiwald en cuanto a que la imposibilidad de reconocer una “unidad de acción” entre un comportamiento potencialmente constitutivo de una tentativa y un comportamiento (posterior) constitutivo del correspondiente delito consumado, en razón del carácter fallido de la tentativa precedente, tendría que quedar asociada a que el autor tenga que “nuevamente examinar las modalidades del hecho y con ello, en verdad, alcanzar una nueva decisión contra el derecho”.37 Lo crucial de esta observación radica en que, siguiendo a Maiwald, la corrección de la atribución al agente de semejante “nueva decisión contra el derecho” depende de la falta de continuidad entre una y otra “situación-del-hecho”. Y si ello vale para el caso en que una tentativa queda individuada en virtud de su distanciamiento situacional del posterior delito consumado, entonces ello también ha de valer para el caso en que de la identidad o falta de identidad de la situación dependa de que queden constituidas una única o varias tentativas del delito respectivo.38
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Véase Murmann, Versuchsunrecht und Rücktritt, p. 48 s. Así Murmann, Versuchsunrecht und Rücktritt, p. 49. 35 Murmann, Versuchsunrecht und Rücktritt, p. 46 ss.; Murmann, GS 2012, 717 s. 36 Críticamente, Dold, Eine Revision der Lehre vom Rücktritt vom Versuch, p. 60 ss. 37 Maiwald, Die natürliche Handlungseinheit, p. 91. 38 Véase Maiwald, Die natürliche Handlungseinheit, p. 92 s., nota 118.
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Una consecuencia ulterior que se sigue de esta fundamentación de la versión estricta de la TCG llegó a ser explícitamente apuntada por Maiwald en el mismo contexto, a saber: que la subsistencia de la resolución-al-hecho de cuya actualización dependería el inicio de la respectiva tentativa no es condición necesaria ni suficiente para la identidad de la respectiva instancia de quebrantamiento de la norma.39 Esto es de importancia si se entiende, como aquí, que la respectiva resolución-al-hecho tiene el carácter de una “intención previa” referida a la ejecución u omisión de una acción que el destinatario de la norma tendría que omitir o ejecutar, de acuerdo con su propia creencia predictiva, para ajustar su comportamiento a la norma.40 Pues entonces es claro que la eventual identidad de una tentativa de delito “todavía” inacabada no puede quedar condicionada por la subsistencia de una intención que, en los casos que aquí interesan, habrá quedado ya realizada cuando el agente corrobore la falsedad de su prognosis. En contra de lo sostenido por Burkhardt en su impugnación de la TCG, el hecho de que Maiwald explícitamente reconociera la posibilidad de que, no satisfaciéndose los presupuestos de una “unidad de acción”, pudiera haber razones diferentes para excluir una penalización autónoma de una tentativa situacionalmente distanciada del correspondiente delito consumado posterior, no habla en lo absoluto en contra de la posibilidad de identificar un criterio con arreglo al cual, en los casos aquí considerados, sí resulten satisfechos los presupuestos de una “unidad de acción”.41 Pues la sugerencia de que la tentativa de un delito pudiera ser considerada un “hecho anterior co-penado” respecto del correspondiente delito consumado, de manera tal que la condena referida a aquella quedase desplazada, en concurso aparente, a favor de la condena por el delito consumado,42 tiene como precondición —tal como Maiwald hiciera explícito— la falta de satisfacción de los presupuestos de una “unidad de acción”. Bibliografía Alcácer, Rafael: Estudios sobre la tentativa y el desistimiento en derecho penal, Bogotá 2006. Bergmann, Matthias: Einzelakts- oder Gesamtbetrachtung beim Rücktritt vom Versuch?, ZStW 100 (1988), p. 329 – 358. Burkhardt, Björn: Der Rücktritt als Rechtsfolgenbestimmung, Berlín 1975. 39
Maiwald, Die natürliche Handlungseinheit, p. 91 ss. Véase también Dreher, JR 1969, 107. Mañalich, Tentativa y resolución-al-hecho. 41 Así empero Burkhardt, Der Rücktritt als Rechtsfolgebestimmung, p. 36 s. A la misma posibilidad apela Dold, Eine Revision der Lehre vom Rücktritt vom Versuch, p. 130, nota 28. 42 Maiwald, Die natürliche Handlungseinheit, p. 91, con la sugerencia alternativa de un recurso al criterio de la “subsidiariedad”. En contra del reconocimiento de esta como criterio de fundamentación y solución de un posible concurso aparente, y para una presentación general del criterio del hecho anterior o posterior co-penado, véase Mañalich, Estudios sobre la fundamentación y la determinación de la pena, p. 192 ss., 206 ss. 40
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Dold, Dennis: Eine Revision der Lehre vom Rücktritt vom Versuch, Tubinga 2017. Dreher, Eduard: Über die Abgrenzung von unbeendetem und beendetem Mordversuch – 46 StGB Nr. 1 StGB, Juristische Rundschau 1969, p. 105 – 107. Herzberg, Rolf Dietrich: Der Versuch beim unechten Unterlassungsdelikt, Monatsschrift für deutsches Recht 27 (1973), p. 89 – 96. Kindhäuser, Urs: Gefährdung als Straftat, Fráncfort del Meno 1989. Kindhäuser, Urs: Normverstoß und natürliche Handlungseinheit – BGH NJW 1984, 1568, Juristische Schulung 1985, p. 100 – 105. Kindhäuser, Urs: Versuch und Vollendung – normtheoretisch betrachtet, en: Stephan Barton/ RalfEschelbach/Michael Hettinger/Eberhard Kempf/Christoph Krehl/Franz Salditt (eds.), Festschrift für Thomas Fischer, Múnich 2018, p. 125 – 141. Küper, Wilfried: Rücktritt vom Versuch des unechten Unterlassungsdelikts, ZStW 112 (2000), p. 1 – 43. Lönnies, Otward: Rücktritt und tätige Reue beim unechten Unterlassungsdelikt, NJW 1962, p. 1950 – 1952. Maiwald, Manfred: Die natürliche Handlungseinheit, Heidelberg 1964. Mañalich, Juan Pablo: “La tentativa como hecho punible. Una aproximación analítica”, Revista Chilena de Derecho 44 (2017), p. 461 – 493. Mañalich, Juan Pablo: Estudios sobre la fundamentación y la determinación de la pena, Santiago de Chile 2018. Mañalich, Juan Pablo: Norma, acción y deber: el modelo del silogismo práctico, en: Sebastián Figueroa Rubio/Daniel González Lagier (eds.), Libertad, razón y normatividad. La vigencia del pensamiento de G.H. von Wright a cien años de su nacimiento, Lima 2018, p. 89 – 122. Mañalich, Juan Pablo: Norma, causalidad y acción, Madrid, Barcelona, Buenos Aires y San Pablo 2014. Mañalich, Juan Pablo: Tentativa y resolución-al-hecho. Una reconstrucción desde la filosofía de la acción, Isonomía 2019 (en prensa). Mañalich, Juan Pablo: Tentativa, error y dolo. Una reformulación normológica de la distinción entre tentativa y delito putativo, Política Criminal 14 (27), 2019, p. 296 – 375. Murmann, Uwe: Rücktritt vom Versuch des Unterlassungsdelikts durch Verzicht auf aktive Erfolgsherbeiführung?, GA 2012, p. 711 – 721. Murmann, Uwe: Versuchsunrecht und Rücktritt, Heidelberg 1999. Puppe, Ingeborg: Die Rechtsprechung des BGH zum Rücktrittshorizont, ZIS 6 (2011), p. 524 – 530. Puppe, Ingeborg: Zur Unterscheidung von unbeendetem und beendetem Versuch beim Rücktritt, NStZ 1986, p. 14 – 18. Sancinetti, Marcelo: Causalidad, riesgo e imputación, Buenos Aires 2009. Sancinetti, Marcelo: Fundamentación subjetiva del ilícito y desistimiento de la tentativa, Bogotá 1995.
Situación-de-deber y acabamiento de la tentativa Wright, Georg Henrik von: Norm and Action, Londres 1963.
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Das eigene Unrecht der Teilnahme an einer fremden Tat?* Von Omar Palermo
I. Einführung Prof. Dr. Dr. h.c. Marcelo Sancinetti vertritt die Auffassung, dass der Strafgrund der Teilnahme nicht aus dem Unrecht des Täters herrührt, sondern unabhängig von der Strafbarkeit des Täters besteht. Nach dieser Auffassung wird der Teilnehmer nicht für die Teilnahme an einer fremden Tat, sondern für die eigenständige Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bestraft.1 Der vorliegende Beitrag soll diese These sowohl in ihren Grundlagen als auch in ihren systematischen Konsequenzen hinterfragen. Insbesondere wird auf die spezifischen Schwierigkeiten hingewiesen, welche die autonome Theorie der Teilnahme für die Verantwortungszuschreibung im Bereich komplexer Unternehmensorganisationen mit sich bringt. Erstens werden die grundlegenden Aspekte der hier in Frage gestellten Theorie dargelegt (II.), zweitens kritische Überlegungen formuliert (III.) und drittens Schlussfolgerungen skizziert (IV.).
II. Die These Sancinettis In ihrer radikalsten Formulierung führt diese These zur Aufgabe des Akzessorietätsprinzips, sowohl hinsichtlich seiner inneren als auch seiner äußeren Seite. Die innere Akzessorietät definiert, welche Elemente – Vorsatz oder Fahrlässigkeit, Rechtfertigung und sogar Schuld – die Haupttat des Täters aufweisen muss, damit die Mitwirkung des Teilnehmers strafbar ist. Die äußere Akzessorietät setzt darüber hinaus voraus, dass der Täter zumindest mit der Ausführung der Handlung begonnen hat, damit der Teilnehmer bestraft werden kann. Auf beide Dimensionen des Akzessorietätsprinzips verzichtet Sancinetti.2 Bezüglich der internen oder qualitativen Akzessorietät argumentiert er, dass die Beteiligungslehre eine eigenständige Norm entwickeln muss, welche unabhängig * Übersetzung von Dr. Teresa Manso Porto, mag. iur. comp. (Bonn), wiss. Mitarbeiterin an der Universität Freiburg. Für die Unterstützung bei der Übersetzung danke ich ass. iur. Marc Lindner, M.A. 1 Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, S. 730 ff. 2 Sancinetti, Dogmatik der Straftat und Strafgesetz, S. 72 ff.
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vom Unrecht des Täters bestimmt, was für den Teilnehmer tatbestandsmäßig und rechtswidrig ist.3 Hinsichtlich des Verzichts auf das Prinzip der äußeren Akzessorietät stützt sich die Argumentation auf normentheoretische Überlegungen: Damit der Imperativ, den die Norm an den Gehilfen oder den Anstifter richtet, einen Sinn hat, muss er „mit für das Verhalten des Teilnehmers spezifischen Elementen“4 formuliert werden, d. h. der Teilnehmer muss gegen eine individuell an ihn gerichtete Norm verstoßen, die sich von der vom Haupttäter gebrochenen „norma máxima“ unterscheidet.5 Es wird davon ausgegangen, dass damit der Grundsatz der Selbstverantwortung in vollem Umfang gewährleistet ist, da der Teilnehmer nur für den Verstoß gegen eine Norm haftet, die er persönlich gebrochen hat, und nicht für den Verstoß gegen eine fremde Norm, die nicht an den Teilnehmer, sondern an den Haupttäter gerichtet ist.6 Sancinetti entgeht nicht, dass seine Position zu Vorverlagerungen der Strafbarkeit auf einen Zeitpunkt vor der Rechtsgutgefährdung oder -verletzung führen kann, das heißt, dass seine Theorie Vorbereitungshandlungen in strafbare Handlungen umwandeln kann.7 Um diese Kritik zu umgehen, stellt er die Voraussetzungen auf, unter denen das Unwert der Mitwirkung des Teilnehmers mit dem Unwert der Mitwirkung des Täters gleichgestellt werden kann. Unter dieser Prämisse weist er darauf hin, dass der unvollendete Versuch des Unrechts des Beteiligten mit einem aktiven Schritt beginnt, nämlich, dass der Beteiligte beim Täter den Willen zu einer bestimmten Straftat geschaffen oder einen Beitrag bei der Ausführung der Tat für ihn geleistet hat. Eine solche Willensbildung oder Mitwirkung muss jedoch in einem solchen Umfang angeboten worden sein, dass es für den Teilnehmer schwierig ist, die spätere Gefahr des Beginns der Tatausführung umzukehren.8 Im Hinblick auf die Bestimmung des Endmoments des Unrechts des Teilnehmers, d. h. wann sein Mitwirkungsversuch beendet sein soll, verbindet Sancinetti den aktiven Schritt nun mit einem Omissivdelikt, das darin besteht, dass der Teilnehmer die sichere Möglichkeit verloren hat, den Einfluss seines Beitrags zu widerrufen.9 Nach der Theorie von Sancinetti muss der Teilnehmer für seinen beendeten Mitwirkungsversuch bestraft werden, und zwar unabhängig davon, ob der Haupttäter mit
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Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 61 f. Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 68. 5 Sancinetti, Dogmatik der Straftat und Strafgesetz, S. 85: „Es ist von dem Gedanken auszugehen, daß sich eine selbständige Norm auf den Beitrag eines jeden Beteiligten bezieht, und daß jeder, genauso wie für seine eigene Schuld, auch für sein eigenes Unrecht haftet.“ 6 Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 69. 7 Sancinetti, Dogmatik der Straftat und Strafgesetz, S. 86: „Eine entschiedene Stellungnahme gegen eine Voraussetzung äußerer Akzessorietät bringt auch den Vorschlag mit sich, die Teilnehmer auch dann zu bestrafen, wenn die Haupttat nicht zur Ausführung gelangt.“ 8 Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 75. 9 Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 72. 4
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der Tatausführung begonnen hat oder nicht.10 Dies geht so weit, dass die Teilnehmer, die in der Vorbereitungsphase mitgewirkt haben, obwohl das Ausbleiben des Beginns der Tatausführung die Bestrafung des Täters verhindert, trotz des Fehlens einer Haupttat bestraft werden müssen.11 Darüber hinaus passt dieses Konzept erkennbar nicht zu der „globalen Lösung“, die besagt, dass der Versuch einmal für alle Beteiligten beginnt, sondern zu einer „individuellen Lösung“, die meint, dass jeder Beteiligte seinen eigenen Mitwirkungsversuch durchführt, vorausgesetzt der iter criminis des Beteiligten hat zumindest das Stadium des unvollendeten Versuchs erreicht. Kurz gesagt, die oben skizzierte Theorie stützt die Legitimität der Bestrafung der Teilnahme auf die Formulierung eines „eigenen Unrechts“, für das jeder Teilnehmer selbstständig haften muss. Es handelt sich um ein „Beteiligungsdelikt“, dessen Bestrafung nicht von der tatbestandsmäßigen Ausführung eines anderen abhängt.12 1. Kritische Anmerkungen aus einer auf die Unternehmenskriminalität anwendbaren Zurechnungstheorie Unter dem Gesichtspunkt der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für im Unternehmensbereich begangene Handlungen scheint die soeben erläuterte Theorie zu sehr an die Logik einer individuell verstandenen Kriminalität gebunden zu sein. Die Bejahung einer „autonomen Straftat der Teilnahme“ entbehrt in der Tat der Bedeutung der Tat als kollektives Werk aller Beteiligten, da der soziale Sinn der Tat im Geflecht der individuellen Beiträge verloren geht.13 Diese Vorgehensweise ist abzulehnen, da sie nicht die Gesamtheit, sondern nur einen Teil des tatbestandsmäßigen Unrechts erklärt, was die gegenseitige Zurechnung der Beiträge unter den übrigen Beteiligten sowohl in Bezug auf die vertikale als auch auf die horizontale Verantwortung verhindert. Aus diesem Grund fehlt dieser Theorie eine Grundlage, die das Entscheidende in jeder Theorie der strafbaren Teilnahme erklären könnte, nämlich die Möglichkeit, die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Teilnehmers auf den Teil der Ausführung zu stützen, der von anderen Teilnehmern eigenhändig geleistet wurde.14 Kurz gesagt, die Theorie, welche die Teilnahme als ein selbstständiges Unrecht be-
10 Für Renzikowski dagegen, für den der Teilnehmer ebenfalls eine andere Norm als die des Haupttäters verletzt, stellt die Tatausführung eine objektive Strafbarkeitsbedingung dar, vgl. Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff, S. 131 ff. 11 Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 77. 12 Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 74. 13 In diesem Sinne die noch nicht veröffentlichte, glänzende Doktorarbeit von Vacchelli, Intervención delictiva: significado y función del principio de accesoriedad, S. 159. 14 Was im Bereich der Mittäterschaft diskutiert wird, muss auch im Bereich der Teilnahme gelten: Die Tatausführung ist auch denjenigen zuzurechnen, die in der Vorbereitungsphase handeln, anders als beim Regressverbot. Dazu Frister, Zum Strafgrund von Mittäterschaft und Teilnahme, S. 128 ff.
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trachtet, kennt kein allen Beteiligten gemeinsames Mitwirken, sondern nur isolierte Beiträge ohne kollektiven Sinn.15 Die Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung einer Straftat der selbstständigen Teilnahme nehmen zu, wenn es um die strafrechtliche Verantwortlichkeit im Bereich von Großkonzernen geht, welche nicht nur in Bezug auf die Anzahl der möglicherweise an der Tat beteiligten Personen, sondern auch in Hinblick auf eventuell involvierten Unternehmensgruppen oder Konsortien einen hohen Grad an Komplexität aufweisen.16 In der Tat kann man sich der sozialen Wirklichkeit, welche die moderne Unternehmensorganisation darstellt, nicht so nähern, als wäre sie eine Summe einzelner Subjekte, ohne zu berücksichtigen, dass sie an sich eine neue Realität bildet, die sich sogar von derjenigen der Individuen, aus denen sie besteht, unterscheidet.17 Die Zurechnungsstrukturen, die für die Zuschreibung der strafrechtlichen Verantwortung isoliert handelnder Subjekte entwickelt wurden, wie das bei der Theorie des selbstständigen Unrechts des Teilnehmers der Fall ist, reichen daher für die Feststellung der Verantwortung beim Handeln im Rahmen komplexer Unternehmensorganisationen nicht aus, da sie nicht erkennen, dass diese isolierten Beiträge tatsächlich eine kollektive Bedeutung haben.18 In diesem Sinne ist das, was aus naturalistischer Sicht etwas Fremdes sein kann, im Unternehmensbereich normativ etwas Eigenes, da der Teilnehmer nicht nur für den von ihm selbst konfigurierten Teil zuständig ist, sondern für die Gesamttat haften muss.19 Umgekehrt operiert die hier in Frage gestellte Theorie analog zum Einheitstäterbegriff, d. h. sie atomisiert die eigenhändigen Beiträge in dem Maße, dass sie jeweils in eine individuelle Tat umgewandelt werden. Auf diese Weise wird das Spezifische der Wirtschaftsstraftaten ausgedünnt, nämlich ihre Betrachtung als ein gemeinsames Werk, das einer Gruppe von Personen, deren individuell betrachtete Beiträge durch eine verbindliche Aufgabenverteilung eine kollektive Bedeutung erhalten, zuzuordnen ist. Es ist die Arbeitsteilung, welche die fremde Ausführung in die eigene verwandelt und die individuellen Beiträge der Beteiligten zu einer gemeinsamen Tat macht.20
15
Im ähnlichen Sinne aber in Bezug auf den Einheitstäterbegriff Jakobs, AT, 21/7. In diesem Sinne setzt sich Silva Sánchez, Aufsichtspflichten und Compliance in Unternehmen, S. 71 ff, mit den Grundlagen und Grenzen der Überwachungspflichten zwischen Unternehmen auseinander, sowohl in Bezug auf das Verhältnis zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft als auch in Bezug auf das Verhältnis des Unternehmens zu fremden Gesellschaften. 17 So Feijoo Sánchez, Autoría y participación en organizaciones empresariales complejas, S. 2. 18 Feijoo Sánchez, Autoría y participación en organizaciones empresariales complejas, S. 2. 19 In dieser Linie Dencker, Kausalität und Gesamttat, S. 142 ff. 20 Jakobs, Theorie der Beteiligung, S. 45 ff. 16
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2. Ist die Mitwirkung in der Vorbereitungsphase immer als Teilnahme zurechenbar? Das Problem im Wirtschaftsstrafrecht Die These Sancinettis bedeutet schließlich, dass die Unterscheidung zwischen Tätern und Teilnehmern zu dem Zeitpunkt festgelegt ist, zu dem die Beteiligten ihren jeweiligen Beitrag leisten: Täter ist derjenige, der die Herrschaft über die Tatausführung hat, und Teilnehmer ist derjenige, der in der Vorbereitungsphase mitwirkt.21 Mit anderen Worten: Den höchsten Grad der Rechtswidrigkeit weise die an letzter Stelle auftretende Handlung des unmittelbar Ausführenden auf, d. h. die Handlung, die der Verletzung des Objekts des Rechtsguts am nächsten kommt. Andererseits nimmt die Schwere der Rechtswidrigkeit der Mitwirkung des Teilnehmers in dem Maße ab, in dem er sich von der Person entfernt, die an letzter Stelle handelt. Diese Auffassung, die sich letztlich an die Bottom-up-Methode der traditionellen Lehre anlehnt, kann jedoch nicht geteilt werden, nicht nur als allgemeines Kriterium für die Zuweisung strafrechtlicher Verantwortung, sondern auch in ihrer spezifischen Anwendung auf den Bereich des Wirtschafts- und Unternehmensstrafrechts, in dem die Top-down-Methode vorherrscht.22 Nach der letztgenannten Methode ist sowohl im Bereich der Wirtschaftskriminalität als auch allgemein im Bereich organisierter Kriminalität der unmittelbar Ausführende nicht unbedingt der Hauptverantwortliche für die Tat, so dass er in vielen Fällen nicht einmal vor Gericht angeklagt wird.23 Denn in den meisten dieser Fälle bleibt die Tatausführung in den Händen der Untergebenen des Unternehmens, deren strafrechtliche Haftung aufgrund des begrenzten Umfangs der von ihnen tatsächlich übernommenen Befugnisse schwierig zu begründen ist.24 Die Aufgabe, die Folgen des schädigenden Geschehens den Untergebenen zuzuschreiben, ist so schwierig, dass ihr Verhalten oft in der Theorie des neutralen Verhaltens gefangen bleibt.25 Das heißt, im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts muss im Gegensatz zu dem, was Sancinetti behauptet, die Handlung, die der Rechtsgutsverletzung am nächsten kommt, nicht unbedingt schwerwiegender sein. Vielmehr herrscht in der Regel die umgekehrte Situation, nämlich dass das größere soziale Gewicht des deliktischen Beitrags in die Vorbereitungsphase fällt, wenn die Vorgesetzten handeln.26 Aber nichts von all dem kann durch die von unserem Geehrten vertretene Theorie der Teilnahme als selbstständiges Unrecht erklärt werden.
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Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 70 f. Silva Sánchez, Fundamentos del Derecho penal de la empresa, S. 193. 23 Silva Sánchez, Fundamentos del Derecho penal de la empresa, S. 194. 24 In diesem Sinne Robles Planas, Principios de imputación en la empresa, S. 24. Robles Planas 25 Dazu Robles Planas, Imputación en la empresa y conductas neutrales, S. 439 ff. Eingehend zur Problematik der strafrechtlichen Verantwortung bei neutralen Handlungen Greco, Complicidad a través de acciones neutrales, S. 135 f. 26 Zur Unterscheidung zwischen Täter und Teilnehmer im Wirtschaftsstrafrecht Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, S. 65 ff. 22
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Für die Bestimmung des quantums des Beitrags kann nicht entscheidend sein, wie nahe der Beteiligte an der Unrechtsbeeinträchtigung war, sondern vielmehr der Grad seiner Zuständigkeit bei der Gestaltung des Geschehens. Entscheidend, auch im Bereich der vertikalen Beziehungen, ist das Vorhandensein einer Arbeitsteilung, aus der eine „gemeinsame Zuständigkeit“ zwischen dem Untergebenen, der die Handlung ausführt, und dem Vorgesetzten, dessen Handlung in der Vorbereitungsphase verbleibt, abgeleitet wird. Aus dieser „gemeinsamen Zuständigkeit“ heraus können alle Beteiligte dann als Tatausführende betrachtet werden: der Untergebene ist es eigenhändig und der Vorgesetzte in Form der Ausführung durch fremde Hand. Nun wird die schwerere Verantwortlichkeit des Vorgesetzten durch ein größeres Maß an „Zuständigkeit“ in der Ausgestaltung des Geschehens bestimmt: Er muss als Täter angesehen werden, obwohl sein Beitrag in der Vorbereitungsphase erfolgt. Andererseits begünstigt die geringere „Zuständigkeit“ des Untergebenen es, ihn als Teilnehmer einzustufen, obwohl er die Ausführung der Tat vollzogen hat.27 Dies ist jedoch nicht in dem Sinne zu verstehen, dass der Vorgesetzte für das Verhalten des Untergebenen Garant ist und daher für die schädlichen Folgen seines Verhaltens verantwortlich gemacht werden muss.28 Die Bemühungen der Dogmatik der Garantenstellungen zu erklären, wie man für fremde Taten verantwortlich gemacht werden kann, verblassen, wenn die Handlungen „dieses anderen“ von einer vollkommen selbstverantwortlichen Person stammen.29 Mit anderen Worten, es ist nicht so, dass der Vorgesetzte Garant für das Verhalten des Untergebenen ist, sondern dass beide eine „gemeinsame Organisation“ bilden, für die sie in unterschiedlichem Maße verantwortlich sind.30 In dieser Hinsicht begeht jeder, der Vorgesetzte und der Untergebene, die Tat unabhängig von der Verteilung der Zurechnung, die dem Maß ihrer Beiträge entspricht. Umgekehrt gilt: Ohne diese „gemeinsame Organisation“ handelt jeder Teilnehmer für sich allein, so dass er zugleich für sein eigenes Handeln verantwortlich ist.31 Ohne eine „gemeinsame Organisation“ der Beteiligten gibt es daher keinen Anhaltspunkt für die Verantwortlichkeit für die Tat eines anderen, ohne gegen das Prinzip der Selbstverantwortung zu verstoßen. Kurz gesagt: Die Alternativen sind „gemeinsame Beteiligung“ oder „Einheitstäter“.
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In dieser Linie, Jakobs, Theorie der Beteiligung, S. 50 ff. Das vertreten etwa Schünemann, Unternehmenskriminalität und Strafrecht, S. 101 ff.; Roxin, AT, 32/137. 29 Vgl., statt vieler, Mittelsdorf ZIS 3/2011, S. 126. 30 Im ähnlichen Sinne Peñaranda Ramos, Autoría y participación en la empresa, S. 185. 31 Jakobs, Tatherrschaftsdämmerung: ein Beitrag zur Normativierung rechtlicher Begriffe, S. 206. 28
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3. Die kriminalpolitische und dogmatische Unzulänglichkeit der Vorverlagerung der Strafbarkeit auf das Stadium vor der Verhaltensäußerung Der Theorie des selbstständigen Unrechts der Teilnahme wird vorgeworfen, dass sie als Folge ihres Bruchs mit dem Prinzip der äußeren Akzessorietät der Gefahr einer Charakterisierung von Verhaltensweisen im Vorfeld der Verwirklichung des Haupttatbestandes als strafbares Unrecht ausgesetzt ist. Nun ist die Notwendigkeit, die Strafbarkeit des Versuchs zu erweitern, ohne dass die Tat bereits begangen wurde, nicht nur kriminalpolitisch nicht gerechtfertigt, sondern sie führt auch zu einer Schwächung des Tat- und des Legalitätsprinzips. Tatsächlich löst die Zuschreibung strafrechtlicher Relevanz an Stadien vor der Vollendung kriminalpolitisch insofern Unbehagen aus, als sie die expansive Tendenz verschärft, die im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts insbesondere durch die Ausgestaltung unvollendeter Ausführungsformen entweder als selbständige Straftaten oder durch die Anwendung der Technik der abstrakten Gefährdungsdelikte oder durch die Schaffung überindividueller Rechtsgüter sehr ausgeprägt ist.32 Nun begünstigt die Theorie der Teilnahme als selbstständiges Unrecht die Verwendung der Dogmatik der Beteiligung als eine Technik zur Ausdehnung der Straftatbestände, die von der Tatbestandsverwirklichung weit entfernt sind. Diese Tendenz ist in einem freiheitlichen Staat, der garantieren soll, dass nicht bei der Tatausführung geäußerte Meinungsvereinbarungen jenseits der staatlichen Kontrolle bleiben, abzulehnen. Die Abkehr vom Prinzip der äußeren Akzessorietät führt unweigerlich zu einer Schwächung dieser Garantie, da durch den Verzicht auf die Ausführung der Haupttat als verbindliches Kriterium die bloße psychische Anregung oder die Begünstigung eines Dritten zur Begehung einer künftigen Straftat, die nicht einmal notwendig sind, schon als „soziale Störung“ charakterisiert werden.33 Eine solche Sichtweise stellt nicht nur das Tatprinzip in Frage, sondern belastet auch das Legalitätsprinzip, da sie oft eine extensive Auslegung der Ausführungshandlungen der Tatbestände des besonderen Teils erzwingt.34 Sancinetti wehrt sich gegen diese Einwände, indem er darauf hinweist, dass seine Kritiker nicht erklären können, wie die Ausführung der Tat durch den Täter „die Macht haben soll, den Teilnehmer zu enteignen“, der in der Vorbereitungsphase eine Idee, seine cogitationes, eingebracht hat.35 Dem begegnet er mit der Feststellung, dass „wenn die Handlungen vor Versuchsbeginn wirklich – nach dem Tatprinzip – der Privatsphäre der Individuen angehören sollten, es keinen Sinn hätte, dass ein Verhalten, wenn es von einem anderen durchgeführt wird, den der Teilnehmer nicht 32 Siehe dazu Alcácer Guirao, Tentativa, consumación y anticipación de la protección penal: iter criminis y Derecho penal económico, S. 551 ff. 33 In aller Deutlichkeit Jakobs, AT, 21/8a. 34 In diesem Sinne in Bezug auf den Einheitstäterbegriff Jakobs, AT, 21/6. 35 Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 79.
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mehr kontrolliert, den ursprünglich privaten Beitrag in eine äußere soziale Störung umwandeln und die ursprünglich verbotene Einmischung des Staates heilen könnte. Was wirklich intern ist, kann von niemandem enteignet werden“36. Was die Kritik betrifft, dass sein Ansatz „den bloßen Beginn des Vorschlagens eines deliktischen Plans“ in eine unvollendete versuchte Anstiftung verwandeln könnte, der selbständig unter Strafe gestellt wird, erklärt Sancinetti, dass keinesfalls „der Beginn der rechtswidrigen Tat des Teilnehmers der Beginn seines aktiven Beitrags sein sollte […]. Es wäre kaum vorstellbar, dass sich schon damit der Geschehensablauf für den Anstifter schwer kontrollierbar entwickeln würde. Solange man vernünftigerweise davon ausgehen kann, dass der Anstifter ebenso viel beherrscht, bevor er spricht, kann man nicht sagen, dass er eine unerlaubte Handlung begonnen hat, denn der Normzweck besteht nicht darin, an sich schlechte Vorschläge zu vermeiden, sondern in dem Maße, in dem es immer schwieriger wird, die sich daraus ergebende Gefahr zu widerrufen.“37 Diese Erwiderungen vermögen es jedoch nicht, die Kritik zu widerlegen. Dass Sancinetti einerseits nicht erklären kann, warum die Handlung eines Dritten, also des Haupttäters, deren Ausführung sich der Kontrolle des Teilnehmers entzogen hat, dem Beitrag des letzteren in der Vorbereitungsphase den Charakter eines nicht veräußerten privaten Beitrags nehmen kann, liegt vielleicht an seinem naturalistischen Verständnis des Prinzips der Selbstverantwortung.38 Es ist in der Tat nicht so, dass die Ausführung des Täters den privaten Beitrag des Teilnehmers nach außen trägt, sondern so, dass der Teilnehmer auch die Tat ausführt, nur dass er es durch die Hand des Täters tut, da beide durch die Regeln der Arbeitsteilung verbunden sind.39 Das Prinzip der Selbstverantwortung kann also nicht in dem Sinne verstanden werden, dass jeder nur das zu verantworten hat, was er eigenhändig getan hat. Vielmehr müssen alle Beteiligten, soweit es eine Aufgabenverteilung unter ihnen gibt, für die Ausführung verantwortlich gemacht und das Gewicht jedes einzelnen Beitrags muss bei der Festlegung der Strafe berücksichtigt werden. Andernfalls, wenn sich nämlich jeder nur für den materiellen Beitrag, den er geleistet hat, verantworten müsste, gäbe es keine Möglichkeit, für die Verwirklichung eines gemeinsamen Werkes zur Rechenschaft gezogen zu werden. Aus diesem Blickwinkel ist das Argument Sancinettis, dass die von einem Dritten umgesetzte Ausführung, die der Teilnehmer nicht 36
Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 79 f. (Kursiv-Setzung im Original). Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 73 f. (Kursiv-Setzung im Original); ders., Dogmatik der Straftat und Strafgesetz, S. 88: „Keinem Anstifter gelingt es durch den bloßen Anfangsvorschlag, daß der Ausführende sofort zur Begehung der Tat losrennt“. 38 Vacchelli, Intervención delictiva: significado y función del principio de accesoriedad,S. 22 ff. 39 Kindhäuser, Handlungs- und normtheoretische Grundfragen der Mittäterschaft, S. 645, führt aus, dass die Zurechnung bei der Mittäterschaft auf wechselseitiger Repräsentanz der Beteiligten beruht, welche durch ihr Verhalten sowohl ein eigenes „Geschäft“ als auch ein fremdes verwalten müssen, d. h. sie müssen gleichzeitig „eigenhändig“ und „durch fremde Hand“ handeln. Nun spricht nichts gegen das Erstrecken der wechselseitigen Repräsentanz auf die Teilnehmer, die im Vorbereitungsstadium handeln. 37
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mehr kontrolliert, dem Beitrag dieses Dritten nicht seinen privaten Charakter nehmen kann, nicht entscheidend, denn wenn mehrere Teilnehmer an der Tat beteiligt sind, sowohl in der Ausführungsphase als auch in der Vorbereitungsphase, kontrolliert oder dominiert jeder Teilnehmer nur seinen eigenen Beitrag. Mit anderen Worten: Unter dem Gesichtspunkt der Steuerung des Geschehens lässt sich die gegenseitige Zurechnung der Beiträge nicht begründen.40 Nur ein normatives Verständnis des Prinzips der Selbstverantwortung erlaubt eine plausible Erklärung:41 der Teilnehmer ist auch dann für die gesamte Tat zuständig oder verantwortlich, wenn er einen Beitrag zur Ausführung geleistet hat, der ihn an die Ausführung bindet,42 d. h. wenn der Beitrag des Teilnehmers den Sinn hat, der Ausführung eine bestimmte Konfiguration zu geben43. Was das zweite der aufgeworfenen Probleme betrifft, so verhindern Sancinettis Bemühungen allerdings nicht, dass die Vorverlagerung der Strafbarkeit des Versuchs, zu dem sein Vorschlag unabwendbar führt, sogar zu einem Zeitpunkt vor dem Moment eintritt, den er als Beginn des unvollendeten Versuchs festlegen will. Das liegt an seinem Ausgangspunkt, bei dem unweigerlich die Gefahr besteht, dass die Tatvermeidung für den Teilnehmer immer schwieriger wird, wenn der Teilnehmer einen Dritten – den Täter – in sein Vorhaben eingreifen lässt.44 Nun erkennt Sancinetti die Gefahr, dass bei einem solchen Vorgehen noch größere Vorverlagerungen der Strafbarkeit auftreten können. Aus diesem Grund erklärt er, dass das unerlaubte Verhalten des Teilnehmers nicht mit „dem Beginn des Planvorschlags“ durch den Anstifter oder, im Falle des Gehilfen, mit „dem Herausnehmen der Waffe aus der Schublade zur Übergabe an den Täter“ beginnt, da der Teilnehmer in solchen Fällen „genauso viel Herrschaft“ besitzt wie vor der Durchführung seines Beitrags. Ist für Sancinetti das Entscheidende, dass der Teilnehmer die „absolute Herrschaft” über seinen Beitrag verliert, wenn der Haupttäter die Szene betritt, so stimmt es in der Tat, dass der Teilnehmer, nachdem er seinen Beitrag geleistet hat, nicht mehr dieselbe Herrschaft wie im Fall vor seinem Beitrag besitzt. Mit anderen Worten führt Sancinettis Kriterium, sogar gegen seine Absichten, zu einer inakzeptablen Vorverlagerung der Strafbarkeit des Beginns des unvollendeten Versuchs des Teilnehmers, da das Risiko, was der Täter mit den ersten Vorschlägen des Teilnehmers machen wird, nicht mehr von diesem kontrolliert wird. Diese Vorverlagerung der Strafbarkeit, die Sancinetti erfolglos zu verhindern sucht, beruht auf einer falschen Vorstellung über den Zweck der Verhaltensnorm. Tatsächlich besteht der Normzweck nicht darin, böse Vorschläge, die immer schwieriger rückgängig zu
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Lesch, Intervención delictiva e imputación objetiva, S. 60. In diesem Sinne Robles Planas, La participación en el delito: fundamento y límites, S. 161 ff. 42 Jakobs, Beteiligung, S. 569 f. 43 Jakobs, Beteiligung, S. 569 f. 44 Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 73. 41
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machen sind, zu vermeiden,45 sondern darin, dass die Haupttat nicht begangen wird, die diese Norm verbietet. Mit anderen Worten, der Teilnehmer verletzt dieselbe Norm wie der Täter, nur durch die ausführende Hand des letzteren. Folglich ist es der Zeitpunkt des Beginns der Ausführung der Haupttat, der die Grenze festlegt, ab der das Eingreifen des Teilnehmers strafbar ist. 4. Probleme der „individuellen Lösung“ bei der Bestimmung des Versuchsbeginns im Bereich komplexer Organisationen Verletzt jeder Teilnehmer die Teilnahmenorm selbstständig, so folgt daraus, dass jeder sein eigenes Unrecht selbständig begeht. So wird die „individuelle Lösung“ als eine unausweichliche Option dargestellt, die den Versuchsbeginn entsprechend dem Beginn der einzelnen Beiträge der Teilnehmer bestimmt. Kurz gesagt, es gibt eine Vielzahl von „Anfängen“ der Ausführung, so viele wie Teilnehmer, die ihren jeweiligen Beitrag realisiert haben. Obwohl die Beteiligung mehrerer Personen an einer Tat geschieht, muss für die „individuelle Lösung“ das Vorhandensein eines Ausführungsbeginns oder bloßer strafloser Vorbereitungshandlungen für jeden der einzelnen Beiträge geprüft werden. So beginnt der Versuch je nachdem, wie die Aufteilung der organisatorischen Beiträge stattgefunden hat, „manchmal vorher und manchmal nachher; die internen Handlungen im Vorbereitungsstadium werden zu Versuchen, auch wenn das deliktische Geschehen nicht fortschreitet, und die gleichen Handlungen stellen manchmal einen Versuch dar (das handelnde Subjekt soll nichts mehr beitragen) und manchmal nicht (es muss noch mehr tun); die Verknüpfung des Versuchsbeginns mit der Nähe zum Tatbestand wird aufgelöst“46. Die Unzulänglichkeit der „individuellen Lösung“ wird deutlich, wenn sie die Problematik angehen soll, die sich aus der durch eine komplexe Organisation geprägten Unternehmenstätigkeit auf der Grundlage einer nicht immer klaren Arbeits- und Funktionsteilung ergibt. Tatsächlich verschwimmt in diesen komplexen Organisationen die Existenz eines einzelnen Täters, der in seiner Person das gesamte Wissen um die Tragweite seiner Entscheidung vereint. Im Gegenteil zeichnen sich große Unternehmen durch Atomisierung und Fragmentierung aus, so dass die Person, die das unerlaubte Risiko schafft, nicht immer das Wissen um das Gefahrenpotential ihres Verhaltens hat, da die Informationsfähigkeit, das technische Wissen, die Entscheidungsgewalt und schließlich die Ausführung der Tat nicht in derselben Person vereinigt sind. Ein Beispiel: So wie Entscheidungsprozesse in einem Unternehmen normalerweise von oben nach unten, d. h. von den oberen zu den unteren Unternehmensebenen verlaufen, so fließen Wissen und Informationen in umgekehrter Richtung, d. h. von unten nach oben. Angesichts dieser Kennzeichen komplexer Unternehmensorganisationen führt die „individuelle Lösung“, welche die Theorie der Teilnahme als selbstständiges Un45 46
Das bejaht Sancinetti, Ilícito personal y participación, S. 74. Jakobs, AT, 21/61.
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recht begünstigt, dazu, dass sich jeder der vielen Teilnehmer selbständig strafrechtlich verantworten muss, und zwar ohne Verwirklichung der Haupttat, vorausgesetzt dass er zumindest begonnen hat, die Herrschaft über seinen Beitrag zu verlieren. Wenn dies der Fall ist, d. h. wenn sich jeder „beginnende Verlust an Risikokontrolle“ über den individuellen Beitrag als „selbstständiges Teilnahmedelikt“ konfigurieren lassen würde, müsste der Staat der Strafverfolgung so weit vorgreifen, dass das Recht auf unternehmerische Organisationsfreiheit in Frage gestellt werden könnte. Auf diese Weise würde die unternehmerische Tätigkeit gelähmt, wenn der Staat hinausgehen und unvollendete, selbstständig strafbare Beteiligungsversuche „jagen“ würde, lange bevor sie der Tatbestandsverwirklichung nahekommen. Deshalb ist die „Gesamtlösung“ dogmatisch und kriminalpolitisch vorzuziehen: Die Beteiligten begehen gemeinsam eine Tat, die einmal und für alle von der Vorbereitung bis zum Versuch voranschreitet. 5. Exkurs: Zum Verzicht auf die interne Akzessorietät Wie bereits erwähnt, verzichtet Sancinetti auf das Prinzip der internen Akzessorietät, da für ihn das Unrecht für jeden Teilnehmer unabhängig davon bestimmt werden muss, was für den Haupttäter tatbestandsmäßig und rechtswidrig ist. Das zeige sich in verschiedenen Fällen, in denen der Teilnehmer trotz des Fehlens eines bestimmten Merkmals der Straftat beim Verhalten des Täters selbstständig haften muss.47 So stellt Sancinetti z. B. fest, dass in Fällen, in denen der Vordermann nicht vorsätzlich handelt, der Hintermann nicht automatisch in einen mittelbaren Täter umgewandelt werden sollte, sondern durchaus als Teilnehmer bestraft werden kann.48 Die Unzulänglichkeit des Prinzips der internen Akzessorietät zeige sich im umgekehrten Fall, in dem der Teilnehmer eine tatbestandliche und rechtswidrige Haupttat fördert, aber ohne Vorsatz handelt, da Sancinetti anerkennt, dass die Tatbestandsverwirklichung durch den Täter nicht möglich ist.49 Schließlich weist er darauf hin, dass die Rechtfertigung der Tat des Haupttäters nicht immer den Teilnehmer erreicht, was auch die Entbehrlichkeit der internen Dimension des Akzessorietätsprinzips bestätigen würde.50 Wenn jedoch in jeder Theorie der strafbaren Beteiligung die gemeinsame Organisation der Beteiligten auf der Basis des Prinzips der Arbeitsteilung das Entscheidende ist,51 dann fehlt in allen genannten Fällen gerade eine „gemeinsame Beteiligung“. Was in allen Fällen, in denen Sancinetti die fehlende Übertragbarkeit der 47
Sancinetti, Dogmatik der Straftat und Strafgesetz, S. 78 ff. Sancinetti, Dogmatik der Straftat und Strafgesetz, S. 80: „Es gibt nicht nur straflose Teilnahmen an rechtswidrigen Taten, sondern auch strafbare Teilnahmen an gerechtfertigten Taten.“ 49 Sancinetti, Ilícito personal y participación, (1997), S. 63 ff. 50 Sancinetti, Ilícito personal y participación, (1997), S. 65 ff. 51 Die gemeinsame Organisation unter den Regeln der Arbeitsteilung stellt auch eine schuldhafte Organisation dar. In diesem Sinne Jakobs, GA 1996, S. 253 ff. 48
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Merkmale der Haupttat des Täters auf die Tat des Teilnehmers aufzeigt, tatsächlich vorliegt, ist die äußere Erscheinung einer gemeinsamen Tat, die aber aus normativer Sicht individuell nur einem der Beteiligten gehört. In diesen Fällen fehlt der Normbruch als kollektives Werk. So ist es im ersten Fall nicht so, dass der fehlende Vorsatz des Vordermannes den Hintermann automatisch in einen mittelbaren Täter verwandelt. Mittelbare Täterschaft wird es nur dann geben, wenn der Hintermann den Zusammenhang zwischen fehlendem Vorsatz und Tatausführung „organisiert“ hat.52 Fehlt eine solche Organisation, gibt es keine Zuständigkeit des Hintermannes und es entfällt somit die Möglichkeit der Zurechnung zur mittelbaren Täterschaft. In einem solchen Fall ist eine Teilnahme, entgegen den Aussagen von Sancinetti, nicht mehr möglich, es sei denn, der fehlende Vorsatz ist für den Täter vermeidbar, was die Zurechnung des Vordermannes als Fahrlässigkeit möglich macht. Man kann hier von einer „gemeinsamen Beteiligung“ sprechen, bei der die vorsätzliche Beteiligung des Hintermannes an einer fahrlässigen Tat des Vordermannes zugerechnet wird. Neben der Tatsache, dass diese Lösung dogmatisch möglich ist, wird in den meisten dieser Fälle die „vorrangige Zuständigkeit“ für die Ausgestaltung der Tat beim vorsätzlich handelnden Hintermann und nicht so sehr beim fahrlässig handelnden Ausführenden liegen. Wenn das der Fall ist, kann der Hintermann, obwohl er in der Vorbereitungsphase gehandelt hat, als (unmittelbarer, nicht mittelbarer!) Vorsatztäter und der Vordermann, obwohl er die Tat eigenhändig ausgeführt hat, als fahrlässiger Teilnehmer zur Verantwortung gezogen werden.53 Kurz: Entweder gibt es eine „alleinige Zuständigkeit“ des Hintermannes aufgrund des fehlenden Vorsatzes des Ausführenden, wobei ihm in diesem Fall mittelbare Täterschaft vorgeworfen wird, oder es gibt keine solche „Zuständigkeit“, und folglich ist eine Beteiligung nicht mehr möglich.54 Die Zurechnung des Hintermannes als Teilnehmer ist nur dann möglich, wenn der Ausführende (der die Tat konfiguriert hat) mindestens fahrlässig gehandelt hat.55 Im zweiten Fall, in dem der Teilnehmer ohne Vollendungsvorsatz handelt, obwohl es in tatsächlicher Hinsicht mehrere gemeinsam handelnde Beteiligte geben kann, „gehört“ die Tat normativ nur dem Ausführenden. So werden die Beiträge des Anstifters oder Gehilfen des agent provocateur von diesem in rechtfertigendem Not-
52 Diese Lösung unterstützt auch Pawlik, La libertad institucionalizada. Estudios de Filosofía jurídica y Derecho penal, S. 134 f., der behauptet, dass die Haupttat, an welcher der Teilnehmer sich beteiligt, schuldhaft begangen werden muss; anderenfalls hafte der Hintermann als mittelbarer Täter. 53 Eingehend in Bermejo/Palermo, Die strafrechtliche Verantwortung des Compliance Officers wegen Beteiligung an einer Straftat, S. 162 ff. 54 Dagegen irrtümlicherweise Jakobs, AT, 21/72. 55 Es sei denn, der Hintermann ist, wie erklärt, der Gestalter des Geschehens, in welchem Fall der Hintermann als Vorsatztäter und der Vordermann als fahrlässiger Teilnehmer bestraft wird.
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stand geleistet,56 so dass die Tat nur in ihrer äußeren Erscheinung sowohl ihm als auch dem Ausführenden gemeinsam „gehört“, der Ausführende aber normativ der einzig „Zuständige“ ist. Auch hier ist die Verletzung der Norm nur scheinbar ein kollektives Werk, das aber in Wirklichkeit ein individuelles ist. Die gleiche Lösung gilt für den Fall eines Arzthelfers, der in rechtfertigendem Notstand an einem therapeutischen Schwangerschaftsabbruch teilnimmt, wenn der Frauenarzt nicht wusste, dass das Leben der Mutter durch den Schwangerschaftsabbruch gerettet wird. Es handelt sich nicht um einen „gemeinsamen Normbruch“ sondern um einen Abtreibungsversuch, für den nur der Frauenarzt „zuständig“ ist. Schließlich fehlt auch die „gemeinsame Organisation“ im Falle eines Dritten, der in einer Notwehrsituation dem Angegriffenen eine Waffe reicht, wenn ein Stock zur Abwehr des Angriffs ausgereicht hätte. Hierbei handelt es sich nicht um eine strafbare Teilnahme an einer gerechtfertigten Tat, sondern um die mittelbare Täterschaft des Hintermannes, der das Opfer als in rechtfertigender Notwehr handelndes Werkzeug benutzt.57 Wie man sieht, handelt es sich bei den Fällen, mit denen Sancinetti die Möglichkeit des Verzichts auf das Prinzip der internen Akzessorietät nachweisen will, tatsächlich um Konstellationen, in denen faktisch mehrere Personen an der Tat beteiligt sind, aber nur eine von ihnen voll verantwortlich ist. In einigen dieser Fälle erlangt der Täter seine „Zuständigkeit“ im Vorbereitungsstadium (im ersten und dritten Fall), in anderen Fällen wird der Beteiligte durch die Ausführung (im zweiten Fall) „zuständig“. In all diesen Fällen wird jedoch gegen dieselbe Norm verstoßen, nämlich diejenige, welche die Ausführung der Tat durch eine zuständige Person verbietet. Es macht keinen Unterschied, ob eine solche Verantwortung (Zuständigkeit) in der Vorbereitungs- oder in der Ausführungsphase „erworben“ wird. Jedenfalls führt der Zeitpunkt des Beitrags nicht zu einer qualitativen Unterscheidung zwischen den Beteiligten.
III. Schlussfolgerungen Zusammenfassend ist die Theorie zur Begründung einer „selbstständigen Straftat der Teilnahme“ im Sinne der hier nur kurz skizzierten kritischen Anmerkungen anfällig. Meiner Meinung nach bietet eine quantitative Theorie bessere Lösungen für die Probleme, die sich aus der Beteiligung mehrerer Personen an einer Straftat ergeben.58 Dies zeigt sich bei der Strafbarkeit im Bereich komplexer Unternehmensorga56 Ich folge hier der Meinung Vacchelli, Intervención delictiva: significado y función del principio de accesoriedad, S. 300. 57 In diesem Sinne Vacchelli, Intervención delictiva: significado y función del principio de accesoriedad (2018), S. 296 ff. 58 Eine eingehende kritische Betrachtung der Beteiligungslehre aus quantitativer Perspektive findet sich in Orozco López, Beteiligung an organisatorischen Machtapparaten, S. 237 ff.
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nisationen, für welche die Theorie des selbstständigen Unrechts der Teilnahme keine plausiblen Lösungen bieten kann. Auf diese Weise will ich meine Bewunderung, meinen Respekt und meine Dankbarkeit gegenüber dem geschätzten Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Marcelo Sancinetti ausdrücken. Literatur Alcácer Guirao, Rafael: Tentativa, consumación y anticipación de la protección penal: iter criminis y Derecho penal económico, in: Jesús-Maria Silva Sánchez/Fernando Miró Linares (Hrsg.), La teoría del delito en la práctica penal económica, Madrid 2013, S. 547 – 580. Bermejo, Mateo/Palermo, Omar: Die strafrechtliche Verantwortung des Compliance Officers wegen Beteiligung an einer Straftat», in: Lothar Kuhlen/Hans Kudlich/Íñigo Ortiz de Urbina (Hrsg.), Compliance und Strafrecht, Heidelberg/München/Landsberg/Frechen/Hamburg 2012, S. 137 – 168. Dencker, Friedrich: Kausalität und Gesamttat, Berlin 1996. Feijoo Sánchez, Bernardo: Autoría y participación en organizaciones empresariales complejas», in Bernardo Feijoo Sánchez (Hrsg.), Cuestiones actuales de Derecho penal económico, Montevideo-Buenos Aires 2009, S. 2 – 48. Frister, Helmut: Zum Strafgrund von Mittäterschaft und Teilnahme, in: Wilhelm Degener/Michael Heghmanns (Hrsg.), Festschrift für Friedrich Dencker zum 70. Geburstag, Tübingen 2012, S. 119 – 133. Greco, Luis: Complicidad a través de acciones neutrales: la imputación objetiva en la participación, Übersetzt von Carlos Lascano/Diego Peretti Ávila, Buenos Aires 2017. Jakobs, Günther: Strafrecht. Allgemeiner Teil. Die Grundlagen und die Zurechnungslehre, 2. Auflage, Berlin 1991. Jakobs, Günther: Akzessorietät. Zu den Voraussetzungen gemeinsamer Organisation, GA 1996, S. 253 – 268. Jakobs, Günther: Tatherrschaftsdämmerung: ein Beitrag zur Normativierung rechtlicher Begriffe, in: Günther Jakobs/Manuel Cancio Meliá (Hrsg.), El sistema funcionalista del Derecho penal, Lima 2000, S. 195 – 224. Jakobs, Günther: Beteiligung, in: Dieter Dölling (Hrsg.) Jus humanum. Grundlagen des Rechts und Strafrecht. Festschrift für Ernst-Joachim Lampe, Berlin 2003, S. 561 – 574. Jakobs, Günther: Theorie der Beteiligung, Tübingen 2014. Kindhäuser, Urs: Handlungs- und normtheoretische Grandfragen der Mittäterschaft, in: Joachim Bohnert/Christoph Gramm/Urs Kindhäuser/Joachim Lege/Alfred Rinken/Gerhard Robbers (Hrsg.), Festschrift für Alexander Hollerbach zum 70. Geburtstag, Berlin 2001, S. 627 – 651. Lesch, Heiko: Intervención delictiva e imputación objetiva, Übersetzt von Javier Sánchez-Vera Gómez-Trelles, Bogotá 1995.
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Autor en el derecho argentino es el “ejecutor del hecho”, art. 45 CP Propuesta de reconstrucción dogmática Por Nelson R. Pessoa
I. Introducción y límites del trabajo En este breve trabajo pretendo exponer algunas ideas en torno al concepto de “autor”, pensando especialmente en el derecho penal argentino. El párrafo precedente demanda cierta aclaración de fin de evitar malas interpretaciones. El desarrollo de la actual dogmática penal, entendida como sistema conceptual cuya función es explicar el funcionamiento de la ley penal y cuyos postulados comparte quien escribe estas ideas, impide caer en un aislamiento de tipo “nacionalista” o en un pensamiento similar que pretenda desconocer la ciencia del derecho penal actual. Nada más lejos de ello. La idea es otra. Pensando la ley penal argentina, especialmente el art. 45 CP, se aspira construir una definición de “autor” que tenga como base cierta propuesta metodológica; allí se encuentra la tarea de carácter dogmático o de teoría de ciencia penal que se tiene como objetivo.
II. Algunas fórmulas legales sobre sobre autoría. La usada por el código penal argentino Los textos legales usan distintas fórmulas al regular el tema de la autoría. Se puede decir que no hay definiciones legales (lo que es correcto).1 Sí sucede que la 1 El código penal alemán, en el § 25 StGB emplea el verbo “begehen”, cuya traducción más literal es “cometer” (“Täterschaft. (1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen behegt”. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter)”). (1) Será castigado como autor quien cometa el hecho punible por sí mismo o a través de otro. (2) Si varios cometen el hecho en forma común cada uno será castigado como autor (coautor). El código español, tal vez consagra una definición, al emplear la expresión “Son autores …”, en su art. 28 dispone: “Son autores quienes realizan el hecho por sí solos, conjuntamente o por medio de otro del que se sirven como instrumento”. El código de Paraguay, cuya fuente es el código alemán, en su art. 29, reza: “Autoría.1.8. Será
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tarea de reconstrucción científica de esas reglas ha dado lugar a diversas definiciones.
III. Recordando algunas construcciones para definir al “autor” y sus problemas Son conocidos los diferentes caminos que se han recorrido en teoría penal con la finalidad de definir al “autor” y, a la vez, distinguirlo de los “partícipes” usado este término en sentido estricto (cómplice e instigador)—, especialmente el “cómplice”. Así, pueden mencionarse, entre otras, las llamadas teorías “subjetiva”, con sus variantes (teoría del “dolo” y teoría del “interés”); “formal objetiva”, “teoría normativa de la combinación” (die normative Kombinationstheorie), “dominio del hecho” (die Tatherrschaft), “teoría de la totalidad” (die Ganzheitstheorie) y algunas más; por eso no tiene sentido repetir tales construcciones.2 También cabe recordar que la doctrina penal ha puesto de manifiesto los problemas que tienen las distintas teorías en materia de autoría para explicar ciertos supuestos. Dicho de otra forma: tales construcciones presentan dificultades para explicar satisfactoriamente todas las formas de autoría, entendido esto como la imposibilidad de aplicar cada una de estas construcciones conceptuales a las diferentes clases de “hecho” que puede asumir el comportamiento típico. A modo ilustrativo. recordemos brevemente algunos de esos inconvenientes, aunque son ampliamente conocidos. La llamada teoría subjetiva convierte en autor a quien no intervino en el producción del hecho; así, por ejemplo, el mero dato del “interés” en el hecho hace que sea autor quien quiere ese hecho por algún “interés” respecto de ese hecho, aunque no haya participado en su ejecución; es famoso el “caso de la bañera” resuelto castigado como autor el que realizara el hecho obrando por sí o valiéndose para ello de otro. 2.8 También será castigado como autor el que obrara de acuerdo con otro de manera tal que, mediante su aporte al hecho, comparta con el otro el dominio sobre su realización”; lo destacado en las diferentes reglas no están en los originales. Como podrá advertirse el texto paraguayo induce a pensar que ha hecho suya la teoría del “dominio del hecho”. Respecto de la ausencia de definición del “autor” en el código argentino es interesante lo señalado por Moreno, El Código Penal y sus antecedentes, p. 34, al explicar el origen del art. 45. Se tomó como base de la discusión el Proyecto de 1906 (art. 48), del que se apartó, por influencia de críticas de Julio Herrera: “El rubro debía cambiarse, como se cambió reemplazando el de autores y cómplices por el de participación criminal y, las definiciones debían suprimirse, no solo por ser peligrosas, sino impropias y sin objeto”. 2 En la bibliografía en lengua española, entre otros, Díaz y García Conlledo, La Autoría en Derecho Penal; Gimbernat Ordeig, Autor y Cómplice en Derecho Penal, quien hace un estudio detallado de las teorías objetivo formal, p. 19 ss., y subjetiva, p. 42 ss. En la bibliografía alemana, Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 25 n.8 m. 18 a 27, p. 11 ss.; versión española, Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. II, p. 71 ss.; Roxin, Autoría y dominio del hecho en Derecho Penal, p. 21 ss.
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por el Tribunal Superior del Reich, en el que tía que mata en una bañera al niño recién nacido no es autora del homicidio. Es evidente que tal criterio es insostenible a la luz del art. 45 CP argentino, que usa la expresión “ejecución” del hecho, como así también de textos legales que delimitan la noción de autor en torno a la idea de “comisión” o “realización” del hecho. La teoría formal objetiva indicó el camino correcto al postular que la noción de autor debe elaborarse en torno al tipo penal o, dicho con más rigor, en torno al verbo o expresión verbal usada por la ley para denotar el comportamiento que habrá de ser sancionado.3 El problema central reside en cómo se determina el alcance del verbo o expresión verbal en cada caso particular. En realidad lo criticable es cierta modalidad que requiere la realización personal de la acción, lo que hace que no pueda explicar los fenómenos de la llamada autoría mediata.4 Kindhäuser señala que también se le critica a esta teoría que “semejante punto de vista formal impediría considerar autores a aquellas personas cuyo comportamiento no cae bajo la descripción del tipo delictivo”.5 No obstante, entendemos que esta es la construcción que indica el camino correcto. Se puede decir que acudieron a ella los fundadores de la dogmática nacional: Sebastián Soler y Ricardo C. Núñez.6 La teoría del “dominio del hecho”,7 además de ser un concepto que no tiene “límites fijos, sino que solo admite ser descripto”, como pusiera de manifiesto 3 Según Roxin, Autoría y dominio del hecho en Derecho Penal, p. 52, se atribuye a Birkmeyer el haber dado el nombre a esta teoría. Un expositor de esta tesis en una versión vinculada al modelo causal es Beling, quien en su obra Esquema de Derecho Penal, p. 154, expresa: “Autor es quien realiza la acción típica, es decir, quien causa con su acción el resultado ilícito.” 4 Wessels, Strafrecht Allgemeiner Teil, Die Straftat und ihr Aufbau, p. 140, señala tal deficiencia; existe una versión española, Wessels, Derecho Penal. Parte General, p. 153. 5 Kindhäuser, el Prof. de Bonn, en una conferencia pronunciada en la Universidad de la Cuenca del Plata, Corrientes, cuyo título original fue “Grundfragen der Beteiligungslehre (Täterschaft durch fremde Hand)”, “Cuestiones fundamentales de la teoría de la intervención delictiva (autoría por mano ajena)”, responde a esa crítica en estos términos: “Esta objeción sorprende, a lo menos por dos razones. Por un lado, en el derecho penal lo inadmisible no es que los límites formales sean respetados, sino precisamente que sean sobrepasados. Por otro lado, también se plantea la pregunta acerca de cómo alguien cuyo comportamiento no es típico pudiera ser considerado autor. Pues el principio de legalidad jurídico-penal reza: nullum crimen sine lege certa, praevia, scripta et stricta.” 6 Soler, Derecho Penal Argentino, p. 244, “Autor es, en primer lugar, el sujeto que ejecuta la acción expresada por el verbo típico de la figura delictiva.” (…) No otra cosa significa la ley cuando se refiere a los que tomasen parte en la ejecución del hecho, C.P., 45”. Núñez, Tratado de Derecho Penal. Parte General, p. 280, “Según la interpretación que surge del artículo 45 del Código penal, es autor principal del delito el que lo ejecuta o lo hace”. 7 Un amplio desarrollo de aquélla en Roxin, Autoría y dominio del hecho en Derecho Penal, p. 79 ss.; Strafrecht Allgemeiner Teil, t. II, § 25, p. 19 ss.; edición española, p. 80 ss. Una exposición dentro de las múltiples variantes, en este caso, desde los postulados del finalismo, puede verse en la obra de Welzel, Das Deutsche Strafrecht Eine systematische Darstellung, p. 98 ss., pero en particular, p. 100 ss. cuando desarrolló el “concepto final de autor” (“Der finale Täterbegriff”); existe una edición española, Welzel, Derecho Penal Alemán,
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Bacigalupo8, tiene problemas para explicar el injusto imprudente,9 posiblemente los tipos omisivos dolosos, pero sin duda alguna que no puede explicar el hecho omisivo imprudente.10 La tesis de Schmidhäuser (die Ganzheitstheorie), que puede denominarse teoría de la totalidad, afirma que para definir al autor no se puede escoger un único elemento, (“interés”, “dominio del hecho”, etc.), sino que deben ponderarse diversos factores: interés respecto del hecho, el estar en el lugar (dato que llama la atención, pues podría ser autor quien no estuvo en el lugar del hecho), calidad del aporte al hecho, intervención en la planificación, etc. Esta tesis presenta como inconveniente que no delimita dentro del conjunto de factores a ser considerados cuál de estos es el que cumple la función primordial. También cuesta pensar que el simple dato del interés respecto de un hecho convierta a una persona en autor o que la intervención en la planificación del hecho pueda incidir en términos de autoría, al menos a la luz de la ley penal argentina; y también causa la impresión que está construida en función de tipos (hechos) activos y, especialmente, dolosos.11 La llamada teoría de la “combinación normativa” (die normative Kombinationstheorie), usada en la jurisprudencia alemana y que pareciera tener cierta conexión con la teoría subjetiva postula que la “voluntad” del hecho, se infiere de un conjunto de elementos: “interés” respecto del hecho, intervención, grado del “dominio del hecho”, etc. En nuestra opinión, y a la hora de reconstruir la ley penal argentina en materia de autoría, es merecedora de las mismas críticas que la “teoría de la totalidad”. Roxin, pensando el derecho alemán, al momento de definir al “autor” habla de “de la figura —Gestalt— central del suceder de la acción”.12 Luego propone una idea complementaria que es interesante: que la noción de “figura central” debe elaborarse en función de diferentes clases de injustos, más precisamente, según la clase de tipo. Creemos que es la vía a seguir, aunque no compartimos ciertas p. 142 ss. y 145, respectivamente, quien ha sido uno de los autores que ha dado gran impulso a esta teoría. 8 Bacigalupo, Derecho Penal. Parte General, p. 319. 9 A modo de ejemplo, Welzel, defensor del “concepto final de autor”, (“Der finale Täterbegriff”), que se concreta mediante el “dominio final del hecho”, p. 100, (“die finale Tatherrschaft”), afirma —p. 90— que en el caso del delito culposo activo es autor quien mediante una acción lesiona el cuidado requerido en el ámbito de relación. Cf. Welzel, Derecho Penal Alemán, p.163. 10 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 25 n.8 m. 38, p. 19, defensor de la teoría del dominio del hecho respecto de los llamados “delitos de dominio” (“Herrschaftsdelikte”), reconoce expresamente que tal tesis no funciona para explicar la autoría en los tipos de infracción de deber, ni en los tipos omisivos, § 31 n.8 m. 140 que constituyen una modalidad de delitos de infracción de deber; Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. II, § 25/38, p. 80 y § 31 n.8 m. 140, respectivamente. 11 Schmidhäuser, Strafrecht. Allgemeiner Teil, p. 14, 156 ss. 12 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, t. II, p. 9 ss., § 25 n.8 m. 10 a 16, “Die Täter als Zentralgestalt des Handlungsgeschehens”; en la edición española, Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. II, p. 68, § 25 n.8 m. 10 a 16.
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propuestas que hace Roxin, por ejemplo, la amplitud que le otorga a los tipos de dominio mediante la llamada modalidad de dominio del hecho por dominio de la voluntad en supuestos de coacción y en los casos de autoría mediata “mediante aparatos organizados de poder”, conforme se habrá de exponer.13 Como ha señalado Kindhäuser,14 los criterios de imputación en términos de autoría se tornan imprecisos y parecería que se desdibujan pautas básicas de atribución de responsabilidad penal del derecho penal liberal.
IV. El tipo penal como presupuesto imprescindible para definir al “autor” La idea que se presenta y expone en este trabajo es que el concepto de “autor” debe construirse en el derecho argentino —idea que se quiere sugerir como camino 13
Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 25 n.8 m. 105 ss.,”Die Willensherrschaft kraft organisatorischer Machapparate”; edición española, Roxin, Derecho Penal. Parte General, p. 111 ss. 14 Kindhäuser, Conferencia pronunciada en la Universidad de la Cuenca del Plata, Corrientes, en su exposición respecto de esta forma de imputación propuesta por Roxin expresó: “El mundo de la imputación del derecho se encuentra ordenado con arreglo a expectativas normativamente fundadas: el comportamiento incorrecto de otro no grava con responsabilidad, así como tampoco exime de ella. Que las formas de comportamiento delictivo de diversas personas puedan entrecruzarse en una organización de modo puramente fáctico, condicionándose y reforzándose recíprocamente, no afecta en lo más mínimo la auto-responsabilidad de cada uno por su propio actuar. Recién si la estructura organizacional está configurada de un modo que afecte la fundamentación de la imputación, podrá ella condicionar la aplicabilidad de los correspondientes criterios de imputación. Así, si el aparato de poder está organizado según un plan puntual para la concreta realización de un tipo delictivo, una contribución ajustada a un esquema de distribución del trabajo podrá dar lugar a una representación recíproca, y así a la imputación del comportamiento ajeno como propia infracción de deber, en la forma de una coautoría. O una asunción de tareas de dirección organizacional puede conducir a fundamentar una posición de garante por supervigilancia, referida al impedimento de la posible actividad delictiva de los subalternos. Y también podría pensarse en una interpretación de la organización como medio para la determinación de otros a la comisión de hechos delictivos, con arreglo a los presupuestos de la inducción. En cambio, si uno quisiera invocar las estructuras organizacionales para la adscripción de un comportamiento ajeno como propio en la forma de la autoría mediata, ello destruiría la ordenación sistemática de la teoría de la intervención delictiva, haciendo de ésta una colección incoherente de formas de intervención parcialmente superpuestas. Si también fuese posible, por ejemplo, una intervención por autoría mediata en la infracción de deber de otro, un mismo comportamiento podría representar tanto una inducción a un hecho ajeno como la comisión en autoría de un hecho propio. Con ello, por lo demás, el criterio para la coautoría, consistente en la exigencia de una contribución representativa a la realización del tipo, perdería su relevancia para la fundamentación de autoría. Si el criterio decisivo para la demarcación de la autoría y la participación no es fundamentado de modo genuinamente jurídico-penal, esto es, en referencia a la contrariedad a deber de un comportamiento, sino que según la existencia de poder fáctico, entonces no habrá criterio alguno para fijar los límites entre un poder jurídico-penalmente relevante y un poder jurídico-penalmente irrelevante sobre el comportamiento de otro”.
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para la elaboración de la categoría en consideración en otros textos legales— sobre el art. 45 CP, específicamente el fragmento que reza “los que tomasen parte en la ejecución del hecho”; y esa expresión legal (“ejecución del hecho”), en cuanto material normativo sobre el que debe elaborarse el concepto de autor, debe complementarse con los tipos de la parte especial, en tanto descripciones de comportamientos a los que la ley impone pena. Una aclaración importante: la razón por la cual la expresión legal “ejecución del hecho” debe tomarse como base para construir el concepto de autor en el derecho argentino es porque inmediatamente después el texto normativo agrega “o prestasen al autor o autores un auxilio o cooperación sin los cuales no habría podido cometerse” (el hecho), lo que implica que la expresión “ejecución del hecho” denota, o hace referencia, al autor, y la siguiente al cómplice (primario).
V. Análisis de la expresión legal “ ejecución del hecho”, art. 45 CP Esa expresión legal (“ejecución del hecho”) es la que requiere ser objeto de reflexión a los fines de la tarea propuesta. Y tal expresión normativa, aunque parezca obvio decirlo, se integra con dos términos: “ejecución” y “hecho”. 1. ¿Qué es “hecho”? Cabe responder que “hecho”, en cuanto vocablo usado por la ley penal en varias reglas, además del art. 45 CP (así, entre otros, en el muy importante art. 34 CP), es la conducta (acción u omisión) descripta por un tipo penal de la llamada parte especial y a la que se impone una pena; en otras palabras, a modo de ejemplo, es “hecho” la acción descripta en los arts. 79, 84, 94, etc. CP, u omisión, por ejemplo, sancionada por el art. 108 CP, etc. En otras palabras, “hecho” es el comportamiento típico. a) Clases de “hechos” conforme la ley penal La lectura de la ley penal (argentina o cualquier otra) nos muestra un fenómeno normativo de singular importancia: que existen distintas clases de “hechos”. Ello significa que la ley penal —a través del tipo— describe de formas diferentes el comportamiento que habrá de ser materia de punición. Esto significa que hay distintas clases de “hechos” (comportamientos típicos), en razón de diferentes formas de descripción de la conducta humana por parte del legislador a través o mediante el tipo.
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b) Breve descripción de algunas clases de “hecho” No es pretensión hacer una lista exhaustiva de las posibles clasificaciones de los “hechos” que surgen de una lectura de la ley penal, pues la lista es enorme, y, además, hay algunas que pueden tener en cuenta datos que ahora no tienen importancia en función del tema en estudio y sí pueden interesar en relación a otros campos de investigación; así, hay cierta clasificación que se hace según que el autor tenga o no ciertas calidades (tipos especiales y tipos comunes), otra según que la conducta típica tenga o no determinada consecuencia (tipos de resultado o de pura actividad), etc. Hecha la aclaración precedente, se pondrán de manifiesto distintas clases de “hecho”. aa) “Hecho activo doloso” La ley penal sanciona una acción final prohibida (dolo es finalidad más programa de acción prohibido con cierto grado de ejecución) que puede producir cierto resultado o no; a modo de ejemplo, el homicidio, la lesión (arts. 79, 80, 89, 90, 91 CP) son hechos de resultado abarcados por la finalidad prohibida; y son hechos sin resultado, por ejemplo, la amenaza (art. 149 bis CP, primer párrafo), el falso testimonio (arts. 275 a 276bis CP), etc. bb) “Hecho activo culposo” La ley penal sanciona una acción final prohibida, no por la finalidad en sí misma, sino por la forma jurídicamente disvaliosa de programar su ejecución (infracción del deber de cuidado) y que causa el resultado típico, por ejemplo, homicidio y lesiones culposas (arts. 84 y 94 CP, respectivamente); si el tipo activo culposo de es pura actividad, obviamente, describe solamente la acción infractora del deber de cuidado.15
15 Welzel, Das Deutsche Strafrecht Eine systematische Darstellung, p. 127; Welzel, Derecho Penal Alemán, p. 182 ss.; Zielinski, Dolo e imprudencia. Comentario a los §§ 15 y 16 del Código Penal Alemán, p. 93 ss. En la dogmática nacional, Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 257 ss., especialmente p. 270 ss., incluso con un tipo subjetivo —que compartimos— siguiendo el camino propuesto por Struensee, El tipo subjetivo del delito imprudente. No se trata aquí la cuestión si el deber de cuidado infringido es “general” o “individual”.
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cc) “Hecho omisivo doloso o cuasi doloso” La ley penal sanciona la no realización intencional de cierta acción final posible, que puede ser con resultado o sin resultado, es decir, se castiga una omisión en sí misma o en razón de la no evitación de un resultado, por ejemplo, art. 108 CP.16 dd) “Hecho omisivo culposo o imprudente” La ley penal sanciona la no realización imprudente (el llamado delito de olvido) de una acción final posible. Simplemente recordamos aquí la discusión en torno a omisiones propias e impropias y la discusión en torno a la constitucionalidad o no de las llamadas omisiones impropias, especialmente en el derecho penal argentino que no tiene la llamada cláusula de equiparación, como tienen, por ejemplo, el código alemán (§ 13 StGB) y el paraguayo (art. 15 CP). ee) “Hecho de infracción de deber” (Plichtdelikte) La ley penal sanciona un comportamiento en razón de la trasgresión a un deber no penal; ahora no importa si la infracción al deber se hace en forma activa u omisiva; lo que interesa es la desobediencia a un mandato normativo no penal; un ejemplo de tipo de infracción de deber en el derecho argentino es la administración infiel (art. 173 inc. 7 CP).17 ff) “Hecho de propia mano” La ley penal sanciona cierto comportamiento que requiere que sea realizado personalmente por quien habrá de ser sancionado; es materia de fuerte controversia el criterio en torno al cual se define este clase de injusto.18
16 En materia de omisiones seguimos a Kaufmann, Die Dogmatik der Unterlassungsdelikte; los tipos omisivos propios cuasi dolosos, p. 92 ss.; omisión propia imprudente, p. 116 ss. y omisión impropia, p. 239 ss. En la versión española, Kaufmann, “Dogmática de los Delitos de Omisión”; p. 109 ss.; p.180 ss. y p. 249 ss., respectivamente. No nos ocupamos ahora de la distinción entre omisiones propias e impropias, los criterios sobre los que se construye la misma y la cuestión de la posible inconstitucionalidad de las omisiones impropias ante la ausencia en la ley penal de una cláusula de equiparación. 17 Seguimos la construcción de Roxin, Autoría y dominio del hecho en Derecho Penal, p. 383 ss.; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, “Pflichtdelikte”, § 25 n.8 m. 267 a 286, p.106 ss.; Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. II, p.179 ss., pues otra es, por ejemplo, la propuesta de Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 791 ss. 18 Roxin, Autoría y dominio del hecho en Derecho Penal, p. 432 ss.
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2. ¿Qué es “ejecutar” un hecho (art. 45 CP)? Cabe expresar como premisa de mínima lógica que todo concepto o categoría que pretende aprehender determinado campo o ámbito debe ser válido para la totalidad de la materia que habrá de ser definida. En consecuencia, el concepto de “autor” debe ser aplicable a todas las formas de injusto penal (las enumeradas supra V 1 b). Por tanto, si el concepto de “autor” se construye sobre la idea de “ejecución del hecho”, se impone como tarea delimitar el alcance del mencionado verbo usado por la ley penal en el art. 45 CP. 3. Autor es el “ejecutor del hecho” Pensando la ley penal argentina, cabe aseverar que “autor” es el “ejecutor del hecho”. Pensamos que es muy buena la expresión legal, pues permite elaborar un concepto de autor que aprehende sin problema alguno las distintas formas en que se manifiesta intervención del sujeto que realiza o comete el hecho. Delimitado el concepto de “hecho”, en cuanto presupuesto para definir “autor”, corresponde ahora delimitar el concepto de “ejecución” del hecho, empleado por el art. 45 CP, con lo que se habrá definido al “ejecutor”, es decir, al autor. “Ejecutar” el hecho es comportarse del modo relevado por el tipo de la parte especial, en otras palabras, es realizar la conducta (acción u omisión) relevada por el tipo penal de la parte especial. Autor es quien ejecuta la conducta típica; autor es quien se comporta del modo relevado por el tipo de la parte especial. Esto es así por razones de carácter constitucional y, dicho con más rigor, es así por mandato del principio de legalidad (art. 18 CN). Obviamente, esto implica tener que delimitar en qué consiste, en cada caso, el comportamiento sancionado por el tipo de la parte especial. Sancinetti afirma que “la determinación de en qué consiste ser autor de un hecho típico depende principalmente de la hermeneútica, de la comprensión del sentido que tengan las prescripciones legales, es decir, de precisar la imputación objetiva”.19 No tenemos certeza si tal enunciado coincide con la idea que se expone en este trabajo. Entonces, “ejecuta” —es autor— la conducta típica en los “hechos” activos dolosos (“tipos de dominio”, para decirlo con palabras de Roxin), quien realiza la acción final, con o sin resultado, relevada por el tipo. En este campo, cabe decir que “ejecuta” el hecho quien lleva a cabo la acción final prohibida con conocimiento y voluntad; a veces, en los tipos de resultado, con control del proceso causal que lo produce: muerte, lesión, daño o el proceso configurador de sentido, por ejemplo, del delito de amenazas, art. 149 bis CP, primer párrafo. 19
Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 645.
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Esta clase de hecho, tipo activo de dominio o tipo activo doloso, plantea un conjunto de cuestiones, especialmente en ciertos supuestos denominados “autor detrás del autor”. En realidad, este tipo de injusto pone de manifiesto que el concepto de “dominio del hecho” no es tan preciso o, tal vez, que no hay acuerdo entre sus defensores respecto a qué es “dominio del hecho”. Un típico ejemplo es el caso de quien mediante coacción determina a otro a realizar un hecho, o quien determina a un inimputable, particularmente cuando el inimputable sabe y quiere hacer lo que hace. Tomemos el caso de la coacción. Si el “dominio del hecho” se construye sobre la idea de dominio final de la acción típica, piénsese que A obliga bajo seria amenaza de muerte a B que mate a C. El coaccionado B, para no ser muerto por A, decide realizar la acción final homicida y escoge determinado programa, por ej., colocar veneno en la comida que habrá de consumir C, y realiza tal conducta. Con frecuencia, los defensores de la teoría del “dominio del hecho”, por ejemplo, Welzel y Roxin, sostienen que A es “autor mediato” de la muerte de C. Realmente cuesta pensar que B no tenga el dominio del hecho, es decir, es difícil entender por qué no es autor si tiene un pleno dominio de la acción típica; pensamos que la situación de inculpabilidad en que se encuentra B (art. 34 inc. 2 CP, segunda regla) no elimina la tipicidad de su comportamiento, lo que obviamente implica atribuir la calidad de autor a B respecto de la muerte de C. Pensamos que el comportamiento de A debe ser visto como instigador, art. 45 CP.20 Siguiendo con el caso, y en opinión de Welzel (quien plantea el supuesto de alguien (A) que obliga a una embarazada (B) mediante amenazas graves a ingerir un abortivo),21 A es autor mediato (“mittelbarer Täter”), pues tiene un “dominio superior sobre el suceso de la acción” (“überlegene Tatherherrschaft über das Handlungsgeshehen”). En consecuencia, surgen al menos estos interrogantes: ¿Y B qué es? ¿B no tuvo el dominio —control intelectual y volitivo— de la acción típica homicida o abortiva en el ejemplo de Welzel? ¿Cuál es la base sobre la que se construye el concepto de “dominio del hecho? ¿Qué es el “dominio superior” sobre la acción típica? ¿Es compatible esta idea de “dominio superior sobre la acción” con la idea antes expuesta por Welzel de que el “concepto final de autor” surge del concepto final de acción y con la afirmación de que es autor quien “es señor de la realización del tipo”?22
20 Mir Puig, Derecho Penal. Parte General, p. 379, analiza este tipo de supuesto en términos del derecho español y pareciera no descartar la calificación de inductor a quien usa a otro que actúa antijurídicamente en situación de miedo insuperable. 21 Welzel, Das Deutsche Strafrecht Eine systematische Darstellung, p. 102; Welzel, Derecho Penal Alemán, p. 148; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 25 n.8 m. 47, p. 23; Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. II, p. 85, cuando explica el dominio del hecho en la modalidad de dominio de la voluntad en virtud de coacción llega a la misma conclusión que Welzel. 22 Welzel, Das Deutsche Strafrecht Eine systematische Darstellung, p. 100 y 102, respectivamente; Welzel, Derecho Penal Alemán, p. 145 y 148, respectivamente.
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En el caso de Roxin,23cabe señalar lo siguiente: reconoce que el coaccionado B, en el modelo de caso que se viene planteando, es autor directo aunque disculpado —lo que compartimos—, pero sucede que a A Roxin lo califica como “autor mediato”, de manera que al mismo tiempo A y B son autores: el primero mediato y el segundo directo, lo que nos parece una solución contradictoria, pues los dos realizan un acto típico y antijurídico, sin dolo común, bajo la forma de autor mediato y directo. A modo de síntesis, en los tipos activos dolosos, sean de resultado o de pura actividad, es autor del hecho quien ejecuta la acción final prohibida por el tipo de la parte especial. La ejecución de la acción final prohibida, es decir, de la acción típica, puede ser realizada en forma personal o directa, o puede serlo bajo la forma de autoría mediata, entendiendo por tal exclusivamente los supuestos en que el autor mediato (el autor detrás del autor) usa a alguien que se encuentra en situación de error de tipo o de error respecto de los presupuestos de un permiso. En otras palabras, se puede dominar el hecho, entendido como control intelectual y volitivo de la acción típica, en forma personal o a través de otra persona a la que se coloca en situación de error.24 “Ejecuta” —es autor— la conducta típica en los “hechos” activos culposos, quien realiza la acción infractora del deber de cuidado relevada por el tipo, que causa el resultado típico en los tipos de resultado o simplemente realiza tal acción en los tipos de pura conducta. “Ejecuta” —es autor— la conducta típica en los “hechos” omisivos dolosos (sea propio o impropio) quien no realiza, intencionalmente, el comportamiento ordenado por la ley penal. “Ejecuta” —es autor— la conducta típica en los “hechos” omisivos culposos quien, sin intención, no realiza la acción ordenada por la ley penal. “Ejecuta” —es autor— el comportamiento típico en los “hechos” de infracción de deber, quien desobedece, mediante acción u omisión, un deber no penal cuyo incumplimiento es sancionado por la ley penal. Tal infracción de deber puede ser sancionada por la ley penal en su forma dolosa o culposa. A modo de síntesis: a la luz del derecho penal argentino —art. 45 CP—, autor es quien “ejecuta el hecho” y, en el caso de tipos de especiales, además posee la 23 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 25 n.8 m. 47, p. 23; Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. II, p. 85. 24 Kindhäuser, Conferencia pronunciada en la Universidad de la Cuenca del Plata, Corrientes. Al explicar la autoría mediata, a la que considera una forma de autoría individual (idea que compartimos), afirma “Si bien el hombre de adelante condiciona de propia mano la realización del tipo, él no es responsable por ésta, por actuar de modo atípico o bajo el amparo de una causa de justificación; el caso más frecuente es aquel en que el hombre de adelante se encuentra bajo un error de tipo, excluyente de dolo” y agrega esta otra que también suscribimos por las razones expuestas a lo largo del presente trabajo: “En cambio, es inductor quien determina a otra persona a cometer una propia infracción de deber dolosa”.
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calidad requerida por el tipo. En cada caso, corresponde determinar, en base a cada tipo penal de la parte especial, cuál es el “hecho”, su alcance y su contenido. Para ello habrá que determinar cuál es el comportamiento relevado por el tipo de la parte especial, analizando en particular el verbo o expresión verbal usada por la ley. Este modelo de razonamiento es aplicable a otras leyes penales, por ejemplo, la española (art. 28 CP) cuando dispone que son autores “quienes realizan el hecho”, la ley paraguaya (art. 29 CP) cuando establece que es autor “el que realizara el hecho” o ley alemana (§ 28 StGB) cuando menciona que es autor “quien cometa el hecho punible…”.
VI. Algunas consecuencias dogmáticas El definir la autoría sobre la ejecución de la acción típica delimitada por cada figura de la parte especial trae ciertas consecuencias en materia de coautoría y de la distinción con la complicidad primaria. Pues si autor es quien ejecuta la acción típica descripta por cada figura en particular, solamente será coautor quien de común acuerdo —dolosamente— realiza con otro la conducta típica (cuando el injusto admite esta modalidad de autoría; hay hechos que no admiten y otros son discutibles). A la luz de la ley penal argentina, no se posee la calidad de coautor por el simple dato de hacer un aporte imprescindible al hecho, es decir, no es autor (bajo la modalidad de coautor) por prestar al autor “un auxilio o una cooperación sin los cuales no habría podido cometerse” el injusto.25 Ante el claro texto legal (art. 45 CP), no puede ser coautor de robo (art. 164 CP) quien, por ejemplo, hace de “campana”, o lleva al lugar del hecho a quien habrá de ejercer violencia o tomar la cosa, como tampoco lo es quien mediante cierto sistema de comunicaciones coordina acciones de quienes ejercen violencia o apoderamiento, pues estas conductas no son realizadoras del comportamiento relevado por el tipo. Solo es autor y, en consecuencia, coautor de robo, quien ejecuta actos de violencia o de apoderamiento ilegítimo de la cosa mueble ajena.26 25 Es sumamente interesante la exposición de Moreno, El Código Penal y sus antecedentes, p. 35, cuando explica las tres formas de participación previstas por el art. 45: “Acción, cooperación y determinación”. La primera se refiere al autor (la segunda, al cómplice y la tercera, al instigador) y afirma “La acción directa comprende a los que ejercitan actos materiales vinculados íntimamente al delito. La ley se refiere así a los ejecutores, esto es, al que da el golpe, dispara el arma, se apodera de los objetos o consuma el atentado contra la honestidad”. Y cuando expresa que la “cooperación” hace referencia a “la ayuda prestada”, que puede tener diferentes grados, señalando que cuando el aporte es “indispensable” “el cooperador es equiparado al autor”; obviamente tal equiparación es a los fines de la pena, e incluye dentro de los modos de cooperación el “planear el crimen, disponerlo y ordenarlo.” 26 Entendemos que Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 25 n.8 m. 198, p. 81; versión española, Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. II, p. 151, es de la opinión que la coautoría
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Y otra consecuencia es que no puede haber coautoría antes o después de la ejecución de la acción típica.27 Por tales razones, no resulta aceptable, en nuestra opinión, para determinar el alcance de la ley penal argentina, la idea de Jakobs de “dominio compartido”, por medio de la que explica el aspecto objetivo de la comisión en común en la coautoría, pues en última instancia lleva a considerar autor a quien no ejecuta actos típicos.28 Por esta razón tal pensamiento es cuestionado Roxin.29 Igualmente aparece como cuestionable el pensamiento de Stratenwerth, quien señala que es materia de discusión aquella modalidad de conducta desplegada en la etapa preparatoria, o que solo facilita la ejecución (así, planificación, preparación, etc.), en la medida en que no la descarta categóricamente como coautoría y sugiere casos en los que se decidirían según una “consideración valorativa”, sin que resulte clara la perspectiva o pauta desde la que se hace tal valoración.30 Y, sobre la idea de la autoría definida en base a la ejecución de la acción típica descripta por cada figura, cabe afirmar que es cómplice quien colabora o presta una cooperación al autor a ejecutar el hecho, es decir, ayuda al autor a realizar el comportamiento típico; colaboración que puede ser antes o durante la ejecución de la conducta delimitada por el tipo de la parte especial —dejando de lado la especial y discutible forma de participación secundaria prevista en el art. 46 CP (“presten una ayuda posterior cumpliendo promesa anteriores al mismo”)— e instigador es requiere intervenir en la “fase ejecutiva”, es decir, ejecutar la acción típica; en § 25 n.8 m. 203 afirma —lo que compartimos plenamente— que no es posible pensar en autoría, en este caso, coautoría, si la conducta no abarca la realización individual o conjunta del tipo, sumando a ello su crítica a posturas que sostienen que hay coautoría por actos en etapa preparatoria, actos como planificación, etc. Cuestión distinta es lo que Roxin, § 25 n.8 m. 211 a 218, llama la “esencialidad o importancia del aporte en la ejecución del hecho” (Die Erheblichkeit des Tatbeitrages im Ausführungsstadium”). 27 Cuando se estudia los antecedentes del vigente art. 45 CP también es importante señalar lo siguiente: El Proyecto de 1906, que se tomó como base para la discusión del Proyecto de 1917, antecedente inmediato de nuestro vigente Código Penal, en su art. 48 establecía “Se considerarán autores: 1.8 los que tomaren parte en la ejecución del hecho; 2.8 Los que prestaren al ejecutor un auxilio o cooperación, sin los cuales el hecho no habría podido cometerse; 3.8 Los que determinaren a otros a cometerlo.” Véase Zaffaroni/Arnedo, Digesto de la Codificación Penal Argentina, t. 3, p. 327. Como puede observarse sin esfuerzo alguno, en este texto se considera autor a quien presta auxilio o cooperación al que ejecuta el hecho. Este texto fue dejado de lado debido a las críticas de Herrera como señala Moreno, El Código Penal y sus antecedentes, p. 34 y da origen a la vigente redacción. Al respecto es útil la versión Código Penal de la Nación Argentina, ley N.8 11.179, Edición Oficial, Buenos Aires, 1922, p. 254 ss., que ratifica tal cambio, como así también la exposición de motivos del Proyecto de 1917, en el que se pone de manifiesto precisamente que la Comisión redactora se ha separado del Proyecto de 1906, ver en Zaffaroni/Arnedo, Digesto de la Codificación Penal Argentina, t. 4, p. 86. Es evidente que autor en el Proyecto de 1921 es quien “ejecuta el hecho” y excluye de tal calidad a quien presta un auxilio o cooperación al autor. 28 Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 749. 29 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, t. 2, § 25 n.8m. 201 a 208 ss. 30 Stratenwerth, Derecho Penal Parte General, p. 403, §12/91.
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quien determina, es decir, hace nacer la idea en otra persona que ejecute tal acción típica. Por tales razones, hay alguna idea expuesta por Zaffaroni que resulta discutible. Luego de expresar —idea que compartimos— que nuestra ley “distingue claramente entre los que toman parte en la ejecución del hecho y los que prestan a los autores una cooperación necesaria: los primeros son co-autores y los segundos son cómplices primarios”, después agrega —lo que es cuestionable— que “nuestra ley en ningún momento dice que todo cooperador necesario sea cómplice, sino solo que todo cooperador necesario es cómplice, siempre que no sea ejecutor (autor). Ello es lógico, porque media una diferencia abismal entre una cooperación necesaria al hecho —que es lo que hace el ejecutor— y prestar una cooperación necesaria al autor del hecho, que es lo que hace el cómplice primario”. Primero, para la ley penal (art. 45 CP), el “cooperador” es cómplice, pues no es “ejecutor” del hecho. El “cooperador” ayuda al autor a ejecutar el hecho. Segundo, la idea de “cooperación necesaria al hecho”, como forma de coautoría, de la que habla Zaffaroni, es una construcción discutible, pues o existe un “tomar parte en la ejecución del hecho”, que significa ser coautor, o bien un “auxilio o cooperación” con el ejecutor (autor) del hecho.31 Bibliografía Bacigalupo, Enrique: Derecho Penal. Parte General, Buenos Aires 1987. Beling, Ernest von: Esquema de Derecho Penal, Buenos Aires 2002. Díaz y García Conlledo, Miguel: La Autoría en Derecho Penal, Barcelona, 1991. Gimbernat Ordeig, Enrique: Autor y Cómplice en Derecho Penal, Madrid 1966. Jakobs, Günther: Derecho Penal Parte General. Fundamentos y teoría de la imputación, 2.a ed., Madrid 1995. Kaufmann, Armin: Die Dogmatik der Unterlassungsdelikte, Gotinga 1959. Kindhäuser, Urs: Conferencia pronunciada en la Universidad de la Cuenca del Plata, Corrientes, título original “Grundfragen der Beteiligungslehre (Täterschaft durch fremde Hand)”/“Cuestiones fundamentales de la teoría de la intervención delictiva (autoría por mano ajena)”. Mir Puig, Santiago: Derecho Penal. Parte General, 5.a ed., Barcelona 1998. Moreno, Rodolfo (hijo): El Código Penal y sus antecedentes, t. III, Buenos Aires 1923. Núñez, Ricardo Carlos: Tratado de Derecho Penal. Parte General, t. II, Córdoba, Buenos Aires 1978. Roxin, Claus: Strafrecht Allgemeiner Teil, t. II, Múnich 2003. Roxin, Claus: Autoría y dominio del hecho en Derecho Penal, 6.a ed., Madrid, Barcelona 1998. 31
Zaffaroni, Tratado de Derecho. Penal Parte General, p. 346.
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Strafrechtliches Glück für den Täter, aber nicht für das Opfer? Zur Erfolgszurechnung beim dolus generalis Von Ingeborg Puppe
I. Sancinettis Lösung der dolus generalis-Fälle Von moralischem oder strafrechtlichem Glück spricht man, wenn der Täter den von ihm angestrebten strafbaren Erfolg aus Gründen nicht erreicht, die nicht sein Verdienst sind. Sein Glück besteht darin, dass er nur wegen Versuchs, nicht wegen Vollendung, bestraft werden kann. In seinem Beitrag zur Festschrift für Roxin nimmt Sancinetti den Topos vom strafrechtlichen Glück für einen Fall in Anspruch, in dem der Täter sein verwerfliches Ziel, den Tod des Opfers, erreicht hat, nämlich für den Fall des sog. dolus generalis.1 Das strafrechtliche Glück des Täters besteht nämlich nach Sancinetti in diesen Fällen darin, dass ihm der Erfolg deshalb nicht als Verwirklichung seines Vorsatzes zugerechnet werden kann, weil er das vorsätzlich von ihm gesetzte Erfolgsrisiko durch ein anderes Risiko ersetzt hat, indem er ohne Vorsatz gehandelt hat. Das soll selbst dann gelten, wenn der Täter die unmittelbar tödliche Verbergungshandlung bereits bei Beginn der Ausführung seiner Tat geplant hatte und auch dann, wenn man sagen kann, dass er, sofern er den Irrtum erkannt hätte, das Opfer erst Recht der tödlichen Handlung ausgesetzt hätte.2 Von diesem Ergebnis sagt Sancinetti selbst, es „bürstet die Intuition gegen den Strich“3. Wenn es aber ein Erfordernis der Zurechnung des Erfolges zum Vorsatz ist, dass sich im Kausalverlauf zum Erfolg eine vom Täter vorsätzlich begründete Gefahr realisiert hat, und wenn die Diagnose von Sancinetti richtig ist, dass die unvorsätzliche Handlung des Täters die Realisierung dieser Gefahr verhindert hat, dann ist seine Konsequenz zu ziehen, auch wenn sie „die Intuition gegen den Strich bürstet“, denn eine Regel, die sich allgemein bewährt, muss in der Jurisprudenz auch dann angewandt werden, wenn sie in gewissen Fällen zu einem Ergebnis führt, das das spontane Gefühl nicht befriedigt. 1
Sancinetti, „dolus generalis“ und „Strafrechtliches Glück“, Roxin-FS (2001), 349 ff. Letzteres ist jedenfalls richtig, weil eine Zurechnung eines Erfolges nicht mit irrealen Konditionalsätzen darüber begründet werden darf, wie der Täter sich unter anderen Bedingungen verhalten hätte. 3 Sancinetti (Fn. 1), S. 363. 2
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Die h.L. behandelt den Fall des dolus generalis als Abweichung im Kausalverlauf, die nur dann die Zurechnung des Erfolgseintritts als Erfüllung des Vorsatzes ausschließt, wenn sie nicht vorhersehbar ist oder eine andere Bewertung erfordert.4 Sancinetti zeigt auf, dass diese Formel zu keinerlei Einschränkung derjenigen Voraussetzungen führt, die schon für die Zurechnung des Erfolges zur Fahrlässigkeit gelten. Was es bedeuten soll, dass der wirkliche Kausalverlauf eine andere Bewertung erfordert, als der vom Täter angenommene, ist gänzlich unklar. Aber auch das Erfordernis der Vorhersehbarkeit der Kausalabweichung bringt gegenüber den Anforderungen der Zurechnung zur Fahrlässigkeit nichts Neues. Die Abweichung eines Kausalverlaufs ist genau dann vorhersehbar, wenn es der abgewichene Kausalverlauf selbst ist. Die Vorhersehbarkeit des tatsächlichen Kausalverlaufs ist aber bereits ein Erfordernis der Fahrlässigkeitszurechnung.5 Ein lebensgefährlicher Kopfschuss verursacht auch die Gefahr des Todes des Opfers durch eine notwendig gewordene medizinische Intervention oder eine riskante Alarmfahrt zum Krankenhaus. Und all diese Verläufe sind vorhersehbar und dem Täter jedenfalls zur Fahrlässigkeit zurechenbar.6 Statt von der Vorhersehbarkeit der Abweichung im Kausalverlauf will nun Sancinetti die Zurechnung des Erfolgseintritts zum Vorsatz davon abhängig machen, dass „sich das der (vorsätzlichen) Handlung eigene Risiko realisiert hat“.7 Aber was ist beispielsweise im Kopfschussfall das der Handlung eigene Risiko, nur der Tod unmittelbar durch die Kopfverletzung, oder auch der Tod durch die Alarmfahrt oder den misslungenen ärztlichen Eingriff? Die Rede von dem oder jenem Risiko ist gefährlich, solange die Regeln, nach denen ein Risiko zu konstituieren ist, offenbleiben. Es besteht die Gefahr, dass man irgendeinen auffälligen Faktor des Risikos herausgreift, beispielsweise eine sog. Todesart, wie ersticken, ertrinken, oder zerschellen, danach die Gefahr benennt und deren Realisierung davon abhängig macht, ob dieser Faktor in der wirklichen Kausalerklärung vorkommt. So verfährt denn auch Sancinetti, indem er den folgenden Hilfsfall bildet: In dem Moment, in dem der Täter zu einem Keulenschlag auf den Kopf des Opfers ausholt, stößt ein anderer das Opfer in einen Abgrund, sodass es nicht erschlagen wird, sondern am Boden zerschellt. Hier hat sich das der Handlung Keulenschlag eigene Risiko nicht realisiert, sondern eben ein anderes, das des Sturzes in den Abgrund. Dieser ist nicht durch den Keulenschlag kausal zu erklären.8 Dasselbe muss nach Sancinetti auch dann gelten, wenn beide Handlungen vom selben Täter vorgenommen worden sind.
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Vgl. Lackner/Kühl/Kühl, StGB § 15 Rn. 11 ff.; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/ Schuster, StGB § 15 Rn. 58 ff.; MüKoStGB/Joecks, StGB § 16 Rn. 90 ff.; SK/Stein § 16 StGB, Rn. 43. 5 Sancinetti (Fn. 1), 360; NK/Puppe, § 16, Rn. 79; SK/Stein, § 16, Rn. 43. 6 Sancinetti (Fn. 1), 360. 7 Sancinetti (Fn. 1), 361. 8 Sancinetti (Fn. 1), 361.
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Aber Sancinetti übersieht hier einen entscheidenden Unterschied. Wenn der Täter das Opfer in den Abgrund wirft, weil er glaubt, es mit der Keule erschlagen zu haben und nun die vermeintliche Leiche beseitigen zu müssen, so ist der Tod des Opfers durch Sturz in den Abgrund sehr wohl durch den Keulenschlag zu erklären. Der Täter hat das Opfer für tot gehalten, weil er ihm mit der Keule auf den Kopf geschlagen hatte und es in den Abgrund gestoßen, weil er es für tot hielt und verbergen wollte. In dem Fall ist der Tod des Opfers sehr wohl auch durch den Keulenschlag kausal zu erklären, wenn diese Kausalität auch psychisch vermittelt war. Wieso hat sich dann die dem Keulenschlag eigene Gefahr in dem Sturz des Opfers in den Abgrund nicht realisiert?
II. Die Vorsatzgefahr und ihre Realisierung Die Erkenntnis, dass die Lehre von der Vorhersehbarkeit der Kausalabweichung der Fahrlässigkeitshaftung nichts hinzufügt, hätte Sancinetti zu der Frage führen müssen, ob für den Vorsatz, so wie es die h.L. behauptet, jede Vorstellung von einer Erfolgsgefahr genügt.9 Das Ergebnis der h.L. von der wesentlichen Abweichung im Kausalverlauf, vorsätzlicher Versuch in Tateinheit mit fahrlässiger Vollendung, kann nämlich unter dieser Voraussetzung logisch gar nicht abgeleitet werden.10 Zunächst also müsste man für den Vorsatz höhere Anforderungen an den Grad der Gefahr stellen, die der Täter sich bei seiner Handlung vorstellt, als bei der Fahrlässigkeit, eben eine sog. Vorsatzgefahr. Um diese Gefahrvorstellung hinreichend von der bloß bewussten Fahrlässigkeit abzuheben, habe ich sie dahin formuliert, dass der Täter in der Vorstellung handeln muss, eine Gefahr zu verursachen, die ein vernünftig Handelnder nur dann eingehen würde, wenn er den Erfolg billigt; er muss eine prinzipiell geeignete Methode anwenden, den Erfolg herbeizuführen.11 Sancinetti spricht von der Bezweckbarkeit.12 Im Kausalverlauf zu einem Erfolg realisiert sich eine solche Vorsatzgefahr nur dann, wenn im Kausalverlauf so viele dem Täter bewusste Gefahrfaktoren vorkommen, wie zur Begründung einer Vorsatzgefahr erforderlich sind.13 Das Ergebnis, dass dem Täter der Erfolg nur zur Fahrlässigkeit zugerechnet wird, obwohl er ihn durch einen vorsätzlichen Versuch verursacht hat, ergibt sich nun für den Fall, dass sich im Kausalverlauf zum Erfolg nicht alle Faktoren wiederfinden, die seine Gefahrvorstellung als Vorsatzgefahr charakterisieren, sondern nur ein Teil
9 Nach Rechtspr. und h.L. genügt es, „dass der Täter sich den Erfolgseintritt als möglich und nicht ganz fernliegend“ vorstellt. Vgl. NStZ-RR 2016, 79; NStZ 2019, 344; Schönke/ Schröder/Sternberg-Lieben/Schuster, StGB § 15 Rn. 72; MüKoStGB/Joecks, StGB § 16 Rn. 31; SK/Stein, § 16 Rn. 55. 10 Puppe, Vorsatz und Zurechnung (1992), 30 ff.; dies., NK § 16 Rn. 78. 11 NK/Puppe, § 15 Rn. 67 ff.; dies., ZStW 163 (1991), 1 (14 ff.). 12 Sancinetti (Fn. 1), 366. 13 NK/Puppe, § 16 Rn. 80 f.
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von diesem, sodass sich in Wirklichkeit nur eine Fahrlässigkeitsgefahr realisiert hat.14 Ein Beispiel dafür ist eine Abwandlung des berühmten Hochsitzfalles.15 Der Angeklagte stieß einen 3 m hohen Hochsitz um, auf dem sein betagter Onkel saß, um die Jagd auszuüben. Der Sturz verlief zunächst insofern glimpflich, als der Onkel sich lediglich den Knöchel brach. Er wurde im Krankenhaus behandelt und nach Hause geschickt. In der Klinik wurde es jedoch versäumt, ihm ein blutverdünnendes Mittel zu verschreiben und ihn darüber zu belehren, dass er sich täglich bewegen müsse. Der Patient blieb sechs Wochen lang im Bett liegen und erlitt dadurch eine Lungenentzündung und eine Embolie, woran er schlussendlich verstarb. Im wirklichen Fall konnte dem Täter kein Tötungsvorsatz nachgewiesen werden. Es sei unterstellt, dass er einen solchen hatte. Er hat auch wissentlich eine Vorsatzgefahr gesetzt, indem er eine taugliche Tötungsmethode angewandt hat. Das Opfer hätte sich bei einem Sturz aus 3 m Höhe den Schädel, das Genick oder das Rückgrat brechen können. Aber diese Lebensgefahr realisierte sich nicht, denn der Sturz führte nur zu einem Knöchelbruch. Von dem Zeitpunkt an bestand nur noch die Gefahr, dass das Opfer durch ein langes Krankenlager zu Tode kommt. Das ist durchaus eine vorhersehbare Lebensgefahr. Ein langes Krankenlager ist bei alten Menschen gerade deshalb gefürchtet, weil es zu einer Lungenentzündung und Embolie führen kann. Aber da diese Gefahr in aller Regel durch einfache Maßnahmen wirksam zu reduzieren ist, stellt dies keine Vorsatzgefahr dar. Die Gefahr erstarkte dann dadurch, dass die Ärzte im Krankenhaus ein Versäumnis begingen, was den Patienten dann erneut in eine große Lebensgefahr brachte, die sich schließlich in seinem Tod realisierte. Dieser Tod ist dem Täter also zur Fahrlässigkeit zuzurechnen, denn auch das Risiko, wegen eines schweren Behandlungsfehlers der Ärzte zu sterben, darf man nicht verursachen, es ist also ein unerlaubtes. Dennoch handelt es sich nicht um eine Vorsatzgefahr. Eine Vorsatzgefahr hätte sich nur dann realisiert, wenn sie im Kausalverlauf durchgängig von der Handlung bis zum Erfolg vorhanden gewesen wäre. Das war hier nicht der Fall.16 Machen wir uns die Methode, die wir bei der Entscheidung der Frage anwenden, ob sich im Erfolgseintritt eine Vorsatzgefahr realisiert hat, an einem Beispiel klar, in dem diese Frage zu bejahen ist, dem klassischen Brückenfall. Der Täter stürzt sein Opfer von einer hohen Brücke in einen Fluss. Er stellt sich dabei vor, dass das Opfer ertrinken wird, weil er es für einen Nichtschwimmer hält. Darauf, dass das Opfer ertrinken soll, kommt es dem Täter auch an, weil er so vortäuschen will, dass ein Bootsunfall oder ein Badeunfall stattgefunden hat. In Wirklichkeit zerschellt das Opfer auf dem Deck eines zufällig unter der Brücke hindurchfahrenden Schiffes. Nach der Formel von der wesentlichen Abweichung im Kausalverlauf kommt es auf diejenigen Kausalfaktoren an, in denen sich der wirkliche Kausalverlauf von der 14
Puppe (Fn. 10), 49 ff. Vgl. BGHSt 31, 96 ff. 16 Puppe, AT, 4. Aufl., § 16 Rn. 12 ff. 15
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Vorstellung des Täters unterscheidet. Diese bestehen hier darin, dass das Opfer nicht ertrunken ist, sondern zerschellt. Nach der Formel von der wesentlichen Abweichung im Kausalverlauf, ist diese Abweichung aber nicht wesentlich, weil sie vorhersehbar ist. Unter hohen Brücken fahren manchmal Schiffe hindurch. Sancinettis Formel von der Realisierung des der vorsätzlichen Handlung eigenen Risikos ist, wie schon gezeigt, mehrdeutig. Je nachdem, wie man dieses Risiko bezeichnet, führt sie zur Ablehnung oder zur Annahme von Vorsatzzurechnung. Beschreibt man das Risiko, das sich realisiert hat, als Tod durch Zerschellen, das vom Täter angenommene Risiko als Tod durch Ertrinken, so liegen zwei verschiedene Risiken vor. Beschreibt man es als Tod durch Sturz von einer hohen Brücke, so ist es ein und dasselbe. Es stellt sich damit die Frage, was ein der vorsätzlichen Handlung eigenes Risiko ist, wie man es beschreibt und was der Ausdruck bedeutet, dass das Risiko sich realisiert hat. Die Formel von der Risikorealisierung unterscheidet sich von der der wesentlichen Abweichung zunächst in einem entscheidenden Punkt. Sie legt den Fokus nicht auf diejenigen Elemente des wirklichen Kausalverlaufs, die von der Tätervorstellung abweichen, sondern auf die, in denen beide übereinstimmen. Für die Zurechnung des wirklichen Kausalverlaufs als Erfüllung des Vorsatzes gilt nun: 1. Sie muss mit der Tätervorstellung in so vielen Elementen übereinstimmen, wie zur Begründung von Vorsatz erforderlich sind. 2. Sie darf nicht von der Übereinstimmung eines Vorstellungselements mit der Wirklichkeit abhängig gemacht werden, das für den Vorsatz nicht notwendig ist.17 Dies ergibt eine bestimmte Beschreibung der Gefahr, für die zweierlei gilt: Der Täter hat sich diese Gefahr vorgestellt und sie hat sich im Kausalverlauf zum Erfolg in dem Sinne realisiert, dass die Gefahrfaktoren, die sie ausmachen, in dessen kausaler Erklärung vorkommen. Im Übrigen sind an den Inhalt dieser Kausalfaktoren keine Anforderungen zu stellen als die, dass sie genügen, um eine für das Urteil Vorsatzgefahr hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit zu begründen. In unserem Beispielsfall lässt sich diese der Vorstellung und der Wirklichkeit gemeinsame Gefahr so beschreiben: Das Opfer wurde plötzlich von einer hohen Brücke in einen Fluss gestürzt. Diese Gefahr kann auf die verschiedenste Weise zum Tod führen. Das Opfer kann ertrinken, es kann durch den plötzlichen Sturz ins Wasser einen Schock erleiden, es kann am Eisbrecher eines Brückenpfeilers zerschellen, es kann auf dem Deck eines zufällig vorbeifahrenden Schiffes aufschlagen. Alle diese Möglichkeiten, wie sich die Lebensgefahr eines Sturzes von einer hohen Brücke verwirklichen kann, bilden zusammen diese Gefahr und begründen das Urteil, dass es eine taugliche Tötungsmethode ist, einen Menschen plötzlich von einer hohen Brücke in einen Fluss zu stürzen.
17 Die zweite Regel widerlegt sowohl die Lehre von der Maßgeblichkeit einer „Vorsatzkonkretisierung“ (aberratio ictus), als auch die Tatplantheorie von Roxin, Puppe (Fn. 10), 1 ff.; NK/Puppe, § 16 Rn. 73 ff.
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Die Gefahr des Zerschellens auf dem Deck eines Schiffes für sich allein betrachtet ist wohl noch nicht groß genug, um als Vorsatzgefahr beurteilt zu werden. Denn es ist schon ein unwahrscheinlicher Zufall, dass gerade in dem Moment, in dem das Opfer von der Brücke stürzt, an dieser Stelle ein Schiff unter der Brücke hindurchfährt. Aber die anderen Möglichkeiten des Erfolgseintritts durch Sturz von einer hohen Brücke bleiben bis zu dem Moment virulent, in dem sich diese eine Erfolgsmöglichkeit realisiert. Erst von dem Moment an, in dem das Schiff unter der Brücke hindurchfährt, ist der Tod des Opfers durch Ertrinken oder Schock ausgeschlossen. Das unterscheidet diesen Fall vom Hochsitzfall. Im Hochsitzfall war die Gefahr des Todes durch Schädelbruch, Genickbruch oder Rückgratsverletzung bereits dadurch erloschen, dass sich das Opfer beim Sturz nur den Knöchel brach. Danach blieb nur noch die Gefahr eines Todeseintritts durch krasse Versäumnisse der behandelnden Ärzte übrig, die sich dann schließlich realisiert hat. Diese Gefahr war in dem Moment, als der Täter den Hochsitz umstürzte, zu gering, um als Vorsatzgefahr beurteilt zu werden.
III. Kausalabweichung durch intermittierendes Fehlverhalten Sancinetti will die Zurechnung des Erfolges zum Vorsatz des Ersttäters schon dann ablehnen, wenn ein zweiter oder auch der Ersttäter selbst nach der Ersthandlung einen Fehler gemacht hat, beispielsweise ein Arzt einen Behandlungsfehler.18 Aber hier ist zwischen leichten und groben Behandlungsfehlern zu differenzieren. Hat der Täter das Opfer einer Lebensgefahr ausgesetzt, die eine riskante medizinische Intervention notwendig macht, und begeht der Arzt bei dieser Intervention einen geringen Fehler, so hat sich gleichwohl die Gefahr der Erstverursachung realisiert. Denn nur weil diese Gefahr bestand und auch groß war, war es notwendig und auch gerechtfertigt, dass der Arzt eine ihrerseits riskante Behandlung wagte, um die Überlebenschance des Patienten zu wahren. Stirbt der Patient an den Folgen dieses Wagnisses, sei es ohne, sei es mit einem ärztlichen Fehler, so ist für die kausale Erklärung dieses Todeseintritts die hochgradige Lebensgefahr, der der Täter das Opfer ausgesetzt hat, bis zuletzt erforderlich. Das Durchgängigkeitserfordernis ist also erfüllt. Auch für die Begründung seines Ergebnisses, dass im Falle des dolus generalis dem Täter der Todeserfolg nicht als vorsätzlich zuzurechnen ist, beruft sich Sancinetti darauf, dass nach der vorsätzlichen Handlung noch ein Fehler ursächlich für den Erfolg war, nämlich der Fehler des Täters selbst, das Opfer für tot zu halten und deshalb die vermeintliche Leiche in einer Weise zu verbergen, die den Tod bewirkt hat.19 Aber nicht jeder Fehler des Täters oder eines Dritten oder auch des Opfers verdrängt die ursprünglich vom Täter gesetzte Vorsatzgefahr. Dies geschieht nur dann, wenn der Fehler selbst ohne die Tatsachen erklärbar ist, die die Vorsatzgefahr 18 19
Sancinetti (Fn. 1), 361 f. Sancinetti (Fn. 1), 362.
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begründen. Das ist in den Fällen des dolus generalis nicht der Fall. Es ist gerade der lebensgefährliche Charakter der vorsätzlichen Handlung, die den Täter dazu bringt, das Opfer für tot zu halten und die vermeintliche Leiche zu verbergen. Es ist geradezu der normale Lauf der Dinge, dass der Täter, der sein Opfer einer lebensgefährlichen Behandlung unterzogen hat, sich so verhält. Das Durchgängigkeitserfordernis ist also auch in den Standardfällen des dolus generalis erfüllt. Wenn ein Mensch beispielsweise mit einer Keule bewusstlos geschlagen worden ist, so gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, wie er zu Tode kommen kann. Er kann unmittelbar an der Kopfverletzung sterben, etwa durch Hirnblutung oder Hirnschwellung, er kann wegen seiner Bewusstlosigkeit an seiner eigenen Zunge ersticken, erbrochenen Mageninhalt einatmen und infolge dessen ersticken oder später an einer Lungenentzündung sterben, er kann unter Umständen auch erfrieren oder an Unterkühlung sterben. Eine dieser Möglichkeiten ist auch, dass der Täter das bewusstlose Opfer für tot hält und seinen Tod dann unmittelbar durch diejenige Handlung unvorsätzlich verursacht, durch die er die vermeintliche Leiche beseitigen will. Alle diese Möglichkeiten haben gemeinsam, dass ein notwendiges Element ihrer Realisierung die Tatsache ist, dass der Täter das Opfer derart verletzt hat, dass es das Bewusstsein verlor. Diese verschiedenen Erfolgseintrittsmöglichkeiten schließen einander aus, sodass diejenige, die tatsächlich eintritt, die anderen schließlich verdrängt. Es mag sein, dass im Moment der vorsätzlichen Handlung die Erfolgseintrittsmöglichkeit, die dann tatsächlich eintritt, nicht wahrscheinlich genug ist, um für sich allein eine Vorsatzgefahr zu begründen. Alle Erfolgseintrittsmöglichkeiten zusammen begründen aber eine Vorsatzgefahr, die sich dann realisiert, wenn eine dieser Möglichkeiten tatsächlich eintritt, weil immer dann die Gefahrfaktoren, die eine Vorsatzgefahr konstituieren in der kausalen Erklärung des Erfolgseintritts vorkommen. Diese Realisierung einer vom Täter wissentlich gesetzten Vorsatzgefahr, auf welchem Wege auch immer, verschafft dem Täter jene Herrschaft über den wirklichen Kausalverlauf, die uns dazu berechtigt, ihn dem Täter nicht nur als Folge seiner Fahrlässigkeit, sondern als Verwirklichung seines Vorsatzes zuzurechnen.20 Literatur Joecks, Wolfgang (Hrsg.), Münchener Kommentar. Strafgesetzbuch, Band. 2, 3. Auflage, München 2016. Kindhäuser, Urs u. a. (Hrsg.), Nomos-Kommentar. Strafgesetzbuch, Band. 1, 5. Auflage, Baden-Baden 2017. Lackner, Karl/Kühl, Kristian (Hrsg.), Strafgesetzbuch. Kommentar, 29. Auflage, München 2018. Puppe, Ingeborg: Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Auflage, Baden-Baden 2019. Puppe, Ingeborg: Vorsatz und Zurechnung, Heidelberg 1992. 20
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Sancinetti, Marcelo Alberto: „Dolus generalis“ und „Strafrechtliches Glück“, in: Bernd Schünemann (Hrsg.), Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag, Berlin 2001, S. 349 – 363. Schönke, Adolf/Schröder, Horst: Strafgesetzbuch. Kommentar, 30. Auflage, München 2019. Wolter, Jürgen (Hrsg.), Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 2, 9. Auflage, Köln 2016.
Die Struktur der Beteiligung* Von Ricardo Robles Planas Als ich mit meiner Doktorarbeit begann,1 fiel mir ein kleines Buch von Marcelo Sancinetti in die Hände. Es trug den Titel „Das eigene Unrecht der Teilnahme an der fremden Tat“ („El ilícito propio de participar en el hecho ajeno“, 1996), und ich war derart beeindruckt, dass es Monate dauerte, bis ich in der Lage war, über die Beteiligung an der Straftat anders nachzudenken, als Sancinetti sie konzipiert hatte. Jetzt, ein Vierteljahrhundert später und anlässlich seiner verdienten Ehrung, möchte ich derjenige sein, der ihn davon überzeugt, die Beteiligung anders zu betrachten.
I. Einleitung Nach der gegenwärtig immer noch herrschenden Auffassung werden die Tatbestände des Besonderen Teils von den Tätern verwirklicht. Dieser Meinung nach beantworten die Tatbestände zwei Fragen gleichzeitig: die Frage nach dem Gegenstand der Zurechnung, worauf die Antwort lautet: das tatbestandsmäßige Unrecht. Und die Frage, welchen Subjekten dieser Gegenstand als eigener zugerechnet wird; die Antwort hierauf lautet: nur den Tätern.2 Die Teilnehmer hingegen seien nach den Regeln des Allgemeinen Teils strafbar, die die Strafbarkeit auf akzessorische Beteiligungen ausdehnen. In diesem Sinne wird vertreten, die Verantwortung des Täters sei unabhängig, die des Teilnehmers hingegen abhängig. Die Bestrafung des Letzteren setze eine von einem Täter mit bestimmten Merkmalen begangene Tat voraus. Dies ist der Kern des sog. restriktiven Täterbegriffs und seiner unverzichtbaren Ergänzung des Prinzips der Akzessorietät der Beteiligung. Die quantitative Akzessorietät besteht darin, dass die Haupttat (des Täters) mindestens das Ausführungsstadium erreicht haben muss, um den Teilnehmer bestrafen zu dürfen. Nur ausnahmsweise sieht das Gesetz auch die Bestrafung von Beteiligungverhaltensweisen vor, denen keine Ausführung folgt, wie dies z. B. bei dem § 30 StGB der Fall ist. Die qualitative Akzessorietät bezieht sich darauf, welche deliktische Eigenschaften die Haupttat (des * Ins Deutsche übersetzt von Dr. Nuria Pastor – von Assessor Andreas Dornseifer überarbeitet. Die Arbeit fügt sich in den Rahmen des Forschungsprojekts I+D DER2017 – 82232-P (AEI/FEDER, UE). 1 Robles Planas, La participación, 2003. 2 Sehr deutlich Otto, AT, 7. Aufl., 21/6: „Der restriktive Täterbegriff geht hingegen davon aus, dass die Tatbestandsbeschreibung gleichzeitig eine Beschreibung des Täters darstellt“. S. auch Maurach/Gössel/Zipf/Renzikowski, AT, 8. Aufl., 47/68 ff.
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Täters) aufweisen muss, um den Teilnehmer bestrafen zu dürfen. In dieser Hinsicht ist gegenwärtig die Lehre der limitierten Akzessorietät herrschend, die eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige aber nicht schuldhafte Haupttat voraussetzt. Wenn trotz des (warum auch immer vorliegenden) Entfallens der vollständigen Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit des Täterverhaltens das Verhalten des Teilnehmers als strafwürdig angesehen wird, darf Letzterer nicht bestraft werden. In dieser Hinsicht scheinen die beiden Dimensionen der Akzessorietät einen die Verantwortung des Teilnehmers einschränkenden Inhalt zu haben. Jedoch liegt das Problem dieses Verständnisses des Phänomens der Beteiligung an der Straftat darin, dass es dem Teilnehmerunrecht jede positive Grundlage entzieht. Ein solches Konzept setzt lediglich voraus, dass derjenige, der ein akzessorisches (tatbestandloses) Verhalten verwirklicht, verantwortlich sein muss. Aber warum ist er verantwortlich? Wenn die tatbestandsmäßige Tat, gleich welche Merkmale sie erfüllen soll, die Tat des Täters ist, liegt hier dann nicht eine Art von Verantwortung für eine fremde Tat vor? Um diese Schlussfolgerung zu vermeiden, weist Marcelo Sancinetti zu Recht darauf hin, es sei erforderlich, das Unrecht des Beteiligten selbst zu begründen. Doch an dieser Stelle trennen sich unsere Wege. Er vertritt eine Lösung, die ich als „System der Verantwortung für den eigenenen Normverstoß“3 bezeichnet habe. Sein Modell ist ein dogmatisches Modell, das von den einheitlichen Täterbegriffen, den reinen Verursachungslehren sowie der Lehre der Pflichtverletzung auch geteilt wird. Dieses Modell ist durch den absoluten Verzicht auf den Akzessorietätsgedanken sowie dadurch gekennzeichnet, dass der Zusammenhang zwischen dem Beteiligten und seiner Norm das einzig Relevante ist. Es wird sich zeigen, dass ein solches Modell nicht per se falsch ist. Es setzt jedoch voraus, dass die Tatbestände des Besonderen Teils jeden Verstoß gegen die Beteiligtenverhaltensnorm zu bestrafen beabsichtigen – und dies scheint wenigstens bei den Organisationsdelikten (negativen Pflichten) nicht vertretbar zu sein.4 Deshalb ist der der Akzessorietät zugrundeliegende Gedanke im Kern richtig: Die Strafbarkeit gewisser Beteiligungsverhaltensweisen hängt davon ab, dass eine Tatbestandsverwirklichung stattfindet (dass wenigstens der Versuchsbeginn vorliegt). Hingegen ist das Verständnis falsch, eine solche Tatbestandsverwirklichung sei Eigentum des Täters und deshalb dem Teilnehmer fremd. Dies verlangt eine theoretische Rekonstruktion, die ich „System der Verantwortung für die Beteiligung“ genannt habe.5
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Robles Planas, La participación, S. 145. S. unten Text zu Fn. 23. 5 Robles Planas, La participación, S. 145. 4
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II. Die zwei Stufen des Systems der Verantwortung für die Beteiligung an der Straftat6 In dem System der Verantwortung für die Beteiligung geht es darum, die zwei grundlegenden Operationen für die Bestimmung der strafrechtlichen Verantwortung bei mehreren Beteiligten zu identifizieren: erstens ist das Vorliegen eines tatbestandsmäßigen Beteiligungsverhaltens bezüglich der Straftat erforderlich. Nach der Bestimmung des Kreises der verantwortlichen Subjekte ist zweitens erforderlich, das Ausmaß jedes einzelnen Beitrags zu messen. Die erste Operation – der Aufbau der Beteiligung – ist unverzichtbar: Es kann lediglich Verantwortung für unerlaubtes Verhalten geben; damit ist es erforderlich, in Erfahrung zu bringen, ob das Verhalten des Subjekts eine deliktische Bedeutung hat, oder eher im Rahmen des tatbestandsmäßig Bedeutungslosen einzuordnen ist. In der Gegenwart steht außer Diskussion, dass sich die Kriterien der sog. „Lehre der objektiven Zurechnung“ auf alle Beteiligte (und nicht nur auf die herkömmlich sog. Täter) anwenden lassen. Damit wird jede Spur der auf die bloße Verursachung bzw. die Absichten gründenden Verantwortung überwunden. In den letzten Jahren hat die Lehre der neutralen Handlungen die Diskussion zu dem relevanten Punkt geführt: Es gibt einen Raum der erlaubten Beteiligung an der Straftat. Aber diese erste Operation – die Integration des konstitutiven Moments der Beteiligung in den Bereich der „objektiven Zurechnung“ – hat auch Folgen, die über die Bestimmung der Grenzen der strafbaren Beteiligung hinausgehen (unten III.); und jene Folgen gestalten den herrschenden Ansatz derart um, dass er nicht mehr zu erkennen ist. Von dem Täterbegriff als Ausgangspunkt wird Abschied genommen (unten IV.) und ein neues Verständnis der normativen Struktur der Beteiligung sowie des Problems der Akzessorietät wird formuliert (unten V.). Auch die zweite Operation ist unverzichtbar. Ein System der Beteiligung an der Straftat, das auf die Abstufung der Verantwortung auf Grund der Bedeutung der Beiträge jedes Beteiligten verzichtet, ist nicht angemessen. Dass dies so ist, wird in den meisten Strafgesetzbüchern unseres Kulturkreises zum Ausdruck gebracht. Nicht einmal die sog. „Einheitstätersysteme“ verzichten auf gewisse Abstufungen. Dabei erweist es sich als relevant, hervorzuheben, dass die grundlegenden Entscheidungen üblicherweise auf zwei Grundentscheidungen zurückgeführt werden: erstens die Entscheidung, denselben Strafrahmen für gewisse, gleichbedeutende Beteiligungen festzulegen, und zweitens die Entscheidung, einen milderen Strafrahmen für gewisse Beteiligungen geringerer Bedeutung zu etablieren. Dies geschieht letzen Endes auch in Strafgesetzbüchern wie dem spanischen oder dem deutschen, bei denen die entscheidende Frage lautet, ob die Bewertung des Beitrags zu der Anwendung des in dem Tatbestand vorgesehenen Strafrahmens oder eher einer milderen Strafe führt (in dem letzteren Fall sind die Beteiligten „Gehilfen“). Hierfür sind klare Kriterien erforderlich, anhand derer sich das quantum der Strafe bestimmen 6
S. zum Folgenden Robles Planas, GA 2012, 276 ff. m.w.H.
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lässt. Jedoch dürfen jene Kriterien nur in ihren grundsätzlichen Zügen konturiert werden, genauso wie es bei der Strafzumessung geschieht (unten VI., wo übrigens der phänomenologische Gedanke kritisch erörtert werden soll, der das Wesen des Problems seit Jahrzehnten verdunkelt).
III. Wann liegt Beteiligung an einer Straftat vor? Sich an einer Straftat zu beteiligen, bedeutet, etwas strafrechtlich Relevantes zu der unrechten Tat beizutragen. „Strafrechtlich relevant“ bedeutet „in einer von dem Strafrecht missbilligten Art und Weise“, was wiederum bedeutet, dass es auch „erlaubte“Art und Weisen gibt, sich an einer Straftat zu beteiligen. Letztere werden auch „neutrale Handlungen“ oder Fälle des „Regreßverbots“ genannt.7 Normalerweise lassen sich viele neutrale Handlungen unter den Beiträgen vor dem Versuchsbeginn finden. Denn im Allgemeinen muss man sich nicht darum kümmern, dass die eigenen Beiträge später von anderen selbstverantwortlichen Subjekten zu dem Deliktischen hingelenkt werden. Hier gilt also ein Prinzip der Sphärentrennung, was sich mit komplexen, durch einen hohen Grad an Arbeitsteilung gekennzeichneten Gesellschaften gut in Einklang bringen lässt, in denen die soziale Interaktion auf die Grundlage von begrenzten Zuständigkeitssphären gestützt ist. Die Analyse hier abzubrechen, würde jedoch letzten Endes bedeuten, den Bereich des Phänomenologischen nicht zu verlassen: Auch Beiträge, die zu einem späteren Zeitpunkt als andere, bereits von dem Deliktischen geprägte Beiträge geleistet werden, können neutral sein.8 Bekannt ist der Fall des Biologiestundenten, der als Kellner arbeitet und einen von dem Koch mit giftigen Früchten belegten Salat serviert, aber auch der Fall des Industriehandwerkers, der auf Grund der Entscheidung seiner Vorgesetzten Container mit kontaminierenden Stoffen in die Umwelt entleert. In beiden Fällen ist das Subjekt kein Garant dafür, dass der Tatbestand nicht verwirklicht wird, und dies auch wenn sein Handeln an letzterer Stelle die Tatbestandsverwirklichung „ermöglicht“ hat. Deshalb ist hier höchstens ein Vorwurf wegen der Verletzung von allgemeinen Unterlassungspflichten möglich (Art. 195 und 450 sp. StGB, §§ 138 und 323c StGB). Das Gegenteil geschieht, wenn das Subjekt unabhängig davon, ob es vor oder nach einem Anderen gehandelt hat, Garant dafür ist, dass die Tatbestandsverwirklichung nicht stattfindet. Dies ist der Fall in den Konstellationen von an sich gefährlichen Beiträgen, die einer Sonderregelung unterworfen sind. Es ist nicht nötig, hervorzuheben, dass diese Konstellationen Ausnahmen darstellen, sodass sich die allgemeine Regel bestätigen lässt: Die Beteiligung an der Straftat ist gewöhnlich ein erlaubtes Risiko. Strafrechtlich relevante Beteiligung liegt dann lediglich in den gerade 7 Grundlegend dazu und zum Folgenden Jakobs, ZStW 89 (1977), 409 ff.; derselbe, Theorie, S. 28 ff. S. auch Frisch, FS-Lüderssen, S. 539 ff.; Robles Planas, La participación, S. 24 ff., 275 ff.; derselbe, GA 2008, 18 ff., mit ausführlichen Literaturhinweisen. 8 Wer übrigens den Ausdruck „Regreßverbot“ bevorzugt, müsste hier den Ausdruck „Progressverbot“ anwenden.
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erwähnten Fällen der sog. spezifischen Garantenstellungen sowie vor allem dort vor, wo das weitreichende Grundrisiko überschritten wird, von dem wir alle bei der sozialen Interaktion ausgehen. Jene Überschreitung findet nicht durch Verursachungen, Wissen oder Absichten statt, sondern durch die objektive Bedeutung des Verhaltens: Wenn Letzteres sich objektiv als Teil der Straftat interpretieren lässt, und nicht wenn es sich als etwas von der Straftat noch Distanziertes erweist.9 Ein Verhalten gehört zu einer Straftat, wenn derjenige, der es verwirklicht, ihm die spezifische Form gegeben hat, damit es sich in die Straftat passend einfügt. Dieses Zurechnungskriterium, das weit genug ist, um andere Unterkriterien zu umfassen, aber auch eng genug, um jedwede Konstellation auszuschließen, die heutzutage von der Literatur und Rechtsprechung teilweise noch als strafbare Beteiligung eingestuft wird, habe ich „Anpassungsverhalten“ genannt.10
IV. Der Täterbegriff als Ausgangspunkt? Ein Einwand gegen das System der Beteiligung auf zwei Ebenen, so wie ich es oben geschildert habe, würde lauten, jenes System sollte abgelehnt werden, weil es genau gegenteilig zu dem vorgeht, wie vorzugehen ist. Zunächst – so der Einwand – soll die Täterschaft bestimmt werden; anschließend die Teilnahme. Der Täterschaftsbegriff sei primär, der Teilnahmebegriff sekundär. Dies stellt jedoch das wichtigste Problem der herkömmlichen Lehre dar: dass sie von dem konstituierenden Charakter der Täterfigur ausgeht, dem sog. restriktiven Täterbegriff. Im Gegensatz zu diesem Ansatz wird vorliegend verstanden, dass sich die Tatbestände des Besonderen Teils nicht ausschließlich auf das Verhalten einer bestimmten Art von Subjekten, nämlich der Täter, bezieht. Dies bedeutet, dass jene Tatbestände nicht gleichzeitig das strafbare Unrecht und diejenigen bestimmen, die als Täter für das strafbare Unrecht verantwortlich sind. Wäre dies so, dann würde das Täterschaftskriterium (z. B. die Tatherrschaft) das Unrecht mitgestalten. Die Tatbestände würden dann lauten: „nur derjenige tötet, der mit Tatherrschaft tötet“ oder „nur der mit Tatherrschaft hervorgerufene Tod ist strafbar“ oder schließlich „ohne Tatherrschaft liegt kein Totschlagstatbestand vor“. Dies hat jedoch keinen Sinn, allein deshalb, weil die Tatherrschaft gerade das tatbestandsmäßige Geschehen als Bezugspunkt nimmt, sodass sie nicht ihrerseits als Teil des tatbestandsmäßigen Geschehens betrachtet werden darf, ohne in einen logischen Fehlschluss zu geraten. Vielmehr enthalten die Tatbestände des Besonderen Teils tatbestandsmäßige Beschreibungen, die aus der Perspektive der Einstufung des einen oder des anderen Verhaltens in den klassischen Formen der Beteiligung an der Straftat („Täterschaft“ und „Teilnahme“) „neutral“11 sind. Die Formulierung der Tatbestände des Besonderen Teils erschöpft sich in dem Umfassen von 9
Jakobs, Theorie, S. 28 ff. Robles Planas, La participación, S. 303 ff.; derselbe, GA 2008, 30 m.H. auf die Ansätze von Jakobs und Frisch. 11 Zutreffend Rotsch, „Einheitstäterschaft“, S. 281. 10
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strafrechtlich missbilligten Formen der Beteiligung an einer Straftat (sei Letztere „täterschaft“- oder „teilnahme“begründend). Wie bereits ausgeführt, wird das Vorliegen eines Verhaltens der Beteiligung an der Straftat gemäß den allgemeinen Kriterien der Missbilligung von Verhaltensweisen bestimmt. Der herkömmliche, von dem restriktiven Täterbegriff formulierte Einwand, nach dem die anderen Ansätze vertreten sollten, es töte derjenige, der einfach eine Kausalbedingung setzt, gilt damit nicht für diejenigen Ansätze, die einen restriktiven Unrechtsbegriff12 annehmen, d. h. für die Ansätze, die einen Unrechtsbegriff vertreten, der sich nicht auf die Kausalität stützt, sondern normativ bestimmt wird: jeder tötet, dem ein Tod „objektiv zugerechnet“ werden kann. Sich an eine „Zentralfigur“ zu klammern, stellt eine petitio principii dar, die zu dem Mangel einer Begründung der Verantwortung der anderen Beteiligten führt. Wäre es daher nicht besser, mit dem zu beginnen, was Täter und Teilnehmer verbindet, und nicht mit dem, was sie trennt? Die herrschende Lehre macht sich zunächst daran, die Eigenschaften einer bestimmten Art von Beteiligten, nämlich der Täter, zu identifizieren, um dann anschließend die Verantwortung der anderen Art von Beteiligten, nämlich der Teilnehmer, auf Grund ihrer Verbindung mit den Tätern zu konstruieren. Diese seltsame Vorgehensweise müsste weichen zugunsten einer logischeren: erstens sollte das geprüft werden, was alle Beteiligten verbindet (die Konstruktion der gemeinsamen Verantwortung für die Tat), um anschließend das zu analysieren, was sie trennt (das unterschiedliche Gewicht der Beiträge).13 Gegen diesen Ansatz wird teilweise angeführt, zwischen Tätern und Teilnehmern läge ein qualitativer Unterschied vor, nämlich dass während den Tätern die Tat als eigene zugerechnet werden könne, Letztere den Teilnehmern nur als fremde Tat zugerechnet werden könne. Dieser verbreiteten Aussage darf nicht gefolgt werden. In einem das Prinzip der persönlichen Verantwortung achtenden Strafecht ist es nicht möglich, jemanden für fremdes Unrecht zur Rechenschaft zu ziehen. Insofern ist das Verständnis falsch, dass den Teilnehmern eine fremde Tat zugerechnet wird. Ihnen muss die Tat ebenfalls als eigene zugerechnet werden. Jedoch ist eine Tat nicht nur eigen, wenn die Tat (selbst) eigenhändig begangen wird, sondern sie ist es auch dann, wenn ein Anderer die Tat für mich begeht, wie es bei den Rechtsinstituten des Mandats und der Vertretung gemeinhin anerkannt ist.14 Insofern ist es falsch, dass nur den Teilnehmern etwas „Fremdes“ (i.S.v. „nicht-eigenhändig“) zugerechnet wird: Auch bei der Mittäterschaft wird jedem Mittäter ein Tatteil als eigener zugerechnet, den er nicht eigenhändig verwirklicht hat.15 Mit anderen Worten wird zwar dem Beteiligten sowohl bei der (Mit)Täterschaft als auch bei der Teilnahme ein Teil der Tat zugerechnet, den er nicht 12
Lesch, Beihilfe, S. 272. So Robles Planas, La participación, S. 219 ff., 261 ff.; derselbe, Garantes y cómplices, S. 20 ff.; derselbe, InDret Penal 2/2012, 1 ff.; derselbe, GA 2012, 276 ff. Jüngst auch Orozco López, Beteiligung, S. 196 ff. 14 Dazu bereits Binding, Der Gerichtssaal 71 (1908), 8. S. auch Jakobs, Theorie, S. 16. 15 Ausdrücklich, Lesch, Beihilfe, S. 274 – 275; Robles Planas, La participación, S. 155; jüngst auch Orozco López, Beteiligung, S. 199 ff. 13
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eigenhändig begeht; jedoch bedeutet dies nicht, dass diesen Beteiligten eine fremde Tat zugerechnet wird. Denn die Tat ist nicht fremd, weil der Beteiligte einen Beitrag geleistet hat, dessen Bedeutung es ist, die restlichen Beiträge (auch) zu seinen eigenen zu machen. Die „Magie“ der Theorie der Beteiligung an der Straftat besteht also darin, dass sie es ermöglicht, einem Subjekt Verantwortung für Handlungen zuzurechnen, die er nicht persönlich begeht, aber die ihm so eigen sind wie diejenigen, die er persönlich begeht; Letztere müssen gerade die Bedeutung haben, das naturalistisch Fremde als normativ Eigenes auf sich zu beziehen. Das ist also der Inhalt der ersten Ebene des Systems der Beteiligung an der Straftat: die Bestimmung der Beiträge, die sich in ein- und dieselbe Tat einfügen, sodass all diesen Beiträgen die Tat zugerechnet werden kann, auch wenn Letztere nicht eigenhändig begangen worden ist.
V. Die normative Struktur der Beteiligung. Akzessorietät 1. Verhaltensnorm, Sanktionsnorm, Akzessorietät Demgemäß sind die Vorschriften des Besonderen Teils für die Fälle bestimmt, in denen ein einziger Akteur handelt oder unterlässt.16 Soweit andere Subjekte auftreten, die auch verantwortlich sein können, muss die Lage rekonstruiert werden: die Rekonstruktion der Sanktionsnorm bedeutet vor allem zu erkennen, dass was von einem Einzelnen begangen werden kann, auch von mehreren zusammen begangen werden kann.17 Damit verletzt bei der Beteiligung an der Straftat jeder Beteiligte seine eigene Verhaltensnorm (Pflicht). Dem Verhalten aller Beteiligter liegt eine gemeinsame negative Bewertung zugrunde, die sich durch das Postulat der „objektiven Zurechnung“ konkretisieren lässt. Die Verhaltensnorm verbietet es jedem Beteiligten, einen Beitrag mit deliktischer Bedeutung zu leisten. Zwar kann die Sanktionsnorm gewisse zusätzliche Voraussetzungen für die Sanktionierung verlangen (s. unten im Folgenden). Jedoch bedeutet dies nicht, dass jene Verhaltensweisen ihre Normwidrigkeit verlieren.18 Das strafrechtlich Sanktionierbare ist eingeschränkter als das Normwidrige. 16
So auch Freund, AT, 2. Aufl., 10/1. Anders Freund, AT, 2. Aufl., 10/3, 10/6 ff. 18 S. zu der Rechtswidrigkeit der Beiträge im Vorbereitungsstadium zutreffend Peñaranda Ramos, La participación, S. 328. Im Folgenden werden Gedanken dargestellt, die bereits in Robles Planas, GA 2012, 278, angekündigt wurden; derselbe, InDret Penal 2/2012, 4 – 5 und derselbe, La participación, S. 149 – 153. Dieser Ansatz wurde ausführlich von Vacchelli, Intervención delictiva, passim, entwickelt, der zu Schlussfolgerungen gelangt, die ich großteils auch vertreten würde. Jedoch begreift er die Vorschriften, die die Teilnahme in dem Allgemeinen Teil bestrafen, als konstitutiv für den Fall der vor dem Versuchsbeginn geleisteten Beiträge. Wäre es aber so, müssten dann die von keiner Ausführung gefolgten Beiträge nicht straflos bleiben. Sind sie aber straflos, so nur deswegen, weil auch die vor dem Versuchsbe17
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Auf der Ebene der Verhaltensnorm liegt das Wesen der Beteiligung an der Straftat in Wahrheit in der objektiven Koordinierung von unterschiedlichen Beiträgen um der deliktischen Verwirklichung willen. Relevant ist deshalb, ob jeder einzelne Beitrag die objektive Bedeutung hat, sich mit den anderen als gemeinsames deliktisches Projekt zusammenzufügen, oder ob er sich von den anderen Beiträgen absondern lässt. Für das Erstere ist erforderlich, dass das Verhalten spezifisch zugeschnitten ist auf die Verwirklichung des Tatbestandes (mit den anderen Beiträgen). Die Akzessorietät bei der Verhaltensnorm ist nichts anderes als dieses (objektive) Phänomen der Verkoppelung von Verhaltensweisen, das mit sich bringt, ein Verhalten gerade deswegen verbieten zu dürfen, weil es die Bedeutung hat, an ein deliktisches Projekt anzuknüpfen, d. h. mit anderen Verhaltensweisen zu der Organisation einer Straftat zu gehören. Bildlich gesprochen: Die Akzessorietät ermöglicht „auszufüllen“, was dem Verhalten fehlt, um eine alleinige Gestaltung der Tat zu sein. Dass dies keine Besonderheit der Teilnahme ist, sondern auch die Mittäterschaft betrifft, sollte angesichts der vorherigen Ausführungen klar sein.19 Auf der Ebene der Sanktionsnorm liegen die Dinge anders. Nicht jede Verletzung einer Verhaltensnorm ist für sich tatbestandsmäßig. Tatbestandmäßig sind nur diejenigen Verhaltensweisen, die gegen eine Norm verstoßen und so mit derselben Tat normativ verbunden sind, wenn jene Tat gewisse Eigenschaften aufweist: wenn sie ein tatbestandsmäßiges Unrecht darstellt. Dabei stellen nur die Taten tatbestandsmäßiges Unrecht dar, die ein gewisses Ausmaß an Schädlichkeit erreichen, nämlich den Beginn der Ausführung.20 Sobald die Ausführung beginnt, werden alle mit der Tat normativ verbundenen Beiträge tatbestandsmäßig. Nicht nur ist das Verhalten des Ausführenden tatbestandsmäßig, der mit der Tatbestandsverwiklichung beginnt, sondern auch die Verhaltensweisen der Subjekte, die vorher gehandelt haben, sodass sie die Ausführung erst ermöglicht haben. Daher wird vorliegend immer wieder vertreten, dass die Tatbestände des Besonderen Teils nicht nur die täterschaftlichen Verhaltensweisen sondern auch alle Verhaltensweisen jeder strafrechtlich relevanten Beteiligung umfassen. Denn ihnen allen kann das verwirklichte tatbestandsmäßige Unrecht „objektiv zugerechnet“ werden.21 Die Ausführung ist gleichsam das „Ergebnis“ des koordinierten Handelns der verschiedenen Beteiligten. Die Einen und die Anderen haben mit ihren jeweiligen Verhaltensweisen in einem größeren oder geringerem Ausmaß diese Ausführung gestaltet. Dies gilt nicht nur für den Beteiligten, der einen ginn geleistete Beteiligung der Logik des Tatbestandes des Besonderen Teils unterworfen wird. Erste Erläuterung: Das eine ist die Verletzung der Verhaltensnorm des Beteiligten und das andere ihre Sanktion mit Strafe. Aus dem Tatbestand lassen sich auch diese Verhaltensnormen ableiten, die auf die vor der Ausführung geleisteten Beiträge bezogen sind; jedoch fügt der Tatbestand die Voraussetzung hinzu, dass die Tat in das Ausführungsstadium gelangen muss, um jene Beiträge bestrafen zu dürfen. Zweite Erläuterung: mit der Abgabe einer Waffe fängt die Tatbestandsverwirklichung noch nicht an, sondern nur mit dem Versuchsbeginn, der aber auch der Versuchsbeginn für denjenigen ist, der die Waffe abgegeben hat. 19 S. oben Fn. 15. 20 Zutreffend Jakobs, Theorie, S. 1 und passim. 21 Robles Planas, La participación, S. 137, 159 – 160.
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Beitrag geringerer Bedeutung leistet (der dann „Gehilfe“ genannt wird), sondern auch für den Beteiligten, der den wichtigsten Teil des Geschehens gestaltet (der dann „Täter“ genannt wird). Auch bei dem Letzteren wird es erforderlich sein, darauf zu warten, dass die Folgen der Verletzung der Verhaltensnorm ein gewisses Stadium erreichen, um dann feststellen zu dürfen, dass der Bereich des Strafbaren erreicht worden ist. Dass es für die Sanktionierung jeglicher Verhaltensweisen erforderlich ist, auf den Beginn der Ausführung zu warten, bedeutet nicht, dass ein restriktiver Täterbegriff angenommen werden soll, sondern nur, dass ein restriktiver Tatbegriff bzw. ein restriktiver Begriff des strafbaren Unrechts übernommen wird.22 Die bis hier formulierten Ausführungen ermöglichen es, die Bedeutung der (äußeren oder quantitativen) Akzessorietät in einem dreifachen Sinne zu klären: erstens wird das Richtige, das sich in dem Kern der Akzessorietät befindet, beibehalten, nämlich, dass alle vor dem Ausführungsbeginn geleisteten Beiträge nicht per se tatbestandsmäßig sind, sondern nur relevant werden, wenn der Versuch beginnt; zweitens wird die Vorverlagerung der Strafbarkeit vermieden, die mit dem Verzicht auf jede Akzessorietät verbunden ist, wie die Vertreter letzterer Lösung offen anerkennen; 23 drittens wird schließlich die teilweise zutreffende, von den letztgenannten Autoren (nämlich den Autoren, die auf jede Akzessorietät verzichten) formulierte Kritik überwunden, nach der jeder Beteiligte nur sein eigenes Unrecht und nicht das fremde Unrecht zu verantworten hat:24 Denn das Unrecht der Tat ist allen Beteiligen eigen, auch wenn es nicht eigenhändig begangen wird, sodass es nicht nur einem von den Beteiligen (dem Letzten, der entscheidet, dem Ausführenden, der die Tatherrschaft hat, usw.) gehört. Letzteres betrifft die äußere oder quantitative Akzessorität. Die Frage nach der inneren oder qualitativen Akzessorietät lautet, welche Merkmale jeder Beteiligte persönlich verwirklichen muss, und welche dagegen er sich von den Beiträgen anderer Beteiligter „ausleihen“ kann. Im Lichte der vorherigen Überlegungen ist die Antwort einfach zu finden: Jeder Beteiligte muss persönlich (wie sonst?) eine Verhaltensnorm verletzen. Dabei wird seine Schuld vorausgesetzt. Nun wird aber nicht jede Verhaltensnormverstoß durch die Sanktionsnorm bestraft. Die Tatbestände des Besonderen Teils schneiden den Bereich des Strafbaren dadurch zu, dass sie zusätzliche Merkmale verlangen. Außer bei den Pflichtdelikten müssen jene Voraussetzungen tatsächlich vorliegen, um die objektiv miteinander verbundenen Verhaltensnormverletzungen sanktionieren zu dürfen. Da aber die Beiträge gerade objektiv miteinander verbunden sind (Akzessorietät), ist es nur erforderlich, dass die zusätzliche tatbestandsmäßige Voraussetzung in irgendeiner Art und Weise vorliegt, und nicht, 22
Lesch, Beihilfe, S. 272. Z. B. Sancinetti, El ilícito propio, S. 24. Jedoch ist der Verzicht Sancinettis auf die Akzessorietät nicht vollkommen: „die bloße gescheiterte Anstiftung oder Beihilfe sollte prinzipiell so gut wie nie ohne weiteres strafbar sein. Denn der bloße Vorschlag, die Tat zu begehen, oder einen Tatbeitrag anzunehmen, könnten zu demselben Zeitpunkt stattfinden, in dem bereits Möglichkeiten der Entstehung einer Ingerenz des Haupttäters selbst vorliegen“. 24 Sancinetti, El ilícito propio, passim. 23
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dass jedes Subjekt sie persönlich realisiert. Mit anderen Worten: es reicht somit, dass jene Voraussetzug von einem der Beteiligten verwirklicht wird. Der gerade dargestellte Ansatz weist viele Ähnlichkeiten mit dem Ansatz Jakobs’ auf. Insbesondere ist es Verdienst dieses Autors, hervorgehoben zu haben, dass die wichtigste Unterscheidung im Rahmen der Beteiligung an einer Straftat diejenige ist, die zwischen den vor der Ausführung stattgefundenen Beteiligungen (Vorbereitung) und den Ausführungsbeteiligungen (Ausführung) besteht. Das wesentliche Problem lag in den vor dem Versuchsbeginn geleisteten Beteiligungen. Denn es war der Literatur nicht gelungen, überzeugend zu erklären, weshalb ein sich in dem Vorbereitungsstadium befindendes Verhalten, das für sich genommen nicht verboten wäre, hätte der Täter es selbst verwirklicht, dann verboten wird, wenn Andere es ausführen. Die von Jakobs formulierte Antwort lautet: jenes Verhalten ist nicht von der Norm verboten, es verletzt lediglich eine Obliegenheit.25 Die vorliegend vertretene Antwort braucht sich dagegen nicht auf letzteren problematischen Begriff zu stützen: jenes Verhalten ist von der an den Beteiligten addressierten Norm verboten; wird das Verhalten jedoch nicht durch den Versuchsbeginn vergegenwärtigt, so wird es nicht strafrechtlich tatbestandsmäßig.26 Wiederum: das Normwidrige ist umfassender als das Tatbestandsmäßige. Dies verlangt eine zusätzliche Erklärung. Denn der Unstimmigkeit liegt ein unterschiedliches „Norm“verständnis zugrunde. Bei Jakobs überschneiden sich Norm und Tatbestand.27 Deshalb stellt nach Jakobs nur das Ausführungsverhalten eine Normverletzung dar. „Unrecht ist nur ein Verhalten von Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung bis zu deren Durchführung (nebst eventuell erforderlichen Erfolgseintritten), was heisst, nur ein Verhalten mit der Bedeutung eines Normbruchs und nicht ein Verhalten mit der Bedeutung, ein später erfolgender Normbruch werde vorbereitet“.28 Man kann mit Jakobs darin übereinstimmen, dass die tatbestandsmäßige, strafbare, unrechte Tat in dem besteht, was zumindest in das Versuchsstadium eingetreten ist. Vor diesem Stadium gibt es in einem Tatstrafrecht nichts mit strafrechtlicher Bedeutung – außer gewisse Ausnahmen, die eine feine und strenge Legitimation benötigen.29 Nun besteht die Unstimmigkeit zwischen Jakobs Ansatz und der hiesigen Meinung darin, dass seines Erachtens die Verhaltensnorm nicht ex ante formuliert und vor dem Ausführungsstadium verletzt werden darf. In der Tat versteht Jakobs die Norm ex post als Enttäuschung von strafrechtlich garantierten Erwartungen. Dagegen wird vorliegend mit Binding davon ausgegangen, dass die Tatbestände des Besonderen Teils an die Bürger adressierte Verhaltensnormen und an die Staatsorgane adressierte Saktionsnormen voraussetzen, die die Aufgabe haben, die Verletzung jener Verhaltensnormen zu bestrafen, wenn die von dem Strafgesetz gegebenenfalls verlangten zusätzlichen Voraussetzungen vorliegen. Dass der 25
Jakobs, Theorie, S. 18. S. oben Fn. 18. 27 Jakobs, Theorie, S. 12 – 13, 24. 28 Jakobs, Theorie, S. 16. 29 Bei den Vorbereitungshandlungen wird nicht die Verhaltensnorm, sondern die Sanktionsnorm vorverlagert. 26
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Versuch begonnen hat, dass also die Tat tatbestandsmäßig ist, stellt vor diesem Hintergrund bei der Beteiligung an der Straftat eine allgemeine zusätzliche Schädlichkeitsvoraussetzung für die Bestrafung der Verletzung der Norm jedes Beteiligten dar. 2. Minimale, limitierte oder strenge Akzessorietät? Ein System der Beteiligung an der Straftat schmettert die alte – jünst wiederbelebte – Diskussion darüber nieder, ob die Betrafung des Teilnehmers voraussetzt, dass die Haupttat von einem Täter begangen werden muss, der nur tatbestandsmäßig (minimale Akzessorietät) oder auch rechtswidrig (limitierte Akzessorietät) oder sogar schuldhaft (maximale oder strenge Akzessorietät) handelt. In einem System der Beteiligung verliert diese Diskussion jeden Sinn. Denn die wesentliche Entscheidung dreht sich um die Möglichkeit, einen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Beteiligten und dem Unrecht festzustellen, und nicht zwischen Beteiligtem und „Täter“ (welcher letzten Endes nur noch ein Beteiligter ist). Dieser Zusammenhang ist objektiver-normativer Natur und die Akzessorietät ist aus diesem Grund nur auf die objektive Seite des Unrechts der Tat bezogen. Die subjektive Seite gehört jedem Beteiligten: sie wird nicht auf die Anderen übertragen und ist auch nicht erforderlich, um die anderen Beteiligten bestrafen zu können. Selbstverständlich wird bei dem Beteiligten, der ohne Schuld handelt, keine Verantwortung entstehen. Jedoch führt dies nicht zu der Schlussfolgerung, das Verhalten eines anderen mit Schuld handelnden Beteiligten sei deswegen irrelevant: Die Beteiligung des Letzteren ist relevant und er wird beim Nichtvorliegen anderer Beteiligter der einzige Verantwortliche und damit laut der gesetzlichen Bezeichnung der „Täter“ sein. In Wahrheit erweist sich die Diskussion mit Jakobs bezüglich dieses Aspektes als sinnlos. Denn er führt, anders als es von einem Vertreter der maximalen bzw. strengen Akzessorietät wohl zu erwarten wäre, nicht aus, dass derjenige, der sich an der Tat eines Zurechnungsunfähigen beteiligt, nicht bestraft werden soll. Vielmehr vertritt Jakobs, jener Beteiligte solle als (mittelbarer) Täter betrachtet werden.30 Das Ergebnis gleicht also dem, das vorliegend vertreten wird.
VI. Täterstrafe, Gehilfenstrafe. Phänomenologie 1. Quantum der Strafe Teilweise wird in der Literatur der letzten Jahren vertreten, die Frage der Täterschaft und Teilnahme solle anhand quantitativer Kriterien beantwortet werden.31 Da30
Jakobs, GA 1996, 268; derselbe, GA 1997, 562 ff.; derselbe, Theorie, S. 35 ff. Auch z. B. Pawlik, Das Unrecht, S. 275 f.; Orozco López, Beteiligung, S. 172 ff. 31 Lesch, Beihilfe, S. 195 ff.; Jakobs, FS-Lampe, S. 570 f.; derselbe, Theorie, S. 50 ff.; Robles Planas, InDret Penal 2/2012, 5 ff.; derselbe, GA 2012, 278 ff.; Cornacchia, FS-Ja-
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gegen hat die herkömmliche Lehre seit Jahrzehnten darauf beharrt, einen „Täter“begriff zu finden. Für sich genommen wäre dies nicht falsch, wenn es darauf begrenzt ist festzustellen, dass „Täter“ diejenigen Beteiligten sind, die in größerem Ausmaß verantwortlich sind als Andere, die ihrerseits als „Gehilfen“ bezeichnet werden müssen. Wie oben ausgeführt ist dies jedoch nicht das, was herkömmlich mit dem Ausdruck „Täterbegriff“ gemeint wird; vielmehr besagt die herrschende Lehre, dass es „konstitutive“ oder „primäre“ Beteiligte („Täter“ im engeren Sinne) und andere „hergeleitete“ oder „akkzessorische“ Beteiligte („Teilnehmer“) gibt.32 Nun sind die „konstitutiven“ Beteiligten durchaus nicht „konstitutiv“. Denn selbst wenn sie in größerem Ausmaß verantwortlich sind, hängt ihre Verantwortung auch von den Anderen (in der Mittäterschaft) ab; die „hergeleiteten“ Beteiligten sind ihrerseits durchaus auch nicht „abgeleitet“. Denn auch wenn sie von den „konstitutiven“ Beteiligten abhängen, werden sie von dem positiven Recht ebenso wie Letztere bestraft (z. B. im Fall der Anstiftung). Diese Lage hat das verschleiert, was einige von der Literatur formulierte „Täterbegriffe“ an Zutreffendem aufweisen. Der formal-objektive Begriff hebt zutreffend hervor, die Ausführung der Straftat sei in der Regel der wichtigste Beitrag, so dass die Vorbereitung üblicherweise eine Rolle von geringer Bedeutung hat. Jedoch liegt er falsch, wenn er besagt, nur der Ausführer sei „Täter“ und jeder „Täter“ müsse (wenigstens etwas) ausgeführt haben. Jede Straftat verlangt eine Ausführung, Letztere aber stellt nicht stets den wichtigsten Teil einer Straftat dar. Die formal-objektive Täterlehre muss wegen ihres formalen Charakters, nicht wegen ihres objektiven Charakters abgelehnt werden. Die subjetive Lehre versteht zutreffend, dass alle Beteiligten die Tat „wollen“, aber sie liegt falsch, wenn sie besagt, Täter seien diejenigen, die die Tat als „eigen“ wollen, Teilnehmer dagegen seien diejenigen, die die Tat als „fremd“ wollen. Alle Beteiligten wollen die Tat als eigene, nur dass einige eine intensivere Verantwortung als die Anderen tragen, weil sie die Tat intensiver „gestaltet“ haben. Möchte man die subjektive Lehre weiter vertreten, so sollte man dann sagen: alle haben die Tat gewollt, aber einige haben sie mehr als die anderen gewollt (bzw. sie werden die Tat gewollt haben), weil sie die Tat (objektiv!) intensiver gestaltet haben. Die Lehre der Tatherrschaft trennt zutreffend einige Täterschaftsformen (mittelbare Täterschaft, Mittäterschaft) von der eigenhändigen Ausführung, d. h. jene Lehre macht einen richtigen Schritt in Richtung der Normativisierung der Bewertung der Beiträge. Jedoch liegt das Problem jener Lehre nicht nur darin, dass der Gedanke der Tatherrschaft der sozialen Art und Weise nicht entspricht, die überwiegende bzw. wesentliche Verantwortung für eine Straftat zuzurechnen, sondern auch darin, dass die festgestellte Herrschaft für die Frage nach der Verantwortung nicht entscheidend ist: Es kann eine große Verantwortung bei ge-
kobs, S. 59; Reyes Alvarado, FS-Jakobs, S. 567 ff.; van Weezel, Beteiligung, S. 60 ff.; Orozco López, Beteiligung, S. 293 ff. 32 Roxin, Täterschaft, 9. Aufl., S. 528.
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ringer Tatherrschaft vorliegen, und umgekehrt geringe Verantwortung bei höherer Tatherrschaft.33 Gemäß den vorherigen Überlegungen muss ein Beitrag als von geringer Bedeutung bewertet werden, nicht wenn er in dem Stadium vor dem Versuchsbeginn geleistet wird, sondern wenn er die Tat in geringerem Maße gestaltet. Eine Tat kann vor der Ausführung bereits intensiv gestaltet sein, insbesondere, wenn der Beteiligte maßgeblich bestimmt hat, was anschließend geschehen wird. Die „Strafe des Gehilfen“ ist einschlägig, wenn sein (nicht erlaubter) Beitrag eine nicht relevante Änderung des „Vorgegebenen“ oder eine unzureichende Bestimmung „dessen, was noch kommen wird“, bedeutet. 2. Mittelbare Täterschaft? Die sog. „mittelbare Täterschaft“ ist das Lieblingskind des phänomenologischen Denkens. Seit langem wird anerkannt, dass jemand Täter sein kann, auch wenn ein Anderer derjenige ist, der die Tat ausführt, d. h. immer wenn Letztere „für“ den Ersteren ausführt – wobei „für“ aus einer moderner Perspektive in dem Sinne vestanden werden soll, dass dem Zweiten die Tat nicht zugerechnet werden darf. Zwar ist es in diesem Fall nicht ganz falsch, von mittelbarer Täterschaft zu reden; jedoch verwirrt dies eher als dass es hilft: Denn hier liegt vielmehr eine „unmittelbare“ Täterschaft vor.34 Darauf hat bereits Binding mit der ihm eigenen Schärfe hingewiesen: „Wohl ist dieser Eintäter vielfach als mittelbarer Täter bezeichnet worden – eine schlechte Ausdrucksweise, weil der mittelbare den unmittelbaren Täter logisch verlangt, das unzurechnungsfähige menschliche Werkzeug aber zur Täterschaft nicht taugt“.35 Dass das deutsche Strafgesetzbuch für die Begriffsbestimmung der unmittelbaren Täterschaft auf den Ausdruck „selbst begeht“ zurückgreift, ist der Grund dafür, dass die Autonomie der mittelbaren Täterschaft bis heute fortbesteht. Denn es erweist sich in solchen Fällen als schwierig – auch wenn nicht als unmöglich – zu besagen, dass der Hintermann „selbst begeht“. In dem spanischen Strafgesetzbuch könnte es einfacher sein, da dort von einem „Selbst-Ausführen“ nicht die Rede ist, sondern von einem „die-Tat-allein-Verwirklichen“.
33 Robles Planas, InDret Penal 2/2012, 6. Dazu, Cancio Meliá/Jakobs, El sistema, S. 195 ff. 34 So Jakobs, Theorie, S. 37: „gerade kein Fall von Beteiligung, vielmehr ein phänotypisch verkappter Fall unmittelbaren Begehens“, und S. 38, 69. 35 Binding, Der Gerichtssaal 71 (1908), 5. Und S. 10, wo er feststellt, dass das Werkzeug, wenn es bei ausschließlich vorsätzlichen Straftaten fahrlässig handelt, so betrachtet wird, als ob es zurechnungsunfähig wäre, d. h. dass der Täter als Einzeltäter behandelt wird, obwohl er nichts eigenhändig ausgeführt hat. Ist dies so – füge ich hinzu – in den Fällen, in denen der Vordermann fahrlässig handelt, wie könnte keine Einzeltäterschaft in den Fällen vorliegen, in denen der Vordermann nicht einmal fahrlässig handelt (z. B. bei dem unvermeidbaren Tatbestandsirrtum – s. im Folgenden im Text)?
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Ein großer Teil der von der Literatur der „mittelbaren Täterschaft“ erörterten Fälle sind in Wahrheit keine Fälle der „mittelbaren Täterschaft“, sondern Fälle von „einBeteiligter-hinter-einem-anderen-Beteiligten“ (ergo: Fälle der Beteiligung). In all den Fällen, in denen sowohl der Vordermann als auch der Hintermann unerlaubte Verhaltensweisen begehen, müssen in der Tat beide Personen als strafrechtlich verantwortlich betrachtet werden. Damit ist hier das Problem darauf – sit venia verbo – „reduziert“, die „Täterschaft“ des Hintermannes beim Vorliegen eines anderen verantwortlichen Subjekts zu begründen, d. h. auf ein Problem der Quantifizierung der Beiträge. Für die „mittelbare Täterschaft“ würden die Fälle übrig bleiben, bei denen der Vordermann in unvermeidbarer Irrtum handelt. Wenn aber – wie hier – die Meinung vertreten wird, dass der unvermeidbare Irrtum als Folge hat, dass das Verhalten objektiv nicht missbillgt sein darf (in der herkömmlichen Terminologie: die objektive Zurechnung ausschließt), dann liegt wiederum ein Fall der unmittelbaren, nicht-ausführenden Täterschaft vor. Übrigens liegt unmittelbare, nicht-ausführende Täterschaft vor, wenn ein Verwalter bzw. Geschäftsführer einem Untergebenen den Befehl erteilt, ein deliktisches Verhalten zu begehen, wenn der Untergebene kein Garant ist und er sein Verhalten auch nicht an das Deliktische angepasst hat (wenn also sein Verhalten neutral ist).36 Dies soll niemanden entsetzen: Wenn der Vordermann als bloßer köperlicher Gegenstand agiert, wird der Hintermann als unmittelbarer Täter betrachtet.37 Wo liegt der Unterschied auf der normativen Ebene?38 3. Mittäterschaft und Gehilfenschaft Die Tatherrschaftslehre kommt nur deswegen zu plausiblen Ergebnissen bei der Behandlung der mittelbaren Täterschaft und der Anstiftung, weil bei der Ersteren die Tatherrschaft des Hintermanes bzgl. des Handeln des Vordermannes als Instrument des Hintermannes relativ leicht anzunehmen ist. Anders ist es in den Grenzfällen organisatorischer Machtapparate, bei denen die Feststellung einer Tatherrschaft des Hintermannes allmählich die Natur einer Metapher annimmt; nun ist diese phänomenologische Einstufung aufgrund der Gleichbestrafung von Täterschaft und Anstiftung nicht besonders dramatisch. Hingegen ist die Qualifizierung in den Fällen des qualifikationslos-dolosen Werkzeugs entscheidend; aus diesem Grund wird bei diesen Fällen die Tatherrschaftslehre hier „abgelöst“ durch ein normatives Täterschaftskriterium, das als von der Auslegung bestimmter Tatbestände des Besonderen Teils (die ihrerseits als „Pflichtdelikte“ begriffen werden) abgeleitet dargestellt wird.
36
So auch Bolea Bardon, Homenaje a Bernd Schünemann, S. 173 ff. So Roxin, Täterschaft, 9. Aufl., S. 703. 38 Zutreffend Jakobs, AT, 2. Aufl., 20/38. 37
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Jedoch scheitert die Tatherrschaftslehre kläglich dort, wo die Feststellung der Tatherrschaft eine starke normative Fiktion verlangt: bei der Mittäterschaft. Bei Letzterer setzt die Verwirklichung der Tat das verantwortliche Voranbringen der Beiträge voraus, sodass niemand eine tatsächliche Herrschaft über das Gesamte hat. Nur die Bedeutung des Beitrags kann dem Beteiligten die Tätereigenschaft im Gegensatz zu der Gehilfeneigenschaft beimessen. Diesen Einwand können auch nicht diejenigen überwinden, die darauf beharren, der Beitrag eines Mittäters solle stets im Ausführungsstadium geleistet werden – so dass damit das Vorliegen einer „gewissen“ Herrschaft noch vertreten werden darf –, und dann denjenigen zum Gehilfen umwandeln, der die wichtigsten Beiträge in dem Vorbereitungsstadium leistet. Dies ist im deutschen StGB dramatisch, nicht aber gemäß dem spanischen StGB, in dem die Strafrahmen der sog. wesentlichen Beihilfe (im Unterschied zu den Fällen der sog. Unwesentlichen Beihilfe, die eine weniger schwerwiegende Beihilfeform darstellt) und der Mittäterschaft gleichgesetzt werden. Eigentlich hat der spanische Gesetzgeber unbewusst die richtige Perspektive eingenommen: Da die qualitative Unterscheidung zwischen Mittäterschaft und Gehilfenschaft bedeutungslos ist, ist dann das Entscheidende, dass einem Beitrag wegen seiner Bedeutung bzw. Wesentlichkeit die in dem Tatbestand des Besonderen Teils vorgesehene Strafe (wie auch immer die phänomenologische Figur genannt wird) oder eine mildere Strafe („Gehilfe“) zukommt. Dies kann sowohl bei Beiträgen in dem Vorbereitungsstadium als auch bei Beiträgen in dem Ausführungsstadium der Fall sein.
4. Täter hinter dem Täter? Diese Konstruktion ist in sich nicht falsch. Jedoch ist die ausgewählte Bezeichnung etwas unglücklich und die Figur überflüssig. Hier liegt nichts anderes vor als ein normaler Fall der Beteiligung an einer Straftat. In dem berühmten DohnaFall muss erst die Beteiligung konstruiert werden, die in der Tat vorliegt, weil die Straftat wegen des koordinierten Handelns von zwei selbstverantwortlichen Subjekten stattfindet, deren Verhaltensweisen eindeutig zu missbilligen sind. Insbesondere stellt das Führen des Opfers zu einem verantwortlichen, zum Schießen bereiten Ausführenden das Beteiligungsverhalten dar, auch wenn jener Ausführende lediglich dazu bereit war, ein anderes Opfer, nämlich A zu erschießen, das er dann mit B verwechselt. Es liegt also keine „mittelbarer Täterschaft“ vor. Trotzdem stellt sich die Frage, wie die Beiträge zu qualifizieren sind. Gelangt man zu der Schlussfolgerung, das Handeln des Hintermannes sei so wichtig wie das des Vordermannes, werden also beide als „Täter“ gesehen, dann liegt phänomenologisch ein Fall der „Mittäterschaft“ vor, sodass – darauf soll bestanden werden – der Begriff des „Täters hinter dem Täter“ keinen Sinn mehr hat. In den Fällen der organisatorischen Machtapparate ist es auch nicht erforderlich, auf diese Figur zurückzugreifen:39 jene sind Fälle der Beteiligung an der Straftat, bei 39
Dazu Orozco López, Beteiligung, S. 348 ff. m.w.N.
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denen sowohl der Vorgesetzte als auch der Ausführende missbilligte, gleichbedeutende Verhaltensweisen in einer objektiv koordinierten Art und Weise ausführen; für die Liebhaber der Phänomenologie: „(vertikale Mit-)Täterschaft“.40 Literatur Binding, Karl: Die drei Subjekte strafrechtliche Verantwortlichkeit, Der Gerichtssaal 71 (1908), S. 1 – 21. Bolea Bardon, Carolina: Poder de mando y autor tras el autor, in: Enrique Gimbernat Ordeig/ Luis Gracia Martín/Enrique Peñaranda Ramos/María Ángeles Rueda Martín/Carlos Suárez González/José Urquizo Olaechea (Hrsg.), Dogmática del Derecho penal. Homenaje a Bernd Schünemann por su 708 aniversario, Tomo I, Lima 2014, S. 157 – 175. Cornacchia, Luigi: Fahrlässige Mitverantwortung, in: Michael Pawlik/Rainer Zaczyk (Hrsg.), Festschrift für Günther Jakobs, Berlin 2007, S. 55 – 74. Freund, Georg: Strafrecht. Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Berlin/Heidelberg/New York 2009. Frisch, Wolfgang: Beihilfe durch neutrale Handlungen. Bemerkungen zum Strafgrund (der Unrechtskonstitution) der Beihilfe, in: Cornelius Prittwitz (Hrsg.), Festschrift für Klaus Lüderssen, Baden-Baden 2002, S. 539 – 558. Jakobs, Günther: Regreßverbot beim Begehungsdelikt, ZStW 89 (1977), S. 1 – 35. Jakobs, Günther: Strafrecht. Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Belin/NewYork 1991. Jakobs, Günther: Akzessorietät, GA 1996, S. 253 – 268. Jakobs, Günther: Objektive Zurechnung bei mittelbarer Täterschaft durch ein vorsatzloses Werkzeug, GA 1997, S. 553 – 572. Jakobs, Günther: Tatherschaftsdämmerung. Ein Beitrag zur Normativierung rechtlicher Begriffe, in: Günther Jakobs/Manuel Cancio Meliá (Hrsg.), El sistema funcionalista del Derecho penal, Lima 2000, S. 195 – 223. Jakobs, Günther: Beteiligung, in: Dieter Dölling (Hrsg.), Festschrift für Ernst-Joachim Lampe, Berlín 2003, S. 561 – 575. Jakobs, Günther: Theorie der Beteiligung, Tübingen 2014. Jakobs, Günther: Teoría de la intervención, Bogotá 2016. Lesch, Heiko Harmut: Das Problem der sukzessiven Beihilfe, Frankfurt a. M. 1992. Orozco López, Hernán Darío: Beteiligung am organisatorischen Machtapparaten, Tübingen 2018. Otto, Harro: Grundkurs Strafrecht. Allgemeine Strafrechtslehre, 7. Auflage, Berlin/New York 2004. Pawlik, Michael: Das Unrecht des Bürgers, Tübingen 2012. Peñaranda Ramos, Enrique: La participación en el delito y el principio de accesoriedad, Madrid 1990. 40
So auch Bolea Bardon, Homenaje a Bernd Schünemann, S. 171 ff.
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Renzikowski, Joachim: in: Rainhart Maurach u. a. (Hrsg.), Strafrecht. Allgemeiner Teil, 8. Auflage, Heidelberg 2014. Reyes Alvarado, Yesid: Strafbare Beteiligung und objektive Zurechnung, in: Michael Pawlik/ Rainer Zaczyk (Hrsg.), Festschrift für Günther Jakobs, Berlin 2007, S. 553 – 570. Robles Planas, Ricardo: La participación en el delito: fundamento y límites, Madrid 2003. Robles Planas, Ricardo: Garantes y cómplices. La participación por omisión y en los delitos especiales, Barcelona 2007. Robles Planas, Ricardo: Zwischen Beihilfe zur Tat und unterlassener Hilfeleistung. Zugleich ein Beitrag über die Verletzung der Solidaritätspflichten im Strafrecht, GA 2008, S. 18 – 32. Robles Planas, Ricardo: Los dos niveles del sistema de intervención en el delito, InDret Penal 2/ 2012, S. 1 – 26. Robles Planas, Ricardo: Die Zwei Stufen der Beteiligungslehre – am Beispiel der Beteligung durch Unterlassen, GA 2012, S. 276 – 290. Rotsch, Thomas: „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, Tübingen 2009. Roxin, Claus: Täterschaft und Tatherrschaft, 9. Auflage, Berlin/New York 2017. Sancinetti, Marcelo: El ilícito propio de participar en el hecho ajeno, Bogotá 1996. Vacchelli, Ezequiel: Intervención delictiva: significado y función del principio de accesoriedad, 2018. van Weezel, Alex: Beteiligung bei Fahrlässigkeit. Ein Beitrag zur Verhaltenszurechnung bei gemeinsamem Handeln, Berlin 2006.
Straftatbegriff und strafbefreiender Rücktritt Zur gebotenen Abkehr von den gesetzesfremden Begriffen des fehlgeschlagenen, beendeten und unbeendeten Versuchs Von Frauke Rostalski Es gehört zu dem großen Verdienst des Jubilars, das (straf-)rechtliche Unrecht von der freien Willensäußerung des Täters her definiert zu haben. Hierbei handele es sich um „die Entscheidungen und Unterentscheidungen zu den Handlungsschritten, die Ergebnis der Handlungsfreiheit sind“1 bzw. „Unrecht kann nichts anderes als ein Willensentschluß sein.“2 Strafe bringt damit die „Enttäuschung über einen fehlerhaften Willen“ zum Ausdruck.3 Sancinetti geht so weit, die legitime staatliche Reaktion durch Strafe allein auf das Verhaltensunrecht zu begrenzen: „Der Rest ist nicht Gegenstand des rechtlichen Vorwurfs.“4 Er leitet damit aus seinem „subjektiven“ Unrechtsverständnis weitreichende Folgen für das gesamte Strafrechtssystem ab.5 Besonders beeindrucken dabei seine Arbeiten zum Versuch sowie zur Rücktrittsdogmatik. Mit Nachdruck argumentiert er gegen den „Erfolgsmythos“6, die verbreitete Annahme also, dass der Erfolgseintritt mehr als bloßer „Zufall“ sei und zu Recht eine Strafmaßerhöhung nach sich ziehe.7 Innerhalb der Rücktrittsdogmatik gelingt es ihm, eine Vielzahl an Einsichten zu befördern und diese besonders klar zu formulieren. Hervorzuheben ist etwa sein Einstehen für eine „strenge“ Einzelaktstheorie.8 Indes begrenzt sich diese Positionierung des Jubilars lediglich auf einen Teilbereich von Versuchstaten (die Sancinetti als „beendete“ klassifiziert).9 So bietet sich bei Sancinetti letztlich ein Bild, das auch von manch anderem Autor bekannt ist: Zwischen den verbreitet die Rücktrittsdogmatik bestimmenden Kategorien des fehlgeschlagenen, unbeendeten und beendeten Versuchs findet sich viel Licht, aber auch Schatten. Eine wesentliche Ursache dafür liegt nach hier vertretener Position in 1
Sancinetti, GA 2016, 411, 418. Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 18. 3 Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 286. 4 Sancinetti, GA 2016, 411, 418. 5 Der Sache nach scheint der Begriff nicht optimal gewählt, ist doch auch ein „subjektives“ Handlungsunrecht im Sancinettischen Sinne nach objektiv-rechtlichen Regeln konzipiert. 6 Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 286. 7 Sancinetti, GA 2016, 411 ff. 8 Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 112 ff. 9 S. dazu näher unten IV. 2
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den angesprochenen Kategorien selbst. Der Beitrag versteht sich daher als Diskussionsvorschlag – gerichtet an einen besonders bedeutsamen Akteur der bisherigen Debatte: Wäre es nicht besser, die ohnehin gesetzlich nicht vorgesehenen Kategorien des Fehlschlags sowie des unbeendeten und beendeten Versuchs zu verabschieden und den Blick freizulegen für das auch im Rahmen der Rücktrittsdogmatik allein Relevante: die Frage nach dem Vorliegen einer (rücktrittsfähigen) Versuchstat, bei der durch das Rücktrittsverhalten der Strafgrund entfällt und daher Schuldspruch und Strafe nicht mehr angezeigt sind?
I. Begriff der Straftat Die hier vertretene Definition der Straftat weist durchaus Übereinstimmungen mit dem Unrechtsverständnis Sancinettis auf. Danach ist die Tat die fehlerhafte Entscheidung des Täters gegen eine rechtliche Verhaltensnorm durch ein entsprechend normwidriges Verhalten.10 Dem Tatbegriff liegt mithin die normentheoretische Trennung von Verhaltens- und Sanktionsnormen zugrunde. Danach intendieren Verhaltensnormen im Vorfeld einer konkreten Rechtsgutsverletzung den präventiven Schutz des jeweiligen Interesses durch die Aufstellung spezifischer Ge- bzw. Verbote.11 Hat sich der Täter gleichwohl nicht von der jeweiligen Verhaltensnorm motivieren lassen und ist daher eine konkrete Rechtsgutsbeeinträchtigung in Form einer Gefährdung oder gar Verletzung eingetreten, kommt jeder weitere Schutz für dieses spezifische Interesse zu spät. Strafe als Reaktion auf dieses Verhalten ist daher auch nicht auf den Schutz des verletzten Interesses gerichtet. Vielmehr dient sie als nachträgliche Reaktion auf einen Verstoß gegen eine rechtliche Verhaltensnorm der Wiederherstellung des Rechts.12 Durch den Verhaltensnormverstoß hat der Täter zum Ausdruck gebracht, dass die übertretene Vorschrift für ihn jedenfalls punktuell keine Geltung entfalten soll. Er stellt die eigenen Maximen über die des Rechts. Auf diese Weise tritt er in Kommunikation mit den übrigen Gesellschaftsmitgliedern und verdient als Gleicher im Recht eine angemessene Antwort.13 Diese kann allein darin liegen, dass die Gesellschaft an ihren Normen trotz des Verhaltens des Täters festhält. So ist Strafe als Widerspruch gegenüber dem hinreichend gewichtigen14 Verhaltensnorm10
S. zum Ganzen Rostalski, Tatbegriff. Mir Puig ZStW 108 (1996), 759, 760; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff, S. 239; Timm, Gesinnung und Straftat, S. 41 f. m.w.N. 12 Zur resonanztheoretischen Straftheorie s. Rostalski, Tatbegriff, S. 19 ff. 13 Vgl. Jakobs, Norm, S. 110 f., 116 f.; ders., in: Kodalle (Hrsg.), Strafe muß sein! Muß Strafe sein?, S. 29, 33 f., 37 (zum Themenkreis des Feindstrafrechts s. S. 40 ff.), der indes Ausnahmen anerkennt, in denen der Rechtsbrecher durch die Missachtung seiner Bürgerrolle zum „Feind der Gesellschaft überhaupt“ erwächst. Vgl. allgemein zum Thema Timm, Gesinnung und Straftat, S. 57, 129 ff. m.w.N. 14 S. zum Kriterium des hinreichenden Gewichts als Ausprägung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der auch im Strafrecht Geltung entfaltet, Rostalski, Tatbegriff, S. 118 f. 11
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verstoß der Person zu werten, durch den die Geltung des Rechts symbolisch bestätigt wird.15 Anders als bei Sancinetti kommt Straftatfolgen, die zurechenbar durch den individuellen Verhaltensnormverstoß herbeigeführt worden sind, in einem solchen Modell ebenfalls eine – wenngleich nachgelagerte – Bedeutung zu. Mindestbedingung einer Straftat ist der jedenfalls fahrlässige Verhaltensnormverstoß.16 Sofern hierdurch aber Folgen eingetreten sind, vor denen die übertretene Vorschrift gerade schützen soll, liegt hierin ein seitens des Täters zu verantwortendes Geschehen. Dessen Eintritt ist zwar insoweit Werk des Zufalls, als die Herbeiführung von Tatfolgen in aller Regel auch von Umständen abhängt, die außerhalb der Verfügungsmacht des Täters liegen. Dies ändert aber nichts daran, dass er für diese Folgen selbstverständlich verantwortlich ist, wenn sie eintreten, und dass er dafür auch ein höheres Strafmaß zu erwarten hat.17 Sie verleihen dem Normverstoß des Täters einen größeren Nachdruck. Dieser Effekt ist gänzlich unabhängig von der Wahrnehmung der Gesellschaft, weshalb der seitens Sancinetti (gegen Jakobs freilich zu Recht!) erhobene Instrumentalisierungseinwand in Bezug auf das hier vorgeschlagene Modell fehlgeht.18 Denn die Intensität des Angriffs auf die übertretene Norm ist unabhängig von der Erfolgsbewertung durch andere erhöht, wenn gerade die Folge eintritt, die durch das jeweilige Ge- oder Verbot verhindert werden sollte. Die Kommunikation des Täters fällt dann – um im Bilde zu bleiben – besonders laut aus, da sie seine fehlerhafte Entscheidung gegen das Recht äußerlich weiter bestätigt.
15 So auch Freund, in: Wolter/Freund (Hrsg.), Straftat, Strafzumessung und Strafprozeß im gesamten Strafrechtssystem, S. 43, 48 f.; ders., GA 1995, 4, 7 f.; Frisch, in: Wolter (Hrsg.), 140 Jahre GA, 1993, S. 1, 20 ff.; Gómez-Jara Díez, Rechtstheorie 36 (2005), 321, 330; Grünewald, Tötungsdelikt, S. 52, 156, 167; Hörnle, in: Hefendehl (Hrsg.), Empirische und dogmatische Fundamente, S. 105, 114; Jakobs, Norm, S. 111 ff. S. zum Ganzen ausführlich bereits Timm, Gesinnung und Straftat, S. 54 f. 16 Rostalski, GA 2016, 73 ff. Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 283 liegt insofern nicht ganz richtig, wenn er annimmt, der Versuch sei Prototyp der Straftat – richtigerweise handelt es sich dabei um den fahrlässigen Versuch. Insofern wäre es auch von Interesse zu erfahren, wie der Jubilar die von ihm gewünschte Weiterbearbeitung der Frage danach einschätzt, in welchem Verhältnis das Unrecht von Vorsatz- und Fahrlässigkeitstat zueinander steht. Auch hier wählt die Verf.’in (GA 2016, 73) einen von dem knappen Vorschlag Sancinettis (ebenda, S. 299 ff.) abweichenden Ansatz. 17 Freund/Rostalski, AT, § 2 Rn. 61 ff. 18 Sancinetti, GA 2016, 411, 420.
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II. Notwendigkeit eines normativen Verständnisses der (Versuchs-)Tat zur Bestimmung der legitimen Reichweite des strafbefreienden Rücktritts nach § 24 StGB 1. Relevanz des Tatbegriffs innerhalb der gesetzlichen Rücktrittsvorschriften Nach § 24 Abs. 1 S. 1 StGB wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Die Vorschrift stellt also auf das Stadium der Tatdurchführung ab, um die Möglichkeit einer Strafbefreiung des Einzelnen zu bestimmen. Für die Frage, ob dem Täter der Weg in die Straffreiheit eröffnet wird, bildet damit der Begriff der Tat den Dreh- und Angelpunkt. Dies zeigt sich anhand des folgenden Beispiels: A feuert mit Tötungsabsicht einen Schuss auf B ab. Die Kugel verfehlt ihr Ziel um Haaresbreite. A verfügt noch über weitere Patronen in seiner Waffe. Er überlegt es sich aber anders, sieht das einmalige Scheitern als Wink des Schicksals und lässt von B ab.19 Um in diesem Fall die Frage zu beantworten, ob A strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten ist, kommt es in erster Linie darauf an zu klären, worin genau das Versuchsverhalten von A liegt. Die Legaldefinition des strafbaren Versuchs findet sich in § 22 StGB: Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Ein unmittelbares Ansetzen ist gegeben, wenn der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschreitet, wenn er also ein Verhalten ausübt, das ohne wesentliche Zwischenschritte und ohne sein weiteres Zutun in die Verwirklichung des Tatbestandes – bei Erfolgsdelikten in die Herbeiführung des Erfolgs – einmündet.20 Dabei muss der Betreffende immerhin diese denkbare Folge seines Verhaltens erkennen und – manche würden sagen: „billigend“ – in Kauf nehmen.21 A handelt im Beispielsfall mit Tötungsabsicht. Durch die Schussabgabe hat er die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten. Gemeint ist damit, dass er ein Verhalten vorgenommen hat, das die naheliegende Gefahr insbesondere auch für das Leben eines anderen beinhaltet und aus diesem Grund verboten ist. In der Versuchstat liegt daher ein tatbestandsspezifischer Verhaltensnormverstoß im Sinne eines Tötungsdelikts.22 Im konkreten Fall gilt für A das Verbot der Schussabgabe. Dieses lässt sich ohne Schwierigkeiten legitimieren:23 Für A streitet allein dessen allgemeine Handlungsfreiheit, die in dem Wunsch nach dem Abfeuern eines Schusses zum Ausdruck kommt. Für B stehen demgegenüber insbesondere auch Lebensschutzinteressen im Raum, 19
S. zum Ganzen bereits Rostalski, Tatbegriff, S. 339 ff. Vgl. ausführlich zu der Schwierigkeit in der eindeutigen Bestimmung der Schwelle zur Versuchsstrafbarkeit Jakobs, AT, 25/61 ff. 21 Dölling/Duttge/Rössner/Ambos, § 22 Rn. 10 f. S. ferner zur Möglichkeit des Versuchs eines Fahrlässigkeitsdelikts Freund/Rostalski, AT, § 8 Rn. 2 ff.; Jakobs, AT, 25/28. 22 Freund/Rostalski, AT, § 8 Rn. 11, 28 ff.; Jakobs, AT, 25/21 ff.; ders., ZStW 104 (1992), 82, 82 f., 85. 23 Zu den allgemeinen Legitimationsbedingungen rechtlicher Verhaltensnormen, insbesondere zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes s. Rostalski, Tatbegriff, S. 64 ff. 20
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die in dieser Situation die betroffenen Rechte des A überwiegen. Bei Abfeuern des lebensgefährlichen Schusses gibt A das Geschehen aus der Hand. Die Versuchstat, wie sie in § 22 in Verbindung mit § 212 Abs. 1 StGB beschrieben ist, meint in unserem Fall daher genau diese (vollendungstaugliche) Abgabe des Schusses. Diese Einsicht befördert unmittelbare Konsequenzen für einen etwaigen Rücktritt des A nach § 24 StGB. Möglich ist der strafbefreiende Rücktritt – allein auf der Basis des Gesetzeswortlauts – entweder bei einer Verhinderung der Tatvollendung oder aber bei einem Aufgeben der weiteren Tatausführung. Dabei ist die „Tat“ des § 24 StGB nichts anderes als die Versuchstat – geht es darin doch um den Rücktritt vom Versuch. Wer aber erkennt, dass die Versuchstat in der lebensgefährlichen Schussabgabe liegt, muss ohne Umschweife zur Ablehnung der Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts für A kommen. Dieser Befund betrifft zunächst die Variante der Vollendungsverhinderung. Danach muss das Verhalten des Täters immerhin (mit-)ursächlich für das Ausbleiben des Erfolgs geblieben sein.24 Definition und Wortlaut der Norm setzen dabei voraus, dass die Tat ein über die bloße Ausführungshandlung hinausgehendes (Gefährdungs-)Stadium durchschritten hat. Verhindert werden soll der Erfolg – und zwar nicht durch das Abbrechen der Tatausführung, die schließlich gesondert als erste Möglichkeit von § 24 Abs. 1 S. 1 StGB genannt ist. Dabei wird offenbar, dass ein Verhalten, das über die reine Ausführungshandlung hinaus keine spezifischen Fehlverhaltensfolgen zeitigt, von § 24 Abs. 1 S. 1 Fall 2 StGB nicht erfasst wird. Das Gesetz meint hier vielmehr Fälle, in denen die Ausführung der Tat immerhin bereits einen Teilerfolg verbuchen kann. Für den Ausgangsfall wäre etwa eine Variante denkbar, wonach der Schuss des A den B trifft und lebensgefährlich verletzt. Besinnt sich A nunmehr und rettet durch rechtzeitiges Herbeirufen ärztlicher Hilfe das Leben des B, greift insoweit für ihn das Rücktrittsprivileg des § 24 Abs. 1 S. 1 Fall 2 StGB.25 Im Ausgangsfall verhält es sich aber gerade anders: Der Schuss des A verfehlt sein Ziel, sodass die Tat im Stadium der Ausführung stecken bleibt. Sie kann keinen irgendwie gearteten Erfolg mehr zeitigen: Da eine entsprechende Vollendung nicht mehr eintreten kann, ist auch deren Verhinderung unmöglich. Damit kommt ein Rücktritt nach § 24 Abs. 1 S. 1 Fall 2 StGB nicht in Betracht. Aber auch § 24 Abs. 1 S. 1 Fall 1 StGB findet auf die Versuchstat des A keine Anwendung. Dies würde voraussetzen, dass er die weitere Ausführung der Tat freiwillig 24 Vgl. BGH NStZ-RR 2000, 41, 42 f.; BGH NStZ 1999, 128, 300; Engländer, JuS 2003, 641, 643; Rostalski, JuS 2015, 525, 529. 25 Zu einem in jeder Hinsicht straflosen Versuch gelangt man allerdings nur dann, wenn der Schuss nicht auch sofort hätte tödlich enden können – was eher sehr selten der Fall sein dürfte. Ist diese Bedingung hingegen nicht erfüllt, käme jedwedes Rettungsbemühen im Hinblick auf die Strafbefreiung des A zu spät. Die nicht mehr rücktrittsfähige Versuchstat bestünde dann in der möglicherweise sofort letal wirkenden Abgabe eines Schusses mit Tötungsabsicht. Realisiert sich dies nicht, ist wiederum der „Erfolg“ der Tat insoweit unwiederbringlich nicht eingetreten, sodass auch deren Vollendung nicht verhindert werden kann. S. dazu auch Freund/Rostalski, AT, § 9 Rn. 28 ff.; Jakobs, AT, 26/19; sowie unten III.
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aufgibt. Im hier diskutierten Ausgangsbeispiel liegt die vollständige Tatausführungshandlung aber in der lebensgefährlichen Schussabgabe mit Tötungsvorsatz. Auf diese Weise verstößt A gegen die von ihm zu beachtende Verhaltensnorm im Interesse des Lebensschutzes und begeht damit die entsprechende Versuchstat. Nach dem Zeitpunkt der Schussabgabe gibt es daher normativ keine weitere Ausführungshandlung, die für den in Rede stehenden Verhaltensnormverstoß relevant wäre. Dieser ist vielmehr unmittelbar vollständig erfüllt. 2. Systemwidrigkeit eines naturalistischen Tatbegriffs innerhalb der Rücktrittsdogmatik Zu einem anderen Ergebnis gelangt allein derjenige, der für die Bestimmung der Versuchstat einen naturalistischen Blickwinkel anlegt.26 Auf der Basis eines solchen Tatbegriffs ließe sich die Behauptung aufstellen, die einmalige Schussabgabe sei nur Teilakt der Versuchstat. Letztere umfasse in Gänze hingegen zumindest das Abfeuern des gesamten Magazins. Solange also noch ungenutzte Patronen in der Waffe sind, seien nicht sämtliche Ausführungshandlungen der „Tat“ erfolgt, weshalb ein Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 Fall 1 StGB weiterhin in Betracht zu ziehen sei. Für den Ausgangsfall hätte dies zur Konsequenz, dass A durch das Unterlassen eines weiteren Schusses nach einmaligem Verfehlen seines Opfers strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten wäre. Indessen sprechen gegen ein naturalistisches Verständnis der Versuchstat gewichtige Gründe.27 Ein solches öffnet letztlich Willkür Tür und Tor.28 Als „Tat“ in diesem Sinne ließe sich ohne Schwierigkeiten ein viel weiteres äußeres Geschehen als das Abfeuern des Magazins erfassen. Beispielsweise wäre an einen bestens vorbereiteten Täter zu denken, der in Kenntnis seiner schlecht ausgeprägten Schusskünste weitere Mordinstrumente zum Tatort mitbringt. Nach erfolglosem Verschießen sämtlicher Patronen könnte er dann zur mitgeführten Axt, einem Messer oder sonstigen Utensilien greifen. Die naturalistische Sichtweise lässt hier jedwedes Ergebnis in der Beantwortung der Frage nach einer „einheitlichen“ Tat zu. Ebenso muss es sich verhalten, wenn der Täter seine Treffsicherheit im Vorfeld weniger realistisch eingeschätzt hat und erst im Anschluss an das erfolglose Abfeuern der letzten Kugel des großen Astes gewahr wird, der neben seinem Fuß liegt. Ergreift er diesen nunmehr und schleudert ihn beherzt in Richtung auf sein Opfer, könnte auch dies noch als dersel26 Auch Vertreter einer „Einzelaktstheorie“ fassen die mehrfache, zeitlich unmittelbar aufeinander folgende Schussabgabe teilweise zu einer einzigen Versuchstat zusammen. S. dazu etwa Murmann, Versuchsunrecht, S. 46 f. Indessen gelingt dies – wie Murmann selbst einräumt – allenfalls unter Hinnahme eines Systembruchs. 27 S. allgemein zur Systemwidrigkeit eines naturalistischen Straftatbegriffs in sämtlichen Phasen der Bestrafung Rostalski, Tatbegriff, S. 6 ff, 148 ff. 28 S. auch Freund/Rostalski, AT, § 9 Rn. 31, 36 ff. mit dem Verweis auf die unklaren Grenzen der Versuchstat, die die „Gesamtbetrachtungslehre“ zeichnet. S. zu diesem – ontologisch gefärbten – Theorem noch weiter unten III.
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ben (naturalistischen) Versuchstat zugehörig gewertet werden. In einem solchen Fall treten zwar die üblichen Geburtsfehler des faktischen Tatbegriffs auf den Plan: Soll es darauf ankommen, ob der Täter die Möglichkeit zum Astwurf von Anbeginn an in seinen „Tatplan“ aufgenommen hat?29 Spielt die Entfernung von Ast und Fuß eine Rolle? Wie muss der Ast beschaffen sein, um noch als Mordinstrument zu taugen? Es sind unzählige solcher Fragen, die jeweils zumindest doppelt so viele – systemimmanent stets richtige(!) – Antworten zulassen. Damit kann festgehalten werden: Ob dem Täter im Einzelfall die Möglichkeit zum strafbefreienden Rücktritt verbleibt, liegt auf der Basis eines naturalistischen Verständnisses der Versuchstat stets im Auge des Betrachters. Ein einheitliches und damit Rechtssicherheit gewährendes Konzept kann bereits aus dem Grund nicht erzielt werden, weil es sich bei der an Äußerem orientierten Sichtweise um eine für das Recht fremde und ungeeignete Kategorie handelt. Demgegenüber fällt die Lösung der Frage nach der Reichweite des Rücktrittsprivilegs unter Anwendung des hier dargelegten normativen Tatverständnisses nicht schwer. Die Erkenntnis, dass es sich bei der Versuchstat um den hinreichend gewichtigen tatbestandsspezifischen Verhaltensnormverstoß handelt, ermöglicht eine klare – strafgesetzlich festgelegte – Konzeption des Rücktrittsprivilegs frei von naturalistischen Willkürelementen.
III. Gebotene Abkehr von der verbreiteten Kategorie des fehlgeschlagenen Versuchs Die bislang dargelegten Argumente für die Geltung eines normativen Tatbegriffs im gesamten Strafrechtssystem – und damit auch innerhalb der Rücktrittsdogmatik –, dürften dem einen oder anderen zumindest in Teilen bekannt vorkommen. Denn bei näherer Betrachtung ist es eben jener Streit um die Berechtigung naturalistischer Betrachtungen im Kontext der Reichweite des Rücktrittsprivilegs, der mehr oder minder verdeckt innerhalb der gesetzlich nicht vorgesehenen, aber dennoch verbreiteten Kategorie des „Fehlschlags“ des Versuchs geführt wird.30 Fehlgeschlagen sei der Versuch danach, wenn der Täter aus seiner Sicht mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln jedenfalls nicht ohne relevante zeitliche Zäsur den tatbestandlichen Er-
29 Zur sogenannten „Tatplantheorie“ s. BGHSt 10, 129, 130 f.; 14, 75, 78 ff.; 22, 330, 331 ff. 30 Vgl. zum verbreiteten Aufbau der Rücktrittsprüfung nur Jäger, Repetitorium AT, § 8 Rn. 313 ff. – Dass sich der Streit um Einzelakts- und Gesamtbetrachtungslehre im Kern um die inhaltliche Bestimmung des Tatbegriffs dreht, erkennen bereits Bergmann, ZStW 100 (1988), 329, 341; Freund, GA 2005, 321, 329 f.; Heckler, Ermittlung der Rücktrittsleistung, S. 153 f.; Murmann, Versuchsunrecht, S. 37 f.; v. Heintschel-Heinegg, ZStW 109 (1997), 29, 44.
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folg noch herbeizuführen vermag.31 Bereits die Definition ist verräterisch: Etwa die Kriterien der zeitlichen Zäsur sowie der zur Verfügung stehenden Tatmittel nehmen Rekurs auf eine naturalistische Sicht der Dinge.32 Insoweit offenbart sich schnell, worum es den meisten bei der „Vorprüfung“ des fehlgeschlagenen Versuchs – bewusst oder unbewusst – ersichtlich geht: die Einführung einer empirisch geprägten Kategorie. Dies zeigt sich deutlich anhand der weitreichenden Konsequenzen, die mit der Entscheidung einhergehen, ob es sich im Einzelfall um einen fehlgeschlagenen Versuch handelt. Im Beispiel der Schussabgabe von A auf B lässt die verbreitete Definition für das Fehlschlagen des Versuchs die Annahme eines solchen kaum zu. Weil die Waffe des Täters noch mit weiteren Patronen geladen ist, könnte er ohne erhebliche zeitliche Zäsur mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln den vorgestellten Erfolg einer tödlich wirkenden Schussabgabe auf B weiterhin herbeiführen. Damit tut sich die Tür zur weiteren Versuchsprüfung auf, die die meisten mit der Frage danach fortsetzen, ob es sich um einen beendeten oder unbeendeten Versuch handelt, um sich für eine der Rücktrittsmöglichkeiten des § 24 Abs. 1 S. 1 StGB zu entscheiden.33 An diesem Punkt angekommen, sind die durch das Kriterium des Fehlschlags in die Rücktrittsprüfung gelangten Fehler nicht mehr rückgängig zu machen. Ob ein Aufgeben der weiteren Ausführung der Tat vorliegt, orientiert sich unweigerlich an der Kontur der Versuchstat, die sie auf der Ebene des Fehlschlags erlangt hat. Wer also festgelegt hat, dass der Versuch durch die erfolglose Schussabgabe nicht fehlgeschlagen ist, kann unter Vermeidung eines Systembruchs nicht länger behaupten, die Versuchstat liege in der einzelnen Schussabgabe, sodass diese nicht mehr aufgegeben werden kann. Im Gegenteil muss unter Wahrung des an früherer Stelle Festgelegten die Tat zumindest als eine zeitlich eng zusammenhängende Reihe von Schussabgaben aus derselben Waffe bewertet werden. Eine so verstandene Versuchstat kann in ihrer weiteren Ausführung aber noch aufgegeben werden, weshalb auf dieser Basis ein erfolgreicher Rücktritt vom Versuch anzunehmen ist, sofern der Täter (wie im Beispielsfall A) die weitere Schussabgabe unterlässt. Das Kriterium des fehlgeschlagenen Versuchs stellt die Weichen für die gesamte weitere Rücktrittsprüfung. Auf dieser Stufe wird – mehr oder minder im Verborgenen – die Bestimmung der Reichweite der Versuchstat vorgenommen, an der sich die gesamte nachfolgende Prüfung orientiert. Wird daher die Frage nach dem Fehlschlag des Versuchs diskutiert, ist Vorsicht geboten. In der Sache geht es dabei allein um die Bestimmung der Versuchstat. Indem aber die Definition des fehlgeschlagenen Ver31
Jäger, Repetitorium AT, § 8 Rn. 313; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Kudlich/Schuhr, § 24 Rn. 16; Kühl, AT, § 16 Rn. 22. S. zu einer stärker normativ ausgerichteten Definition Murmann, Versuchsunrecht, S. 37. Vgl. zu weiteren Fallgruppen eines fehlgeschlagenen Versuchs Freund/Rostalski, AT, § 9 Rn. 25 f. 32 Vgl. die weitere Konkretisierung bei MünchKommStGB/Herzberg/Hoffmann-Holland, § 24 Rn. 62 ff. Zur Ausfüllung des „Gesamtunrechtstatbestandes“ des § 22 StGB s. ferner die zusammenfassenden Ausführungen bei Scheinfeld, Der Tatbegriff des § 24 StGB, 2006, S. 140 ff. 33 Vgl. zu den Kriterien des beendeten bzw. unbeendeten Versuchs Satzger/Schluckebier/ Widmaier/Kudlich/Schuhr, § 24 Rn. 31 f.; Kühl, AT, § 16 Rn. 23 ff.
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suchs eindeutig naturalistische Elemente einbezieht, zeitigt sie folgenschwere Konsequenzen, die sich mit einer rechtlichen Bewertung nicht in Einklang bringen lassen. Zur Erinnerung: Auf der Basis einer ausschließlich normativen Betrachtung bedeutet die Schussabgabe des A im Ausgangsfall einen tatbestandsspezifischen Verhaltensnormverstoß im Sinne eines versuchten Tötungsdelikts, der zugleich vollendet und beendet ist. Für ein Aufgeben der weiteren Tatausführung ist damit kein Raum, liegt die Tat in Gestalt der für sich genommen vollendungstauglichen Schussabgabe doch bereits vollständig vor. Dieses Ergebnis wird von einigen als zu „streng“ empfunden, was zu einer naturalistischen Ausdehnung der Versuchstat über den Umweg des Kriteriums des Fehlschlags motiviert hat. Unter dem Dach der sogenannten „Gesamtbetrachtungslehre“ finden sich daher Stimmen, die vehement für eine – wenngleich als solche in aller Regel nicht offen eingeräumte – faktische Bestimmung der Versuchstat streiten. Die Vertreter der Gesamtbetrachtungslehre eint die Vorstellung, dass eine „umfassende Betrachtung“ vorgenommen werden müsse, um zu bestimmen, ob der Täter noch die Möglichkeit zur Erfolgsherbeiführung aufweist. Insbesondere dürfe keine unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhalts erfolgen.34 Hierfür streite die ratio des Rücktrittsprivilegs.35 Ein strikt normativer Begriff der Versuchstat, der prinzipiell mit der sogenannten „Einzelaktstheorie“ einhergeht,36 stünde nicht in Einklang mit dem Grund für die Privilegierung des Rücktrittsverhaltens. Wenngleich mehrheitlich nicht länger die Ansicht vorherrscht, dass dem Täter im Wege der Rücktrittsprivilegierung eine „goldene Brücke“ zur Rückkehr ins Recht gebaut werden soll,37 so ist dennoch nach wie vor verbreitet die Rede davon, dem Delinquenten müsse ein Anreiz für normtreues Verhalten geschaffen werden. Dafür sprächen nicht zuletzt legitime Opferschutzinteressen.38 Die von § 24 StGB intendierte Privilegierung desjenigen, der auf dem Weg zum Erfolg von seinem Ziel Abstand nimmt, werde durch eine restriktive Rücktrittsmöglichkeit, wie sie das vorliegende Konzept zur Folge hat, verfehlt. Die gehegten Bedenken in Bezug auf die Vereinbarkeit eines normativen (Versuchs-)Tatbegriffs mit der ratio des Rücktrittsprivilegs können indes nicht überzeu34 BGH NStZ 1994, 535, 535 f.; MünchKommStGB/Herzberg/Hoffmann-Holland, § 24 Rn. 61; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Kudlich/Schuhr, § 24 Rn. 19. Im Sinne einer modifizierten Gesamtbetrachtungslehre s. weiter Jäger, Repetitorium AT, § 8 Rn. 314 m.w.N. 35 MünchKommStGB/Herzberg/Hoffmann-Holland, § 24 Rn. 61; Satzger/Schluckebier/ Widmaier/Kudlich/Schuhr, § 24 Rn. 19; Kühl, AT, § 16 Rn. 20. 36 Vertreten wird die „Einzelaktstheorie“ in unterschiedlichen Spielarten, die in der Bestimmung des Tatbegriffs durchaus voneinander abweichen, s. schon Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 112 ff. 37 Weiterhin wird diese Position vertreten von Satzger/Schluckebier/Widmaier/Kudlich/ Schuhr, § 24 Rn. 14; Puppe, NStZ 1984, 488, 490 m.w.N. S. zur Kritik nur Heckler, Ermittlung der Rücktrittsleistung, S. 112 f. 38 Dölling/Duttge/Rössner/Ambos, § 24 Rn. 7; Fischer, StGB, § 24 Rn. 13; Kaspar, Verhältnismäßigkeit, S. 727; Kühl, AT, § 16 Rn. 20.
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gen. So ist der Annahme zu widersprechen, die Vorschrift des § 24 StGB verfolge das Ziel, dem Delinquenten aus Opferschutzgründen einen Anreiz für Normtreue zu liefern.39 Es erweist sich bereits als wenig realistisch, dass der Täter während der Vornahme des auf einen bestimmten deliktischen Erfolg abzielenden äußeren Verhaltens gedanklich Phasen durchläuft, in denen er die eigene Möglichkeit zur Strafbefreiung abwägt.40 Kaum denkbar ist etwa, dass der Betreffende zwischen dem Abfeuern des ersten und des letzten Schusses aus der Waffe in seine Überlegungen einbezieht, ob er noch immer die Chance zur Strafbefreiung hat und dass er deshalb von seinem Vorhaben Abstand nimmt. Häufig wird er diese strafrechtlichen Folgen gar nicht kennen.41 Selbst wenn ein entsprechender Anreiz im Einzelfall eine opferschützende Wirkung zeitigen sollte, lässt sich darauf aber nicht überzeugend die Legitimation des strafbefreienden Rücktritts stützen. So legt diese Konzeption eine Vorstellung vom Einzelnen zugrunde, die nicht in Einklang steht mit dem Menschenbild einer freiheitlichen Grundordnung und dem darauf aufbauenden normativen Grundmodell. Innerhalb eines Systems von Normen, das die Mitglieder einer Gesellschaft eigens bestimmt haben, sind es eben jene Regeln selbst, die den Bürger zu Normtreue motivieren.42 Der Vernunftbegabte kann erkennen, dass ein Zustand des Friedens die bestmögliche Verwirklichung seiner individuellen Freiheit bietet. Aus diesem Grund lässt er sich von den gemeinsamen gesellschaftlichen Normen zu bestimmtem Verhalten auffordern. Wenn demgegenüber die ratio des § 24 StGB darin gesehen wird, dass der Täter einen Anreiz zur Normbefolgung erhalten soll, wird damit zugleich das generelle Versagen des Normensystems in seiner originären Funktion eingeräumt.43 Wer annimmt, die Vereinbarung gesellschaftlicher Normen sei für sich genommen nicht geeignet, einen vernunftbegabten Bürger zu Normtreue zu motivieren, gesteht ein, dass diese Normen ihrerseits fehlerhaft sein müssen. Anderenfalls würde der oben beschriebene Mechanismus der Normbefolgung aufgrund der Einsicht des Vernünftigen in die Vorzugswürdigkeit eines Zustands der größtmöglichen Freiheit 39 Zu weiteren Konzeptionen in der Bestimmung der ratio des Rücktrittsprivilegs vgl. die Darstellungen bei Dölling/Duttge/Rössner/Ambos, § 24 Rn. 1; Heckler, Ermittlung der Rücktrittsleistung, S. 110 ff.; MünchKommStGB/Herzberg/Hoffmann-Holland, § 24 Rn. 8 ff.; Jakobs, AT, 26/5 ff. 40 Freund/Rostalski, AT, § 9 Rn. 11; Freund, GA 2005, 321, 330; Rostalski, JuS 2015, 525, 530. Mit diesem Argument lehnen die Vertreter der Gesamtbetrachtungslehre mehrheitlich die kriminalpolitische Theorie der goldenen Brücke ab, s. nur Dölling/Duttge/Rössner/Ambos, Gesamtes Strafrecht, § 24 Rn. 1. Dabei wird übersehen, dass sich der Einwand ebenso gegen die Annahme richtet, dem Täter müsse ein Anreiz zu Normtreue geschaffen werden. Ersichtlich wurden in diesem Punkt lediglich Begrifflichkeiten ausgetauscht: Wer auf die Anreizfunktion des Rücktrittsprivilegs rekurriert, wandelt gedanklich nach wie vor auf der „goldenen Brücke“. 41 Satzger/Schluckebier/Widmaier/Kudlich/Schuhr, § 24 Rn. 15 wollen gleichwohl an dieser Position festhalten. Danach soll es ausreichen, wenn „die kriminalpolitische Idee des § 24 noch halbwegs plausibel und daher intuitiv erfassbar“ sei. 42 Zu dem Mechanismus der Motivation des Vernunftbegabten zu normtreuem Verhalten im Wege der Etablierung Rostalski, Tatbegriff, S. 52 ff. 43 Rostalski, JuS 2015, 525, 530. Wie hier bereits Freund, GA 2005, 321, 330.
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aller unter legitimen Normen eintreten. Allein unrechtmäßige Vorschriften sind außer Stande, einen vernunftbegabten Rechtskreisteilnehmer zu einem entsprechenden Verhalten zu motivieren. Die ratio des Rücktrittsprivilegs jedenfalls auch in dem Schaffen eines Anreizes für Normtreue zu sehen, ist daher gleichbedeutend mit der Kapitulation gegenüber dem Anspruch auf ein funktionierendes Normensystem. Dies zeigt sich nicht zuletzt an den folgenschweren Konsequenzen einer solchen Position, die nämlich an der „Belohnung“ für Normtreue im Rücktrittskontext argumentativ nicht Halt machen könnte. Zu Ende gedacht müsste eine solche Annahme vielmehr dazu führen, dass dem Täter einer begangenen Körperverletzung eine Strafbefreiung gewährt werden müsste, um zu erreichen, dass er sein Opfer nicht auch noch tötet. Spätestens dieses Beispiel dürfte einem jeden offenbaren, dass der Verzicht auf Schuldspruch und verdiente Strafe zur Erreichung künftiger Rechtstreue dem System eines korrupten Ablasshandels gleicht.44 Erforderlich ist demgegenüber eine Ausrichtung der ratio des strafbefreienden Rücktritts an der straftheoretischen Grundkonzeption, wie sie hier in der Bestätigung des Rechts als Reaktion auf den Normangriff des Täters gesehen wird.45 Der Rücktritt vom Versuch ist danach eine eigenständige nachträgliche Normanerkennungsleistung des Delinquenten.46 Auf diese Weise relativiert er im Anschluss an die Vornahme des (immerhin teilweisen) Verhaltensnormverstoßes seinen Angriff auf die Geltungskraft der übertretenen Norm. Durch sein Rücktrittsverhalten bringt er zum Ausdruck, sich geirrt zu haben bzw. sich zumindest von seiner früheren Einschätzung der Normgeltung zu distanzieren. Entgegen seiner ursprünglichen kommunikativen Aussage hält er die verletzte Verhaltensmaxime nicht für unwirksam. Vielmehr erkennt er immerhin nachträglich deren Geltung an und handelt nunmehr ihr gemäß. Dieses Verhalten ist rechtlich zu honorieren, da es jedenfalls zum Teil die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Reaktion auf die Tat aufhebt.47 Ein normativer (Versuchs-)Tatbegriff bedeutet außerdem keine ungerechtfertigte Privilegierung des zumindest teilweise erfolgreichen gegenüber dem in Gänze erfolglosen Täter.48 Um im Beispiel zu bleiben: Eingewendet wird, A werde schlechter gestellt, wenn er B nicht trifft, als wenn er ihn getroffen hätte: Im letztgenannten Fall 44
Vgl. Jakobs, ZStW 104 (1992), 82, 84 f. S. oben I. Die Begründung der ratio des Rücktrittsprivilegs unter Rekurs auf die Strafzwecklehre wird heute mehrheitlich vertreten. Wesentliche Unterschiede bestehen freilich angesichts der abweichenden straftheoretischen Grundkonzeptionen. 46 Freund/Rostalski, AT, § 9 Rn. 16; Freund, GA 2005, 321, 327 f.; Heckler, Ermittlung der Rücktrittsleistung, S. 122 ff.; Jakobs, AT, 26/1 f.; ders., ZStW 104 (1992), 82, 83 ff.; Murmann, Versuchsunrecht, S. 33 ff.; Ranft, JZ 1989, 1128, 1129; Streng, JZ 1990, 212, 215; Timm, Gesinnung und Straftat, S. 255 f.; v. Heintschel-Heinegg, ZStW 109 (1997), 29, 47 ff. 47 Auf dieser Basis ist die de lege lata angeordnete Rechtsfolge eines erfolgreichen Rücktritts in Gestalt der vollkommenen Strafbefreiung (also auch unter Verzicht auf einen Schuldspruch) zu kritisieren (Freund, GA 2005, 321, 329; Timm, Gesinnung und Straftat, S. 255 f.; v. Heintschel-Heinegg, ZStW 109 (1997), 29, 43; Rostalski, Tatbegriff, S. 350 f.; dies., JR 2017, 620, 623). 48 Vgl. etwa Kühl, AT, § 16 Rn. 19. 45
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bestünde für ihn immerhin noch die Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts nach § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB. Allerdings muss nach dem zutreffenden Tatverständnis wie folgt differenziert werden: Hätte der Schuss des A unmittelbar tödliche Folgen nach sich ziehen können, so steht ihm das Rücktrittsprivileg auch dann nicht offen, wenn er B lediglich lebensgefährlich verletzt. Von diesem Ergebnis darf nicht ablenken, dass A den B rein äußerlich getroffen hat. In der Sache allein maßgeblich ist vielmehr, worin der hinreichend gewichtige Verhaltensnormverstoß des A liegt. Vor diesem Hintergrund zeigt sich aber die Parallelität des Falls gegenüber demjenigen des vorbeischießenden Täters: Die „Tat“ liegt in der Abgabe eines Schusses, der für sich genommen den Tod unmittelbar hätte herbeiführen können. Dem A ist in dieser Situation rechtlich verboten, einen potentiell sofort tödlich wirkenden Schuss abzugeben. Tritt dieser Erfolg nunmehr nicht ein, indem der Schuss B zwar trifft, ihn aber lediglich lebensgefährlich verletzt, so ist es beim bloßen Verhaltensnormverstoß des A geblieben. Die spezifischen Folgen dieses Fehlverhaltens, deren Vollendung noch verhindert werden könnten, sind nicht eingetreten. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Fehlverhaltensfolgen stets ausschließlich in Orientierung an dem individuellen Verhaltensnormverstoß des Einzelnen bestimmt werden können. Wenn aber dieser in der Abgabe eines für sich genommen tödlichen Schusses liegt, kann die spezifische Folge, die mit diesem Verhalten korrespondiert, allein in einem unmittelbar todbringenden Schuss liegen. Tritt dieser Erfolg nicht ein, ist das Verhalten im Stadium der Ausführung stecken geblieben. Der jedenfalls teilweise erfolgreiche Täter wird also in keiner Weise bessergestellt.49 Zur weiteren Argumentation der Vertreter der „Gesamtbetrachtungslehre“ nur so viel: Die Befürchtung, ein einheitlicher Lebenssachverhalt werde künstlich aufgespalten, ist rein ontologisch begründet.50 Als Einwand vermag sie daher ein normatives Konzept nicht zu treffen. Nicht zuletzt streitet für ein solches das auf diesem Wege realisierte stimmige Konzept, das anders als das Rücktrittsverständnis der Gesamtbetrachtungslehre frei von Willkürelementen ist. Dass ein normatives Verständnis der (Versuchs-)Tat der Privilegierungsfunktion des § 24 StGB entgegenstünde, kann wiederum nicht ernstlich behauptet werden. Hier geht es in der Sache nicht um die Frage des Ob, sondern diejenige nach der Reichweite des strafbefreienden Rücktritts. Wie eingangs dargelegt, lässt sich ohne Weiteres allein anhand des Gesetzes die hier vertretene Lösung erzielen. Einen spezifischen, gar naturalistischen Tatbegriff legt § 24 StGB nicht fest.51 Insofern kann die hier vertretene Konzeption auch nicht der Funktion der Vorschrift entgegenstehen, bleibt es doch – wenn auch in vermindertem Umfang – bei der Möglichkeit zum strafbefreienden Rücktritt in den gesetzlich normierten Fällen. Konsequenz muss es daher sein, dem Kriterium des fehlgeschlagenen Versuchs innerhalb der Rücktrittsprüfung eine Absage zu erteilen. Mit 49
Zur weiteren Argumentation vgl. Heckler, Ermittlung der Rücktrittsleistung, S. 199 f. In diese Richtung auch Heckler, Ermittlung der Rücktrittsleistung, S. 198; Murmann, Versuchsunrecht, S. 45. 51 Wege, Rücktritt und Normgeltung, 2011, S. 136 m.w.N. 50
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dieser Kategorie geht ein naturalistisches Verständnis der Versuchstat einher, das fehlerhafte Weichen für die Reichweite des strafbefreienden Rücktritts stellt.52
IV. Gebotene Abkehr von den verbreiteten Kategorien des unbeendeten und beendeten Versuchs Sancinetti lehnt die Gesamtbetrachtungslehre zumindest für einen Teil von Versuchstaten, die er als „beendete“ klassifiziert, strikt ab. Weniger eindeutig verfährt er indes im Rahmen des „unbeendeten“ Versuchs. Dabei nimmt der Jubilar einen beendeten Versuch an, wenn der Täter glaubt, alles Notwendige unternommen zu haben, ohne dass er sich eine sichere Möglichkeit zur Vermeidung der Tatbestandsverwirklichung zuschreibt.53 Anders als in diesen Fällen führe der Fehlschlag eines „unbeendeten“ Versuchs nicht immer zum Ausschluss der Rücktrittsmöglichkeit. Eine Ausnahme bestünde nämlich, wenn der Täter den Fehlschlag durch Rückgriff auf ein vor dem Scheitern bedachtes Äquivalent reparieren kann.54 Hierfür nennt er folgendes Beispiel: Der Täter zielt darauf ab, sein Opfer mittels einer Flasche, die mit Säure gefüllt ist, zu verletzen. Wenn diese Flasche zu Bruch geht und der Täter kein anderes Mittel zur Hand hat, um sein Vorhaben neu zu versuchen, liege ein fehlgeschlagener unbeendeter Versuch vor, von dem nicht zurückgetreten werden könne.55 Indessen bestünde sehr wohl eine Rücktrittsmöglichkeit, wenn der Täter eine andere gleich schwere Flasche mit der gleichen Menge Säure bei sich führt und sich sagt: „Mit der ersten Flasche brauche ich beim Zuschlagen nicht so vorsichtig zu sein, weil ich immer noch eine andere habe, wenn sie zerbricht“.56 Als Argument dient Sancinetti dabei die Überlegung, dass innerhalb der Rücktrittsdogmatik keine Lösung Zuspruch verdiene, „die dazu führt, kriminelles Verhalten zu ermutigen“ – in seinen Worten „ein Test in Form der Umkehrung des Gedankens der ,goldenen Brücke‘“.57 Dies sei aber nicht der Fall bei „(spätestens) im letzten Augenblick vor dem Scheitern vorhergesehenen Äquivalente(n)“.58 Es bestehen allerdings Zweifel an der Richtigkeit der zuletzt genannten Annahme. Eine Ermutigung zu kriminellem Verhalten liegt sowohl darin, die Einberechnung von Äquivalenten im Vorhinein als auch im Nachhinein zu belohnen. Ein Argumentieren mit der naturalistischen Gesamtbetrachtungslehre erscheint im rechtlichen 52 Kritisch stehen dem Kriterium des Fehlschlagens des Versuchs – freilich aus unterschiedlichen Gründen – gegenüber: Baumann/Weber/Mitsch, AT, 27/12; Gössel, ZStW 87 (1975), 3, 36 ff, 39; Heckler, Ermittlung der Rücktrittsleistung, S. 151 ff. 53 Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 62. 54 Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 125. 55 Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 117. 56 Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 122. 57 Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 123. 58 Sancinetti, Unrechtsbegründung, S. 125.
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Kontext für sich genommen problematisch. Davon unabhängig wirft das Beispiel Sancinettis noch weitere Fragen auf. Zwar ist zuzugeben, dass einer rücktrittsfähigen Versuchstat nichts entgegensteht, wenn der Täter zur Tatbegehung zwei identische Flaschen mitbringt, von denen eine zu Bruch geht. Der Grund hierfür liegt aber darin, dass zu diesem Zeitpunkt noch kein unmittelbares Ansetzen vorliegt. Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn der Täter bereits zum Schlag ausgeholt hat und die Flasche ihm dann herunterfällt. Nach dem so erfolgten Überschreiten der Schwelle zum Versuchsbeginn ist der Fall aber anders zu lösen: Durch das Ausholen hat der Täter gegen eine rechtliche Verhaltensnorm verstoßen. Auf der Basis seiner tatbestandsbezogenen Vorstellung liegt ein Rechtsgutsangriff in dem einmaligen Ausholen, da bereits dies für sein Handlungsprojekt (die Verletzung des Opfers) ausreichend war (die zweite Flasche war bloße Reserve). Wenn ihm nunmehr die Flasche aus der Hand gleitet und zerbricht, kann er dieses Handlungsprojekt endgültig nicht mehr verwirklichen – der Versuch ist nicht länger rücktrittsfähig („fehlgeschlagen“). Es offenbart sich damit auch anhand der Überlegungen Sancinettis, dass ein Denken in den Kategorien des „beendeten“ und „unbeendeten“ Versuchs für die Frage nach der Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts nicht weiterführt. Im Gegenteil geht mit den Begriffen die Gefahr einher, sachfremde Gesichtspunkte in diese Prüfung hineinzuziehen. Rechtlich allein relevant ist in Bezug auf die Rücktrittsmöglichkeit, ob der Täter eine noch rücktrittsfähige Versuchstat verwirklicht hat oder nicht. Dafür ist ausschließlich maßgeblich, dass der Einzelne durch sein Verhalten gegen eine rechtliche Norm verstoßen und damit ein missbilligtes Risiko für die Güter und Interessen einer anderen Person geschaffen hat. Von dieser notwendig allein normativen Betrachtung lenken die Kategorien des „unbeendeten“ bzw. „beendeten“ Versuchs in gefährlicher Weise ab, indem sie den Fokus auf naturalistische Entitäten in Gestalt der subjektiven Vorstellung des Einzelnen richten. Sie bergen daher das Risiko, sachfremde Erwägungen in die Rücktrittsdogmatik hineinzutragen. Zum Beispiel kann dabei die Fehleinschätzung auftreten, dass es für die Bestimmung der Versuchstat darauf ankommt, welche Alternativpläne sich der Täter im Vorfeld des Rechtsgutsangriffs gemacht hat. Dabei wird übersehen, dass normativ allein das tatbestandsbezogene Vorstellungsbild des Einzelnen relevant ist. Dieses ist aber an der Kategorie des Verstoßes gegen eine rechtliche Verhaltensnorm ausgerichtet. Dann spielt es also eine Rolle, ob auf der Basis der Vorstellung des Täters bereits ein bestimmtes Verhalten (im Beispielsfall: erstes Ausholen mit der Flasche) genügen kann, um das Rechtsgut zu verletzen. Äquivalente stellen im tatbestandsbezogenen Vorstellungsbild des Täters eigene Rechtsgutsangriffe und damit potentielle Versuchstaten dar. Bei dieser Beurteilung leisten die Kategorien des „beendeten“ und „unbeendeten“ Versuchs keinen sinnvollen Beitrag. Darüber hinaus sind sie überflüssig.59 Der Gesetzeswortlaut bietet für sich genommen eine problemfreie Prüfung der 59 Kritisch im Hinblick auf die nicht dem Gesetz zu entnehmenden Kategorien des unbeendeten bzw. beendeten Versuchs s. etwa auch Heckler, Ermittlung der Rücktrittsleistung, S. 151; v. Heintschel-Heinegg, ZStW 109 (1997), 29, 33 ff.
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Rücktrittsvoraussetzung. Die darüber hinaus gehenden Kategorien verwischen dieses klare Bild lediglich und sollten bereits aus diesem Grund aufgegeben werden.
V. Schluss Sancinetti hat nicht zuletzt im Kontext der Versuchs- und Rücktrittsdogmatik teils besonders weitreichende Konsequenzen seines „subjektiven“ Unrechtsbegriffs eingefordert. Der vorgeschlagene Ansatz denkt die Tat von der Schaffung bzw. Nichtabwendung eines rechtlich missbilligten Risikos für die Interessen eines anderen her. Die Straftat ist damit der hinreichend gewichtige Verhaltensnormverstoß, der in seiner fahrlässigen Verwirklichung die Grundform der Straftat ausmacht. Dieses an der Schaffung oder Nichtabwendung bestimmter Schädigungsmöglichkeiten orientierte Modell hat seinerseits radikale Konsequenzen für die verbreitete Dogmatik von Versuch und Rücktritt. Insbesondere erscheint eine Abkehr von gängigen Kategorien wie dem fehlgeschlagenen, unbeendeten und beendeten Versuch als erforderlich, um den Blick für das normativ allein Maßgebliche freizulegen. Vorhandene Parallelen in den Grundprämissen zu denjenigen des geschätzten Jubilars sind dabei nicht zu leugnen. Literatur Baumann, Jürgen/Weber, Ulrich/Mitsch, Wolfgang: Strafrecht Allgemeiner Teil, Lehrbuch, 11. Aufl., Bielefeld 2003. Bergmann, Matthias: Einzelakts- oder Gesamtbetrachtungslehre beim Rücktritt vom Versuch?, ZStW 100 (1988), S. 329 – 358. Dölling, Dieter/Duttge, Gunnar/Rössner, Dieter: Gesamtes Strafrecht, 2. Aufl., Baden-Baden 2011. Engländer, Armin: Die hinreichende Verhinderung der Tatvollendung, BGH NJW 2003, S. 1058, JuS 2003, S. 641 – 645. Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 67. Aufl., München 2020. Freund, Georg: Der Zweckgedanke im Strafrecht, GA 1995, S. 4 – 22. Freund, Georg: Zur Legitimationsfunktion des Zweckgedankens im gesamten Strafrechtssystem, in: Jürgen Wolter / Georg Freund (Hrsg.), Straftat, Strafzumessung und Strafprozeß im gesamten Strafrechtssystem: Straftatbegriff – Straftatzurechnung – Strafrechtszweck – Strafausschluss – Strafverzicht – Strafklageverzicht, Heidelberg 1996, S. 43 – 75. Freund, Georg: Materiellrechtliche und prozessuale Facetten des gesamten Strafrechtssystems – Gedanken aus Anlass des „Marburger Strafrechtsgesprächs 2004“, GA 2005, S. 321 – 338. Freund, Georg/Rostalski, Frauke: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 3. Aufl., Berlin/Heidelberg 2019.
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Frisch, Wolfgang: Straftatsystem und Strafzumessung – Zugleich ein Beitrag zur Struktur der Strafzumessungsentscheidung, in: Jürgen Wolter (Hrsg.), 140 Jahre Goltdammer’s Archiv für Strafrecht, eine Würdigung zum 70. Geburtstag von Paul Günter Pötz, Heidelberg 1993, S. 1 – 38. Gómez-Jara Díez, Carlos: Die Strafe, Rechtstheorie 36 (2005), S. 321 – 340. Gössel, Karl-Heinz: Über den fehlgeschlagenen Versuch, ZStW 87 (1975), S. 3 – 43. Grünewald, Anette: Das vorsätzliche Tötungsdelikt, Tübingen 2010. Heckler, Andreas: Die Ermittlung der beim Rücktritt vom Versuch erforderlichen Rücktrittsleistung anhand der objektiven Vollendungsgefahr – Zugleich ein Beitrag zum Strafgrund des Versuchs, Baden-Baden 2002. Heintschel-Heinegg, Bernd v.: Versuch und Rücktritt, eine kritische Bestandsaufnahme, ZStW 109 (1997), S. 29 – 57. Hörnle, Tatjana: Das Unwerturteil und der Schuldvorwurf: Inhalte und Adressaten, in: Roland Hefendehl (Hrsg.), Empirische und dogmatische Fundamente, kriminalpolitischer Impetus: Symposium für Bernd Schünemann zum 60. Geburtstag, Köln 2005, S. 105 – 134. Jäger, Christian: Examens-Repetitorium Strafrecht, Allgemeiner Teil, 9. Aufl., Heidelberg 2019. Jakobs, Günther: Strafrecht, Allgemeiner Teil – Die Grundlagen und die Zurechnungslehre, 2. Aufl., Berlin 1991. Jakobs, Günther: Rücktritt als Tatänderung versus allgemeines Nachtatverhalten, ZStW 104 (1992), S. 82 – 104. Jakobs, Günther: Zur gegenwärtigen Straftheorie, in: Klaus-Michael Kodalle (Hrsg.), Strafe muß sein! Muß Strafe sein?, Würzburg 1998, S. 29 – 40. Jakobs, Günther: Norm, Person, Gesellschaft, Vorüberlegungen zu einer Rechtsphilosophie, 3. Aufl., Berlin 2008. Joecks, Wolfgang/Miebach, Klaus (Hrsg.): Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1, 3. Aufl., München 2017. Kaspar, Johannes: Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, Baden-Baden 2014. Kühl, Kristian: Strafrecht Allgemeiner Teil, 8. Aufl., München 2017. Mir Puig, Santiago: Objektive Rechts- und Normwidrigkeit im Strafrecht, ZStW 108 (1996), S. 759 – 784. Murmann, Uwe: Versuchsunrecht und Rücktritt, Heidelberg 1999. Puppe, Ingeborg: Der halbherzige Rücktritt – Zugleich eine Besprechung zu BGHSt 31, 46, NStZ 1984, S. 488 – 491. Ranft, Otfried: Anm. zu BGH, Urt. v. 19. 07. 1989 – 2 StR 270/89, JZ 1989, S. 1128 – 1129. Renzikowski, Joachim: Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, Tübingen 1997. Rostalski, Frauke: Anfängerklausur – Strafrecht: Das Duell, JuS 2015, S. 525 – 530.
Straftatbegriff und strafbefreiender Rücktritt
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Die Anstiftung: eine umstrittene Form der strafbaren Teilnahme* Von Maximiliano Rusconi
I. Mischen und neue Karten geben Es ist mittlerweile offensichtlich, dass die Strafrechtsdogmatik sich die Besorgnis über die sogenannte Expansion des Strafrechts zu eigen gemacht hat. Diese Bezeichnung verdanken wir, die wir uns mit diesem Sektor der Strafrechtswissenschaft beschäftigten, Professor Jesús-María Silva Sánchez. Allerdings müssen wir, auch wenn wir bezüglich der Behauptung des ersten Absatzes Konsens zu schaffen vermögen, einsehen, dass zumindest in einer Mehrheit der diesbezüglichen Formulierungen die Sensibilität bezüglich dieser Expansion im Kern des Zurechnungsproblems verankert ist. Auf der begrifflichen Ebene bezieht sie sich standardmäßig auf die Großzügigkeit bei der Zuschreibung der Täterrolle und im Methodologischen verweist sie fast immer auf eine gewisse punitivistische Bequemlichkeit in der gesetzgeberischen Tätigkeit. Beide Dimensionen weisen – und heute kann dies nicht mehr verhüllt werden – eine gewisse übermäßige Vereinfachung auf. Die sogenannte Expansion weist noch zusätzliche Manifestationen auf. Müsste man zwei einfache Beispiele nennen, so könnte man im Konzeptuellen den Diskussionsbedarf bezüglich der Zerbrechlichkeit der Grenzen der Zurechnung strafrechtlicher Verantwortung bei den von der Täterschaft abweichenden Formen der Beteiligung (Beihilfe und Anstiftung) erwähnen, und im Methodologischen die ständig verfolgten Strategien, um die Anforderungen der Beweisstandards zu unterwandern und so der überwältigenden Kraft der Zurechnung zugunsten des Angeklagten, des in dubio pro reo, auszuweichen. Hier wollen wir bei einem der begrifflichen Szenarien verweilen, dem meines Erachtens am meisten Aufmerksamkeit gebührt, und das eine höhere Stufe an intellektueller Wachsamkeit erfordert, um die Formulierung von unbeweisbaren Behauptungen, Redensarten und willkürlichen Ausdrücken nicht durchgehen zu lassen und diese so nicht auf inakzeptable Weise zuzulassen. Solche mündeten andernfalls in unwissenschaftliche Szenarien: etwa in das der Anstiftung als Form der Beteiligung,
* Ich danke Herrn stud. iur. Jaime Cancio Fernández (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) für die Übersetzung des spanischen Originals ins Deutsche.
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deren Strafbarkeit man auf scheinbar wenig reflektierte Art und Weise beschlossen hat. Die Möglichkeit, dass dem sogenannten Anstifter eine schwere Sanktion seitens des Strafrechts, zumindest von jenem der westlichen Welt, auferlegt werden kann, befindet sich – würde man die öffentliche Meinung, die Medien auswerten – außerhalb jeglicher möglichen Diskussion: Darüber hinaus besteht sogar die verbreitete Gemeinplatzwahrnehmung, man müsse, wenn die Justiz den oder die Haupttäter oder unmittelbar selbst handelnde Täter einer rechtswidrigen Tat erwischt, wahrhaftig unzufrieden sein, solange der Wichtigste nicht auftaucht: der Urheber oder, wie es im spanischen Sprachraum heißt, der autor intelectual. Es ist auffällig, wie sich, sogar entgegen einiger geltender Normbestimmungen und eines Großteils der Aussagen aus der Strafrechtswissenschaft, entgegen der strafrechtlichen Dogmatik, die landläufige Ansicht durchgesetzt hat, der Anstifter sei wichtiger als der Haupttäter. Vor fast 20 Jahren, genauer gesagt 2001, veröffentlichte Professor Marcelo Sancinetti, dem dieser Beitrag mit großer Zuneigung und Bewunderung gewidmet ist, das Werk La nulidad de la acusación por indefinición del hecho y el concepto de instigación,1 in welchem im Rahmen eines fiktiven Gesprächs einer Gruppe Juristen, die ein – möglicherweise ebenfalls fiktives – Seminar besucht, eine Figur Namens Magister (der Professor, der das Seminar leitet) sagt: „Was noch nicht erklärt wurde, ist, wie abstrakt die Ebene ist, auf der sich der Rechtsbegriff der Anstiftung befindet, etwa so, dass man ein Gespräch, dessen Inhalt unbekannt ist, bedenkenlos als solche bewerten kann. […] Der Begriff ,Anstiftung‘ setzt bei der Handlung, mit welcher der Anstifter den Haupttäter zur Haupttat bestimmt, bestimmte Annahmen voraus, bestimmte Charakteristika in der Natur der zwischen Anstifter und Vollzieher vorliegenden psychischen oder geistigen Beziehung. Eigenschaften, die dazu führen, dass dieser Begriff in viel größerem Maße abstrakt und theoretisch komplex ist als ,Beischlaf vollziehen‘ oder ,harte Gegenstände auf einen fahrenden Zug werfen‘ [wie es in Art. 193 des argentinischen Strafgesetzbuches heißt]“.2 Des Magisters brillanter Beitrag ist geeignet, einige der Probleme zu formulieren, mit denen wir uns in diesem Beitrag befassen werden. Allerdings soll lediglich versucht werden, die Teilnahmeform der Anstiftung unter die Lupe zu nehmen. Dies findet in einem wissenschaftlichen Kontext statt, in welchem die dogmatische Behandlung problematischer Fragen zu Formen strafbarer Teilnahme auffällig oberflächlich stattfand (mit Ausnahme der Untersuchung der sogenannten neutralen Handlungen und der polemischen Debatte bezüglich der Teilnahme im Umfeld von Tätern, die echte Sonderdelikte [der sog. intraneus] ausführen).3
1
Sancinetti, La nulidad. Sancinetti, La nulidad, S. 177. 3 Hier muss auf eine wichtige Ausnahme hingewiesen werden, die der Arbeit von SánchezVera Gómez-Trelles, En los límites de la inducción, S. 8. In diesem Aufsatz werden auf brillante Art einige der Probleme aufgeworfen, auf die hier noch eingegangen werden soll. 2
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II. Der besorgniserregende und bequemliche Frieden der herrschenden Meinung Die Fragen der herrschenden Meinung sind oft, zumindest nach dem, was sich in der allgemeinen Bearbeitung der Materie beobachten lässt, die simpelsten, und häufig werden die Antworten der Komplexität des Themas nicht gerecht. Wie bekannt, wird erwartungsgemäß nahezu immer von der Terminologie ausgegangen, die der Gesetzgeber benutzt hat: Anstiftung ist das vorsätzliche, direkte Bestimmen eines anderen zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat.4 Für Roxin „[muss] der Anstifter […] zunächst den Täter zur Tat bestimmt haben. […] Hier geht es also im Wesentlichen um die Frage des Tatentschlusses und die Kausalität des Anstifters dafür“.5 Nach Jakobs „bestimmt im weiteren Sinn, wer eine Gelegenheit schafft, deren Versuchungen oder Zwängen ein anderer erwartungsgemäß erliegt und deshalb einen Deliktsvorsatz fasst“.6 Wird versucht, eine detailliertere Definition zu erarbeiten, wird normalerweise behauptet, der Anstifter müsse den Tatenschluss eines anderen Menschen verursachen, wofür in der Regel auf die conditio-sine-qua-non-Formel verwiesen wird. Manchmal machen sich einige Autoren die Mühe, klarzustellen, dass es sich um eine Kausalität durch psychische Einflussnahme handelt, somit besondere Charakteristiken vorliegen, und dass es bei einem bereits entschlossenen Täter keine Anstiftung geben kann. Die herrschende Meinung problematisiert die Konsequenzen eines direkten Bestimmens und die Notwendigkeit eines objektiven Zurechnungszusammenhangs zwischen dem Entschluss des Täters und dem Handeln des Anstifters. In Wahrheit ist die gegenwärtige Analyse, abgesehen von einigen anderen Diskussionsfeldern, nicht einmal dazu gekommen, die Ausgangspunkte der Anstiftung als Form der strafbaren Teilnahme infrage zu stellen.
III. Fragen Nimmt man Abstand von der behaglichen Position akritischer Nähe zu einem bestimmten Begriff, in diesem Fall zur Anstiftung oder zum „Bestimmen“, und beginnt man wirklich an Perspektive zu gewinnen und eine gewisse Kritikfähigkeit hinzuzurechnen, so entstehen einige Fragestellungen, die hier nur angeführt werden, um die Debatte anzustoßen: 1. Schafft der Straftatbestand der Anstiftung trotz seiner Abstraktheit eine effektive Kommunikation und Motivation? 4
Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, S. 234. Vgl. Roxin, Derecho Penal. Parte General, S. 226. 6 Jakobs, Strafrecht AT, S. 804. 5
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2. Genauer: Ist man, wenn man die die strafbare Anstiftung regelnden normativen Parameter identifiziert, hinreichend darüber aufgeklärt, was zu Unterlassen ist, um nicht in diesen Bereich des Strafbaren zu geraten? 3. Überträgt man den Begriff ins Strafprozessuale: wird durch das Zuschreiben der Tat dem Angeklagten eine angemessene Verteidigung ermöglicht? 4. Ist es zulässig, die Anstiftung begrifflich als „Hervorrufen des Vorsatzes im Kopf des Haupttäters oder Ausführenden“ zu definieren, obwohl der Anstifter in einer Phase agiert, in der, auch wenn seine intellektuelle Versuchung erfolgreich ist, sich die subjektive Vorstellung des Täters in einer antecedens-Phase, d. h. in der nach einhelliger Meinung nicht strafbaren Phase der Tatentschlussfassung befindet und der Täter auf der objektiven Ebene per definitionem nicht einmal mit der Vorbereitungshandlung begonnen hat? 5. Überschreitet die Zurechnung der Anstiftung die Grenze, die etwa das Prinzip des Regressverbots etabliert? 6. Kann das Hervorrufen des Vorsatzes als psychisches Phänomen auf das Handeln eines Dritten zurückgeführt werden? 7. Wenn man wirklich glaubt, dass diese subjektive Instanz die Konsequenz des Handelns eines Dritten ist, existieren dann triftige Gründe dafür, den Vorsatz einem Täter zuzurechnen, dessen Entscheidung von einem anderen beherrscht wurde? 8. Gibt es gültige Argumente für die Annahme, das Verhältnis von Form, Intensität und Effektivität der Anstiftungshandlung zum erfolgreichen Resultat bei Hervorrufen des Tatentschlusses hänge in höherem Maße vom bewussten und unbewussten Prozess ab, der sich aus diesem Anreiz bei den jeweiligen Empfängern entwickelt? 9. Verletzt der Umstand, dass die Strafmaße für Anstifter und Täter dieselben sind, nicht das Verhältnismäßigkeitsprinzip?7 Wie man sieht, können und müssen viele der Aussagen zum Problem der strafbaren Anstiftung diskutiert werden.
7 Nach Frister steht hinter der Tendenz, die Strafen von Täter und Anstifter müssten ähnlich sein, „der Gedanke, dass der geistige Urheber einer Tat für diese in gleichem Maße verantwortlich sein soll wie der Handelnde selbst“. Vgl. Frister, Strafrecht AT, S. 613.
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IV. Die Legitimität des Straftatbestandes der Anstiftung im Lichte der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Meinungsfreiheit Es ist schwer vorstellbar, dass ein Rechtsstaat auf den Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung verzichten könnte.8 Die Kriminalisierung einer Handlung, die allein in einer solchen Äußerung besteht, liegt nicht auf der Hand. Selbst die Grenzen der Moral und der guten Sitten als klassische Grenzen zur verfassungsrechtlichen Bestimmung der Grenzen des Rechts auf freie Meinungsäußerung scheinen den Eingriff des Strafrechts bezüglich der strafbaren Anstiftung nicht völlig rechtfertigen zu können: sogar eine erfolgreiche Anstiftung kann in einer Äußerung bestanden haben, die weder gegen die Moral noch gegen die guten Sitten verstößt, und der unangenehmste und übelste Satz kann folgenlos bleiben. In letzter Zeit konzentrieren sich die bedachten Stimmen auf jene Äußerungen, die das öffentliche Interesse betreffen, was allerdings willkürlich sein kann: Wäre es vernünftig, den Umfang der Meinungsfreiheit letztlich vom Maße des sozialen Nutzens der Äußerungen abhängig zu machen? An diesem Punkt und zu diesem Anlass werde ich mich mit der Problematik, die über die Grenzen und/oder Legitimität der strafbaren Bestimmung zu einer Straftat hinausreicht, also dem gesamten kriminalpolitischen Sektor der Kriminalisierung von Äußerungen (Verherrlichung, Bedrohung, usw.), nicht näher befassen können.
V. Die Legitimität der Bestrafung des Anstifters aus der Perspektive der objektiven Zurechnung: Das Problem des Regressverbots Im Jahre 1998 behauptete Hruschka in einem bedeutenden Beitrag, dass „das Regressverbot der Antrieb der Entwicklung des Begriffes der Anstiftung in seiner heutigen Form war.“9 In den letzten Jahren bezog sich Sánchez-Vera im Rahmen einer sehr eindrucksvollen Untersuchung auf die Zweifel über die Legitimität der Strafmaßangleichung für Anstifter und Täter und auf die Fruchtbarmachung der Lehre vom Regressverbot.10 Nach dieser Ansicht erlaube es die begrenzende Wirkmacht 8
Amerikanische Menschenrechtskonvention v. 22. 11. 1969, Art. 13 Abs. 1; Europarat, Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden EMRK) v. 04. 11. 1950, Art. 10 Abs. 1. 9 Hrushka, „Prohibición de regreso“, S. 181. 10 Nach Sánchez-Vera Gómez-Trelles (Fn. 4): „Die punitive Gleichstellung von Anstifter und Täter […] scheint in der Gegenwart wenig begründet. […] Dass der Anstifter die gleiche Strafe wie der Täter haben soll, bringt das Institut der Anstiftung dem der mittelbaren Täterschaft nahe, aber in Wahrheit gehen beide Institute von radikal verschiedenen Voraussetzungen aus: Bei der mittelbaren Täterschaft benutzt der Hintermann den Vordermann als Werkzeug, sodass er (mittelbarer) Täter ist, es gibt nämlich keine eigene Tat des Vordermanns. Bei
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des Gedankens, das Regressverbot sei nur auf Anstiftung als Teilnahmeform (aber nicht etwa in Fällen von mittelbarer Täterschaft) anzuwenden, zu dem Schluss zu kommen, dass die Strafmaße nicht identisch sein sollten. Allerdings sind keine Gründe ersichtlich, die den kritischen Beitrag dieses Zurechnungskriteriums auf ein Strafzumessungsproblem beschränken würden: Wenn der Gedanke des Regressverbots schon die Strafbarkeit des zuerst handelnden infrage stellt, dessen Beitrag viel direkter kausal als jener des Anstifters ist, sollte er dies nicht erst recht in Fällen der Anstiftung tun? Das heißt schlussendlich, dass sogar bei der These von der differenzierten Bestrafung in Fällen der Anstiftung der Regress zugelassen wird. Ist jedoch der Tatbeitrag des Hintermanns noch viel eindeutiger kausal, so greift dieses Regressverbot in vollem Umfang. Bei der Strafbarkeit des Anstifters geschieht und wird im Ergebnis auch alles akzeptiert, was man traditionellerweise verhindern wollte mit den bekannten Fällen der Unterbrechung des Kausalverlaufs und neuerdings mit den Fällen, die erdacht wurden, um die haftungsbegrenzende Wirkung der Regressverbotstheorie zu entfalten. Der Anstifter übt lediglich einen schwachen Einfluss aus, dem der Täter erst durch einen langen, unwirtlichen und ungewissen multikausalen Prozess beim späteren Ansetzen zur Erfüllung des Straftatbestandes, um den es sich handelt, Ausdruck verleiht. An diesem Punkt stimmt hiesige Perspektive damit überein, dass es Raum gibt, um das Phänomen der Zurechnung zum Anstifter aus dem Blickwinkel des Regressverbotsgedankens neu zu betrachten. Nur könnte es möglicherweise bei genauerer Betrachtung Gründe geben, um dieser Sichtweise mehr Bedeutung zuzuschreiben. Darüber, was an dieser Stelle lediglich angekündigt wird, entsteht mehr Klarheit, wenn man einige Elemente analysiert, die weiter unten ausgeführt werden. Hier ist es aufgrund der Vorteile einer entsprechenden Darstellung angebracht, es bei der grundlegenden Anführung des Gedankens zu belassen.
VI. Die sogenannte Homogenität: Die Kongruenz von Handlung des Anstifters und Ausführung durch den Täter Die herrschende Meinung greift auf die Homogenität oder Kongruenz des Verhaltens, zu dem angestiftet wurde und dem tatsächlich aufgewiesenen Verhalten zurück, als Werkzeug, um die direkte Bestimmungsmacht des Anstifters über den Vorsatz des Täters auf klare und objektive Weise feststellen zu können. Normalerweise und über verschiedene Formeln, hat die spanische und argentinische Rechtsprechung klarzustellen versucht, dass es nicht hinreicht, wenn Äußerungen des Anstifters lediglich der Anstiftung hingegen vollbringt der Vordermann eine eigene Tat und ist keineswegs lediglich ein Werkzeug in den Händen des Anstifters, auch wenn dieser ihn zur Tat bestimmt hat.“
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die Möglichkeit der Handlung beim handelnden Subjekt verursachen. Dies ist zwar sicher richtig, diese Warnungen vermögen jedoch nicht zu verhüllen, dass es unter Berücksichtigung der deskriptiven Schwächen des Tatbestandes der Teilnahme durch Anstiftung und angesichts der unentbehrlichen Vermittlung durch die persönliche Vorsatzbildung des Haupttäters, vorbehaltlich sehr marginaler Fälle regelrecht unmöglich ist, diese Kongruenz zu verifizieren (etwa Fälle von neutralen Verhalten, die zusätzlich von grundlegenden Garantien wie der Meinungsfreiheit geschützt sind).
VII. Die Ausdehnung des Täterbegriffs und die Anstiftung können nicht zusammen bestehen Außerdem hat die Figur des Anstifters mit ihrem Genauigkeitserfordernis einen Nachteil für die Entwicklung der Zuschreibung der Täterrolle. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die einzelnen Merkmale der Täterhandlung im Rahmen der Pflichtdelikte bei knapper Beschreibung, wie allgemein anerkannt, in den Hintergrund rücken. Dies behindert die Erfüllung einer von Baldó Lavilla vor einiger Zeit formulierten Erwartung: „So wird prinzipiell die Bestimmung konkreter Einzelheiten der Ausführung wie Zeit, Ort, Ausführungsweise sowie das konkrete Opfer dem Angestifteten überlassen, sofern sie nicht relevant sind.“11 Aber wenn der Anstifter die Einzelheiten der Einwirkung nicht weiter konkretisieren muss und der Täter schon nach der normativen Definition nicht auf bestimmte Art und Weise handeln muss, ja sogar unterlassen kann, wird es immer schwieriger, den Bezugspunkt zu definieren, den er aufweisen muss, um festzustellen, ob tatsächlich Kongruenz zwischen Einfluss des Anstifters und Tat des Angestifteten vorlag. Ist es bereits problematisch, den Mangel an konkreter Bestimmtheit des aktiven Beitrags des Haupttäters zuzulassen, dann ist es erst recht kritisch, dies in früheren Phasen zuzulassen.
VIII. „Omnimodo facturus“ und Tatentschluss Wie allgemein bekannt, werden verschiedene Fälle diskutiert, die die Strafrechtslehre hinsichtlich der Anstiftung angesichts des Umstandes als problematisch definiert hat, dass es sich um Konstellationen handelt, aus denen geschlossen werden kann, dass der angeblich angestiftete schon zur Ausführung der angestifteten Tat entschlossen war („omnimodo vel simul aeque facturus“). In diesen Fällen wird behauptet, die Anstiftung habe sich nicht realisiert, es bestehe aber die Möglichkeit, auf das Institut der Beihilfe zurückzugreifen, wenn man annehmen könne, dass der fehlge-
11
Baldó Lavilla, Algunos aspectos conceptuales de la inducción, S. 1091 ff.
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schlagene Versuch des Anstifters, den Vorsatz im Kopf des Täters hervorzurufen, dessen Entschluss bestätigt oder gestärkt hat. Allerdings erlaubt es diese Fallgruppe, Zweifel bezüglich dessen anzuführen, was als fern ab jeglicher möglichen Diskussion befindlich gilt, also bezüglich der Fälle, in denen, wie man behauptet, der psychische Einfluss offensichtlich eine notwendige Bedingung für das Entstehen des Tatentschlusses ist. M. E. gibt es gute Gründe, um anzunehmen, dass eine übermäßige und unwissenschaftliche Naivität vorliegt, wenn man glaubt, diese Fälle als glasklare Beispiele für die feste Anstifter-Täter-Verbindung anführen zu können. Zumindest dann, wenn man dazu bereit ist, ernst zu nehmen, dass der Zweifel für den Angeklagten ein Erfolgsszenario ist (eine geistige Haltung, die immer mehr zur Ausnahme wird). Gehen wir die Fragen durch: Auch wenn der Beitrag des Anstifters nicht anhand strikt kausaler Kriterien analysiert wird, scheinen zuerst nicht viel mehr Werkzeuge zur Verfügung zu stehen, um dessen Bedeutung zu unterstreichen, als die heuristische conditio-sine-que-non-Formel, mit der man die bekannte Untersuchung durch hypothetisches Wegdenken durchführt. Tut man dies anhand der Prinzipien, die der objektiven Zurechnug zugrunde liegen, so handelt es sich um etwas, was den moderneren Problematiken aus der Theorie des rechtmäßigen Alternativverhaltens ähnelt. Wohlgemerkt, diese Theorie und die enormen Anforderungen, die das (immer noch herrschende) kausalistische Klima stellt, haben schon bewiesen, dass diese Feststellung öfter (also in den nicht einfachen Fällen) eindeutig unmöglich ist (es reicht, sich die von den bekannten Fällen der Generalkausalität in Deutschland, Italien, Spanien und auch Argentinien aufgeworfenen Dilemmata zu vergegenwärtigen). Möglicherweise ist das Problem bei der Zurechnung der Anstiftung mindestens genauso groß: In wie vielen Fällen wird das Wegdenken der Anstifterhandlung die Gewissheit der Nicht-Entstehung des Tätervorsatzes nach sich ziehen? Wenn man dazu bereit ist, das Problem nicht zu umgehen, so stößt man hier auf verschiedene Unannehmlichkeiten. Jemand (für den das Problem des in dubio pro reo nichts weiter als das ist – ein Problem, aber keineswegs eine Garantie) könnte hier an eine Abkürzung über die Risikoerhöhungslehre denken (deren (dazu auch) methodische Schwächen hier nicht einmal beschrieben werden können) und so einen Erklärungsansatz wählen, aus welchem die Hindernisse verschwinden würden, um Anstiftung zuzurechnen – und das ohne Gewissheit, dass der Erfolg ausgeblieben wäre, wenn der Anstifter geschwiegen hätte. Aber wenn bereits die Erfolgszurechnung zu dem Subjekt, das schon die Verletzungshandlung dominierte, problematisch war, weil etwa unklar ist, ob die Risikoerhöhung z. B. auf seine Unachtsamkeit zurückzuführen ist, so ist es umso komplizierter, in einem viel früheren Stadium (wie wir sehen werden, eigentlich schon vor dem Tatentschluss!), in dem der Beitrag des Anstifters einen sozusagen offensichtlich fragwürdigen Kausalitätsgrad besitzt, mit diesen ungenauen Allgemeinheiten zu arbeiten.
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Zusammenfassend: Ist das Prinzip des in dubio pro reo ein Hindernis in den Fallkonstellationen des rechtmäßigen Alternativverhaltens, so müsste es in Anstiftungsfällen erst recht und umso stärker berücksichtigt werden.
IX. Der Anstiftungstatbestand und dessen tatsächliche Motivationswirkung: Was soll der Anstifter nicht tun? Der Tatbestand der Teilnahme durch Anstiftung hat eine weitere auffällige Eigenschaft: er baut auf einer absoluten faktischen Unbestimmtheit auf, weshalb es wahrhaftig schwierig ist anzunehmen, dass er irgendeine Motivationsfunktion ausüben kann. Zweifellos hängt das Merkmal „den Täter direkt bestimmen“ viel eher mit der strukturellen Veranlagung des Täters als mit dem Stereotyp üblicher Schadensverläufe zusammen. Während es Verhaltensweisen gibt, die a priori typisch für „verletzen“, „töten“, „veruntreuen“ sind, ist dies beim Tatbestand der Anstiftung nicht möglich, weil auch normalerweise ungeeignete Mechanismen je nach Täter letztlich doch effektiv sein können. Dies führt dazu, dass es erforderlich ist, einen großen Anteil der Einflüsse im Kopf des Täters zu erfassen, die mit der Handlung des Anstifters nichts zu tun haben, um so definieren zu können, was der Anstiftungstatbestand verbietet.
X. Anstiftung und Genauigkeit der prozessualen Anklage Der Mangel an Genauigkeit im dogmatischen Aufbau des Begriffs setzt sich fort im Strafprozess. Dort stellt, wie wir wissen, das Erfordernis einer klaren, genauen und ausführlichen Anklage eine essenzielle Ausprägung der Garantie des Rechts auf Verteidigung dar, die die Prozessordnungen der Welt verlangen. Niemand kann sich gegen eine Anklage verteidigen, die nicht auf einer präzisen Beschreibung der Tat aufbaut. Diese Beschreibung kann sich weder damit zufriedengeben, die vom Gesetzgeber bezüglich der infrage kommenden Form der strafbaren Teilnahme gewählten Worte wiederzugeben, noch damit, das nomen juris auszusprechen oder die Norm des Strafgesetzbuches zu zitieren, die den Straftatbestand enthält. Keine dieser Möglichkeiten reicht aus, wenn die Handlung, die dem Subjekt zugeschrieben werden soll, nicht so detailreich wie möglich beschrieben wird. Dieses Erfordernis ist sehr relevant, weil von ihm abhängt, ob später im Urteil das Prinzip der Kongruenz von Anklage und Urteil eingehalten werden kann. Wie soll also der arme Richter in der Verhandlungsvorbereitung eine Handlung beschreiben, die eigentlich nur anhand des unentbehrlichen geistigen Prozesses, den der Anreiz des Anstifters im Empfänger selbst verursacht, mit dem Erfolg in Verbindung gebracht werden kann? Und dieser Bezug ist unverzichtbar, da, wie darge-
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legt, der gleiche Satz in Anknüpfung an verschiedene Empfänger auch verschiedene Ergebnisse haben kann. Im Falle der Anstiftung wird diese präzise und faktisch verankerte Beschreibung durch einen vagen Bezug mit normativen Anmaßungen ersetzt, der mehr oder weniger den gängigen legislativen Formulierungen ähnelt, und gegen diese Anklage, deren Wert gegen Null geht, muss der Angeklagte seine Verteidigung ausüben. Das Problem entspringt jedoch nicht der Nachlässigkeit der Justiz, sondern einem Begriff, der nur schwer mit einem auf personalem Unrecht fußenden Strafrecht vereinbar ist.
XI. Hervorrufen des Vorsatzes durch den Anstifter schon vor Tatentschluss des Täters? Gibt es eine Aussage, die breiten Konsens schafft, so ist dies der Gedanke, der Anstifter sei deshalb strafbar, weil er den Vorsatz im Kopf des Täters tatsächlich hervorrufe. Diese Aussage scheint mehrere Annahmen zu implizieren; einige dieser Annahmen entpuppen sich schnell als falsch, wie zum Beispiel, man könne sich begrifflich keinen Anstifter vorstellen, der nur fahrlässig, mit bewusster Fahrlässigkeit handele (lassen wir hierbei die Legitimitätsprobleme der unbewussten Fahrlässigkeit außer Betracht). Der Gedanke, der Anstifter schaffe den Vorsatz, kann nicht ernsthaft aufrechterhalten werden. Aus rein chronologischen Gründen ergibt sich, dass der Anstifter, wenn er handelt, indem er das sagt, was er nicht sagen darf, seinen Beitrag eigentlich in einem dem Tatentschluss des aktiven Subjekts vorhergehenden Zeitpunkt leistet. Ist dem so, dann handelt der Anstifter in einem Zeitpunkt vor dem Tatentschluss, und erst der Täter selbst wandelt diese Ausgangssituation unwiderstehlicher krimineller Verführung in das um, was wir Vorsatz nennen. Es kann sogar eine beträchtliche Zeitspanne zwischen dem Empfang des Gedankens und dem Vorliegen des Vorsatzes liegen, der sich im selben Augenblick herausbildet wie der Ausführungsbeginn, und zwar per definitionem. Es ist m. E. zu ambitioniert, alldies dahingehend umzudeuten, der Anstifter rufe den Vorsatz im Kopf des Täters hervor.
XII. Ist es zulässig zu glauben, der Vorsatz des Täters sei ein Werk eines Dritten? Auch in den Fällen, in denen es einen Anstifter gibt, dem man die Verantwortung zuschreibt, selbst den Vorsatz im Kopf des Täters hervorgerufen zu haben, ist es möglich, einem vorsätzlich handelnden Täter die Entscheidung zuzurechnen, auf welcher dieser Vorsatz aufbaut. Ist es legitim, aufgrund absolut autonomer und unabhängiger Vorsatzbildungsprozesse zwei Personen gleichzeitig dasselbe Phänomen zuzurech-
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nen?12 Beschreiben wir den Vorsatz des Täters als vom Anstifter gebildet, ist es dann legitim diesen subjektiven Tatbestand als sein Werk anzusehen? In den letzten Jahren hat Hruschka versucht, über diesen Punkt zu reflektieren: „… wenn wir einen Ablauf für eine freie Handlung halten, so sehen wir ihn nicht als verursacht an. Eine actio libera ist per definicionem keine actio causata, da das Wort ,frei‘ Unabhängigkeit vom Vorgehenden und von die Handlung bestimmenden Bedingungen impliziert. So heißt Zurechnung, dass man die Handlung nicht als Glied einer Kausalkette, sondern als Neuanfang betrachtet. Wenn jemand, der frei handelt und dem daraus folgend die Handlung zugerechnet werden kann, einen Straftatbestand verwirklicht, so bezeichnet man ihn als ,Täter‘ einer ,Tat‘. Woraus folgt, dass jenes, was sich ,hinter‘ einem Täter befindet, dem eine Handlung als frei zugerechnet wird, keine Ursache anführen kann, die die freie Handlung hervorruft.“13 Das Argument scheint klar zu sein: bleiben die Bedingungen unangetastet, um dem Täter den Hauptschadensverlauf inklusive seines eigenen Vorsatzes als freien
12 Vgl. Roxin (Fn. 6), S. 229: „Der Anstifter muss den Täter zur Tat bestimmen. Das bedeutet zunächst, dass er für den Tatentschluss des Täters ursächlich sein muss, wobei, wie auch sonst bei der Verursachung, eine Mitursächlichkeit genügt“. Auf dieses Problem ging Frister zuletzt ein: „Die Anstiftungshandlung muss keine hinreichende, sondern lediglich eine notwendige Bedingung für den Tatentschluss des Täters sein, d. h. es kommt nur darauf an, dass der Tatentschluss ohne die Anstiftung nicht gefasst worden wäre. Eine solche Feststellung ist mit der Freiheit des Täters, einer Aufforderung zur Begehung der Tat nicht Folge zu leisten, ohne weiteres vereinbar.“, vgl. Frister (Fn. 8), S. 613 f. Allerdings denke ich unter Annahme der Richtigkeit der von Frister formulierten praktischen Warnungen, dass er mit seinen Äußerungen das Gesamtbild nicht wesentlich verändert: Auch wenn den Worten des Anstifters nur der Wert einer weiteren Bedingung für die Entstehung des Tätervorsatzes zugemessen wird, muss die conditio-sine-qua-non-Formel angewandt werden, um das Vorliegen des definitionsgemäßen Kausalverhältnisses zu bestätigen. Jedenfalls muss entschieden werden, wie vorzugehen ist, wenn trotz Außerachtlassen des Einflusses des Anstifters in nahezu allen Konstellationen keine Gewissheit bezüglich des hypothetischen Verschwindens des Tätervorsatzes besteht. Aber selbst, wenn man die Abkürzung nimmt, die Entstehung des Tatentschlusses über das generierte Risiko (und nicht über die Kausalität) zuzuschreiben, ist es offensichtlich, dass dem Anstifter das Risiko zugeschrieben wird, dass der Vorsatz des Täters entsteht, welches wiederum zum Risiko der Rechtsgutsverletzung führt. Klarer: Man kann, ohne Gefahr sich zu irren, sagen, dass das Risiko des vom Täter geleiteten Hauptschadensverlaufs nur im Rahmen eines zeitlichen Zusammenfallens mit dem Vorsatz des aktiven Subjekts entsteht. Der Anstifter leistet in diesem Prozess keinen Beitrag, da er in einem vorherigen Augenblick gehandelt hat, in dem wie gesagt nicht einmal der Tatentschluss vorlag. Dementsprechend generiert der Anstifter als Tatbeitrag nur ein Risiko, das nach Entscheidung des Täters – sollte die Anstiftung erfolgreich sein – zum Ausführungsbeginn des Unrechts und zur Aktivierung des Rechtsgutsverletzungsrisikos führt. D. h., es ist nicht falsch, dass dem Anstifter das Generieren des Risikos der Entstehung des Tatentschlusses im Kopf des Täters zugerechnet wird. Ein übertriebener Fall der normativen und faktischen Vorverlagerung der Kriminalisierung? Möglicherweise. 13 Hruschka (Fn. 10), S. 174.
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Prozess, den er zu verantworten hat, zurechnen zu können, so kann dieser Entschluss des Täters nicht einem Dritten zugeschrieben werden.14 Die Rückschlüsse, die Hruschka zieht, sind hingegen eher begrenzt und widersprechen in jedem Falle denen, die hier vertreten werden: „Ausgerechnet das ist es, was fundamentiert,“ – so Hruschka – „dass so etwas wie ,Anstiftung‘ existiert. Wenn derjenige, der den Täter bestimmt (§ 26 StGB), dies tatsächlich strafrechtlich zu verantworten hat, so kann er dies nicht als ,Täter‘ tun. Er hat den Taterfolg nicht verursacht wie der Täter ihn verursacht hat. Daraus folgt, dass er den Tatbestand auch nicht erfüllt hat, wie der Täter ihn erfüllt hat, weshalb er, wenn er etwas ist, Anstifter zur Tat ist …“15 Er führt weiter aus: „Aus dem Regressverbot ergeben sich die Voraussetzungen des Anstiftungsbegriffes, gegenüber welchen alle Theorien über die Grundlage der Anstiftungsstrafbarkeit nebensächlich sind. Letztendlich ist die Kategorie der Induktion alleine dank des Regressverbots wahrnehmbar.“16 Nach den ersten einleuchtenden Aussagen Hruschkas dahingehend, dass eine freie Hauptentscheidung keine äußeren, alles erklärende Kausalitäten anerkennen kann, habe ich gehofft, mit ihm daraus schließen zu können, dass „die Kategorie der Anstiftung ihren Grabstein (als autonome Kategorie) in der Regressverbotstheorie findet“. Hat man sich einmal von dieser Enttäuschung erholt, so kann man nur damit anfangen, den historischen Ursprung der Regressverbotstheorie – Frank sucht in den Jahren 24 und 25 des 20. Jahrhunderts Werkzeuge, um die Expansion zu begrenzen, die der Gedanke der conditio-sine-qua-non-Formel in einem irrational kausalen Zeitalter an den Rändern des Täterbegriffs verursachte –, von der Gegenwart zu trennen, in der die Ausdehnung jedenfalls nicht mehr kausal, sondern normativ ist, und in der die heute unter der Theorie der objektiven Zurechnung gesammelten Prinzipien die Herausforderung angehen, dieses Mal den Begriff strafbarer Teilnahme zu begrenzen. Dieser war kurioserweise in Vergessenheit geraten, gefangen im Kampfe gegen die kausalen Interpretationen der Zurechnung in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Es ist auffällig, dass wir heute mit einem normativ ausgedehnten Täterbegriff und einem durch alte Kausalkonzeptionen erweiterten Teilnahmebegriff leben. Nimmt man also Abstand von jener Geburt des Regressverbotsgedankens, so spricht wenig dagegen, davor zu warnen, dass diese Theorie auch die faktische Geltung dessen entkräftet, was im Mittelpunkt des dem Anstifter Zugeschriebenen steht. Es ist für jedermann offensichtlich, dass sich ein Subjekt, das frei seine Entscheidung bildet, und eine durch den externen Beitrag eines Dritten bestimmte Entscheidung nicht über ein und denselben Kamm scheren lassen. Jenes, was Frank dazu diente, keine Täter hinter dem Täter anzuerkennen, muss heute weiterhin dafür sorgen, 14
Dass die Kontrolle beim Täter (der den Einfluss abweisen kann) verbleibt, wird von Lackner/Kühl, StGB, S. 227 als problematisch unterstrichen. So auch Murmann, Grundkurs, S. 325. 15 Hruschka (Fn. 10), S. 175. 16 Hruschka (Fn. 10), S. 175.
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dass man keine Bestimmenden in denen sieht, die im Rahmen der Meinungsfreiheit mit freien Subjekten in Verbindung treten.
XIII. Von wem hängt es ab, dass Vorsatz entsteht? Vom Anreiz des Dritten zur Entwicklung, die dieser Anreiz in den verschiedenen empfangenden Subjekten auslöst Es muss gründlich über die Möglichkeit diskutiert werden, dass die Zurechnung des Tätervorsatzes an den Anstifter, die Strafrechtsdogmatik und Gesetzgeber ohne Weiteres unternehmen, in Wahrheit reine Beliebigkeit sein könnte. Man muss sich einen Augenblick wieder die neurowissenschaftlichen Untersuchungen vergegenwärtigen.17 Ist es, ausgehend von Benjamin Libet, immer schwieriger, darauf zu vertrauen, dass die Handlungsentscheidung dem reinsten freien Willen entstammt, so scheint es noch viel exotischer, ohne Weiteres die Ansicht zu vertreten, nach welcher ein Dritter, „der etwas Überzeugendes gesagt hat“, mittels der energischsten Strafandrohung mit dem Vorsatz des Täters verbunden wird. Um es auf klare Weise auszudrücken: Wenn man dem Täter seine Entscheidung nur mit etwas Glauben an das Strafrecht und mittels des sozialen Konstrukts des Schuldprinzips und der diesem als Grundlage dienenden Freiheit des Einzelnen zuschreiben kann, woher kommt dann der Optimismus, zusätzlich und mit der gleichen Strafe diese Entscheidung auch noch einem Dritten zuzuschreiben, der lediglich entschieden hat, eine Aussage zu tätigen, die möglicherweise, jedenfalls aber noch vor dem Fassen des Vorsatzes, eine Entscheidung des Täters bewirkt?
XIV. Die Unmöglichkeit der Stereotypen im Bereich der Anstiftung Auf den Umstand, dass erneut über die Legitimität der Anstiftungsstrafbarkeit reflektiert werden muss, weist auch die klare Unmöglichkeit der Feststellung von Stereotypen bezüglich des Verhaltens bei einer erfolgreichen Anstiftung hin. Wie bekannt, können, mutatis mutandi, Stereotypen für sexuellen Missbrauch, Untreue, Diebstahl oder Totschlag grob festgestellt werden; kommt man aber zur Anstiftung, so wird diese Aufgabe unmöglich: Der Übergang von der Formulierung von Sätzen, die absolut keine Auswirkung auf einen Schadensverlauf haben, bis hin zum magischen Satz, der das Schicksal des Rechtguts eben doch zu ändern vermag, kennt kein rationales Muster. Kein Selbsthilfehandbuch für den erfolgreichen Anstifter würde es wagen, den für das Hervorrufen der Entscheidung eines potentiellen unmittelbaren 17 Siehe zu diesem Thema unter anderem: Rubia, „Comentarios introductorios“, S. 18; Searle, Libertad y necrobiología, S. 28. Mora, El reloj de la sabiduría, S. 137 ff.; Evers, Neuroética, S. 73; Frisch, „Derecho penal de la culpabilidad“, S. 27; Oliveiro, Cerebro, S. 52; Jäger, Libre determinación, S. 67.
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Täters, der noch einen geistigen Anstoß braucht, statistisch erfolgversprechendsten Satz anzugeben. Ebenso wenig wie dieser Satz irgendetwas garantieren könnte, könnte irgendein anderer, absolut zufälliger, seltsamer, überraschender Satz in einem bestimmten, auf den Empfänger bezogenen Kontext oder wegen eines bestimmten Umstandes, der ihn betrifft, die Kombination von Zauberwörtern sein, die Schaden hervorrufen. Wenn diese faktischen Gewissheiten aber abstrahiert werden, um einige theoretische Rückschlüsse zu ziehen, so scheint man schließen zu müssen, dass das Abweichen von der Neutralität des Anstifterbeitrages von einer ex-post-Betrachtung seiner Wirkung auf den Empfänger abhängt. Etwas, was, wie auf der Hand liegt, nur schwer als angemessen zuzulassen wäre.
XV. Strafmaß des Anstifters und Verhältnismäßigkeitsprinzip Sogar wenn man diese Probleme nur als überwindbare Vorurteile einschätzt, wird allmählich deutlich, dass die Strafe des Anstifters nicht der des Täters gleich sein darf, wenn das Verhältnismäßigkeitsprinzip als intrasystemische Maßregel etwas zu bedeuten hat.18 Die zu erwartende Antwort, das einzige was gesetzlich gleichgestellt würde, sei der Strafrahmen, was aber den Richter nicht daran hindere, die Strafen gemäß dem Beteiligungsgrad jedes Subjekts an der Tat zu unterscheiden, kann in Justizsystemen wie in dem meines Landes nicht ernst genommen werden, in denen nahezu nichts existiert, was einer detaillierten und rationalen Begründung ähnelt, wo Strafzumessungskriterien im konkreten Urteil Erwähnung finden sollen. Es herrscht das Gefühl vor, der Richter könne den zwischen gesetzlichem Minimum und Maximum bestehenden Bereich mit aller Beliebigkeit durchmessen. Aber auch wenn wir einmal in einer perfekten Welt leben sollten, was wissenschaftliche und justizielle Verantwortlichkeit die Bestimmung der Strafe für den konkreten Fall angeht, bestünde immer noch die Frage, ob Anstiftung und Täterschaft von Gesetzes wegen die gleiche Schwere der Strafe zugeschrieben werden kann und darf. Man muss sich bewusst sein, dass der Anstifter in einem Zeitpunkt handelt, der dogmatisch gesehen sehr abgelegen vom eigentlichen Schadensverlauf liegt. In Wahrheit trägt der Anstifter nichts zum durch den Täter entfalteten Risiko bei. Er hat lediglich eine mögliche Bedingung für die Entscheidung, die dieses Risiko mit sich trägt, geschaffen, dessen innere Konsequenzen uns völlig unbekannt sind (und die nie in einer typischen Verletzung Ausdruck finden!). Die Entscheidung an sich kann stets dem Täter zugeschrieben werden. Deshalb scheint die gesetzlich vorgesehene Strafangleichung unangemessen zu sein.
18
Jakobs (Fn. 7), S. 810.
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XVI. Ein ebenfalls unbestimmter subjektiver Tatbestand? Auch mit der Zurechnung des Vorsatzes des anstiftenden Teilnehmers gehen verschiedene Probleme einher. Um das Problematische vorwegzunehmen, ist anzumerken, dass es nicht klar ist, ob der Anstifter überhaupt alles kennen kann, was er für die Vorsatzzuschreibung kennen müsste. Hierzu etwa Frister: „Der subjektive Tatbestand der Anstiftung setzt nach allgemeinen Regeln […] zunächst den Vorsatz bezüglich aller den objektiven Tatbestand verwirklichenden Umstände voraus, d. h. dem Anstifter muss erstens bekannt sein, dass er dem Täter zur Begehung einer vorsätzlichen rechtswidrigen Tat rät, und er muss zweitens damit rechnen, dass der Täter aufgrund des erteilten Rates diese Tat begehen wird. In der Literatur wird deshalb traditionell von einem doppelten Anstiftervorsatz gesprochen.“19 In der Literatur ist ein ungenauer Sprachgebrauch üblich, vor allem bezüglich solcher Begriffe, die zur Fachsprache gehören (und gerade deshalb keinen Raum für Unbestimmtheit und Zweideutigkeit lassen sollten). Da der Anstifter in einem der Handlung des Täters eindeutig vorausgehendem Zeitpunkt handelt, ist es nicht angemessen, von einem Vorsatz bezüglich des Bewusstseins, der Täter werde die Tat begehen, zu sprechen. Zum Vorsatz gehört keine Futurologie, vor allem, wenn man bedenkt, dass sich der Weg von der verbalen Verlockung bis zum Beginn der Tat, wie schon gesagt, im Inneren des empfangenden Subjekts befindet, und der Anstifter (oder jeglicher Dritte) abgesehen vom Anreiz kaum ohne Weiteres auf diesen Einfluss nehmen kann. Gerade deshalb weiß der Anstifter in Wahrheit nichts darüber, was der Täter tun wird, weil Anstiftung und Handlung nicht im selben Zeitraum liegen und weil dazwischen eine Entwicklung liegt, die nicht vom Anstifter beherrscht wird. Es muss wohl erneut daran erinnert werden, dass ein Wunsch noch keinen Vorsatz darstellt. Die Behauptung Fristers, der Vorsatz habe fast immer mehrere Bezugspunkte, ist richtig, aber wovon hängt es ab, ob ein Tatumstand ein Hinweis auf Vorsatz ist? Die Antwort kann komplex sein, aber erforderlich ist immer, dass dieser Bezugspunkt gegenwärtig ist, dass er also nicht in der Zukunft liegt.
XVII. Fazit Zusammenfassend: Ist es möglich, dass weder die Notwendigkeit der Anstiftung als Form strafbarer Teilnahme noch ihre Legitimität alles andere als auf der Hand liegen?
19
Frister (Fn. 8), S. 621.
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Literatur Baldó Lavilla, Francisco: Algunos aspectos conceptuales de la inducción, in: ADPyCP, Madrid 1989, Nr. II. Evers, Kathinka: Neuroética. Cuando la materia se despierta, Übersetzung des Originals Neuroéthique. Quand la matière s‘éveille, Buenos Aires 2010. Frisch, Wolfgang: Sobre el futuro del derecho penal de la culpabilidad, in: Bernardo José Feijoó Sánchez (Hrsg.), Derecho penal de la culpabilidad y neurociencias, Pamplona 2012, S. 19 – 70. Frister, Helmut: Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Auflage, München 2011. Hruschka, Joachim: Imputación y derecho penal. Estudios sobre la teoría de la imputación, Übersetzung von Pablo Sánchez Ostiz, Pamplona 2005. Jäger, Christian: Libre determinación de la voluntad, causalidad y determinación, a la luz de la moderna investigación del cerebro, in: Demetrio Crespo (Hrsg.), Neurociencias y derecho penal, Madrid 2013, S. 57 – 70. Jakobs, Günther: Strafrecht Allgemeiner Teil, Berlin/New York, 2. Auflage, 1995. Lackner, Karl/Kühl, Kristian: Strafgesetzbuch Kommentar, 28. Auflage, München 2014. Mora, Francisco: El reloj de la sabiduría. Tiempos y espacios en el cerebro humano, Madrid 2005. Murmann, Uwe: Grundkurs Strafrecht, München 2011. Oliverio, Alberto: Cerebro, Übersetzung von Inés Marini und Rodrigo Molina-Zavalía, Buenos Aires 2013. Roxin, Claus: Derecho penal. Parte general, Bd. II., Übersetzung und Anmerkungen von Diego Manuel Luzón Peña, München 2014. Rubia, Francisco J.: Comentarios introductorios, in: Francisco J. Rubia (Hrsg.), El cerebro: avances recientes en neurociencia, Madrid 2009, S. 18 ff. Sánchez-Vera Gómez-Trelles, Javier: En los límites de la inducción, Indret 2/2012. Sancinetti, Marcelo A.: La nulidad de la acusación por indeterminación del hecho y el concepto de instigación, Buenos Aires 2001. Searle, John R.: Libertad y necrobiología. Reflexiones sobre el libre albedrío, el lenguaje y el poder político, Barcelona 2009. Wessels, Johannes/Beulke, Werner/Satzger, Helmut: Strafrecht Allgemeiner Teil, 44. Auflage, Heidelberg 2014.
„Verschämte Zufallshaftung“ bei fahrlässigen Straftaten? Von Jesús-María Silva Sánchez
I. Einführung Marcelo Sancinetti – dem dieser Beitrag in persönlicher Zuneigung und intellektueller Wertschätzung gewidmet ist – hat immer wieder die Auffassung vertreten, dass eine rationale Strafrechtsdogmatik sich nur um den sogenannten Handlungsunwert kümmern sollte; der Handlungserfolg (gleich ob negativ, d. h. schädigend, oder positiv) sei hingegen irrelevant. Dieser Gedanke ist die Grundlage für seine sehr wichtigen Werke über die Lehre von Versuch und Rücktritt.1 Bei fahrlässigen Straftaten führt die gleiche Idee dazu, dass Sancinetti zu denen gehört, die das Modell ihrer gesetzlichen Typisierung für falsch halten.2 Die erste Frage, die mit Blick auf das gesetzliche Modell diskutiert wird, ist freilich die, ob fahrlässige Taten einen ausreichenden Handlungsunwert aufweisen, um eine Strafe zu rechtfertigen. Aber sobald die (weitgehend mehrheitliche) Schlussfolgerung gezogen wird, dass dies der Fall ist, kommt das zweite Problem in Betracht, nämlich ob fahrlässiges Verhalten nur dann bestraft werden soll, wenn ein Schadenserfolg eingetreten ist. Nach Ansicht von Sancinetti ist dies irrational; und das ist keine isolierte Meinung. Radbruchs Diktum, dass Fahrlässigkeit „verschämte Zufallshaftung“ sei, wird häufig zitiert.3 Aber die Behauptung greift eine noch ältere Meinung auf. Noch heute wird behauptet, dass die Bestrafung von fahrlässigen Straftaten vom Zufall (moral luck) des Täters abhänge. Das in allen Ländern geltende Modell der Typisierung fahrlässiger Straftaten, das deren Bestrafung vom Erfolgseintritt abhängig macht, ist begrifflich nicht notwendig. Prinzipiell könnte fahrlässiges Verhalten an sich bestraft werden, auch wenn kein Erfolg eingetreten wäre; entweder mit der gleichen Strafe wie im Fall des Erfolgseintritts oder mit einer niedrigeren Strafe.
1 Inwieweit dies mit seinem Vorschlag übereinstimmt, dass hypothetische Kausalverläufe einen verantwortungsmindernden Effekt haben sollen, kann hier außer Acht gelassen werden. 2 Sancinetti, S. 134 – 145. 3 Burghardt, S. 25.
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II. Die Struktur der fahrlässigen Straftatbestände Die strafrechtliche Sanktion von fahrlässigem Verhalten erfordert bekanntlich nicht nur (i) den Eintritt des Erfolges, sondern auch (ii) dessen objektive Zurechnung zum Verhalten. Die Frage ist also, warum der Gesetzgeber sich für die strafrechtliche Relevanz nur solcher fahrlässigen Verhaltensweisen entschieden hat, die zum Eintritt eines objektiv zurechenbaren Erfolges geführt haben. Für diese gesetzgeberische Option sind mindestens drei alternative Begründungen denkbar. Die erste ist, dass sie auf verfahrensrechtliche Gründe zurückzuführen ist; die zweite, dass es sich um die Strafbedürftigkeit des an sich strafwürdigen Verhaltens handelt; die dritte, dass es sich um eine Frage der Strafwürdigkeit der Tat handelt. Nach dem ersten dieser drei Begründungsansätze hat die Forderung nach einem objektiv zurechenbaren Erfolg als Voraussetzung der Bestrafung des fahrlässigen Verhaltens keine materiellen, sondern nur verfahrensrechtliche Gründe. Fahrlässiges Verhalten, an sich betrachtet, ist sowohl strafwürdig als auch strafbedürftig.4 Aber wenn kein objektiv zurechenbarer Erfolg eingetreten ist, kann man nicht eindeutig wissen und noch weniger beweisen, dass das Verhalten wirklich fahrlässig war.5 Daher ist es sinnvoll, den Erfolgseintritt abzuwarten. Diese Meinung kann jedoch nicht generell aufrechterhalten werden. Es ist bekannt, dass einige fahrlässige Verhaltensweisen als Gefährdungsdelikte typisiert worden sind. Außerdem zeigt die richterliche Anwendung dieser Gefährdungstatbestände, dass fahrlässiges Verhalten auch ohne Erfolgseintritt nachgewiesen werden kann. Es ist gleichwohl zutreffend, dass in einigen Fällen – in Tätigkeitsbereichen, die nicht stark reguliert sind – der Nachweis eines fahrlässigen Verhaltens besonders schwierig ist. Die Einleitung eines Strafverfahrens unter diesen Bedingungen bedeutet eine Überlastung sowohl der Rechtspflege als auch der Bürger.6 Gemaß dem zweiten oben genannten Begründungsansatz ist fahrlässiges Verhalten7 strafrechtswidrig, d. h. es verstößt gegen eine strafrechtliche Bestimmungsnorm. Als solches ist es auch strafwürdig. Seine Straftatbestandsmäßigkeit hängt jedoch von der Bedingung ab, dass ein objektiv dem Verhalten zurechenbarer Erfolg eintritt. Der Erfolgseintritt führt dazu, dass die schon verdiente Bestrafung auch erforderlich ist.8 Tritt der Erfolg – mit seiner intensiveren Objektivierung der Normverletzung –
4
Zielinski, S. 206 ff. Zum „kulposen Versuch“ Binding, S. 497. 6 Sancinetti, S. 136 f.: Überlastung der Bürger; die Überlastung der Gerichtsbarkeit ist das Argument von Armin Kaufmann, S. 54 f. 7 Dies bedeutet im gesamten Text: „objektiv sorgfaltswidriges Verhalten, das einem Täter subjektiv zugeschrieben werden kann“. 8 Frisch, S. 509 – 518. 5
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nicht ein, so wird davon ausgegangen, dass es nicht erforderlich ist, das rechtswidrige fahrlässige Verhalten zu bestrafen, obwohl es strafwürdig ist.9 Der dritte Begründungsansatz hat zwei Varianten. Der ersten Variante zufolge, die von der herrschenden Lehre vertreten wird, ist fahrlässiges Verhalten wegen seines Handlungsunwerts norm- und rechtswidrig. Aber erst wenn der Eintritt eines objektiv zurechenbaren schädigenden Erfolgs hinzukommt, verdient es (wegen des zusätzlichen sog. Erfolgsunwerts) eine Strafe.10 Die Bestrafung der Fahrlässigkeit nur bei Eintritt eines zurechenbaren Erfolgs erklärt sich daher aus einem erhöhten Tatunwert, der die Strafwürdigkeit mit sich bringt. Wenn der Erfolg nicht eintritt, dann gibt es keine Strafwürdigkeit. Dagegen geht die zweite Variante davon aus, dass fahrlässiges Verhalten nicht von einer Norm verboten ist (es ist weder norm- noch rechtswidrig), sondern nur eine sog. Obliegenheit verletzt. Wenn ein Schadenserfolg verursacht wird, begründet nun die Obliegenheitsverletzung dessen (außerordentliche) Zurechnung zum Täter. Strafwürdig wird nur ein Verhalten, das in strafrechtsrelevanter Weise einen schädigenden Erfolg verursacht, der (objektiv und subjektiv) dem fahrlässigen Verhalten zurechenbar ist. Das obliegenheitswidrige Verhalten ist also an sich nicht strafwürdig, es sei denn, der Gesetzgeber typisiert es als Normverletzung (als Gefährdungsdelikt).11 Meiner Meinung nach lässt sich die Straffreiheit des fahrlässigen erfolgslosen Verhaltens am besten erklären, wenn man das verfahrensrechtliche Kriterium mit demjenigen der Strafbedürftigkeit kombiniert. Sicherlich ist fahrlässiges Verhalten an sich strafwürdig.12 Aber oft ist seine äußere Erscheinungsweise irreführend, so dass man nicht immer mit Sicherheit sagen kann, dass eine sorgfaltswidrige Handlung stattgefunden hat. Darüber hinaus weist bloß fahrlässiges Verhalten nur eine begrenzte oder mitunter gar keine Sozialschädlichkeit auf. Der Nichteintritt des Erfolgs tangiert nicht die Strafwürdigkeit des Verhaltens, aber er vermindert radikal die gesellschaftlichen reaktiven Emotionen gegenüber der fahrlässigen Tat.13 Dies ist der Grund für die fehlende Strafbedürftigkeit des erfolgslosen fahrlässigen Verhaltens, was wiederum das Ausbleiben einer strafrechtlichen Sanktion erklärt.14 Der Eintritt 9
Zielinski, S. 206 ff. Stratenwerth, S. 306 ff.; Auch Jakobs, S. 43 ff.: stärkere Objektivierung von Rechtsuntreue und damit des Normgeltungsschadens (Norm als institutionalisierte Erwartung). 11 Statt aller: Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, 1989. 12 Morse (2000), S. 879 ff.; ders.(2004), S. 379 ff.; So auch Burghardt, S. 397: „Im Ergebnis kann die Verantwortlichkeit für den Erfolg daher auf der Grundlage des Kontrollprinzips nie größer sein als die Verantwortlichkeit, die sich für das willenbedingte Verhalten begründen lässt“. 13 Burghardt, S. 418 f. 14 Sowohl Moores als auch Duffs Argumente betreffen nicht die Strafwürdigkeit, sondern die Strafbedürftigkeit. Vgl. Duff, S. 189 ff.; Moore, S. 267 ff.; Eine umfassende Diskussion dieses Themas erfordert natürlich die Überlegung, was Strafwürdigkeit und was Vergeltung ist. Meiner Meinung nach kann nur subjektiv zurechenbares Verhalten vergolten werden. Deshalb kann sich ein Täter nur durch sein Verhalten strafwürdig machen und nicht durch 10
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eines der fahrlässigen Handlung objektiv zurechenbaren Erfolgs bewirkt hingegen, dass eine Strafbedürftigkeit des an sich strafwürdigen Verhaltens entsteht.15 Aus der Perspektive der negativen Generalprävention betrachtet weist die Struktur der fahrlässigen Straftatbestände eine Inkongruenz auf. Sicherlich stellt eine solche Struktur kein angemessenes Regulierungsinstrument dar, da sie ineffizient ist.16 Die präventive Funktion der den fahrlässigen Straftatbeständen zugrunde liegenden Normen muss nämlich darin bestehen, dass ihre Adressaten kein fahrlässiges Verhalten zeigen. Aber die tatbestandliche Struktur macht die Bestrafung des fahrlässigen Verhaltens vom Eintritt eines objektiv zurechenbaren Erfolgs abhängig. Auf diese Weise vermittelt sie folgende Botschaft: Handle nicht fahrlässig, aber wenn du es tust und der Erfolg nicht eintritt, dann wirst du nicht bestraft. Nun ist ein fahrlässiger Täter gerade dadurch gekennzeichnet, dass er sich das Erfolgsrisiko nicht vorstellt oder, wenn er es sich vorstellt, auf das Ausbleiben des Erfolgs vertraut. Daher drückt das gesetzliche Modell nicht die Logik der negativen (regulatorischen) Generalprävention aus. Vielmehr ist seine Logik entweder (i) diejenige der Vergeltung für eine subjektiv-fahrlässig zurechenbare Verletzung; oder (ii) diejenige der Vergeltung sowohl für fahrlässiges Verhalten als auch für die ihm objektiv zurechenbare Verletzung; oder (iii) diejenige der Vergeltung für fahrlässiges Verhalten, aber bedingt durch die Strafbedürftigkeit, die sich aus dem ihm objektiv zurechenbaren Verletzungserfolg ergibt. Mit anderen Worten: Es handelt sich um eine durch Überlegungen zur positiven Generalprävention begrenzte Vergeltung. Kurz gesagt, fahrlässiges Verhalten selbst ist nicht tatbestandsmäßig oder es wird nur bedingt tatbestandsmäßig. Seine Tatbestandsmäßigkeit ist durch den Eintritt des Erfolgs bedingt, der dem fahrlässigen Verhalten zuzurechnen ist. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass fahrlässiges Verhalten rechtswidrig ist. Die durch das Strafrecht unterstützten Verhaltensnormen verbieten es. Die Polizei hat die Pflicht, es zu neutralisieren. Und die betroffenen Personen können auf fahrlässiges Verhalten nach den Regeln des defensiven Notstandes reagieren.
III. Zufall und Kontrolle Es ist möglich, dass eine sehr grob fahrlässige Handlung zu keinem Erfolg führt, während eine weniger schwerwiegende fahrlässige Handlung zu einem solchen führt. Aber es sollte daraus nicht geschlossen werden, dass das gesetzliche Modell etwas, das darüber hinausgeht. Dies zeigt sich sehr gut bei Robinson, S. 304 ff., der den Erfolg als ein Thema der „empirischen Vergeltung “ sieht. Aber das ist nur eine Art, auf die gesellschaftliche Strafbedürftigkeit zu verweisen. 15 Burghardt, S. 400. 16 Aus diesem Grund wurde bereits im Rahmen des Polizeistaates des 18. Jahrhunderts die Rekonstruktion aller fahrlässigen Taten als vorsätzliche Gefährdungstatbestände erwogen; siehe die Beschreibung der im Rahmen der Theorie des psychologischen Zwangs (Feuerbach) erarbeiteten Lehren bei Binding, S. 201 ff.
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der Typisierung fahrlässigen Verhaltens den Zufall des Täters bestraft.17 Es wurde vorstehend darauf hingewiesen, dass die Strafwürdigkeit einer fahrlässigen Tat im Verhalten des Täters enthalten ist und dass der Erfolg nur der Feststellung dient, dass die schon verdiente Strafe zudem erforderlich ist. Wenn nun der Erfolg eintritt und objektiv dem fahrlässigen Verhalten des Täters zuzurechnen ist, dann kann man nicht von Unglück sprechen.18 Der einzige Zufall, von dem man mit Blick auf einen sich fahrlässig verhaltenden Täter sprechen kann, ist ein mögliches Glück. Sicherlich spricht die Umgangssprache, wenn ein fahrlässiges Verhalten nicht zum Erfolg führt, nicht von Versagen, sondern von Glück. Dieses good luck besteht darin, dass das freie Verhalten anderer Subjekte – absichtlich oder unabsichtlich – den Erfolg verhindert, der dem fahrlässigen Verhalten des Täters hätte zugerechnet werden können. Auf diese Weise wird auch verhindert, dass eine Strafbedürftigkeit der Tat entsteht. Wenn nach dem mutmaßlich fahrlässigen Verhalten niemand eingegriffen hat und der Erfolg trotzdem nicht eintritt, ist es vernünftig zu denken, dass dem Verhalten, das ex ante offensichtlich gegen eine Sorgfaltspflicht des Subjekts verstößt, die Kausierungsmacht fehlt – mit anderen Worten, dass es nicht wirklich fahrlässig ist. In solchen Fällen fehlt nicht nur die Schädlichkeit, sondern auch das rechtswidrige Verhalten selbst. Das heißt: Es fehlt die Strafwürdigkeit. In der Welt erscheinen Kausalität und Freiheit miteinander verbunden. Wenn ein freier Kausalverlauf durch ein Verhalten eingeleitet wird, das eine (objektive und subjektive) Sorgfaltspflicht verletzt, verdient dieses Verhalten bereits die Strafe, die für eine fahrlässige Tat vorgesehen ist. Es gibt keinen Platz mehr für Pech. Im Gegenteil, es gibt nur drei Möglichkeiten: (i) Wenn sich die Freiheit eines anderen einfügt und die Tat noch negativer gestaltet, entsteht ein Regressverbot zugunsten des ersten Subjektes. (ii) Wenn die Freiheit eines anderen eingreift und den Erfolg verhindert (d. h. die Tat positiv verändert), dann wird das erste Subjekt nicht bestraft. Daher ist das einzige „Schicksal“ gut und ergibt sich aus der Freiheit des Dritten, der die Tat verändert. (iii) Wenn der Erfolg stattfindet und objektiv einem fahrlässigen Verhalten zuzurechnen ist, dann kann nicht gesagt werden, dass der Täter Pech hatte, weil es keinen Dritten gab, der den Erfolgseintritt verhinderte. Der objektiv einem fahrlässigen Verhalten zuzurechnende Verletzungserfolg wird von einigen als rechtswidrig gekennzeichnet.19 Die Akzeptanz oder Nichtakzeptanz des Ausdrucks „rechtswidriger Erfolg“ hängt von der jeweils zugrunde gelegten konkreten Version der Normentheorie, insbesondere vom systematischen Ort des Erfolgs innerhalb der Straftatlehre ab. Aber selbst demjenigen, der – wie es hier der Fall ist – diesen Ausdruck nicht akzeptiert, sollte klar sein, dass bei fahrlässigen Straftaten der Erfolg kein Zufallsprodukt ist. Im Gegenteil, der Erfolg ist das Produkt einer Not17 Obwohl dies im Laufe der Geschichte schon dutzende Male gesagt wurde: Binding, S. 214 f., bezüglich Stübel. 18 K. Levy, S. 265, 281 ff., aufgrund des Begriffs der „assumption of risk“, der seiner Ansicht nach bestimmt, dass es „fair“ ist, den eingetretenen Erfolg, auch wenn er sich der Kontrolle des Subjekts entzieht, als ein Element der Bestrafung zu betrachten. 19 Burghardt, S. 422 f.
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wendigkeit (d. h. einer Kausalität), die auf ein freies Handeln zurückgeht, das wiederum eine objektive Teleologie in sich trägt.20 Zufall ist unvereinbar mit dem Pflichtwidrigkeitszusammenhang, der genau bestimmt, dass der Erfolg – als Voraussetzung für die Strafbedürftigkeit der Tat – dem Täter als sein Werk zugerechnet wird.21 Dass fahrlässiges Verhalten nur dann bestraft wird, wenn es zum Erfolg führt, ist kein „Tribut an irrationales archaisches Rechtsdenken“.22 Es ist kein Beispiel einer Zufallsstrafe. Einerseits ist es nicht irrational, denn die Strafwürdigkeit ist nicht der einzige Grund für die Verhängung der Strafe. Sie muss nur die unüberwindlichen Grenzen einer solchen Verhängung festlegen: Unverdiente Strafen können aus Gründen der Strafbedürftigkeit nicht verhängt werden. Es ist andererseits auch nicht unfair, einen Täter zu bestrafen, wenn der Erfolg eintritt, und nicht zu bestrafen, wenn er nicht eintritt. Der Täter, der das fahrlässige Verhalten begangen hat, verdient die Strafe, die nach dem Erfolgseintritt über ihn verhängt wird. Die Tatsache, dass ein anderer Täter, der sie auch verdient, wegen des Nichteintritts des Erfolgs nicht bestraft wird, verletzt nicht die Anforderungen der Fairness. Die Ungleichbehandlung zugunsten des letzteren hat einen klaren Grund in der verteilenden Gerechtigkeit: Der Nichteintritt des Erfolgs bewirkt, dass es keine soziale Destabilisierung gibt, so dass die Strafe nicht erforderlich ist. Das ist das Glück des Subjekts, das trotz seines fahrlässigen Verhaltens nicht bestraft wird. Aber niemand kann das Glück eines anderen als eigenes Unglück bezeichnen.
IV. Fahrlässigkeit, objektive Zurechnung und Gefährdungsdelikte Wie bereits angedeutet, verstrickt sich das gesetzliche Modell der Typisierung fahrlässiger Handlungen, wenn es aus der Perspektive der negativen Generalprävention interpretiert wird, in Ungereimtheiten. Denn es ist grundsätzlich vergeltender Natur. Es kann diskutiert werden, was vergolten wird: (i) die subjektiv zurechenbare Verursachung des schädigenden Erfolgs; (ii) sowohl das Verhalten als auch der Erfolg (doppelter Tatunwert); oder (iii) nur das Verhalten (Handlungsunwert). Alle diese Positionen sind meiner Meinung nach mit der Struktur des gesetzlichen Modells vereinbar; hier wird allerdings vertreten, dass dieses Modell eine Struktur der Vergeltung des strafwürdigen Verhaltensunwerts widerspiegelt, die durch die – im Sinne einer positiven Generalprävention festgestellte – Strafbedürftigkeit ergänzt wird. 20
Larenz, S. 51, 61; Honig, S. 184 (objektive Zweckhaftigkeit). Kahlo, S. 267 ff., als „praktische Indienstnahme von Naturgesetzen“ in der Tradition einer „Kausalität aus Freiheit“ ausgedrückt. Schon vorher, aus einer anderen Perspektive, aber übereinstimmend in dem, was hier von Interesse ist, Maiwald, S. 481. 22 Gegen Zielinski, S. 215. 21
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Es ist jedoch nicht gleichgültig, ob nur die fahrlässige Verursachung des Erfolges (bzw. sowohl das fahrlässige Verhalten als auch der Erfolg) oder nur das fahrlässige Verhalten die Strafwürdigkeit der Tat begründet. Für die o.g. Meinung (i) ist der Kern der Rechtswidrigkeit die Verursachung des Erfolges. Aus dieser Perspektive scheint nun klar zu sein, dass es nicht möglich ist, Unvermeidbares zu vergelten. Unvermeidbares kann keine Strafwürdigkeit begründen. Wer also diesen Standpunkt vertritt, muss auch auf die Lehre der Vermeidbarkeit zurückgreifen, um den Zusammenhang zwischen Verhalten und Erfolg herzustellen. Nach dieser Lehre kann einem Verhalten nur dann ein Erfolg zugerechnet werden, wenn ein alternatives rechtskonformes Verhalten den Erfolg verhindert hätte. Dies ist auch auf die Meinung (ii) anzuwenden, der zufolge zusammen mit dem Verhalten auch der schädigende Erfolg vergolten wird (beide sind Elemente des Unrechts). Wenn jedoch wie nach der hier vertretenen Meinung (iii) nur das (vermeidbare) Verhalten die Strafwürdigkeit der Tat begründen kann, dann stellt die Bestimmung des Zusammenhangs zwischen Verhalten und Erfolg ein Moment der Strafbedürftigkeit dar. Es geht darum, festzustellen, ob die verdiente Strafe wiederum erforderlich ist. Um dieses Verhältnis der Strafbedürftigkeit (zwischen Erfolg und strafwürdigem Verhalten) herzustellen, kann ein schwächerer Zusammenhang als derjenige der Lehre der Vermeidbarkeit ausreichen, etwa derjenige der Risikoerhöhungslehre bzw. der Lehre vom Schutzzweckzusammenhang, oder beide zusammen. Nicht kohärent wäre hingegen, einerseits zu behaupten, dass die Strafwürdigkeit der Tat auf der Erfolgsverursachung beruht, und andererseits eine Erfolgszurechnungslehre zu akzeptieren, die einen Zweifel an der Fähigkeit des Täters zulässt, den Erfolg durch ein alternatives rechtmäßiges Verhalten zu vermeiden. Denn dies würde zu einer Vergeltung des Unvermeidlichen führen. Damit wird auch deutlich, dass die Lehren über die objektive Zurechnung des Erfolgs zum rechtlich missbilligten Verhalten nach Maßgabe der systematischen Stellung des Erfolges, von der sie jeweils ausgehen, unterschiedlich sein müssen. Es gibt z. B. eine Diskussion zwischen denjenigen Lehren, die einen Kausalzusammenhang fordern, und denjenigen, die sich mit einem Wahrscheinlichkeitszusammenhang begnügen; oder zwischen den Lehren vom rechtmäßigen Alternativverhalten und denjenigen der Risikoerhöhung. All diesen Dilemmata kommt unterschiedliche Bedeutung zu, je nachdem, ob es darum geht, die Strafbedürftigkeit der Tat in Fällen von schon strafwürdigem Verhalten oder vielmehr das strafwürdige (Erfolgs-)Unrecht zu begründen. Manche der Diskrepanzen zwischen diesen Lehren müssen daher auch aus dieser Perspektive überprüft werden. Wie bereits erwähnt, ist es aus regulatorischer – negativ generalpräventiver – Sicht konsequent, fahrlässiges Verhalten selbst zu bestrafen. Dies steht jedoch im Widerspruch zu dem liberalen Anspruch, dass im Zweifelsfall die Bürgerfreiheit Vorrang hat. Die Lösung des Konflikts zugunsten der Freiheit bewirkt, dass fahrlässiges Verhalten nicht bestraft wird, wenn der Erfolg nicht verursacht wird (oder nicht objektiv zurechenbar ist). Es gibt aber Ausnahmen. Diese entstehen in mindestens zwei Situationen: zum einen dann, wenn das fahrlässige Verhalten deutlich hervortritt, was in Bereichen mit hoher Regulierungsdichte häufig vorkommt; zum anderen
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dann, wenn es sich um ein ubiquitäres Verhalten handelt, bei dem mit häufiger Wiederholung gerechnet werden kann. Wenn beide Kriterien erfüllt sind, besteht Strafbedürftigkeit aus der Perspektive der positiven Generalprävention.23 Das Fehlen der mit dem Erfolgseintritt verbundenen Schädlichkeit wird durch die eigene Schädlichkeit der bei den potenziellen Opfern entstandenen Unsicherheit ausgeglichen. In diesen Fällen ist es erforderlich, fahrlässiges Verhalten als Gefährdungsdelikt zu typisieren.24 Allerdings lässt sich durchaus darüber streiten, warum einige Sorgfaltspflichtverletzungen typisiert werden sollen (z. B. unter Alkoholeinfluss zu fahren), andere hingegen nicht (etwa das Handy während der Fahrt zu benutzen).25 In diesen Fällen ist zu beobachten, dass die rechtliche Handhabung von Gefährdungsdelikten, der zufolge fahrlässige Handlungen ohne Verletzungserfolg in besonders bedeutsamen Fällen typisiert werden, (i) mit allen Straftheorien vereinbar ist; (ii) in besonderem Maße jedoch vereinbar ist mit einer Interpretation des gesetzlichen Modells der Typisierung fahrlässiger Handlungen als Ausdruck verdienter Vergeltung für fahrlässiges Verhalten, die durch Strafbedürftigkeitserwägungen (im Sinne der positiven Generalprävention) begrenzt wird. Denn diese Interpretation betont, dass in bestimmten Fällen die Gefährdung, die sich aus dem fahrlässigen Verhalten ergibt, dem Erfolgseintritt hinsichtlich der Strafbedürftigkeit der Tat gleichkommen kann.
V. Sancinettis Überlegungen zum Erfolg bei fahrlässigen Straftaten Sancinetti vertritt die Auffassung, dass der Erfolgseintritt nur als Kriterium für die (aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und des minimalen Eingriffs des Strafrechts vorgenommene) verfahrensrechtliche Auswahl derjenigen fahrlässigen Handlungen dienen sollte, die von der Strafgerichtsbarkeit untersucht werden können.26 Deshalb erkennt er zwar an, dass fahrlässiges Verhalten nicht bestraft – nicht einmal verfolgt – wird, wenn der Erfolg nicht verursacht worden ist. Unsere Standpunkte unterscheiden sich jedoch in mindestens zwei Punkten. Erstens ist nach seinem Verständnis der Erfolgseintritt (und nicht nur dessen Nichteintritt) eine Frage des Zufalls.27 Zweitens führt die Logik seines Ansatzes dazu, dass, wenn der Erfolg eintritt und im nachfolgenden Strafverfahren auch festgestellt wird, dass er durch ein fahrlässiges Verhalten verursacht wurde, die Tat auch dann zu bestrafen ist, wenn der Erfolg dem Verhalten nicht objektiv zuzurechnen ist. Das ist nur konsequent, wenn der Erfolgseintritt ein 23 Dies kann sogar dann der Fall sein, wenn nur das erste Kriterium erfüllt ist; und zwar dann, wenn die Möglichkeit mehrerer Opfer berücksichtigt werden muss. 24 Prittwitz, S. 348. 25 Husak, S. 599 ff. 26 Sancinetti, S. 136 f. 27 Sancinetti, S. 136 f.
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reines Instrument der verfahrensrechtlichen Auswahl möglicher fahrlässiger Handlungen ist. Bei Sancinetti bleibt diese logisch naheliegende Schlussfolgerung jedoch undeutlich. Einerseits erläutert er – de lege lata –, dass es darum gehe, für die Feststellung des Zusammenhangs zwischen Verhalten und Erfolg die Risikoerhöhungslehre anzuwenden.28 Andererseits schlägt er de lege ferenda vor, dass in Fällen, in denen ein objektiv nicht zurechenbarer Erfolg verursacht wird, die Strafe so verhängt wird, als ob er zurechenbar wäre.29 Wie bereits gesagt wurde, wird hier die Auffassung vertreten, dass es richtig ist, bei den fahrlässigen Straftaten ein laxes Kriterium der objektiven Zurechnung des Erfolgs anzuwenden. Aber die Richtigkeit dieses Ansatzes ergibt sich aus der Tatsache, dass der Erfolgseintritt mehr ist als ein Kriterium der verfahrensrechtlichen Auswahl der zu untersuchenden Handlungen. Um die tatbestandsmäßige Strafe zu verhängen, muss es daher einen strafrechtsrelevanten Zusammenhang zwischen sorgfaltspflichtwidrigem Verhalten und Erfolg geben. Denn die Verursachung eines dem Verhalten zuzurechnenden Erfolgs ist eine positive Voraussetzung für die Strafbedürftigkeit. Es geht nicht nur darum, dass die Erfolgsverursachung eine Voraussetzung für die Einleitung eines Strafverfahrens nach einer mutmaßlich fahrlässigen (und an sich strafbaren) Handlung ist.
VI. Die eigentlichen Zufallsmomente: behavioral economics und Zurechnungsexpansion All dies ermöglicht es, die Vorstellung zu widerlegen, dass das gesetzliche Modell der Bestrafung fahrlässiger Handlungen Ausdruck einer Zufallsverantwortung sei. Diese Schlussfolgerung könnte jedoch relativiert werden, wenn den Folgen der gerichtlichen Anwendung des Modells Aufmerksamkeit geschenkt würde. Die richterliche Anwendung des Gesetzes ist nicht die Subsumtion eines Automaten. Sie ist von Auslegungs- und Wertungsprozessen geprägt, die von der richterlichen Psychologie und vom Sozialmodell, in dem sich Richter befinden, beeinflusst werden. Bei fahrlässigen Handlungen ist es einerseits möglich, dass die richterliche Gesetzesanwendung durch eine Kombination des Rückschaufehlers (hindsight bias) mit dem sogenannten Knobe-Effekt (side-effect effect, outcome bias) beeinflusst wird.30 Die Erforschung des hindsight bias hat in der Tat gezeigt, dass jeder, der eine ex ante festzustellende Gefahr von einem Ex-post-Standpunkt beurteilt, in einem noch zu bestimmenden Umfang von dem abhängig ist, was schließlich gesche-
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Sancinetti, S. 138 f. Sancinetti, S. 140 f. 30 Knobe, S. 193.
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hen ist.31 Das heißt, wenn der Erfolg verursacht wurde, neigt man zu einer Überbewertung der ex ante bestehenden Gefahr, während es bei Nichteintritt des Erfolges tendenziell zu einer Unterbewertung der Gefahr kommt. Andererseits deuten Studien zum outcome bias darauf hin, dass im Gegensatz zu den positiven Nebenwirkungen eines Verhaltens negative Nebenwirkungen tendenziell subjektiv zugeschrieben werden.32 Zudem kann das Urteil des Richters über das Zusammentreffen von Zufall und fahrlässigem Verhalten durch eine Tendenz zur Zurechnungsexpansion beeinflusst werden, die sich in komplexen zeitgenössischen Gesellschaften manifestiert. Diese Tendenz verdeutlicht die zunehmende soziale Schwierigkeit, Unglück als solches anzunehmen, und den permanenten Anspruch, es in Unrecht zu verwandeln. Es ist möglich, dass die Verbindung beider Umstände eine Zufallsverantwortung hervorruft, insbesondere wenn ein ex ante ungefährliches Verhalten ex post als fahrlässig eingestuft wird oder wenn ein Erfolg, den der Täter ex ante nicht vermeiden konnte, ex post als subjektiv vermeidbar angesehen wird. Hier scheint das wahre Unglück der Angeklagten im Falle von (angeblich) fahrlässigen Straftaten zu liegen. Es ist kein resultant moral luck, sondern ein circumstantial moral luck. Seine notwendige Überwindung kann nicht durch Dogmatik, sondern nur durch die Korrektur von richterlichen biases stattfinden. Damit komme ich zum Ende. Dieser Beitrag, in dem nur wenige Unstimmigkeiten mit seiner Meinung gezeigt wurden, sollte vor allem eine Hommage an den sehr geschätzten Kollegen Sancinetti sein. Ad multos annos! Literatur Binding, Karl: Die Normen und ihre Übertretung, Band 4, Leipzig 1919. Burghardt, Boris: Zufall und Kontrolle, Tübingen 2018. Duff, Robin Antony: Intention, Agency, and Criminal Liability: philosophy of action and criminal law, Oxford 1990. Frisch, Wolfgang: Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, Heidelberg 1988. Honig, Richard M.: Kausalität und objektive Zurechnung, in: August Hegler (Hrsg.), Festgabe für Reinhard von Frank, Band I, Tübingen 1930, S. 174 – 201. Husak, Douglas: Reasonable Risk Creation and Overinclusive Legislation, Buffalo Criminal Law Review, Volume 1, 1998, S. 599 – 626. Jakobs, Günther: Erfolgsunwert und Rationalität, in: Wolfgang Joecks (Hrsg.), Festschrift für Erich Samson, Heidelberg 2010, S. 43 – 54. 31 32
Luhmann, S. 21; Kuhlen, S. 356, 358, 360; Prittwitz, S. 107. H. Lübbe, S. 177 ff.; W. Lübbe, S. 223 ff.
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Kahlo, Michael: Überlegungen zum gegenwärtigen Stand der objektiven Zurechnungslehre im Strafrecht, in: Michael Hettinger (Hrsg.), Festschrift für Wilfried Küper, Heidelberg 2007, S. 267 – 273. Kaufmann, Armin: Das fahrlässige Delikt, ZfRV 1964, S. 41 – 55. Kindhäuser, Urs: Gefährdung als Straftat rechtstheoretische Untersuchungen zur Dogmatik der abstrakten und konkreten Gefährdungsdelikte, Frankfurt a. M. 1989. Knobe, Joshua: Intentional action and side effects in ordinary language, Analysis, Volume 63, Number 279, New Jersey 2003, S. 190 – 194. Kuhlen, Lothar: Zur Problematik der nachträglichen ex ante Beurteilung im Strafrecht und in der Moral, in: Heike Jung/Heinz Müller-Dietz/Ulfried Neumann (Hrsg.), Recht und Moral, Baden-Baden 1991, S. 356 – 372. Larenz, Karl: Hegels Zurechnungslehre und der Begriff der objektiven Zurechnung, Göttingen 1927. Levy, Ken: The Solution to the Problem of Outcome Luck, Law and Philosophy 24, Number 3, 2005, S. 263 – 303. Lübbe, Hermann: Moralismus oder fingierte Handlungssubjektivität in komplexen historischen Prozessen, in: Hermann Lübbe (Hrsg.), Modernisierung und Folgelasten. Trends kultureller und politischer Evolution, Berlin/Heidelberg 1997, S. 177 – 185. Lübbe, Weyma: Handeln und Verursachen: Grenzen der Zurechnungsexpansion, in: Weyma Lübbe (Hrsg.), Kausalität und Zurechnung, Berlin 1994, S. 223 – 242. Luhmann, Niklas: Soziologie des Risikos, Berlin/New York 1991. Maiwald, Manfred: Zur strafrechtssystematischen Funktion des Begriffs der objektiven Zurechnung, in: Hans Heiner Ku¨ hne (Hrsg.), Festschrift Miyazawa, Baden-Baden 1995, S. 465 – 482. Moore, Michael: The Independent Moral Significance of Wrongdoing, Journal of Contemporary Moral Issues, Volume 5, 1994, S. 1 – 45. Morse, Stephen: The Moral Methaphysics of Causation and Results, California Law Review, Volume 88, 2000, S. 879 – 894. Morse, Stephen: Reason, Results and Criminal Responsibility, Univeristy of Illinois Law Review 2004, S. 363 – 444. Prittwitz, Cornelius: Strafrecht und Risiko, Frankfurt 1993. Robinson, Paul: The Role of Harm and Evil in Criminal Law: A Study in Legislative Deception?, Journal of Contemporary Legal Issues, Volume 5, 1994, S. 299 – 322. Sancinetti, Marcelo: Dogmatik der Straftat und Strafgesetz, Buenos Aires 2003. Stratenwerth, Günter: Handlungs- und Erfolgsunwert im Strafrecht (1963), in: Peter Aebersold/ Peter Albrecht/Felix Bommer/Sabine Gless/Mark Pieth/Martin Schubarth/Kurt Seelmann/ Wolfgang Wohlers (Hrsg.), Beiträge zu Grundfragen eines zeitgemäßen Strafrechts, Baden-Baden 2017, S. 297 – 316. Zielinski, Diethart: Handlungs- und Erfolgsunwert im Unrechtsbegriff, Berlin 1973.
Hypothetische Kausalverläufe und rechtmäßiges Alternativverhalten* Von Kolis Summerer
I. Dogmen und Missverständnisse hinsichtlich der Relevanz hypothetischer Kausalverläufe Das Prinzip der Unerheblichkeit hypothetischer Kausalverläufe besitzt bei näherer Betrachtung nur im Bereich der Begehungsdelikte einen absoluten Wert. Das Verbot der Berücksichtigung hypothetischer Ursachen und Kausalverläufe wird in Bezug auf andere Ebenen des Deliktsaufbaus relativiert und im Bereich der objektiven Zurechnung eingegrenzt.1 Das Misstrauen der Lehre gegenüber der These von der Relevanz der hypothetischen Kausalverläufe ist höchstwahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass sie ursprünglich als Kausaltheorie vertreten wurde.2 Die Untersuchung der verschiedenen Ansätze zu hypothetischen Kausalverläufen bestätigt jedoch den Eindruck, dass innerhalb der Kategorie der hypothetischen Kausalität sowohl dogmatisch als auch systematisch unterschiedliche Themen behandelt werden: von der alternativen hypothetischen Kausalität und Doppel- oder Mehrfachkausalität bis zur konkurrierenden Kausalität; von der Unterbrechung des Kausalverlaufs bis zum zufälligen oder beabsichtigten Zusammentreffen mehrerer (erlaubter oder unerlaubter) Handlungen; vom rechtmäßigen Alternativverhalten bis zur Risikoverwirklichung und zum Schutzzweck der Norm; von der Zurechnung des Erfolgs bis zu seiner Definition. Das Problem der hypothetischen Kausalität wird in den verschiedenen systematischen Gebieten unterschiedlich wahrgenommen: In einigen Bereichen wird es mehr oder weniger bewusst angegangen (in der altbekannten Diskussion zur conditio sine qua non und heute in Bezug auf die Unterlassungskausalität); in anderen bleibt es hingegen unterschwellig (bei der Beteiligung und bei der psychischen Kausalität); in wieder anderen Bereichen wird es in ausgesprochen normative Kriterien und
* Übersetzung von Konstanze Jarvers (Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht). 1 Der Widerspruch wird hervorgehoben von Sancinetti (2008b), S. 1581; s. auch Frister, S. 108; Forti, S. 677. 2 Etwa bei Traeger, S. 38 ff.
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Rechtsfiguren transformiert (im Zusammenhang mit der Lehre von der objektiven Zurechnung des Erfolgs).3 Selbst Spendel, auf den das Verbot des Hinzudenkens alternativer hypothetischer Erfolgsursachen zurückzuführen ist,4 präzisiert, dass dieses nicht unterschiedslos alle hypothetischen Umstände betrifft, sondern sich nur auf die „(wahrscheinlich oder sicher) ersatzweise eintretenden oder auch nur verhinderten, tatsächlich jedoch nicht verwirklichten Umstände“ bezieht.5 Spendels kostbare Intuition öffnet den Weg zu der wichtigen Unterscheidung zwischen tatsächlich vorhandenen hypothetischen Ursachen (die bereits auf den Erfolg gerichtet sind) und rein imaginären hypothetischen Ursachen. Relevant sind nur die hypothetischen Faktoren, die im konkreten Sachverhalt bereits angelegt sind, und somit in ihrer zukünftigen Entwicklung dargestellt werden können.6 Sie bilden die Gesamtheit der zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegenden Umstände (sog. causal field) und können nicht willkürlich beseitigt oder verändert werden (dies besagt übrigens auch die coeteris paribus Klausel).7 Aus diesem Blickwinkel hat die Vorgehensweise sehr wenig Hypothetisches, außer dass der Richter eine Hypothese (eben im Sinne einer Prognose) über die Entwicklung der tatsächlichen Situation formulieren muss. Ebenso erscheinen in diesem Zusammenhang die Begriffe hypothetische Kausalverläufe oder hypothetische Ursachen noch unangemessener, da es sich hierbei nicht um fiktive, imaginäre oder unwirkliche Vorgänge handelt, sondern um bereits angelegte Kausalverläufe, bei denen lediglich ihr Ausgang vorhergesagt wird.
II. Die Bedeutung des hypothetischen rechtmäßigen Alternativverhaltens beim Fahrlässigkeitsdelikt Eine flagrante Ausnahme vom Prinzip der Irrelevanz hypothetischer Kausalverläufe gibt es im Bereich der fahrlässigen Begehungsdelikte: Lehre und Rechtsprechung räumen nämlich ein, dass die Zurechnung des Erfolgs auszuschließen ist, wenn dieser auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre.8 3
Zur Gesamtproblematik Summerer, S. 45 ff. Spendel (1948), S. 34 ff. 5 Spendel (1948), S. 38: „Eine Handlung gilt dann als kausal, wenn ohne sie – unter alleiniger Berücksichtigung der dann übrig bleibenden, tatsächlich auch verwirklichten Umstände! – der konkrete Erfolg nicht eingetreten wäre“. Ähnlich Hart/Honoré, S. 412. 6 Für die Relevanz bereits angelegter Geschehensabläufe und tatsächlich vorhandener Wirkungsfaktoren Engisch (1931), S. 17; Wolff, S. 30; Frisch (1988), S. 566; Toepel, S. 62; Dencker, S. 108; Rudolphi, Rn. 59; Frister, S. 108 ff. 7 Stella (1975), S. 99. 8 Die Fälle, um die sich die Diskussion entwickelt hat, sind bekannt. Zu den ältesten gehören der Apothekerfall (RGSt 15, 151, Urt. v. 20. 12. 1886), der berühmte Kokainfall oder 4
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Obwohl der Kausalzusammenhang zwischen Handlung und Erfolg vorliegt, geht man in diesen Fällen davon aus, dass es zwischen Fahrlässigkeit und Erfolg keinen normativen Zusammenhang gibt. Dieser Zusammenhang ist auch unter den Begriffen Kausalität im Rechtssinne9, Pflichtwidrigkeitszusammenhang10, Rechtswidrigkeitszusammenhang11, Kausalität der Sorgfaltspflichtverletzung12 sowie als Risikozusammenhang13 bekannt. Genau wie beim Unterlassungsdelikt wird das Heranziehen hypothetischer Kausalverläufe durch die normative Natur der Fahrlässigkeit gerechtfertigt: Nur durch die Konstruktion eines irrealen, alternativen Ursachenverlaufs, der sich auf die Beachtung der gebotenen Sorgfalt bezieht, kann man die Vermeidbarkeit des Erfolgs feststellen. Beim Fahrlässigkeitsdelikt erscheint die Problematik des rechtmäßigen Alternativverhaltens eng verknüpft mit den Kriterien des Schutzzwecks der Norm (nach dem die Zurechnung entfällt, wenn der Erfolg außerhalb des Schutzbereichs der Norm liegt, d. h. wenn die verletzte Verhaltensnorm nicht der Vermeidung des verwirklichten Erfolgs dient) und der Risikorealisierung (nach dem sich die durch das Verhalten geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr im konkreten tatbestandsmäßigen Erfolg realisieren muss). Die Behauptung, dass im fahrlässigen Delikt der Erfolgseintritt auf der Sorgfaltspflichtverletzung beruhen müsse bzw. dass zwischen fahrlässigem Verhalten und Erfolg ein spezifischer normativer Zusammenhang bestehen müsse, ist allmählich zu einem Dogma geworden. Allerdings gibt es keine klare Beschreibung dieser besonderen Voraussetzung für die Erfolgszurechnung. Die Lehre appelliert an das allgeNovokainfall (RG, Urt. v. 15. 10. 1926, in HRRS 1926, 2302) der Ziegenhaarfall (RGSt 62, 211, Urt. v. 23. 04. 1929) und der umstrittene Radfahrerfall (BGHSt 11,1, Urt. v. 25. 09. 1957). Auch die aktuelle Rechtsprechung bietet eine Vielzahl von Fallbeispielen: die strafrechtliche Arzthaftung (s. hier auch die aktuelle Diskussion zur hypothetischen Einwilligung des Patienten); Berufskrankheiten (insbesondere Asbestvergiftung); Naturkatastrophen. In Lehre und Rechtsprechung scheint heute nur noch das Kriterium für die Feststellung der Vermeidbarkeit des Erfolgs durch rechtmäßiges Alternativverhalten (Gewissheit, Wahrscheinlichkeit, bloße Möglichkeit) kontrovers diskutiert zu werden. Eine klare Darstellung des Streitstandes bei Eisele, Rn. 99a ff. 9 In der älteren Lehre und in der Rechtsprechung (s. BGHSt 1, 11). 10 Wessels/Beulke, S. 95; Küper, S. 247 ff.; Kahlo; Toepel; Frister, S. 126; Forti, S. 421. 11 Engisch (1931), S. 61; Samson, S. 34; Jescheck/Weigend, S. 583; Stratenwerth, S. 227; Erb, S. 29. In der italienischen Literatur Marinucci, S. 117; Donini (1991), S. 357; Romano, S. 409. 12 Engisch (1931), S. 64; Welzel, S. 116; Kaufmann, Arthur, S. 207; Roxin (1962), S. 431 f.; Schünemann, S. 648; Puppe (1982), S. 660 ff. Im italienischen Schrifttum, v. Forti, S. 421 ff.; Marinucci, S. 263; Castaldo, S. 175 ff.; Donini, (2006), S. 113; Romano, S. 410; Fiandaca/Musco, S. 594. 13 Roxin (1970), S. 139; Jescheck/Weigend, S. 287; Rudolphi, Rn. 63; Jakobs (1991), S. 226 ff.; Frisch (2002), S. 71; Eisele Rn. 95. Mit verschiedenen Ansätzen Marinucci, S. 264; Canestrari, S. 153 ff.; Castaldo, S. 175 ff.; Forti, S. 426 ff.; Donini, (2006), S. 111; Romano, S. 406.
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meine Rechtsempfinden, an den Wunsch nach Gerechtigkeit, und betont lediglich, dass eine auf der bloßen Summe von Kausalität und Fahrlässigkeit beruhende Zurechnung eine Rückkehr zur Logik des versari in re illicita-Grundsatzes bedeuten würde.14
III. Das Verhältnis zwischen rechtmäßigem Alternativverhalten und hypothetischen Ursachen Das Verhältnis zwischen rechtmäßigem Alternativverhalten und hypothetischer Kausalität hat sich von Anfang an als ziemlich unklar erwiesen. Die Abgrenzung zwischen den beiden Figuren erscheint äußerst problematisch, da die Vereinbarkeit des Kriteriums des rechtmäßigen Alternativverhaltens mit dem allgemeinen Verbot der Berücksichtigung hypothetischer Kausalverläufe schwer zu begründen ist. Tatsächlich stellen hypothetische Ursachen und rechtmäßiges Alternativverhalten für die Lehre zwei deutlich voneinander getrennte Problembereiche dar, die folglich in unterschiedliche systematische Bereiche eingeordnet werden.15 Grund hierfür ist das Argument, dass im letzten Fall das Alternativverhalten desselben Täters und nicht ein anderer unabhängiger Kausalverlauf denselben Erfolg verursacht hätte.16 Dass die Lehre die bestehenden Analogien zwischen rechtmäßigem Alternativverhalten und hypothetischer Kausalität nicht vertieft hat, ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass in der Rechtsfigur des rechtmäßigen Alternativverhaltens dieselbe ratio wie bei der Bedingungstheorie zu erblicken ist. Nicht von ungefähr wurde der Begriff Kausalität der Sorgfaltspflichtverletzung geprägt, um die besondere Verbindung zwischen dem fahrlässigen Verhalten und dem Erfolg zu zeigen.17 Die Argumente der h.M. vermögen nicht zu überzeugen. Entweder stellt die Vermeidbarkeit des Erfolgs durch rechtmäßiges Alternativverhalten wirklich eine eigenständige Frage dar, die sich von der Problematik der Kausalität unterscheidet und nur das Fahrlässigkeitsdelikt betrifft, oder das rechtmäßige Alternativverhalten gehört 14
Für dieses klassische Argument bereits Engisch (1931), S. 64; Welzel, S. 136; Spendel (1948), S. 52; Kaufmann, Arthur, S. 207; Roxin (1962), S. 431 f. 15 Vgl. u. a. Frisch (1988), S. 563; Jakobs (1991), S. 223; Jescheck/Weigend, S. 289; Roxin (1962), S. 411; Romano, S. 409. 16 So etwa Ulsenheimer, S. 101; Jescheck/Weigend, S. 258; Frisch (1988), S. 567; Erb, S. 104; Eisele, Rn. 99. Für die Gleichstellung von rechtmäßigem Alternativverhalten und hypothetischen Kausalverläufen Hart/Honoré, S. 249; Kaufmann, Arthur, S. 203 ff.; Kahrs, S. 69 ff.; Samson, S. 96 ff.; Ranft, S. 1427 ff.; Erb, S. 102 ff.; Toepel, S. 113 ff.; Hoyer (2007), S. 175 ff.; Sancinetti (2008b), S. 1581; Sancinetti (2008a), S. 662; Frister, 108 ff. In der italienischen Literatur Forti, S. 709; Castaldo, S. 96; Donini (1991), S. 440 (Anm. 188); Fiandaca, S. 959. 17 Zur problematischen Beziehung zwischen Kausalität und Vermeidbarkeit und der Überschneidung von Kausalitätszusammenhang und Pflichtwidrigkeitszusammenhang in der modernen Strafrechtsdogmatik eingehend Summerer, S. 223 ff.
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zur Kategorie der hypothetischen Kausalverläufe und die Vermeidbarkeit des Erfolgs ist eine notwendige, für alle Deliktsformen gleiche Voraussetzung für die objektive Zurechnung des Erfolgs.
IV. Die Bestimmung des rechtmäßigen Alternativverhaltens Alle bisher entwickelten Theorien zum Thema rechtmäßiges Alternativverhalten basieren auf einer noch unbestrittenen und unbewiesenen Prämisse: der Existenz eines rechtmäßigen Alternativverhaltens. Es sind viele alternative rechtmäßige Handlungen vorstellbar, und es ist keineswegs klar, nach welchen Kriterien diejenige ausgewählt werden sollte, die für die hypothetische Beurteilung der Vermeidbarkeit des Erfolges relevant ist.18 Das Ersetzen von pflichtwidrigen Handlungen durch pflichtgemäßes Alternativverhalten ist ein ziemlich komplizierter Vorgang, der für unendliche Variablen und Manipulationen offen ist.19 Natürlich müssen Grenzen gesetzt werden. Der Richter muss die am besten geeignete ähnliche Welt bauen: Also nicht eine nur mögliche kontrafaktische Welt, sondern eine Welt, die auf unserem empirischen Wissen bezüglich der gegebenen Vorbedingungen aufbaut;20 dabei wird er nur die wrongful features hinwegdenken21 und das bestehende kausale Umfeld (coeteris paribus) einbeziehen.22 Alternative Verlaufshypothesen müssen an der konkreten Situation ansetzen; spekulative und rein hypothetische Kausalprozesse, zeitlich-räumlich entfernte Alternativverhalten müssen außer Betracht bleiben. 18 Das Thema der Bestimmung des rechtmäßigen Alternativverhaltens hat in der Literatur wenig Raum gefunden und es gibt diesbezüglich kaum Stellungnahmen. Siehe Jordan, S. 351; Puppe (1982), S. 662; Forti, S. 672. 19 Man denke an die Diskussion, die durch den bekannten Motorradfall (BGHSt 24, 31, in NJW, 1971, S. 388) ausgelöst wurde, bei dem ein betrunkener Autofahrer mit erhöhter Geschwindigkeit einen Motorradfahrer überfahren hatte. Der BGH verurteilte den Angeklagten und sah das rechtmäßige Alternativverhalten nicht in der Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung (die das Ereignis wahrscheinlich nicht vermieden hätte), sondern in einer noch geringeren Geschwindigkeit, die dem Zustand der Trunkenheit angemessen gewesen wäre. In diesem Fall wurde das rechtmäßige Alternativverhalten nach der konkreten kritischen Situation bestimmt. Vgl.BGHSt 33, 61; neuerdings wieder BGH NStZ 2013, 231 (Urt. v. 6. 12. 2012). 20 Stella (2004), S. 61. 21 Hart/Honoré, S. 412. 22 Zutreffend Stella (2004), S. 61. In diesem Zusammenhang weisen wir auf den von Cass., 12. 11. 2008, Nr. 4107, (in: Cass. pen., 2010, S. 1462) behandelten Fall hin. Das Gericht bestätigte die Irrelevanz des Arguments, dass der Patient, dem der Psychiater einen Eignungsnachweis für den Gebrauch von Waffen ausgestellt hatte, sich auch auf dem Schwarzmarkt eine Waffe hätte besorgen und damit die gleichen Verletzungshandlungen hätte vornehmen können. In Deutschland hat ein ähnlicher vom BGH entschiedener Fall für Diskussionen gesorgt (BGHSt 49, 1, NStZ, 2004, S. 151, mit Anm. von Puppe).
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Sinnvoll ist das Hinzudenken alternativer Geschehensabläufe nämlich nur aus einer normativen Sicht, die auf den Inhalt und Zweck der Rechtsnormen achtet.23 Nicht irgendeine Alternative darf also in Betracht gezogen werden, sondern nur eine rechtsrelevante Alternative, soweit diese vorgeschrieben, geboten oder erlaubt ist.
V. Die ratio des Kriteriums der Vermeidbarkeit des Erfolgs durch rechtmäßiges Alternativverhalten Das Ergebnis der hypothetischen kontrafaktischen Überlegung ist ebenfalls normativ zu interpretieren. Wenn nämlich der Nichteintritt des Erfolges bei Wegdenken des rechtswidrigen Verhaltens zweifellos ein Zeichen für dessen kausale Wirkung darstellt, signalisiert umgekehrt der Eintritt des Erfolgs trotz Fehlens der Handlung nicht einfach ihre kausale Unerheblichkeit; er stellt vielmehr ein unterschiedlich lesbares Symptom dar. Die Unvermeidbarkeit des Erfolgs kann nämlich verschiedene Gründe haben: die Existenz einer hypothetischen Reserveursache oder einer konkurrierenden Ursache; das rechtmäßige oder verbotene Eingreifen eines Ersatztäters; die Untauglichkeit der Norm zur Verhinderung des Erfolgs; der fehlende Schutzzweckzusammenhang. Aus den verschiedenen mit dem Thema des rechtmäßigen Alternativverhaltens verbundenen Konstellationen lassen sich zwei unterschiedliche Problemfelder herausarbeiten: das eine (eher abstrakte) bezieht sich auf den Schutzzweck der Norm und auf die Verwirklichung des Risikos; das andere (eher konkrete) betrifft das Eingreifen äußerer Faktoren (Fälle der überholenden Kausalität oder der Risikokonkurrenz). Ebenso sollte unterschieden werden zwischen Fällen, in denen die Unvermeidbarkeit des Erfolgs durch rechtmäßiges Alternativverhalten eine Art Nebenwirkung der Ausübung bestimmter riskanter Tätigkeiten darstellt, die erlaubt sind, obwohl das Risiko nicht beseitigt werden kann, und Fällen, in denen die eigentliche Ursache des Erfolgs zweifelhaft bleibt, da es andere wirkliche oder hypothetische Ursachen gibt, die nicht ausgeschlossen werden können und die das gesamte kausale Bild verzerren. Der Nachteil des Kriteriums des rechtmäßigen Alternativverhaltens besteht darin, dass es unterschiedslos immer zum Ausschluss der Zurechnung führt: In Fällen, in denen eine Sorgfaltsnorm verletzt wurde, die nicht auf die Beseitigung, sondern nur auf die Verringerung des Risikos abzielt, und in Fällen, in denen die Unvermeidbarkeit des Erfolgs an der ontologischen präventiven Schwäche der verletzten Sorgfaltsnorm oder an der Unvereinbarkeit des Erfolgs mit dem Schutzzweck liegt; wenn es rein mutmaßliche und hypothetische Reserveursachen gibt (Fälle alternativer hypo23
Samson, S. 124; Jakobs (1972), S. 24 und S. 120; Frister, S. 107 ff.
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thetischer Kausalität, wie z. B. bei der Handlung eines Dritten oder einem Naturereignis); und schließlich, wenn andere Faktoren gemeinsam mit der Handlung des Täters den Erfolg herbeigeführt haben (Fälle der konkurrierenden Kausalität).24 Die Lehre scheint sich manchmal der Tatsache bewusst zu sein, dass das Problem des rechtmäßigen Alternativverhaltens tatsächlich eng mit dem des Hinzutretens neuer ex post ermittelter Umstände verbunden ist. So bemerken einige Autoren, dass der Zusammenhang, ex post betrachtet, ungewöhnlich erscheint und die normale Leistungsfähigkeit, die dem rechtmäßigen Alternativverhalten ex ante zugeschrieben wird, beeinträchtigt,25 oder dass ein nachträglicher Umstand eingetreten ist, der die Sorgfaltsnorm im konkreten Fall unbrauchbar und nutzlos gemacht hat.26 Das Problem rechtmäßigen Alternativverhaltens kann einen Fall der Mitursächlichkeit verbergen, d. h. des Eintretens ursprünglich unbekannter kausaler Faktoren (z. B. die Trunkenheit des Radfahrers, das unvorsichtige Verhalten des Opfers, die Allergie gegen Betäubungsmittel, der nicht diagnostizierbare Herzfehler, usw.). Dem Kriterium des rechtmäßigen Alternativverhaltens sollte man daher nicht die Funktion zuschreiben, die Übereinstimmung des eingetretenen konkreten Erfolgs mit jenem, dessen Vermeidung Ziel und Zweck der verletzten Norm ist, zu gewährleisten. Dies ist nämlich Aufgabe des hiervon abzugrenzenden Kriteriums des Schutzzwecks und der Kongruenz zwischen dem tatbestandsmäßigen Risiko und dem konkreten Erfolg. Sinn und Zweck des Kriteriums des rechtmäßigen Alternativverhaltens ist hingegen festzustellen, ob das rechts- und pflichtwidrige Verhalten – 24
Während beim Ziegenhaarfall nur das Problem der Geeignetheit der Sorgfaltsnorm zur Erfolgsvermeidung besteht, da es nur eine Risikoquelle gibt und die Handlungsalternativen das gleiche Risiko bergen, geht es beim Radfahrer- und beim Novokainfall darum, die Kausalität eines selbständigen (dem Täter unbekannten) Risikofaktors zu bewerten, der eine echte Alternative zu seinem Verhalten darstellt. Im ersten Fall gab es von Anfang an keine Beweise dafür, dass die frühzeitige Desinfektion des Ziegenhaars mit Sicherheit gewirkt hätte (dies unterstreichen Spendel (1961), S. 190; Ulsenheimer, S. 149 f.; Ranft, S. 1430), mit der Folge, dass die Zurechnung des Erfolgs nur dann möglich ist, wenn sie von dem Kriterium der hinreichenden Sicherheit abweicht. Im zweiten Fall ist das nachträgliche Scheitern der Sorgfaltsregel hingegen auf einen außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Umstand zurückzuführen (die Trunkenheit des Radfahrers; die Medikamentenempfindlichkeit des Patienten). Insbesondere im Radfahrerfall liegt eine echte Ursachenkonkurrenz bzw. Mehrfachkausalität vor, weil die Trunkenheit des Radfahrers tatsächlich zum Erfolgseintritt beigetragen hat. Für diese Lösung Jakobs (1972), S. 102; Puppe (2000), S. 95. 25 So Forti, S. 674. Im deutschen Schrifttum, Burgstaller, S. 138; Schünemann, S. 648 und S. 652. 26 Castaldo, S. 93 ff.; vgl. ebenso Jakobs (1972), S. 102. Von Bedeutung sind die ungewöhnlichen Faktoren, die die normale präventive Funktion der Sorgfaltsnorm beeinflussen. Im medizinischen Bereich können dies subjektive opferbezogene Faktoren sein (angeborene Fehlbildungen, Allergien, schlechter Gesundheitszustand) oder objektive Umstände, die die Einhaltung der Sorgfalt unnötig oder unmöglich gemacht hätten (das Fehlen von Apparaten oder Instrumenten, die Nichtverfügbarkeit eines Arztes, die Entfernung vom Krankenhaus usw.). Im Straßenverkehr kann das fahrlässige oder unvorhersehbare Verhalten des Opfers in Betracht kommen. Im Bereich der Berufskrankheiten kann ein alternativer Kausalfaktor relevant werden (wie z. B. der Tabakkonsum bei Atemwegserkrankungen).
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im Rahmen der verschiedenen Erfolgsbedingungen – eine entscheidende Rolle in Bezug auf die Verletzung des geschützten Rechtsguts gespielt hat.
VI. Schlussbemerkungen Auf den ersten Blick besteht die Besonderheit des rechtmäßigen Alternativverhaltens im Vergleich zu anderen hypothetischen Kausalverläufen darin, dass es aufgrund der radikalen Alternativität zwischen rechtmäßigem und rechtswidrigem Verhalten eine bloße Möglichkeit darstellt. Es handelt sich nämlich nicht um einen Ersatz- oder Reservekausalverlauf, der anstelle des Verhaltens des Täters eingreifen könnte (und nur deshalb hypothetisch geblieben ist, weil er durch dessen Verhalten neutralisiert wurde), sondern um einen völlig irrealen Verlauf. Der Prozess des Hinwegdenkens pflichtwidrigen Verhaltens und dessen Ersetzung durch rechtmäßiges Alternativverhalten führt manchmal zu einem Missverständnis, einer Täuschung: Er führt uns zu der Annahme, dass der Erfolg auch durch das rechtmäßige Alternativverhalten verursacht worden wäre oder – umgekehrt – dass das rechtswidrige Verhalten des Täters nicht die Ursache des Erfolgs sei. In Wahrheit kann rechtmäßiges Alternativverhalten niemals eine hypothetische Alternativ- oder Ersatzursache für den Erfolg sein. Das rechtmäßige Alternativverhalten ist nur ein Verhalten, das nicht geeignet wäre, den Erfolg zu vermeiden. In der hypothetischen Situation wäre der Erfolg nämlich nicht durch das rechtmäßige Alternativverhalten verursacht worden, sondern durch einen anderen alternativen oder konkurrierenden Kausalfaktor (wie beim unechten Unterlassungsdelikt). Offensichtlich liegt der Grund für die Nichtzurechnung des Erfolgs bei Nutzlosigkeit des rechtmäßigen Alternativverhaltens weder in der fehlenden Kausalität, noch in der mangelnden Risikoverwirklichung im Erfolg, noch in der Nichtübereinstimmung mit dem Schutzzweck Norm. Das rechtswidrige Verhalten hat tatsächlich den Erfolg verursacht und darin hat sich gerade die durch das missbilligte Verhalten geschaffene Gefahr realisiert. Die Ausnahme vom Prinzip der Unerheblichkeit der hypothetischen Kausalverläufe bei unechten Unterlassungsdelikten und Fahrlässigkeitsdelikten drückt das grundlegende normative Bedürfnis aus, die Zurechnung des Erfolgs auf einen Vergleich zwischen der tatsächlichen Situation, die sich aus der Normverletzung ergibt, und der hypothetischen normgemäßen Situation zu stützen, also auf eine Abwägung zwischen dem, was die Rechtsordnung verbietet und dem, was die Rechtsordnung für unerheblich hält oder zu dulden bereit ist. Dies sollte uns dazu anregen, die Tatsache wahrzunehmen, dass es sich um ein allgemeines Zurechnungsproblem handelt. Anhand des Kriteriums des rechtmäßigen Alternativverhaltens, d. h. durch den Vergleich zwischen tatsächlichem Erfolg und alternativem Geschehensablauf kann man prüfen, ob der Erfolg ohne das rechtswidrige Verhalten des Täters nicht einge-
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treten wäre (insbesondere unter Berücksichtigung möglicher konkurrierender Faktoren), und ob sich die Situation des Rechtsguts verbessert oder verschlechtert hat.27 Es zeichnet sich also ein Kausalzusammenhang ab, der auf der einen Seite die Rechtswidrigkeit (die Pflichtwidrigkeit) und auf der anderen Seite den Erfolg zum Gegenstand hat. Es handelt sich nämlich nicht um die Kausalität des Handelns in seiner naturalistischen Identität, sondern um seine Rechtswidrigkeit, und damit um die Kausalität der Sorgfaltspflichtverletzung in Bezug auf den Erfolg, welche nur unter der logischen Voraussetzung einer Norm festzustellen ist.28 Entscheidend ist daher die Verbindung zwischen einer bestimmten Eigenschaft des Verhaltens (seine tatbestandsmäßige Qualität, die wrongful features)29 und einem Erfolg, der ebenso in seiner Unwertdimension zu erfassen ist.30 Die skizzierte Sichtweise führt dazu, das Problem notwendigerweise auch in Bezug auf vorsätzliche Straftaten zu thematisieren. Das Erfordernis, dass sich die Rechtswidrigkeit des Verhaltens im Erfolg materialisieren muss, kann der vorsätzlichen Handlung nämlich nicht fremd sein. Die Frage der Vermeidbarkeit des Erfolgs durch rechtmäßiges Alternativverhalten ist keine Besonderheit des Fahrlässigkeitsdelikts, sondern weist auf die allgemeinere – der Begründung der Erfolgszurechnung bei allen Deliktsarten eigenen – Notwendigkeit hin, die kausale Relevanz des Verhaltens in einem bestimmten kausalen Kontext, in dem verschiedene kausale Faktoren wirken, durch einen Vergleich zwischen dem rechtswidrigen Verhalten und seiner normativ bedeutenden Alternative, zu messen, und zwar das Verhalten ohne Rechtswidrigkeitsmerkmale im Sinne von rechtskonform, erlaubt oder vorgeschrieben.
Literatur Antolisei, Francesco: Il rapporto di causalita` nel diritto penale, Padua 1934 (Neuauflage Torino 1960). Burgstaller, Manfred: Das Fahrla¨ ssigkeitsdelikt im Strafrecht, Wien 1974. 27 Für die Auffassung des Erfolgs als Erfolgsdifferenz, Verschlechterung oder nachteilige Veränderung vgl. Hart/Honoré, S. 29; Wolff, S. 29; Jakobs (1972), S. 26; Sancinetti (2008a); Sancinetti (2007); Puppe (1980), S. 863 ff.; Kindhäuser, S. 483 ff.; Kahlo, S. 142; Dencker, S. 109; Hoyer (2007), S. 187; ähnlich mit Bezug auf das Intensivierungsprinzip, Samson, S. 100 ff. Im Rahmen der Risikoerhöhungstheorie hat bereits Roxin (2004), S. 396, auf die maßgebliche Rolle des Risikovergleichs hingewiesen (im Sinne eines Vergleichs zwischen dem durch das pflichtwidrige bzw. erlaubte Verhalten ausgelöste Risiko). 28 Donini (1991), S. 442, Anm. 192. 29 Hart/Honoré, S. 412; Ulsenheimer, S. 107; Jakobs (1987), S. 59; Puppe (2000), S. 2; Frisch (1988), S. 527 ff.; Frisch (2002), S. 69 ff.; Eusebi, S. 1067. 30 Antolisei, S. 212; Eusebi, S. 1067; Donini (1991), S. 443 (Anm. 192); Puppe (2000), S. 62 ff.; Frisch (1988), S. 51 ff.; S. 511 und 520 ff.; Frisch (2002), S. 69 f.; Jakobs (1987), S. 59; Jakobs (1991), S. 226 ff.; Erb, S. 146 ff.
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Problemas de la responsabilidad penal de las personas jurídicas Dogmática y compliance Por Gustavo F. Trovato
I. Historias de Buenos Aires Conocí a Marcelo Sancinetti el primer día de clases en mi querida Facultad de Derecho de la Universidad de Buenos Aires, allá por el año 1987. Irónicamente fue el azar, ese componente que el Profesor Sancinetti ha conseguido, a mi criterio, erradicar definitivamente del injusto, lo que hizo que escuchara su primera clase. En ese momento yo no sabía bien por qué estudiaba derecho. Siempre me habían gustado las ciencias duras. Creo que fue la expectativa por el regreso a la democracia que transitaba por aquellos años la República Argentina la que me hizo decidir por las ciencias jurídicas. Sin duda alguna, desde aquel día, y para siempre, Marcelo Sancinetti marcó toda mi vida académica y profesional. En los más de 30 años en los que he escuchado sus clases nunca lo he visto ahorrarse un argumento para convencer. Sin exageración alguna, el aquí homenajeado ha dejado su impronta, como profesor, en todos sus alumnos, lo que hace imposible que no lo recuerden, aún luego de varias décadas. Algo así solo puede lograrlo quien tenga un don especial para enseñar. Ser profesor es ser un apasionado de la lectura, del pensamiento, de la escritura y, muy especialmente, tener la capacidad de poder transmitir los problemas que ese círculo virtuoso genera. Sancinetti es un profesor extraordinario e inigualable. He tenido la suerte de leer, a medida que iban surgiendo sus ideas, más de una docena de sus publicaciones y he colaborado en alguna de ellas. Tuve (y tengo), además, el privilegio de compartir la actividad profesional desde hace muchísimos años. Y comparto, también, su amistad.
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II. La empresa como sujeto autónomo de imputación En una de las primeras investigaciones que suscribían a la posición, aquí sostenida, respecto a la responsabilidad genuina de las personas jurídicas1 se decía, a grandes rasgos,2 que solo las corporaciones conocen los peligros que ellas mismas crean. Si se dejara en manos del estado el regular externamente a cada compañía, siempre se llegará, en el mejor de los casos, demasiado tarde. Más allá de esa tardanza, lo más relevante es que sería prácticamente imposible que el estado pudiese cumplir con la función de detectar cada uno de los riesgos que genera cada corporación. En un mundo crecientemente tecnificado, con una complejidad siempre en aumento en los campos de la cibernética y la biotecnología son las compañías que desarrollan esas nuevas áreas quienes están en una situación de superioridad respecto al estado. Estas tienen el conocimiento del desarrollo, el dominio técnico y, por tanto, también conocen o pueden conocer los riesgos directos y los derivados. En resumidas cuentas, la corporación es el lugar en donde el derecho termina, porque éste, entendido como producto de un proceso político y democrático de regulación externa, está imposibilitado de ejercer un control eficaz para cada área de innovación. Esto comprende tanto a las regulaciones previas posibles sobre qué cosas pueden hacerse o no (porque los gobiernos, tanto en su rama ejecutiva como legislativa, no pueden siquiera imaginar hacia qué nuevos procesos y productos llevará la innovación), como a las posibilidades de control de autorización de productos ya concebidos. La única alternativa posible, por tanto, es pasar de una regulación heterónoma a un modelo de regulación autónomo,3 es decir, a instaurar un modelo de responsabilidad por las consecuencias que comprenda la responsabilidad de la compañía como sinalagma de la inevitable libertad de organización. Sin ella, no es posible continuar con el proceso de innovación. La cuestión de en qué medida un esquema de este tipo puede ser realizado y en qué medida puede coincidir plenamente con el sistema dogmático de imputación de las personas físicas está aún —a pesar del enorme avance en el tema ocurrido en los últimos veinte años— por determinarse en sus detalles. Ciertamente, la propia legislación ha ido incorporando la responsabilidad penal de las corporaciones. El caso argentino, por ejemplo, puede interpretarse, en parte, con el marco teórico de la autorregulación empresarial.
1
Stone, Where the Law Ends, passim. Exhaustivo sobre ello: Orce/Trovato, Delitos Tributarios, p. 221 ss. 3 Cf. Kuhlen, Responsabilidad de la empresa y compliance, p. 103.
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La Ley 27.401 ha incorporado la responsabilidad penal de las personas jurídicas. A partir de su sanción, en particular de lo previsto en su artículo 9 inciso b),4 la persona jurídica responde solo por su propio hecho y no por el hecho de otro. Se trata de la incorporación de un concepto genuino de responsabilidad penal de la corporación. A esta conclusión llegué en otro lugar,5 a pesar de que, la ley declama como definición principal la aplicación de un sistema de responsabilidad vicaria. En efecto, en el artículo 2 dispone que las personas jurídicas son responsables de los delitos realizados, entre otras variantes, en su interés o beneficio. Es decir, una fórmula que traspasa la responsabilidad a alguien que no actuó, si es que el hecho la beneficia. Pero esa norma no puede leerse aisladamente. El artículo 9 inciso b de la misma ley establece la piedra fundamental del sistema de culpabilidad empresarial. La persona jurídica quedará eximida de pena si “hubiere implementado un sistema de control y supervisión adecuado en los términos de los artículos 22 y 23 de esta ley, con anterioridad al hecho del proceso, cuya violación hubiera exigido un esfuerzo de los intervinientes en la comisión del delito”. Es decir, si una persona física lleva a cabo un delito que favorece a la persona jurídica, en rigor de verdad, ésta no responde si es que estaba bien organizada para que no ocurrieran los hechos. El sistema no es vicarial, sino que lo que decide la imputación son asuntos completamente propios de la persona jurídica.
III. Culpabilidad empresarial como fidelidad al derecho El sistema jurídico argentino exige entonces a la empresa que se organice internamente de tal manera de constituirse en un ciudadano fiel al derecho.6 Si la culpabilidad es la infidelidad al derecho, la culpabilidad de la corporación debe evaluarse teniendo en consideración si, ex ante, fue capaz de advertir qué riesgos generaba, qué hizo para minimizarlos y, llegado el caso en el que el riesgo se hubiera materializado (ex post), qué medidas tomó para que ese hecho no vuelva a suceder en el futuro. Si se sigue esta línea de pensamiento, parece claro que la corporación es competente por el proceso de evaluación-gestión y corrección de los riesgos que genera. Pero a esa competencia, a esa ciudadanía corporativa, se llega
4 Exención de pena. Quedará eximida de pena y responsabilidad administrativa la persona jurídica, cuando concurran simultáneamente las siguientes circunstancias: a)… b) Hubiere implementado un sistema de control y supervisión adecuado en los términos de los artículos 22 y 23 de esta ley, con anterioridad al hecho del proceso, cuya violación hubiera exigido un esfuerzo de los intervinientes en la comisión del delito. 5 Orce/Trovato, La Ley 6/3/2018, 3 ss. 6 Jakobs, Derecho Penal Parte General, 17/1.
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mediante una fidelidad impuesta desde fuera: para eximirse de responsabilidad penal hay que adoptar un programa de integridad.7 Si se decodifica esta afirmación en términos dogmáticos, esto significa que si la corporación adoptó en un momento anterior al hecho un sistema de autogestión de riesgos, lo controló regularmente y, por ello, hizo falta un esfuerzo extra en la comisión del hecho,8 entonces el delito no puede serle atribuido a la corporación. Para la corporación, en esos casos, el ilícito de la persona física resulta tan ajeno como un hecho de la naturaleza. La persona jurídica responde si por su propia infidelidad, por el abandono de la senda (impuesta por el estado) del buen ciudadano corporativo (good corporate citizen) se produjo un hecho ilícito. Para decirlo en los términos clásicos, la posibilidad de obrar conforme a derecho está dada por la obligación, asumida con carácter previo al hecho, de autogestionar sus riesgos específicos, respecto de aquellos delitos que el legislador estableció como aquellos que la empresa puede ser capaz de cometer.
IV. Particularidades del sistema argentino relativas a la culpabilidad: personalidad parcial, heteroregulación y evolución El sistema legal de buena ciudadanía corporativa está lleno de particularidades. Aquí mencionaré algunas y explicaré otras con un poco más de detalle. 1. La personalidad penal empresarial es muy parcial. La Ley 27.401 tiene un catálogo cerrado de delitos que pueden ser cometidos por las empresas, generalmente de contenido patrimonial o periférico a este.9 No hay una verdadera justificación teórica para tal selectividad. La parcialización de la personalidad penal ocurre raramente en el sistema argentino10 y no hay buenas razones para que las empresas no sean penalmente responsables, por ejemplo, por delitos relacionados con el medio ambiente. 7 En este trabajo se utilizan como sinónimos programa de integridad y programa de compliance. 8 La cantidad de esfuerzo extra requerido para que una persona física cometa un delito en el ámbito de la empresa es uno de los parámetros de evaluación de la eficacia del programa de integridad. Sobre ello no puedo extenderme en esta contribución. 9 Conforme art. 1 Ley 27.401, las empresas son responsables por los delitos de cohecho, tráfico de influencias, negociaciones incompatibles con el ejercicio de la función pública, enriquecimiento ilícito, balances falsos y concusión. Otras leyes (Régimen penal tributario, el propio Código Penal, por ejemplo) añaden otros pocos delitos al catálogo. 10 Como ejemplos, pueden mencionarse el caso de la minoridad “escalonada” para ciertos delitos (Ley 22.278) y la inmunidad de los miembros del Congreso por delitos de opinión (art. 68 CN).
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2. En el sistema argentino, la fidelidad al derecho, el deber de ser un buen ciudadano corporativo, no es dejado librado al ámbito de libertad de la empresa. Hay un solo modo en que el sistema considera que la empresa se procuró fidelidad al derecho: mediante la adopción de un sistema de compliance. Si se compara esa restricción con lo que sucede respecto de las personas físicas, se perciben enormes diferencias. En efecto, a las personas físicas, el sistema no les indica dónde deben buscar la motivación para comportarse de manera fiel al derecho. Para el análisis de si la persona física se comportó fielmente es irrelevante si obtuvo la motivación a partir de convicciones morales, religiosas o por temor al castigo penal. Respecto de las personas jurídicas, la ley admite una sola forma de ejercer control. De esa manera, no existe un sinalagma entre libertad de conformación de la personalidad y responsabilidad, como sucede respecto de las personas físicas, sino que existe una heteroregulación estatal de la conformación interna de la ciudadanía. Respecto del sistema español, Silva Sánchez se pregunta si el “debido control” que debe faltar, según el código penal español, para que proceda la responsabilidad de la persona jurídica puede ser alcanzado por un camino diferente al de la adopción de un programa de compliance.11 Su respuesta es afirmativa. Esa respuesta es consistente con el derecho español, claro está, pero también con un sistema de culpabilidad maduro. Es claro que el sistema jurídico no debería constreñir a las personas a regular sus conductas por un único camino motivacional, sino que ello debería ser dejado abierto al ciudadano. Luego sí el sistema podría evaluar la eficacia del camino elegido, recurriendo, claro está, a un marco de análisis ex ante. A pesar de esa observación, sin embargo, el camino elegido por la legislación argentina tiene sus ventajas y no puede ser censurado por esta restricción. Podría decirse que se trata de la infancia de la responsabilidad penal de las personas jurídicas y que, por tanto, una guía acerca de cómo convertirse en buen ciudadano corporativo no resulta inconveniente. Quizás, cuando la cultura corporativa alcance un grado de madurez suficiente, la fórmula legal pueda cambiarse y pueda dejarse mayor libertad de organización. 3. También en el lado “interno” de la conformación de la buena ciudadanía corporativa es posible que haya que reflejar la evolución de la solidez del programa de compliance con la evaluación normativa de si es suficiente para desligar el hecho delictivo de la persona jurídica. Con esto quiere decirse lo siguiente. Una vez adoptado por una empresa, el programa de integridad debe ser paulatina y constantemente mejorado y adecuado a la realidad empresarial. Es imposible que desde el primer día esté lo suficientemente maduro para impedir todos los riesgos; pero, sin embargo, el sistema jurídico reconoce los efectos legales exonerantes desde el comienzo de su existencia. Esto significa que las medidas del programa de integridad que pueden ser consideradas 11
Silva Sánchez, Compliance y teoría del derecho penal, p. 102.
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suficientes para considerar a la empresa un buen ciudadano corporativo cuando son apenas estatuidas pueden dejar de serlo más tarde, cuando le es exigible a la empresa que haya aprendido y evolucionado en el control. Se trata de una evaluación normativa similar a la que, en el propio ámbito de la culpabilidad, se tiene respecto de la evitabilidad del error de prohibición, en la que un mismo contenido psíquico puede disculpar en mayor o menor medida según una evaluación normativa. En este caso, cuanto más tiempo lleve el programa instalado, más haya aprendido y evolucionado, menor será la cantidad de riesgos no advertidos o controlados que pueden tolerarse con efecto eximente de la responsabilidad. De tal manera, si bien la regulación es heterónoma (el estado no acepta otra forma de autocontrol que la adopción de programas de integridad), la conformación interna, la “forma” exacta es dejada en manos de la empresa. Esto último no es una decisión externa del sistema, sino que es una necesidad derivada de la naturaleza de las cosas. No hay una forma universal para decir con exactitud cuál es el contenido de un programa de cumplimiento,12 puesto que el sistema no puede prever el contenido y los riesgos de cada rama de actividad. En ese aspecto, el contenido interno de los programas son autoregulados. En suma, la persona jurídica, debe construir en forma permanente su estándar normativo de manera individual y ese estándar es el que será evaluado en caso de una infracción. Mencionaré aquí una consecuencia inevitable de ello para el proceso penal de las personas jurídicas. No hay todavía ninguna claridad de cómo se evaluará en el proceso penal la adecuación del programa de integridad. ¿Qué clase de peritos, con qué certificaciones y cómo evaluarán la conformación del programa? Más preocupante es incluso la incertidumbre acerca de cómo evaluarán los jueces la eficacia del programa, en tanto pesará en la conciencia el hecho de que, presuponiendo que la imputación inicial es al menos correcta (en el sentido de que existió un delito de una persona física), podría pensarse que el programa fue ineficaz para contener el riesgo concreto.13 Es imaginable la existencia de un sesgo de resultado,14 del cual es necesario ser conciente.
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Artaza Varela, Responsabilidad de la empresa y compliance, p. 239. Cf. Gallego Soler, Responsabilidad de la empresa y compliance, p. 205, quien señala que “ningún programa de cumplimiento normativo puede evitar la realización de todas las conductas delictivas de todos los empleados de la empresa (el riesgo cero simplemente no existe)”. 14 Baron/Hershey, Journal of Personality and Social Psychology 54 (4) 1988, 569. La primera información que recibe, por ejemplo, el juez del tribunal oral si el caso llega a esa instancia, es que en conexión con la empresa, hubo un hecho delictivo. Cuando la primera y única información es el resultado malo, la primera hipótesis es que hubo malos procesos. 13
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V. Peligros concretos y abstractos como esquemas de interpretación La teoría del delito puede describirse como un conjunto de racionalizaciones, discusiones e ideas relativas a la imputación, es decir, concernientes todas estas a contestar, en principio, qué conjunto de condiciones deben darse para poder reprochar un hecho a una persona. En ese sentido, no es raro que una clase de discusiones o una serie de requisitos pueda aparecer en uno de los “niveles” del esquema, pero que pueda también ser trasladado a otro, o en algunos casos, que un conjunto de razonamientos o descripciones sirvan de marco teórico para el análisis de otro. En efecto, más arriba describí cómo la adopción de un programa de compliance es una forma en la que el sistema argentino asignó la construcción de una ciudadanía fiel al derecho y cómo ello no estaba librado a la decisión autónoma de la persona jurídica. Solo mediante un sistema de control implementado mediante un programa de integridad, la empresa puede alegar haberse constituido como un ciudadano fiel al derecho.15 Aquí quiero poner de resalto cómo esta descripción puede ser reinterpretada con el vocabulario de los delitos de peligro, en un doble sentido. El primero de ellos consiste en que lo descripto precedentemente se corresponde con la tipología de los delitos de peligro abstracto (inmediatamente a continuación V.1). Pero luego, cuando la empresa tiene conformado un sistema de compliance y éste comienza a funcionar y a evolucionar por sí mismo, el descubrimiento de nuevos riesgos por parte de este subsistema empresarial se corresponde con la percepción de un síndrome de riesgo prototípico de los delitos de peligro concreto, al que debe reaccionar adaptándose (infra, V.2.) 1. En los delitos de lesión, el mensaje normativo que la ley le da al receptor de la norma es indeterminado. El tipo penal dice, por ejemplo “el que matare a otro” y es asunto de cada uno tomar las decisiones acerca de qué conducta puede ser llevada a cabo y cuál no, porque ella significaría producir la muerte de una persona. Jakobs se refiere a este tipo de regulación como “no central”.16 Se le deja al receptor de la norma un enorme margen de libertad para organizarse internamente como quiera, a cambio de lo cual responderá por la organización defectuosa. En los delitos de peligro abstracto, por el contrario, la regulación es “central”. Esto significa que al receptor de la norma se le indica exactamente qué es lo que 15 La intercambiabilidad de las categorías de la teoría del delito para el análisis de la responsabilidad de las personas jurídicas es notable. Por ejemplo, García Cavero, Compliance y responsabilidad penal de las personas jurídicas, p. 183 ss., considera que si la empresa, dentro de la lógica de la autorregulación empresarial, decide implementar un programa de compliance vuelve al riesgo de que una persona física cometa un hecho en riesgo permitido. Con ello, con fundamentos, aplica los conceptos de la imputación objetiva para interpretar el tema. 16 Jakobs, Derecho Penal Parte General, 6/78.
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debe hacer. No hay un margen de libertad de configuración por el cual el ciudadano pueda aducir que no generó el riesgo. Este viene predefinido y predeterminado por la norma y aun cuando pudiera coincidirse, en el caso concreto, que no se generó un riesgo real, no hay margen para la discusión. Por ejemplo, si está prohibido conducir automóviles estando intoxicado,17 no puede aducirse que la conducción no generó peligro, por ejemplo, porque solo se extendió por unos metros en un camino rural en el que nadie transita. Lo mismo sucede con los delitos de tenencia de cosas consideradas peligrosas; el autor no puede alegar haber tomado medidas de precaución extraordinarias por las que, consecuentemente, no ha generado el peligro (por ejemplo, mediante el aseguramiento del arma que se posee recurriendo a una caja fuerte más poderosa que las mejores del mercado). El estado no cede en esos casos su pretensión de determinar la conducta de los ciudadanos y no deja que estos intervengan en la evaluación del riesgo. Si se compara esto con lo explicado en el punto IV, resulta claro que la constricción impuesta por la Ley 27.401 de tener un programa de integridad como forma de desligarse del hecho puede ser interpretada como una organización central del comportamiento de las personas jurídicas. No importa si la empresa adquiere buena ciudadanía y fidelidad al derecho por medio de un sistema diferente al programa de compliance: no se le reconocerá una exención de la responsabilidad penal.18 2. Ahora bien, supóngase que una empresa tiene un programa de integridad en marcha, con un departamento dedicado a la evaluación de las actividades que desarrolla, en busca de la detección de riesgos. En el curso de esa actividad, el departamento evalúa que en una nueva línea de contrataciones que la empresa va a desarrollar existe un riesgo particular. Por ejemplo, la empresa va a llevar a cabo obras públicas en otro país, cuyas normas contables y de registración son laxas y en el que existe una cultura extendida de exigir dinero por la concesión. La laxitud de las reglas de registración hace también posible que en el curso de la ejecución de las obras se finja la contratación de servicios en verdad inexistentes, como forma también de generar dinero ilícitamente, que podría ser aprovechado por funcionarios del país, pero acaso también los empleados de la propia empresa. Cuando el departamento de compliance adquirió esos conocimientos, entonces, conoce lo que se denomina un “síndrome de riesgo”19 típico de los delitos de peligro 17
Jakobs, Derecho Penal Parte General, 6/78. Cf. Coca Vila, Compliance y responsabilidad penal de las personas jurídicas, p. 152 ss., para quien cabe la posibilidad de considerar la adopción de un programa de compliance como una carga o incumbencia cuya omisión de por sí no genera responsabilidad penal, sino que es el presupuesto necesario para la exención. 19 Cf. Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 252, refiriéndose al sentido de los delitos de peligro: “… es el de señalar un conjunto de circunstancias peligrosas (síndrome de riesgo) que, una vez generadas conscientemente por el autor, den lugar a punibilidad, por su carácter altamente riesgoso para ciertos bienes jurídicos; y esto, aunque el autor no perciba que ese ‘síndrome’ genera el riesgo concreto de que se produzca la consecuencia ‘x’”. 18
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concreto. Esta categoría entonces resulta útil, al igual que la anterior, como esquema de interpretación. Surgen, claro está, varios interrogantes que no están presentes en el caso de la imputación a las personas físicas. En efecto, en el caso de las personas físicas, la imputación por delitos de peligro concreto fluye con mayor naturalidad, fundamentalmente porque no hay una escisión entre reconocimiento del riesgo y actuación. Todos los elementos requeridos por la imputación, tanto objetivos como subjetivos, coinciden en el mismo sistema físico. Esto significa que si una persona reconoce un riesgo, puede abstenerse de comenzar siquiera la acción; y si comienza la acción porque no reconoció el síndrome de riesgo, entonces existe la posibilidad de la imputación por imprudencia. Pero en las personas jurídicas, la cuestión es más complicada. El departamento de compliance puede descubrir un riesgo generado en un nuevo emprendimiento, pero que ya está en marcha. En ese sentido, la “conciencia” de existencia del riesgo aparece conjuntamente con la existencia de este en el plano objetivo, o incluso un poco después. Esta posterioridad de la toma de medidas respecto de un riesgo ya pasado no debería, sin embargo, abrir la puerta a la imputación. Justamente, si (nuevamente) utilizamos el esquema de interpretación de la culpabilidad por vía de la buena ciudadanía corporativa, entonces la reacción posterior, siempre que sea inmediata, debería ser interpretada, en ese marco, como una actuación lo más fiel al derecho posible. En el mundo de las empresas, entendido el término como ejecución de obras transformadoras de la realidad llevadas a cabo por sistemas complejos (división de trabajo, corporaciones) y no por personas individuales, es necesario una tolerancia a la reacción posterior de las medidas de control. De lo contrario, la aplicación mecánica del esquema de interpretación de la acción individual llevaría a la imposibilidad de la ejecución de grandes obras que están solo al alcance del esfuerzo conjunto.
VI. Epílogo A lo largo de todos estos años, sobre todo en las últimas dos décadas, discutimos en varias oportunidades sobre distintos aspectos de la responsabilidad penal de las personas jurídicas, responsabilidad que es negada por el aquí homenajeado. Diversos autores que estaban en permanente diálogo científico con él (Roxin, Jakobs y otros tantos), sostenían (con idas y vueltas, respecto a la posibilidad de que las corporaciones actúen, o que puedan ser sujetos capaces de imputación autónoma)20 que había que buscar soluciones dogmáticas novedosas. No era posible pretender que los institutos dogmáticos vigentes (por ejemplo, la idea de la 20 Cf., por ejemplo, Jakobs, Derecho Penal Parte General, 6/44, sostenía que las personas jurídicas tenían capacidad de acción y culpabilidad, aunque después modificó esa posición (sobre esto último cf. Orce, El funcionalismo en Derecho Penal, p. 369).
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autoría mediata en aparatos organizados de poder) resolvieran todos los problemas de relaciones jerárquicas para imputar con base en el dominio del hecho del management de las compañías por los delitos de subordinados relativos a la actividad empresarial.21 Si hay una persona capaz de crear un sistema dogmático preciso, racional y justo es el aquí homenajeado. Si hay, entre los sistemas dogmáticos ya existentes, uno capaz de aplicarse a la persona jurídica, es el desarrollado por el profesor Sancinetti en sus dos extraordinarias tesis doctorales y en sus decenas de publicaciones. Bibliografía Artaza Varela, Osvaldo: Programas de cumplimiento. Breve descripción de las reglas técnicas de gestión del riesgo empresarial y su utilidad jurídico-penal, en: Juan Carlos Hortal Ibarra/ Vicente Valiente Iváñez (eds.), Responsabilidad de la empresa y compliance. Programas de prevención, detección y reacción penal, Buenos Aires 2014, p. 231 – 271. Baron, Jonathan/Hershey, John: Outcome Bias in Decision Evaluation, Journal of Personality and Social Psychology 54 (4), 1988, p. 569 – 579. Coca Vila, Ivó: Los modelos de prevención de delitos como eximente de la responsabilidad “penal” empresarial en el ordenamiento jurídico español, en: Jhuliana Atahuaman Paucar/ Ivó Coca Vila/Luis Reyna Alfaro/Alfredo René Uribe Manríquez (eds.), Compliance y responsabilidad penal de las personas jurídicas, Lima 2018, p. 147 – 169. Gallego Soler, José-Ignacio: Criminal Compliance y Proceso Penal: reflexiones iniciales, en: Juan Carlos Hortal Ibarra/Vicente Valiente Iváñez (eds.), Responsabilidad de la empresa y compliance. Programas de prevención, detección y reacción penal, Buenos Aires 2014, p. 195 – 229. García Cavero, Percy: Compliance y Teoría del Delito: la Incidencia de los sistemas de cumplimiento normativo en la imputación penal a la empresa, en: Jhuliana Atahuaman Paucar/Ivó Coca Vila/Luis Reyna Alfaro/Alfredo René Uribe Manríquez (eds.), Compliance y responsabilidad penal de las personas jurídicas, Lima 2018, p. 173 – 205. Jakobs, Günther: Derecho Penal Parte General. Fundamentos y teoría de la imputación, 2.a ed., Madrid 1995. Kuhlen, Lothar: Compliance y Derecho Penal en Alemania, en: Juan Carlos Hortal Ibarra/ Vicente Valiente Iváñez (eds.), Responsabilidad de la empresa y compliance. Programas de prevención, detección y reacción penal, Buenos Aires 2014, p. 89 – 125. Orce, Guillermo: Responsabilidad penal de las personas jurídicas, en: Eduardo Montealegre Lynett (ed.), El funcionalismo en Derecho Penal, Bogotá 2003, p. 367 – 385. Orce, Guillermo/Trovato, Gustavo: Delitos Tributarios, Buenos Aires 2008.
21 Cf. Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. II, § 25 n.8 m. 37: “Para ello deberán emplearse otras construcciones que complementen el dominio de (o por) organización”.
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Orce, Guillermo/Trovato, Gustavo: El compliance como la fidelidad al Derecho de la empresa. Aciertos y problemas de la Ley de Responsabilidad Penal de las Personas Jurídicas, La Ley, 6/3/2018, p. 1 – 4. Roxin, Claus: Derecho Penal. Parte General, Tomo II: Especiales formas de aparición del delito, Madrid 2014. Sancinetti, Marcelo: Teoría del delito y disvalor de acción. Una investigación sobre las consecuencias prácticas de un concepto personal del ilícito circunscripto al disvalor de acción, Buenos Aires 1991. Silva Sánchez, Jesús-María: Deberes de vigilancia y compliance empresarial, en: Lothar Kuhlen/Juan Pablo Montiel/Íñigo Ortiz de Urbina Gimeno (eds.), Compliance y teoría del derecho penal, Madrid 2013, p. 79 – 105. Stone, Christopher: Where the Law Ends. The Social Control of Corporate Behavior, New York/Hagerstown/San Francisco/London 1975.
Causalidad y normativismo en el derecho penal Correctivos desde la presunción de inocencia Por José Urquizo Olaechea El presente trabajo está dedicado al Prof. Dr. Marcelo A. Sancinetti, ilustre jurista argentino.
I. Presentación Una de las características del derecho, concebido como conjunto de normas, es su amplitud de interpretación, situación que posiblemente no se pueda controlar; pues en un mundo valorativo sus sentidos pueden cobrar diversas y variadas formas y, por ello, la idea de la seguridad jurídica debe prevalecer. De ahí que especialmente en el derecho penal se requiere limitar al máximo la interpretación de la ley. No olvidemos las palabras de Montesquieu en “El espíritu de las leyes”: “Podría ocurrir que la ley, al mismo clarividente y ciega, fuera demasiado dura en ciertos casos. Pero los jueces de la nación, como ya hemos dicho, no son más que la boca que pronuncia las palabras de la ley, seres inanimados que no pueden moderar ni su fuerza ni su severidad”.1 En el mismo sentido, los juristas liberales han contribuido de forma manifiesta a limitar la interpretación de la ley penal a fin de que no se desborde más allá de su tenor literal. Esto queda retratado en el desarrollo de la dogmática jurídico-penal, ya que contribuye a dotar de previsibilidad y predictibilidad a las decisiones judiciales, dentro del marco de la seguridad jurídica que es ínsita a un estado de derecho. Desde este punto de vista, la normativización de los conceptos del derecho penal grafica con absoluta precisión la pretensión antes mencionada; sin embargo, este desarrollo niega consideraciones causales para la aplicación de las leyes penales. A partir de este argumento, el presente trabajo parte de considerar a la causalidad en su extremo puramente probatorio y luego aborda el normativismo imperante en la ciencia penal y algunas de sus expresiones radicales, en las que aparece un marcado abandono de lo fáctico, con consecuencias materiales a nivel de la seguridad jurídica.2 1
Montesquieu, El espíritu de las leyes, p. 92. Corcoy Bidasolo, El derecho penal contemporáneo, p. 171 ss. Corcoy Bidasolo, Themis Revista de Derecho 68 (2015), 13 ss. 2
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II. En el estado actual del desarrollo dogmático, de forma mayoritaria y partiendo de un reconocimiento a la normativización del derecho penal, se puede afirmar que, efectivamente, la causalidad ha dejado de ser, per se, el elemento nuclear en la solución de casos penales. Sin embargo, lo que no se puede dejar de lado es su capacidad y significancia como acción causal en el plano empírico. Ya no es una acción adherida al delito, con rasgos definitivos, sino que es una acción con gran capacidad de probanza. En otras palabras, la acción debe ser objeto de prueba. Caso la desgracia: María, exitosa empresaria, un día como cualquier otro conducía su automóvil a sesenta kilómetros por hora en una vía rápida —normalmente para ir a su trabajo realizaba esa ruta—. Por tanto, conocía la pista. Mientras se dirigía a su trabajo María pensaba en las consecuencias económicas de no haber previsto imponderables, se culpaba de su falta de previsión y pensaba en la manera de superar esa situación, que significaría la quiebra de su empresa. Absorta en sus pensamientos, escuchó de forma insistente el sonido repetido del claxon del auto que se encontraba detrás del suyo y, en un segundo, perdió el control, salió de la pista, invadió la senda de los ciclistas y mató a dos de estos últimos. María no había bebido, ni consumido drogas, y conducía auto hace diez años. Posteriormente, María demostró que su auto había recibido mantenimiento dos meses antes del evento, que su licencia de conducir estaba vigente y que circulaba dentro de la velocidad permitida. En el caso propuesto podemos añadir las siguientes variantes: a) Que María haya producido la muerte de los ciclistas se debe a que fue aturdida por el claxon de otro vehículo y, por tanto, ¿el conductor del otro vehículo sería el responsable de las muertes? b) María puede estar pasando por un cuadro de estrés severo que condicione sus reacciones motrices a tal efecto que se pueda incluso cuestionar que su acción sea relevante para el derecho penal. c) Puede haber ocurrido que la senda por la que transitaban los ciclistas no era la destinada para este tipo de actividad y que, de hecho, haya estado prohibida para su uso. De tal manera, ¿todavía se podría sostener la imputación a María? La lógica que se sigue netamente a partir del proceso causal repercute en la opinión poco especializada, esto es, en ámbitos distintos a los jurídicos, de tal manera es fácil que ante el caso presentado existan opiniones que se resuman en expresiones del tipo “¡Asesina, asesina!” y supóngase que fue eso lo que gritaron los transeúntes al ver al auto embestir a los ciclistas, quienes murieron instantáneamente. María, no tuvo ninguna reacción frente a los hechos acaecidos, pues quedo conmocionada. Y esta misma lógica también repercute en ámbitos previos a la función jurisdiccional, pues la policía intervino inmediatamente y responsabilizó a María de
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la muerte de los dos ciclistas. Su informe indicaba que la acción de María fue la causa de la muerte de los dos ciclistas. La afirmación de la policía se trasladó al Ministerio Público, en el sentido que María fue la causante de la muerte de los dos ciclistas. Y desde el punto de vista jurídico —también guiados por la lógica causal—, si la conducta de María causó la muerte, y la muerte es un resultado lesivo al bien jurídico vida, entonces la acción antijurídica de María justificaría la responsabilidad penal y la culpabilidad. María es culpable de la muerte de los ciclistas y lo único que quedaría por hacer sería establecer la pena. Este modelo lleva rápidamente a la culpabilidad. Diríamos que se trata de una culpabilidad esencialmente fáctica, que prescinde de otros criterios valorativos que tendrían consecuencias jurídicas, o de una visión de solución desde la norma de determinación,3 con el agregado de que desde la causalidad se puede apreciar el daño, o en palabras de Bustos Ramirez, “[…] su dañosidad social resultante”4. Realmente, un modelo así se presenta sencillo, dado que afirma posibilidades comprobables empíricamente y con la posibilidad real de mostrar pruebas contundentes respecto del resultado muerte. Esto definiría, desde el punto de vista externo, la seguridad jurídica. Dicho de otro modo, la pena estaría totalmente justificada y esa justificación no solo sería legal, sino también legítima. Incluso podríamos afirmar que nos encontramos ante una “buena justicia penal”, ya que lo “externo” da la sensación de certeza, de seguridad, de afirmaciones indiscutibles e incuestionables, como lo único y final. Sin desmedro de lo ya mencionado, no olvidemos que lo “externo” es de suma importancia para el derecho penal, en cuanto resulta la negación de la interioridad y surge como un logro del estado liberal, pues mediante el principio de culpabilidad se afirma que los pensamientos no delinquen. Por tanto, nadie puede ser sancionado penalmente por sus pensamientos: cogitationis poenam nemo patitur. Lo anterior es de importancia, dado que la aplicación de las leyes penales se rige por los principios que emanan de un estado de derecho y uno de ellos —además del ya mencionado principio de culpabilidad— es la presunción de inocencia como garantía constitucional de todo ciudadano. En este sentido, ¿es posible mantener la presunción de inocencia en casos como el de María? Si la respuesta es afirmativa, ¿cómo se va a mantener la presunción de inocencia? Y, si la respuesta es negativa,
3 Bustos, Manual de Derecho penal. Parte General, p. 58 – 59. Bustos explicando la posición de Goldschmidt indica: “[…] para este autor la norma comprendía dos momentos y aspectos. Uno objetivo constituido por la norma de valoración entendida como como deber general e impersonal, básico para entender la ilicitud del acto a la que se agregaba uno subjetivo constituido por la norma de determinación o de motivación, fundamental para la culpabilidad, pues establece el deber u obligación para la persona concreta. Este último aspecto serviría posteriormente de sustento al juicio de reproche”. 4 Bustos, Manual de Derecho penal. Parte General, p. 59.
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esto es, no se puede sostener la presunción de inocencia, la pregunta sería “¿por qué?”. Retrocedamos. Si el caso de María se plantea en sede causal, basta volver al viejo esquema de la conditio sine qua non, mediante la cual si mentalmente suprimimos la acción desaparece el resultado.5 Bajo tal hipótesis se sostiene el nexo causal como fundamento de la imputación penal y fundamento de la culpabilidad. Pero es necesario precisar que las normas nacionales e internacionales configuran a la presunción de inocencia como un derecho y una garantía frente a una imputación penal o sancionatoria.6 La sede material de la realización de la presunción de inocencia será por antonomasia el proceso penal, la que inicia con una imputación de contenido punitivo.7 Es una respuesta a la presunción de culpabilidad y el modelo constitucional democrático exige como punto de quiebre —en el proceso penal, de forma estricta— que la carga de la prueba sea asumida por el Ministerio Público y no se le traslade al imputado y dicha prueba, además de ser legalmente obtenida y legítimamente actuada, solo tiene valor en cuanto genere certeza más allá de toda duda razonable y produzca, por sí misma, convicción jurídica. Esta relación es posible entenderla de la siguiente manera: la imputación penal es la tesis, la antítesis seria la presunción de inocencia y la síntesis la declaración de culpabilidad o inocencia.8 En conclusión, el dato sustantivo del derecho penal, el injusto, que es base de la imputación, debe ser probado y, en tal sentido, debemos preguntarnos si tal prueba en los casos concretos destruye los valores que representa la presunción de inocencia. De modo que, en el mundo causal, la prueba es razonablemente posible. La causalidad es el primer elemento para apreciar desde la perspectiva del injusto y, en consecuencia, no se puede prescindir de ese dato. Las pruebas son esenciales para 5
von Liszt, Tratado de Derecho Penal, p. 304. Urquizo Olaechea, Derecho penal sustantivo y adjetivo, p. 217. 7 Fernández López, Prueba y presunción de inocencia, p. 118. Establece tres caracterizaciones: “[…] la presunción de inocencia actúa como criterio o principio informador del proceso penal de corte liberal, […] la presunción de inocencia desempeña dos importantes funciones […] por un lado, exige la presencia de ciertos requisitos en la actividad probatoria para que pueda servir de base a una sentencia condenatoria (función de regla probatoria) y, por otro lado, actúa como criterio decisorio en los casos de incertidumbre acerca de la quaestio facti (función de regla de juicio)”. 8 Sánchez-Vera, Variaciones sobre la presunción de inocencia, p. 16. Indica el jurista: “La presunción de inocencia es al proceso penal, lo que la pena es a la teoría jurídica del delito: su todo funcional. Su inicio y su cierre. El sistema funcionalista del Derecho penal interpreta éste a la luz y bajo postulados de la concepción de la pena. Ese mismo sistema funcionalista del Derecho penal en sus aspectos más procesales –por mantener una terminología académica–, o, si se prefiere, el Derecho penal constitucional se autointerpreta a la luz y bajo los postulados de la presunción de inocencia, una presunción entendida también, mutatis mutandis, como hegeliana: esta vez como afirmación de la afirmación. La negación (la pena) de la negación, que es el delito, se torna desde esta perspectiva en afirmación (la presunción de inocencia) de la afirmación, que es el proceso”. 6
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afirmar o negar, vencer o ser derrotados, de cara a la imputación. La prueba solo puede surgir de lo causal en cuanto su referencia es la “acción” entendida en un sentido natural. Es ampliamente conocido que los tipos penales describen acciones y omisiones y que de estas se puede predicar la causalidad. Además, el tipo penal se corresponde con un mundo valorado. La norma penal es paradigma de aquello que ve más allá de lo causal; es lo normativizado y, en cuanto a reglas de valoración para configurar el injusto, entendido como conducta propia, se recurre a la imputación objetiva. Empero, al margen de esto, ya en el tipo penal nos encontramos con elementos puramente normativos que, por su naturaleza, requieren de un medio de prueba específico, que es aquel que se vincula con los contenidos de normas extrapenales, por ej., matrimonio, funcionario público, médico, accionista, representante de una persona jurídica, entre otros. Son constataciones que tienen un carácter adscriptivo9 y, por tanto, una precisión de su sentido, comprensión y contenido. Hasta este punto podemos adelantar lo siguiente: ciertamente la causalidad tiene muchas fisuras que cercenan la seguridad jurídica desde el ángulo de la atribución penal10 y, por eso, no es de recibo para definir la situación jurídica de la persona o la conducta con relevancia para el tipo penal sin más. Sin embargo, puede ocurrir que surjan casos de coincidencia, donde la acción causal se compagina con la acción valorada normativamente. Pero, son casos que, por lo general, no poseen mayor complejidad. Aquí, se destacan los delitos de resultado, en los que la causalidad es manifiesta, pero en los delitos de mera actividad, en los que el injusto se consuma con la acción u omisión, no existe un resultado “separable”. Ya en la pura acción se determina la causalidad en cuanto transforma el mundo exterior.11 Por tal motivo nos interesa destacar la relación entre la prueba y la causalidad, ya que se puede exigir que esta —la causalidad— tenga la posibilidad de ser comprobada, a fin de evitar que en un proceso de atribución se adhieran suposiciones, creencias, hipótesis, inferencias, etc., que impliquen formulaciones retóricas o de aparente legalidad. Pues se pueden introducir elementos o categorías que distorsionan las bases mismas de los principios que condicionan el razonamiento judicial en cada caso concreto. Uno de estos principios es el de presunción de inocencia. En consecuencia, debe existir una congruencia entre la acción causal 9 Sánchez-Ostiz, Derecho Penal y Persona, p. 32. Al respecto el autor hace referencia a adscripciones a la acción, veamos: “En tercer lugar, términos de carácter adscriptivo serían los de ‘error vencible’ y ‘error invencible’ (art. 14), […]”. En el mismo artículo, a pie de página, cita 13: “Como los de exento de responsabilidad (art. 20), falta de provocación suficiente (art. 20.4), arrebato, obcecación u estado pasional (art. 31.3.a), cometer el hecho por motivos […] (art. 22.4.a), homicidio cometido para […] (art. 139.1.4.a), con simulación (art. 165), con la intención de […] (art. 166.2.b), de los que se atribuye o deja de atribuirse, se asigna o no, al sujeto una acción o modalidad de acción”, negrita y cursiva es nuestro. 10 Véase sobre la problemática de la causalidad in extenso: Mir Puig, Derecho Penal. Parte General, p. 246 – 259. 11 Bustos, Manual de Derecho penal. Parte General, p. 260 – 261; Mir Puig, Derecho Penal. Parte General, p. 231 – 232.
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y la prueba derivada de ella. Por eso, la acción y su tiempo de realización material se convierte en el eje y objeto de la prueba y tal precisión es importante en la medida que para establecer la facticidad —que es la base de toda atribución penal, sin importar que nos hallemos ante un delito de resultado o de mera actividad— no deben existir confusiones entre los hechos previos, la pura realización y los hechos posteriores. Asimismo, debe tenerse en cuenta que en los supuestos de “acciones adscriptivas”12 se presenta ámbito en el que también opera la presunción de inocencia, pues estas están determinadas por el tipo penal, expresan consideraciones especiales y merecen delinear su horizonte en los términos en los que la ley los ha consagrado. Aclarado lo anterior, es preciso recordar que la relevancia de las conductas para el tipo penal se construyó en base a la causalidad en sentido naturalístico13 y esto implicó abarcar la totalidad de los hechos sin valoración alguna, cuyas consecuencias podían ser manifiestamente extremas, y por lo cual se buscó un límite.14 Así, surge la teoría de la adecuación15 o también la teoría de la relevancia.16 Posteriormente, las teorías propuestas tuvieron las mismas problemáticas; por eso surge la necesidad de imputar acciones a tipos penales mediante criterios “no causales” y se abre el paso a respuestas “normativas”. Expresión de esto es la teoría de la imputación objetiva. En ese sentido, es necesario analizar si en el plano puramente normativo tiene incidencia el principio de presunción de inocencia o si, de alguna manera, este principio condiciona las propuestas normativas, lo que significaría que —por ejemplo— la imputación objetiva deba tener otras connotaciones que permitan abordarla en términos de seguridad jurídica en el engranaje conceptual que se utiliza o que se debe utilizar.
III. Ahora bien, es necesario señalar que la norma simboliza un todo, en cuanto es reflejo material de expectativas, las que se configuran a partir de un concepto implícito: la libertad de comportamiento, esto es, que el ciudadano debe actuar correctamente, de conformidad con la norma, pues debe asumir su responsabilidad aquel que cesa su conducta correcta y actúa en libertad. Así, cuando se lleva a cabo una comunicación defectuosa el sujeto se aparta de la norma y, por tanto, defrauda 12
Sánchez-Ostiz, Derecho Penal y Persona, p. 32. Se considera que este método tiene sus orígenes en Julius Glaser y un desarrollo posterior en Von Buri, Cf. Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. I., p. 348. Jakobs, Derecho penal. Parte general, p. 227 y Maurach/Zipf, Derecho Penal. Parte General, p. 310. 14 Aunque para Mezger este método era “Un medio infalible para comprobar el nexo condicional”, en este sentido: Roxin, Derecho Penal. Parte General, t. I, p. 350. 15 Jescheck, Tratado de Derecho Penal. Parte General, p. 256. 16 Jescheck, Tratado de Derecho Penal. Parte General, p. 258. 13
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la expectativa que está penalmente garantizada, pues el sujeto posee su propio proceso de comunicación, mediante el cual cuestiona la estabilidad del sistema. Las normas constituyen expectativas de comunicación y su valor reside en que definen la existencia de la sociedad concreta, de la sociedad real. Entonces, la expectativa debe coincidir con la “sociedad actual”.17 Las condiciones de la expectativa deben coincidir con la sociedad para mantener su validez como conexión comunicativa. La vulneración de la expectativa tiene una respuesta contrafáctica. Es la respuesta de la norma, que no queda en el plano de la comunicación, “sino ella se da más bien a ‘costa’ del defraudante; es decir, ella no se efectúa únicamente por medio de su descalificación generada por la condena, sino también mediante una violencia no comunicativa, como puede ser el caso del despojo de la libertad o la incautación del dinero”.18 La expectativa normativa en una sociedad organizada se obtiene mediante la imputación que se sustenta en la libertad de conducta y la responsabilidad por esa conducta.19 De esta forma, los roles le son exigidos a las personas y entonces aparece inevitablemente la pregunta sobre qué persona es competente para evitar determinados daños. La respuesta no se deja esperar: “Solo quien es garante de la evitación de un daño puede hacerse competente por un curso dañoso […] Solo quién desborda los márgenes del riesgo permitido tiene que responder por las consecuencias […] quien organiza una autopuesta en peligro, actúa a su propio riesgo […] un garante puede asumir el cumplimiento del deber encomendado en estricta confianza […] aquí rige el principio de confianza […] Quien brinda a otro una prestación estereotipada e inocua no es competente por las consecuencias que se generen si el receptor la convierte en un instrumentum sceleris, rige la prohibición de regreso […]”20. El destinatario de la norma es el sujeto competente. Por tanto, será responsable el sujeto competente por una infracción a la norma y su base es la prevención general. Así, “la acción es definida a través de la lesión a la norma y, como lesión a la norma supone una acción”.21 Ante tal planteamiento, nos encontramos —como afirma Schünemann— ante un esquema circular.22 De todo lo anterior se derivan dos componentes esenciales: la competencia por organización y la competencia institucional. La esfera por organización o responsabilidad por competencia de organización establece la idea de que todos tienen que asegurar su propia organización, de modo tal que de esta no se desprendan riesgos que excedan el nivel permitido.23 Sobre el estatus especial de la competencia 17
Jakobs, El lado comunicativo y el lado silencioso del Derecho Penal, p. 76. Jakobs, El lado comunicativo y el lado silencioso del Derecho Penal, p. 80. 19 Jakobs, El lado comunicativo y el lado silencioso del Derecho Penal, p. 77. 20 Jakobs, El lado comunicativo y el lado silencioso del Derecho Penal, p. 77 – 78. 21 Schüneman, Obras, p. 197. 22 Schüneman, Obras, p. 197. 23 Jakobs, Derecho penal. Parte general, p. 267; Jakobs, Estudios de Derecho Penal, p. 349. Precisa Jakobs: “A cada uno compete, en virtud de su status general, esto es, como sinalagma 18
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institucional señala Jakobs que se trata de “deberes que no resultan del status general de todo ciudadano, sino que afectan tan solo a personas con un status especial […] como los padres, el cónyuge, el receptor de una confianza especial o algunos cargos públicos”.24 Ciertamente nadie duda que para llegar a la culpabilidad se pasa por criterios básicos e iniciales de imputación objetiva, esto es, la culpabilidad se desencadena en un ámbito estrictamente normativo. Por tanto, la valoración de los hechos no es fáctica o meramente causal, sino que es normativa.25 Los rasgos que aquí se señalan evidencian aspectos “aparentemente” contrapuestos, pero realmente no es así. En palabras de Corcoy Bidasolo “[…] es necesario […] mantener la imputación objetiva en su contexto original relación normativa entre el resultado y la conducta típica como no olvidar la importancia de la causalidad, en un momento previo. Tanto la causalidad como la imputación objetiva tienen una función propia y, por consiguiente, es necesario superar la confrontación entre la causalidad e imputación objetiva porque son dos instituciones autónomas y válidas, con naturalezas y finalidades propias. En otras palabras, la relación causal y la relación de riesgo deben probarse en todos los delitos, tanto comisivos como omisivos y ya sean de resultado o de mera actividad”,26 por lo que aquí, al igual que en la prueba de las acciones y los hechos, rige la presunción de inocencia como criterio imperante para la formulación de conceptos y propuestas normativas, tales como el de la imputación objetiva. Así, los ámbitos indivisibles de la imputación objetiva están orientados hacia el afianzamiento valorativo de la seguridad jurídica. Esta noción imprime dos consecuencias, tanto formales como materiales, en su concepción. La primera se refiere a compensar las desventajas en las que puede encontrarse el ciudadano ante el sistema penal,27 por ej., aquellas originadas en una instancia que toma al dogma causal y prescinde de sus variaciones estrictamente probatorias. La segunda consecuencia, de conformidad con el consenso instaurado en la doctrina28, es que la conducta imputada, además de resultar subsumible en el tipo penal, responda al fin protector de la norma penal. Colateralmente, se trata de sostener los fundamentos del derecho penal desde sus márgenes inherentes, porque lo que importa es responder a la compleja estructura de su derecho de organización, garantizar que en el contacto con una organización ajena a la propia tenga una configuración que se mantenga dentro del riesgo permitido. Con otras palabras: todos tienen que asegurar su propia organización de tal modo que de ella no se desprendan riesgos que excedan el nivel permitido”. 24 Jakobs, Estudios de Derecho Penal, p. 363. 25 Corcoy Bidasolo, Themis Revista de Derecho 68 (2015), 192. 26 Corcoy Bidasolo, Themis Revista de Derecho 68 (2015), 173 – 174. 27 Urquizo Olaechea, El principio de legalidad, p. 20. 28 Gimbernat, Die innere und die äussere Problematik der inadäquaten Handlungen in der deutschen Strafrechtsdogmatik, p. 132 ss.
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de la acción y, de ese modo, frenar el avance de la incertidumbre para el ciudadano. Correctamente ha sido observado este aspecto por Marcelo Sancinetti, al señalar que en su composición encierra —aunque no de forma definitiva— criterios de precisión penal, porque bajo el nombre de imputación objetiva “[s]on aglutinados diversos principios delimitadores o correctivos de la tipicidad de una conducta punible, especialmente respecto de aquellas formas de conductas que la ley describe de modo relativamente abierto, sin mencionar otra cosa que un acontecer lesivo”.29 Desde este primer contexto, se observa que la imputación objetiva no logrará superar el ilícito de causación.30 Empero, no por ello disminuye su capacidad de rendimiento,31 porque también es aceptada como función que emancipa y distancia la responsabilidad de los aportes determinantes en otros espacios del hecho punible, como puede ser la participación delictiva32. Conforme al enfoque abordado, el punto de partida nos sitúa en la constatación del riesgo reprobado penalmente y, bajo tal concepción, corresponde resolver sus últimas consecuencias desde un sentido material, en cuanto a la puesta en peligro o lesión del contenido en el tipo penal, y las tensiones que produce. Aquí cobra sentido y conviene aceptar como exigencia que la presunción de inocencia se impone como un baremo infranqueable para el aplicador de la ley al momento de interpretar —como sede de la imputación objetiva— y aplicar —como sede de la probanza de la acción y los hechos— los tipos penales. Bajo una revisión profunda, el fundamento subyacente a la presunción de inocencia en el marco sustantivo busca impedir que se elaboren planteamientos que la quiebren desde la inmanencia del tipo legal, es decir, que sobre el inocente queden prestablecidos deberes de probar su condición de tal y, con ello, la persona sea concebida como culpable. Esta cuestión fue resuelta con firmeza por Marcelo Sancinetti, al fundamentar la ilegalidad de la figura típica del delito de enriquecimiento ilícito en el ordenamiento penal argentino.33 El mantenimiento de este razonamiento evita pronósticos de responsabilidad adelantados, que laceran el contenido esencial de la presunción de inocencia. Para estos efectos se requiere de una suficiente actividad probatoria de cargo, obtenida y actuada con las debidas garantías procesales34 respecto a la probanza, y en el marco de la imputación objetiva. A continuación, se analizará una serie de ejecutorias supremas de la jurisprudencia peruana, con la finalidad de hacer operativos los conceptos desarrollados 29
Sancinetti, Estudios sobre la imputación objetiva, p. 39. Sancinetti, InDret 1 (2017), 7, 11. Aquí el Prof. Sancietti señala que tanta causalidad hay si el resultado falta como si se produce. 31 Sancinetti, Estudios sobre la imputación objetiva, p. 40. Así denomina a la exigencia normativa que debe revestir la imputación objetiva. 32 Sancinetti, Ilícito personal y participación, p. 87 – 88. 33 Sancinetti, El Derecho penal de hoy, p. 291. 34 Urquizo Olaechea, Derecho penal sustantivo y adjetivo, p. 215. 30
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hasta ahora. Así, empezaremos con el que constituye un caso paradigmático, el establecido en el recurso de casación n.8 782 – 2015 de la Sala Penal Permanente de la Corte Suprema.35 El hecho en discusión presenta un fuerte componente de imprecisión y causalidad en sentido puro: 1) el funcionario público que se enriquece valiéndose del cargo, 2) el funcionario público que se enriquece valiéndose de un tercero con el cual mantiene una relación o núcleo familiar. En el presente caso, se estableció con acierto que “[l]as relaciones entre las personas, y ello incluye las amicales, no prueba nada distinto al vínculo mismo. Deducir otra cosa a partir de ellas es un salto lógico que vulnera las reglas de la sana crítica en su manifestación de reglas de la lógica”. De forma reciente se ha puesto en marcha una postura de causalismo exacerbado bajo la ideación de flagrancia delictiva.36 El hecho presenta el siguiente juicio hipotético de imputación: 1) la persona que huye del inmueble allanado en donde se encuentra cocaína básica es autor del delito de tráfico ilícito de drogas. Esta formulación establece como hecho probado y base de la culpabilidad, en su fundamento octavo, que la persona: “se encontraba en la reja de acceso del inmueble allanado, en el piso se encontraron cigarrillos usados que contenían cocaína básica […]. Luego es patente que se dio en una situación de flagrancia delictiva estricta, pues el reo estaba en el predio cuestionado, de donde huyó”. Como es de advertencia, lo resuelto no contiene razones necesarias para enervar la presunción de inocencia. Antes bien, amplía los problemas en su solución. Puesto que en este razonamiento judicial todavía se pueden hallar variables como: 1) la persona que huye, aunque sabía de la existencia de los cigarrillos, mas no del contenido, pudo haber estado de visita en el inmueble del propietario, o 2) la persona que huye pudo haber actuado bajo los efectos del miedo insuperable, con anterioridad y por un hecho traumático. Por lo demás, el planteamiento expuesto no supone una posibilidad de probanza guiado por un razonamiento causal. Al contrario, se abandona el proceso de incriminación penal por el hecho punible personal. A su vez, en referencia a los delitos de peligro, hay interpretaciones en la jurisprudencia que explican la configuración del tipo con la no existencia de una causación del resultado —con la sola potencialidad del daño— o con la efectiva lesión o la producción del perjuicio. Es así que en el recurso de casación n.8 464 – 2016/Pasco, del 21 de mayo de 2019 —delito de minería ilegal— se analiza el presente caso: 1) Se aprueba el título de la concesión minera de la empresa X del acusado A, 2) A conocía la exigencia de una autorización para la extracción de recursos naturales no metálicos (demostrada con una solicitud presentada), 3) A realizó la explotación sin autorización de la autoridad competente, 4) La actividad fue reiterativa, 5) Como consecuencia de dicha actividad se alteró la composición 35
CS-SPP-R. Casación N.8 782 – 2015, Del Santa, 06/07/2016 (Caso Amelia Espinoza García), fj. 15 ss. 36 CS-SPP-R. Casación N.8 553 – 2018, Lambayeque, 11/09/2019 (Caso Marco Antonio Olano Polo).
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natural que tenía el lugar (tesis fiscal), 6) Los informes de la autoridad administrativa acreditan que se realizó sin autorización y no detallan que con la actividad se haya causado o podido causar daño al medio ambiente. La fiscalía imputó al acusado A la comisión del delito de contaminación, en la modalidad de minería ilegal, y, mediante sentencia, el Primer Juzgado Penal lo absolvió. De tal modo, el debate del recurso de casación se centró en la siguiente determinación: “El informe fundamentado de la autoridad administrativa ya no constituye un requisito de procedibilidad. Se precisa que aun con la normativa anterior, los fiscales […] tienen el deber de conducir la investigación y aportar los medios de prueba; lo contrario sería admitir que la presunción de inocencia se vea enervada por lo dispuesto en un informe de la autoridad administrativa (Fund. 16) […]”. En la decisión se declaró fundado el recurso, debido al “quebrantamiento del precepto material”, esto es, que frente a una imposición de un informe legal que establezca fehacientemente los potenciales o efectivos daños que reafirmen el tipo penal contra el medio ambiente —entendida como una ley penal en blanco con remisiones a leyes y reglamentos o límites máximos permisibles— tendrían que prevalecer explicaciones causales (testimoniales) u “otros medios de prueba […] con la finalidad de acreditar el delito […] y la estrategia que maneje el fiscal (Fund. 16)”. Este razonamiento vulneraría la presunción de inocencia que, en el caso en concreto, beneficiaba a A. La presunción de inocencia, en términos probatorios, sirve como criterio de elección de pruebas para fundamentar la imputación en el caso del fiscal, o de elementos de descargo de la acusación, en el caso del acusado. Además, los límites máximos permisibles a los que se refiere el tipo penal de minería ilegal delimitan la cuestión de cuándo nos hallamos ante un riesgo no permitido y, en consecuencia, ante una acción relevante para el tipo penal; en tal sentido, lo más adecuado —en aras de proteger la presunción de inocencia— es elegir los medios de prueba más idóneos para la comprobación de este riesgo, como el informe técnico de la autoridad administrativa competente. Finalmente, ¿la presunción de inocencia solamente condiciona el ámbito probatorio? No. Como se afirmó con anterioridad, este principio condiciona también la elaboración de conceptos normativos, tal como se aprecia en el recurso de casación 23 – 2016-ICA del 16 de mayo de 2017, ponente el magistrado Pariona Pastrana, en un caso sobre negociación incompatible, artículo 427 del código penal peruano. Allí se desarrolló la doctrina sobre el principio de confianza37 en los siguientes términos: (1) La atribución penal de una conducta a una persona ha partido, tradicionalmente, desde un mismo punto: la demostración de un nexo de causalidad entre su acción y la producción de un resultado lesivo a un bien jurídico penalmente relevante; (2) A través de la denominada teoría de la imputación objetiva se determina cuándo una acción imputada es normativamente atribuible a 37 San Martín Castro/Pérez Arroyo, Jurisprudencia penal, procesal penal y de ejecución penal vinculante y relevante (2004 – 2017), p. 563 – 570.
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una persona y, por tanto, se la hace responsable de dicha acción; (3) En el presente recurso la cuestión se centró en analizar “lo que se entiende por principio de confianza”;38 (4) Las organizaciones públicas o privadas, por ej., las municipalidades, clínicas, hospitales manifiestan un alto nivel de organización; (5) Toda organización tiene reglas, normativa interna que busca regular las acciones y funciones de cada trabajador; (6) Solo será posible atribuir responsabilidad en el ámbito funcionarial por el quebrantamiento de las expectativas de conducta que formen parte del ámbito de competencia delineado por la normativa en referencia; (7) El funcionario público no podrá responder por las consecuencias del ejercicio de las funciones que pertenecen a la esfera de competencia de terceros; (8) Solamente se ha de responder por las consecuencias que deriven de los propios actos delineados normativamente en el MOF y en el ROF;( 9) Cada persona es responsable solamente por el correcto desempeño de sus actividades que le han sido asignadas y puede confiar en que sus demás compañeros harán lo mismo con las labores inherentes a su cargo;39 (10) La delimitación del ámbito de competencias permite al funcionario tener seguridad de que cuándo su acción constituirá un riesgo penalmente relevante y cuándo ello no será así; (11) Límites al principio de confianza: a) cuando una persona sobre quien se tiene una ascendencia en términos funcionales no tiene capacidad para cumplir de manera responsable un rol asignado; b) cuando se tiene el deber de garante de verificar el trabajo realizado; c) no se puede invocar el principio de confianza cuando se evidencie la falta de idoneidad de la persona en quien se confiaba;40 (12) Si la atribución de responsabilidad solo se basa en que por ser la máxima autoridad de la institución se debe responder por los actos de cualquiera de sus subordinados, entonces estaríamos ante una flagrante vulneración del principio de culpabilidad; (13) Contra esa posibilidad de imputación de responsabilidad en el puro resultado opera el principio de confianza.41 Finalmente, declararon fundado el recurso, en el sentido de que debe aplicarse al caso concreto el principio de confianza. Ciertamente, la solución a través del principio de confianza obedece a una posición marcadamente normativista. Se llegó a la conclusión que no le es exigible al sujeto asumir costos por la conducta de terceros y el punto de referencia son las normas preexistentes que determinan ámbitos de actuación concretos. Además, la causalidad cumple un papel secundario, en tanto sirve de base para la descripción fáctica (probanza) y no para su valoración. En el caso concreto, la interpretación normativista arriba a conclusiones favorables para los sentenciados, lo que da lugar 38 San Martín Castro/Pérez Arroyo, Jurisprudencia penal vinculante y relevante (2004 – 2017), p. 563. 39 San Martín Castro/Pérez Arroyo, Jurisprudencia penal vinculante y relevante (2004 – 2017), p. 564. 40 San Martín Castro/Pérez Arroyo, Jurisprudencia penal vinculante y relevante (2004 – 2017), p. 565. 41 San Martín Castro/Pérez Arroyo, Jurisprudencia penal vinculante y relevante (2004 – 2017), p. 566.
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a una declaración de la conducta como atípica. Deja un margen para la excepcionalidad que no resulta lo suficientemente gráfica en cuanto los valores contenidos en esa excepcionalidad, pues se superpone como regla de actuación a las normas vigentes y vinculantes para los funcionarios. El poder de la norma de actuación justifica, en lo esencial, la conducta del funcionario, aunque tal conducta devenga en daños, pero no en lesiones a bienes jurídicos. Paradoja que bajo esta casación se tiene que asumir. Bibliografía Bustos, Juan: Manual de Derecho penal. Parte General, 4.a ed., Barcelona 1994. Corcoy Bidasolo, Mirentxu: Relación entre causalidad e imputación objetiva. Repercusiones procesales y materiales de la “sustitución” de la causalidad por la imputación objetiva, en: ´ ngel Sa´nchez Mercado Efrai´n Montes Flores/Alonso Raúl Pen˜a Cabrera Freyre/Miguel A (eds.), El derecho penal contemporáneo. Libro Homenaje a Raúl Peña Cabrera, t. I., Lima 2006, p. 169 – 209. Corcoy Bidasolo, Mirentxu: Eficacia de la imputación “objetiva”. Su aplicación a la solución de casos tradicionales y actuales, Themis Revista de Derecho 68 (2015), p. 13 – 32, disponible en http://revistas.pucp.edu.pe/index.php/themis/article/view/15578/16027. Fernández López, Mercedes: Prueba y presunción de inocencia, Madrid 2005. Gimbernat, Enrique: Die innere und die äußere Problematik der inadäquaten Handlungen in der deutschen Strafrechtsdogmatik, Hamburg 1962. Jakobs, Günther: Derecho penal. Parte general. Fundamentos y teoría de la imputación, Madrid 1995. Jakobs, Günther: El lado comunicativo y el lado silencioso del Derecho Penal. Expectativas normativas. Intervención delictiva. Derecho penal del enemigo, Lima 2015. Jakobs, Günther: La competencia por organización en el delito omisivo. Consideraciones sobre la superficialidad de la distinción entre comisión y omisión, Estudios de Derecho Penal, Madrid 1977. Jescheck, Hans-Heinrich: Tratado de Derecho Penal. Parte General, 4.a ed., Granada 1993. Liszt, Frank von: Tratado de Derecho Penal, t. II, 3.a ed., Madrid 1926. Maurach, Reinhart/Zipf, Heinz: Derecho Penal. Parte General, t. I, 7.a ed., Argentina 1994. Mir Puig, Santiago: Derecho Penal. Parte General, 9.a ed., Montevideo/Buenos Aires 2011. Montesquieu: El espíritu de las leyes, Barcelona 2012. Roxin, Claus: Derecho Penal. Parte General, t. I., Fundamentos. La Estructura de la Teoría del Delito, 2.a ed., Madrid 1997. San Martín Castro, César Eugenio/Pérez Arroyo, Miguel Rafael: Jurisprudencia penal, procesal penal y de ejecución penal vinculante y relevante (2004 – 2017), 2.a ed., Lima 2018.
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Las acciones neutrales Por Mario Villar
I. Introducción Esta contribución al libro homenaje al Prof. Sancinetti es una oportunidad para recordar sus clases sobre participación criminal de cuando era alumno de su curso de la carrera de grado. Él representaba, en ese entonces, una forma de analizar el derecho penal diferente de los demás profesores y su originalidad era algo que lo hacía destacar decididamente. Por eso espero que estas breves reflexiones sobre el problema de las acciones neutrales puedan, de alguna forma, y aun más allá de las discrepancias con algunas de sus posiciones, resultar útilés como aporte a la discusión, sin perjuicio de que, desde la perspectiva subjetiva, este aporte significa un indudable reconocimiento a la vida académica del homenajeado. El punto de partida de este trabajo es que cualquiera sea el concepto de “acciones neutrales”, su consecuencia es que estas no serían típicas y quedarían fuera del conjunto de las acciones penalmente relevantes. El punto central de acuerdo en la discusión acerca de las llamadas “acciones neutrales” es que una acción puede no ser imputable, aunque resulte causal del resultado. En lo que discrepa parte de la doctrina es en lo relativo a los casos en que el agente tiene conocimiento del sentido delictivo del hecho del autor y si esto podría significar que ya no se trate de una acción neutral. Aquellos que sostienen que es irrelevante el conocimiento adoptan una posición objetiva del concepto. Por un lado, es plenamente representativa la afirmación de Jakobs: “causar de modo previsible un resultado no significa necesariamente que ello también le incumba jurídicamente al causante”.1 Esto indica que si el agente se mantiene en su rol, nada puede serle imputado, aunque su contribución sea causal del resultado (o no) o la realice con conocimiento del plan del autor (o no). En resumen, en principio, mientras el agente no se salga del rol que desempeña en esa práctica, no realizará nunca una acción objetivamente imputable. En
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Jakobs, Sobre la normativización de la dogmática jurídico-penal, p. 41.
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principio, porque se verá que quizás los roles no puedan distanciarse entre sí en un determinado contexto o porque resulta caótico. Por otro lado, Roxin, concordantemente, sostiene que no todo incremento causal del riesgo produce complicidad punible.2 Sin embargo, este autor considera que no hay neutralidad cuando se da lo que llama relación delictiva de sentido, pues el agente conoce o sabe que el aporte será usado en el marco de una conducta típica del autor. Por ello, afirma que si el agente sabe esto, su accionar pierde el carácter de un negocio cotidiano “neutral” y se convierte en ataque al bien jurídico.3 Pareciera que Roxin resume todo en si se trata de un “ataque” al bien jurídico y, lo es, si es con dolo directo. Entonces el dolo decide si se trata de participación criminal; el tipo subjetivo define la cuestión. A su vez, el mismo autor parece confundir un punto muy importante que consiste en diferenciar adecuadamente el incremento de riesgo de la causalidad, pues referirse al incremento causal presenta la apariencia de que trata dos entidades que pertenecen a distintos mundos, el de lo normativo al que pertenece el riesgo, y el de la naturaleza al que corresponde lo causal.4 Estos dos autores ejemplifican posiciones arquetípicas sobre las acciones neutrales, pues pareciera que Jakobs propone un método completamente objetivo, mientras que Roxin plantea una solución dominantemente subjetiva.5 2
Roxin, La teoría del delito en la discusión actual, p. 555. Debe tenerse en cuenta que resulta obscuro qué significa “incremento causal del riesgo”, que aparece como una mezcla naturalística y normativa. Sin embargo, Roxin indica que “decidir qué es un peligro jurídicamente relevante no es una cuestión de lógica o de ciencias naturales, sino de valoración político-criminal” (Roxin, Tratado de Derecho Penal. Parte General, t. 1, p. 370). 3 Roxin, La teoría del delito en la discusión actual, p. 556 – 557. 4 Un juicio normativo es un juicio de valor: el que lo expresa se convierte en defensor de la valoración que contiene el enunciado (von Kutschera, Fundamentos de ética, p. 51). 5 Es interesante pensar la solución que Roxin nos da acerca de los casos en que el resultado no se ve modificado (normativamente) por la conducta del autor, en el ejemplo en que el agente desvía el tren a otra vía (B), pero con un resultado equivalente al que se habría producido en la vía original (A). En ese caso, el autor citado dice que no se imputa el resultado si se produce una modificación del resultado inocua (no intensifica ni adelanta), pero sigue quedando la posibilidad de castigar por tentativa. Esto es, incluso si no existe conexión de riesgo con el resultado, la acción puede ser castigada; pero entonces sí creó un riesgo prohibido que no se concreta en el resultado (aunque Roxin trata el problema bajo el título de “creación de peligro y curso causales hipotéticos”). Si no fuera un riesgo prohibido, no habría ilícito alguno, salvo que se adopte una posición similar a la del castigo de la tentativa inidónea, aunque en el caso no sería inidónea, pues ex ante no hay una imposibilidad de lograr el resultado, sino que lo logra causalmente: por su acción el resultado es la muerte por choque por circular por la vía B, en lugar de la A. Esto lleva a reflexionar si las tentativas inidóneas no serán una forma de acción objetivamente neutral y subjetivamente no neutral, lo cual indicaría que castigarlas sería contradictorio con no castigar las acciones neutrales que son realizadas con dolo. Éstas serían una especie de tentativa inidónea, debido a que desde el punto de vista normativo nunca pueden alcanzar su meta: ser conductas objetivas de participación. Lo señalado permite considerar que la inidoneidad no se refiere a conductas que no puedan ser cau-
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II. Rol y neutralidad Considero que se debería pensar en el concepto de riesgo prohibido como un punto de apoyo para las acciones neutrales como tales, sin que lo subjetivo sea un criterio de distinción: si no incrementan el riesgo, por más causales o dolosas que resulten, no habrá tipicidad objetiva. La cuestión central es saber si esas acciones incrementan el riesgo y si ese incremento es prohibido o no y, de ese modo, podría ser innecesario preguntar por lo subjetivo, al menos en esta instancia. Este punto preliminar del concepto de “acciones neutrales” puede resolverse de distintas formas. La distinción podría establecerse por definición, es decir expresar una proposición que diga que cuando la acción es una acción profesional aceptada por la comunidad, sea que conste en normas escritas o propias de la práctica en cuestión, será una conducta atípica. Así, no importaría si es causal, o incrementa el riesgo real, o si es dolosa o negligente. Esta solución sería darle un estatus puramente formal a esa práctica social.6 Estas conductas no tendrían una referencia de sentido delictivo, per definitionem, por lo que no importa la probabilidad de que quien recibe ese aporte lo utilice para la realización de una conducta prohibida. Esta solución no podría ser aceptada por quienes pretenden justificar la pérdida de neutralidad en pos de la exclusiva protección de bienes jurídicos.7
sales, sino que no puedan ser normativamente imputables al tipo objetivo, como un problema de no concreción del riesgo en el resultado. La causalidad es lo que diferencia estas tentativas inidóneas de las tentativas de participación, pues el aporte llega a usarse, aunque como acción objetivamente neutral. Por ejemplo, el taxista que lleva al autor con conocimiento de que realizará un homicidio colabora causalmente, dado que su aporte es usado por el autor. Mientras que en la tentativa de participación, en general, el aporte no llega a ser usado. Sin embargo, debemos cuestionar que un factor causal defina la antinormatividad de una conducta y quizás sería más lógico sostener que las tentativas de participación deben ser castigadas porque el agente se aparta de un comportamiento objetivamente neutral (por ejemplo: dar un arma de fuego a un autor que luego no la usa ni la porta al cometer el delito), antes que descartarlas por la ausencia de causalidad. Esto significaría que no todas las llamadas “tentativas de participación” deben ser impunes, sino solamente las que se ejecutan por acciones realmente neutrales, por ejemplo, darle una escalera al autor que ya había sido prestada con anterioridad, por más que se sepa que la usará para realizar un hurto con escalamiento. 6 Esta idea se podría extender a conductas que directamente se dirigen a lesionar a otro, por ejemplo, dentro de la práctica de boxeo. Las acciones reglamentarias y algunas que solo se sancionan con pérdida de puntos serían acciones neutrales. Un golpe bajo sigue siendo neutral, pero un golpe cuando el match está claramente detenido, por la señal del árbitro, ya no sería parte de la “práctica de boxeo”. 7 Frisch, Comportamiento típico e imputación del resultado, p. 317.
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A su vez, el problema renace cuando los límites de la práctica no son claros.8 Se debería agregar como excepción, que: cuando el hecho del autor se encuentre en la etapa de ejecución, o cuando no sea admisible un uso no delictivo del aporte, este último será típico.9 Pero entonces ya no se trata de acciones que, en todas las circunstancias, por definición, no tienen sentido delictivo. Esta limitación hace que el concepto de acciones neutrales al parecer abarca solo aquellas que sean parte de una práctica profesional o aquellas que se presenten en el marco de roles claramente definidos y que su sentido no delictivo no haya sido eliminado por la situación o por la ejecución del delito del autor.10 Es posible pensar en conductas que no pertenecen a prácticas profesionales perfectamente definidas, pero que también pueden ser neutrales. Son conductas que responden a una práctica social derivada de las relaciones entre ciudadanos de una comunidad (en su rol general como tales). Entre este conjunto de conductas puede haber acciones neutrales y otras que sean de participación criminal. A su vez, puede haber acciones propias de una práctica social definida que se enfrenten a la práctica general de ser un ciudadano. Expresado en otros términos, al rol específico de una práctica social, como la protagonizada por el vendedor de cuchillos o el panadero de los ejemplos clásicos, se le puede enfrentar el rol general de ciudadano. El rol de vendedor de cuchillos que contiene el derecho a vender cuchillos a cualquiera que lo solicite y pague su precio puede contraponerse con el referente teórico “ciudadano” (en esa sociedad) y esto pone en cuestión que su conducta sea, entonces, neutral.11 Esto implica que las excepciones por uso no delictivo excluido, o por tratarse de aportes a la ejecución del hecho, deben analizarse bajo la luz que implica una colisión con el rol general de ciudadano. 8
Un ejemplo es la recepción de pago de honorarios por el abogado que defiende a una persona imputada por lavado de dinero y que no tiene ninguna fuente lícita de ingresos. 9 Por “admisible” debe entenderse, desde una perspectiva intersubjetiva, que la conducta del agente sería vista como inadmisible cuando las circunstancias objetivas permitan suponer que el uso que dará el autor al aporte será delictivo. 10 Podría ocurrir que el único sentido de la conducta fuera el delictivo, aun cuando el autor no hubiera sobrepasado la etapa de preparación, tal como el ejemplo que indica Wohlers, Revista Peruana de Doctrina y Jurisprudencia Penales 4 (2003), 426, acerca de la venta de carne de antílope para su consumo en Suiza. También, se da esta limitación cuando la ley suprime la libre disponibilidad de objetos o informaciones. Esto es lógico, pues cuando la ley obliga a la prestación la acción será, en principio, neutral. Por ello, los actos preparatorios pueden por sí mismos excluir el uso legal o permitido de la prestación. En el caso de la carne de antílope, la propia realidad es la que quita la posibilidad de uso legal, mientras que en el segundo supuesto es la ley o la normativa administrativa la que lo hace. 11 En principio, puede dar lugar a confusión decir “buen ciudadano”, pues la idea es si se produce un comportamiento como ciudadano (persona) o no.
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También podría pensarse que los supuestos antes indicados son casos del problema de la colisión entre el rol de que se trate y el rol general de ciudadano. Es posible sostener que roles específicos no se enfrentan entre sí, como ocurre en el caso del estudiante de biología que trabaja como mozo durante sus vacaciones y, por esos conocimientos como estudiante, reconoce en la ensalada una fruta venenosa que puede matar al comensal. Sin embargo, la sirve. En este caso los roles que desempeña no se componen o intersecan, sino que se mantienen separados y, por ello, la acción del mozo de servir la ensalada envenenada sigue siendo neutral en el marco de estos dos roles específicos. Tampoco influye el rol general de ciudadano, pues para ese rol los conocimientos especiales son, objetivamente, inaccesibles, al igual que para el rol de mozo. El contexto se amplía, con relación al rol específico, porque pertenece al rol de ciudadano incluir ciertos elementos o circunstancias en ese caso, por lo que ya no se puede producir una compartimentalización, exclusivamente, en el marco de algún rol específico. La situación se presenta cuando se trata de la coexistencia del rol de mozo, vendedor de cuchillos, etc., con el rol general de ciudadano. La pregunta es: ¿hasta dónde prevalece sin intersecarse el rol específico, cuando el de ciudadano le indicaría que no debe actuar u omitir, según el caso, en ese contexto? El rol general de ciudadano es algo así como un escalón mínimo que toda persona en derecho debe respetar. A su vez, al no respetarlo, se está lesionando el conjunto de derechos de otro ciudadano; está haciendo que otro ciudadano adquiera la calidad de víctima, además de lesionar la libertad de todos.
III. El deber de colaboración con el estado de libertades En este punto es posible pensar, como criterio configurador, en el deber de colaboración de los ciudadanos con el estado de libertades que señala Pawlik. Sin embargo, en el planteo de este autor, este deber está limitado a las competencias del agente (de respeto o de fomento).12 Es decir, si no integra sus competencias, la acción es neutral y no podría exigirse respecto de lo que no se está obligado. En sentido estricto, este deber de colaborar sería una etiqueta o una clasificación que contiene las competencias que le correspondan al ciudadano según su ubicación en el sistema jurídico penal, pero si se lo considerara realmente como un concepto, los límites de las competencias se configurarían a partir de un rol general de ciudadano que debe hacer prevalecer en sus conductas aquello que afirme el estado
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Pawlik, Ciudadanía y Derecho Penal, p. 81 ss.
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de libertades frente a conductas que se asocien con la conducta de un autor y que impliquen una disminución o afectación de ese estado de libertades.13 Esta idea podría interpretarse que vincula a quien sin ninguna ventaja o perjuicio de relevancia social tiene una alternativa de acción y, sin embargo, elige la que pone en peores condiciones al bien jurídico o favorece la comunicación contraria a la norma. A su vez, podría extenderse a los casos en que la colaboración con el estado de libertades impusiera un costo mínimo o de naturaleza secundaria frente a la realización de la conducta favorecedora del plan del autor. Estos supuestos son diferentes al planteo abstracto del rol de vendedor de cuchillos que, si no vendiera a los sujetos que supone serán agresores, entonces no podría ejercer su actividad lícita. Pues solo cuando lo que está en juego es un uso objetivamente antijurídico el Estado puede decirle que no deber vender el cuchillo, dado que debe priorizar al bien jurídico o la expectativa “vida”. El siguiente caso plantea el dilema antes expuesto: X pretende tomar un café en un bar, hay cinco mesas vacías, pero solo si se sienta en cierta mesa va a ocultar de la vista de los demás al autor de un hurto de la caja registradora que se está ejecutando en ese instante. X se sienta en esa mesa y, de ese modo, impide que el autor sea descubierto. El parroquiano del bar no pone en juego nada, no pierde nada con sentarse en otra mesa y, aunque perdiera (supóngase que es la única mesa disponible), elige priorizar su deseo personal sobre el derecho de la víctima a no ver empeorada su situación como sujeto de derecho. Se podría decir que hay una injerencia de participación al sentarse en ese espacio14 y, así, prefiere la comunicación favorable al autor antes que la favorable al derecho y a la víctima. Si existe un deber de colaboración en situaciones en que el observador objetivo reconoce que la conducta normativamente es de favorecimiento, objetivo, del desarrollo de un delito por parte del autor, ¿debería abstenerme de realizar el aporte con base en que estaría violando el deber de colaboración con el estado de libertades?
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Es más que probable que Pawlik no esté de acuerdo de con usar este concepto en la forma que pretendo en el texto, pero la idea del texto es complementarlo con el rol general de ciudadano. Este rol debe, en el caso concreto, decantarse por la acción que no contribuya, comunicativamente para la sociedad, al quebrantamiento de una norma por otro como autor. La pregunta es: ¿el estado de libertades solo se integra con las competencias o sirve para determinar si existe una competencia del ciudadano y, por tanto, si se lesiona tal estado? 14 Creo que sería posible pensar en que las posiciones de garante por organización de los partícipes siempre son de un tipo diferente que las de los autores, en la medida en que solo son de incremento de riesgo, en la medida en que se considere a la participación accesoria.
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Si fuera así, siempre que un ciudadano enfrentara el dilema de realizar una conducta que en principio sería permitida, pero que pudiese ser una forma de auxilio a otro para lesionar un bien jurídico o una expectativa normativa, ¿debería abstenerse de ejecutar la acción, ab initio, permitida? Esta idea lleva a distinguir entre acciones prima facie permitidas y ultima facie prohibidas. Lo que podría pensarse como equivalente a antes del contexto y después del contexto.15 Esto nos divide el concepto en dos, acciones neutrales en abstracto y acciones neutrales en concreto. En este sentido, solo aquellas acciones que por su ubicación en un contexto pueden considerarse no neutrales son aquellas en que pesa más el deber de no colaborar con un proyecto de hecho que se separa de las normas que la ejecución de una acción permitida. Es decir, el observador debe hacer un sopesamiento del interés social y del individual, que de no estar en un primer plano no debería dudar en considerar a la conducta como permitida. Esta forma de analizar la conducta puede llevar a una confusión, muy común: cuando consideramos el contexto puede pensarse que se trata de conocimientos del agente acerca del contexto. Quizás esto sea lo que lleva a Roxin a pensar que lo subjetivo resulta central. Sin embargo, en realidad, todavía podemos movernos en el plano objetivo. Por ello, cuando se expresa esta forma de ver el problema como si el contexto a considerar dependiera de la percepción del agente puede llegarse a pensar que se trata del aspecto subjetivo del agente lo que define si se puede pasar de acción neutral a participación. Si se lo plantea desde la perspectiva subjetiva puede decirse: si una parte del contexto objetivo del hecho no le es accesible al agente, la conducta permanece neutral, pero si ese contexto le resulta accesible, entonces la conducta se convierte en participación. Considero que esto es un error, que el contexto opera a nivel de la imputación objetiva y que la descripción del mundo en que se inserta la conducta neutral, o no, es parte de esa ejecución. El sentido de la conducta se define, en parte, por el contexto. La conducta del agente modifica el estado de cosas anterior a su ejecución. Este nuevo estado de cosas es el que debe considerarse. Por ello, prima facie, una acción descripta sin el contexto puede ser neutral, pero agregado el contexto, ya deja de serlo. Pero ese contexto, o ese estado de cosas, conformado con la acción u omisión, debe tener cierto significado objetivo para ser un estado de cosas susceptible de ser considerado no neutral o imputable objetivamente.
15 Lo cual no tiene que ver con ex ante o ex post, pues se trata de si y cómo el contexto cuenta para analizar la conducta.
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El significado se lo da el deber de colaboración de los ciudadanos con el estado de libertades o el comportarse como persona en derecho. Ambas ideas pueden ser compatibles, aunque considero más plástica la formulación de Pawlik. Es una forma de regla práctica para evaluar el comportamiento. Piénsese en el caso de Kindhäuser en que dos personas luchan en el interior de una tienda que vende fulares y una de ellas que está ahorcando a la otra, le pide al vendedor que le venda un fular cualquiera y que se lo entregue. Claramente el contexto indica la ilicitud objetiva de la conducta. Si el vendedor cumple con la petición, no se comporta como persona en derecho porque no respeta como persona al que está siendo ahorcado y tampoco colabora con el estado de libertades, sino que se opone a este. Ambos criterios apuntan al rol de ciudadano y a la defraudación de expectativas normativas. No se trata de las consecuencias causales de su acción, sino de que ante la opción entre actuar y omitir se elija la acción que se opone al respeto al otro. La conducta de vender un fular, sin más descripción, es una conducta permitida (prima facie), pero la de venderlo en esas circunstancias, en el significado del estado de cosas que se genera con esta, ya no puede considerarse permitida (ultima facie). Esta es la idea de Jakobs acerca de que la afirmación general del rol ya no sería aplicable en un contexto caótico, donde ya no rige la separación de roles, es decir, cuando ya no rige la separación entre comprador y homicida, como en el caso del vendedor de cuchillos.16 En este sentido Jakobs indica que “la prestación pierde su neutralidad y se convierte en delictiva cuando el delito ya define el entorno”.17 Esto hace que objetivamente la acción sea imputable al tipo de participación. Además, podemos afirmar que si el agente contextualiza el mundo, en el que el hecho es algo objetivo (en curso), debe cuestionar su permiso para realizar la acción neutral prima facie. Esto constituye parte del dolo del partícipe. La solución proviene de la combinación del rol general de ciudadano, que interseca a los roles específicos, cuando se le presenta el contexto que puede incorporar ese rol general y se lo contrasta con el deber de colaboración con el estado de libertades. 16
Es el caso en que el cliente irrumpe en la tienda en medio de una pelea con su enemigo y le exige un cuchillo al vendedor. 17 Jakobs, Teoría de la intervención, p. 60. Ejemplifica esta idea indicando que es neutral cuando el agente, en su jardín, le presta una hoz a su vecino, pero deja de serlo cuando el vecino está estrangulando a su mujer. Este ejemplo, se sostiene en que la pérdida de neutralidad está en la ejecución actual del hecho. Pero el contexto podría ser indicativo, sin requerir, necesariamente, que se trate de un suceso en ejecución típica. Si el vecino lleva a su esposa atada y amordazada en su auto cuando le pide la hoz, incluso cuando se trata de un acto preparatorio, la prestación debería ser negada.
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Por eso, en los casos en que el autor ya está ejecutando el delito o la prestación no pueden carecer de sentido delictivo (aun en etapa preparatoria para el autor). Se trata de que el contexto, la acción ultima facie, objetivamente es delictivo y deja de ser neutral, frente al rol de ciudadano y la obligación de hacer prevalecer el estado de libertades.
IV. Conductas neutrales y contexto La conclusión provisional que podemos sacar es que el contexto es determinante para acceder a la imputación objetiva de la conducta.18 El problema se presenta cuando ese contexto deja dudas acerca de si la conducta, que es neutral prima facie, lo es en forma definitiva. En el caso del fular no quedan dudas de que se actúa contra el estado de libertades que el agente debe mantener, porque está claro que el hecho del autor está en ejecución y su progreso hacia la consumación depende, en parte al menos, del aporte del vendedor. La cuestión se plantea cuando coexisten dos mundos contradictorios en cuanto a “permitido ejecutar la conducta x como neutral” y “prohibido realizar la conducta x”. Aquí el contexto es ambiguo para discernir en cuál mundo de los posibles se encuentra el agente. Veamos un ejemplo, volviendo al caso del bar: X pretende tomar un café en un bar. Hay cinco mesas vacías, pero solo si se sienta en cierta mesa va a ocultar de la vista de los demás al autor de un hurto de la caja registradora que se está ejecutando en ese instante. X se sienta en esa mesa y con ello impide que el autor sea descubierto. En este caso, la conducta del autor está en ejecución, pero al agente le está permitido sentarse en cualquier mesa del bar. En su rol de consumidor o cliente puede elegir donde sentarse. A su vez, resulta claro que no hay satisfacción superior por sentarse en esa mesa con relación a las otras cuatro y esa elección favorece y aumenta el riesgo de consumación del hecho del autor. ¿La elección de esa mesa con un hurto en ejecución tiene un sentido delictivo? La elección de mesa en un bar o restaurante es una acción normalmente neutral. Se podría sostener que dejaría de serlo solo si le resulta necesario desplazar la mesa de la posición que ocupa, con el único sentido de cubrir la conducta del autor del hurto. Pues se podría decir que es una conducta que se adapta a la conducta del autor.
18 Mientras que el conocimiento del agente no es algo que deba considerarse para la imputación objetiva o neutralidad de la conducta.
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Pero si tenía cinco mesas vacías y no existía una razón a favor de la preferencia de esa mesa, e incluso era la menos deseada por cualquier cliente por ser la más lejana a la ventana o por estar más cerca del baño, ¿por qué, ante la disposición de otras opciones equivalentes o mejores elije esa, si no es para mejorar las posibilidades de consumación por parte del autor del hecho? Esta es una observación objetiva. Esto indicaría un desprecio a la propiedad ajena y ni siquiera se ejecuta por una ventaja egoísta del agente, ¿en qué se beneficiaría, de alguna forma personal, por elegir esa mesa? Si aun sin costo alguno elegir otra mesa no le es exigido frente al deber de colaborar con el estado de libertad, ¿qué contenido tendría ese deber?
V. La idea de solidaridad La conducta del agente puede aparecer como adaptativa, pues en el ejemplo de la mesa del bar y el hurto hay solidaridad subjetiva, porque quiere que el autor del hurto se salga con la suya. Pero esa solidaridad subjetiva puede ser expresada mediante una conducta neutral. El estricto cumplimiento del rol (por ej., el de vendedor de cuchillos) no es algo que se mantenga invariable; la misma conducta realizada ante distintos contextos puede ser participación. Pero esto aun cuando la omisión de esa conducta lo perjudique individualmente: no ganó dinero al no vender el cuchillo. En el ejemplo del bar, la conducta tenía alternativas igualmente satisfactorias (las otras cuatro mesas), no había motivo para que la preferencia por sí misma hiciera una diferencia y por eso escoger la única que sí hacia posible la consumación del hecho del autor merece juzgarse como disvaliosa, como adaptada objetivamente al plan del autor. En los casos en que las acciones de un rol específico no se compadecen con el rol general de ciudadano, es posible hablar de una participación cuando la conducta no implica una pérdida de libertad si no se ejecuta (hay conductas equivalentes, por ejemplo), pero su ejecución sí implica una pérdida de libertad para la víctima. En estos ejemplos es inequívoco para un observador objetivo que la conducta prima facie neutral no lo es ultima facie. La situación es similar a la de una colisión de derechos, pero en la que se trata de un derecho (sentarme a cualquier mesa y silla) y el derecho de la víctima a su esfera de libertad, que es el correlato al deber de no actuar del agente (posible partícipe). La prioridad del derecho de la víctima, que es el de todos los ciudadanos, se basa en que su lesión es proveniente del quebrantamiento de una norma penal, mientras que el del agente es un derecho general a gozar de libertad. En todo caso es obligada
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una abstención de un goce nimio (sentarse ante esa mesa en particular), si con ello evita una manifestación de que la norma penal carece de validez. La diferencia del caso del taxista con el de la mesa del bar es que en el primero la situación es abstracta. Quizás el pasajero viole una norma penal, mientras que en el bar el ladrón ya está actuando sobre el bien jurídico y es el contexto el que configura el dilema de favorecer un quebrantamiento de la norma ya inexorable.19 Por ello, ya corresponde introducir el rol general de ciudadano frente al rol particular de comensal o parroquiano o de vendedor de cuchillos. La diferencia entre participación y omisión de socorro es que en la primera se mejora el hecho del autor o las posibilidades del autor de concretar el hecho, mientras que en la omisión de socorro no se modifica la situación existente hacia una posible mejora.20 El contenido de disvalor es menor en este último caso.21
VI. Conclusiones Si, frente a la ejecución de una acción u omisión, hay un choque de roles entre un rol por organización específico y el rol general de ciudadano, prevalece este último. Esto es así si este rol incluye considerar elementos del contexto en que se presenta la conducta a juzgar como neutral o de participación y esa inclusión crea una oposición entre el rol específico y el de ciudadano, siempre que el costo de actuar en pro de preservar el estado de libertades resulte inferior al de unirse al proyecto contrario a la norma del autor, con un incremento del riesgo de su realización. La idea es que en el límite del rol de ciudadano, donde se plantea si la acción es neutral o no, debe prevalecer uno u otro carácter, si la conducta afecta el estado de
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Ejecución del hecho o uso legal inexistente. En el caso del bar, la solución no sería una “omisión de socorro”. La norma de omisión de socorro se refiere a quien encontrare a persona amenazada de un peligro cualquiera y exige que el agente no le preste el auxilio necesario, cuando pudiere hacerlo sin riesgo para su persona. Este sería el caso si la amenaza fuera contra la persona, es decir contra su vida, integridad o libertad. Sin embargo, el tipo penal no se extiende a riesgos vinculados exclusivamente con la propiedad. 21 En el famoso ejemplo de Jakobs del estudiante de biología que trabaja de mozo durante las vacaciones y descubre que la fruta de la ensalada que lleva es venenosa y, sin embargo, la entrega al comensal, que el autor citado resuelve como a lo sumo una omisión de socorro, a favor de esto último aparece una diferencia importante, quizás determinante: que el conocimiento de lo inexorable no es parte del contexto, sino del conocimiento específico de otro rol que no tiene por qué activar. Pues, no es un conocimiento accesible al rol general de ciudadano. En los casos de acciones que pueden ser neutrales o participación se trata de un contexto frente al rol general de ciudadano que debe estar activo. 20
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libertades. A su vez, el contexto objetivo debe ser uno de aquellos que el rol de ciudadano impone considerar.22 Esto ocurre en el caso del bar. Al sentarse en la mesa que oculta el hecho del autor, mientras se ejecuta, el agente se solidariza con el plan de quebrantamiento de la norma del autor, lo que da lugar a un incremento del riesgo de concreción de ese plan.23 Cuando, como en el caso, se encuentra en juego el rol de ciudadano y la organización de la libertad del agente no se ve afectada en forma que pueda considerarse equivalente a la lesión que provoca, o el riesgo que incrementa, deben prevalecer las exigencias del rol de ciudadano frente a las conductas puntuales en juego.24 Sentarse en otra mesa no cambia los planes de vida de esa persona, pero sentarse allí sí pone en juego una declaración del agente acerca del valor de la norma que está lesionando el autor. Esta objetiva solidarización con el autor o, más correctamente, con el significado de la conducta del autor, permite considerarlo cómplice de ese hecho. La diferencia con el deber impuesto por la omisión de socorro es que en esta última la conducta del agente implica no solidarizarse con la víctima, pero no tiene una implicancia directa con el hecho del autor, si es que la hay, pues la situación pudo ser creada por la propia naturaleza o por la misma víctima, al dejar de lado deberes de autoprotección. Mientras que en la participación, contrariamente, lo relevante es que se solidariza, objetivamente, con el autor. En ambos casos incrementa el riesgo prohibido, pero el tipo de incremento es diferente, porque el deber de colaborar con el estado de libertades se vincula con que, para el legislador, ordenar el socorro es optativo, mientras que la prohibición de participación es central a la configuración social.25 22
Tal como se señaló, a diferencia del caso del estudiante devenido en mozo, en el que el contexto (ensalada envenenada solo detectable por un estudiante de botánica) no pertenece al contexto exigido al rol de ciudadano. 23 Esta idea tiene que ver con la distinción entre permitido en sentido fuerte y en sentido débil que señala Bulygin. Las llamadas acciones neutrales están permitidas en sentido débil, porque no hay una norma que indique que esa conducta, o conjunto de conductas, se encuentren permitidas, a diferencia de la permisión en sentido fuerte de las causas de justificación. Cf. Bulygin, Problemas lógicos en la teoría y práctica del derecho, p. 9 ss. 24 Esta ponderación en Frisch se encuentra indicada como vinculada al estado de necesidad. Cf. Frisch, Comportamiento típico e imputación del resultado, p. 333. Aparece como ineludible en cuanto al balance entre el peso de la libertad de actuar y de la obligación respecto de los demás en un contexto caótico. 25 Esto último significa que gran parte de los delitos configuran la clase de sociedad de que se trate, mientras que otros son complementarios o pueden ser, incluso, contradictorios con aquella. Estos últimos deberían ser derogados por el legislador, pero pueden pasar inadvertidos por bastante tiempo. Por ejemplo, y para mostrar que en una primera impresión se podría pensar equivocadamente que el texto implica que los delitos de omisión no son centrales, los delitos en comisión por omisión son centrales porque representan una valoración acerca de que los quebrantamientos normativos pueden ser tan relevantes por hacer como por omitir. La madre que no alimenta a su hijo, del ejemplo decimonónico, realiza una conducta de tal gravedad que la decisión de castigarla, o no, es central a la configuración social sobre cómo se
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valora la vida de las personas. Por eso, la pérdida de personalidad de la madre es mucho mayor que la del transeúnte que no asiste a otro en peligro.
III. Besonderer Teil
Strafverteidigerhonorar, Geldwäsche und Hehlerei Von José R. Béguelin* Der verehrte Professor Sancinetti hat uns, seine Schüler, stets dazu ermutigt, den Besonderen Teil des argentinischen Strafrechts zu studieren und zu erforschen.1 Freilich hat er uns auch gelehrt, dass die gründliche Kenntnis der Verbrechenslehre nicht nur die Untersuchung des Besonderen Teils befördert, sondern – vielmehr – deren notwendige Bedingung ist. Unter seiner Anleitung erfassten wir die Bedeutung eines ernsthaften Studiums des Allgemeinen Teils auf der Grundlage der deutschen Strafrechtswissenschaft und er hat uns ermuntert, diese insbesondere in den Dienst der Entwicklung einer argentinischen Lehre des Besonderen Teils zu stellen, da der Besondere Teil im Unterschied zu dem Allgemeinen Teil sehr viel näher mit dem jeweils örtlichen Recht verbunden ist. Seine stetige Sorge um die Verteidigung der in der argentinischen Verfassung gewährleisteten Grundrechte, seine Abneigung gegenüber der Missachtung dieser Rechte im Gerichtsalltag,2 haben uns die Methodik mit auf den Weg gegeben, die Auslegung des Straftatbestands einer ganzheitlichen Betrachtung zu unterziehen; sowohl aus dem Blickwinkel des Verfassungsrechts als auch aus jenem der Straftatlehren. In diesem Aufsatz möchte ich darlegen, wie die deutsche Strafrechtsdogmatik des Allgemeinen Teils die Auslegung des Besonderen Teils des Strafrechts in spanischsprachigen Ländern beeinflusst. Ich beziehe mich dabei insbesondere auf den umstrittenen Straftatbestand der Geldwäsche gemäß Art. 303 des argentinischen Strafgesetzbuchs (argStGB) und auf den Tatbestand der Hehlerei gemäß Art. 277 Abs. 1 lit. c) argStGB, jeweils in ihrer Anwendung auf den Fall des Strafverteidigerhonorars und auf der Grundlage einer verfassungsrechtlichen und strafrechtstheoretischen Auslegung. Zum besseren Verständnis des Problems stelle ich zudem einen kurzen Vergleich mit den entsprechenden deutschen Straftatbeständen an.
* Der Verfasser dankt Akad. Rat a.Z. Dr. Thomas Wostry sehr herzlich für die Übersetzung. 1 Ausdrücklich etwa im Vorwort zu Orce/Trovato, S. 9. 2 Ein Beispiel hierzu bilden einige seiner Hauptwerke, wie Análisis Crítico del Caso „Cabezas“ [Kritische Untersuchung des Falls „Cabezas“], Ad-Hoc, Buenos Aires, 2000; Juicio Político [Das Amtsenthebungsverfahren] (in Ko-Autorenschaft mit Gelli, María Angélica), Hammurabi, Buenos Aires, 2005.
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I. Einleitung Im Jahr 2018 hat die Unidad de Información Financiera (UIF) [Abteilung für Finanzinformationen, Anm. d. Übers.], die dem Argentinischen Finanzministerium untersteht, eine große Zahl von Rechtsanwälten aufgefordert, Auskunft darüber zu erteilen, auf welche Weise und in welcher Höhe sie ihre Dienstleistungen, die sie in strafrechtlichen Angelegenheiten bei Ermittlungen zu Betäubungsmittel- und Korruptionsdelikten erbrachten, berechnet haben.3 Einige von ihnen, die eine Auskunft verweigert haben, wurden von der UIF im Jahre 2019 wegen Geldwäsche angezeigt.4 Das Gesuch der UIF wirft zahlreiche Fragen von Verfassungsrang sowie aus den Bereichen des Verwaltungs-, des Straf- und des Strafprozessrechts auf. Ich richte meine Untersuchung im Folgenden auf das Verhalten des Strafverteidigers, der wissentlich auf seine Honorarrechnung einen Geldbetrag in Empfang nimmt, der aus der Begehung eines der organisierten Kriminalität zugehörigen Delikts stammt, aufgrund derer die Vermögensbewegungen des Mandanten (einschließlich der Zahlung des Verteidigerhonorars) mit dem Verdacht der Geldwäsche behaftet sind. Zunächst widme ich mich dem einleitend bereits angesprochenen Besonderen Teil und untersuche, welchen Tatbeständen des argStGB das Verhalten des Rechtsanwalts subsumiert werden könnte (II.). Es kommen hierbei die Tatbestände der Geldwäsche, der sogenannten vermittelnden Hehlerei und der Hehlerei in Betracht. Sodann behandele ich das dem Allgemeinen Teil zugehörige Problem der neutralen Handlungen in seiner Anwendung auf das Verhalten des Strafverteidigers (III.).
II. Strafbarkeit des Verhaltens, ein Honorar einzunehmen, das mit aus einer rechtswidrigen Tat stammenden Mitteln beglichen wird 1. Geldwäsche (Art. 303 Abs. 1 argStGB) Der Tatbestand der Geldwäsche hielt infolge der Ratifikation zweier völkerrechtlicher Übereinkommen5 und aufgrund von Empfehlungen (besser: Forderungen)6 der 3 Vgl. neben vielen weiteren Zeitungsmeldungen etwa Pizzi: „La UIF ya monitorea el sueldo de los abogados en 100 causas de narcotráfico y sumará las de corrupción“ [„Die UIF überprüft bereits die Vergütung von Anwälten in 100 Fällen des Betäubungsmittelhandels und wird Korruptionsfälle ebenfalls einbeziehen“]. 4 Pizzi: „La UIF denunció a cinco abogados porque se negaron a informar sobre sus honorarios en causas de corrupción o narcotráfico.“ [Die UIF erstattete Anzeige gegen fünf Anwälte, weil sie sich weigerten, Auskunft über ihre Honorare in Korruptions- und Betäubungsmittelfällen zu erteilen.] 5 Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (1988) und Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (2000). 6 Vgl. Trovato, Reflexiones, S. 318.
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Financial Action Task Force (FATF)7 Einzug in das argentinische Strafgesetzbuch. Gegen diese Kodifizierung regte sich anfänglich Widerstand, weil man davon ausging, dass das entsprechende Verhalten bereits hinreichend über den Tatbestand des „encubrimiento“ (umfasst die Konzepte der Begünstigung und der Hehlerei) mit Strafe bedroht wäre.8 Obschon der Zweck dieser Norm nach Maßgabe des internationalen Rechts darin besteht, die organisierte Kriminalität zu bekämpfen (Betäubungsmittelhandel, Terrorismus, Korruption),9 geht die heutige Fassung des Art 303 argStGB auf eine Reform aus dem Jahr 2011 durch das Strafrechtsreformgesetz 26.683 zurück, die auf den ersten Blick die Strafbarkeit so ausweitet, dass auch Verhaltensweisen erfasst werden, die in der Begünstigung auch völlig unbedeutender Taten bestehen. Tatsächlich existiert insoweit kein Vortatenkatalog, sodass jegliche Straftat als Vortat in Betracht kommt. Ferner ist nach der aktuellen Fassung die Selbstgeldwäsche strafbar und auch die Höhe des zur Geldwäsche eingesetzten Betrags ist nicht mehr von Relevanz (in der vorherigen Gesetzesfassung kam lediglich dann eine Geldwäsche in Betracht, wenn ein gewisser Betrag an Geld oder eines Äquivalents überschritten wurde). Der Umstand allein, dass der Tatbestand eine Vielzahl an Verhaltensweisen erfasst, sollte einen Juristen zu restriktiver Auslegung verpflichten. Gleichwohl wird das Verhalten eines Rechtsanwalts, der wissentlich Honorargelder einnimmt, die aus einer Straftat herrühren, in der argentinischen Strafrechtswissenschaft grundsätzlich dem Tatbestand der Geldwäsche gemäß Art. 303 Abs. 1 argStGB10 oder der sogenannten vermittelnden Hehlerei gemäß Art. 303 Abs. 3 argStGB11 subsumiert.12 Indes bin ich der Auffassung, dass es nicht möglich ist, die Einnahme einer Honorarzahlung einem der genannten Tatbestände zu subsumieren.
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Zu den „Druckmitteln“ des FATF vgl. Flah, S. 172. Vgl. Córdoba, La dogmática, S. 130; vgl. auch zum deutschen Recht Tiedemann, Rn. 937. 9 Vgl. Fn. 5. 10 Art. 303 Abs. 1 argStGB: „Mit Freiheitsstrafe von drei bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe in Höhe des zweifachen bis zu zehnfachen des Geschäftswerts wird bestraft, wer aus rechtswidrigen Taten herrührende Güter umwandelt, transferiert, verwaltet, veräußert, belastet, verschleiert oder auf jedwede andere Weise auf dem Markt in Umlauf bringt, mit der möglichen Folge, dass die Herkunft der ursprünglichen Güter oder der Surrogate den Anschein einer rechtmäßigen Herkunft erlangt, sofern der Wert des Geschäfts den Betrag von dreihunderttausend Pesos überschreitet, sei es aufgrund einer Handlung oder der Wiederholung verschiedener Handlungen, die miteinander in Verbindung stehen.“ Eine Strafmilderung findet statt, wenn der Betrag von 300.000 Pesos nicht erreicht wird, vgl. Art. 303 Abs. 4 argStGB. 11 Art. 303 Abs. 3 argStGB: „Wer Geld oder andere Güter erlangt, die aus einer rechtswidrigen Tat herrühren, um sie für ein in Absatz 1 genanntes Geschäft einzusetzen, das ihnen den möglichen Anschein einer rechtmäßigen Herkunft verleihen soll, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren bestraft.“ 12 Für einen Überblick zu den unterschiedlichen Auslegungen vgl. Brond Lavado, S. 111 ff. 8
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Im Gegensatz zu anderen Rechtsordnungen13 sieht das argentinische Strafgesetzbuch keinen spezifischen Tatbestand der Geldwäsche durch das Verhehlen von Gütern vor, der das tatbestandliche Verhalten als Erlangen von aus rechtswidrigen Taten herrührenden Gütern beschreibt, die zu dem Zweck (oder als mögliche Folge) einer Geldwäsche in Umlauf gebracht worden sind; das heißt, der die Handlung des Partners jener Person bezeichnet, die im Sinne des Art. 303 Abs. 1 argStGB „auf dem Markt in Umlauf bringt“. Der argentinische Gesetzgeber hat nicht Art. 6 Punkt 1 b) i) des Übereinkommens gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität übernommen, sondern diese in einen Straftatbestand umgestaltet, der als „vermittelnde Hehlerei“ bekannt ist und die Struktur eines kupierten, mehraktigen Delikts aufweist (Art. 303 Abs. 3 argStGB).14 Wenden wir uns dem objektiven Tatbestand der Geldwäsche (Art. 303 Abs 1 argStGB) zu. An sich kann man diesen Tatbestand auf das Folgende reduzieren: das InUmlauf-Bringen auf dem Markt von Gütern, die aus einer rechtswidrigen Tat herrühren, mit der möglichen Folge, dass die Herkunft der Güter den Anschein der Rechtmäßigkeit erhält. Diese Vereinfachung erklärt sich daraus, dass die Aufzählung typischer Geldwäschehandlungen (umwandeln, transferieren, verwalten, veräußern, belasten, verschleiern) nach Maßgabe des ausdrücklichen Korrektivs im Schlussteil des Satzes auszulegen ist, und dieser besagt: „oder auf jedwede andere Weise auf dem Markt in Umlauf bringt“.15 Damit die genannten Handlungen den Straftatbestand verwirklichen, müssen sie folglich ein In-Umlauf-Bringen darstellen, was zumindest verlangt, dass die Güter in Richtung eines bestimmten Ziels gelenkt werden. Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht behaupten, dass der Verteidiger derartige Güter „auf dem Markt in Umlauf bringt“, da er die Güter seinerseits lediglich in Empfang nimmt, was nicht als Lenkung in Richtung eines bestimmten Ziels angesehen werden kann.16 Bedeutet dies, dass die Einnahme eines Honorars niemals den genannten Verhaltensweisen zu subsumieren ist? Nicht notwendigerweise. In dem zu untersuchenden Geschehen könnte die Tat mittäterschaftlich oder im Wege der Beihilfe begangen
13 Art. 6 Punkt 1 b) i) des Übereinkommens gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität; § 261 Abs. 2 S. 1 StGB. Dazu Tiedemann, Rn. 952 m.w.N. zur Rechtsprechung; Frisch, § 261 Rn. 30, 32 ff. Zu einer Darstellung der Einordnung in verschiedenen Staaten Lateinamerikas vgl. Brond, Aceptación, S. 50 ff. 14 Vgl. Córdoba, La dogmática, S. 140. 15 Córdoba, La dogmática, S. 133 erwägt zudem, dass die Wendung „oder auf jedwede andere Weise auf dem Markt in Umlauf bringt“ auch als weiterer Bestandteil der genannten Aufzählung ausgelegt werden könnte. Jedoch zeigt sich bei vergleichender Betrachtung des argStGB, dass Formulierungen der Art „oder auf jedwede andere Weise“ [„o de cualquier otro modo“] eine Zusammenfassung der vorausgehenden und nicht eine zusätzliche Variante darstellen; vgl. etwa die Art. 125, 139bis, 144quinto, 163 Abs. 2, 172, 177, 183, 301bis etc. 16 Anders Blanco, S. 2045 ff., der davon ausgeht, dass der Rechtsanwalt sich an dem InUmlauf-Bringen „beteiligt“.
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worden sein.17 In diesem Fall müssten sich für die Annahme von Mittäterschaft eine gemeinsame Entscheidung und eine gemeinsame Tatherrschaft feststellen lassen. Sofern zwei oder mehr Personen gemeinsam übereinkommen, „aus rechtswidrigen Taten herrührende Güter […] auf dem Markt in Umlauf [zu bringen], mit der möglichen Folge, dass die Herkunft der ursprünglichen Güter oder der Surrogate den Anschein einer rechtmäßigen Herkunft erlangt“, und sie die Tat gemeinsam begehen, so besteht Mittäterschaft. Wenn hingegen der Strafverteidiger die Tat nicht beherrscht, so könnte eine (wesentliche oder notwendige) Beihilfe in Frage kommen.18 Allerdings könnte das Verhalten desjenigen, der das Geschehen nicht beherrscht, auch als „eine nachfolgende Hilfeleistung, mit welcher [der Tat] vorausgehende Versprechen erfüllt werden“ einzuordnen sein; dies bedeutete eine „unwesentliche Beihilfe“19, sodass auf dieser Grundlage von „unwesentlicher Beihilfe“ auszugehen wäre. Jedenfalls müsste eine Willensübereinstimmung zwischen Mandant und Rechtsanwalt bestehen, die sich spezifisch auf die Geldwäsche und nicht allein auf die Zahlung eines Honorars für die Strafverteidigung bezieht. 2. Sogenannte vermittelnde Hehlerei (Art. 303 Abs. 3 argStGB) Selbst wenn eine entsprechende Willensübereinstimmung feststellbar wäre, bestünden gleichwohl Abgrenzungsschwierigkeiten in Bezug auf die bereits erwähnte vermittelnde Hehlerei (Art. 303 Abs. 3 argStGB). Dieser Tatbestand setzt ein besonderes subjektives Unrechtselement voraus, das über den Hehlereivorsatz hinausgeht und sich nach Art eines mehraktigen, kupierten Delikts auf die Zwecksetzung bezieht, die Güter für eine Geldwäscheaktion einzusetzen und ihnen auf diese Weise den möglichen Anschein einer rechtmäßigen Herkunft zu verleihen. Die „vermittelnde Hehlerei“ ist demnach eine Form der Geldwäsche, die sich von ihrem Grundtyp durch den Zwischenschritt einer Hehlerei unterscheidet. Sofern die tatbestandlichspezifische Finalität im Zeitpunkt der Hehlerei nicht besteht, ist die entsprechende Subsumtion eines Verhaltens ausgeschlossen.
17 Natürlich ist auch eine Anstiftung vonseiten des Rechtsanwalts möglich, der seinen Mandanten dazu anhält, ihm Honorare zu zahlen, um auf diese Weise Gelder zu waschen, aber ein solches Geschehen entfernt sich zu weit von dem Fall, den ich untersuchen möchte und der sich auf einen Strafverteidiger bezieht, der ohne darüber hinausgehende Absichten und mit dem Wissen um die unrechtmäßige Herkunft Honorare einnimmt. 18 In Argentinien bezeichnet die „wesentliche“ bzw. „notwendige Beihilfe“ eine „Hilfeleistung oder Kooperation, ohne welche [die Tat] nicht hätte begangen werden können“ (Art. 45 argStGB). Im Gegensatz dazu steht die „unwesentliche Beihilfe“, bei der die Tat entweder auch ohne den Beitrag des Gehilfen hätte begangen werden können oder die Hilfe erst nach der Tat, jedoch auf der Grundlage eines vorherigen Versprechens geleistet wird (Art. 46 argStGB). Im ersten Fall richtet sich die Strafe des Beteiligten nach der für den Täter vorgesehenen Strafe; im zweiten Fall findet eine obligatorische Minderung der Strafe „von einem Drittel bis zur Hälfte“ statt. 19 Vgl. Fn. 18.
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In der Begründung zu dem Vorgänger des aktuellen Art. 303 Abs. 3 argStGB, nämlich zu Art. 278 Abs. 3 argStGB (idF des Gesetzes 25.246), der einen recht ähnlichen Wortlaut aufwies, hat der Gesetzgeber den Tatbestand als „Unternehmensdelikt“ gestaltet, das heißt als „eine Form der Bestrafung, die an Verhalten anknüpft, das sich materiell als ,Vorbereitungsakt‘ für eine künftige Tat (die Geldwäsche) darstellt“.20 Dieser Auslegung folgte auch die Rechtsprechung.21 Damit sollte klargestellt sein, dass derjenige, der in dem Wissen um die deliktische Herkunft Gelder entgegennimmt, nicht allein dadurch diesen Tatbestand verwirklicht, denn er tut dies nicht, „um sie für ein in Absatz 1 genanntes Geschäft einzusetzen“. Der Strafverteidiger aus dem Grundfall, den wir hier untersuchen, vereinnahmt seine Honorare nicht mit dieser überschießenden Innentendenz. Seine Absichten im Zeitpunkt der Honorareinnahme beziehen sich darauf, das zu vereinnahmen, was ihm als Gegenleistung für erbrachte Dienstleistungen oder gelieferte Güter zusteht. Mehr noch: Entwickelte der Empfänger eine derartige Intention und führte er das Geld einer der in Art. 303 Abs. 1 argStGB genannten geschäftlichen Handlungen zu, so verwirklichte er ebenso wenig den Tatbestand, da die überschießende Innentendenz („um … zu“) zu dem Zeitpunkt vorhanden sein muss, in dem die Hehlerei stattfindet; dies gebietet das Koinzidenzprinzip, das in Art. 34 argStGB verankert ist und ein schuldhaftes Verhalten „im Zeitpunkt der Tat“ verlangt.22 Aber selbst wenn der Rechtsanwalt das Geld in der zum Tatzeitpunkt bestehenden Absicht vereinnahmt, dieses auf dem Markt in Umlauf zu bringen (etwa indem er sein Honorar vereinnahmt, um damit eine gewisse Schuld zu begleichen oder eine bestimmte Ausgabe zu tätigen), so fehlte immer noch das Erfordernis, „den Gütern den Anschein einer rechtmäßigen Herkunft zu verleihen“: Wenn der Rechtsanwalt das Geld unter Einhaltung aller berufs-, steuerrechtlichen und weiteren Anforderungen einnimmt, so lässt sich nicht behaupten, dass das Einkommen den „Anschein der Unrechtmäßigkeit“ habe.23 Folglich können weitere Mittelbewegungen ihm nicht den „Anschein der Rechtmäßigkeit“ verleihen, da sie diesen bereits tragen.24 Wenn, im umgekehrten Fall, der Rechtsanwalt ausgerechnet mit dieser Absicht im Zeitpunkt der Tat und in Abstimmung mit dem Mandanten agiert – das heißt, wenn sie beide den Vorgang lediglich in eine Honorarzahlung einkleiden und weitergehende Wege beschreiten, um den Gütern den Anschein der Rechtmäßigkeit zu geben – entstehen erhebliche
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Parlamentarische Verhandlungen zu dem Gesetz 25.246, LL, 2000-B-1681; vgl. die Problemerörterung bei Córdoba, Delito, S. 43. 21 Als Beispiel vgl. etwa die Sache Nr. 1546/2014/CA1, Verfügung Nr. 27.076 der Kammer B der CNAPE [Cámara Nacional de Apelaciones en lo Penal Económico = Nationale Rechtsmittelkammer in Wirtschaftsstrafsachen, Anm. d. Übers.]. 22 Art. 34 argStGB: „Nicht strafbar ist 1. wer im Zeitpunkt der Tat … nicht in der Lage ist, die Strafbarkeit seines Handelns einzusehen oder sein Verhalten zu lenken.“ 23 Anders Brond, Aceptación, S. 49. 24 Trovato, En qué consiste, S. 15; Rubinovich, S. 271 geht mit Recht davon aus, dass das tatbestandliche Verhalten ein Täuschungselement voraussetze.
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Schwierigkeiten, den Anwendungsbereich des Art. 303 Abs. 1 argStGB (in Fällen der Mittäterschaft oder Beihilfe) abzugrenzen. Dieser Tatbestand kann auch in dem Sinne ausgelegt werden, dass von einer reinen privilegierten Teilnahme desjenigen auszugehen sei, der im Namen des wahren Täters der Geldwäsche handele, wie es bei Personen der Fall ist, die als „Kuriere“ eingesetzt werden, um aus Straftaten herrührende Gelder in das Ausland zu versenden. In der Praxis sind solche Fälle von der argentinischen Rechtsprechung als tatbestandsmäßig angesehen worden.25 Für diese Auslegung spricht die erhebliche Reduktion des Strafrahmens für dieses Delikt.26 3. Hehlerei (Art. 277 Abs. 1 lit. c argStGB) Schließlich stellt sich die Frage, jedenfalls im Prinzip und in Bezug auf den objektiven Tatbestand, wie ein Vorgehen strafrechtlich zu bewerten ist, das in der bewussten Verwirklichung der Kehrseite des in Art. 303 Abs. 1 argStGB beschriebenen Verhaltens besteht. Die Frage lautet also: Was gilt in Bezug auf das Verhalten desjenigen, der „auf dem Markt die Güter in Empfang nimmt“? Mangels einer spezifischen Norm könnte dieses Verhalten eine reine Hehlerei gemäß Art. 277 Abs. 1 lit. c) argStGB darstellen.27 Zumindest in objektiver Hinsicht scheint das Verhalten des Rechtsanwalts, der Honorare einnimmt, deren deliktische Herkunft er kennt, grundsätzlich dieser Verhaltensbeschreibung zu entsprechen. Nach meiner Auffassung ist in Bezug auf diese Vorschrift nach Maßgabe der Regeln über die objektive Zurechnung zu erörtern, ob das hier behandelte Verhalten des Strafverteidigers strafbar ist oder nicht.
III. Neutrale Handlungen 1. Beihilfe, eigenständige Delikte und Anschlusstat Hinsichtlich der Vereinnahmung von Honoraren, die mit aus Straftaten herrührenden Mitteln bezahlt werden, gibt es bekanntlich den Versuch, die Lehre von den neutralen Handlungen zu übertragen, die die Lösung im subjektiven Tatbestand verortet,
25 Vgl. etwa die Sache Nr. 1546/2014/CA1, Verfügung Nr. 27.076, der Kammer B der CNAPE; Sache Nr. 20.676 „Antonini Wilson“, des Juzgado Nacional en lo Penal Económico Nr. 2 (v. 5. 12. 2011). 26 Vgl. die Fn. 10 und 11. 27 Art. 277 Abs. 1 lit. c) argStGB: „Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren wird bestraft, wer nach Begehung einer Tat eines anderen, an der er nicht beteiligt gewesen ist, […] aus Straftaten herrührende Gelder, Sachen oder Werte erwirbt, erlangt oder verbirgt.“
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je nachdem, ob wissentlich oder mit Eventualvorsatz gehandelt wird.28 Ich gehe hingegen davon aus, dass das Problem bereits im objektiven Tatbestand zu lösen ist. Zuvor ist jedoch zu erläutern, weshalb es möglich sein soll, eine Lehre, die sich auf die Beihilfe bezieht, auf ein eigenständiges Delikt zu übertragen. Die Begründung erscheint einfach: Bei der Hehlerei handelt es sich strukturell um eine Verhaltensweise, deren Unrechtsgehalt von einer anderen Tat (die von einem Dritten begangen wurde)29 abhängig ist. Die Strafbarkeit dieser Tat ist im weiten Begriffssinn akzessorisch zu gewissen Merkmalen einer Haupttat ausgestaltet. Auch wenn der Tatbestand in formeller Hinsicht eigenständig besteht, ist er materiell von der Existenz einer unwerten Haupttat abhängig. In seiner Eigenschaft als Anschlusstat vereint ihn die materielle Abhängigkeit von der Existenz eines Hauptunrechts mit der Beihilfe. Weiterhin ist gleichwohl zu erklären, aus welchem Grund eine auf die Beihilfe bezogene Lehre auf eine Anschlusstat übertragen werden könnte, da letztere genau genommen keine Beteiligung an einer anderen Tat darstellt. Insoweit bestehen formale und materielle Unterschiede zwischen der Hehlerei und der Beihilfe, die sich nicht als unbedeutend erweisen. In formaler Hinsicht verfügt die Hehlerei über einen festen Strafrahmen (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren), während sich die Strafe für die Beihilfe nach der Strafe für die Tat richtet, an welcher der Betreffende teilnimmt. In materieller Hinsicht wird in der argentinischen Lehre herkömmlich für die Teilnahme ein Kausalitätserfordernis aufgestellt.30 Soler, der Einflussreichste unter den klassischen argentinischen Strafrechtlern verfocht die These, dass die Begünstigung und die Hehlerei in der früheren Gesetzgebung „evident irrig“ als eine Form der Teilnahme angesehen worden seien.31 Dieser These fügte er die Feststellung hinzu, dass die „erste und unmittelbare Folge des Umstands, dass man die Teilnahme aus dem Blickwinkel der Kausalität betrachtet, darin besteht, aus der Teilnahme jegliche Form der Beteiligung an einer Tat auszuschließen, die nicht genau darin besteht, die Tat zu verursachen oder zu ihrer Verursachung beizutragen“.32 Diese Überbetonung der Bedeutung der Kausalität bewegte Soler und seine Zeitgenossen dazu, einen bedeutsamen Unterschied zwischen der Hehlerei und der Beihilfe anzunehmen.33 Der auf die Kausalität gesetzte Schwerpunkt ist 28
Vgl. BVerfG NJW 2004, 1305; NJW 2015, 2949. In der gegenwärtigen Gesetzeslage in Argentinien trifft dies allerdings nicht auf den Fall der Geldwäsche zu, da derzeit auch die „Selbstgeldwäsche“ strafbar ist (Art. 303 Abs. 1 argStGB). Hingegen ist die Hehlerei nur dann strafbar, wenn Güter erlangt werden, die „aus einer von einem anderen begangenen Tat“ herrühren (Art. 277 argStGB). 30 Soler, Band II, S. 281. 31 Soler, Band II, S. 281. 32 Soler, Band II, S. 280 f. 33 So Soler, Band V, S. 324: „Mehr denn je scheint die weitläufige Entwicklung der Lehren von der Kausalität einen Beitrag geleistet zu haben, denen zufolge es recht offenkundig erschien, dass ein Teilnehmer nur jene Person sein konnte, die zumindest eine Bedingung für den Erfolg gesetzt hätte. Die Figur eines Gehilfen a posteriori erschien ebenso eindeutig inakzeptabel wie jene einer der Wirkung nachfolgende Ursache“. 29
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über den Verlauf der Zeit beibehalten worden und bildet noch heute nach herrschender Meinung in der Lehre ein konstitutives Element der Beihilfe.34 Einerseits führt jedoch der Umstand, dass es Unterschiede zwischen Beihilfe und Hehlerei gibt, nicht dazu, dass Letztere damit weniger von einer Haupttat abhinge. In diesem Sinne wird vertreten, dass die Begünstigung und die Hehlerei das Rechtsgut schützen, welches durch die Vortat beeinträchtigt wird.35 Andererseits stellen bereits die erwähnten der Tat nachfolgenden Beiträge, die auf ein vorheriges Versprechen geleistet werden, für den Strafgesetzgeber (Art. 46 argStGB) ebenfalls (unwesentliche) Beihilfeformen dar. Fordert man tatsächlich eine Kausalbeziehung, so stellt sich die Frage, wie die in Art. 46 argStGB vorgesehene Beihilfe durch „nachfolgende Hilfe“ zu rechtfertigen wäre. Zu ähnlichen Schwierigkeiten, die ebenfalls in einer Überzeichnung der Bedeutung der Kausalität wurzeln, gelangt Zaffaroni,36 der den Schwerpunkt auf das vorherige Versprechen legen möchte, sodann aber annimmt, dass dieses „der Bedingung unterworfen ist, dass es im Nachgang erfüllt wird“.37 Sofern dieser Konditionalzusammenhang richtig ist, liegt dies jedoch daran, dass nicht das Versprechen das ausschlaggebende Element darstellt, sondern die der Tat „nachfolgende Hilfeleistung“. Ist diese „nachfolgend“, kann sie nach Maßgabe der Kausalitätskriterien schwerlich als eine Form der Teilnahme an der Tat angesehen werden. Zutreffender erscheint es daher, mit Bacigalupo, dem Lehrer des geehrten Prof. Sancinetti, davon auszugehen, dass der die Beihilfe begründende Beitrag „in materieller Hinsicht nicht notwendig kausal sein muss“38 und dass die Teilnahme darin besteht, gegen „das Verbot zu verstoßen, eine andere verbotene Tat zu veranlassen oder zu unterstützen“39. Aus diesem Blickwinkel verliert die materielle Unterscheidung zwischen Beihilfe und Anschlusstat in erheblichem Maße an Bedeutung, jedenfalls im Rahmen dieses Aufsatzes.
34 Zaffaroni/Alagia/Slokar, S. 805: „Es ist eine notwendige Bedingung, dass der Beitrag des Gehilfen ursächlich für den Erfolg ist“; in Deutschland ist die Lage vergleichbar, s. Wessels/Beulke/Satzger, Rn. 818. Vgl. auch Otto, FS-Lenckner, S. 195, der ausführt: „Während die h. L. das Erfordernis der ,Kausalität der Beihilfe‘ betont, lehnt die höchstrichterliche Rechtsprechung dieses Erfordernis ab und fordert lediglich, daß der Gehilfe die Tat ,gefördert‘ oder ,erleichtert‘ hat“. Allerdings geht Otto davon aus, dass die mangelnde Übereinstimmung zwischen der Lehre und der Rechtsprechung lediglich ein vordergründiges Problem darstelle, denn obschon die Lehre Kausalität verlange, beziehe sie sich dabei nicht auf einen im Sinne einer conditio sine qua non kausalen Beitrag, sondern auf ein Ermöglichen, Erleichtern, Beschleunigen oder Verstärken (aaO.). 35 D’Alessio, Band II, S. 1385, abgesehen davon, dass in Lehre und Rechtsprechung Übereinstimmung darüber herrscht, dass in erster Linie das Rechtsgut der Rechtspflege beeinträchtigt wird. 36 Er ist einer jener Strafrechtslehrer, die die argentinische Lehre in den vergangenen Jahrzehnten am meisten beeinflusst haben. 37 Zaffaroni/Alagia/Slokar, S. 805. 38 Bacigalupo, S. 529. 39 Bacigalupo, S. 519.
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2. Neutrale Handlungen und Hehlerei Aufgrund der Tatsache, dass grundsätzlich alle zu einer Haupttat akzessorischen Begehungsweisen, die (nicht in formalem, sondern in materiellem Sinne) nicht eigenständig unrechtmäßig sind, als neutrale Handlungen angesehen werden können, sobald man ihnen den Bezug auf eine Haupttat nimmt, ist eine Unterscheidung dahingehend zu treffen, welche dieser Handlungen auch dann noch als neutral anzusehen sind, wenn sie in Verbindung mit einer Straftat vorgenommen werden. An diesem Punkt eröffnet sich der Anwendungsbereich der Lehre von den neutralen Handlungen. Die in dieser Lehre aufgestellten Thesen betreffen gemeinsame Merkmale der vorherigen und der nachfolgenden Teilnahme (wesentliche und unwesentliche Beihilfe) sowie der Hehlerei, sodass eine Übertragung der Lehren von der Beihilfe durch neutrale Handlungen in die Sphäre der Hehlerei (durch neutrale Handlungen) gerechtfertigt erscheint. Die Lehren von den neutralen Handlungen betreffen die Frage, ob Handlungen des täglichen Lebens, die sozialadäquat, berufstypisch etc. sind, als strafbar angesehen werden können, sobald sie aufgrund ihrer Verbindung zu einer strafbaren Haupttat in das Blickfeld rücken. Für den Fall der Hehlerei ist diese Frage mit der klassischen Unterscheidung in der argentinischen Lehre in Einklang zu bringen, der zufolge „der normale Verschleierer oder Begünstigende in fremdem Interesse handelt, während der Hehler im eigenen Interesse tätig wird“40. Obschon es sich dabei um eine Regel zu handeln scheint, die subjektive Aspekte betrifft, hat sie ihren Ursprung im Objektiven: Der Hehler muss ein „Plus“ erreichen, einen Gewinn, den er nicht erzielt hätte, wenn die erlangten Sachen nicht aus einer Straftat stammten. Allerdings muss dieser Ausgangspunkt anhand des Gedankens eingeschränkt werden, dass in diesen Fällen der Bereich des Strafbaren erst beginnt, wenn der Rahmen üblicher sozialer Kontakte durch ein Verhalten überschritten wird, das ansonsten nicht verständlich ist, jedoch im Hinblick auf eine Straftat nachvollziehbar wird und Sinnhaftigkeit erlangt.41 Es folgt, dass den objektiven Tatbestand verwirklicht, wer eine Transaktion durchführt, auch wenn er keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, die nicht als üblicher sozialer Kontakt erklärbar ist (weil – bspw. – Sachen auf dem Bürgersteig erworben wurden und nicht zu erklären ist, warum sie nicht in Geschäften verkauft werden), sofern auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Anders gewendet: Wenn der Erwerb keinen aus der unrechtmäßigen Herkunft zu erklärenden Gewinn generiert und – zusätzlich – im Rahmen eines üblichen sozialen Kontakts stattfindet, so kann dies nicht als Hehlerei gelten. Da es sich um objektive Umstände handelt, beeinflussen bestehende persönliche „rechtswidrige“ Motive des Hehlers diesen Lösungsansatz nicht. Die persönlichen Motive des Rechtsanwalts verleihen dem Verhalten, Geld im Gegenzug für seine beruflichen Leistungen anzunehmen, nicht die Sinnhaftigkeit. 40 41
Soler, Band V, S. 348, allerdings mit gewissen Abstufungen. Vgl. Otto, FS-Lenckner, S. 217.
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3. Besonders regulierte Berufszweige Allerdings gibt es Berufs- und Geschäftszweige, die gesondert durch den Gesetzgeber reguliert worden sind. In diesem Bereich stellt in Argentinien das Gesetz 25.246 infolge internationaler Empfehlungen die Verpflichtung auf, die UIF über jede „atypische Situation, die geeignet ist, eine den Verdacht der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung begründende Tat oder geschäftliche Handlung darzustellen“ (Art. 20bis) in Kenntnis zu setzen. Diese Pflicht knüpft an Kenntnisse, die gewisse Personen in ihrem beruflichen Wirkungskreis erlangen.42 Folglich könnte der „sozial übliche Kontakt“, oder die „Rolle“ in der Terminologie von Jakobs,43 durch dieses Gesetz oder eine andere Vorschrift, die spezifisch eine bestimmte Berufsgruppe reguliert, modifiziert werden. Bislang richtet sich Art. 20 des Gesetzes 25.246 nicht an Rechtsanwälte.44 In Spanien werden sie hingegen erfasst; dies gilt jedoch nicht, wenn es sich um die Verteidigung in Strafsachen handelt.45 4. Vorbehalt des Gesetzes und Interessenabwägung Reduziert sich damit das Problem einzig auf den Vorbehalt des Gesetzes? Letztlich handelt es sich um eine Interessenabwägung, die der Gesetzgeber vornehmen muss. In der Zusammenfassung streiten gegeneinander: das Interesse des Rechtsanwalts an der freien Berufsausübung und das Interesse des Staates an der Strafrechtspflege oder an der Beseitigung der Tatfolgen (Art. 23 argStGB).46 Der erste in der Bilanz zu berücksichtigende Umstand betrifft eine Auslegung des Tatbestands der Geldwäsche, die als herrschend angesehen werden kann, nämlich die sog. Totalkontamination.47 Auf den konkreten Fall angewendet: Wenn Gelder oder Güter aus unrechtmäßiger Herkunft – oder ihre Surrogate – mit anderen Vermögenswerten des Mandanten in Berührung kommen, so tritt eine Totalkontamination der Güter ein, die mit aus Straftaten herrührenden Gütern vermischt werden.48 Da das gesamte Vermögen des Mandanten kontaminiert wäre, verwirklichte der Rechtsanwalt folglich 42
Art. 20 des Gesetzes 25.246 sieht 23 „zur Information gegenüber der Abteilung für Finanzinformationen [UIF, Anm. d. Übers.] Verpflichtete“ vor, schließt jedoch nicht die Rechtsanwälte ein; vgl. zu diesem Gesetz Labombarda, S. 195 ff. 43 Jakobs, 24/13 ff., 24/18: „stereotype Rolle“. 44 Vor diesem Hintergrund erscheint die in Punkt I oben referierte Aufforderung der UIF als unrechtmäßig, da sie ohne gesetzliche Grundlage die in Art. 20 des Gesetzes statuierte Informationspflicht ausweitet. Indes geht Brond, Aceptación, S. 59 davon aus, dass bereits Art. 303 argStGB eine Regelung der freien Berufsausübung beinhalte, die er übrigens als unangemessen ansieht. 45 Coca Vila, S. 295. 46 Vgl. Otto, JZ 2001, 439 f. 47 Vgl. hierzu Córdoba, Delito, S. 170 ff. In Deutschland: BGH NJW 2015, 3254 ff. 48 Freilich wird hierdurch das Tatbestandsmerkmal „herrührend“ in Widerspruch zu dem Gesetzlichkeitsprinzip lex stricta ausgelegt, vgl. etwa Tiedemann Rn. 945. Hinsichtlich des Beweises der Herkunft vgl. Durrieu Figueroa, S. 161.
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notwendigerweise den Straftatbestand, selbst wenn der bemakelte Ursprung lediglich – zum Beispiel – einen Anteil von 20 % ausmachte.49 In der Konsequenz führte dies zu einem Automatismus, aufgrund dessen jeder Strafverteidiger eines Drogenhändlers oder Terroristen oder korrupten Amtsträgers auf sein Honorar verzichten müsste, wenn er nicht selbst einer Hehlerei beschuldigt werden möchte; aber dies gälte nicht nur für mit der organisierten Kriminalität in Verbindung gebrachte Mandanten, sondern zugleich für jeden, der irgendeine Straftat begangen hat (!). Um eine Lösung zu finden, ist in die Abwägung auch das Interesse des Mandanten einzustellen. Sofern man nicht ein Täterstrafrecht gegen die Täter eines gewissen Deliktstyps in Stellung bringen möchte, müssen dem staatlichen Interesse an der Bestrafung Schuldiger und Beseitigung der Tatfolgen klare Grenzen gesetzt werden. Eine vielversprechende Regel, die als unüberwindbare Grenze der neutralen Handlungen einsetzbar ist, findet sich in der folgenden Überlegung von Otto: „Das Gesetz fordert nicht, den Straftäter sozial zu isolieren, ihn zu boykottieren. Es verbietet, die Durchsetzung des Strafanspruchs zu erschweren oder zu verhindern, gebietet jedoch nicht, sie dadurch zu ermöglichen oder zu erleichtern, daß der Straftäter aus seinen sozialen Bezügen hinausgedrängt und damit isoliert wird“50. Die Grenze verläuft also entlang des Verbots eines staatlichen Strebens nach Verweisung und Isolation einer Person von ihren gesellschaftlichen Bezügen. In diesem Kontext erscheint die generelle Überlegung, die Geldwäsche als „Isolationstatbestand“ auszulegen, als riskant.51 Wenn die Fassung eines Straftatbestandes in der Praxis dazu führt, jegliche Bewegung von Geldern oder Gütern des Täters zu unterbinden, so wird nicht mehr ein Verhalten umschrieben sondern ein grundlegender Aspekt seines Lebens. Damit gäbe man das Tatstrafrecht auf, und wenn in der deutschen Rechtslehre die These aufgestellt wird, dass „der Gesetzgeber die wirtschaftliche Isolation und rechtliche Verkehrsunfähigkeit kriminell erlangten Vermögens anstrebt“52, verliert dieser Anspruch seine Legitimation, sobald die (wirtschaftliche) Isolation des kriminell erlangten Vermögens sich zu einer (wirtschaftlichen) Isolation der Person des Täters wandelt. Und noch einmal aus der hier interessierenden Perspektive betrachtet, nämlich jener des Strafverteidigers: Keinem Bürger kann eine Garantenpflicht zur Mitwirkung an der Durchsetzung des staatlichen Interesses an der Rechtspflege auferlegt werden, die sich auf die Aufklärung der von Dritten begangenen Taten richtet, mit denen er lediglich einen auf seiner Berufstätigkeit beruhenden gesellschaftlichen Kontakt hat; dies bedeutete seine gesellschaftliche Isolation.
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Obschon bei restriktiver Auslegung des Tatbestands der Hehlerei die Surrogate ausgeschlossen wären, da im Gegensatz zur Geldwäsche nur die ursprünglichen Güter Gegenstand der Hehlerei sind, vgl. hierzu Córdoba, La dogmática, S. 141. 50 Otto, FS-Lenckner, S. 217. 51 Vgl. Wessels/Hillenkamp, Rn. 890; Tiedemann, Rn. 938. 52 Tiedemann, Rn. 938.
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IV. Schlussfolgerungen Der Tatbestand der Geldwäsche im argStGB besitzt eine Ausgestaltung, die ihm einen unermesslichen Anwendungsbereich zuweist, denn er umfasst Verhaltensweisen, die keinerlei Verbindung mehr zu dem Zweck seiner Aufnahme in das argentinische Strafgesetzbuch aufweisen – dem Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Der Umstand allein, dass dieser Tatbestand derart unkontrollierbar erscheint, zwingt den Juristen dazu, eine restriktive Auslegung vorzunehmen. Für den Fall des Strafverteidigers, der wissentlich Honorare einnimmt, die mit aus der organisierten Kriminalität herrührenden Mitteln bezahlt werden, zeigt eine moderierende Auslegung auf, dass sein Verhalten weder dem Tatbestand der Geldwäsche (Art. 303 Abs. 1 argStGB) noch jenem der vermittelnden Hehlerei zum Zweck der Geldwäsche (Art. 303 Abs. 3 argStGB) subsumiert werden kann. Gleichwohl scheint dieses Verhalten bei unbefangener Lektüre dem Tatbestand der Hehlerei (Art. 277 Abs. 1 lit. c) argStGB) zu unterfallen. Aber bei systematischer Auslegung dieses Tatbestands, die auf einen Vergleich mit den weiteren Fällen der Verschleierung oder Begünstigung in Art. 277 Abs. 1 argStGB zurückgreift, müsste es bereits in objektiver Hinsicht einen gewissen Sondervorteil für den Täter der Hehlerei geben. Mangelt es an einem solchen Vorteil, besteht ein Indiz für die Tatbestandlichkeit, sofern die Umstände des Falls anzeigen, dass die aus Straftaten herrührenden Güter außerhalb der üblichen sozialen Kontakte erworben worden sind. Diese Beschränkungen sind auch auf den Fall des Strafverteidigers anzuwenden: Nimmt er Honorargelder im Rahmen eines üblichen beruflichen Kontakts ein (Zahlung für tatsächlich erbrachte rechtliche Dienstleistungen), so ist er für die Herkunft dieser Gelder überhaupt nicht zur Verantwortung zu ziehen. Gleichwohl könnte dies de lege ferenda durch eine Modifikation des Gesetzes geändert werden, das derzeit für die Rechtsanwälte (Verteidiger) noch keine besondere, auf ihrem beruflichen Wirkungsbereich beruhende Informationspflicht vorsieht, sofern sie Kenntnis von geldwäscheverdächtigen Situationen erlangen. Aber in einem solchen Fall müsste eine Interessenabwägung stattfinden, in die zwei Gesichtspunkte einzustellen wären: das Verbot der gesellschaftlichen Isolierung der Person des Mandanten und die zweifelhafte Legitimation des staatlichen Strebens nach Schaffung einer Garantenpflicht zur Mitwirkung an der Rechtspflege in Bezug auf die Aufklärung der von Dritten begangenen Taten, mit denen der Verpflichtete lediglich einen sozialen Kontakt auf der Basis seiner Berufstätigkeit pflegt, wenn dies bedeutet, den Vortäter gesellschaftlich zu isolieren. In der Hoffnung, dass diese Überlegungen sich als Beitrag zu Ehren der Lehren des hochverehrten Professors Sancinetti verstehen dürfen – Valgan estas reflexiones como homenaje a las enseñanzas del querido profesor Sancinetti.
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La participación del extraneus en los delitos de infracción de deber Por José Antonio Caro John
I. Introducción La intervención delictiva se plasma en los códigos penales mediante la acción realizar por sí, por medio de otro, conjuntamente, así como determinar a otro y prestar auxilio a la realización del hecho punible.1 Más allá de la mera distinción fenomenológica entre las posibles formas de autoría y participación, lo determinante es el sentido de “realización típica”2 que genera la conducta de cada uno de los intervinientes, concretándose de manera individual como infracción de la vigencia de una norma. Con la infracción de la norma, el accionar individual de cada interviniente se conecta con el tipo penal; solo en el caso de la conducta neutra o socialmente adecuada lo realizado queda fuera de los contornos del tipo penal.3 La infracción de la norma4 constituye así el nexo de vinculación típica que une a todos los intervinientes en un hecho delictivo. En el caso de los delitos de infracción de deber reviste interés el estudio de la conducta de intervención del extraneus, pues tanto el obligado especial como el extraneus infringen la norma por igual, aunque el extraneus siempre en el rol de partícipe. Esta es la idea que desarrollaremos en la presente contribución, que dedicamos con profundo aprecio al admirado profesor Marcelo Sancinetti.
1 Estos grados de intervención delictiva dan lugar a lo que en el derecho penal se denomina comúnmente como como autoría (directa, mediata y coautoría) y participación (instigación y complicidad). En el caso del StGB alemán está regulado en los §§ 25, 26 y 27. En el CP peruano en los arts. 23, 24, y 25. Poniendo el acento en que la distinción entre estas formas de intervención es meramente fenomenológica, véase Sánchez-Vera, RPDJP 1 (2000), 359 ss. 2 Robles Planas, La participación en el delito, p. 177 ss.: “en un derecho penal del hecho típico, no toda intromisión en una esfera de organización ajena conduce a la responsabilidad, sino solo aquellas conductas que constituyen realizaciones típicas” (subrayado agregado). 3 Véase Caro John, Das erlaubte Kausieren verbotener Taten – Regressverbot, passim. 4 Jakobs, FS Lampe, 565.
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II. Teorías sobre la conducta de intervención del extraneus 1. Perspectiva desde los delitos de dominio La conducta de intervención del extraneus en los delitos de dominio es tratada bajo dos teorías: de la ruptura y de la unidad del título de imputación.5 Para entender de una mejor manera las propuestas de ambas teorías es vital trazar la diferenciación conceptual de los delitos especiales propios y delitos especiales impropios. En el caso de los delitos especiales propios, la cualidad del autor fundamenta el injusto penal, por ej., la condición de “juez” o “fiscal” fundamentan el delito de prevaricato (art. 418 CP), lo mismo ocurre con el delito de “abuso de autoridad” (art. 376 CP), “malversación de fondos” (art. 389 CP), “cohecho pasivo” (art. 393 CP), donde la mera condición de funcionario público basta para fundamentar los tipos penales. Estos delitos no cuentan con un tipo penal subyacente en el campo de los delitos comunes. En los delitos especiales impropios la cualidad especial del autor solo agrava el injusto de un delito común, por ej., el “peculado” (art. 387 CP) en relación con el “hurto” (art. 186 CP) o la “apropiación ilícita” (art. 190 CP); la “concusión” (art. 382 CP) en relación con la “coacción” (art. 151 CP). a) Teoría de la ruptura del título de imputación Punto de partida de esta teoría es que el extraneus nunca responde por el mismo delito cometido por el funcionario público. ¿Para qué el tipo penal aludiría a un “funcionario público” como interviniente delictivo si finalmente un particular va a responder también por el mismo delito? Según de qué delito especial se trate, la solución es dada de la siguiente manera: en los delitos especiales propios el extraneus que interviene junto al funcionario público goza siempre del privilegio de la impunidad por no existir un delito común subyacente al que reconducir su responsabilidad. Así, la novia de un alcalde, que recibe en nombre de éste el diezmo de un empresario para entregárselo luego al funcionario, en gesto de gratitud, porque se le ha asignado una licencia para la construcción de unas carreteras, quedaría impune porque el tipo penal de cohecho pasivo impropio (art. 394 CP) solo alcanza al funcionario, sin que exista un tipo penal subyacente al que se pueda reconducir la intervención de la mujer. Es más, el empresario tampoco respondería, pues el cohecho pasivo impropio no es un delito agravado de otro común. Claro que en este último caso, la incorrección de la teoría se ve salvada porque el legislador, al advertir este vacío legal, posteriormente introdujo en el código penal el delito de “cohecho activo genérico” (art. 397 CP). 5 Una prolija exposición con anotaciones críticas de estas teorías es realizada por Abanto Vásquez, La influencia de la ciencia penal alemana, p. 199 ss.
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No obstante, de seguirse esta teoría al pie de la letra, nada impediría que quedasen impunes, hasta el momento de la reforma penal, los actos de cohecho en los que interviene todo particular. La solución basada en una perspectiva de los delitos especiales impropios precisa que la intervención del extraneus en el delito cometido por un funcionario público no queda impune, pues si en el extraneus no concurre el elemento especial cualificador podrá siempre imputársele el delito común básico subyacente. Sin embargo, esta solución genera el problema de no encontrar una respuesta satisfactoria a la pregunta de por qué tendría que responder el extraneus por un delito diferente del que cometió. Si, por ej., un sujeto cualquiera ayuda una noche a un alcalde a trasladar desde la municipalidad a la casa de un familiar de la autoridad edil un centenar de equipos de cómputo donados por una empresa a la municipalidad, los partidarios de esta teoría sostendrían que el alcalde debería responder como autor del delito de peculado (art. 387 CP), mientras que el particular extraneus como autor del delito de hurto (art. 186 CP). Esto es así porque el peculado solo agrava en este caso el delito de hurto, transformando el título del sujeto común en una cualificación especial de funcionario. Pero si la aportación del extraneus solo fue secundaria, y no principal, como en el caso planteado, por ej., limitándose tan solo a vigilar, siendo conocido que a esa hora ningún alma suele pasar por dicho lugar, entonces el peso de su intervención solo alcanzaría el nivel de la complicidad secundaria. Así las cosas, no convence por qué el extraneus tendría que responder como cómplice de hurto, sin existir un autor de ese delito, si el autor obligado especial claramente comete el delito de peculado. Si, en cambio, la intervención del extraneus tuviese un peso tan intenso como el del funcionario, por ej., todas las cosas hurtadas son transportadas en el camión del extraneus, manejado por él mismo, entonces, en vista que no es posible una autoría suya por el delito de peculado, se convierte ahora en autor de hurto. Con razón Abanto Vásquez califica de absurda a esta solución, pues “en los casos en que quien tuvo el dominio del hecho haya sido el intraneus, la punibilidad del partícipe extraneus no va a depender del ‘hecho principal’ punible (el delito especial), sino de otro que en realidad no se ha cometido (el delito común). Y también al revés, cuando el dominio del hecho lo tiene el extraneus, el intraneus resultaría punible como partícipe de un ‘delito especial’ que no se ha cometido en realidad, pues al extraneus se le imputa el delito común”.6 b) Teoría de la unidad del título de imputación Esta teoría parte del reconocimiento que el sentido de protección de los tipos penales que contienen a un obligado especial está dirigido no solamente a él, sino también a la generalidad, puesto que el deber de “no lesionar” la administración 6
Abanto Vásquez, La influencia de la ciencia penal alemana, p. 204.
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pública interesa a todos. Sobre esta base, se construye una participación del extraneus en un delito especial. En el caso del delito especial propio, el funcionario público responderá como autor y el extraneus como partícipe. Recuérdese que la doctrina del delito especial propio sostenía que el factor fundante de la autoría es el quebrantamiento de un deber especial, por lo general originado en un campo extrapenal. Por esta razón, en el caso del funcionario público, el intraneus que tiene bajo su administración el dinero del estado y planifica con un particular extraneus la apropiación del dinero, para lo cual el particular presta su cuenta a la que el funcionario hará el traslado de los fondos que luego se habrán de repartir, el delito perpetrado es de peculado (art. 387 CP), respecto del cual responderá como autor el funcionario público y como partícipe el particular. Con las variaciones que puedan darse según la fenomenología del caso concreto, la participación podría darse en la modalidad de instigación o de complicidad. El particular nunca podrá ser coautor, ni autor mediato, pues dichos títulos solo recaen en el obligado especial de un delito especial propio. El extraneus no es portador de los deberes propios de la función pública, pero lesiona la administración pública indirectamente a través de la instigación o complicidad que aporta al intraneus. La solución en el campo del delito especial impropio es peculiar. Como esta clase de delito se origina por una suerte de agravación de un delito común, se presentan dos situaciones a considerar: a) Si el funcionario obra con el dominio del hecho, entonces él será autor del delito especial y el extraneus responderá como partícipe del mismo delito. El funcionario es autor por doble razón: porque es titular del deber especial y por tener el dominio del hecho, por ej., el policía de tránsito que a cambio de no imponer una multa a un taxista que cruzó el semáforo en rojo lo coacciona a desprenderse de un bien patrimonial que lleva consigo en el vehículo, responde como autor del delito de concusión (art. 382 CP). La autoría en este caso es tanto por quebrantar el deber especial, como por obrar con el dominio del hecho; si junto al policía está su amigo, quien le presta ayuda guardando los bienes obtenidos delictivamente por la autoridad, el amigo extraneus responderá como partícipe del delito de colusión; el amigo no domina el hecho, solo presta ayuda para la consumación del delito. b) Pero si el extraneus tiene en sus manos el dominio del hecho, supóngase que por realizar la amenaza, responderá como autor del delito común subyacente (coacción, art. 151 CP), mientras que el policía, no obstante ser obligado especial, responderá solo como partícipe (instigador o cómplice) de coacción. La peculiar solución, sobre todo del segundo grupo, habilita la oportunidad para plantear la siguiente interrogante: Aun cuando el funcionario público lesiona su deber funcionarial, ¿por qué tendría que responder por un delito que nunca cometió? ¿Por qué el policía tendría que responder por el delito de coacción, si lo que realmente llevó a cabo fue una concusión? Dicha concepción descuida que el funcionario, a causa de su condición especial, siempre deberá responder por un
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delito de funcionario; que él no tenga el poder fáctico o el dominio fenomenológico del hecho en la situación concreta no dice nada; lo fáctico no reúne fuerza alguna para sustituir una realización típica de un autor provisto de una cualificación especial. En realidad, se crea un extraño híbrido en el que no se sabe a ciencia cierta dónde se ubican los límites que demarcan la extensión del naturalismo y el normativismo en la estructura del concepto. Si el funcionario le pide al extraneus ejecutar la concusión, este último no podrá ser autor de ese delito por faltarle el deber especial, pero el funcionario tampoco podrá ser autor de la concusión, por no tener el dominio del hecho. Con mucha razón Roxin7 expresa que soluciones como estas no pueden ser de ningún modo la voluntad del legislador, ya que el mero dominio en este caso no comunica sentido jurídico alguno: el funcionario no deja de ser autor del quebrantamiento de su deber especial, que es lo único que cuenta. Es realmente disparatado hacer responder a un funcionario público como cómplice de un delito común, en este caso de coacción, solo porque no dominó el hecho de la acción típica, no obstante quebrantar su competencia como funcionario. La propia esencia de los delitos especiales impropios se anida precisamente en la especial cualificación de la condición del funcionario, lo que da un sentido de agravación al tipo básico común; es decir, el peso del injusto del funcionario se considera grave frente al del particular, de allí que es de mayor gravedad frente al del extraneus que habita en el tipo básico. A pesar de tener un injusto mayor, ergo, el de una autoría, ¿cómo es posible que el funcionario público tenga que responder como cómplice solo porque en la situación concreta obró con una menor cantidad de dominio? En el fondo, la propuesta de la teoría de la unidad del título de la imputación se empalma con los planteamientos del concepto extensivo de autor que en los años treinta del siglo XX dominó la discusión en torno a la autoría y participación. Esta teoría ignoraba los elementos de la cualificación personal —por ej., funcionario público— para fundamentar que todo aquel que causa el resultado del tipo penal es autor por igual.8 Daba lo mismo que el legislador diferenciara entre sujetos comunes y sujetos con especial cualificación, puesto que al fin de cuentas todos iban a responder por igual en virtud de lo causado. Nada impedía considerar autor al extraneus que determinaba con engaño a un funcionario público a cometer sin dolo un delito, precisamente en virtud de que la causación de su intervención es decisiva para la realización del delito. 2. Perspectiva desde los delitos de infracción de deber La teoría del delito de infracción debe su creación a Roxin;9 sin embargo, su tratamiento dogmático con una potencia argumentativa sin precedentes fue iniciada
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Roxin, Strafrecht AT, § 34, n. m. 6. Así, BGHSt 3, 4 ss. 9 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, p. 345 ss. 8
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por Jakobs,10 para finalmente, en lo que hasta ahora se conoce, recibir de parte de Sánchez-Vera11 el más completo tratamiento y consagración en una auténtica teoría institucional de la intervención delictiva. El pensamiento institucional de los delitos de infracción de deber parte de la distinción entre delitos de dominio y delitos de infracción de deber, mediante el criterio del ámbito de competencia del autor.12 La persona vive inmersa en un mundo regido por normas en el que debe cumplir una diversidad de deberes que delimitan los contornos de una competencia personal. La infracción de aquellos deberes por una incorrecta administración del ámbito de competencia personal fundamenta la responsabilidad jurídico-penal. El primer fundamento de la responsabilidad penal se da con la lesión de los deberes en virtud de competencia de organización —cuyo equivalente en el lenguaje de Roxin son los delitos de dominio—. Cuando Jakobs habla de que el primer fundamento de la responsabilidad se relaciona con los deberes generales de actuación se refiere al hecho de que toda persona que interactúa en la sociedad está obligada a cumplir un deber general, que antecede a todos los deberes, consistente en el deber de no lesionar a los demás en sus derechos, acuñado en latín como neminem laedere. Este deber fija en la persona un espacio de libertad general de configuración que, a su vez, demarca el ejercicio de su libertad. Los límites a la libertad surgen de la posición jurídica que ocupa cada persona en la sociedad, es decir, de un haz de derechos y obligaciones al que debe ajustar su conducta en un mundo socialmente configurado, porque nadie que desee vivir en sociedad, no al menos en una sociedad de libertades, se comporta como un ermitaño o como alguien que solo sigue los designios de sus impulsos. La lesión de este deber general reúne el sentido de un uso arbitrario de la libertad general de configuración, o configuración de un estado de cosas que el derecho desaprueba. La consecuencia del uso arbitrario de la libertad genera, naturalmente, la imputación de una responsabilidad jurídico-penal. En esto radica el —por Jakobs así bautizado— sinalagma de libertad de organización y responsabilidad por las consecuencias de la administración de esa libertad. El segundo fundamento de la responsabilidad se da con la inobservancia de deberes en virtud de una competencia institucional, cuya lesión da lugar a los delitos de infracción de deber. Estos deberes, a diferencia del grupo anterior, no tienen que ver con la violación de los límites generales de la libertad, sino con la inobservancia de los límites trazados por un estatus especial. Un estatus como el de padre, policía, fiscal, o de juez, establece el deber de comportarse administrando correctamente las obligaciones inherentes al estatus especial. Así, el policía tiene el 10 Sobre lo más representativo de su concepción, véase Jakobs, Strafrecht. AT, 7/70, 21/ 115, 28/15; ders., Die strafrechtliche Zurechnung von Tun und Unterlassen, p. 19 ss.; ders., ARSP 74 (2000), 63 ss.; Jakobs, FS Roxin, 798. 11 Véase Sánchez-Vera, Pflichtdelikt und Beteiligung, passim. 12 Elemental en este punto Jakobs, Strafrecht. AT, §§ 1/7, 7/56 ss., 7/70 ss., 21/115 ss., 28/ 13 ss., 29/29 ss., 29/57; Jakobs, Die Strafrechtliche Zurechnung, p. 19 ss. Véase además Lesch, Das Problem der sukzessiven Beihilfe, p. 263 ss.
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deber de vigilar al detenido y no de torturarlo, el padre debe cuidar que su hijo menor no quede abandonado a su suerte cuando lo saca a jugar en un parque. Tanto el policía como el padre son portadores de deberes institucionales y, en cada caso respectivamente, de deberes estatales de la función pública y deberes de la relación paterno-filial, como expresión de instituciones positivas, para garantizar el correcto funcionamiento de ambos sectores parciales de la sociedad (la función pública y la paternidad). La cualificación especial personal en sí misma no fundamenta el deber jurídico —aquí se nota la diferencia con el punto de vista de Roxin—, si bien en la mayoría de los casos puede coincidir, como en los delitos contra la administración pública; el fundamento proviene más bien de las instituciones como formas de relaciones duraderas que han venido consolidándose en el proceso de institucionalización de los contactos sociales. El funcionario público es portador de un deber institucional antes que el código penal lo incluya entre sus tipos penales con el estatus especial de funcionario. Incluso estando recogido en los capítulos contra la administración pública, nada impide que el funcionario público responda como autor de un delito de infracción de deber por un delito común, por ej., cuando el policía, violando su deber institucional, lesiona a un detenido en vez de vigilarlo. El delito cometido por el policía en este caso es de lesiones, pero como delito de infracción de deber, con independencia de que el tipo penal concreto (art. 121 CP) pertenezca a la clasificación de un delito común. Puede verse que para Jakobs lo determinante es el deber institucional que el funcionario porta o ejerce, como deber inherente a una competencia institucional. Si el funcionario delinque quebrantando dicho deber, cometerá un delito de infracción de deber.
III. La lesión de la institución positiva como realización típica 1. La institución positiva Las instituciones originan las normas jurídicas y las normas jurídicas no originan las instituciones. El hombre por sí mismo no crea la institución; esta se gesta en sociedad como resultado de un proceso de progresiva juridización de los contactos sociales, en un proceso que comunica la “fuerza normativa de lo fáctico”13 y en el que de manera diferenciada las instituciones van alcanzando mayor o menor grado de fuerza jurídica según cómo lo precise la configuración del segmento social. Las instituciones existen en los contactos sociales desde mucho antes que el derecho penal y producen aquello que de manera estable y duradera vincula a las personas. Pero sin importar el modo en que se encuentra cubierta la institución por la ética, la moral o el poder, la institucionalización jurídica empieza con la juridización de las relaciones interpersonales. 13
Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, p. 6.
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Una sociedad en funcionamiento diferencia las competencias personales de quienes interactúan en aquella no solamente en base a deberes negativos, sino también en función de deberes positivos.14 Los deberes negativos delimitan la competencia de la persona con base en la institución negativa libertad de organización y responsabilidad por las consecuencias, que constituye el deber más general inherente al concepto de persona. Como se vio en el apartado anterior, este deber se sintetiza en la fórmula del neminem laedere, de no dañar a los demás en sus derechos. El deber negativo impone a las personas de esta manera el deber de respetar a los demás sin dañar la esfera jurídica ajena, lo que implica a su vez cuidar que del ámbito de organización personal no surja nada que signifique un desmedro en los derechos de los demás. Los deberes negativos inciden en la juridicidad mínima, en el “postulado fundamental”15 para poder hablar de orden jurídico. Teniéndose en cuenta que “todo orden personal comienza con deberes”,16 la juridicidad en mención tiene una forma “descentralizada”,17 en virtud de lo cual el deber se dirige a la generalidad, delimitando el ejercicio de la libertad de acción. El deber negativo personifica a su vez la garantía del estado frente al ciudadano de posibilitarle un mínimo de juridicidad a su convivencia en sociedad. El estado es “garante”18 de desarrollar el mecanismo necesario para hacer posible la vigencia de este deber negativo. Los deberes positivos, en cambio, tienen un círculo de destinatarios más restringido, a causa de su propia configuración “centralizada”,19 en cuya función la obligatoriedad de lo que se ha de cumplir es más intensa, pues es especial. La base mínima de juridicidad —de no dañar— aportada por el deber negativo es ahora centralizado y redefinido en un obligado especial, por ej., el funcionario público en relación con los bienes estatales, con la responsabilidad de administrar una competencia institucional respecto de los bienes sometidos a su esfera de deber. En esto se revela la naturaleza de los deberes positivos, que engloban a los deberes negativos, y no al revés. Los deberes negativos aportan los fundamentos sobre los que se edifican los deberes positivos, de manera que la institución positiva abarca a la institución negativa. Con Jakobs, hemos de precisar que “el estatus positivo especializa los deberes negativos, sin eliminarlos”.20 La obligatoriedad jurídica que una institución genera a través de los deberes negativos y positivos de mantener la competencia personal dentro del riesgo permitido se quebranta solo a partir de su anclaje en el tipo penal. El deber jurídico de administrar la libertad en un sentido que importe penalmente solo es posible de 14
Jakobs, Theorie der Beteiligung, p. 61. Schiemann, JuS 1989, 346. 16 Jakobs, Verbindlichkeit unter den Bedingungen der Pluralität, p. 5 ss. 17 Müssig, Mord und Totschlag, p. 173 s. 18 Isensee, JZ 1999, 272. 19 Müssig, Mord und Totschlag, p. 175. 20 Jakobs, Theorie der Beteiligung, p. 62.
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ser determinado en el tipo penal; este, a su vez, no flota en el aire, sino opera en la propia sociedad, fijando las pautas de conductas consideradas indispensables para la estabilización de los contactos sociales. En la medida que no se puede separar al derecho penal de la sociedad, las instituciones penalmente garantizadas reúnen la particularidad de personificar la realidad social dentro de su configuración. Esto se muestra más evidente al momento de determinar la lesión de la institución que, por un lado, acontece de manera general mediante el apartamiento del autor de la pauta de conducta trazada por la institución y, por otra parte, de manera concreta, con la lesión de la realidad social de la institución, que aquí se identifica como realización típica, en la que lo relevante es que la conducta ingresa en la semántica del tipo penal. La relación jurídica existente en el trasfondo de la institución es, primero, la del deber negativo, concretado en el deber de no dañar. A esta relación se suma el deber positivo que impone a su portador una competencia de fomentar y favorecer aquello inherente a su esfera personal, por ej., el funcionario tiene el deber de fomentar la administración pública en beneficio de los administrados. No se niega que exista una base negativa en su competencia, en virtud de lo cual él no debe lesionar el correcto funcionamiento de la relación estatal de poder en la que se desenvuelve socialmente, pero su infracción ya está presente con la lesión del deber positivo institucional cuando se aparta de su competencia de fomento y favorecimiento de la institución positiva. No existe pues una contraposición radical entre una competencia organizacional y una institucional, porque detrás del segmento de libertad institucionalizado hay una base organizacional, descentralizada, que aporta la base de juridicidad mínima de existencia de un orden normativo sobre la que precisamente se edifican los deberes positivos. 2. La infracción del deber institucional como realización típica La institución positiva se ve lesionada, entonces, con los delitos de infracción de deber. Pero ¿cómo se concretiza la lesión? Al respecto es importante resaltar que los delitos de infracción de deber necesitan de una objetivización de la lesión acorde a la semántica del tipo a la que se llega cuando se activa el significado socionormativo de la acción con el comienzo de la realización típica, que no es otro que el de la tentativa. En el caso de los deberes negativos la tentativa es mucho más perceptible incluso por los sentidos cuando, por ej., en el asesinato el filo del cuchillo hace brotar apenas una gota de sangre. En el campo de la administración pública es evidente que esta no tiene sangre, pero es indiscutible que posee, sin embargo, un contenido material logrado en el proceso de institucionalización. Y ese contenido está plasmado conceptualmente en los elementos normativos de los tipos penales, por ej., en los delitos de peculado y malversación a través de los elementos “caudales”, “efectos”, “bienes públicos”. Es imposible por eso hablar de una realización típica del peculado tan solo en el momento que el tesorero dejó abierta
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caja municipal para que unos ladrones, con quienes está de acuerdo, se apropien de los caudales públicos, a pesar de que estos todavía no han dado inicio a la tentativa, bien porque la guardia de seguridad no les permitió el ingreso al recinto municipal por no portar sus documentos de identificación personal, bien porque en el trayecto sufrieron un accidente que los mandó de inmediato al hospital, o bien porque simplemente renunciaron a seguir adelante con el plan delictivo al preferir quedarse en casa mirando un partido de fútbol con dos refrescantes cervezas. En estos casos, el extraneus adhiere su conducta a la del funcionario, a pesar de ser el extraneus quien da comienzo a la ejecución material de la acción típica. Precisamente, como el quebrantamiento de la norma por parte del extraneus forma un colectivo típico con el funcionario, la parte que ejecuta el extraneus es lo que activa el colectivo típico como un todo delictivo. La planificación del delito por el intraneus y el extraneus se contempla como una unidad normativa —en ese nivel todavía no punible—, pero el punto de inicio de la tentativa se activa cuando cualquiera de ellos objetiviza por primera vez en el tiempo la unidad de lesión plasmada en una semántica jurídico-penal como realización típica.21 Mejor dicho, el funcionario público lesiona su deber institucional en un sentido penalmente relevante en el momento en que la semántica del tipo se activa con el comienzo de realización típica por parte del extraneus, por ej., con el sentido de “apropiación” de los bienes públicos. El sentido jurídico penal de la lesión del deber institucional no se inicia cuando el funcionario agota todo lo que esté a su alcance con miras a la realización del delito —por ej., con la mera entrega al extraneus la clave de la caja fuerte de la tesorería pública—. Puede que el funcionario haya agotado todo lo que le tocaba hacer dentro del plan conjunto de apoderamiento de la caja municipal. Sin embargo, mientras no se active el comienzo de la realización típica del apoderamiento, todavía no se ha producido la lesión de la norma en un sentido jurídicopenal. Lo realizado en este supuesto por el funcionario reúne solo el significado de lesión de la institución positiva en un sentido administrativo o disciplinario, dependiendo del sector público que se trate, pero no una lesión de la institución positiva en sentido jurídico-penal. Lo mismo rige si el caso es formulado en la fenomenología de una omisión. Si el funcionario competente ve que un tercero cualquiera da indicaciones a unos ladrones para que burlen los sistemas de seguridad a fin de poder ingresar a robar la caja municipal y, no obstante estar el funcionario en la posición de dar aviso a la policía o a los guardianes, en vez de impedir el delito opta por hacer caso omiso, solo responderá cuando el hecho de la sustracción de los caudales públicos alcance el nivel de una tentativa. Ergo, él ya quebrantó la institución positiva, puesto que no es de esperar semejante comportamiento de un funcionario público. Pero mientras 21
En sentido similar Kindhäuser, Strafrecht. AT, § 39 n.8 m. 48 al referirse a la “solución total” como correcta para establecer el inicio de la tentativa en los casos de autoría mediata en los que el hombre de atrás (intraneus) se vale de un hombre de delante (extraneus) para la realización del delito especial. La tentativa se inicia así en la inmediatez de realización del tipo llevado a cabo por el hombre de delante.
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los ejecutores no pisen cuando menos el terreno de la tentativa, la lesión del deber institucional del funcionario todavía no alcanza un sentido jurídico penal. El funcionario será autor del delito de infracción de deber de peculado en grado de tentativa —si se quiere, en comisión por omisión, según el uso del lenguaje convencional— solo cuando la semántica de los elementos normativos del tipo penal del peculado alcance precisamente el grado de la tentativa, por ej., con la proximidad material de apropiación de los bienes estatales. Mientras eso no ocurra, la responsabilidad del funcionario solo acontecerá en el campo extrapenal, puntualmente, de conformidad con el sistema de responsabilidad del derecho administrativo sancionador y disciplinario. La solución de casos parecidos en los delitos de infracción de deber de sangre no es diferente. La institución positiva también es quebrantada cuando el titular del deber negativo organiza una situación orientada a la lesión del objeto de protección y cuanta para tal efecto con la participación de un extraneus. Por ejemplo: la madre entrega dinero y un cuchillo a un sicario para que mate al hijo que ella trajo al mundo como producto de un adulterio. La conducta de la madre, per se, comunica el sentido de la lesión de una institución positiva, pero esta lesión en sí misma todavía es insuficiente para activar la persecución penal. El estadio del iter criminis en el que actúa la madre se ubica en un momento por completo anterior, distante del espacio respecto del adelantamiento de las barreras de protección del derecho penal: la acción de la madre se encuentra lejos de la semántica del tipo penal del parricidio. Sería un contrasentido penalizar a la madre si el sicario después de recibir el encargo, es decir, el arma y el dinero, no da comienzo al acto de ejecución por diferentes razones: decide tomarse unas vacaciones con el dinero recibido, es atropellado por un vehículo en el instante que se dirigía a ejecutar el plan delictivo, o sencillamente renuncia al plan delictivo por el remordimiento que le genera matar a un menor, etc. Aunque la entrega del cuchillo reúne el sentido de un acto repudiable para la sociedad, que cuestiona seriamente la institución positiva de la paternidad —toda vez que a la sociedad difícilmente le parecerá neutro semejante proyecto criminal—, tal repudio social, per se, no reúne el sentido comunicativo de una lesión jurídico-penal de la institución positiva. Lo que suceda en el ámbito extrapenal nos tiene sin cuidado, pero sí preocupa en términos penales equiparar la mera entrega de un arma con la lesión de un deber positivo. No es posible diferenciar en este punto la lesión del deber con la punición de los meros pensamientos o de la actitud interna del sujeto. Esto quiere decir que el quebrantamiento del deber solo tiene sentido jurídicopenal cuando se traduce en una realización típica, como mínimo en una tentativa. Salvo que el tipo corporice un adelanto de las barreras de protección, porque así lo ha previsto el legislador, por ej., mediante el castigo autónomo de un acto preparatorio —tenencia ilegal de arma blanca—, cosa que tampoco existe en la realidad. Puede que, en un sentido abstracto, filosófico si se quiere, el funcionario no necesite de una organización, ni personal, ni ajena, para lesionar su deber. Es cierto que, en el caso del funcionario, al planificar con un tercero el peculado y con
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la entrega de la clave de acceso a la caja fuerte, ya se incurre en un quebrantamiento de su deber positivo funcionarial. Sin embargo, como en esta fase la institución positiva todavía no ha sido lesionada en un sentido jurídico-penal, esa lesión carece de relevancia para el derecho penal. El sentido penalmente relevante se desprende de la semántica del tipo penal, y solo de este. En el tipo penal se objetiviza o materializa el sentido pleno de la lesión de un deber. La acción del obligado especial debe alcanzar el sentido de la “sustracción” o de la “apropiación” de un bien estatal para poder hablar de peculado. La planificación en sí misma acontece en un estadio previo al inicio de una tentativa; pero, si la mera planificación en sí misma generara el sentido de relevancia penal, de una conducta típica en buena cuenta, entonces el injusto penal del peculado se acreditaría en el estadio previo a la línea demarcadora de inicio de las barreras de protección del derecho penal. En consecuencia, la lesión penalmente relevante de un deber positivo depende de su anclaje típico a través de su grado de objetivación en función de semántica del tipo penal. Solo de esta manera la lesión podrá ser graduada en tentativa o consumación. La lesión del deber, entonces, es un concepto que expresa su sentido únicamente en su vinculación con la realización de un tipo penal. El deber que sintetiza expectativas sociales con la fijación de pautas de conductas se ubica en los límites del tipo hacia adentro y no hacia afuera. El deber por fuera del tipo penal no deja de ser un deber jurídico, pero en este plano la explicación acerca de su lesión opera de acuerdo con la semántica del derecho administrativo o del derecho disciplinario, que para el derecho penal reúne el significado de un obrar en el campo del riesgo permitido, a todas luces no punible. Si se fundamenta la autoría del funcionario únicamente sobre la base de la pura lesión de la institución positiva, sin considerar el inicio de acciones ejecutivas materiales de realización típica, entonces tiene que admitirse obligadamente que el sentido de relevancia penal de la conducta se da en la fase previa a la tentativa. Pero con esto se quiebra el principio del hecho. En esto se demuestra que la institución positiva engloba también a la negativa, la competencia institucional abarca también a la de organización en virtud de la cual el obligado especial es también competente para administrar el lado organizativo de su deber de una manera no defectuosa,22 solo que en este caso la organización es administrada por el extraneus que se adhiere al hecho del obligado especial. No hay dos hechos, sino uno solo, donde la concreción de la realización típica está en manos del extraneus. La ejecución no necesariamente debe ser una obra de propia mano del obligado especial, lo que se ve, por ej., cuando un alcalde se vale de un familiar para recibir el “diezmo” de un empresario que obtuvo la licencia para construir unas carreteras. El funcionario responde como autor del delito de corrupción de funcionarios (art. 395 CP) a pesar de no recibir personalmente la donación. Igualmente, el juez que encarga a una de las partes la elaboración de la sentencia en la que se absuelve a un corrupto con invocación de pruebas inexistentes responde como autor de prevaricato 22
Lesch, ADPCP 48 (1995), 944.
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(art. 318 CP), a pesar de que un extraneus redacta la sentencia. Esto es así porque el funcionario infringe su deber positivo en estos casos a través de la ejecución de una mano ajena, la del extraneus. 3. Fundamento de participación del extraneus en los delitos de infracción de deber La teoría del delito de infracción de deber no admite diferenciación entre delitos especiales propios y especiales impropios, características que más bien pertenecen a los delitos de dominio. Esto es así porque el único delito existente es el de infracción de deber: la competencia institucional fundamenta la autoría del funcionario y el extraneus siempre responderá como partícipe, con independencia de que obre con o sin el dominio del hecho —naturalmente, siempre que intervenga en el delito cometido por un funcionario público—. Además, con Jakobs hemos de sostener que del ciudadano cualquiera también se espera que no cometa prevaricato. La expectativa de conducta abarca tanto al juez como al ciudadano, porque entre ellos “no existe una diferencia de casta”,23 sino que el ciudadano cualquiera solo está en posibilidades de cometer prevaricato cuando adapta su conducta, o cuando se adhiere, al comportamiento de un juez. Aquí aterriza la consecuencia dogmática de entender que la institución positiva engloba a la institución negativa, puesto que precisamente en el lado material u organizacional es donde opera la comunicación entre el funcionario y el extraneus, lo que hace posible que este último pueda responder por el mismo delito del funcionario público. Alcanzo a entender que a esto se refiere Silva Sánchez cuando precisa que “las instituciones generan deberes para sujetos outsiders, consistentes en que éstos no perturben la gestión de la institución por los insiders. En efecto, las instituciones no solo tienen una función ad intra sino también otra ad extra”.24 Pero el problema no acaba allí. La polémica se centra en que la solución de quienes niegan la participación de un extraneus en un delito de infracción de deber descontextualiza la configuración del hecho delictivo, como si al momento de intervenir el obligado especial nadie más hubiese actuado a su lado, como si ningún extraneus hubiera concurrido en el hecho. Se desatiende la realidad valorativa de que la conducta del extraneus solo tiene sentido en el contexto de la acción como adhesión a la lesión de la institución positiva llevada a cabo por el obligado especial; por ej., el particular que colabora con un policía en un acto de abuso de autoridad sirviéndole de transportista en los controles abusivos a los conductores en las carreteras. El policía incurriría en abuso de autoridad (art. 376 CP), pero el extraneus quedaría impune, pues según esta tesis el abuso de autoridad no alcanzaría al particular. A pesar de haberlo planificado todo conjuntamente, y no obstante configurarse la afectación del correcto funcionamiento de la función 23 24
Jakobs, El sistema funcionalista del Derecho penal, p. 180. Silva Sánchez, InDret 4 (2014), 3.
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pública de modo tal que el particular sirve de transporte al policía para el acto arbitrario, el extraneus se beneficiaría de la más grandiosa impunidad. Inclusive si el particular ayuda al policía a pedir sobornos a los conductores para pasar por alto las infracciones a las normas de tránsito, el particular tampoco respondería porque el delito de cohecho pasivo propio (art. 393 CP: “el funcionario que solicita donativo”) solo podría cometerlo el funcionario público. La sociedad en la que se desenvuelve el extraneus no es diferente a la sociedad en la que interactúa el funcionario público. Se trata de la misma sociedad, en cuyo proceso de institucionalización ha diferenciado entre instituciones negativas y positivas, que el penalista luego asume la labor de concretar en una teoría de la imputación. No es la cualidad del título del ejecutor, sino la naturaleza del deber jurídico el criterio que fundamente la imputación. Si trasladamos la tesis contraria al terreno de la institución negativa, entonces la pureza del deber negativo debería impedir toda posibilidad de acceso de un funcionario a un delito común. Esto es obvio, porque se consideraría al funcionario como una isla, o como una casta, con la consecuencia de que en los delitos en los que interviene siempre responderá en solitario. La pregunta aquí sería, ¿cómo podría un funcionario público poner en tela de juicio una institución negativa sin estar obligado por ella? El policía que en el ejercicio de la función lesiona brutalmente a garrotazos a un detenido acusado de violación, no obstante quebrantar claramente la institución positiva, no podría acceder al tipo penal de lesiones (art. 121 CP), porque el deber jurídico de este tipo penal no lo alcanzaría, sino solo a la generalidad y no al funcionario. Pero si como reacción a este cuestionamiento se va a decir que el policía sí responde, pero no por el estatus especial que ostenta, sino en su rol general de persona, entonces se reconoce implícitamente que la institución positiva —con el deber de funcionario inherente al cargo— abarca también a la institución negativa, a partir de la que opera precisamente la interacción social entre el extraneus y un intraneus en los delitos de funcionario. Cuando decimos que la institución positiva abarca a la institución negativa nos referimos a que dentro de los ámbitos de la competencia institucional no existe una exclusión de la libertad de organización, toda vez que la libertad de organización se origina en los deberes negativos sobre el cual se levanta la institución positiva. Esto se aprecia claramente en que, a pesar de que el obligado especial está vinculado a su competencia institucional de una manera intensa y no flexible —como puede ocurrir con la libertad general de organización—, debe reconocerse que, en vista de que “no existe una contraposición radical entre libertad de organización y actuación institucional”,25 cuando menos el ingreso a —y otras veces la salida de— la institución recae en su libertad de organización. Tanto el casarse como el divorciarse, el engendrar como el adoptar un niño, así como la aceptación o
25
Silva Sánchez, InDret 4 (2014), 2.
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renuncia al cargo de funcionario público, dependen de actos propios de la libertad de organización del obligado especial.26 Claramente nos encontramos en ámbitos en los que la persona decide, conforme a su libertad general de acción, ingresar en una institución positiva, lo que implica una incorporación ampliada de deberes especiales sobre los ya existentes de naturaleza general o negativa. Silva Sánchez se refiere a esta situación al señalar que “la libertad organizativa se manifiesta frecuentemente en contextos institucionalizados (…); las instituciones, por su parte, admiten en mayor o menor medida actos de libertad organizativa —como mínimo, al ingresar—. Existen, por lo demás, situaciones de superposición entre vínculos institucionales y actos de organización débil, media o incluso fuerte. Por poner un ejemplo de derecho penal: el padre que tiene un vínculo institucional con su hijo puede, además, realizar un acto de libertad organizativa en cuya virtud asuma la concreta protección de aquél para un determinado contexto de acción”.27 Con esto no se quiere decir que la institución presenta una naturaleza mixta y que el funcionario responde también por una competencia organizacional. La organización solo es traída a colación por aportar el fundamento o postulado fundamental del deber jurídico. Sobre la base aportada por el deber negativo se levanta el edificio del deber positivo, por cuya infracción responde el obligado especial de manera institucional, en mérito a su estatus especial, y el ingreso del extraneus al delito de infracción de deber perpetrado por el obligado especial se produce precisamente a partir del deber negativo común para ambos intervinientes.
IV. Síntesis La competencia institucional que el funcionario público quebranta está asegurada institucionalmente; él se encuentra en una relación inmediata con el tipo penal. El particular o extraneus también se relaciona con el mismo tipo penal, pero de una forma mediata. La comunicación que se da entre el particular y el funcionario público no se produce a través del lado organizativo del tipo penal, ubicado en la base del deber negativo y que sirve de fundamento sobre el cual se levanta el delito de funcionario. Hemos de afirmar, con Lesch, que “el no-cualificado no puede retroceder sin más a la posición de que no le concierne la institución ni la conducta (ajena) quebrantadora del deber del obligado especial”,28 puesto que al particular también le alcanza la pauta normativa de carácter institucional, por ej., el ciudadano tiene también el deber de no prevaricar, de no incurrir en actos de corrupción, de no afectar a la administración de los caudales públicos. En los delitos de infracción de 26
Así también Lesch, Das Problem der sukzessiven Beihilfe, p. 298. Silva Sánchez, InDret Penal 4 (2014), 2. 28 Lesch, Das Problem der sukzessiven Beihilfe, p. 299. 27
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deber la autoría pertenece únicamente al funcionario público y al extraneus le corresponde la participación. Queda como regla: en todo delito cometido por un funcionario público, en el que este último es autor, la intervención del particular reúne el sentido de una realización típica de participación y, por tanto, el extraneus en estos delitos responde siempre como instigador o cómplice. Bibliografía Abanto Vásquez, Manuel: Delitos especiales y participación necesaria: dos contribuciones de la ciencia penal alemana, en: Miguel Ontiveros Alonso/Mercedes Peláez Ferrusca (eds.), La influencia de la ciencia penal alemana en Iberoamérica en homenaje a Claus Roxin, t. I, México 2003, p. 199 – 255. Caro John, José Antonio: Das erlaubte Kausieren verbotener Taten – Regressverbot, BadenBaden 2007. Isensee, Josep: Die alte Frage nach der Rechtfertigung des Staates: Stationen in einem laufenden Prozeß, JZ 1999, p. 265 – 278. Jakobs, Günther: Die strafrechtliche Zurechnung von Tun und Unterlassen, Opladen 1996. Jakobs, Günther: Zur Genese von Rechtsverbindlichkeit, en: Gerhard Höver (ed.), Verbindlichkeit unter den Bedingungen der Pluralität, Hamburg 1999, p. 5 – 42. Jakobs, Günther: El ocaso del dominio del hecho. Una contribución a la normativización de los conceptos jurídicos, en: Günther Jakobs/Manuel Cancio Meliá, El sistema funcionalista del Derecho penal, Lima 2000, p. 165 – 194. Jakobs, Günther: Strafrechtliche Zurechnung und die Bedingungen der Normgeltung, ARSP 74 (2000), p. 57 – 72. Jakobs, Günther: Beteiligung, en: Dieter Dölling (ed.), Jus humanum: Grundlagen des Rechts und Strafrecht. Festschrift für Ernst-Joachim Lampe zum 70. Geburtstag, Berlín 2003, p. 561 – 575. Jakobs, Günther: Materielle Vollendung bei Verletzungsdelikten, en: Hans Achenbach/ Wilfried Bottke/Bernhard Haffke/Hans-Joachim Rudolphi/Bernd Schünemann (eds.), Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag, Berlín 2001, p. 793 – 810. Jakobs, Günther: Strafrecht. Allgemeiner Teil. Die Grundlagen und die Zurechnungslehre, 2.a ed., Berlín 1991. Jakobs, Günther: Theorie der Beteiligung, Tubinga 2014. Kindhäuser, Urs: Strafrecht. Allgemeiner Teil, Baden-Baden 2005. Lesch, Heiko: Das Problem der sukzessiven Beihilfe, Fráncfort del Meno 1992. Lesch, Heiko: Intervención delictiva e imputación objetiva, ADPCP 48 (1995), p. 911 – 972. Merten, Detlef: Rechtsstaat und Gewaltmonopol, Tubinga 1975. Müssig, Bernd: Mord und Totschlag. Vorüberlegungen zu einem Differenzierungsansatz im Bereich des Tötungsrechts, Colonia 2005. Robles Planas, Ricardo: La participación en el delito: fundamento y límites, Barcelona 2003.
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Perspectivas de fundamentación de la responsabilidad penal en la estafa* Por Paola Dropulich La incidencia del comportamiento de la víctima en la determinación de la responsabilidad por un hecho punible, es decir, la cuestión de si —y en qué medida— la víctima ha de cargar con las consecuencias perjudiciales del suceso, pese a tratarse de una problemática que atañe a la interpretación de la conducta ilícita en general, se muestra con especial énfasis en la estafa, pues aquí la infracción se configura sobre la base de una necesaria interacción entre el autor y, por regla, la víctima. Pero no es solo esa interacción lo característico en la estafa, sino en particular el que la responsabilidad por el daño al patrimonio recaiga precisamente en aquel interactuante que no lo provocó de propia mano. Estos aspectos aparecen también como puntos centrales al definirse la responsabilidad penal en el ámbito de la autoría mediata. Se trata aquí de establecer bajo qué presupuestos, pese a la aparente intervención de dos sujetos, solo uno de ellos, justamente aquel que no lleva adelante por sí la ejecución, será punible como autor. Es por ello que se discute desde hace tiempo la idea de que la estafa representa la tipificación de un supuesto de autoría mediata. Con la perspectiva de que un abordaje que contemple la teoría general puede contribuir a una mejor interpretación de la parte especial, se pondrá a prueba aquí ese entendimiento y, a partir de allí, se intentará esquematizar pautas de fundamentación del comportamiento típico en la estafa. Queda así presentada la estructura de esta contribución en homenaje a mi querido maestro, el profesor Marcelo A. Sancinetti, un aporte que intenta ser reflejo, en un puntual aspecto, de sus preocupaciones por la justa determinación de los alcances de la responsabilidad penal.
* La presente contribución expone parte de una investigación desarrollada en Alemania con el apoyo académico del Prof. Marcelo Sancinetti, el sostén económico del Deutscher Akademischer Austauschdienst y la tutoría del Prof. Michael Pawlik. Sea expresado aquí mi agradecimiento. Esta versión, finalmente, contó con el invalorable aporte de las observaciones de José Béguelin, a quien debo varias aclaraciones expresadas en el texto, y la generosa colaboración de Leandro Días para actualizar bibliografía insoslayable. A ambos expreso también mi agradecimiento.
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I. ¿Es la estafa un supuesto de autoría mediata tipificada? La comprensión de la estafa como forma tipificada de autoría mediata no es nueva. Ya en los años cuarenta se decía: “El estafador es siempre autor mediato, pues él hace que otro que actúa de buena fe, lleve a cabo como su instrumento la acción patrimonialmente perjudicial”.1 Posteriormente se reiteró la idea de que el engaño convierte al engañado “en instrumento del autor para llevar a cabo el desplazamiento patrimonial perseguido”,2 pero no se extrajeron de allí mayores consecuencias. Solo en tiempos más recientes esta conceptualización se convirtió en disparador de una interpretación sistemática del tipo penal.3 La idea central de esta tesis, en definitiva, redunda en que a partir de las respectivas reglas de esta especial estructura de imputación de la parte general podrían derivarse pautas claras para delimitar la responsabilidad penal en la estafa, para establecer en suma quién ha de cargar con el daño patrimonial propio de este ilícito: el hombre de atrás (autor de la estafa) o el ejecutor (víctima del engaño). Si se observa la estafa desde la perspectiva de la opinión dominante, los elementos constitutivos del tipo objetivo quedan definidos en la forma que sigue: por medio de un engaño, el autor se hace competente por un error, a causa del cual la víctima dispone sobre un patrimonio que de ese modo resulta perjudicado. Entre cada uno de esos elementos típicos se considera insoslayable un nexo de causalidad.4 El engaño constituye, en definitiva, la conducta prohibida de la estafa. La determinación de sus particularidades concretiza la medida en que se hace responsable al autor por una disposición patrimonial perjudicial que hace la víctima por sí, basada en aquellas circunstancias que el autor simuló de manera contraria a derecho o bien no aclaró pese al correspondiente deber jurídico de hacerlo. Frente a ello, un caso de autoría mediata es aceptado esencialmente bajo dos condiciones: la primera, que sea excluida, a causa de un déficit objetivo o subjetivo, la posibilidad de hacer responsable por el hecho ilícito, cuando menos primariamente, al ejecutor. Se funda así una posición de inferioridad del actuante. La segunda, que se configure un rol dominante del hombre de atrás, a través de que él, por medio de su influencia, tenga en sus manos al ejecutor. Así, el suceso en su conjunto aparece como obra de la voluntad del hombre de atrás.5
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Schröder, ZStW 60 (1940), 70, nota 41. Schröder, NJW 1962, 722. También Cramer, p. 207; Lenckner, NJW 1971, 600. 3 Kindhäuser, FS Bemmann, 339 s.; NK-Kindhäuser, § 263; Kindhäuser/Nikolaus, JuS 2006, p. 193 s. 4 Cf., LK-Lackner, § 263 n.o m. 7; Sch/Sch/Perron, § 263 n.o m. 5 s.; LK-Tiedemann, § 263 n.o m. 2; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, n.o m. 485 s.; entre otros. 5 Cf. solo Jescheck/Weigend, § 62 I 1 s.; Wessels/Beulke/Satzger, n.o m. 841 s. Fuera de consideración quedan ciertas constelaciones discutidas, tales como los supuestos de crí2
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Para poner de resalto ahora la correspondencia entre ambas categorías puede expresarse que el alcance del engaño típico fija a la vez el de la responsabilidad del autor por el accionar del engañado, en definitiva, la medida en que una conducta ajena puede ser considerada como propia del autor. Pese a que el paralelismo entre estas estructuras aparece como evidente, la tesis ha hallado varios contradictores en la doctrina. Y así como esta idea es conocida desde hace tiempo, tampoco hubo que esperar hasta momentos recientes para que aparecieran algunas objeciones. De hecho, los principales contraargumentos fueron presentados ya en el año 1979.6 Centralmente, se ha sostenido que esta concepción dejaría fuera de consideración puntos esenciales del tipo penal de la estafa: “aspectos relativos al merecimiento y necesidad de protección de la víctima, a la libertad de acción del actuante, la delimitación de esferas de responsabilidad, etc.”, e incluso llevaría el riesgo de recortar de antemano cuestiones valorativas centrales del error típico.7 Sumado a estas críticas, se sostuvo también que los tipos penales no podrían ser tratados como casos de aplicación de las reglas de la parte general (por ej., como supuestos de participación o tentativa) y que esta idea sería aun incorrecta porque el autor de estafa se limitaría a manipular los fundamentos de la decisión económica de una víctima que, no obstante, actuaría por sí y libremente: más que un mero factor causal, sería un titular personal de la decisión.8 Pese a la importancia de estas reflexiones, ninguna parece adecuada para descartar la tesis criticada. En particular, no se ve por qué el paralelismo trazado ha de conducir a pasar por alto supuestos aspectos esenciales para la estafa. Antes bien, cuestiones relativas a la necesidad y merecimiento de protección de la víctima o ligadas a la delimitación de esferas de responsabilidad, pueden ser decisivas para definir al hombre de atrás como autor. Por lo demás, si esta perspectiva deja de lado efectivamente “cuestiones valorativas centrales del error típico”, quizá no sea un problema de la posición criticada,9 sino ya uno de la interpretación de la estafa, pues que el error cumpla una función importante es discutido incluso por quienes no parten de esa concepción.10 menes organizados por los llamados aparatos de poder; sobre ello, en profundidad Roxin, Täterschaft, p. 242 s.; Roxin, AT II, § 25 n.o m. 105 s. 6 Frisch, FS Bockelmann, p. 647 s. 7 Sobre todo ello, Frisch, FS Bockelmann, 651 s. 8 Sobre todo ello, Tiedemann, FS Baumann, 7 s., 20; LK-Tiedemann, § 263 n.o m. 5. 9 También quienes aceptan esta idea dan un amplio significado al error en la estafa, así NK-Kindhäuser, § 263 n.o m. 168 s.; Kindhäuser, FS Bemmann, 355 s.; Sch/Sch/Perron, § 263 n.o m. 32 s. 10 V. por ej., Pawlik, Betrug, p. 221 s.
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Tampoco las restantes objeciones parecen decisivas para echar por tierra este enfoque. Así como al interpretar la conducta prohibida por cada tipo penal no podrían dejarse de lado, por ej., los argumentos generales acerca del riesgo permitido —solo recurriendo a esas reglas se traza un límite claro entre tretas comerciales y engaño típico11—, tampoco tendría sentido desatender otros principios de imputación, precisamente, aquellos que constituyen al interviniente en autor. Tomar en cuenta las particularidades de un tipo penal no puede conducir a soslayar reflexiones presentadas en el marco de la parte general, sino solo a concretizarlas.12 Finalmente, la idea de que la víctima de la estafa no sería un instrumento, sino “un titular personal de la decisión”, que actúa “libre y autónomo”, resultaría, literalmente, ya incompatible con la responsabilidad de otros por el perjuicio patrimonial así provocado y, por esta razón, nada podría derivarse de allí contra la tesis criticada. Que la víctima, además, no sea un puro “factor causal”, sino un verdadero actuante, pertenece también a los presupuestos de la autoría mediata.13 La didáctica separación del derecho penal en una parte general y una parte especial no puede ser vista como autorización para interpretar los tipos penales de espaldas a las reflexiones de la teoría de la parte general. Pues, en definitiva, de lo que se trata siempre es de establecer los criterios bajo los cuales se puede atribuir responsabilidad penal por la comisión de un ilícito en particular. La especial configuración de la estafa, esto es, el que sea la víctima del engaño la que provoca por sí el perjuicio, hace salir a la luz una circunstancia que, aunque está presente en todos los tipos penales, mayormente permanece oculta: se trata de la necesidad de poner en claro en qué casos su conducta puede ser vista como comportamiento autorresponsable. Aquí se presenta pues con especial énfasis el carácter insoslayable de verificar si evitar el perjuicio era asunto de ella o del autor, es decir, de recurrir a criterios de distribución de competencias para definir el comportamiento típico. Esto conduce, a la vez, como es evidente, a concretar aquellas condiciones bajo las cuales alguien ha de responder como autor por una actuación —fenotípicamente— ajena, lo que nos lleva a la noción de autoría mediata.14 11
Así, ya hace tiempo Bockelmann, ZStW 69 (1957), 272, para circunscribir el engaño típico remitía a lo usualmente aceptado en el tráfico. 12 Así ya Jakobs, JR 1985,340 s., 343. 13 Requisito mínimo de la autoría mediata es el empleo de acciones de otros; si se los utiliza como objeto que no actúa habría autoría directa: “el autor empuja con violencia a un peatón contra una vidriera”; cf. Jakobs, AT, 21/62; también, Stratenwerth/Kuhlen, AT, § 12 n.o m. 32. 14 Que el autor de la estafa cae bajo tal constelación, no es sorpresivo para la teoría de la autoría, pues la estafa es ejemplo usual de autoría mediata basada en error; cf. Jakobs, AT, 21/80; Roxin, AT II, § 25 n.o m. 68; Stratenwerth/Kuhlen, AT, § 12 n.o m. 43; Jescheck/ Weigend, AT, § 62 II 3; entre otros.
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II. La responsabilidad en la autoría mediata y su incidencia en la estafa Como es sabido, tras largas controversias se impuso en la doctrina la idea de que la “existencia de dominio del hecho” es el componente decisivo para la autoría en los llamados delitos de dominio.15 Definir la responsabilidad del autor conduce por ello a estudiar cómo es interpretado el concepto de dominio. Esta idea central, sin embargo, no resulta sencilla en la autoría mediata, pues en este ámbito, según se reconoce en la doctrina, solo queda fuera de cuestionamiento la noción abstracta de que se responsabiliza como autor a alguien que, si bien no comete el hecho de propia mano, aparece empero como señor del suceso que realiza el tipo,16 por ser portador de la decisión relativa a “si” se lleva a cabo el hecho, es decir, por ser titular del dominio de la voluntad o de la decisión.17 Este reconocimiento de una coincidencia limitada solo a lo nuclear expresa, como contrapartida, la fragmentación de criterios que existe en las particularidades. Pese a todo, se pueden sistematizar las distintas posiciones, en consonancia con la interpretación de otras formas de autoría, según se entienda la noción de dominio de modo esencialmente naturalista, como dominio fáctico de la decisión, o bien normativo, como competencia por la decisión.18 Lo controvertido aquí sería pues, centralmente, si la sola provocación o el mero aprovechamiento de un déficit del actuante fundamenta por sí la responsabilidad del hombre de atrás, o si este ha de ser competente por tomar en consideración ese déficit. Ya en la diferente denominación de la problemática se deja ver la raíz de esta contraposición: ¿Se trata de poner a prueba la configuración fáctica del hecho o de una distribución normativa de competencias? Desde la perspectiva de una concepción ligada predominantemente a lo fáctico, propia de la doctrina dominante, las razones para poder convertir al hombre de atrás en una “figura central” del suceso —es decir, en autor— remiten a una “realidad fenomenológica” que mostraría que él en verdad domina el acontecer.19 El anclaje de la fundamentación en la situación de hecho conduce así a presentar distintas constelaciones de casos para precisar la noción de autoría mediata.20 15
Por todos, Wessels/Beulke/Satzger, n.o m. 807. Cf. Stratenwerth/Kuhlen, AT, § 12, n.o m. 30, Jescheck/Weigend, AT, § 62 II; Renzikowski, Tätersbegriff, p. 18 s., con otras referencias. 17 Sobre el concepto, Roxin, AT II, § 25 n.o m. 28; Wessels/Beulke/Satzger, p. 807; 841; entre muchos otros. 18 Sobre ello, Jakobs, AT, 21/33. 19 Cf. Roxin, FS Lange, 185. 20 Así lo reconocen Jescheck/Weigend, AT, § 62 II: “Los casos de autoría mediata muestran en lo central claros contornos que han sido trabajados por la jurisprudencia y la doctrina. Las dudas existentes se limitan a cuestiones de delimitación y fundamentación” (!). 16
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En cuanto aquí resulta pertinente, un supuesto de autoría mediata es reconocido cuando el llamado hombre de atrás se vale de: 1) un ejecutor que actúa de manera socialmente adecuada —por ej.: sin saberlo, acciona el interruptor de la luz y, con ello, detona una bomba—: la incidencia de aquél en el hecho puede aparecer tanto en la forma de una “instigación” como en la de un “apoyo”;21 2) un instrumento que actúa de modo inconscientemente imprudente,22 sea provocando su error o solo aprovechándose de él —se llega aquí a sostener autoría mediata en el conocido caso en que una inquilina miope quiere darle a su hijo un remedio y, a su pedido, el locador le da un vaso de agua, pese a reconocer que la mujer ha confundido el remedio con un veneno mortal;23 3) un actuante conscientemente imprudente, es decir, cuando provoca o se aprovecha de un error que excluye el dolo, pese al reconocimiento del riesgo creado.24 El fundamento central de la responsabilidad del hombre de atrás radicaría en que él sabe más que el ejecutor y, de ese modo, tiene en su poder el dominio del resultado. Pero, sin perjuicio de esa pauta elemental, también llega a aceptarse autoría mediata cuando el hombre de atrás y el ejecutor ven lo mismo, en la medida en que aquél persiga el resultado o bien lo acepte, mientras que el ejecutor confíe en poder evitarlo. En estos casos, el hombre de atrás se aprovecharía de la ligereza del hombre adelante y por ello tendría el control del suceso.25 Las reglas mencionadas valen centralmente en los respectivos supuestos de autolesión condicionada por error,26 decisivos para la interpretación de la estafa. Fuera de algunos criterios de delimitación muy concretos, según esta posición, todo déficit es adecuado para equiparar al actuante con una mera condición natural. Toda contribución causal de apoyo de parte del hombre de atrás —incluso la entrega de un vaso de agua— puede, en principio, ser adecuada para convertirlo en autor mediato. La idoneidad de esta perspectiva para establecer reglas claras de atribución de responsabilidad penal en el marco de la estafa puede ser ya puesta en duda. En contraposición con el punto de vista anterior, desde una perspectiva normativa se sostiene centralmente que, en el ámbito de la autoría mediata, no toda superioridad —es decir, no cualquier forma de dominio— sería suficiente para 21 Roxin, Täterschaft¸ p. 170 s. Cf. también Sch/Sch/Heine/Weiber, § 25 n.o m. 15; entre otros. 22 Cf. Roxin, AT II, § 25 n.o m. 63; Jescheck/Weigend, AT, § 62 II 2; Sch/Sch/Heine/Weiber, § 25 n.o m. 16; Wessels/Beulke/Satzger, n.o m. 844 s.; Schroeder, p. 74; Herzberg, JuS 1974, 374. 23 Nowakowski, JZ 1956, 549, quien niega el dominio del hecho del locador. Reconocen autoría mediata, Roxin, Täterschaft¸ p. 175 s.; Jescheck/Weigend, AT, § 62 I 3, entre otros. 24 Sch/Sch/Heine/Weiber, § 25, n.o m. 16, con otras referencias. 25 Roxin, AT II, § 25 n.o m. 65. También Stratenwerth/Kuhlen, AT, § 12 n.o m. 35; Sch/Sch/ Heine/Weiber, § 25 n.o m. 16. Con restricciones, Schroeder, p. 74 s. Jescheck/Weigend, AT, § 62 II 2 se refieren solo a casos en que el ejecutor actúa con imprudencia inconsciente. 26 Roxin, AT II, § 25 n.o m. 70, 74 s.; Wessels/Beulke/Satzger, n.o m. 844, 850.
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fundar la atribución del hecho al hombre de atrás.27 Ello dependerá, antes bien, de si la conexión entre el defecto de imputación del actuante y la ejecución del hecho pertenece al ámbito jurídico de aquél —más que al del ejecutor o de la víctima— y, por tanto, fundamenta su competencia por evitar el suceso.28 Lo decisivo sería la responsabilidad jurídica del hombre de atrás por el déficit de responsabilidad del hombre de adelante.29 El dominio superior del autor mediato es caracterizado aquí de la siguiente manera: “al instrumento se le dificulta evitar la realización del hecho típico de un delito doloso de un modo que excluye la imputación, y por esa dificultad es competente el autor mediato”.30 En las constelaciones que aquí interesan, esto significa básicamente lo siguiente: 1) Que el error que podría fundar la competencia del hombre de atrás por el hecho es aquel desconocimiento al que se atribuye capacidad para desgravar de responsabilidad al ejecutor;31 2) Que el hombre de atrás debe ser competente por la incompetencia del ejecutor, es decir, ha de pesar sobre él un deber de tomar en consideración el defecto del ejecutor;32 si, en cambio, solo ha realizado un acto socialmente adecuado, el perjuicio causado será asunto del ejecutor o de la víctima o deberá ser soportado por ella como desgracia.33 De acuerdo con esta posición, entonces, la mera interacción con un actuante afectado por un déficit de conocimiento, sea este evitable o inevitable, no alcanza para afirmar la autoría mediata de aquel que sabe más que el ejecutor; ese déficit de conducción debe en alguna manera concernir al otro para posibilitar autoría mediata.34 Así, recién cuando el hombre de atrás preste una contribución al hecho que supere el plano de lo socialmente adecuado y, de ese modo, favorezca especialmente una conducta sobre cuyas consecuencias dañinas el ejecutor yerra, en esa medida puede él (el hombre de atrás) ser hecho responsable por el suceso. Como es evidente, estas distintas concepciones en torno a la autoría mediata inciden de manera directa en el alcance del tipo penal de la estafa. Si se sigue la tesis dominante, fuera de ciertas restricciones puntuales, cualquier error de la víctima que de cualquier modo sea provocado o bien aprovechado sería suficiente para responsabilizar al sujeto como autor, es decir, autor mediato y, por tanto, autor de estafa. Ninguna restricción del alcance del tipo penal parece poder derivarse de aquí. 27
Cf. Jakobs, AT, 21/24. Cf. Jakobs, AT, 21/68. 29 Cf. Kindhäuser/Hilgendorf, § 25 n.o m. 8. 30 Jakobs, AT, 21/63. En el mismo sentido, Kindhäuser, FS Bemmann, 341; Kindhäuser/ Hilgendorf, § 25 n.o m. 7. 31 Jakobs, GA 1997, 556 s. En esa medida, concordante, Kindhäuser, Bemmann-FS, 342 s. 32 Cf. Jakobs, GA 1997, 559 s.; Kindhäuser, FS Bemmann, 346 s. 33 Jakobs, GA 1997, 559 s. Coincidente en la solución, Schumann, 96. 34 Jakobs, GA 1997, 564 s.; Kindhäuser, FS Bemmann, 346. 28
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En cambio, para el concepto normativo será necesario verificar no solo un déficit, sino uno que desgrave de la imputación al actuante, y además, no una mera conexión entre este y el hombre de atrás, sino un motivo que lo obligue a evitar esa conexión, es decir una razón por la cual pueda afirmarse que ese déficit y únicamente sus estrictas consecuencias son también asunto suyo y justifican su responsabilidad penal por el hecho. Todo conduce a una noción mucho más restrictiva de autor mediato y, correlativamente, de autor de estafa. Dadas estas centrales divergencias, el solo reconocimiento de un paralelismo entre ambas estructuras de imputación es insuficiente para intentar definir a partir de allí el alcance de la responsabilidad en la estafa. Recién una toma de posición en torno a los distintos puntos de vista puede servir para abordar desde cierta perspectiva los problemas propios del alcance del tipo penal. La posición de la concepción dominante obliga a reflexionar, ante todo, sobre la coherencia de sus soluciones frente a sus propios puntos de partida. Si una decisión sobre los límites de la autoría mediata no puede estar desvinculada del concepto general de autoría y si autor es quien domina el suceso que conduce a la realización del delito,35 entonces, ¿cómo sería posible un verdadero dominio cuando el ejecutor yerra de modo imputable? Es decir, si todavía es esperable que el ejecutor reconozca correctamente la situación en que actúa y pesa sobre él el deber de evitar el hecho, no puede sino concluirse que el hombre de atrás no domina plenamente el suceso. En este orden, sigue ahora la pregunta relativa a por qué se podrían soslayar aquí aquellos criterios normativos que fundamentan la realización del tipo en la autoría directa,36 hasta el punto de que cualquier aporte a la realización del hecho, incluso la entrega de un vaso de agua, podría bastar para responsabilizar al hombre de atrás. Llevada la cuestión al área temática de la estafa, surge obligada la siguiente pregunta: ¿se consideraría suficiente, por ej., cualquier truco de venta cotidiano para fundamentar la punibilidad por estafa frente al crédulo comprador? La concepción normativa, en cambio, adapta los requisitos generales de la autoría a las particularidades fenotípicas de la autoría mediata. Así, primero, ante la necesaria constatación de un déficit de imputación en el ejecutor que impida atribuirle jurídicamente el hecho, este se presenta, desde la perspectiva del derecho, como un factor de la naturaleza. En esa medida, el autor mediato, al igual que el autor directo, responden por direccionar condiciones naturales hacia la realización del tipo. Y, segundo, de la mano de la exigencia de verificar un deber del hombre de atrás de tomar en consideración ese déficit del actuante se plasma en la autoría mediata la pauta genérica de que la responsabilidad penal supone un deber del autor de evitar el desarrollo del hecho, es decir, la imputación no se asienta en una 35
Roxin, AT II, § 25, n.o m. 13. Acerca de la teoría de la imputación objetiva entre los sostenedores de la concepción fáctica de autoría mediata véase, por todos, Roxin, AT I, § 11, n.o m. 44 s. 36
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contribución cualquiera a un curso causal dañino, sino en una prohibida, esto es, que exceda los límites de la adecuación social.37 Para la interpretación de la estafa, estas reflexiones ponen de relieve la necesidad de una distribución de competencias entre el ejecutor (eventual engañado — no responsable por el desarrollo del hecho) y el hombre de atrás (potencial estafador — obligado a evitar el hecho). Se facilita así el reconocimiento de que para la explicación del daño patrimonial es decisivo definir los ámbitos de competencia entre “quien engaña” y “quien es engañado”; que una mera contribución causal del primero en un curso dañino condicionado por un error no es por sí suficiente para fundar la responsabilidad penal. La formulación de la estafa como tipificación de un caso de autoría mediata hace expresa la necesidad de este abordaje38 y abre un camino que posibilita poner en claro las pautas de solución de distintas problemáticas propias de este tipo penal.
III. Distribución de competencias en el ámbito de la estafa En la estafa, como se esbozó al inicio, no es punible cualquier producción imputable de un daño patrimonial, sino solo aquella que resulta de un engaño.39 La calificación de la estafa como delito ligado a una determinada forma de conducta que de allí resulta circunscribe aquel doble orden de condiciones ineludibles para la responsabilidad en la autoría mediata a las siguientes constataciones: del lado de la víctima, que el error no pueda ser explicado como puro asunto suyo40 (exclusión de la competencia de la víctima por su nivel de conocimiento); del lado del autor, que precisamente él sea competente de evitar el déficit de conocimiento de la víctima —no cualquier contribución prohibida fundamenta aquí autoría—. Así, la problemática propia de la estafa ha sido expresada como una cuestión de distribución de “riesgos de orientación” entre las partes de un negocio.41 Se trata, pues, de poner en claro en cabeza de quién se encuentra el deber de evitar el riesgo 37
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Reflexiones similares en el ámbito de la coautoría presenta Lesch, ZStW 105 (1993),
38 Sobre la directa aplicación de criterios de distribución de competencias a la interpretación de la estafa, Cf. esp. Pawlik, Betrug, p. 65 s.; Pawlik, Lampe-FS, p. 689 s.; Pawlik, StV 2003, p. 297 s. cf. también Kubiciel, HRRS (2/2007), p. 68 s., Pastor Muñoz, GA 2005, p. 129 s. 39 Como es sabido, ya la arbitraria falta de pago de una deuda puede constituir la producción imputable de un daño, pero el derecho penal solo categoriza como ilícito, restrictivamente, ciertas formas de agresión al patrimonio (bajo los específicos alcances de los delitos de hurto, estafa, extorsión, daño, etc.). 40 Cf. Naucke, FS Peters, 117: En la estafa, la prohibición de regreso significa que frente a quien ha sido descuidado con su patrimonio no se puede recurrir a aquel que se ha aprovechado de la despreocupación del responsable en primera línea. 41 Veáse LK-Lackner, § 263, n.o m. 29, 50, 69.
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de error en el marco de una interacción. Solo si el autor debe garantizar un determinado nivel cognitivo de la víctima —y no lo hace—, se fundamentará su competencia por el perjuicio y, por regla, se excluirá a la vez aquella de la víctima. Para precisar el engaño típico es decisivo entonces establecer si el autor ha de responder por el error que motiva la disposición patrimonial, precisamente por haber lesionado un derecho de la víctima a que se respete o bien a que se cree el nivel de conocimientos correspondiente, es decir, como lo reconoce cierta doctrina, por haber defraudado un derecho a la verdad del titular del patrimonio.42 Este entendimiento ha conducido a caracterizar al autor de la estafa como garante de que la víctima —en el manejo de su patrimonio— no parta de suposiciones erradas.43 En la terminología de la autoría mediata: solo puede reconocerse como engaño típico el valerse de una superioridad cognitiva que no le corresponde al autor y no el mero factum de su conocimiento superior como tal.44 Lo decisivo sería entonces que la víctima pueda partir de determinado nivel de información y que el autor sea competente por garantizárselo. El engaño no se identifica así, por tanto, con la mera producción material de una divergencia entre el estado de conocimiento de la víctima y la realidad (idea próxima a la concepción fáctica), sino con el quebrantamiento de un deber de equilibrar ese déficit o de no provocarlo.45 De esta manera, definir el alcance del comportamiento prohibido en la estafa, la medida en que el autor se hace competente por el obrar de la víctima, conduce a indagar acerca de los fundamentos jurídicos que posibiliten precisamente considerarlo como garante de la información,46 como obligado a evitar la desinformación de la víctima. Esto remite, en definitiva, al tratamiento general de las razones a partir de las cuales surge un deber jurídico penal del autor, es decir, a las reflexiones en torno a las posiciones de garante.47 42 Kindhäuser, JR 1997, p. 304. Sobre el derecho a la verdad en el ámbito de la estafa, en extenso Pawlik, Betrug, p. 65 s.; además, Kindhäuser, ZStW 103 (1991), 398, 403 s.; Kindhäuser, FS Bemmann, 354 s. y nota 40; Frisch, FS Jakobs, 97 s.; Frisch, FS Herzberg, 738 s. Véase también Jakobs, Urkundenfälschung, p. 17 s.; Jakobs, AT, 29/40 nota 92a; Jakobs, FS Jescheck, 633 nota 29; Jakobs, H. GS Kaufmann, 808 s. 43 Jakobs, AT, 21/80 nota 142i. 44 Cf. Kindhäuser, ZStW 103 (1991) 398, 402, 411 s., 414; Kindhäuser, JR 1997, 304; Kindhäuser, FS Bemmann, 354 s.; Pawlik, Betrug, p. 104; Pawlik, FS Lampe, 699. 45 Esto lleva a contradecir la aceptación general de un engaño por la mera falsedad de una declaración expresa. Así, en los últimos tiempos, sostiene Frisch, FS Jakobs, 101 y nota 17, 122: la declaración objetivamente falsa es un engaño no ya a causa de su divergencia con la realidad, sino solo por el hecho de poder confiarse en su veracidad, porque existe a ese respecto un derecho a la verdad; cf. Frisch, FS Herzberg, 738 s. Antes, Pawlik, Betrug, p. 97 s.; Kindhäuser, ZStW 103 (1991), 398 s.; Kindhäuser, FS Bemmann, 354 s.; Jakobs, Urkundenfälschung, p. 18. Véase también Schmoller, JZ 1991, 127 s. 46 En este sentido, Frisch, FS Jakobs, 102. 47 Así Pawlik, Betrug, p. 127 s.; Pawlik, Unrecht, p. 174 s.; cf. además Hanisch, p. 88 s.
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Más allá de la sistematización de la doctrina dominante, que distingue entre garantes de vigilancia y garantes de protección,48 la búsqueda de una fundamentación material de los deberes de garante conduce al pensamiento según el cual estos se legitiman como costos de la garantía de la libertad de organización, es decir, constituyen aquellas condiciones bajo las cuales la concesión de libertad de organización a través del derecho es operable y socialmente plausible.49 Expresado de manera gráfica: deberes de garante y libertad de organización representan las dos caras de la misma moneda.50 Se piensa así, en primer lugar, en que la libertad de actuación no puede ser reconocida por el derecho sin imponer, como correlato, un deber de respetar a otros y de responder por las consecuencias de infringirlo.51 Surgen sobre esta base, ante todo, deberes de mantener intacto el ámbito jurídico de otros (deberes del tráfico), pero también los derivados de asumir sus competencias (asunción) o bien de contrarrestar las consecuencias perjudiciales de un comportamiento previo, por regla, contrario a derecho (injerencia). En segundo lugar, se reconoce que un deber asegurado penalmente también se puede derivar de la llamada “solidaridad garantizada institucionalmente”.52 Bajo esta noción quedan abarcadas prestaciones que posibilitan disponer de manera real sobre aquella libertad de actuación concedida de manera abstracta por el derecho53, lo cual es evidente en el marco de la relación paterno-filial, pero también puede derivar de cooperar en tareas genuinamente estatales (tal el deber que atañe a los testigos en el marco de un proceso).54 Estas reflexiones, junto con aquellas que se derivan de la configuración de la estafa como forma de autoría mediata, se traducen en que la situación típica propia de este ilícito requiere verificar si la competencia que, por regla, atañe al titular del patrimonio por procurarse el estado de conocimiento necesario para evitar (o bien, asumir) los riesgos económicos de su administración, se encuentra en cabeza del autor por hallarse en una posición de garantía que lo obliga a asegurar la veracidad de ciertas informaciones o a eliminar eventuales suposiciones erradas de aquel.55 A estas pautas remite, para plasmarlas en un ejemplo, la solución de los así llamados “casos de supermercado”. En una situación de hecho de esta índole, los 48
Por todos, Wessels/Beulke/Satzger, n.o m. 1176 s. Sigue este esquema al fijar deberes de información en el engaño concluyente, Seelmann, NJW 1980, 2547 s. 49 Pawlik, Betrug, p. 128, 130; Pawlik, ZStW 111 (1999), 349. Cf. también Pawlik, Unrecht, p. 174 s. 50 Pawlik, Betrug, p. 128. 51 En profundidad, Jakobs, AT, 29/29 s.; Jakobs, Tun und Unterlassen, p. 19 s.; Pawlik, Betrug, p. 127 s., 132, 140 s.; Pawlik, ZStW 111 (1999), 348 s.; Pawlik, Unrecht, p. 180. 52 Jakobs, AT, 28/16. 53 Pawlik, ZStW 111 (1999), 349; Pawlik, Betrug, p. 128, 132; Pawlik, Unrecht, p. 186 s. 54 En detalle Jakobs, AT, 29/57 s.; Jakobs, Tun und Unterlassen, p. 30 s.; también Pawlik, Betrug, p. 127 s., 194 s.; Pawlik, ZStW 111 (1999), 348 s. 55 Fundamental, Pawlik, Betrug, p. 133 s., 139 s. Cf. también Frisch, FS Jakobs, 103 s.; además Jakobs, FS Jescheck, 633 nota 29.
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clientes del comercio ocultaron algunos productos en el carro de compras, debajo de un folleto de ofertas, pusieron otras mercaderías sobre él y finalmente presentaron y pagaron solo estas en la caja.56 Se trata aquí de evaluar si de ese comportamiento previo puede derivarse un deber del autor de compensar el déficit de conocimiento de la cajera, es decir, si se presenta un caso de injerencia. Pues bien, como es sabido, a partir de una intromisión indebida en una esfera de derechos ajena no es posible fundamentar un deber de evitar todas las derivaciones de esa conducta ligadas a ella de modo puramente fáctico y, por esta razón, tampoco un déficit de conocimiento conectado de ese mismo modo.57 Así, puede sostenerse que en la mera intervención en la organización espacial de los objetos no se puede basar un deber de verdad por parte del autor y, en ese orden, no se comete aquí un engaño típico.58 En cambio, deberes de compensar un déficit de conocimiento fundados en injerencia se originan cuando el autor precisamente se entromete en la organización preparada por la víctima —y a ella garantizada— para procurarse información confiable, por ej., cuando él modifica la base de datos interna de un banco. Con estas ideas, expuestas aquí en lo esencial, quedan presentados los criterios que posibilitan fundar la competencia del autor por el error y desgravar a la vez a la víctima, y se da un contenido específico, ligado a los especiales rasgos de la estafa, a la estructura de imputación que se deriva de su caracterización como forma tipificada de autoría mediata.
IV. Conclusiones A modo de cierre, se sintetizan a continuación los aspectos relevantes de esta contribución: – El problema principal en la interpretación de la conducta típica en la estafa consiste en determinar las condiciones bajo las cuales aquel que engaña a otro y, de ese modo, lo motiva a una disposición patrimonial perjudicial, puede ser considerado responsable por esa conducta ajena. – La cuestión que allí subyace es tratada en la literatura de la parte general como asunto esencial para la determinación de la responsabilidad penal del autor mediato.
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BGHSt 41, 198. Sobre la relatividad del carácter no permitido de un riesgo, Jakobs, AT, 7/76 s. Craso: quien lesiona a otro, de modo que este debe cancelar una cita con su asesor, no responde por sus malas inversiones. 58 Así Pawlik, Betrug, p. 84 s., 185 s. A favor de un engaño típico, en cambio: LK-Tiedemann, § 263 n.o m. 50, 68; Sch/Sch/Perron, § 263 n.o m. 63 a; Walter, Betrugsstrafrecht, p. 59 s. 57
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– En la autoría mediata se trata, en definitiva, de establecer, frente a dos posibles sujetos de reproche, en cabeza de quién se halla la competencia por evitar el hecho. – El paralelismo entre ambas estructuras de imputación pone en claro la necesidad de observar, también en la estafa, cómo se distribuye entre el ejecutor (eventual engañado) y el hombre de atrás (potencial estafador), la competencia por el daño patrimonial. – Dada la especificidad de la estafa como delito ligado a una determinada forma de conducta —engaño—, no cualquier participación prohibida convierte al hombre de atrás en autor de estafa, sino únicamente aquella que funde su competencia por un déficit de conocimiento de la víctima. – Decisivo para el engaño típico es, pues, determinar si el autor ha lesionado un derecho de la víctima a que se respete su nivel de conocimiento o se le procure el necesario para la toma de una decisión patrimonial; es decir, si ha quebrantado un derecho a la verdad del titular del patrimonio. – Esa competencia alcanza al autor, en concordancia con los criterios generales, como correlato de deberes de respetar el ámbito jurídico de otros —en razón del tráfico jurídico, la asunción o la injerencia— o bien como consecuencia de solidaridad garantizada institucionalmente —por ej., en virtud de colaborar en funciones genuinamente estatales—. – El quebrantamiento de esa competencia permite considerar el daño patrimonial causado de propia mano por la víctima, en la terminología de la autoría mediata, como obra del autor. El trazar este paralelismo entre la estructura dogmática de un tipo penal de la parte especial y los fundamentos de la responsabilidad penal ya desarrollados en la parte general solidifica el marco teórico a partir del cual reflexionar sobre cada caso problemático en particular, desvincula las soluciones de la sola sensibilidad jurídica y posibilita así el fortalecimiento de ámbitos de libertad objetivamente definidos, capaces de permanecer indemnes frente a las puras subjetividades. En el esfuerzo por defender estos espacios, la presente contribución pretende honrar el pensamiento del profesor Marcelo Sancinetti.
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Falsificación de moneda y bien jurídico protegido Por María de las Mercedes Galli
I. Durate el otoño de los años 2018 y 2019, el Prof. Marcelo A. Sancinetti, nuestro muy estimado homenajeado, me invitó a participar en su curso sobre la así llamada “parte especial” del derecho penal en la Universidad de San Andrés (Buenos Aires). Me ocupé, en concreto, de los denominados “delitos contra la fe pública” (arts. 282/ 302 CP argentino) y eso constituyó un marco para que mantuviéramos fructíferas conversaciones sobre aspectos dogmáticos concernientes a algunos de los tipos penales involucrados. Las reflexiones que serán desarrolladas a continuación, referidas al tipo penal de falsificación de moneda, se originaron en tales oportunidades.
II. El art. 282 CP conmina con pena de prisión de tres a quince años la conducta consistente en falsificar moneda de curso legal en la república. En la misma disposición se prevé la misma pena para el que la introdujere, expendiere o pusiere en circulación.1 El alcance que cabe otorgarle a las conductas típicas descriptas no presenta, en general, problemas de interpretación. “Falsifica”, quien imita los símbolos a los cuales la ley acuerda un valor preestablecido. “Introduce”, quien hace ingresar la moneda, por cualquier medio, en el territorio del estado. Finalmente, “expende”, quien entrega la moneda y ésta, a su vez, es aceptada como verdadera por alguien (por ej., al darla en pago o donarla), mientras que “pone en circulación”, en cambio, quien se desprende de la moneda, es decir, la hace ingresar en el tráfico cambiario, sin que medie aceptación de otra persona (por ej., merced a un depósito en una cuenta bancaria).2 Considerando que el art. 284 CP sujeta a pena de multa a quien expenda o circule moneda falsa “con conocimiento 1
Cabe señalar que, por su parte, en el art. 283 CP se conmina con pena de prisión de uno a cinco años las conductas de cercenar o alterar moneda de curso legal, como así también las de introducir, expender o poner en circulación moneda cercenada o adulterada. Las consideraciones que serán efectuadas en este trabajo respecto del tipo penal de falsificación de moneda deberán valer también, ceteris paribus, para el de cercenamiento y alteración. 2 Cf., por todos, Soler, Derecho Penal Argentino, t. V, p. 386 ss.
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de la falsedad”, pero habiéndola “recibido de buena fe”, existe unanimidad respecto de que, en los supuestos del art. 282 CP, el dinero que se expende o pone en circulación tiene que haber sido recibido, a contrario sensu, de mala fe. Va de suyo que la introducción, el expendio y la puesta en circulación constituyen conductas que presuponen la falsificación misma, pero no así que hayan sido realizadas por el mismo autor en uno y otro caso. Mas, si se trata de la misma persona, es decir, si el falsificador mismo es quien luego, por ej., pone en circulación la moneda, la doctrina argentina sostiene, mayoritariamente, que dado que el art. 282 CP contiene una, así denominada, ley compleja alternativa, no se produce un concurso entre la conducta de falsificar, por un lado, y la de introducir, expender o poner en circulación, por el otro.3 Una ley compleja alternativa es, según Soler, un tipo penal que contiene diversas valoraciones que “resultan equivalentes, de manera que es indiferente, a los fines de la punibilidad, que se aplique un tipo u otro”.4 Dicho con otras palabras, y según esta concepción, dado que la realización de cualquiera de las conductas descriptas en el tipo penal (= consumación) es suficiente para la puniblidad del autor, resulta “indiferente que además de uno de los tipos, se haya también ejecutado la acción correspondiente al otro tipo, y claro está, sea ello con un solo hecho o no”. Por eso resulta comprensible que Soler considere que las figuras penales de introducción, expendio y puesta en circulación “constituyen posibilidades ulteriores a la falsificación misma” y que “presuponen, por lo tanto, la consumación del delito de falsificación”.5 Otra parte de la doctrina considera, en cambio, que la relación que debe mediar entre la falsificación y el resto de las conductas descriptas en el tipo penal contenido en el art. 282 CP debe ser, según las reglas del concurso (aparente) de leyes, la de consunción.6 Esto se basa en un precedente de la Corte Suprema de Justicia de la Nación (Fallos 311:2531) en el que se estableció que “los principios que rigen el concurso aparente de leyes, en especial el de consunción, excluyen la concurrencia del tipo de circulación o expendio de moneda falsa y la autoría de la falsificación”. Si bien no se explica allí, en concreto, cuál de los dos tipos penales retrocedería frente al otro, ni por qué razón,7 en un antiguo precedente, también de la Corte (Fallos 101:231), se consignó que: “la falsificación de monedas y su expendio, cuando se llevan á cabo por el mismo fabricante, no constituyen dos diversos delitos, pues como se ha observado con verdad, la primera se castiga en atención á 3 Al respecto, cf. Soler, Derecho Penal Argentino, t. V, p. 389; en igual sentido, Creus, Derecho Penal, Parte Especial, p. 376 s.; y Fontán Balestra, Tratado de Derecho Penal, p. 521. En la jurisprudencia, véase en el mismo sentido, CNCP, Sala II, reg. 2594, rta. el 03/06/1999. 4 Soler, Derecho Penal Argentino, t. II, p. 211 ss. 5 Soler, Derecho Penal Argentino, t. V, p. 389. 6 D’Alessio, Código Penal, Comentado y Anotado, Parte Especial, p. 946. 7 Al respecto, cabe aclarar que, en la colección, solo se encuentra publicado el sumario de la sentencia.
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que el agente, la comete con el propósito de sacar provecho ilícito, de tal suerte que respecto de él, la segunda es simplemente la ejecución de un mismo proyecto ó resolución criminal”.8 De esto podría inferirse que, como hecho previo co-penado, el tipo penal de falsificación sería aquél que debería retroceder frente al tipo de expendio. A continuación expondré por qué estas concepciones podrían no ser apropiadas para explicar la relación concursal que se presenta cuando quien falsifica, a su vez, expende o pone en circulación el dinero falso y propondré, en su lugar, que la relación concursal que debe mediar entre ambas conductas debe ser, en todo caso, la de subsidiariedad tácita o material. A primera vista, esto podría resultar resultar supérfluo pues, así y todo, la consecuencia sería la condena por una sola infracción a la ley, a pesar de la multiplicidad de realizaciones típicas. Sin embargo, según entiendo, detrás de la solución adoptada por la doctrina argentina se encuentra una comprensión insuficiente de la estructura del tipo penal de falsificación, lo que será tratado a continuación.
III. Como es sabido, el delito de falsificación de moneda forma parte del título XII del código penal que agrupa los así llamados “delitos contra la fe pública”. La doctrina mayoritaria interpreta este concepto como la “confianza generalizada en la autenticidad y el valor de ciertos objetos, signos o documentos que suscita o impone la garantía que les dispensa el Estado, sea directamente o a través de las instituciones o los funcionarios en quienes delega al efecto”.9 En particular, respecto de la falsificación de moneda, la doctrina destaca la necesidad de “tutelar la incolumnidad de la moneda de curso legal en la república como elemento esencial para asegurar la actividad transaccional y el intercambio”, ante el riesgo de que “el aumento de circulante más la disminución de la confianza de que goza, produzca restricción en las transaccciones, aumento de precios, etc.”.10 La doctrina alemana, por su parte, recepta un tipo penal de falsificación de moneda que si bien no tiene exactamente la misma estructura que el previsto en la legislación argentina, sujeta a pena la conducta de imitar dinero con la intención de 8
La transcripción respeta la ortografía de la publicación original. D’Alessio, Código Penal, Comentado y Anotado, Parte Especial, p. 944 y 945 (con cita de Rivacoba y Rivacoba, Manuel de: Objeto jurídico y sujeto pasivo de la falsificación de moneda, Doctrina Penal (9) 1986, 41 ss.). Dejaré de lado aquí la cuestión acerca de si la totalidad de los tipos penales incluidos en el mismo título del código penal —por ej., la falsificación de documentos privados o el libramiento de cheques sin provisión de fondos, entre otros— realmente afectan a la fe pública, del modo en que ha sido definida, o incluso algún otro bien jurídico. 10 D’Alessio, Código Penal, Comentado y Anotado, Parte Especial, p. 946, con otras referencias. 9
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ponerlo en circulación como verdadero, o que se posibilite esa puesta en circulación (§ 146 I StGB), así como también, la conducta de quien ponga en circulación como verdadero, dinero que él mismo haya falsificado (§ 146 III StGB).11 En relación con el bien jurídico protegido, en la doctrina mayoritaria se alude a la seguridad y al (buen) funcionamiento de las operaciones monetarias y del tráfico con títulos valores y sellados.12 Aunque las formulaciones no sean exactamente similares, puede inferirse que el objeto de protección consiste en la confianza general, para el caso, en la autenticidad del dinero, como medio para brindar seguridad al tráfico jurídico. Si se trata, según esto, de otorgar seguridad o confianza en el tráfico jurídico, debe determinarse, como partes de esa actividad (es decir, en tanto participantes en el tráfico jurídico) quién o quiénes poseen un derecho a la seguridad o confianza en tal relación. En primer lugar, resulta claro que el estado, como titular del monopolio de emisión de la moneda,13 posee un tal derecho. Pero, en segundo lugar, dado que el dinero se encuentra destinado a circular entre los ciudadanos, como potencialmente afectadas resultan titulares de ese derecho todas las personas.14 Con esto último no se quiere decir aquí que con la prohibición de fabricar dinero falso se proteja el interés patrimonial de las personas que pudieren resultar afectadas, sino solo que, en la medida en que se tutela la confianza y seguridad de las relaciones comerciales con moneda y que aquéllo deriva de la intervención reguladora del Estado, al 11
§ 146. Falsificación de moneda. (1) Será penado con pena privativa de la libertad no inferior a un año quien 1. imite dinero con la intención de que sea puesto en circulación como verdadero o que se posibilite una tal puesta en circulación, o adultere dinero con esa intención en forma tal que se produzca la apariencia de valor superior, 2. quien se procure dinero falsificado con esa intención o lo ponga a la venta o 3. quien ponga en circulación como verdadero dinero falsificado, que él haya imitado, adulterado o se haya procurado bajo los supuestos de los numerales 1 y 2. (2) Si el autor actúa profesionalmente o como miembro de una banda que se ha asociado para la comisión continuada de la falsificación de dinero, la pena privativa de la libertad no sera inferior a dos años. (3) En casos menos graves del párr. 1, la pena privativa de la libertad será de tres meses a cinco años; en casos menos graves del párr. 2, de un año a diez años. § 147. Puesta en circulación de dinero falso. (1) Quien, independientemente de los casos del § 146, ponga en circulación dinero falsificado como verdadero, será penado con pena privativa de la libertad de hasta cinco años o con pena de multa. (2) La tentativa es punible. 12 Cf. Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, previo al § 146 n.8 m. 2. Mas cercano a la concepción desarrollada en la doctrina argentina, haciendo referencia al interés general en la seguridad y fiabilidad del tráfico jurídico en relación con dinero, sellados oficiales, tarjetas de pago, eurocheques y determinados títulos valores del ámbito monetario nacional y extranjero, cf. Wessels/Hettinger, Strafrecht BT, § 20 n.8 m. 920/1. 13 O como regulador de las formas de autenticidad de ciertos documentos equiparados a la moneda (art. 285 CP). 14 En este sentido, tangencialmente, Creus, Derecho Penal, Parte Especial, p. 371 ss.
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imponer determinadas formas de autenticidad existe también respecto de cualquier persona un derecho a que esa confianza no se vea defraudada ante el origen espurio del dinero circulante. Por ello, a pesar de que el tipo penal del art. 282 CP se encuentre formalmente consumado con la sola falsificación (por ej., el dinero falso en poder del falsificador), no resulta posible afirmar que ya con esa conducta se produzca una lesión efectiva a la “confianza generalizada” en la “incolumnidad de la moneda” y, menos aun, una merma en la confianza que impacte en la regularidad de las transacciones o en el nivel de precios.15 Esto no quiere decir que, por tal motivo, no existan fundamentos para criminalizar este tipo de conductas. Solo implica que, en todo caso, el delito de falsificación no puede ser caracterizado como un delito de lesión y que se trata, en su lugar, de un delito de peligro abstracto.
IV. Los delitos de peligro abstracto se distinguen por la circunstancia, según la cual, ni el tipo objetivo ni el tipo subjetivo se refieren a una lesión o puesta en peligro concreta de un bien jurídico. De acuerdo con Jakobs, el fundamento de la punibilidad reside en la “peligrosidad general (con abstracción del caso concreto) de un comportamiento determinado o de un comportamiento con determinada consecuencia”.16 Así, por ej., para la punibilidad de la conducta descripta en el tipo penal del art. 205 CP se requiere la infracción misma a las reglas adoptadas por la autoridad competente para evitar la introducción o propagación de una epidemia, mas no que con ello se produzca, además, un peligro concreto a la salud pública, ni menos aun, una lesión en la salud de una persona determinada. Según Jakobs, existe la necesidad de prever delitos de peligro abstracto siempre que, ante la peligrosidad de una conducta, se imponga la necesidad de tomar recaudos estereotipados, pues no cabe esperar que, ante la naturaleza compleja de un determinado ámbito de relación, las personas que lo integran se conducirán de modo que no se produzcan daños.17 Por ej., y según esto, el tipo penal mencionado perdería eficacia si se dejara librado al ciudadano que juzge por sí mismo qué tipos de contactos resultan inherentes a la propagación de una enfermedad, y cuáles no.
15 En este sentido, en la doctrina alemana se destaca —con razón— que, en virtud de que el interés general en el monopolio monetario del Estado (y, mediatamente, de la soberanía monetaria de Estados extranjeros), fácticamente, no resulta seriamente amenzado por medio de falsificaciones de dinero particulares, “se trata de una protección de un bien jurídico ampliamente anticipada” (al respecto, cf. Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, previo al § 146 n.8 m. 2, con otras referencias; y, en el mismo sentido, Wessels/Hettinger, Strafrecht BT, § 20 n.8 m. 921). 16 Jakobs, Strafrecht AT, 6/86. 17 Jakobs, Strafrecht AT, 6/86a.
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De esta manera, y según lo expuesto, los delitos de peligro abstracto comportan adelantamientos de la punibilidad, en tanto que su consumación no depende de que se produzca una lesión efectiva a un bien jurídico. Se dejará de lado aquí la cuestión acerca de qué adelantamientos de punibilidad, y bajo qué límites, resultan legítimos a la luz de principio del hecho.18 Pero, respecto de tipos penales como el de falsificación de dinero, en particular, Jakobs destaca que contienen una característica especial. En efecto, mientras que en una buena parte de los delitos de peligro abstracto el comportamiento peligroso, que justifica la prohibición, se realiza por completo y, en esa medida, el adelantamiento de la punición no resultaría mayor que respecto de la tentativa acabada,19 existe otro grupo en el que el adelantamiento de la punición es mayor. Se trata de supuestos en los que se criminaliza una conducta que no sería peligrosa en absoluto, o solo lo sería en una medida muy limitada si no existiese un comportamiento sucesivo que, a su vez, sea delictivo.20 Esto lo que ocurre en el caso de la falsificación de dinero, que no constituye un injusto porque se pueda ver afectada la autenticidad de la moneda per se, sino en razón de que el autor o un tercero pueden introducir ese dinero como verdadero en el tráfico jurídico y afectar, de ese modo, la confianza en su regular funcionamiento. Al respecto, el propio Jakobs destaca que los delitos de peligro abstacto de esta índole constituyen regulaciones problemáticas, dado que si bien la realización de la conducta típica respectiva puede dar lugar a un curso causal peligroso, la realización de ese peligro depende de la posterior ejecución de hechos que quizá todavía no hayan sido proyectados y que, en todo caso, aún no se han sido intentados ni exteriorizados. Es decir, se trata de conductas que todavía no representan una perturbación externa.21 Esto significa que, a diferencia de otros delitos de peligro abstacto, se trataría de prohibiciones de conductas que no constituyen per se la ejecución (material) de un delito, sino un acto preparatorio de un delito propio o de participación en un delito ajeno. Bajo tales circunstancias, la norma que subyace a la regulación se encuentra basada en el peligro de una conducta futura y, en consecuencia, requiere de una fundamentación especial. Para el caso de la falsificación en particular, Jakobs señala que en conductas de esa índole la tendencia al daño es inherente a la realización de la actividad misma.22 En concreto, esto es así porque concierne a un objeto que constituye el prototipo de un instrumento delictivo. De acuerdo con esto, si bien tal objeto (el dinero falso), primeramente, se encuentra resguardado en el ámbito privado, existe un peligro incrementado de que se lo utilice delictivamente, 18
Cf., sobre esto, Jakobs, Estudios, passim; Jakobs, Strafrecht AT, 6/86 ss. Al respecto, indica como ejemplos, entre otros, el incendio de edificios habitados o la conducción en estado de ebriedad (§§ 306a, 316 StGB, respectivamente). 20 Jakobs, Strafrecht AT, 6/86a. 21 Jakobs, Strafrecht AT, 6/86a. 22 Jakobs, Strafrecht AT, 6/86a, con otros ejemplos, como la producción de drogas y la fabricación de armas y de ciertos documentos públicos. 19
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sea por el autor de la fabricación misma, sea por parte de un tercero.23 En este sentido, no caben dudas de que el papel moneda falso resulta, en efecto, más idóneo para afectar la fe pública que los billetes de un juego de mesa. Jakobs mismo reconoce que, en muchos supuestos, probablemente resulte imposible calcular si y cómo se llega en el caso concreto al empleo delictivo de estos instrumentos, pero en todo caso se “perjudicaría la seguridad cognitiva que se precisa para la vigencia de las normas que se permitiera la libre producción… de tales objetos”.24 En sus propias palabras, “[p]recisamente por la incalculabilidad de su uso, la eventual inocuidad de aquél que produce o adquiere esos instrumentos presta como máximo tan solo una garantía pasajera de que nada malo ocurre: siempre queda la posibilidad de que en cualquier momento se pueda llegar a la comisión de un delito”.25 Por tal razón, en estos casos se encontrará legitimada la reducción de un ámbito (interno) de libertad en pos del establecimiento de regulaciones públicas.
V. Según lo expuesto, y en suma, la prohibición de falsificar dinero constituye un delito de peligro abstracto que, a pesar de que se encuentra (formalmente) consumado con la fabricación de moneda misma, describe, en rigor de verdad, un acto (materialmente) preparatorio. Si se acepta esto, no resultaría posible sostener que si el falsificador mismo es quien, a la postre, expende o pone en circulación el dinero,26 entonces resulte indiferente —al menos teóricamente— cuál de las dos infracciones debe retroceder en favor de la otra. La respuesta debe ser, tal como adelanté, que el delito de peligro asbtracto, por aplicación de las reglas de subsidiariedad tácita o material, cede ante la efectiva lesión del bien jurídico que se encuentra como centro de protección en ambos casos.27 La solución en favor de que se trata de una ley alternativa compleja desconoce la estructura y la relación que anida entre ambas disposiciones. Comprender este concurso como un supuesto de consunción solo podría ser correcto en la medida en que se tuviese en claro que la falsificación sería, en todo caso, un hecho previo co-penado del expendio o la puesta en circulación. 23
Jakobs, Strafrecht AT, 6/86a. Jakobs, Estudios, p. 309 ss. 25 Jakobs, Estudios, p. 309 ss. 26 Dejo de lado aquí el supuesto de “introducción” de dinero falsificado al territorio nacional pues, dejando de lado casos en que la forma de ingreso implique, a su vez, el expendio o puesta en circulación, difícilmente pueda predicarse que, por sí sola, implique una conducta que ocasione un daño efectivo a la fe pública. 27 En favor de la subsidiariedad de los delitos de puesta en peligro frente a los de lesión de igual naturaleza, cf. Frister, Strafrecht AT, § 31 n.8 m. 14 y, en igual sentido, Roxin, Strafrecht AT, § 33 n.8 m. 199 ss., quien, sin embargo, considera que el caso de la falsificación de dinero y su posterior puesta en circulación se trata de una unidad de acción típica. 24
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Con prescindencia de lo anterior, en aquellos casos en los que el autor se dedique solo a falsificar, es decir, no emplee el dinero por él falsificado, la equiparación que de lege lata se impone en la escala penal resulta difícil de fundamentar.28 Pues tal equiparación entre puesta en peligro abstracta, por un lado, y lesión, por el otro, solo podría ser explicada si en la punición del autor de la falsificación no solo se estuviese abarcando la creación de un curso causal peligroso, sino también algo más. Dado que, en definitiva, sería poco imaginable afrontar los costos que implica la producción de dinero falso, si no fuera con la intención de su posterior empleo, es posible afirmar que en la escala penal de la falsificación se comprende también (encubiertamente) el dolo de uso o de lesión. Justamente este razonamiento es el que se encuentra en el precedente de la Corte Suprema mencionado, en el que expresamente se consignó —cito nuevamente— que la falsificación “se castiga en atención á que el agente, la comete con el propósito de sacar provecho ilícito”. Esta última ventaja solo podría ser fruto del verdadero ataque a la fe pública, producido mediante el expendio o puesta en circulación por parte del autor de la falsificación o de un tercero. El problema de esta fundamentación es, naturalmente, que implica aceptar que la pena por falsificación se compone mediante una consideración de los planes futuros del autor, es decir, por el dolo de cometer una afectación (sea por sí mismo, sea como partícipe de un tercero) que todavía se encuentra pendiente. De esta manera, en la medida en que el ilícito se encuentra integrado por la ejecución de un hecho abstractamente peligroso (la falsificación), pero subrepticiamente también por uno interno (la intención de expender o poner en circulación), constituye una disposición legal posiblemente reñida con el principio del hecho. Bajo tales circunstancias, el déficit que presenta esta regulación, en comparación con la de uso, debería ser corregido en la individualización de la pena.
VI. Con prescindencia de esto último, la inexacta comprensión de la estructura de la prohibición de falsificar no se advierte para el caso del tipo penal contenido en el art. 299 CP. En efecto, allí se comina con pena la conducta de quien fabrica, introduce en el país o conserva en su poder “materias o instrumentos conocidamente destinados a cometer alguna de las falsificaciones legisladas”. Como conducta (aun más) alejada de la verdadera afectación al bien jurídico, en este caso el legislador sí prevé una escala penal en abstracto bastante menor y, en lo principal, este adelantamiento de la punición sí es reconocido por la doctrina mayoritaria. En efecto, se señala que se trata de un delito de peligro, como así también su carácter (material) de acto preparatorio. Por eso es que si, por ej., el tenedor de instrumentos 28 Esto es más claro en la fórmula del § 146 StGB en el que, como se consignó, la conducta típica consiste en imitar dinero “con la intención de que sea puesto en circulación como verdadero” (véase nota 11), que entraña, según doctrinaria mayoritaria, una tendencia interna trascendente (al respecto, véase Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, §146 n.8 m. 9).
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efectivamente los emplea para falsificar, se reconoce, acertadamente, que el tipo de fabricación, introducción y tenencia se ve desplazado, por subsidiariedad, por la falsificación misma.29 Para recapitular, si se tuviera que trazar una línea de progresión entre las diversas regulaciones que, según lo expuesto, tienden a proteger la fe pública, en primer lugar, se encontraría la fabricación, introducción o tenencia de instrumentos destinados a falsificar (art. 299 CP), en un segundo lugar, la falsificación misma (art. 282 CP) y, en tercer lugar, lo que constituye el verdadero ataque a aquel bien jurídico: el expendio o puesta en circulación de la moneda falsa (art. 282 CP).
VII. Las reflexiones anteriores deberían también sugerir una solución para el concurso entre otros tipos penales que contienen una estructura similar. No me puedo detener sobre esto en extenso, pero si se compartiera mi postura, entonces, lo mismo debería valer para la relación concursal entre los tipos de falsificación (material) de documentos públicos (art. 292 CP) y falsedad ideológica (art. 293 CP), por un lado, y el de uso de documento falsificado (art. 296 CP), por el otro.30 También a este respecto la doctrina suele sostener que las conductas de falsificación material o ideológica de documentos públicos constituyen per se un ataque a la fe pública y, dada la fórmula empleada por el legislador en el art. 296 CP (“el que hiciere uso de un documento o certificado falso o adulterado, será reprimido como si fuera autor de la falsedad”), si se cometen ambas conductas se suele hacer una remisión al tipo penal del art. 292 CP. Al respecto, Creus sostiene que “el autor de falsificación que a la vez usa el documento, no puede ser castigado al mismo tiempo por aquella falsificación y por este uso: únicamente puede serlo por el primer delito”.31 Tampoco en este caso, por ej., la mera imitación de un documento de identidad o la sola inserción de datos falsos en una escritura pública generan re ipso un daño a la fe pública (peligro abstracto), sino que recién lo será, dado el caso, su empleo en el tráfico jurídico. De tal manera, y de configurarse la totalidad de los elementos requeridos en cada uno de tales tipos penales, también aquí debería ser la falsificación la que debería retroceder, por subsidiariedad tácita, ante el efectivo uso del documento falso en cuestión.
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Véase, al respecto, Creus, Derecho Penal, Parte Especial, p. 500 s. Dado que el tipo penal contenido en el art. 299 CP (fabricación, introducción al país o tenencia de materia o instrumentos destinados a falsificar) se trata de una disposición común a todos los tipos penales descriptos entre los arts. 282 y 298 CP, también valdrían a este respecto, por supuesto, las consideraciones ya expuestas. 31 Creus, Derecho Penal, Parte Especial, p. 476; en el mismo sentido cf., Fontán Balestra, Tratado de Derecho Penal, p. 577 s.; D’Alessio, Código Penal, Comentado y Anotado, Parte Especial, p. 296 ss., y las referencias jurisprudenciales allí citadas. 30
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VIII. Según todo lo expuesto, en resumen: 1) El tipo penal de falsificación de moneda constituye un adelantamiento de la punición al estadio anterior a la lesión del bien jurídico protegido. 2) En esa medida, constituye un delito de peligro abstracto, dado que la mera producción de dinero falso tan solo crea, dado el caso, un peligro para la fe pública, pero no un daño efectivo. 3) Esa afectación recién se produce si, posteriormente, el propio autor o un tercero, expenden o ponen el circulación el dinero falso. 4) En caso de que el mismo autor sea quien fabrique y use el dinero falso, el tipo penal de falsificación retrocede, por subsidiariedad tácita, en favor del de expendio o puesta en circulación. 5) La equiparación legal de las escalas penales previstas para la falsificación y el uso de dinero falso resulta cuestionable en la medida en que eso podría ocultar una punición encubierta, es decir, que el injusto consistente en fabricar dinero falso no solo estaría compuesto por el peligro abstracto que esta conducta crea para la fe pública, sino que presupondría, a su vez, el dolo del falsificador de emplearlo, sea a título de autor, o como cómplice de un tercero.
Bibliografía Creus, Carlos: Derecho Penal, Parte Especial, 3.a ed., t. 2, Buenos Aires 1992. D’Alessio, Andrés José: Código Penal, Comentado y Anotado, Parte Especial (Arts. 70 a 306), 1.8 ed., Buenos Aires 2004. Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 56.a ed., Múnich 2009. Fontán Balestra, Carlos: Tratado de Derecho Penal, t. VII, Buenos Aires 1993. Frister, Helmut: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 56.a ed., Múnich 2018. Jakobs, Günther: Criminalización en el estadio previo a la lesión de un bien jurídico, en Estudios de Derecho Penal, Madrid 1997. Jakobs, Günther: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2.a ed., Berlin/New York 1991. Roxin, Claus: Strafrecht, Allgemeiner Teil, t. II, Múnich 2003. Soler, Sebastián: Derecho Penal Argentino, 5.a ed., t. II, Buenos Aires 1987. Soler, Sebastián: Derecho Penal Argentino, 4.a ed., t. V, Buenos Aires 1987. Wessels, Johannes/Hettinger, Michael: Strafrecht, Besonderer Teil, 32.a ed., t. 1, Heidelberg 2008.
De nuevo sobre el enriquecimiento ilícito Por Héctor Hernández Basualto* El amplio reconocimiento científico de Marcelo Sancinetti, tanto en su país como en el extranjero, se debe fundamentalmente, y sin duda, a su extensa obra dedicada a problemas centrales de la teoría del delito. Sería injusto, sin embargo, subestimar sus lúcidas aportaciones a la parte especial, a lo que hoy conocemos como justicia transicional o, en fin, a las cuestiones probatorias. De algún modo estos tres ámbitos del interés intelectual de nuestro homenajeado se cruzan en su decidida toma de posición contra la tipificación del llamado “enriquecimiento ilícito”.1 Con la contundencia y brillantez habituales, Sancinetti demostró que el tipo penal no resiste un escrutinio serio desde la perspectiva de las garantías penales, tanto sustantivas como procesales, y advirtió que la necesaria represión jurídico-penal de la corrupción pública no puede descansar en el desconocimiento de tales garantías, constituyéndose así en referente obligado para cualquiera que también quisiera denunciar la ilegitimidad de semejante tipificación.2 Parecería entonces que todo está escrito al respecto. Si se vuelve sobre el tema, sin embargo, es porque, a pesar de la evidencia, el entusiasmo por esta figura, que en parte hasta se reivindica como contribución de la América española a la cultura jurídica universal, no solo no decae, sino que incluso parece ir en aumento. En efecto, aunque la Convención de las Naciones Unidas contra la Corrupción (UNCAC) no impone la obligación de introducir un delito de este tipo, sino solo de considerarlo como posibilidad, su art. 20 ha dado lugar a que se discuta la pertinencia de su introducción incluso más allá de los límites de los países en desarrollo en que tuvo su origen.3 Se hace necesario entonces volver a revisar la cuestión a la luz de los últimos desarrollos, ofreciendo con ello un modesto, pero cariñoso homenaje a un colega al que se le prodiga respeto y admiración.
* Trabajo elaborado por el autor como Investigador responsable del Proyecto de Investigación FONDECYT Regular (Chile) N.8 1191683 (“Sub-inclusión y sobre-inclusión en el tratamiento jurídico-penal de la corrupción”). 1 Sancinetti, El delito de enriquecimiento ilícito de funcionario público. 2 En Chile Hernández, Revista de Derecho de la Pontificia Universidad Católica de Valparaíso XXVII (2006); Oliver, Libro Homenaje a la memoria del Profesor Tito Solari Peralta; Rodríguez/Ossandón, Delitos contra la función pública, p. 435 ss. 3 Sobre la reciente discusión en España, con referencia a las propuestas concretas Del Carpio, Revista General de Derecho Penal 23 (2015), 58 ss., Blanco Cordero, Revista Electrónica de Ciencia Penal y Criminología 19 (16), 11 ss.
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Las razones en favor de la tipificación del enriquecimiento ilícito no parecen haberse modificado sustancialmente en los últimos años. Siguen centradas en los graves efectos de la corrupción y en la indignación que produce su impunidad, como factores que legitimarían cualquier esfuerzo bienintencionado en su contra.4 Con todo, ante las críticas y objeciones de legitimidad, han surgido respuestas (también por parte de algunos de sus críticos) que conviene revisar, las que se corresponden con las siguientes actitudes.
I. La negación Ante la crítica fundamental5 basada en la inversión de la carga de la prueba y el abandono de la presunción de inocencia, algunos autores simplemente la niegan. Así, por ejemplo, para el caso del derecho chileno, se invoca el inciso tercero del art. 241 bis CP, conforme al cual la prueba del enriquecimiento injustificado “será siempre de cargo del Ministerio Público”.6 Como se verá luego (infra II), el argumento en efecto tiene sentido, al menos a primera vista. Pero si se observan los alcances concretos que estos autores asignan a esa carga, se advierte que no es más que un juego de palabras. Porque el Ministerio Público no tendría que probar que el incremento patrimonial tiene origen ilícito (presupuesto necesario para afirmar que es indebido), sino solo “que no puede explicarse por los ingresos legítimos en cuanto funcionario y el resto de los que pudiese haber obtenido lícitamente”, o bien que “no es explicable por el ahorro derivado de los ingresos lícitos del funcionario”,7 con lo cual, en rigor, la pesada carga de la prueba de cargo en este punto se reduce a demostrar que los ingresos lícitos (y conocidos) del imputado no guardan relación con el incremento patrimonial. En otras palabras, se reduce a constatar lo inexplicable de la situación, lo que basta para imponer una pena si el imputado no es capaz de explicarla satisfactoriamente. Pues bien, esta inversión de la carga de la prueba es lo propio de un delito de enriquecimiento ilícito y la razón por la cual, más allá de una mera “crítica político criminal”,8 se ha objetado su legitimidad constitucional en una serie de ordena4 Un buen ejemplo reciente de esto, sobre el que se volverá infra III, lo ofrece el trabajo de Kofele-Kale, The International Lawyer 40 (2006). 5 Aunque no la única, pues el tipo también vulnera garantías sustantivas asociadas al principio de legalidad, cfr. Sancinetti, El delito de enriquecimiento ilícito de funcionario público, p. 172 ss.; Hernández, Revista de Derecho de la Pontificia Universidad Católica de Valparaíso XXVII (2006), 199 ss.; Oliver, Libro Homenaje a la memoria del Profesor Tito Solari Peralta, p. 473 ss. 6 Matus/Ramírez, Manual de derecho penal chileno, p. 443. 7 Matus/Ramírez, Manual de derecho penal chileno, p. 443. Los autores agregan que se debe acreditar “que no existe otra explicación económica que justifique el monto del patrimonio”, pero del contexto se desprende que, más que exigir realmente la prueba del hecho negativo, solo aluden a la ausencia de explicaciones aparentes. 8 Matus/Ramírez, Manual de derecho penal chileno, p. 442.
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mientos, algunos de antemano, pronunciándose respecto de los instrumentos internacionales pertinentes (Estados Unidos, Canadá), otros a través de los mecanismos internos de control de constitucionalidad de las leyes (Italia,9 Costa Rica,10 Portugal,11 en los tres casos por vulnerarse la presunción de inocencia). Es la razón también por la cual tales instrumentos ofrecen la salvaguardia, impensable respecto de cualquier otro delito de corrupción,12 de una obligación solo “con sujeción a su Constitución y a los principios fundamentales de su ordenamiento jurídico”13 y por la que grupos oficiales de expertos llamados a ofrecer modelos de redacción a los Estados reconocen que la esencia del delito (la falta de explicación razonable del incremento desproporcionado) pudiera interpretarse como inversión de la carga de la prueba o como una obligación de auto-incriminación.14 Que hasta ahora no se haya impugnado con éxito la constitucionalidad de esta figura en otros estados solo demuestra que la cuestión es discutible, pero en ningún caso eludible.
II. La retirada tácita En un trabajo anterior referido a la introducción del delito de enriquecimiento ilícito en Chile, se señalaba que la única manera de salvar la legitimidad del tipo penal pasaba porque, en contra de lo que precisamente se buscaba con él, el Ministerio Público tuviera en efecto la carga de la prueba, lo que implicaba probar positivamente el origen ilícito del incremento patrimonial, pues lo contrario, la 9 Por sentencia N.8 48 de 1994, la Corte Constitucional declaró inconstitucional el art. 12 quinquies, apartado 2, del Decreto-Ley de 8 de junio de 1992, N.8 306, luego Ley de 7 agosto de 1992, N.8 356, que introducía el delito de enriquecimiento ilícito de funcionarios; luego, mediante la sentencia N.8 370 de 1996, declaró inconstitucional por las mismas razones el longevo art. 708 CP, que reprimía al mendigo que, encontrado en posesión de dinero u objetos de valor u otras cosas no correspondientes a su estado, no justificara su proveniencia. 10 Por sentencia N.8 1.707, de 28 de marzo de 1995, la Sala Constitucional de la Corte Suprema declaró inconstitucionales los incisos a) y c) del art. 26 de la Ley N.8 6.872 del 17 de junio de 1983, sobre el enriquecimiento ilícito de los servidores públicos. 11 Por el Acuerdo del Tribunal Constitucional N.8 179/2012 se declararon inconstitucionales tres artículos del Decreto N.8 37/XII, aprobado por la Asamblea de la República, que introducían en el código penal y en una ley especial tipos de enriquecimiento ilícito (uno de ellos como delito común). 12 Ni siquiera el vaporoso delito de “abuso de funciones” recogido en el art. 19 UNCAC la ha merecido. 13 Contra el parecer de Matus/Ramírez, Manual de derecho penal chileno, p. 442, se reconoce en general que la fórmula permite derechamente eximirse del deber de tipificación sin necesidad de reserva alguna, cfr. por todos Manfroni, La Convención Interamericana contra la corrupción, p. 147. 14 Véase el Anexo II al informe “Legislación modelo sobre enriquecimiento ilícito y soborno transnacional”, referido al enriquecimiento ilícito, aprobado por el Comité Jurídico Interamericano, dependiente de la OEA, en su 54.8 período ordinario de sesiones, el 29 de enero de 1999, en Informe del Comité Jurídico Interamericano a la Asamblea General, Rio de Janeiro 1999, p. 127.
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ausencia de un origen legítimo, en cuanto hecho negativo, era imposible de probar (probatio diabolica). Con esto, sin embargo, el tipo penal devenía o bien inaplicable, porque por regla general no sería posible probar el origen ilícito, o bien superfluo, porque acreditado ese origen ilícito habría de aplicarse el tipo penal así establecido (art. 241bis CP inciso 2.8), tertium non datur.15 Se comprenderá, en todo caso, que el propósito del razonamiento no era cándido, sino retórico, pues solo se trataba de remarcar que un tipo penal así no tenía salvación si quería ser fiel a su propósito.16 Por eso sorprende que genuinos partidarios de este delito estén dispuestos a sacrificar su esencia con tal de verlo consagrado en la legislación. Es lo que ocurre con aquellos autores que, con resignación, proponen una redacción que “no suponga una violación a la presunción de inocencia”,17 y que, a la hora de tratar de explicar cómo podría ser eso posible, ponen el énfasis en un bien jurídico distinto, como podría ser “la transparencia de las fuentes de ingresos patrimoniales de los funcionarios públicos”, susceptible de ser lesionado mediante conductas que puedan ser efectivamente acreditadas por la acusación.18 Otros autores, críticos de un delito de enriquecimiento ilícito (aunque por razones antagónicas), siguen un camino similar al proponer el establecimiento de delitos formales asociados a la infracción de deberes funcionarios de información y documentación en relación con sus ingresos.19 15 Hernández, Revista de Derecho de la Pontificia Universidad Católica de Valparaíso XXVII (2006), 213 ss. A menos que, conforme a una interpretación dudosa pero plausible, el origen ilícito no fuera delictivo, único caso en el cual podría aplicarse el tipo, entendiéndolo como un tipo residual en el sentido de reprimir toda forma de enriquecimiento comprobadamente ilícito, pero no constitutivo de otro delito. 16 Llevaba razón, sin embargo, Oliver, Libro Homenaje a la memoria del Profesor Tito Solari Peralta, 478 s. al predecir que no faltarían interpretaciones que validaran la inversión de la carga de la prueba que el texto debía evitar. 17 Del Carpio, Revista General de Derecho Penal 23 (2015), 57. 18 Del Carpio, Revista General de Derecho Penal 23 (2015), 57, con referencia a la propuesta del magistrado Carlos Cadilha, en su voto en el citado fallo del Tribunal Constitucional portugués. 19 Tal es la propuesta de Blanco Cordero, Revista Electrónica de Ciencia Penal y Criminología 19 (16), 33 ss., quien ve en un delito de estas características, que deje de girar en torno al delito que se sospecha cometido, y que atente más bien contra “la licitud y transparencia de los ingresos patrimoniales de los altos cargos públicos”, una alternativa al desafortunado delito de enriquecimiento ilícito. Propone, además, colorear de ilicitud la conducta típica (en rigor: describir por primera vez una conducta típica sin referencia a una conducta de la que se tienen sospechas, pero no una descripción) exigiendo una actividad clandestina de ocultamiento del incremento patrimonial, así como posibles restricciones en términos de cuantía y círculo de posibles autores, además de la renuncia a la pena privativa de libertad. La propuesta de introducir tipos formales de estas características concuerda parcialmente también con la Wilsher, Crime, Law & Social Change 45 (2006), 43 s., quien, sin embargo, como se verá supra III, los entiende solo como tipos de flanqueo al lado del delito de corrupción que puede ser presumido a partir del enriquecimiento inexplicado. Llama la atención, por último, que el citado Anexo II del Comité Jurídico Interamericano, más que propuestas de redacción para un tipo de enriquecimiento ilícito, las contenga en relación con delitos de omisión o retardo en la presentación de declaraciones de bienes o de declaraciones falsas, entre otras conductas (p. 127 s.).
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Sin perjuicio de que por consideraciones de proporcionalidad pueda discutirse la necesidad y legitimidad de que semejantes infracciones sean constitutivas de delito y no se sancionen solo por vía administrativa,20 se trataría sin duda de tipificaciones más ajustadas a los principios del derecho penal que lo que se puede decir de un delito de enriquecimiento ilícito, en especial considerando la tendencia a la negación que, como se mostró supra I, se da incluso en ordenamientos que contienen una salida legítima, aunque torpe. En la disyuntiva, se trata claramente de un mal menor.
III. La defensa desembozada Pero hay también quien no se amilana ante la crítica y, reconociendo abiertamente que un tipo de enriquecimiento ilícito existe precisamente para invertir la carga de la prueba en perjuicio del imputado, sostiene que dicha inversión en estos casos resulta completamente legítima. El argumento central de esta defensa sin eufemismos radica en que la presunción de inocencia no sería un derecho absoluto y que, en consecuencia, las presunciones contra reo en materia penal no serían siempre ilegítimas. Para ello se invoca especialmente la autoridad de decisiones del Tribunal Europeo de Derechos Humanos (TEDH) y de algunas prestigiosas jurisdicciones anglosajonas, concretamente las Cortes de Canadá, el Reino Unido y Sudáfrica.21 Así, se suelen citar las decisiones Salabiaku v. Francia22 y Pham Hoang v. Francia23 del Tribunal de Estrasburgo, en las que, en efecto, se afirma que el Convenio Europeo no prohíbe el uso de presunciones de hecho o de derecho en materia penal, con tal de que los ordenamientos las mantengan dentro de límites aceptables, teniendo en cuenta la importancia de lo que está en juego y preservando el derecho de defensa (§ 28 y § 32, respectivamente). Por su parte, los tribunales anglosajones cuya autoridad se invoca admiten inversiones de la carga de la prueba que resulten justificadas. Sobre esta base, no debe extrañar que algún autor considere inconducente la introducción de un delito especial de enriquecimiento ilícito, pues si resulta legítimo presumir la responsabilidad penal del funcionario que se enriquece de un modo inexplicable, lo coherente es presumir derechamente el delito de corrupción
20 El propio Blanco Cordero, Revista Electrónica de Ciencia Penal y Criminología 19 (16), 26 s. ha mostrado cómo en otros ordenamientos es la vía administrativa la elegida para reprimir estos casos, criterio que en ese contexto parece compartir. 21 Así, Wilsher, Crime, Law & Social Change 45 (2006), 34 ss.; Kofele-Kale, The International Lawyer 40 (2006), 924 ss., 931 ss.; Muzila/Morales/Mathias/Berger, On the Take. Criminalizing Illicit Enrichment to Fight Corruption, p. 31 ss. 22 STEDH de 7 de octubre de 1988, solicitud n.8 519/83. 23 STEDH de 25 de septiembre de 1992, solicitud n.8 13.191/87.
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(cohecho) que se sospecha ha cometido para enriquecerse y castigarlo en consecuencia.24 Y debe reconocerse que los términos empleados por las sentencias en cuestión, particularmente por las del TEDH, son tan amplios que, en efecto, parecen prestar cobertura a múltiples posibles inversiones de la carga de la prueba, al punto de que, luego de su lectura, lo que realmente resulta sorprendente es que la presunción de inocencia se haya mantenido por tanto tiempo como supuesta regla general en los sistemas de justicia penal europeos. Ahora bien, si se mira con detenimiento lo que se discutía en los casos concretos, se puede apreciar que los alcances del dictum en ambas sentencias son mucho más modestos que los que su literalidad sugiere y que, por cierto, no se está en la antesala de una revolución en materia de carga de la prueba en sede penal. De lo que se trataba era exclusivamente de la prueba del dolo respecto de la posesión de estupefacientes y, como se sabe, al margen de que en ambos casos se hicieran valer, en efecto, disposiciones que explícitamente invertían la carga de la prueba o presumían la ilicitud del hecho, se sabe que en prácticamente cualquier ordenamiento jurídico esa prueba se colige del hecho mismo de la posesión y de la ausencia de circunstancias que sugieran la posibilidad de desconocimiento o error, tal como, en general, la prueba del dolo se extrae de la realización misma de la conducta objetivamente típica y de la ausencia de factores que permitan presumir, de nuevo, desconocimiento o error. En otras palabras, al margen de cualquier discusión de detalle al respecto, se trata de inferencias usuales y completamente razonables que operan con independencia de la existencia de disposiciones expresas que las ordenen. Lo mismo se puede decir de la prueba de la antijuridicidad y de la culpabilidad del hecho objetivamente típico que se encuentra acreditado: será por regla general la defensa la que deberá realizar una mínima actividad probatoria para producir siquiera duda razonable respecto de la concurrencia de una posible causa de justificación, de exculpación o de disculpa.25 Este tipo de inversión de la carga de la prueba o, si se quiere, esta forma de presumir la responsabilidad del imputado no genera ninguna anomalía,26 pues se trata de inversiones puntuales, sobre aspectos relevantes pero no centrales de la imputación. Este aspecto es central. En las jurisdicciones en que se discute más abiertamente sobre posibles inversiones de la carga de la prueba es una constante la exigencia de admitirlas bajo estricta observancia de criterios de proporcionalidad, debiendo 24
Wilsher, Crime, Law & Social Change 45 (2006), 31 s., 40 ss. Si la labor de la defensa es solo generar una duda razonable o más bien probar la inocencia del acusado conforme a un determinado estándar de prueba, es decir, si pesa sobre ella lo que en la literatura anglosajona se conoce como una carga de evidencia (evidencial burden) o una carga legal o de persuasión (legal or persuasive burden) es algo que no puede abordarse en este trabajo. 26 Lo mismo rige en general para los casos que se invocan de la jurisprudencia anglosajona, los que en general versaban sobre la prueba del dolo de distintas infracciones. Esto sin contar con la presunción implícita de responsabilidad que suponen los casos de strict liability. 25
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considerarse, entre otros factores, si lo que se quiere presumir es un elemento esencial de la infracción o no, porque ciertamente resulta más atendible una presunción contra reo cuando se trata de aspectos secundarios que fundarían una excepción a lo que expresan los hechos, que cuando se trata de presumir ni más ni menos que el núcleo de la imputación.27 Y ocurre que con la presunción del origen ilícito (más aún: delictivo) del incremento patrimonial del funcionario se está haciendo mucho más que presumir el dolo o la ausencia de una nota negativa que altere el sentido natural y obvio de una conducta perfectamente acreditada, pues se está presumiendo la existencia misma de una conducta (indeterminada) constitutiva de delito. Que los únicos pronunciamientos claros en favor de un delito de enriquecimiento ilícito en esa tradición (Hong-Kong mientras fue posesión británica)28 hayan quedado más bien aislados, confirma que sus razones no tienen que ver realmente con esta discusión conceptual. Ni los estragos que produce la corrupción, ni las dificultades probatorias en la materia, ni la acusada desigualdad de armas que existiría en algunos ordenamientos entre altos funcionarios y un estado débil,29 ni la insidiosa presentación del conflicto como uno entre derechos individuales y derechos colectivos (un supuesto derecho colectivo a una sociedad libre de corrupción)30 están en condiciones de justificar una presunción de responsabilidad penal tan desproporcionada como la que se propone respecto de los funcionarios.
IV. La búsqueda de alternativas legítimas La sospecha que sirve de base al movimiento por la tipificación de un delito de enriquecimiento ilícito tiene sin duda un fundamento racional. Si un funcionario público ve incrementado su patrimonio de modo significativo y lleva un nivel de lujos y gastos que no guardan ninguna relación con sus ingresos conocidos, precisamente durante el período en que ejerce el cargo, cualquier persona razonable sospecharía que esto es el resultado de actividades ilícitas de su parte, probablemente de actos de corrupción. Como se ha dicho una y otra vez, sin embargo, en un estado de derecho la plausibilidad de una sospecha no basta para condenar criminalmente a alguien, de 27 Así, se lee, por ejemplo, en el Informe Final “Traditional Rights and Freedoms – Encroachments by Commonwealth Laws”, de la Comisión Australiana para la Reforma del Derecho, de diciembre de 2015, p. 267 s. 28 Decisión del Privy Council en Mok Wei Tak and another v. The Queen [1990] 2 AC 333, siendo notorio que el tribunal opera como si fuera un delito de posesión (en este caso de riqueza); véase también el fallo de la Corte de Apelaciones en Attorney General v. Hui Kin Hong [1995] 1 HKCLR 227. Sobre esto Wilsher, Crime, Law & Social Change 45 (2006), 32 ss. 29 Kofele-Kale, The International Lawyer 40 (2006), 918, 936 ss. 30 Kofele-Kale, The International Lawyer 40 (2006), 910, 914 s.
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modo que ella solo puede (y debe) servir de fundamento para una investigación exhaustiva contra el sospechoso que permita confirmarla, acreditar delitos concretos y castigar por estos al corrupto. Ahora bien, siendo esto radicalmente correcto, la pregunta que sigue rondando es ¿y se puede hacer algo más, algo que no cargue con las notas ilegítimas de un delito de enriquecimiento ilícito? Es en este contexto en que ha surgido como posible alternativa el decomiso de ganancias ilícitas sin condena, que se suele emparentar, porque suelen coincidir, aunque no exista una relación conceptual necesaria, con el llamado decomiso civil o con el decomiso in rem.31 El auge de estas figuras durante los últimos años en el derecho comparado es de sobra conocido, como lo es también que su fortaleza radica en que, al negarse su carácter de pena o, más aún, de consecuencia penal, no están sujetas a las garantías propias del derecho penal. No es difícil advertir, sin embargo, que su debilidad estriba precisamente en la aparente simplicidad de esta fortaleza, pues se sospecha que por la sola vía de cambiarle el nombre o “naturaleza jurídica” a las cosas, es decir, sin diferencias de fondo, se logra exactamente lo mismo que bajo la calificación de “penal” era considerado ilegítimo. Como no es posible abordar aquí siquiera mínimamente la discusión, se cierran estas líneas con unas pocas reflexiones puntuales. No hay nada ilegítimo per se en un decomiso sin condena. El supuesto que debiera ser pacífico es aquél en que consta el origen ilícito de las ganancias. Desde luego porque hay razones para la falta de condena que son plenamente compatibles con la prueba de la actividad delictiva de la cual provienen las ganancias. Tal es el caso cuando el responsable ha muerto, deviene incapaz o está prófugo, pero también cuando el delito ha prescrito o se ha dictado una amnistía antes del juzgamiento o de la condena, entre otros. No se aprecia ninguna razón para que en estos casos la ausencia de condena deba implicar la mantención de la situación patrimonial generada por la actividad ilícita. Ahora bien, si esto es correcto, necesariamente el fundamento del decomiso en estos casos es uno distinto que el de la condena. Se sabe que esta discusión sobre el fundamento y la naturaleza jurídica de ciertas reacciones frente a hechos ilícitos está algo desprestigiada, porque parece ser el reino del fraude de etiquetas,32 pero sigue siendo necesaria. Así, no puede dudarse que el decomiso de los instrumentos del delito, al menos cuando éstos no son intrínsecamente peligrosos, tiene un carácter eminentemente punitivo, pues se priva de bienes que constituían legítimamente (al menos sin discusión al respecto) propiedad de quien los empleó para cometer el delito, sin que, además, se den razones que justifiquen su privación con fines de seguridad. Siendo esto así, el 31 Sobre esto la literatura se ha vuelto inabarcable. Véanse al respecto los textos editados por Rui/Sieber, Non-Conviction-Based Confiscation in Europe; para Alemania, favorablemente Meyer, ZStW 127 (2015), críticamente Saliger, ZStW 129 (2017); para España Aguado, Revista General de Derecho Europeo 35 (2015), 15 ss.; Blanco Cordero, Revista Electrónica de Ciencia Penal y Criminología 19 (16), 29 ss.; y en general ya antes Vervaele, Revista Penal 2 (1998). 32 Burchard, Latin American Legal Studies 4 (2019).
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decomiso de esos instrumentos debe considerarse una pena y solo debe proceder en caso de condena del dueño conforme al estándar de prueba penal. ¿Pero puede decirse lo mismo del comiso de ganancias que consiste en la pérdida de bienes a los que no se tenía ningún derecho? ¿No es más bien un mecanismo de restablecimiento del orden patrimonial legítimo? Aquí se entiende que, al menos en cuanto rija a su respecto el principio de la ganancia neta,33 se trata de lo segundo y que, en consecuencia, no es una pena, no requiere condena y puede someterse a un estándar de prueba menos exigente. Si esto es así, lo mismo debería regir respecto de las ganancias obtenidas por el acusado absuelto por insuficiencia probatoria,34 cuando, no obstante, se acredita el origen ilícito de las ganancias conforme a ese estándar menos exigente. Es dable pensar que en muchos casos en los que hoy se discute un posible enriquecimiento ilícito se vería satisfecho dicho estándar. El verdadero problema se da cuando ni aun con un estándar de prueba menos exigente se pueda establecer positivamente el origen de las ganancias. En la medida en que será el estado el que requiera el decomiso, no parece que deba cambiar la carga de la prueba. La pregunta es, de nuevo, si puede bastar para la decisión, que supone que el origen de los bienes sea ilícito, la incertidumbre sobre dicho origen, que es lo mismo que presumir su origen ilícito mientras el afectado no demuestre lo contrario. La cuestión es por cierto menos grave que la que se discute a propósito del delito de enriquecimiento ilícito, porque no se trata de justificar una condena penal, pero las consecuencias concretas pueden ser igualmente severas y deben estar amparadas al menos por garantías generales de derecho público.35 Más allá de soluciones procedimentales favorecidas por la ausencia de reclamaciones (patrimonios simplemente abandonados)36 y en la imposibilidad de un estudio exhaustivo, la prudencia sugiere la respuesta negativa.
Bibliografía Aguado, Teresa: La Directiva 2014/42/UE sobre embargo y decomiso en la Unión Europea: una solución de compromiso a medio camino, Revista General de Derecho Europeo 35 (2015), p. 1 – 34. 33
Conforme al cual se decomisa lo percibido, pero con deducción de lo que se debió invertir para obtenerlo, en oposición al “principio de la ganancia bruta”, que procede sin esa deducción. Que en Alemania la legislación haya acogido en 1992 este último principio, le quita fuerza a la opinión dominante en ese país en cuanto a que esta forma de decomiso tiene solo una función restauradora. Sobre esto Saliger, ZStW 129 (2017), 1004. 34 Y se podría discutir también su procedencia en casos en que podría haber habido juicio, pero no se acusó por déficit probatorio. 35 Extensas reflexiones al respecto en Tromme, Duke Journal of Comparative & International Law 29 (2019), 194 ss. 36 Algo habitual en la práctica estadounidense, que, como indica Cassella, Latin American Legal Studies 4 (2019), 10, da lugar a casos con nombres graciosos.
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Blanco Cordero, Isidoro: El debate en España sobre la necesidad de castigar penalmente el enriquecimiento ilícito de empleados públicos, Revista Electrónica de Ciencia Penal y Criminología 19 (16), 2017, p. 1 – 35. Burchard, Christoph: ¿Decomiso como derecho penal o qué? Sobre cómo el mal enfocado debate acerca de la “naturaleza jurídica” del decomiso confunde lo que realmente debe discutirse, Latin American Legal Studies 4 (2019), p. 41 – 74. Cassella, Stefan Dante: Comiso de activos en los Estados Unidos, Latin American Legal Studies 4 (2019), p. 1 – 20. Del Carpio, Juana: El delito de “enriquecimiento ilícito”: análisis de la normativa internacional, Revista General de Derecho Penal 23 (2015), p. 1 – 67. Hernández, Héctor: El delito de enriquecimiento ilícito de funcionarios en el derecho penal chileno, Revista de Derecho de la Pontificia Universidad Católica de Valparaíso XXVII (2006), p. 183 – 222. Kofele-Kale, Ndiva: Presumed Guilty: Balancing Competing Rights and Interests in Combating Economic Crimes, The International Lawyer 40 (2006), p. 909 – 955. Manfroni, Carlos Alberto: La Convención Interamericana contra la corrupción, 2.8 ed., Buenos Aires 2001. Matus, Jean Pierre/Ramírez, María Cecilia: Manual de derecho penal chileno. Parte especial, 3.8 ed., Valencia 2019. Meyer, Frank: “Reformiert die Rückgewinnungshilfe!” – Denkanstöße für eine Generalüberholung der Vermögensabschöpfung, ZStW 127 (2015), p. 241 – 283. Muzila, Lindy/Morales, Michelle/Mathias, Marianne/Berger, Tammar: On the Take. Criminalizing Illicit Enrichment to Fight Corruption, Washington D.C. 2012. Oliver, Guillermo: Inconstitucionalidad del nuevo delito de enriquecimiento ilícito, en: Luis Rodríguez (ed.), Delito, pena y proceso. Libro Homenaje a la memoria del Profesor Tito Solari Peralta, Santiago de Chile 2008, p. 463 – 480. Rodríguez, Luis/Ossandón, María Magdalena: Delitos contra la función pública, 2.8 ed., Santiago de Chile 2008. Rui, Jon Petter/Sieber, Ulrich: Non-Conviction-Based Confiscation in Europe, Berlín 2015. Saliger, Frank: Grundfragen der Vermögensabschöpfung, ZStW 129 (2017), p. 995 – 1034. Sancinetti, Marcelo: El delito de enriquecimiento ilícito de funcionario público, 3.8 ed., Buenos Aires 2014. Tromme, Mat: Waging war against corruption in developing countries: How asset recovery can be compliant with the Rule of Law, Duke Journal of Comparative & International Law 29 (2019), p. 165 – 233. Vervaele, John Alois Emercius: Las sanciones de confiscación: ¿Un intruso en el Derecho Penal?, Revista Penal 2 (1998), p. 67 – 80. Wilsher, Dan: Inexplicable wealth and illicit enrichment of public officials: A model draft that respects human rights in corruption cases, Crime, Law & Social Change 45 (2006), p. 27 – 53.
Handlungs- und Erfolgsunwert illegaler Straßenrennen Von Thomas Kliegel Das Spannungsfeld zwischen Handlungs- und Erfolgsunwert ist eines der Hauptforschungsgebiete des Jubilars. Es ist Gegenstand seiner ersten Dissertation „Teoría del delito y disvalor de acción“ (Straftatlehre und Handlungsunwert) ebenso wie seiner zweiten Dissertation „Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch“, die er als Humboldt-Stipendiat in Bonn erstellte. Mit dem Thema setzt sich auch sein Vortrag „Das Denken der Aufklärung und das sogenannte Verletzungsprinzip“ auseinander, den der Verfasser dieses Beitrags in die deutsche Sprache übersetzen durfte. Marcelo Sancinetti streitet in diesem Zusammenhang fortwährend mit der ihn auszeichnenden juristischen Präzision, großer Überzeugungskraft und in unermüdlicher Weise für die Maßgeblichkeit des Handlungsunwerts bei der Frage von Schuld und Strafwürdigkeit des Täters. Seiner Auffassung nach beruht „der Glaube, dass der endgültige Taterfolg einen tatbegründenden Charakter hat, […] auf atavistischen Wurzeln des Strafrechts, die einem animistischen Denken verhaftet sind, das dem Willen eine Art übernatürliche Kraft zuspricht, die mit göttlicher Hilfe genau ins Schwarze treffen lässt“.1 Die Berücksichtigung des Erfolgsunwerts bei einer Tat bezeichnete er als „Erfolgsmythos“, dem nur in wenigen Fällen eine berechtigte (Selektions-)Funktion zukomme.2 Entscheidend ist für ihn, wie sich die Erfolgswahrscheinlichkeit ex ante darstellte, bevor vom Täter nicht beeinflussbare Faktoren den Erfolg herbeigeführt bzw. verhindert haben. Dogmatisch ist der Ansatz von Marcelo Sancinetti, bei der Bestrafung eines Täters (nahezu) ausschließlich auf den Unwert seines Handelns abzustellen, überzeugend. Rechtspolitisch ist eine derart „reine Lehre“ indes schwer vermittelbar. Der Taterfolg und damit die in der Außenwelt bewirkte Veränderung hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung nicht nur für die Sühnefunktion, sondern auch für die Verteidigung der Rechtsordnung und selbst die abstrakte Generalprävention. Ohne diese Diskussion hier vertiefen zu können, gibt es immer wieder tatsächliche Fälle oder bestimmte Formen von Kriminalität, die den Erfolgsunwert in übersteigertem Maße ins Zentrum der Argumentation rücken lassen – und das nicht nur „am Stammtisch“ oder in den Boulevardmedien, sondern auch unter Juristen. Hier durchbrechen
1 2
Sancinetti, Verletzungsprinzip, S. 268. Sancinetti, Verletzungsprinzip, S. 269.
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die „atavistischen Wurzeln des Strafrechts“ den dünnen Firnis eines grundsätzlichen Konsenses. Eine solche Fallkonstellation, die es aufgrund mehrerer tatsächlicher Fälle mit tödlichem Ausgang bis in die Debatten der großen Fernsehsender und Tageszeitungen geschafft, aber auch juristisch zu erheblichen Diskussionen geführt hat, sind die sog. illegalen Straßenrennen, denen sich dieser Beitrag im Folgenden widmet.
I. „Illegale Straßenrennen“ Zu Anfang stellt sich zunächst die Frage nach der Definition eines „illegalen Straßenrennens“. Der mittlerweile in das deutsche Strafgesetzbuch eingeführte § 315d (dazu noch unter V.) enthält keine Legaldefinition, sondern spricht lediglich von „verbotenen Kraftfahrzeugrennen“, die im Straßenverkehr stattfinden müssen. Ohne über die jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls hinweggehen zu wollen, die hier eine große, aber auch nicht eine so große Rolle spielen, wie von einigen Stimmen in der Literatur behauptet wird, ist von folgender Grundkonstellation auszugehen: Zumindest zwei Fahrer von Kraftfahrzeugen beginnen im Straßenverkehr – verabredet oder spontan – ein Rennen gegeneinander, bei dem ein Sieger ermittelt werden soll und das sämtliche Straßenverkehrsregeln unbeachtet lässt. Regelmäßig kommt es dabei zu massiven Geschwindigkeitsübertretungen, Rotlichtverstößen, riskanten Überholvorgängen, Verlassen der Fahrspuren durch „Kurvenschneiden“ etc.3 Findet ein solches Rennen im innerstädtischen Bereich statt, liegt es nahe, dass es dabei zu Unfällen mit weiteren Verkehrsteilnehmern kommen kann, die dabei schwer verletzt werden oder gar zu Tode kommen. Abzugrenzen sind die hier diskutierten Fälle illegaler Straßenrennen von anderen Fällen höchstgefährlichen Verhaltens im Straßenverkehr, insbesondere von Amokfahrten, also Tätern, die ihr Auto als Waffe gegen andere Verkehrsteilnehmer einsetzen, Verfolgungsfällen, in denen ein Straftäter mit allen Mitteln versucht, die ihn verfolgende Polizei abzuschütteln, und ihm dabei häufig gleichgültig ist, ob dadurch ein Dritter zu Schaden kommt, wenn dies seine Flucht nur nicht behindert,4 sowie „Geisterfahrten“, womöglich sogar mit Suizidabsicht.5
3 Vgl. BT-Drs. 18/10145, S. 7; BT-Drs. 18/12964, S. 5; Schönke/Schröder/Hecker, § 315d Rn. 1; Fischer, StGB, § 315d Rn. 5 ff. 4 Vgl. z. B. LG Hamburg, Urteil vom 19. Februar 2018 – 621 Ks 12/17. Die notwendige Differenzierung gerade auf der subjektiven Tatseite verkennt Steinert, SVR 2019, 326 (329), der meint, es handele sich um einen den Straßenrennen ähnlichen Fall. 5 Die notwendige Differenzierung übersieht auch das LG Berlin, NStZ 2017, 471 (478), wenn es eine solche Geisterfahrt als Vergleich heranzieht. Eine Suizidabsicht liegt beim Straßenrennen gerade nicht vor.
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II. Die subjektive Tatseite Problematisch stellt sich vor allem die Bewertung der subjektiven Tatseite des beschriebenen Handelns dar. Handeln die Täter hinsichtlich der schweren Verletzungen oder des Todes anderer Verkehrsteilnehmer vorsätzlich oder nur fahrlässig? Die Täter selbst werden in einem späteren Prozess – anwaltlich beraten – häufig schweigen oder betonen, sie hätten selbstverständlich keinen Menschen durch ihr Rennen verletzen wollen. Die Fallkonstellation fordert mithin die „klassische“, deswegen aber nicht einfachere Abgrenzung zwischen (bewusster) Fahrlässigkeit und (bedingtem) Vorsatz. Bedingter Tötungsvorsatz ist nach ständiger Rechtsprechung gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement).6 Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten.7 Die objektive Gefährlichkeit einer Tathandlung stellt dabei einen wesentlichen Indikator sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des bedingten Vorsatzes dar.8 Sie ist jedoch, ebenso wie der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts, kein allein maßgebliches Kriterium für die Annahme bedingten Vorsatzes.9
III. Einordnung als vorsätzliches Tötungsdelikt Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass in extremen Fällen illegaler Straßenrennen juristische Laien nach einer Bestrafung wegen „Mordes“ rufen.10 Bemerkenswert ist hingegen, dass diese Auffassung auch in juristischen Fachzeitschriften und vor allem vom Landgericht Berlin vertreten worden ist.
6 Siehe nur BGH NStZ 2018, 409 (410 f., Rn. 17) m.w.N.; zum Streitstand im Schrifttum instruktiv Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Schuster, § 15 Rn. 72 – 89 m.w.N. 7 Siehe Fn. 6. 8 BGH NStZ 2018, 409 (411, Rn. 19) m.w.N. 9 Siehe Fn. 8. 10 Vgl. Jahn, JuS 2017, 700 (703, Fn. 11) unter Hinweis auf eine dpa-Meldung vom 04. 03. 2017, nach der das Urteil des LG Berlin auf sehr breite Zustimmung gestoßen sei: 70 % hätten in einer Umfrage, ob das Strafmaß „richtig“ sei, „auf jeden Fall“ geantwortet. Ich wage jedoch zu bezweifeln, dass diese Zustimmungsrate Bestand hat, wenn man die Tat in Vergleich mit einem Sexualmord setzt, der die gleiche Strafe zur Folge hat. Der Wert solcher Umfragen, bei der sich mit der entsprechenden Tat wohl auch eine Mehrheit für die Wiedereinführung der Todesstrafe aussprechen würde, ist daher grundsätzlich zu bezweifeln. Hierzu auch Fischer, Die Zeit.
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Das Landgericht Berlin hat (erstmals) im Jahr 2017 zwei Täter wegen gemeinschaftlichen Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt.11 Dem lagen – zusammengefasst – folgende Feststellungen zugrunde: Die Täter verabredeten sich bei einem zufälligen Treffen an einer Ampel gegen 0.30 Uhr zu einem Straßenrennen über den Kurfürstendamm und die Tauentzienstraße in Berlin. Die Täter überfuhren dabei – ein Täter sogar unangeschnallt – zahlreiche rote Ampeln bei stark überhöhten Geschwindigkeiten von bis zu 150 – 170 km/h. Beim letzten Rotlichtverstoß stieß ein Täter mit einem Fahrzeug des bevorrechtigten Querverkehrs zusammen, dessen Fahrer bei dem Unfall zu Tode kam. Zur subjektiven Tatseite stellte das Landgericht fest, dass beide Täter zu Beginn des Rennens den Entschluss gefasst hätten, möglichst schnell und vor dem jeweils anderen das Ziel – an einem Kaufhaus – zu erreichen und dabei alle Verkehrsregeln außer Acht zu lassen. Bei Überfahren der letzten Kreuzung sei beiden Angeklagten bewusst gewesen, dass ein die querende Straße befahrender Fahrzeugführer und etwaige Mitinsassen bei einer Kollision nicht nur verletzt, sondern aufgrund der von ihnen im Rahmen des vereinbarten Rennens gefahrenen sehr hohen Geschwindigkeiten mit großer Wahrscheinlichkeit zu Tode kommen würden. Die körperliche Schädigung anderer durch ein von ihnen verursachtes Unfallgeschehen sei ihnen gleichgültig gewesen, sie hätten es dem Zufall überlassen, ob es zu einem Zusammenstoß mit einem oder mehreren Fahrzeugen im Kreuzungsbereich kommen würde. Die Schädigung bzw. den Tod anderer Verkehrsteilnehmer sowie im Nahbereich der Kreuzung aufhältiger Personen durch herumfliegende Trümmerteile der beteiligten Fahrzeuge hätten sie billigend in Kauf genommen. Das Landgericht begründet die Annahme des dolus eventualis im Wesentlichen mit der Gefährlichkeit des Täterhandelns:12 Bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen liege es nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechne, das Opfer könne zu Tode kommen und – weil er mit seinem Handeln gleichwohl fortfahre – einen solchen Erfolg billigend in Kauf nehme. Eine hohe und zudem anschauliche konkrete Lebensgefährlichkeit von Gewalthandlungen stelle mithin auf beiden Vorsatzebenen das wesentliche auf bedingten Tötungsvorsatz hinweisende Beweisanzeichen dar. Davon sei zwar eine Ausnahme zu machen, wenn der Täter trotz erkannter objektiver Gefährlichkeit der Tat ernsthaft und nicht nur vage auf ein Ausbleiben des tödlichen Erfolges vertraue, aber ein solches ernsthaftes Vertrauen sei den Tätern angesichts der von ihnen bewirkten großen Gefahr abzusprechen. Ihre hohe Geschwindigkeit schließe ein nur fahrlässiges Verhalten geradezu aus. Der Frage, inwieweit die Täter auch eine Eigengefährdung in Kauf nahmen, beantwortet das Landgericht schlicht unter Hinweis auf die großen, mit neuesten Sicherheitsstandards ausgerüsteten Fahrzeuge, in denen sich die Täter sicher gefühlt und jedes Risiko für sich selbst ausgeblendet hätten. Die „Versuchsproblematik“ (dazu unter IV.) will das Landge11 12
LG Berlin, NStZ 2017, 471. LG Berlin, NStZ 2017, 471 (473, 475, 477).
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richt mit dem etwas schlichten Argument entkräften, es habe sich um einen extremen Einzelfall gehandelt. Das landgerichtliche Urteil hat in der Literatur zum Teil Zustimmung erfahren. Insbesondere Kubiciel/Hoven vertreten einen normativen Vorsatzbegriff, der das Wissen des Durchschnittsbürgers zum Maßstab des Vorsatzes erhebt.13 Das Kriterium der objektiven Gefährlichkeit wird damit zum entscheidenden Faktor für die Annahme von Vorsatz oder Fahrlässigkeit, soweit – wie hier – keine gefahrabschirmenden Maßnahmen getroffen werden. Die Täter hätten das Rennen nur als Ganzes – also inklusive aller mit der Durchführung verbundenen Folgen – wollen können, eine Aufspaltung des Vorsatzes sei abzulehnen. Das Vertrauen auf einen guten Ausgang schlage umso mehr in ein „ohnmächtiges Hoffen“ um, je höher das (für sich und andere) gesetzte Risiko sei. Es handele sich um eine Art „russisches Roulette“.
IV. Bewertung Im Ergebnis darf hier kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei illegalen Straßenrennen im Regelfall14 um typische Fälle von bewusster Fahrlässigkeit handelt, auch wenn die Sorgfaltswidrigkeiten der Täter extrem sind und der Tod eines anderen Verkehrsteilnehmers objektiv vorhersehbar, je nach Fallkonstellation sogar wahrscheinlich sein mag.15 Aber man darf sich gerade nicht dazu verleiten lassen – wie Walter völlig zutreffend formuliert –, den Begriff des Vorsatzes zu „normativieren“, also Vorsatz auch dann anzunehmen, wenn er nicht vorliegt, aber bei einem vernünftigen Menschen vorgelegen hätte.16 Denn der oben umrissene Grundfall sollte nicht aus dem Blick verloren werden: Mit einem illegalen Straßenrennen verfolgen die Täter zunächst, so banal es auch klingt, nur ein Ziel: das Rennen zu gewinnen.17 Dabei halten sie schwere Unfälle nur auf. Es ist also davon auszugehen, dass den Tätern an einem Unfall gerade nicht gelegen ist, sie also grundsätzlich ernsthaft darauf vertrauen, dass ein solcher ausbleiben wird. Hierfür spricht auch ein weiteres Argument: In der sog. „Raserszene“ stellt das Auto für den jeweiligen Besitzer einen besonderen Gegenstand dar, mit 13
Kubiciel/Hoven, NStZ 2017, 439; vgl. auch Puppe, ZIS 2017, 439; Puppe, JR 2018, 323; im Grundsatz auch Preuß, NZV 2017, 303; Steinert, SVR 2019, 326. 14 Es sind immer Fälle denkbar, in denen sich ein Tötungsvorsatz aufdrängt, z. B. beim Durchfahren einer Fußgängerzone in der Innenstadt am Samstagmittag mit 100 km/h. Dort wird in der Regel aber gerade kein Rennen stattfinden. Vorsatz ist ebenso denkbar, wenn verwertbare Erkenntnisse zur subjektiven Tatseite vorliegen, z. B. ein Täter sich vor dem Rennen zu möglichen Folgen in entsprechender Weise geäußert hat. 15 So auch Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Schuster, § 15 Rn. 87a; kritisch auch Fischer, StGB, § 15 Rn. 9c; vgl. auch die Einzelnachweise im Folgenden. 16 Walter, NStZ 2018, 412 (413). 17 Vgl. auch Jäger, JA 2017, 786 (787); Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Schuster, § 15 Rn. 87a.
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dem er sich identifiziert, der ihn in gewisser Weise ausmacht.18 Häufig handelt es sich um teure, hochmotorisierte Autos, die getunt und mit rennwagenähnlichen Eigenschaften ausgerüstet sind. Solche Täter nehmen eine Beschädigung ihres Fahrzeugs nicht „billigend in Kauf“, im Gegenteil, sie wollen eine solche nach Möglichkeit vermeiden,19 so dass auch aus diesem Blickwinkel vieles dafür spricht, dass sie davon ausgehen, „es werde schon gutgehen“. Schließlich ist zu beachten, dass die – auch von Sachverständigen nachgewiesene – Selbstüberschätzung in der „Raserszene“ enorm ist.20 Die Täter glauben daran, ihr Fahrzeug auch bei Höchstgeschwindigkeiten und in Extremsituationen „im Griff zu haben“ und Unfällen noch ausweichen zu können. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des LG Berlin folglich zu Recht aufgehoben und dabei mehrere Punkte angesprochen, die der Annahme eines bedingten Vorsatzes entgegenstehen (können): Die Kritik beginnt bereits damit, dass das Landgericht den Tötungsvorsatz erst zu einem Zeitpunkt bejaht hat, als der tödliche Verkehrsunfall nicht mehr zu verhindern war (sog. dolus subsequens).21 Das Landgericht knüpft den Vorsatz somit schon nicht an den entscheidenden Moment an, nämlich die Vornahme der letztlich (tödlichen) Handlung. Aber auch unabhängig davon genügten die Beweiserwägungen des Landgerichts nicht den Anforderungen an die Annahme eines bedingten Vorsatzes. Der Bundesgerichtshof hebt insoweit insbesondere auf die nicht hinreichende Auseinandersetzung mit der möglichen Eigengefährdung der Täter ab. Denn bei riskanten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, die nicht von vornherein auf die Verletzung einer anderen Person oder die Herbeiführung eines Unfalls angelegt sind, kann eine vom Täter als solche erkannte Eigengefährdung dafür sprechen, dass er auf einen guten Ausgang vertraut hat.22 In diese Bewertung ist zwar auch das genutzte Verkehrsmittel, das möglicherweise dem Täter selbst eine höhere Sicherheit gewährt als einem möglichen Unfallgegner, einzubeziehen, dies muss jedoch auf einer tragfähigen Grundlage geschehen. Das Landgericht hat sich indes schlicht auf das Sicherheitsgefühl der Angeklagten unter Bezugnahme auf ihre schweren und mit neuester Sicherheitstechnik ausgestatteten Fahrzeuge berufen. Einen solchen Erfahrungssatz gibt es – wie der Bundesgerichtshof zutreffend feststellt – nicht. Es liegt alles andere als auf der Hand, dass den Tätern ein deutlich geringeres Risiko gedroht hätte als evtl. Unfallopfern. Der Bundesgerichtshof nennt hier nur beispielhaft die Möglichkeit eines kreuzenden Busses. Wie das Landgericht ohne eigene Sachkunde solche Feststellungen getroffen haben will, erklärt es nicht. Ein Autofahrer, der mit bis zu 18
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Das Landgericht Berlin bezeichnete die Täter als „Autonarren“, LG Berlin NStZ 2017,
So auch Jäger, JA 2017, 786 (788); Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Schuster, § 15 Rn. 87a. 20 Das ergibt sich bereits aus dem Urteil des LG Berlin, so ebenfalls Jäger JA 2017, 786 (787). 21 BGH NStZ 2018, 409 (410, Rn. 14 f.). 22 BGH NStZ 2018, 409 (411, Rn. 21).
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170 km/h durch die Innenstadt fährt, dürfte sich – unabhängig von der Ausstattung seines Fahrzeuges – vielmehr im Fall eines Unfalls in höchster Lebensgefahr befinden, insbesondere, wenn man auch statische Hindernisse und andere schwere Fahrzeuge in die Überlegungen miteinbezieht. Dies gilt umso mehr, wenn sich dieser, wie im Berliner Fall, nicht einmal anschnallt. Kubiciel/Hoven führen als weiteres Argument an, dass für das auffahrende Fahrzeug grundsätzlich ein geringeres Schadensrisiko bestehe.23 Zu der sich in diesem Zusammenhang aufdrängenden Frage, ob die Täter im vorliegenden Fall physikalische Grundkenntnisse gehabt und solche Überlegungen überhaupt angestellt haben, äußert sich der Beitrag nicht. Dass die Täter ihre Fahrzeuge „geliebt“ hätten, wird mit Blick auf die halsbrecherische Fahrt schlicht als unmöglich angesehen. Auch hier normativieren die Autoren die subjektive Tatseite; für sie ist es – wie wohl auch für den Durchschnittsbürger – nicht nachvollziehbar, wie man mit einem Gegenstand, den man schätzt, ein solches Rennen veranstalten kann. Das greift jedoch zu kurz und setzt sich in keiner Weise mit der Vorstellungswelt der Angeklagten auseinander, was jedoch Inbegriff der subjektiven Tatseite ist (für Vertreter eines normativen Vorsatzbegriffs ist dies in gewisser Weise natürlich konsequent). Eine Aufspaltung des Vorsatzes mit Blick auf die Gefährdung der eigenen Person und des eigenen Fahrzeugs, die angeblich ausgeblendet wird, und die Gefährdung Dritter, die aufgrund der objektiven Gefährlichkeit angeblich nicht ausgeblendet werden kann, überzeugt daher nicht und wird im Normalfall eines illegalen Straßenrennens nicht durchführbar sein.24 Die Inkonsequenz dieser Argumentation wird besonders deutlich daran, dass das Landgericht hinsichtlich der Beifahrerin eines der Täter eine gefährliche Körperverletzung angenommen hat. Dies ist nicht nachvollziehbar. Geht das Landgericht davon aus, dass die Täter ihre Eigengefährdung aufgrund der schweren und gesicherten Fahrzeuge erfolgreich ausgeblendet haben, kann auch kein Verletzungsvorsatz hinsichtlich der Beifahrerin vorgelegen haben. Wenn aber ein solcher vorliegt, fragt sich, warum kein Tötungsvorsatz vorlag und nicht wegen versuchten Mordes bestraft worden ist (dazu im Folgenden).25 Ein weiteres entscheidendes Argument gegen die Annahme eines bedingten Vorsatzes ist das Problem der Versuchsstrafbarkeit bei Rennen ohne Verletzungsfolgen. Wären die Vertreter einer Vorsatzstrafbarkeit konsequent, müssten sie bei Rennen, bei denen ein Unfall durch glückliche Umstände ausgeblieben ist, ein versuchtes Tötungsdelikt annehmen. Dieser Diskussion wird jedoch regelrecht ausgewichen: Kubiciel/Hoven machen es sich – angelehnt an das Landgericht – zu einfach, wenn sie den Einwand der Versuchsstrafbarkeit mit dem Argument zurückzuweisen, es komme auf den jeweiligen Einzelfall an. Das ist ein Allgemeinplatz. Die Autoren versuchen den Eindruck zu erwecken, als ob sich der Berliner Fall nicht als Versuchsfall ereignen könne. Dies ist schon sachlich falsch. Gerade der vorliegende Fall ent23
Kubiciel/Hoven, NStZ 2017, 439 (441 f.). Ebenso Jäger, JA 2017, 786 (788). 25 Vgl. auch Jäger, JA 2017, 786 (788). 24
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hält eine Vielzahl möglicher Zeugen, so dass durchaus, wäre es an der letzten Kreuzung nicht zu dem Unfall gekommen, entsprechende tatsächliche Feststellungen hätten getroffen werden können. Insbesondere ist anzunehmen, dass man die verletzte Beifahrerin, die auch als Nebenklägerin im Verfahren aufgetreten ist, „zum Reden gebracht“ hätte. Auch in anderen Fällen wird es häufig Zeugen am Straßenrand oder in den Täterfahrzeugen geben, ebenso wie Beweismittel im Rahmen der Verkehrsüberwachung, möglicherweise sogar per Video oder Dashcam. Die Antwort auf die Frage, ob in einem solchen Fall wegen versuchten Mordes verurteilt werden soll, bleiben die Autoren aber schuldig. Wenig überzeugend ist auch der Verweis darauf, dass es auf den Moment des unmittelbaren Ansetzens ankomme. Auch dies ist ein Allgemeinplatz und erklärt nicht, wie im vorliegenden Fall zu bestrafen wäre, wenn der Unfall an der letzten Kreuzung (durch Zufall) ausgeblieben wäre. Schließlich überzeugt auch das Argument nicht, nach dem die Erfolgswahrscheinlichkeit mit jeder überfahrenen Ampel und damit auch die Inkaufnahme des Risikos steige. Schon das Landgericht stellt darauf vorsichtshalber nicht ab, sondern beschränkt sich auf die Annahme des Vorsatzes bei Überfahren der letzten Kreuzung. Denn man kann ebenso gut umgekehrt argumentieren: Mit jeder überfahrenen roten Ampel, ohne dass es zu einem Unfall kommt, steigt die Überzeugung der Fahrer, es werde schon gutgehen.26 Die Vermeidung der Versuchsdiskussion ist insofern nachvollziehbar, als dass – soweit ersichtlich – nach keiner vertretenen Ansicht die Beteiligten eines Straßenrennens wegen versuchten Mordes bestraft werden sollen. Auch aus der Praxis sind keinerlei Fälle bekannt, in denen Anklage zum Schwurgericht wegen versuchten Mordes erhoben worden wäre, wobei es angesichts der steigenden Fallzahlen sicherlich geeignete Fälle gegeben hat. Solche Fälle wurden – vor Einführung des § 315d StGB – vielmehr als Ordnungswidrigkeit27 oder vielleicht noch als Straßenverkehrsdelikt gem. § 315c StGB geahndet.28 Ein solches Auseinanderklaffen zwischen Mord auf der einen Seite und einer Ordnungswidrigkeit auf der anderen Seite, allein abhängig von dem zufälligen Umstand eines die Kreuzung querenden Fahrzeugs, ist nicht zu rechtfertigen. Der Handlungsunwert ist derselbe. Deswegen zeigt gerade diese Kontrollfrage nach der Versuchsstrafbarkeit, dass hier bei aller vorgeblichen Normativierung des Vorsatzbegriffes letztlich der Erfolgsunwert der Tat bestraft werden soll. Denn eine Lösung für das „Versuchsdilemma“29 bieten die Vertreter der Gegenauf26
So auch Jäger, JA 2017, 786 (787); vgl. auch Walter, NJW 2017, 1350 (1352). Vgl. BT-Drs. 18/10145, S. 7. 28 Laut Presseberichten verurteilte das LG Kleve am 17. 02. 2020 aufgrund eines illegalen Straßenrennens mit Todesfolge in Moers den unfallverursachenden Rennteilnehmer wegen Mordes und den zweiten Rennteilnehmer gem. § 315d StGB zu drei Jahren und neun Monaten. Inwiefern eine Verurteilung wegen versuchten Mordes überhaupt geprüft bzw. mit welchen Gründen abgelehnt wurde, ergibt sich daraus nicht. Auf die schriftlichen Urteilsgründe darf man daher gespannt sein. Nach der hier vertretenen Auffassung bedarf eine solches „Auseinanderfallen“ der Feststellung erheblicher Unterschiede entweder bei der objektiven oder der subjektiven Tatseite. 29 So auch Walter, NStZ 2018, 412 (413); Walter, NJW 2017, 1350 (1352). 27
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fassung nicht an. Vielmehr zeigen die Hinweise auf den angeblichen Einzelfall, die schlechte Beweisbarkeit und das unmittelbare Ansetzen, dass einer Versuchsstrafbarkeit auch praktisch „unüberwindbare Hindernisse“30 entgegenstehen. Nicht zu Unrecht verweist Fischer auf zahlreiche weitere Fälle höchstgefährlichen Verhaltens im Straßenverkehr,31 in denen man mit der beschriebenen Auffassung Tötungsvorsatz in Betracht ziehen müsste und – bei Ausbleiben des Erfolges – wegen eines versuchten Tötungsdelikts ermitteln müsste. Einer solchen Aufstufung von Ordnungswidrigkeiten mit hohem bzw. höchstem Gefährdungspotential zu Vorsatzstraftaten muss jedoch entschieden entgegengetreten werden. Dabei hilft es, den für die Bestrafung wesentlichen Handlungsunwert nicht aus dem Blick zu verlieren.
V. Fazit Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass der Bestrafung von Tätern eines illegalen Straßenrennens wegen Mordes bzw. einer Vorsatztat regelmäßig gewichtige Argumente entgegenstehen. So viel Verständnis man für die Entscheidung des Landgerichts aufbringen mag, so problematisch ist sie strafrechtsdogmatisch. Der Bürger hat Anspruch auf Urteile der Justiz, die emotionsfrei nach Recht und Gesetz entscheiden, und keine „Zeichen setzen“. Insofern ist mit Spannung zu erwarten, wie der Bundesgerichtshof über die neuerliche Verurteilung der „Berliner Raser“ wegen Mordes durch eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin entscheiden wird.32 Das Landgericht hat erneut die Gefährlichkeit des Handelns zum Maßstab erhoben und versucht, die Eigengefährdung der Täter aufgrund der zu der Tatzeit denkbaren Unfallszenarien kleinzureden. Die Feststellung, die Täter seien sich ihrer Eigengefährdung bewusst gewesen, hängt allerdings in der Luft. Aus den im Übrigen getroffenen Feststellungen dürfte sich vielmehr ergeben, dass die Angeklagten sich über wenig Gedanken gemacht haben, insbesondere nicht über denkbare Unfallszenarien aufgrund bestimmter physikalischer Gesetzmäßigkeiten. Dabei soll hier keiner milden Bestrafung der Täter das Wort geredet werden. Selbstverständlich ist ein solches Handeln an Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit bei entsprechender Vorhersehbarkeit schwerster Verletzungen und des Todes anderer Verkehrsteilnehmer kaum zu überbieten und in erheblicher Weise strafwürdig. Es ist daher durchaus legitim, die Frage aufzuwerfen, ob die Bestrafung wegen fahrlässiger Tötung, die gem. § 222 StGB eine Maximalstrafe von 5 Jahren Freiheitsstrafe vorsieht, den Handlungsunwert einer solchen Tat vollständig abbildet. Dabei ist allerdings anzumerken, dass es Aufgabe des Tatgerichts ist, einen solchen Strafrahmen bei solch extremen Fällen der bewussten Fahrlässigkeit an der Grenze zum Vorsatz auch auszuschöpfen. Kritik verdient deshalb eine Entscheidung des Landge30
So Jäger, JA 2017, 786 (788). Fischer, Die Zeit. 32 LG Berlin, Urteil vom 26. März 2019 – 532 Ks 9/18.
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richts Köln, das in einem ähnlichen „Raser-Fall“ die Täter lediglich zu Bewährungsstrafen von bis zu zwei Jahren verurteilte.33 Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil zu Recht mit der Begründung auf, die Aussetzung der Vollstreckung der Strafen zur Bewährung setze sich nicht hinreichend mit dem Kriterium der Verteidigung der Rechtsordnung auseinander.34 Es gibt im Übrigen keinen Grund, warum der Tatrichter den Strafrahmen in solchen Fällen nicht ausschöpfen sollte. Selbst bei Vorliegen einiger für den Täter sprechenden Strafzumessungskriterien überwiegen die negativen Strafzumessungsfaktoren – insbesondere die objektive und subjektive Sorgfaltswidrigkeit bei objektiver Vorhersehbarkeit des Erfolges – bei einem solchen Rennen derart, dass ohne weiteres eine Strafe von vier Jahren plus X begründbar ist.35 Aber auch mit einer Strafe von bis zu fünf Jahren dürfte der Handlungsunwert der „Berliner Raser“ nicht hinreichend erfasst sein. Dies zu korrigieren ist jedoch Aufgabe des Gesetzgebers und nicht der Justiz. Richtig ist daher der gewählte Lösungsweg,36 diese letztlich neue Deliktsform durch einen eigenen Tatbestand zu regeln, der den Handlungsunwert eines solchen Rennens zutreffend abbildet und damit nicht nur – wie die fahrlässige Tötung – diejenigen erfasst, durch deren Verhalten es zu Opfern gekommen ist, sondern auch diejenigen, die sich ebenso gefährlich verhalten haben, aber bei denen durch glückliche Fügung ein Unfall ausgeblieben ist (vgl. § 315d Abs. 2 StGB). Die Instrumentalisierung der §§ 211, 212 StGB, um letztlich den Erfolgsunwert der Tat zu ahnden, wird damit ebenso überflüssig wie das Zurückgreifen auf den Auffangtatbestand der fahrlässigen Tötung, mit dessen Strafrahmen man hier zu Recht nicht ganz glücklich ist. Dass der Erfolgsunwert bei der Bestrafung nicht vollends außer Acht bleibt, gewährt die in § 315d Abs. 5 StGB enthaltene Erfolgsqualifikation, die die Tat zum Verbrechen hochstuft sowie den Strafrahmen auf zehn Jahre ausdehnt und damit auch in extremen Fällen wie dem der „Berliner Raser“ (zukünftig) mehr „Gerechtigkeit“ schaffen kann.
Literatur Fischer, Thomas: Kommentar zum Strafgesetzbuch, 66. Auflage, München 2019. Fischer, Thomas: Raser, Mörder, Kommissare, Die Zeit vom 07. 03. 2017. Jäger, Christian: Too Fast and Furious – Die Todesraser vom Kurfürstendamm, JA 2017, S. 786 – 788. Jahn, Matthias: Strafrecht: Folgenhaftes illegales Autorennen als Mord – Kurfürstendamm, JuS 2017, S. 700 – 703. 33
Vgl. LG Köln, Urteil vom 14. 04. 2016 – 117 KLs 19/15, BeckRS 2016, 17841 BGH NJW 2017, 3011. 35 Die Maximalstrafe wird nur selten verhängt werden können, weil dann das Tatgericht begründen müsste, warum es sich keinen schlimmeren Fall, auch mit Blick auf positive Strafzumessungsfaktoren vorstellen kann. 36 Vgl. BT-Drs. 18/10145. 34
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Kubiciel, Michael/Hoven, Elisa: Die Strafbarkeit illegaler Straßenrennen mit Todesfolge, NStZ 2017, S. 439 – 445. Preuß, Tamina: Tötung infolge eines illegalen Kraftfahrzeugrennens als Mord?, NZV 2017, S. 303 – 306. Puppe, Ingeborg: Anmerkung zu LG Berlin, Urteil vom 27. 02. 2017 (535 Ks 8/17) – Zum tödlichen Autorennen auf dem Kurfürstendamm, ZIS 2017, S. 439 – 444. Puppe, Ingeborg: Rasen im Straßenverkehr und Tötungsvorsatz, JR 2018, S. 323 – 327. Sancinetti, Marcelo A.: Teoría del delito y disvalor de acción, Buenos Aires 1991. Sancinetti, Marcelo A.: Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch, Köln u. a. 1995. Sancinetti, Marcelo A.: Das Denken der Aufklärung und das sogenannte „Verletzungsprinzip“, in: Thomas Vormbaum (Hrsg.), Jahrbuch der Juristischen Zeitgeschichte, Band 12 (2011), Hagen 2012, S. 267 – 299. Schönke, Adolf/Schröder, Horst: Kommentar zum Strafgesetzbuch, 30. Auflage, München 2019. Walter, Tonio: Praxiskommentar zu BGH, Urteil vom 01. 03. 2018 – 4 StR 399/17, NStZ 2018, S. 412 – 413. Walter, Tonio: Der vermeintliche Tötungsvorsatz von „Rasern“, NJW 2017, S. 1350 – 1353.
„Externe interne“ Ermittlungen bei Berufsgeheimnisträgern und die Reichweite des § 203 StGB Von Hans Kudlich
I. Hinführung Das wissenschaftliche Werk von Marcelo A. Sancinetti ist maßgeblich durch seine Beiträge zur objektiven wie auch subjektiven Zurechnung geprägt. Aus dem Kernbereich dieses – freilich durchaus facettenreichen1 – Themas noch etwas für den Jubilar Neues beitragen zu wollen, erschiene mir vermessen; etwas Altbekanntes zu präsentieren, hieße nicht nur, Eulen nach Argentinien zu tragen, sondern würde auch der Bedeutung des Jubilars nicht gerecht. Zu guter Letzt könnte ich mir auch keine höhere Wertschätzung für einen Beitrag aus dem Kernbereich der Zurechnungslehre erhoffen, als sie mir vor einigen Jahren unverdient zu Teil geworden ist, als Marcelo Sancinetti mich darum bat, einen Beitrag2 ins Spanische übersetzen zu dürfen.3 Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, thematisch ein wenig auszuweichen, dabei aber dennoch einen Zusammenhang zur Zurechnung zu wahren: Mit dem Strafverfahren hat sich der Jubilar nur vereinzelt befasst, hat aber auch dieses Terrain nicht generell gemieden.4 Der dem Jubilar mit großer Hochachtung gewidmete nachfolgende Beitrag soll daher eine Verfahrenskonstellation in den Blick nehmen, die in 1 So zählen zur „Zurechnung“ keineswegs nur die traditionell unter diesem Stichwort diskutierten Themen wie Kausalität, objektive Zurechnung oder subjektive Zurechnung. Letztlich sind etwa auch Beteiligungsfragen Zurechnungsprobleme, weil es hier um die Frage geht, wann ein unmittelbares Handeln eines anderen (bzw. auch der dadurch verursachte Erfolg) demjenigen, dessen Strafbarkeit geprüft wird, in einer Weise zugerechnet werden kann, dass auch er deshalb strafrechtlich verantwortlich ist; vgl. deshalb zu verschiedenen Topoi, die unter dem Stichwort „Zurechnung“ (oder in der Muttersprache des Jubilars: „imputación“) diskutiert werden, in spanischer Sprache Kudlich, Cuestiones fundamentales de la aplicación del Derecho penal, 2018 (Hrsg. von Juan Pablo Cox Leixelard y Juan Pablo Montiel), S. 181 ff. 2 Kudlich, JA 2010, 681 ff., 760 ff. 3 Vgl. Kudlich, Revista de Derecho Penal y Procesal Penal 2016, 901 ff. (übersetzt von María de las Mercedes Galli und Marcelo A. Sancinetti). 4 Vgl. in deutscher Sprache insbesondere Sancinetti, Frisch-FS, 2013, S. 1233 (zur Zeugenaussage und dem Zweifelsgrundsatz).
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den letzten Jahren in Deutschland, aber auch in Südamerika5 erhebliche Aufmerksamkeit erfahren hat: die sog. internen Ermittlungen,6 also die insbesondere in Unternehmen mittlerweile nicht unübliche (Vor-)Aufklärung strafrechtlich relevanter Sachverhalte – sei es als eigene Compliance-Maßnahme, sei es als Kooperationsform mit den staatlichen Verfolgungsbehörden – durch private Institutionen (Unternehmen selbst; Rechtsanwalts-Kanzleien; Wirtschaftsprüfergesellschaften),7 etwa in Gestalt von Mitarbeiterinterviews, aber auch von Aktensichtungen. In Deutschland umstritten waren hier in den letzten Jahren etwa die Fragen der Verwertbarkeit von Mitarbeiteraussagen, die in Befolgung von (vermeintlichen) arbeitsrechtlichen Verpflichtungen getätigt worden sind, im Strafverfahren und die Beschlagnahmefähigkeit entsprechender Unterlagen bei den die Ermittlungen durchführenden Kanzleien sub specie § 97 StPO.8 Ein Zusammenhang zum materiellen Strafrecht und hier auch zum Topos der „Zurechnung“ kann nun entstehen, wenn solche internen Ermittlungen in Institutionen durchgeführt werden (sollen), in denen Berufsgeheimnisträger tätig sind. Soweit hier nämlich die Ermittlungen nicht selbst durchgeführt werden, sondern etwa eine Kanzlei damit beauftragt wird, stellt sich die – in dieser Situation bislang kaum beleuchtete – materiell-rechtliche Frage, ob in der Weitergabe entsprechender Unterlagen nicht der Tatbestand des § 203 I StGB (in unseren Beispielen: Nr. 1 bzw. Nr. 3) verwirklicht wird bzw. ob eine entsprechende Geheimnisoffenbarung aus den die internen Ermittlungen bedingenden Gründen gerechtfertigt werden kann. Die Frage der „Zurechnung“ stellt sich hier in zweierlei Hinsicht: Zum einen dahingehend, dass eine strafbare Offenbarung ausscheiden könnte, wenn die Personen, die die interne Ermittlung durchführen der geheimnisverpflichteten Institution „zugerechnet“ werden können; zum anderen aber auch dahingehend, dass es trotz der Erweiterung des Kreises der Wissenden aus Gründen der Sozialadäquanz bzw. des erlaubten Risikos an einem tatbestandlichen „Offenbaren“ fehlen könnte, und bekanntlich betreffen nicht wenige Fälle, die unter dem Stichwort „objektive Zurechnung“ diskutiert werden, tatsächlich keinen Zusammenhang zum Erfolg, sondern bereits die Frage des tatbestandlichen Verhaltens.9
5 Vgl. nur Nieto, in: Kuhlen/Kudlich/Ortiz de Urbina (Hrsg.), Compliance und Strafrecht, 2013, S. 27 (51 ff.). 6 Der Begriff der „internen Ermittlung“ wird hier an Stelle synonymartiger Begriffe wie „interne Erhebung“, „interne Untersuchung“ oder „internal investigation“ einheitlich verwendet, ohne dadurch eine von den anderen Begriffen zwangsläufig abweichende Konnotation zum Ausdruck zu bringen. 7 Vgl. eingehend statt vieler das Standardwerk von Knierim/Rübenstahl/Tsambikakis (Hrsg.), Internal Investgations, 2016. 8 Vgl. hierzu nur m.w. Nachw. als für die Praxis gewiss bedeutsames Zwischenfazit der Diskussion die Entscheidung Jones Day des BVerfG NJW 2018, 2385 = NStZ 2019, 159 m. Anm. Knauer. 9 Zutreffend hierzu: Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolges, 1988, S. 23 ff.
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II. Ausgangskonstellation Die Ausgangskonstellation lässt sich wie folgt „aufspannen“ und in zwei verschiedene, für unser Thema aber letztlich äquivalente Sachverhalte unterteilen: – Den „Kunden“ einer von nach § 203 StGB schweigepflichtigen Personen getragenen Institution, also konkret: den Patienten eines Krankenhauses oder (vielleicht lebensnäher) den Mandanten einer Kanzlei werden strafrechtliche Vorwürfe gemacht. Zu deren Aufklärung möchte die Staatsanwaltschaft auf Unterlagen im Krankenhaus bzw. in der Kanzlei zurückgreifen. – Alternativ (bzw. je nach Konstellation auch kumulativ im sog. verbundenen Verfahren, vgl. auch § 444 StPO): Gegen die die Institution tragende Gesellschaft, also z. B. gegen die Träger-GmbH des Krankenhauses oder gegen die die Kanzlei tragenden PartGmbB wird ein Ordnungswidrigkeitenverfahren mit dem Ziel der Verhängung einer Verbandsgeldbuße (§§ 30, 130 OWiG) geführt. Wieder möchte die Staatsanwaltschaft zur Aufklärung der Vorwürfe auf Unterlagen im Krankenhaus bzw. in der Kanzlei zurückgreifen. In beiden Konstellationen bestehen für die Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich die gleichen Zugriffsmöglichkeiten (insbesondere Sicherstellung und Beschlagnahme nach § 94 StPO und Herausgabeverlangen nach § 95 StPO, auch in „Mischformen“), aber mit Blick auf §§ 95 II 2 und 97 StPO möglicherweise unterschiedliche Grenzen.10 Dies soll hier aber nicht näher interessieren, sondern der Blick auf eine potentielle Gemeinsamkeit geworfen werden: In beiden Konstellationen wäre vorstellbar, dass im Rahmen des Ermittlungsverfahrens – sei es von Seiten der Institutionen selbst, sei es aber vielleicht sogar auch von Seiten der Strafverfolgungsbehörden – der Wunsch oder zumindest die Idee aufkommt, dass der Sachverhalt durch interne Ermittlungen „vorgeklärt“ wird. Auf den ersten Blick kann das für beide Seiten Vorteile haben: Die Strafverfolgungsbehörden können Ressourcen sparen, und die kooperierende Institution (Klinik11 bzw. Kanzlei) kann auf verschiedene Vorteile
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Unterschiede ergeben sich zwischen den beiden Konstellationen „Betroffener“ (bzw. Beschuldigter) und „Zeuge“, soweit es um die unmittelbare Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden in Gestalt einer Herausgabe (ggf. auch nach einem entsprechenden Verlangen nach § 95 StPO) an die Staatsanwaltschaft geht: Denn die Institution (bzw. die diese tragende juristische Person) als Betroffene hat gegen eine etwaige Beschlagnahme grundsätzlich keine Verteidigungsmöglichkeit, während ihr in der Zeugenstellung das Beschlagnahmeverbot des § 97 StPO zustehen kann. Soweit ein solches Weigerungsrecht besteht, vergrößert das aber naturgemäß das Risiko, bei einer einvernehmlichen Übergabe eine Straftat nach § 203 StGB zu begehen. Ausführlich zu dieser, von der hier untersuchten Frage der internen Ermittlungen zu unterscheidenden Konstellation vgl. meinen Beitrag in der ungefähr zeitgleich zu diesem Band erscheinenden, von Mark Engelhart, Benjamin Vogel und mir herausgegebenen Festschrift für Ulrich Sieber. 11 Vgl. zum gerade auch in Krankenhäusern mitunter vorzufindenden „Übereifer“ krit. Auffermann/Vogel, NStZ 2016, 387 (389 f.).
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im Verfahren12 hoffen. Möglicherweise wird aber bei einem solchen Vorgehen die Rechnung ohne den Strafgesetzgeber gemacht – denn dieser untersagt in § 203 StGB den Mitgliedern bestimmter Berufsgruppen gerade, entsprechende Berufsgeheimnisse Dritten zu offenbaren. Das ist unproblematisch, wenn die Institution die Durchsuchung tatsächlich im eigentlichen Sinne intern und damit selbst durchführt. Wo hierzu aber die Kompetenzen und/oder Ressourcen fehlen und auf eine (andere) Kanzlei, Prüfungsgesellschaft o. ä. zurückgegriffen wird, kann das problematisch sein.
III. § 203 StGB: Bedeutung der Norm und Tatbestandsvoraussetzungen des § 203 I StGB Wenn erwogen wird, Mandats- bzw. Patientenunterlagen kanzleiexternen Ermittlern zur Verfügung zu stellen, stellt § 203 StGB eine sorgfältig zu beachtende Grenze dar. Die Vorschrift dient dem Schutz von Privatgeheimnissen und stellt in Absatz 1 u. a. unter Strafe, wenn jemand als Arzt oder Rechtsanwalt „unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist“. Die einschlägigen standesrechtlichen Schweigepflichten aus § 9 I MBO-Ä beziehungsweise den entsprechenden Bestimmungen der Berufsordnungen der Landesärztekammern oder aber aus § 43a II BRAO13 werden hierdurch strafrechtlich abgesichert, wodurch das schutzwürdige Interesse der Patienten bzw. Mandanten an einer Geheimhaltung auch über das Standesrecht hinaus dokumentiert wird. Dabei ist die Vorschrift jedenfalls dem Grunde nach einschlägig, soweit es um Mitteilungen – in mündlicher wie auch in schriftlicher Form bei der Herausgabe von Unterlagen – über die grundsätzliche Existenz oder auch über die konkreten Inhalte einer ärztlichen Behandlung (oder auch nur Beratung) der Patienten bzw. einer anwaltlichen Beratung gegenüber irgendwelchen Mandanten geht. Gerade das Material, welches in einer internen Ermittlung auch mit Blick auf eine spätere Verwertung durch die Strafverfolgungsbehörden von Interesse ist, wird je nach Konstellation offensichtlich (in unterschiedlichem, fallweise sogar ganz überwiegendem Umfang) in den Schutzbereich des § 203 StGB fallen. Allerdings ist zu prüfen, ob nicht die Überlassung des Materials zum Zwecke interner Ermittlungen nach 12 Beginnend mit dem Umstand, dass bei einer späteren Beschlagnahme allein der Ergebnisse der internen Ermittlungen mit entsprechenden Akten „Streuschäden“ bei der Durchsuchung und ggf. vorläufigen Sicherstellung und Durchsicht (§ 110 StPO) anderer sensibler Dokument vermieden werden; und endend bei der Hoffnung auf positive Auswirkungen der Kooperation bei der Sanktionsbemessung. 13 Exemplarisch die Regelung für Rechtsanwälte: „Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. […]“.
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§ 203 III 2 StGB in seiner seit 2017 geltenden Fassung14 (dazu sogleich IV.) oder aber jedenfalls nach allgemeinen Grundsätzen über § 34 StGB bzw. wegen der Wahrung berechtigter Interessen gerechtfertigt15 (dazu im Anschluss V.) ist.
IV. Offenbarungsbefugnis nach § 203 III 2 StGB 1. Sonderregelung für externe Dienstleister Nach seiner Formulierung – in Abgrenzung zu § 203 III 1 StGB beim tatbestandslosen Überlassen eines Geheimnisses an interne Gehilfen – eine Offenbarungsbefugnis und damit einen speziellen Rechtfertigungsgrund16 enthält seit 2017 die Vorschrift des § 203 III 2 StGB für Fälle eines Outsourcings und damit für die Weitergabe von bestimmten Aufgaben an externe Hilfspersonen. Anlass für diese Regelung, die den früheren Streit um die Reichweite des „Gehilfenbegriffs“ bei externen Dienstleistern17 entschärfen sollte, war insbesondere die zunehmende Einbeziehung Externer auf Grund der fortschreitenden Digitalisierung. Insoweit hatte der Gesetzgeber – nicht ausschließlich, aber durchaus für das Verständnis und die Regelung prägend – etwa Phänomene wie Cloud-Computing, Outsourcing von Daten, Fernwartung etc. vor Augen.18 14 Durch das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen (BGBl. 2017 I, S. 3618), durch welches Rechtsunsicherheiten, die v. a. mit der zunehmenden Digitalisierung verbunden waren, in der Praxis beseitigt werden sollten (vgl. BT-Drs. 18/11936, S. 1, 17 ff.; u. 24 ff., 45 ff. sowie dazu Eisele, JR 2018, 79). 15 Eine solche Rechtfertigung würde nach h.M. dann die „Unbefugtheit“ der Offenbarung ausschließen. Vgl. zur vorzugswürdigen Einordnung der „Unbefugtheit“ als allgemeines Rechtswidrigkeitserfordernis Leipziger Kommentar zum StGB/Schünemann, Bd. VI, 12. Aufl. 2010, § 203 Rn. 119; Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020, § 203 Rn. 61; differenzierend und für manche Konstellationen einen Tatbestandsausschluss annehmend Schönke/Schröder/ Eisele, StGB, 30. Aufl. 2019, § 203 Rn. 29 ff. 16 So auch BT-Drs. 18/11936, S. 19; wie hier etwa Satzger/Schluckebier/Widmaier/Bosch, StGB, 4. Aufl. 2019, § 203 Rn. 45. 17 Vgl. hierzu und auch zu der in der Neufassung liegenden Entscheidung des Gesetzgebers („In der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen [BT-Drs. 18/ 11936] hat sich der Gesetzgeber für die bisher herrschende Meinung (…) ausgesprochen, wonach externe Personen, die selbständig tätig oder in den Betrieb eines Dritten eingebunden sind, regelmäßig keine Gehilfen seien.“) Münchener Kommentar zum StGB/Cierniak/Niehaus, Bd. IV, 3. Aufl. 2017, § 203 Rn. 129 ff. (Zitat Rn. 134). 18 Vgl. auch die in der Gesetzesbegründung genannten Beispiele in Gestalt von Schreibarbeiten, Rechnungswesen, Annahme von Telefonanrufen, Aktenarchivierung und -vernichtung, Einrichtung, Betrieb, Wartung – einschließlich Fernwartung – und Anpassung informationstechnischer Anlagen, Anwendungen und Systeme aller Art, Bereitstellung von informationstechnischen Anlagen und Systemen zur externen Speicherung von Daten sowie die Mitwirkung an der Erfüllung von Buchführungs- und steuerrechtlichen Pflichten des Berufsgeheimnisträgers, BT-Drs. 18/11936, S. 22.
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Bei diesen bestand für die Geheimnisträger ein Strafbarkeitsrisiko, zumal eine Einwilligung bei größeren Altdatenbeständen kaum eingeholt werden kann und auch die Figur der mutmaßlichen Einwilligung keine sachgerechte Lösung bot. Dies galt umso mehr, als aufgrund der informationstechnischen Entwicklung die Geheimnisträger (etwa einzelne Ärzte oder Rechtsanwälte) häufig weniger gut in der Lage sind, mit eigenem Personal einen hinreichenden Geheimnisschutz zu gewährleisten, als professionelle externe Dienstleister. 2. Reichweite der Vorschrift Dennoch ist § 203 III 2 StGB nach seinem Wortlaut nicht auf „Digitalisierungsdienstleister“ beschränkt. Der Gesetzestext verlangt nur, dass die betreffende Person an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit der schweigepflichtigen Person „mitwirkt“. Die weitere Einschränkung, dass die Offenbarung des Geheimnisses für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Person erforderlich sein muss, bringt erst einmal nur zum Ausdruck, dass keine unnötige Offenbarung erfolgen darf, d. h. der Berufsgeheimnisträger darf nicht mehr geschützte Geheimnisse preisgeben, als notwendig ist, damit er die Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Person übertragen kann.19 Dagegen verlangt das Gesetz nicht, dass die Hinzuziehung des externen Mitwirkenden für die Ausübung der Tätigkeit des Berufsgeheimnisträgers erforderlich ist,20 vielmehr soll es nach dem Willen des Gesetzgebers ausreichend sein, wenn der Externe allein aus wirtschaftlichen Gründen hinzugezogen wird.21 3. Unanwendbarkeit auf „externe interne Ermittler“ Trotz dieser verhältnismäßig weiten Ausgestaltung der Befugnis kann aber § 203 III 2 StGB nicht so verstanden werden, dass schlechthin jede Einbeziehung eines Externen möglich ist, die auch nur entfernt mit dem Beruf des Geheimnisverpflichteten zu tun hat. Denn da § 203 StGB gerade Informationen aus diesem beruflichen Bereich betrifft, würde die Vorschrift geradezu ad absurdum geführt, wenn umgekehrt für eine Offenbarungsbefugnis jeder weit verstandene „Berufsbezug“ genügen würde. Vielmehr verlangt die Vorschrift explizit die Mitwirkung an der beruflichen Tätigkeit, was der Gesetzgeber auch als Einbeziehung „in die berufliche Tätigkeit der schweigepflichtigen Person“ oder als das Leisten von Beiträgen zu dieser Tätigkeit umschreibt.22 Daran fehlt es indes bei der Durchführung einer „externen internen Ermittlung“, soweit zwar der Anlass für die internen Ermittlungen in der beruflichen Tätigkeit 19
Vgl. MüKo-StGB/Cierniak/Niehaus, § 203 Rn. 138; Eisele, JR 2018, 1, (6). Vgl. Schönke/Schröder/Eisele, § 203 Rn. 51; Pohle/Ghaffari, CR 2017, 489 (492). 21 Vgl. BT-Drs. 18/11936, S. 17 f. 22 Vgl. BT-Drs. 18/11936, S. 22. Deutlich auch SSW/Bosch, § 203 Rn. 45: „unmittelbar mit der beruflichen Tätigkeit der schweigepflichtigen Person (…) befasst“. 20
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liegt (was indes als solches nicht genügt, vgl. soeben oben), aber die Ermittlungen selbst weder für den Betroffenen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens noch gar für einen bloßen Zeugen ein „Teil der beruflichen Tätigkeit“ sind. Selbst die ohnehin relativ weite gesetzgeberische Konkretisierung, dass die Befassung mit der beruflichen Tätigkeit „einschließlich ihrer Vorbereitung, Durchführung, Auswertung und Verwaltung“ genügt,23 bestätigt dies für die hier interessierende Frage. Denn interne Ermittlungen zur Unterstützung eines Strafverfahrens fallen unter keine dieser – ohnehin weit formulierten – Ausprägungen. Dies wird auch daraus plausibel, dass der hierdurch entstehende Aufwand wohl das Unternehmensergebnis schmälern (aber nicht einzelnen oder der Gesamtheit der Patienten bzw. Mandanten als Teil der ärztlichen bzw. anwaltlichen Leistung in Rechnung gestellt) würde. Selbst wenn der Betrieb des Krankenhauses bzw. der Kanzlei komplett aufgegeben würde (und deshalb keine Einbeziehung „in die berufliche Tätigkeit“ mehr möglich wäre), würde bzw. müsste eine Aufbereitung des jeweiligen Sachverhalts in gänzlich unveränderter Form erfolgen. Auch die oben genannten, aus der Gesetzesbegründung entnommenen Einzelbeispiele zeigen, dass der Gesetzgeber bei seiner Regelung unterstützende Aktivitäten für die berufliche Betätigung des Schweigepflichtigen vor Augen hatte, welche dadurch erleichtert wird. Weder die Verteidigung gegen rechtliche Vorwürfe noch die Mitwirkungsverpflichtung als Zeuge ist aber Teil der beruflichen Betätigung, selbst wenn die Vorwürfe oder Kenntnisse in der beruflichen Tätigkeit wurzeln. Die rechtsberatende Tätigkeit einer PartGmbB bzw. die Krankenversorgung im Krankenhaus einer GmbH wird in keiner Weise dadurch erleichtert, dass ein außenstehender Dritter interne Ermittlungen bei ihr durchführt. Im Ergebnis sind daher externe Ermittler, die im Zusammenhang mit straf- oder bußgeldrechtlichen Vorwürfen „interne Durchsuchungen“ durchführen, keine Personen, die an der beruflichen Tätigkeit einer Trägergesellschaft mitwirken, weshalb die Offenbarung von Geheimnissen ihnen gegenüber nicht nach § 203 III 2 StGB befugt erfolgen würde.
V. Sonstige Rechtfertigung: § 34 StGB oder Wahrnehmung berechtigter Interessen 1. Grundsätze Allerdings besteht auch jenseits spezieller gesetzlicher Offenbarungsbefugnisse die Möglichkeit einer Rechtfertigung kraft Interessenabwägung. Die h.M. in der Literatur24 greift hier auf § 34 StGB25 zurück, während die auch in der Rechtsprechung 23
SSW/Bosch, § 203 Rn. 45; vgl. auch BT-Drs. 18/11936, S. 22. Vgl. statt vieler MüKo-StGB/Cierniak/Niehaus, § 203 Rn. 87; LK/Schünemann, § 203 Rn. 131, 138; SSW/Bosch, § 203 Rn. 37. 25 Ggf. einschließlich der analogen Anwendung der speziellen Wertungsmaßstäbe weiterer Notstandsregelungen so etwa § 228 BGB, vgl. Schmitz, JA 1996, 949 ff. 24
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teilweise vertretene Gegenauffassung eine allgemeine Interessenabwägung vornimmt oder sich aber an einer Analogie zu § 193 StGB (Wahrnehmung berechtigter Interessen) orientiert.26 Ohne dass dieser Unterschied von den Vertretern der zweitgenannten Auffassung immer expliziert (oder der möglicherweise weitere Maßstab begründet) wird,27 würde ein Unterschied zwischen der Anwendung von § 34 StGB und einer allgemeinen Interessenabwägung in der Frage liegen, ob ein wesentliches Überwiegen oder ein einfaches Überwiegen der für eine Offenbarung sprechenden Gründe angeführt werden können muss. In der Sache spricht hier wohl mehr für ein engeres Verständnis, da insbesondere die relativ offene Abwägung, die § 193 StGB zu Grunde liegt, letztlich nur mit der besonderen Bedeutung von Art. 5 GG beim Umfang mit den Beleidigungsdelikten erklärt werden kann, während der Geheimnisschutz nach § 203 StGB nicht in vergleichbarer Weise sozusagen „strukturell und stets“ mit einer zentralen grundrechtlichen Garantie kollidiert. Selbst wenn man den insoweit möglicherweise etwas großzügigeren Maßstab der Rechtsprechung anlegt und ein einfaches Überwiegen genügen lässt, spricht freilich viel dafür, die Offenbarung von Patienten- bzw. Mandantengeheimnissen nicht ohne weiteres kraft überwiegender Interessen an einer internen Ermittlung als gerechtfertigt zu betrachten. Im Ausgangspunkt ist dabei zu beachten, dass die Strafandrohung für den Geheimnisverrat kein mehr oder weniger arbiträres, isoliertes strafrechtliches Verbot ist, sondern sich so auch – jedenfalls bei Ärzten und Rechtsanwälten – im Berufsrecht in exponierter Weise wiederfindet; auch der Umstand, dass typischerweise als „verständlich“ erachtete Offenbarungsfälle insbesondere in § 203 III StGB als Tatbestandsausschluss- oder Rechtfertigungsgründe behandelt sind (so dass kein überbordender oder unpraktikabler Geheimnisschutz droht), spricht dafür, die Vorschrift außerhalb dieser Ausnahmen sehr ernst zu nehmen, um die gesetzgeberischen Wertungen und Grenzziehungen hier nicht zu unterlaufen. 2. Anwendung bei externen internen Ermittlungen: Vergleich mit anerkannten Fallgruppen Betrachtet man die Fälle, in denen in der Rechtsprechung eine Rechtfertigung kraft überwiegender Interessen angenommen wird, so wird deutlich, dass diese mit den internen Ermittlungen nicht vergleichbar sind: a) Klagen auf Honorar So ist etwa mit Blick auf die Führung von Zivilprozessen anerkannt, dass ein sein Honorar einklagender Anwalt gegebenenfalls Mandatsgeheimnisse zur Klagebe-
26 Vgl. bereits BGHSt 1, 366 (368); BGH NJW 1968, 2288 (2290); vgl. auch Rogall, NStZ 1983, 1 (6). 27 Krit. insoweit SSW/Bosch, § 203 Rn. 37.
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gründung offenbaren darf.28 Dies zeigt zwar, dass der Geheimnisschutz des § 203 StGB nicht absolut besteht, sondern einer Abwägung zugänglich ist. Indes besteht im vorliegenden Fall gerade nicht die Konstellation, auf die im Fall des Honorarprozesses ganz maßgeblich abgestellt wird, nämlich auf die dem Rechtsgedanken des § 228 BGB29 entsprechende Verantwortung des Schweigeberechtigten auf Grund seiner Zahlungsverweigerung30 und ergänzend auf die staatliche Rechtsschutzgewährungspflicht, zu deren Realisierung im Fall der Honorarklage eine entsprechende Substantiierung prozessual erforderlich ist.31 Das solche Fälle der „Honorarklagen“ durchaus einen Sonderstatus haben,32 zeigt auch die jedenfalls vormals gefestigte Rechtsprechung,33 die für die Offenbarung von Patienteninformationen an ärztliche Verrechnungsstellen eine Einwilligung vorausgesetzt hat. Eine solche Sondersituation liegt aber auch bei internen Ermittlungen nicht vor, da die geheimnisberechtigten Patienten bzw. Mandanten keine Interessen des Krankenhauses bzw. der Kanzlei beeinträchtigen und weil die Durchführung interner Ermittlungen auch keine unabdingbare Voraussetzung für die staatliche Rechtsgewährung darstellt. b) Abwehr strafrechtlicher Vorwürfe Ebenso wenig ohne weiteres vergleichbar ist die in der Rechtsprechung schon seit BGHSt 1, 366 anerkannte Konstellation, dass ein einer Straftat angeklagter Anwalt jedenfalls zu seiner Verteidigung im Strafverfahren auch Mandantengeheimnisse erforderlichenfalls offenbaren darf. Zwar könnte man daraus vorsichtig den Gedanken übertragen, dass sich die Geheimnisoffenbarung insgesamt für den Beschuldigten/ Betroffenen im Verfahren (und sei es vorliegend nur: mit Blick auf die Sanktionen) positiv auswirken kann. Indes besteht dabei ein maßgeblicher Unterschied zwischen der Situation, in welcher sich allein aus den offenbarten Geheimnissen eine Verteidigung in der Sache ergeben kann, und der Situation, in welcher das Offenbaren des Geheimnisses (den Geheimnisverpflichteten in der Sache vielleicht sogar belastet und) nur einem Kooperationsvorschlag der Strafverfolgungsbehörden entspricht.34 28
Vgl. hierzu mit Nachw. aus der Rspr. Schönke/Schröder/Eisele, § 203 Rn. 60. Hier ist die Güterabwägung ja gerade zu Gunsten des Notstandstäters vorgeprägt, so dass ausnahmsweise gerade kein Überwiegen des „geretteten Rechtsgutes“ erforderlich ist. 30 Grundlegend Schmitz, JA 1999, 949 (954); zustimmend etwa LK/Schünemann, § 203 Rn. 133. 31 So LK/Schünemann, § 203 Rn. 133. 32 Gegen eine pauschale Offenbarungsberechtigung sogar in den Klagefällen SSW/Bosch, § 203 Rn. 37, dessen Bedenken außerhalb dieser prozessualen Konstellation umso mehr gelten müssen. 33 Vgl. nur die Nachweise bei Giesen, NStZ 2012, 122 ff., dort aber auch zur Frage, ob durch die Regelung der Auftragsdatenverarbeitung hier nicht eine abweichende Beurteilung angezeigt sein kann. 34 Dass nicht jede „Verbesserung der eigenen Situation“ für eine Offenbarungsbefugnis genügen kann, wird etwa daraus deutlich, dass die Offenbarung von Behandlungs- oder 29
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Aus Sicht des geheimhaltungsberechtigten Patienten bzw. Mandanten kommt hinzu, dass für ihn schwer verständlich sein wird, warum neben den Strafverfolgungsbehörden, die am Ende ohnehin Zugriff auf die Geheimnisse erlangen werden bzw. können,35 allein aus Gründen einer möglichen Verfahrenseffektuierung auch noch Dritte in Kenntnis gesetzt werden müssen. c) Allgemeine Grundsätze Ganz allgemein sind die Fälle der Rechtfertigung kraft Güterabwägung bei Gefahren für Rechtsgüter des Schweigeverpflichteten36 mithin typischerweise geprägt durch - ein Offenbaren in einem durch den früheren Patienten/Mandanten provozierten Konflikt (Rechtsgedanke des § 228 BGB), an dem es hier fehlt, durch - die Gefahr, dass der Geheimnisverpflichtete ohne Offenbarung rechtlos stehen würde, was vorliegend nicht ersichtlich ist, sowie durch - das Postulat, den Kreis der Offenbarungsempfänger möglichst klein zu halten, gegen das vorliegend verstoßen würde. Die – im Detail natürlich von der konkreten Ausgestaltung der internen Ermittlungen abhängige, aber realistischerweise naheliegende – Verwirklichung des Tatbestandes des § 203 I Nr. 3 StGB würde vorliegend regelmäßig also weder durch die Offenbarungsbefugnis des § 203 III 2 StGB noch durch einen Rückgriff auf § 34 StGB bzw. den allgemeinen Grundsatz der Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt.
VI. Zusammenfassung und Ergebnis Zusammenfassend lässt sich damit festhalten: 1. Die Beauftragung etwa einer externen Kanzlei oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit internen Ermittlungen in Institutionen, innerhalb derer wie etwa in Krankenhäusern oder Kanzleien Informationen zur Verfügung gestellt werden, die im Schutzbereich des § 203 StGB liegen, kann den Tatbestand dieser Norm erfüllen. Mandatsverhältnissen gegenüber der Finanzverwaltung aus Gründen der Steuerersparnis nicht nach § 34 StGB gerechtfertigt sein soll, vgl. Au, NJW 1999, 340 ff. 35 Ein solcher Zugriff ist nach h.M. nicht zuletzt gerade durch Beschlagnahme der Ergebnisse solcher internen Ermittlungen möglich, vgl. die verfassungsrechtliche Bestätigung dieser Praxis durch BVerfG NJW 2018, 2385 = NStZ 2019, 159 m. Anm. Knauer (Jones Day). 36 Vgl. dazu zusammenfassend nochmals MüKo-StGB/Cierniak/Niehaus, § 203 Rn. 89; Schönke/Schröder/Eisele, § 203 Rn. 60; Nomos Kommentar zum StGB/Kargl, 5. Aufl. 2017, § 203 Rn. 68.
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2. Externe Dienstleister, die interne Ermittlungen durchführen, fallen nicht unter den Personenkreis des im Jahre 2017 eingeführten § 203 III 2 StGB, da keine unmittelbare Mitwirkung an der spezifischen (etwa: ärztlichen oder anwaltlichen) Berufsausübung erfolgt. 3. Die Beauftragung solcher Untersuchungen kann auch nicht nach den Grundsätzen des rechtfertigenden Notstandes bzw. der Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt werden. Eine Vergleichbarkeit mit den bislang anerkannten Fällen (Geltendmachung von Honoraren oder Abwehr strafrechtlicher Vorwürfe) fehlt, und auch die allgemeinen typischen „Strukturmerkmale“ solcher Rechtfertigungskonstellationen liegen typischerweise nicht vor. Insbesondere ist die beauftragende Institution ohne die Offenbarung nicht rechtlos gestellt, und entsprechende Untersuchungen würden auch nicht dem Postulat entsprechen, den Kreis der Offenbarungsempfänger möglichst klein zu halten. Die vorangegangenen Überlegungen betreffen wahrscheinlich kein typisches „Sancinetti-Thema“ – dennoch hoffe ich, dass sie nicht nur gezeigt haben, dass auch in Alltagsthemen des Besonderen Teils (hier: in Verbindung mit dem Strafverfahrensrecht) interessante Fragen verborgen stecken können, deren Beantwortung eine gründliche juristische Prüfung erfordern, sondern dass sie insbesondere auch auf das Interesse des Jubilars stoßen, dem ich noch viele Jahre in Schaffenskraft, vor allem aber in Gesundheit und Lebensfreude wünsche. Literatur Au, Ingolf: Namen und Anschriften von Patienten in steuerlichen Fahrtenbüchern, NJW 1999, S. 340 – 342. Auffermann, Niklas/Vogel, Sebastian: Wider die Betriebsblindheit – Verhalten bei Durchsuchungen in Arztpraxen und Krankenhäusern, NStZ 2016, S. 387 – 391. Eisele, Jörg: Die Strafbarkeit nach § 203 StGB bei Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen, JR 2018, S. 79 – 88. Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch, 67. Aufl., München 2020. Frisch, Wolfgang: Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolges, Heidelberg 1988. Giesen, Thomas: Zum Begriff des Offenbarens nach § 203 StGB im Falle der Einschaltung privatärztlicher Verrechnungsstellen, NStZ 2012, S. 122 – 128. Jähnke, Burkhard/Laufhütte, Heinrich Wilhelm/Odersky, Walter (Hrsg.): Leipziger Kommentar zum StGB, Bd. VI, 12. Aufl., Berlin 2010. Joecks, Wolfgang/Miebach, Klaus (Hrsg.): Münchener Kommentar zum StGB, Bd. IV, 3. Aufl., München 2017. Knauer, Christoph: Anmerkung zu BVerfG NStZ 2019, S. 159, NStZ 2019, 164 – 168 (Jones Day).
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Knierim, Thomas C./Rübenstahl, Markus/Tsambikakis, Michael (Hrsg.): Internal Investigations: Ermittlungen im Unternehmen, 2. Aufl., Heidelberg 2016. Kudlich, Hans: Cuestiones fundamentales de la aplicación del Derecho penal, Madrid 2018. Kudlich, Hans: Objektive und subjektive Zurechnung von Erfolgen im Strafrecht – eine Einführung, JA 2010, S. 681 – 687. Kudlich, Hans: Revista de Derecho Penal y Procesal Penal 2016, S. 901 – 911. (übersetzt von María de las Mercedes Galli und Marcelo A. Sancinetti). Nieto, Adàn: Grundlegende Probleme von Compliance und Strafrecht, in: Lothar Kuhlen/Hans Kudlich/Ingo Ortiz de Urbina (Hrsg.), Compliance und Strafrecht, 2013, S. 27 – 40. Pohle, Jan/Ghaffari, Sheila: Die Neufassung des § 203 StGB – der Befreiungsschlag für IT-Outsourcing am Beispiel der Versicherungswirtschaft?!, CR 2017, S. 489 – 495. Rogall, Klaus: Die Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) – Aktuelle Probleme und ungelöste Fragen, NStZ 1983, S. 1. Sancinetti, Marcelo A.: Die einzelne Zeugenaussage und das Zweifelsprinzip, in: Georg Freund et al. (Hrsg.), Grundlagen und Dogmatik des gesamten Strafrechtssystems – Festschrift für Wolfgang Frisch zum 70. Geburtstag, Berlin 2013, S. 1233 – 1533. Satzger, Helmut/Schluckebier, Wilhelm/Widmaier, Gunter (Hrsg.): Kommentar zum Strafgesetzbuch, 4. Aufl., Köln 2019. Schmitz, Roland: Verletzung von (Privat)geheimnissen – Qualifikationen und ausgewählte Probleme der Rechtfertigung, JA 1996, S. 949 – 955. Schönke, Adolf/Schröder, Horst/Eisele, Jörg (Hrsg.): Strafgesetzbuch, 30. Aufl., München 2019.
Rücktritt vom untauglichen Deliktsunternehmen Von Wolfgang Mitsch
I. Einführung Auf der Suche nach einem vortragstauglichen Thema, zu dem bis dato niemand etwas geschrieben hatte, stieß ich vor zwanzig Jahren auf den Rücktritt vom untauglichen Deliktsunternehmen. Die Suche nach einem Thema steht auch am Anfang der reiz- und ehrenvollen Aufgabe, für die einem Kollegen gewidmete Festschrift einen Beitrag zu verfassen. Nun hat sich an dem Befund, dass der Rücktritt vom untauglichen Deliktsunternehmen von der Flut strafrechtswissenschaftlicher Publikationen noch nicht mitgerissen worden ist, auch im Jahr 2019 nichts geändert. Daher dürfte ein Text zum Rücktritt vom untauglichen Deliktsunternehmen als Beitrag zu der Festschrift für einen Strafrechtswissenschaftler, der ein Buch über „Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch“1 geschrieben hat, nicht ganz ungeeignet sein.
II. Versuchsbegriff des Unternehmensdelikts Dem strafrechtswissenschaftlichen Interesse am Unternehmensdelikt hatte die 2002 erschienene Habilitationsschrift von Gereon Wolters neuen Auftrieb gegeben.2 Diese Arbeit enthält neben vielen anderen interessanten Erörterungen die bisher ausführlichste Auseinandersetzung mit der 1971 von Burkhardt in der Juristenzeitung aufgestellten und eingehend begründeten These, dass der dem Unternehmensdelikt zugrundeliegende und in die Legaldefinition des § 11 I Nr. 6 StGB eingeflossene Versuchsbegriff nicht vollkommen kongruent ist mit dem Versuchsbegriff der allgemeinen Versuchslehre und der §§ 22 ff. StGB.3 Der untaugliche Versuch, dessen strafrechtliche Beachtlichkeit im Rahmen der §§ 22 ff. StGB heute unbestritten ist,4 sei keine tragfähige Grundlage eines vollendeten Unternehmensdelikts i.S.d. § 11 I Nr. 6 Alt. 1 StGB. Lediglich eine Strafbarkeit wegen versuchten Unternehmens sei unter dieser Voraussetzung möglich. Das Gesetz lasse gem. § 23 I StGB 1
Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch, 1995. Wolters, Das Unternehmensdelikt, 2001. 3 Burkhardt, JZ 1971, S. 352 ff. 4 Schönke/Schröder/Eser/Bosch, § 22, Rn. 60. 2
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eine so denominierte Strafbarkeit bei den Unternehmensdeliktstatbeständen zu, die gem. § 12 I StGB Verbrechenscharakter haben. Im geltenden StGB trifft dies auf §§ 81, 82, 307 I, 309 I und 316c StGB zu. Wie zuvor schon Schröder in der Festschrift für Kern,5 haben sich die Autoren der nach 1971 erschienenen Literatur überwiegend gegen diese einschränkende Auslegung der Unternehmensdeliktstatbestände ausgesprochen,6 allerdings ohne annähernd die Breite und Tiefe der Burkhardt’schen Argumentation zu erreichen.7 Auch Wolters, der eine gründliche und gedankenreiche Analyse der Thematik vorgelegt hat, folgt im Ergebnis der h. M. und betrachtet den untauglichen Versuch als hinreichende Voraussetzung einer Strafbarkeit wegen eines vollendeten Unternehmensdelikts. Generell wirft die Konstruktion des Unternehmensdelikts die Frage nach der strafrechtlichen Behandlung von Verhaltensweisen auf, die im Kontext allgemeiner Delikte als Rücktritt vom Versuch qualifiziert und nach § 24 StGB beurteilt würden.8 Ob es sich um eine Sonderbehandlung handelt oder ob § 24 StGB auch auf den Rücktritt vom das vollendete Unternehmensdelikt konstituierenden Versuch anwendbar ist, war schon immer umstritten und wird es im Anschluss an die Stellungnahme von Wolters in erhöhtem Maße weiterhin sein. Wolters gelangt zu der – von der h. M. abweichenden9 – differenzierenden Ansicht, dass § 24 StGB grundsätzlich auf den Rücktritt vom Versuch im Rahmen eines Unternehmensdeliktstatbestandes anwendbar sei, dass dies jedoch bei denjenigen Unternehmensdelikten nicht gelte, denen der Gesetzgeber eine spezielle Vorschrift über den Rücktritt und die tätige Reue zugeordnet hat.10 Danach beurteilt sich beispielsweise die strafrechtliche Relevanz eines Rücktritts vom Versuch der Herbeiführung einer Explosion durch Freisetzen von Kernenergie (§ 307 I StGB) nicht nach § 24 StGB, sondern ausschließlich nach den speziellen Regelungen in § 314a I, IV StGB. Vor diesem Hintergrund erweist sich ein ganz spezieller Aspekt, der in der Arbeit von Wolters nicht eigens thematisiert, sondern gewissermaßen en passant gestreift wird, als außerordentlich kompliziertes und komplexes Objekt strafrechtsdogmatischer Betrachtung: Der Rücktritt von einem Versuch, der von vornherein nicht das Potential zur Vollendung i.S.d. § 11 I Nr. 6 Alt. 2 StGB hat, also der untaugliche Versuch einer Tat, die das Strafrecht gem. § 11 I Nr. 6 StGB auch in ihrer Versuchsversion als vollendete Tat behandelt, kurz, der Rücktritt vom untauglichen Unternehmen. 5
Schröder, FS Kern, S. 457 (461). Weber, ZStW-Beiheft 1987, S. 1 (8); Maurach/Gössel/Zipf, AT 2, § 40 Rn. 125; aA NKSaliger, § 11 Rn. 60; SK-Stein/Deiters, § 11 Rn. 81. 7 Berz, Formelle Tatbestandsverwirklichung und materialer Rechtsgüterschutz, 1986, S. 129 Fn. 16; LK-Hilgendorf, § 11 Rn. 84; MK-Radtke, § 11 Rn. 137; Schönke/Schröder/ Hecker, § 11 Rn. 47; für Differenzierung zwischen tauglichen und untauglichen Versuchen auf der Rechtsfolgenseite Mitsch, JURA 2012, S. 526 (528). 8 Mitsch, JURA 2012, S. 526 (528). 9 Lackner/Kühl-Heger, § 11 Rn. 19; Schönke/Schröder/Hecker, § 11 Rn. 49. 10 Wolters, Unternehmensdelikt, S. 254; zust. SK-Stein/Deiters, § 11 Rn. 83. 6
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Natürlich existiert das Thema als konkrete Regelungsfrage des geltenden Strafrechts nur unter der Prämisse, dass der untaugliche Versuch – wie die h. M. annimmt – ein vollendetes Unternehmensdelikt begründet und nicht – wie Burkhardt behauptet – lediglich als Versuch des Unternehmens unter den allgemeinen versuchsrechtlichen Bedingungen strafrechtserheblich ist. Nach der letztgenannten Auffassung kann an der Anwendbarkeit des § 24 StGB wohl kein ernsthafter Zweifel bestehen. Legt man also die erstgenannte Prämisse und damit die h. M. zugrunde, kann dies jedoch zunächst nur als eine unter Vorbehalt stehende Arbeitshypothese verstanden werden, die durch die an sie anknüpfenden Erörterungen der Rücktrittsthematik erschüttert und äußerstenfalls an deren Ende sogar umgestoßen werden könnte. Möglicherweise lässt sich aus der Art und Weise wie das StGB den Rücktritt vom untauglichen Unternehmen regelt – oder gerade nicht regelt – ein Argument für die sachlogisch vorgelagerte Annahme gewinnen, dass das untaugliche Unternehmen doch nicht geeignet ist, ein vollendetes Unternehmensdelikt zu tragen.
III. Rücktritt beim Unternehmensdelikt Die rechtliche Behandlung eines Rücktritts im Rahmen eines Unternehmensdelikts hat zwei verschiedene Bezugspunkte: Als normaler Anwendungsfall des § 24 StGB würde sich der Rücktritt darstellen, wenn der Versuch des Unternehmensdelikts nach allgemeinen Regeln – also nach §§ 23 I, 12 I StGB – strafbar wäre und demzufolge auch der Rücktritt von einem solchen Versuch den allgemeinen Regeln unterläge. Im Zusammenhang mit § 307 I StGB ginge es dann nicht um den Rücktritt von dem gem. § 11 I Nr. 6 StGB als vollendetes Unternehmensdelikt zu bewertenden Versuch, durch Freisetzen von Kernenergie eine Explosion herbeizuführen. Vielmehr ginge es um den Rücktritt von dem Versuch, die Herbeiführung einer Explosion durch Freisetzen von Kernenergie, also das darauf gerichtete Unternehmen, zu versuchen. Da der Versuch – Kernenergie freizusetzen – schon eine vollendete Tat wäre, handelte es sich bei dem Versuch, der nicht gem. § 11 I Nr. 6 StGB Vollendungsqualität hätte, um einen „Versuch des Versuchs“.11 Sofern das Unternehmensdelikt ein Verbrechen ist (§ 12 I StGB), ließe sich die gesetzliche Strafdrohung gegen diesen dem Versuch vorgeschalteten Versuch positivistisch begründen. Die Strafbarkeitsvorverlagerung, die die Versuchspönalisierung gegenüber der an die Deliktsvollendung anknüpfenden Strafdrohung bewirkt, wäre auf diese Weise um eine zusätzliche Vorstufe erweitert. Auf § 22 StGB bezugnehmend wäre der „Versuch des Versuchs“ als „vorstellungsgemäßes unmittelbares Ansetzen zum vorstellungsgemäßen unmittelbaren Ansetzen“ zu definieren. Dieses sprachliche Monstrum verdeutlicht, warum die zutreffende h. M. einen derartigen Versuch bereits begrifflich für unmöglich hält.12 11
Jescheck/Weigend, § 49 VIII 2. Maurach/Gössel/Zipf, AT 2, § 41 Rn. 126; im Ergebnis ebenso Wolters, S. 148; Lackner/ Kühl-Heger, § 11 Rn. 19; SK-Stein/Deiters, § 11 Rn. 80. 12
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Der zweite Bezugspunkt für die strafrechtliche Beurteilung eines Rücktritts ist der Versuch, mit dem der Täter gem. § 11 I Nr. 6 StGB bereits ein vollendetes Unternehmensdelikt begeht. Die Doppelnatur dieses Versuchs macht die Anwendbarkeit des § 24 StGB problematisch: Einerseits erfüllt die Tat, die dem Rücktritt vorausgeht, alle Voraussetzungen eines Versuchs i.S.d. §§ 22 ff. StGB, andererseits hat diese Tat als Komponente des Unternehmensdelikts die formale Qualität einer vollendeten Straftat. Da § 24 StGB auf den „Rücktritt“ von einer vollendeten Tat nicht anwendbar ist, wird überwiegend angenommen, dass der Rücktritt von dem formale Vollendungsstrafbarkeit begründenden Unternehmensversuchs nicht gem. § 24 StGB von Strafbarkeit befreit.13 Diese Begründung hat Überzeugungskraft, sofern man von der gefestigten Ansicht ausgeht, dass der Rücktritt das Vorliegen eines tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaften Versuchsdelikts unberührt lässt und nur die durch dieses Delikt begründete Strafbarkeit des Zurücktretenden – nicht aber die Strafbarkeit von nicht zurücktretenden Tatbeteiligten – aufhebt. Zu Recht ist dies die h. M. bezüglich der Rechtsnatur des Rücktritts.14 Denn § 24 StGB beschreibt seine rechtliche Wirkung mit den Worten „Wegen Versuchs wird nicht bestraft …“.15 Schon daraus folgt die Unanwendbarkeit des § 24 StGB im Rahmen des Unternehmensdelikts. Bei einem Unternehmensdelikt geht es gar nicht um die Bestrafung „wegen eines Versuchs“, sondern gem. § 11 I Nr. 6 StGB um die Bestrafung wegen einer vollendeten Tat. Hätte der Rücktritt aber eine andere Rechtsnatur,16 würde er z. B. den Versuch als tatbestandsmäßiges Delikt aufheben,17 ergäbe sich im Kontext des Unternehmensdelikts eine andere Konsequenz des Rücktritts: Der Versuch, auf den sich § 11 I Nr. 6 StGB stützt, entfiele und damit die tatbestandliche Grundlage des vollendeten Unternehmensdelikts. Gewiss findet heute eine solche Auffassung von der Rechtsnatur des Rücktritts keine nennenswerte Anerkennung. Zu bedenken ist aber, dass alle Überlegungen zur Rechtsnatur des Rücktritts ausschließlich zum Rücktritt vom „formellen“ Versuch angestellt werden und den Rücktritt vom „materiellen“ Versuch im Rahmen eines formell vollendeten Unternehmensdelikts ebenso wenig reflektieren wie z. B. den Rücktritt eines Täters, dessen Tat gem. § 1 JGG den speziellen Regeln des Jugendstrafrechts unterliegt. So wie man in Betracht ziehen könnte, dass die strafrechtsdogmatische Figur des „Rücktritts 13 Berz, S. 14, 131; Schröder, FS Kern, S. 457 (462); Jescheck/Weigend, § 49 VIII 2; Lackner/Kühl-Heger, § 11 Rn. 19. 14 Jescheck/Weigend, § 51 VI 1; Lackner/Kühl-Kühl, § 24 Rn. 1. 15 Ähnlich § 46 I StGB a. F.: „Der Versuch als solcher bleibt straflos, wenn der Täter …“. dazu (abl.) Wolters, S. 183. 16 Nach Wolters S. 184 ergibt sich die Folge, daß nicht „wegen Unternehmens“ i.S.d. § 11 I Nr. 6 StGB bestraft werden kann, aus § 24 I StGB, weil „nicht wegen Versuchs bestraft“ in § 11 I Nr. 6 StGB einfließe und dort bewirke, daß ein Versuch, von dem zurückgetreten wurde, nicht mehr Bestrafungsgrund sein kann. Das ist m. E. nicht richtig, weil § 11 I Nr. 6 StGB den Versuch nur zur Definition des Tatbestandes des Unternehmensdelikts erfasst. Die Strafbarkeit ergibt sich dann aus § 307 I StGB usw. 17 In Anlehnung an die Formulierung der Notwehrvorschrift des § 53 StGB a. F. könnte dies folgendermaßen sprachlich gefasst werden: „Ein Versuch ist nicht vorhanden, wenn …“.
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vom Versuch“ im Kontext des Jugendstrafrechts eine vom Erwachsenenstrafrecht abweichende Ausprägung hat,18 könnte man auch in Erwägung ziehen, dass der Rücktritt von einem gem. § 11 I Nr. 6 StGB mit dem Potential der Vollendungsstrafbarkeit ausgestatteten Versuch eine andere strafrechtsdogmatische Relevanz hat als im Kontext der §§ 22 ff. StGB. Allerdings würde es sich dabei um Überlegungen praeter legem handeln, was zwar ihren wissenschaftlichen Wert nicht mindern, ihre praktische Beachtlichkeit aber – zumindest vorläufig – auf Null reduzieren würde. Die Existenz besonderer Vorschriften zur „tätigen Reue“ nach einem noch nicht zu Ende geführten – materiell also noch nicht vollendeten – Unternehmen zeigt eindeutig an, dass der Gesetzgeber dem Rücktritt vom Versuch im Rahmen eines Unternehmensdelikts keine straftatbeseitigende Wirkung attestiert, sondern dass das rücktrittsbedingte Ausbleiben oder die rücktrittsbedingte Milderung der strafrechtlichen Reaktion auf die Tat erst auf Grund dieser besonderen Vorschrift möglich wird. Hätte der Rücktritt zur Folge, dass der Versuch, auf dem gem. § 11 I Nr. 6 StGB die Vollendungsstrafbarkeit beruht, nicht (mehr) vorhanden ist, bestünde für besondere Vorschriften über tätige Reue kein Bedarf.
IV. Rücktritt beim untauglichen Unternehmensdelikt 1. Allgemeines Rücktrittsverhalten nach einem vollendungsbegründenden materiellen Versuch wird bei den Unternehmensdelikten entweder überhaupt nicht – so bei § 184b I Nr. 2, Nr. 4, III Alt. 1; § 184c I Nr. 2, Nr. 4, III Alt. 1; § 357 StGB – oder durch Sondervorschriften berücksichtigt.19 Demzufolge kann Rücktrittsverhalten nach einem untauglichen Versuch i.S.d. § 11 I Nr. 6 Alt. 1 StGB eine privilegierende Behandlung (Absehen von Bestrafung, Strafmilderung) des Unternehmensdelinquenten nur unter der Voraussetzung begründen, dass dieses Verhalten von den Sondervorschriften über den Rücktritt bzw. die tätige Reue beim Unternehmensdelikt erfasst wird. Beispiele lassen sich für alle drei Erscheinungsformen des untauglichen Versuchs (untaugliches Mittel, untaugliches Objekt, untaugliches Subjekt) bilden, wegen § 357 StGB auch für den untauglichen Versuch des „untauglichen Täters“. Das hier verfolgte Erkenntnisinteresse erfordert eine differenzierende Betrachtung dieser drei Fallgruppen nicht. Daher soll der Einfachheit halber eine Tat als Anschauungsobjekt verwendet werden, bei der der Täter mit unerkannt untauglichem Material versucht, durch Freisetzen von Kernenergie eine Explosion herbeizuführen, § 307 I StGB. Die tätige Reue, mit der sich der Täter von diesem Tatvorhaben nach Überschreiten der Versuchsschwelle (§ 22 StGB) distanziert, kann gem. §§ 314a I, 49 II StGB mit Strafmilderung honoriert werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Täter „frei18 Ein Grund dafür könnte z. B. die marginale Bedeutung der Generalprävention im Jugendstrafrecht sein. 19 Maurach/Gössel/Zipf, AT 2, § 41 Rn. 234.
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willig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder sonst die Gefahr abwendet.“ Jedenfalls die zweite Hälfte dieser Formulierung („Gefahr abwendet“) ist auf die tätige Reue bei einem tauglichen Unternehmen zugeschnitten, also auf Fälle, in denen es tatsächlich zu der vom Täter angestrebten Explosion käme, wenn er nicht tätige Reue üben würde. Bei der Beschreibung der erforderlichen Rücktrittsleistungen hat sich der Gesetzgeber von der in § 24 I S. 1 StGB abgebildeten dualen Struktur „unbeendeter Versuch – beendeter Versuch“ inspirieren lassen. Die Aufgabe der weiteren Tatausführung in § 314a I StGB korrespondiert daher einem Unternehmensstadium, in dem der Täter zwar schon die Schwelle des unmittelbaren Ansetzens (§ 22 StGB) überschritten, aber noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Vollendung der Tat erforderlich ist.20 Sieht der Täter also von den weiteren Handlungen ab, die er zur Freisetzung von Kernenergie für notwendig hält, gibt er die weitere Tatausführung auf. Die „sonstige Abwendung der Gefahr“ ist hingegen ein Rücktrittsverhalten, das der Vollendungsverhinderung des § 24 I S. 1 Alt. 2 StGB entspricht, also an den beendeten Versuch anknüpft. 2. Untauglicher unbeendeter Versuch Fraglich ist nun, ob die Möglichkeit der Strafmilderung nach § 314a I StGB auch eröffnet ist, wenn die Tat mit einem untauglichen Mittel begangen wird und daher das Stadium der materiellen Vollendung von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies hängt davon ab, ob unter diesen Umständen die von § 314a I StGB verlangte Rücktrittsleistung überhaupt noch erbracht werden kann. Die erste Variante „weitere Ausführung der Tat aufgibt“ setzt nur voraus, dass sich die Tat in einem Stadium befindet, in dem es zur Erreichung ihrer maximalen tatbestandlichen Erscheinungsform – der materiellen Vollendung – noch weiterer Tatausführungshandlungen bedarf. Es geht hier also um die tätige Reue beim unbeendeten Versuch. Klar ist, dass der taugliche unbeendete Versuch Gegenstand dieser Regelung ist. Wie aber verhält es sich mit dem untauglichen unbeendeten Versuch? Da sich die Unbeendetheit nach der Vorstellung des Täters vom Vollendungspotential seiner bisherigen Tatausführung richtet21 und die unerkannte objektive Untauglichkeit demzufolge nichts daran zu ändern vermag, dass der Täter die Einstellung weiterer Ausführungsakte für eine vollendungsverhindernde Maßnahme hält, ist die Aufgabe der weiteren Ausführung als Rücktrittsleistung sowohl dem tauglichen als auch dem untauglichen unbeendeten Versuch angemessen.22 Solange der Täter sein objektiv untaugliches Material für explosiv und weitere Aktivitäten zur Herbeiführung der – tatvollendenden – Explosion für erforderlich hält, ist die Abstandnahme von diesen Aktivitäten in gleicher Weise 20
Schönke/Schröder/Heine/Bosch, § 314a Rn. 4. Maurach/Gössel/Zipf, AT 2, § 41 Rn. 82. 22 Anders Maurach/Gössel/Zipf, AT 2, § 41 Rn. 131, nach denen ein Aufgeben nur auf der Grundlage eines Versuchs möglich ist, den der Täter noch durch weitere Tatausführung ins Vollendungsstadium verlängern könnte. Beim untauglichen Versuch soll nur Rücktritt durch Vollendungsverhinderungsbemühen möglich sein. 21
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eine Aufgabe der weiteren Tatausführung wie wenn das benutzte Material tatsächlich explosiv wäre. Das Gericht kann also nach § 314a I StGB die Strafe nach seinem Ermessen mildern. 3. Untauglicher beendeter Versuch Anders liegen die Dinge im Falle eines untauglichen beendeten Versuchs. Auch hier bestimmt das, was den Versuch zu einem „beendeten“ macht, ausschließlich das Vorstellungsbild des Täters. Wenn der Täter annimmt, alles zur Herbeiführung der Vollendung Erforderliche getan zu haben, ist der Versuch beendet.23 Wiederum spielt es dabei keine Rolle, ob die Tat objektiv vollendungstauglich ist oder nicht. Beendet kann der Versuch auch sein, wenn die Tat objektiv untauglich ist. Damit steht aber zugleich fest, dass ein Rücktritt in der Form der „Aufgabe weiterer Tatausführung“ nicht ausreicht, um die Rechtsfolge des Rücktritts auszulösen. Objektiv gesehen braucht der Täter ja gar nichts zu tun, um die Vollendung abzuwenden. Deren Nichteintritt steht schon auf Grund der tauglichkeitshindernden Umstände fest. Das Gesetz verknüpft die Art der erforderlichen Rücktrittsleistung aber nicht mit den objektiven Bedingungen der Vollendungsabwendung, sondern mit der Vorstellung, die der Täter von seiner Tat und ihrer prognostizierten Fortentwicklung bis hin zur Vollendung hat. Die Vollendungsabwendungsbedingungen auf der Grundlage der Tätervorstellung bestimmen die Art der erforderlichen Rücktrittsleistung. Daher genügt jedenfalls beim beendeten Versuch nicht bloßes Nichtstun bzw. Unterlassung weiterer Tatausführung. Denn dies hätte nach der Vorstellung des Täters ja keinen vollendungshindernden Effekt, sondern den Eintritt der Tatvollendung zur Folge. Notwendig sind vielmehr aktive Gegenmaßnahmen, die den der Vollendung entgegenstrebenden Kausalverlauf anhalten und seine Einmündung ins Vollendungsstadium verhindern. Da die Aufgabe der weiteren Tatausführung im Falle eines beendeten Versuchs keine ausreichende tätige Reue ist, kann nur eine der Alternative „sonst die Gefahr abwendet“ entsprechende Verhaltenseinstellung tätige Reue sein. Dies passt aber nur zum tauglichen beendeten Versuch. Das Rücktrittsverhalten soll gefahrabwendende Wirkung haben. Diese Wirkung kann es nur haben, wenn es in einen Kausalverlauf eingreift, der das Potential zur Gefahrbegründung hat. Abgewendet wird eine Gefahr, wenn die Gefahr ansonsten einträte. Das wiederum geschieht nur, wenn Gefahrbedingungen vorhanden sind, die sich zur Gefahr fortentwickeln können, wenn eben nicht abwendend eingegriffen wird. Das Rücktrittsverhalten, auf das § 314a I 2. Alt. StGB abstellt, trifft also die Folgen einer Tat, mit der alle Voraussetzungen für den tatbestandsmäßigen Eintritt einer Gefahr geschaffen worden sind. Eine Tat mit derartigen Folgen kann nur ein tauglicher Versuch sein. Denn ein untauglicher Versuch erzeugt eine Situation, aus der eine tatbestandsmäßige Gefahr nicht hervorgehen kann, die also keinen Gefahrabwendungsbedarf begründet.
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Schönke/Schröder/Eser/Bosch, § 24 Rn. 14.
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Der Vergleich mit § 24 StGB bestätigt dieses Zwischenergebnis: Die dort für die erforderliche Rücktrittsleistung beim tauglichen beendeten Versuch gewählte Formulierung „Vollendung verhindert“24 entspricht der „Gefahrabwendung“, auf die § 314a I StGB abstellt. Einer vollendungsverhindernden Handlung bedarf es nur, wenn das Resultat des Versuchs ein Sachverhalt mit dem Potential der Tatvollendung ist. Ein untauglicher Versuch hat dieses Potential nicht. Deshalb braucht nicht vollendungshindernd eingegriffen zu werden. Das Ausbleiben der Vollendung ist auf der Grundlage eines untauglichen Versuchs ein Resultat, das „ohne Zutun“, d. h. ohne vollendungsverhinderndes Eingreifen des Täters, erzielt wird. Daher sind im Rahmen der allgemeinen Rücktrittsvorschrift die Bestimmungen zuständig, die auf „ohne Zutun“ des Täters Bezug nehmen: § 24 I S. 2 und § 24 II 2 StGB.25 Dieser Anknüpfungspunkt lenkt im Rahmen des § 314a StGB den Blick auf den Absatz 4, der § 24 I 2 StGB nachgebildet ist.26 4. Gefahrabwendung „ohne Zutun des Täters“ Zu untersuchen ist also, ob tätige Reue bei einem Unternehmensdelikt, das sich im Stadium des untauglichen beendeten Versuchs befindet, ein Anwendungsfall des § 314a IV StGB ist. Die sprachliche Parallele zu § 24 I 2 StGB indiziert eine sachliche Parallele27 und damit die Annahme, dass § 314a IV StGB ebenso auf die tätige Reue beim untauglichen beendeten Versuch zugeschnitten ist wie § 24 I 2 StGB. Allerdings ist vor einer Festlegung auf dieses Ergebnis zu beachten, dass § 24 I 2 (ebenso § 24 II 2) StGB nicht allein den Rücktritt vom untauglichen Versuch betrifft. Vollendungsverhinderung „ohne Zutun“ des Zurücktretenden umfasst auch die Fälle, in denen ein tauglicher Versuch vor Erreichen des Vollendungsstadiums unschädlich gemacht wird, ohne dass ein Rücktrittsverhalten des Täters dafür ursächlich wäre.28 Beispiel: Die Vollendungsgefahr wird von einem Dritten abgewendet. Der Täter, der davon nichts weiß, führt anschließend mit Verhinderungsvorsatz Handlungen aus, die die Vollendung verhindert hätten, wenn dies nicht bereits durch das Einschreiten des Dritten bewirkt worden wäre. Dass Gefahrabwendungsereignisse dieser Art auch Gegenstand des § 314a IV StGB sind, dürfte außer Zweifel stehen. Schaltet jemand ohne Wissen des Täters die Explosionsvorrichtung vor Eintritt in das Gefahrstadium aus, so wird die Gefahr „ohne Zutun“ des Täters abgewendet. Die dem gefahrabwendenden Eingriff vorausgegangene Tat hatte die Qualität eines tauglichen Versuchs, denn sie hätte eine konkrete Gefahr – und damit die ma24 Maurach/Gössel/Zipf, AT 2, § 41 Rn. 160: „Erforderlich ist, daß der Täter durch aktives Tun selbst eine Bedingung dafür gesetzt hat, daß der Eintritt der Rechtsgutsbeeinträchtigung abgewendet worden ist.“ 25 Schönke/Schröder/Eser/Bosch, § 24 Rn. 69. 26 MK-Krack, § 314a Rn. 5. 27 Wahrscheinlich aus diesem Grund wird der Absatz 4 des § 314a StGB in Kommentaren wie Schönke/Schröder, MüKo überhaupt nicht erläutert. 28 Maurach/Gössel/Zipf, AT 2, § 41 Rn. 92.
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terielle Vollendung des Unternehmensdelikts – herbeigeführt, wenn der Dritte nicht gefahrabwendend eingegriffen hätte. § 314a IV StGB regelt also Fälle der tätigen Reue bei einem tauglichen Versuch. Die entscheidende Frage ist, ob sich der Geltungsbereich des § 314a IV StGB ausschließlich auf solche Fälle tätiger Reue beschränkt oder ob er auch die tätige Reue nach einem untauglichen Versuch erfasst. Die gewiss im groben und teilweise auch im Detail vorhandene Parallelität zu § 24 I 2, II 2 StGB drängt die Annahme auf, dass die tätige Reue beim untauglichen Versuch ein Fall des § 314a IV StGB ist, wie der Rücktritt beim untauglichen Versuch im allgemeinen ein unstreitiger Fall des § 24 I 2 bzw. § 24 II 2 StGB ist. In der Literatur wird die Frage kaum thematisiert und wenn doch, dann ohne weiteres im Sinne einer vollkommenen Parallelität von § 24 I 2 und § 314a IV StGB bejaht. In der Arbeit von Wolters heißt es dazu schlicht: „Im Übrigen decken sich auch die Anforderungen an den Rücktritt vom (subjektiv) beendeten, aber objektiv untauglichen oder fehlgeschlagenen Versuch nach § 24 Abs. 1 S. 2 StGB mit denjenigen der entsprechenden Sondervorschriften nach den §§ 83a Abs. 3, 314a Abs. 4 sowie den §§ 275 Abs. 3 und 149 Abs. 3 StGB.“29 Die vorgeschaltete Frage, ob der untaugliche Versuch überhaupt eine von § 314a IV StGB erfasste Ausgangslage für eine beachtliche tätige Reue ist, erörtert Wolters nicht. Offensichtlich legt er die Bejahung dieser Frage als selbstverständliche und nicht zu problematisierende Prämisse zugrunde. Bevor aus dieser Prämisse Schlussfolgerungen gezogen werden, sollte ihre Tragfähigkeit jedoch zunächst anhand des Gesetzeswortlauts überprüft werden. Genaues Hinsehen erhellt, dass die Formulierungen des § 24 I 2 StGB einerseits und des § 314a IV StGB andererseits in einem Punkt wesentlich voneinander abweichen: § 24 I 2 StGB löst sich von der Beschreibung des Rücktritts in § 24 I 1 Alt. 2 StGB – wo von „Vollendung verhindert“ die Rede ist – insofern, als der „ohne Zutun“ des Zurücktretenden eintretende Zustand der Nichtvollendung nicht als Erfolg von vollendungsverhindernden Maßnahmen beschrieben wird: „Wird die Tat … nicht vollendet“. Dieser Text umfasst nicht nur den Fall, dass die ansonsten als Folge des – tauglichen – Versuchs drohende Tatvollendung durch entsprechende – vollendungshindernde – Gegenmaßnahmen abgewendet wird. Er passt auch zu dem Fall, dass die Vollendung ausbleibt, weil der Versuch von vornherein nicht das Potential zur Verursachung einer vollendeten Tat hat, also untauglich ist. Wäre § 24 I 2 hingegen – was ohne weiteres denkbar wäre – folgendermaßen gefasst: „Wird die Vollendung der Tat ohne Zutun des Zurücktretenden verhindert“, müsste man an der Einbeziehung des untauglichen Versuchs zumindest ernsthaft zweifeln. Denn „Verhinderung der Vollendung“ ist die Beschreibung eines Verursachungsvorgangs, bei dem die Verhinderung die Ursache und das Ausbleiben der Vollendung der dadurch verursachte Erfolg ist.30 Kausal für das Ausbleiben des Erfolges ist eine als „Verhinde29
Die Nichterwähnung des § 320 IV StGB dürfte ein Versehen sein. Maurach/Gössel/Zipf, AT 2, § 41 Rn. 165: „Erfolg des Nichteintritts der Rechtsgutsbeeinträchtigung als ursächliche Folge der Verhinderungstätigkeit“. 30
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rung“ zu bezeichnende Maßnahme aber nur, wenn ansonsten – also ohne die Verhinderung – der Nichtvollendungserfolg nicht einträte, also – umgekehrt – die versuchte Tat das Vollendungsstadium erreichen würde. Letzteres setzt aber einen tauglichen Versuch voraus. Da § 24 I 2 StGB nicht auf „Verhinderung der Vollendung (ohne Zutun des Zurücktretenden)“ abstellt, ist hier auch der Rücktritt vom untauglichen beendeten Versuch erfasst. In § 314a IV StGB verwendet das StGB nun eine Formulierung, die strukturell der – in § 24 I 2 StGB gerade nicht verwendeten – Klausel „wird die Vollendung ohne Zutun verhindert“ gleicht: „Wird die Gefahr abgewendet“ beschreibt ebenso einen für den Nichteintritt der Gefahr (Nichteintrittserfolg) ursächlichen Abwendungsvorgang, wie „wird die Vollendung verhindert“ einen für die Nichtvollendung ursächlichen Verhinderungsvorgang beschreibt. § 314a IV StGB stellt im Übrigen nur deswegen nicht auf Verhinderung der Vollendung ab, weil die Vorschrift auch Fälle des Rücktritts nach Überschreiten der Vollendungsgrenze erfasst.31 In Hinblick auf die hier erörterte Thematik ist entscheidend, dass § 314a IV StGB die Gründe für den Nichteintritt der Gefahr nicht in einer § 24 I 2 StGB entsprechenden Weise beschreibt. Die Situation, dass es wegen Untauglichkeit des Versuchs von vornherein nicht zur Vollendung bzw. zur Gefahrentstehung kommen kann, lässt sich unter „Gefahrabwendung“ nicht subsumieren. Denn auf der Basis der Untauglichkeit bedarf es keiner Abwendung, um die Gefahr zu verhindern. Wollte man eine solche Situation in die Vorschrift miteinbeziehen, müsste man mit Formulierungen wie „Unterbleibt die Gefahr ohne Zutun“ arbeiten.32 Das wäre zwar sprachlich etwas ungelenk, würde aber jegliche Zweifel an der Geltung der Norm für Fälle tätiger Reue bei von vornherein untauglichem Versuch ausschließen.33 Eine derartig eindeutige Fassung hatte § 316a II 2 StGB, der bis zum 6. StrRG den Rücktritt im Rahmen des Unternehmensdelikts „Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer“ regelte.34 Der Blick auf die anderen Sondervorschriften über tätige Reue beim Unternehmensdelikt bestätigt, dass das Gesetz einheitlich Formulierungen verwendet, die wie bei § 314a IV StGB ausschließlich vollendungstaugliche Taten erfassen, die tätige Reue nach einem untauglichen beendeten Versuch also unberücksichtigt lassen. Die Wortwahl weicht zwar geringfügig ab, entscheidend ist jedoch die Übereinstimmung in der zugrundeliegenden kausalen Beziehung zwischen einem Abwendungsbzw. Verhinderungsvorgang und dem daraus resultierenden Abwendungs- oder Verhinderungserfolg: Nach § 83a III StGB ist erforderlich, dass – ohne Zutun des Täters
31
Schönke/Schröder/Heine/Bosch, § 314a Rn. 1. Ähnlich §§ 264 V S. 2, 264a III S. 2, 265b II S. 2. 33 Der Vollständigkeit halber müsste auch noch eine Formulierung eingefügt werden, die den Fall der Beseitigung einer bereits eingetretenen Gefahr erfasst. Dafür eignet sich die „Gefahrabwendung“. 34 § 316a II S. 2 StGB a. F.: „Unterbleibt der Erfolg ohne Zutun des Täters, so genügt sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg abzuwenden.“ 32
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– die Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung verhindert35 wird. Ebenfalls auf Gefahrabwendung und Vollendungsverhinderung36 stellt § 149 III StGB ab, der auf Grund der Verweisung in § 275 III StGB tätige Reue nicht nur bei den fälschungsvorbereitenden Delikten der §§ 146 ff. StGB, sondern auch bei dem Unternehmensdelikt des § 275 I StGB regelt. Nicht den Ausdruck „Vollendungsverhinderung“, sondern „Gefahrabwendung“ und „Erfolgsabwendung“ verwendet § 320 IV StGB. Dies hat wie bei § 314a IV StGB seinen Grund darin, dass hier tätige Reue auch noch nach Eintritt der Vollendung – also im Stadium zwischen Vollendung und „Beendigung“ – möglich ist. 5. Schlussfolgerungen und Konsequenzen Das gefundene Zwischenergebnis, dass die tätige Reue nach einem untauglichen Unternehmens-Versuch von den besonderen Vorschriften §§ 83a III, 149 III, 314a IV und 320 IV StGB nicht erfasst wird, lässt sich nicht durch Auslegung korrigieren. Der Gesetzestext ist eindeutig und öffnet keinen Spielraum für eine abweichende Deutung. Daher stellt sich nun die Frage nach den Schlussfolgerungen und Konsequenzen. a) Als widerspruchsfreie und auch inhaltlich akzeptable Regelung erschiene die Nichtberücksichtigung des untauglichen Versuchs in den besonderen Reue-Vorschriften, wenn es der Berücksichtigung des untauglichen Versuchs überhaupt nicht bedürfte, weil dieser von vornherein aus dem Tatbestandsbereich der Unternehmensdelikte ausgegrenzt und daher nicht mit Strafe bedroht wäre. Damit kommen wir hier noch einmal auf das zwischen Burkhardt einerseits und dem „Rest“ der Strafrechtswissenschaft umstrittene Thema zurück. Lässt sich aus der Nichtberücksichtigung des untauglichen Versuchs z. B. in § 314a IV StGB schließen, der Gesetzgeber bringe damit konkludent zum Ausdruck, er betrachte den untauglichen Versuch im Kontext des Unternehmensdelikts (§ 11 I Nr. 6 StGB) als von vornherein straflos? Bejahendenfalls wäre eine Aufnahme des untauglichen Versuchs in § 314a IV StGB usw. nicht nur überflüssig, sondern mangels Anknüpfungstat gar nicht möglich. Eine derartige Gesetzestechnik wäre zwar nicht vollkommen undenkbar, sie wäre allerdings umständlich, uneindeutig und ungewöhnlich. Ein vernünftiger Gesetzgeber würde den Entschluss zur Straflosstellung des untauglichen Versuchs an der Stelle explizit zum Ausdruck bringen, wo die Strafbarkeit des Versuchs normiert ist, also bei § 22 StGB und / oder bei § 11 I Nr. 6 StGB. Sprachliche Gestaltungsmittel stün35 Die Erwähnung der „Vollendungsverhinderung“ ist im Zusammenhang mit § 83 StGB zu sehen, der kein Unternehmensdelikt normiert. Hier kann die Vollendung noch verhindert werden. In den Fällen der §§ 81, 82 StGB ist das dagegen nicht möglich, da das Unternehmen wegen § 11 I Nr. 6 StGB ja bereits vollendet ist, sobald die Versuchsschwelle überschritten ist. 36 Hier bezieht sich die „Vollendungsverhinderung“ auf die vorbereitete Tat (Fälschung von amtlichen Ausweisen), nicht auf das vorbereitende Unternehmensdelikt. Dieses ist ja bereits mit dem Eintritt ins Versuchsstadium vollendet (siehe vorstehende Fn.).
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den dafür durchaus zur Verfügung, z. B. ein in § 11 I Nr. 6 StGB eingefügter zweiter Satz mit dem Wortlaut „Das gilt nicht für den untauglichen Versuch“. Daran hat der Gesetzgeber aber in der wechselvollen Geschichte positivrechtlicher Vorschriften über das Unternehmensdelikt zu keiner Zeit gedacht. Des Weiteren bedeutete es, den § 314a IV StGB überzuinterpretieren, wollte man ihm eine verdeckte gesetzgeberische Aussage zur Strafbarkeit des untauglichen Versuchs im Kontext des Unternehmensdelikts abgewinnen. § 314a StGB ist eine Sammelvorschrift mit mannigfachen tatbestandlichen Bezügen, von denen nur einige wenige das Unternehmensdelikt betreffen (§ 314a I i.V.m. § 307 I; § 314a I i.V.m. § 309 II; § 314a II Nr. 1 i.V.m. § 309 I StGB; § 314 a IV i.V.m. §§ 314 a I, 307 I, § 309 II; § 314 a IV i.V.m. §§ 314 a II Nr. 1, 309 I StGB). Im Übrigen ist § 314a StGB mit Straftatbeständen verknüpft, die keine Unternehmensdelikte beschreiben und bei denen der Versuch nach allgemeinen Regeln, also gem. § 23 I StGB strafbar ist (vgl. § 314a II Nr. 2 f i.V.m. § 313 I : Verbrechen; § 314a II Nr. 2e i.V.m. § 312 II). Folglich ist bei diesen Straftatbeständen auch der untaugliche Versuch strafbar. Insoweit kann § 314a IV StGB also nicht zum Ausdruck bringen, der untaugliche Versuch werde als strafrechtlich nicht erfasste und daher einer Reue-Regelung nicht zugängliche Tat betrachtet. Nun betreffen § 314a II Nr. 2e StGB und § 314a IV i.V.m. § 314a II Nr. 2e StGB nicht den Rücktritt vom Versuch und machen daher auch keine Aussage über die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs bei dem Delikt des § 312 StGB. Der Rücktritt vom untauglichen Versuch der fehlerhaften Herstellung einer kerntechnischen Anlage unterliegt der allgemeinen Rücktrittsvorschrift des § 24 I 2 StGB. Dennoch lässt sich hier die – entscheidende – Erkenntnis gewinnen, dass § 314a StGB seine privilegierende Regelungswirkung auch Taten zukommen lässt, die den Charakter des untauglichen Versuchs haben. Dem scheint zwar auf den ersten Blick entgegenzustehen, dass § 314 II Nr. 2e StGB nur die tätige Reue nach einer bereits vollendeten Tat regelt und bei vollendeter Tat gibt es naturgemäß keine (Vollendungs-) Untauglichkeit.37 Genaueres Hinsehen zeigt jedoch, dass § 314a II Nr. 2e StGB auch den Fall erfasst, der objektiv das Format des untauglichen Versuchs hat, aber zugleich von der subjektiven Fehlvorstellung des Täters überlagert wird, die Tat sei bereits ins Vollendungsstadium gelangt. Ein auf dieser Fehlvorstellung basierender Rücktritt unterfällt § 24 I 2 StGB nicht, weil § 24 StGB in allen seinen Varianten Vorstellung und Willen des Zurücktretenden voraussetzt, die Tat sei bislang nur versucht und die Vollendung werde durch den Rücktritt abgewendet.38 Wer annimmt, die Tat sei bereits vollendet, kann keinen Vollendungsverhinderungswillen mehr haben. Ein Rücktritt nach § 24 StGB ist auf der Grundlage einer solchen Vorstellung von der Tat nicht möglich. Strafrechtliche Berücksichtigung kann die auf Verhinderung der Gefahrverwirklichung39 zielende tätige Reue somit allenfalls nach § 314a StGB finden. Dafür sind aber nach dem Gesetzeswortlaut weder § 314a II Nr. 2e 37 Die Tat ist nur/erst vollendet, wenn eine wirkliche – nicht nur scheinbare – Gefahr für Leib oder Leben usw. verursacht worden ist. 38 Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 23 Rn. 22. 39 Aus der konkreten Lebensgefahr wird die Verletzung des Lebens – also der Tod.
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StGB noch § 314a IV i.V.m. § 314a II Nr. 2e StGB offen. Beide Vorschriften gehen davon aus, dass eine „Gefahr abgewendet“ wird. Im Fall des § 314a II Nr. 2e StGB muss der Täter selbst die Gefahr abwenden, im Fall des § 314a IV StGB geschieht dies „ohne Zutun des Täters“, aber es geschieht. Zur tätigen Reue in einer Situation, in der gar keine Gefahr verursacht worden ist, passt das nicht. Hier stellt sich also ebenso wie beim untauglichen Unternehmensversuch die Frage, ob § 314a StGB wenigstens eine Strafmilderungsmöglichkeit oder das Absehen von Bestrafung zulässt. Der Wortlaut des § 314a IV StGB nimmt diesen Fall nicht auf, weil eine Gefahrabwendung beim von vornherein untauglichen Versuch nicht stattfindet.40 § 314a IV StGB hat also sehr wohl etwas mit tätiger Reue nach einer gefahruntauglichen Tat gem. § 312 StGB zu tun. In dieser Beziehung kann die Nichtberücksichtigung der untauglichen Tat nicht als indirekte gesetzgeberische Aussage im Sinne einer Straflosigkeit dieser Tat gedeutet werden. Denn dass der untaugliche Versuch strafbar ist, ergibt sich aus der unmittelbaren Anwendbarkeit der §§ 22, 23 StGB. Das Fehlen einer Reue-Vorschrift für den Fall des untauglichen Versuchs, dem der rücktrittswillige Täter irrig das Format einer bereits vollendeten Tat zuschreibt, kann hier also nicht mit der Straflosigkeit des untauglichen Versuchs begründet werden. Dann kann dem defizitären Text des § 314a IV StGB aber auch nicht in Bezug auf die Unternehmensdelikte eine diesbezügliche Aussagekraft zugeschrieben werden. § 314a IV StGB besagt also weder etwas zur Straflosigkeit noch umgekehrt zur Strafbarkeit des untauglichen Versuchs im Kontext des § 11 I Nr. 6 StGB. b) Somit bleiben nur noch zwei Schlussfolgerungen zu erörtern: Entweder der Gesetzgeber hat den untauglichen Versuch in § 314a IV StGB bewusst unberücksichtigt gelassen, weil er in diesem Fall der tätigen Reue nicht die Privilegierungswirkung zukommen lassen will oder bei der Formulierung des Normtextes wurde übersehen, dass diese Fassung den untauglichen Versuch ausgrenzt. Hinsichtlich der ersten Schlussfolgerung ist zu fragen, ob es tragfähige Gründe für eine solche Schlechterstellung gibt. Sollte sich die zweite Schlussfolgerung als richtig erweisen – wofür insbesondere das Fehlen tragfähiger Gründe für die erste Schlussfolgerung spräche – wäre nach Konsequenzen zu fragen, insbesondere ob eine Korrektur des Gesetzes (Lückenschließung) ohne gesetzgeberisches Handeln möglich wäre. Eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung dahingehend, dass die tätige Reue vor dem Hintergrund eines untauglichen Versuchs nicht den Privilegierungen teilhaftig sein soll, die § 314a IV StGB für tätige Reue beim tauglichen Versuch bzw. bei verletzungstauglicher Gefahrvollendung vorsieht, findet weder in Gesetzgebungsmaterialien eine Stütze noch gibt es dafür überzeugende sachliche Gründe. Näher liegt die Annahme, dass mit § 314a IV StGB eine Norm geschaffen wurde für alle honorierungswürdigen Gefahrabwendungsbemühungen des Rücktrittswilligen in einer Situation, in der – dem Täter unbekannt – das Ziel der Rücktrittsbemühung – Nichteintritt einer Gefahr bzw. einer gefahrbedingten Verletzung – anderweitig er40
Dieselbe Problematik z. B. auch bei § 239a IV S. 2 StGB.
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reicht wird. Bei der sprachlichen Fassung wurde offenbar nicht gesehen, dass der Fall des untauglichen Versuchs aus dem Text herausfällt. Insbesondere die Verknüpfung mit Straftatbeständen wie § 312 StGB oder § 313 StGB gibt dieser Annahme Rückhalt. § 314a II Nr. 2e StGB beispielsweise ist eine Art Verlängerung des § 24 StGB in den Bereich der Tatvollendung hinein. § 24 StGB gewährt dem Zurücktretenden Strafbefreiung einerseits beim tauglichen Versuch und zwar sowohl im Falle erfolgreicher Vollendungsverhinderung (§ 24 I 1 StGB) als auch bei lediglich versuchter Vollendungsverhinderung (§ 24 I 2 StGB), andererseits auch beim untauglichen Versuch. Die verlängernden Vorschriften § 314a II Nr. 2e StGB und § 314a IV i.V.m. § 314a II Nr. 2e StGB berücksichtigen wiederum die erfolgreiche oder bloß versuchte Gefahrabwendung beim verletzungstauglichen Delikt, nicht aber die versuchte Gefahrabwendung beim von vornherein verletzungsuntauglichen Delikt. Letzteres ist ein Bruch, für den es keine sachliche Erklärung gibt. Ein geschlossenes und widerspruchsfreies Gesamtbild baut sich erst auf, wenn man § 314a IV i.V.m. § 314a II Nr. 2e StGB als Verlängerung des § 24 I 2 StGB in die Vollendungsphase sowohl für die versuchte tätige Reue vom verletzungstauglichen Gefährdungsdelikt als auch für die versuchte tätige Reue vom verletzungsuntauglichen Gefährdungsdelikt begreift. Dann sollte es aber bei der tätigen Reue im Rahmen des Unternehmensdelikts nicht anders sein. c) Sachlich richtige Rechtsanwendungsergebnisse sind vor einer Korrektur des Gesetzestextes durch den Gesetzgeber möglich, indem Vorschriften, die tätige Reue bei untauglichem Versuch berücksichtigen, analog angewendet werden. Da es eine Analogie zugunsten des Täters ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Als Analogievorlage bietet sich § 24 I 2 StGB an. Der Text des § 314a IV StGB wäre dann folgendermaßen umzudeuten: „Bleibt die Gefahr ohne Zutun des Täters aus, so genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.“
V. Schluss Lückenschließung durch Analogie ist stets eine Not- und Überganglösung in einer Situation nicht gelungener Gesetzgebung. Sollte der Gesetzgeber irgendwann die Gelegenheit wahrnehmen wollen, § 314a IV StGB im hier vorgeschlagenen Sinne zu korrigieren, wäre zu wünschen, dass zugleich alle weiteren von demselben Mangel befallenen Vorschriften (§§ 320 IV, 330b II StGB) ebenso geheilt würden.41 Das Defizit ist nicht so klein, wie es der obige auf § 314a StGB konzentrierte Text suggerieren mag. Betroffen ist sogar § 306e III StGB. Dieser Beitrag hätte daher auch zu dem Thema „Rücktritt von der untauglichen Brandstiftung“ geschrieben werden können. Bemüht sich nämlich jemand, der einen von einem Dritten gelegten 41 Im Zuge des 6. Strafrechtsreformgesetzes, das immerhin gesetzgeberische Befassung mit dem einschlägig betroffenen § 306e StGB (früher § 310 StGB) implizierte, wurde die Gelegenheit nicht wahrgenommen.
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Brand irrig eigenem vorsätzlichen Tun zuschreibt, ernsthaft und freiwillig, aber erfolglos, um das Löschen dieses Brandes, erfüllt er zweifellos nicht die Voraussetzungen des § 306e III StGB. Denn er ist gar nicht „Täter“ des Brandstiftungsdelikts – vollendete Brandstiftung42 – um dessen privilegierte sanktionsrechtliche Behandlung es in § 306e III StGB geht. Aber er hat sich wegen versuchter Brandstiftung strafbar gemacht. Seine Löschbemühungen können nicht als strafbefreiender Rücktritt gem. § 24 I 2 StGB berücksichtigt werden, weil jemand, der glaubt, eine vollendete Brandstiftung begangen zu haben, keinen Vollendungsverhinderungswillen hat. Hätte der um Löschung bemühte Mensch den Brand selbst gelegt und sich somit wegen vollendeter Brandstiftung strafbar gemacht, stünde er besser als bei bloß versuchter Brandstiftung. Er käme dann wenigstens in den Genuss der Sanktionsmilderungsmöglichkeiten des § 306e III StGB. Auf den Versuchstäter, der meint, ein Vollendungstäter zu sein, trifft das nicht zu. Die über den Besonderen Teil des StGB verstreuten Vorschriften über tätige Reue sind nicht nur uneinheitlich, sie sind auch inhaltlich unausgereift. Überall fehlt z. B. die Berücksichtigung des Reue übenden Teilnehmers, weshalb auch insoweit eine analoge Anwendung des § 24 II StGB erforderlich ist.43 Auf Dauer ist das kein befriedigender Zustand. Zu seiner Behebung könnte auch erwogen werden, den Allgemeinen Teil des StGB um eine Vorschrift zur tätigen Reue nach Vollendung zu ergänzen. Literatur Berz, Ulrich: Formelle Tatbestandsverwirklichung und materialer Rechtsgüterschutz, München 1986. Burkhardt, Björn: Das Unternehmensdelikt und seine Grenzen, JZ 1971, S. 352 – 358. Gössel, Karl Heinz u. a. (Hrsg.): Strafrecht Allgemeiner Teil, Teilband 2, 8. Auflage, Heidelberg 2014. Jescheck, Hans-Heinrich/Weigend, Thomas (Hrsg.): Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Auflage, Berlin 1996. Joecks, Wolfgang/Miebach, Klaus (Hrsg.): Strafgesetzbuch. Münchener Kommentar zum StGB, Band 1, 3. Auflage, München 2017. Kindhäuser, Urs u. a. (Hrsg.): NomosKommentar. Strafgesetzbuch, Band. 1, 5. Auflage, BadenBaden 2017. Lackner, Karl/Kühl, Kristian (Hrsg.): Strafgesetzbuch Kommentar, 29. Auflage, München 2018. Mitsch, Wolfgang: Das Unternehmensdelikt, JURA 2012, 526. Mitsch, Wolfgang/Eisele, Jörg/Weber, Ulrich (Hrsg.): Baumann/Weber/Mitsch/Eisele: Strafrecht Allgemeiner Teil, 12. Auflage, Bielefeld 2016. 42
Schönke/Schröder/Heine/Bosch, § 306e Rn. 4. Schönke/Schröder/Heine/Bosch, § 314a Rn. 5; für Erstreckung des Merkmals „Täter“ auf Teilnehmer bei § 306e StGB z. B. Radtke, in: MüKo, § 306e Rn. 8. 43
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Schönke, Adolf/Schröder, Horst: Strafgesetzbuch, 30. Auflage, München 2019. Schröder, Horst: Die Unternehmensdelikte, in: Rechtswissenschaftliche Abteilung der Rechtsund Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen (Hrsg.), Tübinger Festschrift für Eduard Kern, Tübingen 1968, S. 457 – 468. Weber, Ulrich: Die Vorverlegung des Strafrechtsschutzes durch Gefährdungs- und Unternehmensdelikte, Beiheft zur ZStW 1987, S. 1 – 36. Weigend, Thomas (Hrsg.): Strafgesetzbuch. Leipziger Kommentar, 12. Auflage, Band 1, Berlin 2007. Wolter, Jürgen (Hrsg.): Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1, 9. Auflage, Köln 2017. Wolters, Gereon: Das Unternehmensdelikt, Baden-Baden 2001.
El aborto en el bloque de constitucionalidad Por Gonzalo Javier Molina
I. Introducción El objetivo del presente trabajo será analizar la relación entre el aborto y el bloque de constitucionalidad argentino, a través de la revisión de pronunciamientos judiciales de diferentes tribunales de nuestro país e internacionales. Asimismo, se considerarán recomendaciones de distintos organismos encargados de supervisar el cumplimiento de los tratados internacionales que forman parte de nuestro bloque constitucional.1 Como se podrá advertir, la gran transformación en la argumentación respecto a la constitucionalidad del aborto viene del feminismo en distintas modalidades y alcances. Han sido estos fundamentos los que permiten hablar actualmente no solo de la constitucionalidad de los abortos permitidos en el código penal, sino que, más allá de eso, se invoca la inconstitucionalidad de la misma punición del aborto. Esta interpretación llevaría a aceptar no solamente que los abortos no punibles son constitucionales, sino que además debería considerar inconstitucional el sistema penal argentino en cuanto pena el aborto como regla general, sin permitirlo a la mujer embarazada que no desea continuar con su embarazo.
II. La regulación del aborto en la Argentina El aborto está sancionado, como regla general, en el código penal argentino en los arts. 85 a 88. Esta norma rige desde el año 1922. La regla que surge del art. 85 CP establece que será penado quien cause un aborto con una pena de hasta 4 años de prisión. El delito se agrava si resultare la muerte de la mujer. Asimismo, existe una figura agravada —que eleva la pena hasta 10 años— si el aborto se produce sobre una mujer que no consiente el acto abortivo.
1 Sancinetti ha tratado el tema en La Ley, 2018-C, 635. Allí sostiene argumentos en favor de proteger la vida humana desde la fecundación y concluye en que el bloque de constitucionalidad argentino no debería permitir los “abortos a discreción”.
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A su vez, en el art. 86 CP se prevén los supuestos de abortos no punibles: en el inc. 1.8 el llamado aborto terapéutico,2 luego en el inc. 2.8 el aborto eugenésico3 y el sentimental.4 Siempre en estos casos se exige el consentimiento de la mujer y la intervención de un médico diplomado. Las penas previstas para el aborto son considerablemente inferiores a las penas del homicidio. Evidentemente para el código argentino de 1922 vale más la vida de una persona nacida que la vida del feto. Incluso, vale más la autodeterminación de la madre sobre su cuerpo que la vida del feto en sí misma. Esta afirmación se extrae de la diferencia de las escalas penales entre el aborto con y sin consentimiento: si el aborto es consentido la pena es de 1 a 4 años. En cambio, si no hay consentimiento, la pena sería de 3 a 10 años de prisión: tanto la mínima como la máxima duplican la sanción del aborto con consentimiento.5 Es importante también destacar que, a diferencia del homicidio, el aborto culposo no está penado, como así tampoco las lesiones al feto. Claramente el código penal de 1922 marcaba una distinción valorativa entre la vida del feto y la vida de la persona ya nacida. Al mismo tiempo, en la constitución nacional no existía una protección específica respecto de la vida (de las personas o del feto), aunque se la consideraba uno de los derechos implícitos que surgían del art. 33 CN. Con esta normativa, la discusión sobre el aborto durante muchos años se limitaba a determinar cuáles eran los supuestos de abortos permitidos por el art. 86 inc. 1.8 CP. Algunos sostenían que solo comprendía el aborto eugenésico, mientras que otros también consideraban incluido el llamado sentimental. En general, también se discutía la posibilidad de desincriminar el aborto, aunque los argumentos eran exclusivamente de política criminal6 o filosóficos,7 sin hacer
2 El aborto terapéutico significa que corre peligro la vida o salud de la madre. Se debe entender por salud tanto las afectaciones físicas como psíquicas. 3 El aborto eugenésico es el permitido a una mujer idiota o demente que ha sido violada. El fundamento era el perfeccionamiento de la raza: evitar el nacimiento de una persona a quien se consideraba deficiente. Actualmente se trata de justificar este tipo de aborto en el “daño que significaría para la madre obligarla a continuar el embarazo y dar a luz a una persona que tendrá que cuidar de por vida”, o la “maternidad de una mujer mentalmente inhabilitada para comprenderla cabalmente” (Bianchi, En contra del aborto, p. 97). 4 El aborto sentimental es el practicado a una mujer —no idiota o demente— embarazada producto de una violación. Curiosamente, la doctrina penal y constitucional argentina durante muchos años discutió si este caso estaba también previsto en el art. 86 del Código Penal, aunque aceptaban sin discusión el eugenésico. 5 Esta aclaración con relación al monto de las penas es importante por una cuestión que se discutió en distintos fallos sobre el tema: si el feto o embrión tendría los mismos derechos que una persona ya nacida. En los fallos del Tribunal Europeo de Derechos Humanos no se les reconoció el mismo derecho. 6 Jiménez de Asúa, La Ley 26 (1942), p. 977. 7 Nino, Fundamentos de derecho Constitucional, p. 242.
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referencia a la constitución como límite para desincriminar o para obligar a criminalizar en todos los casos.8 En la jurisprudencia, si bien se admitía la no punición de los abortos en los supuestos del artículo 86, se fueron imponiendo obstáculos para su implementación: la judicialización de los casos surgió a partir de la negativa de parte de médicos de hospitales públicos de llevar a cabo los abortos, de las intervenciones de comités de ética, o de la exigencia de denuncias o procesos penales avanzados, en casos del supuesto de violación.
III. La reforma constitucional de 1994 y la constitucionalización de los tratados de derechos humanos El gran cambio en lo referente a la argumentación respecto al aborto comienza con la reforma constitucional de 1994, con la incorporación de los tratados al bloque de constitucionalidad. En particular, el texto de algunos de estos que consagran expresamente la protección de la vida humana desde la concepción.9 El art. 4.8 de la Convención Americana de Derechos Humanos (CADH) sostiene: “Toda persona tiene derecho a que se respete su vida. Este derecho estará protegido por la ley y, en general, a partir del momento de la concepción. Nadie puede ser privado de ella arbitrariamente”. A diferencia de otros instrumentos, la CADH consagra la protección de la vida humana desde la concepción. A partir de estos instrumentos internacionales, algunos autores de la doctrina argentina empezaron a cuestionar la constitucionalidad del art. 86 CP. Si en el bloque de constitucionalidad se protege la vida humana desde la concepción, entonces existiría una obligación de penar el aborto en todos los casos. En consecuencia, el art. 86 CP sería inconstitucional: ni el peligro para la vida de la madre, ni el acto de violación previa, ni los motivos eugenésicos, serían argumento suficiente para permitir un caso de aborto. Parte de la jurisprudencia nacional, haciéndose eco de esta argumentación, negó la realización de un aborto en general, e incluso en casos de mujeres que habían sido violadas o cuyas vidas corrían peligro por el estado de embarazo.10
8 Nino (Fundamentos de derecho Constitucional, p. 247) aconsejaba que no se imponga en la constitución ningún límite con relación a la punición del aborto. Esta obra es anterior a la reforma constitucional de 1994. 9 Bergallo, La aplicación de los tratados sobre derechos humanos en el ámbito local, p. 640. 10 Véase Sancinetti, La Ley, 2018-C, 635.
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IV. La jurisprudencia argentina La CSJN se expidió sobre el tema, de alguna manera, en las causas “T.S.” y “Portal de Belén”. En el caso “T.S.”11: la mayoría de la Corte confirmó una sentencia, autorizando la inducción al parto de un feto con anencefalia. El argumento de la mayoría sostuvo que en el caso no se trataba de un aborto, sino de un adelantamiento del parto. Es decir que no se analizó el caso como un aborto y los derechos que tendría la mujer. El voto de la minoría sostuvo que el derecho del feto debía prevalecer sobre el dolor de la madre y su familia y, por eso, negaron la autorización. En el año siguiente, en la causa “Portal de Belén”,12 la CSJN tuvo oportunidad de tratar la relación entre el aborto y la constitución: se cuestionó la fabricación, distribución y comercialización de la pastilla llamada Inmediat, invocando el art. 4.8 CADH y la protección de la vida humana desde la concepción. La mayoría del tribunal consideró que la vida humana se encuentra protegida desde la concepción, entendiendo por tal el momento de la fecundación. Consideró al anticonceptivo como un abortivo, ya que inhibe la implantación del óvulo en el útero. Por eso dijo que la autorización de la píldora era inconstitucional y violatoria de las normas de los tratados que protegen la vida desde la fecundación. Hasta ese momento se veía el derecho de la madre a la autodeterminación casi como un capricho. No se consideraban prácticamente argumentos de privacidad, autonomía ni autodeterminación reproductiva o discriminación por sexo. Como señala Bergallo,13 esto era lo más grave si se considera que ya estaban consagrados esos derechos de la mujer en la CEDAW y otros instrumentos internacionales, además de que eran reconocidos esos derechos de la mujer por otros organismos, por ejemplo, en la causa “Baby Boy”14 y en las recomendaciones al país del Comité de Derechos Humanos y de la CEDAW. Los pronunciamientos de tribunales inferiores siguieron la línea general15 impuesta por la CSJN, negando la posibilidad de realizar un aborto a la mujer embarazada con un feto anencefálico. La madre era considerada un instrumento de reproducción para un fin ulterior: la concreción de los designios de la naturaleza. Los jueces solo autorizaban la inducción al parto cuando el embarazo estaba 11
CSJN, “TS v Gobierno CABA”, 11/01/2001, en JA 2001-II-356. CSJN, “Portal de Belén V. Ministerio de Salud de la Nación”, 05/03/2002, en JA 2002III-472. 13 Bergallo, La aplicación de los tratados sobre derechos humanos en el ámbito local, p. 656. 14 Precisamente en esta causa, la Comisión de Derechos Humanos había declarado que el art. 4 CADH no implicaba una prohibición absoluta del aborto en los Estados parte del sistema interamericano. 15 Se pueden citar como ejemplos: JCrim. y Correc. de Mar del Plata, “N.P.K.”, 23/5/2001, en JA 2001-IV-421; SCPBA, “B.A.”, 22/6/2001, en JA 2001, IV-391. 12
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avanzado con el consecuente sufrimiento de la mujer que se veía obligada a continuar en ese estado hasta que llegara el momento oportuno de inducir al parto. En otros casos se negó la autorización del aborto a menores de edad violadas.16
V. El tema de la constitucionalidad del aborto en el sistema europeo de derechos humanos Mientras en la jurisprudencia de nuestro país se discutía la validez constitucional de los abortos permitidos, la Corte Europea trataba cuestiones similares, aunque con resultados y conclusiones diferentes. En la Convención Europea de Derechos Humanos (CEDH), la vida humana está protegida, aunque no de la misma manera que en la CADH. La CEDH sostiene en su art. 2: “El derecho de toda persona a la vida está protegido por la ley. Nadie podrá ser privado de su vida intencionadamente […]”. Existen dos claras diferencias entre el texto de la convención europea y la americana. En primer lugar: en la europea no se hace referencia expresa a la protección desde la concepción. En la americana sí. Precisamente esto genera que la discusión sea mayor en nuestro caso en relación con la constitucionalidad o inconstitucionalidad del aborto y los supuestos permitidos por la ley. Sin embargo, en Europa también se discute si ese texto genérico obliga a penalizar los casos de aborto. A su vez, el texto europeo parece referirse solo a la protección de la vida cuando su privación sea intencional. Esto llevaría a otra diferencia con el texto americano: si la disposición genérica que tienen los textos convencionales obliga a los estados parte a penalizar la destrucción de la vida humana, en el caso de la convención europea solo se obligaría a penar los homicidios (no los abortos necesariamente) y solo en la forma de delitos dolosos. En el caso americano, la discusión sobre la penalización del aborto y su adecuación constitucional sería más difícil, porque no se distingue conductas dolosas o culposas y porque además se menciona expresamente la protección de la vida desde la concepción. Veamos una reseña de lo que en el sistema europeo de derechos humanos se interpretó en relación al tema. En el caso “Brüggemann vs. Alemania” (12/7/77) el recurrente argumentaba que Alemania violaba el art. 8 CEDH17 al no permitir el aborto en un embarazo no deseado. La comisión consideró en este caso que el embarazo no concierne 16 JCorrec. de Bahía Blanca n.8 1, 24/11/2003. En este caso se trataba de una menor de 14 años violada por su padre. 17 Respeto de la vida privada y familiar.
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exclusivamente a la mujer embarazada, sino que también debe valorarse la vida del feto. Por ello denegó el recurso. En el caso “Paton vs. Reino Unido” (13/5/80) la Comisión18 sostuvo que el derecho a la vida del feto no es un derecho absoluto. Por ello rechazó el recurso interpuesto por el padre de la persona por nacer. La Comisión sostuvo que el derecho del feto colisiona con el derecho a la vida de la madre y por ello debe prevalecer éste último. En el caso “Vo Vs. Francia” (8/7/04) el tribunal resolvió un caso llevado por una mujer que sufrió la muerte del feto accidentalmente por parte del médico. La mujer invocaba que sería contraria a la convención la legislación de Francia, en tanto no preveía pena para los supuestos de abortos culposos. El tribunal argumentó que, según el texto de la convención, solo se deben penalizar las acciones intencionales contra la vida. Agregó que no debe expedirse respecto de cuándo comienza la vida (si empieza con la fecundación o con la anidación), sino que eso quedaba librado a la legislación de cada país. En el caso “Evans Vs. Reino Unido” (10/7/07), la Corte reafirmó el derecho de cada estado parte a determinar el comienzo de la vida humana. En el caso, una mujer denunciaba al Reino Unido, porque la ley permitía la destrucción —solicitada por el padre— de óvulos fecundados in vitro. En resumen, de los casos mencionados del Tribunal Europeo de Derechos Humanos se puede concluir que, en primer lugar, no ha definido cuándo comienza la vida, sino que lo deja a criterio de cada estado. En segundo lugar, tampoco estableció si el feto es persona y tiene derecho a la vida en los mismos términos que lo tiene una persona ya nacida. Finalmente, tampoco definió si existe un derecho al aborto o una prohibición de este último, aunque reconoció que las legislaciones que tienen prevista la no punición del aborto (sea por el sistema de plazos o de las indicaciones) no contradicen la convención europea. En sus decisiones, el tribunal europeo consideró como puntos importantes la etapa del embarazo de la mujer, la protección de la salud o vida de la mujer, la edad de la madre, los motivos para no continuar el embarazo y la realidad social.19
18
En estos dos primeros casos solo se pronunció la Comisión. Los casos no llegaron a la Corte Europea. 19 Díaz de Valdez J., Convención Europea de Derechos Humanos, Revista Actualidad Jurídica 18 (7/2008), p. 89.
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VI. La influencia del derecho internacional de los derechos humanos y los movimientos feministas como impulsores del derecho al aborto En los últimos diez años hubo un cambio importante en la materia por el gran protagonismo que han tenido los organismos de derechos humanos y los movimientos defensores del feminismo jurídico en todo el continente. De parte de la Corte Interamericana de Derechos Humanos (CIDH) llegaron pronunciamientos que, si bien no solucionan definitivamente el fondo de la cuestión, en gran medida implican un avance en el reconocimiento de los derechos de las mujeres y un freno a la moral y religión que durante mucho tiempo pretendieron dominar la discusión. En la causa “Artavia Murillo Vs. Costa Rica”,20 la CIDH entendió que el art. 4 CADH, cuando se refiere a la protección de la vida desde la concepción, debe entenderse desde la anidación. La destrucción de óvulos fecundados in vitro no entraría claramente en la protección del art. 4 CADH. Por otra parte, los reiterados reclamos y observaciones de los distintos comités de tratados de Naciones Unidas contra Argentina, pero también contra Perú y Brasil, implicaron un gran avance en la interpretación legal sobre el aborto a nivel del derecho internacional. Se comenzaron a tener en cuenta no solamente los derechos del feto, sino también los derechos de las mujeres embarazadas y las mujeres en general: su autodeterminación, vida, salud, dignidad, los derechos reproductivos y la igualdad de género. El gran cambio en nuestro país llegó con un fallo de la CSJN: la causa “F.A.L.”21. En esta causa la corte se pronuncia asegurando que del art. 4 CADH no se desprende una obligación absoluta del estado de penalizar los casos de aborto. Tampoco surge tal obligación del art. 75 inc. 23 CN. Esta primera conclusión implicó un gran cambio en relación con los precedentes de la CSJN mencionados anteriormente. La corte agregó que tampoco el art. 68 del Pacto Internacional de Derechos Civiles y Políticos sería un obstáculo para permitir los abortos previstos en el art. 86 del código penal. Invocó, en este punto, las observaciones del Comité de Derechos Humanos de Naciones Unidas a esa fecha, que propiciaban precisamente la permisión de los abortos en casos de embarazos por violación.22 En el mismo sentido, se refirió a la Convención sobre los Derechos del Niño y a las conclusiones del Comité de los Derechos del Niño, que venían reclamando una interpretación más amplia del artículo 86. La CSJN consideró que no es inconstitucional permitir el aborto en casos de mujeres psíquicamente normales y que, además, de acuerdo a una gran cantidad de 20
Sentencia del 28 de noviembre de 2012. CSJN, “F.A.L. s/Medida autosatisfactiva”, 13/3/2012. En el caso se discutía el permiso para realizar un aborto a una niña que había sido víctima de violación por parte de un familiar. 22 Considerando 12 del voto de la mayoría, Causa “F.A.L.”. 21
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normas del bloque de constitucionalidad, podría ser inconstitucional no permitirlo, e incluso no tener los mecanismos institucionales suficientemente ágiles para permitir en determinados casos la práctica de un aborto solicitado por la mujer embarazada producto de una violación. Es así que la corte consideró entre los derechos en juego: el principio de igualdad y prohibición de toda discriminación;23 el derecho de la víctima a obtener protección de parte del estado; la dignidad de las personas que las consagra como un fin en sí mismas; los principios legalidad estricta, pro homine y última ratio a los fines de interpretar las normas del código penal. Además, la CSJN aclara que no es necesaria la denuncia como requisito para proceder a la práctica, exhorta a los poderes a instaurar un protocolo de actuación que prevea el problema de objeción de conciencia y a suprimir los dictámenes de comités y determina que no debe judicializarse el caso. Todas estas pautas que dio la corte argentina pretendían barrer los obstáculos posibles para la realización el aborto legal, seguro y rápido en los casos autorizados por la ley (art. 86 CP).
VII. Después de F.A.L. Aunque la CSJN en la causa “F.A.L.” haya dicho todo lo que mencionamos anteriormente, pocos de esos objetivos se han alcanzado. Varias provincias de nuestro país tienen protocolos de actuación, pero otras todavía no han avanzado en este punto. Esto significa, de hecho, un obstáculo para el reconocimiento del derecho a abortar, tal como lo había reconocido la CSJN, al menos para los casos de abortos permitidos por el art. 86 CP. A su vez, existen casos judicializados, falta de difusión de los servicios disponibles, falta de consecuencias administrativas para quienes se nieguen a realizar la práctica y todo esto implica una grave afectación al derecho de las mujeres a optar por la interrupción del embarazo en los casos permitidos legalmente. Obviamente que esto implica una mayor afectación a las mujeres de escasos recursos económicos. El estado argentino fue encontrado responsable internacionalmente por el Comité de Derechos Humanos de Naciones Unidas por no garantizar el acceso efectivo al aborto no punible en el caso “L.M.R. vs. Argentina” (29/3/11). Distintos organismos de monitoreo de instrumentos de derechos humanos de rango constitucional manifestaron su preocupación por las dificultades que existen en el país para obtener la interrupción del embarazo en los casos permitidos por la ley: el Comité de Derechos Humanos,24 el Comité sobre los Derechos del Niño,25 el 23
Causa “F.A.L.”, considerando 15. Comité de Derechos Humanos. Observaciones finales sobre el quinto informe periódico de la Argentina aprobadas por el Comité en su 117 período de sesiones (20 de junio a 15 de 24
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Comité para la Eliminación de la discriminación contra la Mujer26 y el Comité de Derechos Económicos, Sociales y Culturales,27 entre otros.28 De esta forma, la discusión sobre la constitucionalidad del aborto se abrió ampliamente al análisis de otros derechos (constitucionales) de la mujer, que antes no se invocaban, o no se reconocían.
VIII. Los derechos constitucionales invocados por el feminismo. La inconstitucionalidad de la punición del aborto. Según los argumentos considerados por los distintos movimientos feministas, en todo caso de embarazo en que la mujer decida abortar se encontrarán en juego, por un lado, el derecho de la persona por nacer y, por otro, la vida y salud de la mujer, su derecho reproductivo, su dignidad y la igualdad de género.29 En el caso que nos ocupa no solo debe evaluarse el derecho del niño por nacer, sino también los derechos de la mujer. Primero, los derechos reproductivos de la mujer deberían llevar a interpretar que los embriones no implantados no tienen protecciones absolutas. Las prestaciones dirigidas a evitar el embarazo, como la anticoncepción de emergencia o el dispositivo intrauterino, deben ser conocidas y facilitadas por el estado como parte de los derechos de las mujeres de gozar de altos estándares en materia de salud, lo que influye en la esfera sexual y reproductiva. Pero más allá de los supuestos ya permitidos por la ley argentina, ahora se debate la posible descriminalización del aborto. A tal punto, que muchos consideran que es inconstitucional el sistema según el cual la regla es la punición del aborto. Esta argumentación parte de incorporar al caso el llamado test de ponderación. Las julio de 2016), en el punto 11 (Interrupción voluntaria del embarazo) establecen que si bien la Corte Suprema ha dictado sentencia en el caso F.A.L., al Comité le preocupa que la aplicación de dicha decisión no sea uniforme en el Estado parte y que el aborto legal resulte muchas veces inaccesible por la falta de instrumentación de protocolos médicos, del ejercicio individual de objeción de conciencia u otros obstáculos de facto. El comité también se manifiesta preocupado por los altos índices de abortos clandestinos que han resultado en mortalidad materna, así como por los embarazos de adolescentes. Considera que el Estado debe revisar su legislación sobre el aborto, en particular mediante la introducción de excepciones adicionales a la prohibición del aborto. El Estado debe revisar el “Caso de Belén”, a la luz de los estándares internacionales en la materia, con miras a su inmediata liberación, y a la luz de este caso, considerar la descriminalización del aborto. 25 Ver, Comité de los Derechos del Niño, Observación General n.8 20 (2016) sobre la efectividad de los derechos del niño durante la adolescencia, especialmente párrafo 60. 26 Comité para la Eliminación de la Discriminación contra la Mujer de las Naciones Unidas, Recomendación General n.8 35, 2017. 27 Observación general n.8 22 (2016) de este Comité relativo al derecho a la salud sexual y reproductiva, en especial párrafos 28, 34, 40, 45 y 57. 28 Ministerio Público de la Defensa, Causas penales por aborto propio en Argentina. 29 González-Prado, Aborto y la autonomía sexual de las mujeres, p. 259.
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normas que penalizan el aborto solo serían válidas en los siguientes casos: a) si persiguen un objetivo legítimo; b) si son conducentes para satisfacerlo, c) si son proporcionales y d) si son la alternativa menos lesiva a disposición de los estados.30 En relación con el objetivo legítimo, en general la protección de la vida en gestación puede ser considerada tal, aunque esa protección no equipara al embrión o feto con una persona nacida, ni los hace acreedores de los mismos derechos. La CIDH ha señalado que la vida en gestación tiene un valor incremental, según su grado de desarrollo. Este valor incremental de la vida en formación es lo que lleva a proponer la legalización del aborto en las primeras semanas del embarazo. Con relación al segundo punto, está claro que el sistema penal no resulta conducente para proteger la vida en gestación. Existen estadísticas que marcan 450.000 abortos por año en la Argentina. Este dato demuestra que el sistema punitivo no disuade a las personas a recurrir al aborto, aunque claramente provoca que muchos abortos se realicen en la clandestinidad y sin seguridad para la vida y salud de las mujeres, especialmente las de bajos recursos. Es por ello que la vida y salud de las mujeres se invoca como un derecho constitucional en juego. En relación con la proporcionalidad, claramente la penalización lleva a que se afecten otros derechos de las mujeres: salud, vida, dignidad, igualdad. Por último, el recurso penal tampoco es la alternativa menos lesiva para proteger la vida por nacer. Existen estadísticas que indican que los países que permiten el aborto, tienen tasas más bajas de interrupción del embarazo. Esto indica que es posible conseguir una mejor protección de la vida en formación sin necesidad de penalizar, por ejemplo, la educación sexual, la cobertura amplia de anticonceptivos o los modelos de consejería reproductiva. En conclusión: la penalización no supera el test de ponderación. Al decidirse por la penalización, el estado no solo que no logra su objetivo, sino que afecta gravemente una cantidad de derechos fundamentales que le corresponden a las mujeres. Esos derechos tienen consagración en distintos tratados de rango constitucional. Es por ello que se considera inconstitucional la punición del aborto.31
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Ministerio Público de la Defensa, Presentación de la DGN ante el Comité de DDHH de Naciones Unidas. 31 Gilbert, Discriminación y género. Las formas de la violencia, p. 197. El fallo de la Suprema Corte de Canadá “Morgantaler” (1998) consideró que no se puede penalizar el aborto por el derecho a la salud psicológica de la mujer. Le reconoce a la mujer el derecho de decidir si continuar o no con el embarazo.
El aborto en el bloque de constitucionalidad
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IX. La protección de la vida en la CADH no implica obligación de penar A fines de analizar la compatibilidad del aborto con la CADH, considero que no es necesario llegar a realizar una ponderación de intereses. Es cierto que en el bloque de constitucionalidad se protege la vida humana, incluso desde la concepción. Eso no significa que los estados firmantes del tratado estén obligados a utilizar la ley penal para el cuidado o protección de la vida humana desde la concepción. El compromiso argentino al adoptar la CADH (en lo que se refiere al art. 4) no implica necesariamente la obligación de penar.32 Se puede aproteger la vida humana de distintos modos, y, por cierto, mucho más efectivamente que a través del sistema penal.33 El estado argentino está obligado a penalizar solamente en aquellos casos en los que se haya comprometido expresamente a utilizar el sistema penal contra ciertas conductas humanas. Esto ocurre, por ejemplo, en el tema del tráfico de estupefacientes, en materia de delitos de lesa humanidad o en la trata de personas, por dar algunos ejemplos. Por distintos tratados firmados hemos asumido la obligación de criminalizar las conductas relacionadas con estos temas. En esos casos, específicamente, se asume el compromiso de utilizar el sistema penal para tratar de evitar esas conductas. Pero eso no ocurre con el derecho a la vida, tal como surge de la protección del art. 4 CADH. En este caso no surge la obligación expresa de penalizar toda conducta que pueda afectar o interrumpir el desarrollo de la vida humana. Lo único que dice la norma mencionada es que debe protegerse la vida humana desde la concepción. Pero ello se puede hacer de distintas maneras, no necesariamente con el derecho penal. Por este motivo, una ley que derogue (total o parcialmente) el delito de aborto del código penal argentino no sería inconstitucional. El sistema actual (art. 86 CP), que permite el aborto en determinados supuestos, tampoco es inconstitucional. Podrá ser discutible desde una perspectiva de política criminal: es conveniente o inconveniente la despenalización. Pero no puede decirse que una reforma que derogue el aborto sea inconstitucional.
Bibliografía Bergallo, Paola: Igualdad de género: experiencias y perspectivas para su exigibilidad judicial, en: Víctor Abramovich/Alberto Bovino/Christian Courtis (eds.), La aplicación de los 32 Gil Domínguez, Aborto voluntario, Vida Humana y Constitución, p. 255. Según este autor, son las opiniones de Kemelmajer de Carlucci, Daniel Sabsay, Raúl E. Zaffaroni, Eduardo Jiménez y Alberto Dalla Vía. 33 Sancinetti, La Ley, 2018-C, 635 considera que del deber estatal general que deriva de la CADH (art. 48) no implica necesariamente la punición de toda acción de abortar). Sin embargo, considera que de la protección del bloque de constitucionalidad sí surge la prohibición de que el wstado autorice la afectación del bien “al mero arbitrio de una persona”.
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Gonzalo Javier Molina
tratados sobre derechos humanos en el ámbito local. La experiencia de una década, Buenos Aires 2007, p. 629 – 683. Bianchi, Alberto: En contra del aborto, Buenos Aires 1999. Díaz de Valdéz Juliá, José Manuel: Análisis crítico de la jurisprudencia de la Corte Europea de Derechos Humanos sobre el estatus del no nacido en la Convención Europea de Derechos Humanos, Revista Actualidad Jurídica 18 (7), 2008, p. 69 – 104. Gil Domínguez, Andrés: Aborto voluntario, Vida Humana y Constitución, Buenos Aires 2000. Gilbert, Daphne: Una perspectiva canadiense sobre la autonomía reproductiva: el acceso como un derecho a la igualdad para las mujeres, en: Ministerio Público de la Defensa (ed.), Discriminación y género. Las formas de la violencia, Buenos Aires 2000, p. 197 – 205. González Prado, Patricia: Aborto y la autonomía sexual de las mujeres, Buenos Aires 2018. Jiménez de Asúa, Luis: El aborto y su impunidad, La Ley 26 (1942), p. 977 – 1002. Nino, Carlos Santiago: Fundamentos de derecho Constitucional, Buenos Aires 2000. Sancinetti, Marcelo Alberto: ¿Aniquilamiento de la vida humana del no-nacido por parte del Estado? Reflexiones sobre el derecho a la vida humana intrauterina y al nacimiento, La Ley, 2018-C, p. 635 a 648.
Falso testimonio como frustración de una pretensión de verdad Por Luis Emilio Rojas A.
I. La contradicción como elemento estructural del falso testimonio Desde sus orígenes históricos más lejanos, las normas que castigan el falso testimonio se han construido siempre sobre la base de una contradicción de la verdad. Así se lee, por ejemplo, en el Digesto 48.8.1.1. y 48.10.9.3., entre otros pasajes, que se refieren al que “con dolo malo diere falso testimonio”. Otro precedente histórico, en varios siglos más cercano a nuestra época, puede extraerse de las Siete Partidas, en cuya partida 7.7.1. se castiga al que hace falsedad “y aun la hace el que es llamado por testigo en algún pleito, si dijera falso testimonio o negara la verdad sabiéndola”. En la tradición jurídica de raigambre germana, una descripción similar aparece por ejemplo en el art. 68 de la Constitutio Criminalis Carolina. Y la codificación penal moderna, supuesta por cierto la forma del estado moderno, se inserta explícitamente en esta tradición histórica, al acuñar el falso testimonio en base a la declaración falsa prestada por el testigo ante el tribunal, como reza actualmente el § 153 StGB, o en virtud de una declaración que “faltare a la verdad” ante el tribunal, como por ejemplo lo describe el art. 206 CP chileno. Puede decirse, entonces, que la declaración falsa, o que falta a la verdad, prestada por el testigo ante un tribunal constituye un elemento común a todo tipo de falso testimonio. Dicho de otra forma, la falsedad o falta a la verdad es un elemento consustancial a toda norma sobre falso testimonio. Sin embargo, ninguna disposición esclarece la verdad en relación con la cual ha de compararse la declaración prestada por el testigo a fin de constatar su falsedad. El concepto de verdad, que subyace a cualquier tipo de falso testimonio, queda entregado al desarrollo de la jurisprudencia y la elaboración de la doctrina.1 En este punto, la dogmática alemana de la parte especial debate entre, por un lado, una teoría objetiva de la falsedad, siguiendo una línea jurisprudencial del BGH, y, por el otro, diversas teorías subjetivas, entre cuyos representantes descuellan Gallas y 1 Hilgendorf, GA 1993, 548 s., distingue entre el concepto de verdad, que determina lo que afirmamos cuando decimos que cierta declaración es verdadera, y el criterio de verdad, que señala el modo de verificar si una declaración es verdadera en el sentido del concepto de verdad previamente suscrito.
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Schmidhäuser. Sin perjuicio de esta discusión aún muy relevante, es una nota común a todas estas teorías que la falsedad supone la posibilidad de contrastar la declaración prestada por el testigo con otro medio de prueba. Dicho de otro modo, el juicio acerca de la verdad o falsedad de la declaración prestada por el testigo solo puede formularse en la medida en que el juez dispone de otros medios de prueba con los cuales contrastar dicha declaración, en términos tales de que si la declaración fuera falsa en cualquiera de los sentidos postulados por esas teorías y, al mismo tiempo, el tribunal no dispusiera de otro medio de prueba con el cual compararla, éste correría el riesgo casi inevitable de fundar ciegamente su decisión en una declaración falsa.2 Pues bien, en un trabajo publicado en el año 2013 nuestro homenajeado sostiene valientemente la tesis de que, en el contexto del proceso penal, una condena no puede fundarse legítimamente en un testimonio único.3 Esta tesis se formula en relación con los casos en que el hecho imputado solo se pretende tener por probado en virtud de la palabra de quien “se presenta como víctima”, respecto de un hecho supuestamente ocurrido años atrás y del cual no queda ningún rastro objetivo ni indicios externos corroborantes.4 Luego de ofrecer una revisión histórica de la prohibición del testimonio único en la tradición judeo-cristiana y en la ilustración, Sancinetti plantea que si en tales casos la imputación del hecho es rechazada por la palabra del acusado, la duda que surgiría en torno a darle valor de verdad a la palabra del testigo no podría ser superada solamente por la “certeza personal” del propio juez. Se requiere para ello un fundamento crítico-racionalista, que sea oponible a terceros, y estos caracteres no concurren por la sola “certeza personal”. Aun cuando se pretendiera no obstante darle “credibilidad” a los dichos del testigo, para que una condena pudiera fundarse en el relato de una persona, “el juez debería dar razones de por qué los tales dichos no pudieran ser falsos”.5 Y tales razones tampoco podrían ser ofrecidas por los modernos “test de veracidad” desarrollados por la psicología experimental, pues estas pruebas técnicas tienen un porcentaje (cercano al 30 %) de falibilidad incompatible con el estándar de convicción impuesto por la presunción de inocencia.6 Concluye postulando la necesidad de contar con al menos dos testimonios de fuentes independientes para así fundar legítimamente una condena. Y advierte que la sola suma de testimonios tampoco asegura que no sean falsos. Pero, en la medida en que sean sometidos a un exhaustivo y hábil ejercicio de cross examination, es posible “correlacionar si las circunstancias acompañantes relatadas por cada uno se acoplan adecuadamente al 2 Esto es, de tener por probado el hecho o por verdadero el enunciado fáctico sobre la base de una proposición falsa, si se distingue entre proposición y enunciado probatorio, así Ferrer, Prueba y verdad en el derecho, p. 35 ss., 73 ss. 3 Sancinetti, InDret 3 (2013), 3 ss.; una versión alemana del trabajo fue publicada en FS Frisch, 1233 ss. 4 Sancinetti, InDret 3 (2013), 5. 5 Sancinetti, InDret 3 (2013), 11. 6 Sancinetti, InDret 3 (2013), 15 ss.
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relato de los demás”, de modo tal que si además ambos fueran “contestes” en la descripción de los hechos y en la culpabilidad del acusado, la probabilidad de que fuesen falsos se reduciría a un porcentaje tolerable.7 En otras palabras, la suma de al menos dos declaraciones de testigos provenientes de fuentes independientes asegura en mayor medida la vigencia fáctica del deber de decir verdad al cual cada uno se encuentra sometido por separado. Dicho en términos negativos, la producción de un solo testimonio impide al juez controlar el efectivo cumplimiento del deber de decir verdad, al no poder contrastarlo con otros medios de prueba y, por ende, al no poder siquiera emitir un juicio fundado acerca de la verdad o falsedad de la declaración testimonial prestada. Pues, la atribución de valor de verdad a la declaración testimonial supone su coherencia con al menos otro medio de prueba y, al revés, la falsedad solo puede surgir a la luz por su contradicción con otra declaración u otro medio de prueba. Ahora bien, si la prohibición del testimonio único tiene por objeto posibilitar siquiera el juicio de verdad o falsedad, entonces ella también tendría que regir en el ámbito del proceso civil. En la práctica, sin embargo, el problema no se plantea, porque difícilmente puede iniciarse un juicio civil sin otros medios de prueba. Pero teóricamente la justificación sería la misma, aun cuando el estándar probatorio sea cuantitativamente diverso. Compartiéndose el planteamiento fundamental de Sancinetti, a continuación se sostendrá la tesis que la contradicción es ínsita a la falsedad. Mas para aclarar qué contradicción es esencial al falso testimonio, es preciso antes revisar y someter a crítica el debate tradicional entre teorías objetivas y subjetivas de la falsedad.
II Teoría objetiva o teoría subjetiva: un falso dilema 1. Crítica filosófica y procesal a la teoría objetiva Según la teoría objetiva, la declaración es falsa, cuando ésta no se corresponde con la “realidad” o con la “verdad objetiva”, donde ambas expresiones suelen usarse como sinónimas.8 La formulación de esta tesis se acopla a una visión cotidiana de la verdad, esto es, a un concepto de verdad como correspondencia, y allí radica su virtud. Mas aquella versión de la teoría que acuña la falsedad en base a la discrepancia entre declaración y “realidad” genera la impresión de referirse a esta última como una “realidad presente”. No obstante, así entendida esta tesis es difícilmente sostenible siquiera respecto de las “teorías falsas” en el ámbito de las
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Sancinetti, InDret 3 (2013), 18 s. Así, BGHS, t. 7, 148 s.: “falso es el juramento, cuando la declaración juramentada no se corresponde fácticamente con su objeto, independientemente de la representación que el declarante tiene acerca del hecho”. 8
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ciencias, que tienen en común el uso del método científico.9 En todo caso, su formulación prescinde del contexto en el cual se emite la declaración testimonial. Olvida que ésta siempre se inserta en un proceso civil o penal y, por consiguiente, también se refiere a su objeto, al igual que la incorporación y producción de otros medios de prueba. Si ese objeto consiste en la “realidad”, pues se trataría de una “realidad pasada”, ya ocurrida antes del proceso. A su vez, esta versión de la teoría supone un concepto algo ingenuo de realidad. Este parece incluir sin más la realización de una acción, por ej., la de herir a otro, un suceso o acontecimiento distinto de una acción, por ej., un incendio, o un estado verificable externamente, por ej., una herida o una cosa destruida. Pero, no es claro si dicho concepto incluye los hechos negativos,10 por ejemplo, una omisión o la no entrega de una cosa. Si los incluye y, al mismo tiempo, se mantiene el concepto de realidad, entonces habría que recurrir en estos supuestos a la expresión de una “realidad ausente” —una expresión bastante abstrusa—. La versión de la teoría que define la falsedad en virtud de la no correspondencia entre declaración y “verdad objetiva” confunde planos distintos. Si bajo la expresión “verdad objetiva” ella entiende “realidad objetiva”, se expone a las mismas observaciones recién planteadas. En cambio, si con esa expresión quiere aludirse a la verdad como un “atributo” de la “realidad”, entonces esta versión confunde el plano del lenguaje con el de los hechos. Por cierto, la declaración testimonial no puede sino formularse en el medio del lenguaje. Pero, por su lado, los hechos tampoco se encuentran desprovistos o desnudos de todo lenguaje. Si se toma a cualquiera de los hechos positivos o negativos arriba mencionados como ejemplo, puede verse que ninguno de ellos es desnudo, esto es, desprovisto de lenguaje. Por ejemplo, el acontecimiento del incendio supone la palabra “incendio” y, desde luego, la omisión de la entrega de una cosa supone un concepto de “omisión”, de “entrega” y de “cosa”. Aquí, la palabra y el concepto pertenecen también al medio del lenguaje, esto es, se sitúan en el plano de lo que Tarski denomina el lenguajeobjeto.11 Así comprendida, la verdad es correspondencia entre el lenguaje de la declaración y el lenguaje del objeto y no simplemente entre declaración y objeto. Su constatación supone, por ende, la existencia de un lenguaje común a la declaración y al objeto, esto es, un metalenguaje.12 Reformulada en estos términos, la falsedad 9
Cf. Popper, Objektive Erkenntnis, p. 55 s.: la ciencia busca describir y explicar la realidad mediante teorías respecto de las cuales esperamos que sean verdaderas o que se aproximen a la verdad, pero que no podemos afirmar que son seguras ni siquiera probables, según el cálculo de probabilidad. 10 Cf. Hilgendorf, Tatsachenaussagen und Werturteile im Strafrecht, p. 118: por ejemplo, “María aún no tiene 25 años de edad”, lo negativo no es el hecho, no una realidad trascendente al lenguaje, sino que nuestra aseveración respecto del hecho, es decir, “no es el caso que María tiene 25 años de edad”, por lo que la afirmación de un “hecho negativo” no es otra cosa que la formulación negativa de una afirmación fáctica. 11 Tarski, Philosophy and Phenomenological Research 4 (3), 349 s. 12 Cf. Popper, Objektive Erkenntnis, p. 62 s.
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sería la no correspondencia entre la declaración testimonial y el lenguaje-objeto, por ejemplo, del hecho denominado “incendio” o del hecho de la “no entrega de una cosa”. Desde una perspectiva procesal, la teoría objetiva ha sido fuertemente criticada por exigirle demasiado al testigo, esto es, que diga la “verdad objetiva”, por ej., que ajuste su declaración a la “realidad”. En este sentido, Gallas plantea un caso en que el acusado efectivamente se encontraba en la casa del testigo y no en el lugar del hecho, pero que luego por el transcurso del tiempo éste simplemente había olvidado esta circunstancia. No obstante, y en virtud de los antecedentes aportados por el propio acusado, el testigo se convenció de ella y declaró según esta convicción (Überzeugung), a pesar de no guardar recuerdo en el momento de la declaración.13 Por medio de un caso similar, Schmidhäuser sostiene que formarse convicción acerca de cómo ocurrió realmente el hecho en virtud de una serie de medios de prueba es la tarea del juez y no del testigo. Si la declaración testimonial se mide bajo el baremo de la “verdad objetiva”, éste supondría que el testigo ha de emprender averiguaciones para ajustarla a dicha verdad.14 Es cierto que llegar a una convicción acerca de cómo sucedió el hecho en base a una serie de medios de prueba es precisamente la tarea del tribunal y no del testigo —tampoco del perito—. Pero esta constatación obvia no le quita sustento a la teoría objetiva. Podría retrucarse que, si bien alcanzar dicho estado de convicción excede con creces el rol del testigo, éste puede igualmente contribuir con el aporte de información verdadera sobre el hecho tal como ocurrió. Pareciera que el error en el cual incurre la teoría objetiva, más bien, consiste en que exacerba el fin de búsqueda de la verdad, al costo de exigirle también al testigo ajustar su declaración a la “verdad objetiva” en el sentido de este fin. 2. La formulación de la teoría subjetiva desde una perspectiva procesal El punto de partida de la teoría subjetiva radica precisamente en el rol del testigo en un proceso. El testigo, por cierto, debe contribuir a la búsqueda de la verdad, pero no por la vía de expresar aquello que considera verdadero, aduce Gallas, “sino que exclusivamente por medio de reproducir lo que sabe acerca del tema de prueba en base a su propia experiencia”.15 Cuando se trata de hechos del mundo exterior, resulta incuestionable que éste solo es accesible al declarante como “objeto de una experiencia subjetiva”. Solamente puede decir algo acerca de esos hechos en la medida en que los halle reflejados en su propia consciencia, imagen a su turno que se sustenta en un acto presente de la propia percepción sensorial, en el recuerdo de 13
Gallas, GA 1957, 321. Schmidhäuser, Göttinger Festschrift für das Oberlandesgericht Celle, 213 s. 15 Gallas, GA 1957, 317.
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un tal acto o en una representación que el sujeto se ha formado en base a las percepciones de otras personas a las cuales ha podido acceder.16 Luego se pregunta Gallas por el baremo para determinar la falsedad de la declaración testimonial y señala que el tercero juzgador, del cual se supone que “posee una representación correcta tanto del hecho controvertido como de su imagen refleja en la consciencia del declarante”,17 solo puede evaluar la declaración a la luz de su fidelidad en la reproducción de la imagen del propio declarante.18 Este baremo supone que el testigo no puede acceder directamente a la “realidad objetiva” y que, por ende, su función radica en “contribuir a la comprobación de la verdad objetiva solo mediante la reproducción de su experiencia subjetiva”.19 Dicha imagen, empero, puede verse alterada tanto por un error de percepción en el momento de la observación como por el deterioro de la memoria. Sin embargo, como nadie puede escaparse de su propia sombra, el deber del testigo se agotaría en “reproducir aquello que se encuentra todavía en su consciencia actual del contenido y de las circunstancias del acto originario de observación, esto es, su imagen de recuerdo del mismo” (Erinnerungsbild).20 Este baremo implica que si el testigo se limita a reproducir fielmente su “imagen de recuerdo” del hecho, cumple su deber. Schmidhäuser advierte, no obstante, que si existen elementos que hagan dudar de ello, por ejemplo, porque existe el registro de una declaración anterior diversa o porque otros testigos han declarado en sentido contrario, entonces el juez se encuentra obligado a continuar el interrogatorio y el testigo, por su parte, tiene el deber de seguir respondiendo las preguntas del juez.21 Junto con rechazar la teoría objetiva, Schmidhäuser critica la subjetiva por soslayar que también existe un conocimiento inconsciente, ya sea que en el momento no sea actual, pero que el testigo puede traerlo sin más a la consciencia, o que lo tiene, pero no lo recuerda, o que sabe que lo tiene, pero que no puede traerlo a la consciencia.22 El deber del testigo también se refiere a este conocimiento inconsciente, en la medida en que mediante el esfuerzo de la memoria aquél puede reproducir en su declaración aquella imagen de la experiencia propia que tiene aún en un plano inconsciente, siempre que le sea posible bajo las circunstancias de la declaración, según la capacidad de su memoria, la clase de experiencia y el tiempo transcurrido, 16
Gallas, GA 1957, 320. En este punto aclara Gallas, GA 1957, 320, que la subjetividad de toda observación, que aquí se entiende en su sentido psicológico y no de “crítica del conocimiento”, no excluye la “búsqueda de la verdad relativa” que es la única decisiva para el problema que nos ocupa (nota 17). Desde luego, pero lo que sorprende en esta aclaración es que se conciba la subjetividad de la observación en un sentido psicológico y no de “crítica del conocimiento”, no obstante que varios pasajes parten de esta segunda premisa. 18 Gallas, GA 1957, 320. 19 Gallas, GA 1957, 320 s. (Destacado original). 20 Gallas, GA 1957, 321 (destacado original). 21 Schmidhäuser, Göttinger Festschrift für das Oberlandesgericht Celle, 214 s. 22 Schmidhäuser, Göttinger Festschrift für das Oberlandesgericht Celle, 217 s. 17
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entre otros factores. En virtud de lo anterior, Schmidhäuser distingue dos niveles del deber. En el primer nivel, el testigo tiene la obligación de actualizar su imagen experiencial desde el recuerdo. Y en un segundo nivel, debe exponer cabal e íntegramente ese conocimiento actualizado.23 Así, debe transmitir correctamente su imagen experiencial a la consciencia ajena —la del juez—, esto es, mediante la elección acertada de los conceptos usados en la declaración, expresión oral clara, etc. Por consiguiente, “falsa” es la declaración en la cual el testigo no reproduce completa ni de modo “objetivamente” correcto su propia imagen experiencial (Erlebnisbild) reproducible.24 3. Síntesis de la teoría subjetiva La exposición ofrecida de ambas versiones de la teoría subjetiva deja en evidencia que su formulación se encuentra presa de lo que puede llamarse “filosofía de la consciencia”.25 Es decir, si bien esta teoría parte acertadamente del rol o deber del testigo, termina por subjetivizar completamente el baremo de determinación de la falsedad de la declaración, ya sea al compararla con la imagen de recuerdo del sujeto o con su imagen experiencial. La diferencia entre ambas teorías radica solamente en el grado de exigencia que se le dirige al testigo. La tesis de Gallas parte de la premisa que el testigo solo tiene el deber de reproducir la “imagen de recuerdo” que tiene del hecho en el momento de la declaración. Por ende, si el testigo se limita a tal reproducción, cumple su deber, en cambio, si su declaración discrepa de la “imagen de recuerdo” que tiene del hecho en ese momento, hay falsedad. La teoría del deber, y de ahí el nombre, supone que el testigo tiene además el deber de traer a su consciencia el recuerdo que podría tener del hecho, en el evento que no la tuviere en el momento de la declaración. En consecuencia, el testigo infringe el deber de decir verdad, tanto si su declaración discrepa de la imagen de representación que tiene del hecho en ese momento, como si en ella no reproduce la “imagen experiencial” que puede traer a su consciencia actual. Ambas teorías tienen en común, no obstante, que la declaración se compara con la “imagen de recuerdo” o la “imagen experiencial” del testigo en el momento de la declaración y, así, ambas son subjetivas, tanto en el sentido de atenerse al rol del testigo, como de usar como baremo su “imagen de representación” (Vorstellungsbild).
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Schmidhäuser, Göttinger Festschrift für das Oberlandesgericht Celle, 218. Schmidhäuser, Göttinger Festschrift für das Oberlandesgericht Celle, 219. 25 Crítica de Habermas, Erkenntnis und Interesse, p. 23 ss.
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III. Crítica y toma de postura 1. Crítica filosófica El postulado básico de las teorías subjetivas, en el sentido de que el testigo solo puede declarar e informar acerca de la “visión” de la “realidad objetiva” adquirida en el momento de la percepción, es correcto desde la perspectiva de la teoría del conocimiento. Partiendo de esta premisa, Hruschka propone una variante de la teoría subjetiva según la cual la declaración es falsa cuando discrepa de la observación que el testigo hizo en su momento temporal acerca de la realidad “objetiva”, es decir, cuando la declaración discrepa de la “visión” o la “imagen interna” que el testigo tuvo de la realidad “objetiva” en la captación de esta imagen.26 El baremo derivado de esta tesis implica que la declaración prestada en el proceso no ha de compararse con la imagen de representación que el testigo tiene o puede tener en el momento de la declaración, sino que con la “visión” alcanzada por el sujeto en el momento de “captación de la imagen”, esto es, de la percepción del hecho ocurrida siempre antes del proceso. Ahora bien, todas las teorías expuestas parten de la premisa bastante obvia que la declaración testimonial se formula en el medio del lenguaje. Pero cuando las teorías subjetivas identifican el baremo de la declaración, es decir, aquello con lo cual ésta se compara, todas se refieren a la imagen, en el orden de exposición, de recuerdo, de la experiencia o de la captación de la realidad “objetiva”. Ninguna de las teorías expuestas se da cuenta que esa “imagen” se formula también en el medio del lenguaje. Como lo hizo ver Charles Sanders Peirce ya en la segunda mitad del siglo XIX, toda operación de conocimiento pasa por las categorías del uno, dos y tres. Esto es, firstness, como calidad o expresión del modo de ser de los objetos mediante similitud icónica, luego secondness, en tanto relación o confrontación real del sujeto con los objetos existentes o hechos brutos, y, finalmente, thirdness, como representación de los hechos reales en tanto mediación de la indicación y de la expresión icónica y cualitativa del modo de ser de los objetos en una hipótesis, que a su vez supone una conclusión abductiva —abducción como razonamiento lógico intermedio entre deducción e inducción— resultante en la formación simbólicopredicativa de una síntesis.27 Pues bien, ninguna teoría se percata del tercer momento en que la representación del sujeto se traduce en la formulación de una hipótesis constituida de signos28 —y no solamente fijada en una imagen—. 26
Hruschka/Kässer, JuS, 710. Peirce, Schriften I., p. 48 s., en la interpretación y síntesis de Karl-Otto Apel; Peirce, Schriften zum Pragmatismus und Pragmatizismus, p. 358 ss. 28 Cf. Habermas, Erkenntnis und Interesse, p. 124 s., sobre Peirce: no hay conocimiento sin un conocimiento precedente, por lo que el proceso de conocimiento es discursivo en todos sus niveles; se habla así de una cadena de conocimiento —chain of reasoning—, puesto que, en un lado de la cadena, no existen proposiciones que no tengan su fundamento en otras proposiciones y, en el otro, tampoco existen elementos últimos de la observación que sean inmediatamente ciertos de modo independiente de nuestras interpretaciones; “incluso la más 27
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2. Tesis: falso testimonio como frustración de una pretensión de verdad El análisis precedente sirve de base para tomar postura en el debate expuesto y proponer una tesis sobre la falsedad de la declaración para los efectos del tipo de falso testimonio. Pues bien, la declaración del testigo es falsa cuando en el momento en que se presta dialógicamente ante el tribunal ella contradice la hipótesis explicativa formulada por el mismo sujeto en el momento de su confrontación con el hecho jurídicamente relevante. Esta hipótesis,29 que ya en el momento del hecho se formula también en el medio del lenguaje, sirve luego de baremo a la declaración prestada en el momento del proceso. En el momento del hecho, el sujeto lo constata sobre el trasfondo de un conjunto de premisas compartidas que le permiten formular una explicación del hecho y un juicio acerca de su posible relevancia jurídica. La percepción se encuentra siempre mediada por categorías descriptivas como tiempo, espacio y causalidad, pero aquí también por conceptos normativos elementales como daño, matrimonio o compraventa. En tanto sujeto actuante, el testigo también interviene en el mundo de los hechos sobre los cuales se formulan proposiciones e igualmente en el mundo intersubjetivo de las relaciones sociales fundadas en ciertos consensos básicos, como, por ejemplo, no dañes a otro, cumple tus promesas, etc.30 Pues bien, en ese momento el testigo constata el hecho bajo esas premisas para luego formular una hipótesis estructurada sintácticamente y dotada de un contenido semántico, por ejemplo, “ha ocurrido un accidente del tránsito”. Después, en el marco de un proceso y en el momento de la declaración testimonial, esta se presta ante un tribunal con una determinada pretensión de validez.31 Se trata, por cierto, de un acto de habla, esto es, no meramente de una declaración, sino que más bien de decir algo mientras se realiza una acción.32 La realización de esta acción tiene un doble sentido, uno explícito y otro implícito. El simple observación es producto de un juicio, esto es, de una conclusión implícita”; introducir un conocimiento que se encuentra determinado por un conocimiento previo implica explicar la determinación de este conocimiento, esta es la única justificación posible de una hipótesis, esto es, que explica hechos (nota 48); toda base experiencial sobre la cual pensamos se encuentra mediada por interpretaciones implícitamente concluyentes y estas se conectan a signos representativos, aún en las conclusiones más rudimentarias; “por eso las observaciones se mueven ya en la dimensión de la representación mediante signos”. 29 Cf. Habermas, Erkenntnis und Interesse, p. 147 con nota 72 y p. 165 con nota 97, sobre los dos significados de la abducción en Peirce: dicha hipótesis explicativa deriva del razonamiento abductivo del sujeto consistente en deducir el hecho del resultado aplicando una regla vigente. 30 Cf. Habermas, Erkenntnis und Interesse, p. 171 ss. 31 En este sentido, también Wilenmann, Revista Ius et Praxis 20 (2014), 87, pero sin descomponer su estructura. 32 Cf. Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, t. 1, p. 388 ss., un acto de habla locucionario pero además con fuerza ilocucionaria, concebido en virtud de la reformulación de la tripartición propuesta antes por Austin.
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sentido explícito radica en la formulación de una proposición acerca del hecho ahora controvertido en el proceso. Mas esta proposición no se formula en un monólogo, ni de manera solipsista, sino que ante un tribunal y de acuerdo con un procedimiento regulado de interrogación. En este contexto procesal, el testigo no solo formula una proposición, sino que además debe responder por ella ante el tribunal y las partes. Esto implica que, de cierta forma, el sujeto debe sostener su proposición ante quienes lo escuchan. Como hablante, el testigo no se limita a reproducir su conocimiento acerca del hecho debatido, sino que además explicita las premisas que vuelven verdadero dicho conocimiento para que el oyente también las comprenda e incluso las acepte. Como dice Habermas, comprendemos un acto de habla cuando conocemos aquello que lo vuelve aceptable.33 Y es aceptable cuando satisface las condiciones para que el oyente pueda adoptar una postura en términos afirmativos o negativos ante la pretensión del hablante. Una condición para ello radica en que el acto de habla sea consistente con las premisas implícitas y previamente compartidas entre hablante y escuchante. En el caso de este acto de habla, cuando la proposición misma es verdadera. La otra condición radica en que el hablante exponga las razones en virtud de las cuales él considera verdadera la proposición a fin de que por su lado el oyente también así lo estime. De esta manera, la formulación de una proposición internamente coherente con sus premisas puede tener un efecto de coordinación de la acción entre hablante y escuchante —allí radica su fuerza ilocucionaria—.34 Por consiguiente, la verdad de la proposición formulada no deriva solamente de la validez de sus premisas, sino que además de la garantía asumida por el hablante de satisfacer la pretensión de validez implícita en su declaración. No basta entonces con la sola correspondencia entre la proposición y el hecho, sino que se requiere además avanzar hacia un cierto consenso.35 En la medida en que la declaración es coherente con sus premisas internas y, además, el sujeto da razones de por qué la considera verdadera, aquella puede ser comprendida y eventualmente aceptada por el oyente. Solo así podría éste, a su turno, aceptarla mediante una respuesta afirmativa. Si, en cambio, la declaración es incoherente con sus premisas internas —es decir, la proposición es falsa— o, por casualidad se corresponde con el hecho —la proposición es verdadera—, pero el sujeto no da razones suficientes para sostener su contenido de verdad, entonces la declaración es falsa —o no puede ser considerada verdadera—. En tal caso, el sujeto no satisface las condiciones de aceptabilidad de su acto de habla, esto es, frustra así la pretensión de validez implícita en su declaración. Esta no puede servir de base para ningún consenso. Lo anterior implica en el proceso que el juez, por su lado, no puede fundar su sentencia en la declaración prestada de ese modo. 33
Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, p. 400 s. Cf. también Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, t. 2, p. 106 s. 35 Luego de una crítica algo injusta a Habermas, Kaufmann, FS Baumann zum 70. Geburtstag, 125 ss., alcanza a esbozar, pero aún sin desarrollar, un concepto pragmático fundado a su vez en una teoría convergente de la verdad, 129 s. 34
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Ahora bien, casi todo lo dicho hasta aquí supone que se trata de un testigo en sentido estricto, directo o indirecto, esto es, de un sujeto que es un tercero entre las partes del conflicto originado en el hecho y, por ende, del proceso. Asimismo, supone que declara sobre hechos externos —positivos o negativos—. Surge la cuestión, que difícilmente puede ser resuelta sobre el suelo de la teoría objetiva, de los criterios para tildar de verdadera o falsa una declaración prestada acerca de un estado interno. Por ejemplo, un testigo declara sobre el dolor sufrido por la víctima en el momento del hecho o, más complejo aún, es la propia víctima la que declara como testigo acerca de dicho dolor. La cuestión surge porque respecto del estado interno a otro sujeto, en principio y todavía, no es posible formular una proposición que a su vez sea verdadera o falsa, es decir, que luego pueda verificarse mediante la constatación de su correspondencia o no con dicho estado, justamente porque éste sucede en el plano interno del otro sujeto y, por tanto, aún no es observable externamente. La única manera de constatarlo es indirectamente, esto es, mediante la observación e interpretación de la expresión de dicho estado interno en una conducta externa del sujeto. Dicha constatación supone cierta coherencia entre la expresión y la conducta externa, pero no simplemente su correspondencia con el estado interno como tal. Por ejemplo, la víctima sufre el dolor de una herida inferida por otro mediante un pedazo de vidrio en una de sus piernas y grita “¡ay!”. La manifestación del dolor coincide con la expresión “¡ay!”. Y esta puede usarse correcta o incorrectamente, pero no es posible formular una proposición sobre el estado interno de dolor.36 Tugendhat hace ver que, si bien no es posible conocer directamente dicho estado interno, sí puede reformularse la expresión en una proposición.37 Distingue entre la expresión “¡ay!” y la oración “yo sufro dolor”. La expresión no puede ser ni verdadera ni falsa, pero la oración sí poder serlo, cuando esta se usa correcta o incorrectamente. Esto quedaría en evidencia cuando la misma oración es formulada en tercera persona, por ejemplo, un tercero observa también la expresión “¡ay!” de la víctima y, además, dice “la víctima sufre dolor”. Mas la verdad o falsedad de ambas proposiciones, tanto en primera como en tercera persona, sigue dependiendo de su uso correcto o incorrecto. Y este a su vez depende de la coherencia o incoherencia entre expresión y conducta externa. Solo que la proposición, a diferencia de la mera expresión, puede ser contrastada con otras proposiciones sobre comportamientos en los cuales el estado mental normalmente se expresa.38 Tugendhat supone una “simetría veritativa” entre las proposiciones formuladas, tanto en primera como en tercera persona, en la medida en que ambas se refieren a la misma “entidad” y las expresiones completas al mismo “estado de cosas”. La proposición, entonces, puede contestarse afirmativa o negativamente y, por ende, se 36
Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, núm. 244: “‘entonces, ¿tú dices que la palabra ‘dolor’ significa el grito?’ — por el contrario; la expresión de la palabra dolor sustituye el grito y no lo describe” (p. 145 ss.); cf. Kenny, Wittgenstein, p. 208 ss. 37 Tugendhat, Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung, p. 98 ss. 38 Tugendhat, Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung, p. 117.
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puede hablar respecto de la proposición formulada en primera persona de “mentira” y no solamente de “engaño”, como, por el contrario, ocurre con la expresión.39 Sin embargo, para verificar la verdad o la “mentira” de esa proposición en primera persona, igualmente es preciso recurrir al plano del comportamiento del sujeto. Si esto es así, entonces resulta más transparente derechamente ir del plano semántico de las proposiciones al nivel pragmático de los actos de habla, tal como lo propone Habermas.40 En este sentido, la pretensión de validez del acto de habla “yo hace días siento dolor” es diversa de la que subyace al acto de habla “te cuento que ella hace días siente dolor”, no obstante que ambos se refieren al mismo estado interno. Existe una asimetría entre ambos actos de habla. El acto de habla expresivo del “dolor” formulado en primera persona supone que el sujeto también considera veraz su propio término expresivo. Por ende, cuando el hablante realiza un acto de habla expresivo, este se sustenta en una pretensión de veracidad.41 El oyente, por su lado, puede aceptar esta pretensión de validez, si comprende las circunstancias generales bajo las cuales una persona expresa así tal clase de “dolor” y, además, si puede suponer cierta coherencia entre la expresión del hablante y su propia conducta. De este modo, el oyente puede correlativamente esperar que el hablante se comporte de modo coherente.42 Esta expectativa del oyente resulta frustrada si el hablante es incoherente, esto es, si su oración no expresa su propio mundo subjetivo, en cuyo caso éste frustra la pretensión de veracidad que subyace a su acto de habla y, correlativamente, el escuchante no puede aceptarla.43 En cambio, el acto de habla formulado en tercera persona que se refiere a la expresión de dolor del otro, sí admite su verificación en términos de verdad o falsedad, según si la expresión es o no internamente coherente. Se trata de un acto de habla asertivo, sometido a una pretensión de verdad. Por consiguiente, si posteriormente, y en el marco de un proceso, el tercero es citado a declarar como testigo acerca del “dolor” sufrido por la víctima en el momento del hecho, su declaración se formula sometida a una pretensión de verdad ante el tribunal. Su declaración es por ende falsa cuando contradice la proposición formulada en el momento de observar la expresión de “dolor” de la víctima. Y si es la propia víctima la que es citada a declarar como testigo en el marco de un proceso acerca del “dolor” sufrido por ella misma en el momento del hecho, realiza un acto de habla con un sentido implícito diverso al acto de habla expresivo realizado en el momento del hecho. En primer lugar, porque ella declara cumpliendo el rol de 39 Tugendhat, Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung, p. 132: dada la posibilidad de reformular el término expresivo en la estructura de una oración asertiva, esto es, un término que puede ser verdadero o falso, se sigue de ello que “si es usado correctamente (conforme a una regla), el término (y lo dicho con él) es verdadero”. 40 Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, t. 1, p. 422 s. 41 En este sentido, también Kenny, Wittgenstein, p. 234 s., en su interpretación de Wittgenstein. 42 Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, t. 1, p. 407 s. 43 Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, t. 1, p. 412 ss.
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testigo y no meramente en su posición de parte del conflicto originario surgido del hecho ventilado en el proceso. En segundo lugar, porque estructuralmente siempre existe una distancia temporal entre el acto de habla expresivo y el acto de habla que subyace a su declaración en el proceso, que implica cierta discontinuidad entre ésta y su expresión originaria. Incluso si declara sobre las secuelas del hecho, eventualmente aún presentes en el momento de la declaración, al escuchante correlativamente le interesa conocer más bien las consecuencias inmediatamente posteriores al hecho y retrotraerse a esa época. En consecuencia, la declaración prestada por la víctima del daño como testigo en el proceso se encuentra sometida a una pretensión de verdad y, por ende, es falsa cuando contradice su propia expresión de “dolor” manifestada en el momento del hecho o en una época inmediatamente posterior a éste.
IV. Conclusiones 1. El deber de decir verdad obliga al testigo a emitir una declaración que sea coherente no simplemente con su representación del hecho, ni directamente con este mismo, sino que con la explicación del hecho formulada en el momento de su percepción. 2. La declaración testimonial es un acto de habla sometido a una pretensión de verdad. Por ende, es falsa cuando su desempeño frustra esta pretensión de validez. Esta frustración, a su vez, supone que la declaración contradice la explicación formulada por el mismo sujeto en el momento de la percepción del hecho. 3. Ante una declaración testimonial eventualmente falsa, el tribunal como oyente solo puede percatarse de la falsedad si el testigo mismo contradice su propia declaración testimonial, si otro testigo presta una declaración que la contradice, o si existe otro medio de prueba cuyo valor sea también contrario a esa declaración testimonial. Si ninguno de estos supuestos concurre, el riesgo de que el tribunal incurra en un error es casi inevitable.
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Zum Gefahrzusammenhang bei der Körperverletzung mit Todesfolge Von Claus Roxin
I. Das Strafrahmenproblem Wenn jemand durch eine vorsätzliche Körperverletzung fahrlässig den Tod des Opfers herbeiführt, so wäre das nach allgemeinen Regeln ein Fall der Idealkonkurrenz von § 223 und § 222 StGB. Da beide Vorschriften im Höchstmaß fünf Jahre Freiheitsstrafe androhen, könnten nach § 52 StGB in einem solchen Fall also höchstens fünf Jahre Freiheitsstrafe verhängt werden. Demgegenüber droht § 227 StGB für die Körperverletzung mit (fahrlässiger, § 18 StGB) Todesfolge eine Freiheitsstrafe von drei bis fünfzehn (§ 38 StGB) Jahren an. Das bedeutet, wenn man von den minder schweren Fällen des § 227 Abs. 2 StGB (ein- bis zehnjährige Bestrafung) absieht, eine Verdreifachung der angedrohten Strafe. Dieser gewaltige Strafrahmensprung nötigt, wenn er mit dem Schuldprinzip vereinbar sein soll, zu einer restriktiven Auslegung des § 227 StGB. Es kann nicht schon jede fahrlässig zum Tode führende Körperverletzung die harte Bestrafung auslösen. Vielmehr muss ein Fall vorliegen, der einem vorsätzlichen Totschlag nach § 212 StGB immerhin nahekommt. Denn auch § 212 StGB droht für den Regelfall „nur“ eine Freiheitsstrafe von fünf bis fünfzehn Jahren an (bei freilich lebenslanger Freiheitsstrafe „in besonders schweren Fällen“ nach § 212 Abs. 2 StGB). Es ist deshalb auch weitgehend anerkannt, dass eine restriktive Auslegung des § 227 StGB erforderlich ist. Wie diese Restriktion allerdings zu erfolgen hat, ist in der Literatur heillos umstritten.1 Auch die Rechtsprechung hat keine klaren Grundsätze entwickelt und tendiert mehr und mehr zu einer Ausweitung des Anwendungsbereichs von § 227 StGB. Ich will im Folgenden zunächst zwei zentrale Grundannahmen der Rechtsprechung einer kritischen Würdigung unterziehen (II.) und im Anschluss an einschränkende Literaturauffassungen den zwischen Körperverletzung und Erfolg erforderlichen Zusammenhang näher zu bestimmen versuchen und an Beispielen aus der Rechtsprechung verdeutlichen (III.). Dabei beschränke ich mich auf zentrale Gesichtspunkte. 1 Vgl. nur Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 2006, § 10 Rn. 115 – 117 mit Fußnoten.
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II. Zur Kritik der Rechtsprechung In der Literatur sind vor allem zwei Konstellationen Gegenstand umstrittener Beurteilung geworden: der Tod durch eigene Handlungen des Deliktsopfers und Todesverursachungen, die nicht auf einen vom Täter vorsätzlich verursachten Verletzungserfolg, sondern auf die Körperverletzungshandlung zurückgehen. 1. Die Todesverursachung durch eigenes Handeln des Opfers Die Leitentscheidung für diese Konstellation bildet der sog. Rötzel-Fall.2 Hier hatte der Angeklagte eine Hausgehilfin angegriffen und ihr eine Oberarmwunde und einen Bruch des Nasenbeins zugefügt. „Vor den fortdauernden Angriffen des Angeklagten versuchte die verängstigte Frau … durch das Fenster des Zimmers auf einen Balkon zu flüchten. Dabei stürzte sie ab und verletzte sich tödlich.“ Der 3. Senat des BGH hat hier eine Körperverletzung mit Todesfolge abgelehnt. Es genüge nicht (Leitsatz), „wenn der tödliche Ausgang letztlich erst durch das Verhalten des Opfers selbst herbeigeführt wurde; die Verletzungshandlung muss unmittelbar die Todesfolge bewirkt haben“. Mit der Vorschrift habe „der der Körperverletzung anhaftenden spezifischen Gefahr des Eintritts des qualifizierenden Erfolges“ entgegengewirkt werden sollen. „In einem tödlichen Ausgang, der unmittelbar erst durch das Eingreifen […] des Opfers selbst herbeigeführt wurde, hat sich aber nicht mehr die dem Grundtatbestand (§ 223 StGB) eigentümliche Gefahr niedergeschlagen […]. Auch die hohe Mindeststrafe […] spricht für eine einschränkende Auslegung.“ Von dieser Entscheidung ist der BGH aber im sog. Fenstersturz-Fall3 abgewichen. Die Angeklagten hatten in diesem Sachverhalt das Opfer R schwer misshandelt, um eine Geldforderung durchzusetzen; die Schläge hatten das Opfer benommen gemacht. Die Angeklagten ließen ihr Opfer dann am Fenster Luft schöpfen. Daraufhin stürzte dieser sich in panischer Angst vor weiteren Misshandlungen mit tödlicher Wirkung aus dem Fenster. Anders als im Fall Rötzel sei der Tod des verletzten R4 „die unmittelbare Folge der Körperverletzung gewesen“. Ein „Schlag mit dem Besenstiel“ habe „eine Schädelprellung“ bewirkt, die dazu führte, „dass R. benommen war und an Bewusstseinsstörungen litt. Es habe sich um ein „Panikverhalten“ gehandelt. Das LG habe den Sturz aus dem Fenster ohne Rechtsfehler als „nur noch […] zwangsläufigen und nicht mehr eigenverantwortlichen Vorgang bewertet, bei dem R. jede Entschlussfreiheit genommen war“. Der Todeserfolg sei auch vorhersehbar gewesen.
2
BGH NJW 1971, S. 152 ff. Hier zitiert nach Beck RS 99, 98 108 732. Hier zitiert nach dem Abdruck in JR 1992, S. 342 – 344 m. Anm. Graul, S. 344 – 346. 4 JR 1992, S. 343.
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Noch weiter hat sich der BGH im Fall der sog. Gubener Hetzjagd5 von seinem Ausgangspunkt entfernt. Hier hatte eine Gruppe ausländerfeindlicher junger Leute einige Ausländer im Anschluss an einen nächtlichen Disko-Besuch misshandeln wollen. Die Angeklagten hatten K und G verfolgt, die Verfolgung „aber nach einigen Metern abgebrochen, weil sie sie aus den Augen verloren hatten oder ihnen deren Vorsprung […] zu groß erschien. […] Indessen wähnten K und G die Verfolger noch hinter sich. Sie liefen zu einem […] Mehrfamilienhaus. Da G die Haustür nicht öffnen konnte, trat er in Todesangst die untere Glasscheibe der Tür ein. Dabei […] verletzte er sich an den im Türrahmen verbliebenen Glasresten; er zog sich eine 8,5 cm tiefe Wunde am rechten Bein und die Verletzung einer Schlagader zu. Binnen kurzer Zeit verblutete G.“ Der BGH will die Angeklagten u. a. wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge nach §§ 227, 22, 23 StGB (Vorgehen gegen G) bestrafen. Dabei geht der entscheidende 5. Senat auch in diesem Fall davon aus, dass § 227 StGB „nur solche Körperverletzungen“ erfasse, „denen die spezifische Gefahr anhaftet, zum Tod des Opfers zu führen; gerade diese Gefahr muss sich im tödlichen Ausgang niedergeschlagen haben […]“. „Eine solche tatbestandsspezifische Gefahr“ könne „auch schon von der bloßen Körperverletzungshandlung ausgehen […]“. Sie sei von den Handlungen der Angeklagten ausgegangen und habe zum Tod des G geführt.6 „Der erforderliche Zurechnungszusammenhang wurde auch nicht durch das eigene Verhalten des Opfers unterbrochen. Denn dessen Reaktion war eine naheliegende und nachvollziehbare Reaktion.“ Sie sei „deliktstypisch“ und entspringe „dem elementaren Selbsterhaltungstrieb des Menschen“. Zwar habe der BGH „in Einzelfällen“ (dabei wird auf das Rötzel-Urteil hingewiesen) „eine Zurechnung infolge selbstgefährdenden Verhaltens des Opfers ausgeschlossen“. Doch stehe dies hier „angesichts des außergewöhnlich massiven Vorgehens der Angreifer […] dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen“. Der Erfolg sei auch vorhersehbar gewesen. Es genüge, „dass der Erfolg nicht außerhalb aller Lebenserfahrung liegt; alle konkreten Einzelheiten brauchen dabei nicht voraussehbar zu sein“. Puppe sagt in ihrer Anmerkung7 mit Recht, die Bedeutung des Urteils bestehe „in der endgültigen und vollständigen Verabschiedung des im sog. Rötzel-Urteil […] aufgestellten Unmittelbarkeitserfordernisses für den Zusammenhang zwischen Körperverletzungshandlung und Todesfolge“. Das ist heute eine allgemeine und zutreffende Ansicht. Noch in der jüngsten Stellungnahme zum Thema sagt Engländer,8 der BGH habe sich durch die Entscheidung des 5. Senats vom Rötzel-Urteil „nicht nur in
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BGHSt 48, 34 (35). BGHSt 48, 38 (39). 7 Puppe, JR 2003, S. 123 (123). 8 Engländer, Der Gefahrzusammenhang bei der Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen, NStZ 2018, S. 135 (136). 6
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der Sache, sondern auch verbal abgesetzt“, indem er den dort proklamierten Zurechnungsausschluss „nur noch als einen Einzelfall“ bezeichnet habe. Diese Rechtsprechungsentwicklung, die sich auch durch andere Urteile belegen ließe,9 ist abzulehnen. Auch wenn das Unmittelbarkeitsprinzip manchen Einwendungen ausgesetzt sein mag, ist es in der Anwendung, die es im Rötzel-Fall gefunden hat, jedenfalls in dem Sinne zutreffend, dass Todeserfolge, die durch selbständige Handlungen des Opfers herbeigeführt wurden, nicht unter § 227 StGB zu subsumieren sind. Hierfür sprechen zwei durchschlagende Gründe. Erstens ist ein „Panikverhalten“ des Opfers, von dem wohl in allen drei Beispielsfällen auszugehen ist, nicht ausreichend für die Annahme des spezifischen Gefahrzusammenhangs zwischen Körperverletzung und Erfolg, den § 227 StGB fordert. Ob und inwieweit ein solches Verhalten die Selbstverantwortlichkeit des Opfers beeinträchtigt, ist in der Rechtsprechung unklar geblieben. Das Rötzel-Urteil äußert sich dazu nicht. Im Fenstersturz-Fall billigt der BGH die Ablehnung eigenverantwortlichen Opferhandelns. Andererseits wird im Gubener Verfolgungs-Fall das Verhalten des Opfers als „naheliegende und nachvollziehbare Reaktion“ dargestellt, die „dem elementaren Selbsterhaltungstrieb des Menschen“ entspringe, also nicht, wie der „Fenstersturz“, auf „Bewusstseinsstörungen“ zurückgeführt wird. Ein Abstellen auf die seelische Verfassung des sich selbst schädigenden Opfers ist von vornherein schon deshalb problematisch, weil diese sich wegen seines unmittelbar anschließenden Todes nicht mehr sachgerecht rekonstruieren und überprüfen lässt. Es kann auch auf sie nicht ankommen. Denn entweder liegt eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung oder -schädigung vor. Dann kann diese dem Verursacher schon nach heute allgemein anerkannter Rechtsprechung (BGHSt 32, 262) von vornherein nicht zugerechnet werden. Oder die Eigenverantwortlichkeit des Opfers ist ausgeschlossen oder wesentlich eingeschränkt. Dann begründet die Verursachung der Selbstschädigung von Seiten des Außenstehenden zwar eine Fahrlässigkeit, nicht aber den von § 227 StGB geforderten, über die schlichte Fahrlässigkeit hinausgehenden engeren Zusammenhang zwischen Körperverletzung und Todesfolge. Entsprechendes gilt für die vom BGH im Fenstersturz- wie im Verfolgungs-Fall bejahte „Vorhersehbarkeit“ des Erfolges. Wenn der BGH es im letztgenannten Urteil genügen lassen will, „dass der Erfolg nicht außerhalb aller Lebenserfahrung liegt“, so mag das für die Bejahung einfacher Fahrlässigkeit genügen. Ein qualifizierter Gefahrzusammenhang, der die besonders hohe Strafdrohung des § 227 StGB rechtfertigen könnte, liegt darin aber noch nicht. Mit Recht hat schon Engländer10 betont, dass der BGH sich mit der fehlenden Eigenverantwortlichkeit des Opfers und der Vorhersehbarkeit des Erfolges „auf zwei Umstände“ berufe, „die lediglich allgemeine Zurechnungsvoraussetzungen darstellen“. 9
Vgl. nur etwa Steinberg, Faktischer Verzicht auf den „spezifischen Gefahrzusammenhang“, NStZ 2010, 72 – 77. 10 Engländer, Der Gefahrzusammenhang bei der Körperverletzung mit Todesfolge, GA 2008, S. 669 (681).
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Zweitens muss eine Strafbarkeit nach § 227 StGB bei einer Selbstschädigung des Opfers auch deshalb ausscheiden, weil die Körperverletzung oder deren Versuch, wie er im Verfolgungsfall angenommen wurde, zwar ein Anlass, aber nicht den ausschlaggebenden Grund des Opferverhaltens darstellten. Die zum tödlichen Unglück führende Kletterei, der Fenstersturz und das tödliche Eintreten der Glastür beruhen auf der Furcht vor zukünftigen Misshandlungen. Man kann davon ausgehen, dass die tatsächlich geschehenen oder auch nur versuchten Misshandlungen keineswegs zu einem lebensgefährlichen oder gar suizidalen Opferverhalten geführt hätten, wenn die Opfer davon ausgegangen wären, von weiteren oder erstmaligen Misshandlungen verschont zu bleiben. Es handelt sich also, was den unmittelbaren oder engeren – qualifiziert fahrlässigen – Zurechnungszusammenhang anbelangt, um eine Bedrohung mit Todesfolge, nicht aber um eine Körperverletzung mit Todesfolge. Für eine Bedrohung mit Todesfolge gibt es aber keine dem § 227 StGB entsprechende Strafdrohung. Schon Laue11 hat darauf hingewiesen, dass das Verhalten des Opfers in den Fällen der geschilderten Art nicht aus einer körperverletzungstypischen, sondern aus einer nötigungstypischen Gefahr resultiere. Das drohende Übel veranlasse das Opfer zur Selbstschädigung. Ein solches Übel brauche aber keineswegs eine Körperverletzung zu sein, sondern könne auch in einer drohenden Freiheitsberaubung oder Beeinträchtigung der sexuellen Selbstbestimmung bestehen. Auch aus diesem Grund ist also bei der Selbstschädigung oder Selbstgefährdung ein qualifizierter Zurechnungszusammenhang mit einer versuchten oder vollendeten Körperverletzung durch einen Außenstehenden abzulehnen. 2. Der Tod des Opfers wird nicht durch eine ihm zugefügte Körperverletzung, sondern schon durch eine darauf gerichtete Handlung herbeigeführt Der BGH lässt außerdem für eine – ggf. versuchte – Körperverletzung mit Todesfolge schon genügen, dass eine Körperverletzungshandlung den Todeserfolg herbeiführt; der Tod des Opfers braucht danach also nicht notwendig durch einen Körperverletzungserfolg ausgelöst zu werden. Ich will auch das an drei besonders markanten Entscheidungen verdeutlichen, von denen die dritte die schon erwähnte „Gubener Hetzjagd“ darstellt, die auch unter diesem Gesichtspunkt bemerkenswert ist. Auch diese Urteile zeigen eine immer weitergehende Ausdehnung des dem § 227 StGB zugebilligten Anwendungsbereichs. Den Ausgangspunkt bildet der sog. Pistolenschlag-Fall,12 dessen Leitsatz lautet: „Der Tod des Verletzten ist durch die Körperverletzung verursacht, wenn sich beim 11 Laue, Ist der erfolgsqualifizierte Versuch einer Körperverletzung mit Todesfolge möglich?, JuS 2003, S. 743 (746 f.). 12 BGHSt 14, 110 (110 f.).
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Zuschlagen mit einer Schusswaffe ein Schuss löst, der den Tod des Opfers herbeiführt (in Abweichung von RGSt 44, 137).“ Hier war ein Polizeibeamter, der die Einhaltung der Polizeistunde überwachte, nachts um 1:40 Uhr von mehreren Gästen beschimpft und bedroht worden. Der Polizist, der spätere Angeklagte, zog darauf seine Dienstpistole, „lud durch, entsicherte und drohte zu schießen, wenn er angegriffen werde“. Als Sch. einen solchen Angriff unternahm, versetzte ihm der Angeklagte „mit seiner Dienstpistole zwei Schläge auf den Kopf. Sch. stürzte und lag ausgestreckt mit dem Gesicht nach unten auf der Straße. Darauf beugte […] sich der Angeklagte über ihn und stieß mit der Pistole nochmals gegen den Hinterkopf des am Boden Liegenden, wobei er wie bisher den Zeigefinger am Abzugsbügel hatte. In diesem Augenblick löste sich ein Schuss, der Sch. in den Kopf traf und seinen Tod herbeiführte.“ Unklar blieb, „ob die Betätigung des Abzugsbügels der Pistole eine Folge des Aufschlagens der Waffe auf den Kopf Sch.’s oder auf ein beim Schlagen unwillkürliches Verkrampfen der Hand des Täters zurückzuführen war.“ Nach Auffassung des BGH13 umfasst die Körperverletzung „den ganzen Vorgang vom Ausholen […] mit der Pistole bis zu ihrem Aufschlag auf den Kopf des Opfers […]“. Die höhere Strafwürdigkeit der Körperverletzung mit Todesfolge gegenüber der fahrlässigen Tötung sei „dadurch begründet, dass die fahrlässig herbeigeführte Todesfolge auf einer vorsätzlich begangenen, bereits für sich strafbaren Verletzungshandlung beruht“14. Die Entscheidung ist insoweit bedenkenswert, als schon die Handlung (das Hantieren mit einer geladenen und entsicherten Pistole) lebensgefährlich war und § 227 StGB gerade Todesverursachungen erfassen will, die aus lebensgefährlichem Verhalten hervorgehen; § 227 StGB verweist auch auf § 224 StGB (einschließlich der dort in Nr. 5 thematisierten „das Leben gefährdenden Behandlung“). Engländer15 hat daher eine „differenzierende Konzeption“ entwickelt, der zufolge „nur dann, wenn § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB als Grunddelikt vorliegt, der spezifische Gefahrzusammenhang auch zwischen der tatbestandlichen Handlung und der besonderen Folge bestehen kann […]“16. Für den Pistolenschlag-Fall bedeutet das: „Weiß der Täter im Augenblick des Zuschlagens nicht, dass die Waffe geladen und entsichert ist […], liegt zwar objektiv eine lebensgefährdende Behandlung vor. Subjektiv fehlt ihm indes der Gefährdungsvorsatz.“17 Es liege dann kein Fall des § 227 StGB vor.18 Er meint, „nach der Rspr“ bedürfe „es eines solchen Gefährdungswillens dagegen nicht“. Unabhängig davon, ob die Rechtsprechungsinterpretation zutrifft oder nicht – immerhin muss ja mindestens ein fahrlässiges Handeln vorliegen –, sprechen aber ge13
BGHSt 14, 112. BGHSt 14, 113. 15 Engländer (Fn. 10), S. 669 – 685. 16 Engländer (Fn. 8), S. 135 (137). 17 Engländer (Fn. 10), S. 679. 18 Engländer (Fn. 8), S. 137. 14
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wichtige Gründe gegen die Annahme, dass § 227 StGB überhaupt gegeben sein kann, wenn nicht eine vorsätzliche Körperverletzung, sondern schon eine darauf gerichtete Handlung den Tod des Opfers verursacht. Dagegen werden auch in der Literatur nicht selten Bedenken erhoben. So sagt Geilen unter Bezugnahme auf den Rötzel-Fall: „Es will nicht einleuchten, dass eine bis zur tödlichen Flucht des Opfers führende brutale Misshandlung strafrechtlich milder beurteilt wird als der an sich harmlose Schlag, der durch eine umständebedingte, ebenso wenig ,tatbestandsspezifische‘ Fahrlässigkeit den Tod des Opfers zur Folge hat.“19 Und Puppe sagt: „Die Leichtfertigkeit, die sich im Kausalverlauf verwirklicht hat, besteht […] nicht im Charakter der Handlung als Körperverletzung, sondern ist schon dadurch gegeben, dass der Angeklagte derart unkontrollierbar mit einer geladenen und entsicherten Pistole herumfuchtelte. Es handelt sich also nicht um eine spezifische Körperverletzungsgefahr.“20 Das lässt sich noch weiter verdeutlichen: Wenn der Angeklagte mit der Pistole überhaupt nicht hätte zuschlagen, sondern nur hätte drohen wollen, wäre ein dabei sich lösender tödlicher Schuss zweifellos nur als fahrlässige Tötung zu bestrafen gewesen. Warum sollte der Unrechtsgehalt der vom Angeklagten begangenen Tat nur deshalb einem weit höheren Strafrahmen unterliegen, weil er dem Opfer mit der Pistole eine harmlose Körperverletzung zufügen wollte? Es kann auch nicht darauf ankommen, ob der Schuss sich erst durch den Aufschlag der Pistole auf den Kopf des Opfers oder schon vorher gelöst hat. Im letzten Fall, den man erforderlichenfalls dem Täter zugutehalten müsste, ist es klar, dass der bloße Versuch der Körperverletzung (die Handlung) den Erfolg verursacht hat. Man kann aber angesichts des gleichen Unwertgehaltes den ersten Fall nicht anders behandeln. Es ist daher für einen qualifizierten Zurechnungszusammenhang i.S.d. § 227 StGB zu verlangen, dass der Erfolg auf den vom Vorsatz des Täters umfassten Verletzungen und nicht auf fahrlässig unbedachten Begleitumständen beruht. Anders stellt sich der Sachverhalt im sog. Hochsitz-Fall dar.21 Der Angeklagte hatte im Wald den Hochsitz umgeworfen, auf dem sein Onkel D saß. Dieser fiel aus einer Höhe von 3,50 m zu Boden und brach sich den rechten Fußknöchel. Der Bruch wurde im Krankenhaus operativ behandelt. Er wurde am 2. Dezember entlassen. „Weder hierbei noch vorher waren ihm blutverflüssigende Mittel gegeben oder Anweisungen darüber erteilt worden, wie er sich zu Hause verhalten sollte. Auch eine Nachbehandlung fand nicht statt.“ Er war zu Hause bettlägerig und wurde am 19. Dezember ins Krankenhaus eingeliefert, wo er „noch am Morgen desselben Tages verstarb“. Ursache waren eine doppelseitige Lungenembolie und eine Lungenentzündung, die sich „in Abhängigkeit zu dem verletzungsbedingten längeren Krankenlager entwickelt“ hatte. 19
Geilen, Unmittelbarkeit und Erfolgsqualifizierung, FS Welzel, 1974, S. 655 (681). Puppe, Die Erfolgszurechnung im Strafrecht, 2000, S. 217 f. 21 BGHSt 31, 96 (97); dazu Anm. Hirsch, JR 1983, S. 78 – 83. 20
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Der BGH (2. Senat) hat hier eine Körperverletzung mit Todesfolge angenommen. Er beruft sich zunächst auf das Unmittelbarkeitsprinzip und das Rötzel-Urteil. Der Körperverletzung müsse „die spezifische Gefahr“ anhaften, „zum Tode des Opfers zu führen; gerade diese Gefahr muss sich im tödlichen Ausgang niedergeschlagen haben“22. Eine derartige spezifische Gefahr soll sich auch hier verwirklicht haben. Zwar sei „zunächst nur eine Verletzung“ eingetreten, „die – für sich genommen – nicht lebensbedrohlich erschien“23. Als „Körperverletzung“ stelle sich „nicht nur die jeweils eingetretene Verletzungsfolge dar; vielmehr umfasst dieser Begriff auch das Handeln des Täters, das zu der Körperverletzungsfolge geführt hat“24. Es reiche aus, dass „der Körperverletzungshandlung das Risiko eines tödlichen Ausganges anhaftet und sich dann dieses Risiko im Eintritt des Todes verwirklicht“. „So verhält es sich hier“, meint der BGH.25 „Der Angeklagte hatte, indem er den Hochsitz umwarf, um seinen Onkel zu verletzen, eine Handlung begangen, die für das Opfer das Risiko eines tödlichen Ausgangs in sich barg. Die Gefahr für das Leben des Verletzten hat sich im tödlichen Ausgang niedergeschlagen.“ Es genüge ein Geschehensablauf, „der nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit lag“. Es liegt auf der Hand, dass trotz der Bezugnahme auf das Rötzel-Urteil das Umwerfen des Hochsitzes keineswegs „unmittelbar“ zum Tod des Onkels geführt hat und dass es auch an einem spezifischen Gefahrzusammenhang fehlt. Denn ein Knöchelbruch führt normalerweise nicht zum Tode. Das sieht auch der BGH und stellt deshalb nicht auf die zugefügte Verletzung, sondern auf die Verletzungshandlung (das Umstürzen des Hochsitzes) ab. Diese hätte zwar zum Tode des Onkels führen können, hat dies aber im konkreten Fall nicht getan. Es geht nicht an, den qualifizierenden Zurechnungszusammenhang auf einen fiktiven, nicht verwirklichten Kausalverlauf zu stützen. In Wahrheit lässt es also der BGH genügen, dass der Tod aufgrund eines Geschehensablaufs eintrat, „der nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit lag“26. Das begründet im zur Erörterung stehenden Fall bestenfalls – obwohl auch die Vorhersehbarkeit schon zweifelhaft ist – eine Fahrlässigkeit. Von einer spezifischen Todesgefahr, an deren Notwendigkeit für den Zurechnungszusammenhang die Entscheidung theoretisch festhält, bleibt also bei der konkreten Anwendung nichts übrig.27 Eine noch weitergehende Strafbarkeit leitet der BGH aus der zurechnungsbegründenden Funktion der körperverletzenden Handlung im Fall der Gubener Hetzjagd ab, 22
BGHSt 31, 98. BGHSt 31, 100. 24 BGHSt 31, 99. 25 BGHSt 31, 100. 26 BGHSt 31, 100. 27 Eine ähnliche Kritik findet sich schon bei Hirsch (Fn. 21) und bei Puppe (Fn. 20), S. 205 – 207. 23
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was schon unter dem Gesichtspunkt des selbstschädigenden Opferverhaltens behandelt wurde.28 Auch hier hält der BGH verbal an der These fest, dass § 227 StGB nur solche Körperverletzungen erfasse, „denen die spezifische Gefahr anhaftet, zum Tod des Opfers zu führen; gerade diese Gefahr muss sich im tödlichen Ausgang niedergeschlagen haben“29. Eine solche deliktsspezifische Gefahr könne auch schon von der bloßen Körperverletzungshandlung ausgehen. „Eine solche im Rahmen der Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB spezifische Gefahr ging von den Handlungen der […] Angeklagten aus und führte zum Tode des G.“30 Für einen Versuch nach § 227 StGB soll also schon eine Handlung ausreichen, die als solche keinen Körperverletzungserfolg herbeigeführt hat. In Wahrheit wird man überhaupt noch keinen Versuch annehmen können. Denn ein unmittelbares Ansetzen zu einer Körperverletzung (§ 22 StGB) kann schwerlich vorliegen, wenn die Verfolger die Verfolgung „nach einigen Metern abgebrochen“ hatten, weil sie den Ausländer „aus den Augen verloren hatten“ oder dessen „Vorsprung […] zu groß erschien“. Selbst wenn man aber einen Versuch annimmt, ist es doch nicht die Qualifizierung als unmittelbares Ansetzen, die einen spezifischen Zusammenhang mit dem Unglücksfall begründen kann, der zum Tod des Opfers geführt hat. Schon die Vorbereitung einer Körperverletzung, ja, deren bloße Androhung, kann zu einer Flucht des potentiellen Opfers führen, bei der dieser durch sein eigenes Verhalten zu Tode kommt. Wenn dies für eine Bestrafung nach § 227 StGB nicht ausreicht, ist nicht einzusehen, warum im vorliegenden Fall ein spezifischer Zurechnungszusammenhang bejaht werden sollte. Nach der Entscheidung im erörterten Fall ist, wie Puppe mit Recht sagt, „die Körperverletzung mit Todesfolge […] die bloße Demonstration von Gewaltbereitschaft“31. Das geht viel zu weit. Im Übrigen ist selbst eine Vorhersehbarkeit des Erfolges im Sinne schlichter Fahrlässigkeit sehr zweifelhaft. Denn da der Fall nachts um 2:30 Uhr spielt, hätte es für das verfolgte Opfer weit näher gelegen, sich irgendwo in der Dunkelheit zu verstecken, anstatt eine Glastür einzutreten, was durch den verursachten Lärm die Aufmerksamkeit des Verfolgers erregen und einen Herauswurf durch den Eigentümer provozieren konnte. Auch ein Verbluten beim Eintreten einer Glastür ist ein seltener Ausnahmefall. Es ist der Rechtsprechung also bisher nicht gelungen, überzeugend darzulegen, wie der Zusammenhang zwischen Körperverletzung und Todesfolge beschaffen sein muss, um den extrem hohen Strafrahmen des § 227 StGB zu rechtfertigen.
28
Oben bei Fn. 5 – 8. BGHSt 48, 37. 30 BGHSt 48, 38. 31 Puppe in ihrer ablehnenden Anmerkung zu dem Urteil in JR 2003, 123 – 125 (129). 29
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III. Skizze der eigenen Lösung Tendenziell zutreffend erscheint mir nach wie vor die Letalitätstheorie, wie sie – mit Abweichungen im Einzelnen – Küpper, Geilen, Hirsch, Jakobs32 und Puppe33 schon vor Jahren vertreten haben. Denn die besondere Gefahr, die eine Körperverletzung mit Todesfolge über die fahrlässige Tötung hinaushebt, liegt in der vorsätzlichen Zufügung einer tödlichen Verletzung. Sie unterscheidet sich vom vorsätzlichen Totschlag nur dadurch, dass der Täter den tödlichen Erfolg nicht vorsätzlich herbeiführt. Er muss dem Opfer aber eine Verletzung zufügen, die als solche tödlich ist. Das ist etwa der Fall, wenn der Täter dem Opfer ohne Tötungsvorsatz ein Messer in die Brust stößt, mit dem Stiefel kräftig auf den Kopf eines am Boden Liegenden tritt oder jemanden aus einem mehrere Meter hohen Fenster auf die Straße wirft. Wenn der Betroffene an den ihm dadurch zugefügten Verletzungen stirbt, ist § 227 StGB zu bejahen, wenn der Todeserfolg nicht vom Vorsatz des Täters erfasst war. Es ist deutlich, dass solche Sachgestaltungen einer vorsätzlichen Tötung nahekommen und bei tödlichem Ausgang die in § 227 StGB ausgeworfene Mindestfreiheitsstrafe von drei Jahren verdienen. Denn dass die ernsthafte Möglichkeit einer Todesherbeiführung bestand, war bei Vornahme der Verletzungshandlung unschwer zu erkennen. Dass der Täter sie nicht erkannt oder auf das Ausbleiben des Todeserfolges vertraut hat, kann ihn zwar vom Totschlagsvorwurf, aber nicht von der einer solchen angenäherten Zurechnung eines schweren Verbrechens entlasten. Der Täter muss freilich die Umstände, die eine konkrete Lebensgefahr begründen, in sein Bewusstsein aufgenommen haben. Wer einem anderen eine Schnittverletzung beibringt, ohne zu wissen, dass dieser ein Bluter ist, haftet nicht nach § 227 StGB, wenn der Betroffene an der Verletzung stirbt. Hier ist – mangels Vorhersehbarkeit – nicht einmal § 222 StGB gegeben, sondern es bewendet bei einer Körperverletzung. Das gilt auch bei der Verkennung von Ursachenzusammenhängen, wie der BGH im Kochsalz-Fall34 richtig festgestellt hat. Die Angeklagte hatte ihre vierjährige Stieftochter gezwungen, einen Pudding zu essen, in den irrtümlicherweise 32 g Kochsalz verrührt worden waren. Mit Recht wurde eine Körperverletzung mit Todesfolge abgelehnt, weil die Täterin die Umstände, aus denen sich die Lebensgefährlichkeit ihres Verhaltens ergab, nicht erkannt hatte. Die Angeklagte besaß35 „keine Kenntnis […], dass bereits geringe Mengen an Kochsalz bei einem Kleinkind lebensgefährliche Vergiftungserscheinungen hervorzurufen vermögen; denn das Wissen hierum sei, wie das LG dargelegt habe, „wenig verbreitet und gehöre keinesfalls zu jener medizinischen Sachkenntnis, welche sich fast jede Mutter […] aneigne“. Man wird allerdings nicht verlangen können, dass der Täter die Möglichkeit eines Todeserfolges erkannt hat. Denn das würde § 227 StGB auf bewusst fahrlässige Tö32
Vgl. die Nachweise in meinem Lehrbuch (Fn. 1), § 10 Rn. 115, Fn. 160, 161. Puppe (Fn. 20), S. 204 – 232 (speziell S. 223 ff.). 34 BGHSt 51, 18. 35 BGHSt 51, 21. 33
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tungen beschränken, wofür das Gesetz keine Anhaltspunkte bietet.36 Aus demselben Grund wird man auch nicht, wie Paeffgen37 dies tut, ein leichtfertiges Verhalten des Täters fordern können. Das ändert freilich nichts daran, dass bewusst fahrlässige und leichtfertige Todesherbeiführungen besonders typische und häufige Fälle des § 227 StGB darstellen. Puppe38 erklärt eine Körperverletzung nur dann für letal, „wenn mit ihrem Eintritt der Tod des Verletzten objektiv feststeht […]“. „Letal ist eine Körperverletzung also genau dann, wenn nach ihrem Eintritt der Tod nach allgemeinen Kausalgesetzen mit 100 %iger Sicherheit prognostiziert werden kann.“39 Das ist wohl etwas zu rigoros. Denn es kommt vor, dass Deliktsopfer auch höchst lebensgefährliche Verletzungen (etwa einen tiefen Stich in die Brust) dank glücklicher Umstände überleben. Präziser wird der erforderliche Zusammenhang von Verletzung und Erfolg erfasst, wenn man darauf abstellt, dass der durch die Körperverletzung in Gang gesetzte Kausalverlauf im konkreten Fall unabwendbar zum Tod des Opfers geführt hat, wie sich bei einer ex-post-Feststellung ergibt. Zuzustimmen ist Puppe aber, wenn sie sagt, „dass eine Körperverletzung nicht letal ist, solange der Eintritt des Todes noch von einem Verhalten des Opfers oder eines Dritten abhängt“40. Auf der geschilderten Grundlage ist auch eine Reihe von Sonderfällen zu lösen, die unsere Rechtsprechung und Literatur beschäftigt haben und deren Behandlung umstritten geblieben ist. 1. Der Herzinfarkt-Fall41 Die beiden Angeklagten hatten das 63-jährige Opfer misshandelt und ihm einen Nasenbeinbruch sowie Prellungen an Kopf und Körper zugefügt. Die damit verbundene Angst und Aufregung führte dazu, dass das Opfer bald darauf zwei Infarkte seines – vorgeschädigten – Herzens erlitt und am zweiten Infarkt verstarb. Hier hat der BGH eine Körperverletzung mit Todesfolge angenommen. Der Tatbestand sei „nicht […] auf Körperverletzungshandlungen beschränkt, die nach Art, Ausmaß und Schwere den Eintritt des Todes besorgen lassen, sondern es genügt, dass der Körperverletzungshandlung das Risiko eines solchen Ausganges anhaftet und dass sich dann dieses […] Risiko beim Eintritt des Todes verwirklicht.“ Das halte ich nicht für zutreffend. Denn die Verwirklichung eines unerlaubten Risikos begründet zunächst nur eine schlichte Fahrlässigkeit, nicht aber jenen qualifi36 So auch Hirsch, Der „unmittelbare“ Zusammenhang zwischen Grunddelikt und schwerer Folge beim erfolgsqualifizierten Delikt, FS Oehler, 1985, S. 111 (133). 37 NK-Paeffgen, 4. Aufl. 2013, § 18 Rn. 43 ff. 38 Puppe (Fn. 20), S. 226. 39 Puppe (Fn. 20), S. 228. 40 Puppe (Fn. 20), S. 228, Fn. 329. 41 BGH NStZ 1997, S. 341.
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zierten Gefahrzusammenhang, der sich aus einer tödlichen Verletzung ergibt. Nicht der Nasenbeinbruch und die Prellungen, sondern psychische Umstände haben zum Tod des Opfers geführt. Das kann für eine fahrlässige Tötung, nicht aber für das Verbrechen einer Körperverletzung mit Todesfolge ausreichen. Denn der Tod des Opfers resultiert nicht, wie es notwendig wäre, aus der Art der Verletzung, sondern aus einer Disposition des Opfers, die auch aus zahlreichen anderen, nicht körperverletzungsbedingten Gründen zum Tode führen kann. Puppe betont: „In heftige Angst und Wut kann man einen Menschen auch dadurch versetzen, dass man ihn bedroht oder sonst terrorisiert.“42 Es kann sogar schon jede Beleidigung und jeder Ärger einen Herzinfarkt auslösen, ohne dass dies auch nur als schlicht fahrlässige Tötung erfassbar wäre. Ein Herzinfarkt, der nur psychisch vermittelt ist und nicht auf einer vorsätzlichen körperlichen Einwirkung auf das Herz beruht, sollte also aus dem Anwendungsbereich des § 227 StGB ausgeschieden werden. 2. Der Behandlungsverweigerungs-Fall43 Zwei Angeklagte hatten eine trunksüchtige Frau so schwer am Kopf verletzt, dass sie im Krankenhaus behandelt werden musste. Sie wurde darauf hingewiesen, dass ihr Leben bei einem vorzeitigen Verlassen des Krankenhauses gefährdet sei. Sie verließ trotzdem das Krankenhaus, um weitertrinken zu können und starb daraufhin an Gehirnblutungen, die bei stationärer Beobachtung erfolgreich hätten behandelt werden können. Auch in diesem Fall hat der BGH eine Körperverletzung mit Todesfolge angenommen. „Dass eine alkoholkranke […] Frau dem Drang nach weiterem Alkohol nachgibt und sich einer stationären Krankenhausbehandlung widersetzt, auch wenn sie eindringlich auf die für sie bestehende Lebensgefahr hingewiesen wird, widerspricht auch dann nicht jeder Erfahrung, wenn sie […] den Ernst der Lage für sich selbst verkannt hat.“ Auch hier lässt es der BGH genügen, dass der Tod der Verletzten aufgrund eines Geschehensablaufs eingetreten ist, „der nicht außerhalb der Lebenserfahrung schlechthin lag“. Das begründet aber nur eine Vorhersehbarkeit nach § 222 StGB; und selbst eine einfache fahrlässige Tötung wäre dann ausgeschlossen, wenn man bei der Frau eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung annehmen könnte,44 wozu der BGH sich nicht äußert. Eine letale Körperverletzung im Sinne des § 227 StGB lag jedenfalls nicht vor, weil die Verletzungen erfolgreich behandelt worden wären, wenn nicht die Frau selbst ihre Rettung vereitelt hätte. Der Fall ist also nicht anders zu behandeln als die oben (II. 1.) geschilderten Sachverhalte, bei denen der Tod auf einem selbstschädigenden Verhalten des Opfers beruhte. 42
Puppe (Fn. 20), S. 219. BGH NStZ 1994, S. 394. 44 Dazu auch Puppe (Fn. 20), S. 212. 43
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3. Die Todesverursachung als „medizinische Rarität“45 Der Angeklagte hatte im Verlauf eines Streites den René D. „mit der Spitze des beschuhten Fußes kräftig gegen den Oberkörper getreten […]. Dabei achtete der Angekl. nach seinen Angaben darauf, den D nicht am Kopf zu treffen, weil er um die Gefährlichkeit von Tritten gegen den Kopf wusste.“ René D. starb an dem Fußtritt infolge einer „Reizung des Solarplexus“, die zum Herzstillstand führte. Der Sachverständige stellte fest, dass „jeder Tritt gegen den Rumpf eines am Boden liegenden Menschen eine gefährliche Begehungsweise“ darstelle, „da dann stets das Risiko erheblicher Verletzungen bestehe, sei es durch Leber- oder Milzriss oder […] Rippenbrüche mit Einsprießungsverletzungen; bei dem Reflextod, der durch Reizungen des Solarplexus eintritt, handele es sich aber um eine ,medizinische Rarität‘, die nicht zum Allgemeinwissen gehöre“46. Trotzdem will der BGH eine Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB annehmen. Die Vorhersehbarkeit brauche sich „nicht auf alle Einzelheiten des zum Tode führenden Geschehensablaufs zu erstrecken […] Vielmehr genügt die Vorhersehbarkeit des Erfolges im Allgemeinen […].“ Einer derart pauschalen Bejahung des deliktspezifischen Gefährdungszusammenhanges ist jedoch zu widersprechen. Eine qualifizierte Risikoverwirklichung kann nicht allein deshalb bejaht werden, weil ein Fußtritt voraussehbarerweise zu einem tödlichen Leber- oder Milzriss oder zu Einsprießungsverletzungen mit Todesfolge führen kann. Eine nicht voraussehbare Todesart (Reizung des Solarplexus) kann nicht allein deswegen einen qualifizierten Zurechnungszusammenhang herstellen, weil andere, aber nicht verwirklichte Todesarten voraussehbar gewesen wären. Dem BGH unterläuft hier derselbe Fehler wie schon im Hochsitz-Urteil: Dass das Umwerfen des Hochsitzes tödlich hätte wirken können, begründet keine Körperverletzung mit Todesfolge, wenn das Opfer nicht daran, sondern an der unzureichenden Behandlung des durch seinen Sturz verursachten Knöchelbruchs gestorben ist. Gewiss muss der Täter nicht alle Einzelheiten des tödlichen Kausalverlaufs vorhersehen können. Aber Hardtung verlangt mit Recht, „Risikogruppen nach verschiedenen Todesverläufen zu bilden“47. Leberriss, Milzriss, Rippenbrüche und Reizungen des Solarplexus sind ganz verschiedene Todesursachen. Der Täter muss die jeweilige Todesart nur in ihren wesentlichen Zügen voraussehen können. Die Voraussehbarkeit ganz anderer Todesarten genügt aber nicht für einen deliktsspezifischen Zurechnungszusammenhang.
45
BGH StV 2008, S. 406 m. Anm. Hardtung, S. 407. Hier und auch im Folgenden StV 2008, S. 407. 47 Hardtung (Fn. 45), S. 209; dem BGH dagegen zustimmend Steinberg (Fn. 9), S. 73. 46
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4. Die mitwirkende Verantwortung Dritter Ein deliktsspezifischer Gefahrzusammenhang im Sinne des § 227 StGB kann ferner nur dann angenommen werden, wenn einem unmittelbar erfolgsverwirklichenden Täterhandeln nicht die verantwortliche Mitwirkung Dritter entgegensteht. Ein Beispiel für die aktive Selbsteinschaltung eines Dritten liefert der „Pseudoselbstmord-Fall“48 Der Angeklagte hatte das Opfer in dessen Wohnung mit einem Gummihammer bewusstlos geschlagen und für tot gehalten. Er erzählte dies seinem Neffen, der daraufhin in die Wohnung des Opfers ging und den vermeintlich Toten zur Vortäuschung eines Selbstmordes an der Türklinke aufhängte. Nach den Feststellungen des Sachverständigen waren die Kopfverletzungen zwar tödlich; in concreto war der Tod aber erst durch die Strangulation an der Türklinke herbeigeführt worden. Nach dem BGH soll der Angeklagte eine vollendete Körperverletzung mit Todesfolge begangen haben. Dabei verweist das Gericht auf früher entschiedene Fälle, „in denen der Täter durch eine […] nicht notwendig zum Tode führende Körperverletzung zwar eine Bedingung für den Eintritt des Todes gesetzt hatte, diese aber unmittelbar erst durch das die eigentliche Todesgefahr hervorrufende Eingreifen eines Dritten herbeigeführt wurde“49. In solchen Fällen fehle der Unmittelbarkeitszusammenhang. Im konkreten Fall jedoch habe der im Interesse des Täters handelnde Dritte den „Tod des von ihm bereits für tot gehaltenen Opfers“ nur unabsichtlich beschleunigt. Das rechtfertige „bei wertender […] Betrachtung die Annahme eines spezifischen Gefahrverwirklichungszusammenhangs zwischen Körperverletzung und Todesfolge“. Diese Annahme ist nicht haltbar.50 Denn der Angeklagte hatte nicht die konkrete Todesursache (Strangulation) herbeigeführt. Er hatte vielmehr einen tödlichen Kausalverlauf eingeleitet, der zum Tode geführt hätte, diesen aber nicht herbeigeführt hat, weil der Neffe ihn durch eine andere Todesursache ersetzt hat. Es handelt sich um einen Fall der sog. überholenden Kausalität, der nach allgemein anerkannten Grundsätzen eine Erfolgszurechnung zum Erstverursacher ausschließt. Puppe51 sagt mit Recht, die Grundsätze der überholenden Kausalität gälten nicht nur dann, „wenn die im Täterverhalten angelegte Kausalkette insgesamt durch den neuen Kausalverlauf verdrängt wird, sondern nur derjenige Teil von ihr, der das Unmittelbarkeitserfordernis und das Erfordernis der Realisierung der spezifischen Körperverletzungsgefahr begründet“. Eine Mitverantwortung Dritter schließt aber den für § 227 StGB zu fordernden spezifischen Gefahrzusammenhang nicht nur dann aus, wenn dieser aktiv den Tod durch eine bewusste Handlung herbeiführt. Es genügen auch pflichtwidrige Unter48
BGH NStZ 1992, S. 333 f. NStZ 1992, S. 334. 50 Durchschlagende Kritik bei Puppe (Fn. 20), S. 208 – 211. Auf S. 208, Fn. 296 werden auch die übrigen Anmerkungen zu dieser Entscheidung nachgewiesen. 51 Puppe (Fn. 20), S. 209. 49
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lassungen, selbst wenn diese nur fahrlässig sind. Als Beispiel sei nur auf den schon behandelten Hochsitz-Fall verwiesen, wo der vom Angeklagten verursachte Knöchelbruch nur dadurch zum Tod des Opfers geführt hat, dass keinerlei Vorkehrungen gegen eine mögliche Lungenembolie des Opfers getroffen wurden. Der Knöchelbruch als solcher barg keineswegs eine für die Heranziehung des § 227 StGB ausreichende Todesgefahr. Diese wurde erst durch die Behandlungsversäumnisse geschaffen, die den Angeklagten möglicherweise schon von der Vorhersehbarkeit des Kausalverlaufs, jedenfalls aber von der Zurechnung eines gefahrspezifischen Zusammenhanges entlasten. 5. Die Herbeiführung tödlicher Stürze Zum Schluss sei noch einmal auf tödliche Stürze eingegangen, die, soweit sie auf Handlungen des Opfers beruhen, schon anhand klassischer Beispiele (Rötzel-Fall, Fenstersturz-Fall) erörtert worden sind. Wir waren zu dem Ergebnis gekommen, dass solche Fälle keine Strafbarkeit nach § 227 StGB begründen können. Wie ist es aber, wenn eine Körperverletzung nicht schon als solche, sondern durch eine mit ihr unmittelbar verbundene weitere, nicht durch eine Handlung des Opfers vermittelte tödliche Gefahr zum Tode führt? Zum Beispiel wird bei einer Schlägerei das Opfer durch einen Schlag des Täters auf eine von Autos stark frequentierte Straße geschleudert und dort von einem Wagen, der nicht mehr gebremst werden kann, mit tödlicher Wirkung überfahren52 oder jemand fällt infolge eines kräftigen Stoßes mit tödlicher Wirkung in eine Teigmaschine53 oder eine tätliche Auseinandersetzung in den Bergen führt zu einem Bergsturz mit tödlichen Folgen. Die Anhänger der Letalitätstheorie lehnen hier überwiegend eine Körperverletzung mit Todesfolge ab. Hirsch54 räumt zwar ein, „dass bei ihnen mit dem Körperverletzungserfolg das Risiko verbunden war, das sich im Tod der Opfer realisiert hat“. Dagegen spreche aber, „dass sich das Todesrisiko hier nicht aus der Intensität der Verletzung […] ergibt, sondern daraus, dass durch die Körperverletzung eine Lage entsteht, in der andere Todesfaktoren wirksam werden können“. Es fragt sich jedoch, warum es auf die „Intensität“ der Ursprungshandlung ankommen soll, wenn diese Handlung unvermeidbar und voraussehbarerweise zum Tode führen konnte. Hirsch führt weiter aus, dass keine tatbestandsspezifische Folge des § 223 StGB vorliege, zeige „sich besonders deutlich daran, dass das Risiko des mittelbaren Todeseintritts ebenso durch eine Nötigung oder Freiheitsberaubung oder ohne Verwirklichung eines Vorsatztatbestands (etwa wenn jemand das Opfer erschrickt oder dies dadurch den Halt verliert) entstehen könne“. Aber in allen diesen Fällen beruht der 52
So etwa RGSt 44, 137. OGHSt 1, 357. 54 Hirsch (Fn. 36), S. 130.
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Erfolg auf einer psychisch vermittelten Reaktion des Opfers, die sich der konkreten Einflussnahme und Vorhersehbarkeit des Täters entzieht. In den hier diskutierten Fällen führt aber die Körperverletzung als solche ohne eine zwischengeschaltete Handlung des Opfers zum Tod. Der tödliche Sturz ist mit der Verletzung durch den Täter unvermeidlich verbunden. Man wird also die Letalitätstheorie ein wenig erweitern und eine Körperverletzung mit Todesfolge im Sinne des § 227 StGB auch dann annehmen müssen, wenn nicht die verletzende Handlung als solche, sondern ein mit ihr unvermeidbar verbundener, aber voraussehbarer weiterer Erfolg den Tod des Opfers herbeiführt. Mit Kindhäuser55 sollte man also genügen lassen, dass sich „die mit der Verletzungshandlung konkret verbundene Todesgefahr“ realisiert, sofern dabei Handlungen oder Unterlassungen des Verletzten oder Dritter nicht mitwirken. Ich widme diesen Beitrag dem verehrten Kollegen Sancinetti mit herzlichen Glückwünschen zum Geburtstag! Da das argentinische Strafrecht in Art. 81 I b eine Vorschrift enthält, die der Körperverletzung mit Todesfolge sehr ähnlich ist, hoffe ich, dass meine Überlegungen auch dort zur Diskussion der von mir behandelten Probleme beitragen können. Literatur Engländer, Armin: Der Gefahrzusammenhang bei der Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen, NStZ 2018, S. 135 – 140. Engländer, Armin: Der Gefahrzusammenhang bei der Körperverletzung mit Todesfolge, GA 2008, S. 669 – 685. Geilen, Gerd: Unmittelbarkeit und Erfolgsqualifizierung, in: Günther Stratenwerth u. a. (Hrsg.), Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag, Berlin 1974, S. 655 – 682. Graul, Eva: Urteilsanmerkung zur Entscheidung des BGH v. 17. 02. 1992 – 5 StR 34/92, JR 1992, S. 344 – 346. Hardtung, Bernhard: Urteilsanmerkung zur Entscheidung des BGH v. 15. 11. 2007 – 4 StR 453/ 07, StV 2008, S. 407 – 411. Hirsch, Hans-Joachim: Urteilsanmerkung zur Entscheidung des BGH v. 30. 06. 1982 – 2 StR 226/82, S. 78 – 83. Hirsch, Hans-Joachim: Der „unmittelbare“ Zusammenhang zwischen Grunddelikt und schwerer Folge beim erfolgsqualifizierten Delikt, in: Rolf Dietrich Herzberger (Hrsg.), Festschrift für Dietrich Oehler zum 70. Geburtstag, Köln 1985, S. 111- 133. Kindhäuser, Urs: Strafrecht Besonderer Teil I, 5. Auflage, Baden-Baden 2011. Kindhäuser, Urs u. a. (Hrsg.): NomosKommentar. Strafgesetzbuch, Band. 1, 4. Auflage, BadenBaden 2013. 55
Kindhäuser, Strafrecht Besonderer Teil I, 5. Aufl. 2012, § 20 Rn. 10.
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Laue, Christian: Ist der erfolgsqualifizierte Versuch einer Körperverletzung mit Todesfolge möglich?, JuS 2003, S. 743 – 747. Puppe, Ingeborg: Die Erfolgszurechnung im Strafrecht, Baden-Baden 2000. Puppe, Ingeborg: Urteilsanmerkung zur Entscheidung des BGH v. 09. 10. 2002 – 5 StR 42/02, JR 2003, S. 123 – 125. Roxin, Claus: Strafrecht Allgemeiner Teil, Band 1, 4. Auflage, München 2006. Steinberg, Georg: Faktischer Verzicht auf den „spezifischen Gefahrzusammenhang“, NStZ 2010, S. 72 – 77.
Einwilligung in gemeingefährliche Straftaten* Von Brian Valerius
I. Widmung und Dank Mit Marcelo A. Sancinetti hatte ich meinen ersten Kontakt im Frühjahr 2016. Anlass war die Übersetzung des von Eric Hilgendorf und mir verfassten Kurzlehrbuchs zum Allgemeinen Teil des Strafrechts in das Spanische und dessen Veröffentlichung im südamerikanischen Raum, nicht zuletzt in Argentinien, für die der ehrwürdige Jubilar maßgeblich verantwortlich zeichnete und für die ich ihm zu immerwährendem Dank verpflichtet bin. Schon aus diesem Grund lag es nahe, ihm in dieser Festschrift einen Beitrag mit dem Schwerpunkt im Allgemeinen Teil zu widmen, mit dessen Fragestellungen er sich in zahlreichen Veröffentlichungen auseinandergesetzt hat.
II. Einführung in die Problematik 1. Gemeine Gefahr und individuelle Einwilligung Die nachfolgenden Ausführungen beschäftigen sich mit dem Anwendungsbereich der Einwilligung, die nach einem allgemein anerkannten Grundsatz den strafrechtlichen Schutz von Universalrechtsgütern mangels deren Disponibilität nicht preiszugeben vermag. Ob dieses Dogma uneingeschränkt zutrifft, soll anhand einzelner Delikte aus dem 28. Abschnitt des Besonderen Teils des deutschen Strafgesetzbuchs untersucht werden, der ausweislich der amtlichen Überschrift „Gemeingefährliche Straftaten“ zum Gegenstand hat. Was unter einer Gemeingefahr, unter einer Gefahr für die Allgemeinheit zu verstehen bleibt, lässt sich dem Gesetz derzeit nicht entnehmen. In Anlehnung an die Definition in § 315 Abs. 3 StGB a.F.1 kann darunter aber die Gefahr verstanden werden, dass eine unbestimmte Vielzahl individueller Rechtsgüter verletzt wird, nicht zuletzt – wie die unter anderem in § 306 f Abs. 2, § 307 Abs. 1 und Abs. 2, § 308 Abs. 1, § 315b Abs. 1, § 315c Abs. 1 und § 315d * Für die wertvolle wie weiterführende Diskussion der folgenden Überlegungen bedanke ich mich herzlich bei meiner studentischen Mitarbeiterin Svenja Wölfel. 1 § 315 Abs. 3 StGB a.F. lautete zwischen dem 1. 9. 1935 und dem 2. 1. 1965: „Gemeingefahr bedeutet eine Gefahr für Leib oder Leben, sei es auch nur eines einzelnen Menschen, oder für bedeutende Sachwerte, die in fremdem Eigentum stehen oder deren Vernichtung gegen das Gemeinwohl verstößt.“
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Abs. 2 StGB verwendete Formulierung „Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet“ belegt – Leib oder Leben eines Menschen oder auch erhebliche Sachwerte.2 Welche Interessen ein gemeingefährliches Delikt im Einzelnen schützen will, bleibt sodann durch dessen Auslegung zu ermitteln.3 Der Annahme einer Gemeingefahr steht hierbei nicht entgegen, dass im konkreten Fall tatsächlich nur eine einzige Person oder Sache gefährdet wird, sich die Eignung der Tat, eine Vielzahl von Menschen und bedeutenden Sachwerten zu gefährden, unter den jeweiligen, vom Täter in der Regel nicht beherrschbaren Umständen lediglich auf ein einziges Rechtsgut auswirkt. Allerdings kann in diesem Fall allein dann von einer Gemeingefahr gesprochen werden, wenn die betroffene Person bzw. Sache die Allgemeinheit repräsentiert, d. h. an deren Stelle auch eine beliebige andere Person oder Sache der Gefahr hätte ausgesetzt sein können.4 Etwas anderes gilt hingegen, wenn der Täter das Opfer der Tat bewusst aus einer unbestimmten Vielzahl von Personen aussondert.5 Mit ihrem Anliegen, vor solchen Gemeingefahren zu schützen, geht im Übrigen nicht einher, dass die gemeingefährlichen Delikte stets auch tatbestandlich eine Gefahr für die Allgemeinheit voraussetzen. Vielmehr ist lediglich in § 323c Abs. 1 StGB von „gemeiner Gefahr“ – als neben dem Unglücksfall und einer gemeinen Not jedoch nur einer von drei alternativen Gefahrenlagen – die Rede und stellt § 314 StGB die „Gemeingefährliche Vergiftung“ unter Strafe.6 Bei den weitaus meisten Straftatbeständen der §§ 306 ff. StGB bildet der Schutz der Allgemeinheit hingegen nur das gesetzgeberische Motiv, will der Normsetzer somit generell Verhaltensweisen unterbinden, denen er ein entsprechendes Gefahrenpotential zuschreibt.7 Nicht wenige Delikte in diesem Abschnitt, unter anderem § 306a Abs. 1, § 314, § 315d Abs. 1 und § 316 StGB, sind demzufolge als abstrakte Gefährdungsdelikte ausgestaltet. Andere Vorschriften, namentlich § 306a Abs. 2, § 308, § 315 bis § 315c und § 315d Abs. 2 StGB, setzen als konkrete Gefährdungsdelikte tatbestandlich eine Gefahr für ein individuelles Rechtsgut8 oder, so unter anderem § 309 und § 311 StGB, als sog. abstrakt-konkrete oder auch potentielle Gefährdungsdelikte die Eignung des Tatmittels etc. voraus, ein solches Rechtsgut zu beeinträchtigen. 2
Schönke/Schröder/Heine/Bosch, Vor §§ 306 ff. Rn. 19. Schönke/Schröder/Heine/Bosch, Vor §§ 306 ff. Rn. 19. 4 BT-Drs. IV/651, S. 23 zur Begründung der Streichung des § 315 Abs. 3 StGB a.F.; s. auch BGHSt 11, 199, 203. 5 BGHSt 11, 199, 201. 6 Hierauf verweisen etwa schon Schönke/Schröder/Heine/Bosch, Vor §§ 306 ff. Rn. 1a. 7 Vgl. Schönke/Schröder/Heine/Bosch, Vor §§ 306 ff. Rn. 1a. 8 Bei der Neufassung der §§ 315 bis 315c StGB als konkrete Gefährdungsdelikte durch das Zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 26. 11. 1964 (BGBl. I, S. 921) wurde jedoch betont, dass auch hier der gesetzgeberische Grund die abstrakte Gefahr für eine unbestimmte Zahl von Menschen oder Sachen sei. Dass das frühere Tatbestandsmerkmal der Gemein- durch eine Individualgefahr ersetzt wurde, soll lediglich ebenso Fälle erfassen, in denen das betroffene Rechtsgut individuell bestimmt sei und nicht die Allgemeinheit repräsentiere (BT-Drs. IV/651, S. 23). 3
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Während bei abstrakten Gefährdungsdelikten Einigkeit darüber besteht, dass eine Einwilligung nicht von Bedeutung ist,9 erweist sich bei den zuletzt genannten Deliktsarten als fraglich, ob und ggf. inwieweit die Zustimmung des Betroffenen die Strafbarkeit aufzuheben vermag. 2. Beispiele a) Brandstiftung (§ 306 StGB) mit Zustimmung des Eigentümers des Tatobjekts Um die beschriebene Problemlage zu veranschaulichen, werden im Folgenden einige ausgewählte Beispiele zu den §§ 306 ff. StGB erläutert, in denen die rechtliche Bedeutung der Einwilligung mitunter kontrovers diskutiert wird. Dies gilt zunächst für die Brandstiftung an einem der in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 6 StGB genannten Tatgegenstände mit Zustimmung des Eigentümers. Da die Brandstiftung ausdrücklich voraussetzt, dass die abschließend aufgelisteten Tatobjekte für den Täter „fremde“ sind, wird die Vorschrift vielfach als qualifiziertes – im Abschnitt der gemeingefährlichen Straftaten an sich deplatziertes – Sachbeschädigungsdelikt angesehen.10 Wie die Sachbeschädigung nach § 303 StGB wäre folglich auch die Brandstiftung gemäß § 306 StGB einwilligungsfähig.11 Aber selbst die vorzugswürdige Gegenansicht, die § 306 StGB wegen der systematischen Stellung der Vorschrift, des Willens des Gesetzgebers und des nur auf diese Weise erklärbaren hohen Strafrahmens ein gemeingefährliches Element bescheinigt,12 schreibt der Einwilligung überwiegend eine rechtfertigende Wirkung zu.13 Auch wenn der Eigentümer einer Sache bezüglich der generellen Gefährlichkeit der Tat nicht dispositionsbefugt sei, sei wegen der Einwilligung in die Verletzung des Eigentums das Unrecht der Brandstiftung doch nicht voll verwirklicht.14 Unumstritten ist dies indessen zumindest dann nicht, wenn mit der Rechtsprechung davon ausgegangen wird, dass bei dem Schutz mehrerer, zum Teil nicht einwilligungsfähiger Rechtsgüter durch eine Norm eine Einwilligung nur dann in Betracht komme, wenn das nicht einwilligungsfähige Rechtsgut so unbedeutend erscheine, dass es außer Be9
Exemplarisch für § 306a Abs. 1 StGB MüKo/Radtke, § 306a Rn. 59. Fischer, § 306 Rn. 1; Schönke/Schröder/Heine/Bosch, § 306 Rn. 1; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, BT, § 37 Rn. 16. 11 S. nur Schönke/Schröder/Heine/Bosch, § 306 Rn. 11; kritisch Arzt/Weber/Heinrich/ Hilgendorf, BT, § 37 Rn. 16 Fn. 34. 12 BGH NJW 2001, 765, 765; NJW 2016, 2349, 2350; BGHSt 63, 111, 113; Börner, Ein Vorschlag zum Brandstrafrecht, 2006, S. 3 ff.; Duttge, JURA 2006, 15, 16; Radtke, ZStW 110 (1998), 848, 857 f. 13 So etwa BGH NJW 2003, 1824; StV 2007, 584, 585; MüKo/Radtke, § 306 Rn. 61 f. 14 MüKo/Radtke, § 306 Rn. 61; Radtke, ZStW 110 (1998), 848, 861; s. auch BeckOK/von Heintschel-Heinegg, § 306 Rn. 26.2. Allgemein zur Einwilligung bei Delikten, die sowohl Universal- als auch Individualrechtsgüter schützen, LK/Rönnau, Vor §§ 32 ff. Rn. 176; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, Vor §§ 32 ff. Rn. 36. 10
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tracht bleiben dürfe.15 Da eine solche geringe Relevanz der gemeingefährlichen Komponente des § 306 StGB im Falle ihrer Anerkennung nicht zuteilwird, bliebe der Zustimmung des Eigentümers folgerichtig eine strafbarkeitsausschließende Wirkung verwehrt.16 b) Schwere Brandstiftung (§ 306a Abs. 2 StGB) mit Zustimmung des gefährdeten Betroffenen Wird durch eine Brandstiftung an einem der in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 6 StGB aufgelisteten Gegenstände die Gesundheit eines anderen Menschen gefährdet, steht eine schwere Brandstiftung nach § 306a Abs. 2 StGB im Raum. Die Zustimmung des Eigentümers des Tatobjekts ist hier unerheblich, da dieses ausweislich des Wortlauts der Norm nicht fremd sein muss und somit die Eigentumslage für die Tat unbeachtlich bleibt.17 Denkbar ist allerdings – mag dies in der Realität auch nur selten geschehen –, dass die in ihrer Gesundheit konkret gefährdete Person zustimmt. Auch in diesem Fall entfaltet die Zustimmung nach herrschender Meinung im Schrifttum als Einwilligung strafbarkeitsausschließende Wirkung,18 weil infolgedessen das Unrecht des Gefährdungsteils mit seiner individuellen Schutzrichtung entfalle.19 Stimmen, die wegen der gemeingefährlichen Dimension sämtlicher Brandstiftungsdelikte auch die Zustimmung des gefährdeten Menschen in das lediglich zusätzlich geschützte Individualrechtsgut als unerheblich erachten,20 sind vereinzelt geblieben. c) Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) mit Zustimmung des gefährdeten Betroffenen bzw. des Eigentümers der gefährdeten Sache Auch bei dem konkreten Gefährdungsdelikt des § 315c Abs. 1 StGB kann der Gefährdungsteil von einer Zustimmung des Betroffenen gedeckt sein. Anders als bei § 306a Abs. 2 StGB sind solche Fälle durchaus auch nicht praxisfern; verwiesen sei nur auf die Mitfahrt bei einem alkoholbedingt nicht mehr Fahrtüchtigen21 oder auf ein Autorennen auf öffentlichen Straßen mit riskanten Überholmanövern.22 Obwohl § 315c Abs. 1 StGB ähnlich wie § 306a Abs. 2 StGB aufgebaut ist und eine (in den Nummern 1 und 2 näher beschriebene, auf den Straßenverkehr bezogene) Tathandlung voraussetzt, die sodann zu einer (konkreten) Gefahr für Leib oder Leben 15
So BGHSt 5, 66, 68 zu § 164 StGB; 50, 80, 90 zu § 168 StGB. Börner, Ein Vorschlag zum Brandstrafrecht, 2006, S. 9; Duttge, JURA 2006, 15, 16 ff. 17 S. nur Fischer, § 306a Rn. 12; MüKo/Radtke, § 306a Rn. 59. 18 Fischer, § 306a Rn. 12; BeckOK/von Heintschel-Heinegg, § 306a Rn. 23; LK/Rönnau, Vor §§ 32 ff. Rn. 177; diff. MüKo/Radtke, § 306a Rn. 59: Rechtfertigung bei einverständlicher Fremdgefährdung, Tatbestandsausschluss bei eigenverantwortlicher Selbstgefährdung. 19 Rengier, BT II, § 40 Rn. 38. 20 Duttge, JURA 2006, 15, 17 f. 21 So etwa der Sachverhalt von BGH NStZ 1992, 370. 22 Siehe hierzu etwa BGHSt 53, 55. 16
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eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert führt, spricht die überwiegende Ansicht hier – anders als bei § 306a Abs. 2 StGB (siehe soeben II. 2. b)) – der Einwilligung des Gefährdeten bzw. des Eigentümers der gefährdeten Sache jegliche Bedeutung ab.23 Schließlich könne der Einzelne nicht über das geschützte Universalrechtsgut der Sicherheit des Straßenverkehrs im Allgemeinen verfügen.24 Eine durchaus beachtliche Gegenansicht betont hingegen die tatbestandlich vorausgesetzte konkrete Gefahr für einen Einzelnen, so dass § 315c StGB Individualrechtsgüter gleichberechtigt und nicht lediglich als Annex zur Sicherheit des Straßenverkehrs schütze.25 Demzufolge könne die Einwilligung des Betroffenen in die Gefährdung seiner Gesundheit oder seines Eigentums26 rechtfertigende Wirkung entfalten,27 lasse die Zustimmung doch einen wesentlichen Unrechtsteil der Norm entfallen.28 Ähnlich wird bei den konkreten Gefährdungsdelikten des § 315b Abs. 1 StGB29 sowie des noch jungen § 315d Abs. 2 StGB30 argumentiert.
III. Kritische Auseinandersetzung 1. Das Wesen und einzelne Voraussetzungen der Einwilligung Die Einwilligung wird als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts31 oder auch der allgemeinen Handlungsfreiheit32 des Einzelnen angesehen. Er selbst soll jedenfalls frei über seine Rechtsgüter verfügen und somit auch auf deren (straf-)rechtlichen Schutz verzichten können.33 Ob diese Zustimmung des Betroffenen stets bereits
23
BGH NZV 1992, 370, 370; NZV 1995, 80, 80 f. BGHSt 6, 232, 234; 23, 261, 264; 53, 55, 63; OLG Stuttgart NJW 1976, 1904, 1904; LK/ König, § 315c Rn. 161. 25 Schönke/Schröder/Hecker, § 315c Rn. 41. 26 Zu den Bedenken gegenüber einer wirksamen Einwilligung in Lebensgefährdungen BGHSt 49, 166, 175; 53, 55, 62 f.; BeckOK/Kulhanek, § 315d Rn. 74.1; NK/Zieschang, § 315b Rn. 41; hiergegen Eisele, BT I, Rn. 230. 27 MüKo/Pegel, § 315c Rn. 114; NK/Zieschang, § 315c Rn. 59; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, BT, § 38 Rn. 43. 28 LK/Rönnau, Vor §§ 32 ff. Rn. 177; MüKo/Schlehofer, Vor § 32 Rn. 151; Eisele, BT I, Rn. 1142; s. auch Roxin, AT I, § 13 Rn. 35. 29 S. etwa NK/Zieschang, § 315b Rn. 40. 30 So u. a. Schönke/Schröder/Hecker, § 315d Rn. 15; BeckOK/Kulhanek, § 315d Rn. 74; Hilgendorf/Valerius, AT, § 5 Rn. 109. 31 Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, Vor §§ 32 ff. Rn. 33. 32 NK/Paeffgen/Zabel, § 228 Rn. 3; Roxin, AT I, § 13 Rn. 12 ff. 33 NK/Paeffgen/Zabel, § 228 Rn. 3; LK/Rönnau, Vor §§ 32 ff. Rn. 146; Schönke/Schröder/ Sternberg-Lieben, Vor §§ 32 ff. Rn. 33. 24
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den Tatbestand ausschließt34 oder dies von Delikt zu Delikt unterschiedlich zu beurteilen bleibt, je nachdem, ob bereits der deliktische Gehalt des jeweiligen Tatbestandes (wie z. B. beim Hausfriedensbruch oder bei der Freiheitsberaubung) ein Handeln gegen den Willen des betroffenen Rechtsgutsinhabers voraussetzt, dessen Selbstbestimmung bzw. Handlungsfreiheit folglich als solche schützt,35 ist für die folgenden Überlegungen nicht von Bedeutung. Normiert sind die einzelnen Voraussetzungen der Einwilligung im Strafgesetzbuch nicht. Lediglich § 228 StGB enthält eine Anforderung in Gestalt der fehlenden Sittenwidrigkeit der Tat, die zudem nur für die Körperverletzungsdelikte gilt.36 Im Übrigen ist die Einwilligung lediglich gewohnheitsrechtlich anerkannt.37 Zu den unumstrittenen Grundzügen der Einwilligung zählt vor allem, dass das preiszugebende Rechtsgut disponibel sein, d. h. überhaupt der Verfügbarkeit eines Einzelnen offenstehen muss.38 Hieraus wird gängig geschlussfolgert, dass nur bei Individualrechtsgütern wie etwa der Gesundheit – in den sich aus § 228 StGB ergebenden Schranken – oder des Vermögens eine wirksame Einwilligung in Betracht kommt. Bei Universalrechtsgütern wie z. B. der staatlichen Rechtspflege oder der Sicherheit des Straßenverkehrs wird hingegen eine Einwilligung generell ausgeschlossen.39 Aus dem Wesen der Einwilligung als Ausübung des Selbstbestimmungsrechts bzw. der Handlungsfreiheit folgt, dass ein Rechtsgut grundsätzlich nur derjenige preisgeben darf, in dessen Interesse der entfallende strafrechtliche Schutz steht.40 Dies ist in der Regel der Rechtsgutsträger.41 Nur ausnahmsweise – sei es kraft Rechtsgeschäfts oder kraft gesetzlicher Regelung – kann die Dispositionsbefugnis auf einen Dritten übergehen, der den betroffenen Rechtsgutsinhaber wirksam vertritt.42 2. Universalrechtsgut gleich Universalrechtsgut? Um das Dogma „Universalrechtsgüter sind nicht disponibel“ kritisch zu hinterfragen, bedarf es zunächst eines näheren Blicks auf diese Interessen. Insoweit lässt sich 34 So etwa LK/Rönnau, Vor §§ 32 ff. Rn. 156; MüKo/Schlehofer, Vor § 32 Rn. 142 ff.; Roxin, AT I, § 13 Rn. 12 ff. 35 Hierfür Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, Vor §§ 32 ff. Rn. 33a; Baumann/Weber/ Mitsch/Eisele, AT, § 15 Rn. 122 f.; diff. auch NK/Paeffgen/Zabel, Vor §§ 32 ff. Rn. 156. 36 NK/Paeffgen/Zabel, § 228 Rn. 118; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 228 Rn. 1. 37 LK/Rönnau, Vor §§ 32 ff. Rn. 146a; Hilgendorf/Valerius, AT, § 5 Rn. 109; Baumann/ Weber/Mitsch/Eisele, AT, § 15 Rn. 117; Rengier, AT, § 23 Rn. 1. 38 MüKo/Schlehofer, Vor § 32 Rn. 151; Hilgendorf/Valerius, AT, § 5 Rn. 116; Rengier, AT, § 23 Rn. 9. 39 MüKo/Schlehofer, Vor § 32 Rn. 151; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, Vor §§ 32 ff. Rn. 36; Rengier, AT, § 23 Rn. 9. 40 MüKo/Schlehofer, Vor § 32 Rn. 162. 41 LK/Rönnau, Vor §§ 32 ff. Rn. 178; MüKo/Schlehofer, Vor § 32 Rn. 162; Hilgendorf/ Valerius, AT, § 5 Rn. 118; Rengier, AT, § 23 Rn. 13. 42 LK/Rönnau, Vor §§ 32 ff. Rn. 179; MüKo/Schlehofer, Vor § 32 Rn. 162.
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indessen schon bei oberflächlicher Betrachtung bemerken, dass Universalrechtsgüter durchaus verschieden sind. Hiermit ist nicht nur gemeint, dass es – wie bei den Individualrechtsgütern, bei denen etwa zwischen höchstpersönlichen Rechtsgütern und Vermögensinteressen unterschieden wird – zahlreiche wie vielgestaltige Belange gibt, die zum Universalrechtsgut erhoben werden können, sondern auch, dass sich der Bezug zur Allgemeinheit als Rechtsgutsinhaberin auf verschiedene Weise begründen lässt. So gibt es eher abstrakte oder von den Interessen des Einzelnen unabhängige oder übergeordnete Werte wie etwa die staatliche Rechtspflege, die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts, die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs mit Urkunden, die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes oder die Erhaltung der Umwelt auch für künftige Generationen, deren Gewährleistung zwar jedermanns Anliegen sein dürfte, ohne dass jedoch die Beeinträchtigung solcher Interessen zwingend eine (konkrete) Gefährdung oder Verletzung eines Individualrechtsguts nach sich zieht. Zu denken ist an eine Falschaussage vor Gericht, die sich auf dessen Entscheidung nicht auswirkt, oder an einen korrupten Amtsträger, der trotz eines angenommenen Vorteils eine inhaltlich zutreffende Diensthandlung verrichtet. Die entsprechenden Delikte setzen daher in der Regel tatbestandlich auch keine Gefährdung oder Verletzung eines Individualrechtsguts voraus, zu dem das ggf. enttäuschte Vertrauen auf den abstrakten Wert als solches nicht gereicht. Demgegenüber stehen Universalrechtsgüter, bei denen sich drohende Gefahren stets unmittelbar nur zu Lasten eines Individuums zu realisieren vermögen. Dies gilt nicht zuletzt für die Schutzgüter der gemeingefährlichen Delikte, welche die Allgemeinheit vor Beeinträchtigungen von Leib und Leben oder auch des Eigentums an bedeutenden Sachwerten bewahren wollen, drohen deren Gefährdungen und Verletzungen doch stets nur dem Einzelnen. Daher sehen auch die Straftatbestände, die solche Universalrechtsgüter schützen, nicht selten eine konkrete Gefährdung bzw. Verletzung eines Individualrechtsgutes voraus. 3. Schlussfolgerungen Wenn aber die Realisierung drohender Gefahren für ein derartiges Universalrechtsgut notwendigerweise nur den Einzelnen betrifft, erscheint es schon im Hinblick auf dessen Selbstbestimmungsrecht bzw. Handlungsfreiheit fragwürdig, eine Einwilligung kategorisch auszuschließen. Ansonsten könnte der Gesetzgeber allein durch die Abstrahierung oder die Addition von (als solchen verzichtbaren) Individualrechtsgütern ein (sodann nicht disponibles) Universalrechtsgut schaffen und dadurch der Einwilligung ihre strafbarkeitsausschließende Wirkung nehmen. Diese Bedenken ergeben sich nicht zuletzt dann, wenn sich die Risiken für ein Universalrechtsgut schon gegenüber einer bestimmten Person verdichtet haben, deren Gefährdung sogar ein Tatbestandsmerkmal bildet, die Strafbarkeit nach dem jeweiligen Delikt somit stets die Gefährdung oder auch Verletzung eines Individuums voraussetzt. Nach alledem ist davon auszugehen, dass auch Universalrechtsgüter disponibel sind, wenn sich deren Bezug zur Allgemeinheit lediglich daraus ergibt, dass sie an-
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erkannte Individualrechtsgüter unbestimmter Einzelner oder auch Individualinteressen sämtlicher Menschen schützen. Als unverzichtbar bleiben demgegenüber Universalrechtsgüter anzusehen, die sich gerade nicht oder zumindest nicht nur aus ausschließlich einzelnen Personen zuordenbaren Interessen zusammensetzen. Sind folglich Universalrechtsgüter unter den vorstehenden Voraussetzungen als disponibel anzusehen, stellt sich die Anschlussfrage, wem die Dispositionsbefugnis zusteht. Gewöhnlich darf (siehe schon oben III. 1.) nur der Rechtsgutsinhaber selbst über die eigenen Rechtsgüter verfügen. Demzufolge kann ein Universalrechtsgut, das sich aus der Summe von Individualrechtsgütern ergibt, grundsätzlich auch nur von sämtlichen Rechtsgutsinhabern gemeinsam preisgegeben werden. Eine solche Zustimmung aller ist selbstredend utopisch, so dass die Disponibilität bestimmter Universalrechtsgüter nur eine theoretische Relevanz zu erfahren scheint. Zumindest bei denjenigen Delikten, die zwar die Allgemeinheit insgesamt vor Gefahren bewahren wollen, tatbestandlich jedoch zumindest eine konkrete Gefährdung einzelner Menschen oder Sachen voraussetzen, könnte indessen ein Übergang der Dispositionsbefugnis auf diejenigen Personen erwogen werden, die im jeweiligen Einzelfall tatsächlich gefährdet sind. Denn in der gesetzgeberischen Entscheidung, die Strafbarkeit von der Gefährdung von Rechtsgütern einzelner Personen abhängig zu machen, wäre eine gesetzliche Regelung zu erblicken, damit die Dispositionsbefugnis über das in seinem Schutz derart konkretisierte Universalrechtsgut gerade diesen Betroffenen übertragen wird. Erforderlich ist in diesem Fall die Einwilligung sämtlicher Personen, deren Rechtsgüter konkret gefährdet oder verletzt werden. Selbst wenn die Übertragung der Dispositionsbefugnis etwa angesichts ihres Ausnahmecharakters abgelehnt werden würde, bliebe zu bedenken, dass ein mit seiner Gefährdung oder Verletzung einverstandener Betroffener die Allgemeinheit nicht zu präsentieren vermag. Charakteristisch für die Gemeingefahr, vor der das zu schützende Universalrechtsgut bewahrt werden soll, ist nach den obigen Überlegungen (siehe II. 1.) jedoch, dass an der Stelle der betroffenen Person bzw. Sache auch eine beliebige andere Person oder Sache gefährdet sein könnte. Diese Beliebigkeit und die hiermit einhergehende Repräsentantenstellung gehen indessen verloren, wenn der Täter das Opfer der Tat bewusst ausgewählt hat. Nichts anderes kann aber gelten, wenn der Betroffene eine solche bewusste Entscheidung trifft und sich mit seiner konkreten Gefährdung oder Verletzung – ggf. noch in Absprache mit dem Täter – einverstanden erklärt. Der Einzelne vermag im Rahmen seines Selbstbestimmungsrechts bzw. seiner Handlungsfreiheit selbst zu entscheiden, ob er die tatbestandliche Anknüpfung an seine Betroffenheit mitträgt oder diese gerade nicht als Ausdruck einer unerwünschten Gefährdung der Allgemeinheit gelten lassen will. Diese Überlegungen führen häufig zu demselben Ergebnis wie die verbreitete Argumentation, dass bei einer Zustimmung in die auf einen Einzelnen bezogene Gefährdungs- bzw. Verletzungskomponente eines Straftatbestandes, der außer Universal- auch Individualrechtsgüter schützt, das Unrecht der Tat nicht völlig verwirklicht sei und eine Strafbarkeit demzufolge ausscheide (siehe oben zu den Beispielen unter
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II. 2.). Die vorstehenden Ausführungen gehen aber insoweit über diesen Ansatz hinaus, als mit der Zustimmung des Betroffenen auch kein Unrechtsgehalt in Bezug auf die Gefährdung des Universalrechtsguts (mehr) vorliegt, sei es dass er über das geschützte Universalrechtsgut verfügen darf, wenn der gesetzliche Tatbestand an die Gefährdung bzw. Verletzung seiner eigenen Rechtsgüter anknüpft und ihm demzufolge die Dispositionsbefugnis stillschweigend überträgt, oder er infolge seiner Zustimmung die geschützte Allgemeinheit nicht mehr repräsentiert. Demzufolge erübrigt sich auch die Diskussion über die Bedeutung des die Allgemeinheit und des individualschützenden Teils und ob eine Einwilligung nur dann zulässig sein soll, wenn das geschützte Universalrechtsgut als nebensächlich anzusehen bleibt. 4. Behandlung der unter II.2. genannten Beispiele Um abschließend die vorstehenden Überlegungen auf die oben angeführten Beispiele anzuwenden: Die Brandstiftung gemäß § 306 StGB setzt zwar ein fremdes Tatobjekt voraus, durch dessen Inbrandsetzung etc. sodann – tatbestandlich nicht näher konkretisierte – Gemeingefahren z. B. für das Leben, die Gesundheit oder das Eigentum an bedeutenden Sachwerten entstehen. Dadurch wird der Eigentümer des Tatobjekts jedoch nicht zum Repräsentanten der Allgemeinheit, droht ein Brand schließlich auch andere Rechtsgüter als das Eigentum und auch andere Personen als den Eigentümer zu gefährden und zu verletzen, vor deren Beeinträchtigung § 306 StGB ebenfalls bewahren will. Ob die Einwilligung bei § 306 StGB rechtfertigenden Charakter hat, entscheidet sich folglich nicht zuletzt nach dem Verständnis der Norm (siehe schon oben unter II. 2. a)). Sofern hierin ausschließlich ein qualifiziertes Sachbeschädigungsdelikt und somit das Eigentum als alleiniges (Individual-)Rechtsgut gesehen wird, entfaltet die Einwilligung strafbarkeitsausschließende Wirkung. Wird hingegen der Sinn und Zweck des Straftatbestandes auch in dem Schutz vor Gemeingefahren erachtet, soll nach einer verbreiteten Auffassung im Schrifttum die Zustimmung des Eigentümers einen Teil des Gesamtunrechts entfallen lassen und folglich einer Strafbarkeit entgegenstehen. Ergänzend – und unter Betonung der im Rahmen dieses Beitrags aufgegriffenen Dispositionsbefugnis – wird auch erwogen, dem Einzelnen die Verfügungsmacht über in seinem Eigentum stehende Sachen nicht dadurch nehmen zu können, dass sie zum Tatobjekt eines gemeingefährlichen Delikts erhoben werden.43 Auf diese Weise würde jedenfalls der Wertungswiderspruch behoben werden, dass der Täter mit seinen eigenen Gegenständen nach Belieben verfahren darf und bei dem Inbrandsetzen etc. ihm gehörender Sachen nicht § 306 StGB verwirklicht, auch wenn Entstehung und Ausmaß von Gemeingefahren bei diesen Tathandlungen gerade nicht von dem Eigentum am Tatobjekt abhängen. Bei § 306a Abs. 2 StGB vermag mit der herrschenden Meinung die Einwilligung strafbarkeitsausschließende Wirkung zu entfalten. Schließlich knüpft der Gesetzge43
NK/Kargl, Vor §§ 306 ff. Rn. 4.
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ber mit dem Gefahrenmerkmal an einen konkreten Betroffenen an, dem daher die Verfügungsbefugnis über das mit der Norm verfolgte Anliegen zusteht, die Allgemeinheit vor Gesundheitsgefahren zu schützen, diese Allgemeinheit jedenfalls nicht repräsentiert. Gleiches gilt im Rahmen des § 315c StGB. Zwar wird insoweit das Interesse, Beeinträchtigungen des Lebens, der Gesundheit und des Eigentums an bedeutenden Sachwerten der einzelnen Verkehrsteilnehmer zu unterbinden, zusammenfassend wie griffig – und ermöglicht durch das gemeinsame Tatbestandsmerkmal des Verkehrs – als „Sicherheit des (Bahn-, Schiffs-, Luft- und nicht zuletzt) Straßenverkehrs“ bezeichnet und somit eine Unabhängigkeit von den Individualrechtsgütern der Verkehrsteilnehmer indiziert. Indessen dürften die einschlägigen Straftatbestände allein deren Schutz bezwecken und nicht etwa einen abstrakten Wert wie ein generelles Vertrauen in diese Verkehrsarten oder deren Funktionsfähigkeit zum Rechtsgut erheben. Demzufolge schließt die Einwilligung der gefährdeten Person ebenso bei § 315c Abs. 1 StGB die Strafbarkeit aus. Literatur Arzt, Gunther/Weber, Ulrich/Heinrich, Bernd/Hilgendorf, Eric: Strafrecht Besonderer Teil, 3. Auflage, Bielefeld 2015. Baumann, Jürgen/Weber, Ulrich/Mitsch, Wolfgang/Eisele, Jörg: Strafrecht Allgemeiner Teil, 12. Auflage, Bielefeld 2016. Börner, René: Ein Vorschlag zum Brandstrafrecht, Potsdam 2006. Cirener, Gabriele/Radtke, Henning/Rissing-van Saan, Ruth/Rönnau, Thomas/Schluckebier, Wilhelm (Hrsg.): Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 3, 13. Auflage, Berlin 2019. Duttge, Gunnar: Strafrechtliche Rätsel – Zur Bedeutung der Rechtsgutslehre für Einwilligung und Gesetzeskonkurrenz –, JURA 2006, S. 15 – 22. Eisele, Jörg: Strafrecht Besonderer Teil I. Straftaten gegen die Person und die Allgemeinheit, 5. Auflage, Stuttgart 2019. Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch, 66. Auflage, München 2019. Heintschel-Heinegg, Bernd von (Hrsg.): Beck’scher Online-Kommentar StGB, 44. Ed. 2019. Hilgendorf, Eric/Valerius, Brian: Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Auflage, München 2015. Joecks, Wolfgang/Miebach, Klaus (Hrsg.): Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1, 3. Auflage, München 2017. Joecks, Wolfgang/Miebach, Klaus (Hrsg.): Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 5, 3. Auflage, München 2019. Kindhäuser, Urs/Neumann, Ulfrid/Paeffgen, Hans-Ullrich (Hrsg.): Strafgesetzbuch, 5. Auflage, Baden-Baden 2017.
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Laufhütte, Heinrich Wilhelm/Rissing-van Saan, Ruth/Tiedemann, Klaus (Hrsg.): Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 11, 12. Auflage, Berlin 2008. Radtke, Henning: Das Brandstrafrecht des 6. Strafrechtsreformgesetzes – eine Annäherung, ZStW 110 (1998), S. 848 – 883. Rengier, Rudolf: Strafrecht Allgemeiner Teil, 11. Auflage, München 2019. Rengier, Rudolf: Strafrecht Besonderer Teil II. Delikte gegen die Person und die Allgemeinheit, 20. Auflage, München 2019. Roxin, Claus: Strafrecht Allgemeiner Teil, Band I (Grundlagen. Der Aufbau der Verbrechenslehre), 4. Auflage, München 2006. Schönke, Adolf/Schröder, Horst: Strafgesetzbuch. Kommentar, 30. Auflage, München 2019.
IV. Strafprozessrecht
La legitimidad de la internación de incapaces de culpabilidad como medida de seguridad penal Por Javier Esteban de la Fuente
I. Es para mí un honor participar en este homenaje a nuestro querido profesor doctor Marcelo A. Sancinetti, a quien respeto y admiro por su destacada trayectoria como jurista, no solo en la Argentina, sino también —como se desprende claramente de esta obra— en el exterior. Como ocurre en todas las disciplinas, hay personas que son diferentes porque tienen condiciones y capacidades que superan a la generalidad. Este es el caso Sancinetti, pues la calidad de sus trabajos, la profundidad de sus razonamientos y esa constante búsqueda de la excelencia permiten afirmar, sin exageración, que nos encontramos ante uno de los penalistas más destacados de nuestro ámbito. Tuve la suerte trabajar, desde hace varios años, en una de las cátedras del aquí homenajeado y no quiero dejar de expresar que, además de sus cualidades profesionales, ha puesto de manifiesto su honestidad y sus condiciones humanas, lo que en mi opinión es más importante que lo anterior. Mi intención en este breve trabajo es referirme a la internación coactiva de personas que han cometido hechos delictivos sin capacidad de culpabilidad, como consecuencia jurídico-penal, pero únicamente aludiré a la discusión teórica referida a si resulta o no legítimo contemplar un régimen penal de medidas, distinto e independiente del previsto en materia civil.
II. Existen dudas acerca de si es constitucional que el derecho penal se ocupe de reaccionar, a través del régimen de las medidas de seguridad, contra personas que no han sido declaradas culpables. Es decir, cabe preguntarse si es válido que esta rama jurídica contemple dentro de sus consecuencias a las medidas de seguridad para incapaces de culpabilidad o, por el contrario, se trata de un problema que debe ser abordado por el derecho civil, mediante la legislación que rige con respecto a los
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incapaces.1 El interrogante se presenta porque la consecuencia jurídico penal más importante y tradicional siempre ha sido la pena, que únicamente puede aplicarse contra quien ha cometido un hecho típico, antijurídico y culpable, pero en los casos que estamos analizando se trata medidas de naturaleza preventiva que se imponen respecto de quienes no pueden ser penados por falta de culpabilidad. Para algunos penalistas, las medidas de seguridad previstas como reacción penal contra personas incapaces son inconstitucionales, dado que implican imponer una pena sin culpabilidad.2 Es decir, se trata consecuencias penales restrictivas de derechos fundamentales, que en ciertos casos pueden ser tan graves como las propias penas —por ejemplo, cuando implican privación de la libertad como el supuesto de la internación—, razón por la cual debe regir plenamente el principio general que establece que no hay pena sin culpabilidad. Sin embargo, considero que las disposiciones legales sobre medidas de seguridad contra personas inimputables no resultan inconstitucionales y, por tanto, esta clase de consecuencia jurídico-penal resulta legítima. En rigor de verdad, no nos encontramos ante un problema constitucional, sino únicamente ante un asunto de carácter legal y político criminal. Dicho de otro modo, al diseñar la política criminal del estado debe decidirse qué clase de reacción corresponde aplicar para quien lleva a cabo una conducta típica y antijurídica —injusto— sin capacidad de culpabilidad, cuando existen suficientes razones para presumir que la patología psíquica que afecta al sujeto implica un serio riesgo de reiteración de hechos ilícitos. Corresponderá, por tanto, determinar si la respuesta estatal para casos de comisión de hechos delictivos sin culpabilidad debe efectuarse a través del derecho penal o, por el contrario, como ocurre con cualquier persona incapaz, se trata de una cuestión propia del derecho civil. Para despejar cualquier duda sobre este problema, hay que tener en cuenta lo siguiente: es evidente que el estado se encuentra legitimado para reaccionar coactivamente contra la persona que ha cometido un hecho delictivo sin capacidad de culpabilidad cuando existe peligrosidad.3 Al respecto, basta con advertir que, según la legislación psiquiátrica civil, es posible internar involuntariamente a un incapaz cuando existe riesgo psiquiátrico actual e inminente. En tal sentido, tanto el código civil y comercial de la nación (art. 41), como la ley nacional de salud mental —ley n.8 26.657 art. 20—, regulan supuestos de internación voluntaria e involun1
Arts. 41 ss. del Código Civil y Comercial de la Nación (CCCN) y disposiciones de la Ley Nacional de Salud Mental (ley n.8 26.656). 2 Ver Zaffaroni/Alagia/Slokar, Derecho Penal. Parte General, p. 925 ss. 3 Expresa Ziffer que “para la protección de la generalidad frente a los peligros que derivan de una persona es posible restringir su libertad, cuando esto aparece como necesario, es decir, cuando el peligro no puede ser evitado de otra manera, y cuando la restricción de la libertad mantiene una relación adecuada con la medida de la lesión que amenaza producirse. En otras palabras, una mirada sobre el derecho público demuestra rápidamente que la culpabilidad no es el único título que autoriza legítimamente al Estado a privar a un individuo de su libertad” (Ziffer, Medidas de seguridad. Pronósticos de peligrosidad en derecho penal, p. 97).
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taria. Pues bien, si es válido internar a un incapaz, aunque no haya cometido ningún hecho delictivo, cuando se diagnostica su peligrosidad, con más razón esto resultará legítimo cuando se trate de un individuo que ha cometido un hecho penalmente relevante. En consecuencia, si es legítimo que el estado reaccione coactivamente contra un incapaz peligroso, no puede dejar de serlo porque lo haga a través del derecho penal, cuando esa persona, a raíz de su patología, cometió un hecho delictivo. Por tanto, el estado puede seguir uno u otro criterio, de acuerdo a la decisión político criminal que se adopte, pero el hecho de que se decida mantener el régimen penal de medidas de seguridad no genera ningún problema constitucional. Puede optarse por uno u otro camino, y se trata de una cuestión opinable y discutible, pero en caso de escoger el de la reacción penal, no existe ninguna afectación de principios constitucionales. Obviamente, el adoptar uno u otro criterio depende, en gran parte, de la idea o concepción que se tenga sobre el derecho penal. Si se lo entiende exclusivamente como un sistema dirigido al castigo de culpables, nada tienen que hacer las medidas en este régimen.4 En cambio, la cuestión cambia si se acepta y pretende que el 4
Hegglin expresa que “… la solución legislativa, en tanto justifica la intervención penal en la peligrosidad del enfermo mental, entraña una contradicción. La peligrosidad es fundada en las condiciones personales del autor y fundamentalmente en la evolución de la enfermedad mental y, en ese sentido, no reconoce en el hecho cometido un límite ni guarda relación con éste. Una medida de carácter penal, en cambio, en tanto manifestación de un derecho penal de acto y no de autor fija en el hecho los límites de su intervención. En esas condiciones, la intervención de carácter penal prevista para contrarrestar la peligrosidad del enfermo mental no solo es inconstitucional por ser contraria a un derecho penal de acto, sino que además resulta ineficaz por encontrar en la gravedad del hecho cometido un límite a su alcance y duración” (Hegglin, Los enfermos mentales en el derecho penal, p. 335). Por ese motivo, en su opinión, excluir el control de los enfermos mentales declarados inimputables del sistema penal y aplicar el régimen civil “habría permitido arribar a una solución acorde con el principio constitucional de culpabilidad por el acto que rige en nuestro sistema penal y evitar así los intrincados laberintos a los que nos enfrenta con su solución el legislador” (p. 336). Es decir, la autora sostiene que “resulta imperioso replantearse la permanencia de las medidas de seguridad de los enfermos mentales inimputables en el ámbito del derecho penal y a sugerir, en su lugar, su exclusión hacia otro sistema jurídico que, sin incurrir en las contradicciones derivadas de atenerse, primero, al régimen penal y posteriormente al régimen civil, se ocupe de la intervención estatal prevista para la persona, en su condición de enferma mental y como tal vulnerable a una acción arbitraria, para intentar así obtener un pleno reconocimiento de sus derechos fundamentales” (p. 168). En similar sentido, considera que “[n]o hay motivos para establecer diferentes regímenes jurídicos entre quien cometió un injusto y es inimputable y quien no lo cometió” (p. 344). Por su parte, afirma que la ley nacional de salud mental “implica que la justicia penal no solo no debería ejercer el control de la medida de seguridad en caso de que se trate de una internación, sino que ni siquiera debería ser la que la ordene” (Plazas, Jurisprudencia penal, p. 149). Coincidentemente Caride critica la inclusión de las medidas de seguridad en el marco del derecho penal, dado que al “faltar la culpabilidad, el derecho penal se encuentra con un límite” y la protección debe buscarse a través del derecho civil, por lo que “será cuestión de darle crédito a los operadores en ese ámbito y a la eficacia de las medidas que se puedan tomar por fuera del derecho penal, no solo en cuanto a evitar que se
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derecho penal también cumpla una función preventiva. Cuando la conducta del sujeto inimputable constituye un hecho ilícito penal, nos encontramos, en rigor de verdad, ante un problema que es penal y es razonable, por tanto, que su abordaje sea, precisamente, a través del derecho penal.5 Por tal motivo, debe afirmarse y aceptarse la naturaleza penal de las medidas de seguridad para sujetos incapaces de culpabilidad.6 A diferencia de la pena, estas consecuencias no suponen una retribución al hecho ilícito y a la culpabilidad del autor, sino que persiguen exclusivamente fines preventivos.7 Fundamentalmente, las medidas procuran objetivos de prevención especial, tanto positiva —rehabilitar a través del tratamiento—, como negativa —aislar a quien resulta peligroso para la
dañe a sí mismo el afectado, sino al cuidado de los terceros” (Caride, Revista Derecho Penal 2 (5), 159). 5 Como lo afirma Sierra López, “… una intervención en la libertad personal más allá de la pena medida por la culpabilidad, solo puede admitirse como necesidad social frente a la lesión importante de un bien jurídico” (Sierra López, Las medidas de seguridad en el nuevo Código Penal, p. 68). Es por ello que considera a estas consecuencias como “sanciones penales subsidiarias, en el sentido de que satisfacen las necesidades de protección de la sociedad, en el ámbito no admitido por la pena” (p. 70). 6 Con razón destaca Romeo Casabona que: “Las medidas de seguridad constituyen otra consecuencia jurídica significativa del Derecho Penal moderno” (Romeo Casabona, Derecho Penal. Parte General, p. 16). Por tal motivo, destaca que: “A la peligrosidad criminal, como presupuesto para la aplicación de cualquier medida de seguridad, en cuanto implica un doble juicio diagnóstico y pronóstico sobre la probabilidad de un futuro comportamiento criminal, no puede negársele su naturaleza penal …, pues contribuye al cumplimiento de la función más característica de las medidas de seguridad: la prevención especial, con la que se persigue evitar la comisión de delitos futuros por parte de un individuo que esa misma peligrosidad revela como probable” (p. 19). 7 A partir de su concepción preventiva de la pena, sostiene Roxin que “… pena y medida de seguridad se diferencian no en el fin, sino en la limitación. La medida de seguridad no está ligada en su gravedad y duración a la medida de la culpabilidad, sino solo al principio de proporcionalidad, que admite injerencias más amplias que las permitidas por la pena” (Roxin, Derecho Penal. Parte General, p. 105). En su opinión, la facultad estatal para aplicar medidas se justifica en la idea de “ponderación de bienes”, pues “… puede privarse de libertad cuando su disfrute conduzca con una elevada probabilidad a menoscabos ajenos que globalmente pesan más que las restricciones que el causante del peligro debe soportar por la medida de seguridad” (p. 105). Jakobs, por su parte, afirma que: “Así como la pena es una reacción frente a un menoscabo de la autoridad de la norma, la medida de seguridad es una reacción a un peligro de repetición, objetivado en el hecho” (Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 38). En palabras de Sanz Morán, las medidas aquí estudiadas constituyen “un mecanismo jurídicopenal de respuesta al delito, complementario de la pena, aplicado conforme a la ley, por los órganos jurisdiccionales, en atención a la peligrosidad del sujeto, con finalidad correctora o asegurativa” (Sanz Morán, Las medidas de Corrección y de Seguridad en el Derecho Penal, p. 71). En su opinión “estamos ante medidas cuya imposición supone la previa realización de un delito; encuentran su fundamento en la peligrosidad criminal del sujeto a quien se aplican y se dirigen, en consecuencia, a la evitación de los futuros delitos que éste pudiera cometer …” (72).
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sociedad—,8 aunque también pueden cumplir fines de prevención general, dado que a través de estas se pone de manifiesto que el estado reacciona frente al quebrantamiento de las normas y, por tanto, se reafirma la vigencia del orden jurídico.9 En cuanto a esto último, hay que insistir que el inimputable, más allá de su incapacidad de culpabilidad, al cometer un hecho delictivo infringe una norma que da sustento al tipo penal realizado y que constituye una regla de convivencia social básica. Finalmente, el aceptar la naturaleza penal de las medidas de seguridad no implica que sea razonable contemplar esta clase de reacción frente a cualquier tipo de infracción normativa, tal como sucede actualmente con nuestro art. 34 inc. 1 CP. Por el contrario, parece más atinado limitar la intervención penal, a través de medidas, a hechos delictivos de mayor gravedad, es decir, para situaciones en las que, por tratarse de delitos que afecten severamente la convivencia social, los mecanismos ya previstos en la legislación civil resultan insuficientes.10
III. Una vez aceptada la legitimidad de la reacción penal a través de medidas de seguridad, es importante diferenciar esta clase de consecuencias jurídicas de las
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Al respecto, afirma Stratenwerth que “… estas sanciones se distinguen de la pena de modo fundamental, en la medida en que no contienen aquel reproche personal al autor que se halla indisolublemente ligado a la pena, sino que solamente persiguen fines preventivo-especiales, justamente, de ‘corrección’ del autor y de protección de la colectividad frente a él” (Stratenwerth, Derecho penal. Parte general, p. 50). Cerezo Mir expresa que estas consecuencias jurídico-penales “… se orientan exclusivamente en los fines de prevención especial (advertencia individual, corrección o enmienda del delincuente, inocuización) y se aplican a los delincuentes peligrosos” (Cerezo Mir, Derecho Penal. Parte General, p. 28). Mapelli Caffarena y Terradillos Basoco también consideran que mediante las medidas de seguridad “se persiguen objetivos de defensa social a través de la prevención especial” (Mapelli Caffarena/ Terradillos Basoco, Las consecuencias jurídicas del delito, p. 199). 9 Reconoce que las medidas ejercen un efecto secundario de prevención general (reafirmador de la norma) Jakobs, Derecho Penal. Parte General, p. 40. Sierra López expresa que “… la conciencia social se vería lesionada si ante la comisión de un hecho delictivo grave por parte de un enajenado, no se impusiere sanción alternativa a la pena (medida de internamiento). Esta grave perturbación social daría lugar a una desconfianza en la norma penal que requerirá la imposición de una sanción” (Sierra López, Las medidas de seguridad en el nuevo Código Penal, p. 96). 10 Es interesante recordar que en el anteproyecto de código penal del año 2014 —elaborado por una comisión presidida por Zaffaroni—, si bien se mantuvo el régimen de medidas de seguridad penal, se limitó a delitos de gravedad media o alta, reprimidos con penas privativas de libertad, cuyo máximo, supere los diez años (art. 39 ss.), estableciendo requisitos concretos y precisos en lo que respecta a la imposición, ejecución y cesación. En cambio, en el proyecto de código penal del año 2019 las medidas se contemplaron para cualquier hecho delictivo (art. 6).
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previstas en la legislación civil, que tienen por objetivo primordial la protección de incapaces, aunque también se les debe reconocer una finalidad preventiva. Ya hemos visto que el derecho civil establece un régimen de internación para personas incapaces, cuando exista riesgo psiquiátrico actual e inminente, siempre que constituya el último recurso terapéutico posible. Pues bien, las medidas civiles pueden adoptarse incluso cuando el sujeto no haya cometido ningún hecho disvalioso y, por otra parte, resultan aplicables tanto en casos de peligrosidad para terceros como en supuestos de peligrosidad para el propio incapaz.11 Asimismo, el régimen de ejecución de la internación civil es mucho menos riguroso, pues, de acuerdo a la evolución del tratamiento, se pueden otorgar al paciente permisos de salida e inclusive disponer el alta médica, sin necesidad de intervención judicial.12 Por el contrario, parece razonable que el régimen penal de medidas de seguridad sea más riguroso,13 pues no nos encontramos simplemente ante personas que 11
Como claramente lo expone Barreiro: “El criterio fundamental para poder discernir las medidas de seguridad criminales, es decir, las de relevancia jurídico-penal de las otras clases de medidas, radica en la distinción de sus presupuestos. Para aplicar las medidas de seguridad propiamente penales debe exigirse la previa comisión de un hecho previsto en la ley como delito y apreciar un estado de peligrosidad criminal, entendido como la situación personal del sujeto que permitirá deducir y pronosticar al juez acerca de la conducta probablemente delictiva de la persona considerada peligrosa. Por su parte, las medidas de seguridad de carácter administrativo podrán imponerse en base a la simple peligrosidad social (sin delito) o predelictual del sujeto” (Barreiro, Las medidas de seguridad en el derecho español, p. 89). Los requisitos que deben cumplirse para aplicar medidas penales, a diferencia de las civiles, son explicados claramente por el mismo autor, cuando los enumera de la siguiente forma: “1. Su presupuesto será la peligrosidad criminal, entendida como la probabilidad de que un sujeto cometerá un nuevo delito. Este juicio de pronóstico ha de tener lugar con ocasión de haber cometido el presunto peligroso un hecho previsto en la ley como delito. Este viene a ser un síntoma de la peligrosidad criminal del sujeto y sirve, además, para diferenciar las medidas de seguridad criminales de las administrativas. Solamente las medidas de seguridad posdelictuales podrán pertenecer al derecho penal; 2. Han de ser jurisdiccionales, es decir, impuestas por órganos de la jurisdicción ordinaria; 3. El objeto de estas medidas radica exclusivamente en la prevención del delito; 4. Su fin se encuentra encaminado a la resocialización del sujeto y a la seguridad de la sociedad; 5. Para su aplicación, el juez ha de tener en cuenta los tipos de estado peligroso y los límites de duración de las medidas previstos en la ley” (Barreiro, Las medidas de seguridad en el derecho español, p. 117). 12 Ver arts. 23 y 24 de la ley 26.657. 13 Nuestra Corte Suprema de Justicia ha entendido que en el caso de las medidas penales, “las condiciones de la internación pueden ser más rígidas, en virtud del carácter penitenciario de la institución psiquiátrica en la que el juez penal puede ordenar que la medida sea ejecutada” y que “la liberación o ‘externación’ es más dificultosa …, dado que el artículo 34 del código penal exige para ello una resolución judicial con previa audiencia de peritos y del Ministerio Público, mientras que en el régimen civil es el equipo de salud de la institución en la que se lleva a cabo la internación quien ha de tomar la decisión sobre ‘alta, externación o permisos de salida’ solo informando, en su caso, al juez interviniente (cf. art. 23 ley nacional de salud mental)”. En tal sentido, se sostuvo que “la distinción que el derecho establece es una distinción razonable basada en el hecho objetivo de que, en el caso penal, la afección mental ha llevado a quien la padece a cometer un ataque ilícito tal que podría haber dado lugar a una pena privativa de la libertad si no hubiera sido el resultado de su incapacidad” (del dictamen
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padecen anomalías psíquicas que las tornan riesgosas —para sí o para terceros— sino ante sujetos que han cometido hechos penalmente relevantes, es decir, hechos típicos y antijurídicos. Ya no se trata, por tanto, de una medida de protección del propio incapaz o de cualquier clase de riesgo para terceros, sino de una medida estatal de carácter preventivo, que se toma en resguardo de la sociedad, para evitar la comisión de graves hechos delictivos y que irroga una importante restricción de los derechos del inimputable. El inimputable penal no es un incapaz más, sino alguien que infringió una norma fundamental que da sustento a un tipo penal y que afectó un bien o interés jurídico-penalmente reconocido. Esto permite sostener que las medidas de seguridad constituyen un instrumento más en la lucha contra el delito y, por tanto, forman parte de los objetivos del derecho penal.14 Si aceptamos que las medidas de seguridad para sujetos inimputables deben diferenciarse de los mecanismos de protección que regula el código civil y la ley nacional de salud mental, entonces es perfectamente posible y conveniente que se establezcan estándares específicos para las medidas penales, tanto en lo que concierne a los requisitos necesarios para su imposición, como también para la cesación.15 Del mismo modo, se puede establecer un régimen de ejecución diferente, en lo que atañe a las distintas decisiones que deben adoptarse durante el tratamiento y con relación al tipo de establecimiento en el que deba cumplirse la medida.16 La situación atinente a los establecimientos de internación genera enormes problemas, pues, con excepción de los servicios psiquiátricos que funcionan en algunos establecimientos carcelarios, no existen centros de internación específicos para el cumplimiento de las medidas penales y los que corresponden al servicio público de salud no son de carácter cerrado e incluso la ley nacional de salud mental establece que las internaciones psiquiátricas deben llevarse a cabo en hospitales generales (arts. 27 y 28).
del procurador general al que adhirió la CSJN en el fallo “Antuña, Guillermo J.”, 13/11/12, Fallos 335:2228). 14 Véase De la Fuente, Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal 8 (1998), 289. 15 Debido a los objetivos y límites del presente trabajo, no puedo referirme al régimen de imposición, ejecución y cesación de las medidas de seguridad de carácter penal. 16 En cambio, Ziffer opina que: “… de lege ferenda, existen buenas razones en favor de la creación de un régimen legal unificado para los distintos supuestos de internaciones de enfermos mentales” (Ziffer, Medidas de seguridad. Pronósticos de peligrosidad en derecho penal, p. 263). Tras considerar que el pronóstico de que una persona se dañe a sí o a un tercero “puede ser ajeno al derecho penal, pero no al derecho”, Splolansky expresa que: “La razón por la cual la peligrosidad nada tiene que ver con la sanción retributiva, proviene de que ésta es la respuesta a un acto de rebeldía a un mandato jurídico, que marca y descalifica al autor del hecho prohibido, y no parece justo ni razonable que esto así suceda a un ser humano por lo que solo le pasa o pueda hacer en el futuro. Por eso, … como los delitos se hacen, se ejecutan, a sus autores, se los pena … A los otros, a los peligrosos, se los asiste …” (Spolansky, Revista La Ley 1978-C, 670).
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Sin perjuicio de ello, es importante aclarar que el hecho de que las medidas de seguridad contra sujetos inimputables se mantengan en el ámbito penal no implica necesariamente que se produzca una reducción de las garantías fundamentales del internado. En rigor de verdad, las garantías fundamentales que deben regir con respecto a la imposición de esta clase de consecuencias jurídicas estatales pueden exigirse tanto en el ámbito civil, como penal. Y, a la inversa, se pueden violar los derechos fundamentales del incapaz internado tanto en un ámbito como en el otro. Incluso si tenemos en cuenta, por ejemplo, los precedentes jurisprudenciales de la Corte Suprema de Justicia de la Nación, es llamativo que muchos de los casos en los que se denunció la afectación de los derechos fundamentales de la persona internada hayan ocurrido en el marco de internaciones civiles.17 Por último, respecto de este punto, debe aclararse que, debido a que nuestro código penal no contiene disposiciones que regulen la ejecución de la medida de seguridad, deben ser aplicados los estándares que se exigen en la ley nacional de salud mental18 y las normas internacionales aplicables en la materia,19 en la medida en que sean compatibles con una internación de carácter involuntario. Establecer qué aspectos de las normas aludidas deben ser aplicados a internaciones penales excede los objetivos de este trabajo, pero lo adecuado sería contar con un régimen legal específico sobre medidas penales.20 17 Si revisamos la jurisprudencia de nuestro máximo tribunal nacional, la mayoría de las sentencias se vinculan con internaciones civiles. Existen numerosos fallos relativos a conflictos de competencia, que por lo general se traducen en demoras perjudiciales en el control judicial de la internación —ver, entre otros, CSJN, “F., M. F.”, 09/06/2015; “Q.M.A.”, 09/06/ 2015; “R.J.S.”, 02/6/2015; “Duarte, José A.”, 05/2/2008, Fallos 331:68; “A.M.J.”, 18/12/2007, Fallos 330:5234 y “Frappa, Alejandra F.”, 09/10/2007—. Incluso, en varios casos de internación civil, la Corte detectó graves afectaciones a los derechos fundamentales de las personas internadas —ver, “O., Y.”, 10/9/2019, Fallos 342:1483; “S. de B., M. del C.”, 1/9/09 (voto de los jueces Lorenzetti, Fayt y Zaffaroni); “R. D. F.”, 12/8/2008, Fallos 331:1854; “B. M. A.”, 24/6/2008, Fallos 331:1524 y “R., M. J.”, 19/2/08—. 18 Afirma que el art. 34 CP debe ser “armonizado” con la ley de salud mental y su decreto reglamentario, Álvarez Doyle, La Nueva Peligrosidad Criminal. Medidas de Seguridad Pospenitenciarias para Delincuentes Imputables, p. 44. 19 Se debe tener en cuenta los Principios para la Protección de los Enfermos Mentales y el Mejoramiento de la Atención de la Salud Mental (ONU, 17/12/91) y los Principios y Buenas Prácticas sobre la Protección de las Personas Privadas de Libertad en las Américas (ONU, 2008). 20 La Corte Suprema de Justicia ha indicado un catálogo de derechos mínimos, con relación a quienes padezcan trastornos psíquicos, entre los que cabe mencionar a los siguientes: a) derecho a ser informado sobre su diagnóstico y sobre el tratamiento más adecuado y menos riesgoso, b) derecho a un examen médico practicado con arreglo a un procedimiento autorizado por el derecho nacional, c) derecho a negarse a recibir un determinado tratamiento o formatos terapéuticos, d) derecho a recibir los medios adecuados tendientes a la cura o mejoría donde las negligencias o retardos en la prestación de un tratamiento pueden restar justificación a la internación, y volverla ilegítima, e) derecho a la continuidad del tratamiento, f) derecho a la terapia farmacológica adecuada, del que se deriva que la medicación no debe ser suministrada al paciente como castigo o para conveniencia de terceros, sino para atender las necesidades de aquél y con estrictos fines terapéuticos, g) derecho a un registro preciso del proceso
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IV. Como reflexión final, es fundamental tener en cuenta que nos encontramos ante consecuencias de naturaleza penal, es decir, ante verdaderas sanciones coactivas. No se trata, por tanto, de medidas de carácter asistencial o médico, propias del sistema de salud, sino que nos hallamos ante consecuencias jurídico-penales, restrictivas de bienes jurídicos fundamentales como es la libertad del internado. A diferencia de los que pasa en los tratamientos del servicio de salud o en las medidas asistenciales, el inimputable no decide sobre el tratamiento, sino que le es impuesto en forma coactiva.21 Es necesario abandonar el famoso “fraude de etiquetas”, pues con el argumento de que no son penas ni sanciones, sino medidas asistenciales o benefactoras dirigidas a curar al incapaz, se han tolerado enormes abusos y arbitrariedades. Por el contrario, el concebir las medidas de seguridad como reacciones penales genera una consecuencia importante: la aplicación de las garantías fundamentales del derecho penal en este ámbito, en especial, los principios de legalidad, hecho previo, debido proceso legal y proporcionalidad.22
Bibliografía Agudelo Betancur, Nodier: La inimputabilidad penal, Santa Fe de Bogotá 1994. Álvarez Doyle, Daniel: La Nueva Peligrosidad Criminal. Medidas de Seguridad Pospenitenciarias para Delincuentes Imputables, Buenos Aires 2019. terapéutico y acceso a éste, h) derecho a la confidencialidad del tratamiento, incluso después del alta o la externación, i) derecho a la reinserción comunitaria como un eje de la instancia terapéutica, j) derecho al tratamiento menos represivo y limitativo posible, k) derecho a no ser discriminado por su condición (CSJN, “R., M. J.”, 19/2/08, considerando 9). Y en el mismo precedente jurisprudencial se ha enfatizado sobre la necesidad de que exista “un control judicial adecuado acerca de la necesidad de la medida de internación; obligación que debe practicarse en intervalos periódicos razonables para garantizar la legalidad de la medida de seguridad privativa de libertad impuesta” (considerando 17). Por otra parte, se ha resuelto que los estándares establecidos en ley nacional de salud mental “se aplican sin distinción a todo servicio de salud dirigido a personas con padecimientos mentales, cualquiera que sea su naturaleza jurídica” (del dictamen del procurador general al que adhirió la CSJN. en el fallo “Antuña, Guillermo J.”, 13/11/12, Fallos 335:2228). 21 Como lo explica Agudelo Betancur, si partimos de la base de que la sanción es una consecuencia que el ordenamiento jurídico imputa a la realización de un supuesto, es evidente que la medida de seguridad es la consecuencia que el ordenamiento jurídico imputa a la realización de conductas típicas y antijurídicas concretadas por un inimputable. Las medidas de seguridad no son simples caridades, porque corresponde a la esencia de la obra caritativa que el agraciado pueda aceptar o no el beneficio, lo que no se da en las medidas, ya que ellas no se someten a la libre aceptación del inimputable (ver Agudelo Betancur, La inimputabilidad penal, p. 111). 22 Se trata de cuestiones que, como es lógico, no han podido ser abordadas y desarrolladas en este trabajo por límites en la extensión.
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Nemo tenetur: warum eigentlich? Von José Milton Peralta
I. Einführung Der nemo-tenetur-Grundsatz wird in den meisten westlichen Nationen als ein prozessuales Grundrecht angesehen. So haben beispielsweise Argentinien und die USA in ihren jeweiligen Verfassungen Regelungen zu seinem Schutz, und auch in zahlreichen internationalen Abkommen wird er explizit geregelt. Das Hauptproblem im Zusammenhang mit dem nemo-tenetur-Grundsatz wird dabei üblicherweise darin gesehen, den Umfang seines Schutzbereichs zu präzisieren. Aus juristischer Perspektive stellen sich die Dinge in Ländern wie etwa England und Wales, die keine geschriebene Verfassung besitzen, etwas anders dar. Seit 2000 hat man dort die Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention übernommen, die somit heute faktisch die Rolle einer Verfassung einnimmt. In der EMRK ist der nemo-tenetur-Grundsatz allerdings gerade nicht explizit geregelt. In ihrem Artikel 6, der die Grundrechte des Beschuldigten betrifft, wird lediglich die Unschuldsvermutung ausdrücklich garantiert. Zwar lässt sich der nemo-tenetur-Grundsatz möglicherweise aus ihr ableiten. Offensichtlich ist dies jedoch keineswegs. Der Mangel an klaren verfassungsrechtlichen Vorgaben zum nemo-tenetur hat im englischen Rechtsraum eine politische Diskussion ermöglicht, die nicht nur den Schutzbereich dieses Grundsatzes sondern auch seine Existenzberechtigung betrifft. Und in der Tat gibt es etliche Stimmen sowohl aus der Politik wie auch aus der Wissenschaft, die der Ansicht sind, nemo tenetur mache als Prozessgrundrecht keinen Sinn. Im vorliegenden Text sollen aus einer philosophischen Perspektive die Gründe für dieses prozessuale Recht untersucht werden. Dabei soll insbesondere unter Berücksichtigung der Diskussion in England und Wales überprüft werden, ob die vorgefundenen Gründe einer eingehenden Betrachtung der Argumentationsweise standhalten. Wie bei vielen philosophischen Fragen wird hier das Offensichtliche hinterfragt, was nicht notwendigerweise praktischen Zwecken dient, sondern vielmehr der Selbstreflexion mit dem Ziel, größere Klarheit über unsere eigenen Vorstellungen zu bekommen. Im Folgenden werde ich verschiedene im Rahmen dieser Diskussion vorgetragene Argumente systematisch durchleuchten. Ich beginne mit denjenigen, die auf die Ver-
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meidung eines konkreten individuellen Schadens abstellen und die zumeist – wenn auch nicht immer – den Schutz schuldiger Verdächtiger bezwecken (II.); anschließend behandle ich diejenigen Argumente, die auf die Vermeidung von potentiellen Nachteilen für unschuldige Verdächtige abstellen (III.); und schließlich analysiere ich diejenigen Argumente, die sich auf andere Prinzipien eines fairen rechtsstaatlichen Strafprozesses beziehen, insbesondere die Unschuldsvermutung und die Idee des adversatorischen Verfahrens (IV.).
II. Schutz vor konkreten individuellen Scha¨ den 1. Schutz (von jedermann) vor Gewalt Wenn man sich vorstellt, wie jemand dazu gezwungen wird, gegen sich selbst auszusagen, stellt man sich eine einsame Person vor, die in einem obskuren Keller des Polizeireviers misshandelt wird. Deshalb liegt es nahe, im nemo-tenetur einen Grundsatz zu sehen, durch den diese Art von Gewalt verhindert werden soll. Doch dieser Erklärungsansatz weist zwei Schwachstellen auf: Zum einen ist er zu weitreichend. Denn Folter und Misshandlung sind zum Wohle aller Menschen abgeschafft worden, nicht nur im Interesse der Beschuldigten im Strafverfahren. Zum anderen ist er aber auch zu eng. Der nemo-tenetur-Grundsatz verbietet nämlich nicht nur Misshandlungen und Folter. Er untersagt auch Vorgehensweisen, die gegenüber Zeugen ohne weiteres zulässig sind, wie zum Beispiel die Androhung von Strafe für den Fall der Aussageverweigerung. Man könnte darauf bestehen, dass, wenngleich Misshandlungen verboten sind, die polizeiliche Vernehmung einen besonderen Fall darstellt, weil Misshandlungen normalerweise ausschließlich in diesen stattfinden. Deswegen würde eine Norm speziell für diese Konstellation Sinn machen. Diese Norm würde betonen, dass der Gebrauch von Gewalt nicht einmal in diesem Kontext erlaubt ist. Dass die Norm nicht nur Misshandlungen, sondern auch in anderen Kontexten sonst akzeptable Nötigungen ausschließt, hätte den Zweck, das Risiko zu vermeiden, dass die Polizei den Beschuldigten durch Folter zur Aussage zwingt und anschließend behauptet, dass das Geständnis allein wegen Androhung einer Strafe für die Verweigerung der Aussage abgegeben wurde. Beide Argumente sind plausibel, wenn die Vernehmung in Räumen der Polizei stattfindet und von der Polizei durchgeführt wird. Sie verlieren aber ihre Überzeugungskraft, wenn die Vernehmung in einer mündlichen und öffentlichen Hauptverhandlung stattfindet, wo aufgrund des anderen Vernehmungsumfeldes kein Misshandlungsrisiko mehr besteht.
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2. Schutz von (Jedermanns) Autonomie Markus Dubber vertritt die Auffassung, dass sich die Notwendigkeit des nemotenetur-Grundsatzes aus dem Konzept der Autonomie herleiten lasse. Er meint, dass sich in „Verfahrensrechten im Strafprozess sowohl die aktive wie auch die passive Autonomie“ des Beschuldigten manifestiere. Hinsichtlich der aktiven Autonomie sei es erforderlich, dass der Beschuldigte die Natur des Strafverfahrens und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe verstehen könne. Die passive Autonomie des Beschuldigten beinhalte unter anderem den Schutz vor unbegründeten Durchsuchungen sowie vor erzwungener Selbstbelastung.1 Autonomie ist ein zentraler Wert in liberalen Gesellschaften und es ist offensichtlich, dass nemo tenetur in gewisser Weise auch die Autonomie des Beschuldigten schützt. Autonomie ist jedoch kein empirisches Konzept, das an den tatsächlichen Willen des Beschuldigten anknüpft, sondern ein normativer Begriff. Es kommt demnach darauf an, welche Rechte der Beschuldigte haben sollte. Im Alltagsleben ist unsere Autonomie ständig in irgendeiner Weise eingeschränkt. Das Konzept der Autonomie gestattet es mir nicht, Ihr Auto zu stehlen oder Sie zu verletzen, einfach deshalb, weil dies nicht richtig wäre. Im Strafverfahren ist es ebenso. Die Autonomie des Angeklagten erlaubt ihm nicht, darüber zu entscheiden, welcher Richter seine mündliche Verhandlung leiten soll und welche Beweise zulässig sind. Denn dies sind keine Vorrechte, die er haben sollte. Um die Frage beantworten zu können, ob die Autonomie des Beschuldigten auch den nemo-tenetur-Grundsatz beinhalten muss, reicht es nicht aus, festzustellen, dass ihm durch dieses Privileg ein Mehr an Autonomie gewährt wird. Es kommt vielmehr darauf an, ob nemo tenetur Ausfluss einer Autonomie ist, die dem Beschuldigten zugestanden werden sollte. Und hierfür bedarf es eines separaten Arguments. 3. Der Wert der Privatsphäre (Schutz des Schuldigen) Der nemo-tenetur-Grundsatz könnte mit der Idee der Privatsphäre zu tun haben.2 Dabei muss jedoch auf eine besondere Bedeutung von „Privatheit“ abgestellt werden, da nicht jedes Recht auf Privatsphäre als Einwand in einem Strafverfahren geltend gemacht werden kann. Anderenfalls gäbe es keine rechtmäßigen Durchsuchungen oder Briefkontrollen. Man könnte überlegen, ob die Privatheit unseres Geistes einen besonderen Status genießt. Dieses Argument funktioniert aber nicht. Im Strafrecht werden regelma¨ ßig mentale Zusta¨ nde ausgeforscht, wenn sie fu¨ r die Rechtsfindung relevant sind. Mit einem Durchsuchungsbeschluss du¨ rfen die Beho¨ rden beweiserhebliche private Dokumente wie Briefe oder E-Mails selbst dann beschlagnahmen, wenn sie ho¨ chstprivate Informationen u¨ ber den geistig-seelischen Zustand des Beschuldigten enthalten. 1 2
Dubber, S. 92 f. Dubber, S. 92.
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Nun wird von einigen behauptet, nemo tenetur schu¨ tze eine andere Form von Privatheit: die Privatheit der Gefu¨ hle, die hervorgerufen werden, wenn diese Informationen offenbart werden. Gerstein meint, dass es um „das Eingestehen von Fehlverhalten, die Selbstbezichtigung, die Offenbarung von Reue“ gehe, die mit der Preisgabe von Informationen u¨ ber eine begangene Straftat verbunden sind. Diese wu¨ rden, fu¨ hrt Gerstein weiter aus, „allgemein als eine Angelegenheit zwischen dem Menschen und seinem Gewissen oder seinem Gott“ angesehen.3 Selbst wenn das Gericht den Beschuldigten u¨ berfu¨ hren könne und o¨ ffentlich fu¨ r seine Straftat verurteile, „sollte es nicht berechtigt sein, den Beschuldigten dazu zu zwingen, jenes Urteil o¨ ffentlich zu machen, das sein eigenes Gewissen u¨ ber ihn gefa¨ llt hat“.4 Auch diese Argumentation ist problematisch. So ist es nicht plausibel, anzunehmen, dass der beschriebene Konflikt bei allen Straftaten auftrete, insbesondere nicht bei solchen, die keinen individuellen Schaden verursachten. Das sieht auch Gerstein und schra¨ nkt ein, dass er sich nur auf solche Straftaten beziehe, die zum Kernstrafrecht geho¨ ren.5 Es ist außerdem zweifelhaft, ob der Konflikt selbst im Bereich des Kernstrafrechts wirklich bei allen Strafta¨ tern auftritt. Dolinko hat zutreffend herausgearbeitet, dass „es deutliche Anzeichen dafu¨ r gibt, dass ein erheblicher Anteil der schweren Straftaten von Personen veru¨ bt wird, die die ,offiziellen‘ Moralvorstellungen der Gesellschaft nicht akzeptieren und die sich und ihre Opfer auch nicht als Mitglieder derselben umfassenden ,moralischen Gemeinschaft‘ ansehen.“6 Fu¨ r diese Personen wa¨ re das Offenbaren von Informationen u¨ ber ihre Straftaten demnach weder mit Reue noch mit Selbstvorwu¨ rfen verbunden. Ein weiterer mo¨ glicher Einwand wa¨ re der, dass wir vom Beschuldigten ja gar nicht erwarten, dass er seine Gefu¨ hle offenbart oder ein o¨ ffentlich ein „mea culpa“ deklamiert. Wir wollen nur Informationen. Wenn der Beschuldigte fu¨ r das Verfahren erhebliche Informationen liefert, spielt es keine Rolle, ob er dabei Reue empfindet oder nicht. Dem ko¨ nnte Gerstein womo¨ glich entgegnen, dass wir es gleichwohl jedenfalls billigend in Kauf nehmen, dass der Beschuldigte bei der Aussage seine Gefu¨ hle offenbart. Wa¨ re dies der Fall, so wu¨ rde sich die Frage nach der Rechtfertigung stellen. Ist es legitim, eine o¨ ffentliche Selbstbezichtigung in Kauf zu nehmen, um Informationen u¨ ber eine Straftat zu erlangen? Der wichtigste Einwand gegen Gersteins Argumentation ist jedoch, dass sie die Relevanz der mo¨ glichen Bestrafung im Konzept des nemo-tenetur nicht erkla¨ ren kann. Denn wem keine strafrechtliche Verfolgung droht, der kann sich nicht auf nemo tenetur berufen. Doch auch in diesen Fa¨ llen ha¨ tte eine Aussage womo¨ glich den Charakter eines o¨ ffentlichen „mea culpa“. Ein gutes Beispiel hierfu¨ r bieten die argentinischen „Wahrheitsgerichte”, in denen die Verantwortlichen der Mili3
Gerstein, S. 90. Gerstein, S. 92. 5 Gerstein, S. 91. 6 Dolinko, S. 1131 ff. 4
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ta¨ rdiktatur in den Zeugenstand gerufen werden konnten, weil ihnen zuvor Immunita¨ t garantiert worden war.7 4. Die Vermeidung eines grausamen Konflikts (Schutz des Schuldigen) Eine Möglichkeit wäre, dass wir unsere Aufmerksamkeit auf die Bestrafung als Konsequenz der Preisgabe von Informationen richten. Wie jedem anderen in seiner Situation geht es dem Beschuldigten vor allem darum, eine Bestrafung zu vermeiden. Trifft dies zu, so würde die Abschaffung von nemo tenetur den Beschuldigten einer Konfliktsituation aussetzen. Die Berechtigung dieses Privilegs könnte damit begründet werden, dass es „grausam“ sei, jemanden einer derartigen Konfliktsituation auszusetzen.8 Gegen diese Begründung von nemo tenetur gibt es drei Einwände. Zum einen ist nicht klar, weshalb nicht auch die aktive Obstruktion des Verfahrens durch den Beschuldigten entschuldigt werden soll, etwa die Vernichtung von relevantem Beweismaterial.9 Schließlich kann die Dilemmasituation in diesem Fall für den Beschuldigten genauso ausgeprägt sein, wie in der erstgenannten Situation. Dennoch halten wir es für angemessen, dass nur die passive Nicht-Kooperation, nicht aber die aktive Nicht-Kooperation in den Schutzbereich von nemo tenetur fällt. Zweitens stellt sich die Frage, ob dieser Konflikt unsere Berücksichtigung verdient. Denn der Angeklagte muss schuldig sein, um sich diesem Konflikt ausgesetzt zu finden. Der Unschuldige kann einfach die Wahrheit sagen und steht keiner Konfliktentscheidung gegenüber. Der schuldige Angeklagte ist jedoch für seine Situation verantwortlich. Er befindet sich nur deshalb in diesem Konflikt, weil er eine Straftat begangen hat.10 Seinen Beschwerden kann ähnlich der Argumentation bei der „actio libera in causa“ sein eigenes Verschulden entgegengehalten werden. Schließlich lässt sich noch ein Einwand formulieren, der mit den Konsequenzen des Konfliktarguments für die Rechtfertigung von Strafe zusammenhängt. Wenn dem Beschuldigten die Konfliktsituation erspart werden soll, weil sie grausam ist, und sie dies nur deshalb ist, weil er zuvor eine Straftat begangen hat, wie lässt sich dann überhaupt noch eine Bestrafung rechtfertigen?
7
S. u.a. den Fall „Arroyo“, JF3, 2003. Zur diesbezüglichen argentinischen Rechtsprechung Peralta, S. 408 ff. Derselben Meinung Greenawalt, S. 39 ff.; Roles, 17. 9 So Dolinko, S. 1097. 10 So Dolinko, S. 1099 ff. 8
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III. Schutz vor potentiellen individuellen Schäden (Schutz der Unschuldigen) Wenn wir die Argumentation mit konkreten Schäden für das Individuum verwerfen, würde dies zunächst die Schlussfolgerung nahelegen, dass der Angeklagte im Verfahren zur Aussage verpflichtet ist. Aber vielleicht geht es nicht um den konkreten Schaden für den schuldigen Angeklagten, sondern um den möglichen Schaden für die Unschuldigen, der durch eine fälschliche Verurteilung entsteht.11 1. Vermeidung von Verurteilungen wegen ungeschickten Aussageverhaltens Das Argument besagt, dass ein Beschuldigter womöglich nur aufgrund eines ungeschickten Aussageverhaltens verurteilt werde, wenn er zu einer Aussage gezwungen werden könne.12. Hier könnten Nervosität sowie fehlende Klarheit und Kohärenz der Aussage den Eindruck erwecken, der Beschuldigte sage die Unwahrheit, obwohl er nur seine Unschuld bekräftigen möchte. Seine eigene Aussage verschlimmere dann seine Situation und trage zu seiner Überführung bei, obwohl er doch unschuldig sei. Überzeugend ist das allerdings nicht. Zunächst einmal ist es keineswegs offensichtlich, dass ein Schweigen des Beschuldigten in solchen Fällen einen besseren Eindruck bei Richtern oder Geschworenen machen würde.13 Es ist gang und gäbe, ein Schweigen des Beschuldigten zum Tatvorwurf als Indiz für seine Schuld zu deuten. In England wird dies sogar ausdrücklich im Gesetz normiert.14 Nun wäre es möglich, nemo tenetur dahingehend zu erweitern, dass es nicht nur verboten ist, den Beschuldigten zu einer Aussage zu zwingen, sondern auch, bei der Beweiswürdigung ein Schweigen zu seinem Nachteil zu werten. Dies ist zB. die Regel in Argentinien.15 Eine kohärentere Lösung wäre es jedoch, die Beurteilung der Aussage des Beschuldigten auf eine rationale Grundlage zu stellen. So wird schließlich auch bei Aussagen von Zeugen verfahren, deren Nervosität, Unklarheit und Inkohärenz sich ebenfalls auf die Verfahrensposition des Beschuldigten auswirken kann. Für eine rationale Beurteilung der Aussage sollten Richter und Jury darüber aufgeklärt werden, dass das beschriebene Verhalten des Beschuldigten kein Anzeichen für seine Schuld darstellt. Wenn wir diese Tatsache ohne weiteres hier verstehen können, warum sollte es nicht auch für eine Jury oder einen Richter möglich sein? Ebenso wie wir zuversichtlich davon ausgehen können, dass eine Regel, wonach aus dem Schweigen des Beschuldigten keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden dürfen, 11
Roles, S. 17. O’Reilly, S. 407 ff., 419 ff.; Roles, S. 17. 13 Dolinko, S. 1075; Roberts/Zuckerman, S. 559. 14 Abschnitte 34 bis 37 Criminal Justice and Public Order Act 1944. 15 Art. 261 StPO, Córdoba, Argentinien. 12
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beachtet wird, können wir dasselbe auch für eine Regel annehmen, die solche Schlussfolgerungen aus anderen Verhaltensweisen des Beschuldigten verbietet. 2. Die Vermeidung von Verurteilungen auf unzureichender Beweisgrundlage Zupancic behauptet, dass wir dazu tendierten, uns auf die selbstbelastenden Ausführungen des Beschuldigten zu verlassen.16 Sobald er gesteht, meinen wir, weitere Beweise seien nicht mehr notwendig.17 Wenn wir uns allein damit zufriedengeben würden, wäre unser Beweismaterial regelmäßig von schlechterer Qualität, als wenn uns das Schweigen des Beschuldigten dazu zwingen würde, andere Beweise anstelle seiner Aussage zu finden.18 Erstens darf diese Konstellation nicht mit derjenigen der Absprache oder des plea bargain verwechselt werden. Ein unter Aussagezwang abgelegtes Geständnis beseitigt nicht die Notwendigkeit von ausreichenden anderen Beweismitteln. Zweitens ist der in-dubio-pro-reo-Grundsatz, wonach die Schuld des Angeklagten jenseits eines vernünftigen Zweifels zu erweisen ist, nicht mit nemo tenetur identisch. Zugegeben: Das mag in der Theorie so sein. Die Praxis sieht aber oftmals anders aus. Hier tendieren wir dazu, allein das Geständnis als Grundlage der Verurteilung heranzuziehen, auch wenn dieses allein als Beweis eigentlich nicht ausreichend ist. Wenn wir dies aber ernst nehmen, so sollte die Konsequenz darin bestehen, Geständnisse generell zu verbieten, und nicht nur solche, die unter Zwang zustande gekommen sind. Denn wir verhalten uns in dieser Art und Weise auch oder vielleicht sogar in ganz besonderem Maß bei freiwilligen Geständnissen. Dies wäre aber nicht plausibel. Die geeignete Reaktion hierauf scheint darin zu bestehen, unsere Praxis dahingehend zu ändern, dass angemessene rationale Standards der Beweiswürdigung etabliert werden, wobei klargestellt sein muss, dass ein Geständnis allein nicht ohne weiteres für eine Verurteilung ausreicht. Dafür wäre das Aufstellen von bestätigenden Beweisregeln eine mögliche Alternative zu nemo tenetur.19
16
Zupancic, S. 11. Sanders/Young/Burton, S. 257 und 318 erklären jedoch, dass ein glaubhaftes und vollständiges Geständnis zum Beweis einer Tatsache ausreichen kann. 18 Roberts/Zuckerman, S. 557. 19 Zusätzlich könnte man festlegen, dass nur dann auf den Beschuldigten zurückgegriffen werden kann, wenn dies wirklich notwendig ist, womit vermieden würde, dass seine Aussage als Hauptquelle benutzt wird. 17
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3. Vermeiden der Schwa¨ chung von entlastenden Aussagen unschuldiger Beschuldigter Das letzte Argument, das den nemo-tenetur in den Dienst des Schutzes der Unschuldigen stellt, wird in sehr feinsinniger Weise von Seidmann und Stein vorgebracht.20 Sie schlagen vor, unsere Aufmerksamkeit nicht dem individuellen Fall sondern der allgemeinen Praxis des Strafverfahrens zu widmen, wobei sie einen spieltheoretischen Ansatz vorschlagen. Falls der nemo-tenetur-Grundsatz abgeschafft wu¨ rde, wu¨ rden schuldige Verda¨ chtige ihrer Meinung nach zwar nicht schweigen, sie wu¨ rden aber auch nicht die Wahrheit sagen. Stattdessen wu¨ rden sie lu¨ gen und Entlastungsmomente erfinden, um einer Bestrafung zu entgehen.21 Sie wu¨ rden mithin dasselbe tun, was auch ein Unschuldiger tun wu¨ rde in seinem Versuch, den Beho¨ rden die Tatsachen zu erkla¨ ren. Angesichts all dieser entlastenden Einlassungen wu¨ rde eine Jury oder ein Richter, die nicht wissen, ob sie es mit einem Schuldigen oder einem Unschuldigen zu tun haben, bei beiden Unaufrichtigkeit unterstellen.22 Auf diese Weise wu¨ rde eine Abschaffung des nemo-tenetur-Grundsatzes die Situation unschuldiger Verda¨ chtiger verschlechtern und das Risiko von Fehlurteilen erho¨ hen. Gegen diese Theorie gibt es zwei Einwa¨ nde. Der erste besteht darin, dass empirisch gesehen viele Beschuldigte sowieso keinen Gebrauch von ihrem Schweigerecht machen. Stattdessen bestreiten sie die Tat, werden dann aber trotzdem verurteilt.23 Das bedeutet, dass die Richter ihren Einlassungen ohnehin keinen Glauben schenken. Warum sollten schuldige Verda¨ chtige eine entlastende Aussage ta¨ tigen, wenn sie auch schweigen ko¨ nnten? Weil sie glauben – so denkt der Richter –, eine glaubwürdige Geschichte erfinden zu können und dadurch mit ihren Taten davonzukommen, unabha¨ ngig davon, ob ihnen die Mo¨ glichkeit offensteht, sich auf ein formelles Schweigerecht zu berufen.24 Angesichts dieser Fakten „ist es unklar, ob die Abschaffung von nemo tenetur tatsa¨ chlich das Risiko einer ho¨ heren Zahl von Falschverurteilungen zur Folge ha¨ tte“.25 Um wieviel weniger verla¨ sslich wa¨ ren Beschuldigtenaussagen dann im Allgemeinen, wenn man in Rechnung stellt, dass eine Mehrheit der schuldigen Verda¨ chtigen bereits jetzt die Glaubwu¨ rdigkeit der Aussagen der Unschuldigen unterminiert?26 Einen weiteren Einwand haben Roberts und Zuckerman formuliert. Sie fragen, weshalb die Annahmen von Siedman und Stein auf Strafverfahren beschra¨ nkt sein
20
Seidmann/Stein, S. 431 ff. Seidmann/Stein, S. 432 ff. 22 Diesbezüglich Siedmann/Stein, S. 459 ff. 23 Roberts/Zuckerman, S. 562; O’Reilly, S. 431 f. 24 Roberts/Zuckerman, S. 562. 25 Roberts/Zuckerman, S. 561 f. 26 Roberts/Zuckerman, S. 562. 21
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sollten.27 Ist es nicht plausibel, wenn in den Medien oder von der Allgemeinheit angenommen wird, „alle Prozessparteien im Zivilverfahren bedienten sich eigennu¨ tziger Lu¨ gen“?28 Natu¨ rlich ko¨ nnte der nemo-tenetur-Grundsatz prinzipiell auch auf alle anderen Rechtsgebiete ausgedehnt werden. Wiederum scheint es aber die bessere Lo¨ sung zu sein, dem Beschuldigten eine Aussagepflicht aufzuerlegen und dann seine Einlassungen in vernu¨ nftiger Weise zu beurteilen. 4. Generelle Antwort auf den scheinbaren epistemischen Wert des nemo-tenetur-Prinzips All diese Argumente stützen sich auf die Fähigkeit des Beschuldigten zu lügen, unabhängig davon, ob er seine Unschuld oder Schuld beteuert. Die Antwort darauf ist, dass die Beweisfrage nie so geradlinig ist. Denn es geht nicht einfach darum, die eigene Schuld oder Unschuld zu beteuern, sondern darum, ob die vorgebrachte Information plausibel ist oder nicht. Dafür muss man, wie Redmayne erklärt, „weniger Nachdruck auf die bloße Tatsache legen, dass der Verdächtige oder Beschuldigte aussagt, sondern sich die Beschaffenheit der vorgebrachten Version genauer ansehen und untersuchen, ob sie zu den restlichen Beweisen des Falles passt“.29 Mit Laudans Worten: „So wie wir es dem Anklageprozess und dem gesunden Menschenverstand der Geschworenen überlassen, festzulegen, welche Augenscheinsbeweise geglaubt und welche verworfen werden, so sollten wir auch dazu neigen, die Geschworenen festsetzen zu lassen, welche Geständnisse wahr und welche falsch sind“.30
IV. Systematische Argumente In der Literatur wird die Auffassung vertreten, der nemo-tenetur-Grundsatz sei ein Ausfluss jener Prinzipien, die ein faires und rechtsstaatliches Verfahren konstituieren. Ich möchte im Folgenden zwei Argumente behandeln. Das erste besagt, dass der nemo-tenetur-Grundsatz notwendig im Konzept der Unschuldsvermutung enthalten sei.31 Das zweite Argument will ihn aus der Idee eines adversatorischen Verfahrens herleiten.32
27
Roberts/Zuckerman, S. 562 f. Roberts/Zuckerman, S. 562 f. 29 Redmayne, S. 12. 30 Laudan, S. 173. 31 Roles, S. 17 f. und 77 ff. 32 So Sanders/Young/Burton, S. 255. 28
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1. Die Unschuldsvermutung Nach allgemeinem Verständnis sind im Konzept der Unschuldsvermutung zwei Elemente enthalten: Zum einen der in-dubio-pro-reo-Grundsatz und zum anderen die Ansicht, dass die Beweislast im Strafverfahren die Staatsanwaltschaft zu tragen habe. Abhängig vom Stadium des Verfahrens hat das in-dubio-pro-reo-Prinzip unterschiedliche Auswirkungen. Im Ermittlungs- und Zwischenverfahren, wo es um die Frage geht, ob Anklage erhoben bzw. eine Hauptverhandlung durchgeführt werden soll, benötigen wir weniger Beweise als für eine Verurteilung des Angeklagten. Die Frage ist, ob die Abschaffung des nemo-tenetur-Privilegs Auswirkungen auf diese Standards hätte, so dass eine Pflicht des Beschuldigten zur wahrheitsgemäßen Aussage mit diesen Standards unvereinbar wäre. Ich kann keinen Widerspruch darin erkennen, einerseits zu fordern, dass aufgrund der Beweislage eine Wahrscheinlichkeit von X% für die Schuld des Angeklagten gegeben sein muss, um eine Hauptverhandlung durchzuführen, und andererseits vom Beschuldigten zu verlangen, Informationen preiszugeben, damit diesem Standard genügt werden kann.33 Nun könnte man sagen, dass die Schuld des Beschuldigten unterstellt wird, wenn man bereits vor Erreichen des nötigen Wahrscheinlichkeitsgrades an ihn herantritt, und dass die Vornahme einer Befragung selbst einen bestimmten Verdachtsgrad voraussetzen muss, denn die Befragung stellt an sich schon einen staatlichen Eingriff dar. Dies trifft meiner Meinung nach zu. Doch hat das nichts mit der Flexibilisierung von Beweisstandards zu tun. Es handelt sich vielmehr um einen Beweisstandard zur Durchführung von Befragungen.34 Wie Greenwalt ausführt, sollten „staatliche Behörden eine Person nicht als Verdächtigen befragen dürfen, solange es keine substantielle Tatsachenbasis für ein solches Vorgehen gibt“.35 Wenn dies zutrifft, dann darf der Beschuldigte nicht zu einer Aussage gezwungen werden, um den nötigen Verdachtsgrad zu belegen, der für die Durchführung der Hauptverhandlung erforderlich ist. Und dies stellt ein zusa¨ tzliches Argument dar, um den nemo-tenetur-Grundsatz in Ermittlungsverfahren beizubehalten. Wenn wir von anderen relevanten Entscheidungen im Strafverfahren sprechen, so denken wir vor allem an den Schuldspruch, eine Entscheidung die idealerweise am Ende der Hauptverhandlung erfolgt. Normalerweise ist eine Verurteilung nur möglich, wenn die Schuld des Angeklagten soweit bewiesen ist, dass keine vernünftigen Zweifel mehr möglich sind. Würde sich ein Verzicht auf nemo tenetur hierauf auswirken? Dies ist nicht ersichtlich. Die erforderlichen Beweisstandards sind ein davon unabhängiges selbständiges Thema. Tatsächlich werden freiwillige Geständnisse
33
Dagegen O’Reilly, S. 445. Roberts/Zuckerman, S. 555. 35 Greenawalt, S. 41 ff., auch wenn er Ausnahmen für Mord oder schwere Straftaten macht. 34
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normalerweise ohne weiteres zugelassen und niemand ist der Auffassung, dass damit eine Lockerung der Anforderungen an den Schuldnachweis verbunden sei.36 Der andere mit der Unschuldsvermutung verbundene Aspekt ist der der Beweislast. Das Argument lautet dabei ungefähr wie folgt: Weil wir annehmen, dass der Beschuldigte unschuldig ist, macht es keinen Sinn, ihn seine Unschuld beweisen zu lassen. Dies wäre ein Widerspruch. Der Staat muss seine Schuld beweisen, um die ursprüngliche Annahme der Unschuld widerlegen zu können. Für uns ist nun die Frage entscheidend, ob wir die Beweislast dem Staat aufbürden und gleichzeitig den Beschuldigten eine Aussagepflicht auferlegen können. Um ihre Position vertreten zu können, muss die Staatsanwaltshaft Beweise erheben und vorbringen. Sie kann dies aber nicht im Wege metaphysischer Offenbarungen tun. Sie muss die Beweise in der realen Welt auffinden. Die am weitesten verbreitete Methode hierzu ist die Befragung von Zeugen, gegebenenfalls auch unter Androhung von Zwangsmitteln. Niemand würde dabei behaupten, dass der Zeuge die Beweislast im Strafverfahren zu tragen habe. Er ist lediglich verpflichtet, mit den Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren, damit diese ihrer Beweispflicht erfüllen können. Wenn das im Hinblick auf normale Zeugen so eindeutig ist, weshalb sollte es hinsichtlich spezieller Zeugen wie dem Beschuldigten anders sein? 2. Das adversatorische Verfahren Das adversatorische Verfahren setzt besondere Regeln voraus, um das Ziel des Strafverfahrens zu erreichen. Dies impliziert unter anderem die Idee eines „Duells zwischen widerstreitenden Opponenten“,37 in dem keine Partei dazu verpflichtet sein soll, die andere „mit Munition zu versorgen“.38 In diesem Kontext bedeutet eine Ablehnung des nemo-tenetur-Grundsatzes zugleich eine Absage an die Idee des adversatorischen Verfahrens. Dem ließe sich noch hinzufügen, dass ein echter Wettstreit zwischen den Parteien voraussetzt, dass für beide Seiten eine zumindest annähernde Gleichheit an „tatsächlicher Verfahrensmacht“, gewissermaßen „Waffengleichheit“, gegeben ist.39 Vollständige Gleichheit lässt sich in diesem Zusammenhang nicht erreichen, weil der Staat naturgemäß über weit überlegene Ressourcen zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten verfügt. Doch soll diese Ungleichheit soweit wie möglich reduziert oder ausgeglichen werden. „Ein Weg (…) besteht darin, die stärkere Partei von der schwächeren fernzuhalten, also den Staat vom Individuum“. 40
36
Roberts/Zuckerman, S. 554. Roberts/Zuckerman, S. 553. 38 O’Brian, S. 37 m.w.N. 39 Zupancic, S. 10. 40 Zupancic, S. 10. 37
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Die Widerlegung des Konzepts der Waffengleichheit erfordert keinen großen Aufwand. Wenn wir eingestehen, dass die Berufung auf nemo tenetur im Grundsatz falsch ist und nur durch die Gewährleistung von Waffengleichheit gerechtfertigt wird, weshalb sollte man an dieser Stelle Halt machen? Jeder weiß, dass trotz des nemo-tenetur-Privilegs nach wie vor ein großes Machtgefälle zwischen Staat und Individuum besteht. Dann sollte man dem Beschuldigten aber nicht nur das Recht zugestehen, „innere Beweismittel“ zurückzuhalten, sondern auch beispielsweise die Entnahme von Blutproben zu verweigern oder Beweismittel zu vernichten. Warum nicht? Dies wirft zwei Fragen auf. Zum einen, was ist der Zweck des adversatorischen Verfahrens? Zweitens, welche anderen Interessen müssen hier berücksichtigt werden? Das adversatorische Prinzip kann auf zwei Ideen gestützt werden. Zum einen auf den Respekt vor dem Individuum und seiner „unverletzlichen Personalität“.41 So verstanden kann das adversatorische Prinzip in einen Gegensatz zur Wahrheitsfindung geraten, wenn diese zu einer Missachtung des Individuums führt. Doch wir haben bereits gezeigt, dass die Ablehnung von nemo tenetur keine Missachtung der Person des Beschuldigten beinhaltet (Punkt II). Daher ist der nemo-teneturGrundsatz kein notwendiges Element eines so verstandenen adversatorischen Prinzips. Die andere dem adversatorischen Prinzip zugrundeliegende Idee stellt auf seine epistemische Bedeutung ab. Dann kann die Ablehnung von nemo tenetur nur dann Auswirkungen auf das adversatorische Prinzip haben, wenn damit zugleich eine Beeinträchtigung der Wahrheitsfindung einhergeht. Dass dies gerade nicht der Fall sein soll, haben wir bereits gesehen (Punkt III). Wenn dies zutrifft und die Zuverlässigkeit der Wahrheitsfindung die einzige Daseinsberechtigung des adversatorischen Prinzips darstellt, dann ist der nemo-tenetur-Grundsatz kein notwendiges Element für diesen Zweck. Sollte das adversatorische Prinzip weder im Hinblick auf den Schutz des Beschuldigten noch hinsichtlich der Wahrheitsfindung nützlich sein, dann würde es einen letztlich unbegründeten Vorteil für den Beschuldigten postulieren, also etwas, was Bentham das „Fuchs-Prinzip“ genannt hat. Dieses besteht darin, dass „in die Struktur des Strafverfahrens die Idee der Fairness eingeführt wird, und zwar in einem Sinn, wie er im Sport, etwa bei der Fuchsjagd, gebräuchlich ist. Ein Fuchs muss demnach bei der Jagd eine faire Chance haben, mit dem Leben davonzukommen und daher wird ihm das Recht (soweit geht die Analogie) gewährt, zunächst einen gewissen Vorsprung zu erhalten, um ihm eine Chance zur Flucht zu ermöglichen“.42 Dieser Vorteil ist laut Bentham „zwar verständlich, soweit es um Sport geht. Dort dient er letztlich der Unterhaltung“.43 Doch das Strafverfahren ist kein Selbstzweck sondern „ein Mit41
O’Reilly, S. 405 und 419; Dripps, S. 244. Bentham, S. 238 – 239. 43 Bentham, S. 238 – 239.
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tel zu dem Zweck, die Schuldigen zu überführen und die Unschuldigen zu schützen“44 und dabei die Würde des Menschen zu respektieren.
V. Fazit Soweit gibt es zumindest in der Hauptverhandlung kein stichhaltiges Argument für die Rechtfertigung des nemo-tenetur-Grundsatzes. Es gibt keine Gründe, dem schuldige Angeklagte dieses Privileg zuzubilligen. Es ist weder notwendig, um die Unschuldigen zu schützen noch ist es eine zwingende Konsequenz aus den Prinzipien eines rationalen und rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Nun könnte man noch einwenden, dass es für die Praxis kaum einen Unterschied machen würde, wenn man dem Beschuldigten eine Mitwirkungspflicht auferlegte. Empirisch gesehen haben die Regeln, die eingeführt wurden, um den Beschuldigten zur Aussage zu bewegen – wie diejenigen in England und Wales, wonach aus seinem Schweigen nachteilige Schlüsse gezogen werden dürfen – zu keinen nennenswerten Ergebnissen geführt.45 Zwar sagen die Beschuldigten tatsächlich häufiger aus, doch ist die Rate der Verurteilungen gleich geblieben.46 Daher hat es den Anschein, als sei dadurch die Wahrheitsfindung nicht gefördert worden. So scheint es lediglich eine Verschwendung von Ressourcen zu sein, dem Beschuldigten eine Aussagepflicht aufzuerlegen. Dies könnte ein Grund dafür sein, das nemo-tenetur-Privileg beizubehalten. Doch wäre dies sicherlich das schwächste Argument, das wir zu seiner Verteidigung anführen könnten, und es kann gewiss nicht die herausgehobene Stellung von nemo tenetur in unserem Rechtssystem erklären. Dies bedeutet nach der Idee des „Überlegungsgleichgewichts“ (reflective equilibrium) natürlich nicht, dass wir auf das nemo-tenetur-Prinzip verzichten müssen. Soweit die Intuition aufrechterhalten wird, dass dieses Prinzip ein „Baustein“ unserer prozessualen Systeme ist, müssen wir weitersuchen, worin genau die Berechtigung seiner Existenz besteht.47 Das Anliegen der vorliegenden Arbeit war nur, die am meisten benutzten Argumente infrage zu stellen und so, wie eingangs gesagt, darüber zu reflektieren, was genau hinter diesem Prinzip steht.
44
Roberts/Zuckerman, S. 553. Empirisch gesehen ist der Prozentsatz von Personen, die sich auf ihr Schweigerecht berufen, von 10 % auf 6 % gesunken, es gibt jedoch nicht mehr Geständnisse. Die Polizei hat das Gefühl, es würde mehr gelogen (gibt es denn eine andere mögliche Erklärung?). Jedenfalls gibt es auch nicht mehr Verurteilungen, vgl. Ashworth/Redmayne, S. 106. 46 O’Reilly, S. 404 f.; 430 ff.; Sanders/Young/Burton, S. 267. 47 MacMahan, S. 92 ff. 45
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José Milton Peralta
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Zur Herausbildung des inquisitorischen Prozessmodells Paradigmenwechsel in Lateinamerika Von Mariana Sacher Marcelo Sancinetti hat sich intensiv mit der Entwicklung einer rationalen und feingliedrigen Straftatlehre beschäftigt. Dabei hat er die Einhaltung eines kohärenten Systems gefordert. Nicht nur für diese Arbeiten ist ihm die Strafrechtswissenschaft zu großem Dank verpflichtet. Denn gerade in diesen bewegten Zeiten ist der berühmte „Fels in der Brandung“ wichtig. Vor allem das Strafprozessrecht schleift an den strafrechtsdogmatischen Grundfesten. Es geht um nichts anderes als um die Frage, wem oder was das Strafprozessrecht dient und was dessen Kern ist. Weil die Strafprozessreform in Lateinamerika einen Paradigmenwechsel gegenüber den früheren sog. kontinentaleuropäischen Verfahrensformen eingeleitet hat, ist der 70. Geburtstag von Sancinetti geradezu prädestiniert, sich mit den Auswirkungen seiner Gedanken über das materielle Recht auf das Strafprozessrecht auseinanderzusetzen. Durch seine feinsinnige Strafrechtsdogmatik setzt er Leitplanken und Mindestvoraussetzungen für das Strafverfahren und das daraufhin ergehende Strafurteil.1 In seinem Rechtsdenken ist der Tatsachenbezug bei der prozessualen Wahrheitsermittlung elementar. Dem Schuldprinzip folgend muss in seinem System die strafprozessuale Feststellung der Tatbegehung und Tatschuld für eine Verurteilung alternativlos bleiben. Die Entwicklung des Strafverfahrens in aller Welt geht in eine andere Richtung. Während die Feststellung der wahren Tatbegehung und Tatschuld in früheren Zeiten eine Selbstverständlichkeit war, gewinnen nunmehr Vereinbarungen über die zu beweisenden Tatsachen bzw. über den Erfolg des Strafprozesses die Oberhand, obwohl gerade der umfassende und unverstellte Blick auf die Ereignisse und Zusammenhänge für die Erforschung der materiellen Wahrheit erforderlich ist. Zu dieser Entwicklung können an dieser Stelle wegen der vorgegebenen engen Grenzen nur Schlaglichter aufscheinen.
1 Grundsätzlich zu seiner Strafrechtsdogmatik Sancinetti, Teoría del delito. Zum Strafverfahrensrecht und gegen die Urteilsabsprachen vgl. Sancinetti, Avenimiento.
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I. Die jüngsten Ansichten in der Rechtsgeschichte zum Inquisitionsprozess 1. Den Inquisitionsprozess charakterisiert die Ausrichtung des Verfahrens an der Ermittlung der (materiellen) Wahrheit. Dieser Schritt erfolgte zuerst im Kirchenrecht und geht einher mit der Ablösung der irrationalen Beweismittel durch die rationalen Beweismittel im Jahr 1215 durch das 4. Lateranum. Die Einführung des inquisitorischen Prozesses gehört zu den zahlreichen, teilweise berüchtigten Beschlüssen (canones) des vom führenden Kanonisten Papst Innozenz III. einberufenen 4. Laterankonzils.2 Wegen der zahlreichen kritisch zu hinterfragenden Beschlüsse3 haben Historiker vielfach davon abgesehen, die neue Prozessform (mitsamt der gleichfalls beschlossenen Pflicht zur Protokollierung aller gerichtlichen Verhandlungen4) separat zu würdigen,5 sondern vermengen sie mit dem Kampf gegen die Häretiker und der erst später6 einsetzenden Praxis der Folter. Die Entstehung des inquisitorischen Verfahrens wird von ihnen beim Ketzerprozess verortet. Überzeugender ist jedoch die quellenorientierte Untersuchung von Winfried Trusen, der die Entstehung des gemeinrechtlichen Inquisitionsprozesses nicht in der Ketzerverfolgung (seit dem 13. Jahrhundert) sieht, sie auch nicht in Zusammenhang mit der Folter konzipiert und auch nicht als eine eigenständige Ausbildung in Deutschland betrachtet. Die Umwandlung ist auf Papst Innozenz III mit seinem für den Ausbau der kirchlichen Zentralgewalt in Rom zentralen Ziel der Reform der Kirche zurückzuführen, zuerst im kirchlichen Disziplinarverfahren zur Absetzung von Bischöfen und Äbten, aber dann durch das 4. Laterankonzil mit gemeinrechtlichen Wirkung.7 Dieser Ansatz von
2 In der Dekretale „Qualiter et quando“ (1206) führte er für die noch ausschließlich für das kirchliche Disziplinarrecht geltende inquisitio aus, dass ein Verdacht, der bis dato mit dem Reinigungseid zum Erliegen kam, zur Ermittlung der Wahrheit führen konnte; vgl. nur Trusen, Inquisitionsprozeß, S. 206 ff. 3 Radbruch/Gwinner, S. 33 ff.; Rüping/Jerouschek, Rn. 42; Achter, S. 129 ff.; Ottmann, Bd. 2/2, S. 97 ff.; ferner Schulz, S. 41. 4 Vgl. Rüping/Jerouschek, Rn. 32. 5 In der gegenwärtigen Rechtsgeschichte besteht darüber wachsende Zustimmung, vgl. Schulz, S. 40 f. 6 Entgegen der Behauptung von Schmidt, Bedeutung, S. 427; Schmidt, Inquisitionsprozeß, S. 120 ff.; Schmidt, Einführung § 76, nach dem die Folter in Deutschland nicht rezipiert wurde, sondern „mit dem Inquisitionsprozeß zusammen in Deutschland selbst ohne Entlehnung und Nachahmung fremder Vorbilder in Gebrauch gekommen“ sei, ist eine Folterpraxis im 12. Jahrhundert in Wiener Neustadt nach Trusen, Strafprozeß, S. 34 ff. durch keine Fundstelle zu belegen. Vgl. ferner Trusen, Verbot der Gottesurteile, S. 245 f. Die Anfänge der Folter wären somit auf die 20er Jahre des 14. Jahrhunderts zurückzuführen, Trusen, Strafprozeß, S. 42, 57. Zur Debatte Sellert/Rüping, S. 109 Fn. 166, S. 111 Fn. 186 mit Nachweisen; Rüping/Jerouschek, Rn. 83. Heute Schulz, S. 38 f. („auf keinen historischen Punkt [zu] bringen“). 7 Nach Trusen dachte man bei der Einführung nicht daran, die neue Prozessform für die Ketzerverfolgung zu gebrauchen, vgl. nur Trusen, Inquisitionsprozeß, 211 ff., 230 und passim; Trusen, Strafprozeß, S. 114, 118; Trusen, Verbot der Gottesurteile, S. 239 f., 245 f.
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Trusen hat in der Forschung viel Zustimmung erhalten.8 Zu den Konzilsbeschlüssen von 1215 gehörten u. a. die Einführung dieses Prozessmodells und mit ihm im Beweisrecht die Abkehr von den sogenannten „irrationalen“ bzw. „magischen“ Beweisen des altgermanischen Prozessrechts durch das Verbot des Gottesurteils und des Zweikampfs, die nicht direkt auf die Ermittlung objektiver Tatsachen, sondern auf die Aussöhnung der Parteien nach der Feststellung des Willens Gottes bezüglich des Rechtsstreits ausgerichtet waren.9 Demgegenüber war die „Inquisitio“ bzw. das Ermittlungsverfahren das spezifische Charakteristikum des Inquisitionsverfahrens, ohne dass man sich mit dem Vortrag der Parteien im Strafprozess zufrieden stellen durfte. Im Vergleich zu den Zielen des altgermanischen Prozesses, d. h. die Überführung oder die Reinigung des Angeklagten, war der Inquisitionsprozess mit der richterlichen Tataufklärung verknüpft. Mit dem Erstarken zentraler Herrschaft im Strafprozess verlor das vormalige Parteiverfahren an Bedeutung. Mit ihr setzte im Sinne Webers ein Rationalisierungsprozess ein, in dem die magische Konzeption des Strafprozesses obsolet wird, zugunsten einer Feststellung von Tatsachen durch rationale Beweismittel, vor allem durch zur Wahrheit verpflichtete Zeugen.10 Der Beweis wurde also durch diese Umwandlung des Inquisitionsprozesses rationalisiert.11 Im weltlichen Recht wurde die neue Prozessform sodann unterschiedlich schnell aufgegriffen. Durch den Einfluss der Theologie auf die Rechtswissenschaft galt das Verbrechen als öffentlich und ein Vergleich der Parteien wurde nicht mehr gestattet. Dabei trat die Kirche Strafautorität an die weltlichen Gewalten ab, während sie sich mit der Bestimmung der Voraussetzungen für die Strafe, so wie bspw. die Feststellung der persönlichen Schuld im rechtlichen Sinne, intensiv beschäftigte.12 Spätestens mit der (obrigkeits-)gesetzlichen Regelung des Inquisitionsprozesses erfolgte die Umwandlung des vom Verhandlungsgrundsatz beherrschten Verfahrens hin zu einer Angelegenheit des Staates mit einer schriftlichen und geheimen Inquisitionsprozessform mit der Offizialmaxime, d. h. die Strafverfolgung als staatliche Aufgabe („Annehmen von Amts wegen“, Art. 6 – 10 der Constitutio Criminalis Carolina). 8
Nach Ohst, S. 143 ff. m.w.N., sei der Konsens, dass das Ketzerverfahren erst mit Gregor IX. aufgenommen wird, „lückenlos“. Siehe dazu auch Rüping/Jerouschek, Rn. 16, 33; Lepsius, S. 2; Schmoeckel, S. 245 f.; Dezza, Geschichte, S. 16 ff. Zur ausländischen Literatur Dezza, Accusa, S. 10. 9 Vgl. Sellert/Rüping, S. 110 m.w.N.; Rüping/Jerouschek, Rn. 24; Trusen, Strafprozeß, S. 54 ff. 10 „Der ,Eideshelfer‘ des alten Prozesses schwört(e) nicht, daß eine ,Tatsache’ wahr (gewesen) sei, sondern er bekräftigt(e) das ,Recht‘ seiner Partei durch Einsetzung seiner Person dem göttlichen Fluch gegenüber“ (Weber, S. 469). 11 Beispielhaft Schulz, S. 43. 12 Die erste umfassende historische Erörterung des kanonischen Strafrechts ist von Kuttner, Kanonistische Schuldlehre. Zur kirchlichen Strafrechtsgeschichte heute Maihold, Strafe; Maihold, ZRG GA, S. 618 ff.; Kéry, S. 361 ff. Über die Relevanz der Kanonistik für die europäische Rechtsgeschichte und die Vorreiterrolle von Kuttner in der Erforschung der Geschichte des kanonischen Rechts aktuell Duve, S. 22 f.
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Charakteristisch für den Inquisitionsprozess sind neben der Einleitung und Durchführung des Verfahrens ex officio (Offizial- und Untersuchungsprinzip) seine Ausrichtung an der materiellen Wahrheit.13 Letztere wurde im 12. und 13. Jahrhundert wie in der scholastischen Philosophie als Korrespondenz von Innen und Außen, als Übereinstimmung von Vorstellung und Wirklichkeit (adaequatio intellectus et rei) verstanden. Der Strafprozess war dementsprechend grundsätzlich für eine gerichtliche Feststellung der wahren Schuld oder Unschuld des Angeklagten durch eine umfassende Erforschung des realen Sachverhalts ausgestaltet, ohne dass der Richter sich für seine Entscheidung mit dem prozessualen Verhalten der Parteien begnügen durfte. 2. Die Rationalität des Verfahrens wurde im Hinblick auf das Medium des Rechts auch durch die Schriftlichkeit des Verfahrens verbürgt, sofern die Schrift damals das moderne Medium des Rechts war. Vor dem Hintergrund einer zentral organisierten Staatlichkeit, zunächst im Kirchenrecht und später im weltlichen Recht, könnte der Inquisitionsprozess als erforderliche Entwicklung des Strafprozesses angesehen werden. Insofern sind die geltend gemachten Unzulänglichkeiten des Inquisitionsprozesses bis hin zur Brandmarkung all dessen, was auch nur das Wort „inquisitorisch“ in sich trägt, je nach Perspektive in Frage zu stellen. A posteriori, d. h. anachronistisch gesehen, fällt die Missbrauchsanfälligkeit der Herrschaft des Inquirenten ins Gewicht, sei es durch die mit der Schriftlichkeit einhergehende Heimlichkeit, das Zusammenfallen von Ermittlung und Entscheidung in der Person des Inquisitionsrichters oder die fehlende Subjektstellung des Beschuldigten, also all das, was zu Willkür und Uneinheitlichkeit führen kann. So beschäftigen sich die Untersuchungen zur Geschichte des gemeinrechtlichen Inquisitionsprozesses vielfach nicht wirklich damit, die neue Prozessform separat zu würdigen, sondern seine Entstehung wurde wie dargestellt meistens mit der Praxis der Folter und der Ketzerverfolgung vermengt und gleichgesetzt.
II. Die Suche nach dem Geständnis 1. Die heute in der Rechtsgeschichte vorherrschende Ansicht soll allerdings in der aktuellen Strafprozessreformdebatte nicht so verstanden werden, als ob der Inquisitionsprozess quasi reingewaschen wird, und zu einer völligen Zurückdrängung des Gesichtspunkts des Geständnisses und der Folter führen. In der Konzeption des Inquisitionsprozesses war nämlich ein Webfehler, der die Ausrichtung des Verfahrens auf die Wahrheit verhinderte. Das Ziel der materiellen Wahrheit war nämlich jedenfalls in den meisten Fällen auf ein Geständnis des Angeklagten angewiesen: Das Beweisrecht war an gesetzliche Beweisregeln gebunden, sodass es nur beim Beweis durch zwei Augenzeugen oder bei Vorliegen eines Geständnisses zu einer Verurtei-
13
Für alle Zachariae, S. 33.
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lung kommen durfte und sogar musste.14 Diese Beschränkungen haben sich ebenso wie die der peinlichen Befragung zur Erreichung der materiellen Wahrheit für die Wahrheitserforschung als hinderlich bzw. bei der Folter als untauglich erwiesen. Darüber hinaus war das gemeine Beweisrecht von den Forderungen nach einem vollen Beweis geprägt, sodass der Staat angesichts der eingeforderten Effizienz der Strafrechtsordnung zur Entwicklung von Mechanismen neigte, um im Fall von Beweismangel die Freilassung des Angeklagten zu vermeiden. Zwei zuverlässige Zeugen oder ein Geständnis waren nicht immer leicht zu gewinnen. Es verblieb auch eine entscheidende Lücke beim Fehlen des Vollbeweises.15 Das alles führt zu einer zentralen Rolle des Geständnisses beim Inquisitionsverfahren. 2. Wenn man nun einen Vergleich anstellt zwischen heute und damals, scheint – neben dem Hang zur „Effizienz der Strafrechtspflege“ – ein auschlaggebender Punkt bei der Vergleichbarkeit in der „Jagd nach dem Geständnis“ zu liegen, zu deren Zweck im alten Inquisitionsprozess die Folter und heute das Abspracheverfahren eingesetzt wird. Obwohl im Inquisitionsprozess einige Fortschritte gegenüber dem altgermanischen Recht zu erkennen sind, verwischt die Lösung über das abgenötigte Geständnis den Zweck der materiellen Wahrheitsfindung. Dieses Dilemma zeigt sich auch in der Realität der heutigen Urteilsabsprachen, wenn der Angeklagte nicht freiwillig und überzeugt etwas vereinbart, sondern sich in der bestehenden Drucksituation auf bestimmte Bedingungen einlässt.
III. Die Einführung der mündlichen und unmittelbaren Hauptverhandlung 1. Die Suche nach der Wahrheit blieb über die Zeit hinweg immer Stein des Anstoßes und gab auch in späteren Reformen in Europa stets Anlass, das System zu hinterfragen: Als das kontinentaleuropäische Strafverfahrensrecht nach der französischen Revolution durch die Einführung einer mündlichen, unmittelbaren und öffentlichen Hauptverhandlung die Wende gegenüber dem rein schriftlichen Verfahren des alten Inquisitionsprozesses erfuhr und in Deutschland ein Jahrhundert später die StPO von 1877 erlassen wurde, beabsichtigte man eine grundlegende Veränderung bezüglich des für die Entscheidungsfindung maßgeblichen Beweismaterials. Durch diese Reformen sollten die schriftlichen, mittelbaren und nichtöffentlichen Verfahrensakte, die in einem nicht-kontradiktorischen Vorgang geschaffen wurden, nicht mehr die Grundlage für die richterliche Entscheidung bilden. Eine vollständige Ersetzung der inquisitorisch gefärbten Ermittlungsphase war aber nicht das Ziel, son14
Übersicht von Ott, KK-StPO § 261 Rn. 3; Roxin/Schünemann, § 45 Rn. 42; Rüping/ Jerouschek, Rn. 84, nach denen die Folter aus der Beweisformalisierung resultiert. 15 So Trusen, Verbot der Gottesurteile, S. 242; ferner zum unvollständigen Beweis (probatio semiplena) Schmoeckel, S. 210 ff. m.w.N.
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dern vielmehr sollte die Ankoppelung einer dominierenden Hauptverhandlung der besseren und legitimen Annäherung an die materielle Wahrheit durch eine umfassende und andersartige Beweisaufnahme dienen. Das Ziel der Wahrheitssuche im Prozess hatte durch die neuen Verfahrensinstrumente eine viel plausiblere Ausgangslage als in den Zeiten des Inquisitionsprozesses. Das erkennende Gericht erhielt so einen originären Zugang zu den Beweismitteln. 2. Doch auch dieses Modell hat Schwächen bei der erstrebten Aufklärung des realen Sachverhalts. In der justiziellen Wirklichkeit wird die gesetzlich erwartete Unvoreingenommenheit bei der von Amts wegen vorzunehmenden Sachverhaltserforschung zwangsläufig vernachlässigt. Die Projizierung der vom Strafverfolgungsapparat gesammelten und überwiegend belastenden Beweise auf das in der Hauptverhandlung immer vor Augen stehende Tatbild ab der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens und der damit einhergehenden prognostischen Bewertung des Sachverhalts als überwiegend wahrscheinlich ist logische Konsequenz der detaillierten Aktenkenntnis des Tatgerichts und der engen Interaktion zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht.
IV. Inquisitorische Prozessform in Lateinamerika und Paradigmenwechsel 1. Wenn man dann einen Blick auf die Abschaffung des ursprünglich aus Spanien übernommenen Inquisitionsverfahrens in Lateinamerika wirft, ist anfangs ein ausgeprägtes Festhalten am kontinentaleuropäischen Vorbild in der Strafprozesswissenschaft wie auch in der Gesetzgebung zu verzeichnen. Zuerst setzte sich das in den Partidas vorgesehene gemeinrechtliche Inquisitionsverfahren in den spanischsprachigen Gebieten der „neuen Welt“ durch. Im Einklang mit der römisch-kanonischen Tradition strebte man in Lateinamerika wie im kontinentaleuropäischen Rechtskreis nach einer wirklichkeitsbezogenen Wahrheit. So stand in den Partidas, dass die Beweisaufnahme das Ziel hätte, eine „zweifelhafte Tatsache“ zu erforschen.16 2. Die Abschaffung des Inquisitionsverfahrens und die Einführung der mündlichen Hauptverhandlung geschah in den meisten Länder Lateinamerikas viel später als in Europa, nämlich erst Ende des letzten Jahrhunderts. Der entscheidende Impuls dafür kam aus der argentinischen Provinz Córdoba im Jahr 1939. Dem Strafprozessgesetzbuch Córdobas lag die klassische Struktur des „systeme mixte“ bzw. des reformierten Inquisitionsverfahrens des damaligen kontinentaleuropäischen Systems zugrunde.17 Die Ermittlung der materiellen Wahrheit war als Ziel des Verfahrens in 16 Partida III, Título XIV: De las pruebas e de las sospechas que los omes aduzen sobre las cosas negadas e dubdosas, Ley I. Auch wenn es an dieser Stelle um den Zivilprozess geht, ist das der Grundgedanke im Prozess der damaligen Zeit. 17 Dazu Vélez Mariconde/Soler, S. I ff. mit Motivos auf S. IX ff.; Vélez Mariconde, DPP, S. 200 ff.
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mehreren der cordobesischen Vorschriften genannt.18 Ein Umstand, der sich auch in der Gesetzesbegründung ausführlich widerspiegelte.19 Das Ermittlungsverfahren wurde als vorbereitende Phase betrachtet und sogar für verzichtbar erachtet.20 3. Parallel zu dieser seit langem etablierten Richtung entwickelte sich in den 1990er Jahren in Lateinamerika eine andere Reformströmung, die angloamerikanische Einflüsse aufwies, eine adversatorische Verfahrensform etablierte, Urteilsabsprachen einführte und sich im Muster des Strafprozessgesetzes von Chile aus dem Jahr 2000 manifestierte.21 Für die Wahrheitsfindung in der Hauptverhandlung ist die Wahl der Beweismittel und die Durchführung der Beweiserhebungen die Aufgabe der Parteien in einer adversatorischen Auseinandersetzung. Es gilt die Verhandlungsmaxime: Die Parteien haben dem Gericht den zur Entscheidung relevanten Tatsachenstoff vorzutragen (principio de aportación de parte).22 Das Schrifttum charakterisiert das chilenische Strafprozesssystem als auf dem Prinzip der formellen Wahrheit basierend.23 Diese neue Reformtendenz hatte in der Folge großen Einfluss auf die meisten lateinamerikanischen Länder, u. a. auch auf das ursprünglich kontinentaleuropäische Modell von Costa Rica und schließlich auf das neu erlassene einheitliche Strafprozessgesetz Mexikos von 2014.24 Sie entfernten sich strukturell vom sogenannten reformierten Strafverfahren des kontinentaleuropäischen Rechtskreises bzw. vom sogenannten „sistema mixto“25, auch wenn einige grundlegende Prinzipien beibehalten wurden. Der Blick auf diese lateinamerikanischen Strafprozessreformen ist deshalb von so großer Bedeutung für die heutige deutsche Reformdiskussion, weil dabei ursprünglich kontinentaleuropäische Wurzeln und die Übernahme der Grundidee, dass eine Strafe nur auf die im Strafprozess nachgewiesene Täterschuld gestützt werden darf, zu erkennen sind. Mit dem Ziel der Erforschung der materiellen Wahrheit wurde unter intensiver Kritik an dem alten schriftlichen und geheimen Inquisitionsprozesses die mündliche Hauptverhandlung wie in Kontinentaleuropa eingeführt, grundsätzlich mit dem Ziel, dass nur die Beweiserhebungen in dieser Verfahrensphase als Urteilsgrundlage dienen sollten.
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Z. B. Art. 198, Nr. 3, 207. Vélez Mariconde/Soler, S. C f.; Vélez Mariconde, La instrucción, S. 334, 337 f., 343 f., 349, 351. 20 Vélez Mariconde/Soler, S. LXVIII, LXXXVI. 21 Zur Reformentwicklung vgl. Duce/Riego, Kap III; Duce, Reforma, S. 195 ff. mit Nachweisen über die Rede von der „Reform des Jahrhunderts“, vgl. S. 198. 22 Vgl. etwa Rodríguez Vega, S. 661 f. m.w.N. 23 Vgl. López Masle, II C 1.2., S. 41; II C 2.3.2.2., S. 99. 24 Mit der verbindlichen Einführung in 2016. 25 Kritisch bezüglich des kontinentaleuropäischen Verfahrens z. B. die chilenische Strömung: Duce, Ministerio, S. 67, 69. 19
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4. Dieser strafprozessuale Paradigmenwechsel in Lateinamerika litt jedoch von Beginn an an einem tiefgehenden Widerspruch, nachdem gleichzeitig für die faktische Abschaffung der krönenden Hauptverhandlung durch die schnelle Verfahrenserledigung in Form des juicio abreviado oder procedimiento abreviado, gesorgt wurde, was überall rein pragmatisch gerechtfertigt wurde und nur rudimentäre theoretische Grundlagen aufweist. Ausgangspunkt des Absprachegedankens ist die Idee einer privaten Konfliktlösung,26 wohingegen über den (Fort-)Bestand der Normen des materiellen Strafrechts als „staatliche“ Entscheidung des Gesetzgebers gar nicht diskutiert wird. Paradoxerweise entstanden die Impulse für den abreviado in den 1990er Jahren just in der argentinischen Provinz, die das erste anti-inquisitorische und moderne Strafprozessgesetz mit der Einführung der mündlichen Hauptverhandlung bereits mehrere Jahrzehnte früher als der Rest Lateinamerikas, nämlich im Jahr 1939, geschaffen hat. Dadurch machte die anspruchsvolle Modernisierung im selben Atemzug eine Rolle rückwärts, indem das Verfahrensergebnis nicht von den Beweiserhebungen aus der neu errichteten mündlichen Hauptverhandlung, sondern von den bloßen Angaben aus dem schriftlichen Verfahren und vom Geständnis als der „Königin der Beweismittel“ wieder wie beim Inquisitionsprozess abhängig gemacht wurde. Dass beim Gegenstand des abreviado in einigen Länder wie in Chile oder Mexiko Vereinbarungen über Tatsachen (im Sinne eines US-amerikanischen fact bargaining) und Vereinbarungen über die rechtliche Bewertung der Tat bzw. über die anzuklagende Delikte (charge bargaining) ausgeschlossen werden und nur ein Anerkenntnis von Tatsachen vorgesehen ist, ändert nichts an dem Umstand, dass das Strafurteil auf den Angaben aus der Ermittlungsakte, auf dem Geständnis und der Zustimmung des Angeklagten in der bestehenden Drucksituation beruht, ohne dass der wahre Sachverhalt in einem umfassenden Beweisverfahren aufgeklärt wird. Ferner ist die tatsächliche Einhaltung dieser feingliedrigen Differenzierungen in der Realität der Vereinbarungsgespräche nicht immer festzustellen. Zumindest wird der abreviado – anders als bei Absprachen in Deutschland27 – nicht vom erkennenden Gericht geleitet: Die Interaktion findet wie beim plea bargaining zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Angeklagten statt. 5. Es stellt sich die Frage, ob die Entwicklung in Lateinamerika symptomatisch für den Niedergang des kontinentaleuropäischen Prozessmodells ist und die mündliche, unmittelbare und öffentliche Hauptverhandlung nur noch die Rolle eines Annexes hat, den man wie einen Blinddarm eines Tages ganz eliminieren kann. Es würde sich dann der Kreis schließen und man fände sich beinahe wieder im alten Inquisitionsprozess. Damit aber die Suche nach der materiellen Wahrheit weiterhin das Ziel des Strafprozesses bleibt und die Verteidigung in ihren Rechten und Möglich-
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Siehe u. a. Horvitz Lennon, S. 503 f.; Binder, z. B. in: DPP I, S. 273; II, S. 549. Deutschland steht weltweit nahezu alleine mit seinem richterzentrierten System der Abspracheregelung, womit die richterliche Neutralität nicht gewährleistet ist. 27
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keiten nicht vollends in Schieflage gerät, müssten zumindest im inzwischen wieder dominierenden Ermittlungsverfahren neue Akzente gesetzt werden. Literatur Achter, Viktor: Geburt der Strafe, Frankfurt a. M. 1951. Binder, Alberto M.: Derecho Procesal Penal, Bd. I, Hermenéutica del proceso penal, Buenos Aires 2013. Binder, Alberto M.: Derecho Procesal Penal, Bd. II, Dimensión político-criminal del proceso penal – Eficacia del poder punitivo – Teoría de la acción penal y de la pretensión punitiva, Buenos Aires 2014. Dezza, Ettore: Accusa e inquisizione, dal diritto comune ai codici moderni, vol. 1, Milano 1989. Dezza, Ettore: Geschichte des Strafprozessrechts in der Frühen Neuzeit – Eine Einführung, aus dem Italienischen übersetzt und herausgegeben von Thomas Vormbaum, Berlin/Heidelberg 2017. Duce, Mauricio: La reforma procesal penal chilena: gestación y estado de avance de un proceso de transformación en marcha, in: Luis Pásara (Hrsg.), En busca de una justicia distinta – Experiencias de reforma en América Latina, México D.F. 2004, S. 195 – 248. Duce, Mauricio: El Ministerio Público en la reforma procesal penal en América Latina: visión general acerca del estado de los cambios, Revista Sistemas Judiciales Nr. 8, 2005, S. 65 – 82. Duce, Mauricio/Riego, Cristián: Proceso Penal, 1. Auflage, Santiago de Chile 2007 (1. Nachdruck 2009). Duve, Thomas: German Legal History: National Traditions and Transnational Perspektives, Rechtsgeschichte – Legal History, Rg 22 (2014), S. 16 – 48. Horvitz Lennon, María Inés/López Masle, Julián: Derecho procesal penal chileno, Bd. I, 1. Auflage, Santiago de Chile 2002 (1. Nachdruck 2003). Horvitz Lennon, María Inés/López Masle, Julián: Derecho procesal penal chileno Bd. II, 1. Auflage, Santiago de Chile 2004. Kéry, Lotte: Gottesfurcht und irdische Strafe – Der Beitrag des mittelalterlichen Kirchenrechts zur Entstehung des öffentlichen Strafrechts (Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Symposien und Synthesen 10), Köln u. a. 2006. Kuttner, Stephan: Kanonistische Schuldlehre – Von Gratian bis auf die Dekretalen Gregors IX – Systematisch auf Grund der handschriftlichen Quellen dargestellt, Rom 1935. Las Siete Partidas. Del Sabio Rey Don Alonso el Nono, nuevamente Glosadas, por el Licenciado Gregorio Lopez, del Consejo Real de Indias de Su Magestad – Con su Repertorio muy copioso, assi del Testo como de la Glosa, Salamanca 1576, Partida III abrufbar unter: http:// mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10628568-7 (Stand: 27. 2. 2020). Lepsius, Susanne: Von Zweifeln zur Überzeugung – Der Zeugenbeweis im gelehrten Recht ausgehend von der Abhandlung des Bartolus von Sassoferrato, Frankfurt a. M. 2003.
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Trusen, Winfried: Der Inquisitionsprozeß – Seine historischen Grundlagen und frühen Formen, ZRG KA 74 (1988), S. 168 – 230. Trusen, Winfried: Das Verbot der Gottesurteile und der Inquisitionsprozeß – Zum Wandel des Strafverfahrens unter dem Einfluß des gelehrten Rechts im Spätmittelalter, in: Jürgen Miethke/Klaus Schreiner (Hrsg.), Sozialer Wandel im Mittelalter, Wahrnehmungsformen, Erklärungsmuster, Regelungsmechanismen, Sigmaringen 1994, S. 235 – 247. Vélez Mariconde, Alfredo: La instrucción en la doctrina, Revista de Derecho Procesal, Año IX, Nr. 3/4 (1951), S. 319 – 362. Vélez Mariconde, Alfredo: Derecho procesal penal, Bd. I, 3. Auflage, Córdoba 1986 (1. Auflage 1969). Vélez Mariconde, Alfredo/Soler, Sebastián: Proyecto de código de procedimiento penal, Córdoba 1938. Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft – Grundriss der verstehenden Soziologie, Herausgegeben von Johannes Winckelmann, 5. Auflage, Tübingen 1980 (1. Aufl. 1921/22). Zachariae, Heinrich Albert: Die Gebrechen und die Reform des deutschen Strafverfahrens – dargestellt auf der Basis einer consequenten Entwickelung des inquisitorischen und des accusatorischen Prinzips, Göttingen 1846.
Die singuläre Zeugenaussage und die Beweiswürdigung Von Eugenio C. Sarrabayrouse
I. Einführung Marcelo Sancinetti ist zweifellos einer der wichtigsten spanischsprachigen Strafrechtsdogmatiker. Seine Dissertationen und Aufsätze sind Musterbeispiele rigoroser Argumentation, weil seine Überlegungen bis ins kleinste Detail vordringen. Die Werke unseres Geehrten haben sich jedoch nicht auf die strafrechtliche Dogmatik beschränkt. In der gleichen Strenge und Genauigkeit hat sich Professor Sancinetti mit Themen des Strafprozessrechts beschäftigt und auch in diesen Texten zeigt sich die besondere Schärfe und der kritische Geist, der seine Werke auszeichnet. Er hat sich dabei unter anderem mit dem Umfang der Revision, der Unbefangenheit des Gerichts, den Anforderungen an die Anklage und der Wiederaufnahme des Verfahrens befasst, um nur einige der Themen zu nennen, auf die er sein Interesse gerichtet hat. Jüngst gab Professor Sancinetti auf Antrag der argentinischen Bischofskommission eine Stellungnahme zu dem als „Vater Grassi“ bekannten Fall ab. Grassi ist ein Priester, der wegen sexuellen Missbrauchs minderjähriger Opfer angeklagt und rechtskräftig verurteilt wurde. Auf diese Weise wandte Sancinetti sich dem Zeugenbeweis in Fällen von sexuellem Missbrauch im Allgemeinen und Kindesmissbrauch im Besonderen zu. Dies führte zur Veröffentlichung einer Reihe von Beiträgen. In diesen Artikeln legt Sancinetti nach und nach seinen Standpunkt zu diesem brandaktuellen Thema dar. Ohne Zweifel ist der beste Weg, einen Wissenschaftler zu ehren, seine Gedanken ernst zu nehmen und seine Ideen kritisch zu diskutieren. Im Fall unseres Geehrten ist das eine besondere Herausforderung, denn es scheint fast unmöglich, seinen Argumenten zu widersprechen, wenn man bedenkt, dass er zu diesem Thema 3.200 Seiten geschrieben hat.1 Daher ist Ziel der vorliegende Arbeit, seine Stellungnahme über die Zeugenaussage bei sexuellem Missbrauch und einige seiner darin enthaltenen Vorschläge zu analysieren. Aus den verschiedenen Aufsätzen, die Professor Sancinetti dem Thema gewidmet hat, habe ich mich angesichts ihrer Anzahl und Vielfalt für einen entschieden, der nur in Argentinien veröffentlicht worden ist: Gleichheitsprin1
Sancinetti (2019), S. 25.
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zip und Unschuldsprinzip. Auf dem Weg zur Wiederherstellung der Maximen „Testimonius unius non valet“ und „Nemo testis in propia causa“.2 Nach meiner Meinung ist das der wichtigste Beitrag, weil er hier einige Ideen vorgelegt hat, die er später in anderen Aufsätzen vertiefte.3 Bevor man sich einer eingehenden Analyse widmet, ist es nötig, einige methodologische Klarstellungen zu treffen. Der Aufsatz wird die Auseinandersetzung von Professor Sancinetti mit der Frage analysieren, wie sexueller Missbrauch von Kindern in Argentinien verfolgt wird. Daher wird es zwangsläufig Verweise auf dieses Rechtssystem und seine spezifischen Probleme geben. Viele der zu unterbreitenden Vorschläge können jedoch auf andere Rechtsordnungen ausgedehnt werden, weil das Thema fast weltweit Anlass zur Sorge gibt. Außerdem werde ich nur die Thesen zusammenfassen, die nach meiner Meinung am wichtigsten erscheinen, obwohl ich damit das Risiko eingehe, andere Sancinetti-Thesen, die ebenfalls als wichtig oder sogar wichtiger eingeschätzt werden könnten, nicht zu berücksichtigen. Meine Hauptthese ist, dass die Kritik und die Vorwürfe, die Sancinetti geäußert hat, nicht – wie er es vorschlägt – zu einer Änderung der Regeln und Maßstäbe der Beweiswürdigung führen sollten, sondern zu einer Verbesserung von zwei Aspekten des argentinischen Strafprozessrechts: der Begründung der Sachfrage des Urteils (IV.) und der Art und Weise, wie die Aussagen von Personen, die behaupten, Opfer sexuellen Missbrauch zu sein, eingeholt werden (V.).
II. Einige Hauptthesen von Prof. Sancinetti Der Aufsatz beginnt mit der Schilderung des „Falles des Vaters“, der „sehr streng mit der Tochter war“. Anhand dieses Falls legt Sancinetti die Ziele seines Aufsatzes dar: zu fragen, ob es vernünftig ist, eine strafrechtliche Anklage allein auf der Grundlage der Äußerungen einer Person durchzuführen, ohne andere objektive Beweise. Im Prinzip sind „Worte“ kein ausreichender Beweis für das Bestehen einer Tatsache; noch weniger, wenn sie von einer einzigen Person stammen (testimonius unius non valet); und noch weniger, wenn dies das Opfer selbst ist (nemo testis in propia causa).4 Er schlägt daher eine Überprüfung der Regeln vor, mit denen diese Fälle im argentinischen Strafprozess behandelt werden, um Maßstäbe zu erreichen, die die Rechtstaatlichkeit beachten, insbesondere die Garantien zugunsten des Angeklagten und die Grundsätze der Gleichheit und Unschuld. Eine der Hauptthesen des Aufsatzes ist, dass in Argentinien die Verletzung der Unschuldsvermutung zur allgemeinen Regel bei Vorwürfen des sexuellen Miss2
Sancinetti (2010). Siehe vor allem Sancinetti (2013). 4 Sancinetti (2010 c), S. 955 – 958, insbesondere S. 958. 3
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brauchs geworden ist. Sancinetti weist darauf hin, dass viele Urteile zu sehr langen Freiheitsstrafen führen, ohne dass sie sich auf andere Beweismittel als die Aussage eines – manchmal inzwischen schon erwachsenen – Kindes stützen könnten, das behauptet, vom Vater, Stiefvater oder einem anderen Mitglied der Familie missbraucht worden zu sein, insbesondere nach einem Ehebruch. Dabei schließen sich die Kinder oft den Aussagen ihrer Mutter an (die erklärt, dass sie sich des Missbrauchs sicher sei und dass sie kürzlich Störungen im Verhalten des Kindes festgestellt habe); außerdem wird ein Gutachten eines Psychiaters oder einer Psychologin eingeholt, die sagen, dass das Kind keine Tendenz zum Fabelhaften habe oder nicht mythoman sei. Diese Art der Anschuldigung ist auch in Schulen oder Kindergärten sehr verbreitet. Zusätzlich zu diesen Elementen gibt es manchmal ein Gutachten über den Angeklagten, das eine Veranlagung zum Missbrauch feststellt. Die Einschätzungen von Gutachtern über die fehlende „Tendenz zur Fabel“ sind zu einer stereotypen Formel geworden, deren Nutzer „Validatoren“ genannt werden, d. h. Personen, die dazu neigen, einen Beweisrahmen zu schaffen, der zur Verurteilung führt.5 Wenn der Angeklagte seinerseits sagt: „Ich habe diese Tat nicht begangen“, wird kein Gutachten eingeholt, das besagen könnte, dass er nicht zur Fabel neigt. Hier zeigt sich die erste Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Ein weiteres relevantes Thema in Sancinettis Analyse ist die Erschwerung der Lage der des sexuellen Missbrauchs von Kindern Angeklagten, die aus der Unbestimmtheit der Tatsache resultiert, da die Anklage die Umstände der Tat nicht in einer bestimmten Weise und in Hinblick auf einen bestimmten Zeitpunkt und Ort beschreibt.6 Ein weiterer wesentlicher Teil der Arbeit widmet sich der eingehenden Untersuchung von drei Gerichtsfällen: dem Fall „Friedman“ auf der Grundlage eines Dokumentarfilms; dem Fall „Michaels“, der sich in New Jersey, USA, ereignete und „Montessori“, ein ähnliches Geschehen aus den deutschen Städten Borken und Coesfeld.7 Er analysiert weiterhin kritisch die Vernehmung von Minderjährigen und die Methode CBCA (Criteria – Based Content Analysis) und SVA (Statement Validity Assesment); Sancinetti stellt die These auf, dass es unmöglich sei, mit Gewissheit zwischen einer wahren und einer falschen Aussage zu unterscheiden.8 Schließlich prüft Sancinetti die Rechtsprechung des BGH zu Fällen der Kategorie „Aussage gegen Aussage“ und schlägt vor, dass diese Rechtsprechung, die der einzige Zeuge zustimmt, in Wirklichkeit eine Rückkehr zu den Maximen „Testimonium unius non valet“ und „Nemo testis in propio causa“ ist.9 5
Sancinetti (2010), S. 958 – 960. Sancinetti (2010), S. 960. 7 Sancinetti (2010), S. 965 – 969. 8 Sancinetti (2010), S. 969 – 978. 9 Sancinetti (2010), S. 984 – 993.
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III. Betrachtung Wie man sieht, richtet sich Sancinettis Kritik im Wesentlichen gegen die Art und Weise, wie Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs in Argentinien begründet werden, nämlich auf der Grundlage der alleinigen Aussage des mutmaßlichen Opfers. Darüber hinaus scheinen die Thesen von Sancinetti darauf hinzudeuten, dass es in unserem Land eine weit verbreitete Praxis ist, dass alle Anzeigen von sexuellem Missbrauch (umso mehr, wenn sie von einem Kind getätigt werden) zwangsläufig zu einer Verurteilung führen. Zuerst sei bemerkt, dass es in Argentinien an Statistiken mangelt, die uns verlässlich zeigen, wie viele Fälle tatsächlich zu einer Verurteilung auf diese Weise führen. Unbeschadet dessen entspricht es der Wahrheit, dass es auch hier eine weltweite Tendenz gibt, die durch die Zunahme der Fälle von Anklagen wegen sexuellen Missbrauchs oder Misshandlung von Minderjährigen gekennzeichnet ist. In diesem Sinne nimmt die Zahl der Kinder (d. h. Personen unter 18 Jahren), die weltweit als Opfer oder Zeugen von Missbrauch auftreten, stetig zu. So werden beispielsweise in den USA jährlich fast 3 Millionen Untersuchungen wegen des Verdachts des Kindesmissbrauchs durchgeführt. Im Jahr 2007 wurden fast 800.000 Kinder als Opfer von Missbrauch eingestuft. Darüber hinaus wurde geschätzt, dass jährlich zwischen 200.000 und 400.000 Kinder Opfer von sexuellem Missbrauch oder Vernachlässigung werden. Einige Studien deuten darauf hin, dass ein Drittel der weiblichen Bevölkerung als Kind in irgendeiner Form sexuell missbraucht worden sein könnte.10 In England wurden in den Jahren 2013 und 2014 mehr als 650.000 Kinder an die für ihr Wohlergehen zuständige lokale Sozialbehörde verwiesen. 2012 wurden in Großbritannien mehr als 66.000 Kinder unter Schutz gestellt, so dass man sagen kann, dass sie von körperlichem, emotionalem oder sexuellem Missbrauch oder Vernachlässigung bedroht waren. Darüber hinaus hat sich in Australien im Vergleichszeitraum 2001 – 2002 und 2005 – 2006 die Zahl der Kinderschutzfälle fast verdoppelt, während es in Kanada in 2008 rund 236.000 Untersuchungen wegen Kindesmissbrauchs gab.11 Wie erwähnt gibt es in Argentinien keine verlässlichen Statistiken darüber, wie viele Verurteilungen ausgesprochen werden oder wie viele Fälle vom Strafverfolgungssystem erfasst werden, geschweige denn, worauf sich entsprechende Verurteilungen stützen (d. h. ob die Grundlage eine einzige Aussage war oder andere Beweise existierten). So berichtet beispielsweise das Sicherheitsministerium der Nation, dass in 2017 10.517 Anzeigen wegen Verbrechen gegen die sexuelle Integrität und 3.716 wegen Vergewaltigung erstattet wurden. Das Nationale Register über die Rückfälligkeit (von Straftätern) informiert seinerseits darüber, dass 2016 im ganzen Land 2.884
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Burroughs, S. 989, m.w.N. Henderson/Andrews, in: Otgaar/Howe (Hrsg.), Finding the Truth in the Courtroom, S. 103. 11
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Verurteilungen wegen Verbrechen gegen die sexuelle Integrität registriert wurden.12 Im Jahr 2018 befasste sich das Büro für häusliche Gewalt (Oficina de Violencia Doméstica, OVD)13 mit 11.623 Fällen, die alle in der Stadt Buenos Aires stattgefunden haben, was einem Anstieg von 8 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Von diesen wurden 89 % der Fälle an das Strafverfolgungssystem verwiesen. Die Zahl der Betroffenen lag bei 15.734, von denen 76 % weiblich waren. Die Zahl der betroffenen Frauen übersteigt die der Männer in fast allen Altersgruppen, mit Ausnahme der Altersgruppe 6 – 10 Jahre, in der die der betroffenen Jungen (817) die der Mädchen (718) übersteigt. Von den betroffenen männlichen Opfern (3.672) sind 62 % Kinder und Jugendliche (0 – 17 Jahre). Bezogen auf die Art der gemeldeten Gewalt ließen sich nur 10 % der Fälle auf sexuelle Gewalt zurückführen und erreichten den höchsten Wert in Verbindung mit dem Merkmal „ein weiteres Familienmitglied bis zum 4. Verwandtschaftsgrad“. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, eine in einer argentinischen Provinz, Feuerland (Tierra del Fuego), durchgeführte Studie zu zitieren, welche die gemeldeten Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch in Hinblick darauf analysierte, welcher Anteil vor Gericht kam und dann zu Verurteilungen führte.14 Zwischen 1998 und 2008 gab es 555 Anzeigen wegen sexuellen Missbrauchs (sowohl für sexuellen Missbrauch von Kindern als auch von Erwachsenen). Von diesen Fällen führten nur 61 zu Verurteilungen, das sind 8,4 %. Dabei zeigt der Anteil der Verurteilungen in Fällen, in denen es zu einer Hauptverhandlung gekommen ist, eine drastische Umkehrung: 8 von 10 Fällen, die die Hauptverhandlung erreichten, endeten mit der Verurteilung des Angeklagten. Angesichts dieser Zahlen kann man daran denken, dass, wie Sancinetti andeutet, viele Behauptungen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen das Ergebnis davon sein könnten, dass Minderjährige dazu „angestiftet“ werden, auf eine bestimmte Weise auszusagen, oder dass ihre Erzählungen Phantasie seien. Darauf wird auch in dem von Feuerland zitierten Bericht hingewiesen. Experten beobachteten beispielsweise einige Fälle von Jugendlichen, die es ihrer Ansicht nach vorzögen, Konflikte mit ihren Eltern durch die Offenlegung einer einvernehmlichen sexuellen Beziehung dadurch zu vermeiden, dass sie diese auf eine „Vergewaltigung“ zurückführen. Erst später haben sie die Wahrheit gesagt. Auch im Falle von streitbegleiteten Trennungen können Anzeigen über sexuellen Kindesmissbrauch ein falsches „Werkzeug“ für einen Elternteil gegen einen anderen sein, z. B. um ein Besuchsregime auszusetzen.15 12 Siehe Ministerio de Seguridad de la Nación (2017) und Registro Nacional de Reincidencia (2016). 13 Das Büro für häusliche Gewalt (OVD) wurde 2006 vom Obersten Gerichtshof der Nation (Corte Suprema de Justicia de la Nación) mit dem Ziel gegründet, den Zugang zur Justiz für Personen zu erleichtern, die von häuslichen Gewalttaten betroffen sind und sich in einer Situation besonderer Verletzlichkeit befinden. 14 Camargo/Rullan/Surt, S. 12. 15 Camargo/Rullan/Surt, S. 14.
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Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass solche Vorwürfe auf tatsächliche Ereignisse zurückzuführen sind. Und wenn dies tatsächlich der Fall ist, treten verschiedene Schwierigkeiten auf, die durch empirische Studien belegt werden. Erstens findet ein großer Teil des Missbrauchs von kindlichen Opfern innerhalb der Familie statt. Dieses Merkmal, das in der Fachliteratur hervorgehoben wird, ist ein schwer zu überwindendes Hindernis, wenn es darum geht, den erlebten Missbrauch durch Beschreibung und Erzählung zum Ausdruck zu bringen und für eine Verurteilung zu sorgen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Umstand, dass das durch den Missbrauch entstandene Trauma neben kognitiven Verzerrungen und Geheimhaltungstendenzen die Erinnerung erschwert.16 Für das Opfer ist das Ergebnis dieser Geheimhaltung und des körperlichen Eingriffs Scham, Schuld und Verwirrung. Diese Reaktionen schränken die Fähigkeit des Kindes, die Unangemessenheit des Missbrauchs und erst recht die Folgen einer Offenlegung gegenüber einem anderen zu verstehen, ernsthaft ein.17 Im gleichen Sinne betont der bereits zitierte Bericht der Provinz Feuerland, dass es in Fällen von sexuellem Missbrauch innerhalb der Familie viele Umstände gibt, die helfen können, die Ereignisse zu verbergen, auch wenn sie gemeldet wurden (z. B. durch einen Lehrer in der Schule). Aufgrund ihrer Eigenschaften neigen diese Tatsachen dazu, verborgen, geleugnet und sogar akzeptiert zu werden. Auch ökonomische Gründe haben Gewicht: Oftmals schafft der Angeklagte – in der Regel ist er männlich – die ökonomische Grundlage des Familienlebens und sein Ausfall, z. B. durch Untersuchungshaft, kann familiären Druck dahingehend erzeugen, dass das Opfer ihm „vergibt“ oder dass es seine Aussage modifiziert und eine einverständliche Beziehung behauptet. Hier kommen – wie Sancinetti es so gut zeigt – alle Probleme der „singulären Zeugenaussage“ (Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit, Auswirkungen äußerer Bedingungen usw.) ins Spiel, weil sie das einzig wichtige Element der richterlichen Überzeugungsbildung ist. Auch an dieser Stelle ziehen sie die falsche Behauptung zurück, dass das psychologische Gutachten die Tatsachen bestätigt, anstatt die Subjektivität des Opfers zu untersuchen. Hinzu kommen das Alter der mutmaßlichen Opfer und die Schwierigkeiten, sich an bestimmte Tatsachen zu erinnern.18
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Zu Trauma und Folgen, siehe Rohmann, S. 193 – 236. Waisberg, S. 435, m.w.N. So berichtet die argentinische Tageszeitung La Nación, dass in Italien ein 11-jähriges Mädchen, dem ihre Missbrauchsvorwürfe nicht geglaubt wurden, die von einem Priester an ihr begangenen Taten auf ihrem Handy aufgezeichnet hat. Siehe La Nación (2019). 18 Siehe Camargo/Rullan/Surt, S. 13 – 14. 17
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IV. Die Begründung der Sachfrage des Urteils und der Umfang der Unmittelbarkeit Eines der klassischen Probleme der gerichtlichen Entscheidung ist die Tatfrage (quaestio facti), bei deren Feststellung der Tatrichter auf Beweismittel angewiesen ist; daher liegt dieses Problem traditionell im Beweisrecht.19 Dieser Teil des Urteils geriet in Vergessenheit, da die juristische Tradition ihre Bedenken auf die Auslegung des Gesetzes konzentrierte und die Tatsachenfrage beiseiteließ. Selbst in unserem Land ist es möglich, eine historische Spur dieser Gleichgültigkeit zu finden. In Spanien, dessen Erbe Argentinien ist, verbot König Karl III. durch königlichen Erlass vom 23. Juni 1768 den Richtern, ihre Urteile zu begründen, um eine Praxis zu vereinheitlichen, die im 16. und 17. Jahrhundert aus verschiedenen Gründen entwickelt wurde (Verfahrensökonomie, Politik im Zusammenhang mit dem göttlichen Ursprung der Macht des Königs), bereits üblich geworden war und bis weit in das 19. Jahrhundert andauerte.20 Darüber hinaus war diese mangelnde Begründung mit dem schriftlichen Verfahren durch Akten verbunden, bei dem die Bewertung der Beweise vom Gesetz bestimmt war und ohne Unmittelbarkeit durchgeführt wurde. Im Laufe der Zeit wurde diese Tendenz jedoch beiseitegeschoben, die „freie Beweiswürdigung“ siegte und die freie Auswertung der Beweise, die an die Unmittelbarkeit gebunden war, versprach weniger willkürliche Urteile. Es bleibt jedoch noch viel zu diskutieren und zu vertiefen. In diesem Sinne ist zumindest für Italien, Spanien, und Lateinamerika eine starke Rechtsströmung, ausgehend von der Universität Girona, zu beobachten, die die Begründung der Sachfrage des Urteils und die Beweisführung in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit gestellt hat. Unter anderem sind Luigi Ferrajoli, Michele Taruffo, Jordi Ferrer Beltrán, Jordi Nieva Fenoll, Marina Gascón Abellán, Juan Igartúa Salaverría, Daniel González Lagier und Carmen Vázquez zu nennen. Aus den Werken dieser Autoren lässt sich ableiten, dass die Begründung der Tatsachenbeweise ihre Einbeziehung in eine epistemologische Vorstellung des Strafprozesses erfordert. Die Kenntnis der Sachverhalte stößt an Grenzen, da es unmöglich ist, mit absoluter Sicherheit festzustellen, dass ein Ereignis tatsächlich eingetreten ist, weil es sich um induktives Wissen handelt. An dieser Stelle ist es nicht möglich, die breite Diskussion abzubilden, die im Bereich der Wissenschaften den Versuch der Überwindung des so genannten Induktionsproblems ausgelöst hat;21 im Bereich des Verfahrensrechts gilt es aber, diese Grenzen anzuerkennen. Es geht also nicht darum, unseren Erfahrungen absolut zu misstrauen, sondern vor der Tendenz gewarnt zu sein, ihnen eine unfehlbare Eigenschaft zuzuordnen.22 Wenn wir also davon ausgehen, dass es methodisch unmöglich ist, im Strafprozess eine absolut sichere Wahrheit 19
Koch/Rüßman, S. 272. Malem Seña, S. 85 – 86. 21 Chalmers, S. 35 – 87. 22 Gascón Abellán, S. 27. 20
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zu erreichen, dann verpflichtet uns das, methodische Regeln aufzustellen, die eine größtmögliche Annäherung an die Wahrheit ermöglichen. Diese Regeln, die als „erkenntnistheoretisch“ oder „Wahrheitsgewährleistungen“ bezeichnet werden, legen unter anderem fest, dass eine Hypothese gerechtfertigt ist, wenn sie die Anforderungen erfüllt, nicht widerlegt zu sein und nicht mit gegensätzlichen Hypothesen zu konkurrieren, die ihrerseits bestätigt oder überwiegend bestätigt sind.23 Dies erlaubt es einigen Autoren, zu behaupten, dass im Rahmen des Strafverfahrens die für den Angeklagten ungünstige Vermutung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit haben muss, zusammengefasst durch den Satz, dass das Ergebnis ohne begründeten Zweifel bewiesen ist (oder beyond a reasonable doubt). Tatsächlich bedeutet dies, dass vor zwei gleichwertigen Hypothesen zugunsten des Angeklagten entschieden werden muss, d. h. im Zweifel für den Angeklagten. Die Begründung der Tatsachen erfüllt zwei Funktionen: eine außerprozessuale oder rechtspolitische und eine andere fachlich-juristische oder bürokratische. Insofern ist das Prinzip der freien Beweiswürdigung (die in Argentinien sog. „gesunde rationale Kritik“, d. h. „sana crítica racional“) bedeutungslos, wenn es nicht mit der Forderung nach Begründung und Kontrolle verbunden ist; sonst wäre es nur „private Überzeugung“. In diesem Zusammenhang kann die Unmittelbarkeit keine Entschuldigung für die Richter sein, sich der rationalen Bewertung von Beweismitteln zu entziehen. Es genügt also nicht zu behaupten, dass einem Zeugen geglaubt wird (egal, um welche Art von Verbrechen es sich handelt), sondern dass dieser Glaube gerechtfertigt sein muss. Zuweilen unterließen es die Richter unter dem Vorwand ihrer „persönlichen Überzeugung“, ihre Schlussfolgerungen über die Beweise zu begründen. Dies führte zu einem Missbrauch des Begriffs der Unmittelbarkeit. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit gilt jedoch nicht für logische Schlussfolgerungen, weder für Urkunden noch für Beweise, die ohne die körperliche Anwesenheit des Richters erhoben werden: In diesen Fällen gibt es keinen Grund, die Würdigung des Tatrichters gegenüber denen des Revisions- oder Berufungsrichters zu bevorzugen. Andererseits wurde immer davon ausgegangen, dass die Bewertungshoheit des Tatrichters durch einen Irrtum eingeschränkt ist.24 Kurz gesagt, das Prinzip der Unmittelbarkeit kann nicht in eine unüberwindliche Grenze der Kontrolle von Tatsachen und Beweisen verwandelt werden. In diesem Zusammenhang meint der „vernünftige Zweifel“ einen begründeten Zweifel oder, besser gesagt, einen vernünftig begründeten Zweifel, wobei „vernünftig“ gleich „frei von Willkür“ ist. Die Festigkeit des Zweifels ist nicht an sich gerechtfertigt, sondern im Gegensatz zu den für die Verurteilung sprechenden Argumenten; und umgekehrt wird die Eindringlichkeit der Verurteilungshypothese nicht an sich gemessen, sondern an ihrer Fähigkeit, die Unschuldsvermutung und den Freispruch 23 24
Sarrabayrouse (2012), S. 828. Nieto, S. 385 – 387.
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zu widerlegen.25 Wenn sie aber im Kontext des Wettbewerbs zwischen rivalisierenden Hypothesen in einem kognitiven Modell erörtert wird, in dem sie enthalten ist –, hört der „Zweifel“ auf, etwas ganz Persönliches zu sein, weil er gewissermaßen objektiv ist. Dies führt uns zurück zum Ausgangspunkt: Der einzige Weg, Kontrolle zu erlangen, ist die Begründung der Tatsachen, die Erklärung des Richters über die Gründe, die ihn dazu gebracht haben, eine Hypothese gegen eine andere durchzusetzen. Auf diese Weise können ein anderes Organ oder Prozessbeteiligte beurteilen, ob der Tatrichter zu einer Einschätzung gelangt ist, an der es bzw. er „zweifeln sollte“ und ob sie gegen einen möglichen Fehler vorgehen sollten.
V. Bewertung der Zeugenaussage in Fällen von sexuellem Kindesmissbrauch Die Aussagepsychologie schlägt eine Brücke zwischen Recht und Psychologie; sie bietet Wissen und Techniken, die eine zuverlässige Bewertung der Zeugnisse ermöglichen. Sie untersucht zwei Hauptachsen: die Genauigkeit der Aussage und die Glaubwürdigkeit der Aussage. Glaubwürdigkeit ist die Übereinstimmung zwischen dem, was passiert ist und dem, was gesagt wurde. Genauigkeit kann definiert werden als die Übereinstimmung zwischen dem, was geschehen ist, und dem, was im Gedächtnis dargestellt wird (d. h. dem, woran sich der Zeuge erinnert). Beide Konzepte sind eng miteinander verbunden, weil die Glaubwürdigkeit in erster Linie von der Genauigkeit der Erinnerung abhängt, aber auch von anderen zusätzlichen Faktoren. Im Hinblick auf die Genauigkeit der Erinnerung ist zu beachten, dass bei der Würdigung der Einfluss psychologischer Prozesse wie der Wahrnehmung und Aufmerksamkeit berücksichtigt werden muss. Hinzu kommt, dass das Gedächtnis nicht als einheitlicher Prozess verstanden werden kann, sondern dass es verschiedene Typen gibt – sensorische, kurz- und langfristige – und dass wiederum im Prozess der Erinnerung die folgenden Phasen unterschieden werden: Kodierung, Speicherung und Wiederherstellung. Die Bedeutung der Berücksichtigung dieses Wissens liegt darin, dass sowohl die verschiedenen Arten von Gedächtnis als auch die Phasen der Erinnerung von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden, die sie verändern und zu einer späteren Veränderung des Gedächtnisses führen können.26 Herkömmlich wurde die Wahrhaftigkeit der Aussage eines Kindes, das behauptet, sexuell missbraucht worden zu sein, in Frage gestellt. Diese Fragestellung ist weitgehend auf bestimmte Ansichten zurückzuführen, die die kognitive Unfähigkeit des Kindes, die hohe Empfindlichkeit für Suggestionen und die Untüchtigkeit, zwischen Realität und Fantasie zu unterscheiden, unterstützen. Einige Autoren betonen, dass falsche oder ungenaue Aussagen nicht die Folgen möglicher kognitiver Defizite bei Kindern sind, sondern der Art und Weise, wie die Vernehmungen durchgeführt wer25 26
Igartúa Salaverría, S. 43 – 45. Deanesi (2010), S. 5 – 14; Deanesi (2012), S. 439 – 448.
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den (z. B., weil die Kinder bei der Beantwortung angestiftet werden oder bestimmte Vorschläge von Erwachsenen gemacht werden).27 In diesem Sinne ist es für die effektive Bewertung der Glaubwürdigkeit der Aussage eines Kindes unerlässlich, seine Schwachstellen und Fähigkeiten zu kennen. Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit kann durch die Entwicklung von Gedächtnis, Sprache, Kommunikation, Suggestion und Täuschung beeinflusst werden. Das Alter ist der wichtigste Faktor für die Fehlbarkeit des Gedächtnisses, obwohl jedermann Fehler machen kann (Kinder, Jugendliche und Erwachsene). Im Laufe der Kindheit entwickeln Kinder ein episodisches (das „Wer, Was, Wann, Warum und Wie“ von Tatsachen) und ein semantisches Gedächtnis (sachliche Informationen unabhängig von Tatsachen) parallel zu Kodierungsstrategien.28 Jüngere Kinder kodifizieren weniger episodische und semantische Details als ältere Kinder und Erwachsene. Darüber hinaus ist es in der Regel wahrscheinlicher, dass Erfahrungen kodiert und archiviert werden, wenn sie Sinn machen. Daher können sich jüngere Kinder möglicherweise weniger Auskünfte merken, da die untersuchten Tatsachen für sie bedeutungslos sein können. Schließlich werden Auskünfte einfacher oder wahrscheinlicher verschlüsselt und gespeichert, wenn es Gedankenverknüpfungen mit anderen Erfahrungen gibt. Auch Kinder sind anfällig für die so genannte Quellenüberwachung (source monitoring), bei der Erinnerungen aus verschiedenen Quellen verwechselt werden, wenn sie sich ähnlich sind. Aus diesem Grund können die Widersprüche oder bedeutungslosen Rückwirkungen jüngerer Kinder eher das Ergebnis einer Quellenüberwachung als einer absichtlichen Täuschung sein. Ein zweiter Bereich, der normalerweise die Glaubwürdigkeit von Aussagen von Kindern beeinflusst, ist ihre Entwicklung von Sprache und Kommunikation. Obwohl Kinder mehr als 6.000 bis 8.000 Wörter kennen, hat ihr Wortschatz mehr mit ihrer Eigenart zu tun und ist weniger beschreibend als der von Erwachsenen. Darüber hinaus können Verhörspersonen ihre Aussagen falsch interpretieren, da Kinder den Klang eines Wortes nicht immer richtig aussprechen. Ebenso haben sie Schwierigkeiten, die gewohnte Sprache der Erwachsenen und insbesondere die Rechtssprache zu verstehen. Selbst einfache Begriffe wie „immer“, „viel“, „gestern“, „nachher“ oder „Berührung“ können von den Ermittlern falsch verwendet oder vom Minderjährigen missverstanden werden. Auch komplizierte Fragen können die Genauigkeit der Aussagen von Kindern beeinflussen und die Unkenntnis des Ermittlers, zusammen mit einer begrenzten Sprache zur Beschreibung von Erfahrungen, kann die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Aussagen von Kindern falsch ausgelegt werden. Ein dritter Bereich ist die Suggestion. Das bedeutet, dass der Grad, in dem Kinder Fakten kodifizieren, speichern, abrufen und melden, durch eine Vielzahl von sozialen und psychologischen Faktoren beeinflusst werden kann. Jüngere Kinder sind oft in höherem Maße beinflussbar als ältere Kinder, obwohl neuere Untersuchungen gezeigt haben, dass jüngere Kinder manchmal auch weniger beinflussbar sind als ältere 27 28
De Paul Velasco, S. 45. Henderson/Andrews, S. 105.
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Kinder und Erwachsene; ein Phänomen, das als Entwicklungswende bezeichnet wird. Allerdings sind suggestive Formen der Befragung, die im forensischen Umfeld verwendet werden, eine Bedrohung für die genaue Beurteilung der Wahrhaftigkeit. Diese Formen der Suggestion können auftreten, wenn die gewünschte Antwort selbst eingeleitet wird, die gleichen Fragen wiederholt werden, der hohe Status der Verhörsperson erwähnt wird, Belohnungen versprochen oder gewährt werden und durch die Verwendung von anatomischen Puppen. Es wurde auch festgestellt, dass im Falle eines Kreuzverhörs (bei dem die Wiederholung direkter und suggestiver Fragen häufig vorkommt; Zweifel an der Glaubwürdigkeit) zumindest einige der Antworten auf die direkte Befragung geändert werden. Auf der anderen Seite: wenn Ermittler Kinder ermutigen, wahrheitsgemäß zu antworten, geben sie zu, dass sie etwas nicht wissen, und wenn wiederholte oder suggestive Fragen vermieden werden, geben Kinder genauere und aussagekräftigere Antworten.29 Der letzte wichtige und widersprüchliche Punkt bezieht sich auf die Fähigkeiten und Schwachstellen von Kindern in Bezug auf die Sorge, dass sie lügen.30 Die Fähigkeit zum Lügen entwickelt sich parallel zu anderen sozialen und kognitiven Fähigkeiten und Kinder unter sieben Jahren gelten nicht als geeignet, effektiv zu lügen. Kinder erwerben die Fähigkeit etwa mit dreieinhalb Jahren und lernen nach und nach, wortloses Verhalten zu kontrollieren, Unwissenheit vorzutäuschen und Standhaftigkeit im Hinblick auf ihre Lügen zu bewahren. Diese Schlüsselveränderungen treten, wie gesagt, im Alter von sieben Jahren auf. Ein relevanter Punkt, der von Sancinetti hervorgehoben wird, ist die Aufdeckung der Lügen von Kindern, die für Laien genauso schwierig ist wie für ausgebildete Fachleute. Verschiedene Studien zeigen, dass beide Gruppen nur in 50 % der Fälle Kinderlügen erkennen. Dies kann geschehen, weil jüngere Kinder kürzere Antworten mit weniger sprachlichen und körperlichen Hinweisen geben, da sie beim Lügen weniger negative Erregungen erleben (z. B. Angst vor Entdeckung oder Schuldgefühle) und daher keine wortlosen Hinweise auf Täuschung bieten. Wegen dieser Schwierigkeiten bei der Erkennung analysierten einige Wissenschaftler die Wirksamkeit von Eiden, um die Ehrlichkeit im Rechtssystem zu fördern. Forscher haben bewiesen, dass, wenn Kinder versprechen, die Wahrheit zu sagen, sie ehrlichere Antworten geben. Letztendlich hat sich gezeigt, dass – trotz all dieser Schwächen in den Aussagen – selbst die Jüngsten zuverlässigere Antworten geben, wenn sie richtig befragt und die Leitlinien für bewährte Verfahren befolgt werden. Wenn die Befragungsformen an die Fähigkeiten der Kinder angepasst werden, wird Ermittlern eine bessere Kommunikation ermöglicht und sie können zuverlässigere Beweise für ein faires Urteil erhalten. Demnach schaffen offene Fragen freie und ausführlichere Antworten. Die einzige Möglichkeit, Vernehmungen auszuwerten, besteht nicht etwa darin, sich darauf zu konzentrieren, ob die Kinder die Wahrheit sagen, sondern darauf, was die Verhörpersonen während der Vernehmung getan haben und ob die Bedingungen für eine 29 30
Henderson/Andrews, S. 106 – 107. Henderson/Andrews, S. 108.
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exakte Aussag gegeben sind. Die Aufmerksamkeit wird daher vom Kind auf den Ermittler verlagert.31 Faktoren für bessere Aussagen wurden bei der Gestaltung strukturierter Vernehmungsprotokolle, insbesondere desjenigen der NICHD (National Institute of Child Health and Human Development), berücksichtigt. Dies führte zur Entwicklung des NICHD-Protokolls, das eine Reihe von standardisierten, aber flexiblen Richtlinien für Ermittler darstellt. Die Genauigkeit der Antworten wiederum kann aus anderen Beweisen abgeleitet werden, wie z. B. der Aussage des Angeklagten, Sachbeweisen oder Selbstwidersprüchen.32
VI. Fazit Im argentinischen System ist es möglich, unter bestimmten Voraussetzungen mit einer einzigen Zeugenaussage zu verurteilen, wie es auch in Deutschland durch den BGH festgelegt wurde. So dürfen die Schwierigkeiten in solchen Fällen nicht zur Aufhebung der Grundsätze, die den Strafprozess bestimmen, führen oder die Unmöglichkeit der Verurteilung bedeuten: Auch hier muss die Anklagehypothese zweifelsfrei nachgewiesen werden, was eine „kognitive“ Rechtsepistemologie voraussetzt, die geprägt ist vom Ideal der Suche nach Wahrheit im Strafprozess, den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Grenzen des menschlichen Wissens. Die zwei in diesem Aufsatz angerissenen Themen müssen jedoch näher untersucht werden: die Grundlage des Urteils und die Vernehmung von mutmaßlichen Opfern sexuellen Missbrauchs. Es reicht nicht aus, den Tatrichter von der effektiven Verwirklichung einer Tatsache zu überzeugen, denn er muss diese Überzeugung auch vernunftmäßig begründen, und zwar so, dass sie jegliches Zögern ausschließt. Wenn ein Richter bestätigt, dass „A die Tat T“ begangen hat, ohne das Wort wahrscheinlich zu verwenden, sagt er, dass es gute Gründe für die Wahrheit seiner Behauptung gibt und dass es gleichzeitig zweifellos ist. Aus diesen Gründen ist es unmöglich, von Sicherheitsgraden zu sprechen: Man kann nur sagen, dass die Überzeugung des Richters von der Wahrheit der Anklagehypothese auf Gründen beruht, die sie nach den Regeln des praktischen Lebens rechtfertigen. Damit Dritte von der Wahrheit der Behauptung des Richters überzeugt werden können, muss es sowohl gute intersubjektive als auch subjektive Gründe geben.33 Deshalb ist dem BGH zuzustimmen, wenn er meint: „… Das Tatgericht ist nicht schon dann aufgrund des Zweifelssatzes an der Verurteilung eines Angeklagten gehindert, wenn ,Aussage gegen Aussage‘ steht und keine weiteren belastenden Indi31 Henderson/Andrews, S. 116; Diges Junco/Pérez-Mata, S. 1 – 14; Deanesi/Varela, S. 173 – 199. 32 Henderson/Andrews, S. 117. 33 Sarrabayrouse (2007), S. 452 – 453; Kindhäuser, S. 290 – 296.
Die singuläre Zeugenaussage und die Beweiswürdigung
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zien vorliegen. […] Nach der Rechtsprechung des BGH müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, welche die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat…“.34 Schließlich geht es darum, dass die Verurteilungen begründet werden müssen und die Richter die Gründe für ihre Entscheidungen erklären müssen. Ich glaube, dass Professor Sancinetti und ich in diesem Punkt einander immer zustimmen werden. Literatur Burroughs, Thomas G.: Retroactive Application of Legislatively Enlarged Statutes or Limitations for Child Abuse: Time’s no Bar to Revival, Indiana Law Review, Vol. 22, S. 989 – 1019. Camargo, Luis/Rullan, Ivana/Surt, Verónica: Investigación. Delitos contra la integridad sexual en la provincia de Tierra del Fuego, abrufbar unter: http://public.diariojudicial.com/documen tos/000/018/067/000018067pdf, zuletzt abgerufen am 25. 03. 2020. Chalmers, Alan F.: Wege der Wissenschaft. Einführung in die Wissenschaftstheorie, 5. Auflage, Berlin 2001. Deanesi, Laura: Introducción en la psicología del testimonio. Nuevas perspectivas, in: Anales de la Academia Nacional de Ciencias de Buenos Aires, Buenos Aires 2010, S. 5 – 14. Deanesi, Laura: Introducción en la psicología del testimonio. Nuevas perspectivas, in: Daniel R. Pastor/Nicolás Guzmán (Hrsg.), Problemas actuales del Derecho procesal penal, Buenos Aires 2012, S. 439 – 448. Deanesi, Laura/Varela, Agustín: Discusiones sobre la admisibilidad de la prueba pericial: el caso de los „peritajes psicológicos de credibilidad”, in: Gonzalo Rua/Pablo Rovatti (Hrsg.), Sistemas adversariales de enjuiciamiento penal, técnicas de litigación y juicio por jurados, Buenos Aires 2018, S. 173 – 199. De Paúl Velasco, Pilar: Evaluación de la credibilidad del testimonio en supuesto de abuso sexual a menores, in: Abuso sexual infantil. Evaluación de la credibilidad del testimonio. Estudio de 100 casos, Madrid 2003. Diges Junco, Margarita/Pérez Mata, Nieves: La entrevista forense de investigación a niños supuestas víctimas de delitos sexuales: guía de buenas prácticas, Diario La Ley Nr. 8920, 13. 02. 2017, S. 1 – 14. Gascón Abellán, Marina: Los hechos en el derecho. Bases argumentales de la prueba, 1. Auflage, Madrid 1999. Henderson, Hayden M./Andrews, Samantha J.: Assesing the Veracity of Children’s Forensic Interviews. Implications for the Courtroom, in: Henry Otgaar/Mark L. Howe (Hrsg.), Finding the Truth in the Courtroom, New York 2018, S. 103 – 135. Igartúa Salaverría, Juan: El caso Marey. Presunción de Inocencia y votos particulares, Madrid 1999. 34 BGH, Urt. v. 25. 4. 2018 – 2 StR 194/17 (LG Gießen); vgl. auch BGH Urt. v. 29. 7. 1988 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 158; Senat Beschl. v. 10. 1. 2017 – 2 StR 235/16, StV 2017, 367, 368 m.w.N.
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Urteilsabsprachen im Strafverfahren oder die Rückkehr des Rechtsstaats zum Tauschhandel Eine mit Fußnoten versehene Festrede Von Bernd Schünemann
I. Der deutsch-argentinische strafrechtswissenschaftliche Dialog bildet seit geraumer Zeit einen unverzichtbaren Teil der internationalen Strafrechtsdogmatik1 – und zwar nicht etwa wegen einer „gleichermaßen problematischen Vergangenheit“ der beiden Länder,2 sondern wegen der in beiden gleichermaßen anerkannten Mindestbedingungen einer „Rechtsdogmatik als Wissenschaft“ im Sinne des von mir sog. „mos analytico-philosophicus civitatis iuris“.3 Marcelo Sancinetti, der hochgeschätzte Jubilar, ist hierfür auf dem Feld der allgemeinen strafrechtlichen Lehren auch in Deutschland allgemein bekannt, wobei sich unsere beiderseitigen Beiträge häufig „über die Bande“ berühren, weil die ebenso bedeutende wie kontroverse Zurechnungslehre seines deutschen Lehrers Günther Jakobs mir vielfach einen Gegenstand kritischer Auseinandersetzung geliefert hat,4 während Sancinetti dessen Lehren und ihrer esoterischen Begrifflichkeit nicht wie die meisten lateinamerikanischen Proselyten bis aufs Jota gefolgt ist, sondern sie in eigenständiger Weise aufgenommen und verarbeitet hat.5 Weniger bekannt sind bisher in Deutschland die Arbeiten unseres Jubilars zum Strafverfahren, unter denen vor allem seine Erörterung der 1 Zu diesem Begriff in seinem von Roxin geprägten Sinn Schünemann, ZIS 2016, 654 Fn. 9. 2 So die unsinnige Unterstellung von Vogel, JZ 2012, 27 li. Sp. 3 Zu dieser zusammenfassenden Bezeichnung für die in jeder Rechtsdogmatik, „die als Wissenschaft wird auftreten können“ (Kant), geltenden Rationalitätsbedingungen s. Schünemann, in: Hilgendorf/Schulze-Fielitz (Hrsg.), Selbstreflexion der Rechtswissenschaft, 2015, S. 223, 236 und passim sowie ders., ZIS 2016, 654, 665, jetzt in: ders., Rechtsfindung im Rechtsstaat und Rechtsdogmatik als ihr Fundament (Ges. Werke Bd. I), 2020, S. 431 ff., 455 ff.; span. ders., El Derecho Penal en el Estado Democrático de Derecho y el irrenunciable Nivel de Racionalidad de su Dogmática (übers. v. Roso Cañadillas y Pérez-Sauquillo Muñoz), Madri/Buenos Aires 2019, S. 71 ff. 4 Zuletzt in ZStW 126 (2014), 1 ff. 5 Exemplarisch Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch: Zugleich eine Untersuchung der Unrechtslehre von Günther Jakobs, 1995.
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Frage, ob die Strafe ein Objekt von Rechtsgeschäften sein könne,6 für die hier seit 30 Jahren nicht abreißende Auseinandersetzung über den euphemistisch als „Verständigung“ bezeichneten Deal im Strafverfahren von besonderer Bedeutung ist. Nachdem ich mich zu diesem Thema oft genug mit (notgedrungen) zunehmender Schärfe geäußert habe,7 möchte ich diese Festschrift zum Anlass einer akademischen Festrede über das Thema nehmen, manchmal auch durchaus augenzwinkernd wie bei einer ebenfalls dem akademischen Bereich entstammenden Damenrede.
II. Es gehört zur Tradition akademischer Feiern, dass die Festreden durch feinsinnigen Humor gewürzt sind und auf diese Weise, wie die ganze Veranstaltung, die Illusion hervorrufen, wir lebten noch in einem bildungsbürgerlichen Jahrhundert. Freilich wird diese Illusion demjenigen schnell verfliegen, der sich während der ja nicht ununterbrochen unter Hochspannung stehenden Feiern mit seinem Smartphone eine kleine Auszeit im Internet gönnt und sich an den Kolumnen des „bekanntesten deutschen Strafrichters“ in ZEIT-online und an dessen immer höheren und pointenreicheren Gipfeln der Publikumsbeschimpfung ergötzt.8 Man sagt ja dem deutschen Volkscharakter nach, sein Humor gehe immer auf Kosten anderer. Vielleicht erinnern sich aber einige noch an die Inkarnation des Humors in der Restaurationszeit der fünfziger und sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, nämlich an die Fernsehsendung „Heiteres Beruferaten“ von und mit Robert Lembke. Der von unserem Kolumnisten analysierte Beruf „Vorzeigerin von dicken Silikonbrüsten“9 spielte damals noch keine Rolle, die in der Sendung übliche, zum Beruf passende charakteristische Hand-
6 Sancinetti, Avenimiento y mediación: ¿la pena como objeto de „negocios jurídicos“?, El dial DC138F, 11/6/2010. Sein unbestechliches Urteil, dass in einem Rechtsstaat eine abgesprochene Strafe nur als vom Staat zugesicherte Obergrenze in Betracht kommt, die der Beschuldigte akzeptieren oder gegen die er in einem fairen Prozess um seine Unschuld kämpfen kann, deckt sich weitgehend mit dem von mir bereits 1990 skizzierten „Strafbescheidsmodell“ (Fn. 7 – S. 162). 7 Umfassend in: Absprachen im Strafverfahren, 1990; besonders pointiert in: Wetterzeichen vom Untergang der deutschen Rechtskultur, 2005; zuletzt in: GA 2018, 181, 192 ff. sowie in: Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 29. Aufl. 2017, S. 98 ff. 8 Diese Qualifikation ist notorisch für den früheren Vorsitzenden des 2. Strafsenats des BGH und Bearbeiters des Beck’schen Kurz-Kommentars zum Strafgesetzbuch, Thomas Fischer. 9 Diese berühmt-berüchtigte Charakterisierung einer in den deutschen Journaillen seinerzeit omnipräsenten sog. „Prominenten“ fand sich erstmals in Fischers ZEIT-Kolumne „Frauenfilme zu Frauenwahrheiten und Frauenfragen“ vom 21. 6. 2016 (www.zeit.de/gesellschaft/ zeitgeschehen/2016-06/rechtspolitik-sexualstrafrecht-vergewaltigung-taeter-opfer-fischer-imrecht/komplettansicht, abgerufen am 15. 2. 2020) und hat dann längere Zeit für eine Exaltation in den Journaillen und noch mehr im Internet gesorgt.
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bewegung würde mich wohl gleich in die Haftanstalt führen, während Robert Lembke nur noch fragen könnte: „Welches Schweinderl sind denn Sie?“10 Wenn Sie jetzt denken, will der Festredner uns verarschen, dürfen Sie das ruhig laut sagen, durch vielfaches Abdrucken ohne Gänsefüßchen in ZEIT-online11 ist auch diese Vokabel festveranstaltungsfähig geworden. Aber keine Sorge, ich zitiere aus dem kraft der Besoldungsgruppe R 8 wohlberufenen Munde des ZEIT-Kolumnisten wie Franz Moor „nur das Glimpflichste“,12 um den die ganze Gesellschaft und damit auch die Strafrechtspflege im letzten halben Jahrhundert prägenden Wandel des Zeitgeistes anzudeuten, dem wir auch die Rückkehr der Strafjustiz zum Tauschhandel zu verdanken haben beziehungsweise, wie man es auch formulieren könnte, deren Übersiedelung aus dem Tempel auf den Marktplatz.13 Nämlich den Wandel von der modernen zur postmodernen Gesellschaft, von deren Zügen mir im vorliegenden Zusammenhang drei besonders wichtig erscheinen. Erstens und zweitens: Alles ist beliebig und degeneriert dadurch zum rasenden Stillstand des sinnlosen Kreislaufs einer rein ökonomisch kalkulierten Mode; alles wird in Unterhaltung verwandelt und verliert damit den Ernst der wirklichen Problemzuwendung. Konkret: Ob ein Kolumnist von dem durchdrungen ist, was er schreibt, oder sich über die daran glaubenden Leser schon im Vorhinein amüsiert, weiß man nie. Ob die Verwaltung der Kriminalität, in die sich die Ahndung von Verbrechen transformiert hat, irgendeinen Sinn macht, sei es auch nur zur Beschäftigung von Richtern und Rechtsanwälten und Gerichtsreportern oder zur ergötzlichen Unterhaltung der sich langweilenden Massen, weiß man nie. Es ist aber auch egal, wenn nur alles weiterläuft. Ob die Strafjustiz nach Wahrheit und Gerechtigkeit strebt wie in einem Tempel oder alle Ergebnisse aushandelt wie auf dem Marktplatz oder in den europäischen Trilogen,14 weiß man nie. Es ist aber auch egal, wenn sie nur weiterläuft. Ob ein Festredner an das glaubt, was er sagt, oder nur auf Befehl des Dekans für etwas Abwechslung sorgen soll, weiß man nie, es ist aber auch egal.
10 Anspielung auf das aus heutiger Sicht kümmerliche Markenzeichen der Sendung, dass die Gäste sich die Farbe des Sparschweines aussuchen konnten, in das bei jeder verneinenden Antwort auf die gestellten Fragen ein Fünfmarkstück (!) gesteckt wurde. 11 Beispielsweise in Fischers ZEIT-Kolumne: „,Terror‘ – Ferdinand von Schirach auf allen Kanälen!“, S. 13 (www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-10/ard-fernsehen-terror-ferdi nand-von-schirach-fischer-im-recht-komplettansicht, abgerufen am 15. 2. 2020). 12 Schiller, Die Räuber, Act I, Scene I. 13 So der Titel meiner soziologischen Analyse des Phänomens („Vom Tempel zum Marktplatz“, Wie die Strafjustiz scheinbar die ökonomische Theorie des Rechts in Praxis, government in governance und Souveränität in Kooperation verwandelt hat, 2013). 14 Zu den informellen Trilogen, die das in Art. 294 AEUV geregelte formelle Vermittlungsverfahren weitgehend ersetzt oder zumindest präjudiziert haben, s. den vom Europäischen Parlament 2007 herausgegebenen „Leitfaden zur Arbeit des Parlaments als Teil der Rechtssetzungsinstanz“, S. 17 ff., sowie zu ihrer nur auf einen konkreten Antrag hin unter gewissen Voraussetzungen zu schaffenden Publizität das Urteil des EuG in der Rechtssache T540/15 v. 22. 3. 2018.
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Schließlich drittens und für mein heutiges Thema am wichtigsten: Alle Beziehungen werden warenförmig, meistens in der homogenen Ertragskategorie des Geldes. Und wo diese nicht passt, muss man eben zur Tauschwirtschaft greifen. Warum nicht auch in der Strafjustiz, wo ein amerikanischer Strafrichter die strenge Strafe nach langer Hauptverhandlung mit den Worten begründete: „He takes some of my time, I take some of his, that’s the way it works“.15
III. Aber bevor ich mich mit einer solchen Justitia auf dem Marktplatz befasse, zuvor ein Blick auf Justitia im Tempel. „Das Strafgesetz“, hat Immanuel Kant gesagt, „ist ein kategorischer Imperativ … Denn die Gerechtigkeit hört auf, eine zu sein, wenn sie sich für irgendeinen Preis weggibt.“16 Und das Bundesverfassungsgericht hat ergänzt: „Das Strafrecht beruht auf dem Schuldgrundsatz, der in der Garantie der Würde und Eigenverantwortlichkeit des Menschen sowie im Rechtsstaatsprinzip verankert ist und deshalb wegen Art. 97 Abs. 3 GG zur unverfügbaren Verfassungsidentität gehört. Mit der Strafe wird dem Täter ein sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen, was den Betroffenen in seinem in der Menschenwürde wurzelnden Wertund Achtungsanspruch berührt und deshalb ohne Feststellung der individuellen Vorwerfbarkeit mit der Garantie der Menschenwürde und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar wäre. Die Ermittlung des wahren Sachverhalts, ohne den sich das materielle Schuldprinzip nicht verwirklichen lässt, ist zentrales Anliegen des Strafprozesses, dem Täter müssen Tat und Schuld prozessordnungsgemäß nachgewiesen werden.“17 Diese Unverbrüchlichkeit der Wahrheitsfindung im Strafprozess wird durch das Bild vom Tempel veranschaulicht, in dem die strafende Gerechtigkeit zuhause sein muss, wenn die Verfassungsidentität der Bundesrepublik Deutschland gewahrt bleiben soll. Historisch geht diese Idee weit zurück, an die 800 Jahre bis zur Begründung des kirchlichen Inquisitionsprozesses durch Papst Innozenz III.18 Zeitlich davor und örtlich außerhalb der dem Papst dienstbaren Gefilde hat sich freilich auch ein ganz anderes Konzept herausbilden und behaupten können, das selbst in der Tötung eines Menschen nur einen Konflikt zwischen den betroffenen Familienverbänden sah, der durch die Zahlung des Wergeldes beigelegt werden konnte.19 Modern gesprochen blieben hier alle Konflikte Gegenstand des Zivilrechts und wurden durch Schadensersatz erledigt. Ganz anders im Bereich des Inquisitionsverfahrens, wo alle Misseta15
Dazu Uhlman/Walker, Law & Society Review Vol. 14, No. 2 (Winter, 1980), S. 323 ff. Kant, Die Metaphysik der Sitten, 2. Aufl. 1798, S. 226 f. 17 St. Rspr., s. BVerfGE 123, 267 Tz. 364; 133, 168, Tz. 53 f. m.w.N. 18 Auf dem IV. Laterankonzil 1215, s. Trusen, ZRG KA 74 (1988), 168 ff.; ders., in: Miethke/Schreiner (Hrsg.), Sozialer Wandel im Mittelalter, 1994, S. 235 ff. 19 Dazu statt aller Eb. Schmidt, Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, 3. Aufl. 1965, S. 25. 16
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ten als Sünde gegen Gott galten. In Gottesstaaten wie im alten China, den orientalischen Hochkulturen oder dem Christentum des Mittelalters und der frühen Neuzeit sollte deshalb das Strafrecht mehr oder weniger die Hölle schon auf Erden vorwegnehmen, weshalb die als Vergeltung präsentierte Strafe in Wahrheit bei den meisten Delikten in einem sich bis zum Sadismus steigernden Übermaß („Overkill“) bestand. Da die grauenhaften Höllenstrafen nach dem überwiegend, vor allem von der katholischen Kirche und auch in Art. 17 der protestantischen Confessio Augustana von 1530 anerkannten christlichen Dogma im Jenseits sogar ewig währen sollen, war das normative Strafrechtsprinzip der „Übervergeltung“ also in der damaligen ungeschriebenen Verfassung der auf Gottesgnadentum gegründeten christlichen Gemeinwesen implizit enthalten. Und auch der Begriff der Straftat ergab sich zum großen Teil aus göttlicher Offenbarung, weshalb etwa Benedikt Carpzov noch im 17. Jahrhundert die Bibel wie eine Rechtsquelle behandelt hat20 und im Islam die Hadd-Vergehen das Recht Gottes verletzen.21 Das bestialischste Wüten dieses mehr als ein halbes Jahrtausend anhaltenden religiösen Wahns hat das Strafrecht zwar seit 200 Jahren hinter sich gelassen, wobei nicht unerwähnt bleiben darf, dass das Verdienst daran nicht das so genannte christliche Abendland und auch mitnichten die Reformation, sondern allein die Aufklärung trägt. Aber der Overkill als Kennzeichen der Strafe ist ebenso wie ihre rein repressive und damit im Vergleich zur Wiedergutmachung rein destruktive Wirkung nicht abgeschafft, sondern nur quantitativ reduziert worden, indem heute nicht mehr die physische, jedoch immerhin die soziale Existenz des Delinquenten beschädigt oder sogar zerstört wird. Sowohl wegen der vom Bundesverfassungsgericht im Ergebnis mit Recht beschworenen notwendigen Legitimation durch das Schuldprinzip als auch als normlogisch zwingende Konsequenz aus der Theorie der Androhungsgeneralprävention, die wir dem auch für den reformierten Strafprozess zum Leuchtturm gewordenen Feuerbach verdanken,22 setzt die Verhängung der Strafe deshalb weiterhin den vorherigen, maximal sicheren Schuldnachweis durch das Strafverfahren voraus. Die bloße Unterwerfung unter die Strafe durch den Angeklagten kann dafür keinesfalls ausreichen. Anders als im Zivilprozess, der auf das Prinzip der Privatautonomie gegründet ist, kann es einen Vergleich über die Rechtsfolgen im Strafprozess also nicht geben.
20 Vgl. Carpzov, Practica Nova Imperialis Saxonica Rerum Criminalium, Bd. 1, 2. Aufl. 1646, Quaestio 44 Nr. 32, 40, 41, 50, 52, 66 ff. Die Todesstrafe gegen Hexen und Zauberer wird als unmittelbares Gebot Gottes gerechtfertigt (Nr. 50: „Quis tuto negare poterit, revera sortiarios & sortilegos in rerum natura existere, convictus sacrarum literarum auctoritate, quae non modo veneficos & magos existere & suisse, veluti Numer. 33 Hierem. 27 Dan. 2. Psalm 578, sed & eosdem mortis poena affici debere restandur ex. Dei mandato“). 21 Dazu Radscheid, Jahrbuch Menschenrechte Band 2008, S. 246 ff.; Pittioni, Kriminalgeschichte des Islam und die europäische Freiheit, Wien 2020, S. 33 ff.; Zehetgruber, Islamisches Strafrecht versus europäische Werteordnung, 2010. 22 Dazu umfassend Greco, Lebendiges und Totes in Feuerbachs Straftheorie, 2009, S. 303 ff. und passim.
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IV. Alle diese Konsequenzen sind natürlich auch für England und für den gesamten Bereich des Common Law zwingend, seitdem es auch dort nicht um Wiedergutmachung, sondern um Strafen mit Overkill-Charakter geht. Aber das auf der Idee des Parteiverfahrens aufgebaute Schwurgerichtssystem hatte, nicht zuletzt durch seine (historisch umstrittene) Rückführung auf die Magna Charta von 1215, ein so hohes Prestige erlangt, dass es als Garant der materiellen Wahrheitsfindung angesehen, sogar im 6. Verfassungszusatz der USA für Strafsachen garantiert und zum Vorbild für die im revolutionären Frankreich beginnende Überwindung des alten Inquisitionsverfahrens auf dem Kontinent genommen wurde. Sein Pferdefuß zeigte sich erst im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts, als die im Parteiprozess naturgemäß angelegte Möglichkeit zur Anerkennung der Klage durch den Beklagten, im Strafprozess das sogenannte guilty plea, immer mehr zu- und am Ende des Jahrhunderts sogar überhand nahm.23 Im zwanzigsten Jahrhunderts wurde dann, zunächst vor allem in den USAwegen der dort im Unterschied zu England existierenden staatlichen Staatsanwaltschaft, das guilty plea zum Gegenstand einer Aushandlung zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung gemacht, dem plea bargaining. Das Muster ist fast immer gleich, der Staatsanwalt bietet eine zur Strafmilderung führende Verfahrensstrategie an, der Angeklagte liefert im Gegenzug ein guilty plea. Man erspart sich dadurch das ganze umständliche Schwurgerichtsverfahren, der Berufsrichter prüft nur die formale Korrektheit des guilty plea und setzt dann entsprechend der geschrumpften Anklage die abgesprochene mildere Strafe fest. Die Vereinbarkeit dieser zunächst heimlich betriebenen Praxis mit dem Rechtsstaatsprinzip in Gestalt der due process clause des 5. und 14. Verfassungszusatzes wurde vom Supreme Court der USA erst 1970 bejaht,24 und da dieser sogar in einer anderenfalls drohenden Todesstrafe kein Hindernis für die Freiwilligkeit des guilty plea gesehen hatte, gab es kein Halten mehr. Mittlerweile werden in den USA 95 % aller Verfahren durch plea bargaining erledigt.25 Die Wirklichkeit des amerikanischen Strafverfahrens besteht also in dem Ermittlungsverfahren von Polizeibehörden, deren Korruptheit nicht nur einen Gemeinplatz aller Hollywood-Krimis darstellt, sondern auch durch unzählige Skandale nicht erst seit der Verschwörung zur Ermordung John F. Kennedys26 belegt ist, und einem darauf gesattelten guilty plea, das dem Angeklagten durch overcharging, d. h. durch eine übersteigerte Anklage, und durch die drohende trial penalty, d. h. die
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Dazu Trüg, Lösungskonvergenzen trotz Systemdivergenzen im deutschen und US-amerikanischen Strafverfahren, 2003, S. 149 ff. 24 Brady vs. United States, 397 U.S. 742. 25 Schumann, GS f. Weßlau, 2016, S. 331, 345. 26 Die immerhin sogar der Ausschuss des Repräsentantenhauses des 95. Kongresses der USA in seinem Bericht vom 29. 3. 1979 für wahrscheinlich erklärt hat (https://www.archives. gov/research/jfk/select-committee-report/title-page.html, abgerufen am 15. 2. 2020); zu der darin offen gelassenen Frage nach den Mitgliedern der Verschwörung Bröckers, JFK – Staatsstreich in Amerika, 2013; Talbot, The Devil’s Chessboard, 2017, S. 440 ff.
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in einem Schwurgerichtsverfahren übliche, drastisch höhere Strafe, abgepresst werden kann.
V. Wenn ich in Lateinamerika und seit einigen Jahren auch in China erlebe, wie die von den USA ausgesandten Entwicklungshelfer in Sachen Strafverfahren das ja nur in den seltenen Juryverfahren wirklich praktizierte amerikanische „adversarial system“ in den höchsten Tönen preisen, und dieses sodann, wie etwa jüngst in Mexiko und Kolumbien, durch starken politischen Druck auf die Staatspräsidenten erfolgreich exportiert wird, ist mir bald zum Wutschnauben, bald zum Weinen zumute. Um mir keine Emotion zu ersparen, reizt es mich schließlich zum Lachen, wenn ich aus der Feder eines norddeutschen Kollegen lesen muss, dass der weltweite Siegeszug des amerikanischen Prozessmodells die Unfähigkeit der deutschen Strafprozessrechtswissenschaft beweise.27 Freilich könnte dieser Kollege entgegnen, wer zuletzt lacht, lacht am besten, und auf den von der deutschen Strafjustiz zunächst heimlich vollzogenen und sodann vom Gesetzgeber abgenickten Exodus vom Tempel auf den Marktplatz verweisen, dessen Betrachtung ich mich nunmehr zuwenden möchte.
VI. 1. Tatsächlich gibt es eben auch in Deutschland seit ungefähr 40 Jahren diese Praxis der Urteilsabsprachen, die ursprünglich ohne Rücksicht auf die Strafprozessordnung geboren und deshalb nur in strikt vertraulichen Gesprächen am Telefon oder in Dienstzimmern riskiert wurde. Diese wurden häufig mit der typischen Frage: „Wie bringen wir die Kuh vom Eis?“ und manchmal auf dem Urinal der Gerichtstoilette begonnen, wofür ich mich persönlich verbürgen kann und was eigentlich einmal in der ZEIT- Kolumne unter dem Aspekt der Gender-Gerechtigkeit diskutiert, allermindestens bei Gerichtsneubauten architektonisch berücksichtigt werden sollte. In Berlin sollen derartige Gespräche auch bei Bordellbesuchen entriert worden sein, was ich aber nicht bezeugen kann. Ihr Ziel bestand darin, dass die weitere Beweisaufnahme und die Urteilsberatung durch die Aushandlung eines „Gentlemen’s agreement“28 über die Ablegung eines Geständnisses seitens des Angeklagten und dessen anschließende Verurteilung zu einer verabredeten „milden“ Strafe ersetzt wurde. Alle Beteiligten waren sich darüber klar, dass sie damit das Gesetz verletzten, weshalb meistens 27 Ambos, in: Tiedemann u. a. (Hrsg.), Die Verfassung moderner Strafrechtspflege, 2016, S. 321, 325 f., in seiner Betrachtung der deutschen Strafrechtswissenschaft, bei der er Offenheit und diskursive Methodik zu vermissen vorgibt (zugleich mit ihm Hörnle, ibid., S. 289 ff., in den Fußstapfen von Vogel, JZ 2012, 25 ff., zur Korrektur s. Schünemann (Fn. 3). 28 Zur Unbehelflichkeit dieser Kategorie s. Schünemann, 1990 (Fn. 7), S. 70 ff.
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auch sprachlich klare Zusagen vermieden und der Konjunktiv, der aus der deutschen Umgangssprache ja fast schon verschwunden war, kunstvoll reaktiviert wurde. Aus demselben Grund erschien der erste Bericht in einer juristischen Fachzeitschrift über diese heimliche Praxis 1982 unter Pseudonym, netterweise von „Rechtsanwalt Detlef Deal aus Mauschelhausen“29. Denn viele kannten damals den amerikanischen Fachausdruck „plea bargaining“ noch nicht, sondern übernahmen einfach aus dem Rauschgiftmilieu die eingedeutschte Vokabel „dealen“ zur Bezeichnung eines das Licht des Tages scheuenden Geschäfts. 2. Über der ganzen Angelegenheit schwebte ein kunstvoller Schleier des Nichtwissenwollens wie über einer Abhörstation oder Drohnensteuerungsanlage der USA auf deutschem Boden. Als ich Mitte der Achtzigerjahre die erste und bisher einzige Repräsentativumfrage hierzu vorbereitete und vom Wissenschaftsreferenten des Bundesjustizministeriums eine befürwortende Stellungnahme erbat, musste sich dieser erst gegen die ernsten Bedenken des Strafprozessreferenten durchsetzen, der dringend davon abriet, die strafprozessuale Büchse der Pandora zu öffnen. Ich habe das dann doch gewagt, wobei mich im Rückblick von 30 Jahren die Behutsamkeit, mit der ich die Fragebögen formulierte, an den eingangs erwähnten Robert Lembke beim heiteren Beruferaten erinnert. Heute würde man wahrscheinlich die von mir angeschriebenen 1600 Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte einfach auffordern, den Veranstalter der Umfrage ja nicht zu verarschen. Aber die Sorgen waren überflüssig, ich hatte eine spektakuläre Rücklaufquote, konnte darauf gestützt mein Gutachten zu den strafprozessualen Absprachen für den deutschen Juristentag 1990 erstatten und mit weitreichenden rechtspolitischen Folgerungen versehen.30 Siegessicher fuhr ich zum Tagungsort München und musste mich dann allerdings dort von den die Zweidrittelmehrheit der strafrechtlichen Abteilung bildenden Richtern belehren lassen, dass es gar keine Urteilsabsprachen geben würde, sondern nur hypothetische Erörterungen und hin und wieder etwas Wildwuchs.31 Es setzte sich auch statt der „Absprache“ ein wunderbarer Euphemismus durch, nämlich die „Verständigung“, gegen die ja niemand etwas haben kann. 3. Ich fühlte mich wie die hintergangene Ehefrau, die ihrem Gatten die Sammlung seiner heimlichen Liebesbriefe vorhält und sich sagen lassen muss, das seien doch nur Stilübungen gewesen, die er gar nicht ernst gemeint habe, außerdem könne er gar nicht sündigen, wenn er seine schwarze Robe trage und per definitionem das Gute wolle. In Wahrheit hatte sich freilich die eher zaghaft begonnene Praxis schon 1990 zu einem immer robusteren Vorgehen auf allen Seiten entwickelt, wie folgendes Beispiel zeigt, das mir von verschiedenen Rechtsanwälten und damit durchaus glaubhaft über die Absprachenpraxis eines in seiner Stadt sehr prominenten Strafkammervorsitzenden mitgeteilt wurde: Er eröffnete dem Verteidiger regelmäßig bei der ersten Besprechung, zu der der Verteidiger quasi „einbestellt“ wurde, 29
Alias Weider, StV 1982, 545 ff. O. Fn. 7, S. 141 ff. 31 Nachzulesen in: Sitzungsbericht L zum 58. Deutschen Juristentag München 1990.
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dass die Kammer drei „Tarife“ habe, einen Kurzstreckentarif, einen Mittelstreckentarif und einen Langstreckentarif. Der Kurzstreckentarif werde angewandt, wenn nur die Anklageschrift, nicht aber die Akten gelesen werden müssten, in diesem Fall sei häufig eine Bewährungsstrafe möglich. Der Mittelstreckentarif werde nach der Vernehmung des Angeklagten zur Sache angewendet, er liege bei dem vorliegenden Vorwurf etwa bei 3 bis 4 Jahren. Müsse die Strafkammer den Prozess über die gesamte Distanz bis zu einem „streitigen“ Urteil durchführen, käme der Langstreckentarif zur Anwendung, der bei einem Vorwurf dieser Art etwa 5 bis 6 Jahre betrage.
VII. Vielleicht wird Ihnen an diesem Beispiel deutlich, was ich mit den Zitaten zu Beginn meiner Überlegungen andeuten wollte: Es ist der halb schnoddrige, halb rabiate Tonfall, der zwischen Gleichmächtigen nur eine Stilfrage wäre, der aber dort, wo der Überlegene seine Überlegenheit ausspielt, dem Unterlegenen keine andere Wahl als die Unterwerfung lässt. Und die Überlegenen bei den Absprachen sind natürlich immer die Repräsentanten der Justiz, erstens, weil sie die Macht haben, und zweitens weil anders als beim Beschuldigten nicht ihr persönliches Schicksal auf dem Spiel steht, sondern nur die Gestaltung ihrer Arbeitszeit. In der heutigen plea bargaining-Praxis der USA pflegen die Staatsanwälte die Annahme ihres Angebots binnen einer ganz kurzen Frist zu verlangen, was den auf dem Beschuldigten lastenden Druck in unwiderstehlicher Weise verstärkt. In Deutschland ist die Unterlegenheit des Beschuldigten aber noch dreifach schlimmer und durch die mit 20-jähriger Verspätung vom Gesetzgeber 2009 durchgeführte Legalisierung der Absprachen32 beileibe nicht behoben worden: 1. Weil das deutsche Verfahren kein Parteiprozess ist, sondern auf die Ermittlung der materiellen Wahrheit festgelegt, kann es hier die Institution des guilty plea nicht geben, vielmehr kann nur versucht werden, mit dem Beweismittel des Geständnisses ein ähnliches Ergebnis zu erzielen. Also der Tausch: Abkürzung der Hauptverhandlung durch Geständnis im Austausch gegen milde Strafe. Aber das führt zu Problemen, weil ein Beweismittel keine rechtliche Verfügungserklärung ist wie das guilty plea, sondern eine empirische Gegebenheit, die nicht mehr aus der Welt geschafft werden kann. Zwar hat der Gesetzgeber in dem Verständigungsgesetz bei einer aus irgendwelchen Gründen fehlerhaften Absprache das bereits abgelegte Geständnis für unverwertbar erklärt (§ 257c Abs. 4 S. 3 StPO), aber das kann erstens die psychologische Wirkung in den Gehirnen der Verfahrensbeteiligten nicht mehr ungeschehen machen und führt zweitens zu einer in sich widersprüchlichen Hybridisierung der Verfahrensstrukturen, weil damit der strategische Verfügungscharakter des Geständnisses eingeräumt wird, das andererseits als entscheidende Verurteilungs32 Durch das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. 7. 2009, BGBl. I 2353.
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grundlage dienen und dadurch die Auffindung der materiellen Wahrheit ermöglichen soll.33 2. Zweitens finden die Abspracheverhandlungen in Deutschland nicht wie in den USA zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft, sondern zwischen der Verteidigung und dem Gericht statt, nach der im Verständigungsgesetz getroffenen Regelung sogar mit einer zusätzlichen Vetoposition der Staatsanwaltschaft (§ 257c Abs. 3 S. 4 StPO). Das widerspricht aber den fundamentalen Regeln der sog. Verfahrens- und speziell der Verhandlungsgerechtigkeit, kraft derer bei einem großen Machtgefälle zwischen den Partnern keine echte Verhandlung stattfindet, sondern nur deren oberflächliche Farce inszeniert wird, vergleichbar mit der Situation, dass die Katze mit der Maus für den Fall, dass die Maus einen Fluchtversuch unterlässt und der Katze also etwas Zeit erspart, über die dann von ihr gewünschte Todesart spricht. 3. Und drittens bleibt dann, wenn in diesem Gespräch keine Einigung erzielt wird, der die plea negotiations führende deutsche Richter unverändert für die eigentliche Hauptverhandlung zuständig, wodurch freilich auch diese in die Nähe einer Farce gerückt wird. Denn die Vorgeschichte, dass der Richter dem Beschuldigten eine wirkliche oder vermeintliche Strafmilderung als Austausch gegen ein Geständnis angeboten und sich der Beschuldigte hierauf bis zu einem gewissen Grade eingelassen hat, führt psychologisch zu einer self-fulfilling prophecy. Wie in den von mir dazu früher durchgeführten Experimenten bestätigt worden ist, wird danach das Bestreiten des Schuldvorwurfes in der Hauptverhandlung vom Richter nicht mehr innerlich ernst genommen, jede Chance auf den Freispruch ist zerstört.34 Und im Strafmaß zwingen die gescheiterten plea negotiations zur Anwendung der sog. Sanktionsschere, also der Verhängung der strengeren Strafe, damit nicht deren Androhung während der Verhandlungen nachträglich als frivoles Pokerspiel erscheint. Dadurch entwickelt sich aber die angeblich mildere Strafe letztlich zur Normalstrafe, so dass sich die Urteilsabsprache, die dem Angeklagten dann nur vermeintlich einen Strafrabatt einbringt, aus seiner Sicht in eine Mogelpackung verwandelt. 4. Das Zwischenfazit liegt auf der Hand: Während noch bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein bei uns in Justiz und Prozessrechtswissenschaft das amerikanische System des plea bargaining nur mit Verachtung erwähnt wurde, hat die deutsche Strafjustiz binnen eines Jahrzehnts unter Missachtung des geschriebenen Gesetzes und in eigener Sache selbstherrlich ein Verfahren oktroyiert, das nicht einmal die bescheidenen Kautelen des amerikanischen plea bargaining aufweist, ohne sich aber die daraus resultierenden Gefahren für die materielle Wahrheit und Gerechtigkeit einzugestehen. Der Bundesgerichtshof hat dann in 2 Grundsatzentscheidungen erst seines 4. Strafsenats und dann des Großen Senats für Strafsachen, auf die ich hier nicht näher eingehen kann, im Wege der offenen Rechtsfortbildung einige Kautelen geschaffen,35 die aber faute de mieux nur den äußeren Hergang betreffen konn33
Dazu eingehend Hauer, Geständnisses und Absprache, 2007. Näher Schünemann, Wetterzeichen (Fn. 7), S. 27. 35 BGHSt 43, 195; 50, 40. 34
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ten, und den Gesetzgeber ausdrücklich zu einer umfassenden Regelung des Problems durch strukturelle Reformen aufgerufen. Gerade diese ist das von mir schon erwähnte Verständigungsgesetz aber schuldig geblieben, indem es im wesentlichen nur die schon vom Bundesgerichtshof statuierten Belehrungs- und Hinweispflichten in die Strafprozessordnung hineingeschrieben und etwas erweitert hat, beispielsweise dass über die außerhalb der Hauptverhandlung und prinzipiell auch ohne den Angeklagten (!!) geführten Geheimverhandlungen über die Verständigung in öffentlicher Hauptverhandlung berichtet und der Inhalt der Absprache protokolliert werden muss.36 In der Praxis sah man in diesen sog. Transparenzregeln vielfach nur einen überflüssigen Formelkrimskrams und ignorierte ihn, was zu mehreren Verfassungsbeschwerden und einer hochdramatischen mündlichen Verhandlung vor dem 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts führte.37 Besonders interessant war hierbei das Auftreten der Anwaltschaft, die einerseits durch die Bundesrechtsanwaltskammer und andererseits durch den Deutschen Anwaltsverein repräsentiert war. Denn als Verteidiger ist der Rechtsanwalt der geborene Vertreter der Beschuldigteninteressen, gleichzeitig ist er aber auch in ökonomischer Hinsicht der Hauptnutznießer der Absprachenpraxis, weil er dadurch seine Erledigungskapazität um ein Vielfaches steigern und erfahrungsgemäß für eine gelungene Absprache dasselbe Honorar vereinbaren kann wie für eine wochenlange Hauptverhandlung. Entsprechend polarisiert waren dann auch die Positionen der Anwaltschaft vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Bundesrechtsanwaltskammer, die sich bereits als Steigbügelhalter beim Verständigungsgesetz hervorgetan hatte,38 verteidigte dessen Verfassungsmäßigkeit mit Klauen und Zähnen, während der Deutsche Anwaltverein schonungslos auf die Zerstörung der Subjektstellung des Angeklagten durch dessen Fernhaltung von den Absprachenverhandlungen, auf die unerträgliche Übermacht des Gerichts und auf die bloße Fiktion der materiellen Wahrheitsfindung hinwies. Als mein Düsseldorfer Kollege Altenhain seine empirische Untersuchung vorstellte, wonach sich an der das Gesetz ignorierenden Absprachepraxis auch 20 Jahre nach meinen Untersuchungen nichts Wesentliches geändert hatte,39 und mehrere Strafkammervorsitzende ebenfalls Laster und Brand schimpften, geriet die anwesende Justizministerin, damals noch Frau Leutheusser-Schnarrenberger, ersichtlich in Not und erklärte, sie wisse ja, dass das Gesetz nachgebessert werden müsse, möge ihr doch das Bundesverfassungsgericht hierzu eine Frist setzen. Das war die Peripetie, ganz wie im klassischen Drama. Ich gewann bei der Befragung durch die Senatsmitglieder den Eindruck, dass zwei die Problematik vollständig, zwei andere aber überhaupt nicht durchschaut hatten, während der Vorsitzende nach Kompromissen Ausschau hielt. Das Urteil hat dann wohl alle enttäuscht, weil die Hinweis-, Berichts- und Protokollierungspflichten des Gesetzes mit aller Schärfe 36
§§ 243 Abs. 4, 273 Abs. 2 StPO. Am 7. 11. 2012, s. dazu Schünemann, FS f. Wolter, 2013, S. 1107, 1116 ff. 38 Dazu Schünemann, ZRP 2006, 63 f. 39 Altenhain u. a., Die Praxis der Absprachen im Strafverfahren, 2013.
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unterstrichen und die Absprachen vielen Tatrichtern dadurch verleidet wurden, an der Gewichtsverteilung zu Gunsten einer übermächtigen Justiz aber nicht gerüttelt wurde.40 Dazu zwei Beispiele: Das Geständnis als vom Gesetz verlangte Leistung des Angeklagten wird in der Praxis häufig zwischen Gericht und Verteidigung vorher fixiert und nicht selten sogar vom Verteidiger vorgetragen, damit der Angeklagte auf keinen Fall zu viel oder zu wenig gesteht (sog. „schlankes Geständnis“). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes brauchte dieses Geständnis nur anhand der Akten auf seine Glaubwürdigkeit überprüft zu werden, womit also der Anspruch auf Findung der materiellen Wahrheit allein durch die Hauptverhandlung praktisch aufgegeben wurde. Das Bundesverfassungsgericht erklärte dazu in auf den ersten Blick martialisch erscheinender Weise, die Überprüfung müsse in der Hauptverhandlung selbst stattfinden, gab sich dann aber damit zufrieden, dass beispielsweise eine Urkunde im so genannten Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt würde.41 Und während noch in der Themenplanung für die mündliche Verhandlung die Zerstörung der richterlichen Neutralität durch aktive Teilnahme an der Erzielung eines Abspracheergebnisses als eigenes Problem aufgeführt wurde, war davon hinterher keine Rede mehr, so dass die weltweit völlig singuläre Allmacht des deutschen Strafrichters unerörtert blieb: Die Verfahrensfunktionen (1) der Zulassung der Anklage wegen Wahrscheinlichkeit der Verurteilung, (2) der Leitung der Hauptverhandlung, (3) der Erhebung der Beweise, (4) der Würdigung der Beweise, (5) des Urteils in der Schuldfrage, (6) des Urteils in der Straffrage, ggf. (7) der Führung der Abspracheverhandlungen sowie (8) der Führung der Hauptverhandlung nach gescheiterten Abspracheverhandlungen sind weltweit normalerweise auf 6 verschiedene Verfahrensrollen verteilt, weil sonst nicht nur eine Überforderung, sondern auch eine Voreingenommenheit und damit Parteilichkeit befürchtet wird. Dass der deutsche Richter problemlos alle 8 Rollen miteinander vereinbaren können soll, belegt in meinen Augen entweder Ignoranz oder Hybris. Die durch diese Rollenhäufung entstehende Allmacht zerstört auch den bloßen Anschein einer prozessualen Balance und ist in den Worten von Montesquieu schon deshalb furchtbar, weil sie nicht auf Zeit, sondern auf Lebenszeit, genauer bis zur Pensionierung, verliehen und nur extrem lückenhaft kontrolliert wird.42 Der Richterübermacht gegenüber steht die wachsende Ohnmacht der Verteidigung, die sich auch daran zeigt, dass die Erfolgsquote ihrer Revisionen seit geraumer Zeit immer mehr zurückgegangen ist, bei dem für Bayern zuständigen 1. Strafsenat unter dem Vorsitz von Armin Nack (der deshalb auch im Anwaltsjargon als „Olli-Kahn-Senat“ bezeichnet wurde)43 lag sie zuletzt bei 1, 2 Pro-
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BVerfGE 133, 168 ff. BVerfGE 133, 168 Tz. 71. 42 Näher Schünemann, FS f. Streng, 2017, S. 755 ff. 43 In Anspielung auf den früheren Torwart der deutschen Fußballnationalmannschaft, der dafür bekannt war, auch unhaltbare Sachen halten zu können. 41
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zent.44 Dies führte übrigens dazu, dass Verteidiger im Einzugsbereich des 1. Strafsenats von vornherein anstelle einer institutionell aussichtslosen Revision den Deal wählten, wodurch der 1. Strafsenat fast arbeitslos zu werden drohte, wenn ihm nicht nunmehr vom Präsidium des BGH auch die Steuerstrafsachen zugewiesen worden wären – wofür er sich postwendend dadurch erkenntlich zeigte, dass er die bisher hier einschlägige Rechtsprechung des 5. Strafsenats in zentralen Punkten mit dubiosen Begründungen wesentlich verschärfte.45
VIII. Um wieder so etwas wie eine Verfahrensbalance herzustellen, bedürfte es deshalb enormer Anstrengungen des Gesetzgebers, und auch nicht nur auf dem Gebiet der sog. Verständigung, sondern vor allem auch auf dem Gebiet des Ermittlungsverfahrens, das ja bei einem abgesprochenen Urteil die Last der (objektiven) Wahrheitsfindung so allein tragen muss wie Atlas die Welt und damit in seiner gegenwärtigen, verpolizeilichten und vergeheimdienstlichten Gestalt46 ohne eine ausreichend starke Verteidigung als Gegengewicht völlig überfordert ist. Leider stehen die Zeiten für eine wirklich durchgreifende Strafprozessreform schlecht, denn mit ein paar Twitternachrichten lassen sich mehr WählerInnenstimmen gewinnen als mit einer solch herkulischen Anstrengung. Um die gegenwärtige Richtermacht ohne Maß auf ein erträgliches Maß zu begrenzen, müsste man sehr viel Augenmaß haben, aber bedauerlicherweise regiert in unserer gegenwärtigen Rechtspolitik das Untermaß.47
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Barton, GS f. Weßlau, 2016, S. 33, 42. Dass die Überprüfungsintensität unter dem neuen Senatsvorsitz seit 2013 schlagartig zugenommen hat, zeigen zahlreiche veröffentlichte Entscheidungen; eine statistische Untersuchung dazu ist mir allerdings nicht bekannt. 45 Näher Schünemann, FS f. Feigen, 2014, S. 263, 273 ff. 46 Kritische Bestandsaufnahme in dem Sammelband von Barton/Kölbel/Lindemann (Hrsg.), Wider die wildwüchsige Entwicklung des Ermittlungsverfahrens, 2015; ferner m.w.N. Schünemann, GA 2008, 314 ff. 47 Zum Verständnis des abschließenden kleinen Wortspiels muss man wissen, dass Heiko Maas von 2013 – 2018 als Bundesminister „der Justiz“ amtierte (daneben auch für den anscheinend nicht als Angelegenheit der Justiz angesehenen „Verbraucherschutz“, was aber vernachlässigenswert erscheint, weil er eigenartigerweise die Verbraucherinnen nicht schützen sollte) und sich dadurch profilierte, dass er eine sog. „Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ einsetzte, deren (durchaus bescheidenen, s. Schünemann, StraFo 2016, 45) Vorschläge anschließend aber im gleichnamigen Gesetz v. 17. 8. 2017 (BGBl I 3202) fast nur insoweit aufgegriffen wurden, wie sie die Verteidigungsposition schwächten.
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Konkrete und abstrakte Zweifel bei der Beweiswürdigung Von Petra Velten
I. Einleitung Mit dem Kollegen Sancinetti bin ich über das Thema Beweiswürdigung in Kontakt gekommen. Wir haben dazu einige sehr spannende und für mich anregende Diskussionen geführt. Daher möchte ich ihm einen Beitrag zu diesem Thema widmen. Der Bundesgerichtshof betont immer wieder, dass nicht jeder abstrakt mögliche (denkmögliche) Zweifel an der Schuld zu einem Freispruch „in dubio pro reo“ führen dürfe. Eine Beweiswürdigung, die von einem solchen unzutreffenden Ansatz hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelssatzes ausgehe, sei rechtsfehlerhaft. Das Gericht dürfe keine überspannten Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung stellen. Dies sei der Fall, wenn ein Gericht Zweifel ohne konkrete Anhaltspunkte hierfür auf bloß denktheoretische Möglichkeiten gestützt habe. Eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und von niemandem anzweifelbare Gewissheit sei nicht erforderlich.1 Der Gehalt dieser Aussage ist unklar, mindestens ebenso schillernd wie das Gegensatzpaar abstrakt und konkret selbst. Offenbar sollen nur „konkrete“ Zweifel von Bedeutung sein. Verpönt sein könnten: der immer bestehende, abstrakte Zweifel an der eigenen Erkenntnisfähigkeit, der nicht auf konkrete, bildhafte Vorstellungen gestützte Zweifel oder der Zweifel ohne konkrete Anhaltspunkte. 1. Immer bestehende, abstrakte Zweifel am Erkenntnisvermögen Hohe Plausibilität kann eine Interpretation in dem Sinne für sich verbuchen, dass Zweifel, die aus der Begrenztheit und Irrtumsanfälligkeit des menschlichen Erkenntnisvermögens schlechthin resultieren, einer Verurteilung nicht entgegenstehen können.2 Es kann immer sein, dass ein Richter, eine Richterin sich irrt. Wäre das Be1
RGSt 66, 163; BGHSt 5, 34 (36); 10, 208 (211); 34, 29 (34); 41, 206 (214); BGH StV 1988, 190; BGH StV 1994, 580; BGH StV 1999, 5 (6); BGH NStZ 1988, 236; BGH NStZ 2010, 102; BGH NStZ-RR 2010, 85; BGH NStZ-RR 2010, 144; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2007, 90; OLG Bamberg NJOZ 2010, 2385. 2 So die ursprünglichen Entscheidungen zu „in dubio pro reo“: RGSt 66, 163; BGHSt 5, 34 (36); 10, 208 (211).
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wusstsein hiervon ein Verurteilungshindernis, wären solche Zweifel relevant, müsste die Institution Strafjustiz, die ja ein menschliches Unterfangen ist, aufgegeben werden. Das wäre eine Deutung der Rechtsprechung, die der Freiheit der Beweiswürdigung am meisten Raum gibt. Schaut man sich die einschlägigen Passagen näher an, wird aber deutlich, dass mehr als dieser allgemeine Zweifel gemeint ist. Der BGH fügt erläuternd hinzu, dass abstrakt denkmöglich sei, dass ein anderer Sachverhalt vorliege, biete nicht schon Anlass zum Zweifeln. Für einen solchen Sachverhalt müssten vielmehr konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Auch wenn es also gelingt, Sachverhaltsalternativen (zur Schuld des Angeklagten) zu formulieren, die mit dem Beweismaterial vereinbar sind, sieht der BGH darin noch keinen Grund zum Freispruch, im Gegenteil ein solcher Freispruch sei fehlerhaft. Dennoch bildet die Überlegung, dass die Irrtumsanfälligkeit per se ungeeignet ist, Freisprüche zu begründen, den Hintergrund des Konzepts der Rechtsprechung. Diese weitergehende Einschränkung der Beweiswürdigungsfreiheit der Instanzgerichte durch das Verbot von Zweifeln, die nicht auf Indizien gestützt sind, wird nämlich auf diesen so plausiblen Gedanken gestützt, eine von niemandem mehr anzweifelbare Gewissheit könne nicht gefordert werden. Ob dieser die viel weitergehendere Beweisregel auch trägt, wird zu prüfen sein. 2. Konkret-bildhafte Zweifel oder kein Zweifel ohne Anhaltspunkte? Mithin darf das Gericht auch in Bezug auf den konkreten Fall nicht abstrakt zweifeln, sein Zweifel muss konkret sein. Damit ist nicht etwa gemeint, dass nur konkretbildhafte Vorstellungen des Richters, der Richterin (im Gegensatz zu einer allgemeinen Unsicherheit) Zweifel im Sinne von „in dubio pro reo“ darstellen. Denn im einigen Fällen schwebt den Instanzgerichten eine konkrete Sachverhaltsdeutung vor, die den Bundesgerichtshof mangels Indizien nicht überzeugte.3 Gemeint ist vielmehr, dass es für eine Sachverhaltsalternative Anhaltspunkte geben muss, soll diese für die Entscheidung bedeutsam sein.
II. Die Entwicklung der Rechtsprechung Die Rechtsprechung zu zulässigen konkreten und unzulässigen abstrakten Zweifeln hat sich im Laufe der Jahre erheblich gewandelt, und zwar von einer Beschuldigten freundlichen und sehr differenzierten Kontrolle der Beweiswürdigung (die vom „favor defensionis“4 getragen war) hin zu einer Freispruchkorrektur. Es lassen sich drei Entwicklungsstufen ausmachen. Soweit ersichtlich datiert die erste Entscheidung zu der Frage, welche Bedeutung Sachverhaltsalternativen für die Beweiswürdigung haben, aus dem Jahr 1974. Damals entschied der BGH auf Vorlage des 3 4
Vgl. etwa BGH 1 StR 478/04. Dazu Glaser, Handbuch (1883) S. 14 f.
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OLG Celle.5 Gegenstand des Urteils war die Frage, ob es zulässig sei, von der Haltereigenschaft auf die Fahrzeugführung zu schließen. Bislang hatte sich die Revisionskontrolle im Wesentlichen auf die Verletzung von Denk- und Erfahrungssätzen beschränkt. Der Bundesgerichtshof betont daher hier zunächst: „An sich ist dieser Schluss zwar weder denkgesetz- noch erfahrungswidrig; er ist also möglich. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt auch für den mittelbaren Beweis. Der Richter ist dabei nicht an Beweisregeln gebunden. Tatsächliche Schlüsse, die er aus Beweisanzeichen zieht, müssen möglich, brauchen aber nicht zwingend zu sein. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass sich der Richter dann, wenn eine Tatsache oder ein Tatsachenkomplex mehrere verschiedene Deutungen zulässt, für eine von ihnen entscheiden darf, ohne die übrigen in seine Überlegungen einzubeziehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Er braucht zwar nicht jede theoretisch denkbare, den Umständen nach jedoch fernliegende Möglichkeit der Fallgestaltung zu berücksichtigen. Er erfüllt aber nicht seine Aufgabe, die Beweise nicht nur denkgesetzlich richtig und widerspruchsfrei, sondern auch erschöpfend zu würdigen, wenn er von mehreren naheliegenden tatsächlichen Möglichkeiten nur eine in Betracht zieht und die anderen außer Acht lässt.“ Sodann wird ausgeführt: „Die Haltereigenschaft allein jedenfalls ist beim Fehlen irgendwelcher sonstiger Anhaltspunkte kein ausreichendes Indiz für die Täterschaft einer Verkehrsordnungswidrigkeit. Der Nachweis der Täterschaft des Halters kann auch nicht mit der Erwägung geführt werden, dass Anhaltspunkte für die Benutzung des Fahrzeugs durch eine andere Person nicht ,ersichtlich‘ oder,hervorgetreten‘ seien. Eine solche Formulierung erweckt den Verdacht, dass der Richter die Tragweite des Grundsatzes ,im Zweifel für den Angeklagten‘ verkannt und gemeint hat, nur solchen tatsächlichen, den Betroffenen entlastenden Möglichkeiten nachgehen zu müssen, die offen zutage liegen.“ Die Stoßrichtung dieser ersten Entscheidung liegt zunächst noch nicht darin, dass nur solche Sachverhaltsdeutungen überhaupt herangezogen werden dürfen, für die auch Beweisanzeichen vorliegen. Es wird im Gegenteil darauf verwiesen, dass es nicht darauf ankommen könne, ob für diese Sachverhaltsalternative Indizien ersichtlich seien. Maßgeblich ist vielmehr in dieser Entscheidung noch die Häufigkeit einer denkmöglichen Sachverhaltsalternative, oder in der Sprache der Rechtspsychologie: deren Basisrate. Dementsprechend wird auch in einer der folgenden Entscheidungen zunächst festgehalten, dass zwar nur „vernünftige“ Zweifel einer Verurteilung entgegenstünden. Aber auch hier liegt der Schwerpunkt der Beweiswürdigungskontrolle auf der Frage, welche Sachverhaltsalternativen theoretisch in Betracht zu ziehen sein könnten, und ob nach Hinweisen auf derartige Erklärungen des Beweismaterials gesucht wurde.6 In erster Linie verlangt der Bundesgerichtshof hier von den Instanzgerichten eine mögliche Konkretisierung und genauere Analyse derjenigen Sachver-
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BGHSt 25, 367 ff.; ähnlich später BVerfG NJW 1994, 847. BGH NJW 1988, 3272: Vergewaltigung oder Geschlechtsverkehr mit Einwilligung. Hier hatte das LG versäumt, alle denkbaren Erklärungen für eine falsche Belastung des Angeklagten durch die Opferzeugin sorgfältig abzuklopfen; vgl. auch BGH NJW 1987, 2027. 6
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haltsalternative, die den Zweifel ausgelöst hat.7 Wenn aber eine solche Konkretisierung nicht möglich ist, führte das zunächst noch nicht zur Unzulässigkeit des Zweifels, es sei denn die Sachverhaltsvariante war geradezu an den Haaren herbeigezogen. Eine andere Entwicklung – die zugleich mit der Tendenz zur Aufhebung von Freisprüchen einhergeht – ist die Betonung der Notwendigkeit der Gesamtwürdigung auch im Falle von Indizien.8 Sie ist neueren Datums. Es handelt sich um einen hier nur am Rande interessierenden Nebenstrang, der aber erklärt, warum die Rechtsprechung zurückhaltend mit der Annahme war, dass entlastende Indizien Zweifel auslösen können. Die Instanzgerichte hatten (nach der Diagnose des BGH) im Falle des Indizienbeweises eine Einzelwürdigung angestellt: Zweifel hinsichtlich einer entlastenden Erklärung des Beweismaterials wurden so gehandhabt, dass die entlastende Einlassung oder eine entlastende Sachverhaltsvariante automatisch zum Freispruch führte, wenn sie nicht widerlegbar war. Der Bundesgerichtshof besteht nunmehr darauf, dass eine Gesamtwürdigung unternommen werden muss.9 Ein auf einen feststehenden Kern gestütztes Beweisanzeichen, dessen Bedeutung für sich genommen unklar bleibt, dürfe nicht vorab isoliert nach dem Zweifelssatz beurteilt werden. Beweisanzeichen könnten nämlich in einer Gesamtschau wegen ihrer Häufung und gegenseitigen Durchdringung die Überzeugung von der Richtigkeit eines Vorwurfs begründen.10 Die Kritik gilt zusammengefasst der Annahme, man müsse stets freisprechen, wenn man nicht absolut sicher sei, dass das Indiz nicht vorliege. Eine solche Falsifizierung sei nicht erforderlich. Die ursprüngliche Rechtsprechung verkannte die Wirkungsweise von Indizien. Weil sie annahm, dass Zweifel an entlastenden Indizien zwangsläufig zum Freispruch führten, unterband sie deren Einfluss weitgehend.11 Erst im Laufe der Zeit verschob sich der Schwerpunkt auf die Behauptung, der Zweifelssatz gebiete es nicht, zugunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat.12 Die Einschränkung dieses Verbots auf besonders fernliegende Varianten findet sich immer seltener in den Entscheidungen, bisweilen wird eine bloß fernliegende, theoretische Möglichkeit schon deshalb angenommen, weil es an Indizien fehlt.13 Diese Rechtsprechung verkehrt die in BGHSt 25, 365 aufgestellten Grundsätze in ihr Gegenteil. 7 Vgl. zur Relevanz der „Ausermittlung“ für die Beweiswürdigung, Velten (1995), S. 205 ff.; SK-StPO/Velten, Vor § 261 Rn. 26 ff. 8 Vgl. nur BGH NStZ 2002, 48. 9 BGH wistra 1989, 264 (266); NStZ 2011, 302. 10 Vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 24; BGHSt 47, 243. 11 Vgl. nur BGH NJW 1995, 2300. 12 BGH NJW 1995, 2300; BGHSt 47, 243. 13 Vgl. etwa BGH NJW 1995, 2300; BGH 1 StR 478/04 (NStZ-RR 2005, 147) Rz. 7, 28; BGH 1 StR 513/01 Rz. 27; BGHJ NJW 2007, 2274.
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Als Zwischenergebnis ist festzuhalten: Die Rechtsprechung verpflichtete die Instanzen zunächst dazu, sich mit Sachverhaltsalternativen auseinanderzusetzen, die möglich seien, selbst wenn dafür keine Anhaltspunkte vorlagen. Falsch sei es, nur evident gegebenen Varianten nachzugehen. Nur rein theoretische, den Umständen nach fernliegende Alternativen dürften ignoriert – müssten nicht eigens überprüft und berücksichtigt – werden. Aus der Ausnahme von der Pflicht ist inzwischen ein Gebot geworden: Neuerdings wird es als unzulässig angesehen, Tatvarianten zu unterstellen, wenn dafür keine Anhaltspunkte vorliegen. Fernliegend sind nun nicht-indiziengestützte Sachverhaltsannahmen. Dieses letzte Konzept überzeugt nicht. Im Ergebnis wird sich zeigen, dass der ursprünglichen Konzeption zugestimmt werden kann, gleiches gilt für das Prinzip der Gesamtwürdigung von Indizien. Unzutreffend sind aber die Entscheidungen, die kategorisch verlangen, dass eine Sachverhaltsalternative indiziengestützt sein muss.
III. Kritik 1. Müssen belastende Indizien falsifiziert werden? Der Bundesgerichtshof revidiert die in Lit. und Rspr. ursprünglich vertretene Annahme, man müsse für belastende Indizien voraussetzen, dass sie feststehen müssen – zu Recht. Nur feststehende Indizien dürften als Grundlage der Entscheidungsfindung herangezogen werden. Unsichere, belastende Indizien müssten aus der Beweismasse ausgeschieden bzw. (per hypothetischer Würdigung) eliminiert werden.14 Es müsste demzufolge streng genommen immer eine Zwischenwürdigung erfolgen, im Rahmen derer zu entscheiden wäre, ob das Gericht von der zugrunde liegenden Indiztatsache überzeugt ist. Das wurde mit dem Satz begründet, bloße Möglichkeiten oder Wahrscheinlichkeiten könnten keine Gewissheit begründen. Richtigerweise ist zu differenzieren: Diese „Beweisregel“ kann für den Hauptfall des Indizienbeweises – den Indizienring – nicht gelten:15 Für den Fall des Beweisrings, bei dem jedes Indiz für sich genommen auf die Haupttatsache hinweist (also zum Beispiel die Aussage des Zeugen X, der sich nicht sicher ist, den Angeklagten als Täter gesehen zu haben und die Aussage des Zeugen Y, der sich ziemlich sicher ist, aber schlecht sieht und der Umstand, dass die Fingerabdrücke des Täters am Tatort gefunden wurden, das Vorhandensein eines Tatmotivs usw.) verstärken sich die Einzelwahrscheinlichkeiten. Je mehr belastende Indizien zusammentreffen, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Haupttatsache (Banküberfall durch den Angeklagten) vor14
BGHSt 36, 286 (290); BGH JR 1954, 468; BGH JR 1975, 34; BGH bei Dallinger, MDR 1969, 194; BGH StraFo 2006, 244; s. auch KK/Schoreit, § 261 Rn. 65; Herdegen, NStZ 1984, 337 (342). 15 Vgl. aber Volk, NStZ 1983, 423; H. E. Müller (1992), S. 61; Eisenberg (2017), Rn. 124 (vernünftige normative Beweisregel); Meyer-Goßner, StPO § 261 Rn. 29 (Denkgesetz), wie hier anscheinend BGH NStZ 1983, 133.
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liegt.16 Das ist aber der typische Fall des Indizienbeweises. Das früher vertretene Argument trifft nur zu, wenn es sich (ausschließlich) um eine sogenannte Indizienkette handelt. Wenn zum Beispiel die Eigenschaft eines Angeklagten als Halter eines Autos mit 50 % feststeht, wenn sodann weiter die allgemeine Wahrscheinlichkeit, dass im Einzelfall der jeweilige Halter sein Auto gefahren ist, bei 70 % liegen sollte, dann liegt schließlich die Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte tatsächlich gefahren ist, nur bei 35 %.17 In einem solchen Fall der Beweiskette trifft es also zu, dass aus Möglichkeiten keine Gewissheit resultieren kann. Eine Urteilsbegründung, die anderes behaupten würde, wäre denkfehlerhaft. Sobald allerdings zu einer solchen Indizienkette ein unabhängiges Indiz hinzutritt (was regelmäßig der Fall sein dürfte), können die hinzutretenden Indizien die Wahrscheinlichkeit erhöhen. Damit bleibt es bei dem Grundsatz, dass – abgesehen von dem kaum denkbaren Fall, dass ausschließlich Indizien aus einer Beweiskette zur Verfügung stehen – weder das Prinzip „in dubio pro reo“ noch eine Beweisregel des Inhalts, dass nur von feststehenden Indizien auf Haupttatsachen geschlossen werden könnte, Geltung beanspruchen können.18 Im Beispielsfall ist daher die Aussage eines Zeugen, von dessen Aussage das Gericht nicht unmittelbar überzeugt ist, nicht einfach irrelevant, nur weil sich bei isolierter Betrachtung die Unsicherheit nicht beheben lässt. Vielmehr ist sie bei der Beweiswürdigung als mögliches belastendes Indiz zugrunde zu legen, erst in der Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller anderen Indizien, also nach Abschluss der Beweisaufnahme kann das Gericht rückschauend endgültige Klarheit über die Bewertung der Zeugenaussage erlangen.19 2. Keine Zweifel ohne Anhaltspunkte? Nicht überzeugend ist die Annahme des Bundesgerichtshofs, vernünftige Zweifel setzten voraus, dass in einer (vollständigen) Beweisaufnahme für einen solchen alternativen Sachverhalt Anhaltspunkte hervorgetreten sind. Das soll an einem Beispiel20 gezeigt werden, das Schweizer21 nach sog. Bayes-Netzen modelliert und somit einer Rationalisierung und Berechnung der Gesamtwürdigung auf der Basis subjektiver Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Beweise zugeführt hat.22 Auch wenn einzelne Wahrscheinlichkeiten (wie häufig findet man (keine) Beweise, falls jemand homosexuell ist oder Drogen intravenös spritzt?) geschätzt sind, lässt der Fall die Prinzipien der Beweiswürdigung erkennen. Er zeigt auch, warum die Hypothese des Bundesgerichtshofs falsch ist. 16
Vgl. dazu Bender/Nack/Treuer (2014), Rn. 628. Beispiel von Bender/Nack/Treuer (2014), Rn. 638 ff. 18 Wie hier Grünwald (1997) S. 88. 19 Grünwald, (1997), S. 88. 20 BGH NJW 1991, 1948. 21 Schweizer (2015), S. 227 ff. 22 Die kolportierten Daten und die Berechnungen von Schweizer werden hier referiert. 17
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Eine Frau erhält eine HIV-kontaminierte Blutspende. Es gab keinerlei Hinweise darauf, dass sie (oder ihr Ehemann) einer Risikogruppe angehörte. Die Frau stirbt später an HIV. Die Verseuchung einer solchen Blutprobe führt mit 90 %iger Wahrscheinlichkeit zu einer Infizierung dessen, der die Spende erhalten hat. Also besteht eine 10 %ige Wahrscheinlichkeit dafür, dass zwar nachgewiesen wird, dass die Blutprobe verseucht ist, die Infizierung aber dennoch auf andere Ursachen zurückgeht. In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts beruhte eine Infektion mit 65 %iger Wahrscheinlichkeit auf einem homosexuellen Geschlechtsverkehr, mit 32 %iger Wahrscheinlichkeit auf einem intravenösen Drogenkonsum, die Übertragung durch eine kontaminierte Blutprobe 1,6 % und in 1,4 % der Fälle auf anderen Ursachen (heterosexueller Geschlechtsverkehr mit einer infizierten Person, berufliche Exposition, sonstiger Kontakt einer offenen Wunde mit infiziertem Blut).23 Weiß man gar nichts über eine infizierte Person, dann ist also die Anfangswahrscheinlichkeit einer Infektion auf diesem Wege sehr gering. Das hängt damit zusammen, dass nur sehr wenige Personen eine Blutspende erhalten. Weiß man nicht, ob eine Person keiner Risikogruppe angehört, weiß aber, dass sie eine Blutspende erhalten hat, die kontaminiert war, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Blutspende die Ursache dafür war, auf bescheidene 14 %. Das beruht darauf, dass auch Blutspendenempfänger und Drogenkonsumenten, die intravenös spritzen, sich auf anderem Wege an HIV hätten infizieren können, und dass ihr Anteil an der Bevölkerung beträchtlich ist. Weiß man jedoch definitiv, dass weder das Opfer noch sein Ehemann einer Risikogruppe angehörte, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Blutprobe Ursache für die Infektion ist, auf 92 %. Aber es kommt eine weitere Unsicherheit ins Spiel: Sollten das Opfer oder seine Kontaktpersonen homosexuell oder drogenabhängig gewesen sein, ist zweifelhaft, ob dies auch hätte nachgewiesen werden können. Das hängt davon ab, ob Indizien dafür vorhanden wären und ob nach diesen gesucht wurde bzw., ob wenn das der Fall wäre, diese Indizien gefunden worden wären. Diese Wahrscheinlichkeiten hat Schweizer (je nach Risikogruppe) mit 90 % (Homosexualität), 95 % (Drogenabhängigkeit) und 100 % (Blutspende ist infiziert) „eingepreist“. Er hält es also für höchst wahrscheinlich, dass sich Beweise finden lassen. Dennoch kommt er lediglich auf eine Wahrscheinlichkeit von 62 % dafür, dass die Blutprobe die Ursache für die Infizierung ist. Es verbleiben 26 % für den ungeschützten Geschlechtsverkehr. Preist man das jeweiliger Fehlerrisiko mit 80, 90 und 100 % ein, verbleiben sogar nur noch 47 % für die Blutspende.24 Die von Schweizer errechnete Wahrscheinlichkeit von 62 % bzw. 47 % würde nach dem im Strafprozess geltenden Beweismaß (das meist mit über 90 % angegeben wird) nicht ausreichen, um festzustellen, dass die verseuchte Blutspende ursächlich war für die Infektion. Dennoch würde in einem solchen Fall, dann, wenn sich keine Anzeichen für Homosexualität oder Drogenkonsum finden ließen, der Bundesgerichtshof eine auf „in dubio pro reo“ gestützten Freispruch für unzulässig erachten. 23 24
Schweizer (2015), S. 229. Schweizer (2015), S. 230 f.
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Alternativszenarien zur verseuchten Blutspende waren zu damaligem Zeitpunkt in erster Linie: die mittelbare oder unmittelbare Verursachung durch homosexuellen Geschlechtsverkehr, die Benutzung eines infizierten Spritzenbestecks, daneben andere Szenarien, wie der Kontakt mit infiziertem Blut im Fall einer Hautverletzung. Hinter jeder abstrakten Wahrscheinlichkeit steckt also auch ein konkretes mögliches Szenario. Für dieses existieren normalerweise Anhaltspunkte. Im Falle des Drogenkonsums wären dies unter Umständen Einstichstellen in den Armbeugen (falls aktuell noch vorhanden), Geldausgaben dafür, Geldnot, physiologische Spuren des Drogenkonsums im Körper, Phasen, in denen das Opfer unter Drogeneinfluss stand oder im Gegenteil „auf Turkey“ war, machen sich ebenfalls körperlich (auch für Dritte) bemerkbar. Im Fall des homosexuellen Geschlechtsverkehrs z. B. des Ehemanns oder eines anderen Sexualpartners des Opfers wären dies die Infektion des Ehemannes, die Treffen der Ehefrau mit einem anderen Mann, die Orte an denen sie sich trafen, die im Tagesablauf un- oder falscherklärten Zeiten dieser Treffen. Richtig ist also die Prämisse, dass es dann Anhaltspunkte geben würde. Richtig ist auch die Prämisse, dass sie bei Kenntnis wahrscheinlich psychologisch wirken würden: Würde ein Gericht mit solchen Anhaltspunkten konfrontiert, z. B. es sähe die Einstichstellen, dann würde – vorausgesetzt, dieser mögliche Übertragungsweg wäre ihm bekannt, höchstwahrscheinlich beginnen konkret zu zweifeln. Fraglich ist jedoch zunächst der Zugang zu diesen Anhaltspunkten bzw. die Aufklärbarkeit der Alternativszenarien. Das ist keine Besonderheit dieses Falls, sondern ein häufiges Problem. In dem geschilderten Fall würde es entweder voraussetzen, dass die Betreffenden sich zu ihrem Sexualverhalten oder ihrem Drogenkonsum äußern würden, sie haben aber – worauf Schweizer zu Recht hinweist – allen Grund zur Geheimhaltung. Häufig existieren auch keinerlei Anhaltspunkte mehr: Wenn etwa ein Geschlechtsverkehr mit Dritten verheimlicht wurde, kann es sein, dass nicht mehr ermittelt werden kann, ob und wo sich die Beteiligten getroffen haben. Die Konkretisierung eines alternativen Sachverhalts kann nicht immer gelingen, vor allem wird sie in der Regel nur bis zu einem gewissen Grade gelingen. Wie Schweizer gezeigt hat, muss dann theoretisch erstens das Risiko der Unaufklärbarkeit (je nach Fallkonstellation) beziffert werden: Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Sachverhalt zutrifft, für den keine Beweise gefunden wurden? Zweitens muss die Basisrate einer derartigen Konstellation berücksichtigt werden. Wie häufig sind solche Sachverhalte? Auch dort, wo die Wahrscheinlichkeit, dass Beweismittel gefunden worden wären, wenn Alternativszenarien gegeben sind, sehr hoch ist (im Falle der Drogenabhängigkeit nahm Schweizer 95 bzw. 90 %, im Falle der Homosexualität 90 bzw. 80 % an), kann die Höhe der Basisrate (also die Häufigkeit, mit der solche Szenarien vorkommen), die Wahrscheinlichkeit des Anklageszenarios erheblich senken. Das bedeutet, Sachverhalte, die nach dem Gesamtbild der Beweise in diesem Fall weit hergeholt zu sein scheinen und für die keinerlei Anzeichen sprechen, beeinflussen, wenn sie im Alltagsleben weniger selten sind, rein theoretisch die Gesamtwürdigung erheblich. Die zunehmend undifferenzierter vorgetragene Annahme des Bundesgerichtshofs, alternative Szenarien würden nur dann erhebliche Zweifel begrün-
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den (also das Beweismaß maßgeblich absenken), wenn es dafür Anhaltspunkte gebe, ist theoretisch nicht haltbar. Maßgeblich ist vielmehr, wie häufig ein solcher Sachverhalt generell ist.
IV. Ausblick: Die Ermöglichung konkreter Zweifel (BGHSt 25, 365) Der Grundsatz „in dubio pro reo“ verlangt für einen Freispruch den persönlichen Zweifel der Richterinnen und Richter.25 Er basiert auf der Zuversicht, dass dann, wenn ein Sachverhalt Anlass zum Zweifeln gibt (also ein Freispruch „in dubio“ angemessen wäre), im Regelfall zunächst Anhaltspunkte für einen Alternativsachverhalt vorhanden sind (es würde sich zeigen) und sich diese Anhaltspunkte sodann auch in konkreten Zweifeln niederschlagen. Dass die erste Annahme verfehlt ist, wurde oben gezeigt. Aber auch die Zuversicht, dass die Suche nach Anhaltspunkten oder das die Konstruktion von Alternativsachverhalten ein einfaches Unterfangen, eine Selbstverständlichkeit ist, ist verfehlt. Hier geht es um das umgekehrte Problem: Wie wird aus einer abstrakten Möglichkeit gedanklich ein konkreter Zweifel? Die Suche nach Alternativsachverhalten setzt voraus, dass man sich diese vorstellen (kann). Der Bundesgerichtshof hatte in seiner Halter-Entscheidung die Instanzgerichte noch vor die Aufgabe gestellt, sich selbst alternative Konstellationen konkret zu überlegen: „Privatfahrzeuge werden häufig von anderen Personen als von ihren Haltern geführt, z. B. von Familienangehörigen oder Angestellten oder auch von Freunden oder Bekannten des Halters.“ Wie groß im Einzelfall die Wahrscheinlichkeit ist, müsse ermittelt werden: Sie hänge u. a. von der Art des Fahrzeugs und seiner Verwendungsmöglichkeiten sowie den Bedürfnissen und den Lebensumständen des Fahrzeughalters ab.26 Leider ist diese Aufgabe schwer zu bewältigen: Eine Information, ein Wissen wirkt in der Regel erst, wenn es gelungen ist, das abstrakte Wissen um solche Möglichkeiten beispielhaft zu konkretisieren. Wenn das Gericht etwa im diskutierten Fall weiß, dass es verschiedene Übertragungswege für HIV gibt, eröffnet erst die Konkretisierung dieser Wege (Homosexualität, Übertragung durch Wundkontakt, Drogenkonsum) den Zugang zu Anhaltspunkten (die sich nicht von selbst aufdrängen). Erst, wenn man weiß, wonach man forschen soll, kann man das tun. Das ist nicht in jedem Fall so einfach, wie in dem Fall des Fahrzeughalters oder in dem Fall der verseuchten Blutspende. Die psychologisch nachgewiesene Tendenz zum konfirmatorischen Hypothesentesten27 verstärkt diese Schwierigkeiten noch. Dieselben Informationen 25
Grundlegend RGSt 66, 163. BGHSt 25, 365 (367). 27 Sie wurde folgendermaßen getestet und bestätigt: Die Probanden sollten eine Hypothese über eine ihnen vorgelegte Zahlenreihe (2, 4, 8, 16) überprüfen, indem sie nach weiteren Zahlen der Reihe fragten. Gefragt wurden fast stets nach Zahlen, die die aufgestellte These 26
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(Beweismittel) werden im Lichte von dritter Seite konkretisierter Möglichkeiten ganz anders bewertet als dann, wenn diese Beweismittel für sich stehen und diese Möglichkeit zunächst bestenfalls als abstrakte Unsicherheit erscheint. Dann muss nämlich diese Konkretisierung durch eigene kognitive Anstrengung ermittelt werden. Wir haben an der Universität Linz erforscht, wie stark die Beurteilung der Tatbegehungswahrscheinlichkeiten vom „Framing“ des Falles abhängt.28 Zunächst haben wir die Probanden den Fall beurteilen lassen, bei dem nur das vorhandene Beweismaterial geschildert wurde und der Beschuldigte seine Unschuld beteuerte. Dann haben wir denselben Fall ergänzt durch eine Verteidigungsschrift, die ähnlich wie bei einer Klageerwiderung im Zivilprozessrecht eine mögliche Alternativgeschichte präsentierte. Für diese Alternativgeschichte gab es keine konkreten Beweise. Der Informationsgehalt war also gleich, weil die Beweislage identisch war: Die Alternativgeschichte hätte man sich als Entscheider auch ausdenken können. Die Differenzen in der Beurteilung waren verblüffend: Fehlte die Alternativgeschichte, wurde zu 71 % angeklagt und zu 49 % verurteilt, war die Alternativgeschichte vorgetragen, sank die Anklagebereitschaft auf 38 % und die Verurteilungsbereitschaft auf 17 %. Das zeigt, dass das Vertrauen darauf, dass sich in zweifelhaften Fällen konkrete Zweifel quasi automatisch einstellen, verfehlt ist. Man müsste Verfahrensbedingungen schaffen, die die Entstehung konkreter Zweifel fördern. Wir konnten zeigen, dass die Präsentation einer Alternativgeschichte hilfreich ist. Ich finde daher die Überlegung sympathisch, das Strafverfahren partiell nach dem Vorbild des Zivilprozesses umzugestalten. Der Anklage sollte eine Art obligatorischer Klageerwiderung folgen, die nicht als Einlassung des Angeklagten (mit den Folgen des Teilschweigens), sondern nur als Behauptung ausgestaltet würde. Möglicherweise ließe sich so den Zweifeln „auf die Beine helfen“.
V. Fazit Die Annahme des Bundesgerichtshofs, Zweifel, die auf nicht konkreten Anhaltspunkten beruhen, seien unbeachtlich, ist eine falsche Beweiswürdigungsregel. Wenn es keinen Anhaltspunkt für eine Alternativgeschichte gibt, ist zu fragen, ob es einen geben könnte, ob er hätte gefunden werden können und ob er gesucht wurde. Nur wenn man beides bejaht und zudem die Sachverhaltsvariante auch abstrakt sehr selbestätigen würden (hier also: 32, 64 usw.). Diese Frage wurde immer bejaht. Praktisch nie wurde falsifikatorisch geprüft (also hier z. B. 17 oder 3). Nur durch eine solche Prüfung hätten die Probanden aber herausgefunden, was wirklich der Fall war: nämlich, dass die tatsächliche Grundregel diese Reihe einfach war: Es folgt stets eine höhere Zahl. Dies wird auch unter dem Stichwort Fixierung auf ein mentales Set diskutiert, vgl. dazu Myers, Psychologie (2013), 371 m.w.N. 28 Schmittat/Englich†/Sautner/Velten, My story is better than yours! Presenting an alternative story reduces likelihood of prosecution, Vortrag gehalten auf der Annual Conference of the European Association of Psychology and Law, 17. – 20. Juli 2019, Santiago de Compostela, Spanien.
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ten ist, braucht man sie nicht in Betracht zu ziehen. Maßgeblich ist vor allem die generelle Häufigkeit eines solchen Geschehens. Zutreffend ist die Annahme des Bundesgerichtshofs, dass entlastende Indizien (in einem Beweisring), die man nicht falsifizieren kann, nicht als beweisen unterstellen muss. Ein Manko unseres Verfahrensrechts ist es, dass zu wenige Mechanismen existieren, die die Transformation von abstraktem Wissen von alternativen Möglichkeiten zu konkreten (für Aufklärung und Beweiswürdigung wirksamen) Szenarien fördern. Literatur Bender, Rolf/Nack, Armin/Treuer, Wolf-Dieter: Tatsachenfeststellung vor Gericht. Glaubhaftigkeits- und Beweislehre, Vernehmungslehre, 4. Aufl., München 2014. Eisenberg, Ulrich: Beweisrecht der StPO, 10. Aufl., München 2017. Glaser, Julius: Handbuch des Strafprozessrechts, Bd. 1, Berlin 1883. Grünwald, Gerald: Das Beweisrecht der Strafprozeßordnung, Baden-Baden 1997. Herdegen, Gerhard: Bemerkungen zum Beweisantragsrecht, 3. Teil, NStZ 1984, S. 337 – 343. Meyer-Goßner, Lutz/Schmitt, Bertram (Hrsg.): Strafprozessordnung, 62. Aufl., München 2019. Müller, Henning E.: Behördliche Geheimhaltung und Entlastungsvorbringen des Angeklagten, Tübingen 1992. Myers, David G.: Psychologie, 3. Aufl., Berlin 2013. Schoreit, Armin: Kommentierung zu § 261, in: Rolf Hannich (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl., München 2019. Schweizer, Mark: Beweiswürdigung und Beweismaß, Tübingen 2015. Velten, Petra: Vorbemerkung § 261, in: Jürgen Wolter (Hrsg.) Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, 5. Aufl., München 2016. Velten, Petra: Befugnisse der Ermittlungsbehörden zu Information und Geheimhaltung. Über Umfang und Kontrolle daraus resultierender Macht, Berlin 1995. Volk, Klaus: Anmerkung zu BGH, 29. 03. 1983 – 1 StR 50/83, NStZ 1983, S. 423 – 424.
Die Beweisantragsfrist gemäß § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO Von Thomas Wostry
I. Einleitung Das strafprozessuale Beweisantragsrecht scheint sich in einer chronischen Konfliktlage zu befinden: Es gilt als „besonders ,scharfes Schwert‘ der Verteidigung“1, einerseits, und als „missbrauchsanfällig“2, andererseits.3 Einschränkungen des Beweisantragsrechts rufen Kritik hervor4 und werfen grundlegende systematische Fragen auf,5 sodass es nicht verwundert, wenn Reformen, die ein vermutetes Übel durch Modifikation der prozeduralen Einhegung des Beweisantragsrechts zu beheben suchen, ebenso tiefgreifende Diskurse provozieren.6 Dieser Beitrag befasst sich mit einer solchen Reform: Sie betrifft keine unmittelbare Modifikation des Rechts zum Beweisantrag, sondern gesetzgeberische Eingriffe in die Regelung des § 244 Abs. 6 StPO über den (ablehnenden) Gerichtsbeschluss, mit dem die Hauptverhandlung beschleunigt und ein angenommenes Missbrauchspotenzial des Beweisantrags begrenzt werden sollen. Die der Neuregelung zugrundeliegende Interessenabwägung und der Anwendungsbereich des § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO sollen im Folgenden näher ergründet werden.
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Pro toto: Kudlich, ZRP 2018, 9 (10). Wiederum pro toto: Fischer, StV 2010, 423 (427); Schneider, NStZ 2019, 489. 3 Umfassende Analyse etwa bei Frister, ZStW 105 (1993), S. 340 (341); Perron, ZStW 108 (1996), S. 128. 4 Stellvertretend Norouzi, Audiovisuelle Vernehmung, 2010, S. 138: „Jede Einschränkung des Beweisantragsrechts ist ein Eingriff in die Rechtsposition des Beschuldigten.“; vgl. auch die Darstellung bisheriger Restriktionen bei Krauß, in: BMJV (Hrsg.), Expertenkommission, Gutachten, S. 579 ff. 5 Vgl. Frister, ZStW 105 (1993), S. 340 (342): „Eine sinnvolle Diskussion jeder Art von Einschränkung des Beweisantragsrechts setzt voraus, daß Klarheit über das Verhältnis von Amtsaufklärungspflicht und Beweisantragsrecht besteht.“; ausführlich zu früheren Reformvorschlägen ders., StV 1994, 445 (447). 6 Vgl. Güntge, in: Alsberg, 2019, Einleitung, Rn. 18: „Mit der Reform des § 244 Abs. 6 ist die wohl durchgreifendste Änderung des Beweisantragsrechts seit dem Jahr seiner Neukodifizierung, dem Jahr 1950, eingetreten.“ 2
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II. Die Regelung der Beweisantragsfrist in § 244 Abs. 6 StPO 1. Systematik der Regelung über die Beweisantragsfrist Gemäß §§ 244 Abs. 6 S. 1, 34 Var. 2 StPO bedarf die Ablehnung eines Beweisantrags – der in § 244 Abs. 3 S. 1 StPO und mittelbar in § 244 Abs. 6 S. 2 StPO einer Begriffsbestimmung zugeführt worden ist – eines begründeten Gerichtsbeschlusses. Von diesem Prinzip macht § 244 Abs. 6 S. 3 StPO eine Ausnahme, wenn die von Amts wegen vorgesehene Beweisaufnahme abgeschlossen ist. In diesem Fall kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen – und, so regelt es § 244 Abs. 6 S. 4, 1. Hs. StPO, alle Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können (wie Hilfsbeweisanträge)7 im Urteil beschieden werden. Schließlich sieht § 244 Abs. 6 S. 4,2. Hs. StPO eine Rückausnahme für den glaubhaft8 zu machenden Fall vor, dass die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Dies soll etwa in Betracht kommen, wenn „das Beweismittel dem Antragsteller erst nach Ablauf der Frist bekannt geworden ist“9. Dieser Mechanismus beruht auf dem am 24. 8. 2017 in Kraft getretenen „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“10. Er zielt darauf ab, „den Gerichten eine Möglichkeit an die Hand [zu geben], dem Stellen von Beweisanträgen zum Zwecke der Verfahrensverzögerung zu begegnen“11. Durch die ablehnende Bescheidung verfristeter Beweisanträge im Urteil soll eine „effiziente Verfahrensfu¨ hrung in den Fällen [erreicht werden], in denen sich der Verdacht aufdrängt, dass Beweisanträge zu einem späten Verfahrenszeitpunkt mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung gestellt werden und diese Anträge aufgrund der erforderlichen Bescheidung durch begründeten Beschluss das Verfahren lediglich verzögern, ohne es weiter zu befördern“12. Das „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens“ vom 10. 12. 201913 fügt der in § 244 Abs. 6 S. 3 StPO vorgesehenen Fristenregelung schließlich ein weiteres Element für den „Umgang mit missbräuchlich gestellten Beweisanträgen“14 hinzu: Gemäß § 244 Abs. 6 S. 2 StPO bedarf es einer Ablehnung durch Gerichtsbeschluss 7
Schlothauer, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 819. Vgl. § 244 Abs. 6 S. 5 StPO. 9 BT-Drs. 18/11277, S. 35. 10 Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens v. 21. 8. 2017, BGBl. I, Nr. 58, S. 3202 mit Berichtigung v. 1. 11. 2017, BGBl. I, Nr. 71, S. 3630. Ein fast wortgleicher Vorschlag findet sich in dem Bericht der vom BMJV eingesetzten Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des allgemeinen Strafverfahrens und des jugendgerichtlichen Verfahrens, 2015, S. 23. 11 BT-Drs. 18/11277, S. 34. 12 BT-Drs. 18/11277, S. 35. 13 BGBl. I, Nr. 46, S. 2121. Die Fristenregelung war ursprünglich in § 244 Abs. 6 S. 2 StPO normiert, findet sich seit Mitte Dezember 2019 jedoch in § 244 Abs. 6 S. 3 StPO. 14 BT-Drs. 19/14747, S. 33. 8
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nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt. Ein mit dem Ziel der Prozessverschleppung angebrachtes Beweisersuchen gelte – so die Erwägung in der Entwurfsbegründung, die im Rahmen dieses Beitrags nicht näher hinterfragt werden kann – nicht als Beweisantrag, sodass eine abschlägige Entscheidung keiner Bindung an die normierten Ablehnungsgründe und an das Verfahren des § 244 Abs. 6 S. 1 StPO unterliege.15 § 244 StPO stellt somit grundsätzlich zwei Reaktionsmöglichkeiten auf zur Verfahrensverzögerung geeignete Beweisersuchen eines Prozessbeteiligten bereit: Erfüllt das Ersuchen die Voraussetzungen des § 244 Abs. 6 S. 2 StPO, soll es neuerdings nicht als Beweisantrag gelten und müsste gemäß § 238 Abs. 1 StPO behandelt werden; andernfalls kann das Gericht über den Beweisantrag nach § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO im Urteil abschlägig entscheiden, wenn er ohne glaubhaft gemachten Grund nach Ablauf der Frist gestellt wird. Die folgenden Überlegungen betreffen jedoch allein das Fristenmodell des § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO. 2. Beeinträchtigung der Informationsfunktion des Gerichtsbeschlusses durch das Fristenmodell a) Die Informationsfunktion des Gerichtsbeschlusses gemäß § 244 Abs. 6 S. 1 StPO Die aus den Gesetzesmaterialien zitierte Effizienz der Verfahrensführung sucht der Gesetzgeber nicht durch eine Suspendierung des Begründungserfordernisses (§ 34 Var. 2 StPO) zu erreichen, sondern durch Verlagerung der Entscheidung über den Beweisantrag in die Urteilsphase (vgl. § 244 Abs. 6 S. 4 StPO). Damit entzieht der Gesetzgeber bewusst die ablehnende Entscheidung über einen unbegründet verspäteten Beweisantrag der Hauptverhandlung,16 und dies offensichtlich mit dem Ziel, die Entstehung einer Sachlage zu unterbinden, in der das Beweisantragsrecht zur Verfahrensverzögerung eingesetzt werden könnte.17 Verständlich erscheint es daher, wenn man sich des – freilich nicht zu belegenden – Verdachts nicht vollständig erwehren kann, dass im Kräftemessen zwischen Staat und Bürger mit dieser Maßnahme den Verfahrensbeteiligten ein Teilhabeinstrument unter dem Eindruck seiner angenommenen missbräuchlichen Anwendung sanktionsartig genommen werde.18 15
BT-Drs. 19/14747, S. 34. Ebenso Börner, StV 2016, 681 (683). 17 Ausdrücklich in dieser Richtung bereits Krauß, in: BMJV (Hrsg.), Expertenkommission, Gutachten, S. 582: „Der Vorteil einer Präklusionslösung […] läge darin begründet, dass sie nicht auf die subjektive Zielrichtung einer Verschleppungsabsicht abstellt, sondern allein auf objektive zur Verfahrensverzögerung führende Umstände.“ 18 Diese Sanktion könnte darin zum Ausdruck gelangen, dass vormals zur Erlangung eines ablehnenden Gerichtsbeschluss ein darauf gerichtetes Begehren ausreichte, während der Antragssteller sein Begehren neuerdings gemäß § 244 Abs. 6 S. 4, 2. Hs. StPO nach Fristablauf für das Gericht plausibel begründen muss, sodass sich die Machtverhältnisse verschieben; vgl. auch Gaede, NJW 2009, 605 (608), zur „tadelnden Fristsetzung“. 16
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Diese implizite Befürchtung scheint insbesondere in jenen Stellungnahmen anzuklingen, die anhand von § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO eine Erosion des Beweisantragsrechts durch den Verlust einer sog. „Diskursfunktion“ (oder „Dialogfunktion“) des Beweisantrags diagnostizieren.19 Die „Diskursfunktion“ des Beweisantrags wird aus dem Umstand abgeleitet, dass der Antragsteller aus der gemäß § 34 Var. 2 StPO erforderlichen Begründung der ablehnenden Entscheidung Rückschlüsse auf die Überzeugungsbildung des Gerichts ziehen und sein Prozessverhalten darauf einrichten können dürfe.20 Es geht zwar zu weit, von einem Diskurs oder Dialog als wechselseitig-kommunikativer Beziehung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten zu sprechen. Solche Beziehungen werden etwa durch die Erörterung des Verfahrensstandes gemäß §§ 202a S. 1, 212, 257b StPO eingerichtet,21 nicht jedoch durch das Stellen eines Beweisantrages und dessen nachfolgende Bescheidung etabliert. Richtig ist jedoch, dass der Gerichtsbeschluss gemäß § 244 Abs. 6 S. 1 StPO eine einseitige Informationswirkung hat22 : Ursprünglich war das Erfordernis eines ablehnenden Gerichtsbeschlusses in § 243 Abs. 2 der Strafprozessordnung von 187723 geregelt, der auf einem Entwurfsparagraphen 206 Abs. 2 beruhte.24 Aus den Materialien zu diesem Entwurf erhellt: „Zunächst kann es nicht auffallen, wenn der Entwurf die Ablehnung von Beweisanträgen nicht dem Ermessen des Vorsitzenden allein überläßt, sondern hier einen Gerichtsbeschluss verlangt. Die Ablehnung eines Beweisantrages enthält den Ausspruch, daß der angetretene Beweis, selbst wenn er die Behauptungen des Antragsstellers bestätigte, auf die richterliche Ueberzeugung von der Schuld oder Unschuld des Angeklagten ohne Einfluß sein würde. Der eine solche Ablehnung aussprechende Beschluß ist daher im gewissen Sinne schon ein Bestandtheil des Endurtheils, und deshalb denjenigen zuzuweisen, welche zur Entscheidung über die Schuldfrage selbst berufen sind.“25
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Vgl. etwa Börner, JZ 2018, 232 (233). Vgl. BGH NJW 2000, 443 (445) sowie die Darstellung bei Eisenberg, Beweisrecht, Rn. 193; s. ferner Börner, StV 2016, 681 (685), der in Antrag und Ablehnung einen Diskurs erblickt; mit etwas anderer Differenzierung Krehl, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 705 (715 f.); zu den Funktionen des Beschlusses gemäß § 244 Abs. 6 S. 1 StPO auch Sättele, in: SSW, § 244 Rn. 119; ausführlich und krit. hinsichtlich des Informationspotenzials von Beweisanträgen Rönnau, in: BMJV (Hrsg.), Expertenkommission, Gutachten, S. 609 ff. 21 Hierzu ausführlich Rönnau, in: BMJV (Hrsg.), Expertenkommission, Gutachten, S. 595 ff. 22 Ebenso BGH StV 2011, 619 (620); eine Informationsfunktion bejaht auch Krehl, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 705 (715 f.), gesellt ihr jedoch darüber hinaus eine Diskursfunktion hinzu, die in der Bindung des Gerichts an die ablehnende Beschlussbegründung bestehe. 23 Zur Rechtsentwicklung vgl. Frister, in: SK-StPO, § 244 Rn. 1 ff.; Güntge, in: Alsberg, 2019, Einleitung, Rn. 1 ff. 24 Ausführliche Darstellung der Genese bei Becker, in: LR-StPO, § 244, Entstehungsgeschichte zu §§ 244, 245. 25 Hahn/Mugdan, Materialien, Neudruck 1983, S. 191 zu § 206. 20
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Diese Erwägungen sind bis heute – soweit ersichtlich – nicht revidiert worden.26 Der auf einen Beweisantrag ergehende Ablehnungsbeschluss bildet folglich bereits nach der Vorstellung des historischen Gesetzgebers einen vorweggenommenen Teil der Urteilsfindung. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Information des Beweisantragsstellers in die Konzeption des Verfahrens zur Bescheidung von Beweisanträgen des (heutigen) § 244 Abs. 6 S. 1 StPO eingeflossen ist. Nichts anderes ergibt sich aus der Rechtsprechung des BGH, die betont, dass „[d]ie Begründung der Ablehnung eines Beweisantrags […] den Antragsteller in die Lage versetzen [soll], sich auf die Prozesssituation einzurichten und gegebenenfalls neue Anträge stellen zu können“27. § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO entzieht den beweisantragsbefugten Verfahrensbeteiligten folglich eine von dem historischen Gesetzgeber errichtete und bis heute anerkannte Informationsmöglichkeit. 3. Die ratio des § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO Es stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, mit welcher Erwägung der Gesetzgeber die Verlagerung der ablehnenden Entscheidung über den unbegründet verspäteten Beweisantrag in die Urteilsphase rechtfertigen kann. Die in der Folge zu erläuternde Antwort auf diese Frage lautet, dass der Gesetzgeber unter den Voraussetzungen des § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO von einem überwiegenden Interesse an der raschen Beendigung der Hauptverhandlung ausgeht, das er grundsätzlich auf die Vermeidung von objektiven Zweckentfremdungspotenzialen zu stützen vermag. Dieser Befund wirkt sich restriktiv auf § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO aus, sodass ein Verzicht auf den Gerichtsbeschluss nur zulässig ist, wenn dadurch die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Informationswirkung des Beweisantrags nicht beeinträchtigt wird. Hierzu im Einzelnen: a) Herausarbeitung der konkurrierenden Interessen Die Lektüre der Gesetzesmaterialien zu § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO vermittelt zunächst den Eindruck, dass nach Ablauf einer rechtmäßigen Frist, sofern die Notwendigkeit der Verspätung nicht glaubhaft gemacht werden kann, gestellte Beweisanträge automatisch den Verdacht begründen könnten, der Antrag sei „mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung gestellt worden“ und trage daher nichts zur Wahrheitsfindung bei.28 Dieser Einschätzung scheint auch der Umstand zuzusprechen, dass der BGH im Kontext seiner früheren, auf einer solchen Verdachtszuschreibung ba26 Vgl. auch die auf das o.g. Zitat bezogene Darstellung der Historie bei Becker, in: LRStPO, § 244, Entstehungsgeschichte zu §§ 244, 245; von § 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO geht insoweit keine „Sperrwirkung“ aus, vgl. Krehl, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 705 (716). 27 BGH StV 2007, 176. 28 Vgl. zu dieser Überlegung auch Schlothauer, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 819 (828); ähnlich Singelnstein/Derin, NJW 2017, 2646 (2651).
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sierenden Fristenlösung29 ebenfalls eine Verspätung als „Indiz“ ansah, das nur im Einzelfall widerlegt werden könnte.30 Aber diese Rechtsprechung lieferte nur den Anlass, nicht die methodische Blaupause für § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO.31 Hinzukommt, dass eine nur durch glaubhafte Erklärung zu entkräftende, generelle Verzögerungsvermutung in ihrer Pauschalität schwer zu rechtfertigen wäre, weil es unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung von Verzögerungen ausreicht, auf den ablehnenden Gerichtsbeschluss zu verzichten, ohne den verfristeten Beweisantrag und damit das Prozessverhalten des Antragsstellers mit einer solchen Vermutung zu behaften. Schließlich streitet die erst mit der jüngsten Reform des § 244 Abs. 6 S. 2 StPO intendierte Herausnahme von in Prozessverschleppungsabsicht gestellten Beweisersuchen aus dem Kreis der Beweisanträge ebenfalls dafür, der zuvor eingeführten und heute in § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO normierten Regelung keine generelle Verzögerungsvermutung zuzuschreiben. Nicht vollständig zu überzeugen vermag deshalb ein modifizierender Ansatz, der darin besteht, den heutigen § 244 Abs. 6 S. 4 StPO „auf solche Extremfälle [zu beschränken], in denen dem Antragsteller durch die mit der Fristsetzung verbundenen »Androhung«, erst im Urteil zu erfahren, was das Gericht gegen weitere Beweisanträge einzuwenden hat, kein zusätzliches Unrecht geschieht, nachdem er bereits durch mindestens eine öffentlich verkündete Entscheidung des Gerichts Anlass und Gelegenheit hatte, sich gegen den Vorwurf zu verteidigen, nur noch durch Scheinanträge das Verfahren in die Länge ziehen zu wollen“32. Teilt man die Überzeugung, dass die Aufstellung einer generellen Verzögerungsvermutung als ratio des § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO nicht überzeugt,33 so ist eine anderer Weg zu beschreiten: Grundlage des dort normierten Fristenmodells ist eine Interessenabwägung, die nach Auffassung des Gesetzgebers mit Ablauf einer angemessenen Frist für die Stellung von Beweisanträgen zugunsten einer Vermeidung von Verzögerungsmöglichkeiten durch rasche Beendigung der Hauptverhandlung ausfällt, soweit nicht ein Grund für die Verspätung glaubhaft gemacht wird.34 Die Regelung der Beweisantragsfrist wird folglich von der Annahme getragen, in der Hauptverhandlung überwiege nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme und Ablauf einer angemessenen Frist zur Verfahrensteilhabe das Interesse 29 Ausführliche Darstellung etwa bei Thomas, StV 2010, 428 (431); Schlothauer, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 819 (820 f.); Krehl, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 705 ff. 30 BGH NStZ 2010, 161 (162); BGH NJW 2009, 605 (607); ausführlich zur Rspr. Jahn, StV 2009, 663 (665 ff.). 31 Schlothauer, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 819 (810); Krehl, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 705 und 708. 32 Hamm, StV 2018, 525 (531 f.); ähnliche, jedoch in den Kontext des § 244 Abs. 6 S. 3 StPO eingebettete Erwägung bei Sättele, in: SSW, § 244 Rn. 129; in dieser Richtung auch Krehl, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 705 (709 f.). 33 Andere Schlussfolgerungen etwa bei Schneider, NStZ 2019, 489 (491); Mosbacher, NStZ 2018, 9 (11). 34 In ähnlicher Richtung bereits Mosbacher, NStZ 2018, 9 (13).
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an zügiger Beendigung gemäß § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO das Interesse der Verfahrensbeteiligten an dem Erhalt eines den Beweisantrag ablehnenden Gerichtsbeschlusses.35 An diese Prämisse schließt sich nun die Frage an, mit welchen Erwägungen das aufgezeigte Interessenverhältnis gerechtfertigt werden kann. b) Das Beschleunigungsgebot Da es dem Gesetzgeber offenkundig darauf ankommt, die strafrechtliche Hauptverhandlung nach Fristablauf zu beschleunigen, könnte man geneigt sein, das strafprozessuale Beschleunigungsgebot zugunsten des mit Ablauf der Beweisantragsfrist angenommenen überwiegenden Beendigungsinteresses in die Waagschale zu werfen.36 Die Überlegung, Gesichtspunkte der Verfahrensbeschleunigung in den Dienst der Restriktion von Verteidigungsrechten zu stellen, ist bekanntlich nicht neu,37 aber das Interesse an zügiger Verfahrensführung erfüllt nach wie vor keinen Selbstzweck. Das Beschleunigungsgebot leitet sich in seiner allgemeinen38 Form aus dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes ab39 und findet in Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK mit der Formulierung „innerhalb angemessener Frist“ eine hierarchisch auf der Ebene eines Bundesgesetzes,40 letztlich aber die Auslegung der Strafprozessordnung maßgeblich anleitende Ausprägung.41 Die hieraus resultierende Verpflichtung des Staates, ein Strafverfahren in angemessener Frist durchzuführen, begünstigt – unabhängig von einer objektiv-rechtlichen „Dimension“ –42 in erster Linie den Beschuldigten und kann daher die ebenfalls staatliche Pflicht zur Gewährleistung seiner Teilhabeinteressen nicht überwiegen.43 Da es auch nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme und Ablauf einer angemessenen Frist zum Stellen von Beweisanträgen nachvollziehbar erscheinen kann, dass ein Verfahrensbeteiligter einen Beweisantrag einbringen möchte,44 etwa um die Informationswirkung des ablehnenden Beschlusses zu nutzen, kann das Beschleunigungsgebot den gleichwohl stattfindenden generellen Verzicht auf ein solches Beschlussverfahren also nicht stützen. 35
Die Gesetzesmaterialien stellen immerhin die Reformmaßnahme unter das allgemeine Anliegen der Verfahrensbeschleunigung, vgl. BT-Drs. 18/11277, S. 34 f.; BT-Drs. 18/12785, S. 27. 36 So etwa Krauß, in: BMJV (Hrsg.), Expertenkommission, Gutachten, S. 581; deutliche Kritik an dieser Überlegung bereits bei Hamm, StV 2018, 525 (528). 37 Ausführlich hierzu Frister, StV 1994, 445 ff. 38 In Haftsachen verlangt Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG freilich eine strengere Beachtung des Beschleunigungsgebots. 39 Vgl. etwa Tepperwien, NStZ 2009, 1 m.w.N. 40 Meyer, in: SK-StPO, Einleitung zur EMRK, Rn. 122. 41 Roxin/Schünemann, StPO, § 3 Rn. 14 ff. 42 Zusammenfassend Liebhart, NStZ 2017, 254 (255). 43 Vgl. im Kontext des Beweisantragsrechts Frister, StV 1994, 445 (446); s. ferner Meyer, in: SK-StPO, Art. 6 EMRK, Rn. 278 m.w.N.; wie hier im Ergebnis auch Börner, StV 2016, 681 (686); aA wohl Krauß, in: BMJV (Hrsg.), Expertenkommission, Gutachten, S. 582. 44 Vertiefend etwa Schlothauer, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 819 (823 f.).
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Auf dieser Linie betonte auch der EGMR – bereits in der berühmten Eckle-Entscheidung von 1982 –45, dass „[n]ur dem Staat zuzurechnende Verzögerungen […] den Schluss rechtfertigen [können], dem Erfordernis der „angemessenen Frist“ [gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK] sei nicht entsprochen worden“46, sodass die Inanspruchnahme von zu Verzögerungen führenden Verfahrensteilhaberechten dem Beschuldigten „nicht vorgeworfen werden [kann]“47.48 Das strafprozessuale Beschleunigungsgebot als staatliche Pflicht zur Unterlassung unangemessener Verfahrensverzögerungen zeigt sich demnach indifferent, denn es verhält sich nicht zu der Frage, nach welchen Kriterien Verfahrensteilhaberechte eingeschränkt werden können.49 Auch unter Einbezug der Überlegung, dass die gebotene Verfahrensbeschleunigung ebenso dem Interesse des Tatopfers an einer möglichst zügigen Durchführung des Strafverfahrens diene,50 ergibt sich schließlich nichts anderes: Selbst wenn man dieser Auffassung zuneigte und nicht nur von einem positiven Effekt ausginge, überwöge dieses Interesse die Teilhabeinteressen der Verfahrensbeteiligten nicht, denn ein legitimes Interesse des Tatopfers könnte sich allenfalls darauf beziehen, mit der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tat nicht länger als unbedingt nötig erneut konfrontiert zu werden.51 Dieses Interesse beeinflusst im Kontext des Beweisantragsrechts möglicherweise die Beweiserhebung,52 nicht jedoch das Verfahren nach § 244 Abs. 6 StPO, weil das am Verfahren nur als Zeuge teilnehmende Tatopfer kein legitimes Interesse an möglichst schneller Genugtuung durch raschen Abschluss des Hauptverfahrens hat. Schließt sich das Tatopfer dem Verfahren als Nebenkläger 45 EGMR, Urt. v. 15. 7. 1982 – 8130/78 – Eckle/Deutschland: „Fernab der Bemühung um eine Beschleunigung des Verfahrens, griffen Herr und Frau Eckle zunehmend auf Maßnahmen – einschließlich systematischer Richterablehnungen – zurück, die geeignet waren, die Angelegenheit zu verzögern; manche dieser Maßnahmen ließen sich durchaus als Beispiele einer bewussten Behinderungsstrategie interpretieren (…) Gleichwohl verlangt Artikel 6 (EMRK),worauf auch die Kommission zutreffend hinwies, von den Beschwerdeführern weder eine aktive Kooperation mit den Justizbehörden. Noch kann ihnen ein Vorwurf gemacht werden, wenn sie die ihnen nach dem nationalen Recht zur Verfügung stehenden Behelfe vollständig ausschöpften.“ [Übers. aus dem engl. Original]. 46 EGMR NJW 2006, 1645 (1646) – Pedersen u. Baadsgaard/Dänemark. 47 EGMR NJW 2006, 2389 (2393) – Sürmeli/Deutschland (in Bezug auf ein Zivilverfahren); EGMR NJW 2015, 3773 (3775) – Ereren/Deutschland (in Bezug auf ein Strafverfahren, in dem u. a. die Wiedereröffnung der Beweisaufnahme von dem Beschuldigten beantragt wurde). 48 Ausführlich zu diesen Verfahren Demko, HRRS 2005, 283 (287). 49 Im Ergebnis ähnlich Wohlers, NJW 2010, 2470 (2471). 50 In dieser Richtung bspw. Baumanns, Beschleunigungsgrundsatz, 2011, S. 68; Liebhart, NStZ 2017, 254 (255). 51 Auch diesem Anliegen kann, wie Frister, StV 1994, 445 (448 mit Fn. 43) aufzeigt, die Zurückhaltung von Beweisanträgen durch die Verteidigung bis zu einem späteren Verfahrenszeitpunkt dienen, durch die einem Zeugen die Aussage zunächst, soweit als möglich, erspart wird; vgl. zudem die Erörterung in BMJV (Hrsg.), Expertenkommission, Protokolle, S. 215. 52 So etwa BGH NJW 2005, 2791.
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an (§§ 395 ff. StPO), so kann es zwar durch ein aufgrund des gestellten Beweisantrags verlängertes (Ablehnungs-)Verfahren in seinem berechtigten Interesse an der Vermeidung unnötiger Konfrontation mit dem Tatgeschehen beeinträchtigt werden, hat sich diese Beeinträchtigung dann aber selbst zuzuschreiben; und eine den Nebenkläger konsequent ebenso betreffende Reduktion seiner Teilhabemöglichkeiten (§ 397 Abs. 1 S. 3 StPO) mit ihn begünstigenden Gesichtspunkten der Beschleunigung zu rechtfertigen, führte zu Paternalismus. c) Die Vermeidung von Zweckentfremdungspotenzialen Da weder ein „Generalverdacht“ der Verfahrensverzögerung noch das Beschleunigungsgebot die These stützen können, dass mit Beendigung der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme und Ablauf einer angemessenen Frist zum Stellen von Beweisanträgen das Interesse an der Beendigung der Hauptverhandlung das Interesse an der Eröffnung von Informationsmöglichkeiten grundsätzlich überwiege, kommt auf der Grundlage der Gesetzesbegründung53 schließlich die Vermeidung von Zweckentfremdungspotenzialen54 als Rechtfertigungsgrund für § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO in Betracht. Dieses Potenzial könnte sich entweder aus einer Verspätung eines Beweisantrags oder daraus ergeben, dass die Ablehnung der begehrten Beweiserhebung durch Gerichtsbeschluss nicht geeignet ist, die Informationsfunktion auszulösen: Die späte Stellung eines Beweisantrags allein kann jedoch kein Zweckentfremdungspotenzial entfalten.55 Dies ergibt sich aus § 246 Abs. 1 StPO. Die Vorschrift besagt zwar unmittelbar nur, dass das Gericht einen Beweisantrag nicht mit der Begründung ablehnen darf, ein Beweismittel oder die zu beweisende Tatsache sei zu spät vorgebracht worden. Aber indem er dem Gericht die Mitteilung verbietet, ein Beweis werde nur aufgrund seiner Verspätung keinen Einfluss auf die Überzeugung des Gerichts nehmen, sperrt § 246 Abs. 1 StPO auch die Annahme, der Beweisantrag könne schon wegen seiner Verspätung nichts zur Wahrheitsfindung beitragen. Das Gegenteil ist der Fall: „Die Zurückhaltung von Beweisanträgen ist […] nicht […] immer nur ein taktisches Spielchen, mit dem die Verteidigung dem Gericht lediglich Schwierigkeiten bereiten will, sondern das Ergebnis einer Abwägung von Chancen und Risiken des in Frage stehenden Beweisantrags“56. Es gibt also legitime, der Wahrheitsermittlung dienende Beweggründe dafür, dass ein Beweisantrag später als möglich angebracht wird.
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Vgl. o. bei Fn. 11 und 12. Ähnliche Prämisse, jedoch andere Schlussfolgerungen bei Krehl, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 705 (709). 55 Diese Prämisse teilt auch der BGH NStZ 2010, 161 f.; ebenso Krehl, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 705 (709). 56 Frister, StV 1994, 445 (448). 54
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Daher kann ein Zweckentfremdungspotenzial nur unter der Voraussetzung entstehen, dass ein Beweisantrag – wie die Gesetzesbegründung voraussetzt – dazu dient, „das Verfahren lediglich [zu] verzögern, ohne es weiter zu befördern“57. Da § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO sich auf den Fall bezieht, dass der Beweisantrag eigentlich per Gerichtsbeschluss abgelehnt und gemäß § 34 Var. 2 StPO begründet werden müsste, ist ein objektiv auf reine Verzögerung ausgerichteter und deshalb nicht per Gerichtsbeschluss abzulehnender Beweisantrag lediglich denkbar, wenn die Ablehnung des Antrags durch Gerichtsbeschluss nicht dazu geeignet ist, die innewohnende Informationsfunktion zu erfüllen.58 Nur in diesem Fall kann der Antrag nichts (mehr) zur Wahrheitsfindung beitragen und müssen sich die Verfahrensbeteiligten nicht auf die ablehnende Entscheidung einrichten können.
III. Systematisierung der gefundenen Restriktionsmöglichkeit Im Ergebnis liegt § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO folglich eine Interessenabwägung zugrunde, die an objektive Umstände, nicht an die Motive der Verfahrensbeteiligten anknüpft: Stellt demnach ein Verfahrensbeteiligter einen Beweisantrag, den das Gericht abzulehnen gedenkt, so kann es gemäß § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO nur in zwei Konstellationen auf den Gerichtsbeschluss verzichten und den Antrag im Urteil bescheiden: 1. Das Gericht hat bereits über den Beweisantrag abschlägig durch begründeten Gerichtsbeschluss entschieden und deshalb enthielte eine erneute Beschlussbegründung bei objektiver Betrachtung keine inhaltlich neue Mitteilung darüber, „daß der angetretene Beweis, selbst wenn er die Behauptungen des Antragsstellers bestätigte, auf die richterliche Ueberzeugung von der Schuld oder Unschuld des Angeklagten ohne Einfluß sein würde“59 ; oder 2. das Gericht hat die unter (1.) bezeichnete Mitteilung bereits auf anderem Wege gemacht. In beiden Varianten erfüllte die Ablehnung der begehrten Beweiserhebung durch Gerichtsbeschluss keine anerkannte Verfahrensfunktion mehr, sodass die gesetzgeberische Annahme eines generellen Zweckentfremdungspotenzials zulässig ist. Damit nähert sich die hier bevorzugte Lösung an einen von Börner vorgestellten Ansatz an.60 Er verortet seine Lösung allerdings zugleich in § 265 StPO, während im
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BT-Drs. 18/11277, S. 35. Dies wird nicht berücksichtigt von Krauß, in: BMJV (Hrsg.), Expertenkommission, Gutachten, S. 582. 59 Vgl. oben Fn. 25. 60 Börner, JZ 2018, 232 (237): „Die Aufgabe besteht dann im Einzelfall darin, festzulegen, ob die betreffende weitere Entscheidung die bereits bekannten Gründe in einem Maße variiert, dass der Informationsanspruch des Antragstellers nicht schon durch die bisher erfolgten Be58
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Rahmen dieses Beitrags dargelegt wurde, dass die Informationsfunktion des ablehnenden Gerichtsbeschlusse die Auslegung des § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO hinreichend und autonom anleiten kann. Somit führt die hier bevorzugte Lösung in der ersten Konstellation dazu, dass § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO in gewissen Teilen die Situation erfasst, in der ein Beweisantrag die Wiederholung einer bereits erfolgten Beweisaufnahme begehrt. Wird dieser Antrag als Beweisermittlungsantrag eingeordnet,61 so hat dies zur Konsequenz, dass grundsätzlich das Verfahren nach § 238 StPO und nicht § 244 Abs. 6 StPO einschlägig ist (vgl. dazu auch unter IV.). In den übrigen Fällen ist für die Anwendung des § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO danach zu differenzieren, ob der ablehnende Gerichtsbeschluss die Informationsfunktion erfüllen kann oder nicht;62 im letztgenannten Fall überwiegt das Interesse an einer Beendigung des Verfahrens, weil dem Interesse an Verfahrensteilhabe insoweit kein nennenswertes Gewicht mehr zukommt. Das Gericht muss vor Anwendung des § 244 Abs. 6 S. 4 StPO folglich stets eine objektive Prognose darüber anstellen, ob der Antragssteller aus der ablehnenden Begründung etwas erfahren könnte, was ihm noch nicht mitgeteilt wurde und er daher noch nicht weiß. Ist dies der Fall, so ist ungeachtet des Fristablaufs nach § 244 Abs. 6 S. 1 StPO zu verfahren und durch begründeten Gerichtsbeschluss in der Hauptverhandlung zu entscheiden.
IV. Das Fristenmodell und der „verwaiste“ Beweisermittlungsantrag 1. Erstreckung des Fristenmodells auf Beweisermittlungsanträge? Die bisherige Untersuchung zeigt auf, dass sich die Regelung in § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO nur anwenden lässt, soweit durch Beweisanträge hervorgerufenen Verzögerungsmöglichkeiten zugleich ein Zweckentfremdungspotenzial innewohnt. Dies ist wiederum der Fall, wenn der ablehnende Gerichtsbeschluss keine Informationswirkung zu zeitigen vermag; andernfalls darf die ablehnende Entscheidung über den verfristeten Beweisantrag nicht in die Urteilsphase aufgeschoben werden. Davon abgesehen verwundert die Art des gesetzgeberischen Eingriffs in das Prozedere der Ablehnung von Beweisanträgen deshalb, weil sich das vorausgesetzte Verzögerungspotenzial nicht auf Beweisanträge beschränkt, sondern strukturell ebenso im Fall des Beweisermittlungsantrags bestehen kann:63 Mangelt es dem Anscheidungen hinreichend erfüllt ist.“; vgl. zu Möglichkeiten einer Stellungnahme in der Fristsetzungsphase auch Schlothauer, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 819 (826). 61 Frister, in: SK-StPO, § 244 Rn. 97 m.w.N. 62 In der Sache ähnlich Sättele, in: SSW, § 244 Rn. 129. 63 Anders die Begründung des „Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens“ in BTDrs. 19/14747, S. 33, die offenbar übersieht, dass auch Beweisermittlungsanträge förmlich
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trag auf Beweiserhebung an einer für den Beweisantrag gemäß § 244 Abs. 3 S. 1 oder Abs. 6 S. 2 StPO konstitutiven Voraussetzung – mithin auch bei fehlender Konnexität –,64 so gilt er als Beweisermittlungsantrag,65 der die Pflicht des Gerichts zur Beweiserhebung zwar nicht über den Bereich der Amtsaufklärungspflicht hinaus ausweitet, aber diese „aktualisiert“66. Die Entscheidung über einen solchen Antrag ist eine Sachleitungsentscheidung (§ 238 Abs. 1 StPO), die der Vorsitzende treffen darf.67 Auch der Beweisermittlungsantrag muss protokolliert (§ 273 Abs. 1 StPO) und bei Ablehnung die Entscheidung aussagekräftig68 begründet werden (§ 34 Var. 2 StPO); auf Beanstandung ist nach § 238 Abs. 2 StPO ein begründeter Gerichtsbeschluss über die Sachleitungsentscheidung erforderlich.69 Ungeachtet des potenziell vergleichbaren Verfahrensaufwandes scheint der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Fristenmodells nur auf Beweisanträge, nicht jedoch auf Beweisermittlungsanträge zu erstrecken. Dies legen der Wortlaut des § 244 Abs. 6 S. 4 StPO70 sowie die systematische Verortung der Regelung in § 244 StPO und nicht etwa in § 238 StPO oder § 34 StPO nahe. Auch die Erwägung in der Begründung der jüngsten Reform des § 244 Abs. 6 S. 2 StPO durch das „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens“, der zufolge „[d]ie Unterscheidung eines Beweisantrages von einem Beweisermittlungsantrag […] die Verfahrensdauer […] maßgeblich beeinflussen [könne]“71, stützt diese Annahme. 2. Der „verwaiste“ Beweisermittlungsantrag In dieser Auslegung führt die geltende Regelung des § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO zu einer merkwürdigen Situation: Da der Beweisermittlungsantrag ein Antrag ist, der mindestens eine der für Beweisanträge konstitutiven Voraussetzungen nicht erfüllt, ist er notwendig in jedem Beweisantrag ad minus enthalten. Wird der Beweisantrag gemäß § 244 Abs. 6 S. 1 StPO in der Hauptverhandlung durch Gerichtsbeschluss abgelehnt, so gewährt diese Ablehnung zugleich dem enthaltenen Beweisermittlungsantrag rechtliches Gehör. Wendet das Gericht hingegen nach Fristablauf und bei mangelnder Glaubhaftmachung eines Verspätungsgrundes § 244 Abs. 6 S. 4 StPO behandelt werden müssen; zu präsenten Beweismitteln vgl. Schlothauer, in: Festschrift f. Fischer, 2018, S. 819 (821 f.). 64 Zur Entwicklung des Erfordernisses Frister, in: SK-StPO, § 244 Rn. 55 ff.; Jahn, StV 2009, S. 663 ff. 65 Ausführlich hierzu: Trüg/Habetha, in: MüKo-StPO, § 244 Rn. 97 und 171. 66 Frister, in: SK-StPO, § 244 Rn. 94. 67 Frister, in: SK-StPO, § 244 Rn. 95. Ausdrücklich in Bezug auf § 244 Abs. 6 S. 2 StPO n.F. die Entwurfsbegründung in BT-Drs. 19/14747, S. 34. 68 Krehl, in: KK-StPO, § 244 Rn. 101 m.w.N. zur Rechtsprechung. 69 Vgl. zum Ganzen Frister, in: SK-StPO, § 244 Rn. 95. 70 § 244 Abs. 6 S. 4 StPO: „Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden …“ – Hervorhebung nur hier. 71 BT-Drs. 19/14747, S. 33.
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an, kann es zwar die ablehnende Entscheidung über den gestellten Beweisantrag in die Urteilsfindung verlagern, jedoch müsste zumindest der Vorsitzende den darin enthaltenen Beweisermittlungsantrag vor Urteilsverkündung nach § 238 Abs. 1 StPO förmlich bescheiden und – im Fall der Beanstandung – gemäß § 238 Abs. 2 StPO auch das Gericht mittels begründeten Beschlusses tätig werden. Andernfalls verbliebe mit dem Schluss der Beweisaufnahme ein „verwaister“ Beweisermittlungsantrag. Eine Lösung für dieses durch § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO hervorgerufene Problem findet sich nicht in der naheliegenden Annahme eines aliud-Verhältnisses zwischen Beweisermittlungs- und Beweisantrag, wenn der Beweisermittlungsantrag als in mindestens einem Merkmal „mangelhafter“ Beweisantrag definiert wird. Der entstehende Konflikt ist ebenso wenig dadurch zu vermeiden, dass man mit erheblichen Teilen des Schrifttums72 und einer älteren Entscheidung des BGH73 die Auffassung vertritt, „erkennbar als Beweisantrag“ gestellte Anträge seien stets gemäß § 244 Abs. 6 S. 1 StPO durch Gerichtsbeschluss zu bescheiden,74 und anschließend davon ausgeht, dass in diesem Fall nach Ablauf der Frist gemäß § 244 Abs. 6 S. 3 StPO konsequent die Regelung des § 244 Abs. 6 S. 4 StPO Anwendung finde. Denn dies beträfe nur den Fall eines zwar „erkennbar als Beweisantrag“ gestellten Antrags, der aber materiell ein Beweisermittlungsantrag ist, während der Aufschub der ablehnenden Entscheidung über einen „echten“ verfristeten Beweisantrag in die Urteilsphase gemäß § 244 Abs. 6 S. 4 StPO dazu führt, dass ein in dem Beweisantrag notwendig enthaltener Beweisermittlungsantrag verbleibt, ohne dass eine Rechtsgrundlage weder für dessen Nichtbeachtung in der Hauptverhandlung noch für die spätere Bescheidung im Urteil ersichtlich wäre. Weil vieles dafür spricht, dass der Gesetzgeber diese Folgen der verstrichenen Beweisantragsfrist nicht bedacht hat, ist davon auszugehen, dass sie nicht beabsichtigt sind. Es drängt sich deshalb die Frage auf, ob der aufgezeigte Konflikt durch entsprechende Anwendung des § 244 Abs. 6 S. 4 StPO auf den „verwaisten“ Beweisermittlungsantrag beseitigt werden kann, sodass auch dieser mit der ablehnenden Entscheidung über den Beweisantrag im Urteil als beschieden gilt. Die nach der Normierung des Fristenmodells in § 244 Abs. 6 S. 2 StPO a.F. eingetretene Rechtsentwicklung scheint dieser Überlegung jedoch einen Riegel vorzuschieben, weil in der Entwurfsbegründung zu dem Mitte Dezember 2019 in Kraft getretenen „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens“, das § 244 Abs. 6 StPO seine heutige Form verleiht, behauptet wird, „[d]ie Unterscheidung eines Beweisantrages von einem Beweiser-
72 Vgl. Becker, in: LR-StPO, § 244 Rn. 166; Sättele, in: SSW, § 244 Rn. 143, jeweils m.w.N. 73 BGH StV 1994, 172 (173); BGH NStZ 2008, 109 (110) ließ diese Frage ausdrücklich offen. 74 Dies wird etwa damit begründet, es sei „Sache des gesamten Spruchkörpers, auch darüber zu entscheiden, ob es sich bei dem Beweisbegehren entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht um einen Beweisantrag, sondern nur um einen Beweisermittlungsantrag handel[e]“ (Becker, in: LR-StPO, § 244 Rn. 166).
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mittlungsantrag [… könne] die Verfahrensdauer […] maßgeblich beeinflussen“75. Der Gesetzgeber erblickt folglich in einem Beweisermittlungsantrag kein dem Beweisantrag ebenbürtiges Verzögerungspotenzial, sodass die zur Analogie notwendige Vergleichbarkeit der Interessenlagen offenbar nicht besteht. Zwar ist diese gesetzgeberische Einschätzung, wie eingangs (zu IV., 1.) aufgezeigt wurde, nicht durchweg richtig, denn ein Beweisermittlungsantrag kann letztlich über § 238 Abs. 2 StPO den begründeten Gerichtsbeschluss in der Hauptverhandlung erfordern, sodass auch dort Verzögerungsmöglichkeiten entstehen. Aber eine Analogie gegen den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers zu befürworten, scheint rechtsstaatlich nicht den Königsweg zu markieren. Bleibt es daher bei diesem Ergebnis, so wird sich der Eindruck nicht zerstreuen, dass dem Unterfangen, „den Gerichten eine Möglichkeit an die Hand [zu geben], dem Stellen von Beweisanträgen zum Zwecke der Verfahrensverzögerung zu begegnen, ohne dass das Beweisantragsrecht der Verfahrensbeteiligten – insbesondere des Angeklagten – beschnitten wird“76, jedenfalls in Bezug auf die lex lata eine erhebliche Inkonsequenz innewohne. Diese Inkonsequenz lässt sich allerdings beseitigen. Damit die strafrechtliche Hauptverhandlung jedenfalls in Bezug auf das rechtliche Gehör nicht mit „verwaisten“ Beweisermittlungsanträgen endet, wird das Gericht gehalten sein, in die Beurteilung, ob im Fall des § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO zur Information des Antragsstellers ein Gerichtsbeschluss notwendig oder eine Ablehnung im Urteil ausreichend ist, auch den Umstand einzustellen, ob eine ablehnende Entscheidung über den zugleich gestellten Beweisermittlungsantrag noch Informationswirkungen zeitigt. Somit muss das Gericht die Informationswirkungen folgerichtig in zweierlei Hinsicht prognostizieren: Zum einen in Bezug auf die für Beweisanträge geltenden Ablehnungsgründe, zum anderen in Bezug auf die gerichtliche Aufklärungspflicht, die den Maßstab zur Beurteilung von Beweisermittlungsanträgen bildet.77 Inhaltlich müssten die Ergebnisse regelmäßig gleich ausfallen, aber es besteht ein formaler Unterschied: Damit § 244 Abs. 6 S. 3 und 4 StPO als Rechtsgrundlage für die Verlagerung der Entscheidung über ein Beweisersuchen in die Urteilsfindung dienen kann, ist vor Anwendung des § 244 Abs. 6 S. 4 StPO über den Wortlaut hinaus erforderlich, dass das Gericht die Voraussetzungen des § 244 Abs. 6 S. 3 StPO – den „Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme“ – noch einmal im Lichte des gestellten Antrags prüft und das Ergebnis in der Hauptverhandlung mit Begründung verkündet. Dies entspricht dann einer regulären Bescheidung von Beweisermittlungsanträgen und ist schon deshalb eine einleuchtende Maßnahme, weil auch nach Fristablauf ausdrücklich als solche gestellte, autonome Beweisermittlungsanträge stets gemäß § 238 Abs. 1 StPO und im Beanstandungsfall gemäß § 238 Abs. 2 StPO zu behandeln sind; sie hat der Gesetzgeber – auch in der jüngsten Re-
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BT-Drs. 19/14747, S. 33. BT-Drs. 18/11277, S. 34. 77 Vgl. nur Frister, in: SK-StPO, § 244 Rn. 94.
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form zur Modernisierung des Strafverfahrens – ausdrücklich nicht einbeziehen wollen.
V. Mejores votos Da Marcelo A. Sancinetti ein sehr reges Interesse am Strafverfahrensrecht hat, begleiten diese Überlegungen nicht nur die besten Glückwünsche – los mejores votos –, sondern auch die Hoffnung auf viele weitere wertvolle Diskurse, beispielsweise zum Thema der Beweisantragsfrist: Profesor, un servidor de Vd. le saluda afectuosamente y le desea salud, alegría y felicidad. Literatur Alsberg, Max: Der Beweisantrag im Strafprozess, 7. Auflage, Köln 2019. Baumanns, Silke: Der Beschleunigungsgrundsatz im Strafverfahren, Baden-Baden 2011. Börner, René: Die Fristsetzung für Beweisanträge gem. § 244 Abs. 6 E-StPO, StV 2016, S. 681 – 687. Börner, René: Der Diskursvorbehalt der Fristlösung für Beweisanträge – Wider die ängstliche Strafjustiz, JZ 2018, S. 232 – 240. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), Referat R B 2 (Hrsg.): Bericht der Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des allgemeinen Strafverfahrens und des jugendgerichtlichen Verfahrens, 2015. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), Referat R B 2 (Hrsg.): Bericht der Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des allgemeinen Strafverfahrens und des jugendgerichtlichen Verfahrens, Anlagenband I – Gutachten, 2015. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), Referat R B 2 (Hrsg.): Bericht der Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des allgemeinen Strafverfahrens und des jugendgerichtlichen Verfahrens, Anlagenband II – Protokolle, 2015. Demko, Daniela: Das Recht auf Verfahrensbeschleunigung gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK in Strafverfahren und dessen Verhältnis zum Recht auf wirksame Beschwerde gemäß Art. 13 EMRK in der Rechtsprechung des EGMR – Teil 1, HRRS 2005, S. 283 – 296. Eisenberg, Ulrich: Beweisrecht der StPO, Spezialkommentar, 10. Auflage, München 2017. Erb, Volker/Esser, Robert/Franke, Ulrich/Graalmann-Scheerer, Kirsten/Hilger, Hans/Ignor, Alexander (Hrsg.): Löwe/Rosenberg. Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz Band 6. §§ 212 – 248, 27. Auflage, Berlin 2019. Fischer, Thomas: Konfliktverteidigung, Mißbrauch von Verteidigungsrechten und das Beweisantragsrecht, StV 2010, S. 423 – 428.
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Frister, Helmut: Das Verhältnis von Beweisantragsrecht und gerichtlicher Aufklärungspflicht im Strafprozeß, ZStW 105 (1993), S. 340 – 363. Frister, Helmut: Beschleunigung der Hauptverhandlung durch Einschränkung von Verteidigungsrechten?, StV 1994, S. 445 – 454. Gaede, Karsten: Anmerkung zu BGH, Beschluss vom 23. 9. 2008 – 1 StR 484/08, NJW 2009, S. 605 – 608. Hahn, Karl/Mugdan, Benno: Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Band 3, Materialien zur Strafprozeßordnung, Abteilung 1, Aalen 1983. Hamm, Rainer: Das Ende des formalisierten Dialogs im Beweisantragsrecht, StV 2018, S. 525 – 532. Hannich, Rolf (Hrsg.): Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung mit GVG, EGGVG und EMRK, 8. Auflage, München 2019. Jahn, Matthias: Konnexitätsdoktrin und »Fristenlösungsmodell« – Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Fremdkontrolle im Beweisantragsrecht der Verteidigung durch den Bundesgerichtshof, StV 2009, S. 663 – 669. Krehl, Christoph: Was bedeutet die Neuregelung zur Fristsetzung für Beweisanträge für den Strafprozess?, in: Stephan Barton/Ralf Eschelbach/Michael Hettinger/Eberhard Kempf/ Christoph Krehl/Franz Salditt (Hrsg.), Festschrift für Thomas Fischer, München 2018, S. 705 – 722. Kudlich, Hans: Strafprozess – noch mehr Reformbedarf?, ZRP 2018, S. 9 – 13. Liebhart, Christian: Das Beschleunigungsgebot in Strafsachen – Grundlagen und Auswirkungen, NStZ 2017, S. 254 – 262. Meyer, Frank: Einleitung zur EMRK und Kommentierung zu Art. 6 EMRK, in: Jürgen Wolter (Hrsg.), Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung mit GVG und EMRK, Band X, 5. Auflage, Köln 2019. Mosbacher, Andreas: Fristsetzung für Beweisanträge, NStZ 2018, S. 9 – 14. Norouzi, Ali B.: Die audiovisuelle Vernehmung von Auslandszeugen, Tübingen 2010. Perron, Walter: Das Beweisantragsrecht des Beschuldigten – Ursache oder Symptom der Krise des deutschen Strafprozesses?, ZStW 108 (1996), S. 128 – 154. Roxin, Claus/Schünemann, Bernd: Strafverfahrensrecht – Ein Studienbuch, 29. Auflage, München 2017. Satzger, Helmut/Schluckebier, Wilhelm/Widmaier, Gunter (Hrsg.): Strafprozessordnung mit GVG und EMRK Kommentar, 4. Auflage, Köln 2020. Schneider, Hartmut: Bemerkungen zu einigen ausgewählten Rechtsfragen aus dem Anwendungsbereich des § 244 Abs. 6 S. 2 – 4 StPO, NStZ 2019, S. 489 – 500. Schneider, Hartmut u. a. (Hrsg.): Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band II, 1. Auflage, München 2016. Schlothauer, Reinhold: Beweisantragsrecht unter Fristenregiment: Zur Neuregelung des § 244 Abs. 6 StPO, in: Stephan Barton/Ralf Eschelbach/Michael Hettinger/Eberhard Kempf/Christoph Krehl/Franz Salditt (Hrsg.), Festschrift für Thomas Fischer, München 2018, S. 819 – 833.
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Singelnstein, Tobias/Derin, Benjamin: Das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens – Was aus der StPO-Reform geworden ist, NJW 2017, S. 2646 – 2652. Tepperwien, Ingeborg: Beschleunigung über alles? Das Beschleunigungsgebot im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren, NStZ 2009, S. 1 – 7. Thomas, Sven: „Konfliktverteidigung“, Mißbrauch von Verteidigungsrechten und das Beweisantragsrecht, StV 2010, S. 428 – 432. Wohlers, Wolfgang: Das Strafverfahren in den Zeiten der „Eilkrankheit“, NJW 2010, S. 2470 – 2475. Wolter, Jürgen (Hrsg.): Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung Band IV, 5. Auflage, Köln 2015.
Principio de inocencia y sentencias erróneas: las enseñanzas del “caso Cabituna” Por Patricia S. Ziffer*
I. Introducción La obra escrita del aquí homenajeado ha sido extensa, e incluye el análisis profundo de la teoría de la imputación,1 como así también la presentación novedosa de temas “conocidos” de derecho procesal penal,2 casi siempre, en una visión crítica de las posiciones dominantes.3 Sin embargo, a pesar de la riqueza de esas obras, en el marco de este reconocimiento me gustaría volver la atención hacia el que creo uno de sus trabajos menos valorados: su compilación de “Casos de Derecho Penal”. Se trata de su libro más temprano, elaborado, en su primera edición de 1975, cuando aún era estudiante y que terminó convirtiéndose en una herramienta imprescindible en las aulas de las facultades de derecho. El “Libro de Casos” cambió para siempre el modo de abordar la enseñanza del derecho penal, en cátedras propias y ajenas, y consolidó un modelo de aprendizaje en el que el conocimiento teórico debe confrontarse ineludiblemente en la argumentación de la solución de un caso práctico.
* Quisiera expresar mi agradecimiento a Matías Kallis y a la Lic. Carolina Carman (Directora del Museo Roca), por la amabilidad de haber leído los borradores de este trabajo, y por las atentas observaciones que ambos me formularon. 1 Cf. sus tesis doctorales de la UBA (Teoría del delito) y la Universidad Complutense de Madrid (Fundamentación subjetiva del ilícito y desistimiento de la tentativa). 2 Cf. sus trabajos sobre nulidad de la acusación y sobre la garantía de imparcialidad. 3 Posiciones que, con el tiempo, debieron reconocerle la razón. Cf. Sancinetti, El delito de enriquecimiento ilícito de funcionario público; Sancinetti, Derechos humanos en la Argentina postdictatorial; ders., Dictamen sobre proyectos de leyes, así llamados, de “arrepentido” y de “extinción de dominio”.
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II. El nemo tenetur se ipsum prodere en el centro de la atención Mucho tiempo pasó desde aquella primera versión, de tapas anaranjadas, hasta llegar a la edición actual. En esta última aparece, por primera vez, una introducción “teórica” en la que se incursiona en los principios fundamentales del derecho procesal penal y en la enorme significación que las lesiones a sus postulados producen en la práctica judicial cotidiana. En su exposición de las garantías del proceso penal, Sancinetti asigna un valor central al principio nemo tenetur se ipsum prodere,4 en su correlación con el trato de inocente. Esta regla no solo es presentada desde la perspectiva de la tradición humanista del Estado de derecho,5 sino que ella también es graficada “en los hechos”. Nuevamente, es un caso el que permite percibir las implicancias del respeto por las garantías constitucionales en toda su dimensión. Así, para ilustrar la inmensa incidencia que adquiere el principio, trae a la discusión, como máximo exponente del juicio injusto y de la condena del que guarda silencio, el relato del Evangelio según San Mateo,6 que pone a Poncio Pilatos como el paradigma del juez que acomoda su decisión a “lo que pide la gente”. A su vez, extrae como enseñanza moral implícita en la cultura judeocristiana que el imputado inocente no contesta nada frente a una imputación injusta. Pero no todos son ejemplos tan conocidos. También se trae al centro de la discusión un relato marginal de la historia argentina, recuperado por Félix Luna en su biografía de Julio A. Roca: el fusilamiento de un paisano —recordado sólo como “Cabituna”—, quien nada dijo cuando se lo acusara de ser espía.
III. La utilidad del ejemplo: la “sentencia errónea” Se trata, por cierto, de un relato conmovedor, que ilustra las trágicas iniquidades a las que puede conducir la prescindencia de los principios por razones de utilidad o conveniencia. Por cierto, como señala el propio Sancinetti, uno podría poner en duda la idoneidad del ejemplo de Cabituna a los fines de la enseñanza de los principios en juego. Pues la constatación de la efectiva inocencia del gaucho ejecutado puede desplazar la atención, erróneamente, a la circunstancia de que se revelara, ex post, que el paisano era inocente. De esta forma, se perdería de vista que lo central es la incorrección del procedimiento ya ex ante. En efecto, desde la perspectiva de la 4
Sancinetti, Casos de Derecho Penal, pp. 92 ss. Muy clara, en esta dirección, la posición expuesta en Sancinetti, Dictamen sobre proyectos de leyes, así llamados, de “arrepentido” y de “extinción de dominio”. 6 San Mateo 27, 13 ss. 5
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afirmación (¡y de la enseñanza!) de los principios en juego, aun cuando se hubiera tratado efectivamente de un espía, el procedimiento habría sido injusto. Junto a lo trágico del desenlace, el suceso también tiene otras particularidades que, a primera vista, podrían hacer dudar acerca de su adecuación como ejemplo de “error judicial derivado de la vulneración del debido proceso”. Así, alguien podría ver en el relato un mero “golpe de efecto”, que pierde de vista las particulares circunstancias históricas en que se produjo el juzgamiento. No obstante, a poco que se examinen las características del episodio, se advierte que la correlación que marca entre vulneración del nemo tenetur y condena errónea es mucho más que un recurso retórico o una apelación a las emociones. A su vez, una línea similar es seguida por numerosos trabajos dedicados al análisis histórico de grandes injusticias cometidas en el marco de procesos penales y que constituyen un reconocido aporte a la reflexión acerca de las causas que conducen a condenas erróneas.7 El concepto de “error judicial” no siempre resulta sencillo de definir, pero aun así, su estudio constituye una preocupación sostenida en el tiempo. Dunkel y Kemme,8 recordando la tradicional investigación de Karl Peters,9 definen a la sentencia errada como aquella que es reconocible como materialmente errada, o bien, aquella en la cual la prueba no se encuentra suficientemente asegurada, de tal modo que se generan dudas en cuanto a su corrección material. Estas dificultades en cuanto a la fijación del concepto hacen prácticamente imposible abarcar en forma exacta el número de sentencias erradas. Sin embargo, a pesar de alguna imprecisión conceptual, lo cierto es que los principios nemo tenetur y de inocencia no aparecen únicamente vinculados con la defensa de valores irrenunciables de un estado de derecho, sino que en múltiples investigaciones su vulneración ocupa un lugar central entre las causas que conducen al error judicial. Así, en una amplia reseña de la bibliografía americana acerca de las causas de las condenas erróneas, Clanitra Stewart Nejdl y Karl Pettit marcan como principales grupos de temas de investigación las confesiones falsas y compulsivas, ciertas prácticas policiales y de persecución, los errores de testigos y aportes de “informantes”, junto con los errores en la valoración de la evidencia forense.10 Por
7 Paradigmático, Demandt, Los grandes procesos de la historia. También, los “diccionarios” de Otto (Das Lexicon der Justizirrtümer) y Burow (Das Lexicon der Justiz), y la compilación de Schultz (Grosse Prozesse: Recht und Gerechtigkeit in der Geschichte). 8 Dunkel/Kemme, NK 2 (2016), 138 ss., esp. 140. 9 Peters/Foth, Fehlerquellen im Strafprozess: Eine Untersuchung der Wiederaufnahmeverfahren in der BRD. 10 Stewart Nejdl/ Pettit, Northern Illinois Law Review, 37.
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su parte, en línea con las críticas que Sancinetti, entre otros,11 ha expresado contra los acuerdos en derecho penal, Paul Craig Roberts asigna notable relevancia en la generación de condenas erróneas a las prácticas de “plea bargains”,12 al crear crímenes ficticios que toman el lugar de los realmente cometidos y al minar la calidad de las investigaciones policiales, que rara vez es controlada ante un tribunal.13 En el ámbito alemán, Burow señala como principales causas del error judicial a las acusaciones falsas, las declaraciones obtenidas por tortura, coacción o engaño, las pruebas falsas o suprimidas, la falta de pruebas, las investigaciones preparatorias deficientes o sesgadas, las confesiones falsas, los pronósticos de peligrosidad (sea a favor o en contra), la sobrevaloración de los indicios como medio de prueba, las condenas mediáticas, los peritajes errados, los testimonios falsos o erróneos, como así también las influencias e intromisiones de la política en el proceso penal. A su vez, dentro de esta extensa enumeración de factores, como síntesis del problema, se concluye en la importancia del respeto a ultranza del in dubio pro reo.14 Desde una perspectiva más orientada a la sociología y la psicología, el tema también fue tratado en Suiza por Hans Sutermeier.15 A pesar de la diferencia de enfoque, los puntos centrales en los que se detecta el origen del error judicial coinciden: investigaciones sesgadas, reconocimientos falsos, valoración acrítica de la confesión, inculpación por coimputados, valoración acrítica de testimonios, la mentira del acusado como prueba de su culpabilidad, valoración acrítica de peritajes o indicios,16 y cada uno de estos aspectos es presentado a la luz de casos judiciales más o menos conocidos. En el ámbito latinoamericano, las investigaciones tendientes a la detección de condenas erradas no tienen el grado de desarrollo y difusión que se advierte en Estados Unidos y Alemania. Una excepción es el trabajo del profesor chileno Mauricio Duce, que se concentra en los problemas derivados de los reconocimien11
Por. ej., Langbein, University of Chicago Law Review, 46, y Schünemann, Temas actuales y permanentes del Derecho penal después del milenio. 12 Acerca de las críticas de Sancinetti a los acuerdos, Cf. Dictamen sobre proyectos de leyes, así llamados, de “arrepentido” y de “extinción de dominio”. Similar, en Sancinetti, Casos de Derecho Penal, 93 s. 13 Roberts, The Independent Review 7 (4), 572. 14 Burow, Das Lexicon der Justiz, p. 255. 15 El título de su obra, Ein Pitaval, trae a la memoria a François Gayot de Pitaval, un abogado francés que publicó entre 1734 y 1743 varios tomos de recopilando “causas célebres”, dando origen a un nuevo género literario. 16 Ya desde otra perspectiva son analizados casos en los que el error judicial deriva, por ejemplo, de la sugestibilidad de los jurados, falencias psicológicas de los jueces, casos vinculados con la “moral pública” (e. g. Oscar Wilde y Charles Chaplin), casos atinentes a la relación entre derecho y moral (e. g. Jesucristo, Sócrates y Marx) y casos que pusieron en crisis la relación entre el derecho y la evolución de las ciencias sociales y naturales (e. g. Galileo, Giordano Bruno, Darwin).
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tos oculares y la prueba pericial. Este autor, al relevar los resultados de otras investigaciones, también coincide en señalar como factores que inciden en las condenas erróneas: los problemas con la identificación ocular de los imputados por parte de víctimas y testigos, el uso de prueba pericial de baja confiabilidad y calidad, el uso de confesiones falsas, el uso de testigos mentirosos y poco confiables, deficiencias en el trabajo de las agencias de persecución penal y la inadecuada representación legal de los condenados.17 Por cierto, las dificultades para llegar a una caracterización definitiva del concepto de “sentencia errónea” se vuelven aun mayores cuando se incorpora como elemento adicional la dimensión histórica, en la medida en que las reglas jurídicas imperantes en la época bien pueden permitir calificar el proceso como conforme a derecho y, de este modo, restringir la aplicabilidad del concepto. De todos modos, existen decisiones en las que el riesgo de anacronismo es mucho menor, en tanto ellas resultan descalificables no solo desde una perspectiva contemporánea sino ya a partir de su análisis conforme el derecho vigente en el momento en que se adoptaron.18 Sin embargo, a pesar de estas dificultades, Sancinetti acierta al marcar en su obra la importancia de la revisión de casos pasados como una herramienta extremadamente útil para detectar el origen de los desvíos y evitarlos en el futuro y, además, para sensibilizar frente a la inoperancia de todo intento posterior de reparar esta clase de errores.19
IV. Hacia una reconstrucción más amplia de las circunstancias del caso Partiendo de la importancia del examen de las condenas erróneas y conociendo la vocación del homenajeado por la determinación minuciosa de los hechos,20 así como sus dudas acerca de aquello que enseñan los libros de historia, en esta ocasión me pareció interesante ofrecerle una breve revisión de las circunstancias fácticas que rodearon al “caso Cabituna” y, a partir de allí, examinar en qué medida puede entrar en la categoría de “decisión errónea” en un sentido absoluto o si tal
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Duce, Sistemas judiciales, p. 21, esp. 17. Otto, Das Lexicon der Justizirrtümer, p. 27. 19 La importancia de recopilar y registrar los errores judiciales con la finalidad de enseñar como evitarlos y como un área que debería integrar la formación específica de los jueces es destacada por Burow, Das Lexicon der Justiz, p. 251. En esta misma dirección, Martin Rath (Justiz und Irrtum/Ein Versuch: Max Hirschberg und die Lehre vom Justizirrtum), quien lamenta, además, que a pesar de que se realizan investigaciones empíricas destinadas a la detección de errores judiciales, en realidad, éstos solo terminan siendo advertidos gracias al trabajo extraordinariamente comprometido de algunos juristas. 20 Claros ejemplos, sus dictámenes publicados sobre el “Caso Cabezas” y sus estudios sobre el “Caso Grassi” (de publicación restringida). 18
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calificación no deriva, en realidad, de trasladar a tiempos pasados principios y valoraciones propias de concepciones jurídicas actuales. La tarea plantea algunas dificultades, pues a diferencia de lo que sucede habitualmente con los relatos históricos de “causas célebres”, en las que el juicio y su entramado está relativamente documentado, aquí el protagonista es prácticamente un desconocido y ello hace más complejo intentar acceder a lo sucedido. Las dificultades de esta clase, por lo demás, son conocidas. La reconstrucción de hechos del pasado no es sencilla, ni para el proceso penal, ni para el historiador. A su vez, es sabido que existe un terreno común a jueces e historiadores: el de la verificación de los hechos y, por ello, de la prueba. Los hechos que examinan jueces e historiadores son en parte diferentes, sobre todo, porque es diferente, en unos y otros, la actitud hacia el contexto.21 No obstante, como recuerda Frisch, el procedimiento de la valoración de la prueba en un proceso penal se asemeja, en líneas generales, a la determinación de la verdad (histórica) que realiza el historiador y así ha sido descripta también en la teoría del conocimiento, la teoría del derecho y en varias obras de doctrina de derecho procesal.22 Desde este punto de vista, la verdad procesal fáctica es, en realidad, un tipo particular de verdad histórica, relativa a proposiciones que hablan de hechos pasados, no directamente accesibles como tales a la experiencia.23 Los paralelos y diferencias entre historiador y juez ya aparecían destacados en obras clásicas del derecho procesal penal, como la de Calamandrei, quien señalaba como diferencia central, la característica común a todas las formas de proceso que imponen al juez —incluso cuando como resultado de la prueba no es seguro y decisivo para remover toda duda de su conciencia— el deber de resolver (prohibición de non liquet) y de emitir, en cualquier caso, un juicio de certeza sobre los hechos controvertidos, positivo o negativo.24 En cambio, frente a la misma situación “después de examinar todas las hipótesis en torno a los enigmas de pasado, el historiador cauto y concienzudo puede arribar a la conclusión de que el problema es insoluble, y confesar honestamente que no puede llegar a una conclusión segura”.25 Pero esta posibilidad le está vedada al juez, quien no podría dejar de decidir sin faltar a su deber. De allí que la ley le habilite una serie de instrumentos que establecen cómo debe decidir en esos casos: en el proceso civil, las reglas sobre reparto de la carga de la prueba y, en el proceso penal, el in dubio pro reo, en virtud del cual el juez debe proclamar oficialmente la inocencia. El
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Ginzburg, El juez y el historiador. Consideraciones al margen del proceso Sofri, p. 111. Frisch, FS Rolf Stürner, esp. previo a nota 38, con otras citas. Hay versión en castellano publicada en RDPP 11/2013, 2206 ss. 23 En este sentido, Ferrajoli, Derecho y razón, p. 52 s. 24 Calamandrei, Il giudice e lo storico, Rivista di diritto processuale civile, esp. 113 s. 25 Calamandrei, Il giudice e lo storico, Rivista di diritto processuale civile, 114. 22
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historiador, en cambio, podría decir sin problemas que no puede decidir entre la culpabilidad y la inocencia. En cierto modo, el proceso puede ser visto como un auténtico “experimento historiográfico”, en el cual las fuentes de conocimiento actúan en vivo, no solo porque son confrontadas directamente, sino también entre sí, sometidas a exámenes cruzados y se les solicita que reproduzcan el acontecimiento que se está juzgando.26 Sin embargo, existe un punto que marca una diferencia central: la flexibilidad de la historia —equiparable a la de las ciencias naturales— de revisar y eventualmente corregir sus propias afirmaciones. Así, mientras que las hipótesis falsas o inadecuadas de la historia están destinadas a sucumbir frente a las refutaciones y críticas de la comunidad de historiadores, no ocurre lo mismo con las sentencias. A diferencia del historiador, el juez aparece como un investigador exclusivo, en el sentido de que su competencia para investigar y juzgar le está reservada por la ley: por fuera del procedimiento contradictorio entre las partes que precede a la sentencia y de los sucesivos grados de revisión recursiva, sus interpretaciones de los hechos y de las leyes no pueden ser refutadas por hipótesis interpretativas más adecuadas y controladas, sino que incluso son consagradas al final del proceso por la autoridad de la cosa juzgada.27 La “cosa juzgada” es sin duda una de las diferencias centrales: mientras que para la historia, la constatación del error es un “error fecundo”, para el proceso penal las consecuencias serán, en gran parte, irreparables.
V. El momento histórico En el marco de las limitaciones señaladas, antes de intentar rescatar los principales datos con que se cuenta acerca del suceso en concreto y para poder hacer luego una ponderación desde la perspectiva de las reglas del debido proceso, es interesante recordar aquí, brevemente, cuáles fueron las circunstancias históricopolíticas que lo rodearon. Si bien ni siquiera se conoce con certeza cuál era el nombre completo del gaucho, ni la fecha precisa del episodio, sí se sabe que se produjo en uno de los tantos momentos oscuros de la historia argentina: la revolución de 1874. En una época en la que el mundo progresaba gracias al telégrafo y al avance del ferrocarril, en la Argentina, la sucesión del presidente Sarmiento se dirimía entre oscuros pactos políticos y conjuras, que culminarían con el alzamiento de
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Así, Ginzburg, El juez y el historiador. Consideraciones al margen del proceso Sofri, esp. p. 24; Ginzburg, Revisar la evidencia: el juez y el historiador, p. 14 ss., con referencia a la visión de Ferrajoli. 27 Así, Ferrajoli, Derecho y razón, p. 57 s.
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Bartolomé Mitre, quien cuestionaba la legitimidad de la elección del sucesor, Nicolás Avellaneda. La rebelión de los autodenominados “ejércitos constitucionales”28 se manifestó en varios frentes provinciales, que tenían por objetivo impedir la asunción presidencial de Avellaneda. En ese contexto, Sarmiento designa a Roca al mando del Ejército del Norte, en la provincia de Córdoba, a fin de enfrentar a los rebeldes encabezados por un viejo amigo de Roca, el General Arredondo.29 Arredondo dirigía la resistencia en la región de Cuyo y, en su avance hacia Mendoza, había obligado al gobernador Civit —leal a Sarmiento— a huir hacia Chile.30 Ya asentado en Mendoza, Arredondo comienza a organizar sus tropas para el próximo encuentro con las fuerzas gubernamentales, que avanzaban con Roca al frente. El 13 de noviembre se dirigió hacia Santa Rosa, en territorio mendocino, casi en la frontera con San Luis, donde había quedado su vanguardia, y comenzó trabajos de fortificación. Allí cavó una fosa de aproximadamente 20 cuadras, hasta el río Tunuyán, construyó una empalizada, y se asentó a esperar el ataque de las fuerzas leales al gobierno electo. Por su parte, Roca avanzaba a enfrentarlo y fue durante ese trayecto que se produjo el fusilamiento de Cabituna. Como ya se dijo, la versión más difundida del suceso —recogida por Sancinetti— es la de Félix Luna, quien pone en boca de Julio A. Roca un amargo recuerdo del fusilamiento del gaucho.31 Sin embargo, el relato en primera persona —que difumina los límites ya de por sí poco claros entre historia y ficción32— no fue la única presentación que Luna hizo del suceso, que vuelve a aparecer en su obra “Segunda Fila”.33 Allí se indica la fuente directa de la que fue tomado el episodio: 28 Era conocida la frase de Mitre “La peor de las votaciones legales vale más que la mejor de las revoluciones”. Varios autores le atribuyen una cierta reticencia a recurrir a las vías de hecho en el marco del alzamiento, y la denominación de “Ejércitos constitucionales, justamente, habría estado dirigida a reforzar la necesidad de justificar la recuperación de las “libertades perdidas” mediante las armas. Cf. Daghero, Coordenadas, Revista de Historia local y regional 1 (1), 130. 29 Arce, Roca. Su vida. Su obra, p. 224 s. 30 López Mato, 1874. Historia de la Revolución olvidada, p. 83. 31 La versión de Luna es parcialmente reproducida por López Mato (1874. Historia de la Revolución olvidada, p. 113), Miguel Ángel De Marco (Pioneros, Soldados y Poetas de la Argentina, p. 239 ss.) y Rodolfo Sala, (El General del Desierto, p. 111 s.). Es interesante advertir que el relato es omitido en la extensa obra publicada por José Arce, ex director del Museo Roca y uno de los principales biógrafos de Roca, a quien, por cierto, Félix Luna, al presentar las fuentes de su investigación, le atribuye haber permitido que las hijas y nueras de JAR destruyeran todos los documentos que documentación que pudiera ser perjudiciales para la imagen de Roca (Cf. Soy Roca, nota 1, después de agradecimientos). 32 Cf. Ginzburg, Revisar la evidencia: el juez y el historiador, esp. p. 20, nota 21. 33 Luna, Segunda Fila, p. 291 ss.
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las memorias del secretario de Roca, Ignacio H. Fotheringham,34 quien habría sido uno de los testigos de lo sucedido y, a la sazón, el único que habría intentado esbozar una defensa de Cabituna. Es muy posible que la crónica de los recuerdos del militar inglés esté teñida de sesgos y lagunas, pero aun así pareciera ser la versión más cercana a fin de lograr una aproximación a lo acontecido. Fotheringham era lo que en aquella época se conocía como un “soldier of fortune”, esto es, aquel que toma las armas y hace carrera militar en el extranjero.35 Inglés de nacimiento, luego de haber estado enlistado en la marina inglesa llegó a Buenos Aires en 1863. Tras un fallido intento por asentarse como estanciero, se enroló como voluntario en la Guerra del Paraguay y finalmente se incorporó al ejército argentino, donde fue compañero de armas de Roca durante muchos años.36 Según el relato del soldado, en su camino a enfrentar al ejército de Arredondo, el 29 de noviembre de 1874 Roca llegó al paraje La Dormida, cercano a Santa Rosa.37 Las tropas de Arredondo venían de recientes triunfos y se encontraban en una posición estratégica inmejorable, por lo cual constituían “un enemigo de cuidado”38. Por su parte, con excepción de los cuerpos de línea, las tropas de Roca, si bien “llevaban en sí bien inculcado el espíritu del deber y la convicción de vencer”, eran “muy bisoñas e indisciplinadas”. En palabras del propio Fotheringham: “Estaríamos ya a 4 de diciembre, y el enemigo a cuatro leguas. Nos esperaba bien decidido, llegaba la hora de resolver el gran problema. 34
A partir de la misma fuente, el hecho también es traído a cuento en la biografía de Roca de Aurora Mónica Sánchez, y desde otra fuente, el episodio también es reproducido por del Mármol (Revolución de septiembre de 1874, p. 309) : “Un hecho incalificable, que debía algunos días más tarde repetirse en Jesús Videla, se consumó acá con un paisano enviado con comunicaciones, por un avellanedista de Mendoza. En un pequeño pedazo de papel, oculto debajo de las herraduras del caballo, llevaba datos exactos sobre el número y disposiciones de nuestras fuerzas; y por una sospecha infundada fue pasado por las armas”. El relato proviene de los Apuntes de La Libertad, firmados por “Prisionero de Santa Rosa”, a quien del Mármol identifica como Mauricio Daract, ciudadano oriundo de San Luis (Revolución de septiembre de 1874, p. 114). 35 Por cierto, Fotheringham rechaza que esta denominación aplique respecto de sí mismo, por considerarla hiriente e injusta. En sus palabras: “yo no he sido un ‘soldado de fortuna’; he abrazado la bandera de mi país adoptivo como bandera propia y he prestado mis pobres servicios, olvidando por completo que he nacido bajo otro cielo que el cielo celeste de sus colores” (La vida de un soldado. Reminiscencias de las fronteras, p. 95). 36 Acerca de la relación entre Roca y Fotheringham, Cf. Daghero, Coordenadas, Revista de Historia local y regional 1 (1), 124 s. 37 Allí se produciría, poco después, la derrota de Arredondo en lo que se conoce como la “Segunda batalla de Santa Rosa”, por contraposición a la “Primera batalla de Santa Rosa”, en la que Arredondo había derrotado a las tropas gubernamentales el 29 de septiembre de 1874. Cf. López Mato, 1874. Historia de la Revolución olvidada, p. 83. 38 Fotheringham, La vida de un soldado. Reminiscencias de las fronteras, p. 308.
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Bien montado en un espléndido pingo colorado, bien enjaezado, llegó al campamento un paisano, alto, lindo tipo gaucho, elegante y altivo. Venía, decía, de Mendoza. Lo enviaba de chasqui el gobernador Civit. De la herradura sacó un papelito bien doblado, lo entregó al coronel Roca. Con aire de recelo y desprecio lo miraban los señores Arístides Villanueva e Isaac Chavarría, hombres conspicuos de la política mendocina que acompañaban al coronel Roca. Se llamaba Cabituna (yo no sé si así se escribe el apellido, pero que así suena, lo juro, pues lo tengo bien grabado en la memoria). Tenía fama de gaucho ladino, travieso e intrigante. Fue suficiente, lo calificaron de traidor: afirmaron que era imposible que llegase de Mendoza con caballo tan fresco, el papelito sin una mancha; un traidor enviado por Arredondo, un espía en plena convicción de criminal tentativa. Parece increíble. El Coronel se dejó convencer por completo de que era culpable. Habíamos tenido centenares de deserciones y un fusilamiento se impone en tales casos para sostener la disciplina. Nunca quiso el coronel Roca firmar una sentencia de muerte. Era opositor decidido a la última pena. Y ahora, forma un Consejo de Guerra rápido, sin más testigos que díceres, sin más pruebas que un buen caballo resistente, un mensaje bien escrito y un gaucho de mala fama. Yo opinaba que matasen el caballo, que así se vería si había comido o no recientemente. El paisano juraba que hacía más de veinte horas que andaba por fuera de los caminos para no ser descubierto y hasta hoy creo que matando su pobre bestia se hubiera probado la verdad de su aserto. Protestó poco el valeroso resuelto. No dijo más que ‘matan a un inocente’. Al emprender la marcha, a la cabeza de la columna le pegaron cuatro tiros. Y toda la columna desfiló ante el cadáver del ajusticiado … de un mártir. Llegado a Mendoza, se probó hasta la más patente evidencia que efectivamente lo había despachado el gobernador Civit y que todo lo que había dicho era verdad. Jamás tuvo pena mayor el coronel Roca que esta sentencia fatal e injusta. A la pobre viuda le dio el General (ya lo era) dos mil pesos y la expresión de su sincera simpatía y más profundo pesar. Ha de haber hecho un juramento, pues yo he notado, si no lo han notado otros, que en tantos años que fue Presidente y jefe superior de fuerzas, jamás firmó ninguna sentencia de muerte”.39 Si se confronta esta versión con la que aparece en “Soy Roca”, ambas coinciden en los rasgos fundamentales del conmovedor relato. Sin embargo, el de Fotheringham incluye algunos elementos fácticos adicionales que complementan la comprensión del episodio. Así, un dato interesante es la referencia a quiénes estuvieron presentes y “miraban al recién llegado con recelo y desprecio”: Arístides Villanueva e Isaac Chavarría. Según Fotheringham, se trataba de conspicuos ciudadanos mendocinos y sus antecedentes personales hacen pensar que su opinión —o al menos, su silencio— ha de haber tenido algún peso en la decisión final. En efecto, 39
Fotheringham, La vida de un soldado. Reminiscencias de las fronteras, p. 308 ss.
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Villanueva había sido ministro de guerra de la nación y presidente de la Cámara de Diputados de la Nación hasta 1865 y era el predecesor de Civit en la gobernación de Mendoza40. Por su parte, Chavarría era amigo de Roca desde la época que compartieron en el Colegio de Concepción del Uruguay.41 Pero más importante aun: Chavarría era abogado y había sido miembro del Superior Tribunal de Justicia de Mendoza y ministro de gobierno de Civit.42 Si bien las opiniones se dividen en cuanto a cuál pudo haber sido la influencia concreta de Villanueva y Chavarría en el fusilamiento,43 en cualquier caso, lo que no puede menos que llamar tristemente la atención son las calidades profesionales de los dos “testigos”: un conocedor de las “reglas de la guerra”, por un lado, y un jurista, por el otro.
VI. ¿Un ejemplo de “sentencia errónea”? A la vista de las circunstancias históricas en las que se produjo el episodio, se podría dudar de que el caso sirva como un ejemplo eficiente de vulneración de garantías básicas. Pues, en cierto modo, el hecho podría ser visto como el producto de la cultura militar vigente, en un contexto en el que, aun a más de once años de vigencia de la Constitución Nacional, las reglas del debido proceso tenían poco lugar. Sin embargo, el propio Fotheringham —un soldado de carrera— presenta una visión crítica, tanto del procedimiento seguido, como de la calidad de las pruebas. Asimismo, a partir del relato se nota que no se trató de un mero acto impulsivo de fuerza, sino que el fusilamiento fue el resultado final de un “proceso” (“forma un Consejo de Guerra rápido”), en el que se sopesó una imputación (“es un ‘bombero’”) e incluso, se propuso la producción de prueba para un mejor esclarecimiento del hecho (“maten al caballo”). A su vez, el dramatismo que se le asigna al silencio digno del gaucho deriva de que, teniendo la posibilidad de decir algo más en su favor, limitó sus palabras finales a decir: “matan a un inocente”. Finalmente, siguiendo la costumbre de la época, la pena de muerte fue ejecutada con exhibición del cadáver.44 Esas circunstancias bastan para justificar las críticas “constitucionales” al procedimiento y para mostrar la idoneidad pedagógica del 40
Cf. H. Cámara de Diputados de la Nación, https://apym.hcdn.gob.ar/biografias/226. Sala, El General del Desierto, p. 33. 42 Cf. HCDN, https://apym.hcdn.gob.ar/biografias/548. 43 En coincidencia con lo que sugiere Fotheringham, Rodolfo Sala le atribuye a ambos haber influido decisivamente en la decisión de Roca, siendo ellos quienes le trasmitieron la presunción de que el chasqui era un espía (El General del Desierto, p. 112); diferente es la posición de López Mato quien sostiene que el “Zorro” Roca no era un hombre influenciable, pero que, seguramente, “no quería que jugaran con él a los mismos juegos que él les hacía jugar a los otros” (1874. Historia de la Revolución olvidada, p. 113). 44 En palabras de Luna: “Le pegaron cuatro tiros y todo el ejército desfiló ante su cadáver al reiniciar la marcha”. 41
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ejemplo, tanto desde la perspectiva del valor intrínseco de las garantías, como desde la de su aporte concreto a la evitación de decisiones erróneas. En este sentido, el caso deja al descubierto, en su desenlace, una decisión materialmente errada y, de este modo, muestra gráficamente la significación de la constatación de la culpabilidad material como fundamento para la imposición de una pena legítima.45 Pues, como recuerda Frister, el “principio in dubio pro reo” se explica, al igual que el principio de culpabilidad material, a partir de la necesidad de legitimar la pena según el principio de la justicia conmutativa. Dado que este principio no justifica la retribución de una culpabilidad sólo presunta, la culpabilidad, en el proceso penal, tiene que estar comprobada de modo libre de dudas. Solo si el juez no tiene ninguna duda razonable de la culpabilidad del acusado, la disminución de los derechos que se pretende hacer con la pena puede ser valorada como merecida y, así, quedar justificada la imposición de la pena.46 Pero la exigencia de una constatación positiva de la culpabilidad como presupuesto para una punición se puede garantizar de manera eficiente solo si primero hay un proceso formalizado para constatar la culpabilidad. Las consecuencias del desprecio por las reglas básicas que deben orientar ese proceso previo es lo que el ejemplo pone de manifiesto de modo drástico: la decisión materialmente errada deriva directamente de hacer a un lado el principio de inocencia y el derecho del acusado a guardar silencio. Este último aspecto del caso —la regla del nemo tenetur— es el que Sancinetti destaca, al mostrar la dignidad del inocente que calla frente a una imputación injusta. Se trata, por lo demás, de la misma altivez y serenidad frente a su destino que impresionó a Félix Luna y que también se desprende del dejo de sorpresa que expresa Fotheringham frente a la ausencia de protesta del condenado. Pero además de la dignidad del silencio, el relato también expone crudamente otro aspecto central del principio de inocencia: su función como contrapeso frente a los prejuicios sociales de culpabilidad que surgen ya frente a la existencia misma de una imputación.47 De allí la razonabilidad de exigir que la acusación se comprobara por fuera de rumores y dichos maledicentes como los que parecen haber decidido finalmente a Roca a optar por la peor decisión posible. 45 Acerca de la relación entre principio de culpabilidad y presunción de inocencia Cf. Frister, Schuldprinzip, Verbot der Verdachtstrafe und Unschuldvermutung als materielle Grundprinzipien des Strafrechts. 46 Frister, Revista de Derecho Penal y Procesal Penal 5 (2018), 899 ss. 47 Al respecto, Nieva Fenoll, InDret 1 (2016), 5. Recuerda este autor el paralelismo que existe en diferentes idiomas en cuanto a la existencia de refranes populares que dan cuenta de los prejuicios sociales que se derivan de las sospechas. Así, se dice en español, “cuando el río suena, agua lleva” o “no hay humo sin fuego”; en inglés, “where there is a smoke, there is a fire”; en alemán, “kein Rauch ohne Flamme”; en francés, “pas de fumée sans feu”, o en italiano, “non c’è fumo senza arrosto”. Todos ellos confirman la supuesta fiabilidad de una sospecha, y nunca la presunción de inocencia.
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A su vez, también es interesante recordar aquí que la noción de que frente a la duda es más justo absolver que condenar no constituía una novedad, sino que, bajo diferentes formas y con distintos alcances, aparecía en sistemas jurídicos muy antiguos y de muy diferente origen.48 Según Whitman, el in dubio pro reo fue una regla que se creó como una forma de protección del acusado y que surgió del conocido temor que el juez podía tener de convertirse en un asesino. El derecho continental enmarcó la cuestión del in dubio por reo con implicancias de benignidad y lenidad: cuando había dudas, se aconsejaba al juez que eligiera el camino más benigno.49 Pero esta regla claramente se contraponía al riesgo de que la justicia criminal colapsara. Las exigencias de la conciencia estaban en conflicto con la idea de que “se trata de un asunto interés público el que los crímenes no queden impunes”50. Este interés estaba en inevitable tensión con cualquier regla que aconsejara lenidad. Un conflicto del medioevo que no parece haber sido superado ni antes ni ahora.51
VII. La pena de muerte: ¿un golpe de efecto? Que el episodio haya terminado con el fusilamiento es sin duda uno de los factores más conmovedores del caso. Ahora bien, en una primera impresión, se podría afirmar que, en tiempos violentos como los que vivía la Argentina y en el contexto de una rebelión armada, sancionar el espionaje con el fusilamiento constituía una solución acorde con la época. Desde este punto de vista, evaluar la decisión apuntando específicamente a este aspecto podría pecar de anacrónico. Sin embargo, la discusión sobre la pena de muerte en aquel momento era bastante más compleja y permite criticar la decisión de Roca también por la naturaleza de la pena impuesta, que resultaba, ya en aquellas circunstancias, excesiva, inusual y, en particular, prescindente de las mayores formalidades que se exigía para la imposición de esta clase de pena. 1. Los antecedentes indianos y su subsistencia normativa Al menos en su ejecución como “pena” —esto es, como derivado de un procedimiento previo al menos mínimamente formalizado y distinguiéndola de meros actos de fuerza puramente arbitrarios—, la imposición y aplicación efectiva 48
Una síntesis del origen del principio en Nieva Fenoll, InDret 1 (2016). Whitman, The origins of reasonable doubt, p. 123 s. 50 Whitman, The origins of reasonable doubt, p. 127. 51 Cf. el debate en torno a la obra de Laudan, El estándar de prueba y las garantías en el proceso penal. 49
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de la pena de muerte parece haber sido bastante restrictiva ya en la época de la colonia. Las leyes indianas preveían la pena de muerte para varios delitos caracterizados de atroces: lesa majestad divina y humana, parricidio, infanticidio, homicidio, robo con violencia, sodomía, adulterio, violación, incendio doloso, etc. Empero, a pesar de estar prevista, no se la aplicaba indiscriminadamente y era frecuente que el arbitrio judicial aminorara la sanción.52 En un primer antecedente local del reclamo de mayor dureza a quienes efectivamente han de imponer las sanciones, la benignidad de los jueces de la colonia parece haber originado varios conflictos con la metrópoli. Así, tanto Felipe II como Carlos III debieron insistir en que las penas no fueran aminoradas por los jueces.53 Pero aun así, el reclamo del rey en pos de la imposición de las penas legales sin reducciones incluía expresamente el respeto a los recaudos establecidos para su aplicación. Esto incluía, en el caso de la pena de muerte, el respeto de formalidades adicionales. El propio Felipe II aumentó los requisitos: para las penas corporales, de muerte o mutilación, ya no bastarían dos votos conformes de los tres jueces que integraban el tribunal, sino que se requería unanimidad. La Audiencia de Buenos Aires, al tiempo de su instalación, ordenó a los alcaldes que no ejecutasen las sentencias que contenían pena de muerte, corporal o aflictiva o de vergüenza sin antes darle cuenta y obtener su aprobación. Más tarde resolvió que en discordia de votos, tres a tres, debía prevalecer la opinión más benigna.54 Esta breve reseña de antecedentes muestra que la tradición hispánica local nunca había sido favorable sin más a la imposición de la pena de muerte y que, además, se la sujetaba a requisitos más severos, dentro de los cuales, justamente, las dudas jugaban un papel decisivo. Y a pesar de la Revolución de Mayo, buena parte de las prácticas en materia penal se mantuvieron invariadas.55 2. La discusión local sobre pena de muerte En el marco de los debates acerca de la configuración de la nueva nación, los temas de derecho criminal y, en particular, la cuestión de la pena de muerte, tuvieron un peso considerable. Ya desde 1820, la discusión sobre la pena de muerte integraba el debate público y fue el objeto de investigación de varias tesis doctorales. Entre los autores de estos trabajos figuraban nombres estrechamente 52
Levaggi, El derecho penal argentino en la historia, p. 139. Levaggi, El derecho penal argentino en la historia, p. 139. 54 Levaggi, El derecho penal argentino en la historia, p. 139. 55 Levaggi, El derecho penal argentino en la historia, esp. p. 75. Recuerda este autor que, incluso, ante la ausencia de un código criminal, se continuaba aplicando las normas del derecho indiano. 53
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ligados a la futura configuración institucional e ideológica del país, como Florencio Varela, Miguel Cané, Marcos Paz o el padre del presidente, Marco Avellaneda, quien, paradójicamente, fue ejecutado. Si bien el derecho penal no era la rama más popular en cuanto al ejercicio del derecho, permitía un estilo de debate que interesaba a quienes veían a los estudios universitarios como la continuación de la conversación sobre la naturaleza de la Argentina predominante entre los integrantes de las élites intelectuales a lo largo de todo el siglo XIX.56 Dentro de este marco, incluso quienes se pronunciaban en favor de la pena de muerte, insistían en la necesidad de la moderación del castigo y consideraban que la aspiración de eliminar la pena capital era loable, pero todavía utópica para la sociedad inestable en que se vivía. Dentro de esta línea, quienes abogaban por la pena de muerte circunscribían puntillosamente su aplicación y, apelando a autores de la Ilustración como Constant, Rousseau y Montesquieu, la limitaban a crímenes de extrema violencia y premeditación.57 Por lo demás, ya hacía largo tiempo que en Europa se venía discutiendo la eliminación de la pena de muerte, en una época en la que ya había dejado de ser el castigo exclusivo para los delitos graves.58 Pero la discusión no quedó circunscripta a los ámbitos intelectuales y académicos. Los periódicos porteños también se convirtieron en portavoces de las ideas de reforma punitiva. La barbarie de las ejecuciones era un tema de denuncia recurrente y cuando había fusilamientos polémicos el intenso intercambio de opiniones generado por la prensa podía desembocar en la convocatoria de manifestaciones populares contra la pena capital y en fuertes tomas de posición en casos controvertidos,59 que solían ser acicateadas por el periodismo. De este modo, se ha dicho que la clase política que en 1852 tomó a su cargo los destinos del país —que Roca integraba— compartía la premisa según la cual “el modo de castigar a los delincuentes ilustra el grado de civilización de cada sociedad”. En esta línea, para la fijación de los atributos del sistema punitivo del estado moderno imaginado por entonces, se seguían de cerca los de aquellos países europeos y estadounidenses que postulaban una relativa moderación de las penas. En la Argentina moderna el castigo reflejaría la aplicación justa e igualitaria de la 56 Al respecto, Cf. la opinión de la historiadora Lila Caimari, Violencias, Delitos y Justicias en la Argentina, p. 141 ss. 57 Caimari, Violencias, Delitos y Justicias en la Argentina, p. 143. 58 Según Langbein, The historical origins of the sanction of Imprisonment for serious crime, p. 52 s., a mediados del siglo XVIII, la combinación de las galeras y las prisiones ya había producido una drástica disminución del uso de las penas de sangre. 59 Caimari, Violencias, Delitos y Justicias en la Argentina,p. 149; Levaggi, El derecho penal argentino en la historia, p. 229 s. Entre los casos más discutidos públicamente se citan el fusilamiento de Ladislao Gutiérrez y Camila O’Gorman (1848), la condena de varios mazorqueros en 1853 —entre ellos, Cririaco Cuitiño y Leandro Alem, padre del futuro caudillo radical— y el asesinato en 1856 de Jacobo Fiorini, cuya instigación fue atribuida a su esposa, Clorinda Sarracán.
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ley y no la apasionada furia vengativa de la sociedad o de alguna de sus facciones políticas, y hacia allí se dirigió la Constitución de 1853.60 3. El fusilamiento de Cabituna: ¿una pena inusual? Por cierto, estas líneas liberales del debate en materia penal se contraponían descarnadamente con la violenta realidad de las guerras civiles, que potenciaban las dificultades prácticas que implicaba la supresión total de la pena capital.61 En el complejo universo legal comprendido entre la independencia y la codificación, la privación de libertad fue una opción muy secundaria con respecto a otros castigos que se adaptaban mejor al contexto de la guerra, como los trabajos forzados y el servicio militar coercitivo,62 y frente a delitos graves, la pena de muerte seguía apareciendo como una opción difícil de resistir.63 Así, hasta 1880 los sueños de moderación punitiva coincidieron con un prolongado periodo de inestabilidad en el que el estado nacional fue desafiado repetidamente. El estallido de numerosas sublevaciones provinciales y la resistencia a participar en proyectos como la Guerra del Paraguay fueron castigados en forma violenta, equiparable a la del llamado antiguo régimen. En ese contexto el fusilamiento de los prisioneros era visto como un procedimiento regular.64 Desde este punto de vista, si se prescinde de la debilidad del procedimiento para imponerla, se podría esbozar la conclusión de que, en todo caso, la pena de muerte para un espía no era una forma inusual de sanción, como tampoco lo habría sido su ejecución pública. En todo caso, sería el reflejo de una época.
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Caimari, Violencias, Delitos y Justicias en la Argentina, p. 143. Dificultades que también eran conocidas y discutidas en Europa. Acerca de logística necesaria para el reemplazo de la pena de muerte por la pena de galeras y las complejas consideraciones económicas que entraban en debate, Cf. Langbein, The historical origins of the sanction of Imprisonment for serious crime, p. 43. 62 Caimari, Violencias, Delitos y Justicias en la Argentina, p. 145. 63 Como recuerda Langbein, la única pena que puede ser infligida fácilmente por un estado que no cuenta con un aparato de prisión y penitenciarias es la pena de muerte (The historical origins of the sanction of Imprisonment for serious crime, p. 36, con remisión expresa a la obra de Maitland). A este respecto, sin embargo, también es interesante recordar las dificultades prácticas que planteaba, ya en la época de la colonia, la ejecución de la pena de muerte en razón del descrédito social extremo que generaba la tarea del verdugo y que hacía a veces imposible encontrar a quien quisiera desempeñar semejante función. Según relata Levaggi (Historia del derecho penal argentino, p. 60) por el desprecio que inspiraba la tarea, ella solía ser desempeñada por criminales a quienes se les conmutaba por este servicio la pena capital que de otro modo les correspondía. Habría habido casos, sin embargo, en que ningún criminal aceptó la gracia, prefiriendo morir antes que ejercer tan deshonroso oficio. 64 Caimari, Violencias, Delitos y Justicias en la Argentina, p. 145 s. 61
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Sin embargo, frente a este caso concreto, lo que sí se puede poner severamente en duda es que se tratara de una rebelión como aquellas en las que el fusilamiento del enemigo entraba en consideración sin mayores escrúpulos. En este sentido, la Revolución de 1874 tuvo características particulares que la separan de otros alzamientos. Así, no fue un intento por imponer un diferente modelo socioeconómico o de afirmar alguna concepción central frente a un sector político diferente. Antes bien, ella fue consecuencia de enfrentamientos dentro de la élite misma del poder, sin que estuviera demasiado claro quién estaba de qué lado o por qué.65 Estas particularidades quedan expuestas gráficamente en las sospechas que se han generado en cuanto a que el propio Roca habría facilitado la fuga de su compadre y ocasional enemigo Arredondo, luego de su detención66 y a pesar de que Avellaneda había ordenado su fusilamiento.67 Como se ve, un destino muy diferente del corrido por el gaucho. Pero la desproporción de recurrir al fusilamiento del presunto espía también derivaba de razones puramente pragmáticas, que debieron haber llamado a una mayor reflexión al futuro general Roca.68 Pues, en definitiva, se estaba frente a la posibilidad de estar matando injustamente al enviado de un gobernador aliado, cuando el supuesto espionaje ya había quedado neutralizado y en condiciones en las que la veracidad de la versión del condenado podía corroborarse sin mayores dificultades, no ya matando al caballo como proponía Fotheringham, sino, en todo caso, aguardando al próximo contacto con Civit. Se trató, en definitiva, de un acto irracional desde todo punto de vista.69 65 Cf. Daghero, Coordenadas, Revista de Historia local y regional 1 (1), p. 139 s. Ampliamente, con relación a las dudas del propio Mitre, Cf. Miguez, Mitre Montonero: La Revolución de 1874 y las formas de la política en la organización nacional. 66 Según Sánchez (Julio A. Roca, p. 301), la versión habría provenido de los amigos Civit. También aparece en López Mato, 1874. Historia de la Revolución olvidada, p. 168 s. En palabras del Roca de Félix Luna: “Una noche de mediados de febrero de 1875, el prisionero fugó y días después apareció en Chile. Anduvo emigrado, se reincorporó con su grado amparándose en la ley de amnistía que dictó Avellaneda y siguió metiéndose en cuanto alboroto se armó, pero ya sin prestigio ni atracción. Respecto de su evasión, jamás contó cómo había sido o quién la había organizado. Yo tampoco”. 67 Así lo afirma Arce (Roca. Su vida. Su obra, p. 27), con referencias concretas de cómo el propio Roca habría organizado la fuga. 68 Al felicitarlo por el triunfo de Santa Rosa, Avellaneda escribió: “Lo saludo a Usted general de los Ejércitos de la República sobre el Campo de la victoria”, Cf. Sánchez, Julio A. Roca, p. 292 s., con amplio detalle, además, de los festejos subsiguientes. 69 A ello podrían sumarse razones “emocionales”, vinculadas con la significación que la clemencia y la conmutación de la pena de muerte tenían en la historia personal de Roca. Según recuerda Leopoldo Lugones en su obra inconclusa sobre Roca (Roca, Comisión Nacional Monumento al Teniente General Roca, p. 75), en 1836, luego de la derrota del alzamiento del general unitario Javier López por el gobernador federal Heredia en Famaillá, los vencidos —entre ellos, el padre de Roca— fueron condenados a muerte. López fue efectivamente ejecutado. Entonces, Agustina Paz —madre de Roca— impetró y obtuvo de Heredia el indulto para su novio, ya en capilla.
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VIII. Palabras finales Con esta breve crónica he intentado mostrar cuán adecuado es uno de los tantos ejemplos con los que Marcelo Sancinetti, de modo incansable, ha intentado trasmitir a sus estudiantes los valores del estado de derecho. Se trata de un relato que no solo ilumina con particular intensidad el sentido y fin del respeto de los principios. Además, en él se exhibe la indiferencia con la cual suelen ser tratados casos como este y, en especial, el brusco contraste con el destino de quienes tuvieron en sus manos decidirlo. Un contraste que —imagino— no sorprenderá al homenajeado. Valga este aporte como muestra de la admiración y el afecto de su esposa en este 70.8 cumpleaños. Bibliografía Arce, José: Roca. Su vida. Su obra, Buenos Aires 1960. Burow, Patrick: Das Lexicon der Justiz, Colonia 2013. Caimari, Lila: Castigar civilizadamente. Rasgos de la modernización punitiva en la Argentina (1827 – 1930), en: Sandra Gayol/Gabriel Kessler (ed.), Violencias, Delitos y Justicias en la Argentina, Buenos Aires 2002, p. 141 – 169. Calamandrei, Piero: Il giudice e lo storico, Rivista di diritto processuale civile, Padua 1939, XVII – XVIII, p. 105 – 128. Daghero, Sergio: Las facciones y las armas: la Revolución de 1874 en Córdoba y Cuyo, Coordenadas, Revista de Historia local y regional 1 (1), 2014, p. 118 – 142. De Marco, Miguel Ángel: Pioneros, Soldados y Poetas de la Argentina, Buenos Aires 2014. del Mármol, Florencio: Revolución de septiembre de 1874, Buenos Aires 1876. Demandt, Alexander: Los grandes procesos de la historia, Barcelona 2000. Duce, Mauricio: Condena de inocentes y litigación en juicio oral: resultados de una investigación empírica sobre reconocimiento oculares y prueba pericial, Sistemas judiciales 21 (2018), p. 16 – 29. Dunkel, Barbara/Kemme, Stefanie: Fehlurteile in Deutschland: Eine Bilanz der empirischen Forschung seit fünf Jahrzehnten, NK 2 (2016), p. 138 – 155. Ferrajoli, Lugi: Derecho y razón, Madrid 1995. Fotheringham, Ignacio H.: La vida de un soldado. Reminiscencias de las fronteras, Buenos Aires 1999. Frisch, Wolfgang: Freie Beweiswürdigung und Beweismaß, en: Alexander Bruns/Christoph Kern/Joachim Münch/Andreas Piekenbrock/Astrid Stadler/Dimitrios Tsikrikas (eds.), Festschrift für Rolf Stürner zum 70. Geburtstag, 1. Teilband Deutsches Recht, Tubinga 2013, p. 847 – 874. Frister, Helmut: Schuldprinzip, Verbot der Verdachtstrafe und Unschuldvermutung als materielle Grundprinzipien des Strafrechts, Berlín 1986.
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V. Kriminologie und internationale Kriminalpolitik
Rechtsraum der Europäischen Union, Unionsbürgerschaft und Auslieferung von EU-Bürgern Betrachtungen aus spanisch-deutscher Perspektive* Von Manuel Cancio Meliá
I. Einleitung Marcelo A. Sancinetti ist außerhalb seiner argentinischen Heimat vor allem für seine Beiträge zu verschiedenen Grundfragen der Verbrechenslehre bekannt, ein Gebiet, auf dem sein markantes eigenständiges dogmatisches Profil in mehreren umfassenden und tiefschürfenden monographischen Beiträgen in spanischer und deutscher Sprache dazu geführt hat, dass mit seinem Namen weit über seinen persönlichen Wirkungsbereich als Dozent und Teilnehmer an akademischen Veranstaltungen hinaus eine Figur identifiziert wird, die in Lehre und Forschung bei mehreren Grundlagenthemen einen unerlässlichen Bezugspunkt darstellt.1 Neben seinen Untersuchungen zur Normtheorie, zur subjektiven Tatseite, zum Unrechtsbegriff, zur objektiver Zurechnung, zur Beteiligungslehre oder zu Versuch und Rücktritt hat Sancinetti aber auch zwei andere Arbeitsgebiete, strafrechtliche Genres wenn man so will, bearbeitet. Einerseits – in Argentinien viel beachtet – hat er zweitens mehrere – sit venia verbo – gutachterliche Radikal-extrem-Fallbearbeitungen veröffentlicht, in der wichtige Strafrechtsfälle des Landes mit mikroskopischer Präzision dogmatisch und verfahrensrechtlich einer regelrechten Dissektion unterzogen wurden. Andererseits sind in dem bisherigen Werk unseres Jubilars drittens auch mehrere Untersuchungen vorzufinden, deren Fluchtpunkt in einer rechtspolitischen Motivation zu finden ist, bei denen verschiedene Elemente des argentinischen Strafgesetzbuches kriminalpolitischer Kritik unterzogen und insbesondere der rechtsstaatliche Übergang nach der Militärdiktatur zu einem Verfassungsregime in Argentinien bearbeitet werden (auch aus der Perspektive der strafrechtlichen Behandlung der massiven Verbre* Ich danke meinem Sohn, stud. iur. Jaime Cancio Fernández (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.), für seine Hilfe bei der Darstellung der deutschen Rechtslage. 1 Es ist auch dieses Gebiet der Dogmatik der Straftat, auf dem der Verf. glaubt, von unserem Jubilar vor fast dreißig Jahren einige wichtige Grundlagen des strafrechtswissenschaftlichen Handwerks gelernt zu haben (wobei ja dieser Glaube, d. h. daran, etwas von ihm gelernt zu haben, in der dogmatischen Welt Sancinettis nicht relevant ist, da „[…] nur der Nachgeschmack eines animistischen Weltverständnisses den Kult des Erfolgs[un]wertes zu erklären vermag“ [Sancinetti, 1991, S. 135], also hier nur zählt, dass tatsächlich gelehrt wurde).
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chen gegen die Menschenrechte durch Mitglieder von Staatsorganen, ein Gebiet, auf dem Sancinettis Veröffentlichungen Pionierwert haben). Der Dogmatiker Sancinetti ist vom Rechtspolitiker Sancinetti nicht zu trennen, der Gedanke eines rechtsstaatlichen Strafrechts eine Einheit, nicht in Technik und Politik aufzuspalten, wie er uns erinnert (als Fazit seiner monographischen Kritik an der argentinischen Verdachtsstraftat der „ungerechtfertigten Bereicherung“ von Amtsträgern): „Zurück zu den elementaren Grundsätzen des Rechtsstaates. Achtung der verfassungsrechtlichen Garantien, die seit der Französischen Revolution und bis heute gemeinsames Erbe der zivilisierten Völker sind.“2 Vielleicht mag es angesichts dieser Vielschichtigkeit von Sancinettis Werk angehen, dass in einem Beitrag zu einem zu seinem Ehren herausgegebenen Buch eine Frage untersucht wird, bei der es nicht um die Verbrechenslehre, sondern um die Verteidigung bzw. den Aufbau des (strafrechtlichen) Rechtsstaats geht: Gibt es in der Europäischen Union in Auslieferungssachen eine (strafrechtliche) Unionsbürgerschaft oder bestimmen unter der Proklamation von hehren Unionszielen handfeste Interessen der Mitgliedsstaaten die Richtung der Rechtsprechung? Wie hier im knappen vorliegenden Rahmen kursorisch festzustellen sein wird, sind sowohl Konvergenzen (unten II.) als auch (quasi unterirdische) Divergenzen (III.) festzustellen, wie dies am Beispiel der deutschen und spanischen Rechtsordnung verdeutlicht werden soll. Das Fazit (IV.) ist, dass hier noch viel kriminalpolitische Energie benötigt werden wird, um dem heute schon formulierten Anspruch zu genügen.
II. Konvergenzen 1. Trotz Brexit und sonstigen unionsfeindlichen, nationalistischen politischen Strömungen, trotz gelegentlicher Unstimmigkeiten wie in der Affäre Puigdemont3, scheint die Wucht des rechtlichen Zusammenwachsens der Europäischen Union auch das Strafrecht vollständig erfasst zu haben. Auf dem Gebiet des materiellen Rechts ist das Gewicht der EU-Harmonisierungsvorgaben auf neuen, aber auch auf traditionellen Regelungsgebieten enorm;4 sie prägen die Tatbestände in vielen Bereichen entscheidend. Auch im Strafverfahrensrecht sind über die vereinheitlichende Wirkmacht der Rechtsprechung des EGMR hinaus spezifische Konvergenzlinien der EU auszumachen; insbesondere bedeutet die Einrichtung einer EU-Staatsanwaltschaft (wie begrenzt auch die Zuständigkeiten sein mögen) eine institutionelle
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Sancinetti, 1994, S. 126. Die unter den spanischen Strafrechtlern, die sich dazu geäußert haben, mehrheitlich auf Unverständnis gestoßen ist; vgl. nur Arroyo Zapatero, 2018, S. 13 ff.; a.A. z. B. Cancio Meliá, „Lo que mal empieza …“, El País v. 12. 7. 2018, https://elpais.com/elpais/2018/07/12/opinion/ 1531423992_793847.html. 4 S. zum Beispiel zum Terrorismus für alle Galli, 2016, S. 400 ff., 412 ff. 3
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Sichtbarmachung der strafrechtlichen Konvergenz:5 Das Programm des Art. 3 Abs. 2 EUV, also: „Die Union bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen, in dem – in Verbindung mit geeigneten Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, das Asyl, die Einwanderung sowie die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität – der freie Personenverkehr gewährleistet ist“, scheint die Sphäre der bloßen Erklärungen zu verlassen und allmählich eine Realität zu werden, die Fleisch an die Knochen der Rede von der „Unionsbürgerschaft“ in der so wesentlichen Form eines gemeinsamen Grundrechtsstatuts im Strafverfahren zu heften vermag. 2. Auch auf dem Gebiet des Auslieferungsrechts6 scheint ein Zusammenwachsen der EU-Strafrechtsordnungen festzustellen sein, das einen besonderen Status von 5
Vgl. für alle jüngst Caiero/Amaral Rodrigues, 2020, S. 82 ff. Das spanische Auslieferungsrecht wird, was die hier relevante Konstellation der an Spanien gerichteten Auslieferungsbegehren angeht, seit 1985 durch das Auslieferungsgesetz (Ley 4/1985 v. 21.3., de extradición pasiva, LEP) geregelt. Das LEP trat 1985 nach dem Beitritt Spaniens in das EuAlÜbk in Kraft und orientiert sich ausdrücklich an dessen Regelungsmodell (so ausdrücklich in der Vorrede der Gesetzesbegründung zum LEP). Das LEP stellt außerdem die notwendige Anpassung der entsprechenden Vorschriften an ein verfassungsrechtlich und rechtsstaatlich legitimiertes Normenwerk im Einklang mit der spanischen Verfassung von 1978 sicher und löste das aus der Diktatur unter General Franco stammende Auslieferungsgesetz aus dem Jahr 1958 ab. In diesem Zusammenhang wurde insbesondere in Bezug auf die möglichen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen im Verlaufe des Auslieferungsverfahrens ein gerichtliches Verfahren eingeführt, da im neuen verfassungsmäßigen Rahmen ein Freiheitsentzug stets gerichtlicher Prüfung zugänglich sein muss. Allerdings wird das LEP nicht als Strafgesetz – das heißt als die staatliche Strafgewalt kanalisierende Norm – aufgefasst, sondern als rein verfahrensrechtliche Vorschrift. Dies bedeutet nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung in der Praxis vor allem, dass einerseits das Rückwirkungsverbot nicht greift, sondern die jeweils geltende Normfassung zur Anwendung kommen muss (nach der Regel tempus regit actum) und andererseits, dass hier der Anklagegrundsatz nicht zu beachten ist, das heißt, dass das entscheidende Gericht nicht an die Position der Staatsanwaltschaft gebunden ist (also konkret auf Gewährung der Auslieferung erkennen kann, auch wenn sich die Staatsanwaltschaft gegen diese ausgesprochen hat; vgl. z. B. Bautista Samaniego/Boye Tuset, 2012, S. 9 f. mit weiteren Nachweisen). Von besonderer Bedeutung ist ebenfalls der Umstand, dass nach Art. 1 Abs. 1 LEP die von den von Spanien eingegangenen internationalen Abkommen vorgesehenen Normen vorrangig angewendet werden, so dass ein jeweiliges bilaterales Übereinkommen oder – vor allem – das EuAlÜbk bezüglich der Unterzeichnerstaaten die primäre Rechtsquelle darstellt und im Konfliktfall vor der spanischen Gesetzesnorm zur Anwendung kommt (s. für alle García Sánchez, 2005, S. 77 ff., 84 ff.). Das LEP folgt den im westlichen Rechtsraum allgemein anerkannten Grundsätzen: Es gelten das Legalitätsprinzip (die Straftat, aufgrund deren das Auslieferungsbegehren formuliert wird, muss gesetzlich vorgesehen sein; Art. 1 und 2 LEP), der Spezialitätsgrundsatz (der auszuliefernde Bürger darf nur wegen den im Begehren formulierten Straftaten vor Gericht gestellt werden; Art. 21 LEP), der Normidentitätsgrundsatz (auch: „doble incriminación“, doppelte Strafbarkeit: der die Auslieferung begründende Sachverhalt muss sowohl im das Auslieferungsbegehren formulierenden Staat und in Spanien strafbar sein, Art. 2 LEP), der Grundsatz der Nichtauslieferung wegen politischen Straftaten (Art. 4.3 und 4.5 LEP, allerdings unter ausdrücklichem Ausschluss von Terrorismusstraftaten – was schon in der spani6
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Unionsbürgern festlegt. Auf diesem Gebiet legen die besondere Nähe und Dichte der Beziehungen der EU-Mitgliedsstaaten im europäischen Rechtsraum – kurz: der nicht mehr international-völkerrechtliche, sondern supranational-quasibundestaatliche Verbund der EU-Länder – es nahe, EU-Bürger jeweils wie eigene Staatsbürger in Auslieferungssachen zu behandeln. In der spanischen Rechtsprechung hatte ursprünglich das zuständige Plenum des Strafsenats des Nationalgerichtshofes (Audiencia Nacional, AN) eine Auslegung etabliert, nach der „vorerst“ diese Gleichstellung nicht möglich sei, da ihr der Wortlaut des Gesetzes und auch vieler bilateraler Auslieferungsabkommen entgegenstehe.7 Auch die deutsche höchstrichterliche (Verfassungs-)Rechtsprechung lehnte eingangs eine Gleichstellung von Deutschen und EU-Bürgern in Auslieferungssachen ab und gab der Auslieferung von Unionsbürgern an Drittstaaten statt.8 Diese Auslegungen sind heute aber als überholt anzusehen: die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes im Fall Petruhhin9 hat auf der Grundlage des EU-Rechts auf Freizügigkeit (Art. 18 Abs. 1 und 21 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV] und Art. 19 der Charta der Grundrechte der EU) zwar festgestellt, dass ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet ist, alle Unionsbürger, die sich in seinem Hoheitsgebiet aufhalten, in gleichem Maß vor Auslieferung zu schützen wie seine eigenen Staatsangehörigen, aber doch vor einer Auslieferung den Informationsaustausch mit dem Herkunftsmitgliedstaat des Bürgers suchen und diesem Staat Gelegenheit geben muss, die Übergabe des Bürgers zu Verfolschen Verfassung [Constitución Española, CE] in Art. 13.3 formuliert wird – und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord oder Anschlägen auf das Leben eines Staatsoberhauptes oder dessen Angehörigen), unter Einschluss jener Fälle, bei denen das Auslieferungsbegehren sich auf nicht politische Delikte bezieht, aber ein „begründeter Anlass“ zur Annahme vorliegt, dass es sich in Wirklichkeit um eine unzulässige Verfolgung aus politischen Gründen handelt (Art. 5.1 LEP, der den Wortlaut von Art. 3.2 EuAlÜbk wiedergibt: wenn das Ersuchen „wegen einer nach gemeinem Recht strafbaren Handlung gestellt worden ist, um eine Person aus rassischen, religiösen, nationalen oder auf politischen Anschauungen“ basierenden Gründen zu verfolgen), sowie wegen rein militärischer Delikte (Art. 4.4 LEP). Weiter der Grundsatz der Wahrung der Menschenrechte (keine Auslieferung bei Gefahr der Vollstreckung der Todesstrafe oder menschenunwürdiger Behandlung, Art. 4.6 LEP, keine Auslieferung bei Anerkennung von Asyl des Verfolgten, Art. 4.8 LEP), das Prinzip der Nichtauslieferung bei Verjährung nach dem Recht des das Begehren formulierenden Staates oder Spaniens (Art. 4.4 LEP) und das Prinzip der Nichtauslieferung auf der Grundlage des ne-bis-in-idem-Grundsatzes (Rechtskraft, Art. 4.5 LEP). 7 Auto (Beschluss) de la Audiencia Nacional (Pleno de la Sala de lo Penal), AAN (Pleno) 48/2011 v. 7.11. 8 Noch 2014 lehnte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschl. v. 17. 2. 2014 – 2 BvQ 4/14) einen Antrag gegen die vom OLG Frankfurt a. M. beschlossene Auslieferung eines italienischen Staatsbürgers an die USA ab. Anders als der AN argumentierte es primär mit der Nichtanwendbarkeit des EU-Rechts auf den Auslieferungsverkehr mit Drittstaaten. Nach Auffassung des Gerichts bestand in der Auslieferung eines EU-Bürgers somit kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. 9 EuGH [große Kammer] v. 6. 9. 2016 C-182-15.
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gungszwecken zu beantragen. Eine unmittelbare Auslieferung eines EU-Bürgers an den Drittstaat ist also nach heute geltender Auslegung des EU-Rechts durch den EuGH und demzufolge nach spanischem und deutschem Recht nicht mehr möglich, ein Stück Unionsbürgerschaft geschaffen. Auch bei der Auslieferung eines EU-Bürgers zu Strafvollstreckungszwecken ist ein differenzierter Status von Unionsbürgern auszumachen. Nach dem EuGH10 dürfen EU-Bürger, die im Inland ihren ständigen Aufenthalt haben, auch nicht ausgeliefert werden, da ihnen genau wie eigenen Staatsangehörigen das Recht zusteht, die Strafe im Inland (in dem sie sich befinden) zu verbüßen.11 3. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Nichtauslieferung auf der Grundlage des ne-bis-in-idem-Grundsatzes (Rechtskraft) (Art. 4.5 LEP und Art. 9.2 EuAlÜbk) zu verweisen. Nach Art. 4.5 des spanischen LEP darf der Verfolgte nicht ausgeliefert werden, wenn er in Spanien einem Strafverfahren unterzogen worden ist oder noch gegenwärtig in einem solchen steht. Wenn Spanien auf die Strafverfolgung verzichtet hat, ohne dass dies mit einer endgültigen Einstellungsentscheidung (nach spanischem Strafverfahrensrecht: mit einer endgültigen Einstellung, sobreseimiento libre, d. h. einem rechtskräftigen Einstellungsbeschluss des das Ermittlungsverfahren leitenden Untersuchungsrichters) geschehen ist, kann die Auslieferung aber doch erfolgen. Die Auslegung des ne-bis-in-idem-Grundsatzes durch das spanische Verfassungsgericht ist relativ begrenzt: in der Praxis bedeutet sie nur ein Übermaßverbot, das heißt ein Verbot einer Doppelbestrafung bei mehreren Verurteilungen.12 Allerdings ist die Lage im Rechtsraum der EU anders: im Rahmen des Übereinkommen zur Durchführung des Schengener Abkommens (Schengener Durchführungsübereinkommen, SDÜ) bedeutet die engere Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten eine weitreichende Anerkennung der Entscheidungen der Vertragspartner: Nach Art. 54 SDÜ gilt: „Wer durch eine Vertragspartei rechtskräftig abgeurteilt worden ist, darf durch eine andere Vertragspartei wegen derselben Tat nicht verfolgt werden, vorausgesetzt dass im Fall einer Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaats nicht mehr vollstreckt werden kann.“ Bezüglich der gerichtlichen Auslegung von Art. 54 SDÜ im Zusammenhang mit Art. 50 der EU-Grundrechtscharta und Art. 4.5 LEP und Art. 9.2 EuAlÜbk im Zusammenhang mit der Einstellung des Verfahrens stellt in der spanischen Rechtsprechung der Beschluss AAN (sección 4a) v. 14. 1. 2013, soweit ersichtlich, den wichtigsten Präzedenzfall dar.13 In dem genannten Beschluss interpretiert der AN die ein10
EuGH Urt. v. 13. 11. 2018 – RS C 247/17 (Raugevicius). Vgl. Böhm, NStZ 2019, 256 (261 f.). 12 Vgl. nur Bautista Samaniego/Boye Tuset, 2012, S. 64 ff. 13 Da es sich um eine Entscheidung der 4. Spruchkammer handelt, bei der die Auslieferung (an die Ukraine) abgelehnt wurde und die Staatsanwaltschaft kein Rechtsmittel einlegte, ge11
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schlägigen Normen im Sinne einer „europäischen Rechtskraft“, nach der – unter Berufung auf die Entscheidungen des EuGH v. 11. 3. 2003, C-187/01 und C-385/01 und v. 9. 3. 2006 C-436/04 – Art. 54 SDÜ auch auf Einstellungsentscheidungen der Staatsanwaltschaft eines der Partnerstaaten auszudehnen sei. Dies auf der Grundlage des EU-Rechts auf Freizügigkeit und zur Vermeidung einer wiederholten Verfolgung durch einen Drittstaat in verschiedenen Mitgliedsstaaten (also einer Art – sit venia verbo – Strafverfolgungs-forum-shopping). Diese Auslegung ist möglich, weil sich in diesem Fall die Kammer nach Prüfung der im ersuchten Staat, Österreich, vorgenommenen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft entschieden hat, sie trotz der fehlenden Intervention eines Gerichtsorgans – die Einstellung hat nach spanischem Strafverfahrensrecht durch einen begründeten und anfechtbaren richterlichen Beschluss des Ermittlungsrichters zu erfolgen – und fehlender ausführlicher Begründung der spanischen endgültigen sobreseimiento libre durch Beschluss des Untersuchungsrichters gleichzustellen. Dergestalt wird der Grundsatz etabliert, über den Wortlaut von Art. 54 SDÜ und Art. 9.2 EuAlÜbk hinaus eine materielle Betrachtung der im Partnerstaat vorgenommenen Untersuchung, die zur Einstellung führte, zu ermöglichen. Demzufolge muss nach dieser Entscheidungslinie eine (eingehende) staatsanwaltschaftliche Ermittlung durch einen EU-Staat als eine europäische Rechtskraft auslösende, im Sinne des ne-bis-in-idem-Grundsatzes anzuerkennende Strafverfolgung betrachtet werden – ein neuer Baustein in einem spezifischen EU-Bürgerstatus.
III. Divergenzen Wie oben angekündigt, soll nun die Praxis in Deutschland und Spanien kurz bezüglich einiger der hier relevanten Auslieferungsverweigerungsgründe beleuchtet werden, bei denen festzustellen ist, dass das Etablieren von gemeinsamen Standards trotz aller Beteuerungen noch in weiter Ferne ist – und dies, obwohl es um Werte geht (Schutz vor politischer Verfolgung unter dem Vorwand eines Strafverfahrens), die die europäische Identität auf besonders intensive Art und Weise widerspiegeln. Dazu wird zunächst die entsprechende Vorschrift kurz dargestellt und dann die für den hier interessierenden Sachverhalt der Auslieferung eines EU-Bürgers an einen Drittstaat bestehende Rechtsprechung untersucht. 1. Ausgangslage: Nichtauslieferung von Staatsbürgern und von Bürgern anderer EU-Mitgliedsstaaten a) Nach spanischem Recht gilt wie schon angemerkt der Grundsatz der Nichtauslieferung von spanischen Bürgern (Art. 3 LEP). Dieser kommt aber nur dann zum langte die Sache nicht vor das Plenum des AN. Trotzdem kann davon ausgegangen werden, dass die bezogene Position auf Linie mit der künftigen Rechtsprechung des AN sein wird.
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Tragen, wenn die entsprechende völkerrechtliche Vorschrift nichts anderes vorsieht, auch wenn darin die Auslieferung von Bürgern nur fakultativ möglich ist, da nach Art. 1 Abs. 1 LEP die von den von Spanien eingegangenen internationalen Abkommen vorgesehenen Normen vorrangig angewendet werden, so dass ein jeweiliges bilaterales Übereinkommen oder – vor allem – das EuAlÜbk bezüglich der Unterzeichnerstaaten die primäre Rechtsquelle darstellt und im Konfliktfall vor der spanischen Gesetzesnorm zur Anwendung kommt.14 Dementsprechend gilt das Auslieferungsverbot von Bürgern nach heute überwiegender Lehre und Rechtsprechung für Spanien im Rahmen des EuAlÜbk nicht, da Spanien keinen Vorbehalt im Sinne des Art. 6.1.a) EuAlÜbk formuliert hat und die Rechtsprechung der zuständigen Kammern am AN sich in diese Richtung entwickelt hat und vom Verfassungsgericht gutgeheißen worden ist, da im Rahmen des EuAlÜbk – es sei denn, wie offensichtlich ist, die betreffende Vertragspartei hat einen entsprechenden Vorbehalt nach Art. 6.1.a) EuAlÜb formuliert – eine „volle Reziprozität“ gegeben sei.15 Diese grundsätzliche Entscheidung wird aber in der Praxis insbesondere im Wirkungsbereich des EuAlÜbk und bei entsprechender Regelung in einem bilateralen Abkommen entscheidend durch die vorrangige Anwendung der völkerrechtlichen Normen relativiert. Die heute herrschende Lehre und überwiegende Rechtsprechung gehen davon aus, dass die Auslieferung in diesem Zusammenhang rechtens ist. b) Grundsätzlich dürfen auch deutsche Staatsangehörige gem. Art. 16 Abs. 2 S. 1 GG nicht an das Ausland ausgeliefert werden. Allerdings sieht Abs. 2 S. 2 einen Gesetzesvorbehalt für die Auslieferung an Mitgliedstaaten der EU und internationale Gerichtshöfe vor. Dies gilt jedoch nicht für andere völkerrechtliche Verträge, die nicht unter S. 2 fallen.16 Auf dieser Grundlage regelte der Gesetzgeber im § 80 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) die Auslieferung Deutscher. Die Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung ist nur zulässig, wenn die Garantie besteht, dass der Verurteilte auf seinen Wunsch die ggf. verhängte Strafe in Deutschland verbüßen darf. Die Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung kann nur mit der Zustimmung des Verfolgten deutschen Staatsbürgers erfolgen, da dem Verurteilten das Recht eingeräumt wird, die Strafe in Deutschland zu verbüßen.17 2. Nichtauslieferung bei politischer Verfolgung a) Was die spanische Regelung angeht, werden unter dem Sammelbegriff der „politischen Verfolgung“ hier als Auslieferungsverweigerungsgründe sowohl politische 14
S. für alle García Sánchez, 2005, S. 77 ff., 84 ff. Vgl. z. B. Bellido Penadés, 2001, S. 102 ff., 105 ff.; Bautista Samaniego/Boye Tuset, 2012, S. 37 f., 50. 16 Maaßen, in: BeckOK GG, 41. Ed. (15. 2. 2018), GG Art. 16 Rn. 31 f. 17 Inhofer, in: BeckOK StPO, 35. Ed. (1. 10. 2019), IRG § 80 Rn. 3. 15
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Straftaten im engeren Sinne (Art. 4.1 LEP) als auch Straftaten des gemeinen Rechts, bezüglich derer ein begründeter Anlass zur Annahme besteht, dass sie eine politische Verfolgung kaschieren sollen (Art. 5.1 LEP), zusammengefasst. Ebenfalls in diesen Kontext gehört das Auslieferungsverbot, wenn der Verfolgte vor ein „Ausnahmegericht“ geladen werden wird (Art. 4.6 LEP). Dieses zweiteilige Modell weist die Bewertung einer Verfolgung als „politisch“ auch in Deutschland auf. Während § 6 Abs. 1 IRG die Auslieferung wegen politischer Straftaten im engeren Sinne verbietet, untersagt Abs. 2 die Auslieferung bei Bestehen ernstlicher Gründe für die Annahme politischer Verfolgung, worunter auch Anklagen wegen Straftaten des gemeinen Rechts fallen.18 Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der spanischen Besonderheit zu, ausdrücklich – nach Maßgabe von Art. 13.3 CE – die Terrorismusstraftaten von dem Begriff der „politischen Straftat“ auszunehmen (Art. 4.1 LEP). Spanien hat dementsprechend auch einen Vorbehalt bezüglich Art. 3 EuAlÜbk formuliert. Dies entspricht der besonderen neueren spanischen Geschichte, in der die terroristischen Aktivitäten der baskischen Separatistenorganisation ETA bis vor wenigen Jahren eine in anderen westlichen Ländern unbekannte Intensität und Dauer entwickelten.19 Demzufolge war es auch eine Priorität spanischer Außenpolitik,20 auf der internationalen Ebene keine politische Interpretation/Legitimation der ETA – die ihre Tätigkeit noch während der nationalkatholischen Diktatur begann – zuzulassen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist insbesondere zu bedenken, dass im Jahre 2015 eine umfassende Novellierung der Terrorismusstraftaten21 im spanischen Strafgesetzbuch (Código Penal, CP) in Kraft getreten ist, die den bislang geltenden Terrorismusrechtsbegriff sehr erheblich ausweitet (neuer Art. 573.1 CP). Terrorismus um18
Böhm NStZ 2019, 262. Vgl. hierzu Cancio Meliá JjurZG 1/2009, 15 ff. 20 Im Zusammenhang mit der Festnahme eines türkisch-deutschen Bürgers, der von der Türkei wegen Terrorismus zur Fahndung ausgeschrieben worden war, äußerte der sozialdemokratische Abgeordnete López Amor in diesem Sinne bei einer parlamentarischen Anhörung (die Regierung wurde von der konservativen Partido Popular gestellt) den Verdacht, mittels eines Missbrauches des red-notice-Verfahrens der Interpol finde eine nicht transparente, faktische Kooperation der spanischen Regierung mit verschiedenen Staaten statt, insbesondere lasse sich Spanien so im Unterschied zu anderen EU-Mitgliedsstaaten (Griechenland, Italien) „zum Büttel von Herrn Erdogan“ machen (s. Diario de Sesiones del Congreso de los Diputados Nr. 308, 4. 9. 2017, S. 17), während der Abgeordnete der Linkspartei Podemos Bustinduy vom Minister eine Garantie verlangte, die zwei Festgenommenen nicht auszuliefern (s. Diario de Sesiones del Congreso de los Diputados Nr. 308, 4. 9. 2017, S. 16). Bei der Beantwortung dieser Wortmeldungen wollte sich der damalige Außenminister Dastis nicht festlegen, verwies auf eine in der EU zu führende Diskussion der Problematik und gab als mögliche Gründe für die Lage einen gewissen Automatismus und eine „besondere Sensibilität“ Spaniens bezüglich des Terrorismus an (s. Diario de Sesiones del Congreso de los Diputados Nr. 308, 4. 9. 2017, S. 27). Nach Abschluss des Auslieferungsverfahrens verweigerte die Regierung die Auslieferung an die Türkei im Rahmen ihres Ermessens (https://elpais.com/politica/2017/10/13/actua lidad/1507894075_985629.html). 21 Vgl. Cancio Meliá ZIS 11/2015, 537 ff., 542 f.; ders., 2019, S. 159 ff. 19
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fasst nun „alle Straftaten gegen das Leben, die Freiheit, die moralische Integrität, die sexuelle Selbstbestimmung, das Vermögen, die Umwelt, die öffentliche Gesundheit, schwerwiegende Gefährdungsdelikte, Brandstiftung, Straftaten gegen die Krone, Widerstand gegen die Staatsgewalt, unerlaubten Besitz von Waffen oder Sprengstoffen“ sowie die widerrechtliche Übernahme von Personen- oder Gütertransportmitteln, solange sie eine der folgenden Zielsetzungen verfolgen: „1. Untergrabung der verfassungsmäßigen Ordnung, oder Abschaffung oder schwerwiegende Destabilisierung der politischen Institutionen oder der wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Strukturen des Staates, oder die Nötigung der staatlichen Institutionen, eine Handlung auszuführen oder zu unterlassen; 2. schwerwiegende Beeinträchtigung des öffentlichen Friedens; 3. schwerwiegende Destabilisierung der Funktion einer internationalen Organisation; 4. Hervorrufung einer Verängstigung der Bevölkerung oder eines Teils derselben.“
Zusätzlich werden auch die Straftaten des unbefugten Zugangs zu einem Informationsverarbeitungssystem, der Besitz von entsprechenden Programmen oder Zugangscodes oder die Unterbrechung eines Informationsverarbeitungssystems (neuer Art. 573.2 CP) und die schwerwiegenden Straftaten gegen die öffentliche Ordnung (die unter anderem auch die „Gewalt gegen Sachen“ oder die Drohung, solche zu verwenden, umfasst; neuer Art. 573 bis 4. CP) als mögliche Terrorismusdelikte aufgeführt. Bei dieser Definition sind mehrere Regelungsmodelle ohne eine einheitliche Leitlinie benutzt worden, wobei das Entscheidende darin liegt, dass die verschiedenen tatbestandlichen Zielsetzungen alternativ vorliegen können, das heißt, dass der Terrorismusbegriff nach spanischem Strafrecht nun sehr weit über den Kern der politisch motivierten Gewalt gegen Menschen ausgedehnt wird. Für den hier relevanten Bereich bedeutet dies also, dass bei der Feststellung der Strafbarkeit einer ein Auslieferungsbegehren begründenden Terrorismusstraftat nach dem normativen Identitätsgrundsatz („doppelte Strafbarkeit“) die spanische Regelung22 auch die Akzeptanz sehr weiter Definitionen von Terrorismus des das Auslieferungsbegehren formulierenden Staates zulässt und dementsprechend die Annahme einer politischen Straftat als Auslieferungsverweigerungsgrund ausschließt.23 Der Ausschluss der Auslieferung, wenn ein Verfahren vor einem „Ausnahmegericht“ (Art. 4.6 LEP) im dem das Ersuchen formulierenden Staat stattfinden soll, folgt aus dem Grundrecht auf den gesetzlich vorherbestimmten Richter. Gerichte mit besonderen Zuständigkeitsbereichen wie etwa den für Mafiaverfahren in Ita22
Zu den (vorerst nicht zahlreichen) Fällen in Spanien, in denen eine übereifrige Staatsanwaltschaft den neuen weiten Terrorismus„begriff“ missbraucht hat, indem sie z. B. das Sperren einer Autobahn im gegenwärtigen Konflikt in Katalonien oder eine (leichte) Körperverletzung eines Polizeibeamten in Navarra als Terrorismusdelikte hat verfolgen wollen, vgl. nur Cancio Meliá/Díaz López, 2019, S. 151 f. mit Fn. 118. 23 Bezüglich der Türkei beispielsweise hat die Grundsatzentscheidung des AN in AAN (Pleno) 176/2016 v. 11. 3. 2016 eine Ablehnung des Auslieferungsgesuches auf der Grundlage von Art. 4.1 LEP verweigert und u. a. damit begründet, die Organisation PKK – der der Verfolgte angehören sollte – sei von der EU als terroristische Gruppierung eingeordnet worden.
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lien zuständigen Gerichtsorganen stellen nach der Rechtsprechung des spanischen Verfassungsgerichts (Tribunal Constitucional, TC) keine Beeinträchtigung dieses Grundrechts dar und werden nicht von der Ausschlussnorm erfasst.24 Abgesehen von der Frage der Terrorismusstraftaten ist bezüglich der Rechtsprechung des AN in Sachen „politische strafbare Handlung“ festzustellen, dass diese sich – wie in anderen Rechtsordnungen auch – in den letzten Jahrzehnten immer weiter von der ursprünglich dominierenden sog. subjektiven Doktrin entfernt hat (also von der Auffassung, die politische Straftat werde vor allem von der politischen Motivation des Täters bestimmt) und zu einem unklaren (objektiv bestimmten) Verständnis von politischer Straftat führt, bei der es schwierig wird, angebliche Straftaten (nach Angaben des die Auslieferung begehrenden Staates) von der (nach unserem Verfassungsverständnis) alltäglichen Ausübung von politischen Rechten zu unterscheiden. Eine wirklich konsistente Rechtsprechungslinie zu der Problematik lässt sich nicht feststellen:25 Die immer weiter verstandenen Ausnahmen dominieren, die „politische Straftat“ ist als Auslieferungsverweigerungsgrund weitestgehend verschwunden. Als Beispiel hierfür mag der Fall eines 2016 ergangenen Beschlusses des AN dienen,26 bei dem es um ein Auslieferungsbegehren bezüglich eines spanisch-kolumbianischen Doppelbürgers seitens der Republik Kolumbien ging, dem die Mitgliedschaft in einer aufständischen Guerrillagruppe und verschiedene Straftaten in diesem Rahmen vorgeworfen wurden. Der AN ließ die Einlassung, das Strafverfahren gegen den Verfolgten diene dem Ziel, den in diesem Land im Gange befindlichen Befriedungsprozess zu torpedieren (implizit also, es gehe um eine politische Straftat), unter Hinweis auf im Rahmen des bewaffneten Konflikts begangene Delikte gegen die Menschlichkeit nicht gelten, ohne den Begriff der politischen Straftat anzugehen.27 Bei der die Türkei betreffenden, bereits angeführten Grundsatzentscheidung des AN28 – es ging um ein Auslieferungsbegehren bezüglich eines PKK-Mitglieds – wurde ebenfalls schlicht festgestellt, es handele sich um kein politisches Delikt, wenn der Verfolgte einer Straftat gegen die öffentliche Ordnung beschuldigt worden sei (und, wie oben ausgeführt wurde, die betreffende Organisation PKK von der EU als terroristische Organisation betrachtet werde). 24
S. die Rechtsprechung zu dieser Frage bei Bautista Samaniego/Boye Tuset, 2012, S. 58 ff. Bezüglich der Türkei hat der AN in zuvor genanntem AAN (Pleno) 176/2016 v. 11. 3. 2016 entschieden, auch wenn die Ermittlungen von der Militärstaatsanwaltschaft geleitet worden seien, liege kein Fall des Art. 4.6 LEP vor, solange das Verfahren vor einem ordentlichen, gesetzlich vorherbestimmten Gericht geführt werden solle. 25 So schon García Sánchez, 2005, S. 361 ff., 369 ff., 384 ff. zur Lage im Jahre 2005, m.w.N. 26 AAN (Pleno) 73/2016 v. 12.12. 27 Ein ähnlich hoher Verfolgungsnachweisstandard wird zu derselben Frage („Verbirgt sich hinter der Straftat des gemeinen Rechts des Auslieferungsbegehrens eine politische Verfolgung?“) bezüglich der Ukraine in AAN (Pleno) 74/2016 v. 7.12. etabliert. 28 AAN (Pleno) 176/2016 v. 11. 3. 2016.
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b) Die Lage in der deutschen Rechtsprechung ist hier wesentlich anders: § 6 Abs. 2 IRG setzt die ernstliche Annahme politischer Verfolgung als Auslieferungshindernis fest, und diese „ernstliche Annahme“ unterliegt in der Praxis anderen, weiteren Feststellungskriterien als in Spanien. In diesem Sinne befasste sich z. B. das OLG Karlsruhe29 mit Straftaten mit politischem Bezug in der Türkei. Bei der Entscheidung bezüglich der Auslieferung eines mutmaßlichen PKK-Gehilfen formuliert der Senat die Befürchtung menschenrechtswidriger und erniedrigender Behandlung oder gar Folter durch die türkischen Behörden und verweigert auf dieser Grundlage die Auslieferung. Wie das BVerfG30 vorgibt, muss hier auf den Einzelfall abgestellt werden: Auch völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen durch den ersuchenden Staat sind nicht zu akzeptieren, wenn deren Einhaltung unter den konkreten Umständen fragwürdig erscheint. Es müssen laut BVerfG und EGMR31 gewichtige Gründe (EGMR: „substantial grounds“) für eine solche Annahme bestehen. So lehnte das BverfG die Anordnung einer Auslieferung an Russland durch das OLG Dresden ab,32 weil es bei Vorliegen von „Anhaltspunkten für die Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat“ keine Prüfung der Zusicherung vornahm. c) Für die dem Europarat angehörenden Staaten ist auch das europäische Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus (EuTerrÜbk) von Relevanz. Es verbietet die Auslieferung bei politischen Straftaten und legt fest, wann es sich bei Terrorismusstrafen nicht um solche handelt.33 Im Falle der zum Europarat gehörenden Türkei werden in diesem Zusammenhang Auslieferungsversuche abgelehnt, die an Straftaten anknüpfen, die gemäß EuTerrÜbk als politische Straftaten zu betrachten sind. Das OLG Karlsruhe entschied im eben genannten Fall über die Auslieferung an die Türkei eines mutmaßlichen Gehilfen der Terrororganisation TKP/ML. Dieser leistete im Auftrag der Organisation dessen Mitgliedern Hilfe durch Transport von Menschen und Material. Da er, so der Senat, weder mit Waffen andere Personen gefährdet hatte (Art. 1 lit. e EuTerrÜbk), noch nachgewiesener Weise seine Handlungen der Vorbereitung terroristischer Handlungen dienten (Art. 1 lit. f EuTerrÜbk), seien die vorgeworfenen Straftaten als politisch anzusehen. 3. Nichtauslieferung bei Gefahr unmenschlicher Behandlung a) Nach Art. 4.6 LEP darf die Auslieferung durch Spanien nicht erfolgen, wenn im das Auslieferungsbegehren formulierenden Staat die Todesstrafe vollzogen werden 29
OLG Karlsruhe (1. Strafsenat), Beschl. V. 29. 06. 2017 – Ausl. 301 AR 101/17. 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschl. v. 17. 5. 2017 – 2 BvR 893/17. 31 EGMR, Entsch. v. 7. 7. 1989 – 14038/88. 32 BverfG, Beschl. v. 13. 11. 2017 – 2 BvR 1381/17. 33 Vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06. 12. 2006 – 1 AK 57/06. 30
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kann (der ersuchende Staat „keine Garantie“ darüber abgibt, dass dies nicht geschieht) oder Körperstrafen möglich sind oder sonst die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung droht. Die spanische Rechtsprechung ist in dieser Frage mit derjenigen des EGMR deckungsgleich: Vor allem auf der Grundlage der vom EGMR in der Entscheidung Soering gegen Vereinigtes Königreich (14038/88 v. 7. 7. 1989) etablierten Standards hat das spanische Verfassungsgericht (insbesondere zuletzt in der Entscheidung STC 140/2007) eine Verantwortung Spaniens bei der Auslieferung festgestellt, die dazu zwingt, eine sorgfältige Prüfung der möglichen Gefahr einer unmenschlichen Behandlung vorzunehmen. Diese Gefahr muss aber durch „ernstzunehmende und nachgewiesene Gründe“ indiziert werden; allgemeine Feststellungen zur Lage im betreffenden Staat seien dazu nicht ausreichend.34 Es ist andererseits aber auch nicht notwendig, einen „vollen und absoluten Nachweis“ der künftigen Verletzung der Rechte des Verfolgten zu führen.35 Diese Formulierung schafft ein weites Tor und eine sehr auslieferungsfreundliche Rechtsprechung. Bezüglich der Türkei hat beispielsweise die Mehrheit des Plenums des Strafsenats im einschlägigen Beschluss AAN (Pleno) 176/2016 v. 11. 3. 2016 die Frage, ob dort gegenwärtig eine relevante Gefahr auszumachen sei, verneint:36 Zwar habe die von der Verteidigung des Verfolgten vorgebrachte Resolution des Europäischen Parlaments v. 10. 6. 2015 auf Missstände hingewiesen, der Bericht konstatiere aber auch zahlreiche positive Entwicklungen, und ihm „[…] lassen sich keine systematische Missachtung der Menschenrechte oder allgemein verbreitete Fälle von Folter entnehmen.“ Weiterhin sei die Mitgliedschaft der Türkei im Europarat und die Annahme der Gerichtsbarkeit des EGMR ein wichtiger zu berücksichtigender Faktor. Eine„weicherer“ Nachweisstandard der Gefahr der Misshandlung würde – so der AN – das ganze Auslieferungswesen in Frage stellen. b) Auch das BVerfG37 fordert zunächst menschenwürdige und konventionskonforme Haftbedingungen. Das Gericht entwickelte hierzu eingangs einen Vertrauensgrundsatz, nach welchem „dem ersuchenden Staat im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes grundsätzlich Vertrauen entgegenzubringen“ ist. Eine Zusicherung seitens des ersuchenden Staates genügt grundsätzlich, um etwaige Bedenken zu verwerfen; doch bei Bestehen entgegenstehender Tastsachen – dies ist entscheidend – muss von diesem Grundsatz abgewichen werden und ist eine eingehende Prüfung durch das OLG erforder-
34 So in AAN (Pleno) 62/2016 v. 17.10.; bezüglich der Ukraine ist der bloße Verweis auf den dort im Osten des Landes bestehenden Kriegszustand unzureichend. 35 So AAN (Pleno) 8/2017 v. 1.3. (in Bezug auf Marokko). 36 Von den 18 Mitgliedern des Plenums sprachen sich aber die Richter de Prada Solaesa und Sáez Valcárce für die Annahme des Vorbringens der Verteidigung einer relevanten Gefahr der Misshandlung in einem Sondervotum aus. 37 Vgl. BverfG Beschl. v. 28. 7. 2016 – 2 BvR 1468/16.
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lich.38 Die Rechtsprechung ist insgesamt, soweit ersichtlich, eher restriktiv, was den Beschluss einer Auslieferungsverweigerung angeht, baut aber auch Sicherungsmechanismen ein. Auch hier ist die Einräumung der Möglichkeit einer Kontrolle der Haftbedingungen durch die Bundesrepublik Deutschland ein Grund zur Beseitigung möglicher Bedenken.39 Ist der ersuchende Staat nicht dazu in der Lage, die körperliche Integrität eines Häftlings zu wahren, so wäre dies ein Grund, die Auslieferung zu verweigern.40
IV. Fazit Schon mit diesem stichprobenartigen Vergleich auf dem Gebiet des Auslieferungsrechts wird aus hiesiger Perspektive deutlich, dass die Rede von der Unionsbürgerschaft und von einheitlichen Verfahrensrechten im europäischen „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen“ noch viel politische Energie verbrauchen wird, bis sie zur Tat wird. Literatur Arroyo Zapatero, Luis: Rebelión y traición. Los diablos familiares de Europa y la euroorden. Un prólogo para alemanes, in: Luis Arroyo Zapatero/Adán Nieto Martín/Marta Muñoz de Morales (Hrsg.), Cooperar y castigar: el caso Puigdemont, 2018, S. 13 – 19. Bautista Samaniego, Carlos/Boye Tuset, Gonzalo: Comentarios a la Ley de Extradición Pasiva, Madrid 2012. Bellido Penadés, Rafael: La extradición en Derecho español, Madrid 2001. Böhm, Klaus Michael: NStZ 2017, S. 77 – 84. Böhm, Klaus Michael: Aktuelle Entwicklungen im Auslieferungsrecht, NStZ 2019, S. 256 – 262. 38
Vgl. Böhm NStZ 2017, 77 (82); BVerfG, Beschl. v. 22. 11. 2019 – 2 BvR 517/19; das OLG München (OLG München Beschl. v. 16. 8. 2016 – 1 AR 252/16) etwa hatte sich nach dem Putschversuch 2016 in der Türkei mit den dortigen Haftbedingungen zu befassen. 39 So entschied das BVerfG (BVerfG [3. Kammer des Zweiten Senats], Beschl. v. 09. 03. 2016 – 2 BvR 348/16) bezüglich einer Auslieferung an die Russische Föderation. Die Garantie seitens Russlands, Mitarbeiter der deutschen Botschaft jederzeit Kontrollen durchführen zu lassen, reichte für das Gericht aus, um der Zusicherung Russlands zu vertrauen. 40 NStZ-RR 2016, 257; Mit dieser Gefahrensituation befasste sich das OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25. 5. 2016 – 1 AK 144/15) gründlich, bevor es der Auslieferung an die Republik Kosovo stattgab. Der Ausgelieferte wurde wegen Mordes verurteilt, floh jedoch nach Deutschland. Der Senat prüfte die Gefahr der „Blutrache“, lehnte aber nach konkreten Angaben zur infrage kommenden JVA durch Kosovo das Vorliegen eines Auslieferungshindernisses ab, da nach der Auffassung des Gerichts die Sicherheit des Häftlings vor den ihn gefährdenden Personen gewährleistet war. Es behielt der Bundesrepublik Deutschland jedoch vor, durch ihre Auslandsvertreter die Lage vor Ort zu überprüfen.
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Caiero, Pedro/Amaral Rodrigues, Joana: A European Contraption: the Relationship between the Competence of the EPPO and the Scope of Member States’ Jurisdiction over Criminal Matters, in: Katalin Ligeti/Maria João Antunes/Fabio Giuffrida (Hrsg.), The European Public Prosecutor’s Office at Launch: Adapting National Systems, Transforming EU Criminal Law, 2020, S. 57 – 83. Cancio Meliá, Manuel: Strafrecht und Terrorismus in Spanien. Anmerkungen zur Entwicklung der Terrorismusgesetzgebung nach der Diktatur, Journal der Juristischen Zeitgeschichte 1/ 2009, S. 15 – 20. Cancio Meliá, Manuel: 11/3 and 7/7 ten years on: Terrorismusstraftaten im spanischen Strafrecht, Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik 11/2015, S. 538 – 543. Cancio Meliá, Manuel: Terrorismusbegriff und Terrorismusdelikte, in Anneke Petzsche/Gabriele Metzler/Martin Heger (Hrsg.), Terrorismusbekämpfung in Europa im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit – historische Erfahrungen und aktuelle Herausforderungen, Baden-Baden 2019, S. 159 – 175. Cancio Meliá, Manuel/Díaz López, Juan Alberto: ¿Discurso de odio y/o discurso terrorista? Música, guiñoles y redes sociales frente al artículo 578 del Código Penal, Navarra 2019. Epping, Volker/Hillgruber, Christian (Hrsg.): BeckOK Grundgesetz, 41. Edition, Stand 15. 2. 2018. Galli, Francesca: Terrorism, in: Valsamis Mitselgas/Maria Bergström/Theodore Konstantinides (Hrsg.), Research Handbook on EU Criminal Law, Cheltenham 2016, S. 400 – 422. García Sánchez, Beatriz: La extradición en el ordenamiento interno español, internacional y comunitario, Granada 2005. Sancinetti, Marcelo A.: Teoría del delito y disvalor de acción. Una investigación sobre las consecuencias teóricas de un concepto personal de ilícito circunscripto al disvalor de acción, Buenos Aires 1991. Sancinetti, Marcelo A.: El delito de enriquecimiento ilícito de funcionario público (art. 268.2 CP). Un tipo penal violatorio del Estado de Derecho, Buenos Aires 1994.
Die strafähnliche Ausbürgerung von Terroristen* Von Ivó Coca-Vila
I. Einleitung Durch das am 9. August 2019 in Kraft getretene Dritte Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes wurde ein neuer Verlusttatbestand (§§ 17 und 28 StAG) in das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht eingefügt. Nach dem § 28 I Nr. 2 StAG verliert nun die deutsche Staatsangehörigkeit derjenige Deutsche, der sich an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland konkret beteiligt, es sei denn, er würde dadurch staatenlos oder er ist minderjährig. Der Verlust ist von Amts wegen festzustellen (§ 28 III StAG). Mit der Einführung dieses – wiederholt seitens der Politik (und vereinzelt der Rechtswissenschaft) geforderten1 – neuen Verlustgrunds folgt Deutschland dem Beispiel zahlreicher anderer westlicher Demokratien,2 die in den letzten Jahren ihr Staatsangehörigkeitsrecht umgestaltet haben, um es als Instrument zur Terrorismusbekämpfung nützlich zu machen.3 Auch wenn der neue Verlusttatbestand diejenigen Bürger nicht betrifft, die bereits vor Inkrafttreten der Reform an terroristischen Aktivitäten teilgenommen haben,4 stellt die Reform in erster Linie eine staatsangehörigkeitsrechtliche Antwort auf die Gefahr dar, die die erwartete zukünftige Rückkehr einer großen Zahl von deutschen Staatsbürgern, die * Der vorliegende Beitrag wurde während eines Forschungsaufenthalts an der AlbertLudwigs-Universität Freiburg geschrieben, der durch ein großzügiges Stipendium der Alexander-von-Humboldt-Stiftung ermöglicht wurde. Der Verf. bedankt sich bei Herrn Dr. Hernán Darío Orozco López, LL.M. (Regensburg) für die kritischen Kommentare zum Manuskript. 1 Dezidiert Maaßen, ZAR 2011, S. 336 ff. 2 Vgl. StAngR/Hailbronner (6. Aufl. 2017), D. Staatsangehörigkeit und Völkerrecht, Rn. 76a. 3 Zur zunehmenden Subordination des Rechtssystems unter die Terrorismusbekämpfung Frisch, FS-Fischer, S. 316 f.; Gärditz, GSZ 2017, S. 5 f. Nachdem zuerst das Ausländerrecht hiervon betroffen war (Kießling, Die Abwehr, S. 42 ff.; Kulick, AöR 2018, S. 198 ff.), ist jetzt auch das Staatsangehörigkeitsrecht an der Reihe. Paradigmatisch dazu Maaßen (Fn. 1), S. 347: „Im Rahmen des ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes müssen alle relevanten Themenfelder und Instrumente für die Terrorismusbekämpfung nutzbar gemacht werden. Hierzu zählt auch das Staatsangehörigkeitsrecht.“ Wenn es zunächst nur darum ging, den Pass und Personalausweis zu entziehen (Winkler/Schadtle, JZ 2016, S. 764 ff.; StrNebenG/Wache [224. EL März 2019], § 7 PassG Rn. 5 ff.), geht es jetzt letztlich darum, die Staatsangehörigkeit für verloren zu erklären. 4 Nach der Rechtsprechung des BVerfG wäre eine rückwirkende Anwendung als verbotene Entziehung im Sinne des Art. 16 I GG anzusehen. Grdl. dazu Kießling, Der Staat 2015, S. 6 ff.
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sich dem sogenannten „Islamischen Staat“ (ISIS) angeschlossen und an Kampfhandlungen, insbesondere in Syrien und im Irak, teilgenommen haben, für die allgemeine Sicherheit darstelle.5 Die Ausbürgerung von Terroristen nach § 28 I Nr. 2 StAG ist aus Sicht des deutschen Gesetzgebers in einer legitimationstheoretisch unproblematischen Weise in die Rechtsordnung integriert worden.6 Zum einen knüpfe der neue Verlustgrund an die Struktur und den Regelungsgehalt des bestehenden § 28 StAG an, demzufolge der freiwillige Dienst eines Doppelbürgers in den Streitkräften bzw. einem vergleichbaren bewaffneten Verband eines anderen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, den Verlust der deutschen Bürgerschaft nach sich zieht. Die Reform schließe daher einfach eine Lücke,7 die aus dem Mangel an staatlicher Qualität des ISIS entstehe.8 Zum anderen erweckt die einheitliche Regelung beider Verlusttatbestände im Rahmen der §§ 17 u. 28 StAG den Eindruck, dass dem neuen Verlustgrund die gleiche – im Wesentlichen unumstrittene9 – Grundlage wie dem bestehenden zugrunde liege.10 Durch die Eingliederung in eine terroristische Vereinigung würde der Mehrstaater eine Abwendung von Deutschland und zugleich eine Hinwendung zu einer anderen ausländischen Macht vorweisen, die genau derjenigen entspreche, die den Verlust der Staatsangehörigkeit rechtfertigt, wenn ein deutscher Mehrstaater ohne Erlaubnis der deutschen Regierung in den militärischen Dienst eines zweiten Staates eintritt. Diese „Ergänzungslogik“ sowie die verfassungsrechtlich bedingte Rhetorik des „Verlusts“ anstelle des „Entzugs“ im Sinne von Art. 16 GG verbirgt jedoch bisher in der rechtswissenschaftlichen Diskussion die wahre rechtliche Natur und Dimension des neuen Verlustgrunds. Der in § 28 I Nr. 2 StAG eingeführte Verlusttatbestand ist ein legitimationstheoretisch äußerst problematisches Rechtsinstitut. Ziel dieses Beitrags ist es, eine (erste) kritische Untersuchung der Aberkennung der Staatsangehörigkeit von Terroristen in der deutschen Rechtsordnung aus einer strafrechtlichen Perspektive darzubieten. Insbesondere werde ich zunächst die These verteidigen, dass es sich bei dieser Art Ausbürgerung über die formale Etikettierung hinaus um eine strafähnliche Maßnahme handelt, die aber in die deutsche Rechtsordnung 5
Ausf. Weber, ZAR 2015, S. 138 ff.; Zimmermann/Eiken, NVwZ 2019, S. 1313 f. BT-Drs. 19/9736, S. 1, 7, 9. 7 So Weber, ZAR 2019, S. 221. 8 Die staatliche Qualität verneinend OLG Celle (4. Strafsenat), Urteil vom 26. 01. 2017 – 4 StE 1/16. So auch NK-AuslR/Oberhäuser (2. Aufl. 2016), § 17 StAG Rn. 13; Zimmermann/ Eiken (Fn. 5), S. 1314. A.A. Maaßen (Fn.1), S. 339, der § 28 StAG für anwendbar hielt, wenn der Betroffene sich einem Partisanenverband oder dem Verband einer Bürgerkriegspartei im Rahmen einer zerfallenden Staatsstruktur anschließt. 9 Zum Regelungszweck des Verlusts durch Eintritt in die Streitkräfte eines ausländischen Staates s. etwa StAngR/Hailbronner/Maaßen (6. Aufl. 2017), § 28 StAG Rn. 3 ff.; GK-StAR/ Marx (19. November 2009), § 28 Rn. 4 ff. 10 So etwa Weber, Staatsangehörigkeit und Status, S. 169 f., der von einer systemkohärenten Antwort (bzgl. §§ 11, 28 u. 35 StAG) spricht. 6
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in „unterkriminalisierter“ Form eingeführt worden ist (II.). Hiervon ausgehend werde ich zeigen, dass dieser Verlusttatbestand nach den klassischen Parametern der Legitimation eines dualen Strafrechtssystems kaum zu rechtfertigen ist, weder als Kriminalstrafe für die Illoyalität des Bürgers noch als eine bloße die Abschiebung ermöglichende Sicherheitsmaßnahme (III.). Der Beitrag schließt mit der Schlussfolgerung, dass die Ausbürgerung von Terroristen eine bedauerliche Affinität zum Idealtypus eines bloß exkludierenden Feindrechts aufweist, das dem liberalen Versprechen einer einheitlichen Staatsbürgerschaft in einem tiefen Sinne zuwiderläuft (IV.).
II. Zur strafähnlichen Natur der Ausbürgerung von Terroristen 1. Die zwangsrechtliche Natur der Ausbürgerung Die Ausbürgerung als staatliche Reaktion auf die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung ist eine grundrechtsbetreffende Zwangsmaßnahme, die im Rahmen einer demokratischen liberalen Rechtsordnung äußerst problematisch wirkt. Noch vor einigen Jahren war eine solche Art der Ausbürgerung fast ausschließlich mit totalitären und diktatorischen Regimen verbunden11 und ihre Renaissance wird außerhalb Deutschlands, sowohl bei (Rechts-)Philosophen als auch bei Juristen, seit langem umfangreich diskutiert und in der Regel sehr kritisch betrachtet.12 Diese legitimationstheoretische Irregularität der Ausbürgerung ist bis jetzt in der deutschen Rechtswissenschaft – mit wenigen Ausnahmen – unbeachtet geblieben.13 Zum einen scheint die Annahme, dass § 28 I Nr. 2 StAG einen bloßen Verlust-, nicht aber einen Entzugsgrund i.S. von Art 16 GG regelt,14 der Ausbürgerung einen großen Teil ihres Zwangscharakters abzusprechen. Nicht der Staat nehme dem Terroristen seine Staatsangehörigkeit weg, sondern der Terrorist verliere sie, indem er sich freiwillig an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung beteilige. Trotz ausdrücklicher Anerkennung der Möglichkeit einer gegen den Willen der Betroffenen erfolgenden Ausbürgerung in Art. 16 I GG, verhindert die verfas-
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Herzog, Revoking Citizenship, S. 2, 123. Vgl. dazu Coca-Vila, Crim Law & Phil 2019, S. 1 ff., m.w.N. 13 Exempl. Weber (Fn. 7), S. 209 ff.; BeckOK-GG/Maaßen (15. 02. 2018), Art. 16 Rn. 21 ff. Zu den wenigen Ausnahmen gehören Kießling (Fn. 4), S. 12 ff.; Gärditz, in: Walter/ Gärditz (Hrsg.), Repräsentative Demokratie, S. 126 f. Fn. 263; und aus der strafrechtlichen Literatur Greco, Strafprozesstheorie, S. 683 f. 14 Nach der Rspr. des BVerfG (116, 24 [44]; 137, 47 [49]) gilt als absolut verbotene Entziehung i.S. von Art. 16 I GG jede Verlustzufügung, die die für den Einzelnen und für die Gesellschaft gleichermaßen bedeutsame Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit beeinträchtigt. Der Verlust der Staatsangehörigkeit ist hingegen verfassungskonform, wenn der Bürger kraft freier Willensentschließung die Verlustfolge zumutbar beeinflussen kann (Zumutbarkeitstheorie). Ausf. dazu Kießling (Fn. 4), S. 1 ff., m.w.N. 12
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sungsrechtliche – rechtshistorisch bedingte15 – Abgrenzung zwischen unzulässigem Entzug und zulässigem Verlust, dass die Dinge beim Namen genannt werden: § 28 I Nr. 2 StAG regelt die staatliche Aberkennung der Staatsangehörigkeit als eine in Grundrechte des Bürgers massiv eingreifende zwangsrechtliche Reaktion.16 Zum anderen ist es auch verfehlt, den neuen Verlusttatbestand als eine bloße Ergänzung des bestehenden § 28 StAG zu verstehen. Der Eintritt des Mehrstaaters in die Streitkräfte eines seiner Staaten lässt sich als eine freiwillige Entscheidung des Bürgers in einem – an dem formalen Kriterium der Staatsangehörigkeit objektivierten – Loyalitätskonflikt verstehen. In seinem Verhalten liegt eine deutliche Hinwendung zu dem anderen Heimatstaat und zugleich eine Abwendung von Deutschland, die die materiale Grundlage der Staatsangehörigkeit, nämlich die wechselseitige Rechts- und Pflichtenbeziehung zwischen dem Bürger und seinem Heimatstaat,17 auflöst. § 28 I Nr. 1 StAG gilt dann als eine Art Befreiungstatbestand, der die vom Betroffenen gewählte Lösung des Loyalitätskonflikts für gültig erklärt. Diese ratio lässt sich allerdings nicht ohne weiteres auf eine nichtstaatliche terroristische Vereinigung wie z. B. ISIS übertragen. Auch wenn das Eintreten in eine Terrormiliz das Loyalitätsband des Bürgers zu seinem Staat in einer qualifizierten Weise in Frage stellt,18 ist nur die freiwillige Abwendung von der Bundesrepublik gefolgt von der Hinwendung zu einem anderen Heimatstaat als offensichtliche und unwiderrufliche Entzweiung von Deutschland zu interpretieren.19 Erst und gerade die Staatlichkeit des Hinwendungsobjekts, mit dem der Betroffene ebenfalls eng verbunden ist, ermöglicht es, die Ausbürgerung als eine bloße Art der Auflösung eines Loyalitätskonflikts zu verstehen.20 Dass die Ausbürgerung nur in Frage kommt, wenn der Betroffene Mehrstaater ist, hat aber in dem hiesigen Verlustgrund nichts mit einem Loyalitätskonflikt zu tun, sondern es geht lediglich darum, das – im Einklang mit den völkerrechtlichen Vorgaben stehende – verfassungsrechtliche Staatenlosigkeitsverbot einzuhalten.21 § 28 I Nr. 2 gilt zum Beispiel auch für den deutsch-marokkanischen Staatsangehörigen, der am Kampf in Syrien beteiligt war. Zu sagen, dass man sich durch die Beteiligung an
15 Grdl. Kießling (Fn. 4), S. 6 f., der Art. 16 I GG als Mittel zur Verhinderung des im Dritten Reich praktizierten Missbrauchs des Staatsangehörigkeitsrechts zu politischen Zwecken sieht. 16 Zu Recht sprach daher ein Teil der spezialisierten Lehre bereits bezüglich des bestehenden § 28 StAG von einer Sanktion. So etwa Weber (Fn. 5), S. 144. Es ist auch interessant festzustellen, dass der österreichische Gesetzgeber einen nahezu identischen Verlusttatbestand unter dem Etikett von „Entziehung“ eingeführt hat (§ 33 (2) ÖStAG). 17 Eing. GG-K/Wittreck (3. Aufl. 2013), Rn. 16 ff. Näher von Arnauld, Völkerrecht (4. Aufl. 2019), § 2 Rn. 83. 18 Vgl. Krohne, Die Ausbürgerung, S. 11 ff., 82 ff. 19 And. Hailbronner, in: Bauböck (Hrsg.), National Citizenship, S. 199. 20 I.d.S. Weber (Fn. 5), S. 144. Ähnl. NK-AuslR/Oberhäuser (Fn. 8), Rn. 13. 21 Vgl. etwa GG-K/Wittreck (Fn. 17), Rn. 19.
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Kampfhandlungen bei ISIS in Syrien eindeutig für die marokkanische und gegen die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden habe, wäre offensichtlich abwegig.22 Die Ausbürgerung nach § 28 I Nr. 2 StAG löst demgemäß keinen Loyalitätskonflikt auf, sondern stellt sich als eine auf einem Unwerturteil basierende staatsangehörigkeitsrechtliche Reaktion dar. Der deutsche Gesetzgeber greift auf dieses Instrument als ein Terrorismusbekämpfungsinstrument zurück. Ob ein solcher Verlustgrund mit Art. 16 GG direkt unvereinbar ist,23 kann hier dahinstehen. Es genügt festzustellen, dass es sich um eine besonders gravierende Form staatlicher Gewalt handelt, die eine neue, legitimationstheoretisch hochproblematische Logik in das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht einfügt. 2. Die strafähnliche Natur der Ausbürgerung von Terroristen Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, die die Ausbürgerung von Terroristen als strafrechtliche Folge vorsehen bzw. sie im Rahmen eines Strafverfahrens auferlegen,24 ergeht in Deutschland die Ausbürgerung nach § 28 StAG als eine simple staatsangehörigkeitsrechtliche Folge. Sie ist nach § 28 III von Amts wegen festzustellen. Man könnte daraus den Schluss ziehen, dass die deutsche Strafrechtswissenschaft zu dieser rechtlichen Institution kaum etwas zu sagen habe. Es liegt aber auch auf der Hand, dass für die Untersuchung der materiellen Legitimität dieser Maßnahme (und für die daraus folgende Festlegung prozessualer Garantien der Institution) die formale Bezeichnung, die ihr vom Gesetzgeber zugeschrieben wird, nicht entscheidend sein kann. Wie Greco treffend festgestellt hat, ist es vielmehr – um den Etikettenschwindel zu vermeiden, den Gesetzgeber insbesondere in Fragen der Terrorismusbekämpfung häufig begehen25 – notwendig, die rechtliche Institution aus einer vorpositiven bzw. materiellen Perspektive zu betrachten.26 Auf der Grundlage eines dualen Strafrechtssystems, das sowohl Kriminalstrafen als auch Maßre-
22 Nach Barry/Ferracioli (Political Studies 2016, S. 1065 f.) kann die Ausbürgerung nur legitimiert werden, wenn der Staat, der aufgefordert werde, den ausgebürgerten Terroristen aufzunehmen, für dessen Taten verantwortlich sei und ihm seine elementarsten Grundrechte garantieren könne. 23 So etwa Kießling (Fn. 4), S. 12 f., der einen Verlusttatbestand, der an ein strafbares Verhalten anknüpft, als Instrument der Terrorismusbekämpfung für inkompatibel mit der Funktion der verlässlichen (und gleichen) Grundlage der Staatsangehörigkeit nach Art. 16 I Nr. 1 GG hält. Nahest. Gärditz (Fn. 13), S. 126 f. Fn. 263. A.A. aber Weber (Fn. 7), S. 217 ff.; Maunz/Düring-GG-K/Giegerich (87. EL März 2019), Art. 16 Rn. 188; Maaßen (Fn. 13), Rn. 21 – 23; ders. (Fn. 1), S. 341 ff.; o. Krohne (Fn. 18), S. 211 ff. Zur Frage der Vereinbarkeit des § 28 I Nr. 2 StAG mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands s. neuerdings Zimmermann/Eiken (Fn. 5), S. 1313 ff. 24 Vgl. dazu Zimmermann/Eiken (Fn. 5), S. 1314. 25 So Cancio Meliá, in: Petzsche et al. (Hrsg.), Terrorismusbekämpfung, S. 171. 26 Grdl. Greco, Strafprozesstheorie, S. 643 f., 659. Ebenso Jung, Was ist Strafe?, S. 36, 41; Coninx, Sicherheit & Recht 2014, S. 183, 185; Kaspar, ZStW 2015, S. 660 f.
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geln der Sicherung und Besserung vorsieht,27 stellt nun die Ausbürgerung als Reaktion auf die Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung ihrer Natur nach eine strafähnliche Maßnahme dar:28 Es handelt sich um eine materiell strafrechtliche Maßnahme, die aber im Verwaltungsrecht verpackt ist,29 d. h. um eine „getarnte“ strafrechtliche Maßnahme.30 Dafür sprechen nicht nur rechtsvergleichende und rechtshistorische Argumente.31 Im Einklang mit den sogenannten EngelKriterien, mithilfe derer in der Rechtsprechung des EGMR entschieden wird, welche Maßnahmen zunächst unter Art. 6 EMRK („strafrechtliche Anklage“) und sodann unter Art. 7 EMRK („Strafe“) zu subsumieren sind, sprechen für die strafähnliche Natur der Ausbürgerung sowohl die Art der Zuwiderhandlung, die zur Ausbürgerung führt, als auch die Art und Schwere der angedrohten staatlichen Reaktion.32 Erstens ist die Natur der Zuwiderhandlung, die eine Ausbürgerung nach § 28 I Nr. 2 StAG auslöst, eng mit der Begehung von Straftaten verbunden. Zwar ist die Ausbürgerung im deutschen positiven Recht nicht unmittelbar als Reaktion auf Straftaten vorgesehen, jedoch beschreibt der neue Verlusttatbestand im Kern strafbare Handlungen im Sinne von §§ 129a, 129b StGB (Anschluss an eine Terrormiliz und Teilnahme an Kampfhandlungen) bzw. von § 89a I, II Nr. 1 StGB (Teilnahme an einer Ausbildung).33 Zweitens spricht auch die Art und Schwere der Ausbürge-
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Eing. Frisch, ZStW 1990, S. 355 ff.; jüngst Coninx (Fn. 26), S. 183 ff. Ob die Maßregeln echtes oder bloß unechtes Strafrecht sind, kann hier offenbleiben. S. dazu etwa Gärditz, Strafprozeß, S. 129 ff., m.w.N. 28 Zur sog. „Strafähnlichkeit“ näher Greco, Strafprozesstheorie, S. 640 ff., 683 f., der die Ausbürgerung als echte Strafe, d. h. als Entzug eines angeborenen Rechts als objektive Reaktion auf angenommenes Fehlverhalten einstufen will. 29 Aus der aktuellen Literatur hatte sich vor der Reform in einem ähnlichen Sinne bereits positioniert Kießling (Fn. 4), S. 13: „Der Staat bewertete das Verhalten des deutschen Staatsangehörigen, der Verlust käme einer Bestrafung gleich.“ Dagegen Weber, Staatsangehörigkeit und Status, S. 169 f. 30 Zum Begriff der „getarnten“ Strafe frühzeitig etwa Weber, DRiZ 1951, S. 153 f.; ders., JZ 1953, S. 293 ff. 31 Zum strafrechtlichen Charakter der Ausbürgerung aus einer rechtsvergleichenden Perspektive Mantu, Contingent Citizenship, S. 1 ff., 25 ff. Die These, dass die Ausbürgerung eine strafrechtliche Folge sei, wurde noch zu Beginn des 20. Jahrhundert in Deutschland vertreten. S. etwa Lessing, Staatsangehörigkeit, S. 11 ff.; Friedrich, Die Aberkennung, S. 16 ff.; Dahm, ZStaW 1935, S. 286 ff. Darauf, dass die ursprüngliche Fassung des Verlustgrunds des bestehenden § 28 StAG in engem Zusammenhang mit Strafbestimmungen stand, wird hingewiesen in Hailbronner/Maaßen (Fn. 9), Rn. 1. 32 Zwar bildet aus Sicht der EMRK das innerstaatliche Recht den Ausgangspunkt für die Qualifizierung einer Maßnahme als strafrechtlich bzw. verwaltungsrechtlich, entscheidend ist nach der Engel-Doktrin aber, ob aufgrund der Art der Zuwiderhandlung und der Art und Schwere der angedrohten Sanktion eine Maßnahme dem Strafrecht zugeordnet werden muss. S. dazu SK-StPO/Meyer (5. Aufl. 2019), Art. 6 Rn. 33 ff.; IntKomm/Renzikowski (12. Lieferung Mai 2009), Art. 7 Rn. 21 ff. 33 Darauf hinweisend zu Recht MK-StGB/Gericke (3. Aufl., 2018), § 28 Rn. 1. Ob die sog. „IS-Frauen“ sich wegen der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung
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rung dafür, sie als strafähnliche Reaktion einzuordnen. Auf der einen Seite bringt sie aus symbolischer Sicht ein besonders nachdrückliches (sozial-ethisches) Unwerturteil zum Ausdruck. Der Bürger wird für ungeeignet erklärt, Teil der politischen Gemeinschaft zu bleiben.34 Diese missbilligende (tadelnde) Dimension der Ausbürgerung ist in der Regel ein besonderes Merkmal von Sanktionen strafrechtlicher Natur, insbesondere der Kriminalstrafe.35 Auf der anderen Seite ist die Ausbürgerung eine radikale Beeinträchtigung der elementarsten Rechte der betroffenen Person. Damit einher geht der endgültige Entzug des Metarechts, die wichtigsten bürgerlichen Rechte (z. B. das uneingeschränkte Recht auf Aufenthalt bzw. Einreise in das Staatsgebiet) und politischen Rechte (z. B. das volle aktive und passive Wahlrecht) zu genießen, in der klassischen Formulierung: der Bürgerliche Tod (capitis deminutio maxima).36 Auch wenn die Ausbürgerung nicht notwendigerweise eine Ausweisung, Abschiebung oder ein Einreiseverbot mit sich bringt, ist dies unter Berücksichtigung der vom Ausländer geforderten Voraussetzungen der Einreise und des Aufenthalts de facto die unausweichliche Folge.37 Die Ausweisung führt in der Regel zu weiteren schweren Beeinträchtigungen der Grundrechte des Betroffenen (z. B. Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens).38 Da die Staaten, die in der Regel aufgefordert werden, die Verantwortung für die ausgebürgerten Terroristen zu übernehmen (Somalia, Syrien etc.), nicht in der Lage sind, die Rechte der Betroffenen zu gewährleisten, bringt überdies die Ausbürgerung häufig ein gewisses Risiko für die körperliche Unversehrtheit oder gar das Leben der betroffenen Person mit sich.39
ebenfalls strafbar gemacht haben oder eher „Opfer des IS“ sind, ist umstritten. Für die Bestrafung plädierend Fahl, JR 2018, S. 276 ff. 34 Ebenso Gärditz (Fn. 13), S. 128 n. 263; Greco (Fn. 26), S. 684. 35 Näher hierzu v. Hirsch, in: v. Hirsch et al. (Hrsg.), Strafe – Warum?, S. 49 ff. Verfehlt wäre es aber, die strafrechtlichen Maßregeln als „ethisch farblos“ zu bezeichnen. So zutreffend Frisch, ZStW 1990, S. 359, Fn. 70. 36 Zu den Bürger- bzw. politischen Rechten, die sich aus der Staatsangehörigkeit ergeben, s. etwa HStR/Grawert (3. Aufl. 2004), Art. 16 Rn. 56 ff. 37 Zu den aufenthaltsrechtlichen Wirkungen des Staatsangehörigkeitsverlustes s. StAngR/ Hailbronner (6. Aufl. 2017), § 17 Rn. 18. Dass die Abschiebung die übliche – wenn auch nicht automatische – Folge der Ausbürgerung wird, wird auch von Weber (Fn. 7), S. 219 f. anerkannt. Der Ausgebürgerte wird darüber hinaus kaum in der Lage sein, die Bedingungen für die Wiedereinbürgerung zu erfüllen (§§ 8, 13, 14 StAG) oder auch nur einen Aufenthaltstitel zu erwerben (§§ 3, 4, 38 AufenthG), da für beides die Beteiligung an terroristischen Kampfhandlungen als ausschließende Voraussetzung vorgesehen ist (§ 11 StAG, §§ 54, 58 AufenthG). Dazu etwa Rautenberg, Rechtsstaatswidriges Feindstrafrecht, S. 247 ff.; Hesselbarth, Terrorismusbekämpfung, S. 11 ff. m.w.N. 38 Zur Ausweisung als Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit bzw. das Recht auf Achtung des Privatlebens s. etwa Hailbronner, Asyl- und Ausländerrecht (4. Aufl. 2016), Rn. 1016 ff. m.w.N. 39 Vgl. Lenard, Ethics Int Aff 2016, S. 84, hinweisend darauf, dass die Ausbürgerung den Betroffenen zum potenziellen Opfer gezielter Tötungsaktionen („targeted killing“) macht. Die Verwandtschaft mit den mittelalterlichen peinlichen Strafen der Acht und Verbannung ist in diesen Fällen offensichtlich. S. nur Schmidt, Einführung, S. 63 f.
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III. Legitimationsversuche der Ausbürgerung von Terroristen als strafähnliche Maßnahme 1. Die Strafausbürgerung Der erste Weg, die strafähnliche Ausbürgerung eines Terroristen zu legitimieren, besteht darin, eine solche Maßnahme als Kriminalstrafe zu betrachten. Dies ist die traditionelle Spur, der viele Autoren in der angelsächsischen Welt immer noch folgen.40 Nach Shai Lavi, der aus meiner Sicht das raffinierteste Modell der Rechtfertigung der Ausbürgerung als Kriminalstrafe vorgestellt hat, ist jeder Bürger für die Aufrechterhaltung des verfassungsmäßigen Bands (Constitutional Bond) zuständig. Daraus ergebe sich eine konkrete Pflicht, die Macht der politischen Gemeinschaft zur Selbstverwaltung nicht zu untergraben.41 Der Bürger, der sich an terroristischen Anschlägen beteilige, verletze aber in einer massiver Art und Weise diese Pflicht und schädige dementsprechend das verfassungsmäßige Band. Die verdiente (verhältnismäßige) Strafe für ihn sei daher – seine Doppelstaatsangehörigkeit vorausgesetzt – ein (Zivil-)Todesurteil, d. h. die Aberkennung seines Rechts, Mitglied der politischen Gemeinschaft zu sein. Dadurch erhalte der illoyale Bürger seine gerechte Strafe und die politische Gemeinschaft stelle in dieser Weise das von ihm in Frage gestellte verfassungsmäßige Band wieder her.42 Trotz der klassischen Rolle der Ausbürgerung qua Strafe in der deutschen Rechtsordnung und der vordergründigen Eleganz von Lavis Ansatz lässt sich die Ausbürgerung als legitime (Bürger-)Strafe nicht rechtfertigen. Auch wenn akzeptiert wird, dass der Terrorist durch sein Handeln sein Loyalitätsband zum demokratischen Staat in Frage stellt, folgt daraus nicht automatisch, dass die Exklusion aus der politischen Gemeinschaft eine gerechte Strafe ist. Wenn, wie Pawlik kürzlich noch einmal betont hat, die (legitime) Strafe ein staatliches Instrument zur Bestätigung der „Unauflöslichkeit des Zusammenhangs von Freiheitsgenuss und Mitwirkungspflichterfüllung“43 darstellt, dessen Duldung vom Bürger aufgrund einer sekundären Pflicht verlangt werden darf, die sich aus der ursprünglichen Mitwirkungspflicht des Täters gegenüber der Rechtsgemeinschaft ergibt, versteht sich von selbst, dass „die verbrecherische Handlung des Straftäters nichts daran [ändert], dass er Bürger ist und bleibt“.44 40
Vgl. Coca-Vila, Crim Law & Phil 2019, S. 7 ff. m.w.N. Lavi (Fn. 29), S. 795 – 797; ders., NCLR 2010, S. 404 ff. Ebenso Gross, UMKC L. Rev. 2003, S. 66. 42 Lavi (Fn. 29), S. 805. Ähnl. Gross (Fn. 41), S. 60, der allerdings die Strafausbürgerung durch ihre abschreckende Funktion legitimieren will. 43 Pawlik, Normbestätigung, S. 56; bereits in ders., Das Unrecht, S. 99 – 110; ders., Person, S. 91. Nahest. Kubiciel, Wissenschaft, S. 164 ff.; Hörnle, Straftheorien, S. 56 ff.; Duff, Theoretical Criminology 2010, S. 300 – 304; ders., The Realm, S. 102 – 145; Lacey, State Punishment, S. 171 – 186. 44 Pawlik, Normbestätigung, S. 56; ders., Das Unrecht, S. 116 ff.; ders., Person, S. 90. Ebenso Duff/Marshall, in: Dzur et al. (Hrsg.), Democratic Theory, S. 39 ff., 46 f. Kritisch dazu aber Ramsay, in: Dzur et al. (Hrsg.), Democratic Theory, S. 171. 41
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Der Täter, so Sancinetti, „behauptet, dass das Gesetz ihn nicht bindet. Das ist seine Aussage. Die Gesellschaft antwortet, dass sie ihn für rechtlich verpflichtet hält, und zeigt es ihm durch die Strafe.“45 Es ist daher weder möglich, den Täter in die politische Gemeinschaft zu integrieren, indem man ihm den Bürgerstatus verweigert, noch ist es legitim, von denen, die seitens des Staates nicht mehr als Bürger betrachtet werden, die Strafduldung zu verlangen. Eine rein exkludierende Strafe wie die Ausbürgerung ist vielmehr ein begrifflicher Widerspruch.46 Sie löst das bürgerrechtliche Rechtsverhältnis auf, das eigentlich durch die Sanktion gestärkt werden sollte.47 Ein legitimes (Bürger-)Strafrecht erfordert also nicht nur, dass die Strafe nur denjenigen auferlegt wird, die von dem Zustand der Freiheiten, an deren Aufrechterhaltung sie nicht mitwirken wollen, profitieren können,48 sondern auch, dass die Strafe und ihr Vollzug sich nicht auf einen bloßen Mechanismus der bürgerlichen Exklusion beschränken. Insoweit dies bezüglich des gewöhnlichen Straftäters in der Regel akzeptiert wird, muss es auch für denjenigen Bürger gelten, der sich an einer terroristischen Vereinigung beteiligt hat.49 „Die intensivste Desavouierung, die diesem Fahnenfluchtsversuch durch den ,Feind‘ begegnen kann“, so Cancio Meliá, „ist die Unterstreichung seines Bürgerstatus.“50 2. Die Sicherungsausbürgerung Die zweite Möglichkeit, die Ausbürgerung strafrechtlich zu legitimieren, besteht darin, sie als eine Maßnahme der zukunftsorientierten Gefahrenabwehr zu betrachten. Unter der Annahme, dass die Teilnahme an Kampfhandlungen terroristischer Vereinigungen im Ausland per se ein deutlicher Hinweis darauf sei, dass der Bürger eine Gefahr für die deutsche Institutionen und ihre Mitbürger darstelle, scheint die Ausbürgerung der unverzichtbare erste Schritt zu sein, um den ausgebürgerten Terroristen als „gefährlichen“ Ausländer (§ 58a AufenthG)51 behandeln zu können und ihn aus dem Staatsgebiet auszuweisen bzw. ihm die Rückkehr zu verbieten. So verstanden würde die Ausbürgerung als eine schnelle und billige Sicherungsmaßnahme gelten, die, im Einklang mit der ordnungsrechtlichen Ausweisung des Ausländers (§ 53 AufenthG),52 ihre Grundlage in ihrer generalpräventiven bzw. spezialpräven45
Sancinetti, elDial DC13ED 2010, S. 8. Darauf zu Recht hinweisend Mañalich, REJ 2005, S. 75 ff.; Brettschneider, Political Theory 2007, S. 186 f. Bereits Kindhäuser, ZStW 1995, S. 730 f. 47 Pawlik, Das Unrecht, S. 106, 119 f. In der Sache ähnl. Köhler, Der Begriff der Strafe, S. 53. 48 So zuletzt Silva Sánchez, FS-Kindhäuser, S. 471 ff.; ders., Malum passionis, S. 67 ff. Nahest. Pawlik, FS-Schroeder, S. 373 f., Fn. 86; ders., Das Unrecht, S. 120 ff. 49 Näher unten (IV.). 50 Cancio Meliá, ZStW 2005, S. 286; jüngst ders. (Fn. 25), S. 170 ff. 51 Vgl. etwa Kulick (Fn. 3), S. 198 ff. 52 Dazu etwa Hailbronner (Fn. 38), Rn. 1007 ff. 46
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tiven Funktion finden würde.53 Wie könnte man sich – abgesehen vielleicht von einer lebenslänglichen Sicherheitsverwahrung – vor einem Terroristen effektiver schützen als dadurch, ihn physisch aus dem Staatsgebiet zu vertreiben? Für die Betrachtung der Ausbürgerung als eine Gefahrenabwehrmaßnahme spricht auch ihre enge Gleichartigkeit zur Passentziehung (§§ 7, 8 PassG), deren präventive Natur unumstritten ist.54 Meines Erachtens lässt sich allerdings die Ausbürgerung als eine besonders schwerwiegende Sicherungsmaßnahme nicht mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip als Rückgrat des Maßregelsystems in Einklang bringen.55 Dies gilt aus drei Gründen: Erstens ist es nicht möglich, aus der Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland zwingend herzuleiten, dass der Rückkehrer eine konkrete – oder auch nur eine bloß drohende Gefahr56 – für seine Mitbürger und die deutschen Institutionen bedeuten wird (Stichwort: Gefahrenprognose).57 Dies mag die Regel sein, aber die Gefahrenbekämpfung muss notwendigerweise individualisierten Risikobewertungen gehorchen.58 Dies gilt umso mehr, wenn es darum geht, eine Sicherheitsmaßnahme einer verantwortlichen (schuldfähigen) Person aufzuerlegen. Zweitens: Auch wenn man akzeptieren würde, dass der Terrorist prinzipiell eine zu bekämpfende Gefahr darstellt, ist es bei weitem unklar, ob die Ausbürgerung oder die anschließende Ausweisung eine wirksame Präventivmaßnahme ist (Stichwort: Erforderlichkeit); auf der einen Seite, weil empirische Studien in Frage stellen, dass die Bedrohung durch Ausbürgerung diejenigen einschüchtern kann, die bereit sind, sich dem IS anzuschließen, um gegen die „Ungläubigen“ in einem im Ausland stattfindenden Krieg zu kämpfen;59 auf der anderen Seite, weil 53
Zum (präventiven) Zweck der Ausweisung im Ausländerrecht s. etwa BeckOK-AuslR/ Tannenberger (22. Aufl. 2018), § 53 Rn. 25 ff. Im Hinblick auf den ausländischen Terroristen ebenso Kießling (Fn. 3), S. 48 ff. A.A. Beichel, Ausweisungsschutz, S. 198 ff., 224, der die Ausweisung als eine Strafe im Sinne des Art. 103 III GG versteht. 54 Vgl. BT-Drs. 18/3831, S. 1 ff. Aus der Literatur s. etwa Winkler/Schadtle (Fn. 3), S. 764 ff.; Wache (Fn. 3), Rn. 5 ff. 55 Grdl. Frisch, NStZ 2013, S. 251 ff. 56 Zum bloßen „Gefährder“ bzw. zur „drohenden Gefahr“ als neuem (antizipierten) Eintrittspunkt einer präventiv-polizeilichen Terrorismusabwehr s. neuerdings Kulick (Fn. 3), S. 183 ff., m.w.N.; Wehr, JURA 2019, S. 940 ff. 57 Zu beachten ist, dass § 28 I Nr. 2 StAG nicht nur für diejenigen gilt, die deutsche Interessen im Ausland bekämpfen, sondern für alle, die sich konkret an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung beteiligen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass derjenige, der im Rahmen eines inzwischen abgeschlossenen separatistischen Prozesses in einer terroristischen Vereinigung gekämpft hat, bei seiner Rückkehr kein besonderes Risiko für die allgemeine Sicherheit darstellt. 58 Zur dieser Problematik etwa Frisch, ZStW 1990, S. 370 ff., 375 f. Bzgl. der Gefahrenindizierung für eine Ausweisung i.d.S. Huber-AufentG/Beichel-Benedetti (2. Aufl. 2016), § 53 Rn. 5 ff. 59 Vgl. Carey, Citizenship Studies 2018, S. 898 m.w.N. Für eine allgemeine Infragestellung der präventiven Wirksamkeit des Ausnahme-Strafrechts gegen den Terrorismus s. auch Cancio Meliá, NCLR 2011, S. 113 – 117.
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die Ausweisung meistens nicht die geeignete mildeste Präventivmaßnahme sein wird. Der Ausgebürgerte kann dann immer noch seine ehemaligen Mitbürger aus dem Ausland oder im Ausland angreifen. Soweit die Ausbürgerung einen Verzicht auf die Verfolgung von begangenen Straftaten im Ausland darstellt, stellt sich vielmehr die Frage, ob es nicht viel effektiver wäre, sie zu verfolgen und den Straftäter anschließend im Rahmen eines Strafverfahrens zu verurteilen.60 Drittens: Selbst wenn die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Sicherungsausbürgerung bejaht würden, ist es hochgradig fragwürdig, ob sie den Filter der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne überwinden könnte (Stichwort: Angemessenheit). Im Gegensatz zu einer klassischen Sicherungsmaßnahme, die mit der Dauerhaftigkeit einer Gefahr verbunden ist, ist die Ausbürgerung endgültig. Das Ende der Gefahr könnte die Ausbürgerung nicht rückgängig machen, so dass es sich um eine Sicherheitsmaßnahme handelt, die generell mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar ist.61
IV. Zur feindrechtlichen Ausbürgerung von Terroristen Die Ausbürgerung von Terroristen kann als eine Maßnahme angesehen werden, die paradigmatisch ist für das neue und sich ständig weiterentwickelnde Sicherheitsbzw. Kriminalpräventionsrecht.62 Dieses setzt sich nach und nach aus einer Vielzahl von Rechtsinstitutionen zusammen, die aus verschiedenen Bereichen des Rechtssystems stammen und an einem einzigen Ziel orientiert sind: die Prävention von Gefahren bzw. die Befriedigung von Unsicherheitsgefühlen. In diesem „hybriden“ Sicherheitsrecht lösen sich die klassischen starren Grenzen zwischen Polizei-, Kriegs-, Straf-, Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht auf.63 Die Terrorismusbekämpfung ist zweifellos die treibende Kraft, die diese Entwicklung voranbringt und jede Abweichung von den klassischen Legitimationsmaßstäben des entsprechenden Rechtsgebiets zu rechtfertigen scheint.64 Dies ist für sich genommen nicht notwendigerweise inakzeptabel. Problematisch ist jedoch, wie der deutsche Gesetzgeber das Staatsangehörigkeitsrecht zur Terrorismusbekämpfung eingesetzt hat. Die Ausbürgerung nach § 28 I Nr. 2 StAG ist eine 60
So zu Recht Rautenberg (Fn. 37), S. 249. Vgl. Cohen, Ethics Int Aff 2016, S. 255 f. Die theoretische Möglichkeit einer zukünftigen Einbürgerung des reuigen Terroristen nach §§ 10, 11 StAG entkräftet dieses Argument nicht. Die Ausbürgerung wird weiterhin ohne Beziehung zu der labilen Gefahr verhängt. 62 Eing. Bäcker, Kriminalpräventionsrecht, S. 379 ff.; Gierhake, Der Zusammenhang, S. 302 ff., 449 ff.; Gärditz (Fn. 3), S. 1 ff. m.w.N. 63 Zur Schaffung eines neben die bisherigen Kategorien von Straf- und Polizeirecht tretenden „kriegsrechtlich orientierte[n] Präventionsrecht[s]“, das eine Ausgliederung des Feindstrafrechts aus dem Strafrecht ermöglichen würde, s. Pawlik, Der Terrorist, S. 23, 40 ff. Befürwortend die Streichung der Terrorismusabwehr aus dem Strafrecht auch Timm, Gesinnung und Straftat, S. 129 ff., 138 f.; Gierhake, Der Zusammenhang, S. 456 ff. 64 Krit. Puschke/Rienhoff, in: Puschke/Singelnstein (Hrsg.), Sicherheitsgesellschaft, S. 243 ff. 61
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„unterkriminalisierte“ strafähnliche Maßnahme mit einer enormen Affinität zur idealen Form eines – von Jakobs bereits früh profilierten – Feindstrafrechts.65 Es handelt sich tatsächlich um eine grundrechtsverletzende Form staatlicher Gewalt, die sich aber ausschließlich durch ihre exkludierende Natur charakterisiert.66 Durch ihre Auferlegung wird der Betroffene als „Feind“ identifiziert und zum Ausdruck gebracht, dass er nicht mehr würdig ist, Mitglied der politischen Gemeinschaft zu sein. Es geht weder um Bestrafung noch – in erster Linie – um (effektive) Prävention, sondern darum, sich von einem Bürger zu distanzieren, mit dem eine Gesellschaft nichts (mehr) zu tun haben will. Dies unter der Vorstellung zu verbergen, dass es der Terrorist selbst sei, der freiwillig auf seinen Bürgerstatus verzichte, ist durchaus fehl am Platze.67 Die feindstrafrechtliche Ausbürgerung als Reaktion auf die Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung ist, wie dargelegt, eine straftheoretisch inkonsistente Maßnahme, die sich außerdem rechtspolitisch als höchst problematisch erweist. Gewiss muss ein Staat fähig sein, sich mit Instrumenten zur Terrorismusbekämpfung auszustatten. Dies kann wesentliche rechtliche Änderungen erfordern und rechtfertigen. Dabei sollte der Staat allerdings nicht an dem Ast sägen, auf dem er selber sitzt.68 Die Ausbürgerung wird der Bedeutung der Staatsangehörigkeit als eines – nicht frei gewählten – maßgebenden Moments der persönlichen Identität des Bürgers nicht gerecht.69 Sie bringt außerdem eine Verzweigung des Staatsbürgerstatus mit sich: Während Bürger, die nur die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, einen erstklassigen Staatsbürgerschaftsstatus genießen, gibt es nun eine zweite Klasse von Staatsbürgerschaft, die provisorisch bzw. widerrufbar ist.70 Die Antwort, die 65 Zum Begriff vgl. nur Jakobs, HRRS 2004, S. 88 ff. und neuerdings ders., in: Bruns et al. (Hrsg.), Terror, S. 71 ff. Detaillierter Literaturüberblick zur Auseinandersetzung mit dem Feindstrafrecht in Greco, Feindstrafrecht, S. 31 ff. m.w.N. 66 Diese Beziehung betont auch Mañalich (Fn. 46), S. 77 ff. 67 So zurecht Sancinetti, in: Sancinetti (Hrsg.), Casos de Derecho penal, S. 52 ff. Kritisch zum Verwirkungsgedanke s. nur Greco, Lebendiges und Totes, S. 174 ff. m.w.N. Dass der Mangel an Loyalität gegenüber der deutschen Rechtsordnung den illoyalen Bürger nicht automatisch „hors de la loi“ stellt, macht exemplarisch deutlich Art. 18 GG. Darauf hinweisend Gärditz (Fn. 13), S. 128 n. 263. A.A. Pawlik, FS-Schroeder, S. 381 Fn. 122: Der Bürgerstatus lasse sich durch bestimmte Verhaltensformen verspielen. Nahest. Duff/Marshall (Fn. 44), S. 53 f.; Duff (Fn. 43), S. 137 ff. 68 Kulick (Fn. 3), S. 190 m.w.N. Grundl. Di Fabio, NJW 2008, S. 421 ff. 69 Zur Rolle der Staatsbürgerschaft als maßgebliches Identitätsmoment der Person s. Duff (Fn. 43), S. 141; Lacey (Fn. 43), S. 100 ff., 145. Nach Möllers (Demokratie, S. 25 f.) kommt eine Ausbürgerung von Eingebürgerten ebenfalls nicht in Frage: „Zur Aufnahme neuer Mitglieder ist die Ordnung nicht verpflichtet, aber mit der Aufnahme hat die Ordnung ein Versprechen gegeben, aus dem sie auch durch eine demokratisch legitimierte Entscheidung nicht mehr herauskommt.“ Dagegen s. aber Weber (Fn. 7), S. 222. 70 Gärditz (Fn. 13), S. 128 n. 263. S. auch Kießling (Fn. 4), S. 18 ff., 21: Da die Ausbürgerung nur Menschen mit Migrationshintergrund betreffen wird, sei sie mit dem Prinzip der gleichberechtigten Zugehörigkeit i.S. von Art. 16 GG inkompatibel. A.A. Weber (Fn. 7), S. 217 ff., 219, 221, der diese – und ähnliche – Argumente für weniger rechtsdogmatisch als
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von einem liberaldemokratischen Staat zu erwarten ist, der die Verantwortung für das Handeln seiner Bürger gegenüber sich selbst und den anderen Staaten der internationalen Gemeinschaft übernimmt, kann nicht die Entgemeinschaftung seiner „umherirrenden“ Staatsbürger sein.71 Ganz im Gegenteil: Auch der Terrorist verdient eine innergesellschaftliche Bewältigung seiner radikalen Infragestellung der freiheitlichen Rechtsordnung, namentlich: eine Wiedereingliederung durch die Verhängung der angemessenen Strafe bzw. Sicherungsmaßnahme.72 All dies wurde bereits von Prof. Sancinetti, dem ich diesen Beitrag aus Anlass seines 70. Geburtstages mit tiefer Bewunderung und Zuneigung herzlich widme, in seiner Kritik des Feindstrafrechts auf den Punkt gebracht: Es solle einem „Rechtsstaat nicht erlaubt sein, die vom Subjekt selbst beschlossene Exklusion zu akzeptieren“, denn „selbst der wirklich existierende Feind verdient es, als Person und als Bürger behandelt zu werden“.73 Ad multos annos! Literatur Arnauld, Andreas v.: Völkerrecht, 4. Auflage, Heidelberg 2019. Bäcker, Matthias: Kriminalpräventionsrecht: eine rechtsetzungsorientierte Studie zum Polizeirecht, zum Strafrecht und zum Strafverfahrensrecht, Tübingen 2015. Barker, Vanessa: Nordic Nationalism and Penal Order: Walling the Welfare State, London 2018. Barry, Christian/Ferracioli, Laura: Can Withdrawing Citizenship Be Justified?, Political Studies 4, 2016, S. 1055 – 1070. Beichel, Stephan: Ausweisungsschutz und Verfassung, Berlin 2001. Beichel-Benedetti, Stephan: § 53 AufentG, in: Bertold Huber (Hrsg.), Aufenthaltsgesetz, 2. Auflage, München 2016. Brettschneider, Corey: The Rights of the Guilty. Punishment and Political Legitimacy, Political Theory 35/2 (2007), S. 175 – 199. Cancio Meliá, Manuel: Terrorismusbegriff und Terrorismusdelikte, in: Anneke Petzsche/Martin Heger/Gabriele Metzler (Hrsg.), Terrorismusbekämpfung in Europa im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit: historische Erfahrungen und aktuelle Herausforderungen, Baden-Baden 2019, S. 159 – 176. vielmehr rechtspolitisch hält und daher für ungeeignet, die Handlungsmöglichkeiten des Gesetzgebers einzuschränken. Zum „Penal Nationalism“ s. neuerdings Barker, Nordic Nationalism, S. 79 ff. 71 Treffend hierzu von Arnauld (Fn. 17), § 2 Rn. 86: „Hier werden in Wahrheit eigene ,Verantwortlichkeiten ausgebürgert‘“. A.A. Depenheuer, Selbstbehauptung des Rechtsstaates, S. 8. 72 So Gärditz (Fn. 13), S. 128 n. 263; Kießling (Fn. 4), S. 13; Zimmermann/Eiken (Fn. 5), S. 1318; von Arnauld (Fn. 17), § 2 Rn. 86. 73 Sancinetti, in: LH-Leguizamón, S. 62; ders. (Fn. 67), S. 52 ff.
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Autoría mediata: hacia otra expansión en la jurisprudencia de la Corte Penal Internacional Por Alejandro Kiss*
I. Introducción Quiero agradecerles a los organizadores de este libro de homenaje para el Prof. Dr. mult., Dr. h. c. Marcelo A. Sancinetti por el honor de haberme invitado a participar en esta obra. El homenajeado es un jurista de una profundidad de análisis, agudez y claridad intelectual formidables. Esto se puede advertir tanto sus trabajos iniciales como en sus libros de casos, así como, especialmente, en sus tesis de doctorado, que se han consolidado como obras de cabecera en la dogmática penal hispanohablante. Sus seminarios de cátedra en el aula 207 de la Facultad de Derecho de la Universidad de Buenos Aires eran conocidos por el nivel de discusión que él auspiciaba y por la motivación que les imprimía a los jóvenes estudiantes de derecho penal. No tengo dudas de que ocupa un lugar destacado entre los juristas más importantes del derecho penal de Argentina. Con el homenajeado me une una enorme deuda de gratitud. Si no fuera por su incentivo durante los años iniciales de mi carrera, así como el apoyo antes y durante mis estudios en la República Federal de Alemania, nunca habría podido doctorarme en la Universidad de Münster. Con posterioridad, mi carrera se ha orientado hacia el derecho penal internacional, donde muchos de los temas de la parte general del derecho penal no encuentran una aplicación práctica inmediata. Sin embargo, sí han adquirido una relevancia significativa las reglas de autoría y participación, cuyo desarrollo incluso ha demostrado algunos rasgos compatibles con una teoría personal del ilícito. Espero entonces que le resulte interesante el trabajo que he preparado en su homenaje.
II. El dominio de un aparato de poder organizado En su libro sobre el derecho penal en la protección de los derechos humanos del año 1999, el homenajeado sostuvo con claridad “[s]i se detiene la mirada en el * El autor trabaja para las Naciones Unidas, Oficina del Alto Comisionado de Derechos Humanos (ACNUDH) y previamente para la CPI, pero las opiniones expresadas en este capítulo son del autor y no reflejan necesariamente las del ACNUDH ni las de la CPI.
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‘hombre de arriba’ […] [y asumiendo que depende de él] el contenido de la acción general del aparato […] [entonces] este aparato es a él lo que el arma de fuego es a quien la empuña […] [Y, por tanto,] quien pone en marcha de modo irreversible un aparato de poder organizado para producir un efecto determinado puede ser llamado también autor de ese efecto”.1 Un año antes se codificaba en el Estatuto de Roma de la Corte Penal Internacional (ECPI),2 por primera vez en el derecho penal internacional, la autoría mediata para ser aplicada precisamente en este tipo de casos. Fue toda una novedad, pues los instrumentos internacionales que le precedieron tan solo se referían a la responsabilidad del autor, criminalizando a quien “comete el hecho”. Es más, hasta un estadio avanzado de las negociaciones del ECPI, el proyecto contemplaba la autoría mediata, pero limitada expresamente a casos en los que el ejecutor del hecho no fuera responsable: “cometa un delito (…) por sí solo, con otro o por conducto de otra persona que no sea penalmente responsable”.3 Esto reflejaba la doctrina clásica de la autoría mediata,4 restringida a supuestos de utilización de un instrumento inocente5 y en línea con la idea expresada ya por Welzel, en los años cuarenta, de que la autoría mediata es conceptualmente inconcebible (“Unbegriff”) cuando el ejecutor es responsable como autor.6 El ECPI no solo recogió la autoría mediata sino que hizo explícito, a diferencia de lo previsto en varias legislaciones nacionales,7 que este modelo se aplica incluso cuando el instrumento sí es responsable. Evidentemente, en este punto, han sido de gran importancia los trabajos de Claus Roxin sobre el “el autor detrás del autor” y el
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Sancinetti, El derecho penal en la protección de los derechos humanos, p. 205. Según el Artículo 25(3) ECPI: De conformidad con el presente Estatuto, será penalmente responsable y podrá ser penado por la comisión de un crimen de la competencia de la Corte quien: a) Cometa ese crimen por sí solo, con otro o por conducto de otro, sea éste o no penalmente responsable. [La cursiva es propia]. 3 Schabas, The International Criminal Court, p. 406. 4 Ver por todos Stratenwerth, Derecho Penal I, § 12 n.8 m. 30. 5 Stratenwerth, Derecho Penal I, § 12 n. m. 30. Ver también en el caso Katanga/Ngudjolo, Confirmation Decision, para. 495; Katanga, Judgment pursuant to article 74 of the Statute, ICC-01/04 – 01/07 – 3436-tENG, 7 de marzo de 2014, párr. 1402.; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, p. 205, 242 – 52, 259, 685, 686, 704 – 717; Ambos, La parte general del derecho penal internacional, p. 203, 216 y 457 ss.; Olásolo, Tratado de Autoría y Participación en derecho penal internacional, p. 190. Fletcher, Rethinking Criminal Law, p. 667 ss. 6 Welzel, Süddeutsche Juristen-Zeitung 12 (1947), 650. 7 Tal es el caso con respecto al art. 28 CP de España y el § 25 StGB. Su antecedente, el Código Penal de Prusia de 1871, no contenía ninguna referencia a la comisión de un delito a través de otra persona (§ 47). Recién se incluyó en el § 25 StGB con la reforma de 1975. Esta reforma se inspiró en dos borradores, uno de 1962 (que ya proponía el mismo lenguaje que figura en la versión actual del StGB) y otro borrador (los denominados “Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches”) de 1966. La versión de 1975 se inspiró visiblemente en la teoría de Roxin. 2
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“dominio de la organización”,8 en los que se ofrece una justificación para una máxima ya expresada en el juicio de Eichmann, realizado por el Tribunal de Distrito de Jerusalén en 1962, en cuanto a que grado de disvalor no disminuye a medida que uno se aleja de la persona que, con sus propias manos, utiliza el instrumento letal, sino que en general aumenta.9 La CPI tiene recursos limitados y los concentra en quienes participan en crimines internacionales a nivel superior,10 personas que generalmente actúan lejos de la escena del crimen y ocupan lugares de relevancia en la estructura del estado o bien de organizaciones no estatales.11 Cuando el etiquetamiento adecuado de sus conductas (fair labelling) no es participación, sino autoría,12 el derecho penal internacional ha acudido, para expresar tal reprobación,13 a dos teorías: la doctrina de la empresa criminal conjunta (ECC) y la (co) autoría mediata. Ambas han sido el foco de una acalorada crítica en el ámbito académico.14 Como se sabe, la CPI no ha adoptado la doctrina de la ECC,15 sino la del dominio del hecho y el “dominio de la organización”,16 que entretanto se ha convertido en “jurisprudencia consolidada de la Corte”17 y a la que se ha recurrido en más de una docena de casos.18 8 Roxin, GA 1963,193 – 207. Werle y Burghardt, han efectuado una traducción al inglés de este trabajo, con el título “Crimes as part of organized power structures”, ver JICJ 9 (2011). Ver también Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, p. 242 – 52, 704 – 717; Fletcher, Rethinking Criminal Law, p. 655 – 656. La jurisprudencia de la CPI ha reflejado los casos de aplicación de esta teoría en Katanga/Ngudjolo Confirmation Decision, párr. 658. 9 Tribunal de Distrito de Jerusalén, Eichmann, Caso No. 40/61, 11 de diciembre de 1961, p. 192 – 193. Traducción al inglés disponible online en: https://www.asser.nl/upload/docu ments/DomCLIC/Docs/NLP/Israel/Eichmann_Judgement_11 - 12 - 1961.pdf. 10 Los parámetros están enunciados en el Reglamento de la Fiscalía, Norma 34(1). ver también ICC-OTP Policy Paper on Case Selection and Prioritisation, 15 de septiembre de 2016, párr. 42 y 43. 11 Schabas, The International Criminal Court, p. 569. 12 Este punto no se puede abordar, aquí, con mayor detalle. Brevemente: el autor es la persona a quien se le reprocha el ilícito mientras que los partícipes son responsables porque participan en la culpabilidad del autor, porque favorecen el hecho del autor o bien por su propio injusto. Véase, al respecto, Sancinetti, Teoría del delito y disvalor de acción, p. 731 ss. Véase también Jakobs, Theorie der Beteiligung, p. 11 ss. y nota 8; Kiss, ZIS 1 (2006), 52 ss. Véase, en contra, Stewart, Leiden Journal of International Law 25(1), 168. En contra de Stewart, véase Jackson, Complicity in International Law, p. 18 y 25 – 26; Jackson, The Attribution of Responsibility and Modes of Liability in International Criminal Law, p. 879 – 895; Gardner, Criminal Law, Philosophy 1 (2007), 132. Véase también Guilfoyle, Current Legal Problems 64, 261. Werle/Burghardt, Journal of International Criminal Justice 9 (2011), 88. 13 Feinberg, Philosophy and Phenomenological Research 33 (2), 95 ss. Ver también Chalmers/Leverick, The Modern Law Review 71(2), 223 ss. Guilfoyle, Current Legal Problems 64, 268. 14 Ohlin et al., Leiden Journal of International Law 26, 734. Guilfoyle, Current Legal Problems 64, 263. 15 Ordizola, La doctrina de la empresa criminal conjunta, p. 86 – 104, 88 ss. 16 La Sala de Apelaciones de la CPI ha adoptado el criterio del “dominio del hecho” en Lubanga, Appeal Judgment, párr. 469. Véase también Fletcher, Rethinking Criminal Law,
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En su origen, la teoría del control de la organización fue pensada para aplicarse principalmente a organizaciones estatales,19 como en la Alemania de Hitler. Sin embargo, si se toma esto como punto de partida, hubo una primera expansión cuando esta teoría se aplicó a organizaciones no estatales. Existen ejemplos de ello en la jurisprudencia de la CPI,20 así como en la jurisprudencia nacional.21 Si se atiende al título de este modo de responsabilidad, parece que la organización debe cumplimentar un estándar riguroso; debe consistir en (i) un aparato, (ii) de poder, (iii) jerárquico, y (iv) organizado.22 Sin embargo, ya Roxin, en su artículo fundacional, ha atenuado estos requisitos al aplicar el modelo a organizaciones mafiosas.23 Lo mismo puede decirse de la jurisprudencia del Tribunal Superior Federal alemán, a partir del fallo en el que se analizó la responsabilidad de los líderes políticos y militares por haber ordenado el asesinato de quienes intentaran cruzar la frontera. Allí se afirmó, en un desarrollo que fue decididamente criticado en el ámbito académico, que el “control sobre la p. 656; Weigend, JICJ 6 (2008), 478 ss.; Ohlin et al., Leiden Journal of International Law 26, 725 – 746. 17 Gbagbo, Decision on the confirmation of charges against Laurent Gbagbo, ICC-02/ 11 - 01/11 - 656-Red, 12 de junio de 2014, párr. 230. 18 Bemba Warrant of Arrest, ICC-01/05 – 01/08 – 14-tENG, 12 de junio de 2008, párr. 72 a 84. Katanga/Ngudjolo Confirmation Decision, párr. 500 ss.; Gbagbo Confirmation Decision, ICC-02/11 - 01/11 - 656-Red, 12 de junio de 2014, párr. 230; Blé Goudé Confirmation Decision, ICC-02/11 - 02/11 - 186, 12 de diciembre de 2014, párr. 137, 149 – 153 y 158; Simone Gbagbo Warrant of Arrest, ICC-02/11 - 01/12 - 1, 29 de febrero de 2012, párr. 9; Ruto/Sang Confirmation Decision, ICC-01/09 - 01/11 - 373, 4 de febrero de 2012, párr. 313; Kenyatta/ Muthaura Confirmation Decision, ICC-01/09 - 02/11 - 382-Red, 29 de enero 2012, párr. 409; Al-Bashir Warrant of Arrest, ICC-02/05 – 01/09 – 3, 4 de marzo de 2009, párr. 222 – 223 y 92; Ongwen Confirmation Decision, paras. 38 – 41. Ntaganda Confirmation Decision, ICC-01/ 04 – 02/06 – 309, 9 de junio de 2014, para. 104. Hussein, Article 58 Decision, ICC-02/05 – 01/ 12 – 1-Red, 1 de marzo de 2012, párr. 35 y 39; Yekatom Warrant of Arrest, ICC-01/14 – 01/ 18 – 1-Red, 11 de noviembre de 2018, párr. 20 y nota 115; Ngaïssona Warrant of Arrest, ICC01/14 – 02/18 – 2-Red, 7 de diciembre 2018, párr. 20 nota 204. 19 Roxin, JICJ 9 (2011), 193, 203. 20 Véase, por ej., Ntaganda, Decision on the Confirmation of Charges (Ntaganda Confirmation Decision), ICC-01/04 – 02/06 – 309, 9 de junio de 2014, párr. 119; Ongwen, Decision on the Confirmation of Charges, ICC-02/04 – 01/15 – 422-Red, 23 de marzo de 2016, párr. 50 ss. 21 Abimael Guzmán Reinoso et al., Corte Suprema de Justicia de Perú, Segunda Sala Penal Transitoria, R.N. No 5385 – 2006, 4.5.4 Autoría Mediata. 22 Katanga/Ngudjolo Confirmation Decision, párr. 500 – 518; Ruto, Kosgey and Sang, Decision on the Confirmation of Charges, ICC-01/09 – 01/11 – 373, 23 de enero de 2012, párr. 292 y 313; Ntaganda Confirmation Decision, párr. 104; Gbagbo, Pre-Trial Chamber I, Decision on theConfirmation of Charges, ICC-02/11 – 01/11 – 656-Red, 12 de junio de 2014, párr. 230; Hussein, Decision on the Prosecutor’s application under article 58 relating to Abdel Raheem Muhammad Hussein, ICC-02/05 – 01/12 – 1-Red, 1 de marzo de 2012, párr. 35; Abu Garda, Decision on the Confirmation of Charges, ICC-02/05 – 02/09 – 243-Red, 8 de febrero de 2010, nota 246. 23 Roxin, JICJ 9 (2011), 203 y 204.
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organización” puede ocurrir en organizaciones mafiosas, como las organizaciones criminales, y eso también incluye a líderes empresariales.24 Cuando de lo que se trata es de una maquinaria bien organizada, como el aparato nazi antes y durante la segunda guerra mundial, el dominio del hecho tiende a sustentarse en la “fungibilidad” de los ejecutores. En cambio, cuando esta estructura falta, como es frecuente en las organizaciones no estatales, el dominio del hecho todavía se puede garantizar mediante “factores débiles”, como se describe más abajo. La CPI se ha ocupado hasta ahora principalmente de delitos masivos cometidos por grupos paramilitares, sin requerir que las organizaciones revelen determinadas estructuras o superen umbrales mínimos, sino conformándose con que la organización garantice un “cumplimiento automático”.25 Recientemente, en el fallo Ntaganda, esta teoría se ha vuelto a expandir y se ha aplicado en casos en que los ejecutores no pertenecen a la organización. Ante cada ampliación, se impone comprobar si existen buenas razones para justificarla. nada más, ni nada menos. Es necesario verificar que el etiquetamiento como “autor” mantenga su significado, pues si el concepto se recarga demasiado se va a volver incapaz de expresar el disvalor de las conductas cuya gravedad pretende reflejar. Tal es el objetivo de este trabajo.
III. El cumplimiento casi automático de las órdenes Se ha acudido a dos tipos de argumentos para sustentar que la ejecución de los crímenes está garantizada por un cumplimiento casi automático de las órdenes. El primero es la fungibilidad del ejecutor. La idea es que la organización podría suministrar varios ejecutores potenciales de modo que la negativa o el fracaso de uno u otro no impediría la realización del plan.26 Los argumentos que se han formulado en contra de esta tesis y las réplicas son conocidos: • el dominio del hecho se sustenta en acciones hipotéticas de terceros —este es un punto secundario y no es exclusivo del autor detrás del autor—; • el intermediario especialista no es intercambiable —aquí se concede que el hombre de atrás es instigador—; y
24 BGHSt 40, 237. Crítico Roxin, ZIS 7 (2006), 298 y en Revista de Estudios de la Justicia 7 (2006), 21; Weigend, JICJ 9 (2011), 99; Brammsen/Apel, ZJS 3 (2008), 260 ss. 25 Katanga Judgment, párr. 1410. Ver también Ambos, La Autoría Mediata, p. 73 y Ambos, The Rome Statute of the International Criminal Court: A Commentary, p. 996. 26 Katanga Judgment, párr. 1408; Katanga/Ngudjolo Confirmation Decision, párr. 515; Gaddafi et al., Decision on the Prosecutor’s Application Pursuant to Article 58, ICC-01/ 11 – 01/11 – 1, 27 de junio de 2011, párr. 86; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, p. 245, así como en ZIS 7 (2006), 296; Jiménez Martínez, Dominio del hecho y autoría mediata, p. 150 s.
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• el ejecutor siempre puede decidir, en última instancia, dejar escapar a la víctima —ello no desbarata la tesis, sino que implica un malfuncionamiento de la organización—.27 La otra fundamentación acude a la especial predisposición al hecho que pueda detentar el ejecutor. La idea subyacente es que si el hombre de atrás recurre a un ejecutor con semejante inclinación, la realización del hecho se asegura lo suficiente como para adjudicarle dominio del hecho. Tal predisposición se ha fundado en los llamados “factores débiles”28 que la jurisprudencia de la CPI ha sustentado en: • la utilización de niños soldados, inclinados a cumplir las órdenes sin oponer cuestionamientos ni resistencia;29 • el reclutamiento de personas en condición de vulnerabilidad;30 • el sometimiento a un entrenamiento brutal;31 • una lealtad y una rivalidad fundada en factores étnicos;32 • un reclutamiento forzoso con amenaza de muerte a quien no acate las reglas;33 • castigos severos y públicos ante una desobediencia;34 • obligación de cometer crímenes bajo amenaza de golpizas y muerte;35 y • “recompensa” monetaria a quienes asesinen miembros de la etnia contraria y destruyan su propiedad.36 Estas justificaciones existen ya desde los orígenes de esta teoría, aunque en esa fase se entendían como opciones excluyentes. Roxin, en su artículo de 1963, solo se 27
Urban, Mittelbare Täterscahft kraft Organisationsherrschaft, p. 136 ss.; Jiménez Martínez, Dominio del hecho y autoría mediata, p. 155 – 159; Schroeder, La Autoría Mediata, p. 118; Ambos, InDret 3 (2011), 17 ss., así como en Treatise on International Criminal Law, p. 160. 28 Ambos, InDret 3 (2011), 15 – 16. 29 Katanga/Ngudjolo Confirmation Decision, párr. 547. En verdad, en estos casos ya podría tratarse de autoría mediata por uso de un ejecutor inocente, inimputable. 30 Ntaganda Judgment, ICC-01/04 – 02/06 – 2359, 8 de julio de 2018, párr. 818. 31 Ntaganda Judgment, ICC-01/04 – 02/06 – 2359, 8 de julio de 2018, párr. 818. 32 Ntaganda Judgment, ICC-01/04 – 02/06 – 2359, 8 de julio de 2018, párr. 549, 555(iii) y (v). 33 Muthaura et al. Confirmation Decision, párr. 208 – 209. 34 Muthaura et al. Confirmation Decision, párr. 210, recordando que: “Los Mungiki no tolera la disidencia. Las personas que desobedecieron a los Mungiki y al presidente desaparecerán. […] Esto es, con respecto a los miembros, sucederá algo incluso peor. Si un miembro desobedece, hay que cortarle la cabeza y ponerla a la vista del público en el lugar en el que se produjo el inconveniente con ese miembro del grupo”. Véase también Ntaganda Judgment, párr. 817. 35 Ruto et al. Confirmation Decision, párr. 324 – 325. Estos factores ya podrían constituir un caso de coacción. 36 Ruto et al. Confirmation Decision, párr. 320 – 323.
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ha referido al criterio de la fungibilidad.37 Dos años después, Friedrich Schroeder, discípulo de Reinhart Maurach, publicó su tesis de doctorado obtenido en la Universidad de Múnich, en la que introdujo y argumentó que lo determinante es la especial predisposición a actuar del ejecutor, y no así la fungibilidad.38 Roxin ha acogido la propuesta de Schroeder aunque la ha reinterpretado como un aspecto del dominio de organización.39 Ello ha generado suspicacias, dado que la idea de una ejecución del hecho independiente de la voluntad del hombre adelante es difícilmente reconciliable con el criterio de la predisposición incondicional del ejecutor.40 En uno de sus últimos artículos, Roxin presentó una versión menos estricta con respecto a la “especial predisposición”. Argumentó que la pertenencia de una persona a la organización suscita una tendencia a la adaptación e integración que facilita su participación irreflexiva en acciones que, de otro modo, jamás se le hubiese ocurrido realizar. Sostuvo que el líder pude confiar en la ejecución segura de sus órdenes cuando se valga de ejecutores que pretendan ascender en la institución, no repriman sus impulsos criminales o sádicos en la creencia de que quedarán impunes, o bien teman perder su puesto o ser menospreciados por sus colegas o la sociedad.41 Pero estas razones no parecen suficientes para adjudicarle al hombre de atrás el dominio del hecho. Tiene que existir una presión tan grave sobre el ejecutor que explique la migración de la responsabilidad accesoria a la principal.42 En la responsabilidad por emisión de una orden, considerada un modo agravado de instigación, la expectativa del emisor se sustenta en una garantía disciplinaria de cumplimiento de la orden. En cambio, en la última versión de Roxin se exige incluso menos que ello, ya que el incentivo es un premio, un ascenso en la carrera, la impunidad, la indiferencia o el reconocimiento. En su último fallo, la CPI ha concluido que lo determinante es que se ejerza sobre el ejecutor una influencia tan irresistible que su voluntad devenga irrelevante.43 Esto ya rechaza la versión “menos estricta” de Roxin. Pero este fallo presenta una particularidad que pone a la teoría, otra vez, frente a sus límites.
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Roxin, ZIS 7 (2006), 198 ss. Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, p. 168. 39 Roxin, Revista de Estudios de la Justicia 7 (2006), 20. 40 Schroeder, La Autoría Mediata, p. 121 – 122. 41 Roxin, Revista de Estudios de la Justicia 7 (2006), 20; Roxin, ZIS 7 (2006), 299. 42 Weigend, JICJ 9 (2011), 100; Herzberg, La Autoría Mediata, p. 132. 43 Ntaganda Judgment, párr. 777, 819 y 824.
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IV. Ejecutores externos a la organización Los hechos del caso, según el fallo que está en apelación, son los siguientes. En 2003, combatientes de la etnia Hema agrupados en Unión de Patriotas Congoleses (UPC) llevaron a cabo un ataque militar en la ciudad de Mongbwalu, República Democrática del Congo. Posteriormente emprendieron una operación llamada “desratización”, que consistió en dirigirse a las viviendas donde habitaban los Lendu, la etnia rival, para asegurar que abandonaran la ciudad. El tribunal dio por probado que los soldados cometieron asesinatos, como crímenes de lesa humanidad y de guerra, y saqueos, como crímenes de guerra. Se consideró que las milicias, que incluían niños soldados, había recibido un entrenamiento de tal brutalidad, en un campo de entrenamiento que no se podía abandonar bajo pena de muerte, que actuaban en completa obediencia. Los niños soldados, muchos previamente secuestrados, estaban en una situación de especial vulnerabilidad y ese entrenamiento los había vuelto todavía más sumisos. Fueron sometidos a golpizas, falta de alimento y adoctrinamiento en un contexto de marcada rivalidad étnica.44 Ello, junto con la fungibilidad de los ejecutores, llevó a concluir que los líderes del UPC fueron responsables de los delitos como coautores mediatos.45 Sin embargo, algunos crímenes no fueron ejecutados por los solados sino por civiles de la etnia Hema que habitaban Mongbwalu. Aquí es donde la jurisprudencia experimentó otra expansión. Pues tales delitos también fueron atribuidos a los líderes como coautores mediatos. Se concluyó que estos civiles Hema actuaron como instrumentos, controlados por los coautores a través de los soldados pertenecientes a la organización, la cual en sí misma era un instrumento en las manos de los coautores. Los coautores realizaron los elementos típicos de ciertos delitos a través de estos civiles cuya voluntad, se concluyó, había devenido irrelevante.46 La atribución de responsabilidad por hechos ejecutados por civiles no es desconocida en derecho penal internacional.47 En el precedente del linchamiento de Essen, un tribunal militar británico juzgó un caso en el que un comandante nazi fue responsabilizado por hechos cometidos por una muchedumbre reunida fortuitamente para la comisión inmediata de un delito. Tres pilotos británicos habían sido capturados en diciembre de 1944 por la policía en la ciudad de Essen, Alemania, y entregados a un destacamento militar cuyo comandante era Heyer. Una muchedumbre se congregó frente al cuartel cuando los prisioneros debían ser trasladados a 44
Ntaganda Judgment, párr. 817 – 819. Ntaganda Judgment, párr. 817 – 819. 46 Ntaganda Judgment, párr. 820 – 824. 47 El caso más relevante, en el ámbito del ICTY, de ejecución del hecho a través de una persona ajena a la empresa criminal conjunta fue el seguido contra Radoslav Brd¯anin. Sin embargo, la Sala de Aplaciones decidió no pronunciarse acerca de si resultaba conenado como autor o como partícipe. Véase Appeal Judgment, Case No. IT-99 – 36-A, 3 de abril de 2007, nota 891. 45
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otro sitio para un interrogatorio. Justo antes del traslado, Heyer les ordenó a los escoltas, en voz alta y desde las escaleras del cuartel —para que la muchedumbre pudiera oírlo—, que no interfirieran si los civiles molestaban a los prisioneros, pues igual al final les iban a disparar. La muchedumbre en torno a los prisioneros fue creciendo y comenzó a golpearlos y a arrojarles palos y piedras durante el traslado por una calle de Essen hasta que fueron arrojados desde un puente. Uno de ellos murió a consecuencia de la caída y los demás por disparos, golpes y patadas.48 El tribunal consideró que hubo una sucesión de tres estadios. Primero Heyer encendió la llama, después cada persona que arrojó una piedra durante el traslado agregó combustible al fuego y, finalmente, la explosión ocurrió en el puente, pero la suerte de los prisioneros estaba echada desde el mismo momento en que abandonaron el destacamento.49 El tribunal identificó una regla del derecho inglés según la cual un acto de instigación puede dar lugar a responsabilidad como autor. Heyer fue condenado a muerte por ahorcamiento y uno de los miembros de la escolta fue condenado a una pena de 5 años de prisión.50 El caso resuelto por la CPI y el del linchamiento de Essen tienen en común que la comisión del delito se había vuelto prácticamente segura para el líder. Sin embargo, tal seguridad en el desarrollo del curso causal no es necesaria para el dominio del hecho en los casos clásicos de autoría única. Quien deja un vaso con veneno sobre la mesa para que la víctima lo beba si es que vuelve a casa y tiene sed antes de acomodar la mesa mantiene dominio del hecho, a pesar de que ha asumido un curso causal inseguro. Pero en los casos de autoría única justamente no se interpone una persona autorresponsable. Entonces, lo importante es identificar qué tipo de razones todavía pueden justificar adjudicarle el dominio del hecho al hombre de atrás. A mi modo de ver lo que hay que investigar es si se ha eliminado la inseguridad propia de interponer una persona responsable. Si se acepta que la causalidad se puede transmitir psíquicamente,51 es concebible que algunos eslabones de una cadena causal estén asegurados por la organización y otros en razón de que se 48
Véase “The United Nations War Crimes Commission”, Law-Reports of Trials of War Criminals, Volume I, London, HMSO, 1947: Caso n.8 8: “The Essen Lynching Case Trial of Erich Heyer and six others”, British Military Court For The Trial Of War Criminals, http:// www.loc.gov/rr/frd/Military_Law/pdf/Law-Reports_Vol-1.pdf, 89. 49 “The United Nations War Crimes Commission”, Law-Reports of Trials of War Criminals, Volume I, London, HMSO, 1947: Caso n.8 8: “The Essen Lynching Case Trial of Erich Heyer and six others”, British Military Court For The Trial Of War Criminals, http://www.loc. gov/rr/frd/Military_Law/pdf/Law-Reports_Vol-1.pdf, 89. 50 “The United Nations War Crimes Commission”, Law-Reports of Trials of War Criminals, Volume I, London, HMSO, 1947: Caso n.8 8: “The Essen Lynching Case Trial of Erich Heyer and six others”, British Military Court For The Trial Of War Criminals, http://www.loc. gov/rr/frd/Military_Law/pdf/Law-Reports_Vol-1.pdf, 90 s. También fueron sentenciados tres civiles a pena a de muerte por ahorcamiento, a pena de prisión perpetua y a una pena de diez años de prisión. Con detalle ver Cheah/Vormbaum, LJIL 2018, 10 ss. 51 En este sentido Frister, Causalidad, riesgo e imputación, p. 500. Esto vale con respecto a la instigación y la autoría mediata, en este sentido Kiss, InDret 2 (2013), nota 23.
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aprovecha la especial predisposición a actuar del intermediario. Si los líderes de la organización configuran el escenario en el cual ha de materializarse esa predisposición irrestricta, entonces, en relación con el resultado pretendido, habrán eliminado esa inseguridad. El empleo dirigido de quien no opondrá resistencia le devuelve al autor detrás del autor el rol central en el delito: tiene tanto dominio del hecho quien arroja a la víctima al fuego como quien la arroja a una multitud enardecida. Asumiendo, desde el punto de vista fáctico, que sea correcto que se ha aprovechado una vocación irrestricta a cometer el hecho, es posible ver que la expansión que aceptó la CPI en el fallo Ntaganda está fundada en el mismo tipo de razones que justificaron ampliaciones anteriores. Estas ideas ya se pueden encontrar en el origen de la teoría del autor detrás del autor. Schroeder planteaba, con referencia al conocido caso Dohna, que lo determinante es que la actuación a través de un intermediario resuelto a cometer el hecho elimina la inseguridad de producir el resultado que es típica en la participación delictiva, en la que la ejecución está sujeta a una decisión de voluntad ajena.52 Claro que, entonces, no es indispensable que exista una organización, o que el intermediario pertenezca a ésta.53 Antes bien, lo que importa es que el autor mediato ejerce “control sobre el resultado”54 y que, entonces, puede orquestar el curso causal hacia el desenlace, a pesar de incluir la actuación de una persona autorresponsable. Esta posición retoma una idea a la que ya acudía v. Buri hace más de 150 años para justificar la responsabilidad del autor detrás del autor: el aprovechamiento de una energía criminal como si fuera un curso causal natural.55 Como se recordaba al comienzo de este trabajo, el homenajeado sostuvo que “quien pone en marcha de modo irreversible un aparato de poder organizado para producir un efecto determinado puede ser llamado también autor de ese efecto”.56 La capacidad de rendimiento del “aparato de poder organizado” es justificar de qué modo se deroga la incertidumbre propia de interponer un intermediario responsable. Pero si ese automatismo se puede alcanzar a pesar de que los intermediarios no pertenecen a la organizacion, por ejemplo, cuando a traves de ésta se configura una situación en la que se ha de materializar la especial predisposición del ejecutor a cometer el ilícito, no se advierten haber razones de principio para rechazar la responsabilidad del autor detrás del autor.
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Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, p. 150, 166 – 169. Rotsch, Einheitstäterschaft, p. 376, 382 y 390. 54 Weigend, JICJ 9 (2011), 100; Rotsch, NStZ 2005, 13 ss.; Herzberg, La Autoría Mediata, p. 132; Rotsch, NStZ 2005, 13 ss. 55 Véase von Buri, GA 1869. 56 Sancinetti, El derecho penal en la protección de los derechos humanos, p. 205. 53
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V. Conclusión Ante cada expansión de la teoría del dominio de la organización se plantea la necesidad de investigar si las razones ofrecidas en sustento de ello son convincentes. Si los coautores configuran, a través de la organización, un escenario en el cual, como saben, el intermediario pondrá en ejecución su predisposición irrestricta a cometer el delito, entonces es concebible que mantengan dominio del hecho. Esto vale tanto cuando el intermediario pertenece a la organización, como cuando no pertenece a ésta. Bibliografía Ambos, Kai: Article 25: Individual Criminal Responsibility, en: Kai Ambos/Otto Triffterer (eds.), The Rome Statute of the International Criminal Court: A Commentary, 3.a ed, Fráncfort del Meno 2016. Ambos, Kai: La parte general del derecho penal internacional: bases para una elaboración dogmática, Berlin 2006. Ambos, Kai: Sobre la organización en el ‘dominio de la organización’, InDret 3 (1), 2011. Ambos, Kai: Trasfondos políticos y jurídicos de la de la sentencia contra el ex Presidente Peruano Alberto Fujimori, en: Kai Ambos/Iván Meini, (eds.), La Autoría Mediata, Lima 2010, p. 45 – 90. Ambos, Kai: Treatise on International Criminal Law – Vol. 1: Foundations and General Part, Oxford 2013. Brammsen, Joerg/Apel, Simon: Anstiftung oder Täterschaft? ‘Organisationsherrschaft’ in Wirtschaftsunternehmen, ZJS 3 (2008), p. 256 – 264. Buri, Maximilian von: Urheberschaft und Beihilfe, GA 17 (1869), p. 233 – 241. Chalmers James /Leverick, Fiona: Fair Labelling in Criminal Law, The Modern Law Review 71 (2), 2008, p. 217 – 246. Cheah, Wui Ling/Vormbaum, Moritz: British War Crimes Trials in Europe and Asia, 1945 – 1949: A Comparative Study, Leiden Journal of International Law 2018, p. 350 – 370. Feinberg, Joel: Doing and Deserving, Essays in the Theory of Responsibility, Philosophy and Phenomenological Research 33 (2), 1972, p. 284 – 285. Fletcher, George: Rethinking Criminal Law, Boston 1978. Frister, Helmut: La causalidad de la acción respecto del resultado, en: Marcelo Alberto Sancinetti (ed.), Causalidad, riesgo e imputación, Buenos Aires 2009, p. 478 – 502. Gardner, John: Complicity and causality. Criminal Law, Philosophy 1 (2007), p. 127 – 141. Guilfoyle, Douglas: Responsibility for Collective Atrocities: Fair Labelling and Approaches to Commission in International Criminal Law, Current Legal Problems 64 (2011), p. 255 – 286.
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ESMA und GRÖNING Die späte Reaktion auf Systemunrecht Von Norbert Lösing „Como a los nazis, les va a pasar, adonde vayan los iremos a buscar“ „Wie den Nazis wird es ihnen ergehen, wohin sie gehen, werden wir sie suchen“ (Ausruf der Angehörigen der Opfer nach der Verkündung des Urteils im dritten ESMA-Verfahren) „Wir weinen immer noch um die, die Sie uns nahmen, Herr Gröning. Wie könnte ich vergeben, wie könnte ich vergessen, Herr Gröning“ (Aussage im Lüneburger Prozess von Angela Orosz-Richt, 1944 in Auschwitz geboren. Sie überlebte mit ihrer Mutter) Am 29. 11. 2017 verkündet der Tribunal Oral Federal N 5 in Buenos Aires das Urteil gegen 54 Angeklagte im dritten ESMA-Prozess der „vuelos de la muerte“, 40 Jahre nach den ausgeurteilten Taten. Am 15. 07. 2015 verurteilt das Landgericht Lüneburg Oscar Gröning, „den Buchhalter von Auschwitz“, mehr als 70 Jahre nach den ausgeurteilten Taten.
I. Strafrechtliche Vergangenheitsaufarbeitung Verfahren wegen systemgetragener Gewaltverbrechen haben die Unwägbarkeiten und Schwierigkeit, im Strafverfahren mit einer Bindung an rechtsstaatliche Formen eine juristische Antwort auf historische Schuld zu finden, verdeutlicht. Einerseits ist gerade das Strafrecht ein Seismograph für die Rechtsstaatlichkeit nach einem politischen Umbruch, andererseits ist ein politischer Umbruch nicht unbedingt (jedenfalls in der Regel nicht unmittelbar) von einem umfassenden personellen und institutionellen Umbruch begleitet. Zwar hatten zwölf Jahre nationalsozialistische Herrschaft (auch) das Rechtswesen vernichtet,1 dennoch blieben viele Richter und Staatsanwälte, die zur Durchsetzung der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft 1
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beigetragen hatten, in der Bundesrepublik Deutschland in Amt und Würde bzw. in einflussreichen Positionen.2 Die Auswirkungen auf die Vergangenheitsaufarbeitung lassen sich gut am Beispiel des Umgangs der Justiz mit dem Straftatbestand der Rechtsbeugung nachvollziehen. Als der BGH sich zu Beginn der 1950er Jahre mit der strafrechtlichen Würdigung der Tätigkeit von NS-Strafrichtern befasste, schien die anfängliche Tendenz die Aufarbeitung der Taten unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Grundsätze zu sein. Die Mitwirkung an einem gerichtlichen Todesurteil konnte demnach als Beihilfe zum Mord oder zum Totschlag gewertet werden, wenn das Todesurteil gegen allgemein verbindliche rechtliche Grundsätze verstieß, die unabhängig von staatlicher Anerkennung gelten.3 Im Einklang mit dieser Entscheidung wurde z. B. die vom Volksgerichtshof verhängte Todesstrafe gegen den katholischen Priester Max Josef Metzger im Urteil vom 14. Oktober 1943 wegen Feindbegünstigung oder Hochverrat4 vom BGH in einem Verfahren gegen die damalige Denunziantin in der Form gewertet, dass die Verurteilung des Priesters und die Vollstreckung des Urteils eine vorsätzliche rechtswidrige Tötung unter dem Deckmantel der Strafjustiz war.5 Es handelte sich um eine Ausnutzung gerichtlicher Formen zur widerrechtlichen Tötung. Eine solche Rechtsanwendung diente nur noch der Vernichtung des politischen Gegners und verletzte damit den unantastbaren rechtlichen Kernbereich. Dadurch enthüllte eine derartige „Rechtsprechung“ ihr wahres Wesen als Terrorinstrument.6 Dem kann man nur beipflichten. In dem Verfahren gegen einen der beteiligten Berufsrichter des Volksgerichtshofs an der oben treffend als Terrorinstrument beschriebenen Rechtsprechung scheiterte die Verurteilung wegen Rechtsbeugung hingegen an der Frage des Vorsatzes, der bestimmt sein und sich auch auf die unrichtige Rechtsanwendung beziehen müsse.7 Die unterschiedliche Beurteilung der Entscheidung des Volksgerichtshofs, abhängig davon, ob das Verhalten eines Denunzianten oder das eines beteiligten Richters zu beurteilen war, ist zu Recht als beschämend beschrieben worden.8 War der Denunziant ein Jurist, so war auch dies von Vorteil. Am 8. Mai 1964 sprach das Landgericht Hamburg Dr. Jur. Hans Theodor Froehlich, der einen befreundeten Kaufmann während des Krieges wegen defätistischer Äußerungen angezeigt hatte, was erwartungsgemäß zu einem Todesurteil führte, frei. Die Begründung lautet: „dass der Angeklag2 Rüthers, NJW 2000, S. 2866 ff., Rüthers, NJ 7/07, S. 339; Friedrich, Die kalte Amnestie, NS-Täter in der Bundesrepublik Deutschland. 3 BGHSt 2, S. 173 (175). 4 Max Josef Metzger hatte an den schwedischen Erzbischof in Uppsala ein Manifest gerichtet, in dem er in getarnter Form eine demokratische Staatsordnung für Deutschland nach dem Krieg entworfen hatte. Eine Denunziantin sorgte dafür, dass das Manifest der Gestapo in die Hände fiel. 5 BGH NJW 1956, 1485 (1486). 6 BGH NJW 1956, 1485 (1486). 7 BGH, Urt. v. 30. 04. 1968 – Az. 5 StR 670/67. 8 Hilgendorf, in: LK StGB § 339 Rn 102.
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te als Jurist und überzeugter Nationalsozialist … der Ansicht gewesen sein kann, ein Gericht des Dritten Reiches setze kein Unrecht und begehe weder Rechtsbeugung noch Totschlag.9“ Bei der Ahndung von Rechtsbeugungsfällen in der DDR-Justiz10 griff die spätere Rechtsprechung härter durch. Sie konnte sich dabei allerdings auch auf zwischenzeitlich geltende UN-Menschenrechtskonventionen und damit auf von der Völkergemeinschaft allgemein anerkannte Menschenrechte berufen. So konnte die Rechtsprechung es dahinstehen lassen, ob und inwieweit einer zur Tatzeit praktizierten Interpretation eines Strafgesetzes (konkret § 244 StGB - DDR) im Rahmen des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots Bedeutung zukommt. Art. 103 Abs. 2 GG ist jedenfalls nicht anwendbar, wenn die der Rechtsanwendung zugrundeliegende Staatspraxis durch Aufforderung zu schwerstem kriminellen Unrecht und seiner Begünstigung die in der Völkergemeinschaft allgemein anerkannten Menschenrechte in schwerwiegender Weise missachtet, denn hierdurch setzt der Träger der Staatsmacht extremes staatliches Unrecht, das sich nur solange behaupten kann, wie die dafür verantwortliche Staatsmacht faktisch besteht.11 An den mit dem Erfordernis eines elementaren Verstoßes gegen die Rechtspflege verbundenen Einschränkungen des Rechtsbeugungstatbestandes hat der BGH aber auch für den besonders sensiblen Bereich der politisch motivierten Strafjustiz grundsätzlich festgehalten. In einem Beschluss vom 24. Oktober 1996 hatte das BVerfG hinsichtlich der DDR-Grenzsoldaten darauf hingewiesen, dass sich dem durchschnittlichen Soldaten die richtige Grenze strafbaren Verhaltens nicht selbstverständlich zweifelsfrei erschließe. Es müsse insoweit näher dargelegt werden, weshalb der einzelne Soldat angesichts seiner Erziehung, der Indoktrination und der sonstigen Umstände in der Lage war, den Strafrechtsverstoß zweifelsfrei zu erkennen.12 Solche Privilegien wurden DDR-Richtern nicht zugestanden. Dies, obwohl auch hier grundsätzlich aus der speziellen Regelung für eine eingeschränkte strafrechtliche Verantwortung den Richtern der DDR die „Sperrwirkung“ des Rechtsbeugungstatbestandes zuzubilligen sei. Für die Feststellung einer durch Willkür gekennzeichneten offensichtlichen schweren Menschenrechtsverletzung hat der BGH drei Fallgruppen als mögliche Rechtsbeugungstatbestände aufgezeigt: Fälle, in denen Straftatbestände überdehnt worden sind; Fälle, in denen die verhängte Strafe in einem unerträglichen Missverhältnis zu der abgeurteilten Handlung gestanden hat; schwere Menschenrechtsverletzungen durch die Art und Weise von Verfahren. Die Rechtsanwendung war für Berufsrichter keine ungewöhnliche Aufgabenstellung. Für die Methodik der Auslegung von Rechtsvorschriften galten in der DDR keine Besonderheiten. Die Situation der Richter ist mit der Lage des Grenzsoldaten, der die Vereinbarkeit eines ihm erteilten Befehls mit dem Strafrecht überprüfen sollte, nicht vergleichbar. Danach ist es verfassungsrecht9
Müller, S. 326 unter Verweis auf Rüter et al., Justiz und NS-Verbrechen, S. 158. Hierzu Werkentin, Recht und Justiz im SED-Staat. 11 BVerfG, Beschl. v. 12. 01. 2000 – Az. 2 BvQ 60/99. 12 BVerfGE 95, S. 96. 10
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lich nicht zu beanstanden, dass der BGH angesichts der besonders hohen Anforderungen an den objektiven Rechtsbeugungstatbestand davon ausgeht, es erscheine von vornherein kaum vorstellbar, dass einem Berufsrichter die evidente Rechtswidrigkeit seiner Entscheidung in diesen Fällen verborgen geblieben sein könnte.13 Der BGH selbst räumt ein, dass Maßstäbe, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland bei der Beurteilung von NS-Justizunrecht angewandt worden sind, weit weniger streng waren. Die Erkenntnis, dass eine Todesstrafe nur dann als nicht rechtsbeugend anzusehen ist, wenn sie der Bestrafung schwersten Unrechts dienen sollte, hätte in einer Vielzahl von Fällen zur Verurteilung von Richtern und Staatsanwälten des nationalsozialistischen Gewaltregimes führen müssen. Derartige Verurteilungen gibt es trotz des tausendfachen Missbrauchs der Todesstrafe, namentlich in den Jahren 1939 – 1945, nur in sehr geringer Zahl.14
II. Die Sachverhalte zu ESMA und GRÖNING 1. Drittes ESMA-Verfahren „Vuelos de la Muerte“ In der Escuela Mecánica de la Armada (ESMA) in Buenos Aires wurden Gefangene des Militärregimes festgehalten. Es kam dort während der Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983 zu einem systematischen Foltern, Töten und Verschwindenlassen von 4.000 – 5.000 Personen. Diese Handlungen wurden von den Tätern mit einem notwendigen Kampf gegen den Terrorismus begründet und teilweise als ungewollte, aber unvermeidbare Exzesse in diesem Kampf bezeichnet. Zu den genannten Handlungen kamen Kindesentführungen hinzu. Kinder von Gefangenen oder in Gefangenschaft geborene Kinder wurden ihren leiblichen Eltern weggenommen und von anderen Personen adoptiert. Die Straftaten sind in Argentinien in zwischenzeitlich drei Verfahren (Megacausa ESMA) teilweise aufgearbeitet worden. Weitere Verfahren sind noch anhängig. In dem dritten ESMA-Verfahren vor dem Tribunal Oral en lo Criminal Federal Nr. 5 wurden 789 Fälle geprüft, in denen Gefangene willkürlich festgenommen worden waren, gefoltert und teilweise nach einer Sedierung über dem Atlantik aus Flugzeugen in den Tod gestürzt wurden. 2. „Gröning und die Ungarn-Aktion“ Anfang März 1944 begann die SS damit, nach dem Vorbild der „Aktion Reinhard“ die Vernichtung der in Ungarn lebenden jüdischen Bevölkerung (sog. Ungarn-Aktion) einzuleiten. In Ungarn lebende Juden wurden nach der Besetzung Ungarns durch deutsche Truppen am 19. März 1944 in Ghettos zusammengetrieben und schließlich 13 14
BVerfG, Beschl. v. 7. 4. 1998 – 2 BvR 2560/95. BGH, Urt. v. 16. 11. 1995 – 5 StR 747/94; NJW 1996, S. 857 (859 f.).
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in der Zeit vom 16. Mai bis zum 11. Juli 1944 mit Zügen nach Auschwitz deportiert, um dort in gleicher Weise systematisch getötet zu werden wie die zuvor von der „Aktion Reinhard“ betroffenen Juden. In Auschwitz-Birkenau hatte die SS die „UngarnAktion“ dadurch vorbereitet, dass ein neues Bahnanschlussgleis verlegt worden war, das im Gegensatz zu dem früher genutzten (sog. alte Rampe) innerhalb des Lagers endete und sich dort in drei Gleise auffächerte (sog. neue Rampe). Dank dieser neuen Konstruktion konnten die Züge mit den Deportierten nur wenige hundert Meter von den Gaskammern entfernt anhalten und „entladen“ werden. Im Übrigen entsprachen die Abläufe im Rahmen der „Ungarn-Aktion“ denjenigen bei der „Aktion Reinhard”: Die für die „Abwicklung“ eines Transports eingeteilten Lagerangehörigen trieben die Deportierten aus den Waggons heraus und wiesen sie an, ihr Gepäck auf der Rampe stehen zu lassen. Um ihre Arglosigkeit (Mordmerkmal) aufrechtzuerhalten, teilten sie ihnen wahrheitswidrig mit, dass ihnen das Gepäck nachgebracht werde. Sodann trennte man die Deportierten nach Geschlechtern und trieb sie einem SS-Lagerarzt zu, der die sog. Selektion vornahm, indem er nach dem äußeren Eindruck und kurzer Befragung (insbesondere zu Alter und Beruf) darüber entschied, wer als „arbeitsfähig“ oder „nicht arbeitsfähig“ anzusehen sei. Die „Arbeitsfähigen“ wurden in das Lager eingewiesen und anschließend zur Zwangsarbeit eingesetzt, um auf diese Weise der „Vernichtung durch Arbeit“ zugeführt zu werden, alle anderen – durchschnittlich jeweils etwa 80 bis 90 Prozent – wurden direkt zu den Gaskammern geleitet. SS-Angehörige erklärten ihnen wahrheitswidrig, dass es „zum Duschen“ gehe. Unmittelbar vor den Gaskammern befand sich ein Raum, der wie ein Umkleideraum gestaltet war. Dort wiesen die SS-Angehörigen die Deportierten an, sich vollständig zu entkleiden. Sie forderten diese – wiederum in der Absicht, ihre Arglosigkeit so lange wie möglich aufrechtzuerhalten – auf, sich die Stelle, an der sie ihre Kleidung abgelegt hatten, genau zu merken, damit sie ihre Sachen „nach dem Duschen“ wiederfänden. Anschließend trieben sie sie in die Gaskammern, wo sie mittels des Schädlingsbekämpfungsmittels „Zyklon B“ (Cyanwasserstoff, „Blausäure“) qualvoll (Mordmerkmal) getötet wurden. Im Verlauf der „Ungarn-Aktion“ kamen 141 Züge mit rund 430.000 aus Ungarn deportierten Menschen in Auschwitz an. Weil die zur sofortigen Tötung bestimmten Opfer dort nicht registriert wurden, konnte das Landgericht deren genaue Zahl nicht feststellen; zugunsten des Angeklagten ist die Strafkammer davon ausgegangen, dass zumindest 300.000 der Deportierten sofort getötet wurden.
III. Der lange Weg Viele Hindernisse mussten überwunden werden, um diese späten Verfahren und Urteile überhaupt noch zu ermöglichen.
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1. Argentinien In Argentinien sind während der Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983 eine nicht genau feststellbare Anzahl (die Zahlen schwanken zwischen ca. 8.000 und ca. 30.000) Personen verschollen (detenidos-desaparecidos). Sie wurden willkürlich festgenommen, gefoltert und getötet. Die Leichen wurden in Massengräbern verscharrt, zusammen mit Autoreifen verbrannt oder über dem Atlantik und dem Rio de la Plata aus Flugzeugen geworfen. Grundlagen dieser Feststellungen sind insbesondere - der Bericht der Interamerikanischen Menschenrechtskommission vom 11. April 1980; - der Bericht der Comisión Nacional sobre las personas desaparecidas (besser bekannt als „Informe Nunca Más“) vom 20. September 1984; - das Urteil des Bundesberufungsgerichts (Cámara Nacional de Apelaciones en lo Criminal y Correccional Federal) von Buenos Aires vom 9. Dezember 1985 (Verfahren gegen die Militärjuntas); - den Angaben von Marcelo Sancinetti und Marcelo Ferrante (zu den Verschollenen) in dem Buch Eser/Arnold (Hrsg.) Strafrecht als Reaktion auf Systemunrecht, Band S 82.3 Argentinien, dort S. 96; - den Angaben von Graciela Fernández Meijide (zu den Verschollenen) in dem Buch „Die geheime Geschichte der Menschenrechte in Argentinien – Für Pablo“, Buenos Aires 2009.
a) Das Verfahren gegen die Militärjuntas Am 15. Dezember 1983 hatte der damalige Präsident Raúl Alfonsín das Dekret Nr. 158/83 erlassen, wonach gegen neun Militärs, die den Juntas zwischen 1976 und 1982 angehört hatten, ein Strafverfahren durchzuführen war. Zuvor war das sog. Autoamnestiegesetz (Ley 22.924) der Militärjunta durch ein Gesetz der ersten verfassungsmäßigen Regierung Argentiniens nach der Diktatur wegen seiner Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden (Ley 23.040). Nach der Überwindung dieses Hindernisses mussten noch weitere beseitigt werden. Nachdem das Verfahren bei der ursprünglich zuständigen Militärgerichtsbarkeit keine hinreichende Förderung erfuhr, konnte nach einer Gesetzesänderung das Verfahren am 4. Oktober 1984 von der ordentlichen Justiz übernommen werden. Im Rahmen dieses Verfahrens fand zum ersten Mal in Buenos Aires eine mündliche und öffentliche Verhandlung statt. Die Anklage selbst beschränkte sich nicht nur auf eine ausgewählte Anzahl von Fällen, sondern ging von einer Verantwortung der einzelnen Juntamitglieder für die Taten nur dann aus, wenn sie zum Zeitpunkt der Tatbegehung bereits Juntamitglieder waren. Eine „vertikale Haftung“ innerhalb der Kommandokette wurde damit nicht
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überprüft. Angeklagte Straftaten, die begangen worden waren, während ein (späteres) Juntamitglied noch in einer untergeordneten Position der Kommandokette tätig gewesen war, wurden bereits in der Anklage dem späteren Juntamitglied strafrechtlich gar nicht zugeordnet. Auch eine „horizontale Haftung“ wurde abgelehnt. Zwar forderte der Staatsanwalt in seinem Schlussvortrag, dass jede nachgewiesene Tat nicht nur einzelnen, sondern allen Mitgliedern der jeweiligen Junta strafrechtlich zuzurechnen sei. Dies sollte unabhängig davon sein, welcher Teilstreitkraft sie angehörten und innerhalb welcher Teilstreitkraft die konkreten Taten ausgeführt worden waren. Diesem Kriterium folgte das Gericht aber nicht und führte eine Zuordnung nach Teilstreitkräften durch. Demnach war das jeweilige Juntamitglied strafrechtlich nur für die Straftaten verantwortlich, die innerhalb der ihm unterstellten Teilstreitkraft begangen worden waren. Dies führte insbesondere bei den zur Luftwaffe gehörenden Juntamitgliedern zu erheblichen Strafreduktionen. Sowohl die erstinstanzlich zuständige Cámara Nacional de Apelaciones en lo Criminal y Correcional de la Capital15 (erstinstanzlich zuständiges Berufungsgericht) als auch die Corte Suprema16 (Oberster Gerichtshof) beriefen sich bei den Verurteilungen auf eine bei den Angeklagten liegende Tatherrschaft, weil sie die Organisation, die die Taten erzeugte, kontrollierten. Trotz dieser an sich expliziten Berufung auf die Organisationsherrschaftslehre wurden die Angeklagten aber nicht als mittelbare Täter verurteilt. Sie wurden stattdessen als notwendige Teilnehmer bzw. ihr Beitrag als eine notwendige Zusammenarbeit an den von den unmittelbaren Tätern begangenen „Haupttaten“ (Folter mit Todesfolge) qualifiziert. Diese notwendige Teilnahme wurde in der Rechtsfolge allerdings, wie in Art. 45 Código Penal vorgesehen, wie eine Täterschaft behandelt und entsprechend bestraft. b) Die Hindernisse für eine weitere strafrechtliche Aufarbeitung War die erstmalige Aufarbeitung der während der Militärdiktatur begangenen Straftaten durch ein nationales Gericht gegen die ehemalige Staatsführung eine Prämiere, nicht nur in Argentinien, sondern weltweit, wurde der zumindest im Ansatz vielversprechende Beginn der strafrechtlichen Reaktion auf Systemunrecht sehr bald ausgebremst. Zunächst wurde versucht, weitere Verfahren durch entsprechende Anweisungen an die Staatsanwaltschaften zu verhindern. Nachdem diese Strategie nicht die gewünschten Ergebnisse erzielte, wurde das sog. „Gesetz des Schlussstrichs“ (Ley 23.492 de Punto Final) erlassen. Damit sollte der „Strafverfolgungsanspruch“ für bestimmte, in der Vergangenheit liegende Straftaten erlöschen, soweit nicht innerhalb von 60 Tagen nach Erlass des Gesetzes eine Vorladung zur ersten Beschuldigtenvernehmung erfolgt. Die entscheidende Vorschrift lautete:
15 16
Urteil der Cámara vom 9. 12. 1918, in Fallos CS, Bd. 309-I/II, S. 33 – 1657. Urteil der Corte Suprema vom 30. 12. 1986, in Fallos CS, Bd. 309-II, S. 1689 – 1923.
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„Das Erlöschen des Strafverfolgungsanspruchs wegen vermutlicher Teilnahme jeden Grades an den Straftaten des Art. 10 des Gesetzes Nr. 23.049 gilt für jede Person, die nicht flüchtig ist oder die nicht vor Gericht geladen worden ist oder die nicht von einem zuständigen Gericht innerhalb von sechzig Tagen nach Erlassen des vorliegenden Gesetzes zu einer ersten Beschuldigtenvernehmung geladen worden ist.“17
Vereinfacht könnte man sagen, es handelte sich um eine Verjährungsregelung, die eine Verfolgungsverjährung unter „bestimmten Umständen“ eintreten lassen und die nur für gewisse und in der Vergangenheit liegende Taten gelten sollte. Für andere, in der Vergangenheit ausgeführte und für zukünftige Taten sollte das Gesetz keine Wirkung entfalten. Auch das Ziel dieses verfassungsrechtlich fragwürdigen Gesetzes konnte nicht erreicht werden, u. a. weil Menschenrechtsorganisationen durch eine unglaubliche Fleißarbeit die Einleitung zahlreicher Verfahren vor Ablauf der gesetzten Frist durchsetzen konnten.18 Es folgte daraufhin der Erlass des sog. Gesetzes der Gehorsamspflicht (Ley 23.521 de Obediencia debida). Mit dem Gesetz wurde die Gehorsamspflicht als Schuldausschließungsgrund vorgegeben, da die Befehlsempfänger sich in einer „Zwangssituation“ befunden hätten. De facto wurde auf diese Weise der Befehl zu foltern oder aus politischen Gründen zu töten praktisch für verbindlich erklärt.19 Ausgenommen von einem Schuldausschluss waren Straftaten der Vergewaltigung und der Kindesentführung, bei denen die Fragen der Verjährung bzw. des Verjährungsbeginns allerdings stark umstritten waren. Unter der Regierung von Carlos S. Menem wurden mehrere Dekrete zur Begnadigung verschiedener Beschuldigter (die Verfahren waren noch nicht abgeschlossen) erlassen. Es schien tatsächlich zu einem Schlussstrich in der Strafverfolgung zu kommen. Eine Situation, die von Marcelo Sancinetti treffend als „das Ende der Menschenrechte“ bezeichnet wurde.20 Kai Ambos sieht in der Politik von Menem eine radikale Fortsetzung der Politik Alfonsins.21 Am 29. Dezember 1990 erließ der damalige Präsident Carlos Menem das Dekret 2741/90, mit dem auch die verurteilten Mitglieder der Militärjunta (es waren letztlich fünf) und die Generäle Camps und Riccheri begnadigt wurden. Im November 1994 wurde das Gesetz Nr. 24.390 („beneficio del 2X1“) verkündet. Art. 7 des Gesetzes sah vor, dass bei einer Überschreitung des in der Strafprozessordnung vorgesehenen Zeitlimits der Untersuchungshaft von zwei Jahren jeder Tag der Untersuchungshaft doppelt auf die später zu vollstreckende Strafe anzurechnen sei. Mit dem Gesetz sollte die Einhaltung der vorgeschriebenen zeitlichen Begrenzung der Untersuchungshaft gefördert werden. Es hatte allerdings eine unge17 Abdruck des Gesetzes in Sancinetti, Derechos Humanos en la Argentina postdictatorial, S. 239. 18 Sancinetti, in: Eser/Arnold (Hrsg.), Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, S. 282. 19 Sancinetti, in: Eser/Arnold (Hrsg.), Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, S. 288. 20 Sancinetti, in: Eser/Arnold (Hrsg.), Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, S. 300. 21 Ambos, Impunidad y Derecho Penal International, S. 156.
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wollte Nebenwirkung, da es auch den verbliebenen Beschuldigten, die wegen bestimmter Straftaten wie z. B. der Kindesentführung oder der Vergewaltigung trotz des gezogenen Schlussstrichs noch verfolgt werden konnten, ebenfalls zu Gute kamen. Das Gesetz wurde im Jahr 2001 aufgehoben. Am 3. Mai 2017 wurde es vom Obersten Gerichtshof Argentiniens im Fall Luis Muiña allerdings rückwirkend angewandt. Muiña wurde vorgeworfen, während der Diktatur Mitarbeiter eines Krankenhauses entführt und ermordet zu haben. Er war 2007 festgenommen und in 2011 wegen Freiheitsberaubung und Folter verurteilt worden. Begründet wurde das Urteil des Obersten Gerichtshofs in Argentinien vom 3. Mai 2017 mit der Anwendung der Lex-mitior-Regel. Die auch in Deutschland aus § 2 Abs. 3 StGB und § 4 Abs. 3 OWiG bekannte Regel bestimmt für Fälle, in denen es zwischen dem Zeitpunkt der Tatbeendigung und der Entscheidung im Erkenntnisverfahren zu Gesetzesänderungen kommt, dass das mildeste Gesetz Anwendung findet, selbst wenn es sich bei dem mildesten Gesetz nur um ein Zwischenrecht handelt. Eine Woche nach diesem Urteil und damit am 10. Mai 2017 erließ der argentinische Gesetzgeber das Gesetz Nr. 27.362 zur „Klarstellung“ bzw. „Interpretation“ des Gesetzes 24.390. Dies geschah unter Berufung auf Art. 1 des Gesetzes Nr. 27.156 vom 1. Juli 2015. Danach dürfen Strafverfahren und Strafen, die auf den in Artikeln 6, 7 und 8 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs und in internationalen Menschenrechtsabkommen mit Verfassungsrang in Argentinien genannten Verbrechen des Völkermords, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Kriegsverbrechen beruhen, nicht Gegenstand einer Amnestie, einer Begnadigung oder sonstigen Vergünstigung sein. Entsprechende Maßnahmen sollen demnach unheilbar nichtig sein. Das „Interpretationsgesetz“ Nr. 27.362 regelt ausdrücklich, dass Art. 7 des Gesetzes Nr. 24.390 keine, auch keine rückwirkende Anwendung auf Fälle des Völkermordes, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen findet. Im Einklang damit hat der Oberste Gerichtshof Argentiniens in späteren Entscheidung die Anwendung der Lex-mitior-Regel auf Fälle der Verbrechen gegen die Menschlichkeit abgelehnt. c) Die Wiederbelebung der Menschenrechte 2003 wurde unter der Präsidentschaft von Néstor Kirchner ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der sog. „Gesetze der Straflosigkeit“, d. h. der oben zitierten Gesetze und Dekrete (las leyes de impunidad) eingeleitet, welches im Jahr 2010 zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit führte und damit zu einer weiteren Vollstreckung der ursprünglich verhängten Freiheitsstrafen. Es folgten daraufhin weitere zahlreiche Verfahren wegen der unter der Militärdiktatur begangenen Straftaten. Dezember 2017 befanden sich 449 verurteilte Täter in Haft und 553 im Hausarrest, während es noch ca. 420 laufende Strafverfahren gab. Das Urteil in der Sache „Megacausa ESMA vuelos de la muerte“ ist sicherlich eines der wichtigsten in diesem Zusammenhang. Es wurde dabei die systematische Vorgehensweise im Rahmen eines entsprechend organisierten Machtapparates fest-
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gehalten, durch die sowohl eine mittelbare als auch eine unmittelbare Täterschaft vieler Angeklagter begründet werden konnte. Zu vermerken bleibt, dass auch unter der Regierung des Präsidenten Mauricio Macri und dem aktuellen Präsidenten Alberto Fernández Verfahren fortgeführt und neue Verfahren eingeleitet wurden.22 2. Deutschland Als die Angehörigen der Opfer in Argentinien bei der Verkündung des Urteils im dritten ESMA-Verfahren skandierten, es werde den dortigen Tätern so ergehen wie den Nazis, sind sie von einer eher idealisierten Vision der Naziverfolgung in Deutschland ausgegangen. Auch wenn Ingo Müller in seinem Beitrag für den 41. Strafverteidigertag 2017 schreibt „Der Schrei nach Bestrafung der Täter ist heute, 75 Jahre nach den Verbrechen Nazi-Deutschlands lauter als je zuvor“ ist bereits der nächste Satz seines Beitrags ernüchternd: „Jahrzehntelang herrschte da allerdings eher Schweigen“. Passend dazu lautet der Titel des Beitrags dementsprechend auch „Das Strafvereitelungskartell. NS-Verbrechen vor deutschen Gerichten.“23 a) Die Nürnberger Prozesse Am 18. Oktober 1945 wurde zunächst der Hauptkriegsverbrecherprozess im Plenarsaal des Berliner Kammergerichts eröffnet, wo ein Jahr zuvor noch der Volksgerichthof unter seinem Präsidenten Roland Freisler gegen die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 verhandelt hatte. Der Prozess wurde in Nürnberg fortgeführt und ist unter der Bezeichnung „Nürnberger Prozess“ hinreichend bekannt. Es folgten zwölf weitere Prozesse vor amerikanischen Militärgerichten (die vier Siegermächte hatten sich zwischenzeitlich zerstritten) gegen einzelne Vertreter von Berufsgruppen, (Ärzte und Juristen), Organisationen (Einsatzgruppen, Auswärtiges Amt, Oberkommando der Wehrmacht) und Wirtschaftsunternehmen (Krupp, Flick und I.G. Farben).24 b) Die Verfahren vor der deutschen Justiz In den Verfahren, die in den 50er Jahren vor deutschen Gerichten erfolgten, wurde Tätern und Beteiligten oftmals „viel Verständnis“ entgegengebracht.25 Beispielsweise sei lediglich das Verfahren am LG Köln vom Juli 1954 gegen zwei Gestapo-Leiter der Stadt und den Judenreferenten der Dienststelle genannt. Diese behaupteten, sie 22 Eine Übersicht findet sich unter https://www.fiscales.gob.ar/lesa-humanidad/agenda-dejuicios-de-lesa-humanidad-para-2019/. 23 Müller, S. 315 ff. 24 Müller, S. 316. 25 Siehe hierzu Rückerl, NS-Verbrechen vor Gericht.
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hätten beim Zusammentreiben der 11.500 Kölner Juden und bei deren Deportation in 14 Transporten nicht gewusst, welches Schicksal diesen drohte, denn Planung und Befehl wurden unter Decknamen und Tarnbezeichnungen durchgeführt. Zeugenaussagen von Sekretärinnen der Polizei, schon damals hätten Fronturlauber von den Massenerschießungen und Tötungen berichtet und dies sei auch den Angeklagten bekannt gewesen, wurde als irrelevantes „privates Wissen“ eingestuft. Eine Beihilfe zum Mord oder Totschlag sah das Gericht dementsprechend nicht, da die Angeklagten „dienstlich nicht über das Schicksal der Juden informiert worden waren“. Es blieb die von den Angeklagten begangene Tat „Freiheitsberaubung im Amt“, die jeweils mit 3, 2 und 1 Jahr Freiheitsstrafe geahndet wurde. Ein bewährtes Instrument in den 50iger und 60iger Jahren, NS-Täter glimpflich davonkommen zu lassen, war ihre Herabstufung vom Täter zum Gehilfen. So stellte das Schwurgericht Ulm im August 1958 in einem Urteil zum Einsatzgruppenprozess die brutale Ermordung von 4.000 Menschen im litauischen Grenzgebiet fest um dann weiterhin festzuhalten, dass die Urheber für diese Maßnahmen nach den tatsächlichen Feststellungen des Schwurgerichts Hitler, Himmler und Heydrich waren. „Folgerichtig“ wurden die Angeklagten sämtlich als Gehilfen zu niedrigen Zuchthausstrafen verurteilt. Die Konstruktion führte zu rechtlich abenteuerlichen Ergebnissen. So verurteilte das Landgericht Hannover z. B. einen NS-Täter, der mehrere Morde eigenhändig begangen hatte, als bloßen Gehilfen des eigentlichen Täters. Den unmittelbaren Vorgesetzten, der ihm die entsprechenden Tötungsbefehle gegeben hatte, verurteilte das Gericht als Anstifter. Einen weiteren Akteur zwischen dem Anstifter und dem Gehilfen gab es nicht, die Morde waren somit „Taten ohne Täter“. Täter waren nur die oberen und sämtlich bereits toten Naziführer. Alle anderen waren nach der Rechtsprechung Gehilfen. Während in Argentinien das Problem der Verjährung der Strafbarkeit einzelner Taten dadurch gelöst wird, dass durch die Qualifikation der Straftaten als „delitos lesa humanidad“ (Verbrechen gegen die Menschlichkeit) eine Verjährung ausgeschlossen wird, wurde in Deutschland die Verjährung eingesetzt, um zahlreiche Straftaten ungesühnt zu lassen. Bereits im ersten Gesetz zur Aufhebung des Besatzungsrechts beschloss der Bundestag, dass alle von den Besatzungsmächten gehemmten Verjährungsfristen zum 31. Dezember 1956 abgelaufen seien. Unverjährt waren damit nur noch Mord und Totschlag. Den Totschlag ließ man am 8. Mai 1960 ebenfalls verjähren. Erst als auch die Verjährung für Mordtaten des Dritten Reichs drohte und die Möglichkeit bestand, dass untergetauchte NS-Täter wie Mengele oder Barbie unbehelligt nach Deutschland zurückkehren könnten, wurde man aktiv. Zunächst wurde bestimmt, dass die Verjährungsfristen für NS-Morde erst 1950 beginnen sollten, weil bis dahin deutsche Gerichte in vielen Fällen gar nicht hatten aktiv werden können. Als 1969 die Verjährung erneut drohte, wurde die Verjährungsfrist auf 30 Jahre verlängert, also bis 1979. Als auch dieses Datum sich näherte, wurde der Mord für unverjährbar erklärt. Allein durch diese Vorgehensweise waren bereits im Mai 1960 mit Ausnahme des Mordes alle Straftaten von NS-Tätern, einschließlich des Totschlags, verjährt. Die verdeckte Amnestierung von NS-Gehil-
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fen erfolgte im Jahr 1968 über den mit dem EGOWIG eingeführten § 50 Abs. 2 StGB. Dieser besaß folgenden Wortlaut: „Fehlen besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer, so ist dessen Strafe nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuchs zu mildern.“
Anders als zuvor verpflichtete diese neue Vorschrift dazu, die Strafe des Gehilfen zu mildern, wenn bei ihm besondere persönliche Merkmale nicht vorlagen. Während der Gehilfe zuvor nur wissen musste, dass strafbegründende persönliche Merkmale beim Täter vorlagen, mussten diese seit dem 1. Oktober 1968 bei ihm selbst vorliegen. War das nicht der Fall, war die Strafe zu mildern und wegen der damit nur noch möglichen Höchststrafe von bis zu 15 Jahren waren so auch die Taten verjährt, in denen der Gehilfe einem Mörder geholfen hatte, ohne selbst aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, zu handeln. Solche persönlichen Merkmale wurden daraufhin nur sehr selten bei „Gehilfen“ festgestellt. Nicht einmal der direkte Vorgesetzte von Adolf Eichmann will von der beabsichtigten Vernichtung der Juden gewusst haben, obwohl ihm vorliegende Dokumente von der „Vernichtung“ und der „Endlösung der Judenfrage“ sprachen. Zwar sollte § 50 Abs. 2 StGB auf die tatbezogenen Mordmerkmale heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln keine Anwendung finden, aber auch diese wurden von vielen Gerichten nicht mehr erkannt. Das Töten von Kleinkindern in Anwesenheit der Eltern soll nicht mehr „grausam“ gewesen sein (dieser instanzgerichtlichen Rechtsprechung widersprach der BGH allerdings). Auch die Opfer vor der Tötung das eigene Massengrab ausheben zu lassen war angeblich „nicht grausam“ im Sinne der tatbezogenen Mordmerkmale. Erst die 15. Große Strafkammer des LG Köln nahm 1980 den Angeklagten in dem damaligen Verfahren (Kurt Lischka, einstiger Gestapo-Chef Kölns und im besetzten Frankreich Kommandeur der Sicherheitspolizei, des Sicherheitsdienstes und der SS sowie der bereits genannte Vorgesetzte von Adolf Eichmann, Herbert Hagen, Referatsleiter II, 12, im SS-Sicherheitsdienst-Hauptamt) die Beteuerung, sie hätten nichts von der beabsichtigten Vernichtung der Juden gewusst, nicht mehr ab.26 Von der Rechtsprechung wurde noch bei Helfern in Konzentrationslagern eine Beihilfe zum Mord zudem dann abgelehnt, wenn es sich bei dem Lager nicht um ein sog. reines Vernichtungslager (z. B. Belzec, Sobibor, Treblinka) gehandelt hat. Wer in einem Vernichtungslager seinen Dienst versehen hatte, hatte sich zwangsläufig an der systematischen Vernichtung der Juden beteiligt und sich damit zumindest wegen der Beihilfe zum Mord strafbar gemacht. Für das Lager Auschwitz wurde dies vom Frankfurter Schwurgericht im Frankfurter Auschwitzprozess aus den Jahren 1963 bis 1965 nicht angenommen. Dennoch erinnerte der Gerichtsvorsitzende in der mündlichen Urteilsbegründung daran, dass der Einwand der Angeklagten 26
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nicht gelten kann, sie seien nur kleine Leute gewesen, sie hätten Auschwitz nicht erfunden. „Sie waren genauso nötig, um den Plan der Vernichtung der Menschen in Auschwitz durchzuführen, wie diejenigen, die am Schreibtisch diesen Plan entworfen haben.“27 Das Landgericht Lüneburg stellt im Gröningurteil ausdrücklich fest, dass das Lager Auschwitz-Birkenau im Rahmen der „Aktion Reinhard“ um die Jahreswende 1942/1943 endgültig zu einem Vernichtungslager umfunktioniert wurde und daher zum Zeitpunkt der „Ungarn-Aktion“ als reines Vernichtungslager zu beurteilen war. Damit konnte das Versehen eines jeden Dienstes in Auschwitz zumindest seit der Jahreswende 1942/1943 mindestens als Beihilfe zum Mord beurteilt werden, unabhängig davon, ob ein Dienst an der Rampe oder in der Verwaltung geleistet wurde. Nach den vom LG Lüneburg getroffenen Feststellungen, die vom BGH bestätigt wurden, hat sich Oskar Gröning sowohl durch seine Tätigkeit an der Rampe, bei der er unmittelbare Hilfe zum Mord der selektierten Eintreffenden leistete, indem er durch die Bewachung des Gepäcks dazu beitrug, die Arglosigkeit der Angekommenen aufrechtzuerhalten, als auch bei seiner sonstigen Tätigkeit im Lager der Beihilfe zum Mord strafbar gemacht hat. Auch durch seine sonstige Tätigkeit in Ausschwitz leistete er den Führungspersonen in Staat und SS und damit auch den mittelbaren Tätern Hilfe, die im Frühjahr 1944 die „Ungarn-Aktion“ anordneten und in der Folge in leitender Funktion umsetzten bzw. umzusetzen ließen. Im Vergleich zu den Urteilen der argentinischen Gerichte, in denen trotz des hohen Alters bei zahlreichen Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe ausgesprochen worden ist, hat das Landgericht Lüneburg bei der Strafzumessung berücksichtigt, dass die Taten mehr als 70 Jahre zurücklagen und es im Hinblick auf das hohe Alter des Angeklagten einer spezialpräventiven Einwirkung auf ihn nicht mehr bedurfte. Schließlich war – losgelöst von der Frage der Haftfähigkeit, deren Prüfung der Kammer nicht oblag – seine besondere Haftempfindlichkeit zu bedenken und nicht zuletzt auch darauf Bedacht zu nehmen, dass er mit Blick auf die in Artikel 1 GG verbürgte Menschenwürde zwar nicht die Gewissheit, aber doch zumindest die Chance haben musste, zu Lebzeiten aus der Haft entlassen zu werden.28 In Argentinien wird das hohe Alter der Angeklagten bzw. Verurteilten durch eine Haftverschonung und alternativer Verhängung von Hausarrest berücksichtigt. Gröning wurde zu vier Jahren Freiheitsstrafe wegen der Beihilfe zum Mord in 300.000 rechtlich zusammentreffenden Fällen verurteilt. Das Urteil wurde nach der Zurückweisung der Revision durch den BGH in 2016 rechtskräftig. Vor Haftantritt ist Oskar Gröning verstorben.
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Naumann, S. 274 f. LG Lüneburg 4. Große Strafkammer, Urteil v. 15. 07. 2015, 27 Ks 9/14, 27 Ks 1191 Js 98402/13 (9/14), unter Verweis auf BGH, Urt. v. 27. 04. 2006, 4 StR 572/05). 28
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IV. Die Wahrheit als Ziel Die strafrechtliche Aufarbeitung der systemgetragenen Verbrechen ist weder in Deutschland noch in Argentinien wirklich gelungen. Personelle Kontinuität nach den Systemwechseln, Solidarität zwischen den oftmals immer noch einflussreichen Tätern und zahlreiche Vorbereitungshandlungen zur Vermeidung einer strafrechtlichen Verfolgung stellen Hürden dar, die in einem Rechtsstaat nur schwer zu überwinden sind. Allerdings zeigt die Entwicklung sowohl in Deutschland als auch in Argentinien, dass sich der Kampf um das Recht lohnt und dieser auch unverzichtbar ist. Eine Versöhnung durch Vergessen oder einen Schlussstrich kann nicht gelingen. Versuche, dies durch Gesetze oder Dekrete herbeizuführen, sind dagegen geeignet, das Vertrauen in den Rechtsstaat zu zerstören. Selbst späte Verfahren gegen mittlerweile hochbetagte Täter, bei denen eine Spezialprävention durch Strafe nicht mehr erforderlich ist, sind von erheblicher Bedeutung. Neben dem Ziel der Generalprävention,29 die auf das Rechtsverständnis und das Rechtsgefühl einer Gemeinschaft Auswirkungen hat, ist insbesondere das Interesse der Opfer und ihrer Angehörigen zur Aufklärung und Wahrheitsfindung ebenso wie zur Anerkennung des Leids ein legitimer Grund für die Führung dieser Verfahren, auch mehr als 70 Jahre nachdem die Taten begangen wurden. Marcelo Sancinetti und Marcelo Ferrante stellen daher zu Recht fest, eine Versöhnung ohne Strafrecht kann es nicht geben.30 Ein Rechtsstaat kann die während einer Diktatur begangenen Straftaten und die dadurch geprägte Vergangenheit nicht „überwinden, aufarbeiten oder sonst technisch abwickeln, als ob man die Vergangenheit beherrschen, lösen, besiegen oder beenden könnte“. Im Gegenteil, der Rechtsstaat ist verpflichtet, sich ihr zu stellen und das Recht durchzusetzen. Dabei ist auch das Recht auf Wahrheit von einer herausragenden Bedeutung.31 Festzuhalten bleibt, dass von ca. 6.000 nach dem Krieg noch lebenden AuschwitzBediensteten nur etwa 800 verurteilt wurden, die meisten davon vor polnischen Gerichten. In der Bundesrepublik Deutschland wurden nur 43 ehemalige SS-Leute aus Ausschwitz verurteilt. Letztendlich bleibt abzuwarten und zu hoffen, dass die argentinische Justiz die strafrechtliche Aufarbeitung des Systemunrechts erfolgreicher durchführen kann. Die von Claus Roxin entwickelte Lehre von der mittelbaren Täterschaft im Rahmen staatlicher Machtapparate ist dabei in Lateinamerika (nicht nur in Argentinien,32 sondern auch z. B. in Peru im Urteil gegen Fujimori vom 07. April 2009), hilfreich ge-
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Argentinische Gerichte zitieren hierzu Roxin, Fundamentos Políticos Criminales del Derecho Penal, S. 458/459. 30 Sancinetti/Ferrante, in: Eser/Arnold, S. 433. 31 Sancinetti/Ferrante, El Derecho Penal en la protección de los derechos humanos, S. 105 ff. 32 Ambos, GA 1998, S. 238 f.
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wesen.33 Die mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft hat einen weiteren „Sprung aus der Theorie in die Praxis“ getan und sich somit wohl endgültig als praxistaugliches Instrument täterschaftlicher Verantwortlichkeitszuschreibung etabliert.34 Zahlreiche Ermittlungs- und Gerichtsakten tragen dazu bei, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Allerdings verweist Marcelo Sancinetti darauf, dass auch und gerade bei der strafrechtlichen Behandlung von Systemunrecht die rechtsstaatlichen Prinzipien Beachtung finden müssen.35 So kann es nicht genügen, während der Diktatur in Argentinien dem Militär angehört zu haben, um sich strafbar gemacht zu haben. Unrecht kann nur mit Recht begegnet werden. Das letzte Zitat soll einer Betroffenen beider Verbrechen gegen die Menschlichkeit zustehen, Vera Jarach: „Wir wissen, dass Wahrheit, Gerechtigkeit und Erinnerung die besten Garantien für ein NIE WIEDER sind … Mit unserem Engagement für die Erinnerung versuchen wir sicherzustellen, dass diese Tragödien nicht in Vergessenheit geraten und erlauben im Gegenteil, Symptome der Wiederholung zu erkennen … denn die Geschichte lehrt uns, dass sich das, was einmal geschehen ist, leider wiederholen kann. Mein eigenes Leben veranschaulicht dies mit den Analogien zweier Geschichten, die meines Großvaters mütterlicherseits, der nach Auschwitz deportiert wurde und gestorben ist und die meiner Tochter viele Jahre später in der ESMA, zwei emblematischen Konzentrationslagern, Gaskammern und Todesflügen, es gibt keine Gräber, es gibt Wunden, die sich nicht schließen, ohne mögliche Trauer. Und viele andere Ähnlichkeiten in der Grausamkeit und dem Willen, nicht nur zu töten, sondern alle Spuren zu verwischen. Letzteres ist in der Vergangenheit nicht gelungen und wird auch in Zukunft nicht gelingen, solange wir leben und die Gerechtigkeit ihre Mission erfüllt, indem sie ethisch unauslöschliche Spuren hinterlässt.“36
Literatur Ambos, Kai: Nationalsozialistisches Strafrecht. Kontinuität und Radikalisierung, Baden-Baden 2019. Ambos, Kai: Tatherrschaft durch Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate – Eine kritische Bestandsaufnahme und weiterführende Ansätze, GA 145 (1998), S. 226 – 245. Ambos, Kai: Impunidad y derecho penal internacional, 2. Aufl., Buenos Aires 1999. Friedrich, Jörg: Die kalte Amnestie, NS-Täter in der Bundesrepublik Deutschland, München 1994. Hilgendorf, Eric: Kommentierung der §§ 331 – 358, in: Heinrich Wilhelm Laufhütte et al. (Hrsg.), Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 13, München 2010. 33
Kritisch Jakobs, der eine (Mit-)Täterschaft Fujimoris ohne Bemühung der Lehre der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft bejaht, ZIS 2009, S. 572. 34 Rotsch, in: ZIS 11/2009, S. 551. 35 Sancinetti, in: Hilgendorf (Hrsg.), S. 415. 36 http://www.cels.org.ar/especiales/megacausaesma/#cierre-en-palabras-de-vera-jarach (Originaltext in spanischer Sprache), zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2020.
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Jakobs, Günther: Zur Täterschaft des Angeklagten Alberto Fujimori, ZIS 2009, S. 572 – 575. Müller, Ingo: Das Strafvereitelungskartell, NS-Verbrechen vor deutschen Gerichten, Der Schrei nach Strafe, Schriftenreihe der Strafverteidigervereinigungen, Band 41, S. 315 – 332. Naumann, Bernd: Auschwitz. Bericht über die Strafsache Mulka u. a. vor dem Schwurgericht Frankfurt, Frankfurt am Main 1968; zitiert nach Benz, Wolfgang: Bürger als Mörder und die Unfähigkeit zur Einsicht, in: Uwe Schulze (Hrsg.), Große Prozesse, Recht und Gerechtigkeit in der Geschichte, München 2001. Rotsch, Thomas: Von Eichmann bis Fujimori – Zur Rezeption der Organisationsherrschaft nach dem Urteil des Obersten Strafgerichtshofs Perus, ZIS 2009, S. 549 – 551. Rückerl, Adalbert: NS-Verbrechen vor Gericht. Versuch einer Vergangenheitsbewältigung, München 1982. Rüping, Hinrich/Jerouschek, Günter: Grundriss der Strafrechtsgeschichte, 5. Aufl., München 2007. Rüter, Christiaan F./Mildt, D. W. (Hrsg.): Justiz und NS-Verbrechen/Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen 1945 – 1999, Amsterdam, (die zwischenzeitlich 49 Bände enthalten Strafurteile bis einschließlich 01. 01. 2012). Rüthers, Bernd: Recht und Juristen im Wechsel der Systeme und Ideologien, NJ 7/03, S. 337 – 344. Rüthers, Bernd: Ideologie und Recht im Systemwechsel, München 1992. Sancinetti, Marcelo A.: Derechos Humanos en la Argentina postdictatorial, Buenos Aires 1988. Sancinetti, Marcelo A.: Die ausländische Strafrechtswissenschaft in Selbstdarstellungen, in: Eric Hilgendorf (Hrsg.), Die internationale Rezeption des Deutschen Strafrechts, Berlin 2019, S. 407 – 438. Sancinetti, Marcelo A./Ferrante, Marcelo: Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, in: Albin Eser/Jörg Arnold (Hrsg.), Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht: Vergleichende Einblicke in Transitionsprozesse, Band S 82.3, Freiburg im Breisgau 2002. Wagner, Walter: Der Volksgerichtshof im nationalsozialistischen Staat, erweiterte Neufassung, Oldenburg 2012. Werkentin, Falco: Recht und Justiz im SED-Staat, Bundeszentrale für politische Bildung, 2. Aufl., Bonn 2000.
Strafrecht als Instrument der Migrationskontrolle? Von Teresa Manso Porto Dem geehrten Jubilar gewidmet
I. Fragestellung Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach der Legitimität des Strafrechts als Instrument der Migrationskontrolle nach. Es soll in Umrissen beschrieben werden, welche Rolle innerhalb der gegenwärtigen Gemengelage dem Strafrecht beigemessen wird, welche Rolle ihm legitimerweise zustehen darf und welches alternative Rechtsregime eventuell an seine Stelle treten könnte. Seit dem sprunghaften Anstieg der Flüchtlingszahlen werden Migranten nicht mehr (nur) als besonders gefährdete Gruppe potentieller Opfer von Straftaten (Menschenhandel, Schleuserkriminalität, Arbeitsausbeutung) angesehen, sondern auch als potentielle Gefahr für die innere Sicherheit.1 Die Kriminalpolitik fordert eine immer größere Rolle des Strafrechts bei der Migrationskontrolle ein. Dies aber geht oft über das hinaus, was das Strafrecht legitimerweise zu leisten vermag und führt dann zu einer unverhältnismäßigen Anwendung.2 Auch außerhalb des Strafrechts (Polizeirecht, Ausländerrecht…) finden sich immer neue Maßnahmen mit sanktionsähnlichem Charakter, die strafrechtliche Garantien unterlaufen. Diese Entwicklung ist Teil eines über das Strafrecht hinausgehenden Phänomens: der Entstehung eines rein präventiven Sicherheitsregimes als Instrument der Migrationskontrolle, welches sich auch immer mehr auf andere Rechtsgebiete ausweitet.3 Die Fragestellung lautet, ob und in welcher Weise das Strafrecht zu einer sowohl funktionsfähigen als auch rechtsstaatlich befriedigenden Migrationspolitik beitragen kann und welche Alternative es zu einem strafrechtsgestützten Ansatz gibt.
1
Beispielhaft für politisch zugespitzte Äußerungen Lengsfeld, The European, 03. 05. 2019. Beispiele einer missbräuchlichen Anwendung des Strafrechts als Instrument der Migrationskontrolle, welche die Entstehung eines Spannungsfelds zwischen humanitären und funktionalen Erfordernissen veranschaulichen, sind etwa im Kontext der humanitären Einsätze auf dem Mittelmeer zu beobachten. 3 Sieber, Der Paradigmenwechsel vom Strafrecht zum Sicherheitsrecht, in: Tiedemann/ Sieber/Satzger/Buchard/Brodowski (Hrsg.), Die Verfassung moderner Strafrechtspflege. Erinnerung an Joachim Vogel, Baden-Baden 2016, S. 351 ff., 360. 2
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1. Sicherheit versus Solidarität Die Kriminalpolitik fordert im Bereich der inneren Sicherheit und der Migrationskontrolle eine immer größere Rolle des Strafrechts ein. In Deutschland werden im Ausländerrecht und im allgemeinen Polizeirecht die Möglichkeiten der Ausweisung und sonstiger gravierender Interventionsmaßnahmen mit sanktionsähnlichem Charakter immer weiter ausgedehnt.4 Eine weitere Ausbreitung der nichtstrafrechtlichen Sanktionierung resultiert aus der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die den an die Gefahrenprognose zu stellenden Maßstab im Bereich der Abschiebungsanordnung deutlich verringert.5 Ähnlich ist die Lage in anderen europäischen Ländern, die besonders von Flüchtlingsströmen betroffen sind.6 Diese Entwicklung spiegelt einen grundlegenden Paradigmenwechsel im Hinblick auf die gesellschaftliche Wahrnehmung von Migranten wider. Unzureichende Migrationskontrolle wird oft in einen Kausalzusammenhang mit steigender Kriminalität gestellt. Obwohl diese Sichtweise in der Kriminologie auf begründeten Widerstand trifft,7 dürfen ihre Auswirkungen auf den gesamtgesellschaftlichen Diskurs nicht außer Acht gelassen werden. Eine Geringschätzung dieser Befürchtung könnte insofern kontraproduktiv wirken, als sie die Sorgen, dass die Gefahren unkontrollierten Migration unterschätzt oder gar vertuscht werden, verstärken. Dies wiederum könnte zu Verunsicherung und Misstrauen in der Bevölkerung führen, die Akzeptanz des humanitären Ansatzes in Frage stellen und die Solidarität mit den Migranten gefährden. Das Spannungsfeld zwischen humanitären und funktionalen Erfordernissen muss daher ausgeleuchtet und in rechtsstaatlich befriedender Weise aufgelöst werden. Aus rechtlicher Sicht stellt sich mithin die Frage, wie der Rechtstaat den Bedürfnissen nach Sicherheit, Grenzsicherung und Kriminalitätskontrolle einerseits und den Verpflichtungen des humanitären Rechts andererseits gerecht werden kann und welche Instrumente ihm dafür zur Verfügung stehen. 4
Einen Überblick bietet Broke, NStZ 2009, S. 546 ff.; neulich Brühl, JuS 2016, S. 23 ff. So hat Sieber die Ausweitung der Präventivhaft im bayerischen Landespolizeiaufgabengesetz von 2018 von früher maximal zwei Wochen auf drei Monate, wenn eine Person einen gewissen Gefahrengrad aufweist und eine richterliche Entscheidung (die um weitere drei Monate verlängert werden kann) vorliegt, als Erweiterung der präventiven Zielen „dienenden Maßnahmen um sanktionsähnliche Rechtsfolgen“ [Hervorhebung im Original] bezeichnet, in: Die Sicherheitsarchitektur der globalen Risikogesellschaft, S. 10, Manuskript (2019). 5 BVerwG, Beschluss vom 21. 03. 2017. Dazu unkritisch Kubiciel, Grund und Grenzen des Präventivgewahrsams für Terrorverdächtige, ZRP 2017, S. 57. 6 Kritisch schon Martínez Escamilla, ¿Puede utilizarse el Derecho Penal en la lucha contra la inmigración irregular?, in: Revista Electrónica de Ciencia Penal y Criminología 10 – 06 (2008), passim; zum Etikettenschwindel im Verwaltungsrecht, Cancio Meliá, Migración y Derecho penal en España, 2015, S. 151 ff. 7 Neulich Fasani/Mastronuoni et al., Does Immigration Increase Crime?, Cambridge, 2019, S. 158 – 160; Walburg, Migration und Kriminalität. Eine Frage der Kultur? In: Kriminalsoziologie, 2018, S. 171 ff.
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2. Strafrecht versus Menschenrechte Ein Beispiel der Überforderung des Strafrechts als Mittel zur Migrationskontrolle bietet die Strafbarkeit der illegalen Einreise. Diese kann in mehr als der Hälfte der europäischen Länder, darunter auch in Deutschland, mit einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe bestraft werden. Dieser Straftatbestand, der in Deutschland vor der Migrationskrise weder beachtet wurde, noch praktische Bedeutung hatte, kollidiert heute zumindest bezüglich seiner freiheitsentziehenden Rechtsfolge mit der Rückführungsrichtlinie.8 Die illegale Einreise stellt, wie der illegale Aufenthalt, eine Art Daseins-Delikt mit höchst fragwürdigem (Straf-)Unrechtsgehalt dar, das ein (Straf-)Rechtsgut, welches üblicherweise in Anführungsstrichen geschrieben wird, schützen soll, nämlich das „staatliche Hausrecht“. Durch die Beteiligungsregeln erweitert sich die Strafbarkeit auf Formen der Unterstützung des bloßen (freilich illegalen) Daseins eines anderen Menschen. Diese Ausdehnung der Strafbarkeit eines an sich fragwürdigen Strafunrechts durch die Beteiligungsregeln hat den Boden für eine Konfrontation mit dem Völkerrecht und der humanitären Hilfe bereitet. Dass die unverhältnismäßige Ausdehnung der Strafbarkeit der Mitwirkung an der illegalen Einreise zu einer solchen Konfrontation führt, zeigte sich an der Ausgestaltung des Schleppereitatbestandes. Bei der nationalen Umsetzung der „Schleusungsrichtlinie“9 wurde die Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise (entgegen der bisherigen völkerrechtlichen Regelung) auf Handlungen ohne Bereicherung erweitert, wodurch die Grenze zwischen Strafrecht und humanitärem Völkerrecht auf Tatbestandsebene verwischt wurde.10 Die Dominanz der Migrationskontrolle als übergeordnetes politisches Ziel und ihr Einfluss auf die Anwendung des Strafrechts kann auch in anderer Hinsicht zu einer ungerechtfertigten Schmälerung der rechtlichen Stellung der Migranten führen. Das Spannungsverhältnis zwischen Migrationskontrolle und Schutz der Menschenrechte wird beispielsweise auch im Bereich des Menschenhandels sichtbar. Die Menschenhandels-Richtlinie wurde in Deutschland u. a. in Bezug auf den Opferschutz bisher nur unzureichend umgesetzt.11 Opfer von Menschenhandel sind somit rechtlich schwächer gestellt als in anderen Ländern wie Spanien, wo sie fast automatisch Flüchtlingsschutz genießen.12 Deutsche Studien zur Strafverfolgungspraxis im Bereich des Menschenhandelns zeigen eine hohe Anzahl von Einstellungsentscheidun8
Dazu Hörich/Bergmann, NJW 2012, S. 3339 ff. Richtlinie 2002/90/EG des Rates vom 28. November 2002 zur Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt. 10 Dazu Werkmeister, Migrationspolitik mit den Mittel des Strafrechts? Grundfragen des „Crimmigration Law“ am Beispiel der Strafbarkeit der unerlaubten Einreise, in: Albrecht/ Geneus/Giraux/Pohlreich (Hrsg.), Strafrecht und Politik, Baden-Baden 2018, S. 202 ff. 11 Renzikowski, MüKo-StGB, § 232 Rn. 29 f. 12 Art. 59 bis Organgesetz 4/2000 vom 11. Januar 2000 über die Rechte und Freiheiten von Ausländern in Spanien und ihre soziale Integration, i. d. Fassung vom 22. Juli 2015. 9
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gen.13 Dadurch wird der Blick auf den Migranten als Opfer nachhaltig getrübt. Auch das EU-Grenzregime, das Umkehr auf See erzwingt oder Rückführungen vom EUTerritorium ohne Einzelprüfung (Stichwort: „heiße Rückführungen“) ermöglicht, führt zu Menschenrechtsverletzungen.14 3. Alternativvorschlag Eine unverhältnismäßige Anwendung des Strafrechts auf die Migrationskontrolle (Crimmigration Law) birgt die Gefahr einer Zweckentfremdung dieses Rechtsgebiets. Dem ist entgegenzutreten. Das in Entstehung begriffene Sicherheitsrecht in Gestalt eines (von der Verfasserin sogenannten) „Statusfeststellungsrechts“ könnte, wenn ihm klare Konturen verliehen werden, als effektive Alternative zur Steuerung von Migration behilflich sein. Dies könnte dazu beitragen, den Anwendungsbereich des humanitären Rechts vor Konflikten mit anderen staatlichen Interessen und Rechtsregimen zu bewahren.
II. Stand der Forschung 1. Legitimationsprobleme der Anwendung des Strafrechts im Bereich der Migrationskontrolle Die strafrechtliche Kontrolle der Migration wirft schwierige Legitimationsfragen auf. Im Kern geht es darum, wie das Rechtsverhältnis zwischen dem Staat und den einzelnen Delinquenten beschaffen sein muss, damit es dem ersteren die Befugnis zur Bestrafung vermittelt. Wie Pawlik betont, setzt die Legitimation des Staates zur Auferlegung von Geboten und Verboten, deren Missachtung mit Strafe sanktioniert werden kann, eine wechselseitige Beziehung voraus. Der freiheitsstiftende Staat darf die Mitglieder der freiheitlichen Ordnung zu deren Erhaltung mitverpflichten. Diese Mitverpflichtung der Bürger basiert auf dem Prinzip der Reziprozität. Auf dieser Grundlage stellt Pawlik die Legitimation der extraterritorialen Strafgewalt in Frage.15 Migranten aber sind in der Regel Menschen, die dem Staat nicht rechtsfeindlich gegenüberstehen, sondern „dazu gehören wollen“, dies aber nicht (oder noch nicht gänzlich) dürfen. Sie treten hauptsächlich als Inhaber von Pflichten und weit weniger als die einheimische Bevölkerung auch von Rechten in Erscheinung. Dürfen sie trotzdem strafrechtlich dafür belangt werden, dass sie sich den „Zutritt“, der ihnen von der deutschen Gesellschaft verwehrt wird, eigenmächtig verschaffen wollen? Werden hier nicht vielmehr – wie dies in der Praxis in der Tat zu beobachten ist – 13
Herz, Menschenhandel. Eine empirische Untersuchung zur Strafverfolgungspraxis, Baden-Baden 2005. S. 14. 14 Vgl. zuletzt das umstrittene Urteil des EGMR vom 13. 02. 2020, N.D. und N.T. v. Spanien. 15 Pawlik, Strafe oder Gefahrenbekämpfung?, ZIS 7/2006, passim.
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die Prinzipien des Strafrechts und des Gefahrenabwehrrechts in rechtsstaatlich höchst anfechtbarer Weise miteinander vermengt? Und handelt es sich bei den Migranten überhaupt um Gefahrenquellen, oder ist nicht vielmehr ein ganz neuer Typus des Sicherheitsrechts – hier „Statusfeststellungsrecht“ genannt – der richtige Ansatzpunkt der Bewältigung der anstehenden Rechtsprobleme? 2. Das Ausländerstrafrecht in der wissenschaftlichen Diskussion a) Ein „blinder Fleck“ der deutschen Strafrechtswissenschaft Die Probleme der Legitimation strafrechtlicher Interventionen im Bereich der Migrationskontrolle haben in der deutschen Strafrechtswissenschaft bisher kaum Beachtung gefunden. Lediglich einige kriminologische Arbeiten befassen sich mit einzelnen Kriminalitätsformen im Zusammenhang mit illegaler Migration, insbesondere Menschenhandel, Menschenschleusung, Arbeitsausbeutung von Migranten, usw. Dagegen werden diese Straftaten in der deutschen Dogmatik kaum erörtert. Nicht nur die strafrechtlichen Regelungen, sondern auch die Entwicklungen im Ausländer- und Polizeirecht, die immer mehr strafrechtliche Elemente enthalten, finden wenig Beachtung.16 Wenn man bedenkt, welche Rolle Deutschland als dem Land, das die größte Zahl der Migranten in Europa aufnimmt, zukommt und wie viele Veränderungen durch die Umsetzung europäischer Vorgaben auf nationaler Ebene bewirkt wurden, ist dieses Schweigen der deutschen Wissenschaft verwunderlich. b) Stand der Diskussion in den USA und in Großbritannien In den USA, wo die Kriminalisierung von Migration bereits in den 1980er-Jahren begonnen hat und in den letzten Dekaden immer mehr ausgeweitet worden ist, wird dieser Prozess hingegen stärker reflektiert und ein Zusammenhang zwischen Rechtsinhaberschaft und Bürgerstatus thematisiert. 2006 prägte Stumpf17 den Begriff Crimmigration Law, um die Verschmelzung zwischen Strafrecht und Ausländerrecht zu beschreiben. Sie stellt zwei Einflussrichtungen dar, nämlich die Kriminalisierung von Verstößen gegen das Ausländerrecht und die Einführung der Ausweisung (deportation) als Rechtsfolge von Straftaten.18 Darüber hinaus beschreibt sie die wachsenden Überlappungen von Strafrecht und Ausländerrecht in drei Bereichen, nämlich im materiellen Recht, im Vollstreckungsrecht (enforcement) und im Verfahrens16 Kritisch zum sog. „Crimmigration Law“ in Deutschland jüngst, Werkmeister, Migrationspolitik mit den Mittel des Strafrechts? Grundfragen des „Crimmigration Law“ am Beispiel der Strafbarkeit der unerlaubten Einreise, in: Albrecht/Geneus/Giraux/Pohlreich (Hrsg.), Strafrecht und Politik, Baden-Baden 2018, S. 200. 17 Stumpf, The Crimmigration Crisis: Immigrants, Crime, and Sovereign Power (2006). American University Law Review, Vol. 56, S. 367, 2006; Lewis & Clark Law School Legal Studies Research Paper No. 2007 – 2. Abrufbar unter SSRN: https://ssrn.com/abstract= 935547. 18 Stumpf, Fn. 17, S. 380.
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recht.19 Beim enforcement erkennt Stumpf die Vermischung von Strafrecht und Ausländerrecht insbesondere an den wachsenden Aufgaben der Grenzschutzpolizei (Bord Patrol), die sich heute von denen der Kriminalpolizei kaum unterscheide.20 Im verfahrensrechtlichen Bereich macht die Autorin insbesondere auf die Einführung der detention in das Ausländerrecht und ihre Anwendung auf Migranten, die als Nicht-Bürger nur einen sehr eingeschränkten Zugang zu verfassungsrechtlichen Garantien haben, aufmerksam. Auch im Vereinigten Königreich hat die Verwendung des Strafrechts zur Migrationskontrolle eine längere Tradition und ist in den letzten zwei bis drei Dekaden intensiviert worden. Die preventive detention ist Gegenstand kritischer Auseinandersetzung in der Literatur.21 Neben der kritischen Auseinandersetzung mit der Rechtsentwicklung in Zusammenhang mit dem Crimmigration Law gibt es auch eine grundsätzliche Reflexion über die Legitimation der Anwendung des Strafrechts im Bereich der Migrationskontrolle sowie über den Rückgriff auf das Ausländerrecht als Instrument zur Terrorismusbekämpfung.22 Zedner stellt 2013 fest: „Much has been written on the trend toward criminalizing breaches of immigration law […]. Less has been said about the ways in which that trend results in the creation of offences that breach fundamental principles of the criminal law“.23 Weiter stellt sie fest, dass immigration offences Grundprinzipien des Strafrechts gefährden und macht dies anhand dreier Bereiche fest: „1. the creation of immigration offences risks breaching the requirement of fair warning, that people should be given adequate notice of any legal requirement, so that they can reasonably adjust their conduct to accord with it. 2. Many immigration offences lack a sufficient culpability requirement or are offences of strict liability. 3. It is questionable whether immigration offences satisfy the basic requirements of JS Mill’s harm principle, namely that ‘that the only purpose for which power can rightfully be exercised over any member of a civilised community, against his will, is to prevent harm to others.“24
Darüber hinaus findet eine grundsätzliche Diskussion darüber statt, welcher Status dem Bürger in den verschiedenen Strafrechtskonzeptionen zugeschrieben wird und welche Folgen sich daraus für Nicht-Bürger ergeben. Bahnbrechend sind hierbei 19
Stumpf, Fn. 17, S. 381 ff. Stumpf, Fn. 17, S. 388. 21 Eingehend Ashworth/Zedner, Preventive Justice, S. 144 ff. 22 Dazu Zedner, „The Hostile Border: Crimmigration, Counter-Terrorism, or Crossing the Line of Rights?“, New Criminal Law Review, 22:3, S. 318 ff.; Ashworth/Zedner, Preventive Justice, S. 242 ff., m.w.N. 23 Zedner, Is the Criminal Law Only for Citizens? A Problem at the Border of Punishment, In: The Borders of Punishment: Migration, Citizenship, and Social Exclusion, Franko Aas/ Bosworth (Hrsg.), Oxford 2013, S. 40 ff., 50. 24 Zedner, Fn. 23, S. 51. 20
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die Arbeiten von Duff.25 Obwohl in letzter Zeit einige Versuche unternommen worden sind, das Unrecht der „Unlawful Immigration“ in vertiefter Weise zu untersuchen,26 bleiben die Fragen, wer aus einer strafrechtlichen Perspektive als Bürger anzusehen ist, unter welchen Voraussetzungen ein Nicht-Bürger analog zum Bürger zu behandeln ist und ob die illegale Einwanderung bestraft werden darf, immer noch höchst umstritten.27 c) Stand der Diskussion in Spanien und Italien Auch in Spanien und Italien findet man seit geraumer Zeit zahlreiche Abhandlungen zur Kriminalisierung von Migration, die sich kritisch zum gegenwärtigen Rechtszustand äußern. In Spanien beobachtet die Strafrechtswissenschaft seit Ende der 1990er Jahre mit wachsender Besorgnis die wechselhaften Rechtsentwicklungen im Ausländerrecht und die Exzesse in der Anwendung des Strafrechts sowie des Sanktionsverwaltungsstrafrechts auf die Migrationskontrolle. 2007 veröffentlichte Martínez Escamilla eine umfassende Monographie, die den Tatbestand der Beihilfe zur illegalen Einreise aus strafrechtsdogmatischer, kriminalpolitischer und verfassungsrechtlicher Perspektive analysiert und die Frage aufwirft, ob das Strafrecht zur Verhinderung illegaler Migration eingesetzt werden darf.28 Die Frage wird aber lediglich kriminalpolitisch beantwortet, nämlich unter Hinweis auf die gering einzuschätzenden Gefahren, die wachsende Migration hervorrufen könnte, und den daraus folgenden Mangel eines schutzwürdigen Rechtsguts.29 In Italien sind der Tatbestand des Migrantenschmuggels 1989 eingeführt30 und zehn Jahre später die illegale Einreise als solche kriminalisiert worden. Zu dieser Zeit stand das Thema Einwanderung schon im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte und das Paradigma der Sicherheit machte sich in der strafrechtlichen Landschaft
25 Siehe etwa Duff, „Inclusion and Exclusion: Citizens, Subjects and Outlaws“, Current Legal Problems, 51:1, 1998, S. 241 ff.; aktuell ders., The Realm of Criminal Law, 2018, S. 102 ff. 26 Kritisch dazu Aliverti, „The Wrongs of Unlawful Immigration“, Criminal Law & Philosophy, 2017, S. 375 ff., m.w.N. 27 Einen Problemüberblick in Shachar/Bauboeck/Bloemraad/Vink (Hrsg.), The Oxford Handbook of Citizenship, Oxford 2017, passim. 28 Martínez Escamilla, La inmigración como delito, passim. 29 Martínez Escamilla, La inmigración como delito, S. 180 f. 30 Art. 3 Abs. 6 Gesetzesdekret vom 30. Dezember 1989, Nr. 416, zum Gesetz erhoben mit Gesetz vom 28. Februar 1990, Nr. 39. Die Regelung wurde der Sache nach bis zum derzeitigen Art. 12 Abs. 1 (Ermöglichen der illegalen Einreise) und 3 (Erzwingen der illegalen Einreise) Gesetzesdekret vom 25. Juli 1998, Nr. 286 beibehalten (Konsolidierte Fassung über die Einwanderungs- und Aufenthaltsbestimmungen).
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noch einmal breit.31 Die drastische Ausweitung und Verschärfung des Ausländerstrafrechts zeigte sich 2009 eindrucksvoll in der Schaffung eines allgemeinen Strafschärfungsgrunds für Verbrechen, die von illegal im Land lebenden Ausländern verübt werden, welche jedoch für verfassungswidrig erklärt wurde.32 In der italienischen Strafrechtswissenschaft wird das Fehlen eines legitimatorischen Rahmens für derartige strafrechtliche Interventionen durchaus erkannt. Einen interessanten Impuls stellt etwa der Vorschlag Militellos dar, den Migranten als notwendiges Subjekt des Schmuggeltatbestandes anzusehen, um ihm die „Anerkennung seiner Person als Inhaber einer Reihe von Rechten auch gegenüber der Rechtsordnung der Staaten, in die er illegal eingereist ist oder die er illegal durchquert“ zu gewähren.33 Dies setzt allerdings voraus, dass die Rechtsbindung zwischen Staat und Nicht-Bürger rechtstheoretisch untermauert wird. All diese Ausführungen sind in Deutschland namentlich von Seiten der Strafrechtler kaum aufgegriffen worden. 3. Konzeptionelle Anknüpfungspunkte in der bisherigen Literatur Auch wenn die spezifisch migrationsstrafrechtliche Problematik in Deutschland erst wenig behandelt worden ist, finden sich im neueren deutschen Strafrechtsdenken doch einige Rahmenkonzeptionen, die für die generelle Einordnung der genannten Problematik hilfreich sein könnten. Bei näherer Betrachtung erweisen sich jedoch sämtliche dieser Modelle als unpassend bzw. nicht hinreichend substantiiert, so dass auch insoweit eine Leerstelle in der Forschungslandschaft festzustellen ist. a) Ausländerstrafrecht als präventives Strafrecht? In der neueren Strafrechtswissenschaft wird häufig der Wandel des Strafrechts von einem eher repressiven zu einem immer mehr präventiven Sanktionssystem thematisiert. Das Strafrecht stellt zwar ein überwiegend repressives Kontrollsystem dar, da es retrospektiv auf geschehene Taten mit Strafe reagiert; bestraft wird aber auch prospektiv (Straftaten vorbeugend). Der Wandel besteht hauptsächlich darin, dass immer mehr Vorfeldstraftatbestände geschaffen werden, die Eingriffsmöglichkeiten im Vorfeld einer materiellen Rechtsgutverletzung erlauben, damit dieser vorgebeugt werden kann. Infolgedessen reagiert das präventive Strafrecht „repressiv“ auf rein potentielle Gefahren, die sich erst gar nicht realisieren sollen. 31 Militello, Migrantenschmuggel im Mittelmeer: Der Fall Italien, ZStW 131/2019, S. 497 ff. 32 Militello, Migrantenschmuggel im Mittelmeer: Der Fall Italien, ZStW 131/2019, S. 497 ff. 33 Militello, Migrantenschmuggel im Mittelmeer: Der Fall Italien, ZStW 131/2019, S. 497 ff.
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Vor dem Hintergrund der rechtspolitischen Diskussion um die Migration als Problem der inneren Sicherheit stellt sich die Frage, ob das Ausländerstrafrecht rechtsdogmatisch im Bereich des präventiven Strafrechts anzusiedeln ist und, wenn ja, auf welcher Legitimationsgrundlage. Das staatliche Interesse an der Vermeidung illegaler Migration müsste darin bestehen, zukünftigen Straftaten vorzubeugen. Die Strafbarkeit der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthalts findet ihren Strafgrund jedoch nicht in der Einordnung des Migranten als (potentiell) gefährlichem Straftäter. Die pauschale Gleichsetzung von illegalen Migranten mit potentiellen Straftätern ist inakzeptabel. Der rechtspolitische Ruf nach dem Strafrecht als Instrument der Migrationskontrolle, das dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung tragen soll, ist somit weder kriminologisch noch rechtsdogmatisch untermauert. b) Ausländerstrafrecht als Feindstrafrecht? Ebenso wenig bietet die Übertragung des „Feindstrafrechts“ auf Kriminalitätsformen im Zusammenhang mit Migration ein ausreichendes rechtsdogmatisches Fundament. Die Arbeiten von Jakobs zur Entstehung eines Feindstrafrechts, mit dem der Staat diejenigen Personen, welche die staatliche Rechtsordnung bewusst ablehnen oder sie sogar zerstören wollen, mit allen Mitteln bekämpfen will, waren für die strafrechtstheoretische und rechtsphilosophische Analyse von Instrumenten zur Gefahrenabwehr, die sich vom herkömmlichen Strafrecht absetzen, zwar sehr fruchtbar. Einzelne Autoren in Deutschland, Spanien und Italien haben das Feindstrafrecht als analytisches Instrument zur Untersuchung der besonderen strafrechtlichen Sanktionen gegenüber Ausländern (insbesondere die strafrechtliche Ausweisung) herangezogen und sind zu dem Schluss gelangt, dass nach heutiger Rechtslage und -praxis Migranten der Status als Nicht-Personen zugesprochen werde.34 In normativer Hinsicht hilft der Begriff des Feindstrafrechts hingegen kaum weiter; er vermag das bestehende Legitimationsdefizit nicht zu kompensieren, sondern lässt es eher noch deutlicher hervortreten. Aus dem bloßen illegalen Dasein einer Person kann nicht abgeleitet werden, dass sie die Rechtsordnung ablehnt oder gar zerstören möchte. Worauf soll eine Kategorisierung als Staatsfeind beruhen? Wenn in der Lehre kritisiert wird, dass die Ausländer als Staatsfeinde behandelt, entrechtet oder exkludiert werden, so zeigt dies von daher nur umso mehr, wie dringlich die Notwendigkeit einer rechtstheoretischen und rechtsdogmatischen Fundierung des Ausländerstrafrechts ist. c) Ausländerstrafrecht und das neue „Sicherheitsrecht“ Im Forschungsprogramm des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht unter der Leitung von Sieber wurde das Problem der Grenzen des neuen präventiven Strafrechts und die Gewinnung neuer Erkenntnisse zur Entste34
Beispielhaft Brandariz, Revista de Derecho Penal y Criminología, Band 5, 2012, S. 19 ff.
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hung alternativer Rechtsregime zur Kriminalitätskontrolle in verschiedenen Bereichen ein wichtiger Schwerpunkt, der unter die Rubrik „Neue Architektur des Sicherheitsrechts“ gefasst wurde. Im Rahmen dieses Forschungsprogramms wurden u. a. Untersuchungen zur Bekämpfung des Terrorismus, der Organisierten Kriminalität, der Wirtschaftskriminalität, zum Polizeirecht, Geheimdienstrecht, Recht der bewaffneten Konflikte, zur non-conviction based confiscation und zum Recht der Geldwäschekontrolle durchgeführt. Die Migrationskontrolle durch das Strafrecht und das Ausländerrecht wurde dabei berührt. Die spezifische Problematik bezüglich eines möglichen legitimatorischen Rahmens für alternative Sanktionsregime im Bereich der Migrationskontrolle lässt allerdings erhebliche Zweifel an der unmittelbaren Übertragbarkeit des Modells eines Sicherheitsrechts auf die Migrationskontrolle aufkommen. Migranten sind nicht per se Sicherheitsrisiken, der Umgang mit ihnen darf deshalb nicht pauschal nach dem Paradigma des Gefahrenabwehrrechts ausgestaltet werden.
III. Kritische Bemerkungen zur aktuellen Diskussion 1. Das Leitparadigma der US-amerikanischen Diskussion: Die Membership-Theorie In der US-amerikanischen Diskussion findet die sogenannte Membership-Theorie verbreitet Anwendung. Diese besagt, dass die positiven Rechte aus einem „social contract between the government and the people“ entstünden. Personen, die nicht Parteien dieses Sozialvertrags seien, hätten demnach „no claim to such positive rights“ und könnten deshalb von zahlreichen Rechtsgewährungen ausgeschlossen werden. Dagegen wird jedoch zu Recht eingewandt, dass die Einführung dieser Theorie in das Strafrecht und insbesondere in das Crimmigration Law die verfassungsrechtlichen Garantien derjenigen untergrabe, die als excludable betrachtet werden, und dass sie so zur weiteren Verschmelzung des Strafrechts und des Ausländerrechts beigetragen habe. Zudem sei die Membership-Theorie sehr flexibel, so dass die jeweiligen politischen Entscheidungsträger einen breiten Spielraum hätten, um über die Zugehörigkeit eines Individuums zur Gesellschaft, seinen rechtlichen Status und die Gültigkeit verfassungsrechtlicher Garantien zu entscheiden. Diese Theorie ist mithin viel zu undifferenziert, um die schwierige Frage der Migrationskontrolle angemessen zu beantworten. Es bedarf einer subtileren Rahmentheorie. 2. Mangelnde legitimationstheoretische Eignung des Strafrechts Eine alternative strafrechtstheoretische Rahmenkonzeption könnte aus den Theorien des Bürger- bzw. republikanischen Strafrechts entwickelt werden, die in der
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neueren Diskussion immer mehr an Bedeutung gewinnen.35 Der gemeinsame Nenner dieser Ansätze liegt in der Betrachtung des Subjekts als Mitglied (Bürger) einer politischen Gemeinschaft und somit als Bezugspunkt für die Legitimation der Strafe. Letztere ergebe sich entweder aus dem Recht des Bürgers, die Rechtsordnung durch seine demokratisch gewählten Repräsentanten zu gestalten (Stichwort: Legitimation durch Verfahren)36, oder aber aus dem materiellen Nutzen, den der Bürger aus dem freiheitlichen Zustand zieht, welchen der Staat durch die Rechtsordnung gewährleistet (Stichwort: Fairnessgedanke).37 Vordergründig hat dieser Ansatz eine Ähnlichkeit mit der Membership-Theorie. Jedoch ist er im Unterschied zu dieser strikt auf das Strafrecht beschränkt. Daher ist er weit davon entfernt, Personen, denen nicht der volle Bürgerstatus zukommt, deshalb auch aus außerstrafrechtlichen Rechtsbindungen auszuschließen. Dadurch ist er freilich mit der Frage konfrontiert, wie ein Staat auf sog. „Externe“ reagieren dürfte, diejenigen „Nicht-Bürger“, die strafrechtlich geschützten Rechtsgüter innerhalb einer politischen Gemeinschaft verletzt haben. Wenn der Ausländer nicht als „Bürger“ bestraft werden darf, wie sollte man mit ihm umgehen? Eine überzeugende Antwort auf das letztgenannte Problem ist dringend geboten. Den Theorien des Bürgerstrafrechts ist zu entnehmen, dass das Strafrecht nicht der richtige Ansatzpunkt zur Lösung der einschlägigen Probleme ist. Es geht nicht an, den Migranten nur dann als echten Bürger zu betrachten, wenn es um die Auferlegung einer Strafe geht, während er ansonsten nach Möglichkeit „draußen“ gehalten werden soll. Damit drängt sich die Frage nach einer tauglichen Alternative auf.
IV. Jenseits von Strafrecht und herkömmlichem Gefahrenabwehrrecht: Migrationskontrolle als Statusfeststellungsrecht Es bedarf eines neuartigen Ansatzes, um das Thema der Migrationskontrolle in einen angemessenen rechtlichen Rahmen zu stellen; ich schlage dafür die Bezeichnung „Statusfeststellungsrecht“ vor. Die Konturen und Grenzen dieses Rechtsgebiets sind in zukünftigen Forschungsarbeiten näher zu beschreiben. Die zentrale legitimationstheoretische Herausforderung besteht dabei darin, die Frage zu beantworten, welche Präventivmaßnahmen ausnahmsweise gegen diejenigen Menschen legiti35 Jüngst etwa Zabel, „Zur Idee eines republikanischen Strafrechts“, Zeitschrift für Rechtsphilosophie, 2017, S. 127 ff. Im angelsächsischen Raum paradigmatisch Duff, The Realm of Criminal Law, 2018, S. 102 ff. Früher Lacey, State Punishment, 1988, S. 169 ff. 36 Paradigmatisch Günther, Schuld und Kommunikative Freiheit, 2005, S. 245 ff. Siehe auch Kindhäuser, „Strafrechtliche Schuld im demokratischen Rechtsstaat“, in: Herzog/Neumann (Hrsg.), Festschrift für Winfried Hassemer, 2010, S. 761 ff. 37 Vgl. Pawlik, Das Unrecht des Bürgers, 2012, S. 90 ff.; jüngst ders., Normbestätigung und Identitätsbalance, 2017, S. 29 ff.; naheliegend Silva Sánchez, Malum Passionis, 2018, S. 67 ff.
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miert werden können, welche die freiheitliche Rechtsordnung einer politischen Gemeinschaft weder gestalten (dürfen) noch von dieser profitieren. Wenn die Annahme richtig ist, dass eine pauschale Kategorisierung des Migranten als potenzielle Gefahr für die innere Sicherheit inakzeptabel ist, dann darf ein rechtstheoretisch fundiertes Konzept eines Migrationssicherungsrechts nicht ohne Weiteres als Spezialgebiet des Gefahrenabwehrrechts im herkömmlichen Sinne eingeordnet werden. Die Frage des richtigen Umgangs mit Ausländern, die sich (vielleicht unerwünscht) Zutritt zu einem fremden Staat verschaffen, kann nicht prinzipiell mit dem Ruf nach staatlichen Sanktionen beantwortet werden. Der rechtstaatliche Umgang mit Nicht-Bürgern setzt vielmehr in erster Linie die Prüfung von deren Rechtsstatus, d. h. die Durchführung eines (zu nennenden) Statusfeststellungsverfahrens voraus. Von „Sicherheitsrecht“ im Bereich der Migrationskontrolle ist insofern nur in dem Sinne zu sprechen, als eine erfolgreiche Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens „sichergestellt“ werden muss. Es darf insofern primär nur um die Frage gehen, welche verfahrenssichernden Maßnahmen zu einer erfolgreichen Durchführung der Rechtsstatusfeststellung des Ausländers notwendig sind. Zur erfolgreichen Durchführung eines solchen Verfahrens treffen den Ausländer – anders als den Beschuldigten in einem Strafverfahren – beträchtliche Mitwirkungspflichten. In Betracht kommen etwa die Pflicht, an einem Ort zu bleiben, an der Feststellung der eigenen Identität mitzuwirken und sich auch ansonsten verfahrensförderlich zu verhalten. Bei der Ausgestaltung der betreffenden Regelungen im Einzelnen dürfen aus den eingangs genannten Gründen auch die Sicherheitsbedenken der einheimischen Bevölkerung nicht unberücksichtigt bleiben. Entscheidend ist aber, dass weder mit Vorwürfen (wie dem strafrechtlichen Schuldvorwurf) noch mit pauschalen Gefahrzuschreibungen gearbeitet wird, sondern die Migranten (jedenfalls auch) als Chance und Angebot für die Gesellschaften, denen sie zugehören möchten, betrachtet und behandelt werden. Literatur Aliverti, Ana: The Wrongs of Unlawful Immigration, Criminal Law & Philosophy, Vol. 11, No. 2, S. 375 – 391. Online verfügbar in: http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.2634118. Brandariz García, José Ángel: Control de los migrantes y derecho penal del enemigo, Revista de Derecho Penal y Criminología, N8. 5, 2012, S. 19 – 39. Broke, Holger: Aktuelle Entwicklungen des Ausländerrechts, NStZ 2009, S. 546 – 552. Brühl, Raimund: Das Ausweisungsrecht in Studium und Praxis, JuS 2016, S. 23 – 29. Cancio Meliá, Manuel: Migración y Derecho penal en España, in: Lorenzo Peña/Txetxu Ausín (Hrsg.), Pasando fronteras. El valor de la movilidad humana, Madrid 2015, S. 151 – 170. Duff, Antony: Inclusion and Exclusion: Citizens, Subjects and Outlaws, Current Legal Problems, Vol. 51, No. 1, S. 241 – 266.
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Duff, Antony: The Realm of Criminal Law, Oxford 2018, S. 102 – 143. Günther, Klaus: Schuld und kommunikative Freiheit, Frankfurt am Main 2005. Herz, Annette Louise: Menschenhandel. Eine empirische Untersuchung zur Strafverfolgungspraxis, Schriftenreihe des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht. Reihe K: Kriminologische Forschungsberichte (MPIK), Band 129, Berlin 2005. Hörig, Carsten/Bergmann, Marcus: Das Ende der Strafbarkeit des illegalen Aufenthalts?, NJW 2012, S. 3339 – 3344. Kindhäuser, Urs: Strafrechtliche Schuld im demokratischen Rechtsstaat, in: Felix Herzog/Ulfrid Neumann (Hrsg.), Festschrift für Winfried Hassemer, Heidelberg 2010, S. 761 – 774. Kubiciel, Michael: Grund und Grenzen des Präventivgewahrsams für Terrorverdächtige, ZRP 2017, S. 50. Lacey, Nicola: State Punishment. Political Principles and Community Values, London 1988. Lengsfeld, Vera: Unkontrollierte Masseneinwanderung gefährdet die innere Sicherheit, http:// vera-lengsfeld.de/2019/04/01/unkontrollierte-masseneinwanderung-gefaehrdet-die-innere-si cherheit/#more-4263, zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2020. Martínez Escamilla, Margarita: ¿Puede utilizarse el Derecho penal en la lucha contra la inmigración irregular? Un análisis del tipo básico del art. 318bis PC en clave de legitimidad, Revista Electrónica de Ciencia Penal y Criminología, Vol. 10, No. 06, S. 1 – 20. Martínez Escamilla, Margarita: La inmigración como delito. Un análisis político-criminal, dogmático y constitucional del tipo básico del art. 318bis CP, Barcelona 2007. Pawlik, Michael: Strafe oder Gefahrenbekämpfung?, ZIS 2006, S. 274 – 292. Pawlik, Michael: Das Unrecht des Bürgers, Tübingen 2012. Pawlik, Michael: Normbestätigung und Identitätsbalance. Über die Legitimation staatlichen Strafens, Baden-Baden 2017. Sieber, Ulrich: Die Sicherheitsarchitektur der globalen Risikogesellschaft, Manuskript [2019]. Sieber, Ulrich: Der Paradigmenwechsel vom Strafrecht zum Sicherheitsrecht, in: Klaus Tiedemann et al. (Hrsg.), Die Verfassung moderner Strafrechtspflege. Erinnerung an Joachim Vogel, Baden-Baden 2016, S. 351 – 372. Silva Sánchez, Jesús María: Malum Passionis. Mitigar el dolor del Derecho Penal, Barcelona 2018. Stumpf, Juliet: The Crimmigration Crisis: Immigrants, Crime, and Sovereign Power, American University Law Review, Vol. 56, No. 2, S. 367 – 420. Walburg, Christian: Migration und Kriminalität. Eine Frage der Kultur? In: Dieter Hermann/ Andreas Pöge (Hrsg.), Kriminalsoziologie. Handbuch für Wissenschaft und Praxis, Baden-Baden 2018, S. 171 – 184. Zabel, Benno: Zur Idee eines republikanischen Strafrechts, Zeitschrift für Rechtsphilosophie 2017, S. 127 – 147. Zedner, Lucia: The Hostile Border: Crimmigration, Counter-Terrorism, or Crossing the Line of Rights?, New Criminal Law Review, Vol. 22, No. 3, S. 318 – 345.
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Zedner, Lucia: Is the Criminal Law Only for Citizens? A Problem at the Border of Punishment, in: Katja Franko Aas/Mary Bosworth (Hrsg.), The Borders of Punishment: Migration, Citizenship, and Social Exclusion, Oxford 2013, S. 40 – 58.
Justicia penal transicional: la experiencia Alemana Por Walter Perron
I. Introducción “Justicia transicional” significa literalmente ”justicia de transición”. Se trata de la asimilación de un estado de dictadura o de un sistema estatal autoritario que acaba de ser superado por los tribunales del estado posterior, principalmente en forma de persecución penal, pero también de indemnización y rehabilitación de las víctimas.1 Estas situaciones de transición se produjeron de forma reiterada, sobre todo en el siglo XX: en Alemania y Japón después de la segunda guerra mundial, en Europa Central y Oriental después del colapso del sistema estatal socialista, en América Latina después del fin de las numerosas dictaduras militares, en Sudáfrica después del fin del apartheid, etc.2 Mi contribución, sin embargo, se limita a las acciones del poder judicial de la República Federal de Alemania contra los responsables de los crímenes nazis,3 así como contra los dirigentes y funcionarios de la ex República Democrática Alemana (en adelante, “RDA”), llevadas a cabo después de la reunificación. En los próximos apartados primero bosquejaré los problemas de la justicia penal transicional a un nivel general y abstracto y, al hacerlo, también abordaré los fines y objetivos del derecho penal en ese contexto. Posteriormente expondré el curso y algunos aspectos esenciales del tratamiento del pasado alemán realizado por los tribunales alemanes. En ambas situaciones históricas, los tribunales federales actuaron sobre la base del mismo sistema jurídico federal alemán, mientras que los delitos en cuestión eran muy diferentes tanto en su gravedad como en su carácter y fueron cometidos bajo contextos jurídicos diferentes. En el tercer ítem explicaré las variadas condiciones sociales y políticas en las que se desarrolló la persecución penal del pasado alemán. En la cuarta y última parte intentaré, por tanto, establecer una relación entre los dos casos con el fin de extraer conclusiones más generales de 1
Cf. Arnold, Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, p. 44. Véase compilación instructiva realizada por Arnold, Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht,7 p. 4 ss. 3 Sobre la persecución penal de los crímenes nacionalsocialistas por parte de los tribunales de la República Democrática Alemana, Cf., por ej., Rottleuthner, NK 2016, 254 s. y más detallado Keldungs, NS-Prozesse 1945 – 2015, p. 90, 113, 173, 186, 202, 228, 247; Jasch/ Kaiser, Der Holocaust vor deutschen Gerichten, p. 42, 153, 182. 2
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las experiencias y encontrar enfoques para un mejor tratamiento de situaciones comparables en el futuro.
II. Justicia transicional y los fines de la pena El término inglés transitional justice surgió en los años noventa y se ha establecido en el ámbito del derecho penal internacional.4 Sin embargo, hasta hoy todavía no existe una definición clara e inequívoca de lo que significa. En general, se trata de la transición de un sistema de injusticia a un estado constitucional democrático. Los fenómenos concretos que abarca el término “justicia transicional” varían de un caso a otro. Ejemplos clásicos son el colapso de un régimen autoritario, ya sea desde dentro —como en Chile, Argentina o los en antiguos estados del Pacto de Varsovia, incluida la RDA—, ya sea a través de la coerción externa o de la guerra —como en el caso de la Alemania nazi o de la antigua Yugoslavia—. El tratamiento jurídico, especialmente penal, del pasado autoritario comprende, en primera línea, actos que fueron cometidos, iniciados o promovidos por representantes del sistema anterior y que eran legales en el momento de su comisión o que, al menos de hecho, no fueron perseguidos penalmente, pero que, en retrospectiva, desde un punto de vista democrático y constitucional, se consideran como una grave injusticia o incluso como una violación de los derechos humanos. De acuerdo con las exigencias de un derecho penal nacional “normal”, en virtud a la gravedad de estos hechos, debería tener lugar un enjuiciamiento consecuente que concluya con condena a penas altas de los responsables. El imperativo de un castigo justo es particularmente importante en una sociedad joven, que todavía no tiene la experiencia de un estado con prolongada estabilidad. Lo mismo es aplicable a las víctimas que se encontraban indefensas bajo dicho sistema de injusticia y que, para superar su trauma personal, ahora necesitan de una constatación rápida y visible de que sufrieron grandes injusticias. Empero, en tales situaciones también hay grandes fuerzas que quieren impedir tal proceso judicial.5 Si un sistema se descompone desde dentro, las mismas personas seguirán viviendo en el nuevo sistema. Es posible que su influencia sea tan grande que puedan perturbar —o incluso revertir— la transición. Dado que anteriormente desempeñaban funciones importantes, a menudo también son los únicos que disponen de la formación y los conocimientos que son necesarios en la nueva situación democrática. Por tanto, al menos durante un cierto período de transición, a menudo no se puede prescindir de su colaboración, la cual se vería enormemente amenazada por una persecución penal simultánea. Si, por el contrario, la caída del sistema de injusticia se debe a presiones externas —como, por ejemplo, medidas militares—, entonces las fuerzas vencedoras pueden despedir 4 5
Cf. Arnold, Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, p. 44 ss. Arnold, Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, p. 44 ss.
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mucho más fácilmente a los principales responsables y, si es necesario, facilitar expertos externos para la reconstrucción. Pero, en ese caso, suele ser muy cuestionable si tal “justicia del vencedor” es aceptada por la población y contribuye a la pacificación, e incluso en tales situaciones difícilmente será posible reemplazar todas las posiciones de la administración pública o de la justicia por personas sin un pasado problemático. En las situaciones de transición, casi siempre se plantea el problema de que, por un lado, el consecuente enjuiciamiento penal de los responsables es más importante que nunca, pero, por otro lado, la transición a un estado constitucional democrático o la garantía de un proceso de paz podrían verse amenazadas por tal persecución penal. Por eso, los responsables del nuevo sistema tienden a llegar a una solución intermedia, para lo cual hay una amplia serie de ejemplos.6 El espectro va desde una amnistía completa —como la primera legislación de punto final en Argentina, que luego fue declarada sin efectos—, hasta la no persecución fáctica o con considerables mitigaciones de la pena —como en Colombia, por ejemplo—, o pasando por el procesamiento de los casos a partir de “comisiones de la verdad y la reconciliación” —como en Sudáfrica—. Aquí, el discurrir del tiempo también juega un papel muy importante: al comienzo de la transición, la nueva situación sigue siendo muy frágil y todos están contentos si no se pone en peligro el proceso de paz. Por tanto, en esta fase, suele haber una gran voluntad en la población para alcanzar una solución de compromiso. Pero cuanto más tiempo pasa, y más fuerte se vuelve el nuevo Estado consolidado, mayor es la carga de los déficits de la persecución penal sobre el clima público y más fuertes son las protestas de las víctimas, de modo que al final suele prevalecer la necesidad de averiguar la verdad.7 Además, el papel del derecho penal en una sociedad es todo menos incontrovertido. No existe una teoría ni ninguna prueba científica que explique de manera convincente e irrefutable por qué existe el derecho penal y cómo funciona.8 Siempre ha sido el caso que la gente es castigada por la comunidad local, la sociedad o el Estado por su conducta inapropiada. Sin embargo, la ciencia moderna del derecho penal solo puede dar explicaciones posteriores y se concentra, sobre todo, en encaminar el fenómeno que, en principio, es inevitable, hacia un curso adecuado en el estado de derecho. En el transcurso del tiempo no han faltado planteamientos y teorías. Sobre todo, la filosofía de la ilustración se ha esforzado por explicar racionalmente los fundamentos del derecho penal y a hacerlo previsible para el ciudadano. En la actualidad distinguimos entre las teorías represivas de carácter retributivo, por un lado, y las teorías preventivas, por el otro. Las formas modernas de las teorías retributivas, especialmente las basadas en Hegel, como la llamada teoría de la 6
Resumen por Arnold, Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, p. 184 ss. Cf. Eser, Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, p. 395 s. 8 Resumen por Kinzig, Strafgesetzbuch: Kommentar, nota previa a los §§ 38 ss. n.8 m 2 ss.
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“prevención general positiva”, desarrollada por Günter Jakobs,9 ven al derecho penal como un instrumento necesario para mantener el orden normativo. Según esto, el derecho no es solo una fuerza de carácter espiritual, sino una realidad social en forma de normas de comportamiento empíricamente verificables, cuya observancia se espera de los demás seres humanos. En tal sentido, si alguien viola estas normas, se le debe imponer una sanción para que la gente continúe creyendo en la efectividad y vigencia de las normas. Por el contrario, si una violación grave de las normas permanece sin sanción, entonces este hecho desestabiliza la confianza en las normas y la ley pierde su efecto de pacificar y estabilizar la sociedad. Incluso hoy en día esto todavía se enfrenta a teorías que presentan una orientación casi mecánica del derecho penal. Así, la llamada “prevención general negativa”, en forma de intimidación de potenciales delincuentes, sigue siendo popular y en los últimos tiempos primordialmente bajo el título de una teoría “económica” del derecho penal.10 Sin embargo, esta teoría se enfrenta a dos problemas casi insuperables en el mundo real: en primer lugar, incluso los delincuentes con gran experiencia rara vez pueden calcular la probabilidad de que sean descubiertos y la clase de pena que se les espera y, en segundo lugar, la mayoría de autores no calculan racionalmente, sino que se ven determinados en gran medida por las emociones e influencias de su entorno inmediato. Numerosos estudios empíricos sobre los procesos de toma de decisiones de los delincuentes, por unanimidad, han llegado a la conclusión de que el efecto disuasorio de la pena es relativamente bajo.11 De la misma manera, son desconcertantes los descubrimientos sobre la influencia individual de las sanciones penales en los delincuentes que caracterizan a la llamada “prevención especial”. El objetivo de la prevención especial es, por un lado, la incapacitación de los delincuentes peligrosos que no tienen posibilidad de reintegración social, mediante un largo “encierro”; y, por otro lado, la obtención de efectos positivos en los delincuentes, a través de un diseño adecuado de la sanción y, en particular, de la ejecución de las penas de prisión, con el fin de posibilitar el regreso a una vida de conformidad con la juridicidad. Además del reconocimiento de que constantemente aparecen nuevas generaciones de delincuentes y que en las cáceles también se cometen delitos —es decir, que “encerrar” no protege realmente a la sociedad—,12 los resultados de los estudios empíricos sobre la prevención especial positiva son desilusionantes. Desde entonces, palabras claves como “nada funciona” o “intercambiabilidad de sanciones” han caracterizado el debate.13 Es 9
Jakobs, Strafrecht AT, 6 ss. Cf., por ej., Bock, Kriminologie, p. 168 ss. 11 Cf., por ej., Eisenberg/Kölbel, Kriminologie, p. 735; Kunz/Singelnstein, Kriminologie, p. 287 s.; Schöch, Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug, p. 166. 12 Cf. Eisenberg/Kölbel, Kriminologie, p. 755; Kunz/Singelnstein, Kriminologie, p. 315 ss. 13 Cf. Eisenberg/Kölbel, Kriminologie, p. 750 ss.; Kunz/Singelnstein, Kriminologie, p. 300. 10
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cierto que el encarcelamiento no tiene efectos positivos.14 Incluso cuando ofertas como la posibilidad de una formación profesional o de medidas sociales terapéuticas van acompañadas de grandes esperanzas y se practican con gran compromiso, los efectos negativos del encarcelamiento son tan fuertes que anulan todos los efectos positivos imaginables. Si de verdad se quiere reincorporar a los delincuentes a una vida de conformidad con la juridicidad, no se les debe encerrar en la cárcel, donde solo están más desarraigados y, sobre todo, conocerán a personas que no son adecuadas para su vida futura. En general, las conclusiones sobre el impacto del derecho penal son, por tanto, muy insatisfactorias. Estas dudas sobre el derecho penal, sin embargo, se ven aún intensificadas en el marco de la justicia transicional. Por ejemplo, tiene poco sentido promover la integración de los representantes del anterior régimen en el nuevo sistema democrático a través de un concepto de derecho penal de prevención especial. Además, el efecto disuasorio de las penas sobre los posibles dictadores del futuro probablemente será insignificante en relación con los delincuentes “normales”. Por último, los efectos de la justicia penal en la confianza de la población en el estado de derecho solo pueden observarse muy indirectamente y solo a largo plazo.15 A la luz de estos reconocimientos, una nueva orientación, conocida como “justicia restaurativa” y dedicada principalmente a los intereses de las víctimas, está adquiriendo cada vez más importancia.16 En este contexto, el objetivo del castigo es, por un lado, el “reconocimiento” de la condición de la víctima.17 Este reconocimiento requiere que el delito y la culpabilidad de los autores estén establecidos en un proceso penal público y que la injusticia cometida contra las víctimas sea así visible para todos. Pero, junto a ello, la justicia restaurativa también es una cuestión de reparación, es decir, tanto de compensación material como de arrepentimiento y comprensión personal que permite a la víctima perdonar al delincuente. Todavía no se ha discutido si tal orientación hacia las víctimas, por sí sola, puede justificar la pena estatal. Sin embargo, junto con la teoría de la prevención general positiva, constituye el fundamento más sostenible del derecho penal según el estado actual del conocimiento científico. En el caso de la justicia transicional, que se enfrenta regularmente a un gran número de víctimas que sufrieron bajo el anterior régimen, la satisfacción de las víctimas se hace aún más importante. Por tanto, la renuncia al procesamiento penal del pasado en situaciones de transición, a pesar de todas las reservas sobre la legitimidad del derecho penal, a largo plazo causaría un gran daño en la sociedad.
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Cf. Kunz/Singelnstein, Kriminologie, p. 299 – 300. Sin embargo, véase también Schöch, Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug, p. 167. 16 Cf. Bock, Kriminologie, p. 349; Kaiser/Kinzig, Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug, p. 51; Kunz/Singelnstein, Kriminologie, p. 371 ss. 17 Cf. Kunz/Singelnstein, Kriminologie, p. 372. 15
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III. La experiencia Alemana En el siglo XX, Alemania tuvo que sufrir dos veces el colapso de un sistema de injusticia y su posterior revisión jurídica: en primer lugar, en 1945, tras el fin del régimen nazi y la pérdida de la segunda guerra mundial y, en segundo lugar, en 1990, tras el colapso de la RDA y la reunificación alemana. En ambos casos, el tratamiento jurídico de la injusticia pasada fue todo óptimo. Los crímenes del régimen nazi fueron quizás los peores en la historia del mundo. Alemania no solo había cubierto toda Europa con una guerra asesina que causó infinitos sufrimientos y costó la vida a unos 65 millones de personas, sino que, sobre todo, a la persecución y el asesinato sistemático de la población judía y de otros grupos de personas, con un total de más de 13 millones de muertos,18 representa un fenómeno de crueldad y omnipotencia nunca antes conocido en esa forma. Para mí, como alemán, estos acontecimientos siguen siendo incomprensibles, porque no son actos individuales de demagogos psicopáticos que habrían engañado al pueblo alemán; al contrario, una gran parte de la población alemana, que incluye a las élites intelectuales de la justicia y la ciencia, apoyó y defendió la ideología nazi con gran entusiasmo.19 El principal problema de la sociedad alemana de la posguerra fue, por tanto, que los autores aún vivieron “entre nosotros” y nuevamente ocuparon altos cargos. Muchos funcionarios del gobierno, de la administración y del poder judicial alemanes de la posguerra habían estado de una u otra manera activos para el régimen nazi y casi todos habían recibido su formación profesional en el período nazi o antes.20 Por eso, desde el punto de vista actual, fue un gran momento de suerte que las cuatro potencias victoriosas, los Estados Unidos, la Unión Soviética, Gran Bretaña y Francia, establecieran el Tribunal Militar de Núremberg y acusaran y juzgaran allí a los funcionarios más importantes del “Tercer Reich” que aún estaban vivos.21 Alemania, por sí misma, nunca habría tenido la energía para hacerlo y sin los juicios de Núremberg la verdad histórica no se habría conocido tan rápida y exhaustivamente. Después de los Juicios de Núremberg había un plan para que los perpetradores de segunda instancia, como médicos, comandantes de campos de 18 Así son las estimaciones en Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Tote_des_Zweiten_ Weltkrieges; última consulta: 20. 09. 2019), citando datos de la Oficina de Investigación de Historia Militar. 19 Cf., por ejemplo Aly, Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus,p. 11 ss.; Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, p. 675 ss. Las narrativas de mis padres, suegros y parientes, que tenían entre 17 y 20 años al final de la guerra, confirmaron esta impresión. 20 Sobre la situación en el Ministerio Federal de Justicia, véase Görtemaker/Safferling; en torno a la Fiscalía General del Estado véase la entrevista de Safferling en Badische Neueste Nachrichten de 29. 06. 2019, p. 6 (https://www.str1.rw.fau.de/files/2019/08/GBA-Interview_ BNN-2019.pdf; última consulta: 29. 09. 2019). Cf. también Rottleuthner, NK 2016, 257. 21 Cf. Jasch/Kaiser, Der Holocaust vor deutschen Gerichten, p. 14 ss.; Keldungs, NSProzesse 1945 – 2015, p. 20 ss.
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concentración, etc., respondieran ante los tribunales militares de los aliados y muchos de estos juicios también se llevaron a cabo.22 Al mismo tiempo, las potencias vencedoras llevaron a cabo un “proceso de desnazificación” mediante el cual, al menos teóricamente, se investigó la participación individual de todos los alemanes en el régimen nazi y se aplicó la exclusión de cargos y funciones a los implicados con profundidad en las actividades nazis. Paralelamente a la fundación de la República Federal de Alemania, sin embargo, el clima político cambió significativamente. La nueva confrontación entre la OTAN y el Pacto de Varsovia reunió a todas las fuerzas del oeste y, en esta nueva situación, Alemania Occidental se convirtió de repente en un socio importante contra el comunismo. La presión de las naciones vencedoras disminuyó y la República Federal pudo desarrollarse. Al principio, el éxito de la reconciliación con Francia, así como el llamado “milagro económico”, ocuparon un primer plano. El procesamiento penal de los crímenes nazis era ahora solo una cuestión de la judicatura federal alemana. Pero esta judicatura, al principio no mostró ningún interés y quería que el pasado quedara en el olvido. A pesar de que en 1958 se estableció en Luisburgo una “Oficina Central” para la investigación y el enjuiciamiento de los crímenes del nacionalsocialismo,23 al mismo tiempo hubo muchas voces que pedían que se pusiera fin a la revisión del pasado.24 La persecución de los crímenes nacionalsocialistas por parte de la justicia federal alemana comenzó muy lentamente, y hasta el día de hoy, debido a los retrasos y obstáculos acumulados por los tribunales, nuevas acusaciones y juicios tienen que ser llevados a cabo, incluso si los perpetradores de más de noventa años de edad probablemente ya no verán la prisión desde el interior.25 Las insuficiencias de la persecución penal de los crímenes de la época nazi tuvieron dos causas principales.26 Por un lado, la decisión fundamental de medir los delitos en cuestión con arreglo a las normas del derecho penal “normal”. La República Federal de Alemania se veía a sí misma como la sucesora legal del Reich alemán, de modo que los crímenes nazis fueron juzgados como crímenes internos “normales”. En consecuencia, el principio de nullum crimen sine lege, garantizado por la constitución, y la prohibición de retroactividad que contiene, obligaba a aplicar la legislación alemana vigente en el momento de la infracción, así como a respetar el plazo de prescripción. El problema de la prescripción se solucionó en parte fijando el comienzo del plazo para todos estos delitos el 8 de mayo de 1945, fecha en la que entró en vigor la entrega alemana, y decidiendo finalmente en 1979, y tras varias medidas de prórroga, que el enjuiciamiento del asesinato no prescribía
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Cf. Keldungs, NS-Prozesse 1945 – 2015, p. 33 ss. Cf. Weinke, Eine Gesellschaft ermittelt gegen sich selbst, p. 20 ss. 24 Cf. Weinke, Eine Gesellschaft ermittelt gegen sich selbst, p. 20. 25 Cf. Keldungs, NS-Prozesse 1945 – 2015, p. 189 ss.; Rottleuthner, NK 2016, 263. 26 Cf. Werle, NJW 1992, 2533 ss.
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en absoluto.27 Sin embargo, como se verá enseguida, algunas decisiones muy problemáticas del legislador y del Tribunal Superior de Justicia han ayudado a muchos perpetradores a sentirse seguros. Los efectos de la prohibición de la retroactividad eran aún más difíciles de eludir, porque los delitos en cuestión debían ser punibles con arreglo a la legislación vigente en el momento de la comisión, aunque los autores en su tiempo podían tener la certeza de que no serían enjuiciados. Los tribunales resolvieron este problema al no clasificar como normas jurídicas las llamadas “Führerbefehle”, es decir, las órdenes de Adolf Hitler que se referían en particular a la persecución de los judíos y, por tanto, las consideraban sin efecto justificador.28 Además, las peores leyes formales se consideraron nulas según la llamada fórmula de Radbruch, en la medida en que estaban en intolerable contradicción con la justicia y negaban deliberadamente la igualdad de todas las personas.29 Este punto de vista es muy problemático desde una perspectiva histórica, porque en el régimen nazi la voluntad del líder se consideraba como base jurídica efectiva y el orden jurídico se creó de tal manera que todo era legítimo.30 Pero abrió el camino a la condena penal de muchos autores. Además, la exclusión de la pena por cumplir órdenes superiores, previstas en el código penal militar, solo se aplicó con cautela.31 En otro orden de ideas, una aplicación muy unilateral de los principios generales del derecho penal condujo a un favorecimiento inapropiado de muchos autores. El Tribunal Superior de Justicia defendió una distinción muy subjetiva entre la autoría y la participación, de modo que a todos los que solo eran seguidores o solo cumplían órdenes se les negó la voluntad del autor y fueron considerados como meros cómplices. Incluso los guardias de los campos de concentración que abrieron el grifo del gas o asesinaron a cientos de personas en tiroteos masivos fueron condenados solo como cómplices de asesinato y con penas que solo excedían ligeramente el límite inferior de tres años de prisión.32 Y para la complicidad se consideró necesario probar la participación directa en un asesinato específico, mientras que la mera vigilia en un campo de concentración no era suficiente.33 Especialmente los llamados delincuentes de escritorio, es decir, los que organizaron el asesinato en la Oficina Central de Seguridad, desde lejos, se beneficiaron de esta 27
Art. 1 Decimosexta Ley por la que se modifica el Código Penal, de 16/7/1979, Bundesgesetzblatt I, 1046. 28 OLG Frankfurt a. M., HESt 1, 67, 71. Véase también BGHSt 2, 234, 237; Papier/Möller, NJW 1999, 3290. 29 Cf. BGHSt 2, 234, 237 s., en Papier/Möller, NJW 1999, 3290 s. 30 Cf. Werle, NJW 1992, 2534. 31 Cf. Kuchenbauer, NJW 2009, 14. 32 Cf. Kuchenbauer NJW 2009, 17 s.; Rottleuthner, NK 2016, 259; Werle, NJW 1992, 2533. 33 BGH, NJW 1969, 2056. Esta jurisprudencia solo fue corregida en 2011 por el Landgericht München II y mas tarde también por el Tribunal Federal de Justicia (BGHSt 61, 252, 262 s.).
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actitud. Y lo que es aún peor: una modificación al código penal de 1968 estipulaba que los participantes en asesinatos que carecían de características personales especiales, como, por ejemplo, el odio racial, debían ser castigados más levemente que los autores. Este reglamento puede ser aceptable en sí mismo. Sin embargo, en concordancia con la regulación de la prescripción de por aquel entonces, muchos casos de participación en asesinatos ordenados por los nazis ya se encontraban prescriptos en 1960.34 Por último, el Tribunal Superior Federal aplicó el llamado “privilegio de prevaricato” a los jueces nazis, lo que implicó que estos solo podían ser procesados por asesinato o privación de libertad si, al mismo tiempo, se demostraba que habían infringido dolosamente la ley. Debido a esta actitud, ningún juez del llamado Tribunal del Pueblo, ni de otros tribunales, fue procesado por sus sentencias que violaban gravemente los derechos humanos.35 Mucho más tarde, otros jueces del Tribunal Superior Federal no tardaron en lamentar esta actitud y, en algunos casos, la corrigieron parcialmente.36 Por el contrario, la evolución de la situación en Alemania en los años noventa tras la reunificación discurrió en forma muy diferente. La RDA, que surgió de la zona de ocupación soviética y estuvo dominada políticamente por la Unión Soviética hasta el final, no era un régimen criminal comparable con la Alemania nazi. Sin embargo, tampoco puede describirse como un estado de derecho, porque cometió violaciones sistemáticas de los derechos humanos en varias áreas y las víctimas estaban completamente indefensas.37 Junto a algunas sentencias de muerte contra enemigos de la República en los años cincuenta, fueron sobre todo los disparos en la frontera alemana-alemana los que tuvieron consecuencias fatales para las víctimas. Aproximadamente 300 personas —no hay estadísticas exactas— murieron a causa de las armas de los soldados fronterizos solo porque intentaron huir de la RDA a la República Federal de Alemania. Además, muchas personas fueron condenadas a penas de prisión elevadas, por ejemplo, porque hicieron público que querían salir de la RDA o porque no estaban de acuerdo con el sistema político. La reunificación alemana se llevó a cabo de tal manera que el parlamento de Alemania Oriental, que se había formado mediante elecciones libres tras el colapso del antiguo régimen, decidió por mayoría de dos tercios disolver la RDA y unirse a la República Federal de Alemania. Los detalles fueron negociados entre los dos estados y establecidos en un “Tratado de Unificación”.38 La consecuencia de esta adhesión fue que, de golpe, todo el sistema jurídico de la República Federal debía 34
Cf. Rottleuthner, NK 2016, 259; Werle, NJW 1992, 2531. Cf. BGHSt 41, 317, 339 s.; Rottleuthner, NK 2016, 258. 36 Cf. BGHSt 41, 317, 339 s. 37 Cf. Mas detalladamente Marxen/Werle, Die strafrechtliche Aufarbeitung von DDR-Unrecht, p. 7 ss.; Zimmermann, Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, Teilband 2, p. 17 ss. 38 Tratado entre la República Federal de Alemania y la República Democrática Alemana sobre el establecimiento de la unidad alemana, de 31/08/1990 (BGBl. 1990 II, p. 889). 35
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aplicarse de inmediato a los nuevos territorios que antes pertenecían a la RDA. Poco después de la reunificación, los tribunales y las fiscalías se crearon de acuerdo con el sistema federal alemán y fueron ocupados en gran medida por personas que habían recibido su formación en Alemania Occidental. A su vez, los propios juristas de la RDA se encontraban desde el principio en minoría porque, como estado socialista, la RDA necesitaba muchos menos juristas; además, muchos de los que estaban demasiado estrechamente vinculados al antiguo régimen no fueron incorporados al nuevo sistema. De hecho, fueron los tribunales de Alemania Occidental los que tuvieron que juzgar los actos de los representantes de la RDA.39 En lo que se refiere a la persecución penal del denominado delito gubernamental de la RDA, el Tratado de Unificación estipulaba que una condena solo era posible si dicho ilícito penal constituyó delito tanto en la legislación de la República Federal de Alemania como en la legislación de la RDA.40 Con ello se pretendía tener en cuenta el hecho de que los soldados, policías, jueces y fiscales de la RDA aplicaban su antiguo sistema jurídico y que una sustitución retroactiva de este sistema por la legislación de la República Federal no era compatible con el principio nullum crimen sine lege. Por tanto, solo se podía perseguir penalmente a los funcionarios de la RDA si sus actos habían violado también la legislación de la RDA misma. En particular, se planteó la difícil cuestión de si solo la letra de las leyes de la RDA debía ser lo determinante o, en cambio, la ley efectivamente vivida y practicada. Por ejemplo, el artículo 27 de la ley de fronteras de la RDA estipulaba que las armas de fuego solo podían utilizarse en casos de emergencia extrema. Sin embargo, de hecho, las órdenes eran que la prevención de un paso fronterizo era en cualquier caso más importante que la protección de las vidas humanas y que los que disparaban siempre eran dignos de elogio, aunque los disparos mortales no hubieran sido necesarios en absoluto.41 Por tanto, en la literatura jurídica alemana surgió una discusión encarnizada.42 Klaus Lüderssen, por ejemplo, abogó por la reconstrucción de un “Estado de derecho socialista”, que —desde su perspectiva— existía en gran parte del derecho de la RDA y que permitiera medir la justicia penal política.43 Según esto, los 39 Mi padre fue juez en Renania-Palatinado (Alemania Occidental) hasta su jubilación en febrero de 1992. Poco después fue reactivado como pensionista para el desarrollo del Poder Judicial en Turingia (antigua RDA) y trabajó otros cinco años en Erfurt, la mayor parte del tiempo como presidente de una sala civil en el tribunal regional (Landgericht). Otros cuatro jueces estaban activos en su sala: Un abogado con experiencia y dos jóvenes asesores de Hessen (Alemania Occidental), así como un juez con formación en la RDA, que fue transferido a la judicatura alemana de Turingia. La proporción de cuatro jueces del oeste a un juez del este era probablemente típica. 40 Cf. Art. 315 (1) de la Ley de Introduccion del Código Penal (EGStGB). 41 Cf. Kreicker, Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, Teilband 2, p. 63 ss. 42 Resumen por Rummler, Die Gewalttaten an der deutsch-deutschen Grenze vor Gericht, p. 353 ss. 43 Por ejemplo, en Lüderssen, ZStW 104, 747 ss.
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disparos en la frontera alemán-alemana fueron ilegales en la mayoría de los casos, ya que no se tuvo en cuenta el principio de proporcionalidad, que también estaba reconocido en la legislación de la RDA. Günther Jakobs, entre otros, adoptó la posición opuesta:44 las violaciones de los derechos humanos no podrían considerarse como un manejo incorrecto del sistema jurídico, sino solo como una perversión del propio derecho. La práctica en la frontera alemán-alemana, así como la de la justicia penal política, era el derecho de la RDA. Por tanto, sería inconcebible que sus protagonistas fueran punibles en su propio sistema. Robert Alexy, en cambio, sugirió una tercera vía:45 en su opinión, una interpretación restrictiva de los fundamentos jurídicos de la ley de la RDA, que solo se llevó a cabo a posteriori, no sustituía a una ley existente en el momento del delito en el que podía basarse la responsabilidad penal de los funcionarios de la RDA. Sin embargo, se podría renunciar al requisito de esa ley si los autores no fueran dignos de protección del principio nullum crimen sine lege, garantizado en el artículo 103 de la Ley Fundamental alemana. El requisito de una ley escrita existente en el momento del delito tendría por objeto proteger a la persona contra la arbitrariedad judicial, protegerla contra el castigo por un delito cuya injusticia no puede reconocer claramente cuando se comete y permitirle calcular las consecuencias jurídicas de sus actos. Si, después de la reunificación, los tribunales alemanes se negasen a justificar las violaciones extremas de los derechos humanos por parte de los funcionarios de la RDA, ello no sería ni arbitrario ni carecería de la previsibilidad de la pena. Estos funcionarios deberían haber previsto que el régimen de injusticia de la RDA se derrumbaría y que entonces tendrían que rendir cuentas. En suma, la mayoría de los profesores alemanes de derecho penal estuvieron a favor de castigar a los soldados y comandantes de la RDA. El Tribunal Superior Federal encontró finalmente una solución similar:46 en principio, la ley de la RDA debía aplicarse de la misma manera que los propios tribunales de la RDA. Sin embargo, en cuanto a las violaciones graves de los derechos humanos, el Tribunal Superior Federal estableció que las interpretaciones de la legislación de la RDA que conducían a la impunidad de tales actos debían considerarse irrelevantes. La propia RDA había firmado el Pacto Internacional de Derechos Civiles y Políticos y, por tanto, había declarado su apoyo a los derechos humanos. Esta actitud, que también fue confirmada por el Tribunal Constitucional Federal47 y el Tribunal Europeo de Derechos Humanos,48 tuvo como consecuencia
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Jakobs, GA 1994, 1 ss. Alexy, Mauerschützen: zum Verhältnis von Recht, Moral und Strafbarkeit, p. 10 ss., 30 ss. 46 Fundamentalmente en BGHSt 39, 1, 8 ss. Véase también BGHSt, 39, 168, 183 ss. 40, 241, 242 ss.; 41, 10,1 103 ss. y detalladamente Rummler, Die Gewalttaten an der deutschdeutschen Grenze vor Gericht, p. 298 ss. 47 BVerfGE 95, 96, 130 ss. 45
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que, sobre todo, los disparos mortales en la frontera fueran castigados. Los jóvenes soldados, que solo cumplieron las órdenes de sus superiores, en su mayoría, salieron con condena suspendida, mientras que la cúpula política de la RDA fue condenada a largas penas de prisión. Por otra parte, los jueces de la RDA, que habían condenado a personas a penas severas solo por sus declaraciones críticas con el régimen, rara vez fueron sujetos a responsabilidades.
IV. Conclusiones Ambas formas de procesamiento penal de las injusticias sistémicas del pasado en Alemania fueron criticadas.49 En lo que se refiere a la persecución de los crímenes nazis, la justicia alemana realmente ha sido muy deficiente. Durante los primeros diez a veinte años —cuando los autores aún estaban al alcance y había muchos testigos disponibles— casi no pasó nada. La influencia inhibitoria de los jueces, fiscales, funcionarios ministeriales y políticos que estaban involucrados en el nacionalsocialismo era todavía demasiado fuerte y el público tenía poco interés en una honesta confrontación con el pasado después de las devastaciones de la segunda guerra mundial. En la actualidad, la justicia alemana está tratando seriamente de corregir estas omisiones, pero la mayoría de los autores ya no están vivos y es casi imposible llevar a los pocos que quedan ante la justicia debido a su vejez. Sin embargo, también hubo excepciones importantes, como los juicios de Auschwitz en Fráncfort de 1963 a 1968, en los que los crímenes nazis fueron puestos en conocimiento de la sociedad alemana de forma implacable.50 El enjuiciamiento penal de los responsables de la RDA, por el contrario, fue asumido inmediatamente por el poder judicial reunificado. El inicio de los plazos de prescripción también se aplazó hasta el 3 de octubre de 1990, día de la reunificación, de modo que se dispusiera de tiempo suficiente. Sin embargo, solo 1.737 de las aproximadamente 100.000 personas que fueron objeto de una investigación penal fueron acusadas y solo 753 fueron condenadas —los simples soldados y los que recibieron órdenes, en su mayor parte, fueron condenados a penas de prisión de poca severidad, cuya ejecución fue suspendida—.51 Esta actitud 48 TEDH 22/03/2001, 34044/96, 35532/97, 44801/98 (Streletz, Keßler, Krenz/Alemania), publicado, por ejemplo, en: NJW 2001, 3035; TEDH 22/03/2001, 37201/97 (K.-H.W./Alemania), NJW 2001, 3042. 49 Con respecto a la persecución penal de los crimenes nazi, por ejemplo, Jasch/Kaiser, Der Holocaust vor deutschen, p. 199 ss. Keldungs, NS-Prozesse 1945 – 2015, p. 457 ss., Werle, NJW 1992, p. 2533 ss.; con respecto a la criminalidad gubermental de la RDA, por ejemplo, Marxen/Werle, Die strafrechtliche Aufarbeitung von DDR-Unrecht, p. 252 ss., Rummler, Die Gewalttaten an der deutsch-deutschen Grenze vor Gericht, p. 527 ss. 50 Cf. Jasch/Kaiser, Der Holocaust vor deutschen Gerichten, p. 138 ss.; Keldungs, NSProzesse 1945 – 2015, p. 104 ss. 51 Cf. Marxen/Werle/Schäfter, Die Strafverfolgung von DDR-Unrecht, p. 14 ss.; Rottleuthner, NK 2016, 263 ss.
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ha sido fuertemente criticada por las víctimas de la RDA, porque muchos responsables escaparon con ligereza.52 A su vez, los jueces de la Alemania reunificada también eran conscientes de que una gran parte de la población de la RDA apoyaba las ideas del socialismo y, básicamente, consideraba que su estado era bueno. Un proceder demasiado estricto habría puesto en peligro la aceptación de la reunificación, lo que resultaba problemático para muchos ciudadanos de la anterior RDA. Por eso, el tratamiento de los delitos de la RDA por parte de los tribunales federales alemanes en la actualidad, en líneas generales, se considera en general, un éxito.53 A pesar de estas valoraciones tan diferentes, ambas situaciones muestran fuertes paralelismos desde el punto de vista jurídico. En ambos casos, la responsabilidad penal se determinó conforme a la legislación penal vigente en el momento del delito, pese a que los autores, tanto en el nacionalsocialismo como en la RDA, consideraban que actuaban de conformidad con su propia legislación y que no tenían que temer ninguna persecución penal. Por eso, los tribunales federales alemanes siempre estaban confrontados con el problema de tener que aplicar una interpretación diferente del derecho con carácter retroactivo, sin entrar en conflicto con la prohibición de la retroactividad. Por tanto, las soluciones encontradas no pudieron ser más que flojas soluciones de compromiso. Por un lado, algunas partes del derecho que estaban en vigor en el momento de la realización del delito tuvieron que ser declaradas inválidas posteriormente; y, por otro lado, muchos autores escaparon con penas demasiado leves o no fueron considerados responsables en absoluto. Sin embargo, una solución jurídicamente correcta solo era perceptible de forma embrionaria en los momentos decisivos. Desde 1949, los tribunales federales alemanes tenían la oportunidad de adoptar los principios del Tribunal Militar de Núremberg y aplicarlos a los crímenes de los nacionalsocialistas. Conforme a ello, la mayoría de los crímenes podrían haber sido clasificados y condenados como crímenes de lesa humanidad o como crímenes de guerra. Sin embargo, aparte del hecho de que se trataba de un derecho creado por las potencias aliadas vencedoras, que tuvo poca aceptación entre la población alemana, esta área del derecho era todavía demasiado nueva e incierta para ser adoptada por los tribunales federales alemanes en la difícil situación de la posguerra. Más tarde, después del colapso de la RDA, los llamados Principios de Núremberg podrían haber sido considerados derecho internacional consuetudinario y podrían haber sido utilizados más fácilmente como base para castigar a los funcionarios. Sin embargo, en ese momento, el derecho penal internacional aún no se había desarrollado hasta el punto de que las
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Cf. Marxen, Von der SED-Diktatur zum Rechtsstaat, p. 92; Hillenkamp, JZ 4 (1996), 180 habla de “amnistías encubiertas”. 53 Cf., por ej., Kreicker/Ludwig, Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, Teilband 2, p. 537 ss.; Marxen/Werle, Die strafrechtliche Aufarbeitung von DDR-Unrecht, p. 241 ss.
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partes negociadoras del Tratado de Unificación hubieran podido recurrir a él sin más aclaraciones. Hoy, sin embargo, la situación es muy diferente. En particular, el Estatuto de Roma de la Corte Penal Internacional contiene un reglamento bien elaborado, que, en Alemania, también se ha incorporado al derecho nacional en el código penal internacional. Tanto los crímenes del período nazi como una parte considerable de la criminalidad del gobierno de la RDA se clasificarían, según el Estatuto de Roma, como crímenes de lesa humanidad.54 Hoy en día ya no sería necesario recurrir a la legislación nacional aplicable en el momento del delito. Esta legislación no puede servir de criterio apropiado para la evaluación, porque el carácter esencial de la injusticia sistémica radica precisamente en la legalización formal de tales crímenes por parte de los respectivos gobernantes. Tampoco habría un problema de prescripción porque los crímenes internacionales no prescriben.55 Y la prohibición de la retroactividad tampoco obstaculizaría el enjuiciamiento de los crímenes actuales, porque a más tardar desde la creación de los tribunales especiales para Yugoslavia y Ruanda existe un derecho internacional consuetudinario consolidado que constituye una base legítima para la condena de los crímenes de derecho internacional.56 Alemania apoyó firmemente el desarrollo del derecho penal internacional, sobre todo sobre la base de su propia experiencia: si ya hubiera estado disponible en 1949 y 1990, el aspecto jurídico del enjuiciamiento penal habría sido, en cualquier caso, mucho más sencillo. Bibliografía Alexy, Robert: Mauerschützen: zum Verhältnis von Recht, Moral und Strafbarkeit, Göttingen 1993. Aly, Götz: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus, Fráncfort del Meno 2006. Bock, Michael: Kriminologie, 5.a ed., Múnich 2019. Eisenberg, Ulrich/Kölbel, Ralf: Kriminologie, 7.a ed., Tubinga 2017. Eser, Albin/Arnold, Jörg (Eds.): Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht. Vergleichende Einblicke in Transitionsprozesse, Teilband 2, Friburgo 2000. Eser, Albin/Sieber, Ulrich/Arnold, Jörg: Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht. Vergleichende Einblicke in Transitionsprozesse, Teilband 14, Transitionsstrafrecht und Vergangenheitspolitik, Berlín 2012. Göppinger, Kans: Kriminologie, 6.a ed., Múnich 2008. Görtemaker, Manfred/Safferling, Christoph: Die Akte Rosenburg: Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit, 2.a ed., Múnich 2016. 54
Werle, NJW 2001, 3005. Solo Art. 29 IStGH-Statut. 56 Werle, NJW 2001, 3006 s.
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Algunas observaciones sobre el funcionalismo penal europeo, en torno al art. 83 TFUE Por Letizia Seminara La visión del derecho penal con la que Marcelo Sancinetti ha contribuido a la dogmática penal ha sido, desde sus escritos iniciales hasta sus más recientes textos, la de pensar que el castigo penal puede solo legitimarse moralmente en la medida en que éste responda al disvalor de acción y la de rechazar la idea de una “responsabilidad por casualidad”, es decir aquella por la cual la pena variaría en función del resultado, lo que implica la influencia del factor suerte, un factor ajeno al comportamiento.1 Hay, en el naciente derecho penal europeo, es decir en el esbozo de derecho penal que la Unión Europea pretende llevar a cabo desde hace algunos años a través de un proceso de armonización y que se ha manifestado en el reciente artículo 83 del Tratado de Funcionamiento de la Unión Europea (TFUE), algo de ajeno a la acción, un factor de suerte, una parte de responsabilidad por casualidad que podría (y debería) ser objeto de reflexión. Y de esto quiere ocuparse esta modesta autora en este breve texto dedicado al profesor Sancinetti. De este algo “ajeno” a la acción y directamente relacionado con la casualidad y con el resultado que tiene la segunda parte del art. 83 TFUE y que ha sido caracterizado por varios autores como una visión “funcionalista” del derecho penal europeo. El art. 83, segundo apartado, TFUE, de hecho, prevé que “cuando la aproximación de las disposiciones legales y reglamentarias de los estados miembros en materia penal resulte imprescindible para garantizar la ejecución eficaz de una política de la Unión en un ámbito que haya sido objeto de medidas de armonización, se podrá establecer mediante directivas normas mínimas relativas a la definición de las infracciones penales y de las sanciones en el ámbito de que se trate”. Esta disposición no es más que la transposición en el tratado, de una norma pretoriana que había sido establecida por el Tribunal de Justicia de la Unión Europea en el asunto C-176/03, en el que dicho tribunal, poniendo fin a un litigio entre la Comisión Europea y el Consejo (y el Parlamento Europeo),2 ha considerado que, si bien, en principio, la Comunidad no era competente en materia de derecho penal, ni en materia de derecho procesal penal, “esta constatación no es óbice para que el legislador comunitario adopte medidas relacionadas con el derecho penal de los 1 2
Véase, Sancinetti, InDret 1 (2017). Sobre tal litigio entre las instituciones europeas, véase, Vervaele, FS Tiedermann.
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Estados miembros y que estime necesarias para garantizar la plena efectividad de las normas que dicte en materia de protección medioambiental, cuando la aplicación por las autoridades nacionales competentes de sanciones penales efectivas, proporcionadas y disuasorias constituye una medida indispensable para combatir los graves atentados contra el medio ambiente”.3 En la sentencia posterior en el asunto C-440/05, el tribunal confirmó dicha jurisprudencia. Cabe notar que en esta última, precisó que se trataba de conductas que pueden ocasionar perjuicios especialmente graves al medio ambiente como resultado, en el presente caso, del incumplimiento de las normas comunitarias en materia de seguridad marítima.4 Es decir, que la Unión Europea puede intervenir en materia penal a través de directivas y con normas mínimas, en función de la ejecución eficaz de una política de la Unión Europea. Ahora bien, podría entenderse que en la visión expresada por M. Sancinetti lo que justifica moralmente el castigo penal es que la acción cumplida contiene un disvalor en la sociedad, que solo en dicha medida quien la ha realizado puede ser castigado, y no mas allá, y yo entiendo luego que dicho disvalor debe ser intrínseco a tal comportamiento y no dictado por factores externos a dicha acción, es decir a elementos casuales vinculados al resultado, como podrían ser los efectos que dicha acción conlleva para una política de la Unión Europea. Lo que intento sostener podría ser quizás mejor expresado a través de un ejemplo absurdo. Si una persona comete o intenta un homicidio, esta conducta puede ser penalmente castigada en una determinada sociedad pues, en dicho contexto, esta contiene un “disvalor”. Pero si a su vez la Unión Europea quisiera en una de sus políticas disminuir la mortalidad europea y entonces hiciera aumentar a través de una directiva el castigo para los homicidas, porque éstos estarían actuando contra tal política de la Unión, se estaría agregando un factor (en una cierta medida) ajeno a dicha acción, que es la ejecución eficaz de tal política. Es decir, el reo estaría “pagando demás” por las políticas de la Unión Europea. Un atento observador podría objetar a esta visión que lo mismo puede suceder a nivel interno en los diversos estados miembros, pues ellos también llevan a cabo políticas internas. Y que ello, es decir, el hecho de impedir la ejecución eficaz de una política europea, constituye para el derecho (europeo) también un disvalor. Sin embargo, podría afirmarse, sin alejarse demasiado de la verdad, que en dicha hipótesis el homicidio en la Unión Europea no estaría castigado penalmente en modo más severo tanto porque cometer o intentar un homicidio “está mal” en dicha sociedad, sino porque tal comportamiento haría aumentar la mortalidad en dicho espacio europeo e impediría así la efectiva ejecución de tal política. En este sentido, podría ciertamente decirse que se sustituye (o en todo caso se agrega), al natural disvalor de acción, un disvalor “europeo”. 3
Véase, la Sentencia del Tribunal de Justicia (Gran Sala), en el asunto C-176/03, Comisión/Consejo, § 48, 13 de septiembre de 2005. Itálicas nuestras. 4 Véase, la Sentencia del Tribunal de Justicia (Gran Sala), en el asunto C-440/05, Comisión/Consejo, § 67, 23 de octubre de 2007.
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La doctrina ha dicho, entonces, que la Unión ha optado por una visión funcionalista del derecho penal y ello, naturalmente, con respecto al derecho de la Unión Europea.5 No sé si el homenajeado estaría contento con este estado de las cosas. Y, sin embargo, la visión funcionalista del derecho penal es aquella que él parece abrazar, aunque, como veremos, no es esta visión funcionalista según la cual el castigo tendría un fin ulterior y no un fin en sí, que sería el de confirmar la norma. Y lo dicho anteriormente nos lleva a referirnos inevitablemente al funcionalismo al cual él parece en cambio adherir, tal cual ha sido expresado por Jakobs en diversos escritos. Así lo ha manifestado, al menos, en su bastante reciente escrito sobre las teorías de la pena en el pensamiento penal contemporáneo, en el que afirma que dicha teoría ofrece “una buena alternativa”.6 En un trabajo en el que estudia la sociedad, la norma y la persona desde una perspectiva funcionalista, Jakobs afirma que la prestación que realiza el derecho penal consiste en contradecir la contradicción (llevada a cabo con la acción prohibida) de las normas determinantes de la identidad de la sociedad. Es decir que, como él sostiene, el derecho penal confirma la identidad social y existe una relación recíproca entre la sociedad y el derecho penal.7 Más adelante explica cómo entiende dicha relación cuando afirma que ni el sistema social ni el sistema jurídico “saltan por encima de su propia sombra” y que, por tanto, por un lado, “no se puede degradar al derecho penal al papel de mero lacayo, pues es parte de la sociedad y, dicho de modo metafórico, debe tener un aspecto respetable aún a plena luz del día”. Pero, por otro lado, “el derecho penal tampoco puede constituirse en la base de una revolución social; pues en cuanto ya no contribuya al mantenimiento de la configuración de la sociedad (aunque, desde luego, se trate de una configuración susceptible de evolucionar), falta ya la base sobre la cual podría iniciarse con éxito una revolución”.8 Podría decirse que esta “medida” de interrelación representa, en un sistema penal, un punto de equilibrio, un margen de maniobra, del cual un buen sistema penal no debería disociarse. Yo entiendo, en este sentido, que un buen sistema de derecho penal debería ser reflejo y límite de la identidad de una sociedad. Retornando al naciente sistema penal europeo, podría decirse que la norma penal interna derivada del derecho de la Unión (es decir, aquella adoptada en virtud del art. 83, apartado 2), como lo ha afirmado por otra parte la doctrina, sería, pues, funcional. Ésta serviría a confirmar la norma y la identidad social del sistema interno al que pertenece y que la ha emanado, por un lado, y sería funcional a la 5 Entre ellos, consideran que la Unión Europea ha seguido un enfoque funcional, Vervaele, FS Tiedermann; Montaldo, Studi sull’Integrazione Europea 1 (2013); Öberg, New Journal of European Criminal Law 2014; Vozza, Diritto Penale Contemporaneo 3 (2015); Ouwerkerk, Columbia Journal of European Law 23 (2017); Mancano, Estudios de Deusto 67 (1). 6 Véase, Sancinetti, Revista Pensamiento Penal 11 (2015), 19. 7 Véase, Jakobs, Sociedad, norma y persona en una teoría de un Derecho penal funcional, p. 18. 8 Jakobs, Sociedad, norma y persona en una teoría de un Derecho penal funcional, p. 24.
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eficacia de una política de la Unión, por otro lado. Si esto fuera así, podría considerarse que dicha disposición tiene, además de la función de confirmar la norma penal interna, la función de confirmar la norma europea y, luego, por ende, de confirmar la identidad europea. Podría uno preguntarse, entonces, si el mencionado art. 83 TFUE tiende a establecer tal medida de relación recíproca entre la sociedad europea y el derecho penal, lo que constituiría un buen sistema penal europeo. De ser esto así, será necesario referirse a la identidad europea, noción de difícil demarcación. Si bien circunscribir la idea de identidad social puede ser más fácil a nivel interno por su manifestación en los derechos constitucionales de los estados miembros, descifrar tal noción es mucho más complejo en el derecho de la Unión Europea, en el que falta tal estructura constitucional o, en todo caso, no es clara, como sí lo es en la mayor parte de los derechos constitucionales de los estados miembros.9 Esa ha sido, en una cierta medida, la tarea llevada a cabo en muchas ocasiones por el Tribunal de Justicia al momento de individuar el contenido de las tradiciones constitucionales de los estados miembros y hacerlo convergir en el derecho de la Unión en vistas de la tutela de los derechos fundamentales en el espacio jurídico europeo. La ardua labor que ha afrontado este tribunal, por vía pretoriana, nos obliga a referirnos no solo a esto último, sino también a los valores enunciados por la Unión en sus tratados, así como en su Carta de los Derechos Fundamentales de la Unión Europea. Respecto a estos últimos, me he referido, en un texto anterior, a la existencia, en el derecho europeo, de valores “explícitos” y valores “implícitos” sobre los cuales la Unión se fundamenta y que la Unión tiene por finalidad promover, ya sea a través de la emanación de normas por las instituciones legislativas de la Unión o de sentencias por el Tribunal de Justicia.10 La cuestión no carece de importancia pues si bien por una parte existen en la Unión Europea algunos valores que han sido explícitamente enunciados en el Tratado de la Unión Europea que “son comunes a los Estados miembros en una sociedad caracterizada por el pluralismo, la no discriminación, la tolerancia, la justicia, la solidaridad y la igualdad entre mujeres y hombres”,11 por otra parte pueden intuirse también algunos valores (o al menos intereses), como el libre mercado, que no han 9 Es la consecuencia del rechazo, por parte de algunos estados miembros (Francia y los Países Bajos) del proyecto de Constitución europea, que ha conllevado la posterior reforma de los Tratados (la reforma de Lisboa), dando lugar a una suerte de “derecho constitucional” de la Unión en “versión no constitucional”. Véase, sobre este tema, Waline, Mélanges en l’honneur de Jean Gicquel, p. 611 – 622; Wouters/Verhey/Kiiver (eds.), European constitutionalism beyond; Cayla/Pasquino, Le pouvoir constituant et l’Europe. En general, sobre el “derecho constitucional” de la UE, véase Rosas/Armati, EU Constitutional Law. 10 Véase, Seminara, Rivista della cooperazione giuridica internazionale 56 (2017), 195 – 202. 11 Véase el art. 2 TUE, que enuncia “los valores de respeto de la dignidad humana, libertad, democracia, igualdad, Estado de Derecho y respeto de los derechos humanos, incluidos los derechos de las personas pertenecientes a minorías”, valores que, según lo dispuesto en el art. 3 TUE, la Unión tiene por finalidad promover.
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sido explícitamente enunciados como “valores”, pero que han sido y son actualmente tenidos en fuerte consideración a la hora de crear normas. La cuestión surge al notar que dichos valores implícitos, que ciertamente tienen influencia en la producción de normas en la Unión Europea y que no han sido explícitamente enunciados como valores ni como intereses, pero que se encuentran presentes a lo largo de todo el intersticio normativo europeo, son de difícil identificación, si bien podríamos aventurarnos aquí a decir que reflejan y que están fundados sobre una visión mercado-céntrica de la sociedad. Si se colocase el acento sobre unos u otros valores, el sistema asumiría distintas facetas. Se oscilaría entre dos opciones, la de llegar a imponer un derecho penal “moral”, si es basado exclusivamente sobre los valores explícitos ya mencionados que tienden a fijar pautas, por así decirlo, ‘morales’ en la sociedad, o la de imponer en cambio un derecho penal instrumental que gire en torno al mercado interno y a cuestiones utilitarias a tal concepto.12 Parecería ser que el art. 83 TFUE tiende a cumplir ambas prestaciones:13 mientras la primera parte del art. 83 (es decir, aquella que prevé que el Parlamento Europeo y el Consejo pueden establecer, mediante directivas, normas mínimas relativas a la definición de las infracciones penales y de las sanciones en ámbitos delictivos que sean de especial gravedad y tengan una dimensión transfronteriza derivada del carácter o de las repercusiones de dichas infracciones o de una necesidad particular de combatirlas según criterios comunes), estaría dedicada a reflejar los primeros,14 la segunda parte sería funcional al segundo grupo de valores, implícitos y mercado-céntricos.15 12 Ouwerkerk, en Columbia Journal of European Law 23 (2017), se pregunta si la integración del mercado puede ser identificada como un bien jurídico que merece protección por el derecho penal o un objetivo legítimo de la criminalización de conductas a nivel europeo. Creo, por mi parte, que una referencia al libre mercado como valor que refleja la identidad social europea no puede faltar. Distinta es la pregunta de si debe o no usarse el derecho penal para aumentar la eficiencia del libre mercado europeo. No veo tan clara una respuesta a tal cuestión. 13 Parece tener una idea diferente Zerouki-Cottin, Revue de science criminelle et de droit pénal comparé 3 (2011), 589, quien considera que, sea en la jurisprudencia del Tribunal de Justicia como en el art. 83 TFUE, todo objetivo gira en realidad en torno a la idea de la realización del mercado y no de valores fundamentales superiores. 14 Se tengan en consideración los sectores individuados en el art. 83, apartado 1, que son: el terrorismo, la trata de seres humanos y la explotación sexual de mujeres y niños, el tráfico ilícito de drogas, el tráfico ilícito de armas, el blanqueo de capitales, la corrupción, la falsificación de medios de pago, la delincuencia informática y la delincuencia organizada, los cuales, naturalmente tienen una cierta influencia sobre el funcionamiento del mercado interno, pero que están determinados más que nada en función de la “gravedad” y del “carácter transfronterizo” del delito, y no (solo) en función de la ejecución de las políticas europeas. En tal sentido, la Directiva 2011/36/UE del Parlamento Europeo y del Consejo, de 5 abril de 2011, relativa a la prevención y lucha contra la trata de seres humanos y a la protección de las víctimas y por la que se sustituye la Decisión marco 2002/629/JAI del Consejo; la Directiva 2011/93/UE del Parlamento Europeo y del Consejo, de 13 de diciembre de 2011, relativa a la lucha contra los abusos sexuales y la explotación sexual de los menores y la pornografía infantil y por la que se sustituye la Decisión marco 2004/68/JAI del Consejo; la Directiva
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Y por ello es importante saber de qué valores se trata.16 El derecho penal europeo, tal como será “armonizado” a través de dichas normas, será reflejo y límite de una sociedad europea basada en dichos valores. Ni el sistema social ni el sistema penal podrán “saltar por encima de su propia sombra”. Así lo ha reconocido, a su
2013/40/UE del Parlamento Europeo y del Consejo, de 12 de agosto de 2013, relativa a los ataques contra los sistemas de información y por la que se sustituye la Decisión marco 2005/ 222/JAI del Consejo; la Directiva 2014/42/UE del Parlamento Europeo y del Consejo, de 3 de abril de 2014, sobre el embargo y el decomiso de los instrumentos y del producto del delito en la Unión Europea; la Directiva 2014/62/UE del Parlamento Europeo y del Consejo, de 15 de mayo de 2014, relativa a la protección penal del euro y otras monedas frente a la falsificación, y por la que se sustituye la Decisión marco 2000/383/JAI del Consejo; la Directiva (UE) 2017/ 541 del Parlamento Europeo y del Consejo de 15 de marzo de 2017 relativa a la lucha contra el terrorismo y por la que se sustituye la Decisión marco 2002/475/JAI del Consejo y se modifica la Decisión 2005/671/JAI del Consejo; la Directiva (UE) 2018/1673 del Parlamento Europeo y del Consejo de 23 de octubre de 2018 relativa a la lucha contra el blanqueo de capitales mediante el Derecho penal; la Directiva (UE) 2019/713 del Parlamento Europeo y del Consejo de 17 de abril de 2019 sobre la lucha contra el fraude y la falsificación de medios de pago distintos del efectivo y por la que se sustituye la Decisión Marco 2001/413/JAI del Consejo. 15 Piénsese que los ámbitos armonizados en los que la Comisión ha notado que se precisan medidas de Derecho penal a nivel de la UE son el sector financiero, la lucha contra el fraude que afecta a los intereses financieros de la Unión y la protección del Euro contra la falsificación. Se trata, por tanto, de “medidas de lucha contra prácticas perjudiciales graves y beneficios ilegales en algunos sectores económicos, con el fin de proteger las actividades de las empresas legales y salvaguardar los intereses de los contribuyentes”. En particular, dicha institución se ha referido a la protección del funcionamiento de los mercados financieros, la protección de los intereses financieros de la UE, la protección del euro contra la falsificación, infracciones graves de las normas de transporte por carretera, infracciones graves de las normas de protección de datos, delitos aduaneros, protección medioambiental, política pesquera y políticas de mercado interior destinadas a luchar contra prácticas ilegales tales como la falsificación y la corrupción o los conflictos de intereses no declarados en el contexto de la contratación pública. Véase COM(2011) 573 final, Comunicación de la Comisión al Parlamento Europeo, al Consejo, al Comité Económico y Social Europeo y al Comité de las Regiones, Hacia una política de Derecho penal de la UE: garantizar la aplicación efectiva de las políticas de la UE mediante el Derecho penal, Bruselas, de 20 de septiembre de 2011. En tal sentido, la Directiva 2014/57/UE del Parlamento Europeo y del Consejo, de 16 de abril de 2014, sobre las sanciones penales aplicables al abuso de mercado (Directiva sobre abuso de mercado); y la Directiva (UE) 2017/1371 del Parlamento Europeo y del Consejo de 5 de julio de 2017 sobre la lucha contra el fraude que afecta a los intereses financieros de la Unión a través del Derecho penal. 16 Mireille Delmas-Marty sostiene, por otra parte, que la enunciación explícita de los valores que subyacen a la armonización de las sanciones penales es primordial si se pretende tomar en serio los objetivos enunciados por los tratados y la carta y los mandatos concedidos por los estados miembros a la Unión. Véase Delmas-Marty, L’harmonisation des sanctions pénales en Europe, p. 584. La cuestión no es solo axiológica. Así, Kubiciel nota que “la ciencia penal europea se enfrenta al problema de que debe recurrir necesariamente a un plano de fundamentación anterior al derecho positivo, si quiere aplicar en el ámbito de la política criminal europea criterios materiales más concretos”. Véase Kubiciel, Revista Derecho Penal y Criminología 97 (2013), 38.
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vez, la Comisión Europea, al estimar que “está claro que el derecho penal refleja los valores fundamentales, las costumbres y las opciones de cualquier sociedad”.17 Si bien, como lo hemos notado, también el Tribunal de Justicia se ha ocupado a través de sus sentencias de elucidar cuáles y cómo deben ser entendidos tales conceptos, la labor de fundamentación de las normas mínimas de las que nos ocupamos es, primero, la labor de las instituciones implicadas en la elaboración de dichas normas, tales como la Comisión y el Parlamento europeos y el Consejo (pues no compete al tribunal la emanación de las directivas de las que nos ocupamos, sino que le compete solo una función de control de legitimidad de tales normas). Ahora bien, algunos principios enunciados por las mencionadas instituciones constituyen reflejos y límites,18 pero no dan muchas indicaciones sobre cuáles son los valores que subyacen o que deberían subyacer a dicho sistema, sino que son indicaciones más o menos técnico-jurídicas que deberán guiar la actuación de la Unión Europea en dicho proceso de armonización. Tales los principios de subsidiariedad y proporcionalidad.19 O las referencias a “los principios generales que rigen el derecho penal” (como el principio de culpabilidad, el de seguridad jurídica, el de irretroactividad y de lex mitior, el principio de ne bis in idem o el de presunción de inocencia), mencionados por el Parlamento Europeo, el que además ha recalcado que “no basta con mencionar nociones abstractas o efectos simbólicos, sino que se ha de demostrar la necesidad de nuevas disposiciones de derecho penal sustantivo mediante pruebas pertinentes”.20 El Consejo, además de referirse a los principios de proporcionalidad y subsidiariedad, lo que circunscribe aún más el campo de acción de la Unión, ha precisado que dichas disposiciones penales deben ser introducidas cuando sean consideradas esenciales “a fin que los intereses sean protegidos” y, en principio,
17 COM(2011) 573 final. Notan la relevancia de los valores en el derecho penal, Bernardi, Quaderni Fiorentini XXXI (2002), 463, al considerar que en el derecho penal se manifiestan las fundamentales opciones de valor que expresan la identidad cultural de cada país; Asp, Bergen Journal of Criminal Law and Criminal Justice 1(1), 58, quien estima que punir refleja muy directamente los valores sostenidos por la comunidad y no solo la división entre lo que es aceptable y lo que no lo es, sino también el modo en que los diferentes valores se relacionan entre ellos y cómo se llega a una compromiso entre los diferentes intereses; y Ouwerkerk, Columbia Journal of European Law 23 (2017). 18 Cabe sin embargo notar que, como lo nota Bernardi, se trata de principios que contienen una alta proporción de discrecionalidad. Véase Bernardi, Diritto Penale Contemporaneo 1 (2012), 71. 19 Véase, COM(2004)334 final, Libro verde sobre la aproximación, el reconocimiento mutuo y la ejecución de penas en la Unión Europea (presentado por la Comisión), de 30 de abril de 2004; y Council Conclusions on model provisions, guiding the Council’s criminal law deliberations, 2979th Justice and Home Affairs Council meeting, Bruselas, de 30 de noviembre de 2009. 20 P7_TA(2012)0208, Enfoque de la UE acerca del Derecho penal, Resolución del Parlamento Europeo, de 22 de mayo de 2012, (2010/2310(INI)).
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como último recurso,21 si bien tales requisitos parecen corresponder a las normas penales derivadas del primer apartado del art. 83 y no a la segunda parte de dicha disposición, que es la que nos interesa. En el mismo texto se especificó, además, que las penas establecidas deberían ser efectivas, proporcionadas y disuasorias. A su vez, se ha añadido que cuando parezca que tales normas penales deban adoptarse, las evaluaciones de impacto realizadas al respecto deben ser tenidas en cuenta de modo pleno,22 lo que se revela de gran importancia, pues puede ser una buena ocasión para discutir de los fundamentos axiológicos de las normas en cuestión. Sin embargo, tal como se han expresado en dichos documentos, las instituciones europeas (o al menos la Comisión Europea) no parecen dar demasiada importancia al hecho que tal labor de armonización del derecho penal deba estar condicionada por la identidad social europea y que condicionará a la misma, pues parece en cambio empeñarse en utilizar dicha competencia penal “accesoria” (la referida en el segundo párrafo del art. 83) como mero “instrumento de ejecución”. Dicha conclusión surge claramente de las posiciones que la Comisión ha expresado, según las cuales “es en este ámbito en el que las instituciones de la UE deben tomar opciones políticas en cuanto a usar o no el derecho penal (en lugar de otras medidas, como sanciones administrativas) como instrumento de ejecución; y determinar qué políticas de la UE requieren el recurso al derecho penal como instrumento adicional de ejecución”.23 Parecería ser que para la Comisión, el derecho penal se reduce a ser un mero instrumento de ejecución o que, en todo caso, a través de esta concepción del derecho, intenta usar al derecho penal solo como “palanca cultural”, como se ha afirmado en la doctrina.24 Reducir de hecho el rol del derecho penal a un mero “instrumento de ejecución” sería ya reprochable.25 Pero lo que sería más criticable es que la Comisión haya decidido que la decisión sobre si es preciso fijar sanciones penales a través de la actuación de la UE “dependerá de una evaluación caso por caso de los problemas de ejecución específicos en un ámbito político de conformidad con los principios rectores establecidos” y que falte en la Unión, por tanto, una idea ordenada y convergente de cuáles son los valores fundantes (o al menos, las estrategias, si se quiere expresar en términos prácticos) que deberían guiar el proceso de armonización. Tal carencia, por otra parte, ha sido notada por la 21 El texto referido no precisa a cuáles intereses se hace alusión, pero entendemos que tales son los intereses de la Unión. Council Conclusions on model provisions, guiding the Council’s criminal law deliberations, cit. Tales principios fueron confirmados en el Programa de Estocolmo — Una Europa abierta y segura que sirva y proteja al ciudadano, (2010/C 115/01). 22 Una Europa abierta y segura que sirva y proteja al ciudadano (2010/C 115/01). 23 COM(2011) 573 final. Itálicas nuestras. 24 Véase, Kubiciel, Revista Derecho Penal y Criminología 97 (2013), quien sostiene que, en cambio, “el derecho penal debe crear un equilibrio entre los ‘principios fundamentales’ libertad y seguridad” (38), refiriéndose también a las “convicciones valorativas de una sociedad” (41). 25 Por otro lado, se ha considerado que no es tan claro que la efectividad del derecho de la UE aumentaría automáticamente con la imposición de una sanción penal. Así, Herlin-Karnell, European Union Law after the Treaty of Lisbon.
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Comisión de Libertades Civiles, Justicia y Asuntos del Interior del Parlamento europeo, la que, en 2012, en un Informe sobre un enfoque de la UE acerca del Derecho penal ha expresado que “con el propósito de facilitar la cooperación en el futuro, parece esencial que las instituciones acuerden algún tipo de marco común” y que “sería útil que este tipo de marco incluyese un conjunto de principios que rijan cualquier instrumento del Derecho penal”.26 Lo cierto es que aún no es claro cuáles son los valores fundantes de la sociedad europea a la que debe referirse el proceso de armonización del derecho penal europeo, pues las instituciones se han pronunciado solo en modo superficial al respecto. Es verdad que un proceso de armonización, basado sobre una definición excesivamente circunscripta de una política penal europea, podría implicar limitar excesivamente la libertad y los márgenes de maniobra que la subsidiariedad ofrece a los estados miembros en la Unión Europea. Pero la situación contraria, es decir la ausencia de toda fundamentación axiológica y racional sobre la cual el derecho penal debe fundarse en un estado de derecho conlleva, sin dudas, el peligro de la mera instrumentalización27 de los derechos penales internos en función de la necesidad de ejecución de las políticas europeas, es decir, el riesgo que este vaya a la deriva, con una degradación de los derechos penales de los estados miembros al papel de (en términos de Jakobs) meros “lacayos” de las políticas europeas. Este es un riesgo que se corre ya, por lo demás, en ausencia de una teoría penal europea.28 El peligro sería el de acercarse a la idea de un castigo penal que comprendiera factores que nada tienen que ver con el disvalor de acción (idea rechazada por el homenajeado profesor Sancinetti) en el contexto de la sociedad europea. O, en todo caso, el riesgo sería el de crear una relación, no ya recíproca entre derecho y sociedad, sino una relación que vaya en sentido único, si se pretendiera usar al proceso de armonización como “palanca cultural”. Como se ha dicho en doctrina, pero también en jurisprudencia, simples consideraciones de eficacia no pueden bastar para legitimar el recurso al derecho penal.29 ¿Sobre qué valores fundarse entonces? Podría referirse uno a los valores reflejados en la Carta de los Derechos Fundamentales de la Unión Europea, mencionados ya sea en el art. 6 TUE, o en el art. 67 TFUE, al introducir la creación 26 A7-0144/2012, Informe sobre un enfoque de la UE acerca del Derecho penal, (2010/ 2310(INI)), Comisión de Libertades Civiles, Justicia y Asuntos de Interior, Ponente: Cornelis de Jong, de 24 de abril de 2012. Fuera del marco institucional, se vean, en cambio, en un manifiesto de los estudiosos del derecho penal, las referencias al pensamiento ilustrado europeo y a los principios jurídicos liberales, pertenecientes a una tradición que los penalistas firmantes desean subrayar. Véase Manifiesto sobre la política criminal europea, de la European Criminal Policy Initiative, en Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik. 27 Satzger utiliza los términos “instrumentalización” del derecho penal al servicio de las diferentes políticas de la Unión. Satzger, Revue internationale de droit pénal 82 (1). 28 Kubiciel, Revista Derecho Penal y Criminología 97 (2013), 39, pone en evidencia “la falta de una teoría del derecho penal europeo”. 29 Satzger, Revue internationale de droit pénal 82 (1), 150, refiriéndose al Tribunal Constitucional alemán.
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de un espacio de libertad, seguridad y justicia. En última instancia, este documento parecería servir de brújula. La Carta, como ya ha sido notado por las instituciones30 y la doctrina,31 podría dotar de contenido a tales valores. Según la Comisión, la Carta establece “límites importantes a la acción de la UE en este ámbito” y constituye “un instrumento orientador de todas las políticas de la UE”. Sin embargo, el resultado no sería satisfactorio. Pretender referirse a la Carta de los Derechos Fundamentales de la Unión Europea como único punto de referencia valorativo en este proceso parece ser una empresa tanto cándida como incauta. Es cierto que se trata de valores simbólicos (y no solamente) y de amplia concepción, pero que no expresan el contenido de otros valores implícitos que, asimismo y sobre todo, influencian las decisiones de las instituciones europeas en este ámbito. Referirse solo a tales valores no reflejaría fielmente la identidad social europea. Así pues, a falta de una fundamentación axiológica y racional que encuadre en tal sentido las relaciones a las que se ha referido, no es tan claro en realidad que una simple referencia a tal documento sea suficiente para evitar que estas se mantengan en un buen punto de equilibrio. Será necesario, entonces, referirse a todo el (poco claro al respecto) intersticio normativo de la Unión. En última instancia, uno podría esperar el sentido común de los funcionarios y de las instituciones. Quien escribe estas breves líneas no sabe modestamente si esto bastará.
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Véase la Comisión europea, Hacia una política de Derecho penal de la UE, cit.; así como, el ya citado Informe sobre un enfoque de la UE acerca del Derecho penal, que invoca el pleno respeto de la Carta “al redactar nuevas disposiciones de Derecho penal”. 31 En tal sentido, Kubiciel, Revista Derecho Penal y Criminología 97 (2013), 38, para quien “debe ser la Carta de los derechos fundamentales el criterio que oriente la actividad criminalizadora”, pues “de la Constitución y de la Carta se pueden deducir derechos subjetivos y valores objetivos que también podrían dotar de contenido material al vago concepto de bien jurídico”. También considera a la Carta como pauta de referencia, sobre todo, a los límites que en ella se ponen a la restricción de los derechos, Stea, Archivio Penale 3 (2013).
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Delage/Elisabeth Lambert-Abdelgawad (eds.), L’harmonisation des sanctions pénales en Europe, París 2003, p. 583 – 590. Herlin-Karnell, Ester: EU Competence in Criminal Law after Lisbon, en: Andrea Biondi/ Piet Eeckhout/Stefanie Ripley (eds.), European Union Law after the Treaty of Lisbon, Oxford 2012, p. 331 – 346. Jakobs, Günther: Sociedad, norma y persona en una teoría de un Derecho penal funcional, Madrid 2000. Kubiciel, Michael: Ciencia del Derecho penal y política criminal europea, Revista Derecho Penal y Criminología 97 (2013), p. 29 – 42. Mancano, Leandro: Enlarging EU competence in criminal matters through policies. The AntiFraud Directive as a case study, Estudios de Deusto 67(1), 2019, p. 97 – 110. Montaldo, Stefano: La competenza dell’Unione europea ad adottare norme di diritto penale ex art. 83, par. 2, TFUE e sue possibili applicazioni, Studi sull’Integrazione Europea 1 (2013), p. 101 – 126. Öberg, Jacob: Do we really need criminal sanctions for the enforcement of EU law?, New Journal of European Criminal Law 2014, p. 370 – 387. Ouwerkerk, Jannemieke: Criminalisation powers of the European Union and the risks of cherry-picking between various legal bases: the case for a single legal framework for EUlevel criminalisation, Columbia Journal of European Law 23 (2017), p. 503 – 550. Rosas, Allan/Armati, Lorna: EU constitutional law: an introduction, Oxford 2018. Sancinetti, Marcelo Alberto: Las teorías de la pena en el pensamiento penal contemporáneo, Revista Pensamiento Penal 11 (2015). Sancinetti, Marcelo Alberto: El disvalor de acción como fundamento de una dogmática jurídico-penal racional, InDret 1 (2017). Satzger, Helmut: Quels principes pour une politique criminelle européenne après le traité de Lisbonne? Le droit pénal européen – état des lieux et perspectives ouvertes par le traité de Lisbonne, Revue internationale de droit pénal 82 (1), 2011, p. 137 – 151. Seminara, Letizia: Reflections on certain (eventual) conflicts between fundamental rights and the proper functioning of the internal market in the European Union law – The Manni Judgment, Rivista della cooperazione giuridica internazionale 56 (2017), p. 195 – 202. Stea, Gaetano: L’offensività europea come criterio di proporzione dell’opzione penale, Archivio Penale 3 (2013), p. 1 – 35. Vervaele, John Alois Emercius: The European Community and Harmonization of the Criminal Law Enforcement of Community Policy: Ignoti nulla cupido?, en: Gerhard Dannecker/Urs Kindhauser/Ulrich Sieber/Joachim Vogel/Tonio Walter (eds.), Strafrecht und Wirtschaftsstrafrecht: Dogmatik, Rechtsvergleich, Rechtstatsachen. Festschrift für Klaus Tiedermann zum 70. Geburtstag, Colonia 2008, p. 1353 – 1384. Vozza, Donato: Le tecniche gradate di armonizzazione delle sanzioni penali nei recenti interventi dell’Unione europea, Quali implicazioni in prospettiva di riforma del sistema sanzionatorio interno?, Diritto Penale Contemporaneo 3 (2015), p. 16 – 33.
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Waline, Jean: Le rejet par la France de la ‘Constitution’ européenne, en : Jean Gicquel (ed.), Mélanges en l’honneur de Jean Gicquel: constitutions et pouvoirs, París 2008, p. 611 – 622. Wouters, Jan/Verhey, Luc/Kiiver, Philipp (eds.) : European constitutionalism beyond Lisbon, Amberes 2009. Zerouki-Cottin, Djoheur: L’obligation d’incriminer imposée par le juge européen, ou la perte du droit de ne pas punir, Revue de science criminelle et de droit pénal comparé 3 (2011), p. 575 – 596.
Lista exhaustiva de publicaciones Prof. Dr. mult., Dr. h.c. Marcelo Alberto Sancinetti
I. Libros 1. En español 1975 1. Casos de Derecho Penal. Teoría del delito, 1.a ed., Cooperadora de Derecho y Ciencias Sociales, Buenos Aires, 1975, 220 pp. (Prólogo de Enrique Bacigalupo). Se trata del primer libro de casos penales utilizado en la Facultad de Derecho de la Universidad de Buenos Aires de sello editorial argentino. Comentario bibliográfico de María de las Mercedes Arqueros, en “Nuevo Pensamiento Penal”, 1975, pp. 583/584. 1986 1 bis. Casos de Derecho Penal, 2.a ed., Hammurabi, Buenos Aires, 1986, 276 pp. (dos reimpresiones, última: 1999). Comentario bibliográfico de Ricardo O. Sáenz, en “Doctrina Penal”, 1986, pp. 803/806. Hoy existe 3.a ed. (ver abajo, n.8 19 y 19 bis). 1988 2. Derechos humanos en la Argentina postdictatorial, Lerner, Buenos Aires, 1988, 344 pp. Comentado por Franz-B. Marré en la revista alemana „Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht“, 1988, pp. 801/803. 1990 3. Sistema de la teoría del error en el Código Penal argentino, Hammurabi, Buenos Aires, 1990, 350 pp. Se trata de la reedición de 4 artículos publicados primeramente en forma independiente, con más una nota bibliográfica también anterior, y una Introducción sobre la relatividad de la teoría del error, que apareció por primera vez en este libro (presentada antes como conferencia en el II Congreso Universitario Nacional y I Latinoamericano de Derecho Penal y Criminología [1989]). 1991 4. Teoría del delito y disvalor de acción. Un análisis de las consecuencias prácticas de un concepto personal de ilícito circunscripto al disvalor de acción, Hammurabi, Buenos Aires, 1991, 821 pp. (Se trata de la publicación de su primera tesis doctoral [Universidad de Buenos Aires], cuyo título académico original rezaba: “Disvalor de acción y teoría del ilícito [El dolo como caracterizador del ilícito]”).
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1994 5. El delito de enriquecimiento ilícito de funcionario público – art. 268 (2), C.P. –. Un tipo penal violatorio del Estado de Derecho, Ad-Hoc, Buenos Aires, 1994, 128 pp. Reimpresión 2000. Ver también infra, 3.a ed., 2014. 1995 6. Límites del recurso de casación según la gravedad de la sentencia penal condenatoria, AdHoc, Buenos Aires, 1995, 190 pp. Libro en coautoría con Marcelo Ferrante, dentro del cual el suscripto escribe un capítulo y una addenda que conforman en total sólo unas 40 páginas a su cargo. El libro contiene además otra addenda con fallos de diversos tribunales, que insume unas 100 páginas. 7. Fundamentación subjetiva del ilícito y desistimiento de la tentativa. A la vez, una investigación sobre la fundamentación del ilícito en Jakobs, Temis, Bogotá, 1995, 300 pp. (Se trata de la investigación desarrollada en el Instituto de Filosofía del Derecho de la Universidad de Bonn, dirigido por el Prof. Dr. Günther Jakobs, que devino en su segunda tesis doctoral [Universidad Complutense de Madrid], y cuyo título académico original rezaba: “¿Fundamentación objetiva del ilícito en Jakobs? – A la vez, una investigación sobre el ilícito del hecho tentado y el desistimiento de la tentativa”.) Edición argentina de este libro: Ed. Hammurabi, Buenos Aires, 2005. Versión alemana de este libro, v. infra, I, b, 2. (Véase allí mismo la referencia sobre el comentario bibliográfico del Prof. Dr. Georg Küpper, Postdam, en GA, 1998, pp. 307 – 309). 1996 8. Subjetivismo e imputación objetiva en derecho penal. Se trata de tres conferencias dictadas en el simposio internacional realizado en Bogotá, los días 26, 27 y 28 de setiembre de 1996, Universidad Externado de Colombia, Serie N.8 8, Bogotá, 1996, 192 pp. Poco después fue publicado con el mismo título en Ad-Hoc, Buenos Aires, 1997, 207 pp. 9. El ilícito propio de participar en el hecho ajeno. Sobre la posibilidad de la autonomía interna y externa de la participación, Universidad Externado de Colombia, “Cuaderno de Conferencias y Artículos”, N.8 3, Bogotá, 39 pp. (Conferencia pronunciada por primera vez en el VI Congreso Latinoamericano de Derecho Penal y Criminología, 26/8/1994.) 10. Responsabilidad por acciones o responsabilidad por resultados. A la vez, una refundamentación de la punibilidad de la tentativa, Universidad Externado de Colombia, Cuadernos de Conferencias y Artículos, N.8 9, 35 pp. (Conferencia pronunciada por primera vez en La Plata, grupo de estudio a cargo del Dr. Leopoldo Schiffrin, 21/4/1994; luego bajo el título: Fundamento del ilícito penal: ¿lesión del bien jurídico o quebrantamiento de la norma?, en el VI Congreso Latinoamericano de Derecho Penal y Criminología, 26/8/ 1994, y muchas otras veces con posterioridad.) 1997 9 + 10 bis. Ilícito personal y participación, Ad-Hoc, Buenos Aires, 1997; reimpresión inalterada, 2001, 110 pp. (Publicación conjunta de los trabajos enumerados bajo Nros. 9 y 10, con más un diseño de disposiciones legales de orientación subjetivista, publicado también al final de la obra enumerada bajo N.8 8).
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1998 11. Estudios sobre la teoría de la imputación objetiva, en coautoría con Manuel Cancio Meliá y Marcelo Ferrante, Ad-Hoc, Buenos Aires, 1998, 150 pp. (al suscripto le pertenece el capítulo de pp. 37/74: Observaciones sobre la teoría de la imputación objetiva); este libro fue publicado también bajo el título: Teoría de la imputación objetiva, Universidad Externado de Colombia, Serie N.8 14, Bogotá, 140 pp. (cap. del suscripto, pp. 101/136). 1999 12. El derecho penal en la protección de los derechos humanos. La protección de los derechos humanos mediante el derecho penal en las transiciones democráticas. Argentina, en coautoría con Marcelo Ferrante. Se trata de un Proyecto de investigación realizado por encargo del Instituto Max-Planck de Derecho Penal Extranjero e Internacional, publ. por Hammurabi, Buenos Aires, 1999, 492 pp.; a cargo del suscripto corresponden las páginas: 71/200 + 221/ 376 + 453/492; aprox. 326 pp.). Versión alemana de este libro, v. infra, I, b, 2. 2000 13. Análisis crítico del caso “Cabezas”. T. I: La instrucción, Ad-Hoc, Buenos Aires, 2000, 1.142 pp. (Existe un comentario bibliográfico de este libro y de los tres siguientes, realizado por dos funcionarios judiciales de Mar del Plata: María F. Saumell y Juan F. Tapia, como producto de dos talleres de estudio realizados en la Universidad Nacional de Mar del Plata, sobre esta obra, tomos I y II. Los comentaristas se refieren allí a esta obra como un “monumental tratado de adquisición y valoración de la prueba”. [publ. en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal”]) 2001 14. La nulidad de la acusación por indeterminación del hecho y el concepto de instigación. Diálogos de seminario, a propósito del caso “Cabezas”, Ad-Hoc, Buenos Aires, 2001, 301 pp. (comentario bibliográfico, v. supra, 13). 15. La violación a la garantía de la imparcialidad del tribunal. La doctrina del Tribunal Europeo de Derechos Humanos y de la Comisión Interamericana de Derechos Humanos y su aplicación al “caso Cabezas”, Ad-Hoc, Buenos Aires, 2001, 218 pp. Esta obra coincide plenamente con el cap. I del tomo II a que se refiere el número siguiente (comentario bibliográfico, v. supra, 13). 2002 16. Análisis crítico del caso “Cabezas”. T. II: El juicio, Ad-Hoc, Buenos Aires, 2002, 1.157 pp. (comentario bibliográfico, v. supra, 13). 17. Desviación del curso causal y “dolus generalis”, en coautoría con Claus Roxin, Hammurabi, Buenos Aires, 2002, 108 pp. Al suscripto pertenece el capítulo segundo (“Dolus generalis” y “suerte penal”, pp. 47/74), y el apéndice de jurisprudencia alemana [aquí con traducción suya de los fallos respectivos] y argentina, pp. 83/108. (El artículo del suscripto incluido en este libro es el trabajo publicado primeramente en alemán, traducción de Manuel Cancio Meliá, en Festschrift für Claus Roxin, 2001.) De este libro existe también versión colombiana, Universidad Externado de Colombia, Bogotá, 2004, pp. 45/67.
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2003 18. Dogmática del hecho punible y ley penal – Dogmatik der Straftat und Strafgesetz, edición bilingüe, Ad-Hoc, Buenos Aires, 2003, 167 pp. (85 pp. de texto en cada idioma). 2005 19. Casos de Derecho penal, 3.a ed., Ed. Hammurabi, Buenos Aires, 2005 (en rústica, 3 tomos: tomo I: 342 pp.; tomo II: 322 pp.; tomo III: 354 pp.). 20. Juicio político – Garantías del acusado y garantías del Poder Judicial frente al poder político – La defensa del juez Antonio Boggiano, en coautoría con Mar&a Ang8lica Gelli, Ed. Hammurabi, Buenos Aires, 2005 (580 pp.). 2006 19 bis. Casos de Derecho penal, 3.a ed., Ed. Hammurabi, Buenos Aires, 2006 (ed. encuadernada de la obra n.8 19, en un volumen de 1.002 pp.). 2009 21. Causalidad, riesgo e imputación – 100 años de contribuciones críticas sobre imputación objetiva y subjetiva (compilador + autor de 3 trabajos de aproxim. 113 páginas + traductor de las restantes contribuciones [con la colaboración de M. Lerman y P. Ziffer]). Se trata de una compilación de trabajos de distintos autores alemanes, traducidos al español, con más tres contribuciones propias publicadas dos de ellas primeramente en alemán (en Libro de Homenaje a Jakobs y en revista ZStW) y una en español, en Libro de Homenaje a Gimbernat Ordeig. Las contribuciones en total pertenecen a: Frisch (2001, 2202), Frister (2007), Honig (1930), Hoyer (2004, 2207), Jakobs (1987), Art. Kaufmann (1961), Kindhäuser (2008), Müller (1912), Puppe (1980), Samson (2002, 2004), Sancinetti (2007, 2008, 2008), Schaffstein (1970, 1974), Schroeder (2005), Stratenwerth (1973), Wachsmuth/ Schreiber (1982); Hammurabi, Buenos Aires, 2009, 693 pp. Este libro ha recibido una recensión bibliográfica de Hugo Fabián Apaza Mamani, Causalidad, riesgo e imputación: una Aventura de 100 años, en “Revista Peruana de Ciencias Penales” (dir. por José Urquizo Olaechea), n.8 25 (2013), pp. 651/710; el autor comenta todos los artículos publicados en esta compilación. 2011 22. El pensamiento de la Ilustración y el llamado “principio de lesividad”. Investidura como “doctor honoris causa”, editado como breve opúsculo por la Universidad de la Cuenca del Plata. Contiene la Laudatio a cargo del Profesor Daniel Domínguez Henaín (pp. 9/15). Universidad de la Cuenca del Plata, Serie: Honoris causa, Corrientes, 2011 (59 páginas). (Publicado también como artículo en diversos medios, cf. infra, II, a, n.8 49; también en versión alemana de Thomas Kliegel, cf. infra, II, b, n.8 8). 2010/13 23. (5 volúmenes). Estudios sobre el “caso Grassi”, tomo I, 1.a Parte: Hechos referidos a “HOJ” (2010, 430 páginas); tomo II/A, 2.a Parte: Hechos referidos a “OA” (2011, 646 páginas); tomo II/B-1, 2.a Parte: Hechos referidos a “OA” (2012, 659 páginas); tomo II/B-2, 2.a Parte: Hechos referidos a “OA” (2012, 740 páginas); tomo III, 3.a Parte: Hechos referidos a “LG” (2013, 729 páginas). Se trata de un dictamen encomendado en 2010 por el entonces presidente de la Conferencia Episcopal Argentina, S. E. R., Cardenal Jorge M. Bergoglio
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(hoy, S. S., Francisco). El trabajo está destinado exclusivamente a la entidad comitente (C.E.A.), y no puede darse a publicidad, a excepción de que esta Conferencia lo decida por sí (en esta medida, la obra no responde al título de: “lista de publicaciones”, pero contiene un gran campo de material dogmático, especialmente de derecho procesal penal y estándares probatorios, aplicable de modo general a casos de esta índole). 2014 24 (3 bis). El delito de enriquecimiento ilícito de funcionario público (art. 268, 2, C.P.) – Un tipo penal violatorio del Estado de Derecho, 3.a ed., actualizada y ampliada, Ad-Hoc, Buenos Aires, 2014, 237 pp. (ver supra, n.8 3).
2. En alemán 1. Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch. Zugleich eine Untersuchung der Unrechtslehre von Günther Jakobs, Carl Heymanns Verlag, Köln-Berlin-Bonn-München, 1995, 317 pp. (Se trata de la versión alemana de la obra citada supra, I, a, sub 7, traducida por Manuel Cancio Meliá y otros.) [Nota: En lo que se refiere a la trascendencia de la obra del autor, este trabajo es el de mayor repercusión fuera de la Argentina, tanto en Alemania, como – en razón de la influencia que tiene lo alemán en el mundo jurídico-penal español e hispanoamericano – en España y América Latina. Primeramente recibió un comentario bibliográfico del Prof. Dr. Georg Küpper (Postdam) en la revista alemana „Goltdammer’s Archiv für Strafrecht“ [GA] (“Archivo de Derecho Penal de Goltdammer”), fundada en 1853, 1998, pp. 307/9. Con el tiempo, esta obra recibió acogida en los manuales de Köhler, Freund, Stratenwerth, Roxin (la recepción más extensa, en el t. II de su Lehrbuch, hoy en día también traducido), en un artículo de Günther Jakobs, en el Código Penal alemán comentado de Schönke/Schröder/Eser, 26a edición. Muy recientemente aparece citado también en los manuales de Baumann/Weber/Mitsch y de Frister.] 2002 2. Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht. Vergleichende Einblicke in Transitionsprozesse. 3 Argentinien [Derecho penal en reacción contra el ilícito del sistema. Visión comparada en los procesos de transición. 3 Argentina]. Versión alemana de Norbert Lösing. Se trata de la traducción de la obra escrita en coautoría con Marcelo Ferrante, enumerada supra, I, a, sub 12. Esta obra fue publicada por el Instituto Max-Planck bajo el nombre de los compiladores de todo el proyecto de investigación que encaró ese Instituto en varios países: Albin Eser y Jörg Arnold (Hrsg. [comp.]), Edition Iuscrim, Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Freiburg i. Br., 2002, Band [Tomo] S 82.3, 441 pp. (al suscripto corresponden: pp. 35/156 + 176/ 323 + 395/433; aproxim. 300 pp.) 2003 3. Dogmatik der Straftat und Strafgesetz – Dogmática del hecho punible y ley penal. Edición bilingüe (versión alemana de Manuel Cancio Meliá, revisión de Thomas Kliegel), Ad-Hoc, Buenos Aires, 167 pp. (85 pp. de texto en cada idioma; v. supra, I, a, 19).
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II. Artículos 1. En castellano 1976 1. Error, dolo y culpabilidad: ¿un problema de lege lata? (ponencia a las IV Jornadas Nacionales de Derecho Penal, 1976), en “Nuevo Pensamiento Penal”, 1976, pp. 267/293 (ahora también en: Sistema de la teoría del error en el Código Penal argentino [v. supra, I, a, 3]). 1978 2. Estupro y estupro impropio (“violación”), en “Doctrina Penal”, 1978, pp. 335/424 (ahora también en: Sistema de la teoría del error en el Código Penal argentino [v. supra, I, a, 3]). 1980 3. ¿Hacia la “indexación” de la pena de multa?, en “Doctrina Penal”, 1980, pp. 611/689. 1983 4. Indexación y principio de legalidad: un acierto de la Corte Suprema, en “Doctrina Penal”, 1983, pp. 101/111. 5. El art. 4 de la Ley de Concursos: su legitimidad constitucional y la arbitrariedad de la propia Corte, en “La Ley”, 1983-D, pp. 402/421. 1984 6. El art. 4 de la Ley de Concursos: historia e histeria de una reforma, en “Revista del Derecho Comercial y de las Obligaciones”, 1984, pp. 139/166. Se trata de la reformulación escrita de dos conferencias, la primera pronunciada en el Banco Credicoop Cooperativa Limitada (8/ 11/1983) y la segunda, en la Asociación de Bancos de la República Argentina (15/11/1983). 7. La apropiación de cosa perdida como hurto atenuado, en “Doctrina Penal”, 1984, pp. 293/ 331 (ahora también en: Sistema de la teoría del error en el Código Penal argentino [v. supra, I, a, 3]). 1985 8. Error de prohibición y error de punibilidad, en “Doctrina Penal”, 1985, pp. 427/ 472 (ahora también en: Sistema de la teoría del error en el Código Penal argentino [v. supra, I, a, 3]). 1986 9. Negociaciones incompatibles en el ejercicio de funciones públicas, en “Doctrina Penal”, 1986, pp. 71/86; publ. también en “Anuario de Derecho Penal y Ciencias Penales”, t. 39 (1986), pp. 877/891. 10. Dolo y tentativa: ¿El resultado como un mito?, en “Doctrina Penal”, 1986, pp. 505/519. 1987 11. Análisis crítico del juicio a los ex-comandantes, en “Doctrina Penal”, 1987, pp. 59/116 (ahora también en: Derechos humanos en la Argentina postdictatorial [v. supra, I, a, 2]).
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Conferencia pronunciada en la Universidad Pontificia de Salamanca (Instituto de Estudios Europeos y Derechos Humanos “Benedictus a Nursia – René Cassin”) el 29/10/1986. 12. Validez y alcances del Proyecto de “Punto Final”, en “Doctrina Penal”, 1987, pp. 117/140 (ahora también en: Derechos humanos en la Argentina postdictatorial [v. supra, I, a, 2]). Dictamen posteriormente formulado como conferencia en la Asamblea Permanente por los Derechos Humanos, en Mesa-Debate del 3/4/1987. 13. Obediencia debida y Constitución nacional, en “Doctrina Penal”, 1987, pp. 463/515 (también publicado ese mismo año en “Lecciones y Ensayos”, 1987, pp. 261/311 (ahora también en: Derechos humanos en la Argentina postdictatorial [v. supra, I, a, 3]). Conferencia pronunciada en la Asociación de Abogados de Buenos Aires, el 27/7/1987, por invitación de la Asamblea Permanente por los Derechos Humanos. 14. Tentativa y dolo eventual, en “Doctrina Penal”, 1987, pp. 781/796. 1988 15. Inducción al suicidio y homicidio en autoría mediata, en “Doctrina Penal”, 1988, pp. 255/ 281. 16. La enseñanza del derecho y la responsabilidad social de los juristas, en “Lecciones y Ensayos”, 1988, pp. 291/298. 1991 17. Evolución de los derechos humanos en la Argentina postdictatorial, en Beloff y otros (comp.) “Cuadernos de la Cárcel”, Buenos Aires, 1991, pp. 63/81 (edición especial de la revista “No hay derecho”). (Se trata aquí de la versión castellana original del trabajo primeramente editado en alemán [v. infra, II, b, N.8 1], y que vio la luz en la Argentina mucho tiempo después.) 1992 18. Disvalor de acción y disvalor de resultado en la teoría del ilícito (Lección inaugural del autor, dictada en la Facultad de Derecho de la Universidad de Buenos Aires, el 30/3/1987), en “Justicia Penal y Sociedad” (Guatemala), año 2, n8 2, pp. 31/49. 1995 19. ¿Fundamentación objetiva del ilícito en Jakobs? (Lección de la tesis doctoral ante la Universidad Complutense de Madrid del 7/7/1994), en “Lecciones y Ensayos”, n.8 62, (1995), pp. 49/66. 20. El delito de enriquecimiento ilícito de funcionario público. Sobre la inconstitucionalidad del art. 268 (2), del Código Penal argentino, colaboración en el libro de Homenaje al Profesor David Baigún, El Derecho Penal hoy, Buenos Aires, 1995, pp. 289/315. Se trata de un resumen de su libro mencionado supra, I, a, 5. Conferencia pronunciada durante 1994 en diversas ocasiones y entidades: Universidad Nacional de Tucumán, Universidad de Buenos Aires, Universidad Nacional del Nordeste y Jornadas Rioplatenses de Derecho Penal, Derecho Procesal Penal y Criminología, realizadas en el Hotel Quiroga de Salto, Uruguay. En 1996 fue dictada nuevamente como conferencia, con ligeras modificaciones de matices, en la Asociación de Magistrados y Funcionarios de la Provincia de Tierra del Fuego y en el Colegio de Abogados de la Provincia de Entre Ríos.
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1996 21. El ilícito propio de participar en el hecho ajeno. Sobre la posibilidad de la autonomía interna y externa de la participación, en “Revista Peruana de Ciencias Penales”, año II (1994), N.8 4, pp. 571/594. (Publicado también de modo independiente por la Universidad Externado de Colombia, en la serie “Cuadernos de Conferencias y artículos”, n.8 3, Bogotá, 1996, 39 pp.; v. supra, I, a, 9.) 22. ¿Responsabilidad por acciones o responsabilidad por resultados? A la vez, una refundamentación de la punibilidad de la tentativa, en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal” (Ad-Hoc, Buenos Aires), Nros. 1 – 2, año II (1996), pp. 51/72. (Publ. también por la Universidad Externado de Colombia, en la serie de “Cuadernos de Conferencias y Artículos”, v. supra, I, a, 10.) Se trata de la conferencia pronunciada durante 1994 – con diferencias de matices – en diversas ocasiones y entidades: Universidad Nacional de Tucumán, Universidad Nacional del Litoral, Universidad Nacional de Lomas de Zamora y Universidad Nacional del Nordeste. Finalmente, la conferencia fue dada nuevamente el 29/8/1995, como presentación del autor en calidad de Profesor de responsabilidad penal en la Universidad Torcuato Di Tella. 23. Cómputo del encarcelamiento preventivo. Plazo máximo razonable (Pacto de San José de Costa Rica). Dictamen sobre el proyecto del orden del día N.8 39, de lo que luego fue la ley 24.390, como asesor de la Comisión de Asuntos Constitucionales del H. Senado de la Nación, publicado en el apéndice al libro de Daniel Domínguez Henaín, Ley 24.390 – Prisión preventiva – Plazo máximo, cómputo del encarcelamiento cautelar (Análisis dogmático y jurisprudencial), Juris, Rosario, 1996, pp. 90/133. 1997 24. ¿Relevancia del disvalor de resultado en la teoría de la imputación de Jakobs?, en De las penas, Homenaje al Profesor Isidoro de Benedetti, Depalma, Buenos Aires, 1997, pp. 451/ 480. (Esta contribución coincide con el primer capítulo del libro citado supra, I, a, 7. Ese texto fue leído como conferencia en el Congreso Latinoamericano de Derecho Penal y Criminología en la Universidad Nacional de Córdoba [setiembre de 1993].). 25. Observaciones críticas sobre el proyecto de ley de tratamiento privilegiado al “testigo de la corona” (¿“arrepentido”?) – Ponencia ante el Senado de la Nación, publ. en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal”, año III, N8 7, pp. 791/818. (La ponencia fue presentada ante la Comisión de Asuntos Constitucionales y la Comisión de Asuntos Penales y Regímenes Carcelarios del H. Senado de la Nación, el 2/9/1997.) 26. Moralidad o eficiencia en la política criminal, publ. en “Revista Jurídica del Centro de Estudiantes de la Facultad de Derecho y Ciencias Sociales de la Universidad de Buenos Aires”, n.8 11, 1997. 1998 27. Homenaje a la memoria de Hans Welzel a los 20 años de su fallecimiento, Introducción a la obra de Jakobs / Struensee, Problemas capitales del derecho penal moderno, Libro homenaje a Hans Welzel (Prólogo y presentación de Marcelo A. Sancinetti), pp. 15/31. (Una biografía sobre Hans Welzel tomada casi literalmente de esta introducción ha sido publicada posteriormente en la “Revista del Colegio Público de Abogados de la Capital Federal”, Profesor Dr. Hans Welzel, 1a Parte, N.8 67 (julio 2003), pp. 52/53; 2a Parte, N.8 68 (agosto 2003), pp. 52/53.
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28. Observaciones sobre la teoría de la imputación objetiva, en Teorías actuales en el Derecho Penal, 758 Aniversario del Código Penal, Ad-Hoc, Buenos Aires, pp. 181/198. (En razón de que este texto corresponde a una conferencia dada en el marco del 75.8 aniversario del Código Penal argentino realizado en la Universidad de Buenos Aires en 1997, en la que el autor fue interrumpido por los organizadores, en su publicación el autor suprimió las páginas finales, de modo que se trata de una publicación inconclusa; para su publicación íntegra, v. Estudios sobre la teoría de la imputación objetiva, supra, I, a, 11, en coautoría con Manuel Cancio Meliá y Marcelo Ferrante.) 1999 29. Sobre la inconstitucionalidad del llamado delito de “enriquecimiento ilícito de funcionario público” – El adiós al Estado de Derecho, en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal”, año V (1999), n8 8-C, pp. 915/968. 2001 30. Exigencias mínimas de la dogmática del hecho punible en la parte general de los códigos penales, en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal” (Ad-Hoc, Buenos Aires), año VII (2001), N.8 11, pp. 93/150; publ. también en “Revista de Derecho Penal y Criminología”, Universidad Nacional de Educación a Distancia, Madrid, n.8 8 (2001), pp. 207/262; y algo después en Montealegre Lynett (comp.), El funcionalismo en derecho penal, Libro homenaje al Profesor Günther Jakobs, Universidad Externado de Colombia, Bogotá, 2003, pp. 133/ 186. (Este texto corresponde al libro publicado en edición bilingüe bajo el título que se indica supra, I, a, 19.) 31. Tipos de peligro en las figuras penales, en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal” (Ad-Hoc, Buenos Aires), año VII (2001), N.8 12, pp. 147/170. (Artículo publicado en homenaje al Prof. Carlos Creus.); también en “Revista Peruana de Ciencias Penales”, N.8 12 (2002), Lima, Idemsa, pp. 457/77. 32. “Dolus generalis” y “suerte penal”, en Carlos J. Lascano (comp.), Nuevas formulaciones en las ciencias penales, Homenaje al Profesor Claus Roxin, La Lectura-Lerner, Córdoba, pp. 23/40. (Se trata de la versión española de un artículo publicado primeramente en alemán en Festschrift für Claus Roxin; en español apareció también en forma de libro, juntamente al artículo de Roxin sobre el mismo tema que el suscripto critica en su trabajo [v. supra, I, a, 17].) 2003 33. Las leyes argentinas de impunidad y el art. 29 de la Constitución de la Nación Argentina, en Dogmática y Ley Penal – Libro Homenaje al Profesor Enrique Bacigalupo, Marcial Pons, Madrid, 2004, pp. 811/826; también en AAVV, Sistemas Penales Iberoamericanos – Libro Homenaje al Profesor Dr. D. Enrique Bacigalupo, Lima; Ara, 2003; p. 1313; también en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal” (Ad-Hoc, Buenos Aires), año IX (2003), N.8 16, pp. 49/68. 2004 34. Por qué un concepto de ilícito penal sin disvalor de resultado permite una dogmática más racional (conferencia dada en Buenos Aires [Universidad Austral], Corrientes, San Luis y México D.F., 2003), publ. en “Derecho Penal Contemporáneo – Revista Internacional”,
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Bogotá, ene/marzo 2004, pp. 5/30; también en “Revista Peruana de Ciencias Penales”, Lima, n.8 15, 2004, pp. 431/ 452; asimiemo, en Los desafíos del Derecho penal en el siglo XXI – Libro Homenaje al Profesor Dr. Günther Jakobs, Guillermo Yacobucci (comp.), Lima, Ara Editores, 2005, pp. 267/292 y en El pensamiento filosófico jurídico-penal de Günther Jakobs, Carlos Daza Gómez (comp.), México, Flores editor, 2007, p. 571. 2005 35. Seguridad y Derecho penal, en “Derecho penal y Estado de derecho – Homenaje al profesor Ramón C. Leguizamón”, Librería De la Paz, Resistencia, 2005, pp. 45/68. 36. Juicios políticos a jueces de la Corte Suprema de Justicia en Argentina / Politische Verfahren gegen Richter des Argentinischen Obersten Gerichthofes (versión alemana de Thomas Kliegel), publicado en ambos idiomas en: “El dial – Biblioteca Jurídica online” (www.eldial.com – elDial-DC82F – elDial-DC82E), 13/3/2006. (Ponencia presentada al Coloquio de becarios y premiados Humboldt en Argentina, 15/10/2005, leída en la versión alemana de Thomas Kliegel). Publicado también en la revista electrónica suiza: www.unifr.ch/ddp1/de rechopenal/articulos/a_20080527_03 (6 pp.). 2007 37. ¿Homicidio versus encubrimiento del autor del hecho, que acaso pudiera ser pariente? A propósito de la sentencia sobre el homicidio de María Marta García Belsunce, en: “El dial – Biblioteca Jurídica online” (www.eldial.com – elDial.DCBD9), 13/8/2007 (2 pp.). 2008 38. El “caso Monzón”: ¿Fue correcta la calificación del hecho como “homicidio doloso consumado”? A 20 años de la muerte de Alicia Muñiz, en: “El dial – Biblioteca Jurídica online” (www.eldial.com – elDial-DCD68), 10/3/2008 (16 pp.), con publicación de la sentencia, con publicación del veredicto y sentencia del 3/7/1989 de la Sala II de la Cám. de Apelac. Crim. y Corr. de Mar del Plata. www.eldial.com 39. Suicidio y Estado: ¿Vale la máxima: “Debes vivir para ser penado”? (Reflexiones a propósito del “caso Febres”), en “Suplemento La Ley Constitucional”, 27/3/2008, pp. 1/11. 40. ¿Incidencia de los cursos causales hipotéticos en el Derecho penal? / Bedeutung hypothetischer Kausalverläufe im Strafrecht? (versión alemana de Thomas Kliegel), publicado en ambos idiomas en: “El dial – Biblioteca Jurídica online” (www.eldial.com – elDialDCE08 [español] elDial-DCE09 [alemán]), 12/5/2008. Publicado también en la revista electrónica suiza: https://www.unifr.ch/ddp1/derechopenal/articulos/a_20080604_02.pdf (en español: 23/6/2008) (15 pp.). Y en: https://www.unifr.ch/ddp1/derechopenal/articulos/a_ 20080604_01.pdf (en alemán, ídem). Con escasas adaptaciones de redacción, el texto fue publicado también, bajo el título: Reflexiones sobre la posible relevancia de los cursos causales hipotéticos en el derecho penal, en: Criminalidad, evolución del Derecho penal y crítica al Derecho penal en la actualidad, Simposio Argentino-Alemán (habido en la Facultad de Derecho de la Universidad de Buenos Aires, 2008), 150 años Alemania-Argentina, Embajada de la República Federal de Alemania, Buenos Aires, Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, del Puerto, Buenos Aires, 2009, pp. 227/241. 41. ¿Son irrelevantes los cursos causales hipotéticos para la responsabilidad penal?, en Estudios penales en Homenaje a Enrique Gimbernat , Edisofer, Madrid, 2008, pp. 1579/1607.
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Ahora publicado también en Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación (v. supra, I, a, n.8 21), pp. 601/639. 42. Por qué razón y en qué medida la defraudación tributaria puede ser “hecho previo” del delito de lavado de dinero, en: “El dial – Biblioteca Jurídica online” (www.eldial.com – elDial-DCE87), 14/7/2008 (12 pp.). 43. Reflexiones sobre la obra de Karl Engisch: La causalidad como elemento de los tipos penales, publicado en la revista “Derecho Penal Contemporáneo”, n.8 25 (oct./ dic. 2008), pp. 67/86. (Publicado también como nota bibliográfica en la revista electrónica “El Dial”, v. infra, III, n.8 9). 2009 44. Principio de disminución del riesgo versus relevancia del disvalor de resultado en la teoría del ilícito, publicado en la revista electrónica española “InDret Penal” n.8 3/2008 (22/7/ 2008): http://www.indret.com/pdf/555_es.pdf (22 pp.). (Se trata de la versión española de un artículo publicado primeramente en alemán en la versión de Manuel Cancio Meliá en Festschrift für Günther Jakobs, Carl Heymanns Verlag, Köln y otras, 2007, pp. 583 ss., también publicado, antes de la versión española, en la versión italiana de Kolis Summerer en la revista , “LIndice Penale”, 2008, n.8 1, pp. 377.) Ahora publicado también en Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación (v. supra, I, a, n.8 21), pp. 549/571. 45. Cursos causales hipotéticos y teoría de la diferencia (versión española original del trabajo publicado primeramente en alemán en la revista ZStW, v. infra, b, n.8 7), publ. en Sancinetti, Causalidad, riesgo e imputación (v. supra, I, a, n.8 21), pp. 639/693. Este artículo había sido preparado para el Libro en homenaje a Eberhard Struensee, que finalmente fue publicado en 2011, en Maier / Sancinetti / Schöne, Dogmática penal entre naturalismo y normativismo, Ad-Hoc, Buenos Aires, 2011, pp. 527/576. 46. La relación entre el delito de “abandono de persona” y el “homicidio por omisión”, publ. en Ziffer (directora), Jurisprudencia de Casación penal, t. 1, pp. 245/361, Hammurabi, Buenos Aires, 2009. 47. La influencia de los cursos causales hipotéticos en la responsabilidad civil y penal, publ. en Piaggi (directora), Tratado de la empresa, t. 1, pp. 775/813, Abeledo Perrot, Buenos Aires, 2009; también en “Revista de Derecho Penal y Procesal Penal”, dirigida por Bertolino / Ziffer, Abeledo-Perrot, 4/2010, pp. 583/605. 2010 48. La visión sobre los juicios por abuso sexual infantil en la República Federal de Alemania, publ. en: “El dial – Biblioteca Jurídica online” (www.eldial.com –elDial– DC12BE, 8/3/ 2010), 9 páginas. 49. Acusaciones por abuso sexual: principio de igualdad y principio de inocencia. Hacia la recuperación de las máximas “Testimonium unius non valet” y “Nemo testis in propria causa”, en “Revista de Derecho Penal y Procesal Penal”, dirigida por Bertolino / Ziffer, Abeledo-Perrot, junio de 2010, pp. 955/995, 41 páginas. 50. El pensamiento de la Ilustración y el llamado “principio de lesividad”, lección de investidura por el título de “doctor honoris causa” concedido por la Universidad de la Cuenca del Plata (Corrientes, 23/3/2010), publ. en www.eldial.com (“suplementos”), 17/8/2010; también
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por la Universidad Alberto Hurtado, serie: “Ensayos Jurídicos”, n.8 5 (Santiago, Chile), 2010, 28 páginas y por la “Revista de Derecho Penal Contemporáneo” (Bogotá), n.8 32, 2010, pp. 41/79. (Posteriormente editado como pequeño libro por la Universidad de la Cuenca del Plata, cf. supra, I, a, n.8 22, también en versión alemana, cf. infra, II, b, n.8 8). 51. Avenimiento y mediación: ¿la pena como objeto de “negocios jurídicos”?, publ. en: “El dial – Biblioteca Jurídica online” (www.eldial.com –elDial– DC138F, 11/6/ 2010), 26 páginas. 2011 52. De la insuficiencia del testimonio único, con especial referencia al abuso sexual, publ. en: AAVV (Gabriel Pérez Barberá / comp.), Derecho Penal y democracia – Desafíos actuales. Libro Homenaje al Prof. Dr. Jorge de la Rúa, Astrea, Buenos Aires, 2011 (ISBN 978-9871537-20-4), pp. 713/729, 17 páginas. (Reproducido en “Revista Peruana de Ciencias Penales”, n.8 24, Lima, Idemsa, 2012, p. 643.) 53. La equiparación de la pena para la tentativa de contrabando y el contrabando consumado – Comentario al fallo “Brachessi” [en coautoría con Marcelo D. Lerman], publ. en: Pitlevnik (dir.) Jurisprudencia penal de la Corte Suprema de Justicia de la Nación – Sumarios y análisis de fallos, n. 8 11 (2011), pp. 21/53, 33 páginas. Véase la publicación en el Libro en homenaje a Eberhard Struensee, supra, n.8 44. 2012 54. Las imputaciones por abuso sexual libradas a la arbitrariedad del denunciante, publ. en base electrónica en “Revista Pensamiento Penal”, ISSN: 1853 – 4554, 3/7/2012, www.pensa mientopenal.com.ar/articulos/imputaciones-abuso-sexual-libradas-arbitrariedad-del-denunci ante, 5 páginas. 2013 55. Testimonio único y principio de la duda, publ. en la revista electrónica española “InDret Penal” n.8 3/2013 (19/7/2013): www.indret.com/pdf/988.pdf (22 pp.). Se trata de la versión española de un artículo publicado primeramente en alemán, en la versión de Tomas Wostry (Düsseldorf), en Festschrift für Wolfgang Frisch (Libro de homenaje a Wolfgang Frisch), v. infra, b, n.8 9. 2014 56. Los “actos fallidos” como medios de “detección de declaraciones falsas”, en Gimbertnat Ordeig / Rueda Martín / Suárez González / Urquizo Olaechea, Dogmática del derecho penal material y procesal y política criminal contemporáneas, Homenaje a Bernd Schünemann por su 70.8 aniversario, Gaceta Penal & Procesal Penal, Lima (Perú), t. II (ISBN del tomo II: 978612-311-165-6), Gaceta Jurídica, 2014, pp. 839 – 868 (30 páginas); ahora también hallable en “Libertas”, “Revista de la Fundación Internacional de Ciencias Penales”, n.8 3 (octubre), 2015, pp. 148 – 181, bajo página web, de acceso restringido: http://www.ficp.es (http:// www.ficp.es/wp-login.php).
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2015 57. Notas sobre “tentativa inidónea”; comentario a la sentencia de la Corte Suprema del Estado de Nueva York en la causa “People v Dlugash” (traducida al español por Marcelo Agustín Sancinetti), en “Revista de Derecho Penal y Procesal Penal”, dirigida por Bertolino / Ziffer; 4/2015, la sentencia comentada está publicada en pp. 688/695, y el artículo que la comenta obra en pp. 695/702 (8 páginas). Publicado posteriormente también en la revista “Derecho Penal Contemporáneo”, Bogotá, n.8 59 (2017), pp. 65/82, y pp. 82/98. 58. Las teorías de la pena en el pensamiento penal contemporáneo. Conferencia dictada el 7/ 10/2015, en el marco del II Simposio Internacional de Ciencias Jurídicas, Universidad del Norte, Asunción (Gran Hotel del Paraguay); 19 pp.; publ. en: http://www.pensamientope nal.com.ar/doctrina/42330-teorias-pena-pensamiento-penal-contemporáneo (“Revista Pensamiento Penal”), 9/11/2015. 2016 59. Dictamen sobre proyectos de leyes, así llamados, de “Arrepentido” y de “Extinción de Dominio”; informe complementario a la exposición hecha ante la Comisión de Seguridad Interior y Narcotráfico y la Comisión de Justicia y Asuntos Penales, del Honorable Senado de la Nación, el 3/8/2016, 23 pp., publ. en: http://www.pensamientopenal.com.ar/doctrina/ 44019-dictamen-sobre-proyectos-leyes-asi-llamados-arrepentido-y-extincion-dominio (“Revista Pensamiento Penal”), 19/8/2016. 60. Introducción al delito de lesiones, publ. en Sancinetti et al., Transferencia de la Justica Penal Ordinaria en el Proceso de Autonomía de la CABA, contribución escrita en coautoría con Leandro A. Dias y Juan Nascimbene, Editorial Jusbaires, Buenos Aires, 2016 (ISBN 978-987-4057-31-0), pp. 11/29 (19 páginas), seguido de un muestrario de fallos de jurisprudencia. 2017 61. El disvalor de acción como fundamento de una dogmática jurídico-penal racional. Publicado en la revista electrónica de Barcelona: InDret, 1/2017: http://www.indret.com/es/ derecho_penal/8/; http://www.indret.com/pdf/1274.pdf . Se trata de la versión española original del artículo publicado previamente en alemán, en la versión de Thomas Kliegel (v. inmediatamente infra, b, 10). En español fue expuesto como conferencia en el Seminario del ISSP, el 9/12/2015; en el Seminario de la cátedra del Prof. G. Garibaldi (UBA) el 7/6/2016 y en la Universidad Nacional de Cuyo el 4/8/2016. 62. ¿Está influida la teoría de la imputación por los fines de la pena?; publ. Ambos / Malarino / Pastor, Prevención e imputación, Hammurabi, Buenos Aires, 2017 (volumen de 266 páginas / ISBN 978-950-741-860-0), pp. 153/169, bibliografía pp. 170/172. Ponencia presentada al Simposio de Pena y prevención, realizado el 3 y 4/3/2016, en la Universidad de Göttingen, República Federal de Alemania, en el Instituto CEDPAL, dirigido por el Prof. Dr. Kai Ambos. 2018 63. ¿Aniquilamiento de la vida humana del no-nacido por parte del Estado? – Reflexiones sobre el derecho a la vida humana intrauterina y al nacimiento; publ. en “La Ley”, Suplemento Constitucional, sección dirigida por Mar&a Ang8lica Gelli, 5/2018, n.8 3, ISSN: 2250-432X – RNPI: 5075988.
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2019 64. Autobiografia – Marcelo Sancinetti, publ. en “En Letra/Penal”, año V (2019), n.8 8, pp. 2 – 34. Versión original del texto primeramente publicado en alemán, en la compilación hecha por Eric Hildendorf, según datos indicados infra, letra b, n. 11.
2. En alemán 1989 1. Entwicklung der Menschenrechte in Argentinien nach der Diktatur [Evolución de los derechos humanos después de la dictadura], texto de la conferencia dictada en castellano en el Instituto de Sociología de la Universidad de Ciencias Humanas de Estrasburgo el 29/3/1988, publ. en la revista alemana „Lateinamerika“, 1989, pp. 47/57, versión alemana de Franz-B. Marré y Ernesto Garzón Villada. 2000 2. Argentinien [Argentina], Informe sobre Argentina en el marco del Proyecto de Investigación sobre La superación del pasado por medio del derecho penal tras un cambio de sistema político, Coloquio internacional de Freiburg i. Br., 1999; obra publ. por completo en edición bilingüe, alemán e inglés (pero también en el idioma del disertante, cuando éste exponía en otra lengua), en Eser / Arnold (Hrsg. [comp.]), Strafrecht in Reaktion auf Systemunrecht, Vergleichende Einblicke in Transitionsprozesse / Criminal Law in Reaction to State Crime [Derecho penal en reacción contra el ilícito del sistema, Visión comparada en los procesos de transición [ligero cambio del título en la versión inglesa], Edition iuscrim, Band [Tomo] S 82.1, Freiburg i.Br., 2000, pp. 29/38 (alemán), 39/47 (inglés) y 48/56 (castellano). 2001 3. Dogmatische Grunderfordernisse eines Allgemeines Teils aus argentinischer Sicht. Mindestanforderungen an die Regelung im Allgemeinen Teil der Strafgesetzbücher [Exigencias dogmáticas básicas de una parte general desde el punto de vista argentino, Exigencias mínimas de la regulación de la parte general de los códigos penales], en Hirsch (Hrsg. [comp.]), Krise des Strafrechts und der Kriminalwissenschaften? [¿Crisis del derecho penal y de las ciencias criminales?], Tagungsbeiträge eines Symposiums der Alexander von Humboldt-Stiftung, Bonn-Bad Godesberg, veranstaltet vom 1. bis 5. Oktober 2000 in Bamberg [Informes de las Jornadas de un Simposio de la Fundación Alexander von Humboldt, Bonn-Bad Godesberg, realizado del 1 al 5 de octubre de 2000 en Bamberg], Duncker & Humblot, 2001, pp. 169/173. Se trata de una versión sumamente resumida, leída en el simposio de Bamberg, octubre de 2000, de la investigación más amplia formulada para ese mismo simposio, publ. ahora por completo en versión bilingüe (v. supra, I, a, 19; v. también I, b, 3). 4. „Dolus generalis” und „strafrechtliches Glück“ [“Dolus generalis” y “suerte penal”, en Schünemann y otros, Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag am 15. Mai 2001 [Homenaje a Claus Roxin por su 70.8 cumpleaños del 15 de mayo de 2001], pp. 349/364, versión alemana de Manuel Cancio Meliá. [Sobre la publicación posterior en lengua española, v. supra, I, a, 17, y II, a, 30].) [Nota: Medida la significación de un artículo según la trascendencia del órgano de publicación, este trabajo constituye uno de los tres artículos más importantes del autor en el área de sus estudios dogmáticos en forma de artículo, en razón de que la obra Festschrift für Claus
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Roxin es un libro considerado en un ámbito cultural sumamente extenso (Alemania, Austria, Suiza, España, Italia, Corea, Japón, China y otros), por el enorme influjo del destinatario del homenaje. Lo correspondiente vale para el trabajo citafo infra, n.8 6 y 9; y razones análogas, para el trabajo indicado infra, n.8 7] 2005 5. Politische Verfahren gegen Richter des Argentinischen Obersten Gerichtshofes (versión alemana de Thomas Kliegel) / Juicios políticos a jueces de la Corte Suprema de Justicia en Argentina, publicado en ambos idiomas en: “El dial – Biblioteca Jurídica online”, 13/ 3/2006. (Ponencia presentada al Coloquio de becarios y premiados Humboldt en Argentina, 15/10/2005, leída en la versión alemana de Thomas Kliegel, 6 pp.). (www.eldial.com/suple mentos/penal/i_doctrinaNP.asp). También en la revista electrónica suiza: www.unifr.ch/de rechopenal/artículos/pdf/enero06 (v. supra, II, a, 34). 2007 6. Risikoverringerungsprinzip versus Relevanz des Erfolgsunwertes in der Unrechtslehre [Principio de disminución del riesgo versus relevancia del disvalor de resultado en la teoría del ilícito], publicado en Festschrift für Günther Jakobs, Carl Heymanns Verlag, Köln y otras, 2007. [Homenaje a Günther Jakobs por su 70.8 cumpleaños del 27 de julio de 2008], pp. 583/ 604, versión alemana de Manuel Cancio Meliá. [Sobre la publicación posterior en lengua española, v. supra, II, a, 41; respecto de la publicación en lengua italiana, v. infra, c, 1] [Nota: Sobre la significación de esa publicación, vale aquí también lo dicho supra, n.8 4] 2008 7. Hypothetische Kausalverläufe und die Differenztheorie [Cursos causales hipotéticos y teoría de la diferencia], publicado en „Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft“ (ZStW), t. 120 (2008), pp. 661/703 (versión alemana de Thomas Kliegel a partir del original español publicado posteriormente en Sancinetti [comp.], Causalidad, riesgo e imputación, Hamnurabi, 2009, supra, I, 21; y supra, II, 44). ISSN (Online) 1612-703X, ISSN (Impreso) 0084-5310, DOI: 10.1515/ZSTW.2008.661, December/2008 (publicado el 16/12/2008). [Nota: Esta publicación es altamente significativa, en razón de que el órgano de publicación, la revista ZStW, es una de las más prestigiosas revistas alemanas en la materia, fundada en 1881, por Franz von Liszt y Adolf Dochow.] 2012 8. Das Denken der Aufklärung und das sogenannte „Verletzungsprinzip“ [El pensamiento de la Ilustración y el llamado “principio de lesividad”], publicado en Thomas Vormbaum (comp.), Jahrbuch der Juristischen Zeitgeschichte [Anuario de Historia Jurídica Contemporánea], tomo 12 (2011), Institut für Juristische Zeitgeschichte Hagen [Instituto de Historia Jurídica Contemporánea de la Universidad de Hagen], publ. a inicios de 2012, ISBN 978-311-024886-9; e- ISBN 978-3-11-026998-7), pp. 267/299; traducción al alemán de Thomas Kliegel. Se trata de la versión alemana del trabajo publicado como artículo en 2010 (cf. supra, II, a, n.8 49), y como pequeño opúsculo, por la Universidad de la Cuenca del Plata, en 2011 (cf. supra, I, a, n.8 22).
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[Nota: En este volumen consta la siguiente inscripción (en idioma alemán): “Información bibliográfica de la Biblioteca Nacional Alemana./ La Biblioteca Nacional Alemana registra esta publicación en la bibliografía nacional alemana; datos bibliográficos detallados son hallables en Internet mediante: http://dnb.d-nb.de”. El autor aclara que si bien la aceptación de su contribución para este “Anuario” es de gran significación, el contenido del artículo, originado en una conferencia, no tiene el grado de análisis crítico-dogmático de los artículos señalados supra, sub 4, 6 y 7; está destinado a demostrar tan sólo que no hay nada “de principio”, en el pensamiento de la “Ilustración”, que tenga que abogar por la relevancia del disvalor de resultado, y nada más. Todos los artículos que reúne este libro están comentados brevemente al inicio, por el compilador: Thomas Vormbaum: Das zwölfte Jahrbuch der juristischen Zeitgeschichte (El duodécimo Anuario de la Historia Jurídica Contemporánea), p. IX/XXVIII; el comentario referido a este artículo –en el cual Vormbaum confronta con el autor, aunque concede especialmente que Filangieri fuese un jurista de mayor profundidad que Beccaria (p. XXIII, nota 19)– se halla en pp. XII/XIV.] 2013 9. Die einzelne Zeugenaussage und das Zweifelsprinzip [Testimonio único y principio de la duda], publicado en Freund / Murmann / Bloy / Perron: Grundlagen und Dogmatik des gesamten Strafrechtssystems – Festschrift für Wolfgang Frisch zum 70. Geburtstag [Fundamentos y dogmática del sistema del Derecho Penal en su conjunto – Libro de homenaje a Wolfgang Frisch por su 70.8 cumpleaños], Duncker & Humblot, Berlín, 2013, pp. 1233/1253 (versión alemana a partir del original en lengua castellana de Thomas Wostry, asistente científico de la cátedra del Prof. Helmut Frister, Universidad de Düsseldorf). [Nota: Sobre la significación de esa publicación, vale aquí también lo dicho supra, n.8 4; aclárase que se trata de una obra en la que intervienen unos 85 autores de 16 países; de la Argentina fueron invitados a participar la Prof. Dra. P. Ziffer y el suscripto] 2016 10. Der Handlungsunwert als Grundlage einer rationalen Strafrechtsdogmatik [El disvalor de acción como fundamento de una dogmática jurídico-penal racio-nal], publicado en la revista „Goltdammer’s Archiv für Strafrecht“ (GA), 6/2016, pp. 411/426 (versión alemana a partir del original en lengua castellana de Thomas Kliegel (juez en Landgericht [Tribunal Regional], ciudad de Essen). En su versión alemana, el texto fue expuesto como conferencia el 23/6/2015, en el marco de la “Semana de Kiel”, en la Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, por invitación del Prof. Dr. Andreas Hoyer; el 30/6/2015, en la Heinrich-Heine-Universität Düssel-dorf, por invitación del Prof. Dr. Helmut Frister; y el 2/7/2015, en la JuliusMaximilians-Universität Würzburg, por invitación del Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf. [Nota: La revista GA es la más antigua revista de Derecho Penal de Alemania; fue fundada por Theodor Goltdammer, en 1853. Ésta y la revista ZStW son las dos revistas más prestigiosas de Derecho Penal en Alemania.] 2019 11. Autobiographie / Marcelo Alberto Sancinetti [Autobiografía], publicado en Eric Hilgendorf (comp.), Die ausländische Strafrechtswissenschaft in Selbstdarstellungen [La ciencia extranjera del Derecho penal en autobiografías] – Die internationale Rezeption des deut-
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schen Strafrechts [La recepción internacional del Derecho Penal alemán], De Gruyter, 2019, pp. 407/438 (32 pp.). Introducción general de Eric Hilgendorf.
3. En italiano 2008 1. Principio della diminuzione del rischio versus rilevanza del disvalore d’evento nella teoria dell’illecito [Principio de disminución del riesgo versus relevancia del disvalor de resultado en la teoría del ilícito], versión italiana de Kolis Summerer a partir del original español y de la , versión alemana de Cancio Meliá, publ. en “LIndice Penale”, 2008, n.8 1, pp. 377/395. [Sobre la publicación en español y alemán, v. supra, II, a, 41 y II, b, 6].)
III. Comentarios bibliográficos 1974 1. Tipo y error, de Enrique Bacigalupo, en “Nuevo Pensamiento Penal”, 1974 (Homenaje al Prof. Hans Welzel), pp. 426/438 (ahora también en: Sistema de la teoría del error en el Código Penal argentino [v. supra, I, a, sub 3]). 1975 2. La antijuridicidad penal, de Alfonso Reyes Echand&a, en “Nuevo Pensamiento Penal”, 1975, pp. 244/248. 1976 3. Los homicidios calificados, de Jorge D. Llpez Bolado, en “Nuevo Pensamiento Penal”, 1976, pp. 155/160. 4. Reforma del Derecho Penal en Alemania – Parte General, de Hans-Heinrich Jescheck (traducción de Conrado A. Finzi), en “Nuevo Pensamiento Penal”, 1976, pp. 441/445. 5. Código Penal alemán – Parte general, traducción de Julio C8sar Esp&nola, en “Nuevo Pensamiento Penal”, 1976, pp. 600/601. 1977 6. Manual de Derecho Penal – Parte Especial, de Ricardo Levene (h.) y otros, en “Nuevo Pensamiento Penal”, 1977, pp. 190/195. 1980 7. Derecho Penal – Parte General, de Johannes Wessels (traducción de Conrado A. Finzi), en “Doctrina Penal”, 1980, pp. 881/886. 1981 8. Causalismo y finalismo en Derecho Penal, de Eduardo Novoa Monreal, en “Doctrina Penal”, 1981, pp. 173/177.
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2008 9. Reflexiones sobre la obra de Karl Engisch: La causalidad como elemento de los tipos penales, en: “El dial – Biblioteca Jurídica online” (www.eldial.com – elDial-///////), –/7/2008. (Publicado también como artículo en la revista “Derecho Penal Contemporáneo”, n.8 25, pp. 67/86, v. supra, II, n.8 42). 10. “Causalidad, riesgo e imputación”. Un nuevo esfuerzo de la Editorial Hammurabi en pos de la ciencia jurídico-penal y la vinculación entre la dogmática alemana y la ciencia de lengua española. Nota previa a la publicación del libro “Causalidad, riesgo e imputación” – 100 años de contribuciones críticas sobre imputación objetiva y subjetiva, Hammurabi, 2009; nota publicada en www.eldial.com – elDial.//////////, 9/12/2008 (24 pp.).
IV. Traducciones 1. Libros [Nota: Bajo la expresión “libro” son incluidas seguidamente obras que en su original alemán eran un libro, y también aquellos trabajos que originalmente eran artículos y cuya traducción española apareció en forma autónoma o agrupada con otros trabajos publicados en forma de libro. Este criterio puede ser inconveniente a ciertos respectos. Según otro criterio, son libros (en el original y en su traducción) sólo los enumerados bajo números 1, 7, 11, 14, 15, 18 y 19.] 1990 1. Disvalor de acción y disvalor de resultado en el concepto de ilícito (Handlungs- und Erfolgsunwert im Unrechtsbegriff), de Diethart Zielinski, Hammurabi, Buenos Aires, 1990, 410 pp. 1991 2. Disvalor de acción y disvalor de resultado en el Derecho Penal (traducción en conjunto con Patricia S. Ziffer, de dos artículos: Handlungs- und Erfolgsunwert im Strafrecht – Zur Relevanz des Erfolgsunwertes im Strafrecht), de Ggnter Stratenwerth (presentación de Marcelo A. Sancinetti y prólogo del autor a la edición castellana), Hammurabi, Buenos Aires, 1991, 105 pp. 1992 3. Dolo, tentativa y delito putativo (traducción de dos artículos: Versuch und Vorsatz – Verursachungsvorsatz und Wahnkausalität), de Eberhard Struensee (prefacio del traductor y prólogo del autor) Buenos Aires, 1992, 125 pp. 1996 4. Sobre el injusto del suicidio y del homicidio a petición (Zum Unrecht der Selbsttötung auf Verlangen, publ. en Festschrift für Arthur Kaufmann, 1993, pp. 133 ss.), de Ggnther Jakobs, trad. con Manuel Cancio Meliá, publ. en la serie “Cuadernos de Conferencias y Artículos”, Universidad Externado de Colombia, 1996, N.8 4, 32 pp. (publ. también como artículo en la “Revista Peruana de Ciencias Penales, v. infra, IV, B, sub 8). 5. De la capacidad de rendimiento del concepto de “riesgo permitido” para la sistemática del derecho penal (Zur Leistungsfähigkeit des Begriffs „erlaubtes Risiko“ für die Strafrechtssys-
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tematik, publ. en Festschrift für Jescheck, 1985, pp. 405 ss.), de Manfred Maiwald, publ. en la serie “Cuadernos de Conferencias y Artículos”, Universidad Externado de Colombia, 1996, N.8 6, 44 pp. (publ. también como artículo en la rev. “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal”, v. infra, IV, B, sub 6). 6. ¿Qué aporta la teoría de los fines de la pena? (Was leistet die Lehre von den Strafzwecken?, Berlin-New York, 1995), de Ggnter Stratenwerth, publ. en la serie “Cuadernos de Conferencias y Artículos”, Universidad Externado de Colombia, 1996, N.8 8, 38 pp. (publ. también como artículo en la rev. “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal”, v. infra, IV, B, sub 7). 1997 7. Conocimiento del ilícito y dolo en el derecho penal tributario (Unrechtskenntnis und Vorsatz im Steuerstrafrechts), de Manfred Maiwald, Ad-Hoc, Buenos Aires, 1997, 103 pp. 1998 8. Problemas capitales del derecho penal moderno. Libro homenaje a Hans Welzel. Prólogo y presentación de Marcelo A. Sancinetti, de Ggnther Jakobs y Eberhard Struensee (manuscritos), trad. con Javier Sánchez-Vera Gómez-Trelles y Fernando Córdoba, Hammurabi, Buenos Aires, 1998, 124 pp. Se trata de la publicación de cuatro artículos dados como conferencias en Corrientes y Trelew, en 1997, en un acto de homenaje a los 20 años del fallecimiento de Hans Welzel. Al suscripto le corresponde la traducción de uno de los artículos de Jakobs (Conocimiento y desconocimiento de la norma, pp. 57/80, esta traducción fue publicada también en un libro que recopila artículos de este autor, v. enseguida, sub 12) y uno de los de Struensee (Exposición y abandono de personas, Acotaciones sobre el § 221 del Código Penal alemán en relación con el concepto de peligro concreto y del delito de puesta en peligro, pp. 81/105; esta traducción fue publicada también en un libro que recopila artículos de este autor, v. enseguida, sub 10). 9. La prohibición de regreso en derecho penal, recopilación de artículos de W. Naucke, H. Otto, G. Jakobs y C. Roxin, trad. con Manuel Cancio Meliá (al suscripto le corresponde la traducción de los trabajos de Otto y de Roxin; los de Naucke y de Jakobs fueron traducidos por Cancio Meliá), Universidad Externado de Colombia, Serie N.8 11, 1998, 190 pp. 1999 10. Temas sobre teoría del delito, de Eberhard Struensee, con otros varios traductores (al suscripto le corresponde la traducción del artículo ya citado supra, sub 8: Exposición y abandono de personas, en esta obra, en pp. 117/139), INACIPE, México D.F. 1999, 185 pp. 2003 11. Cursos causales hipotéticos en el derecho penal. Una contribución sobre la causalidad de la complicidad (Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, Frankfurt a. M., 1972), de Erich Samson, trad. con Patiricia S. Ziffer, Hammurabi, Buenos Aires, 2003, 211 pp. 12. Culpabilidad en derecho penal. Dos cuestiones fundamentales, de Ggnther Jakobs, trad. con Manuel Cancio Meliá, Universidad Externado de Colombia, Bogotá, 2003. Se trata de la republicación de dos artículos de G. Jakobs, uno traducido por M. Cancio M. (El principio de la culpabilidad) y otro por M. Sancinetti, a quien le corresponde la traducción del segundo
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capítulo (Conocimiento y desconocimiento de la norma, aquí en pp. 59/84), ya publicado anteriormente en Problemas capitales del derecho penal moderno (v. supra, sub 8). 13. Dolo e imprudencia (AK-StGB, Zielinski, 1990), de Diethart Zielinski, Hammurabi, Buenos Aires, 2003, 180 pp. 2005 14. Derecho Penal. El hecho punible. I (Strafrecht. Die Straftat. I, 2000), de Ggnter Stratenwerth. Traducción en conjunto con Manuel Cancio Meliá, Ed. Hammurabi, Buenos Aires, 2005 (568 pp.); ed. Civitas, Madrid, 2005 (479 pp.). 2008 15. La causalidad como elemento de los tipos penales (Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, Verlag von J. C. B. Mohr [Paul Siebeck], Tübingen, 1931 [87 pp.]), de Karl Engisch. Ed. Hammurabi, Buenos Aires, 2008, 156 pp. 2009 16. Causalidad riesgo e imputación – 100 años de contribuciones críticas sobre imputación objetiva y subjetiva. Ver la compilación referida supra, I, A, n.8 21, con trabajos de: Frisch (2001, 2202), Frister (2007), Honig (1930), Hoyer (2004, 2007), Jakobs (1987), Art. Kaufmann (1961), Kindh-user (2008), Mgller (1912), Puppe (1980), Samson (2002, 2004), Schaffstein (1970, 1974), Schroeder (2005), Stratenwerth (1973), Wachsmuth/Schreiber (1982). 2010 17. La distinción entre dolo e imprudencia – Comentario al § 15 del Código Penal alemán, de Ingeborg Puppe. Revisión de la traducción por María de las Mercedes Galli. Contiene un Apéndice Legislativo; 170 pp. Se trata de la contribución de la autora al comentario conocido como: Strafgesetzbuch – Nomos Kommentar (Código Penal alemán – Comentario Nomos), 3.a ed., Nomos Verlag, Baden-Baden, 2009. 2011 18. Derecho penal – Parte general, de Helmut Frister (trad. de la 4.a ed. alemana). Revisión de la traducción por María de las Mercedes Galli (Strafrecht – Allgemeiner Teil, Verlag C. H. Beck, 4. Aufl. 2009), Hammurabi, Buenos Aires, 2011 (717 pp.) 2017 19. Derecho penal – Parte general, de Eric Hilgendorf y Brian Valerius (trad. de la 2.a ed. alemana); co-traducción con Leandro A. Dias (Strafrecht – Allgemeiner Teil, Verlag C. H. Beck, 2. Aufl. 2015), Ad-Hoc, Buenos Aires, 2017 (353 pp.) 20. Concepto de culpabilidad y fundamento punitivo de la participación, de Helmut Frister (traducción que compila cuatro artículos del autor, uno de los cuales no había sido publicado aún al momento de la edición en español [manuscrito], y sería publicado en un libro de homenaje al Prof. G. Jakobs, con motivo de su 80.8 cumpleaños; los otros tres trabajos consisten en un artículo publicado en la revista JuS, de 2013, su contribución a la FS Frisch, de 2013, y su
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contribución a la FS Dencker, de 2012); co-traducción con José R. Béguelin y María de las Mercedes Galli, Hammurabi, Buenos Aires, 2017 (154 pp.) 2018 21. Responsabilidad penal de las personas jurídicas, de Helmut Frister y Sara Brinkmann (traducción que compila dos artículos: uno del autor mencionado en primer término y otro escrito por él en co-autoría con su discípula Sara Brinkmann). El libro tiene una introducción a cargo de Thomas Wostry, quien también revisó la traducción íntegramente. 22. La libre valoración de la prueba, de Petra Velten; revisión de la traducción de Patricia Ziffer de la contribución de la autora al comentario previo al § 261 del Ordenamiento Procesal Penal alemán; en Systematischer Kommentar zur Straprozessordnung (SK-StPO), coord. Por J. Wolter et al., 5.a ed., Köln (Colonia), 2016. M. Sancinetti ha revisado la traducción de P. Ziffer y compuesto el extenso índice bibliográfico; publ. por Hammurabi, Buenos Aires, 2019 (113 pp.). 2020 23. Introducción al Derecho penal de la medicina, de Eric Hilgendorf; traducción de la 2.a edición alemana, de Julia A. Cerdeiro y Marcelo A. Sancinetti, con revisión de Leandro A. Dias; título original: Einführung in das Medizinstrafrecht, 2.a ed., Verlag C.H.Beck, Múnich (München), 2019, publicación de la versión española por ed. Ad-Hoc, Buenos Aires, 2020 (202 pp.) 24. El rayo como instrumento de asesinato – Génesis y evolución de la teoría de la imputación objetiva: Una travesía por 150 años de ciencia jurídico-penal, de Friedrich-Christian Schroeder; título original: de Der Blitz als Mordinstrument – Ein Streifzug durch 150 Jahre Strafrechtswissenschaft (Anhang: Die Genesis der Lehre von der objektiven Zurechnung), Duncker & Humblot, Berlin, 2009, trad. de Marcelo A. Sancinetti, con revisión de Mar&a Lucila TuÇln Corti (im Druck: en tareas de impresión).
2. Artículos 1988 1. El resultado en el concepto final de ilícito (Der Erfolg im finalen Unrechtsbegriff), de Diethart Zielinski, en “Doctrina Penal”, 1988, pp. 283/313 (Se trata de un capítulo del libro mencionado supra, sub 1], publicado primeramente en forma de artículo.) 2. Sobre las normas no jurídicas en el derecho (Über nicht-juristische Normen im Recht), de Winfried Hassemer, en “Doctrina Penal”, 1989, pp. 1/27. 1990 3. Calificación del ilícito por medio del resultado (Unrechtsqualifizierung durch den Erfolg – ein Relikt der Verdachtsstrafe?), de Gerhard Dornseifer, en “Doctrina Penal”, 1990, pp. 135/150.
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1994 4. La atenuación del marco penal en la tentativa (Die Strafrahmenmilderung beim Versuch, publicado originariamente en: Festschrift für Spendel), de Wolfgang Frisch, en “Anuario de Derecho Penal y Ciencias Penales”, 1994, pp. 159/192. 1995 5. Para toda la vida es demasiado tiempo (Lebenslänglich ist zu lang) de Uwe Wesel (artículo de opinión publicado originariamente en el semanario alemán „Die Zeit“, el 2/6/1995), en diario “Crónica”, de Comodoro Rivadavia (Chubut), 18/9/1995, p. 28 (artículo de 1 página). 1996 6. De la capacidad de rendimiento del concepto de “riesgo permitido” para la sistemática del derecho penal (Zur Leistungsfähigkeit des Begriffs „erlaubtes Risiko“ für die Strafrechtssystematik, publ. en Festschrift für Jescheck, 1985, pp. 405 ss.), de Manfred Maiwald, en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal” (Ad-Hoc, Buenos Aires), Nros. . 1 – 2, año II (1996), pp. 145/165 (v. supra, IV, A, a, sub 5). 7. ¿Qué aporta la teoría de los fines de la pena? (Was leistet die Lehre von den Strafzwecken?), de Ggnter Stratenwerth, en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal” (Ad-Hoc, Buenos Aires), Nros.. 1 – 2, año II (1996), pp. 167/184 (también en la “Revista Peruana de Ciencias Penales”), además de su publicación en forma autónoma por la Universidad Externado de Colombia (v. supra, IV, A, a, sub 6). 8. Sobre el injusto del suicidio y del homicidio a petición (Zum Unrecht der Selbsttötung auf Verlangen) de Ggnther Jakobs, trad. con Manuel Cancio Meliá, publicado en “Revista Peruana de Ciencias Penales”, N.8 4 (1994), pp. 513/30; también en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal” (Ad-Hoc, Bs. As.), N.8 7 (1997), pp. 413/30, además de su publicación en forma autónoma por la Universidad Externado de Colombia (v. supra, IV, A, a, sub 4). 1997 9. Observaciones sobre la prohibición de regreso (Bemerkungen zum Regreßverbot, en Festschrift für Herbert Tröndle, 1989, pp. 177 ss.), de Claus Roxin, en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal”, año III (1997), n8 6, pp. 19/44, además de su publicación en forma autónoma por la Universidad Externado de Colombia (v. supra, IV, A, a, sub 9). 10. Exclusión evitable de la culpabilidad (Vermeidbarer Schuldausschluß, publ. en Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann, 1989, pp. 485 ss.), de Ggnter Stratenwerth, en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal”, año III (1997), n8 6, pp. 45/61. 11. La figura del tipo del partícipe (Der Typus des Teilnehmertatbestandes, publ. en Festschrift für Koichi Miyazawa – Dem Wegbereiter des japanisch-deutschen Strafrechtskurses, Baden Baden, 1995, pp. 449 ss.), de Klaus Lgderssen, en “Cuadernos de Doctrina y Jurisprudencia Penal”, año III (1997), n8 7, pp. 145/166. 12. Evolución constitucional en Venezuela (manuscrito), de Norbert Lçsing, en Anuario de Derecho Constitucional, Medellín, 1997, pp. 79/119. Con posterioridad fue publicado el original alemán en Peter Häberle (Hrsg. [comp.]), „Jahrbuch des Öffentlichen Rechts“, Nueva serie, t. 46, Tübingen, 1998, p. 551/578.
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2006 13. Prestación de auxilio incompleta como hecho punible (Unvollendete Hilfeleistung als Straftat, JuS, 1994, pp. 555/559 ss., nota a la sentencia del BGH, publ. en NJW, 1993, p. 2628), de Wolfgang Mitsch, en revista “Derecho Penal Contemporáneo”, n.8 15 (2006), pp. 107/124, con apéndice legislativo de varios países (pp. 124/128 y traducción de la sentencia del Tribunal Supremo Federal comentada por el autor, en pp. 128/132 (traducido conjuntamente con Glenda Vidarte de Sánchez Dansey). 2008 14. El funcionario policial como garante de impedir delitos (Der Polizeibeamte als Garant zur Verhinderung von Straftaten, publ. en ZStW t. 111 [1999], pp. 335 ss.), de Michael Pawlik, en “InDret”, Revista para el análisis del Derecho, 1/2008, www.indret.com (traducido conjuntamente con Marcelo D. Lerman); ahora también publicado en Pawlik, La libertad institucionalizada – Estudios de Filosofía jurídica y Derecho Penal, Marcial Pons, pp. 181/205. 15. El resultado y su explicación causal en Derecho penal (Der Erfolg und seine kausale Erklärung im Strafrecht, publ. en ZStW, t. 92 (1980), pp. 863 y ss.; ahora también en Puppe, Strafrechtsdogmatische Analysen [Análisis de dogmática jurídico-penal]), Bonn University Press, Bonn, 2006, pp. 101 ss.), de Ingeborg Puppe, en “InDret”, Revista para el análisis del Derecho, 4/2008, www.indret.com (traducido conjuntamente con Marcelo D. Lerman); ahora publicado también en Sancinetti (comp.), Causalidad, riesgo e imputación, Hammurabi, Buenos Aires, 2009, pp. 245/298). Cf. supra, I, a, n.8 21. 2014 16. El juez, en el proceso penal, ¿como tercero manipulado? – Acerca de la constatación empírica del efecto de perseverancia y del de poner el hombro, de Bernd Schgnemann, Der Richter im Strafverfahren als manipulierter Dritter? Zur empirischen Bestätigung von Perseveranz- und Schulterschlußeffekt, publ. en Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger (comp.), Verfahrensgerechtigkeit – Rechtspsychologische Forschungsbeiträge für die Justizpraxis [Justicia del proceso penal – Contribuciones de investigación de Psicología del Derecho para la praxis de la judicatura], Köln 1995, pp. 215/232, así como también en StV („Strafverteidiger“), 3, 2000, pp. 159/165, traducido conjuntamente con Laura Eckes (Licenciada en Derecho por la Universidad de Düsseldorf), publ. en “Revista de Derecho Penal y Procesal Penal”, dirigida por Bertolino / Ziffer, n.8 11/2014, pp. 2153/2163 (11 páginas). 2015 17. El conflicto entre la libertad judicial en la valoración de la prueba y el principio “in dubio pro reo”, de andreas Hoyer, Der Konflikt zwischen richterlicher Beweiswürdigungsfreiheit und dem Prinzip „in dubio pro reo“, publ. en ZStW, t. 105 (1993), pp. 523/556, , trad. de Marcelo A. Sancinetti; revisión de la traducción por Marcelo D. Lerman, publ. en “Revista de Derecho Penal y Procesal Penal”, dirigida por Bertolino / Ziffer, n.8 3/2015, pp. 455/474 (20 páginas). 18. De la punibilidad de la tentativa inidónea, de Rolf D. Herzberg, Zur Strafbarkeit des untauglichen Versuchs, publ. en GA (Goltdammer’s Archiv für Strafrecht), 2001, pp. 257/ 272, trad. de Marcelo A. Sancinetti; revisión de la traducción por Patricia S. Ziffer, publ. en “Revista de Derecho Penal y Procesal Penal”, dirigida por Bertolino / Ziffer, n.8 4/
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2015, pp. 677/693 (17 páginas). Publicado posteriormente también en “Derecho Penal Contemporáneo”, Legis Editores, Bogotá, oct./dic. 2016, pp. 75/102 (28 páginas). 19. Culpa y expiación, de Ggnter Stratenwerth† (publicado In Memoriam) Schuld und Sühne, en: „Evangelische Theologie“, Vol. 18, 1958, pp. 337 – 353. ISSN (Online) 21980470, DOI: 10.14315/evth-1958-0801, agosto de 1958. Co-traducción de Patricia S. Ziffer, publ. en la “Revista de Derecho Penal y Procesal Penal”, dirigida por Bertolino / Ziffer, n.8 5/2015 (19 páginas). 2016 20. Imputación objetiva y subjetiva de resultados en el derecho penal. Una Introcucción, de Hans Kudlich, Objektive und subjektive Zurechnung von Erfolgen im Strafrecht – eine Einführung, en JA, 10/2010, pp. 681/687. Co-traducción de María de las Mercedes Galli y Marcelo A. Sancinetti (Universidad de Buenos Aires), publ. en la “Revista de Derecho Penal y Procesal Penal”, dirigida por Bertolino / Ziffer, n.8 5/2016, pp. 901/911 (10 páginas). 21. Responsabilidad penal por peligros provenientes de productos, de Eric Hilgendorf, traducción del trabajo: Landesreferat zum Thema des strafrechtlichen Umgangs mit Produktgefahren in Detuschland (Ponencia sobre el tema del manejo jurídico-penal con peligros provenientes de productos en Alemania), publ. en: Freund / Rostalski, Strafrechtliche Verantwortlichkeit für Produkgefahren – Internationales Symposium vom 18. – 20. Juli 2013 an der Phillipps Universität Marburg (con contribuciones de China, Alemania, Japon, España, Taiwan y Turquía, ed. Peter Lang, Frankfurt, entre otras); versión española de Tilmann Gauß (Wurzburgo) y Marcelo A. Sancinetti (Universidad de Buenos Aires), publ. en Revista de “Derecho Penal y Procesal Penal, dirigida por Bertolino / Ziffer, n.8 7/2016, pp. 1319/1333. 22. Acerca de la “representación del hecho” en el tipo de la tentativa, de Thomas Hillenkamp, traducción de la contribución del autor al Libro de Homenaje a Claus: Zur „Vorstellung von der Tat“ im Tatbestand des Versuchs, publ. original en Schünemann et al., Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag am 15. März 2001, Walter de Gruyter, Berlin-New Yor, pp. 689/719, traducción de Marcelo A. Sancinetti, con revisión de Patricia S. Ziffer, publ. en Revista de “Derecho Penal y Procesal Penal”, dirigida por Bertolino / Ziffer, n.8 8/ 2016, pp. 1518/1532. 23. Filosofía moral y dogmática jurídico penal, de Ulfrid Neumann, Moralphilosophie und Strafrechtsdogmatik, “Achiv für Rechts- und Sozialphilosophie”, n.8 44, 1991, pp. 248 ss. traducción de Marcelo A. Sancinetti, con revisión de Eduardo Rivera López, publ. en “En Letra” (Derecho Penal), año II, n.8 3, noviembre de 2016, pp. 205/220 (16 páginas). 24. Desarrollo hipotético del daño y conducta alternativa conforme a Derecho, versión española del § 4 de la obra Schadensersatz [Indemnización del daño] de Herman Lange y Gottfried Schiemann, 3.a ed., Mohr Siebeck, Tübingen, 2003, pp. 180/211. La obra pertenece a la serie: Handbuch des Schuldrechts in Einzeldarstellungen [Tratado de Derecho de las Obligaciones en exposiciones individuales]. Traducción de Santiago López Warriner y Marcelo Sancinetti (Buenos Aires), con revisión de David Bieger (Bonn) y Leandro A. Dias (Buenos Aires), publ. en “En Letra” (Derecho Civil y Comercial), año 1, n.8 2, diciembre de 2016, pp. 156/193 (38 páginas).
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2017 25. De la relación entre derecho, moral y punibilidad, de Andreas Hoyer, Zum Verhältnis von Recht, Moral und Strafbarkeit (manuscrito) traducción de Marcelo A. Sancinetti, revisión de Leandro A. Dias, publ. en “En Letra” (Derecho Penal), año II, n.8 4, mayo de 2017, pp. 28/42 (17 páginas; el artículo aparecerá publicado en su lengua original en un Libro de Homenaje a Robert Alexy). 26. Accidentes de trabajo fatales y responsabilidad penal del empleador: El caso Thyssen Krupp, de Kolis Summerer, Tödliche Arbeitsunfälle und strafrechtliche Verantwortung des Arbeitgebers – Der Fall Thyssen Krupp, publ. en ZStW, t. 127 (2015), pp. 1136/1165. Versión española de Marcelo Alberto Sancinetti (Universidad de Buenos Aires), con revisión de la autora (Universidad de Bolzano), publ. en revista “En Letra” (Derecho Penal), año II, n.8 4, mayo de 2017, pp. 161/189 (19 páginas). 2018 27. La presunción de inocencia, de Helmut Frister, Die Unschuldsvermutung, publ. en Herzog / Schlothauer / Wohlers, Rechtsstaatlicher Strafprozess und Bürgerrechte, Gedächtnisschrift für Edda Weßlau (“Proceso penal del Estado de Derecho y derechos del ciudadano”, en Libro de Homenaje a la memoria de Edda Weßlau), Duncker & Humblot, Berlín, 2016, pp. 149/163. Versión española de Marcelo Alberto Sancinetti (Universidad de Buenos Aires), con revisión de María de las Mercedes Galli (Universidad de Buenos Aires), publ. en revista de Derecho Penal y Procesal Penal, dir. por P. Ziffer / M. Divito, Abeledo Perrot, Buenos Aires, 5/2018, pp. 899/908 (10 pp.). 28. Cultura, religión, derecho penal. Nuevos desafíos en una sociedad pluralista, de Tatjana Hçrnle, Kultur, Religion, Strafrecht – Neue Herausforderungen in einer pluralistischen Gesellschaft, en NJW (Neue Juristische Wochenschrift, ed. C. H. Beck), adjunto 2/2014 al n.8 24/2014 de NJW, pp. 34/38. Versión española de Marcelo Alberto Sancinetti (Universidad de Buenos Aires), publ. en revista “En Letra” (Derecho Penal), año IV, n.8 6, mayo de 2018, pp. 204/216 (13 páginas).
V. Notas “A la memoria” 2008 1. De Juan Bustos Ramírez. In Memoriam, publ. en: “El dial – Biblioteca Jurídica online” (www.eldial.com –elDial–, 8/9/2008), 2 páginas. 2015 2. Günter Stratenwerth. In Memoriam, publ. en “Revista de Derecho Penal y Procesal Penal”, n.8 5/2015, 5 páginas (en coautoría con Patricia Ziffer); nota “a la memoria”, acompañada de la traducción de uno de los primeros trabajos de G. Stratenwerth: Schuld und Sühne (v. supra, IV, B, n.8 19).
VI. Prólogos [El autor ha sido reacio, en general, a hacer prólogos de obras ajenas, aunque sí proclive a prologar sus propias publicaciones. Aun así, ha habido prólogos de obras de otros autores; seguidamente, son destacados algunos casos.]
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1995/96 1. Ley 24.390 – Prisión preventiva – Plazo máximo, cómputo del encarcelamiento cautelar (Análisis dogmático y jurisprudencial), del Prof. Daniel Dom&nguez Hena&n, Juris, Rosario, 1996. Prólogo de 12/10/1995, “Día de la Raza”, pp. V/XI (7 páginas). (Véase además la referencia sobre la publicación en dicho libro de un dictamen propio, hecha supra, II, a, n.8 23.) 1998 2. Problemas capitales del derecho penal moderno, Libo de homenaje a Hans Welzel, a los 20 años de su fallecimiento (Hammurabi, Bs. As., 1998), que contiene cuatro conferencias dadas dos por Ggnther Jakobs y otras dos por Eberhard Struensee, en agosto de 1997. El prólogo se halla en pp. 7/10 (5 páginas). De páginas 15 a 31 se registra el Discurso inaugural que ofrece una semblanza y biografía de Hans Welzel y referencias sobre los conferenciantes, discurso que es enumerado en esta lista como artículo (v. supra, II, a, n.8 27). 2008 3. Causalidad, riesgo e imputación, Sancinetti et all., “Presentación” de pp. 15 a 37, de la obra que compila diversos trabajos de unos quince juristas alemanes con otras tres contribuciones del compilador y traductor (v. supra, I, a, n.8 21), Hammurabi, Buenos Aires, 2009 (23 páginas). 4. Medidas de seguridad – Pronósticos de peligrosidad en derecho penal, de la Prof. Dra. Patricia S. Ziffer, Hammurabi, Buenos Aires, 2008. Prólogo de 17/3/2008, “Día de San Patricio” (19.8 Aniversario matrimonial con la autora de la obra), pp. 7/11 (5 páginas). 2012/13 5. La omisión por comisión (tesis doctoral, recomendada el “Premio Facultad”; director de tesis: M. Sancinetti), del Dr. Marcelo D. Lerman, Abeledo Perrot (Colección “Derecho Penal y Procesal Penal”, dirig. por Trovato / DQAlbora), Buenos Aires, 2013. Prólogo de 27/2/2012, pp. XIX/XXVII (9 páginas).
Autorenverzeichnis Ambos, Kai, Prof. Dr. Dr. h.c., Professur für Straf- und Strafprozessrecht, Rechtsvergleichung, internationales Strafrecht und Völkerrecht an der Georg-August-Universität Göttingen, Richter am Kosovo Sondertribunal Den Haag, Berater kolumbianische Sondergerichtsbarkeit für den Frieden. Arnold, Jörg, Prof. Dr. jur. habil., Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht, Freiburg im Breisgau. Honorarprofessor der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Bacigalupo, Enrique, Prof. Dr. Dr. h.c. mult., Instituto Universitario de Investigación Ortega y Gasset (Spanien). Béguelin, José R., Prof., Stellvertretender Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). Cancio Meliá, Manuel, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht, Universidad Autónoma de Madrid (Spanien). Caro John, José Antonio, Prof. Dr., Professor für Strafrecht an der Pontificia Universidad Católica del Perú und Universidad del Pacífico (Peru). Chehtman, Alejandro, Prof. Dr., Professor an der Universidad Torcuato Di Tella (Argentinien). Coca Vila, Ivó, Dr., LL.M., Prof. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht (Abteilung Strafrecht), Freiburg. Córdoba, Fernando, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). Dias, Leandro A., LL. M., Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtstheorie, Informationsrecht und Rechtsinformatik (Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf) an der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Domínguez Henaín, Daniel Horacio, Prof., Professor für Strafrecht an der Universidad Nacional del Nordeste (Argentinien). Donna, Edgardo Alberto, Prof. Dr., Honorarprofessor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). Dropulich, Paola, Prof. LL. M., Stellvertretende Professorin für Strafrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). Engländer, Armin, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie an der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Fernández, Gonzalo, Prof. em. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht an der Universidad de la República, Montevideo (Uruguay).
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Ferrante, Marcelo, Prof. Dr., Professor an der Universidad Torcuato Di Tella (Argentinien). Frisch, Wolfgang, Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult., Ehem. Direktor des Instituts für Strafrecht und Rechtstheorie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, auswärtiges wissenschaftliches Mitglied des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht, Freiburg. Frister, Helmut, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Direktor des Instituts für Rechtsfragen der Medizin. Fuente, Javier Esteban de la, Prof. Dr., Professor für Strafrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). Galli, María de las Mercedes, Wissenschaftliche Assistentin an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). García Palominos, Gonzalo, Prof. Dr., Direktor der Abteilung für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad de los Andes (Chile). Garibaldi, Gustavo E. L., Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). Gelli, María Angélica, Prof., Professorin für Verfassungsrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). Gimbernat Ordeig, Enrique, Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult., Em. o. Professor an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universidad Complutense de Madrid (Spanien). Greco, Luís, Prof. Dr., LL.M., Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, ausländisches Strafrecht und Strafrechtstheorie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Grünewald, Anette, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Medizinstrafrecht und Rechtsphilosophie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Haas, Volker, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg. Hernández Basualto, Héctor, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht an der Juristischen Fakultät der Universidad Diego Portales (Chile). Hilgendorf, Eric, Prof. Dr. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtstheorie, Informationsrecht und Rechtsinformatik an der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Hoyer, Andreas, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Jakobs, Günther, Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult., Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Rechtsphilosophisches Seminar. Kindhäuser, Urs, Prof. Dr. Dr. h.c. mult., Ehem. Direktor des Instituts für Strafrecht an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Kiss, Alejandro, Dr., Sonderermittler, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte. Kliegel, Thomas, Dr., Richter am Landgericht, Oberlandesgericht Hamm.
Autorenverzeichnis
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Kubiciel, Michael, Prof. Dr. Dr. h.c., Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Strafrecht, Strafprozessrecht, Medizin- und Wirtschaftsstrafrecht an der Universität Augsburg. Kudlich, Hans, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie am Fachbereich Rechtswissenschaft der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Kusche, Carsten, Dr., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtstheorie, Informationsrecht und Rechtsinformatik (Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf) an der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Lascano, Carlos Julio, Prof. Dr. Dr. h.c., Lehrstuhl für Strafrecht an der Universidad Nacional de Córdoba (Argentinien). Lerman, Marcelo D., Prof. Dr., Stellvertretender Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad Buenos Aires (Argentinien), Professor für Strafrecht an der Universidad de San Andres (Argentinien). Lösing, Norbert, Dr., Fachanwalt für Strafrecht in Lüneburg, Präsident der Argentinisch-Deutschen Juristenvereinigung e.V. Mañalich, Juan Pablo, Prof. Dr., Direktor des Instituts für Strafrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universidad de Chile (Chile). Manso Porto, Teresa, Prof., Professorin an der Universitat Oberta de Catalunya. Rechtsanwältin in der Kanzlei González Franco (Spanien). Mitsch, Wolfgang, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht mit Jugendstrafrecht und Kriminologie an der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam. Molina, Gonzalo, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht an der Universidad Nacional del Nordeste (Argentinien). Neumann, Ulfrid, Prof. em. Dr. Dres. h.c., Em. Ordinarius für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Orce, Guillermo, Prof., Stellvertretender Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). Palermo, Omar, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht an der Universidad Nacional de Cuyo (Argentinien). Pawlik, Michael, Prof. Dr. Dr. h.c. mult., LL.M. (Cambridge), Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht (Abteilung 1) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Peralta, José Milton, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht an der Universidad Nacional de Córdoba (Argentinien). Peretti, Diego A., Prof. Dr., Professor für Strafrecht an der Universidad Nacional de Córdoba (Argentinien). Perron, Walter, Prof. Dr. Dr. h.c., Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Strafrechtsvergleichung an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; auswärtiges wissenschaftliches Mitglied des Max Planck-Instituts zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht. Pessoa, Nelson Prof., Professor für Strafrecht an der Universidad Nacional del Nordeste (Argentinien).
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Pincione, Guido, Prof. Dr., Professor für Philosophie an der Arizona Universität (USA). Mitglied des Instituts für Freiheitsphilosophie an der Universität Arizona. Poquet, Alejandro, Prof. Dr., Professor für Strafrecht und Menschenrechte an der Universidad de Congreso (Argentinien). Puppe, Ingeborg, Prof. Dr., Em. Professorin für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtstheorie am Fachbereich Rechtswissenschaft der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Rackow, Peter, Apl. Prof. Dr., Institut für Kriminalwissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen. Reyes Alvarado, Yesid, Prof. Dr., Professor für Strafrecht an der Universidad de Los Andes (Kolumbien). Rivera López, Eduardo, Prof. Dr., Professor an der Universidad Torcuato Di Tella, Buenos Aires (Argentinien). Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Consejo Nacional de Investigaciones Científicas y Tecnológicas (CONICET). Robles Planas, Ricardo, Prof. Dr. Dr. h. c. mult., Lehrstuhl für Strafrecht an der Juristischen Fakultät der Universidad Pompeu Fabra (Spanien). Rojas, Luis E., Prof. Dr., Direktor der Abteilung für Strafrecht an der Juristischen Fakulkät der Universidad Alberto Hurtado (Chile). Rostalski, Frauke, Prof. Dr. Dr., Inhaberin des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung an der Universität zu Köln. Roxin, Claus, Prof. Dr. Dr. h.c.mult., Em. o. Prof. für Strafrecht, Strafprozessrecht und allgemeine Rechtstheorie an der LMU München. Rusconi, Maximiliano, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). Sacher, Mariana, Dr. LL.M., Ludwig-Maximilians-Universität München. Sarrabayrouse, Eugenio C., Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Juristischen Fakultät der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). Schroeder, Friedrich-Christian, Professor Dr. Dr. h.c. mult., Em. Ordinarius für Strafrecht, Strafprozessrecht und Ostrecht an der Universität Regensburg. Schünemann, Bernd, Professor Dr. Dr. h.c. mult., Em. Ordinarius für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Direktor des Instituts für Anwaltsrecht an der LMU München. Seminara, Letizia, Dr. Dr., Doktor der Universität Rom La Sapienza und Doktor der Universität Straßburg. Silva Sánchez, Jesús-María, Prof. Dr. Dr. h.c. mult., Lehrstuhl für Strafrecht an der Universidad Pompeu Fabra, Barcelona (Spanien). Spector, Horacio, Prof. Dr., Professor an der Universidad Torcuato Di Tella (Argentinien) und an der University of San Diego School of Law (Vereinigte Staaten). Summerer, Kolis, Prof. Dr., Professorin für Strafrecht an der Freien Universität Bozen (Italien). Trovato, Gustavo, Prof., Stellvertretender Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien).
Autorenverzeichnis
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Urquizo Olaechea, José, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht an der Universidad Nacional Mayor de San Marcos (Peru). Valerius, Brian, Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Medizinstrafrecht an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth. Velten, Petra, Prof. Dr., Lehrstuhl für Grundlagen der Strafrechtswissenschaften und Wirtschaftsstrafrecht an der Johannes Kepler Universität Linz. Villar, Mario A., Prof. Dr., Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien). Wostry, Thomas, Dr., Akademischer Rat a.Z. und Habilitand an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Ziffer, Patricia, Prof. Dr., Professorin für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad de Buenos Aires (Argentinien).