211 69 28MB
German Pages 585 [608] Year 1967
VERÖFFENTLICHUNGEN
DES
VEREINS FÜR GESCHICHTE DER MARK BRANDENBURG gegr. 1837
vormals G. J. Göschen'sehe Verlagshandlung ]. Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp. Berlin
1967
HUGO
RACHEL
/ PAUL
WALL
ICH
BERLINER GROSSKAUFLEUTE UND KAPITALISTEN
ZWEITER BAND
Die Zeit des Merkantilismus 1648—1806 Neu ergänzt
herausgegeben, und
bibliographisch
erweitert
von
Johannes Schultze / H e n r y C . Wallich / Gerd Heinrich
Walter de Gruyter
& Co.
vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung ]. Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl ]. Trübner • Veit & Comp. Berlin
1967
D i e erste A u f l a g e erschien „als Handschrift gedruckt" Berlin 1938
Vereinsveröffentlichungen Band 33, Neudrucke Band 2
©
A r c h i v - N r . 47 79 67/2 C o p y r i g h t 1967 b v W a l t e r d e G r u y t c r Sc C o . • v o r m a l s G . J . Göschen'sche V e r l a g s h a n d l u n g J. G u t t e n t a g , Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • K a r l J . Trübner • Veit & C o m p . • P r i n t e d in G e r m a n y • Alle Rechte des N a c h d r u c k s , d e r p h o t o m e c h a n i s c h e n W i e d e r g a b e u n d d e r ' A n f e r t i g u n g v o n M i k r o f i l m e n — auch a u s z u g s w e i s e — v o r b e h a l t e n . Satz u n d D r u c k : R o t a p r i n t A G . , B e r l i n ; W e r n e r H i l d e b r a n d , B e r l i n ; T h o r m a n n Sc Goetsch, Berlin
INHALTSVERZEICHNIS V O R W O R T v o n Hugo Rachel und Paul Wallich 1 Z U R E I N F Ü H R U N G v o n Johannes Schultze 2 BERLINER K A U F L E U T E N A C H 1 6 4 8 Ideler 11 • Tonnenbinder 12 • Inckefort 13 • Neuhaus und Westorff 16 Die Beyer und Gregori 18 • Die Gildenkaufleute 21 DIE J U D E N U M 1 7 0 0 Israel Aron 27 • Jost Liebmann 30 • Esther Schulhoff 36 • Die Gompertz 42 RÉFUGIÉS Kleinkapitalistische Depositäre 66 • Bachellé und Maillette 68 • Le Jeune 69 • Cor visier 76 • Das Adreß-Haus 79 • Die Jordan 81 • Girard & Michelet 84 • Gebr. Baudouin 87 • Die Vernezobre 89 GELDGEBER D E R L A N D E S H E R R E N 1 0 2 ERSTE U N T E R N E H M U N G E N U N D I H R E T R Ä G E R Wollmanufaktur, Zuckersiederei, Tabakspinnerei 109 • Bergwerksunternehmen 113 • Raule und die Afrikanische Companie 114 • Kornmesser 128 • Orelly 130 JOHANN ANDREAS KRAUT I. Aufstieg bis 1697 134 • II. Beamtenlaufbahn bis 1712 147 • III. Kraut als Geschäftsmann 155 • IV. Persönliche und dienstliche Verhältnisse 162 • V. Kraut und das Lagerhaus 166 • VI. Tod und Nachkommen 171 • VII. Nachfolger im Lagerhaus Schmits und v. Wolfi 180 S E V E R I N S C H I N D L E R U N D D I E G O L D - U N D SILBERMANUFAKTUR
185
DIE ERSTEN EINHEIMISCHEN W E C H S E L H Ä N D L E R Wechselhandlungen 191 • Scheidt und Engel 194 • Neubauer 200 • C. Salomon 202 • S. Nethe 206
VI
Inhaltsverzeichnis
GROSSHÄNDLER UND BANKIERS IM 18. JAHRHUNDERT Das Haus Splitgerber & Daum, später Gebr. Schickler 209 • Die Russische Handels-Compagnie 225 • Buder; von der Lahr; Ficker 230 • Negelein; Seegebarth u. Werstler 233 • Schweigger 238 • Merck u. Neubrunner; Scheel & Fronmüller; Fetschow 239 • F. W. Schütze 241 • Weitere Bankiers 247 • Anwachsen des Bankgeschäftes 248
VERLEGER UND FABRIKANTEN In der Zeit Friedrich Wilhelms I. 251 • Seit 1740 254 • J. G. Wegely & Söhne 257 • Jacob Lange und P. & C. Hesse 270 • Sieburg 276 • Is. Benj. Wulff; Gebr. Bernhard 279 • Hotho; Bühring; Treskow; Eckardstein 281
JÜDISCHE HANDLUNGEN UNTER FRIEDRICH II. UND SEINEN NACHFOLGERN Allgemeine Stellung jüdischer Kaufleute 284 DIE EPHRAIM Anfänge Veitel Ephraims 288 • Münzpacht in Konkurrenz mit anderen Pächtern 1755—1757 291 • Die Münzoperationen unter Ephraims Führung 1758—1761 299 • Konsolidierung seiner Stellung und Abschluß der Kriegsgeschäfte 311 • Nachkriegsgeschäfte (Gold- und Silber-Manufaktur) 320 • Die Hinterlassenschaft 332 • Die drei ältesten Söhne und ihre Stämme 334 • Benjamin Veitel Ephraim 342 • Die Töchter und deren Familien 352 DIE I T Z I G Daniel Itzigs Anfänge bis zum Zusammenschluß mit Ephraim 354 • Grundstückserwerb und Nachkriegsgeschäfte 356 • Die Hinterlassenschaft 367 • Die Söhne 370 • Die Töchter und deren Familien 378 MOSES ISAAC U N D SEINE N A C H K O M M E N (FLIES) 381 ÜBERBLICK ÜBER D I E „ M Ü N Z J U D E N " 390 L I E P M A N N MEYER WULFF Getreidelieferungen 393 • Post- und Leihhaus-Entreprisen 397 • Lotterie 399 • Bemühung um Staatsanleihen 404 • Münzgeschäfte 411 • Wulff in der Franzosenzeit 419 • Rückzug von den Geschäften, Tod und Nachlaß 425
KRIEGSLIEFERANTEN UND SPEKULANTEN Damm 431 • Schimmelmann und Brenckenhoff 432 • J. G. Stein 437 • J. G. Gotzkowski: Seine Unternehmungen bis zum Kriege 441 • Spekulative Geschäfte 446 • Der Krach von 1763 und die Stützungsaktionen 448 • Gotzkowskis Zusammenbruch 463 J. G. Eimbke 467 • Leveaux 470 • Die Saltzmann; v. Wylich 472 • Martin Sdiultze 475
Inhaltsverzeichnis
VII
AUSLÄNDISCHE FINANZIERS DER NACHKRIEGSZEIT Calzabigi: Seine Vergangenheit 479 • Die Lotterie in Preußen 484 • Der große Bankplan 487 • Die Tabakspacht 492 • Philipp Clement und die Levante-Companie 497
ALLGEMEINE ERGÄNZUNGEN 1. Darlehnsverkehr, Zinsnahme und Wechsel 505 • 2. Die Berliner Kaufleute im 18. Jahrhundert 515 • 3. Die Berliner Kaufleute und der erste Bankplan 520 • 4. Großkaufleute und Detailhändler 526 • 5. Tabellarische Übersicht über Berliner Fabriken 531 • 6. Börse und Makler 534 • 7. Die Gilden als Unternehmer (Die Berlinische Zuckersiederei-Compagnie) 545 • 8. Diskont-Erschwerungen vor der Staatskatastrophe 549
REGISTER 555 STAMMTAFELN I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII.
Die Gompertz Die dem Kaufmannstande angehörenden Mitglieder der Familie Jordan Die Vernezobre Splitgerber-Schickler Sdieel-Fetschow Die Wegely Die Ephraim Die Itzig
BERICHTIGUNGEN S. 152, S. 157, S. 441, S. 502, Z.
Z. 32: Z. 8: Z. 23: 26/27:
Fürsten statt Herzog Kurs- statt Kurssicherung Gläubiger statt Gälubiger zahlte so, wie statt zahlte, so wie
VORWORT Dem gegen Ende des Jahres 1934 erschienenen ersten Bande dieses Werkes können wir nunmehr den zweiten, in den damals angezeigten zeitlichen Grenzen, folgen lassen. Er ist aus gemeinsamer Arbeit der beiden Verfasser erwachsen. Dr. Wallich hat im besonderen die umfangreichen Abschnitte über die Juden im 17. wie im 18. Jahrhundert und über Kraut und das Lagerhaus hergestellt sowie diejenigen über mehrere Refugies-Familien, Schimmelmann-Brenckenhoff, Calzabigi und Clement. Das Übrige stammt von Dr. Rachel; doch sind die Grenzen infolge ständiger gegenseitiger Einflußnahme nicht ganz scharf zu ziehen. Dem Umfang nach werden die Anteile der beiden Mitarbeiter sich ungefähr die Waage halten. Es liegt uns auch jetzt die angenehme Pflicht ob, für die gewährte Benutzung des Geheimen Staatsarchivs, des Ständearchivs und des Stadtarchivs zu Berlin unseren Dank auszusprechen. Wie im ersten Bande sind die dem Geheimen Staatsarchiv entnommenen Angaben nur mit der Aktensignatur bezeichnet. Berlin, im Januar 1938 Dr. Hugo Rachel Dr. Paul Wallich
JOHANNES SCHULTZE
Zur Einführung Das Jahr 1648, mit dem dieser Band beginnt, bezeichnet eine Epoche in der allgemeinen deutschen Geschichte, weil der in diesem Jahr zu Münster und Osnabrück geschlossene Friede nicht nur die lange und erbitterte gewaltsame Auseinandersetzung um den religiösen Zwiespalt beendete, sondern er auch mit der Anerkennung des selbständigen Bündnisrechtes der Landesfürsten deren Landeshoheit vollendete und damit einen weiteren entscheidenden Schritt in der Auflösung des Reiches vollzog. Dieser Zeitpunkt war aber auch im besonderen für die Mark Brandenburg von entscheidender Bedeutung, indem sich jetzt die Eingliederung des bis dahin selbständigen Reichsterritoriums der Mark in ein größeres Staatswesen anbahnte, womit eigentlich die politische Geschichte der Mark endet und die des brandenburg-preußischen Staates beginnt. Es war eine fast kaum zu bewältigende Aufgabe, an die der junge Landesherr in dem zuversichtlichen Glauben, das Werkzeug einer höheren Mission zu sein, herantrat, aus seinem zerstreuten verschiedenartigen Territorialbesitz, der z. T. Lehen einer auswärtigen Macht war und dem Reichsverband nicht angehörte, Glieder eines einheitlichen Staatskörpers mit einem Haupt zu machen. Unbedingte Voraussetzung dafür war die unbeschränkte Verfügungsgewalt über alle Teile sowohl gegenüber äußeren Bindungen wie gegenüber inneren Machtfaktoren. Noch mehr als wie in der Mark Brandenburg waren in den 1609 und 1618 den Brandenburgern als Erbe angefallenen clevisch-märkischen und preußischen Landen der politisch entscheidende Faktor die Landstände, deren Willen der Landesherr zu respektieren hatte. Der Ständekörper eines jeden Territoriums pochte eifersüchtig auf die hergebrachten Rechte, und es waren von dieser Seite keinerlei Zugeständnisse zu erwarten, die den Einfluß des Landesherren verstärkten oder sich den Interessen eines anderen Territoriums anglichen. Nur die Geltendmachung eines eisernen Willens konnte unter diesen Umständen diesen Territorialbesitz,
Zur Einführung
3
zu dem noch der durch die Friedenstraktate erworbene oder zugesprochene Länderzugang kam, zu einer staatlichen Einheit gestalten. Friedrich Wilhelm hat diese Aufgabe gelöst und ist damit Schöpfer des brandenburg-preußischen Staates geworden, dessen Ausbau unter monarchischer Führung die Nachfolger in einzigartiger Weise vollendeten. Es war die seit 1644 nicht mehr verabschiedete Kriegstruppe, das nunmehr „stehende Heer", das dem Kurfürsten nicht nur nach außen Ansehen und Erfolge, sondern auch im Innern der Lande Rückhalt gegenüber jedem Widerstand gab. 1652/53 hatte in Berlin ein Landtag der gesamten Stände der Mark stattgefunden, dessen Abschied mit seinen 72 Artikeln die landständische Verfassung für die Dauer zu garantieren schien, da der Kurfürst in seinem Reverse gelobte, sie „jederzeit steif, vest und unverbrüchlich zu halten". Es Wiar jedoch der letzte brandenburgische Landtag und nur noch ein letztes Aufleuchten ständischer Macht und Herrlichkeit. Der Kurfürst benötigte die Stände nicht mehr für Steuerbewilligungen, da er die erforderliche Steuer als Kriegsherr auch ohne ihre Genehmigung erhob, und damit hatte der Landtag seine Bedeutung verloren. Für das Berlin-Cöllner Herbergsgewerbe war dies zwar ein Ausfall, der sich jedoch anderweitig, insbesondere durch die Garnison ausglich. Während sich die Ausschaltung der politischen Bedeutung der Stände in der Mark ohne besondere Widerstände vollzog, war die Opposition in den Rheinlanden und in Preußen nicht ohne Anwendung von Gewalt zu überwinden. Mit diesen Erfolgen war die erste Voraussetzung für die Bildung des Einheitsstaates geschaffen. Hatte vordem jedes Territorium gemäß seinem geschichtlichen Werdegang seine eigene Verwaltung gehabt, war der brandenburgische Geheime Rat im Cöllner Schloß nur für die märkischen Angelegenheiten zuständig gewesen, so sah eine neue Geheime Ratsordnung vom Jahre 1651 die Zuständigkeit des Kollegiums für alle Territorien des Kurfürsten vor, deren Angelegenheiten hier beraten und zur Entscheidung gebracht wurden. Damit wurde der politische Mittelpunkt für alle Länder nach Berlin-Cölln verlegt und der brandenburgische Geheime Rat die Zentralbehörde des bereits ideellen konstituierten Einheitsstaates. Damit stieg auch die Bedeutung Berlins, das nunmehr nicht nur Hauptort der Mark Brandenburg, sondern zugleich Sitz der Zentralregierung eines räumlich weit ausgedehnten Staates wurde. Die Stadt rückte dadurch mehr in den unmittelbaren Blickpunkt der Preußen, wie der
Johannes Schultze
4
Rheinländer, Pommern usw., was sich im Laufe der Zeit auch auf die Bevölkerung, Handel und Wirtschaft auswirken mußte. Die Städte Berlin und Cölln hatten schwer in dem langen Krieg gelitten, wenn sie auch als Residenz erheblich glimpflicher als die anderen märkischen Städte davongekommen waren. Die unmittelbaren Kriegseinwirkungen waren gering, das übereilte Niederbrennen der Vorstädte 1640/41 konnte vermieden werden, aber die Seuchen hatten auch hier ihre Opfer gefunden. Daß gute Kriegsgeschäfte mit guten Gewinnen hier getätigt wurden, war im ersten Bande zu lesen, demgegenüber stand jedoch der Verfall zahlreicher Häuser, die Verarmung und Verelendung der breiteren Volksschicht. Als Gegenstand für Handelsgeschäfte kamen nur noch Heereslieferungen in Frage, zumal Kurfürst Georg Wilhelm sich vorwiegend nicht in Berlin aufhielt und sich damit auch die Versorgung der Hofhaltung verringerte. Leider fehlen zuverlässige Angaben über die Einwohnerzahlen und Häusergrundstücke vor Beginn und während des Krieges. Die in der Literatur sich findenden Angaben beruhen vielfach nur auf Schätzung, wobei sich große Differenzen ergaben. Ernst Kaeber gibt im Deutschen Städtebuch 1939 als Zahl der Vorkriegsbewohnerschaft beider Städte 8000—9000 an, dagegen in der Heimatchronik (1962), offenbar nach Fidicin und Faden, 12000. Ersteres dürfte jedoch eher zutreffen, da die früheren Seuchen (1576: 4000, 1598: 3000, 1611: 1085 Opfer) ihre Auswirkungen gehabt haben müssen. Die Zahl 8000 für die Zeit um etwa 1600—1620 stimmt auch eher zu der der Feuerstellen, die sich für beide Städte auf 1236 belief (Berlin: 835, Cölln: 401)1. Für 1631 nennt Fidicin 8000 Köpfe, eine zweifellos auch zu hohe Zahl, während Kaeber im Städtebuch erst eine Angabe für 1648 mit 6000 bringt. Fadens Schätzung für 1643 mit 7500, die Kaeber in die Heimatchronik übernommen hat, dürfte ebenfalls unmöglich sein, zumal 300 Hausgrundstücke als wüst angegeben werden und man bei jeder Feuerstelle eine erheblich verminderte Benutzerzahl anzunehmen hat. Auf besseren Unter1
Siehe E. F i d i c i n , Hist.-diplom. Beiträge V, S. 516; O. M e i n a r d u s , Protokolle u. Relationen des Geh. Rats, Bd. 2 (Publ. aus d. Preuß. Staatsarchiven, Bd. 54), Beilage. Zu gleichem Ergebnis kommt auch eine demnächst im Böhlau-Verlag/Köln erscheinende ältere Berliner Dissertation v o n Fritz S c h r o e r : Das Havelland im Dreißigjährigen Kriege. W e n n darin Gerd H e i n r i c h , der diese Teile ergänzte, die Bevölkerung v o n Berlin-Cölln für 1625 auf höchstens 7000 K ö p f e schätzt, so entspricht dies meinen obigen Erwägungen.
Zur Einführung
5
lagen beruht offenbar die Angabe für 1643 mit 3612—4128 für Berlin, bei Fehlangabe für Cölln 2 . Die Zahl dürfte für beide Städte zusammen zutreffen, nachdem die Pest 1638 rund 3000 Opfer gefordert hatte. D a in den anderen märkischen Städten für das Jahr 1640, in welchem allgemein der Tiefstand erreicht war, der Schwund der Bevölkerung bei stärkster Verödung der Grenzlande durchschnittlich etwa 60—80 % betrug, dürfte man bei Berlin-Cölln für 1640 mit der Schätzung von 40 % nicht zu tief greifen. Nach den Angaben Fidicins über die Feuerstellen (1631: 1240, 1645: 1197) müßte man schließen, daß überhaupt nennenswerte Verluste nicht eingetreten wären. Offenbar handelt es sich dabei um Angaben für ein Steuersoll, aus denen über den wirklichen Zustand nichts zu entnehmen ist. Nachdem bereits seit 1643 eine allgemeine Besserung eingetreten war, hat man dann seit 1648, nicht zuletzt unter dem Eindruck des Friedensschlusses, weiteren Zuzug anzunehmen, wenn solches auch in dem Bürgerbuche nicht in Erscheinung tritt (1648 in Berlin 18 Neubürger mit 6 Bürgersöhnen, 1649 24 Neubürger mit 1 Bürgersohn). 1680 war mit rund 10 000 Köpfen der Vorkriegsstand bereits überschritten und um 1709 das Fünffache dieser Zahl (56600 mit Garnison) erreicht, 1740 wurden bei 5400 Feuerstellen 81100 und im Jahre 1800 mehr als doppelt soviel, 172 132 Köpfe, gezählt. Dem Anwachsen der Bevölkerung entsprach die Zunahme der Bebauung. 1658 bis 1683 ließ der Kurfürst die Städte nach niederländischem Vorbild mit starkem Befestigungsgürtel (13 Bastionen) versehen, der jedoch 1734 der Bebauung wieder weichen mußte. Neben dem Wiederaufbau der zerstörten Vorstädte entstanden im Bereich der alten Cöllner Feldmark als selbständige Stadtanlagen: seit 1662 der Friedrichswerder, ab 1674 die „Vorstadt am Tiergarten", dann Dorotheenstadt genannt, und seit 1681 die Friedrichstadt, auch Cölln fand eine Erweiterung (Neu-Cölln). 1709 wurden dann diese drei neuen Städte mit Berlin und Cölln und den Vorstädten zu einer Stadtgemeinde vereinigt. Das schnelle Anwachsen der Residenz war z. T. bedingt durch die politischen Erfolge der Landesherren, wurde jedoch vornehmlich durch die besonderen Maßnahmen zur allgemeinen Hebung von Handel und Verkehr bewirkt. Wesentlichen Einfluß übte auch die Einführung der Akzise, wodurch die den Aufbau hemmende Be2
M e i n a r d u s , a. a. O.
6
Johannes Sdiultze
Steuerung der Hausgrundstücke in Fortfall kam. Friedrich Wilhelm hatte sich in den Niederlanden mit den Prinzipien des merkantilistischen Wirtschaftssystems vertraut gemacht. In einem späteren Edikt von 1686 heißt es: „Handlung und Seefahrt sind die fürnehmsten Säulen eines Staates, wodurch die Untertanen beides, zu Wasser als auch durch die Manufakturen zu Lande, ihre Nahrung und Unterhalt erlangen." Mit dem besonderen persönlichen Interesse für Handel, Gewerbe und Industrie, im besonderen für die Schaffung eines neuen Wasserweges, trat der Kurfürst in die Fußstapfen seines Urgroßvaters Joachim Friedrich. Dieser hatte das von ihm mit Eifer vorangetriebene großzügige Werk des OderHavel-Kanals über Niederfinow nicht zur Vollendung bringen können, der Krieg machte dann die Anfänge zunichte. Erst Friedrich II. brachte dies Projekt zur Ausführung. Friedrich Wilhelm hatte mehr Glück mit dem von ihm in den Jahren 1662 bis 1669 durchgeführten Oder-Spree-Kanal über Müllrose, dessen Planung schon einmal im 16. Jh. aufgetaucht war. Als „Friedrich-WilhelmKanal" wurde er jetzt in kurzer Zeit Wirklichkeit und von größter Bedeutung für Berlin, wo die Umladung der Waren auf andere Schiffe erfolgen mußte, zu welchem Zweck eine Niederlage und ein Packhaus auf dem Friedrichswerder entstanden (1669/71). Der schlesische Handel lief jetzt zum Schaden Frankfurts über Berlin, dessen Fernhandel dadurch die Oderstadt überflügelte. Sein sehnlichster Wunsch, den Ostseehafen Stettin zur Hebung des Handels in der Mark zu erhalten, war dem Kurfürsten in dem Friedensschluß nicht erfüllt worden. Es hätte sich vermutlich nicht günstig für Berlin ausgewirkt und wohl auch das Kanalprojekt in den Hintergrund gedrängt. In dem Wirtschaftsprogramm waren auch die Gewerbe nicht vergessen. Die 1678 in Berlin begründete kurfürstliche Wollmanufaktur war die erste Textilfabrik im Räume des späteren brandenburg-preußischen Staates, das sie ablösende Berliner Lagerhaus wurde die größte Tuchmanufaktur in Deutschland. Die großzügigen Pläne des Kurfürsten, die sich auf einen Handel nach Ubersee und die Schaffung einer Marine richteten, sind an die Verbindung mit dem Holländer Raule („Raules H o f " auf dem Friedrichswerder) geknüpft. Im Zusammenhang damit standen die Afrikanische Compagnie, die Anlage einer Schiffswerft in der Dorotheenstadt, der Bau des Forts Groß-Friedrichsburg an der afrikanischen Küste.
Zur Einführung
7
Von größter Bedeutung für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung Berlins war die Aufnahme der französischen Refugies, die sich bis 1700 auf 5000 Köpfe beliefen. Schon vorher, 1671, war den aus Wien vertriebenen Juden die Aufnahme bewilligt worden, wodurdi das seit dem 16. Jahrhundert in der Mark bestehende allgemeine Judenverbot endgültig die Bedeutung verlor. Wie sehr sich die allgemeinen Verhältnisse in Berlin auch unter dem ersten Preußenkönig hoben, woran auch dessen luxuriöse Hofhaltung beteiligt war, zeigen deutlich die Einnahmen aus der städtischen Akzise, die in den Jahren 1690 bis 1712 von 60000 auf 190000 Taler stiegen. Auch in der Zeit danach hat die Staatspolitik der absoluten Monarchen die wirtschaftliche Entwicklung Berlins maßgebend bestimmt. „Berlin fiel die Aufgabe zu, aus einer glänzenden Residenz die führende Industriestadt Preußens zu werden. Eine die Tiefen des bürgerlichen Lebens aufrührende Wandlung der Bevölkerung war dazu notwendig" (Ernst Kaeber). Manufakturen aller Art entstanden im Laufe des Jahrhunderts, deren Erzeugnisse auch in das Ausland gingen. Maßgebender Faktor in der Wirtschaft wurde die Versorgung des anwachsenden Heeres, dazu kam unter Friedrich II. der umfangreiche Kriegsbedarf, aus dem einzelne Berliner Unternehmer große Gewinne zogen. Von den staatlichen Unternehmungen des Königs nach dem Siebenjährigen Kriege seien erwähnt: die Gründung einer Staatsbank und der Seehandlungsgesellschaft, die Porzellanmanufaktur, die Tabaksregie und das Kaffeemonopol. Uber die Persönlichkeiten, die an dem wirtschaftlichen Aufschwung Berlins in dieser Periode beteiligt waren, berichten hier aus bester Kenntnis Hugo Radiel und Paul Wallich. Letzterer, der eigentliche Initiator und die Seele des ganzen dreibändigen Werkes, versah das mir 1938 übereignete frisch gedruckte Exemplar dieses Bandes in seiner Widmung nach dem Vorbilde des beim Malen von der Gicht geplagten und behinderten Königs Friedrich Wilhelm I. mit den Worten: „pinxit in tormentis". Unter seelischen Folterqualen mußte Wallich dies Werk vollenden, das ihm einen ehrenvollen Platz in der Berliner Geschichtsschreibung sichert, wie dies schon das Verlangen nach einem Neudruck, das sich auf den inneren bleibenden Wert gründet, besagt. Der Band schließt mit dem Jahr 1806, das wieder eine entscheidende Epoche in der brandenburgisch-preußischen Geschichte bildet, indem mit ihm das alte Preußen endete.
D
ie furchtbaren Heimsuchungen des großen Krieges hatten vieles Kapital in Stadt und Land vernichtet und die bescheidenen Ansätze von Wohlstand und Bedeutung geknickt. Die Bevölkerung war entsetzlich zurückgegangen und verarmt, Berlin zu einer halbverfallenen Kleinstadt mit etwa 7000 Einwohnern herabgesunken. A m Ende des ^ . J a h r hunderts aber war die Bewohnerzahl auf über 20 000, ein Jahrhundert später gar auf 150 000 gestiegen; Berlin ist in dieser Zeit aus einem verwahrlosten, halbländlichen Ort zu einer der größten und ansehnlichsten Städte und einem der regsten und vielseitigsten Gewerbe- und Handelsplätze nicht nur Deutschlands, sondern Europas geworden. Das war eine außerordentliche, ja derzeit einzigartige Entwicklung. Sie war vornehmlich das Werk der Landesherrschaft, die seit der Mitte des 17. Jahrhunderts ihre Macht zu einer unumschränkten ausweitete und zugleich zu einer Politik tatkräftigster Wirtschaftsförderung überging. Diese auf Steigerung der Staatsmacht und der Finanzkräfte gerichtete Wirtschaftspolitik, wie sie in allen aufstrebenden Staaten jener Zeit mehr oder minder energisch und erfolgreich betrieben wurde, nennt man allgemein die m e r k a n t i l i s t i s c h e , weil sie sich das Merkantile, die Förderung von Handel und Gewerbe, besonders angelegen sein ließ. Sie wurde kräftig eingeleitet vom Großen Kurfürsten, ganz entschieden und planmäßig aber durch Friedrich Wilhelm I. weitergeführt und vollends unter dem aufgeklärten Absolutismus Friedrichs des Großen zu einem außerordentlich straffen System staatlicher Leitung und Bevormundung ausgebaut. Zu keiner Zeit war die private Wirkungssphäre von staatlicher Zielsetzung, Förderung und Leitung in solchem Maße abhängig wie unter der Regierung dieser beiden tatkräftigsten preußischen Könige 1 . Der Zusammenbruch des preußischen Staates infolge der Niederlage von 1806 brachte auch in dieser Hinsicht einen 1
Nähere 1
Ausführungen Großkaufleute 2
in H, Rachel,
Berliner
Wirtschaftsleben
(ir/3•/)
.S'.
3-14
9
jähen Umschwung; neue Ideen und liberalere Formen gewannen fortan die Herrschaft. Die wirtschaftlichen Antriebe, die von der absolutistischmerkantilistischen Staatsbildung ausgingen, haben sich am stärksten und sichtbarsten in der Landeshauptstadt ausgewirkt. Wie ihr Ausbau und ihr äußeres Bild damals die bestimmenden Züge von oben erhielt, so ist auch ihr Wirtschaftsleben wesentlich durch die landesherrliche Leitung und Förderung beeinflußt worden. Wir glauben daher mit gutem Recht, jenen Zeitabschnitt vom Ausgang des großen Krieges bis zur Franzosenzeit auch für unsere Betrachtung als einen in sich geschlossenen zusammenfassen zu dürfen.
10
Berliner Kaufleute nach 1648 Das Berliner Geschäftsleben blieb nach dem Zusammenbruch der großen Handelshäuser unter den Einwirkungen und Folgen des Krieges Jahrzehnte hindurch klein und dürftig. Als Kurfürst Friedrich Wilhelm 1667 die Breslauer Kaufleute ermuntern ließ, ihren Handel mit Hamburg mittels des geplanten Oder-Spree-Kanals über Berlin zu betreiben, ließen sie antworten, sie hätten dort niemanden, der für sie die Frachtund sonstige Unkosten vorschießen würde, auch keine Gelegenheit, Wechsel dahin zu bringen 1 . In den Residenzstädten hoben sich in den Jahrzehnten nach dem Ausgang der Weiler und Konsorten nur wenige Geschäftsleute über einen sehr mäßigen Durchschnitt hinaus, und auch das Spärliche, was man von ihnen erfährt, läßt das Kleine und Enge der damaligen Verhältnisse erkennen. Z u den wenigen Handelsleuten jener Zeit, die sich durch Unternehmungssinn und einigen Wohlstand hervortaten, gehörte der Schwiegersohn des alten Johann Fritze 2 , der aus Wusterhausen stammende Andreas I d e l e r , als Ratsverwandter in Cölln bis 1 6 7 5 lebend. E r trieb neben Wein- und anderem Einfuhrhandel namentlich Holzgeschäfte, pachtete 1642 die kurfürstliche Schneidemühle auf dem Werder und 1646 den Holzschlag in den großen Waldungen der Herren v. Schenk zu Landsberg undTeupitz und verband damit auch Geldgeschäfte 3 . So übermachte er J a n u a r 1650 dem kurfürstlichen R a t Johann Tornow 800 Rtl. durch Wechselbrief nach Paris und erhielt dafür 20 Tl. „ L a g i o " 4 . Die Angaben seines im Dezember 1670 gemachten Testamentes 5 lassen einen gewissen Wohlstand erkennen. Ideler besaß ein Wohnhaus an der Ecke der Brüderstraße, das 1
Acta Bor., Akzisepol. I. 233 Bd. I S. 366ff. 3 Idelers Bruder Nikolaus hatte hier eine Kramhandlung am Mühlendamm und war auch beim Holzhandel beteiligt 4 Rep. 97 I 133 6 Prov. Brand. 5 A Berl., Test. Cölln 4s b 3
1»
er auf 1500 Tl. bewertete, und ein Haus in der Roßstraße, das er schon 1667 zum Predigerwitwenhause vermacht hatte; ferner Äcker, einen See, das Dorf Gussow mit allen Gerechtigkeiten als Pfandbesitz, Lehngüter zu Buckow, Rudow und Teltow - anscheinend die früher Lindholzschen eine Mühle zu Teupitz und noch etliche Landpächte. Es wird auch von sonstigen Besitzungen Idelers im Teltow berichtet, die er offenbar von verschuldeten Adligen übernommen hatte und gelegentlich wieder losschlug; um bedeutende Werte handelt es sich nicht, bei dem Zustande, in dem die Güter nach dem großen Kriege sich allgemein befanden, und sie brachten auch nach seiner eigenen Angabe sehr wenig ein. Seine ausstehenden Forderungen schlug Ideler auf 16 000 Tl. an, wozu noch solche, auf die wenig Hoffnung war, in Höhe von 2000 Tl. kamen. Dazu kamen 900 Tl. bar Geld und das Ehegut einer zweiten Frau, der Schwester des Kammergerichts-Advokaten Hellwig; den gewiß nicht geringen Besitz der ersten Frau, Fritzes Tochter, hatte ein Schwiegersohn ganz durchgebracht. An Legaten konnte Ideler, außer dem Witwenhause, vermachen: 200 Tl. für die Tochter eines verstorbenen Freundes, des Rats Martin Friedr. Seidel, und jährlich 24 Tl. zur Kleidung armer Schulknaben. Als Geldverleiher ist in der Zeit nach 1640 nur noch ein Mann recht erkennbar. Es war - bezeichnend für jene Pestund Notjahre - der „ A p o t h e k e r und Handelsmann" Joachim T o n n e n b i n d e r , Sohn eines vornehmen Bürgers in Hamburg und Gatte der Tochter Ursula des Berliner Ratskämmerers Johann Krappe. Er war Inhaber der Apotheke am Ausgang der Poststraße nach dem Mühlendamm. Bei ihm konnte man noch gegen gute Sicherheiten Beträge entleihen, allerdings der Schwere der Zeit und den begrenzten Umständen dieses kleinen Kapitalisten gemäß fast nur in kleinen Summen von 100 bis 250 Tl. Doch war ihm auch Dietloff v. Döberitz mit 600 Tl. verhaftet, wegen deren Tonnenbinder 1647 etliche Kornpächte in Lietzow (später Charlottenburg) ,,in solutum" erhielt, und 1648 wurde er in das Gut Dannenberg eingewiesen wegen 471 Tl., die ihm auf das Ehegut der Gattin des Hans Christoph v. Sparr zediert waren. Um die12
selbe Zeit erhielt er wegen kleinerer Forderungen Exekution in das Gut Sommerfeld und Anweisung auf die Pachtländer von Rudow 1 . Im Januar 1660 brachte er einen Anteil an dem vorher Blankenfeldischen Weißensee an sich. Tonnenbinder nahm auch Depositen an und übernahm für einen Adligen Terminzahlungen, so daß man ihn wohl als kleinen Bankier im Nebenberuf ansehen kann. Seine einzige Tochter und Erbin heiratete 1652 den Kammergerichts-Advokaten Christian Lindholz. In Spandau war C h r i s t o p h F r i t z e , vermutlich ein Vetter des oben geschilderten Joh. Fritze, „gewesener Einnehmer des Havelländischen Kreises", Geldverleiher und hat damit mehrere adlige Güter an sich gebracht, so das ganze Dorf Falkenrehde. Die eigenartigste Erscheinung unter den Geschäftsleuten jener Zeit war jedoch Daniel I n c k e f o r t , „Bürger und Handelsmann in Berlin", offenbar niederländischer Herkunft 4 . Er hat, mittellos und verschuldet, 1642 hier eine günstige Heirat geschlossen und im folgenden Jahre ein Gewandschneider-Privileg erworben. Doch blieb er von Gläubigern bedrängt, und 1647 wurde ein ordentlicher Liquidationsprozeß über seinen Besitz, da „bei ihm ein ziemliches aes alienum vorhanden sein müsse", verfügt. Andererseits hatte er bei mehreren Adligen Forderungen ausstehen und wird Januar 1644 auch als Gläubiger des verstorbenen Markgrafen Ernst bezeichnet 3 ; 1650 schuldete der Kurfürst ihm 2698 Rtl. für Trauerlieberey, in Abschlag deren er mit 800 Tl. an die neumärkischen Legationsgelder verwiesen wurde 4 . Soweit wäre nichts Ungewöhnliches an diesem Manne, außer daß er auffallend viel auf dem Kammergericht in Streitsachen zu tun hatte und öfters in einer für ihn nicht erfreulichen Weise. Als aber der Kurfürst gegen Ende 1651 die Rep. g y I 126, 128, 132 Doch wird schon ¡623 ein Hans Inckefort und zwar als der Kipperei beschuldigt (Rep.4g einer erbitterten Volksmenge gestürmt und schichte der Stadt Brandenburg (IQ28) II, 3 Meinardus, Protokolle und Relationen des 4 Rep. 67. 31 b 1
2
in Neustadt-Brandenburg erwähnt, 0). Sein Haus wurde damals von geplündert (Vgl. 0. Tschirch, Ge35) Brandenb. Geheimen Rates II, s g y
1
3
Salzregie in der Mark durchführte, hat er dem gewandten Inckefort diese Aufgabe übertragen und ihn als Obersalzfaktor mit der Leitung des kurmärkischen Salzwesens betraut. Inckefort behielt sie auch bis 1666, obwohl er sich dabei durch Rücksichtslosigkeit sehr verhaßt machte und mit den kurfürstlichen Räten, besonders Tornow und Matthias, heftig aneinandergeriet; j a diese erklärten im Januar 1662, sie wollten mit Inckefort wegen des Salzhandels nichts zu tun haben und eher ihrer Dienste entlassen sein. Ihm wurde auch schuld gegeben, daß der Kurfürst am Salzwesen viel Schaden leide. Trotz alledem wurde Inckefort 1657 auch Oberkriegskommissar und machte sich als solcher gleichfalls nach allen Seiten mißliebig, auch bei den Generalen und den Kreiskommissaren 1 . Ihm wurde ferner am 2. Oktober 1658 das Direktorium über das Salpeter- und Pulverwesen in allen kurfürstlichen Landen übertragen; endlich wurde er 1660 General-Proviantmeister und stand somit an der Spitze der Heeres-Intendantur. Eine außerordentliche Laufbahn für einen kleinen Berliner Handelsmann. Zudem wurde er 1663 in den Adelstand unter dem Namen „von Enckevort", erhoben, da er angeblich von dieser alten, nachmals gräflichen Familie abstammte2. Er gab 1666 die Leitung des Salzwesens an Martin Christian Benecke (f 1698) ab und war damals in Holland tätig, um Manufakturiers zur Ansiedlung in der Mark zu gewinnen; als GeneralProviantmeister erscheint er noch 1675 in den Akten 3 . Der zweifellos geschickte und rührige Mann hat sich auch als Beamter von privaten Geschäften keineswegs zurückgehalten; es scheint vielmehr, als habe er gerade das Gewicht seiner amtlichen Stellung geflissentlich eingesetzt, um solche Angelegenheiten zu betreiben, die für andere aussichtslos waren. Er ließ sich nämlich in den 50er Jahren eine Menge alter Forderungen, die großenteils auf die 30er Jahre, eine sogar auf 1619, zurückgingen, zedieren, um sie einzuklagen und durchzufechten 4 . Es waren namentlich märkische Adlige, 1
Vgl. Meinardus
2
Die Nachkommen
mark ansehnlichen 3
Rep. so.
V S. 8s, 380, Grundbesitz
541;
VI S. 356ff.,
509,
6sg
haben nachher in Pommern und der
erworben
5
* Kammergerichts-Sentenzenbücher,
14
414,
von Enckevort
Jahrgänge
1654-59
Neu-
als deren Zessator oder auch nur Bevollmächtigter er vielfältig prozessierte; aber auch der kurfürstliche Rat Leonhard Weiler übertrug ihm eine bislang uneinbringliche Forderung gegen den Rat von Perleberg. Es handelte sich meist um kleine Posten. Einmal allerdings auch um eine große Sache, indem die Gläubiger der Arnim zu Schönermark ihm die Durchfechtung ihrer Ansprüche auf deren Güter und, nachdem Inckefort die Immission in diese erstritten, die A d ministration der beschlagnahmten Güter übertrugen. Er ist dabei selbst in den Besitz mindestens eines dieser uckermärkischen Güter gelangt. In einem anderen Falle trat Inckefort sein Recht an eine iooo Tl. betragende Schuld eines v. Pfuel, auf die er und Meinhard Neuhaus Zession erlangt hatten, diesem durch gerichtlichen Vergleich gegen eine Abfindung von 36 Tl. ab. Es kam ihm offenbar darauf an, aus alten und aufgegebenen Schuldsachen noch Vorteile für sich herauszuschlagen, wenn auch nur eine Provision. Er mußte naturgemäß selbst Geld für seine Transaktionen aufnehmen; so einmal 1000 Tl. beim Vizekanzler Kohl, dessen Erbe ihn nach mehreren Jahren verklagen mußte, da ein großer Teil noch rückständig war. Viel Segen ist anscheinend bei diesen Geschäften nicht herausgekommen. Denn nach dem Tode des „Daniel von Enckevort" klagte der Cöllner Bürgermeister Joachim Ernst Seidel 1682/83 wtgen 300 Tl., die er jenem in dessen Nöten vorgeschossen habe, sowie 163 Tl. hintersteiliger Zinsen, wozu nachher noch 50 Tl. für Unkosten gerechnet wurden. Seidel wurde mit 500 Tl. an die deponierten Kaufgelder für das damals Arnimsche, dann Inckefortsche Gut Suckow verwiesen, das also offenbar subhastiert worden war 1 . Es gab auch jetzt einige kaufmännische Handlungen von Ansehen, in der Art der Weilerschen und Sturmschen, wenn auch wesentlich bescheideneren Umfangs. Es war eben in den Residenzstädten schon durch die Bedürfnisse des Hofes, der Adels- und Beamtenkreise bedingt, daß einige über den gewöhnlichen Krämerdurchschnitt hinausragende Handlungen hier bestanden. Solche wurden daher auch von oben gegen die Einsprüche der Gilden, die Gewandschnitt und Seidenkram 1
Rep. 9 T 2. 9
15
in einer Hand nicht dulden wollten, unterstützt. Die beiden bekanntesten Handlungen dieser Art waren die von N e u h a u s und von W e s t o r f f ; ihre Gründer und Inhaber stammten wie so manche vor ihnen aus dem NiederrheinischWestfälischen. Das erstere Geschäft ist schon in der Weilerschen Zeit von dem kurfürstlichen Leibschneider Lukas Blaspiel in Cölln, Breitestraße 25, begründet worden, wo es sich während der ganzen Zeit seines Bestehens befand. Blaspiel trat die schon 1624 als „berühmt" bezeichnete Handlung an seinen kaufmännischen Teilhaber, Meinhard Neuhaus aus Hamm, und einen andern Landsmann, Matthias Stappert, ab, als er 1630 nach seiner Heimat Cleve zurückging, um die dortige Renteiverwaltung zu übernehmen. Die Blaspiels sind dann im kurfürstlichen Dienst zu hohen Würden und freiherrlichem Rang emporgestiegen. Neuhaus und Stappert erhielten, als die Krämer und Gewandschneider der Residenzstädte auf Grund ihrer Innungsbriefe ihnen den Handel legen wollten, 1. Oktober 1634 ein kurfürstliches Schutzprivileg, wo nachsie wie vorher mit allerhand Kaufmannswaren in den Residenzen und beim Adel auf dem Lande unangefochten handeln durften. Es war darin hervorgehoben, daß sie den Kurfürsten selbst zum öftern zur Befriedigung beliefert hätten. Die Weilerschen hatten also darin keineswegs ein Monopol. Auch später, so 1649, erscheint Neuhaus als Hoflieferant; er handelte außerdem mit Wein und Getreide. Er gab 1663 seine „weltbekannte" Handlung auf, um sich ganz den öffentlichen Geschäften zu widmen, als Ratskämmerer und seit 1670 als Bürgermeister zu Cölln (f 1680). Neuhaus war auch, in bescheidenem Maße, Geld Verleiher, denn er streckte 1667 dem Kurfürsten 1000 Rtl. gegen 6% bar vor und sollte nach Jahresfrist aus den preußischen Bernsteingefallen bezahlt werden1. Die Handlung von Meinhard Neuhaus führte dessen bisheriger Handelsdiener Joh. Gottfried Apfelstedt aus Erfurt bis zu seinem Tode, 1703, weiter, offenbar aber nicht mehr auf der alten Höhe. Daneben hatte Matthiass Neuhaus, Meinhards Neffe, 1645-80 hier eine eigene Handlung und war 1673-81 gleichfalls Bürgermeister2. 1
Rep.gYYo
- über beide Neuhaus Leichenpred.
ib
Gr. Kloster 42, 11 und 42,
12
Aus dem Dienste bei Meinhard Neuhaus ist auch der gleichfalls in Hamm gebürtige (1628) Johann W e s t o r f f oder Westarpff (Westarp) hervorgegangen. E r machte sich 1652 selbständig, wobei er die Konzession erhielt, Seidenkram und Gewandschnitt in beiden Städten, unangefochten von den Gilden, zu treiben. Seine Handlung war anfänglich sehr bescheiden; seit 1 6 7 3 aber hatte er zusammen mit den Kaufleuten Tobias Scharnow und Christoph Witte in Cölln die jährliche Lieferung der Hofkleidung. Sie hatten sich offenbar zusammengetan, weil diese Geschäfte über das Vermögen eines einzelnen gingen, ähnlich wie die Weiler und Konsorten. Ihre Hoflieferungen werden für 1 6 7 3 mit 1 5 000, für 1674 mit fast 19 000 Tl. - für Livreen - angegeben; 1677 aber betrug allein der ihnen geschuldete Rückstand 1 1 5 000 Tl., denn im Schwedenkrieg waren die drei auch an der Verproviantierung des Heeres beteiligt. 1680 werden Witte und Westorff geradezu als kurfürstliche Faktoren bezeichnet. Witte starb in demselben Jahre, und für den schon vorher verstorbenen Scharnow war dessen Geschäfts- und Ehenachfolger Phil. Andreas Schilling Teilhaber geworden. Die Firma hieß nun Westorff u. Schilling und hatte ihren Sitz gleichfalls in der Breiten Straße; 1686 wurde der bisherige Handelsdiener J o h . Andreas Kraut (geb. 1 6 6 1 ) , der spätere Minister, als dritter Teilhaber aufgenommen. Kraut blieb auch Teilhaber, als er in die Heeresverwaltung getreten und dann Kriegskommissar, Ober- und Generaleinnehmer geworden war. J a , das Haus erreichte nun eine die des ehemaligen Weilerschen noch überragende Stellung. Hatte es schon vorher bedeutende Warenlieferungen für den Staat - die Sozien werden als „ H o f lieferanten" oder „Hofhandelsleute" bezeichnet - , so wurde es nun auch das Bankhaus der Heeresverwaltung. Dieser Glanz währte aber nicht lange, denn 1692 löste sich die bisherige Sozietät aus nicht bekannten Gründen auf. Von den Teilhabern blieb nur Schilling im kaufmännischen Beruf; er lieferte 1699 die Materialien für das Kurfürsten-Denkmal auf der Langen Brücke. Die Westorffsche Firma aber ging an drei neue Sozien über: Westorffs zweiten Sohn Wilhelm, J o h . Gottlieb Hacker aus Sachsen, der sechs J a h r e im Hause Westorff gedient hatte, und Bartholomäus Schindler, den Sohn des 17
Cöllner Kaufmanns und Ratsverwandten Joh. Schindler. Dieser letztere hatte, von auswärts zugezogen, in die Martin Gerickesche Seidenhandlung hineingeheiratet und 1650 trotz heftigen Widerstandes der Gewandschneider die Befugnis erhalten, den Tuch- und Wollhandel mit der Kramerei zu verbinden. Alle drei Sozien erwarben an einem Tage, 7. November 1692, das Berliner Bürgerrecht. Die Geschäftsführung hatte anscheinend Hacker, der zwar Cöllner Ratsmann wurde, unter dem aber die Firma jede Bedeutung verlor. Sie erlosch vermutlich mit dem Tode Hackers, 1704. Die Westorffs aber waren zum öffentlichen Dienst übergegangen. Johann Westorff, wie vorher Neuhaus, war Ratskämmerer und wurde überdies 1706, obwohl er nahe an 80 Jahre alt war, vom König selbst zum Bürgermeister von Berlin ernannt, starb aber schon im folgenden Jahre. Der älteste Sohn Johann war Kriegskommissar in Kolberg; der zweite, Wilhelm, war zwar gelernter Kaufmann, trat aber in den Magistratsdienst und wurde Ökonomie-Direktor oder -Inspektor in Berlin und 1709 Rentmeister der mittelmärkischen Stände; er betätigte sich auch als Agent der clevischen Ritterschaft und Korrespondent geschriebener Zeitungen und auswärtiger Geschäftshäuser und starb als Hofrat Ende 1740. Ein Conrad Westorpff war 1702-1715 Magdeburgischer Steuerkommissar ; ein Johann Friedr. Westarph Advokat beim OberAppellationsgericht1. Vermutlich gehört dieser Familie, für die die Schreibweise Westarph oder Westarp gebräuchlich geworden war, die Karoline Amalie Westarp an, die, mit einem Anhaltischen Prinzen verheiratet, 1802 in den preußischen Grafenstand erhoben und somit Ahnfrau der bekannten gräflichen Familie wurde. Starke Lieferungen für den Hof hatte auch der Kaufmann Joh. Paul B e y e r , bis 1688 in Sozietät mit Stephan Andreas G ö t z e in Cölln, später mit Abraham Rosenfeld aus Stettin, der 1697 Berliner Bürgerrecht gewann. Beyer kaufte 1687 vom Obristen Weiler dessen Haus in der Burgstraße für 6000 Tl. 2 . Er war 1700 kurfürstlicher „Hofstaats-Commissa1 2
Acta Bor., Beh.-Org. I Küster, Altes und Neues Berlin, III. 55
18
rius", und es wurde, da er den Hof zu dessen ansehnlichem Vorteil mit Livreen und anderen Bedürfnissen beliefert hatte, 2. J u n i 1 7 1 0 angeordnet, daß er bei allen Aufträgen und Einkäufen, Preis- und Lohnverhandlungen als maßgebender Kenner mit abschließen und unterzeichnen solle 1 . Der vorgenannte Götze behauptete später 2 , er sei zur Aufgabe der Sozietät mit Beyer, wobei er sich für 25 000 Tl. allerhand ungangbare Waren und für 10 000 Tl. ungewisse Schulden habe aufbürden lassen, durch einige Leipziger Kaufleute, seine Kreditoren, bewogen worden, nachdem sie versprochen hätten, ihm Beistand zu leisten und ihm einen vermögenden Sozius zu verschaffen. Dieses Versprechen hätten sie nicht erfüllt, doch habe er ihnen die alten Waren bezahlt, obwohl er sie in Polen mit 60 % Verlust habe losschlagen müssen. E r habe ferner zur Konservierung seines Handlungskredits einige Capitalia ä deposito aufgenommen und sich im Negotio dergestalt bezeigt, daß er in acht Jahren etliche 100 000 Tl. verkehrt habe. Davon hätten allerdings seine Kreditoren allein den Gewinn gezogen, denen er die Waren auf dem Lager an den betagten Terminen allemal mit Schaden und schweren Interessen habe bezahlen müssen, während er infolge der Säumnis seiner teilweise hochstehenden Schuldner über 18 000 T l . ausstehen habe. Da er auch durch Unglücksfälle, Diebstahl und Veruntreuung geschädigt war und Exekution durch einige Gläubiger zu besorgen hatte, wurde ihm auf inständiges Bitten ein Moratorium von zwei Jahren bewilligt. Obgleich solche Fälle drückenden Kapitalmangels, wie übrigens zu allen Zeiten, nicht selten waren, wird man jene J a h r zehnte, in denen sich das Hof- und Gesellschaftsleben so verschwenderisch entfaltete, als für die Berliner Kaufleute besonders günstige annehmen dürfen. In welchem Wohlstande sich sogar solche befanden, die keineswegs zu den ersten gehörten, lassen zwei erhaltene Stiche erkennen, die Berliner „ K a u f - und Handelsleute" höchst stattlich mit Allongeperücken und prächtiger Kleidung darstellen. Der eine ist Christoph S t i l l e r 3 , der 1667 in Schlichtingsheim bei 1 2 3
Rep. 9. C. 2. 27; Rep. 9. LL 4 b 9. Mai 1696. Rep. 9 T 10 Leichenpred. Graues Kloster, XXIII;
Test. Berlin 635, v. 7. 3. iyoy
19
Fraustadt geboren und als Kaufmann von der Tuchgilde in Berlin 1 7 1 6 gestorben ist; daß er der Marienkirche eine Orgel stiftete und daß er allein an verwandte Nebenerben 4200 Tl. vermachen konnte, läßt ebenfalls auf seine gute Lage schließen. Der andere ist Georg Christoph B e y e r , der von seinem Vater, Georg Beyer, eine Kram- und Materialhandlung besaß und 1 7 1 5 , erst 3 1 jährig, als „fürnehmer Kauf- und Handelsmann' starb 1 . In beiden repräsentiert sich der Berliner Kaufmannsstand jener Zeit auf höchst ansehnliche Weise. Gediegenen Wohlstand bekundete auch die Verfügung des Cöllner Kaufmanns und Ratsverwandten Nicolas H e u s c h k e l vom 26. Februar 1705 über seinen Nachlaß 2 ; er besaß ein Haus in der Brüderstraße, hatte einige Guthaben bei der Landschaft und hielt Wagen und Pferde. Ein Haus größeren Stils, das sich durch drei Generationen hier in bestem Ansehen erhielt, war die Gregorische Handlung. Gottfried G r e g o r i , wohl auch ein Fremder, hat sich 1676 als Schneider in Cölln niedergelassen, eröffnete dann aber eine Handlung, wobei er 1684 - vorübergehend - mit dem Kaufmann Erasmus WestorfF in Sozietät trat. Die Gildekaufleute aber machten ihm hartnäckige Schwierigkeiten, obwohl Gregori sich 25. April 1689 eine kurfürstliche Konzession 3 erwirkte. Sie wiesen auch sein Aufnahmegesuch ab, da er die Handlung nicht ordnungsmäßig erlernt habe, und wollten seine Diener und Jungen nicht als gildemäßig anerkennen. Trotzdem konnte Gregori sich 1693 als einen der vornehmsten und steuerkräftigsten Kaufleute bezeichnen. Er war der einzige, der Kapital und Unternehmungssinn genug besaß, um 1704 die Berliner Akzise von Kaufmannswaren zu pachten 4 , und starb 1 7 1 9 „bei florissanter Handlung". Diese hatte er kurz zuvor an seinen Sohn Hans Heinrich, der 1 7 2 2 Bürgerrecht gewann, und Christoph Viedebant abgetreten. Dieser, aus Prenzlau, 1 7 1 2 Berliner Bürger geworden, spielte nachher bei der Russischen Compagnie eine Rolle und konnte 1 7 2 9 das Haus Königstraße 9 für 6700 Tl. kaufen. Die letzten Inhaber 1 2 3 4
Leichenpredigt Graues Kloster VI Cölln Test. 167. H. starb 171s Rep. g. LL 1 Acta Bor., Akzisepol. I. 547
20
der Handlung waren die Brüder Christian und Leopold Gregori. Christian (1707-1780, Bürger 1739) war längere Zeit mit dem Seidenhändler Pierre Caquot assoziiert, so 1747 und 1761; sie hatten eine Filiale in Petersburg. Mit der Ausdehnung der Handlung wurde auch das Geldgeschäft entwickelt: die Gregorische Handlung wird 1753 unter den Bankfirmen angeführt; Christian Gregori wird zuweilen als Bankier bezeichnet, mit Vorliebe aber, nach der Titelsucht der Zeit, als „Assessor", da er seit 1755 diesen Posten beim Armendirektorium innehatte. Uber die Vermögensverhältnisse der Familie sind wir unterrichtet durch die Testamente des 1788 gestorbenen Leopold Gregori und der im Jahre darauf verschiedenen Witwe seines Bruders Christian1. Es zeigt sich da ein gediegener Wohlstand, verbunden mit vornehmer Lebenshaltung. Beide besaßen stattliche Häuser, das eine in der Breiten Straße, das andere an der Gertraudtenbrücke, und hinterließen ansehnliche Vermögen an Bargeld und Wertpapieren, Juwelen und feinem Geschirr, die sich nun an eine Unmenge von Verwandten, teilweise Zugeheirateten von Adel, zersplitterten. Vor allem die Witwe scheint, nach dem Dienstpersonal von fünf Personen nebst Wagen und Pferden zu urteilen, auf großem Fuß gelebt zu haben. Von der Handlung ist keine Rede mehr; diese letzten Glieder des Kaufmannshauses enden in der behaglichen und schönen Würde eines rein seigneurialen Daseins. Berlin hat, wie aus dem Vorstehenden erhellt, selbst unter den Einwirkungen des großen Krieges seine Anziehungskraft als Residenzstadt nie ganz eingebüßt, und nach wie vor waren die bedeutenderen Kaufleute durchweg Zugewanderte. Es kam hinzu, daß es zu den vornehmsten Leitsätzen der unter dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm eingeschlagenen zielbewußten Wirtschaftspolitik gehörte, den Zuzug nützlicher Einwanderer aufs kräftigste zu fördern und zu begünstigen. Da solchen bereitwillig Freiheiten und Handelskonzessionen erteilt wurden, verloren die einheimischen Gilden der Gewandschneider und Kramer ihre Bedeutung und sind, wie es heißt, 1
Test. Cölln S145,
S183.
An Vermächtnissen
und Legaten, ohne den
und sonst nicht genannten Besitz, werden je etwa 25 000 Tl.
Grund-
aufgeführt
21
zerfallen. Anderseits gestalteten sich mit der Zeit die wirtschaftlichen Bedingungen allgemein günstiger, zumal seit 1667 die überaus drückende Kopf- und Grundsteuer, die Kontribution, durch eine indirekte Steuer, die Akzise, ersetzt wurde, und als ferner 1669 mit der Eröffnung des Friedrich-WilhelmKanals eine durchgehende Wasserstraße Breslau-Hamburg geschaffen und Berlin zum Umschlagplatz dieses wichtigen Handelszuges gemacht wurde. Es kann als Zeichen neu erwachten Lebens gewertet werden, wenn der Berliner Warenhandel sich danach neue Organisationsformen schuf, obwohl dies in erster Linie ausdrücklich als Abwehrbewegung gegen das Überhandnehmen des Fremdenhandels und des Konzessionswesens ausgegeben wird. Der Zusammenschluß geschah aber nicht in der alten, sondern in einer den derzeitigen Verhältnissen mehr entsprechenden Form, indem die Tuchhändler, vormals Gewandschneider, sich mit den Seidenkramern 1690 zu einer neuen Kramergilde zusammentaten und bald danach, 1691, die Material- und Spezereiwarenhändler mit den Gewürzkrämern zu einer Materialistengilde. Die erstere beanspruchte den Handel mit allen Textil- und Ellenwaren, die andere den mit Lebens-, Genußmitteln und Materialien ausschließlich, beide gemeinsam den mit Wolle, Papier, Leder und Metallen. Und zwar, und darin zeigt sich ein vorwärtsdrängender Zug, nicht nur den Einzelverkauf, den Ladenhandel, sondern auch den G r o ß h a n d e l mit diesen Waren. Frei blieb stets der Handel mit Getreide uijd Produkten, mit Holz, Vieh, Wein, Geld und Edelmetallen, das Kommissions- und Speditionsgeschäft und aller bloße Durchfuhrintermediär-) Handel. In diesen Zweigen hat sich daher zunächst ein vom Detailgeschäft losgelöster Großhandel entwickelt. Im übrigen schritten die Gilden alsbald scharf gegen alle außerzünftige Konkurrenz von Christen und Juden ein und gingen zugleich entschieden dazu über, den Groß- und Fernhandel neben dem Detailgeschäft zu betreiben. Das läßt sich wenigstens für die Materialisten feststellen. Noch bei einer auf kurfürstlichen Befehl 1690 stattgehabten Untersuchung erwies es sich, daß von den etwa 40 Materialisten keiner en gros handelte, sondern sie durch die Apotheker verlegt wurden. Als sie aber 1693 dem Seidenkramer Georg Beyer die Befugnis 22
zum Materialhandel streitig machten, bemerkten sie schon: die meisten von ihnen, wo nicht alle, bezögen ihre Waren unmittelbar aus Hamburg, Amsterdam usw., nicht etwa nur aus Leipzig. Auch aus Hamburger Quellen geht hervor 1 , daß Berliner 1694 und 1696 ihren Hering aus Holland über Hamburg, unter Verletzung der dortigen Gerechtsame, bezogen. Die Materialisten führten auch im Streit mit einem aus Hamburg zugezogenen Großhändler Joh. Ridder 1715 an: die vornehmsten von ihnen wären Grossierer, und bestände im Handel en gros der beste Profit, so daß sie diesen nicht andern Leuten überlassen könnten. Der unmittelbare Bezug aus dem Auslande ist jedenfalls dadurch ermöglicht oder doch erleichtert worden, daß in Berlin inzwischen das Wechselgeschäft aufgekommen war, worauf noch näher eingegangen werden wird. Die Berliner Materialisten haben es offensichtlich verstanden, sich den nötigen Kredit im Auslande zu verschaffen und haben damals einen kräftigen Aufstieg erreicht. Sie erwirkten 1714 sogar eine Art Stapelgerechtigkeit für allen aus Hamburg oder Holland herkommenden oder durchgehenden Hering, wonach solcher, wie es in anderen Handelsstädten - gemeint ist namentlich Frankfurt a. O. - Brauch war, durch einen von der Gilde bestellten und vereideten Packer umgepackt, „gehöht" und gezirkelt werden sollte2. Man beabsichtigte offenbar damit, den Betrieb des Heringshandels der Gilde allein zu sichern. Der Eindruck, daß der Berliner Materialien-, Kommissionsund Speditionshandel seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert einen außerordentlichen Aufschwung genommen hat, findet sich auch anderweitig bestätigt. In den Verhandlungen, die unter Friedrich Wilhelm I. über die Handels- und Zoll Verhältnisse auf dem schlesisch-Hamburger und dem Oderkurs stattfanden, traten die Berliner Kaufleute Ebersbach, Günther, Retcher und Spatzier maßgebend hervor; die beiden letzteren erklärten sich 1725 sogar bereit und imstande, den Güterverkehr mit Schlesien selbst zu übernehmen 3 . Es waren geE. Baasch in Hans. Gesch.-Bll. igoß, S. 75f Kgl. Priv. v. ss. Jan. 1714; desgl. Mat.-Priv. v. 7. Jan. 1715; Rep. 78 B 5 Nr. 34 3 Acta Bor., Akzisepol. II, 1, S. 635, 627, 62g, 658, 660f 1
2
Rep. g JJ
13;
23
scheute und unternehmende Kaufleute, die die Erfordernisse des Großhandels schon wohl beherrschten. So konnten sie es auch zu gutem Wohlstand bringen. Das zeigt das Beispiel von Adam E b e r s b a c h , Inhabers einer Materialwaren-, Speditions- und Kommissionshandlung, der nicht nur ein tüchtiger und rühriger Kaufmann war, sondern auch als Mensch sich hoher Wertschätzung erfreute 1 . E r besaß mehrere städtische Grundstücke, hat das von ihm erworbene Haus Königstraße 44 ganz neu gebaut und kaufte 1 7 3 6 als Siebzigjähriger das Lehn- und Rittergut Hohenschönhausen mit Gerichten und Untertanen, dazu den Buchholzischen Busch, von einem v. Röbell für 22 800 Tl. bar 2 . E r starb im Februar 1 7 4 2 . Das von ihm und seiner Witwe (f 1747) hinterlassene Vermögen betrug 81 679 Tl., darunter an Immobilien 45 000, an barem Geld 3 6 0 0 0 ; die Forderungen betrugen 6750, die Schulden 9000 Tl. Sein Sohn und Nachfolger George Carl 3 erbte das Gut zu 30 000, das Haus in der Königstraße zu 8000, einen Garten mit Haus vor dem Stralauer Tor zu 4000 T l . ; die einzige Tochter, die den Regiments-Quartiermeister Witte geheiratet hatte und dabei gut ausgestattet worden war, eine Meierei vor dem Königstor zu 3000 Tl. Der Grundbesitz war fideikommissarisch gebunden, so daß der Sohn, da er kein Geld darauf aufnehmen konnte, und das Gut sich nur mit etwa 2 , 8 % rentierte, in bedrängte Lage geriet und sich wiederholt um Aufhebung des Fideikommisses bemühte. Das wird auch der Grund gewesen sein, warum die Handlung, die 1 7 5 3 noch erwähnt wird, keine Bedeutung mehr hatte; das Kapital war in zu hohem Maße immobilisiert4. Die Organisation der Kaufmannsgilden erhielt unter der Regierung Friedrich Wilhelms I. die abschließende Form. Es gelang nach einigen Schwierigkeiten, die französischen Kaufleute zur Vereinigung mit den beiden deutschen Gilden zu 1
Testament v. 28. 12. 1734• Berl. Test. 1180. Auch ein Gildegenosse, der kgl. Commissarius Joh. Friedr. Reicher, Hausbesitzer am Molkenmarkt, begraben in der Nikolaikirche, war ein wohlhabender Mann. Ehevertrag u. letzter Wille v. 30. 12. 1728. Ebda. 1028, 102g 2
Rep. 78. II. Ei und 2 t Dez- 1782. Der älteste Sohn, Joh. Friedrich, der Theologie studiert hatte, wurde Geh. Sekretär und Kriegsrat 4 Rep. 9 T 2. 188
3
24
bringen, deren Vertretung, die Ältesten, nun zu gleichen Teilen aus Deutschen und Franzosen bestanden 1 . Die Bezeichnung „ K r a m e r " verschwand nun, denn die bisherige Kramergilde nannte sich „Combinirte teutsche und französische Kaufmannschaft", die einzelnen Mitglieder wurden als „ K a u f - und Handelsleute" und ihr neues Privileg von 1 7 1 6 als „Handelsordnung" bezeichnet. Auch die Materialisten begannen sich bald als K a u f 1 e u t e , als „die Kaufmannschaft von der Spezerei- und Material Warenhandlung" zu bezeichnen, wogegen für die andere Gilde mit der Zeit die Benennung „von der Tuch- und Seidenhandlung" üblich wurde. Die Apotheker, die vordem vorwiegend als Handelsleute angesehen worden waren, wurden in die uns gewohnten Grenzen gewiesen, indem ihnen der Handel mit Materialwaren, wie Zucker, Tabak, Kaffee und mit Viktualien jetzt untersagt wurde, während den Materialisten der Verkauf von Heilmitteln und Medizinalwaren, außer en gros, nun endgültig gelegt wurde 2 . 1 e 3 3 bei den Kaufleuten, je s bei den Materialisten. Bei den Materialisten gab es 1716 50-52 Deutsche, 22-24 Franzosen 2 Materialisten-Privileg v. 7. Jan. 1715 und daraufhin eingeführter Materialisten-Eid vor dem Collegium Medicum
2
Großkaufleute 2
25
Die Juden um 1700 Aus der starken Einwanderung, die Berlin fortgesetzt erfuhr, heben sich zwei Gruppen hervor, weil sie - die einen nach Nationalität und Sprache, die anderen nach Rasse und Religion - fremde Elemente darstellten, dabei aber zahlenmäßig einen nicht geringen Einschlag bildeten und dem Berliner Leben neue und besondere Züge einprägten. Es sind die Juden, die seit 1671 wieder allgemeiner zugelassen wurden, und die französischen Religionsflüchtlinge (Réfugiés), die seit 1672, und in großer Zahl seit 1685, sich hier niederließen. Wir wenden uns zunächst den Juden zu. Von der Hinrichtung Lippolds 1 und der darauf folgenden Vertreibung der Juden an haben diese im wirtschaftlichen Leben Berlins beinahe hundert Jahre lang keine Rolle gespielt. Die Zeit des Niedergangs der Kreditwirtschaft über das Ende des Dreißigjährigen Krieges hinaus sieht in Berlin so gut wie keine Juden. Erst die militärischen und finanziellen Bedürfnisse des Großen Kurfürsten ließen den Wunsch entstehen, ihre Ansiedlung in begrenzter Zahl wieder zu gestatten und den einen oder anderen als Lieferanten für Heer, Hof oder Münze zu benutzen. Von 1661 an nimmt ihre Einwanderung in Berlin langsam zu. Die einzige Gruppe, die zur Niederlassung in Berlin geschlossen zugelassen wurde, war eine Anzahl aus Österreich ausgewiesener Familien. Diese wurden 1671 im wesentlichen unter dem Gesichtspunkt ihrer Wohlhabenheit ausgesucht. Wir begegnen im 18. Jahrhundert wiederholt Nachkommen dieser Einwanderer in wirtschaftlich gehobener Stellung. Dagegen treten zunächst andere Elemente unter den Juden Berlins stärker hervor. Eine finanzielle Rolle haben damals in erster Linie die Hofjuden des Großen Kurfürsten gespielt. Es ist vielleicht kein Zufall, daß unter diesen die wohlhabenden österreichischen Familien nicht zu finden sind, daß es vielmehr homines novi waren, 1
Vgl. Bd. I S. 310
26
die das mit den Lieferungen für Hof und Heer verbundene Risiko und Odium auf sich nahmen. Von schnell vorübergehenden Erscheinungen abgesehen, sind zunächst zwei Hofjuden zu nennen, die dadurch zueinander in Beziehungen standen, daß J o s t L i e b m a n n , der jüngere und bedeutendere, nach I s r a e l Arons, des älteren, Tode dessen Witwe E s t h e r Schulhoff, heiratete. Diese merkwürdige, von Geld- und Machthunger getriebene Frau, die persönlich und geschäftlich ihre beiden Ehemänner an Bedeutung wohl übertraf und die auch ihren zweiten Mann noch überlebte, hat damit über 40 Jahre lang am Hofe dreier brandenburgischer Herrscher ihre Stellung zu halten verstanden. Ihr erster Mann, I s r a e l A r o n 1 , kam aus Glogau. Er hatte 1653 vom Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. den Auftrag bekommen, den Hof mit Weinen, Viktualien und andern Waren zu versorgen2, und war während der Kriege zwischen Polen und Schweden als Heeres- und Münzlieferant im Dienst des Kurfürsten verblieben. Bei der allgemeinen Ausweisung der Juden aus dem Herzogtum Preußen war er ausgenommen worden und hatte in Anerkennung seiner Leistungen durch einen Schutzbrief vom 6. Oktober 1657 ausdrücklich Aufenthalts- und Handelserlaubnis im ganzen Herzogtum erhalten. Nachdem er zwischendurch in Landsberg a. W. gelebt hatte, wo seine Familie noch lange nach seinem Tode Hausbesitz behielt, kam er um 1663 von Königsberg nach Berlin, wo er - um diese Zeit wahrscheinlich der einzige aufenthaltsberechtigte J u d e - zunächst in der Stralauer, dann in der Spandauer Straße zur Miete wohnte. Später muß Aron, wie aus einer Bemerkung im Moratoriumsgesuch seiner Witwe hervorgeht, in Berlin eigenen Grundbesitz gehabt haben. Seine Bestallung als Hofjude vom 18. Februar 1665 sah ein Jahrgeld von 200 Tl., wöchentlich 3 Tl. Kostgelder und Futter 1
Hallo,
Geschichte
O. Lasally, Berliner
der Familie
Israel Aron,
Hallo,
Hoffaktor
Privatdruck
Kassel
des Großen Kurfürsten
Gemeinde, Monatsschr. f . Gesch.
u. Wissensch,
1930,
S. 34 f f . -
u. Begründer
d. Judentums,
d. 1935,
S. so ff. 2
Friedr. Holtze, nach Seidel, in Sehr. d. Ver.f.
d. Gesch. Berlins, XXXIX
S.
16
27
für zwei Pferde vor. Außerdem wurde er unmittelbar dem Kammergericht unterstellt. Seine geschäftliche Tätigkeit scheint auch in Berlin im wesentlichen Belieferung des Hofes mit Wein, Lebensmitteln und Livreen gewesen zu sein. Die Akten des Staatsarchivs ergeben Beziehungen nach Hamburg und Amsterdam; Lieferungen für die Münze sind nicht nachzuweisen. Große Beträge machten vor allem die „ L i v r e e n " aus. So kostete eine Trauerlivree, die zur Beisetzung der im Juni 1667 verstorbenen Kurfürstin Louise Henriette geliefert worden war, 61 802 Rtl. Eine Abrechnung Arons vom J u n i 1669, in der dieser Posten noch unbeglichen ist, kommt zu einer Gesamtforderung an den Kurfürsten von 121 554 Rtl. Es wurde Aron nachgesagt, er habe dem Amtskammerpräsidenten Freiherrn von Canstein 2000 Tl. dafür angeboten, daß ihm die Lieferungen weiter anvertraut würden 1 . Bei den Anschauungen der Zeit dürfte ihm dies keinen Abbruch getan haben. In welchem Umfange seine vorerwähnte große Forderung sowie die Beträge für weiter erfolgte Lieferungen bezahlt worden sind, ist nicht zu erkennen. Vielfach wurden Anweisungen auf künftige kurfürstliche Einnahmen aus verschiedenen Quellen erteilt, so August 1665 eine solche von 500 Rtl. auf hinterpommersche Wolle dieses Jahres. Später erfolgte die Verschreibung von Gefällen aus Minden sowie aller Wollerträge aus den kurfürstlichen Ämtern, außer von Crossen und Züllichau. Gelegentlich erhielt Aron 2400 Tl. bar vom Amtskammerrat Michael Matthias ausgezahlt 2 . 1672 wurden ihm für Getreide 1000 Tl. aus dem Mindenschen Schlagschatz angewiesen. Im gleichen J a h r wurden für ihn und seine Erben 6000 Tl. aus den Weserzöllen zu Hausberge, Petershagen, Schlüsselburg und aus der Akzise zu Vlotho wegen seiner Forderungen an den kurfürstlichen Marstall sichergestellt. Darüber hinaus wurde er schon 1666 in die Dinslakener Mühle im Cleveschen eingewiesen, die er durch Pächter verwalten ließ. Eine Mühle bei Landsberg a. W., die er, wohl im Zusammenhang mit seinem dortigen Hausbesitz, selbst bewirtschaftete, hat er auf dem gleichen Wege erworben 3 . 1 2 3
Breysig, Brandenburgsche Finanzen 1640-1697, S. 661 Selma Stern, Der preußische Staat und die Juden I, 1, S. 12g Ebenda, I 2. S. 44,f
28
Als Israel Aron am 8. November 1 6 7 3 , a ^ s o n u r zehn Jahre nach seiner Übersiedlung nach Berlin, starb, brach sein Geschäft und damit auch sein Vermögen zusammen. Die Annahme, daß unbezahlte Forderungen an den Hof den stärksten Anlaß zu diesem Zusammenbruch bildeten, liegt nahe. Immerhin ist merkwürdig, daß die Eingabe seiner Witwe, die unmittelbar nach seinem Tode den Kurfürsten um ein zweijähriges Moratorium zur allmählichen Abtragung der Nachlaß-Schulden bat, nur um Schutz bei den ihr zustehenden Assignationen auf die Weser-Zölle, das Amt Egeln und zu Landsberg a . W . bat, dagegen keinerlei unerledigte Forderungen ihres Mannes gegen den Kurfürsten erwähnte. Nicht unwahrscheinlich, daß die kluge und ehrgeizige Jüdin es für taktisch richtiger hielt, sich mit der Andeutung zu begnügen: „anderer ausstehenden Schulden noch zu geschweigen", anstatt den Kurfürsten mit unmittelbar gestellter Forderung zu verstimmen. Leidtragende in anderem Sinne als die Witwe und ihre drei Kinder waren die Gläubiger, darunter in erster Linie die Kaufleute und Handwerker, von denen Aron seine dem Hof gelieferte Ware bezogen hatte. Wiederholt genannt werden neben anderen ein Christian Hänel, ein vornehmer Handelsmann zu Cölln Georg Balthasar Faust, der Münzwardein Liebmann - nicht zu verwechseln mit Arons Ehenachfolger Jost Liebmann - die Hamburgischen Kaufleute Flandrian und der Berliner Kürschner und Ratsverwandte Ernst Schadebrodt. Z u den Berliner Juden, die Aron keine Träne nachweinten, weil er bei Lebzeiten in rücksichtsloser Weise jede Konkurrenz, d. h. nach Möglichkeit jeden Zuzug von Juden nach Berlin bekämpft hatte, gesellte sich die große Zahl der christlichen Gläubiger, deren Unmut sich in einem derben, bei den Akten erhaltenen Spottgedicht 1 widerspiegelt. Es ist nicht anzunehmen, daß aus dem Nachlaß, dessen Angelegenheiten von einer besonders eingesetzten Kommission untersucht wurden, und dessen Liquidierung sich über Jahrzehnte hinzog, den Gläubigern erhebliche Ausschüttungen zugekommen sind. Esther SchulhofF scheint später die Erbschaft ihres verstorbenen 1
Moritz Stern, Eine Schmähschrift auf Israel Aron 1673, Gesch. der Juden in Deutschland IS. 136 ff
in peitscht, f . d.
29
Mannes ausgeschlagen und sich damit von seinen Verpflichtungen befreit zu haben 1 . Trotzdem blieb sein Wohnhaus in ihrem Besitz. Bestrebungen, die noch 1698 dahin gingen, ihren zweiten Mann für die Schulden und Prozeßkosten des Israel Aronschen Nachlasses haftbar zu machen, wurden erfolgreich bekämpft 2 . Wenn unsere Vermutungen zutreffen, so hat es Esther Schulhoff vorgezogen, ihrem zweiten Mann die Gunst des Kurfürsten in die Ehe mitzubringen, anstatt auf etwaigen Forderungen zu bestehen und um solcher willen mit dem Kurfürsten einen Kampf zu wagen, dessen Ergebnis in erster Linie den Nachlaß-Gläubigern zugute gekommen wäre. Auf dem zwei Jahre vorher von der jüdischen Gemeinde erworbenen ersten Berliner Friedhof in der Großen Hamburger Straße errichtete Esther Schulhoff ihrem ersten Manne Israel Aron ein Grabmal, dessen Trümmer noch heute die alte Begräbnisstätte überragen. Drei Jahre nach seinem Tode bat sie den Großen Kurfürsten für ihren zweiten Mann, Jost Liebmann, damals noch ihren Verlobten, um einen Paß zur Einwanderung in die preußischen Staaten. Jost Liebmann, der spätere „Hofjubilierer" des Großen Kurfürsten und des ersten preußischen Königs, ist vor 1640 in Göttingen als Sohn des dortigen Juden Elieser Lipmann geboren 3 . Als junger Mann ohne Vermögen war er nach Danzig gekommen, wo er für Rechnung von Hamburger Verwandten Unzenperlen einkaufte, d. h. kleinste Perlen, die nach Gewicht gehandelt und als Einlage für Tressen, Besatz für Kleider oder Beiwerk zu Schmuck nach Deutschland und Rußland verkauft wurden. Dies Geschäft hatte ihm ein kleines Kapital von 800-900 Tl. eingebracht4. Er hatte sich dann einige Jahre in Hannover und Hildesheim aufgehalten; am 30. Januar 1677 erhielt e r - w i e oben erwähnt, auf Antrag seiner damaligen Braut - einen Schutzbrief zur Übersiedlung mit seinen Juwelen und Mobilien nach Berlin6. 1
Schriften
2
Rep. 21
d. Verf. . d. Gesch. Berlins XXXIX Nr.
3
Jüdische
4
Denkwürdigkeiten
L
Hallo, S. 47
30
S. 17
204
Familienforschung
IV S. 3g
der Glückel von Hameln, Berlin
1920,
S. 3 8 f , 71,
84 ff.
Jost Liebmanns geschäftliche Tätigkeit in Berlin scheint sich im wesentlichen auf seine bisherige Spezialität, den Handel mit Geschmeiden, beschränkt zu haben. Man kann darin vielleicht den Einfluß seiner Frau sehen, die aus dem Schicksal ihres ersten Mannes gelernt hatte, welche Gefahren in der Übernahme von Lieferungen allgemeiner Art lagen, und die auf ihren zweiten in dem Sinne einwirkte, bei seinem erlernten Gewerbe zu bleiben. Vielleicht haben sich aber auch Jost Liebmann und Esther SchulhofF aus einer andern Erwägung heraus auf den Juwelenhandel beschränkt, einer Erwägung, die von wirtschaftlichem Standpunkt aus den Juwelenhandel jener Zeit in anderm Lichte erscheinen lassen mußte, als den Handel in Kriegsmaterial, Proviant für den Hof oder in Livreen. Der mit dem Dreißigjährigen Kriege zeitlich und zum Teil auch ursächlich zusammenhängende Zusammenbruch der meisten Kreditanstalten mußte das Vertrauen der Kapitalisten zur Anlage ihres Geldes in den Formen der verzinslichen Einlage oder der Schuldverschreibung erheblich erschüttert haben. Gerade in dem ärmeren deutschen Norden und Osten kräftigte sich das Wirtschaftsleben nur langsam soweit, daß flüssige Gelder wieder bei Personen oder Körperschaften vertrauensvoll angelegt werden konnten. Inzwischen lenkte das wiedererwachende Anlagebedürfnis das Interesse der Kapitalisten auf liquide Sachwerte, die in erster Linie auf dem Juwelenmarkt zu finden waren. In der verarbeiteten Form als Schmuck, edelsteinbesetzten Portraits oder Waffen dienten die käuflich oder als Geschenk erworbenen Juwelen sowohl der Kapitalsanlage wie dem Prunk- und Luxusbedürfnis. Man darf hier an die Entwicklung in England erinnern, wo der Stand der Bankiers sich unter ähnlichen Verhältnissen aus demjenigen der Goldschmiede herausbildete. Wir werden im folgenden noch darauf zurückkommen, wie weit Liebmanns Tätigkeit ähnlich betrachtet werden darf. Der Juwelenhandel brachte Liebmann in geschäftliche Beziehungen zum Hofe und trug ihm - wohl schon früh - den Titel als Hofjude ein. Nach einer Eingabe, die er 1686 in anderer Sache an den Kurfürsten richtete 1 , wollte er seit über 13 Jahren, d. h. schon während seiner Hildesheimer Zeit, als 1
Freudenthal,
Aus der Heimat Moses Mendelssohns,
S. 33
31
Juwelier für den kurfürstlichen Hofstaat tätig gewesen sein. Aus den Akten läßt sich erst 1678 ein Geschäft mit dem Kurfürsten ersehen 1 . Von da an steigen die Summen, die er für den Hof und höfische Kreise auslegte. Als Beispiel seien erwähnt: Ein Amethystenschloß für die Kurfürstin 175 Tl., ein Diamantring für Major Blanche 200 Tl., ein Portrait für den churkölnischen Gesandten 900 Tl., ein Kurhut von Diamanten für den dänischen Gesandten 1200 Tl. 2 . Bezahlung dürfte nicht immer prompt geleistet worden sein. Immerhin sind in der Zeit des Großen Kurfürsten keine größeren Rückstände erkennbar. In den ersten Jahren erfolgte die Bezahlung meist aus Judenschutzgeldern. 1685 wurde Liebmann der größere Teil einer kurfürstlichen Forderung an dritte Seite zediert. U m ihm sein Geschäft zu erleichtern, erhielt er 1684 besondere Zollvorrechte. Er und die Seinen wurden vom Leibzoll, seine Juwelen von jedem Zoll für frei erklärt. Er brauchte sich bei den Zöllnern nicht einmal zu melden, „weil es gefährlich ist, wenn man erfahren sollte, daß er Juwelen bei sich führte". Es unterliegt keinem Zweifel, daß Liebmann bereits unter der Regierung des Großen Kurfürsten ein reicher und in seinem Rahmen gewichtiger Mann geworden war. Sein Einfluß zeigte sich bei der Behandlung von Kultus-Angelegenheiten, z. B. bei der Besetzung von Rabbiner-Stellen in den preußischen Provinzen, bei der Liebmann es verstand, seine nächsten Verwandten in diese vor allem auch verwaltungsmäßig wichtigen Posten hineinzuschieben. Eine erhebliche und keineswegs sympathische Rolle spielte er ferner in dem unerquicklichen, viele Jahre innerhalb der noch jungen Berliner Juden-Gemeinde währenden Streit über das Recht, eine Synagoge zu unterhalten. 1684 wurde er, gemeinsam mit einem Juden in Schwedt, dazu bestellt, „ d a ß sie denen jüdischen Gerichten und allen Zusammenkünften allemal beiwohnen, und wegen der vorgehenden Sachen und Strafen Sr. Kurf. Durchlaucht Interesse aufs Beste beobachten, . . . . inmaßen dann Sr. Kurf. Durchlaucht wegen der Strafen Selma Stern, Der preuß. Staat und die Juden, I, 1, S. 44 Geiger, Gesch. d. Juden in Berlin, II. S. 41. Auch für das Folgende mehrfach benutzt 1
2
32
und was dem anhängig gnädigst verordnet, daß die Halbscheid Ihr berechnet, die andere Halbscheid aber unter den Christen und Juden Armen gleich geteilet werden solle" 1 . Kurze Zeit darauf unterstützte er beim Kurfürsten erfolgreich die Bitten der Cleve-märkischen Judenschaft, die sich gegen eine Erhöhung ihrer Jahresabgabe sträubte 2 . Daneben machte Liebmann, wie es bereits sein Vorgänger Aron getan hatte, seinen Einfluß rein geschäftlich im K a m p f gegen die örtliche jüdische Konkurrenz geltend. „Seine Konkurrenten entfernte er mit naiver Gewissenlosigkeit aus der Hauptstadt" 3 . Den Höhepunkt seiner Erfolge erreichte Liebmann durch seine Beziehungen zum Kurprinzen, dem späteren Kurfürsten Friedrich I I I . Es liegt auf der Hand, daß im Sonnenschein dieses auf Kunst und Prunk eingestellten Hofes der Weizen des Hofjuweliers blühen mußte. Schon 1681 sind Juwelenforderungen an den Kurprinzen nachweisbar 4 . Bei seinem Regierungsantritt im Jahre 1688 betrugen dessen Schulden aus Juwelenlieferungen Liebmanns 52 000 Tl. Bis zum Jahre 1696 kamen 209 000 Tl. hinzu. Die Gesamtsumme war, zum Teil durch bereits 1689 einsetzende jährliche Abschlagszahlungen, Anfang 1697 bis auf einen geringen Rest von ca. 20 000 Tl. getilgt5. Es ist nicht ganz gerecht, diese erheblichen Ankäufe, zu denen, wie wir später sehen werden, noch weitere Summen für Käufe durch andere Händler hinzukommen, lediglich als Verschwendungssucht zu verurteilen. Gewiß entsprach das Ansammeln von Schmuck und Juwelen der auf äußerliche Wirkung eingestellten Art Friedrichs I I I . Sie wurde in dieser Richtung noch besonders angeregt durch das Vorbild Ludwigs X I V . , dessen Prunk auch andere Höfe seiner Zeit dazu verleitete, in der Nacheiferung ihre finanziellen Grenzen zu überschreiten. Indessen ist für die Berliner Verhältnisse zu beachten, daß hier für die Juwelenbeschaffung nur vorübergehend Schulden kontrahiert worden sind. Wenn auch bei Friedrich I I I . vielleicht von der Absicht einer Kapitalsanlage 1
Selma Stern, a. a. 0. I, 2,
2
Baer,
Protokollbuch
der
56 Landjudenschaft
des Herzogtums
Cleve,
S. 28.
Anm.106 3
Selma Stern, a. a. 0. I, 1,
4
Schuster,
5
Breysig,
150
Hohenzollernjahrbuch Brandenb. Finanzen
1900.
S.
von 1640-1697.
383 S.
135
33
nicht gesprochen werden kann, so ist doch die Wirkung die gewesen, daß sich ein bedeutendes Kapital ansammelte. Während die Ankäufe seines Vaters, wie wir an Beispielen sahen, überwiegend Objekte für repräsentative Geschenke darstellten, brachte Friedrich I I I . einen Schatz zusammen, den Schuster 1 einen „märchenhaften Besitz von Kleinodien" nennt, und der seinem Nachfolger immerhin gut zustatten gekommen ist; Teile davon wurden auf Befehl Friedrich Wilhelms I. 1 7 2 0 in Amsterdam, wenn auch wohl mit Verlust gegenüber den Anschaffungspreisen, versteigert. Denn es darf nicht übersehen werden, daß ein ansehnlicher Bruchteil des zur Investition kommenden Kapitals bei den Vermittlern hängen blieb. Eine Stellung als Bankier, wie sie sich leicht hätte herausbilden können, hat sich für Liebmann aus seiner Mitwirkung bei der Ansammlung dieses Schatzes nicht ergeben. Dagegen war das Handels- und Kommissionsgeschäft in Juwelen sehr gewinnbringend. Bereits 1690 wurde Jost Liebmann von nahestehender Seite auf über 1 0 0 0 0 0 Tl. Vermögen geschätzt 2 . Mit Umfang der Ankäufe änderten sich auch die Einnahmequellen, die zu ihrer Begleichung in Anspruch genommen wurden. Die Judenschutzgelder, aus denen Liebmanns erste Käufe honoriert worden waren, reichten nicht mehr aus. 1689 bis 1694 wurden aus dem Schlagschatz der kurfürstlichen Münze jährlich 20 000 Tl. an Liebmann abgeführt, d. h. es wurden zur Erzielung dieses Schlagschatzes bestimmte - und zwar minderwertige - Münzprägungen vorgenommen. Ferner dienten große Beträge an Münzmalversationsgeldern zur Abzahlung 3 , und auch laufende Einnahmen der Staatsverwaltung wurden verwandt; so wurde einmal der Halberstädter Regierung befohlen, für Liebmanns Forderungen Zahlung zu leisten4. Gelegentlich wurde Liebmann auch die Einziehung einer Forderung des Kurfürsten überlassen, so Mitte 1697 eine solche in Höhe von 6 0 0 0 0 Tl. gegen den Pächter der Münze zu Minden, Hille 6 . Der hohe Betrag - Lieb1
a. a. O.
2
Denkwürdigkeiten
3
Acta Bor., Münzwesen
der Glücket von Hameln, I S.
S.
100
105
4
Geiger,
5
v. Schrötter, Münzen unter F. W. d. Großen Kurf. u. F. III, Berlin 1922,
34
a. a. O. II.
41 S. 287
mann und seine Frau sollen sogar darüber hinaus von dem Schuldner weitere ca. 5700 Tl. erpreßt haben - beweist, daß nach Glattstellung der Rechnung vom Februar 1697 sehr bald wieder erhebliche weitere Juwelenankäufe durch Liebmann erfolgt sind. Unterlagen dafür, daß Liebmann sich außerhalb des Juwelengeschäftes betätigt hat, sind nur wenig vorhanden. Eine Mitteilung aus dem Jahre 1689 besagt, daß er mit Konsorten 30 000 Mark Silber zu j e 11 Tl. 7 Gr. an die Magdeburger Münze geliefert habe 1 . Seine sonstigen Münzgeschäfte, sowohl die vorerwähnten Prägungen der Jahre 1689 bis 1694, wie die noch zu seinen Lebzeiten erfolgende, aber auf den Namen seiner Frau laufende Prägung von 1700, sind nur Maßnahmen, die ihm ermöglichen sollten, sich für die aus seinen Juwelenlieferungen anwachsenden Forderungen bezahlt zu machen 2 . Im Juwelengeschäft scheint Liebmann eine ausgedehnte und, wie dies Geschäft es mit sich brachte, vornehme Kundschaft gehabt zu haben. Die Akten, die in der Regel nur diejenigen Geschäfte erwähnen, die sich nicht glatt abgewickelt haben, nennen ihn oder Familienmitglieder in Verbindung mit dem Fürsten von Anhalt 3 , dem Herzog August von Holstein-Norburg 4 , dem Herzog von Sachsen-Eisenach 6 , dem Sekretär der englischen Gesandtschaft Acton 6 , dem Kommandanten zu Oderberg, Obrist Hans Otto v. d. Marwitz 7 . Immer handelt es sich um edelsteingeschmückte Degen, Ringe, Portraits oder ähnliche Kleinodien. Eine geringfügige Differenz, die Liebmann wegen eines gelieferten Ringes mit der Witwe des Fürsten zu Anhalt hatte, bewog ihn zu dem Antrag: es 1
Ebenda
2
Die
S. sgg
häufige
Juwelenhändler, Berlin,
und 56g
Verwechslung
zwischen
und Johann
Jost
Liebmann,
die dem ersteren ganz zu Unrecht
burgischen S. 3g ,f
Münzverwaltung
aufgeklärt
stammende Johann
worden. Liebmann
zugewiesen vielleicht
Geiger,
4
Rep. XI.
5
Rep. XI. sgs
6
Rep. XI S40 e. Spanien fasc. 7
' Rep. 42.
ab fasc. 7. b. fasc.
und
eine wichtige Rolle
in der
branden-
ducrh Hallo,
a. a. 0.
hat, ist bereits auch jüdischen
a. a. 0. II. 41 und Selma Stern,
dem Hofjuden zu Crossen
Es bliebe zu untersuchen,
3
iss
Liebmann,
dem Münzwardein
ob der aus Ursprungs
und
Halberstadt gewesen
ist
a. a. O. II. 5 1 6
(Holstein)
3
48
35
möge, da er bei seiner hochgestellten Kundschaft nicht in jedem Fall Quittungen oder Schuldscheine verlangen könne, seinen Handelsbüchern Beweiskraft verliehen werden wie denjenigen eines christlichen Kaufmanns. Trotz des Einspruchs der Fürstin Witwe, dem sich das Kammergericht anschloß, entsprach der Kurfürst der Bitte seines Hofjuden. Die kurfürstliche Gnade wie der geschäftliche Erfolg sind Liebmann bis zu seinem Tode treu geblieben. Zu einer Reise, die er und seine Frau 1699 im Familieninteresse nach Holland unternahmen, erhielt er einen besonders warm gehaltenen Geleitschein und die ungewöhnliche Zahl von zwölf Vorspannpferden 1 . Seine vermögende Lage erhellt aus dem im gleichen J a h r gemachten Angebot, mit seiner Familie zusammen den vierten Teil der nach Berlin kommenden Armen zu unterhalten und mit dem gewöhnlichen Jahrgeld zu versehen. Das Angebot wurde angenommen 2 . Das im Dezember 1700 erlassene Reglement für die Berliner Judenschaft, das für die regulären wie für besondere Ausgaben eine Umlage-Pflicht der Gemeinde-Mitglieder vorsah, nahm ihn und seine Familie auf Grund ihrer alten Vorrechte ausdrücklich aus3. Am 21. Dezember 1701 bat er den König für sein Testament, in dem er seine Frau als Erbin und Fortführerin seines Geschäftes eingesetzt hatte, um Schutz gegenüber seinen Kindern, von denen ein Sohn sich bereits widerspenstig erwiesen hatte. Das Kammergericht erhielt entsprechende Anweisung 4 . Etwa ein J a h r später,, am 30. Januar 1702, starb er. Seine Geschäfte setzte bestimmungsgemäß seine Witwe E s t h e r S c h u l h o f f , genannt die Liebmännin, fort, die sie schon während seines letzten Lebensjahres geführt zu haben scheint. Das besondere Wohlwollen, das sie von Seiten des Kurfürsten genoß, erleichterte ihre Stellung sowohl in geschäftlicher Beziehung wie gegenüber dem Hof und der Beamtenschaft. Nach einer vom Ordensrat König 6 wieder1 2 3 4 6
Selma Stern, a. a. 0. I, 2, 5 1 7 f Stern, a. a. o. I, 2, 518 Ebenda, S. 227 Rep. 9. r 6 Annalen der Juden. S. 132
36
und Acta Bor., Münzwesen I. 106
gegebenen, allerdings schon von ihm als unbeglaubigt bezeichneten Tradition wäre sie eine sehr schöne Frau gewesen, die bei Friedrich I I I . in seiner Kurprinzenzeit sehr wohl gelitten gewesen sei und die Erlaubnis gehabt habe, sich jederzeit, wenn es ihr beliebte, in seinem Zimmer einzufinden. Im Jahre 1700 hatte sie die Erlaubnis erhalten, 2000 Mark Silber in Berlin und Magdeburg nach dem gleichen Münzfuß und in der gleichen Weise wie in den Jahren 1689 bis 1694 in Sechsern auszuprägen, um sich aus dem Schlagschatz für Juwelenlieferungen bezahlt zu machen 1 . Sie hatte einen Revers unterzeichnet, nach dem sie bei Konventionalstrafe von 10 000 Tl. dafür aufkommen wollte, daß diese Sechser, mit denen das Land bereits übermäßig versehen war, ein J a h r lang nicht im Inlande umlaufen sollten. Die Sechspfennigstücke wurden meist im Jahre 1701 gemünzt, trugen aber die Jahreszahl 1700. A m 3. Dezember 1701 erhielt die Liebmännin ihren Revers zurück. Schrötter berechnet, daß bei allen diesen Ausmünzungen jährlich etwa 20 000 Tl. Schlagschatz eingenommen worden sind, und daß der Schlagschatz der Ausmünzungen dieser sieben J a h r e fast 50 % des Silberwertes, also eine für jene Zeit ungewöhnliche Höhe ausgemacht hat. Die Ausprägung von Scheidemünze ist angesichts der Schwierigkeit, sich preiswert Silber zu verschaffen, von jeher der wunde Punkt der brandenburgischen Münzpolitik gewesen. Auch wenn die Ausprägungen der Liebmännin das Maß der sonst geübten Münzverschlechterung anscheinend nicht überschritten haben und nicht besonders aufgefallen sind, so ist ihre schädliche inflationistische Wirkung nicht zu bestreiten. 1702 beantragte die Liebmännin die Ausmünzung weiterer 5000 feiner Mark Silber in Scheidemünze. Auf Drängen des Geheimrats v. Chwalkowsky, dem damals das Münzwesen unterstand und der, besonders auch im Hinblick auf das schlechte Beispiel für die Nachbarländer, bereits gegen die letzte Ausprägung angekämpft hatte, wurden ihr nur 2000 Mark Ausprägung zugestanden, aus denen sie an Schlagschatz 25 000 Tl. ablieferte. Aber das reichte bei dem Bedarf des Königs an Juwelen offenbar nicht aus, um die Rechnungen 1
Acta Bor.
Brandenburg
Münzwesen
/. S. 106ff
unter Friedrich
und Bahrfeldt,
Wilhelm und Friedrich
Münzwesen
III. S.
der
Mark
51
37
der Liebmännin zu begleichen. 1705 erhielt sie zwei Beträge von je 50 000 Tl. auf rückständige englische Subsidien angewiesen 1 . Da sie in Hinblick auf ihren Kredit auf den Eingang dieser „Arrieragen" nicht länger warten zu können erklärte, so beauftragte der König den Geheimen Kriegsrat v. Kraut, diese ioo 000 Tl. auf seinen Namen leihweise aufzunehmen, sie der Liebmännin auszuzahlen und sich später aus dem Eingang der englischen Subsidien zu befriedigen. Die Liebmännin hatte für den Fall, daß die Subsidien nicht so bald eingehen sollten, vier Monate Zinsen auf das von Kraut aufgenommene Geld zu zahlen. Nachdem 1706 zwischen Kraut und der Liebmännin völlige Abrechnung gehalten und alles beiderseits richtig gemacht war, mußte Kraut 1 1 . August 1708 wieder 1 o 000 Tl.„negotiiren", die der Liebmännin auf ihr Drängen als Abschlagszahlung gegeben werden sollten; auch diesmal erbot sie sich, die Interessen für vier Monate zu vergüten 2 . Diese Verbindung zwischen den beiden wohl erfolgreichsten Kapitalisten des jungen Königreiches hat nach dem Tode beider zu langwierigen Prozessen zwischen ihren Erben geführt. Die Liebmannschen Erben machten 1723 - so spät, weil die Papiere der Liebmännin zehn Jahre nach ihrem Tode versiegelt geblieben sind - 41 000 Tl. zuzüglich zehnjähriger Zinsen, d. h. insgesamt 62 788 Tl. gegen die Krautschen geltend, die zum größten Teil aus nicht voller Erfüllung der obigen königlichen Assignationen, zum Teil aus JuwelenLieferungen und Geldgeschäften stammten. Die Krautschen bestritten die Forderung und verlangten ihrerseits 3300 Tl. aus einer unbeglichenen Schuld der Liebmännin. Der Prozeß wurde z. T. vor einer königlichen Untersuchungskommission, z. T. vor dem Kammergericht geführt. Da die Liebmannschen Erben „mit Laufen und Rennen nichts erreichten", so zedierten sie ihre Forderung dem Obristen B. v. d. Marwitz, Loebenschen Regiments, der davon etwas zu profitieren hoffte und auf dessen Gesuch eine neue Kommission eingesetzt wurde. Der Ausgang des Prozesses ist nicht bekannt 3 . 1
Rep. 21
n. 207 b 2. Rescript v. 3. 7 . / 7 0 5 an Kraut, abgedruckt bei Selma
Stern, a. a. O. I, 2, S. 519
f
2
Rep. 9.
3
Rep. 9 T 2. Nr. 60 und 108 sowie Rep. 9. CCC
38
C
5
2
Auch auf außergeschäftlichem Gebiet hat die Liebmännin den von ihrem Mann eingeschlagenen Weg fortgesetzt. Sie nützte ihren Einfluß beim König aus, um ihren Verwandten, vor allem ihren Söhnen, Aufenthalts- und Handelskonzessionen sowie Ämter in der jüdischen Gemeindeverwaltung zu verschaffen 1 . Den Kampf in der Synagogenangelegenheit führte sie gegen die andern Berliner Juden mit größter Schärfe weiter. Dabei bekämpfte sie heftig den Hofjuden des Kronprinzen, Marcus Magnus, der 1709 Oberältester der Berliner Juden wurde. Damit übertrug sich die am Hofe einreißende Spaltung in eine königliche und eine kronprinzliche Partei auch auf die Berliner Judenschaft. Vor allem aber setzte die Energie der Liebmännin es durch, daß die ihrer Familie durch eine frühere Verfügung eingeräumte Stellung außerhalb der jüdischen Gemeinde aufrechterhalten blieb. Gegen die königlichen Kommissare, die eine Vermögenserklärung von ihr verlangten, erkämpfte sie 1704 jenes Recht mit der charakteristischen Begründung 2 , daß es kein besseres Mittel geben könne, ihren Kredit über den Haufen zu werfen, als eine solche Angabe über ihr Vermögen. Sicherlich hat der deutliche Wink, daß eine Erschütterung ihres Kredites dem König als ihrem größten Schuldner höchst nachteilig werden würde, auch in manchen Fällen überfälliger Forderungen dazu beigetragen, den König zu schnellerer Zahlung zu veranlassen. Wie gefürchtet sie selbst außerhalb der jüdischen Gemeinde war, zeigt eine vom 8. Dezember 1708 datierte Eingabe des Generalfiskals Durham 3 , der in Erfahrung gebracht zu haben glaubte, die Hofjüdin bemühe sich, ihn beim König zu diskreditieren, weil er ihrer Anmaßung entgegengetreten sei. Er werde es „vor eine Wohlthat achten, wenn er auf einmal von den Nachstellungen einer so gefährlichen Person endlich abkomme". Die Bedeutung ihres Geschäftes läßt sich daraus abschätzen, daß ihr Sohn Isaak Liebmann zur Leipziger Messe, zu der Juden im allgemeinen allein, mit einem Verwandten oder mit einem Diener fuhren, im Jahre 1710 mit Buchhalter, Kassierer, Schreiber und Dienern reiste. 1 2 3
Selma Stern, a. a. 0. I, 1, S. yg a. a. 0. I, s, S. 518 f Ebenda, S. 520
39
A m 15. Februar 1713 starb König Friedrich I. Wir sind für das, was sich mit der Liebmännin unmittelbar nach dem Tode ihres Gönners abspielte, im wesentlichen aufgeschriebene Zeitungen der Zeit 1 angewiesen. Danach erscheint Droysens Angabe, sie sei geflohen, ergriffen und nach Spandau gebracht worden 2 , nicht wahrscheinlich. Vermutlich ist ihr vielmehr alsbald Hausarrest auferlegt, und sind ihre Angelegenheiten durch eine Kommission, bestehend aus v. Kameke, v. Bartholdi, v. Creutz und Durham, untersucht worden. Man warf ihr vor, daß sie den verstorbenen König beim Verkauf von Juwelen, ganz besonders noch in den letzten Tagen, „sehr übersetzet", daß sie die Ermächtigung zur Prägung von Sechspfennigstücken um das Dreifache überschritten habe, daß sie noch in den letzten Tagen vor dem Tode des Königs auf seine Anweisung von der Landschaft 200 000 Tl. für gelieferte Juwelen empfangen, und daß sie versucht habe, davon 40 000 Tl. oder mehr alsbald außer Landes - nach Leipzig - zu verschieben. Demgegenüber machte sie für gelieferte, noch unbezahlte Juwelen Forderungen geltend, über deren Höhe die Angaben zwischen 106 000 Tl. und 186 000 Tl. schwanken. Untersuchung und Hausarrest wurden Anfang Mai, d. h. nach etwa zehn Wochen, beendet. Auf ihre Forderungen gegen den König mußte sie ausdrücklich verzichten. Von dem bei ihr beschlagnahmten baren Gelde im Betrag von 200 000 Tl. mußte sie, besonders an die Landschaft, erhebliche Beträge zurückzahlen, über deren Höhe indessen die Angaben abweichen. In einem von Oktober 1717 stammenden Urteil betr. einen Streit zwischen den Erben und Gläubigern der Liebmännin wird als Betrag der von ihr gezahlten Strafe die Ziffer von 103 000 Tl. genannt 3 . Zählt man zu diesem Betrage die zwischen 106000 Tl. und 186000 Tl. schwankende Summe derjenigen Forderungen hinzu, auf die sie bereits verzichtet hatte, so deckt sich die Gesamtziffer etwa mit den in den geschriebenen Zeitungen enthaltenen Angaben, nach denen sie zwei bis drei Tonnen Goldes - als 1 Sehr. d. Ver. f . d. Gesch. Berlins, XXXVIII. S.g 2 Preuß. Politik, IV. 2. B. S. 8 3 Rep. 21 jVr. S04
40
XXX,
S. IOS, 105, 10g und 116
und
Tonne Goldes wurden 100 ooo Tl. bezeichnet - hätte opfern müssen. Nur wenige Monate nach Aufhebung ihres Hausarrestes war die Liebmännin bei dem neuen Herrscher zu Gnaden aufgenommen. Ein neues Privileg vom i. September 1 7 1 3 1 verwies auf einen besonderen Abolitionsschein, in dem nach Glattstellung ihrer restlichen Verpflichtungen auf alle weiteren Ansprüche gegen sie und ihre Familie verzichtet wurde. Das Privileg betonte des weiteren, daß die Witwe Liebmann nunmehr von neuem in des Königs Protektion, Schutz und Schirm aufgenommen sei, daß sie ihre Handlung dem ihr früher erteilten Privileg gemäß continuieren, und daß sie auch künftig nicht unter der für die Judensachen verordneten Kommission, sondern unmittelbar unter dem Kammergericht stehen solle. Trotz dieser Rehabilitierung hat die Liebmännin den Schlag, den ihr der Regierungswechsel versetzt hatte, nicht lange überlebt. Sie starb 1 7 1 4 - nach König nicht vor 1 7 1 5 2 in Berlin. Nach einer Familientradition 3 soll sie eine ihr von König Friedrich I. geschenkte goldene Kette mit ins Grab genommen haben. Es dürfte um 1 7 1 4 m Berlin - mit Ausnahme des Krautschen - kaum ein anderes Vermögen gegeben haben, das einen Aderlaß von 2-300 000 Tl. vertragen hätte. Dazu war die Liebmännin in der Lage: das beweist der Umstand, daß kein Konkurs ausbrach, und daß nach ihrem Tode ihre Kinder ihre Erbschaft antraten. Von den Söhnen Jost Liebmanns war der schon erwähnte Isaak, seit 1709 Oberältester der Berliner Judenschaft 4 , vor der Mutter gestorben. Der andere, Jost Liebmann der Jüngere, seit 1 7 1 2 Nachfolger seines Bruders als Oberältester5, begegnet in den Akten wiederholt beim Geltendmachen großer Forderungen. Diejenige gegen die Krautschen Erben wurde bereits genannt. 1723 werden verschiedene, an die 10000 Tl. ausmachende Forderungen in 1 2 3 4 5
Geiger, a. a. 0. II. S. 42f Annalen d. Juden, S. 253, und Geiger, a. a. 0. II. S. 42 Geiger, a. a. 0. I. S. 20 Stern, a. a. 0. I, 2, S. 266 Ebda. S. 292 3
Großkaufleute 2
41
Sachsen erwähnt 1 . Von 1 7 1 4 bis 1735 scheint er mit einer großen Forderung gegen die Kurpfalz beschäftigt 2 , die er auf 150 bis 200000 Tl. bezifferte und durch kurpfälzische Banco-Zettel mit der Unterschrift der Jülich-Bergischen Stände bewies. Jost Liebmann jun. scheint mit diesem Geschäft die Basis des elterlichen Juwelenhandels verlassen zu haben und eine verhängnisvolle Effektenspekulation eingegangen zu sein. Am 20. Juni 1 7 1 4 wandte sich der König auf Liebmanns Bitten an die kurpfälzische Regierung, um ihm zu dem Seinigen zu verhelfen. 1 7 1 9 erneute Liebmann sein Gesuch an den König um Intercession, insbesondere bei der kurpfälzischen Bank in Cöln. Als ihn 1735 in einem Rechtsstreit sein Gegner Corvisier behandelte, als sei er aus Berlin entwichen, wies Liebmann darauf hin, daß er sich wegen seines schweren Prozesses mit den Gebr. van Geldern viel in den kurpfälzischen Landen aufhalten müsse. Er besaß damals ein Reichshofrats-Urteil über 26 000 Tl. gegen die Gebr. van Geldern, die wohl als Vertreter der kurpfälzischen Bank anzusehen sind. Über den weiteren Verlauf dieses Streites ist nichts bekannt. Jost Liebmann der Jüngere ist, nachdem er seine Zahlungen eingestellt hat, 1747 gestorben3. Von seinem Gegner Veitel Ephraim wird er als böser, unruhiger und intriganter Mensch bezeichnet, der dazu mit seiner Frau, einer van Geldern, mehrere falsche Eide geschworen habe. Etwa gleichzeitig mit derjenigen Israel Arons begann die geschäftliche Wirksamkeit der Familie G o m p e r t z 4 , die in fünf aufeinander folgenden Generationen für die sechs brandenburgisch-preußischen Herrscher vom Großen Kurfürsten bis zu Friedrich Wilhelm I I I . als Hof- und Heereslieferanten, Münzjuden, Juwelenhändler und Bankiers tätig gewesen ist. Die Familie stammte vom Niederrhein; von 1
Rep. 41 Nr.
2
Rep. 40, 6 g und Rep. g. T
3
Rep. g. T s,
4
Soweit keine andern Quellen angegeben sind, beruht die folgende
5 11
108
auf der Schrift Kaufmanns und Freudenthals, a. M.
igoj,
die außer der vorhandenen Literatur
schlägigen Archive gründlich
42
Darstellung
die Familie Gompertz, auch
die Akten
ausgewertet hat. Vgl. auch Stammtafel
Frankfurt der ein-
Emmerich, Wesel und Cleve aus hat die ältere Generation ihre Geschäfte betrieben. Auch später, als die Verbindung mit dem Hof Veranlassung zur Verlegung des Schwergewichts nach Berlin gegeben hatte, verblieben den Gompertzschen Firmen die engen Beziehungen mit dem Westen, besonders zu Amsterdam. Die Inhaber zogen sich, nach geschäftlichen Rückschlägen oder im Alter, fast alle in die Clevesche Heimat zurück. Am i . M a i 1661 erteilte der Große Kurfürst dem aus Emmerich gebürtigen Elias Gompertz und seinen Kindern ein Generalschutzprivileg, das ihm die Niederlassung in Cleve ermöglichte. Seine Lieferungen dienten der Versorgung der Truppen und der Instandsetzung der Festungen. Später folgten Geld-Vorschüsse mittleren Umfangs an den Kurfürsten, die Landstände und die Ritterschaft der Grafschaft Mark. Unabhängig von Elias Gompertz, der 1689 starb, übernahm sein Bruder Leiman Gompertz, gleichfalls in den sechziger Jahren, Kriegslieferungen für den Kurfürsten, der ihn zu seinem Kriegsfaktor ernannte. Leiman Gompertz, der seine Geschäfte nacheinander von Lippstadt, Wesel und Cleve aus betrieb, war für seine Einkäufe vielfach auf kurfürstlichen Freipaß unterwegs, so in Hamburg, Lübeck und Amsterdam. Er starb 1 7 1 1 . Auch in der folgenden Generation blieben die konservativeren Elemente der Familie der Hauptstadt noch fern. Unter der Firma Gebrüder Gompertz setzten ein Sohn Jacob (gestorben 1743) und ein Schwiegersohn und Neffe Löb (gestorben 1728) des Elias Gompertz sein Geschäft in Cleve mit gutem Erfolg fort. Sie werden 1716 mit einer Lieferung von 2000 Stück Bomben, die sie für die preußische Artillerie zu Wasser nach Amsterdam abführen lassen sollten, erwähnt 1 . Um die gleiche Zeit führte einen andern, spekulativeren Angehörigen der Familie sein unerfreuliches Schicksal nach Berlin. Im November 1673, also bald nachdem mit Aufnahme der österreichischen Judenfamilien in Berlin eine grundsätzliche Änderung in der kurfürstlichen Judenpolitik eingetreten war, hatte Elias Gompertz für zwei seiner Söhne, darunter für den um 1655 geborenen Rüben Elias Gompertz, Geleit1
Rep. 40. n. 6 g
43
briefe für die Residenz erhalten. Zunächst indessen hatte Rüben davon keinen Gebrauch gemacht, vielmehr von Wesel aus Lieferungs- und Geldgeschäfte für den Berliner wie für den Dresdner Hof betrieben. 1689 wird eine Kommissionslieferung zum Weselschen Magazin erwähnt, die erst 1697 durch eine Restzahlung Krauts mit 751 Tl. beglichen wurde 1 . Daneben stand Rüben Gompertz mit einer großen Zahl von Reichsständen, auch mit dem Kaiser, in Verbindung. Unter seinen Geschäftspapieren befanden sich 28 Pässe von verschiedenen Fürsten und Städten 2 . Sein Geschäft war ebenso vielseitig wie örtlich ausgebreitet. Nicht nur in Juwelen und Getreide, in Pulver und Wechseln handelte Rüben Gompertz. Unmittelbar neben einem Angebot an den Kaiser, ihm 100000 Tl. vorzustrecken, läuft in seinen Büchern ein Kommissionsgeschäft mit gestrickten Hosen. Sein geschäftlicher Erfolg stand indessen nicht in rechtem Verhältnis zu seiner Betriebsamkeit. Besonders große Verluste traten bei den Geschäften mit dem Kurfürsten von Sachsen ein, dem er u. a. 57 000 Tl. vorgestreckt hatte. Nicht besser glückte eine politische Vermittlung, die er im Auftrage Kursachsens unternahm, und bei der er die Ansprüche des Großen Kurfürsten auf Elbing für den Kurfürsten von Sachsen als König von Polen erwerben sollte, welch letzterer dagegen die Grafschaft Mansfeld, Gommern und Elbenau an Brandenburg abzutreten bereit war. Wiederholt brachten ihn geschäftliche und persönliche Feindschaften um seine Freiheit. 1680 wurde er auf Anzeige des Generalleutnants Freiherrn von Bernsau 16 Wochen in Diez und Bonn in schwerer Haft gehalten, als er für die brandenburgischen Truppen bestimmte Münzsorten, die im Erzstift Köln verboten waren, durch Bonn transportieren wollte3. 1697 wurde er auf Veranlassung des Wiener Kardinals Kollonitsch, der ihn eines Mordanschlages auf den dortigen Hofjuden Samson Wertheimer bezichtigte, 1
Rechnungsbücher
2
Rep. 4g. R. 6. - Als später seine Geschäftsführung
der General-Militärkasse
Nr.
76 in der
Münz-Kommission
und der Oberrezeptur nachgeprüft wurde, sind mit seinen dienstlichen auch seine geschäftlichen
und persönlichen Akten eingezogen worden. Damit hat sich eine
in diesem Rahmen nicht auszuschöpfende Fülle deutschen und hebräischen — Briefschaften 3
Rep. 24. H. H. 6 fasc.
44
1
von -
hochdeutschen,
und Geschäftsbüchern
jüdisch-
erhalten
in die Weseler Zitadelle gesperrt, wo er zunächst vier Monate zubringen mußte. Nach kurzer Freilassung wurde er erneut verhaftet und in Spandau eingeliefert. Erst im Sommer 1698, nach weiteren sechs Monaten Festungshaft, wurde Rüben Elias Gompertz, nachdem die Cleveschen Stände und die Clevesche Regierung sich vergeblich für ihn eingesetzt hatten, auf Veranlassung der kaiserlichen Regierung, die die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als grundlos erkannt hatte, seiner Haft entledigt. Von diesem Zeitpunkt an verlegte Rüben Elias Gompertz den Sitz seiner Tätigkeit nach Berlin. In dem Bemühen, sich für die erlittenen materiellen und moralischen Schläge zu entschädigen, überspannte der infolge seines unruhigen Lebens und seiner Gefängnisleiden auch körperlich nicht mehr voll leistungsfähige Mann seine Kräfte mehr und mehr. Er versuchte, gleichzeitig als Lieferant und als Beamter des Kurfürsten, die Beziehungen seiner Familie zum brandenburgischen Hof auszuwerten. Beides gelang ihm - nicht zu seinem Heil. Der zum Ankauf kostbarer Steine jederzeit geneigte Kurfürst Friedrich I I I . erwarb von ihm 1698 einen Diamanten für 28 750 Tl. Die Bezahlung blieb indessen aus. Sie sollte dadurch erfolgen, daß ihm die Einfuhr von 3000 Lasten Korn aus dem Magdeburgischen und aus Holland in das durch Mißwachs schwer getroffene niederrheinische Gebiet freigegeben wurde. Im letzten Augenblick, als seine Verträge mit den Korn-Verkäufern in Magdeburg und Amsterdam bereits abgeschlossen waren, wurde die gegebene Genehmigung indessen zurückgezogen, woraus sich Gompertz einen Schaden von 94 500 Tl. berechnete. Zum Teil um ihn für diesen Anspruch wie für frühere zu entschädigen, wurde ihm am 29. April 1699 bei der Kommission, die für die Länder Cleve, Minden, Mark und Ravensberg zur Untersuchung und Bestrafung von Münzvergehen eingesetzt war, die Aufgabe übertragen, die einzelnen Münzunterschleife aufzuspüren 1 . Es spricht weder für den Charakter noch für den Weitblick des Mannes, daß er dieses anrüchige Amt des Denunzianten, noch dazu in der engeren Heimat seiner Familie, übernahm. Er verpflichtete sich, dem Kur1
Acta Bor. Münzivesen
I. S.
86f
45
fürsten noch einen Diamanten zu liefern, die Kosten der Kommission aus eigenen Mitteln zu bestreiten und innerhalb eines Jahres 80 000 Tl. an Straf- und Ersatzgeldern aufzubringen. Was darüber hinausging, sollte ihm selbst verbleiben. Die Erfolge der Kommission blieben indessen gering. Bei den Widerständen, die ihre Arbeit begreiflicherweise auf allen Seiten fand, waren kurz vor Abschluß des ersten Jahres an Stelle der garantierten 80 000 Tl. wenig über 7000 Tl. an Strafgeldern eingegangen. Darüber hinaus hatte Gompertz dem Kurfürsten 50 000 Tl. Vorschuß geleistet. Da auch dies Geschäft nicht ausreichte, um Gompertz zu entschädigen, verstand sich der Kurfürst zu dem unerhörten Schritt, ihm eine wichtige Beamtenstellung einzuräumen. Am 24. Mai 1700 wurde Gompertz zum Oberrezeptor von Cleve gemacht, d. h. als Obersteuereinnehmer dieser Provinz in dieselbe Stellung eingesetzt, die 1697 dem Joh. Andreas Kraut für die Kurmark übertragen worden war 1 . Wieder spielte ein Diamant bei der Ernennung eine Rolle. Gompertz hatte dem Kurfürsten durch den Feldmarschall von Barfuß einen Diamanten anbieten lassen, der gerade in Amsterdam gehandelt wurde und der einen Wert von 100 000 Tl. haben sollte. Die Lieferung des Steins scheint tatsächlich erfolgt zu sein, denn das vorerwähnte Patent für Rüben Elias Gompertz sieht vor, daß er und seine Erben nicht gehalten sein sollten, das Amt aufzugeben, bis ihnen „der folgende successor in der Bedienung Einhunderttausendt Thaler, deren Wert uns besagter Gompertz geliefert, wieder bezahlet habe." Gegen die Ernennung des Juden zum Beamten sträubten sich aufs heftigste die Cleveschen Stände und die Glevesche Regierung, die während seiner unverschuldeten Haft für ihn eingetreten waren und zum Teil sogar seine Einsetzung als Organ der Münzkommission empfohlen hatten. Trotz ihres Widerspruchs wurde Gompertz am 26. August 1700 als Staatsbeamter vereidigt und übernahm am 1. Oktober 1700 aus den Händen seines Vorgängers die Cleve-Märkische Oberrezeptur. Inzwischen lief die Tätigkeit der Münzkommission weiter 1
Vgl.
unten.
Kaufmann-Freudenthal,
Gompertz zu Unrecht als Nachfolger
46
a. a. 0. Krauts
S. 117
und
125
bezeichnen
und mit ihr Gompertz' erfolgloses Bemühen um Aufbringung angemessener Beträge an Strafgeldern. Es gelang schließlich, die Aufhebung der mißliebigen Münzuntersuchung dadurch zu erreichen, daß die Stände die Zahlung der von Gompertz dem Kurfürsten garantierten Summe als Steuer übernahmen. Vergebens hatte Gompertz sich erboten, dem Kurfürsten zwei Diamanten zu liefern und außerdem seine Aufbringungsverpflichtung zu erhöhen, falls die Tätigkeit der Kommission fortgesetzt würde. Er erreichte wenigstens, daß, als bei der Abrechnung die von ihm geleisteten Abschlagszahlungen unberücksichtigt blieben, im Oktober 1701 eine Kommission, bestehend aus Kraut, von Chwalkowski und von Ilgen, eingesetzt wurde, um seine Forderungen einschließlich der früher erhobenen zu prüfen. Damit war indessen der Höhepunkt seiner Laufbahn überschritten, und nun folgte rasch der Zusammenbruch. Die Feindschaft, die er sich bei der Münzkommission wie als Oberrezeptor zugezogen hatte, führte zu einer Fülle von Klagen, und es gelang seinen Gegnern, den ihm bisher günstig gesinnten König umzustimmen. Nach etwa fünfzehnmonatlicher Tätigkeit als Obereinnehmer wurde Gompertz am 9. Januar 1702 auf königlichen Befehl erneut verhaftet und nach Spandau gebracht. Man warf ihm zunächst vor, Mitverfasser eines Pasquills zu sein, das eine Reihe hoher Beamter verleumderisch angriff; ferner richtete sich die Anklage wesentlich gegen Verfehlungen bei seiner Oberrezeptur: Ausbeutung der Steuerpflichtigen und Unterschlagungen. Im Laufe der Untersuchung aber wurde das Schwergewicht auf seine Tätigkeit bei der Münzkommission und auf seine angeblich unberechtigten Geldforderungen an den König verlegt. Demgegenüber schmolz die Anklage wegen seiner Tätigkeit als Oberrezeptor stark zusammen. Nach weiteren fünfzehn Monaten, 3. März 1703, wurde Rüben Elias Gompertz gegen eine von seinem Verwandten, dem „polnischen Residenten in Dresden" Behrendt Lehman, gestellte Bürgschaft von 20 000 Tl. aus seiner letzten Haft entlassen. Die Untersuchung gegen ihn ging indessen weiter, desgleichen die Untersuchung seiner Ansprüche gegen den König. Obwohl Gompertz 5. Oktober desselben Jahres dem 47
König mitteilte, daß er seine Gläubiger nicht mehr befriedigen könne, vermochte er eine Beschleunigung seiner Sache nicht zu erreichen. Als am 8. Januar 1705 angeordnet wurde, daß die Entscheidung einer preußischen Universität eingeholt werden sollte, blieb seine dringende Bitte, eine nicht-preußische zu wählen, erfolglos. Inzwischen starb er am 20. Juni 1705 in völligem Vermögensverfall. Der Spruch der juristischen Fakultät zu Frankfurt a. O. fiel ganz zu seinen Ungunsten und zu Gunsten des Königs aus. Nach der Eingabe eines Enkels aus dem Jahre 1 7 8 8 1 , die die unbezahlte Forderung des Rüben Gompertz gegen den König auf 400 000 Tl. angibt, hatte sich die Witwe auf 1 0 0 0 0 Tl. jährlich verglichen, erhielt also bis zu ihrem 1 7 1 2 erfolgten Tode 7 0 0 0 0 Tl. Z u m Schutz gegen die Nachlaß-Gläubiger wurden ihr wiederholte Moratorien gewährt. Mit ihrem Tode erloschen alle weiteren Leistungen. Unter der Regierung König Friedrichs I. haben die Gompertz keine geschäftliche Tätigkeit mehr in Berlin aufgenommen. Dagegen verlegte die nachfolgende, das ist die dritte Generation sehr bald nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I. ihren Sitz nach Berlin. Zunächst siedelte Moses Levin Gompertz, Sohn des Löb Gompertz aus Cleve, nach Berlin über. Der König bestellte ihn am 12. J u n i 1 7 1 3 „wegen seines und seiner Voreltern Wohlverhalten, insgleichen in Consideration der von dessen respective Vater und Onkel in Cleve unserm königlichen Hause verschiedentlich geleisteten Dienste" zum Oberhof- und Kriegsfaktor. Offenbar war die Absicht der Familie, daß er die in Cleve geführte väterliche Firma Gebrüder Gompertz in Berlin vertreten sollte, und zwar in Gemeinschaft mit seinem Vetter Elias, dem Sohn des andern Inhabers der Cleveschen Firma. Allerdings gelang es Elias Gompertz zunächst nicht, seine Aufnahme in das Generalprivileg der in Berlin zugelassenen Juden durchzusetzen, so daß die Vertretung zunächst allein in den Händen des geschäftlich bedeutenderen Moses lag. Wie sein Stammhaus in Cleve hat auch Moses Gompertz in Berlin Heeresbedarf geliefert. Eine zufriedenstellende Munitionslieferung wurde vom König zum Anlaß genommen, ihm am 2. April 1 7 1 7 das Recht zu verleihen, „gleich andern dero Diener" einen Degen zu 1
Stadtarchiv
48
Berlin,
Judensachen
Nr.
10
tragen 1 . Der Klatsch am Hofe wollte wissen, die Auszeichnung sei gewährt worden, weil Moses Gompertz sich in einem „Faust-combat" wohl gehalten, und sie sei in bewußtem Gegensatz zu der unwürdigen Behandlung erfolgt, die der König um die gleiche Zeit dem Geheimen R a t Gundling habe widerfahren lassen2. Das hinderte nicht, daß Gompertz nach derselben Quelle 3 , als er noch im gleichen Jahre nach Wusterhausen gerufen wurde und dort in blauem Rock und Stiefeletten entsprechend der Montur der Großen Grenadiere erschienen sei, vom König persönlich Prügel empfangen hat. Seine geschäftlichen Beziehungen beschränkten sich nicht auf den preußischen Hof. E r war im ganzen Reichsgebiet tätig. 1 7 1 5 ernannte Herzog Leopold von Mecklenburg ihn und seinen Vetter Elias zu seinen Hof- und Kammeragenten. Nachdem Elias nunmehr seine Zulassung nach Berlin erreicht hatte, errichteten die Vettern 1 7 1 7 unter dem Namen Moses & Elias Gompertz eine gemeinsame Firma in Berlin. Unterstützt von ihren Vätern aus Cleve, erwarben sie als Geschäfts- und Wohnhaus in der Subhastation des Geheimen Rates Matthias von Berchem das ansehnlichste seiner Häuser in der Heilige Geist-Straße 4 , und zwar für 10 200 Tl. Dieser Kauf führte zu einem Gesuch des Magistrates an den König, eine Verordnung zu erlassen, durch die den Juden verboten würde, ,,in den fürnehmsten Gassen und noch weniger so nahe am Schlosse Häuser zu haben". Das Haus wurde von den Gompertz wesentlich verbessert, auch ein Stockwerk aufgesetzt6. Anscheinend war Moses Gompertz bestrebt, seine Firma über die Stellung des jüdischen Hof- und Heereslieferanten hinaus derjenigen christlicher Handelshäuser anzugleichen. Oktober 1 7 1 8 waren Moses und Elias Gompertz dem Hofrat Maillette de Buy aus einem Wechsel 2000 Tl. schuldig. Sie boten verschiedentlich Bezahlung an, doch verlangte Maillette, daß ihm das Geld ins Haus gebracht würde. Demgegenüber 1
Annalen der Juden. S. 254 Sehr. d. Ver.J. d. Gesch. Berlins, XXXVIII. S. 5 5 5 3 Ebenda, S. 671 4 Ebenda, S. 651. - Über Matthias von Berchem vgl. Bd. I. S. 273 6 Küster, Altes und Neues Berlin III. S. 51. - Im Grundbuch des Stadtgerichtes waren die Eigentümer eingetragen als: „Moses und Elias die Jomperte". Lüdecke, Berliner Häuserbuch, /., S. 484. Anm. 2 2
49
erbat die jüdische Firma vom Kurfürsten eine Erklärung, daß sie gemäß dem Patent des Moses Levin Gompertz als OberHof- und Kriegsfaktor wie als Hofbedienter hierzu nicht verpflichtet seien, daß vielmehr Maillette, wie in Wechselsachen üblich, das Geld an ihrer Kasse gegen Präsentation der Wechsel in Empfang nehmen müsse1. A m 14. August 1 7 1 9 erhielt die Firma Moses u. Elias Gompertz eine bis 1 7 3 2 gültige Konzession zur alleinigen Fabrikation derjenigen Sorten von Rauchtabak, die bisher von auswärts bezogen worden waren 2 . In der Kur- und Neumark, im Herzogtum Magdeburg, Fürstentum Minden und Halberstadt und in der Grafschaft Ravensberg sollten sie berechtigt sein, Tabakfabriken anzulegen. Gleichzeitig erfolgte für diese Provinzen ein Verbot des Imports ausländischer Tabakfabrikate. Die Gompertz hatten dagegen jährlich 2000 Tl. an die Rekrutenkasse abzuführen, sie stellten einen großen Grenadier, der sie 1300 Tl. kostete, und sie verpflichteten sich, Ware von der gleichen Qualität und zum gleichen Preise zu liefern, wie die bisher eingeführte gewesen war. Es ist nicht klar ersichtlich, ob die Gompertz wirklich glaubten, mit der Übernahme dieses Monopols ein gutes Geschäft zu machen, oder ob sie, den merkantilistischen Tendenzen des Königs entgegenkommend, sich sein Wohlwollen für ihre anderweitigen Geschäfte zu sichern hofften. Aus einer Abrechnung, die die Unternehmer im März 1 7 2 3 , d. h. nach 3 1 / 2 jähriger Tätigkeit, im Verlauf der damals schwebenden Verhandlungen dem Generaldirektorium einreichten, geht hervor, daß die Fabrikation, die in der Sortierung, Aufbereitung und Zerkleinerung der importierten Tabakblätter und Stengel bestand, keine Investierung bedeutender Mittel erforderte. Die Unternehmer scheinen nur eine einzige Fabrik - in ihrem Hause in Berlin in der Heilige Geist-Straße - eingerichtet zu haben, während sie in Minden und Halberstadt ihre Konzession 1 7 2 1 einem dortigen Kaufmann Kulenkampf übertrugen. Die Absicht, auch in Magdeburg eine Fabrik einzurichten, und zwar in der königlichen Münze, scheint nicht 1
Rep. 21. n. 204 Mylius V., II, VI. Nr. 13 und 14; eingehet/ nach Fischbach, Beiträge I, 24 Stühle, 58 Lenz tt. Unholtz, Gebr. Schickler, S. gg
98
ouvriers
wiederholt. Nach der Jahrhundertwende geriet das Unternehmen allmählich in Verfall. Weitere industrielle Unternehmungen Mattheus Vernezobres lassen sich nicht nachweisen. Vielleicht hat er später noch verlustreiche Versuche mit Salpeterfabrikation gemacht, wofür allerdings nur eine Bemerkung des Königs spricht. Dieser wies nämlich gegen 1785 das Gesuch eines Bronzeurs um Unterstützung für eine Anlage zur Herstellung von Salpeter mit der Begründung ab: Salpeter müsse sehr ordentlich gemacht werden; darüber seien schon viele, sogar Baron Vernezobre, bankerott geworden 1 . Im Unterschied zu seinem Vater widmete der zweite Baron Vernezobre sich mit Vorliebe dem öffentlichen Interesse. Im Zusammenhang mit der Kolonisierung des Oderbruchs wurde er 1770 zum Bevollmächtigten der Oderbruch-Genossenschaft gewählt, ein Ehrenamt in der Art des heutigen Deichhauptmanns, das er bis zu seinem Tode behielt. Gleichzeitig war er erster Direktor der Kreisfeuersozietät. Das Vertrauen seiner Untergebenen besaß er ebenso wie dasjenige seiner Standesgenossen. Das finanzielle Ergebnis seiner Lebensarbeit war infolge seiner industriellen Bestrebungen und der schweren Zeit des Siebenjährigen Krieges, die er hatte durchmachen müssen, ein durchaus negatives. Als er 28. April 1782 in Hohenfinow, 62 Jahre alt, starb, hinterließ er die Güter, die er vor 34 Jahren schuldenfrei übernommen hatte, mit 192 000 Tl. Hypotheken belastet. Die dritte Generation trat damit den Kampf um ihre wirtschaftliche Existenz unter sehr erschwerten Bedingungen an. Von vier Gattinnen hatte Mattheus v. Vernezobre neun Söhne und zwei Töchter gehabt, von denen indessen die Mehrzahl jung starb. Seinem ältesten überlebenden Sohne, Carl Philipp E r n s t , hinterließ Mattheus v. Vernezobre dreizehn Achtzehntel seines Besitzes, vor allem die Stammgüter Hohenfinow, Tornow, Sommerfelde und Polssen, ferner die Barchent- und Leinenfabrik, die mit 30 000 Tl., und die Draht- und Nagelfabrik, die mit 1 o 000 Tl. angerechnet werden sollten2. Als dieser Sohn 1797 kinderlos gestorben war, heiratete 1
Rachel,
Berliner
' Testament
Wirtschaftsleben
d. Matthieu
im Zeitalter
de Vernezobre,
Berlin
des Frühkapitalismus, is. April
¡763;
S.
sig
Prov.-Arch.
99
seine Witwe, geb. v. Schkopp, damals noch minderjährig, ihren jüngsten Schwager Friedrich Ludwig v. Vernezobre, der fast 20 Jahre jünger als sein verstorbener Bruder und Vorgänger in der Ehe mit Sophia v. Schkopp war. Damit kam, als Friedrich Ludwig um die gleiche Zeit von den Erben seines anderen Bruders Karl auch noch die diesem vererbten Güter Kruge und Gersdorf zurückkaufte, in jenes Hand noch einmal der ganze Familienbesitz, allerdings unter stärksten hypothekarischen Belastungen, zusammen. Der junge Besitzer versuchte, sich zu erleichtern, indem er 1804 Kruge und Gersdorf für 1 1 4 500 Tl. verkaufte, aber der nach Abzug der Hypotheken verbleibende bare Erlös von nur 28 000 Tl. genügte nicht zur Behebung seiner Schwierigkeiten, die sich während der nun folgenden Kriegsjahre weiter steigerten. Zu dem Komitee, das über die von Napoleon auferlegte Kontribution verhandeln sollte, entsandte der Oberbarnimer Kreis eine Deputation, deren Zusammensetzung bezeichnend war: außer dem Landrat v. Itzenplitz deputierte man zwei Nachkommen bekannter Finanzleute, denen die märkischen Junker besonderes Geschick in Geldangelegenheiten zutrauen mochten, den Kammerherrn v. Eckardstein auf Prötzel und den Baron v. Vernezobre auf Hohenfinow. 1810 wurde Vernezobre vom Kreise einstimmig zum Landrat erwählt, ein Amt, das er bis 1814 und dann von 1817 bis 1821 bekleidete. Inzwischen gestalteten sich seine geldlichen Verhältnisse immer kritischer. Als seine Frau am 18. Juni 1823 starb, war er genötigt, die Erbteile seiner minderjährigen Kinder durch Erbrezeß für 20 000 Tl. an David Schickler zu verpfänden 1 . Aus seinem unmittelbar nach dem Tode seiner Frau Brandenburg Vernezobre
4a (Kammergericht) v. 27. Mai
wie in demjenigen v. 9. Jaunar
1799
und nachteilig schuldung
1795;
eines dritten 1799 - Kammergericht
die jüngeren
den
V III 31.
Testament d. Carl Philipp Ernst de
Kammergericht
Carl
Friedrich,
V III 7 - kommt zum Ausdruck,
wie lästig
Familienmitglieder
Gemeinschaftsbesitz
V III 3. In letzterem Testament
verstorbenen Bruders,
angesichts der wachsenden
an einer großen Z"hl
von Gütern
Veremp-
fanden 1
Testament d. Luise Sophie Friedrike
vom 1. Mai i8so Vernezobres
IOO
- Kammergericht
Henriette v. Vernezobre geb. v.
V III 44. - Schickler
verheiratet und wurde später von ihr
war mit einer
geschieden
Schkopp Nichte
aufgesetzten Testament 1 geht hervor, daß seine Gesamtschulden einschließlich der für seine Kinder aufgenommenen Verpflichtungen damals 308 000 Tl. ausmachten, davon gegenüber der Mittelmärkischen Landschaftsdirektion annähernd 1 5 0 0 0 0 Tl., gegenüber Schickler 3 5 0 0 0 Tl. Sein Versuch, durch eingehende Nachlaß-Bestimmungen für Verzinsung - die landschaftlichen Zinsen liefen zu 4 1 / 2 % , die anderen meist zu 5 % - und allmähliche Abtragung dieser Schulden Vorkehrung zu treffen, schlug fehl. Als Friedrich Ludwig v. Vernezobre 24. J u n i 1827 starb, wurde über seinen Nachlaß der Konkurs eröffnet und alsbald seitens der Mittelmärkischen Ritterschaftsdirektion wegen der Pfandbriefschulden die Sequestration der Güter eingeleitet, die 1 8 3 3 mit deren Verkauf endete. V o n Friedrich Ludwig v. Vernezobres beiden Söhnen blieb der ältere, der Rittmeister im Regiment Garde du Corps gewesen war, unvermählt. Der andere, gleichfalls ehemaliger Offizier und in seinem Kreise dafür bekannt, daß er ohne Beschwerden zum Frühstück eine gebratene Gans nebst einigen Flaschen Wein vertilgen konnte, hinterließ einen 1842 geborenen Sohn, der in Amerika verschollen ist. „ D i e totale Verarmung des einst um seines Reichtums viel beneideten Geschlechts wurde durch den Siebenjährigen Krieg vorbereitet, durch mißlungene industrielle Unternehmungen befördert, durch die Unglücksjahre von 1806/08 beschleunigt und durch die Bauernbefreiung, vielleicht auch durch die Schwäche des letzten Vernezobre besiegelt und unabwendbar gemacht" 2 . 1
Testament des Landrats Friedrich Ludwig Freiherr v. Vernezobre vom 26. August 1823 - Kammergericht V III 52 2 Passow, a. a. 0., I, S. 206
IOI
Geldgeber der Landesherren Wie unter Joachim II. und in der Weilerschen Zeit, so gingen auch jetzt, bis 1713, die stärksten Anleihebedürfnisse von der Landesherrschaft aus. Anders wie früher aber sind jetzt Berliner Handelskreise bei der Deckung dieses Bedarfs kaum beteiligt. Unter Kurfürst Friedrich Wilhelm wurden bare Gelddarlehen bei Berliner Kaufleuten fast gar nicht aufgenommen; soweit sich erkennen läßt, nur bei Christian Franz und bei Meinhard Neuhaus in den sechziger Jahren je 1000 Tl. Franz stand seit 1668 in regelmäßigem Schriftverkehr mit dem angesehenen Pariser Bankhause Gebr. Formont, den Korrespondenten des Großen Kurfürsten 1 . Viel bedeutender waren die Warenschulden bei Franz, Neuhaus und bei Johann Westorff und Konsorten, die nach und nach abbezahlt wurden 2 . Dagegen sollen während des Nordischen Krieges die Brüder Theodor, Johann und Heinrich Krintz dem Kurfürsten viel Geld geliehen haben, so daß sie dafür 1663 in den Adelsstand erhoben wurden; diese waren aber wohl nicht Berliner, sondern auswärtige Darlehensvermittler 3 . Ein Graf Varrensbach borgte 1664 dem Kurfürsten 25 000 Tl. gegen Verpfändung des Amts Schwedt 4 . Es gelang auch, bei einem fremden Bankier, Joh. Ochs in Frankfurt a. M., eine Anleihe zu machen 5 . Im übrigen hat der Kurfürst in starkem Maße die Mittel und den Kredit seiner eigenen Funktionäre, Generale und Räte, zur Geldbeschaffung in Anspruch genommen. So hat er von Königsberg, 25. April 1669, ein Darlehen von 30 000 Tl. auf drei Jahre gegen „gewöhnliche Interesse als 6 % " und Sicherheiten an Domänen, Zöllen oder sonst bei Boissonade, F. B. P. G., 27, S. 305 Vgl. oben S. 16f; an Franz um 1670 7000 und noch 5000 Tl. für Hofstaatskleidung. Rep. g TT 0 3 Preuß II 453; Gritzner, Chronolog. Matrikel, S. 5 4 Vgl. Breysig, Finanzen. S. 332, 337 ff. 5 Dietz, Gesch. d. Frankf. Handels V 754 1
2
102
gelieferte
mehreren Generalen angefordert und großenteils auch erhalten 1 . Als besonders wohlhabend galt der damalige Feldzeugmeister Georg v. D e r f f l i n g e r auf Gusow, von dem es hieß, er habe an 40 000 Tl. „ i m Hamburgischen Banco" stehen. E r beteuerte indessen sehr stark, es seien nur 16 000, die er bei den Pompen in Hamburg stehen habe, wovon 8000 als Mitgift seiner ältesten Tochter versprochen, 3000 für die Hochzeit und etwaige Begräbnisse bestimmt seien. Die übrigen 5000 Tl. wollte er dem Kurfürsten vorschießen, dazu 2000 Tl., die der Fürst von Anhalt von ihm hatte. E r habe einen großen Teil seines Vermögens einigen Privatleuten in hiesigen Landen ausgetan, um von den Zinsen im Alter zu leben, könne aber die Zahlung weder der Zinsen noch des Kapitals selbst durch schärfste Exekutionsmittel erzwingen. Der alte Haudegen, der nebenbei ein recht geschäftstüchtiger Mann gewesen sein muß, setzte über die dem Kurfürsten vorgeschossenen 7000 Rt. in Dukaten eine sehr vorsichtige und umständliche Obligation auf, worin gute hypothekarische Sicherheit für Zins und Kapital - Immission in das Vorwerk Seelow des Amts Lebus als Generalhypothek - sowie vollwertige Rückzahlung auch bei etwa eintretender Mindergeltung der Dukaten vorgesehen war. Im übrigen konnte Generalmajor v. Quast in Spandau 5000 Tl. zu Pfingsten und 5000 Tl. zum Herbst versprechen; Generalleutnant v. Kannenberg 5000TI. durch einen v. Bussche beschaffen; Freiherr v. Spaen wollte sich für eine Anleihe in Holland einsetzen. Bei anderen Gelegenheiten machten Joh. Tornow (1652), Franz Meinders (1662 2000 Tl., 1663 2600 Tl., 1666 2369 Tl.), Paul Fuchs (1676 2000 Tl.), Otto v. Grote (1676 3000 Tl.) Vorschüsse. Der Letztgenannte erbot sich 1679 noch 2000 Tl. „gegen Verpfändung des Seinigen" aufzunehmen und zur Bezahlung der Truppen herzuschießen, und im Mai 1683 sollte Meinders seinen Kredit zum Vorschuß ansehnlicher Gelder „interponieren". Damals wurden auch eine ganze Reihe anderer Staatsdiener beauftragt, Anlehen zu beschaffen, so der Hofrentmeister Michael Matthiaß 1 5 000 Tl., Kriegsrat Appel 10 000 Tl., Geheimrat v. Grumbkow 10 000 Tl., die kurfürstlichen Residenten v. Schmettau * R,p. 9
ZZd
103
zu Hamburg 10 ooo Tl., v. Diest im Haag 10 ooo Tl. und noch 4000 Tl. zu 5 % . Grumbkow hatte schon einige Jahre zuvor 30000 Tl. zu 6 % vorgeschossen, die zurückzuzahlen 27. August 1683 befohlen wurde. Überhaupt sind diese Darlehen meist als Antizipationen auf die laufenden Staatseinnahmen zu betrachten, zu denen man die mit deren Verwaltung betrauten Beamten verpflichtete. Denn, so hieß es bei einem derartigen Anleihe-Ersuchen im Mai 1689, es sei die Pflicht eines jeden treuen Dieners, nicht allein in den ihnen anvertrauten Bedienungen ihre treuen und gehorsamen Dienste zu leisten, sondern auch in extraordinären Zufällen mit ihren erworbenen Mitteln zu assistieren und unter die Arme zu greifen. Man erkennt hier die für die ältere Zeit, vor Friedrich Wilhelm I., typische Erscheinung, daß zwischen der staatlichen und der privaten Sphäre noch nicht streng geschieden wurde. Daher auch trugen solche, die mit staatlichen Einnahmen zu tun hatten, wenig Bedenken, ihren eigenen Vorteil dabei wahrzunehmen, und war die eigenartige Verbindung von Kaufmann und Finanzbeamten möglich, wie sie uns in Christian Weiler und J. A. Kraut entgegentritt. Erst der Soldatenkönig machte dem eigennützigen Finanzieren ein Ende; er nahm sogar keinen Anstand, Kapitalien, die im öffentlichen Dienst erworben waren, der privaten Nutzung zu entziehen und für öffentliche Zwecke zu beanspruchen. In älterer Zeit aber spielten vermögende Staatsbeamte als Geldgeber wie als Darlehnsvermittler eine nicht geringe Rolle und boten einen Ersatz für die im Inlande noch nicht entwickelte private Vermögensbildung aus Handel und Unternehmung und das kaufmännische Geldvermittlungsgeschäft. Größere Anleihen mußten auswärts besorgt werden. So wird Otto v. Guericke als Resident in Hamburg im Juni 1672 beauftragt 1 , dort 50 bis 100000 Rtl. beim Juden Texeira oder auch bei der Kämmerei oder anderen Partikuliers aufzunehmen. Im Mai 1676 schießt der Breslauer Kaufmann Ernst von Schmettau 50000 Rtl. gegen 6%ige Verzinsung und Verpfändung der Zolleinkünfte zu Lenzen vor; es sollten jährlich 10 000 Tl. zurückgezahlt werden, doch beklagt sich Schmettau 1681, daß noch 5000 Rtl. Kapital samt einigen ^ Refi.
104
9
ZZd
Zinsen restierten. Besonders hohe Beträge wurden 1679, im letzten Jahre des französisch-schwedischen Krieges, gesucht. Im März 1679 wird der kursächsische Hofjude Moyses Ventura Sachs bevollmächtigt, ein Anlehen von 200000 Tl. zu 5 % Verzinsung und gegen 4 % Provision aufzubringen; gleichzeitig der kaiserliche Rat Freiherr J o h . Joachim v. Brandenstein zu Amsterdam, 200 000 Tl. zu landüblichen Zinsen zu negotiieren; beides auf 3 - 5 Jahre, gegen Verpfändung der klevischen Ämter. A m 24. J u n i desselben Jahres hat Herzog Julius Franz von Sachsen-Lauenburg zu Schlackenwerth 100000 Rtl. zu 6 % gegen Verschreibung des Amts Lenzen vorgeschossen; das Geld wurde im August zu Leipzig ausgezahlt. Bei Beginn der Regierung Friedrichs I I I . waren keine Schu'den vorhanden, dagegen an barem Geld und guten Effekten 649 500 Rtl. Bis Ende 1697 war dieser Bestand verbraucht und waren trotz einer Einnahme von fast 1 Million extraordinärer Steuern und fast 6 y 2 Millionen an Subsidienund Quartiergeldern 850 000 Rtl. an gemachten Schulden zu bezahlen. Über die nun an Umfang gesteigerte Anleihegebarung haben wir folgende Nachrichten 1 . Es wurden 1688 und 1689 vom Prinzen v. Oranien 50 000, vom Feldmarschall v. Flemming 3 0 0 0 0 , vom Geheimrat Meinders 1 0 0 0 0 Rtl. aufgenommen; in Holland wurden gar 660 000 Rtl. auf klevische und preußische Einkünfte negotiiert, außerdem in Rotterdam nach und nach 260 000 Tl. auf Leibrenten 2 . Im Januar 1689 streckte Louis Didier de Pluviaux in Amsterdam dem dort anwesenden Kurfürsten 2500 Rtl. in banco, „so wir anstatt 3000 Rtl. Courant Müntze angenommen", gegen 5 % Zinsen vor. V o n Mai bis August 1689 kamen wieder Darlehen kurfürstlicher Beamten ein, gleichfalls gegen 5 % Zinsen. Unter anderem gab Franz v. Meinders, wie erwähnt, 10 000 Tl., die auf das Amt Vlotho versichert wurden, der Gesandte Wilh. v. Diest im Haag ebensoviel (Rückzahlung bis 1692), Oberzolldirektor Veit Heidekamp, Meinders' Schwager, 6000 Tl. Im März 1690 schoß Meinders wieder 1 2
Rep. 9 TT 0 Rep. 9 C s. 24 7
Großkaufleute 2
105
8000 Tl. zur Einrichtung des Salzwesens vor, im Juli 1690 Generalmajor Quirin v. Hollenstedt 26 666 Tl., ebenfalls zu 5 % , gegen Verpfändung der Ämter Biegen und Neuendorff; im April 1691 schaffte Freiherr von Knyphausen 14000 Rtl. holländischer Valuation aus seinen Privatmitteln in Amsterdam auf ein J a h r zu 5 % für den Kurfürsten an; ein Monsieur de Maxuel lieh 5600 Tl. zu 6 % zum Kauf von Wusterhausen 1 . 1690 klagte der vormalige kurfürstliche Commercien-Commissar in Hamburg, dann Amtsrat Samuel von Schmettau auf Rückzahlung von 20 000 Tl. gegen Raule, der von ihm ein entsprechendes Darlehen für den Kurfürsten vermittelt hatte 2 . Im Sommer 1691 verhandelte der brandenburgische Gesandte Wolfgang von Schmettau in Holland wegen eines Anlehens von 200000 Rtl. Am 16. November 1691 wurde im Geheimen Rate darüber gesprochen, wie 100000 Tl. zur Ausmünzung der neuen Bancotaler aufzubringen seien. Dabei bemerkte Geheimrat Lindholz, es habe sich jemand offeriert, 100 000 Tl. vorzuschießen, wenn er Versicherung auf die Städtekasse erhalten könne; er wollte „mit denen Leuten" sogleich darüber reden 3 . In der Folgezeit ist vornehmlich J . A. Kraut Geldvermittler für die staatlichen Bedürfnisse geworden, wie noch ausgeführt werden wird. Der mehrfach genannte Wirkliche Geheime Rat Franz von M e i n d e r s (1630-95, 1682 geadelt) muß in den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts einer der vermögendsten Männer und liquidesten Geldgeber in den Residenzstädten gewesen sein. Sein Wohlstand läßt sich kaum aus seinen privaten Verhältnissen erklären: sein Vater, ein Ravensbergscher Rezeptor, war vielleicht begütert, aber kinderreich, und seine Frau, die älteste Tochter des Geheimen Kämmerers Chr. Sig. Heydekampf, war sicher eine gute, aber nicht gerade reiche Partie; vielmehr dürfte sein Wohlstand auf die besondere Art seiner Diensttätigkeit zurück1
Rep. g C s Fasz• s3, vgl. Breysig 5 / / f ; Riedel Staatshaushalt 4g, 80 f , 5 5 , Beil. X 2 Rep. g C 1 b 1 IX. i6gy wird Schmettau als Beschaffer größerer Darlehen für Kriegführende genannt. AI. Schulte, Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, I, 489 3 Rep. g VV
2. Aus den Landschaftsakten (Buchholz) geht nicht hervor, daß
ein solches Anlehen zustande gekommen ist
106
gehen. Er stand lange Zeit an der Spitze der Heeresverwaltung, und das hat ihm wohl, wie auch seinem Freunde Joachim Ernst v. Grumbkow, und danach dem schon erwähnten J. A. Kraut, Geld und Kredit verschafft. Auch ging der Verdacht, daß Meinders von Frankreich seit 1679 größere Summen dafür erhalten habe, daß er die brandenburgische Politik entsprechend beeinflußte. Er besaß jedenfalls drei große Häuser in der Königstraße Nr. 60-62, ferner umfangreiche Gärten, teilweise vom Kurfürsten geschenkt, und vier Landgüter, Heinersdorf, Behlendorf, Hackenow und Tasdorf, die er halbwüst gekauft und mit großen Kosten wieder emporgewirtschaftet hat; er konnte große Büchersammlungen anlegen und sich mit eigenen Mitteln an den überseeischen Unternehmungen Brandenburgs beteiligen. Außer dem Kurfürsten hat er auch dem Grafen Georg Friedr. v. Waldeck, dessen Sekretär er einst gewesen war, Gelder vorgestreckt 1 . Sein zweiter Sohn Franz Ludwig v. Meinders, Legationsrat, scheint im Gegenteil ein großer Schuldenmacher gewesen zu sein. A u f seinen Hausbesitz nahm er 1699 7600 Tl. bei H . W . Heinkenroth 2 auf; Januar 1703 kam es zur Liquidation seines Nachlasses, wobei 2000 Tl., die er von des Kronprinzen Kammer-Sekretarius auf zwei Wechselbriefe entliehen hatte, nebst Zinsen vorweg bezahlt und die Hinterlassenschaften dem erbenden Bruder so lange vorenthalten werden sollten 3 . Auch der Hofrentmeister Johann Thomas Matthias, genannt v. Berchem, war derzeit ein recht wohlhabender Mann, denn er besaß allein an Immobilien in Berlin zwei große Häuser und ein kleines Haus, sowie mehrere Buden und einen Garten vor dem Königstor im Gesamtwert von 36 000 Tl., wie 1715 beim Prozeß gegen ihn festgestellt wurde 4 . Der Hof nahm, wie schon oben bei den Réfugiés erwähnt, nicht nur Depositen gern an, sondern hat sich auch um solche bemüht. So wurde auf das Gerücht, daß der verstorbene General v. Zieten 120 000 Rtl. bar hinterlassen habe, der Gouverneur von Küstrin durch ein vom Grafen Wartenberg 1 2 3 4
Ver gl A. Strecker, F. v. Meinders, Wohl Heuckenroth, vgl. unten Rep. 9 T 1 u. 6
iSgs,
S. 10a f . IOJ, 110
Rep- 9 Z Z k r
107
gegengezeichnetes Reskript vom 19. August 1701 beauftragt, den Erben vorzuschlagen, daß sie solches Geld gegen ausreichende Sicherheit auf 4 % Interesse beim König anlegen möchten. Die Witwe erwiderte jedoch, das Kapital sei lange nicht so groß wie angenommen und zu ihrem und der Kinder Unterhalt erforderlich 1 . Auffällig ist die große Zahl höherer Offiziere unter den kapitalkräftigen Geldgebern; auffällig aber nur, wenn man den preußischen Offizier des 19. Jahrhunderts im Sinne hat, der eine kaum zum standesgemäßen Leben ausreichende Besoldung genoß, dafür aber durch eine gehobene Standesehre entschädigt wurde und der somit das Gegenteil eines kapitalistisch eingestellten Menschen verkörperte. Vor 1806 war das anders; da haftete dem Offizier vom Kapitän an aufwärts noch immer etwas vom Unternehmer der Söldnerzeit an. Eine Kompagnie war wie eine Kapitalanlage und konnte bei guter Wirtschaft viel abwerfen, namentlich durch das Beurlaubtensystem. Bevorzugte Generale, die Inhaber mehrerer Kompagnien waren, konnten wirklich als Kapitalisten gelten; zudem waren auch die Gehälter der Generale vergleichsweise hoch. Friedrich II. wies einmal anerkennend auf das Beispiel seines Generals v. Tauentzien hin, der es vom blutarmen pommerschen Junker im Militärdienst zum reichen Mann gebracht hatte, und der Feldmarschall v. Möllendorff wird 1806 als reichster Mann des Landes bezeichnet, was allerdings wohl übertrieben war. 1
Rep. 9 C 5
108
Die ersten Unternehmungen und ihre Träger Wir haben schon gesehen, daß von größeren, Kapital erfordernden Unternehmungen seit jener Konjunkturwelle unter Joachim II. keine Rede mehr war, auch in der Weilerschen Zeit nicht. Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts beginnen sich solche zu regen. Die Initiative hatte zunächst allein der Landesherr und er gab auch die erforderlichen Mittel. Dazu war er, den man früher fast nur als Geldnehmer und Schuldner kennen gelernt, in der Lage, seitdem neben Patrimonialeinnahmen aus Domänen und Regalien auch feste Steuern ihm zuflössen. Wenn diese auch weitaus vorwiegend dem Unterhalt des Heeres dienten, so blieben doch unter einem tatkräftigen und weitblickenden Herrscher, wie Kurfürst Friedrich Wilhelm, auch einige Mittel für wirtschaftliche und Landeswohlfahrtszwecke übrig. So hat der Große Kurfürst eine Frachtschiffahrt nach Hamburg einrichten und den Neuen Graben (Müllroser Kanal) bauen lassen, und in den siebziger Jahren legte der Münzmeister Nikolaus Gilli, der im Januar 1677 der erste kurfürstliche Commercien-Rat wurde, einige industrielle Werke bei Krossen mit kurfürstlichen Geldern an. Sie scheiterten übrigens, und Gilli endete im Gefängnis1. Die ersten größeren Unternehmungen in Berlin wurden 1678 gleichfalls auf Betreiben des Kurfürsten angelegt: eine Wollwarenmanufaktur und eine Zuckersiederei. Gründer und Leiter beider waren merkwürdigerweise zwei Juristen: der Kammergerichtsrat und Lehenssekretär Daniel Stephani, geb. 8. Januar 1623 l m Bremischen, gest. 3. April 1707 in Berlin als Geheimer Rat 2 , und der aus Bremen stammende und zum kurfürstlichen Kammergerichtsrat erhobene Acta Bor., Akzise-Politik I 653, 7 / 5 / Leichpred. Gr. Kloster XXIII. Stephani war 1662 zum Director studiorum der kurf. Prinzen bestellt (v. Orlich, Kurfürst Friedrich Wilhelm, S. S5). Er erhielt i6g8 den Reichsadel; die Familie besteht noch
1
2
109
Elard Esich. Es sind also Fremde, die den Anfang machten, wie es auch Inckefort, Gilli und der bekannte Marinedirektor Benjamin Raule waren. Die „ K u r f , privilegierte Woll-Manufaktur" war die erste Textilfabrik in Brandenburg-Preußen überhaupt, die Vorläuferin des größeren Lagerhauses. Die Zubereitung und Färberei, zeitweise wohl auch Weberei, wurde darin fabrikmäßig betrieben, die Gerätschaften, darunter sieben Tuchpressen, waren aus Amsterdam bezogen; Dezember 1680 waren 200 Arbeiter beschäftigt 1 . Geldgeber waren außer dem Kurfürsten u. a. Geheimrat Otto v. Grote und Kommerzienrat Josias v. Rehden; an Grote und dessen Schwester schuldete Stephani im Dezember 1686 8000 Tl. Die Fabrik gedieh schlecht; sie wurde seit 1682 vom Gläubiger-Konsortium betrieben. Stephani schied Dezember 1682 aus. Esich hatte nun mit dem Buchhalter und Inspektor Christian Vehdeler die Leitung; ersterer starb 1684 verschuldet 2 , und nun brachte Vehdeler die Fabrik 1685 durch K a u f an sich. Das Geld dazu hat er anscheinend von dem Refugierten Daniel Härene erhalten 3 . Vehdeler supplizierte 1. J a n u a r 1704, die Fortsetzung aus eigenen Mitteln falle ihm zu schwer; 1 7 1 1 machte er noch Vorschläge für Einrichtung des Wollhandels 4 . Die Zuckersiederei® wurde anfangs auf der beiden Unternehmer Kosten und Risiko angelegt, die in zwei Jahren (1678-80) für Haus, Geräte und Waren 1 2 0 0 0 Tl. daran gewandt zu haben vorgaben. Der Kurfürst erteilte ihr 30. Dezember 1678 ein ausschließliches Privileg, mußte sich aber Anfang 1680 entschließen, zu völliger Anrichtung und Weiterführung 10 000 Rtl. aus den Einkünften des Schlagschatzes anzuweisen, mit der Bedingung, daß in den ersten beiden Jahren 1 2 % , in allen folgenden 1 5 % davon gegeben werden sollten. Es wurde also schon angenommen, daß bei gewerblicher Beteiligung über die landesübliche Verzinsung 1 2
Rep. 9 C 6 a III; 1690
geltend
werden
3
vgl. Erman-Reclam Rep. 9 J
J
5
Rep. 9 J
14;
110
is an ihn von Bremen
aus bei seinen
Erben
gemacht
4
(1800)
Rep. 9 J J
Schulforderungen
98s,
IV 340 ff
8 vgl. auch Kosmann und Heinsius,
u. Acta Bor.,
Akz.-Pol.
I jss
ff
Denkwürdigkeiten
usw.
X,
noch eine Gewinn- oder Risikoprämie herauskommen müsse. Zugleich bemühte man sich um Gewinnung einiger Interessenten, die Gelder einschießen und dafür am Gewinn teilhaben sollten. Dies gelang auch; es beteiligten sich u. a. die Bürgermeister Christian Friedr. Bartholdi und J o h . Senning, der Geheime Kammerdiener F. Kornmesser, dieser bis 1687, sowie ein gewisser Uden. Das Unternehmen war nun ein gemeinschaftliches; der Betriebsleiter oder Zuckersieder wurde dem Kurfürsten und allen Interessenten eidlich verpflichtet. Es kam aber bald zu Streitigkeiten wegen der offenbar sehr unzulänglichen Administration und schließlich zu einer Punktation vom 16. Mai 1 6 8 1 , wonach die Erstunternehmer die Verwaltung den Interessenten überließen, diese dagegen eine Schuld von 4000 Tl. für Zucker, der von Schmettau in Hamburg geliefert worden, zu zahlen versprachen. Geschäftlicher Leiter wurde Jonas Benjamin Wiebeking aus Hamburg, der 19. Januar 1682 zum kurfürstlichen Commercienrat und Commissarius ernannt wurde 1 . Die „Irrungen" dauerten fort, und es ist bezeichnend für die primitive Unsicherheit in der Gewinn- und Verlustberechnung, wie sehr dabei die Meinungen über die Höhe der Beteiligungen und die Zuständigkeiten auseinandergingen. Die Interessenten behaupteten Mai 1682, sie hätten 30 000 Tl., Stephani aber wenig über 1000 Tl., Esich gar nichts in dem Unternehmen stecken, während diese beiden angaben, daß sie selbst über 5000 Tl. darin hätten, die Interessenten aber nur 8000 Tl. eingelegt hätten; deren Gelder hätten sich während der vorigen Administration mit mehr als 1 0 % im Jahre rentiert. In dem Streit wurde 30. J u n i 1682 entschieden, daß Stephani und Esich sich der „Zuckerbäckerei" enthalten und sie den Interessenten gegen Erlegung von 6 % vom Kapital des Inventars weiterhin verarrendieren müßten. Die 10 000 Rtl. vom Kurfürsten blieben darin stehen; es wurde im April 1684 ihretwegen eine Präferenz beansprucht. Die Interessenten hatten auch viel Streit mit den Materialisten, die den fremden Zucker vorzogen; jene erreichten dabei zeitweilig, daß solcher verboten wurde, und erhielten im Juli 1689 vom Kurfürsten die Berechtigung, neben dem Zucker 1
Rep. 9 C 6 a 2 111
auch allerhand Spezereien und Materialwaren, wie die Materialisten, zu verkaufen. Das Unternehmen aber hat sich trotz allem nicht rentiert, sondern bedeutende Verluste gebracht. Es war 1692 aufgelöst und die Zuckerfabrik verkauft, wie aus einem Reskript vom 5. April 1692 an Bartholdi hervorgeht, nach dem Joh. Friedr. Kornmesser wegen eines Darlehens von 3000 Tl. an die Interessenten vom Kaufpreis befriedigt werden solle1. Doch wurde noch 1 7 1 0 wegen eines Anspruchs, den die Straßburgschen Erben eines der ZuckersiedereiSocietät ehedem geliehenen Kapitals halber gegen deren einzelne Mitglieder erhoben, gestritten. Die Hauptinteressenten der Zuckersiederei, Bartholdi und Senning, haben 1681 auch eine T a b a k s p i n n e r e i angelegt und dafür ein ausschließliches Privileg auf 20 Jahre erlangt. Nachdem sie mit dem ersten Betriebsleiter und Mitbeteiligten, Boeckel aus Stettin, schlechte Erfahrungen gemacht, haben sie den obenerwähnten Wiebeking aus Hamburg in ihre Societät gezogen und ihm die eigentliche Verwaltung übertragen. Doch klagten sie 1687/88, daß dieser sie hintergehe und Tabakspinnerei auf eigene Faust betreibe 2 . Die ausschließliche Konzession war schon 1686/87 aufgehoben und die Tabakfabrikation freigegeben worden. So legten denn auch die Refugierten David le Roux und Daniel Härene 1692 eine Tabakfabrik an 3 . Ein kurfürstliches Unternehmen war wohl die 1683 durch den Kaufmann und Kommerzienrat Abr. Syvers aus Kolberg hier angelegte Seesalzsiederei, die aber nicht lange bestand, da bald der Regalbetrieb mit Halleschem Salz eingerichtet wurde 4 . Bei allen diesen Unternehmungen ist eine Anteilnahme von Kaufleuten nicht festzustellen. Offenbar waren Kapital und Unternehmungsgeist bei ihnen noch wenig entwickelt. Auch die obenerwähnten Bartholdi und Senning waren keine Kaufleute, sondern Juristen und kurfürstliche Beamte. Bartholdi, 1680 Geheim- und Münzsekretär, 1698 Amtsrat und Bürger1 Rep. g C 6 b 2 I - Rep. 9 J J 14 3 Erman-Reclarn IV 341, Anm. Vgl. auch Reimann. Tabaksmonobol, S. 4 Acta Bor., Akzise-Politik 1, S. 659
I 12
11-13
meister, stand allerdings damals im Materialhandel mit einem Materialisten Wulff „auf gewisse Masse" in Kompagnie 1 , Ludwig Senning war Geheimsekretär und Archivar und gleichfalls Bürgermeister. Eine größere auswärtige Gründung unternahmen der kurfürstliche Rat v. R e h d e n , vermutlich der obenerwähnte Josias v. Rehden, mit seinem Schwager, einem Kammerrat de Smedt oder Smeth. Dieser ist jedenfalls der 1691 als Berliner Kaufmann und Silberlieferant für dieMünze genannte Johann de Smedt, offenbar ein Holländer 2 . Beide gingen an den Ausbau der Silbergruben im anhaltischen Teil des Harzes, ließen sich als Hauptmuter von dem Fürsten von Anhalt Privilegien erteilen und nahmen durch eine von 1692 bis 1698 betriebene Werbung Gewerke auf, die gegen ausgeschriebene Zubußen Anteilscheine erhielten. Es waren neben vielen Landeseinwohnern auch Hamburger und Holländer darunter. J e n e beiden versprachen, nicht weniger als 36 Gruben zu betreiben, doch sollen nicht einmal sechs ständig belegt gewesen sein. Da aber die großen Bauten samt Pochwerken und Schmelzhütten und reichlichem Personal viel kosteten, mußten trotz mehrfacher Zubußen der Gewerken noch weitere Gelder gegen Obligationen aufgenommen werden, und es sollen, indem man „erschrecklich großen Zins" versprach, „fast mehr denn 200 000 Tl. daraus geworden" sein. Zur Aufsicht über die Geschäfte bestellten die beiden Hauptmuter drei Direktoren, davon zwei aus den Gewerken, Oberaufseher v. Köttschau und Hofrat Blocq, und einen Holländer Fleurnoy, der auch Rechnungsführer war; diese unterzeichneten auch die Obligationen mit. Der Bergbau kam aber trotz allem nicht recht in Gang. Eine vom Anhaltischen Gesamthause bestellte Kommission stellte endlich viele Unrichtigkeiten fest, auch drangen viele Gläubiger auf Bezahlung. Fleurnoy entwich wegen einer Wechselschuld, und wider Rehden - Smedt 1
Rep. g L L 13. Der I J O I in den Freiherrnstand
Bartholdi,
Gesandter in Wien, wird der Bruder
Beh.-Org.
behandeln sie als
2
1684
gab es einen Bankier
haus Conrad
de Smeth Erben
eine
Person,
Raimond in
erhobene Christian
Friedr.
sein. Isaacsohn und Acta
Bor.
was nicht gut möglich scheint
de Smeth tn Amsterdam, ein
Handels-
Hamburg
" 3
war inzwischen verstorben - wurde vom Bevollmächtigten der Gewerken Arrest beantragt, da alles Seinige mehr denn drei- bis vierfach höher, als es wert, hypotheziert und verpfändet sei, er also nichts mehr in Besitz habe und fluchtverdächtig sei. Es wurde ihm nun eine Wache ins Haus gelegt. Er aber erwirkte beim Kammergericht in Wetzlar ein Restitutionsmandat. Die Vertreter der Gewerken baten darauf den König von Preußen, daß er Rehden als seinen Untertan veranlasse, sich dem anhaltischen Gericht seiner Administration halber zu stellen 1 . Weiteres ist nicht bekannt, als was hier einer weitläufigen Klageschrift der anhaltischen Gewerken entnommen ist; doch ist nicht daran zu zweifeln, daß das Unternehmen aufgegeben werden mußte. Der bekannteste Unternehmer jener Zeit war der Holländer B e n j a m i n R a u l e , eine für kurbrandenburgische Verhältnisse ganz ungewöhnliche und im Leben wie noch in neuer Zeit viel umstrittene Persönlichkeit 2 . In der brandenburgischpreußischen Geschichte ist er der Mann, der dem Großen Kurfürsten in schwerer Not, bei Beginn des Schwedenkrieges, unvermutet beisprang, indem er einen Kaperkrieg gegen die schwedischen Seeverbindungen eröffnete, dann Jahr für Jahr dem Kurfürsten die Seestreitkräfte gegen jenen Feind stellte und einmal auch führte; der ferner, als der Kurfürst, übrigens aus eigenem Entschluß, sich für Beibehaltung einer Seemacht auch nach dem Kriege entschied, ihm die Flotte begründen half und unermüdlich ihre Verwendung zu überseeischen Zwecken betrieb, der die Handelsfahrten nach der Guineaküste, die koloniale Festsetzung in Westafrika und Westindien veranlaßte und die erste große Handelsgesellschaft, die Afri1 2
Rep. XI Anhalt Das
Kolonialpolitik Leipzig
61 C i
hauptsächlichste unter
über
ihn
bei R. Schuck, und seinen
Brand.-Preußens
Nachfolgern,
2
188g. Auf eine noch ungenutzte Quelle, R.'s Handlungsbücher
macht R. Häpke merksam,
in
Zeitschrift,
in einer auch sonst neue Einblicke
Economisch-Historisch
Bd. 10(1924)
und insbesondere über Schück 27 (1888)
114
Material
dem Gr. Kurfürsten
seine
behandelt
Gunther
volkswirtschaftlichen
hinausführend. enthält
Jaarboek
mehrfach
Der Artikel falsche
g,
verschaffenden Haag
Gieraths:
Skizze In
B. Raule. doch
auf-
derselben
Sein
Leben
nicht
wesentlich
von B. Poten in Allg. Dt.
Biographie
Angaben
Ansichten,
1923.
Bde.,
(1664-73)
kanische Kompagnie, ins Leben rief. Dies alles in beständigen Kämpfen mit einer sehr gewichtigen Partei, die, gewiß nicht mit Unrecht, derart ausgreifende Pläne in Anbetracht der Lage des Staates und seiner Finanzen für unangemessen und verderblich hielt. V o m holländischen Gesichtspunkt aus betrachtet war Raule der stärkste und gefährlichste Gegenpartner der beiden großen, monopolistischen Indienkompagien, als Interlooper und Monopolbrecher von ihnen und den Generalstaaten grimmig gehaßt und aufs rücksichtsloseste bekämpft, ja, als Hochverräter in seinem Heimatlande verschrieen, da er gegen die stolzesten Errungenschaften der Niederlande, ihre Seeherrschaft, im Dienst eines ausländischen Fürsten vorging. Dabei hatte er aber in den holländischen Gegnern jener großen privilegierten Gesellschaften manche Anhänger und geldkräftige Hintermänner, so daß er aus Holland immer wieder Vorschüsse für seine kostspieligen brandenburgischen Unternehmungen beschaffen konnte. Von doit auch nahm er die Befehlshaber und weitaus überwiegend die Bemannung seiner Schiffe, die Schiffbauer und Handelsangestellten, so daß zeitweilig kleine niederländische Einwanderungen durch ihn veranlaßt wurden. Raule besaß zweifellos Eigenschaften, die zu einem erfolgreichen Aufstieg befähigten, vor allem einen vor keinen Schwierigkeiten zurückschreckenden Unternehmungsgeist und Wagemut und erstaunliche Befähigung zu unermüdlicher und vielseitiger Tätigkeit. Dabei war er ein wohlerfahrener Kaufmann, der in den weltweiten Verhältnissen seines Heimatlandes sich schon erfolgreich betätigt hatte, bevor er sein Schicksal dem brandenburgischen Staate verschrieb. Im Februar 1634 zu Vlissingen geboren 1 , war er in Middelburg, der Hauptstadt von Zeeland, als Reeder und Kaufmann früh zu Wohlstand und Ansehen gelangt, wie er denn in jungen Jahren bereits Ratsherr und Schöffe wurde. Da er seine Geschäfte hauptsächlich mit Frankreich betrieb, traf ihn der 1672 ausbrechende Krieg besonders hart, so daß er in arge Schwierigkeiten geriet. Dies hat ihn zu dem kühnen Entschluß veranlaßt, sich durch die rasche Gewinne versprechende 1
Da die Familie
die vielfach
übliche
aus Westflandern, Schreibweise
der Gegend
„Rauli"
von Dünkirchen,
wahrscheinlich
stammt,
ist
berechtigt
"5
Kaperei gegen Schweden wieder flott zu machen. Nachdem er sich dit Mitwirkung befreundeter Kaufleute und das Einverständnis der beiden brandenburgischen Vertreter in Holland verschafft, schlug er überraschend los und hatte damit auch zunächst vollen Erfolg, da in wenigen Wochen 21 unter schwedischer Flagge segelnde KaufFahrer, davon mehrere angeblich holländisches Eigentum, aufgebracht wurden. Dennoch erwies es sich als Fehlschlag, da die Prisen weder in Holland noch in England als solche anerkannt wurden und freigegeben werden mußten, obwohl die kurfürstliche Genehmigung zu den Kaperfahrten wenigstens nachträglich erteilt worden war. Raule will dadurch 100 ooo fl. eingebüßt haben; er hatte jedenfalls seine Schuldenlast noch vergrößert und sich zudem in seiner Heimat unmöglich gemacht. Der Kurfürst hat sich aufs kräftigste für ihn eingesetzt, hat sich, sogar persönlich, im Haag um Freigabe der Prisen bemüht, hat Raule durch Ernennung zu seinem Rat zu schützen, ihn durch Anweisungen auf Subsidiengelder, die ihm die Niederlande schuldeten, später sogar durch förmliche Übernahme der Bürgschaft für ihn von seinen Gläubigern zu befreien gesucht: das alles hatte keinen oder nur vorübergehenden Erfolg. Raule, der schon bald hatte fliehen müssen, dann zurückgekehrt war, mußte schließlich doch sich und seine Familie in den kurfürstlichen Staaten in Sicherheit bringen; sein stattliches Haus in Middelburg wurde später zugunsten der Gläubiger beschlagnahmt. Der Kurfürst aber, der ihn als brauchbaren Helfer erkannt hatte, hielt an ihm fest und ernannte ihn im Februar 1676 zum Schiffs-Direktor, im August 1677 zum „Ober-Direktor unserer Seesachen" und schließlich im Februar 1681 zum „General-Directeur de Marine" mit Obristen-Rang. Seit September 1676 wurden ihm zum Unterhalt seiner geflüchteten Familie 100, später 150 Tl. monatlich gezahlt; das Gehalt erreichte 1682 die stattliche Höhe von 400 Tl. monatlich. Raule stand somit zum Kurfürsten im doppelten Verhältnis des besoldeten Beamten und des privaten Geschäftsmanns, der mit ihm Verträge schloß und abrechnete und dabei den eigenen Nutzen, dem allgemeinen Urteil nach in übermäßiger Weise, wahrnahm. Das blieb so, 116
bis durch den letzten Vertrag vom i. Oktober 1684 die Rauleschen Schiffe, damals 9, mit 176 Kanonen, zu den in Rotterdam festgestellten Taxpreisen und gegen ausbedungene Ratenzahlungen, im ganzen für 109 340 Tl., in kurfürstlichen Besitz übernommen wurden. Aber auch danach waren die privaten und die öffentlichen Interessen nicht klar getrennt, denn Raule blieb nicht nur Generaldirektor der nun ausschließlich kurfürstlichen Marine, sondern war auch Leiter der von ihm 1682 begründeten Afrikanischen Handelsgesellschaft und konnte über die Gelder, die Schiffe, das Personal beider nach Ermessen und sogar wechselseitig verfügen, wie ihm im Sommer 1686 ausdrücklich zugestanden wurde. Die Schiffe waren ursprünglich aus Holland bezogen, soweit es nicht Beuteschiffe waren; doch begann Raule schon 1676, in Kolberg, nach dem Kriege in Pillau, dann auch in Berlin und in Havelberg solche bauen zu lassen, und zwar für staatliche wie für eigene Rechnung, auch auf Verkauf oder Vermietung. Wahrscheinlich hat er dabei für sich allerlei Vorteile seitens des Staates genossen, wie Bauplätze, Holz und sonstiges Material; später ist auch von einem monopolischen Holzhandel die Rede, an dessen Gewinn übrigens des Kurfürsten Nachfolger mit V 2 , der Premierminister v. Danckelmann mit 1 / 6 beteiligt waren. Jedenfalls war es die einhellige Meinung, daß Raule bei der beständigen Vermengung von staatlichen und privaten Belangen mehr als ausgiebig seine Rechnung fand, und das dürfte wohl auch zutreffen. Erheblicher ist aber jedenfalls ein anderer Umstand, daß nämlich Raule bei seinem unleugbaren Wagemut beständig die Schwierigkeiten unterschätzte und in seinen Berechnungen und Vorschlägen einen Optimismus bekundete, der bei einem so klugen Kaufmann erstaunlich ist. Daraus erklären sich die auffällig vielen Fehlschläge und Mißerfolge, die seine Unternehmungen begleiteten und die nur ausgehalten werden konnten, weil die Verluste immer wieder aus staatlichen Mitteln gedeckt wurden. Selbst bei den berühmten, auf seinen R a t unternommenen Kaperfahrten gegen die Spanier stand der Erfolg in starkem Mißverhältnis zu dem, was man erhoffte, und zu dem Risiko kriegerischer Verwicklungen, das damit verbunden war: es wurden kaum die Kosten des Unter117
nehmens eingebracht. Das Urteil der abgünstig Gesinnten ging dahin, daß Raule immerzu Projekte vorschlage und aufs einleuchtendste zu verfechten wußte, bei denen im Fall des Gelingens ihm großer Vorteil, bei Mißlingen aber dem Staat der Schaden zufiel, daß also derselbe Mann, der in seinen Geschäften mit dem Staat sehr genau seinen eigenen Vorteil zu berechnen wußte, recht großzügig, um nicht zu sagen gewissenlos leichtfertig verfuhr, wo er nicht die Kosten zu tragen hatte. Auch diese Meinung erscheint nicht ungerechtfertigt. Für die Art, in der Raule seine Vorschläge machte, ist jedenfalls ein kleines Beispiel kennzeichnend: er gedachte 1684, aus Rügenwalde einen Hafen zu machen, mit dem man Danzig lahmlegen könne, und es wurde daraufhin einige J a h r e mit erheblichen Kosten an diesem Hafen gebaut, natürlich ohne jeden Erfolg. Die Raulesche Annahme ist jedenfalls auch für den krassesten Laien erstaunlich, bei einem so erfahrenen See- und Handelsmann aber unverständlich. Andererseits hat Raule auch bei eigenen Unternehmungen solchem übertriebenen Optimismus gehuldigt, so schon bei den ersten Kaperfahrten, später bei den GuineaUnternehmungen, die er anfänglich auf eigenes Risiko betrieb. Es hätte von ihm, der die Denkweise seiner Landsleute so gut kannte, dabei in Rechnung gezogen werden müssen, daß die Holländer einem neuen Wettbewerber mit stärksten Mitteln entgegentreten würden. Die abfälligen Urteile über Raule erhalten dadurch verstärktes Gewicht, daß sie auch von solchen geäußert wurden, die ihm gewiß von vornherein nicht übelwollten. Die brandenburgischen Vertreter im Haag, W. W. Blaspeil und P. Romswinckel, die Raule selbst empfohlen und gefördert hatten, warnten, nachdem sie ihn über ein J a h r lang kennen gelernt, den Kurfürsten nachdrücklich davor, sich mit ihm weiter einzulassen. E r habe den Kurfürsten bei der Schiffegestellung erheblich überteuert nnd sei „in seiner Finanz sehr listig und in allerlei Anschlägen zu machen so glücklich als in deren Ausführung bisher unglücklich." Sie baten, ihnen weitere Verhandlungen mit ihm zu erlassen, damit sie mit ihm nichts weiter zu schaffen hätten. Und Blaspeil gibt in einem besonderen Schreiben eine außerordentlich treffende Kenn118
Zeichnung des Mannes, wobei er Gott zum Zeugen anruft, daß nicht einige Passion, sondern die lebendige Erfahrung ihn zu solchem Urteil zwinge. Er fügt auch ehrlich bei, daß er ihn nicht für einen Betrüger halte, wie es in Holland geschehe, aber, so führt er aus, „seine Conduite taugt gar nicht, er fängt vieles an, ohne vorher zu überlegen, ob er es ausführen und die Obstacula, welche sich herfür thun surmontiren kann. Er ist verschmitzt und prompt, kann reden und schreiben was er will, und wo man zweifelt und ihm einige Dubia moviret, weiß er alsbald sehr scheinbare Ausflüchte zu finden und allen seinen Sachen eine solche Farbe anzustreichen, daß er auch die allerklügsten damit einzunehmen und in seine Sentiments zu bringen weiß; und gleich wie ich anfänglich dadurch bewogen worden, mich seiner also, als wäre es meine eigene Sache gewesen, anzunehmen, also scheint, daß er sich auch dieses Mal zu Berlin, da er noch nicht recht bekannt ist, dergleichen Künste gebrauchet und dadurch gemacht hat, daß man sich große Dinge von ihm promittiret, daran es aber zuletzt wahrhaftig fehlen würde. Zwar ist nicht ohne, daß er in E. Ch. D. Dienst vielen Schaden erlitten, man hat ihn aber gewarnt, so er nicht attendiren wollen; er hat zu zeitig reich zu sein getrachtet und vermeinet, wenn schon E. Ch. D. er unter dem Rücken hatte, so würde er wohl zurechte kommen. Er hat sich aber dadurch nur noch mehrere Feinde gemacht. Sonsten haben E. Ch. D. für ihn mehr gethan, als Sie zu thun schuldig gewesen, also daß er sich desfalls gar nicht zu beklagen hat. Nichtsdestoweniger, wenn ihm mit einem Geringen zu helfen wäre, däucht mir unmaßgeblich, daß man ihn nicht abandonniren müßte. Er geht aber gar zu weit ins Feld hinein und greift nicht allein zu tief in E. Ch. D. Beutel, sondern zielet auch dahin, daß E. Ch. D. ei . . . in seine Sachen und Händlen (mit Holland) je länger je mehr einwickeln möge . . Es erscheinen hier schon im Anfang dieselben Vorwürfe, die immer wieder gegen Raule erhoben wurden: daß er den Kurfürsten mit allerlei Mitteln übervorteile und ihn ohne Verantwortungsbewußtsein in kostspielige und gefährliche Unternehmungen hineinzudrängen suche. Mehr als bedenklich sind dann die von Raule aufgestellten Bilanzen der "9
Afrikanischen Kompanie. Während diese dauernd unter Geldnot litt und außerordentliche Zuschüsse erforderte, weisen die Rauleschen Jahresabschlüsse immer einen erfreulichen Überschuß auf. Als nun der rechtliche Knyphausen, einer der wenigen, die Raule wohlgesinnt waren, mit einer Nachprüfung beauftragt wurde, mußte er nicht nur Confusion und böse Menage in der Verwaltung feststellen, sondern fand auch heraus, daß die Passiva nicht 70 600, sondern 454 400 Tl. ausmachten, und daß somit bei einem Aktivstand von 223 000 Tl. sich statt des Rauleschen Überschusses ein gewaltiges Defizit ergebe. Bei solcher Sachlage läßt sich wohl kaum noch von leichtfertiger Buchführung oder Schönfärberei reden, sondern es liegt offenbar bewußte Bilanzfälschung vor. Auch Knyphausen bat daraufhin, ihn mit den Rauleschen Angelegenheiten weiterhin zu verschonen. Es ist demnach nicht verwunderlich, daß die vielen, dem ausländischen Günstling feindlich Gesinnten ihn für einen Ausbeuter und Betrüger ausgaben, und daß die öffentliche Meinung allgemein dafür hielt, er bereichere sich auf Staatskosten. Daß einige von ihm auf Vertrauensposten gebrachte Holländer offenbare Betrügereien in bedeutender Höhe sich zuschulden kommen ließen, wird auch den Verdacht gegen ihn verstärkt haben. Anderseits haben die mehrfach, zum Teil auf Raules eigenen Antrag hin veranstalteten Untersuchungen immer ergeben, daß eine ungebührliche Selbstbevorteilung nicht vorliege. Vor allem war der Große Kurfürst, der ihn als brauchbares Werkzeug für seine Lieblingspläne schätzte, durchaus entschlossen, ihn nicht fallen zu lassen, weil dies oder jenes in den Rechnungen nicht stimmte. E r hat dabei berücksichtigt, daß Raule, als er sich auf die brandenburgische Seite schlug, schwere Verluste erlitten, daß er Bezahlung oft in uneintreibbaren Wechseln erhalten, daß er bei dem stets drückenden Geldmangel beständig Vorschüsse leisten mußte, immer nur stockend und gelegentlich befriedigt werden konnte, sich dauernd größte Mühe um die Beschaffung der notdürftigsten Mittel, für Löhnung und Verpflegung, machen mußte, und daß man deshalb ihm billigerweise etwas durchgehen lassen solle. E r wußte, daß sein Schiffsdirektor sich für seine Verluste und Sorgen unmerklich,
120
auf kaufmännisch geschickte Art, Ersatz verschaffte; es wird ihm aber ebensowenig unbekannt geblieben sein, daß auch andere, bis in die höchsten Beamten- und Militärposten hinauf, ihren Vorteil wahrzunehmen und im notleidenden Staat reich zu werden verstanden. So ließ er dem tüchtigen Mann allerlei hingehen, sofern es nicht in augenfälliger Weise geschah. Auch als im Herbst 1681 bei der Generalabrechnung über die Vergangenheit mehrere Posten in Raules Ausstellung als nicht hinreichend begründet beanstandet wurden, entschied der Kurfürst, sie sollten im Hinblick auf „die treuen und nützlichen Dienste, den Fleiß und die gute Conduite" Raules anerkannt werden. Ein weniger großherzig denkender Herr hätte sich die Gelegenheit wohl nicht entgehen lassen, an der Forderung, die Raule damals in Höhe von 48 516 Tl. gegen den Staat hatte, einiges zu kürzen. Daß der Mann trotz solcher Mängel außerordentlich tüchtig war, hat auch der sehr kluge französische Gesandte Rebenac erkannt, da er über ihn seinem König lobend berichtete und empfahl, mit ihm in geschäftliche Verbindung zu treten und Schiffe bei ihm in Pillau bauen zu lassen. Raule mußte auch, da es beständig an Geld für die Marine mangelte, von Anfang an, schon im eigenen Interesse, den Finanzberater spielen. Die Vorschläge, die er mehrfach zur Beschaffung von Mitteln gemacht hat, sind nicht originell; sie entspringen seiner Kenntnis der im vorangeschrittenen Westeuropa angewendeten Finanzpraktiken, und es ist fraglich, ob sie dem Kurfürsten neue Gesichtspunkte boten. Dieser ist jedenfalls wenig darauf eingegangen; namentlich der von vornherein lebhaft beantragte Ämterverkauf ist zum Glück nicht eingeführt worden, doch könnte die seit 1686 erhobene Marine-Chargensteuer wohl auf ähnliche Vorschläge Raules zurückgehen. Am umfassendsten und gewichtigsten hat sich dieser in einer Denkschrift vom April 1682 ausgelassen. Von den darin enthaltenen Vorschlägen wurden einige schon in den nächsten Jahren verwirklicht, so die Betreibung des Schiffbaues in Berlin, die Errichtung eines Kommerzienkollegs, die Herbeiziehung französischer Religionsflüchtlinge, die Einführung eines strengen Wechselrechts; ein anderer, auf eine obligatorische Feuerversicherung für die Residenzstädte 8
Großkaufleute 2
121
abzielend, späterhin. Hier wird auch, soviel sich erkennen läßt, zum erstenmal die Errichtung einer Lehnbank, mit dem noch sehr bescheidenen Kapital von 100 ooo Tl., beantragt; damit wäre Raule der Vorläufer einer ganzen Reihe ungerufener Ratgeber, die um die Jahrhundertwende mit sehr viel weitergehenden Bankvorschlägen die Regierung bestürmten und Beachtung, doch keinen Erfolg fanden 1 . Besonders bemerkenswert sind einige soziale Vorschläge Raules, die immerhin einen guten Blick für die Bedürfnisse der unteren Klassen verraten: Abfassung eines Handwerker-Reglements, Nachlaß der Steuern auf geringe Nahrungs- und Genußmittel und Bau billiger Mietswohnungen für ärmere Leute. Raule will demnach, daß dem Handwerk, selbst mit Preisgabe staatlicher Einkünfte, aufgeholfen werde, während er die für die Flotte nötigen Mittel nur vom Handelsverkehr - durch erhöhte Hafenauflagen und genauere Eintreibung der Zölle und von den Festbesoldeten zu nehmen vorschlägt. Seinen Wohnsitz hatte Raule, der durch mannigfaltige Geschäfte und Aufträge zu vielem Umherreisen genötigt war, in Kolberg, nach dem Kriege in Pillau und Königsberg. Erst 1682 zog er nach Berlin, nachdem die Afrikanische Kompanie begründet, ein langfristiger Schiffahrtsvertrag zustande gekommen und ihm durch die erwähnte Gehaltserhöhung ein standesgemäßes Auftreten in der Residenz ermöglicht war. Er hat das verfallene ehemalige Ballhaus auf dem Friedrichswerder in der (Alten) Leipziger Straße gekauft und es zum Wohnhaus umgebaut; indem sich bald die Geschäfts- und Lagerräume der Marine und der Kompanie daran schlössen, entstand daraus jener als „Raules H o f " bekannte Komplex, der erst in diesen Jahren dem Neubau der Reichsbank hat weichen müssen. Das Wohnhaus war äußerlich sehr einfach, im Inneren aber mit einem für die damaligen Berliner Verhältnisse ungewöhnlichen Reichtum ausgestattet, denn Raule hat nun seine schöne Einrichtung, die als Eigentum der Ehefrau der Beschlagnahme entgangen war, aus Holland herbeischaffen lassen. Dazu kamen vielerlei aus fernen Weltgegenden stammende seltene und kostbare Dinge. Er kaufte ferner 1686 das ehemals Reichesche Gut Rosenfelde vom Geheimen Rat ' Vgl. v. Poschinger, Bankwesen und Bankpolitik in Preußen, I, S. 33 j 122
v. Grumbkow und hat diesen gleichfalls arg verfallenen Besitz durch holländische Bau- und Gartenkünstler zu einem Wunderwerk im märkischen Wüstensande, wie Rebenac erwähnt, umgestalten lassen. Ein reizendes Schlößchen, Parkanlagen und Gutswirtschaft - das alles war nach holländischer Art sauber und müstergültig angelegt. Ein Empfang, den Raule da 1688 dem Kurfursten und der Hofgesellschaft bereitete, ist durch einige holprige Verse des Hofdichters v. Kanitz bekanntgeworden. Raule hat noch weitere Mittel in Grundstücken angelegt; er besaß jedenfalls einen großen Garten und vielleicht einen Weinberg vor Berlin und hat sich auch in der neu aufblühenden Residenzstadt Potsdam angekauft. Jedenfalls wurde er für sehr reich, wenn nicht für den reichsten Privatmann Berlins gehalten; es war aber auch jeder überzeugt, daß dieser Reichtum auf Kosten des Staates und der beständig notleidenden Afrikanischen Kompanie erworben war. Daß Raule auch damals noch immer hochverschuldet war, werden wenige gewußt haben; tatsächlich hatte seine alte Gläubigerin, das Haus Gebr. Lestevanon in Amsterdam, an ihn noch eine Forderung, die von 1675 bis 1684, wohl durch hinterstellige Zinsen, von 130 000 auf über 170 000 fl. gestiegen war. Die Firma verlangte gerichtliche Auseinandersetzung in Amsterdam oder Bankerotterklärung. Der Kurfürst ließ dagegen auf 30 000 Tl. verweisen, die er noch bei den Generalstaaten zu beanspruchen habe, aber das dürfte kaum den Gläubigern zugute gekommen sein. Die Berliner Jahre von 1682 bis 1688 waren für Raule wohl die glücklichsten und erfolgreichsten, wenn es auch damals an Unruhe und Sorgen, an Fehlschlägen und Enttäuschungen keineswegs gefehlt hat. Aber er hatte nun eine Heimstätte gefunden, in der er sich vermeintlich auf Lebensdauer behaglich einrichtete, und eine Stellung erlangt, die tatsächlich der eines Marineministers entsprach, denn er war keinem als nur dem Kurfürsten unmittelbar unterstellt und verantwortlich. Der Tod seines alten, ihm unentwegt geneigten Gönners brachte naturgemäß einen entscheidenden Wandel: das persönliche Vertrauensverhältnis zum Herrscher hatte damit ein Ende. Der Nachfolger hatte keine inneren Beziehungen zu dem Lieblings-Lebenswerk seines Vaters, er 123
hatte es als Kurprinz vielmehr mit den „Anti-Mariners" gehalten und setzte als Kurfürst dessen Flotten- und ÜberseeUnternehmungen nur fort, weil er es seiner „Gloire" schuldig zu sein glaubte. Aber solche äußerliche Einstellung verlangte sichtbare Erfolge; anderseits geboten Rücksichten der hohen Politik, vor allem das enge Zusammengehen mit den Generalstaaten, vorsichtig zu verfahren und jene nicht zu reizen. So war die Stellung Raules wesentlich schwieriger, abgesehen davon, daß nun der persönliche Verkehr des Herrschers mit dem fremden Emporkömmling, der schon immer viel Ärgernis erregt hatte, mit einem Schlage aufhörte. Dies wurde schon bald nach dem Regierungswechsel dadurch besiegelt, daß die Leitung jener Angelegenheiten einer Oberadmiralität unter dem Vorsitz der Minister Eberhard v. Danckelmann und v. Knyphausen übertragen und, ihr untergeordnet, j e ein Kollegium der Marine und der Afrikanischen Kompanie geschaffen wurde, beide mit Johann v. Danckelmann als Präsidenten, während Raule nur noch geschäftsführender Direktor in den neuen Behörden war. Er blieb indessen der maßgebende Mann; seine überragende Sachkunde, seine kaufmännische Geschicklichkeit, seine Beziehungen zu Holland, sein Kredit waren nicht zu entbehren. Auch waren die Geschäfte und das Rechnungswesen durch ihn selbst so verwickelt gestaltet, daß kaum ein anderer sich darin auskennen konnte. Er wurde also weiterhin gebraucht; er beschaffte schon bald Geld und Munition für den Krieg aus Holland und eröffnete da auch eine neue Anleihequelle für die Kompanie. Diese Anleihen auf Leibrenten, auch Tontine genannt, waren nichts als der alte Rentenkauf, der in den Zeiten des kirchlichen Zinsverbots sehr gebräuchlich, inzwischen anscheinend unbekannt geworden war. Es wurden jetzt mehrere derartige Anleihen für den Kurfürsten durch Raule aufgelegt; dieser bediente sich dafür seines Rotterdamer Freundes Willem Pedy. Man hat offenbar das neue Verfahren, wobei bekanntlich das Kapital nicht zurückgezahlt wird, die Renten aber auch ungefähr das Doppelte des gewöhnlichen Zinssatzes betragen, anfangs als höchst vorteilhaft begrüßt; Raule erhielt damals ein kurfürstliches Geschenk von beinahe 124
ioooo Tl. für erlittene Verluste. Dann aber empfand man die jährlichen hohen Rentenzahlungen, für welche bestimmte kurfürstliche Einkünfte eingesetzt waren, als so drückend, daß Raule später wieder helfen mußte, um davon loszukommen. Er hat die Umwandlung der Leibrenten, deren Höhe insgesamt mit 260 000 Tl. angegeben wird, in „Losrenten" vorgeschlagen, und seinem Rat ist man anscheinend gefolgt; jedenfalls gelang die Ablösung 1704/05. Vor allem hat Raule, als es mit der Kompanie gar nicht mehr weitergehen wollte, ein Mittel gefunden, das Unternehmen dennoch fortzusetzen, indem er 1692 eine neue „Afrikanisch-Amerikanische Compagnie" mit vorwiegend holländischen Teilhabern zustande brachte, die den ganzen Aktiv- und Passivbestand der alten übernahm, während den Inhabern der alten Aktien nur die Hälfte ihrer Einlagen gutgeschrieben wurde. Da der Kurfürst dabei den größten Schaden erlitt - es heißt später 60 000 Tl. - , so beweist es um so mehr die Geschicklichkeit Raules, daß er ihn auch noch zu einem Zuschuß von 12000 Tl. jährlich auf eine Dauer von zehn Jahren zu bewegen vermochte. Die Gesellschaft begann so, mit einem Aktivbestand von über 80 000 Tl. und jenem gesicherten Jahresbeitrag, aussichtsreich. Aber nun beging Raule wieder den alten Fehler, auf Grund übertriebener Erwartungen allzuviel auf das Spiel zu setzen, indem im Laufe eines Jahres nicht weniger als 14 Schiffe ausgerüstet und ausgesandt wurden, was die Kräfte der Gesellschaft weit überstieg. Als sich nun wieder Verluste und Schwierigkeiten in Menge ergaben, wurden Raule heftige Vorwürfe gemacht, und es erhob sich auch innerhalb der Gesellschaft eine Gegenpartei, gegen die sich Raule mit seinen Anhängern immerhin einige Jahre noch durchsetzen konnte, wenngleich unter beständigen Kämpfen. Auch weiterhin konnten empfindliche Einbußen, die namentlich durch französische Kaper, aber auch durch erneute Betrügereien holländischer Angestellter verursacht wurden, nicht durch augenfällige Erfolge ausgeglichen werden. Bei der Kompanie bezifferte man die Verluste in kurzer Zeit auf 100 000 Dukaten, während in den Bilanzen auch weiterhin glänzende Uberschüsse erschienen. Es ist daher nicht verwunderlich, daß !25
nach dem zu Ende des Jahres 1697 erfolgenden Sturze von Danckelmann und Knyphausen, in denen die Marine- und Kommerzienpolitik des Großen Kurfürsten ihre überzeugtesten Vertreter besaß, eine scharfe Untersuchung dieser Angelegenheiten und auch von Raules Geschäftsführung eröffnet wurde. Das tief Beschämende ist nur, daß das Verfahren wider Raule ebenso wie das gegen Danckelmann mit der bestimmten Absicht durchgeführt werden mußte, unter allen Umständen etwas Strafbares zu finden, damit man sich der sehr hoch veranschlagten Vermögen beider bemächtigen konnte. Man versuchte natürlich, Raule aus seinen gewiß nicht einwandfreien Rechnungen einen Strick zu drehen; aber da diese längst geprüft und abgenommen waren, so ließ sich damit nichts erreichen. Man entblödete sich indessen nicht, die Annahme eines hohen Gehalts und jenes kurfürstlichen Gnadengeschenks unter die Anklagepunkte aufzunehmen; als schließlich mit dem besten Willen nichts Straffälliges zu ermitteln war, verbiß man sich auf einen unbedeutenden Punkt, nämlich, daß Raule von Verfehlungen des klevischen Münzmeisters gewußt und sie nicht angezeigt habe. Da auch das allenfalls zu einer Geldstrafe, aber nicht zur Vermögenskonfiskation hingereicht hätte, so wurde Raule, der seit 12. Dezember 1698, und zwar auf eigenhändigen Haftbefehl des Kurfürsten, in Spandau gefangen saß, durch beständiges, drängendes Zureden dahin gebracht, daß er sich der Gnade des Kurfürsten unterwarf. Ein Schuldbekenntnis war damit nur insoweit verbunden, als der Gefangene zugestand, seine „Unvorsichtigkeit" habe Bestrafung und Einziehung seiner Güter verdient; als Gnade wurde die Gewährung des Lebensunterhaltes erbeten. Da man sich somit am Ziele sah, wurde das Verfahren wider ihn eingestellt, trotzdem aber Raule wider alles Recht in Haft gehalten. Die Erklärung dafür dürfte auf der Hand liegen: man wollte verhindern, daß durch ihn kundbar werde, wie mit ihm umgesprungen worden war, und dachte wohl, den alten Mann bis an sein Lebensende in einer Zelle in Spandau zu lassen, wo er nicht gefährlich werden konnte. Es kam dadurch anders, daß die in Emden noch mühsam vegetierende Afrikanische Kompanie ohne 126
seine Mitarbeit und seinen Rat nicht auszukommen erklärte. So wurde er im Mai 1702 nach 3Y2 jähriger Kerkerhaft unter genauen Vorsichtsmaßregeln nach Emden entlassen. Er hat dort drei Jahre unter erbärmlichen Umständen, lange Zeit auf einem lecken Schiff lebend, im Dienst der Kompanie zugebracht; im Juni 1705 durfte er, mit einem Jahresgehalt von 1000 Tl., nach Hamburg übersiedeln und ist da, nach langer Krankheit, 17. Mai 1707 gestorben. Seine Frau war ihm im Tode vorangegangen, nachdem beide seit Raules Verhaftung getrennt waren und sich nach seiner Haftentlassung nur einige Stunden gesehen hatten; eine einzige Tochter war längst vorher gestorben, so daß Raule niemanden hinterließ. Die Ausbeute aus Raules Sturz ist offenbar hinter allen Erwartungen zurückgeblieben. Das wertvollste war Rosenfelde, das der Kurfürst sogleich an sich nahm und wohin er auch die wertvollsten Möbel aus Raules Berliner Haus schaffen ließ; Gut und Dorf, das Raule ebenfalls ganz gekauft hatte, erhielten nun den Namen Friedrichsfelde. Sonst fanden sich nur 8000 Tl. in bar und 26 000 Tl. in Aktien der AfrikaKompanie. Vermutlich bewog die Enttäuschung über dieses Ergebnis zu weiteren Abscheulichkeiten, indem man das gerichtlich hinterlegte Testament des Ehepaares gewaltsam öffnen ließ und gegen die ihres Mannes beraubte und schwerkranke Frau einen fiskalischen Prozeß wegen ihres Eingebrachten anstrengte. Immerhin wurde das konfiszierte Vermögen von Raules Advokaten auf 200 000 Tl. geschätzt. Das Berliner Haus wurde erst nach Raules Tod beschlagnahmt oder wenigstens dann erst weiterveräußert; es brachte in der Versteigerung 7400 Tl. Noch immer hatte Raule auch Besitzungen auf Seeland, namentlich ein kleines Landgut, innegehabt, die den Gläubigern, wahrscheinlich als der Ehefrau gehörig, entgangen waren; sie wurden erst 1709/10 für 10 500 fl. verkauft. Es konnte in diesem Rahmen nur ein kurzer und unter einem bestimmten Gesichtswinkel gehaltener Abriß von der Wirksamkeit jenes Mannes gegeben werden. Aber auch daraus wird sich erkennen lassen, wie ungewöhnlich bewegt, wie reich an Streben und Kämpfen, an Erfolgen und Leiden seines Leben gewesen ist, und mehr noch, daß im Wesen des 127
Mannes Rätsel und Widersprüche enthalten waren, die sein Bild weit über das eines Alltagsmenschen hinausheben. Es läßt sich begreifen, daß der Versuch, dieses Schicksal als Roman zu fassen, neuerdings gemacht worden ist 1 . Hier kann nur noch versucht werden, zu einem zusammenfassenden Urteil über Raule zu gelangen. Dabei wird vor allem dies zu betonen sein: wenn ein Herrscher, wie es der Große Kurfürst war, einen Mann über 20 Jahre hindurch als hervorragenden Diener und Helfer gebraucht und geschätzt hat, so muß dieser über nicht gewöhnliche Eigenschaften und Fähigkeiten verfügt haben. Und wie man auch über seine Gewinnsucht denken mag, diese allein war ihm gewiß nicht Antrieb; es läßt sich vielmehr nicht verkennen, daß er sich aus voller Überzeugung, mit aller Leidenschaft und Aufbietung aller Kräfte für weitere Ziele und für den Staat, dem er diente, eingesetzt hat. Wäre ihm das „Geldmachen" alleiniger Daseinszweck gewesen, so hätte er leicht Gelegenheit gefunden, sein Schäfchen beizeiten insTrockene zu bringen. Aber ihn beseelte sicher höheres Streben. Und man darf auch mit Recht vermuten, daß dieser Holländer, der niemals des Deutschen recht Herr wurde, im Herzen ein guter Brandenburger geworden ist. Seine Fehler hat er durch ein Übermaß von Unglück mehr als gebüßt, und im Unglück selbst hat er eine solche Haltung gezeigt, daß alle Vorwürfe schwinden müssen. In diesen Leidensjahren, da Ehrgeiz und Gewinnstreben nichts mehr bedeuteten, tritt sein Bild rein und achtunggebietend hervor. Der Staat braucht sich des Baumeisters seiner Marine nicht zu schämen, und die Büste des Mannes in der Marineschule zu Flensburg kann den Platz mit Ehren behaupten. Bei der Afrikanischen Handelskompagnie trat nach Raule ein Berliner, Joachim Friedrich K o r n m e s s e r , maßgebend hervor. Er war als Sohn eines Balbierers und nachmals Ratskämmerers zu Cölln 10. J a n u a r 1641 geboren und 1
Meta Schoepp, Benjamin
burgischen
Marine.
Raule. Der Roman der Gründung
Hamburg 1934.
von Golmen,
1901),
meisterlicher
Weise erzählendes
128
Die
Schilderung
ein* ausgesprochene Ehrenrettung, Beiwerk
der
Kurbranden-
von Otto Richter
(Otto
bringt in etwas schul-
ist wohl dem ursprünglichen Beruf des Vaters, der stets mit dem eines Wundarztes verbunden war, gefolgt; denn er wurde, nachdem er Reisen nach Holland und Guinea unternommen, 1668 kurfürstlicher Hof- und Reise-Chirurgus. Danach erscheint er in der Vertrauensstellung eines Kammerdieners, dann Geheimen Kammerdieners und erhielt noch kurz vor dem Tode des alten Kurfürsten den Ratstitel. E r schloß nun zu Potsdam eine zweite Ehe, und zwar führte er mit seinen 47 Jahren eine 28 jährige ausländische Erbin heim, die einzige Tochter des angesehenen Rotterdamer Bankiers und dann gleichfalls kurbrandenburgischen Rats J e a n de Pedy. Nach dem Tode des Kurfürsten ist er wohl von Potsdam nach seiner Vaterstadt übergesiedelt, wo er 1689 das Haus Breite Straße 23 erwarb; er war schon ein wohlhabender Mann, denn er hat in seinem 1690 aufgesetzten Testament über 12 000 Tl. allein an Legaten verfügt 1 . Seinen holländischen Beziehungen dürfte es zuzuschreiben sein, daß Kornmesser, der auch als Geldgeber der Zuckersiederei-Gesellschaft erscheint, sich an der Afrikanischen Handelsgesellschaft beteiligte. In den Streitigkeiten der sie spaltenden Interessentengruppen gewann seine Partei, anscheinend im Zusammenhang mit dem Sturze Raules, das Übergewicht, und Kornmesser wurde 1 1 . April 1698 an Stelle v. K n y p hausens zur Wahrnehmung der landesherrlichen Interessen als Condirektor „zur Beobachtung der Afrikanischen und Amerikanischen Compagnie Sachen" mit einem Jahresgehalt von 1000 Tl. bestellt2. E r wurde damals mit einer Untersuchung in Emden beauftragt, doch gelang es auch ihm nicht, Ordnung hineinzubringen, und die Geschäfte kamen nach weiteren Verlusten 1701 ganz zum Stillstand. Kornmesser, der bis dahin von seiner Besoldung nichts erhalten hatte, gibt damals an, er sei mit 14 000 Tl. mehr als der Präsident und sämtliche „Bewindhaber" bei der Kompanie interessiert. Er gehörte 1704 wieder einer Kommission zur Untersuchung der in völlige Konfusion geratenen Angelegenheiten der Kompanie an, doch sind auch gegen seine eigene Tätigkeit bei dieser Beschuldigungen erhoben worden. Obwohl ihm 1
Test.
2
Rep. q C 6 a 1, fasz•
Cölln
8s.
Über
ihn sonst
Küster
II yig
j
f
129
deswegen 1 1 . Januar 1706 eine förmliche königliche Déchargé erteilt wurde, hat der königliche Justitiar nach Kornmessers Tode 1 7 1 5 die Frage aufgeworfen, ob dessen Erben nicht für die bei der Kompanie verlorenen königlichen Gelder haftbar zu machen seien1. Inzwischen war nämlich 1 7 1 1 die bankerotte Afrikanische Kompanie förmlich aufgelöst und waren ihre Angelegenheiten vom König als dem Hauptgläubiger übernommen worden. Bekanntlich hat dann Friedrich Wilhelm I. die afrikanischen Besitzungen für 72 000 Dukaten an die Holländer verkauft und dadurch einen guten Teil des auf einige Tonnen Goldes angegebenen landesherrlichen Verlustes wieder eingebracht. Kornmesser selbst ist 1706 zum ersten Bürgermeister der Residenzstädte ernannt worden und starb 10. April 1 7 1 5 . Da er weder Kinder noch nahe Verwandte besaß, vermachte seine Witwe den größten Teil des Vermögens, nämlich zwei Häuser mit voller Einrichtung, Garten und Wiese sowie 26 000 Tl. bar zur Stiftung eines Waisenhauses, das nach ihrem 16. August 1 7 1 9 erfolgten Tode in der Klosterstraße begründet wurde. Dadurch ist das Andenken jenes Mannes lebendig geblieben, während sein Wirken keine irgendwie einprägsamen Spuren hinterlassen hat. Unter den zahlreichen, von Réfugiés und anderen Fremden gegen Ende des 17. Jahrhunderts begründeten Manufakturen von Textil- und Luxuswaren waren zunächst keine Unternehmungen von Bedeutung mit Ausnahme einer, die aber nur von kurzer Dauer war, der 1694 angelegte^ CreponManufaktur des Joseph O r e 1 1 y aus Zürich. Da über diese wie auch die sonstigen Unternehmungen schon an anderem Orte 2 berichtet ist, so sei hier nur einiges über die Finanzierung der bald in Bedrängnis geratenen CreponManufaktur nachgetragen. Obwohl die Landschaft im Februar 1697 auf kurfürstliche Anweisung 20 000 Tl. gegen 6 % hatte vorschießen müssen, war Orelly im Anfang 1698 bei den Juden Hirschel Rieß und Konsorten und dem Kaufmann 1
Rep. 65 n. 35a
2
Rachel,
Berliner
und passim
130
Wirtschaftsleben
im Zeitalter
des Frühkapitalismus,
S.
166
le Jeune mit 13000 - nach anderer Angabe 14435 Tl. gegen Verpfändung des größten Teils seines Warenbestandes verschuldet. Dabei hatte er aber kurz zuvor noch Danckelmanns Garten mit Haus in Rosenfelde um 2000 Tl. für sich gekauft. Im Februar 1698 wurde er, da er ohne einen weiteren Vorschuß von 30 000 Tl. nicht weiterkommen zu können angab, für fallit erklärt und die Fabrik durch den Hausvogt geschlossen; jedoch wurde bald ein Ausweg gefunden 1 . Man zwang nämlich die Berliner Schutzjuden Hirschel Rieß und Konsorten und Lewin Isaac und Konsorten, indem man zeitweise ihre Gewölbe schloß, Orelly zunächst mit 20 000 Tl. weiter zu finanzieren. Die Juden stellten unter anderm zur Bedingung, daß ihnen alles, was zur Fabrik gehörte, Werkzeuge, Waren, Materialien, zur Hypothek verschrieben werde, und daß der Kurfürst und die Landschaft für ihre Forderungen sich nur an die Gebäude halten sollten. Das wurde zugestanden. Ferner verlangten sie 8 % Zinsen und 2 % Provision und, da sie selbst nichts mit dem Warenverkauf zu tun haben sollten, von Orelly eine Obligation, daß zweimal soviel Waren verkauft würden, als das geliehene Kapital an Zinsen austrage. Dies konnte unmöglich versichert werden, worauf die Juden ihren Zinssatz auf 1 2 % erhöhten. Es heißt aber schon bald, sie verrechneten 16 bis 2 0 % ; überhaupt sei der Kontrakt mit ihnen sehr schädlich und für Orelly verderblich 2 . Der Kurfürst hatte 11. April seinen Konsens dazu erteilt und den Juden dabei versichert, daß sie „jährlich" nicht über 20 000 Tl. dem Orelly vorzuschießen verbunden sein sollten, hatte sie aber auch dazu vermocht, für das laufende Jahr noch 1200 Tl. Zinsen für die Landschaft zu bezahlen. Eine Sanierung bedeutete das nicht, oder doch nur scheinbar und vorübergehend; schon März 1699 wurde das überschuldete Unternehmen erneut und nun endgültig geschlossen. Es muß schlecht geführt gewesen sein, denn es waren, wie eine Untersuchungskommission von Kaufleuten November 1698 feststellte3, richtige Bücher über Materialverkauf, ArbeitsRei>. iss. 7 C nr. 7 Kommissar. Bericht v. 77. Neu. ¡6g8. Rep. g JJ 1 3 Manuf.-Inspektor Trenoy, Kauft. J. P. Scheidt u. J. F. Beyer, für diesen vorher Heuschkel; lyoi J. C. Koppisch u. ChristophTroschel, erster er auch 1703 1
2
I3 1
lohn und andere Unkosten nicht vorhanden, so daß die Höhe des Schadens nicht festzustellen war. Orelly, der in tiefstes Elend gestürzt wurde, hat beständig und mit stärkstem Nachdruck gegen die behördlichen Eingriffe und die zweimalige Schließung protestiert und diese, wofür er dem Grafen Barfuß die Schuld beimaß, als Ursache seines Unglücks bezeichnet. Auch die Gutachter gaben zu, daß ihm sein Kontrakt schlecht gehalten worden und daß Orelly selbst, der in der Schweiz für einen der besten Fabrikanten galt und hier auch anerkannt Gutes geleistet hatte, unschuldig an seinem Unglück sei. Sie gaben vielmehr dem wucherischen Kontrakt mit den Juden die Schuld daran. Der Mangel an eigenem Kapital war jedenfalls von vornherein belastend; Hauptursache des Mißlingens aber ist darin zu suchen, daß eine Unternehmung so großen Stils für einen billigen Massenartikel nach den derzeitigen Marktverhältnissen nicht das geeignete war. Wie die Gläubiger dabei abgeschnitten haben, ist nicht ganz deutlich zu ersehen. Der Landschaft wurde zwar i . M a i 1699 Arrest auf Orellys Häuser und die darin befindlichen Vorräte verstattet, doch hat sie anscheinend am wenigsten erhalten. Denn die fertigen Crepons hatten meist die Juden und verkauften sie außerhalb Brandenburgs, in Leipzig, Hamburg, Danzig, Königsberg und anderen Städten. Allerdings ermangelten auch ihnen nach sachverständiger Taxe am gesamten Bestände noch 4781 Tl. für ihre Befriedigung, wie 15. Juni berichtet wird. Das übrige, soweit es nicht verschleudert war, hat der Kurfürst wegnehmen lassen, auch das Hauptgebäude, das noch lange das Creponhaus oder Orellisches Haus hieß 1 und dem Möns pietatis2 zufiel. Dem unglücklichen Unternehmer, der völlig verarmt mit einer Schar von Kindern in der Friedrichstadt wohnte, wurde 1707 als Entschädigung die Pension des verstorbenen Raule, 400 Tl. jährlich, zuerkannt; mit der Bezahlung haperte es jedoch. Nach dem Regierungswechsel bemühte sich Orelly, ein neues Monopol zu erlangen, um sein großes Manufakturwerk wieder in Gang zu bringen, hatte aber damit nicht den geringsten 1
Burgstraße 20, Ecke der Kleinen Burgstraße, und Heilige Geist-Straße 7 Eine 1696 gegründete Kasse zur Unterhaltung reformierter Kirchen, Prediger und Schulbedienten. Vgl. Nicolai, S. 653
2
132
Erfolg, da inzwischen diese Manufakturen allgemein geworden waren. Doch wurde ihm 1 7 1 4 seine Besitzung in Friedrichsfelde endgültig als Eigentum zugesprochen und der Anspruch, den die Landschaft darauf erhob, zurückgewiesen.
J
33
Johann Andreas Kraut I. J o h a n n A n d r e a s K r a u t wurde am 17.Juli 1661 als letzter von fünf Söhnen des Magdeburger Amtmanns auf dem Giebichenstein und Pfänners - d. h. Salinen-Gewerken zu Halle Andreas Kraut drei Monate nach dessen Tode geboren. Der Großvater Michael Kraut hatte als Rentkammermeister fünfzig Jahre lang in erzbischöflich magdeburgischen Diensten gestanden, und auf weitere Vorfahren verweist die Angabe eines der Brüder, die Familie seien Beamte gewesen seit 200 Jahren. Alle fünf Söhne Andreas Krauts haben ihr Leben als Staatsbeamte beschlossen. Während indessen drei der Brüder diese Laufbahn alsbald einschlugen, davon zwei auf Grund des Studiums der Rechte, folgte Johann Andreas dem Beispiel des ältesten, ihm wesensverwandten Bruders Christian Friedrich, indem er zunächst den Kaufmannsberuf wählte. Nicht unwahrscheinlich, daß er dem Bruder die Beziehungen zu der angesehenen Berliner Firma Westorf & Schilling verdankte. Gelegentlich der Bestallung Christian Friedrichs zum Landrentmeister 1680 stellte Westorf für ihn eine Kaution von 10 000 Tl. Bereits 1682 nennt Küster 1 Kraut als Mitinhaber der Firma Westorf & Schilling, die als Hofhandelsleute bekannt gewesen seien und „viel Verkehrung" gehabt hätten 2 . Kraut hat anscheinend die Zugehörigkeit zu dem angesehenen Hause im wesentlichen dazu benutzt, eigene geschäftliche Beziehungen zum Hofe zu gewinnen. Schon in seinem ersten großen Geschäft sehen wir Kraut, obwohl die Sozietät mit Westorf & Schilling noch bestand, unabhängig von ihnen vorgehen. Der junge Kaufmann hatte mit sicherem Blick erkannt, daß bei dem großen Luxusbedürfnis der Zeit mit ihrem starken Verbrauch an Tressen, Galonen 1
III.
2
Über sie oben S.
r 34
Sp. 563
Anm. iy
und reichen Stickereien eine derartige Manufaktur die besten Aussichten hatte. 2. Dezember 1686 verlieh ihm Kurfürst Friedrich Wilhelm Privileg und Konzession 1 zu einer Goldund Silberzieherei. „ Z u m Aufnehmen des Landes" und um „dabei die der Religionsverfolgung halber anhero geflüchteten französischen Exulanten zu employiren", erhielt der Bürger und Handelsmann Johann Andreas Kraut zu Cölln an der Spree die Erlaubnis, seine Fabrik daselbst zehn Jahre lang ohne Konkurrenz zu betreiben. Außer den Refugierten sollten mit der Zeit auch einige von des Kurfürsten angeborenen Untertanen angenommen und angelernt werden. Der Kurfürst versprach, so oft der Hofstaat zu kleiden sei, den Bedarf an Tressen von Krauts Fabrik zu kaufen, wogegen diese ihr Tuch von den französischen Manufacturiers in Magdeburg nehmen sollte. Ferner wurde ihm Zoll- und Rechtsschutz zugesichert und zur Inbetriebnahme der Fabrik ein Kapital von 3000 Tl. als Beisteuer überlassen. Unrichtig ist die Behauptung, Kraut habe das Patent für die Manufaktur nicht erwirkt, um dies Unternehmen zu begründen, sondern um das Privileg weiterzuveräußern2. Zwar übertrug er die Manufaktur 1692 auf die Gebrüder Kaspar und Georg Bose zu Leipzig, die dort schon seit ungefähr 20 Jahren eine solche Manufaktur betrieben. Aber die Erneuerung des Privilegs vom 20./30. März 1692, mit dem die Rechte auf die Gebrüder Bose übergingen, sprach von dem glücklichen Sukzeß, den das nützliche Werk gehabt, und begründete die Abtretung damit, daß Kraut seine „dem publico und dem ganzen Lande zum Besten etablierte Gold- und Silberfabrique wegen anderen seiner vielen affaires" nicht selbst habe fortsetzen können. Kraut machte das Geschäft dadurch möglich, daß er sein Geld in dem Unternehmen beließ3. Der Fortgang der Manufaktur wird im übrigen im Zusammenhang mit ihrem späteren Besitzer und Leiter Schindler dargestellt werden. Im gleichen Jahr, in dem Kraut die Konzession für die Gold- und Silbermanufaktur erwarb, setzten auch seine 1
Rep. g LL
n. 4. Sie ist also nicht, wie Erman und Reclam
fugiés français'
V. S. 122
angegeben, eine französische
2
Acta Bor.,
Wollindustrie,
3
Rep. g LL
4 b u. Erman-Reclam,
S.
.Histoire des Ré
Gründung
16 a. a. O., Bd. V S.
123
135
Beziehungen zur Heeresverwaltung ein. Bei der Uneinheitlichkeit und Zerrissenheit, die die brandenburgische Herrschaft geographisch wie wirtschaftlich aufwies, bildete die Transferierung größerer Geldbeträge schon innerhalb des Landes ein Problem, für das wir einen die Steuereinnahmen betreffenden Lösungsversuch der Firma Moses und Elias Gompertz vom J a h r e 1 7 2 3 bereits dargestellt haben. In umgekehrter Richtung waren diejenigen Beträge zu übertragen, die von der Berliner Zentralverwaltung zum Unterhalt der Truppen an die Grenzen dirigiert wurden. Noch andere Wege schließlich mußten die Subsidien nehmen, die der brandenburgischen Regierung unter deni Großen Kurfürsten und seinem Nachfolger von ihren jeweiligen ausländischen Verbündeten zugesagt wurden, die also aus dem Auslande hereinzuholen waren. 1686 befand sich der Große Kurfürst im Bündnis mit Ludwig X I V . , der ihm, solange der Frieden dauern würde, 500 000 livres (Franken) jährlich zu zahlen hatte, welcher Betrag sich im Kriegsfall auf 500 000 Tl. erhöhte. Anderseits hatte sich der Kurfürst, der die Aufhebung des Edikts von Nantes durch die Aufnahme der Refugierten in seinen Staaten beantwortet hatte, damals innerlich bereits von Frankreich gelöst und einen Geheimvertrag mit dem Kaiser zum Schutz der Reichs- und habsburgischen Interessen abgeschlossen, der ihm während fortdauernden Friedens 100 000 Gulden, im Kriegsfall 100 000 Tl. jährlich einbrachte 1 . Aus diesen Verhältnissen ergaben sich, unter dem Gesichtswinkel des Zahlungsverkehrs gesehen, die Bedürfnisse des Heeres, als Kraut und seine Konsorten 1686 die Auszahlung der Assignationen des Generalkommissariats, d. h. der Anweisungen derjenigen Zentral-Behörde, die das Steueraufkommen der Heimat den Truppen im Felde zuzuführen hatte 2 , für die brandenburgischen Truppen übernahmen. In ausdrücklicher Anerkennung der Verdienste, die sich Kraut unter dem verstorbenen Kurfürsten bei der Auszahlung der Kriegskassengelder in Cleve erworben hatte, bestellte ihn Friedrich I I I . 29. Januar 1689 aus Anlaß der ausbrechenden 1
Erdmannsdörfer,
2
Vgl. Breysig, Organisation d. brandenb. Kommissariate 1660-1697,
v, S. 135 ff 136
Deutsche Geschichte von 1648—1740,
Bd. II S.
136 F.B.P.G.
Feindseligkeiten mit Frankreich zum Kriegskommissar beim Generalkriegskommissariat 1 . Die Bestallung bezeichnete Kraut noch als Kauf- und Handelsmann zu Cölln und bestätigte ausdrücklich den 1686 mit ihm und seinen Konsorten Westorf & Schilling abgeschlossenen Vertrag betreffend Auszahlung der Assignationen der Generalkriegskasse. Anderseits trat Kraut nunmehr in ein Beamtenverhältnis ein, indem er dem damals von Daniel Ludolph Danckelmann geleiteten GeneralKriegskommissariat unterstellt wurde. K a u m zwei Jahre später, 13. Dezember 1690, wurde er Oberempfänger der Generalkriegskasse, und 15. Juli 1691 Generalempfänger der kurfürstlichen Miliz 2 , letzteres wohl mehr ein Titel, zumal da er als Oberempfänger der Generalkriegskasse schon die Kassenführung für die gesamte Heeresversorgung bei sich vereinigte. Die Generalkriegskasse, 1674 eingerichtet, bildete ein Kernstück des Generalkriegskommissariats, und ihr Oberempfänger als oberster Kassenbeamter hatte weitreichenden Einfluß und entsprechend weittragende Verantwortung. Die Stellung gewann noch besondere Bedeutung dadurch, daß die Subsidien der auswärtigen Mächte bei der Generalkriegskasse eingingen 3 . Wenn die Bestallung zum Generalempfänger der kurfürstlichen Miliz Kraut ausdrücklich auftrug, dasjenige, was ihm in dieser Eigenschaft anbefohlen würde, „mit Hintansetzung aller Privat-Absehen" zu verrichten, so erweckt dieser Wortlaut den Eindruck, als sei ihr Verfasser sich über die notwendige Auswirkung, die sich aus Krauts Doppelstellung ergeben mußte, keineswegs klar gewesen. Eine wörtliche Befolgung dieser Vorschrift hätte Kraut um die Möglichkeit gebracht, in legitimer Weise ein Vermögen anzusammeln und damit dem Staat diejenigen Dienste als Kaufmann zu leisten, die von ihm verlangt wurden. Anderseits standen nunmehr Kraut in einem Alter von kaum 30 Jahren ganz ungewöhnliche Chancen offen. Wenn derjenige, der über die größte Kasse der Finanzverwaltung verfügte, nicht nur berechtigt war, kaufmännische Geschäfte zu betreiben, sondern wenn 1
Bestallung abgedruckt bei Wolters, Brandenb.
2
Acta Bor.,
3
Breysig, 9
Behörden-Organisation,
a. a. 0. S.
Großkaufleute 2
I S. 25
Finanzen
1640-1697,
S.¡5¡f
Anm.
150
137
sogar von ihm erwartet wurde, daß er die Geldbedürfnisse des Staates durch seine privaten Geschäfte und vor allem durch seinen persönlichen Kredit fördern sollte, so waren für einen kaufmännisch so begabten Mann wie Kraut die Bedingungen zum Aufbau eines großen Vermögens gegeben. Die Rechnungen der Generalkriegskasse wiesen für die beiden ersten Kriegsjahre 1689 und 1690 1 erhebliche Überweisungen und Vorschüsse der Firma Westorf, Schilling und Kraut auf. Entsprechend hoch - 1690 ca. 96 000 Tl. - waren auch die Vergütungen für „ihnen versprochenes L a g i o " , d. h. an Aufgeld gegenüber der Münzparität, das in den geringwertigen brandenburgischen Sorten für das höherwertige ausländische Geld zu zahlen war. Wenn die Krautsche Firma an den Wechselkursen, die sie mit der Generalkriegskasse „veraccordierte" oder „verglich", verdiente, so war dies solange nicht bedenklich, als ihr Mitinhaber Kraut noch nicht als Oberempfänger der Kasse gleichzeitig ihr Gegenkontrahent war. Nachdem indessen Ende 1690 dieser Fall vorlag, empfand Kraut selbst das Bedürfnis, seinen Gewinn auf einwandfreie Crundlage zu stellen. E r schloß 1 6 9 1 , in einem Zeitpunkt, in dem seine Firma bereits ihrer Auflösung zuschritt, unter seinem eigenen Namen mit dem Kurfürsten einen Vertrag über die Bevorschussung der Kontributionen, d. h. der in den Provinzen für den Krieg ausgeschriebenen Steuern ab 2 . Danach hatte er den Betrag aller Kontributionen, unabhängig von ihrem tatsächlichen Eingang, am 10. jeden Monats bar anzuschaffen und in Wesel oder Köln a. Rh. zur Verfügung zu stellen. Für die Aufbringung, den Transport und den Wechsel des Geldes erhielt er 2 bis 3 % Provision, für die Vorlage 2 /s% Zinsen monatlich oder 8 % im Jahr. Da in Brandenburg die kapitalistische Wirtschaft ebenso wie die Organisation der Militärbehörden noch in den Kinderschuhen steckte, war die Durchführung eines solchen Vertrages nicht möglich ohne Krauts, wie er es selbst dem Kurfürsten gegenüber ausdrückt, „vor langer Zeit durch Gottes Gnade etablierten Credit, den ich mehr als alles in der Welt schätze". Er unterhielt, über das ganze Kriegsgebiet verteilt, 1
Akten des Kriegs-Min.,
2
Rep. 24 J J
138
1, Jose.
5
General-Militär-Kasse
yi
ein Netz von Korrespondenten, d. h. von Geschäftsfreunden und Bankiers, die bereit waren, Wechsel, die Kraut auf sie gezogen, zu akzeptieren oder solche, die von einem andern Korrespondenten auf Kraut gezogen waren, aufzukaufen, um so die in den Provinzen aufkommenden Kontributionen auf den Kriegsschauplatz zu übertragen. Erst in jenen Jahren kam in der Mark Brandenburg das Instrument des Wechsels in allgemeineren Gebrauch 1 . Ein System von Korrespondenten, heute die selbstverständliche Voraussetzung für jeden Bankbetrieb, war damals nicht nur etwas Neues, sondern auch etwas, das nur für den Kriegsfall Wert zu haben schien. Andere Berliner Kaufleute, befragt, meinten, es seien mindestens 6 Monate vonnöten, um eine derartige Korrespondenz einzurichten, und der refugierte Bankier Bachelle, der sich eine solche Einrichtung wohl zutraute, lehnte sie doch im Hinblick auf die Gefahr eines baldigen Friedensschlusses ab. Dabei dürfen wir Kraut glauben, daß ein erheblicher Teil der von ihm berechneten Provisionen und Zinsen an seine Geschäftsfreunde für „Hin- und Herziehen der Wechsel, durch welches Mittel dergleichen considerable Summen meistens angeschafft werden müssen", abzugeben war. Schließlich durfte er auch wohl eine Risikoprämie einrechnen, wenn er seinen Kredit dauernd aufs Spiel setzte, bei dessen Verlust er Gefahr lief, seine „zeitliche Wohlfahrt zu verscherzen". Wenn es auch nirgends ausgesprochen ist, so war doch wohl Krauts Absicht bei dem 1691 mit dem Kurfürsten abgeschlossenen Vertrage, an Stelle eines Zuschlages zu dem Wechsel-Agio, das seine Firma bis dahin für ihre Überweisungen gerechnet hatte, eine feste Provision zu vereinbaren, die keine Mißdeutungen zuließ. Diese Vereinbarung setzte voraus, daß das nunmehr berechnete Agio nur mehr Krauts tatsächliche Selbstkosten deckte. Die erste gründliche Prüfung der Krautschen Kassenführung fand erst für das J a h r 1699 statt2, nachdem Kraut schon 1697 dem Kurfürsten über die Auswirkungen des Vertrages von 1691 berichtet und dieser einige Kassenbeamte und Kaufleute als Sachverständige hatte befragen lassen, die Krauts Angaben im wesentlichen 1
Vgl. unten: Die ersten
1
General-Militär-Kasse 9.1
Weckseihändler 81
139
bestätigt hatten. Der Kurfürst ordnete 2. November 1700 an, daß „die Generalkriegskassenrechnung von 1699 aufs allerschärfste examiniert, auch wegen der in Ausgabe gebrachten Agio und Interessen die hiesigen Bankiers und Kaufleute vernommen werden" sollten, „ob beides in der Billigkeit bestände und nicht zu hoch gerechnet worden". Die mit der Prüfung betrauten Kommissare, darunter Graf Dohna, v. Chwalkowski und v. Dönhoff, zogen als Sachverständige die französischen Bankiers Maillette und Bachelle hinzu und berichteten auf Grund von deren Gutachten sowie einer Gegenerklärung Krauts: „Wir können auf unsere Pflicht sonst wohl versichern, daß Rendant (d. i. Kraut) alle Posten solcher konsiderablen Rechnung überall zureichend belegt und alles dergestalt ordentlich und untadelhaft geführt und justizifiert hat, daß unsers Erachtens darauf nichts zu sagen gewesen; wir müssen ihm vielmehr bezeigen, daß er in allen Stücken nach seinen Pflichten gehandelt und bei den ihm aufgetragenen Negotiationen Eurer Kurfürstlichen Durchlaucht solche redliche Dienste geleistet, die andere auf solche leidliche conditiones, als wie er gethan, vielleicht schwerlich würden prästiert haben". Diese Prüfung ist in den folgenden Jahren von den genannten Bankiers mit dem gleichen Ergebnis wiederholt worden, wobei noch ausdrücklich erwähnt wurde, daß die Rechnungen in Bezug auf das Agio „richtig und den Wechselkurszetteln gemäß befunden" wurden. Neben der Transferierung der Gelder durch Wechsel erfolgte natürlich auch diejenige in natura, d. h. der Transport von Geldsorten, sei es aus der Heimat, sei es von den Münzstätten oder den großen Geldmärkten in das Kriegsgebiet. Sicher hat Kraut auch hierbei alle Möglichkeiten, die sich aus der preiswerten Beschaffung geeigneter Geldsorten ergaben, ausgeschöpft, und es wäre nicht verwunderlich, wenn er bei dem Durcheinander des Münzwesens im Reiche gelegentlich auch verrufene Sorten eingehandelt hätte. In den Akten findet sich ein Schreiben des Herzogs Georg Wilhelm von Braunschweig-Celle vom 10. Mai 1689 an den Kurfürsten Friedrich I I I . 1 , in dem der Herzog sich verantwortet, weil er 12 Beutel schlechten Geldes, die für Krauts Rechnung von 1
Rep. XI
140
140 a, conv. 10, Jose. 3
(168g)
Hamburg nach dem Westen unterwegs gewesen seien, in Nienburg angehalten und konfisziert habe. Der Herzog empfahl dem Kurfürsten, die Angelegenheit gründlich untersuchen zu lassen und, falls „mehrgedachter Commissarius selbst an solchen unzulässigen Händeln teilhaben sollte, denselben zur Bezeugung dero Displicenz dafür gebührend anzusehn". Es ist nicht festzustellen und auch nicht anzunehmen, daß für Kraut aus dieser Sache Unannehmlichkeiten erwachsen sind, zumal da es sich dabei um Gelder handelte, die jenseits der Landesgrenzen zur Ausgabe kommen sollten. Aus dem Warenhandel zog sich Kraut mehr und mehr zurück. Das „negotium" der Hofhandelsleute Westorf, Schilling & Kraut, d. h. also wohl die Belieferung des Hofes mit Livreen, übernahm 1692 der Kaufmann Hacker, der 1694/95 zusammen mit Schindler und Westorf für gelieferte Livreen über 7000 Tl. zu fordern hatte 1 . Die gemeinsame Firma Westorf, Schilling & Kraut wurde, wie es scheint, allmählich abgewickelt, wobei die amtlichen Beziehungen energisch ausgenutzt wurden. Schon im Juli 1690 war der Zollverwalter Supen, der den Kaufleuten wegen eines Zolldeliktes einige „Ballen und Coffres" vorenthielt, angewiesen worden, die Stücke freizugeben und sich wegen des Vergehens an den Frachtführer zu halten 2 . September 1693 wurde einem Schuldner der Firma namens Schmidt verboten, Berlin zu verlassen, ehe er nicht die Supplikanten Westorf, Schilling & Kraut ihrer Forderung halber befriedigt habe 3 . April 1694 wurde den Handelsbüchern Krauts auf sein Ansuchen für weitere 6 Monate vis probandi zugesprochen, d. h. gerichtliche Beweiskraft dem Gläubiger gegenüber, daß Forderungen vorhanden seien, obwohl kurz vorher ein Edikt erlassen worden war, daß nach 6 Monaten niemand aus Kauf- und Handelsbüchern „besprochen" werden dürfe 4 . Im März 1697 trug der Kurfürst dem R a t zu Frankfurt a. O. auf, einen Joachim Philipp Bobbe, der Kraut 1100 Tl. schulde, so bald als möglich zur Zahlung anzuhalten; mangels Zahlung aber ihn 1
Küster, BerlinlllS.563
- Rep. ig
n. 104
- Rep. 21
n. 23
4
Anm., 11. Breysig,Brandenb.
Rep. 9 1 A, fasc. 8. Das Edikt
bei Mylius II. 1,
Finanzen
1640—ißgjS.534
LXXX
141
sowohl wie seine Effekten - d. h. Waren - so lange zu arretieren, bis er gezahlt habe 1 . U m die Mitte der 90er Jahre, d. h. in einer Zeit, in der ein Ende des französischen Krieges nicht abzusehen war, nahmen die Finanzoperationen Krauts immer größeres Ausmaß an. Dabei gingen die Tätigkeiten des Generalempfängers und diejenigen des für eigene Rechnung handelnden Finanzmannes so ineinander über, daß eine Trennung kaum möglich ist. Neben Geldvorlagen für Luxusbedürfnisse des Kurfürsten, meist Bezahlung von Juwelenhändlern 2 , erscheinen hauptsächlich Geldgeschäfte für militärische Zwecke, so 1693 die Negotiierung von 100 000 rhein. Gulden „zum Behuf des Detachements nach U n g a r n " 3 , für die er 1000 fl. Provision in Rechnung stellte. Vielfach hängen diese Geschäfte mit den Subsidienzahlungen der Verbündeten zusammen. Von Seiten des Kaisers war an Stelle der früher erwähnten jährlichen Zahlung mit Kriegsausbruch eine Garantie in Höhe von 300 000 fl. für jedes J a h r getreten, die indessen nicht vom Kaiser selbst, sondern von den nichtarmierten Ständen des niedersächsischen und westfälischen Kreises gezahlt und notfalls von Brandenburg durch Exekution beigetrieben werden sollten4. Dazu kamen weitere Zusagen auf Subsidien von England, Holland und Spanien. Ein Beispiel dafür, wie sich entgegen den bestehenden Forderungen und Verflichtungen die Finanzlage der Generalkriegskasse in der Praxis gestaltete, bieten die Verhältnisse in der zweiten Hälfte 1694. Im August verhandelte Kraut von Berlin aus mit dem holländischen General-Empfänger Ellemeet über 500 000 fl. fälliger Subsidien. Inzwischen verkaufte er am Amsterdamer Markt in kleineren Abschnitten Obligationen des Kurfürsten, die aus der Subsidien-Zahlung abgedeckt werden sollten. In seinem Bericht vom 10. September 6 stellte Kraut mit Genugtuung fest, daß seine Politik, „die 1 2 3 4 5
Rep. si n. 57 d, vol. 4 So Breysig, a. a. O. S. 53s Rechnungsbücher der General-Militärkasse, i6g¡ Wolters, a. a. O. S. 553 ff Rep. 34 HH 7, fasc. 4
142
Negotiation dieser Gelder nicht so sehr poussieret" zu haben, den günstigen Erfolg hatte, daß die kurfürstlichen Obligationen „alle mit Reputation verkauft werden und nun ein jeder davon haben will, wie denn mir noch gestern einer von meinen Korrespondenten aus Amsterdam meldet, daß seine Verwandten noch vor 60 000 fl. verlangeten und ungern sehen, daß sie keine mehr bekommen könnten". Acht Tage darauf kam ein Abschluß mit dem holländischen Generalempfänger über 200 000 fl. zustande; aber nur wenige Wochen später mußte Kraut sich nach Brüssel begeben, wo eine Zahlungseinstellung des Bankiers Bischouvel 1 zu erwarten war. Auf diesen waren Wechsel gezogen, mit denen einige der holländischen Provinzen ihre Subsidenverpflichtungen Brandenburg gegenüber erfüllen wollten. Kraut fand bei seiner Ankunft die Kasse Bischouvels leer und sah wenig Aussicht, daß aus den Provinzen schnell bares Geld zur Aufnahme der Wechsel einkommen würde. Dem Brüsseler Bankier waren immerhin recht beträchtliche Aktiven verblieben, wie Getreidevorräte und Forderungen an die Krone Spanien, die Stände von Brabant und andere einwandfreie Schuldner. „Weilen er aber", so berichtete Kraut, „bis anhero durch viele Protesten und seine persönliche Chicanen den Credit in Antwerpen und Amsterdam sehr geschwächet, so fürchte ich, daß er auf vorbenannte große Effekten zur Rettung seiner Ehre und bei Bezahlung seiner acceptierten Wechselbriefe bei niemandem Vorschuß finden wird und habe ich zum öfteren erfahren, daß in Geld-negotiis mehr auf Reputation und Credit als auf große Mittel und Effekten reflektieret werde". Der Ausfall der Antwerpener Gelder bewirkte eine bedenkliche Ebbe in der Generalkriegskasse. Noch von Wesel aus meldete Kraut Anfang Dezember dem Kurfürsten: D a er wisse, wie nötig es sei, „daß dero Truppen, welche allesambt in diesem J a h r e eine schwere Campagne gethan haben, beim Eintritt in die Winterquartiere eine ansehnliche Summe Geldes empfangen, damit sie sich nicht allein in denen Quartieren gegen den Winter einrichten, sondern auch sofort an dero Recrutierung und Mundierung mit Fleiß arbeiten können, 1
Gisbert und Rudolf
1005
Tl. für
„Bieshevel"
„Wechsel-Lagio".
erhielten ig6s
aus der
General-Militärkasse
General-Kriegskasse
75
143
so habe aus unterthänigster Treu und Pflicht alle denjenigen Credit, so der Höchste mir in dieser Welt bescheeret, dazu angewendet, und soviel Geld, als zu solchem Ende vonnöthen gewesen, negotiieret, der guten Hoffnung lebend, es werden diejenigen Arrieragen von Spanien und Holland, so E w . Churf. Durchlaucht teils aus den flandrischen Contributionskassen, teils aus denen Spanischen Remisen bezahlt werden sollen, nunmehro bald einkommen und zu Soulagierung des Militäretats und zu Ersetzung solcher angeschafften Gelder dienen können". Keine acht T a g e nach dem A b g a n g dieses Schreibens hatte sich das Blatt schon wieder gewendet. Die vom Kaiser auf die Freie Reichsstadt Hamburg angewiesenen Subsidienbeträge, 8 0 0 0 0 T l . für das J a h r 1694, konnten trotz aller Bemühungen des brandenburgischen Residenten von Guericke nicht eingetrieben werden 1 . K r a u t hatte offenbar schon in den vorangegangenen J a h r e n in gleicher Sache persönlich eingreifen müssen. In seinem in fließendem Französisch ababgefaßten Schreiben an seinen Chef, den Generalkriegskommissar Daniel Ludolf von Danckelmann, verweist K r a u t auf die böse Jahreszeit, schlechte Straßen und Überanstrengung während der abgelaufenen Campagne, um sich schließlich doch bereit zu erklären, ,,d'y aller et d'y tenter encore une fois la fortune qui m'y a favorisé toutes les années passees". Bereits zwei T a g e darauf trifft er, mit weitgehenden Vollmachten versehen, in Hamburg ein. E r beginnt nun einen Angriff aus zwei Fronten, wie ihn nur der beamtete K a u f m a n n erfolgreich durchführen konnte. Nachdem er morgens den regierenden Bürgermeister Schulz und einige Deputierte von seinem A u f trage in Kenntnis gesetzt hat, besucht er mittags die Börse, um dort bekanntzugeben, daß Brandenburg die von der Leipziger Messe heimkehrenden Hamburger Kaufleute samt ihren Waren festhalten werde, falls die fällige Zahlung unterbliebe. R a t und Deputierte sträuben sich auf das äußerste, zumal da, wie K r a u t selbst festgestellt, in der KämmereiKasse nicht der geringste Bestand und die Stadt-Miliz seit 1 3 Monaten nicht bezahlt war. Aber K r a u t läßt nicht nach. I m letzten Augenblick vor der entscheidenden Abstimmung 1
Rep. 34 J J 5, fasc. 1
144
schickt er noch dem Syndikus von Borstel ein Billet, das - der letzte Trumpf - mit dem Abbruch aller Beziehungen droht. A m dritten T a g seines Hamburger Aufenthaltes beschließt die Bürgerschaft, 20 000 Tl. sofort, weitere 20 000 Tl. nach vier Wochen, die restlichen 40 0000TI. halb auf Ostern, halb auf Johanni zu erlegen. Obwohl dies mehr war, als Kraut erwartet hatte, setzte er noch durch, daß der Termin für die zweiten 40 000 Tl. auf die Leipziger Ostermesse verlegt wurde. 7. J u n i 1696 wurde Kraut, jedenfalls in Anerkennung seiner besonderen Leistungen, zum Kriegsrat ernannt 1 . Indessen war ihm mit der Ehre allein nicht gedient. Wenn seine persönlichen Vorschüsse zu groß wurden, versuchte Kraut, sich Abzahlungen aus heimischen Quellen zu verschaffen. So wurde die Neumärkische Amtskammer angewiesen, für die Jahre 1696 und 1697 diejenigen Beträge an ihn abzuführen, die bisher zum Unterhalt des verstorbenen Bruders des Kurfürsten, des Markgrafen Carl Philipp, gedient hatten 2 . Inzwischen wurde Amsterdam trotz der Nähe des Kriegsschauplatzes mehr und mehr der Markt, auf dem sich der Handel in Subsidien-Forderungen und ihre Bevorschussung abspielte. Im Oktober 1696 berichtete Kraut 3 , daß seine Bemühungen, auf die flandrischen Subsidien neue Vorschüsse zu erhalten, bisher vergebens gewesen seien, weil niemand Geld auf ein Land, das der Feind noch besetzt halte, ausleihen wolle. Auch warte man allgemein auf den Abschluß von Verhandlungen über eine englische Anleihe in Höhe von 4 000 000 fl., für die die englische Krone mit ihren niederländischen Domänen cavieren wolle. E r selbst habe zum Unterhalt der brandenburgischen Truppen schon bis an 200 000 Tl. auf seinen eigenen Kredit aufnehmen müssen. Davon habe er 70 000 Tl. in deutschem Geld zu einem Fond in Wesel angesammelt, in der Erwartung, daß die Armee dort in Winterquartiere gehen würde. Nachdem man nunmehr bei Namur aufs neue zu kampieren angefangen, könne er das deutsche Geld nicht gebrauchen, sondern müsse einen neuen Fonds in gutem Geld 1
Acta Bor., Beh.-Org. I, S. 25 Rep. 42 n. 21 s Rep. 24 HH 9 fasc. 4. Über die Bedeutung Amsterdams Rep. XI, Spanien fasc. 7 2
240 f
145
nach der Maas legen. N u r mit großen Mühen und Kosten habe er nunmehr, nachdem er zu diesem Zwecke nach Amsterdam gekommen sei, neu aufgenommene 50 000 T l . nach Lüttich überwiesen. A m 9. M a i 1697 wurde zu Ryswick in Holland der allgemeine Friedenskongreß eröffnet. I m folgenden Monat kam Kraut beim Kurfürsten darum ein 1 , ihn von den Verpflichtungen des Vertrages von 1 6 9 1 , der ihm die Bevorschussung der Provinzial-Kontributionen auferlegte und ihn bezüglich Wiedererlangung seiner Vorschüsse auf die Subsidien verwies, zu entbinden. A u c h wenn K r a u t den erwarteten Friedensschluß, der am 30. Oktober erfolgte, mit keinem Wort erwähnt, so ist doch nicht daran zu zweifeln, daß seinem Gesuch die durch den bevorstehenden Frieden veränderte L a g e zugrunde lag. Wenn er besonders bat, ihm zur Sicherung seiner V o r schüsse einen gewisseren und wichtigeren Fond als die Subsidien anzuweisen, so klingt daraus die Befürchtung, daß es für ihn, wenn erst die zwingende Notwendigkeit der Kriegshandlungen fehlte, noch schwerer als bisher halten würde, zu seinem Gelde zu kommen. Zudem machte er sich, wohl nicht ganz zu Unrecht, Sorgen wegen der Zinsen in Höhe von 8 % , die der alte Vertrag ihm zubilligte, nämlich daß ihm „über kurz oder lang von Leuten, denen die wahren Umstände solcher Dinge nicht bekannt, einiger V o r w u r f geschehen möchte", er hätte „wider die Reichs- und Landesconstitutiones mehr als 5 und 6 % Interesse genommen". Tatsächlich bildete die Sicherung gegen derartige Vorwürfe den einzigen Erfolg seines Schrittes - wenn er einen anderweitigen überhaupt erwartet hat. Die Kaufleute, denen die Geheimen R ä t e auf Befehl des Kurfürsten Krauts Antrag zur Begutachtung vorlegten, erklärten seine Finanzierungs-Tätigkeit für unersetzlich und die dafür gezahlte Entschädigung den Verhältnissen nach für durchaus mäßig. Eine wesentliche Änderung seiner geschäftlichen Beziehungen zu der von ihm dienstlich geführten Kriegskasse trat nicht ein. 1
Rep. S4 J J 1, fasc. 5
146
II In der Zeit vom Frieden von Ryswick bis zum Ende der Regierung des ersten preußischen Königs setzt sich Krauts Aufstieg fort. Kaufmännische Tätigkeit und Beamtenlaufbahn entwickeln sich nebeneinander, bis diese im letzten Jahre der Regierung Friedrichs ein - vorübergehendes - Ende findet. Wir verfolgen Kraut zunächst als Beamten bis 1 7 1 2 . Der Sturz des ersten Vertrauensmannes Friedrichs III., des Oberpräsidenten Eberhard v. Danckelmann, zog denjenigen seines Bruders, des General-Kriegskommissars Daniel Ludwig v. Danckelmann, nach sich, blieb aber ohne Folgen für die Stellung des diesem nachgeordneten Johann Andreas Kraut 1 . 1697 wurde ihm die Obereinnahme der Kontribution und Akzise in der Kurmark Brandenburg, d. h. in der wichtigsten Provinz des Landes, übertragen. Offiziell hatte das A m t noch immer der Kriegsrat von Happe inne, der es indessen aus Gesundheitsgründen von Kraut verwalten lassen mußte. Indem er nunmehr die steuerliche Verwaltung dieser wichtigen Provinz in die Hand bekam, gewann Kraut eine festere Basis für seine Tätigkeit als Generalempfänger der Armee. Nach dem Tode Happes 1704 wurden die beiden Ämter auch formell in Krauts Hand vereinigt 2 und ihm die bisher an Happe geflossene Besoldung von 1000 Tl. und 300 Tl. für einen Kanzlisten zugebilligt. 1697 wurde ihm die Führung der General-Chatull-Kasse übertragen 3 . Schon damals begannen seine Klagen wegen Überlastung, indem er bat, ihm diese Kasse wieder abzunehmen oder aber ihm eine Besoldung von 200 Tl. dafür zuzugestehen, zumal er durch die kontinuierliche Korrespondenz mit den abgeschickten „Ministris" wohl 100 Tl. für Porto ausgeben müsse. Die Führung der Kasse verblieb ihm, und er erhielt die gewünschten 200 Tl. Besoldung 4 . 1
Die
entgegengesetzten Angaben
der meist aufeinander fußenden
Breysig, Wolters und Wentz beruhen auf der nicht auszurottenden der Brüder
Johann
Andreas
Aufsatz in seinem „Deutsches S. sg3,
Rechtsleben
der sich mit dem Nachlaßprozeß
trägt als Überschrift 2
und Christian
Acta Bor.,
Beh.-Org.
den Namen I.
Kaut. Noch
in alter und neuer £eit" unseres Johann
Christian Friedrich
Andreas
Stammlers I
(igs8)
beschäftigt,
Krauts
25
* Riedel, Brandenb. Preuß.Staatshaushalt * Rep. 9 C
Friedrich
Isaacsohn, Verwechslung
i. d. beiden letzten Jahrhunderten.
S.37
5
147
Inzwischen war sein Büro wiederholt verlegt worden. Während es sich zunächst im Schlosse in Berlin befand, waren seine Papiere und Rechnungen auf kurfürstlichen Befehl 1696 provisorisch nach der Rentei in Spandau geschafft worden, um im Schlosse für das Post- und Salzkomptoir Platz zu machen 1 . Es sollte ihm demnächst ein Gewölbe nahe bei der Kriegskanzlei angewiesen werden. Seit Anfang des folgenden Jahrhunderts indessen befand sich die Generalkriegskasse in seinem Hause in der Königstraße 2 . A m 4. Juli 1702 wurde Kraut zum Geheimen Kriegsrat befördert und im folgenden J a h r geadelt. E r hatte nun den gleichen Rang wie die Geheimen Justizräte und GeneralMajore 3 . Inzwischen nahm die Zahl seiner Amtsgeschäfte weiter zu. Außer den genannten Kassen verwaltete er noch die Oranische Successionskasse, die Erbstands- und Inventargelder, die durch die Erbpacht vermehrten Domäneneinkünfte, die Invalidenkasse; mit seinen Worten „acht differente Kassen, welche viele Millionen importieren." 4 Er hatte außerdem noch die Judengelder einzuziehen, die für Schutzbriefe zu entrichten waren 6 . J a n u a r 1708 bat er den König, ihn unter diesen Umständen von besonderen Kommissionen und Verrichtungen, zu denen er in letzter Zeit vielfach herangezogen worden sei und über die wir noch zu berichten haben, künftig frei stellen zu wollen. Denn obwohl er auf eigene Kosten vier Gehilfen halte, müsse er sich des Tages über müde arbeiten und dann noch des Nachts bis 2 Uhr „ohne einige Interruption und Ergötzlichkeit" sitzen. Diese Überbürdung habe veranlaßt, daß er vor einem J a h r beinahe seinen Geist darüber habe aufgeben müssen. Die vorerwähnten besonderen Kommissionen und Verrichtungen bestanden zum größten Teil in gutachtlichen Äußerungen zu allgemeinen und besonderen Wirtschaftsfragen. Im März 1695 hatte der Kurfürst, um die hiesigen Residenz1
Rep. 9 rr lit. M
2
Küster, a. a. 0., III.
507
3
Acta Bor.,
I. 270.
Beh.-Org.
Über sein Auftreten
v .Schrötter, Das preußische Offizierkorps F.B.P.G.
XXVI
4
Acta Bor.,
6
König.
148
s'445
Beh.-Org.
Annalen
I.
72
der Juden,
S.
164
im Geheimen Kriegsrat s.
unter dem ersten Könige von Preußen,
Städte in allen Stücken mehr und mehr zum Flor und Aufnehmen zu bringen und Handlung und Commerzien darin in guten Gang kommen zu lassen, Kraut beauftragt, allein oder nach seinem Gutdünken unter Zuziehung anderer hiesigen oder fremden Handelsleute ein Wechselrecht zu entwerfen, wie solches in anderen Handelsstädten introduzieret und bräuchlich wäre 1 . November 1695 u n < ^ Dezember 1697 wurden zwei kurze Verordnungen, Dezember 1701 ein ausführliches „Wechselrecht in der Chur- und Mark Brandenburg" publiziert 2 . Man darf annehmen, daß Kraut an deren Abfassung erheblichen Anteil hatte. Auch später ist er wiederholt zu Kommissionen in Wechselsachen zugezogen worden 3 . April 1700 wurde er wie eine Reihe anderer Persönlichkeiten aufgefordert, sich über Vorschläge zur Errichtung eines Banco in Berlin zu äußern, die ein gewisser J . de Meiln gemacht hatte 4 . Während diese Äußerung in den Akten fehlt, liegt sein vom 29. Juli 1703 datierter Bericht über das von einem gewissen Wolters eingereichte Bankprojekt vor 6 . Wolters, der sich wohl keiner günstigen Beurteilung seitens Krauts versah, hatte dessen Urteil schon im vorhinein beim König zu diskreditieren versucht. Unter diesen Umständen bat Kraut, ihn von mündlicher oder schriftlicher Stellungnahme zu dem Projekt zu entbinden, zumal er sich „bei seinen überhäuften Amtsgeschäften mit einem Mann, welcher eine spitze und anzügliche Feder führet, in weitläufige Schriften" nicht einlassen wolle und er aus allen memoires des Wolters, die ihm bisher vor Augen gekommen, den rechten Endzweck der Sache noch immer nicht begriffen habe. Wenn ihm im übrigen Wolters zu imputieren suche, als ob er ein Feind von Banken sei, so verweise er auf die 22 Jahre, die er mit großen Negotiationen und Kreditwesen umgegangen sei, woraus wohl nicht zu vermuten, daß er dergleichen Sachen hassen oder pure verwerfen werde. Kraut schloß: „ I c h wünsche von Herzen, 1
Rep. g C 6 b 1. I Mylius II 2 Nr. XIV, XV und XVII 3 Rep. 21 n. 204 verschiedentlich * Rep. g C 6 a 5 Ebendort. Vgl. über die Projekte de Meilns und Wolters: v. Poschinger, Bankwesen und Bankpolitik in Preußen. I S. 5 5 ff
a
149
daß E w . Königliche Majestät seines promittierten jährlichen Gewinnes von 15 Tonnen Goldes auch wirklich teilhaft werden möge!" Diese Ironie dürfte ihren Zweck besser erfüllt haben als ein ausführliches Gutachten. Seine Einstellung gegenüber einer eventuellen Bankgründung geht im übrigen aus einem der Gründe hervor, die er 1704 gegen Wiedereröffnung der Mindener Münze anführte: 1 „ . . . w ü r d e ich vielleicht zu einer banco oder publiquen Kassen, wornach S. Kgl. Majestät allzeit verlangt, vorlängst einige diensame Anschläge gegeben haben, wann die in allen königlichen provinciis überhäufte und nach Quantität der vorhandenen Drittel gar unproportionierte Anzahl der kleinen Scheidemünze nicht ein unüberwindliches obstacle wäre, und je mehr derselben noch ferner ausgemünzet wird, je weniger an eine solche banco zu gedenken ist." Außer durch die besonderen Kommissionen, die im vorstehenden nur teilweise angegeben sind, wurde Krauts Arbeitskraft ganz besonders durch die Rechnungslegung über seine verschiedenen Kassen in Anspruch genommen. Die Akten enthalten fortlaufend Anträge Krauts, seine Rechnungen abzunehmen, und Angaben über die Einsetzung von Kommissaren zu deren Abnahme, wobei stets der Auftrag dahin ging, die Rechnungen aufs schärfste zu examinieren, oft auch, wegen des in Einnahme und Ausgabe gebrachten Agios Berliner Bankiers und Kaufleute zu vernehmen, „ o b selbiges in der Billigkeit steht und nicht zu hoch angerechnet w a r d " . In der Eingabe vom J a n u a r 1708 schrieb K r a u t : „ . . . habe . . . ein halbes J a h r T a g und Nacht an Verfertigung meiner aufgesammelten Rechnungen zubringen müssen, deren ich kurz hintereinander 22 abgelegt habe, da ich doch vor diesem kein J a h r vorbeigehen lassen, das nicht auch zugleich meine Rechnungen justifiziert hätte". Diese Angaben und ihre Nachprüfung sind von Bedeutung für die Beurteilung der Vorwürfe, die 1 7 1 2 zu seiner Trennung von der Kriegskasse führten. Auch wenn das Prüfungsmaterial nicht lückenlos erhalten ist, so gibt doch das Vorhandene 1
Acta Bor., Münzpolitik IS.
316 ff. Von dieser Äußerung sagt Frhr. v. Schrötter:
Sein Gutachten wirkt in dieser Zeit ein erfrischender
150
Trunk
der leichtsinnigen Gedankenlosigkeit
wie
wertvolle Anhaltspunkte. Im April 1708 reichten die Kommissare Graf Wartensleben, Graf Wittgenstein, v. Danckelmann und Ilgen einen Bericht über die Rechnungen von 1704 bis 1706 ein 1 , zu deren Prüfung sie Bankiers zugezogen hatten. Darin wird zu denjenigen Punkten einzeln Stellung genommen, die Kraut später und bis in die neueste Zeit hinein 2 zum Vorwurf gemacht worden sind. Das berechnete Agio ist mit den Wechselkurszetteln und mit den Kontokorrent-Rechnungen seiner Korrespondenten verglichen worden. Die Interessen wegen der auf seinen Kredit engagierten und vorgeschossenen Gelder sind damit begründet worden, daß er alle Einnahmen für voll angeschlagen, obwohl einige Provinzen Monate hindurch im Rückstand geblieben sind. E r hatte Zinsen nur für diejenigen Beträge gerechnet, „so er nach Abzug der ihm in dem General-Kassen-Etat monatlich nachgewiesenen Gelder des Mangels halber supplieren und vorschießen müssen". Es wurde Kraut bestätigt, daß er wegen zu spät gezahlter monatlicher Kontributionen an Zinsen zugesetzt habe, und daß er, obwohl ihm durch königliche Resolution 8 % Zinsen verschrieben seien, Schaden erlitten habe, weil er infolge der ungleichmäßigen Benutzung seiner Gelder „öfters konsiderable Summen otios liegen lassen" müsse3. Die Bankiers Maillette und Bachelle erklärten noch einmal unter Hinweis auf ihre entsprechenden früheren Gutachten, daß sie nicht in der Lage seien, so konsiderable, auf einige Tonnen Goldes anlaufende Summen zu gleichen, geschweige denn zu besseren Konditionen zu beschaffen. Das 1
General-Militärkasse
85
s
Besonders
3
Für die dem entgegenstehende Annahme Hinrichs',
Hinrichs,
Acta Bor.,
eine künstliche Kassenleere können (Wollindustrie vielleicht
Wollindustrie
zu verursachen,
S. 15s),
werden
in den Behauptungen
S. 17 ff Kraut habe es verstanden,
um desto mehr Zinsen
Unterlagen
des 170J
wegen
Unterschlagung
königlicher
Gelder und Banquerottes zu siebenjähriger Festungshaft verurteilten magdeburgischen
Oberempfängers
Heuckenroth
gesehen
Krauts Tod mit dieser und anderen Beschuldigungen liegt indessen S. 8)
mit
träglichen wiederholten
kein Anlaß
Recht
sagt,
vor, in dieser, nicht
Beschuldigungen Prüfungen
voll
ehemaligen
werden,
der
aufklärbaren gewiß
nach
gegen ihn herauskam.
wie Wentz (F. B.P.G.
eines Defraudanten verschiedener
rechnen zu
nicht gegeben. Sie könnten
Angelegenheit mehr nicht
den
zu glauben immer
Es
XXXVIII, nachals
den
wohlwollender
Kommissare
151
Agio sei so vorteilhaft für den Kurfürsten gestellt, als es nur immer ein Bankier für eigene Rechnung traktieren könne. Im Juli erhielt Kraut daraufhin Decharge, in der auf alle Ansprüche, auch an seine Erben, verzichtet wurde. Eine ähnliche Decharge für eine spätere Abrechnung wurde ihm I i . J u l i 1 7 1 0 erteilt mit dem Zusatz, daß „Uns die gute getreue und sehr nützliche Dienste, welche der v. Kraut Uns und Unserm Haus mit sonderbarem Eifer und. unermüdeter Sorgfalt leistet, zu allergnädigstem Wohlgefallen gereichen" 1 . Noch im März 1 7 1 2 bei der Umbildung des Generalkommissariats zu einer kollegialen Behörde war Krauts Stellung unerschüttert. Vor seinen Kollegen Katsch und Schardius wurde er wegen seiner „in Commissariats- und Kriegssachen erlangten Experienz, bekannten Dexterität und guten Qualitäten" 2 zum stellvertretenden Vorsitzenden des Kollegiums ernannt. Den Anlaß zu seinem Rücktritt brachte ein Konflikt mit seinem Vorgesetzten, dem Oberkriegskommissar Freiherrn v. Blaspiel, ein Konflikt, der wohl mehr auf die innerhalb der Beamtenschaft des jungen Königreiches herrschenden Parteiungen als auf sachliche Differenzen zurückging. Der Direktor im Generalkriegskommissariat, v. Grumbkow, hatte im Mai 1 7 1 2 , um seinem Chef, dem Kommissar und Präsidenten v. Blaspiel ein Bein zu stellen, dem König einen Etat in die Hände gespielt, nach dem Kraut der Kasse 400 000 Tl. vorgelegt hätte. Blaspiel ließ von einem seiner Beamten einen Gegen-Etat aufstellen, der zu dem umgekehrten Ergebnis kam, nämlich daß Kraut der Kasse 82 000 Tl. schulde 3 . Bezeichnend ist, daß Kraut selbst, so weit sich sehen läßt, in diesem Streit keine Stellung nahm. Nur seine schon wiederholt geäußerte Amtsmüdigkeit scheint sich angesichts der Intrigen, in die er hineingezogen wurde, verstärkt zu haben. 30. Juni schrieb der Kronprinz an den Herzog von Anhalt: „Leider die Armee wierdt baldt übern Hauffen gehen den(n) Kraut absolut quitieren will . . . darnacher gehbe vor unsern gantzen Dienst nicht ein Dreier" 4 . Während aus dieser Äuße1 2 3 4
General-Militärkasse 88 Beh.-Org. I 185 Ebenda I S. 204 ff u. 258 Acta Bor., Briefe Friedrich Wilhelms I. an Leopold von Anhalt-Dessau, S. 7 5
152
rung die Achtung hervorgeht, die Friedrich Wilhelm vor Krauts Tätigkeit hatte, zeigt eine wenige Monate darauf an Leopold von Anhalt gerichtete Zuschrift des Kronprinzen schon den Zwiespalt, der, nachdem er König geworden war, in seiner Einstellung gegen Kraut wiederholt zum Ausdruck gekommen ist. 19. September berichtet er: „Man muß noch eins ertzehlen. Der Köhnig ist nichts mehr an Kraut schuldig und hat 300 000 guht es ist sich doht zu lachen vor drey Monnatte wahr der Köhnig so vieil schuldig und itzunder hat er guht Kraut soll von der Casse herunter der ist desperat was ich Euer Lieben so offte gesahget habe das Kraut den Köhnig bedrohgen ist wahr wenn sie werden hier kommen so wierdt Ihnen grumcko alles sahgen worinnen es besteht der Köhnig hat müssen Prozent gehben wenn doch geldt ist in die Casse gewehsen enfin es ist die dolleste Haushaltung von der Weldt Malliet beweist das Kraut hätte können remiesen duhn a 6 p. c. da der Königh doch hat müssen 10 pr. ce. gehben" 1 . Man sieht, daß der mißtrauische Sinn des Kronprinzen sich aus dem Hofklatsch schnell die für den Betroffenen ungünstigste Deutung zu eigen gemacht hatte. Er glaubte, wie es in anderem Zusammenhang jener Jahre von ihm gesagt worden ist, an die Fabel des Tages 2 . Zweideutig ist die Rolle, die dabei der refugierte Bankier Maillette de Buy spielte. Wie der sächsische Gesandte Freiherr v. Manteuffel berichtete 3 , hätte er sich abweichend von seinem früheren Gutachten über Krauts Rechnungen geäußert, „qu'ils étaient rendu juste, mais non dans l'ordre". Angeblich hätte er das Angebot, Krauts Posten zu übernehmen, zunächst weit von sich gewiesen und Kraut täglich aufgesucht, um ihn zu tosten. Ende September meldete Kraut dem König, daß er „wegen seiner seit einiger Zeit merklich abnehmenden Kräfte den vielen und schweren Verrichtungen, die er bisher beim Militär-Etat über sich gehabt, mit der alten Promptitüde und Fertigkeit nicht mehr vorstehen könne 4 . Das Generalkriegskommissariat wurde darauf1
Ebenda,
S. 91
3
v. Noorden,
Preuß. Politik
3
Acta Bor.,
Beh.-Org.
< Rep. 9 C 10
im Span. Erbfolgekrieg,
Hist. Ztschr , Bd. 18 S. 349
I, S. S57
5
Großkaufleute 2
153
hin 4. Oktober 1 7 1 2 angewiesen, die etwaige Entlastung Krauts zu erwägen und über die geplanten Veränderungen bei der Generalkriegskasse zu berichten. 7. November wurde sein Amt zwischen Maillette de Buy, der zum Geheimen Kriegsrat bestallt und zum Mitglied des GeneralkommissariatsKollegiums mit 3000 Tl. Gehalt ernannt wurde, und dem bisherigen hinterpommerschen Obereinnehmer Schöning geteilt, der zum Kriegszahlmeister bei der Generalkriegskasse ernannt wurde 1 . Dem Maillette wurde, seinem eigenen Erbieten gemäß, in seiner Instruktion zur Pflicht gemacht, einerseits zwar die von Zeit zu Zeit für die königlichen Truppen benötigten Remisen zu Sr. Kgl. Majestät Vorteil zu dirigieren und einzurichten, anderseits aber alle und jede Provisiones bei letztgedachten Remisen zu Sr. Majestät Interesse und Profit einzig und allein zu berechnen „dergestalt, daß er davon im geringsten nichts lucrire, sondern mit seinem Tractament sich begnüge". Über Krauts Rechnung für das J a h r 1 7 1 1 und bis ultimo September 1 7 1 2 erfolgte ein Immediatbericht vom 17. Juli 1 7 1 3 2 , den Grafen Wartensleben, v. Printzen, E . B . v. Kamecke, v. Grumbckow und v. Kreutz dem neuen König erstatteten. In ähnlichen Ausdrücken wie in früheren Berichten betonten die Kommissare, daß sie und ihre Banksachverständigen - diesmal Bachellé und le Jeune - des Rendanten exactitude und pflichtmäßiges Betragen in Beobachtung des königlichen Interesses und einer zulänglichen ménage auf ihre geleistete Pflicht attestieren müßten. Der Minus-Saldo von 94 456 Tl., die der Rendant bei Schluß der Rechnung vorgeschossen gehabt, werde ihm zu erstatten sein, weil mit der Generalkriegskasse dermalen eine Veränderung vorgenommen sei. Quittung und Decharge erfolgten daraufhin auf Antrag der Kommission, indessen nur für 1 7 1 1 . Immerhin sollte die Tatsache, daß dem Oberempfänger bei Abgabe seines Amtes annähernd 100 000 Tl. als seine Vorlage anerkannt wurden, die Zweifel an der Korrektheit seiner Kassenführung wider1
Acta Bor.,
2
General-Militärkasse
154
Beh.-Org.
I, S. 269 ff Q2
legen, die aus Anlaß seines Konflikts mit Blaspiel aufgetaucht und bis heute nicht verstummt sind 1 . III Unter dem Gesichtspunkt der vorliegenden Arbeit ist von größerer Bedeutung als seine amtliche Tätigkeit die Wirksamkeit, die Kraut als Geschäftsmann für eigene Rechnung von 1697 bis zum Ende der Regierung Friedrichs I. entfaltete. In dieser Zeit mußte Kraut, nachdem das sparsame Regiment Eberhards v. Danckelmann durch die Ausgabenwirtschaft seiner Nachfolger, Kolbes von Wartenberg und seiner Freunde, abgelöst war, für die Geldbeschaffung von Hof und Heer seinen persönlichen Kredit demjenigen des Staates immer mehr vorschalten, soweit er nicht selbst als Geldgeber auftrat. Im Februar 1697 bekannte der Kurfürst 2 , von Kraut „zu einem sicheren und angelegenen behuff" 19 200 Tl. empfangen zu haben, die in längstens zwei Jahren zur Rückzahlung kommen sollten. Als Sicherheit wurde dem Geldgeber der ganze Nachlaß des verstorbenen Markgrafen Ludwig verpfändet, ganz besonders aber daraus ein auf dem Amte Pyritz in Hinterpommern stehenden Kapital von 27 000 Tl. Bezeichnenderweise hielt Kraut es für nötig, daß sein Herr in der Urkunde wie irgendein zweifelhafter Privatschuldner auf die üblichen Einwände wie non numeratae pecuniae, rei non sie sed aliter gestae oder non in rem versi im vorhinein ausdrücklich verzichtete. - In einer Übersicht über die Bestände der kurmärkischen Kammerverwaltung von 1697/98 3 wird eine Vorlage Krauts von 5 0 0 0 0 Tl. „wegen Mahndorff" erwähnt, auf die er in der Folgezeit wiederholt Abschlagszahlungen erhielt. - Dezember 1698 wurde der Amtskammerrat Samuel von Schmettau angewiesen 4 , seine Schulden beim Generalempfänger zu begleichen. 1698 nahm Kraut in eigenem Namen 97 000 Tl. auf, die „zur Erkaufung der Stadt Quedlinburg und Amts Petersberg" 1
Hinrichs,
Wollindustrie
S. 18,
nennt, ohne Gründe
Grumbckow - Blaspiel für Krauts Geschäftsführung 2
Rep. 61 lit. K 32 p
3
Breysig,
4
Rep.
9
10*
S. 59s HH
anzugeben,
den
Streit
belastend
f
2
155
dienen sollten1. Dieser Kredit, für den er 6 % Zinsen berechnete, war ihm teilweise durch eine Anweisung an die neumärkische Kammer versichert, die ihm drei Jahre nacheinander 12 ooo Tl. zahlen sollte, indessen Juni 1700 mit vier Quartalen rückständig war. Ende 1702 war der Kredit bis auf 6218 Tl. getilgt. Januar 1699 notiert Kraut: „ Z u m Behuf der Elbingschen AfTairen von mir auf die spanischen und englischen Arrieragen 200000 Tl. negotiiert" 2 . Hiervon wurden 1699 bis 1700 100000 Tl. zurückgezahlt, ohne daß Zinszahlung vermerkt wäre; die restlichen 100000 Tl., für die Kraut 7 % Zinsen per J a h r berechnete, gingen ihm 1702 wieder ein. Dezember 1698 wurde Kraut aufgetragen, zum MilitärEtat weitere 200 000 Tl. zu beschaffen und Vorschläge zu machen, wie solche Negotiation am füglichsten einzurichten sei3. Kraut stellte folgende Bedingungen: 7 % Zinsen, Sicherstellung auf 123 541 Tl. brabantische Gelder, die als rückständige spanische Subsidien von November 1698 bis Oktober 1699 eingehen sollten, sowie auf 120000 holländische Tl. rückständiger englischer Subsidien, die im Februar 1697 auf die Landtaxe und Tailles zugesagt worden waren; schließlich verlangte er Schutz gegen Geldentwertung, und zwar, daß ihm sein Geld entweder nach dem gegenwärtigen Leipziger Fuß, wie er es auszuzahlen bereit war, oder mit einem festen Betrage holländischer Währung zurückgezahlt würde. Die Geheimen Räte und die Hofkammer nahmen April und Mai 1699, d. h. nachdem Kraut das Geld schon beschafft hatte, zu seinen Forderungen in ausführlichen Berichten Stellung. Die Geheimen Räte hatten keine ernstlichen Bedenken. Nachdem es offenbar nicht möglich gewesen sei, zu 5 oder 6 % Geld zu bekommen, Kraut sich auch einverstanden erklärt habe, sein Geld ganz oder teilweise zurückzunehmen, falls ein anderer billigeres Geld anböte, oder soweit laufend Rückflüsse erfolgten, sei gegen den Zinsfuß von 7 % nichts einzuwenden. Dagegen wollte die Hofkammer sich über die 1
General-Militärkasse
¡693—1704
2
General-Militärkasse,
a. a.
3
Rep. 24 LLfasc.
Krauts
156
über
1; ferner
rückständige
und Rep. si
n. 34 e
0. General-Militärkasse,
spanische
Subsidien
a. a. 0. - Eine Rep. XI
240 f
Berechnung
Spanien
fase,
2
Frage, ob der Zinsfuß angemessen sei, nicht äußern, solange sie nicht näher über den Wert der Sicherheiten unterrichtet sei. Aufklärung darüber konnte wiederum nur Kraut verschaffen; nachdem er auseinandergesetzt, daß über die Bezahlung weder vom englischen Parlament noch von den brabantischen Ständen etwas Gewisses beschlossen sei, hatte auch die Hofkammer nichts mehr gegen Zinsfuß und Sicherstellung einzuwenden 1 . Die Forderung der Kurzsicherung war ihr zunächst ebenfalls „etwas bedenklich" vorgekommen. Die Zusage, Kraut im Falle der Verringerung des Leipziger Fußes unbedingt schadlos zu halten, sei eine große Konzession; es sei „nicht ohne, daß der Wechselkurs und die innere Bonität des Geldes nicht allemal correspondiren". Trotzdem drang Kraut schließlich mit seinem Verlangen durch, daß die Versicherung nach derzeitigem holländischen oder auch Hamburger banco einzurichten wäre. Die Rückzahlung scheint aus dem Eingang der zedierten Subsidien bis 1702 erfolgt zu sein. V o n den vereinbarten Zinsen des Jahres 1700 kamen 2424 Tl. in Abzug, die, laut der von der Kommission geprüften Rechnung, der Generalkriegskasse gebührten. Es bleibt offen, ob das Agio, mit dem die Rückzahlung der Subsidien, wie ausdrücklich bemerkt wird, erfolgte, ebenfalls der Generalkriegskasse oder aber ob es auf Grund der erfolgten Zession dem Gläubiger Kraut zugute kam. Eine Mitwirkung Krauts bei der Finanzierung der im Winter 1700/1701 zum Zweck der Königskrönung unternommenen großen Reise nach Preußen ist nicht nachweisbar. E r scheint in Berlin geblieben zu sein, wo ihm, laut Instruktion für die interimistische Verwaltung während der Abwesenheit Friedrichs, aufgetragen war ,zu „fournieren", d.h. die Verwaltung zu beliefern und wenn es notwendig werden würde, Offiziere 1
Juli
iy 12
berechnete
Kraut
die rückständigen
i1/4 Million Gulden. Briefe Friedrich
englischen
Subsidien
auf
Wilhelms I. an Leopold von Anhalt, S. 85
Anm. 3. Wie berechtigt die Zweifel an der Sicherheit eines Pfandes waren, das in der Zession von Subsidien spanischen Erbfolgekrieges Subsidienrückstände den, a. a. O., S.
bestand, erweist die Tatsache, England
mit einem Federstrich
daß gegen Ende des seine
Preußens gegenüber aus seinem Schuldbuch
beträchtlichen tilgte, v. Noor-
347
157
und Kuriere in besonderen Angelegenheiten abzuschicken 1 . 1703 wird erwähnt, daß ihm das für geheime Korrespondenzen nach Frankreich und Polen ausgelegte Briefporto in Höhe von 200 Tl. zurückerstattet worden sei2. Gelegenheit zu vollerEntfaltung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit bot Kraut die Teilnahme Brandenburg-Preußens am Spanischen Erfolgekrieg. Wenn auch das brandenburgische Interesse an den zur Entscheidung kommenden Fragen nur mittelbar war, so stieg doch die Zahl der im Felde stehenden brandenburgischen Truppen im Verlaufe des Krieges bis auf 32 000 Mann. Preußische Regimenter haben bei Hochstedt und Turin, bei Ramilly und Malplaquet gekämpft, und auf vielen Kriegsschauplätzen mußte im Laufe der zwölf Kriegsjahre der Bedarf der preußischen Truppen finanziert werden. In seinem Bericht vom 22. Februar 1709 über die Dienstverteilung im Generalkriegskommissariat sagte Grumbckow abschließend von den ohnehin überreichlichen Krautschen Funktionen 3 : „Seine größeste Mühe und Sorge aber ist, die AnschafT- und Negotiierung der am Militär-Etat von Zeit zu Zeit ermangelnden considerablen Geldsummen, imgleichen die Wechseldispositionen bei Einziehung der Subsidien-Gelder von Engell- und Holland, item bei Bezahlung und Versorgung der königlichen Truppen in Italien, Brabant und Flandern oder wo dieselben agieren". Einen gewissen Niederschlag dieser Tätigkeit Krauts ergeben die Rechnungen der Generalkriegskasse. Wiederholt werden große Kredite erwähnt, die Kraut gegen Abtretung bestimmter Subsidienbeträge gewährte, so 192 000 Tl., die 1710 in Holland auf die Prévôté de Möns negotiiert waren 4 . Die jährlich wiederkehrenden „Ausgaben an Lagio- und Interessengeldern" steigen von 54 000 Tl. in 1701 mit unbedeutenden Unterbrechungen bis auf 278 000 Tl. in 1710 und 272 000 Tl. in 1 7 1 1 , dem letzten vollen Jahre, für das Kraut verantwortlich zeichnete. Hiervon machten die Zinsen den bei weitem kleineren Teil aus; sie stiegen bis 1710 auf 42 000 Tl., so daß, wenn wir von 1
(Fischbach)
Historische Beiträge die preuß. Staaten betr. II, S.
2
Rep. XI
3
Acta Bor.,
4
General-Militärkasse
158
n.
195 Beh.-Org.
I, 88
76
618
einem geschätzten Zinssatz von 7 % ausgehen, die von Kraut vorgestreckten oder auf seinen Kredit beschafften Gelder sich bis auf 600 000 Tl. belaufen hätten. Wesentlich höhere Beträge als an Zinsen wurden als „Lagio für die Truppen in Italien und Brabant" benötigt, d. h. als Aufgeld für Zahlungen in Geld der Banken von Venedig und Genua sowie in holländischer Währung. Auf Italien betrug das Aufgeld gegenüber der Münzparität 20 bis 25%, auf Brabant 25 bis 30%. Wenn von 1705 bis 1 7 1 2 die Truppen in Italien zwischen 225000 und 370000 Tl., diejenigen in Brabant 1710 und 1 7 1 1 sogar wesentlich über 500 000 Tl. jährlich erforderten, so ergibt sich von selbst, daß auch die Beträge für gezahltes Agio in diesen Jahren in die Hunderttausende steigen mußten. Sehr deutlich spiegelt sich in diesen Ziffern der Druck wieder, den die große All'anz auf den preußischen Verbündeten ausübte. Zweimal erschien Marlborough, der siegreiche Feldherr der Allianz, in Berlin, um die Stellung neuer Truppen zu erwirken; im Herbst 1704 hatte er den Erfolg, daß 8000 Mann, im Winter 1705, daß weitere 4000 Mann nach Italien entsandt wurden 1 . Dementsprechend stiegen die Zahlen für nach Italien gezahltes Agio in diesen Jahren von 50 0000 Tl. auf 95 000 Tl. Noch eine Feststellung aus den Angaben über bezahltes Agio ist bemerkenswert. Das allerdings niemals sehr erhebliche Agio, das für polnisches Geld ausgegeben werden mußte, verwandelte sich von 1708 ab in eine Einnahme, indem mehr polnisches Geld zur Einnahme als zur Ausgabe kam. Es wäre interessant festzustellen, ob es sich hier vielleicht um finanzielle Hintergründe der preußischen Haltung im großen nordischen Krieg handelt. Hinrichs 2 hat auf Grund der Abschlüsse der GeneralKriegskasse errechnet, daß der jährliche Durchschnitt der von 1704 bis 1 7 1 2 an Kraut gezahlten Zinsen und Agiogelder 195 000 Tl. ausmacht. Wenn er indessen die ,,an Kraut gezahlten Zinsen und Agiogelder" als Summe bezeichnet, „die eine Ahnung von den ungeheuren Gewinnen geben, die in die Taschen Krauts geflossen sind", so ist diese 1
v. Noorden,
2
Wollindustrie,
a. a. 0., S.
S.
316ff
18
159
Feststellung zum mindesten zweideutig und Kraut gegenüber nicht gerecht. Die für Zinsen und Agio an Kraut gezahlten Beträge geben keinerlei Anhalt für den Gewinn, der ihm tatsächlich zugeflossen ist. Wir wissen nicht, welchen Teil der benötigten Gelder er aus eigenen Mitteln vorstreckte, auf welchen Teil er einen Zwischenverdienst an Zinsen nahm, und wie hoch dieser Zwischenverdienst war. Noch weniger wissen wir, welches Agio er bei der Transferierung der Gelder ins Ausland selbst zu zahlen hatte, und welcher Nutzen ihm bei den berechneten Kursen verblieb. Wollte man, wie man nach Hinrichs annehmen müßte, das gesamte Agio als Krauts Nutzen ansehen, so müßte man umgekehrt auch die laut der Kassenabschlüsse von Kraut an die Kasse abgeführten „Einnahmen an profitierten Lagiogeldern" für einen Verlust Krauts halten. Davon ist natürlich keine Rede; vielmehr handelt es sich hier um den Nutzen, der der Kriegskasse aus den mit Aufgeld realisierten englischen und holländischen Subsidien zufloß. Der Agiogewinn aus Subsidien, die, wie wir schon sahen, mit erheblichen Verspätungen eingingen, stieg von i i ooo Tl. in 1702 bis auf 201 000 Tl. in 1710, machte also damit den überwiegenden Teil der aus dem Unterhalt der Truppen im Auslande entstehenden Agioverluste wieder wett. Man darf ohne weiteres annehmen, daß Kraut, dessen Doppelstellung als Beamter und als Bankier des Staates durchaus anerkannt war, sowohl an dem Agio der auszuzahlenden wie an dem der einkommenden Gelder seinen Nutzen gehabt hat, ebenso wie auch seine Kreditgewährung ein nutzbringendes Geschäft gewesen sein muß - Beweis dafür das große Vermögen, das er hinterließ. Es scheint uns indessen nicht gerecht, ihn einen „Ausbeuter des Staates" 1 zu nennen und seine Leistungen für die Kriegführung als „Beutekapitalismus" 2 zu brandmarken im Gegensatz zu seiner späteren industriellen Wirksamkeit, die die moderne Form „des rationalen an einen regulären Erwerbsbetrieb gebundenen Alltagskapitalismus" wäre. Kraut hat auf einem Posten, auf dem die gesamten Einnahmen und Ausgaben der Heeresverwaltung durch seine Hände und Bücher gingen, als Bankier im Laufe von 20 Jahren 1 2
Wollindustrie, S. ig Ebenda, S. 15a
160
ein großes Vermögen erworben und davon als Industrieller loren. Kontrollkommissionen in wechselnder Zusammensetzung, denen erste Sachverständige angehörten, haben seine Abrechnungen von J a h r zu J a h r geprüft und nichts gegen sie einzuwenden gefunden. Wenn man nicht von dem Standpunkt ausgeht, daß raffender Kapitalismus der ist, bei dem der Kapitalist verdient, und schaffender nur der, bei dem er verliert - so wird man Krauts Tätigkeit als Generalempfänger milder beurteilen müssen, als Hinrichs es tut. Seitdem sein Hauptgeschäft die Finanzierung der Generalkriegskasse geworden war, scheint Kraut sich in seiner sonstigen geschäftlichen Tätigkeit auf den Kreis des Hofes beschränkt zu haben. Wir haben an anderer Stelle 1 gesehen, wie er 1705 mit 100 000 Tl. und 1708 mit weiteren 10 000 Tl. einsprang, als die Juwelenlieferantin des Königs auf Bezahlung nicht länger warten wollte. Auch dafür wurde er auf rückständige Subsidien versichert. Bei den verschiedenen großen Bauten des Königs hat Kraut zeitweise finanzierend mitgewirkt. Für Schlüters Schloßbau in Berlin legte er 1704 20 000 Tl. vor, um aufgelaufene Schulden zu bezahlen und das Werk nicht ins Stocken kommen zu lassen2. 1707 und 1708 stiegen seine Vorlagen auf beinahe 85 000 T L , für die er monatlich 1 / 2 % Zinsen erhielt. Als ihm dies Geld 1709 zurückgezahlt war und er erneut vorschießen mußte, verlangte er 1 % Zinsen per Monat. Wie für den Berliner bestand auch für den Charlottenburger Schloßbau Geldnot. 1706 entlieh Eosander v. Göthe für Rechnung des Königs zu seinem Werke einige tausend Taler von Kraut 3 . November 1708 negotiierte Kraut zur Bezahlung der Herrschaft Alt-Landsberg, die der König dem Grafen v. Schwerin abgekauft hatte, 50 000 Tl. auf die Ziesegelder von Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt zu 6 % auf zehn Jahre 4 . Kraut stellte über dies Kapital, das offenbar bei einem breiteren Kreise von Kapitalisten aufgenommen wurde, 15. März 1709 50 Obligationen ä 1000TI. 1 2
S. oben S. 38 (König),
Historische Schilderung
3
Gundlach,
4
General-Militärkasse
von Berlin, III, S. 141
Geschichte von Charlottenburg,
u. 207
II, S. s6y
go
161
aus, die auf seinen Namen lauteten, aber vom König bestätigt waren, womit für Kraut die Decharge und für die Inhaber der Obligationen die nötige Sicherheit wegen Verpfändung der Steuereinnahmen gegeben war. Ein weiterer Vorschuß von 1 5 000 Tl., den Kraut 1 7 1 0 für den schnelleren Ausbau des Alt-Landsberger Schlosses leistete1, scheint auf Befehl des Königs aus der Erbstandsgelderkasse erfolgt zu sein. Wegen der Kgl. Schatullkasse nahm Kraut März 1 7 1 2 zum Behuf des Weselschen Festungsbaues 60 000 Tl. auf, für die ihm das in der Schatullkasse geführte sog. Elbingsche Kapital verschrieben wurde 2 . IV Ehe wir uns der Betrachtung der letzten zehn, d. h. der unter die Regierung Friedrich Wilhelms I. fallenden Lebensjahre Krauts zuwenden, sei das wenige zusammengestellt, was sich über seine persönlichen Verhältnisse und über den Eindruck findet, den dieser nach Eigenart und Erfolg ungewöhnliche Mann auf seine Zeitgenossen gemacht hat. Obwohl Kraut seit 1678 in Berlin-Cölln lebte, hat er die enge Verbindung mit der Halleschen Heimat immer zu erhalten gesucht. Als sein Bruder Christian Friedrich, der in den Sturz der Danckelmann verwickelt war, sein A m t als Geheimer Kammerrat aufgeben und den brandenburgischen Dienst quittieren mußte, kaufte ihm Johann Andreas Juni 1699 die vom Vater ererbten und durch Zukauf vergrößerten Talgüter zu Halle, d. h. Höfe, die eine Salz-Abbau-Gerechtigkeit besaßen, ab 3 . Im übrigen trat er, wo er konnte, für seine Brüder ein. So verschaffte er 1 7 1 4 dem hallischen Konsistorialsekretär Ludwig Gerhard Kraut die Bestallung zum Konsistorialrat in Magdeburg 4 . Inzwischen hatte er in Berlin als Grundbesitzer festen Fuß gefaßt. Schon 1692 hatte er sich bemüht, das Haus in der Breite Straße zu Cölln zu kaufen, das Christian Heydekampf aus der Verlassenschaft seines Vaters für 10 000 Tl. hatte 1 2 3 4
Prov. Brand. Reg. s Generalia 7 General-Militärkasse 33 Rep. 52 n. 160 h Beh.-Org. II S. 75
162
annehmen müssen, war aber dann von dem Plan zurückgetreten 1 . Im folgenden J a h r erwarb er von den Meindersschen Erben das große, vormals im Besitz Leonhard Weilers gewesene Haus Königstraße 60, das er bis zu seinem Tode bewohnte und das 1 7 2 4 von seinen Erben an den Minister v. Grumbckow für 10 000 Tl. verkauft wurde 2 . Später legte er in der Stralauer Vorstadt einen Garten an, in dem sich unter anderm ein von einer Horizontal-Windmühle getriebener Springbrunnen befand 3 . Nach diesem Garten erhielt die heutige Krautstraße ihren Namen. So erfolgreich er in seinen Geschäften war, so wenig Glück hatte er in seiner Familie 4 . Von seiner Frau Ursula, geb. Schindler, der Schwester seines Mitarbeiters in den industriellen Unternehmungen, hatte er nur einen einzigen, 1686 geborenen Sohn, Franz Andreas, der Offizier geworden war und, wie man sich in Berlin erzählte, als Spieler mit einem väterlichen Zuschuß von 8000 Tl. im J a h r nicht auskam. Schon als aktiver Offizier stand Franz Andreas zu einer Predigerstochter aus dem Magdeburgischen, Marie Therèse de Sempié, in Beziehungen, die 1709 zur Geburt eines Sohnes, des späteren Karl Andreas Kraut, führten. Nachdem er 1 7 1 2 als Major den Abschied genommen hatte, entführte Franz Andreas 1 7 1 4 das Fräulein de Sempié aus dem Hause eines Berliner Apothekers, wo sie in Pension war, um sie bald darauf zu heiraten. Pöllnitz' Angabe, die Frau des Franz Andreas von Kraut sei eine flamande de basse origine gewesen, ist danach cum grano salis aufzufassen. Der Vater Kraut, der auf Grund seiner eigenen Stellung und seines 1703 erworbenen Adels für seinen Sohn wohl eine ganz andere Heirat erhofft hatte, erkannte die Ehe nicht an und versuchte, die Schwiegertochter mit Geld abzufinden. 1 7 1 6 starb Franz Andreas, der eine Präbende in Halberstadt innehatte, plötzlich an der Kopfrose. 1
Rep. 21
2
Borrmann,
3
Nicolai,
no 26 Bau- u. Kunstdenkmäler Berlin
Brandenburgia 4
Zum
Schriften
1786
Berlins,
S. 410 u. Rep. 22 n 120 b
I S. 62 und Briefwechsel
Leibniz-Frisch
in Archiv
d.
II S. 34
Folgenden
besonders:
Berliner
Geschriebene
d. Ver. f . d. Gesch. Berlins, passim;
a l'histoire de la maison de Brandebourg in F. B. P. G. XXXVIII
1713-17
in
Pöllnitz, Mémoires pour
Zeitungen
servir
II S. 12 ff. und Wentz, Familie
Krautt
S. 1 ff.
163
7. Juli 1720 verlor Johann Andreas Kraut auch die Gattin und stand nun ganz ohne engere Familie da. Die wenigen Angaben, die wir über seine Persönlichkeit besitzen, lassen auf einen bestimmten, nicht seltenen Typus des erfolgreichen Geschäftsmannes schließen. Von Natur schroff, war er durch seine Erfahrungen eher noch härter geworden. Dabei schätzte er die um Geld käuflichen Freuden dieser Welt. II aimait le vin et la grisette, sagt Pöllnitz von ihm. Ein großer Arbeiter, erholte er sich gern an gastfreier Tafel. Der galante Hofpoet v. Besser wird als einer seiner intimen Freunde genannt. König Friedrich Wilhelm speiste öfters in seinem Garten, wobei dann „sich mächtig divertiert und stark getrunken", natürlich auch Tabak geraucht wurde. Kraut war ein aufgeklärter Mann und Skeptiker. Als der ganze Hof von den verblüffenden Experimenten des Goldmachers Caetano geblendet war, zweifelte allein er keinen Augenblick, daß es sich um einen Schwindler handelte. Anderseits war Kraut ein Mann von Temperament. Wie weit ihn dies hinreißen konnte, zeigt eine Maulschelle, die er im Februar 1706 seinem Kollegen, dem Rat Schardius, versetzte. Knieend sollte er, so erging der Spruch, von dem Gegner die Maulschelle zurückempfangen und danach drei Jahre auf der Festung Spandau zubringen. E r kam indessen mit einer Abbitte und Strafzahlung von 2000 Tl. davon. Seine dienstliche Laufbahn unter der Regierung Friedrich Wilhelms soll kurz zusammengefaßt werden. März 1 7 1 3 , d. h. also mehrere Monate, ehe die früher erwähnte Kommission zur Abnahme der Rechnungen der von Kraut abgegebenen Generalkriegskasse ihren Bericht erstattet hatte, berief der neue König den bisherigen Generalempfänger in die Verwaltung der reorganisierten General-Invalidenkasse sowie in das unter Zusammenfassung der Domänen-Verwaltung und der Verwaltung der übrigen Zivil-Einkünfte neugegründete General-Finanzdirektorium 1 . Wenige Monate darauf scheint Maillette de Buy von seiner Stellung beim Generalkommissariat, bei deren Übernahme er vielleicht doch seine Kräfte überschätzt hatte, zurückgetreten zu sein. Die Angabe, daß Kraut schon damals seinen alten Posten w'eder 1
Beh.-Org. I 357 u. 364
164
übernommen hätte 1 , erscheint insofern glaubhaft, als er in der T a t später im Generalkommissariat wieder tätig war. Allerdings nicht mehr in der alten Stellung als Generalempfänger, für die unter der strengen Finanzwirtschaft Friedrich Wilhelms der Raum fehlte. Indessen darf der Wiedereintritt in seine alte Behörde wohl als eine weitere Entkräftung der gegen ihn erhobenen Beschuldigungen angesehen werden. Im August desselben Jahres wurde Kraut mit der Leitung des Manufakturwesens nach des Königs Absichten und der Anrichtung der noch notwendigen Manufakturen beauftragt 2 . In dieser Eigenschaft hat Kraut - abgesehen von seiner Tätigkeit in der Wollindustrie - zahlreiche Gutachten erteilt3. Seit ihrer Gründung war Kraut ferner Mitglied der Generalrechenkammer 4 . 1 7 1 8 stieg er zum Geheimen Kriegsrat auf 6 . Bei der Neuverteilung der Ämter im General-Finanzdirektorium behielt er Februar 1 7 1 9 Sitz und Stimme. Im folgenden Jahre führten Reibungen mit dem dienstälteren v. Creutz dazu, daß Kraut unter Hinweis auf seine Arbeit beim Generalkommissariat und auf seine 59 Lebensjahre darum einkam, von der Arbeit im General-Finanzdirektorium entbunden zu werden. Der König begütigte ihn indessen und verfügte, daß es bei der Diensteinteilung vom Februar 1 7 1 9 sein Bewenden haben sollte6. Den glänzenden Abschluß seiner Laufbahn bildete es, als der König in der Wende der J a h r e 1 7 2 2 / 2 3 unter Zusammenfassung der zivilen und militärischen Finanzbehörden, d. h. des General-Finanzdirektoriums und des Generalkommissariates, das GeneralOber-Finanz-, Kriegs- und Domänendirektorium errichtete und Kraut in diesem einen der fünf Ministerposten übertrug 7 . Er hat sich dieser Stellung nicht lange erfreut. 1
Berliner Geschriebene Zeitungen S. 16. Nach Rodens Manuskript, zitiert bei Isaacsohn, Gesch. des preuß. Beamtentums, III, S. 142, wäre Kraut erst 1717/18 wieder in das Generalkommissariat eingetreten. Mailette starb 1716 2 Acta Bor., Handels-, Zoll- u. Akzise-Politik II 272 3 So eines über die Gründung einer Fabrik zur Gewinnung von Öl aus Bucheckern. Rep. g AA 20 * Beh.-Org. II 58 5 Ebenda III S. 31 6 Isaacsohn, a. a. 0. III 55 u. Beh.-Org. III 146 7 Beh.-Org. III. 542f, 568, 582, 663
165
V Das Schwergewicht seiner geschäftlichen Tätigkeit ging in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms vom finanziellen auf das gewerbliche Gebiet über. Sie hat sich, von der Verwaltung seines großen Vermögens und gelegentlichen Hilfeleistungen für höfische Zwecke abgesehen, in der Errichtung der großen Wollenmanufaktur erschöpft, die unter dem Namen Lagerhaus bekanntgeworden ist. Die Entstehung und Entwicklung des Lagerhauses ist wiederholt geschildert worden 1 und soll im folgenden nur kurz zusammengefaßt werden. Auf Krauts Bitte hatte der König Anfang August 1713 die Angelegenheit der Gold- und Silber-Manufaktur, die im Besitz und unter der Leitung von Krauts Schwager Schindler stand, und deren Geschäftsführung angegriffen worden war, persönlich im Geheimen Rat vorgetragen und eine Kommission zur Untersuchung der Vorwürfe eingesetzt2. Gleichzeitig hatte er Kraut wissen lassen, daß er wegen Anrichtung der Wollen- und anderer Fabriken auf ihn sein Vertrauen gesetzt und diese ganze Sache seiner Sorge und Direktion allein auftragen wolle, ig. August stellte Kraut darauf dem König in ausführlicher Eingabe scharf umrissene Bedingungen, unter denen er bereit sei, sich der Aufgabe zu unterziehen 3 . Er verlangte, daß er jederzeit Gehör und zur Behebung von Schwierigkeiten Rückhalt beim König finde; daß dieser, ohne ihn zu hören, in Kommerzangelegenheiten keine Entscheidung treffe und anderseits alle seine Anordnungen selbst bestätige, zumal da es nicht nur darauf ankomme, die inländische Erzeugung zu vergrößern, sondern vor allem darauf, daß die Ware ihrer Güte und ihrem Preise nach im Inlande und Auslande konkurrieren könne. Kraut verlangte ferner, daß nach seinem Vorschlage Kommerz-Kollegia eingesetzt, und daß ihm Räume für das Warenlager, dessen Unterhaltung im Interesse der Armee der König verlangte, angewiesen würden. Dagegen überließ er dem König die Ent1
Literatur
bei Rachel,
Berliner
Wirtschaftsleben
mus, S. 244; seitdem noch Hinrichs, Bd. XLIV
S. 46ff
und Acta Bor.,
2
Rep. g JJ
12 d
3
Abgedruckt
bei Isaacsohn,
166
im Zeitalter
Das Kgl. Lagerhaus Wollindustrie,
a. a. 0.,
S. 140 f
S. 19 ff
des
in Berlin,
FrühkapitalisF. B. P. G.
schcidung, ob das Warenlager auf Kosten und Verlag des Königs angelegt werden solle, oder ob er - Kraut - selbst die nötigen Mittel fournieren und dies Werk durch seinen eigenen Kredit und Verlag für eigene Rechnung zustande bringen und fortsetzen solle. Diese Fragestellung am Ende einer Reihe von Bedingungen, die ihm die Leitung des ManufakturenDepartements in die Hand geben sollten, bedeutete, daß Kraut sowohl bereit war, auf Arbeit für eigene Rechnung zu verzichten, als auch für seine industrielle Tätigkeit unter dem neuen König in die gleiche Doppelstellung als Kaufmann und Beamter einzutreten, die er als Finanzmann des Vorgängers eingenommen hatte. Ohne Zögern, am 22. August, und ohne wesentliche Einschränkung nahm Friedrich Wilhelm Krauts Bedingungen an. Die ihm von Kraut überlassene Wahl traf er dahin, daß er die Beteiligung am Verlag und an der Finanzierung des Lagerhauses ablehnte und Kraut damit noch einmal zu der Doppelleistung als beamteter Kaufmann veranlaßte 1 . Die Verfugung des Königs vom 22. August 1 7 1 3 sah vor, daß der Wollmanufaktur das Haus zum Schwarzen Adler eingeräumt werden sollte2. 29. November 1 7 1 3 kam Kraut indessen darum ein, ihm für die Manufaktur und zu einem Lagerhause die Gebäude der ehemaligen Ritterakademie zu überlassen. Der König entsprach seinem Wunsch. Damit erhielt der in der Klosterstraße gelegene erste kurfürstliche Wohnhof, bis dahin als der „alte H o f " oder das „hohe H a u s " bekannt, den Namen, der sich erhalten hat, bis das Haus vor wenigen Jahren leider niedergerissen wurde. Schon im Februar 1 7 1 4 sprach man in Berlin davon, daß Kraut seiner Fabrik einen Vorschuß von 250 000 Tl. gemacht, und daß sie für die Armee große Lieferungen übernommen habe. Gegen Ende des Jahres wurde ein großer Bankerott in Berlin auf die zu befürchtende Konkurrenz der Krautschen Woll1
Für
dramatische Formulierungen
strebenden zwang"
oder daß „Kraut
wie die, daß der König „den
Geld in das Lagerhaus gesteckt hätte (Hinrichs, u. 50), 2
heftig
Forschungen
bietet der nüchtern zutage liegende Sachverhalt
keine
Bd. XLIV,
August v. Wittgenstein, in den Besitz K 441
der Krone gelangte frühere
A s6. Danach Wollindustrie,
sein S. 48
Unterlage
Das am Cöllnischen Fischmarkt gelegene, durch Zession des Besitzers,
Haus. Rep. 131
Wider-
nur als Opfer eines höheren Willens"
Grafen
Taubesche
S. 28, zu berichtigen
167
manufaktur zurückgeführt, da sein erwartetesMonopolden Kaufleuten schon jetzt ihre Nahrung, schmälere. Inzwischen verging noch das ganze J a h r 1 7 1 4 mit den notwendigen Umbauten und der Einrichtung des Betriebes, an deren Fortschritten der König regen Anteil nahm 1 . Der Betrieb bestand, soweit das eigentliche Lagerhaus in Frage kam, aus der gesamten Weberei, Färberei und Appretur, ferner aus der Spinnerei für die feineren Garne, während die Spinnerei der Garne für das Mannschafts-Tuch als Heimarbeit an Soldatenfamilien in Berlin und auch nach auswärts vergeben wurde. Die märkische Wolle, deren Ausfuhr zunächst beschränkt wurde, wurde durch Zukauf feiner spanischer Wollen ergänzt. Neben den Webern, die sich namentlich in der französischen Kolonie fanden, wurden besonders tüchtige Leute aus Holland und dem Jülichschen herangezogen. Schon 1 7 1 6 belieferte das Lagerhaus die ganze Armee. Eine schlechte Wollernte und der durch den Bedarf des Lagerhauses selbst ansteigende Wollpreis führten indessen bereits bei den ersten großen Geschäften zu erheblichen Verlusten. Diese erhöhten sich durch die Zinsenausfälle, die bei Lieferung der Ware an die Truppen bis zum Eingang des Geldes eintraten. Schließlich waren auch die Betriebsunkosten höher als erwartet. A u f der andern Seite zeigte sich starke Unzufriedenheit sowohl bei den Wollproduzenten, die über die vom Lagerhaus gezahlten geringen Preise klagten, wie bei den Regimentern, die die Qualität der gelieferten Ware bemängelten. Bei den daraufhin zwischen dem König und Kraut geführten Verhandlungen schlug Kraut vor, dem Lagerhause eine Wollhandelsgesellschaft anzugliedern und ihr ein Handelsmonopol zu verleihen, während der König eine staatliche Preiskontrolle in Aussicht nahm. Inzwischen stiegen die Wollpreise weiter. Schon hieß es, daß das Lagerhaus den Betrieb einstellen werde. Da fand Kraut die Lösung mit einem neuen Vorschlag, der sein Risiko in dem Geschäft auf ein ihm erträglich erscheinendes Maß verringern und gleichzeitig die öffentliche Hand an dem Unternehmen interessieren sollte2. Der König, der bei der Errichtung des Lager1
Rep. 96, 301 D Rep. g J J 12 d, Acta de ao. lyiy 1717, noj
2
168
betr. den Sozietätskontrakt
vom 24.
VIII.
hauses jede eigene Beteiligung abgelehnt hatte, sollte 50 000 bis 60 000 Tl. zur Verfügung stellen, die er dann auf 40 000 Tl. ermäßigte. Mit dieser Summe wollte er sich an einem Betrage von 100000 Tl., den die Kur märkische Landschaft zu 5 % Zinsen aufnehmen und in das Lagerhaus einbringen sollte, beteiligen. Obwohl die Minister Ilgen und Creutz, die die Verhandlungen mit Kraut führten, diesem wie dem König gegenüber einwandfrei zum Ausdruck brachten, daß es sich um eine Gesellschaft auf gemeinsamen Gewinn und Verlust handeln sollte, lag Kraut viel daran, vom König selbst eine Erklärung zu erhalten, daß er für einen etwaigen Verlustanteil der Landschaft nicht verantwortlich sein solle. E r verwies in einem Gesuch vom 20. August 1 7 1 7 darauf, es sei bekannt, daß alle Handlungen und Manufakturen „vielen casibus und Gefahren unterworffen seien, die man im voraus nicht assecurieren könne" - der König indessen bemerkte am Rande: „ K a n n nichts verlohren werden oder die Regimenter und ich banquerout machen. Das wird nicht geschehen." Kurz darauf kam der Kontrakt zwischen Kraut und der Landschaft zustande, nachdem die Landschaft Krauts Bücher geprüft und festgestellt hatte, daß 237 8 1 8 Tl. in das Unternehmen hineingesteckt worden seien, und daß der gegenwärtige Wert 181 364 Tl. ausmache. Nachdem in der Präambel des Vertrages darauf hingewiesen war, daß Kraut schon bei Jahren sei und bald mit Tode abgehen könne, verpflichtete sich die Landschaft, zu Lasten ihres Hufen- und Giebelschosses 100 000 Tl. einzulegen, während Kraut ebensoviel von seinem Kapital darin belassen, mit andern Worten etwa 81 000 Tl. herausnehmen sollte. Der Betrag von 56 4 5 3 Tl., um den die einschließlich 6 % Zinsen errechnete Investition Krauts den gegenwärtigen Wert des Betriebes überstieg, d. h. also sein bisheriger Verlust, sollte ihm ohne Zinsverrechnung aus künftigen Gewinnen vorab zurückerstattet werden. Erst nach dieser Rückzahlung sollte ein etwaiger weiterer Gewinn zwischen ihm und der Landschaft geteilt werden. Weiteren Geldbedarf des Lagerhauses sollte Kraut zu X U % Zinsen per Monat beschaffen und damit Gläubiger - nicht Gesellschafter - werden. Die Sozietät sollte acht J a h r e bestehen und es dann seinen Erben - der Fall seines eigenen 11
Großkaufleute 2
169
Erlebens wurde nicht vorgesehen - freistehen, die Sozietät zu erneuern oder aufzulösen. Die Landschaft erhielt das Recht, einen Mitdirektor zu ernennen. Einige Wochen nach Abschluß des Vertrages, 28. Oktober 1 7 1 7 , wandte sich Kraut erneut an den König mit der Bitte um ausdrückliche Bestätigung, daß er über seinen Anteil hinaus für Verluste des Lagerhauses nicht verantwortlich sein sollte. Er bezog sich auf die letzte Äußerung des Königs, ein Verlust könne nicht entstehen. Bei Errichtung des Lagerhauses habe er selbst an einen so großen Verlust, wie er tatsächlich eingetreten sei, nicht geglaubt, wenngleich er auf keinen Nutzen gerechnet habe. Es sei doch wohl dem König bekannt, „daß an keinem Ort jemals Manufakturen ohne Schaden angelegt worden, welches Frankreich und andere Puissancen wohl erfahren haben". U m nun in seinen überhäuften Sorgen etwas beruhigt zu werden und das Werk mit guter Herzhaftigkeit fortführen zu können, bat er erneut, ihm die verlangte Decharge erteilen zu lassen. Wiederum vermied der König eine Stellungnahme, indem er das Gesuch den Ministern zuschrieb, die Sache zu examinieren. D a in den nächsten Tagen nichts erfolgte, so wiederholte Kraut seine Bitte am 10. November. Nochmals verfügte der König, zu examinieren und auszufertigen, was recht für Landschaft und Lagerhaus sei. Aus dem Bericht der Minister geht hervor, daß der Verlust, den Kraut an der bisherigen Führung des Lagerhauses gehabt zu haben angab, vom König noch immer „einigermaßen in Zweifel gezogen" wurde. Demgegenüber wiesen die Minister auf den Befund der Untersuchung durch die Landschaftsdeputierten hin, die Krauts Angaben bestätigt hätten. Sie stellten dem König die Entscheidung anheim. Der vorhandene Entwurf eines Konfirmationskontraktes vom 16. November 1 7 1 7 läßt annehmen, daß Kraut endlich seine Decharge und Sicherstellung betreffs künftiger Verluste erhalten hat. Durch den Vertrag mit der Landschaft begrenzte Kraut sein Risiko in dem Geschäft der Wollmanufaktur auf 100 000 Tl., d. h. auf einen Betrag, der trotz seiner absoluten Höhe im Verhältnis zu seinem Gesamtvermögen durchaus tragbar war. Im Laufe der Jahrhunderte haben unzählige kaufmännische Unternehmer die Erfahrung machen müssen, daß
170
eine an sich gesunde Unternehmung zu ihrem Aufbau mehr Mittel, als ursprünglich angenommen, erforderte, daß sie damit ihren Unternehmer zunächst von sich abhängig machte und dann zu Grunde richtete. Daß Kraut, dem die warnenden Vorbilder einer solchen Entwicklung noch nicht so vertraut sein konnten wie uns, trotzdem mit äußerster Energie diese Gefahr zu bannen verstanden hat, ist der beste Beweis für seine geschäftliche Genialität. Abgesehen vom Betrieb der Wollmanufaktur beschränkte Kraut auch unter Friedrich Wilhelm, wie schon vorher, seine geschäftliche Tätigkeit auf die Verwaltung seines Vermögens und auf gelegentliche Gefälligkeitsgeschäfte. So hat er bei der Abwicklung des Berchemschen Konkurses 1 1 7 1 3 für den Schuldner Bürgschaft geleistet und 23 000 Tl. dabei vorgestreckt. 1718 legte er dem Fürsten von Anhalt 300 000 Tl. vor, als der König sich verpflichtet hatte, seinem alten Freunde diesen Betrag zum Güterkauf zu leihen, das Geld indessen erst später dafür frei machen konnte2. 1722 schoß er dem Fürsten von Anhalt nochmals 25 000 Tl. gegen Hypothek auf litauische und preußische Güter vor, die der Fürst zu kaufen in Begriff war 3 . Er begegnet um 1720 auch als Kunde der aufstrebenden jungen Firma Splitgerber & Daum 4 . VI Ungewöhnlich, wie der Aufstieg Krauts gewesen ist, war auch sein Ende. Das Lagerhaus, das Werk der letzten zehn Jahre seines Lebens, war allen Schwierigkeiten zum Trotz ein Erfolg geworden. Und mehr als das. Ähnlich wie seine finanzielle Tätigkeit in den französischen Kriegen den Begriff des internationalen Wechsels in die brandenburgisch-preußische Wirtschaft zunächst praktisch eingeführt hatte, und dann seine Erfahrung der Kodifizierung des neuen Wechselrechts zugute kam 6 , so wurden die merkantilistischen Gedanken, 1
Geschriebene Zeitungen,
2
Briefe
3
Rep. ss.
Friedrich 178
4
Lenz-Unholtz,
5
Hinrichs,
S. 27. Vgl. auch oben S.
Wilhelms an Leopold
von Anhalt,
107 S. 137
f
K Gebr. Schickler
Wollindustrie
1713-igis,
S.
18
S. 154 spricht allerdings von „Krautschen
Wechsler-
Kniffen"
H"
171
auf denen Kraut sein Lagerhaus aufbaute, zur Grundlage für die Wirtschaftspolitik der beiden großen preußischen Könige des 18. Jahrhunderts. Es war wichtig für das Lagerhaus, daß die Einfuhr ausländischen Tuches beschränkt und dadurch dem Unternehmen Krauts zwar kein Monopol, aber eine beherrschende Stellung gegenüber den Verbrauchern gesichert worden war. Nachdem er sich mit der Landschaft assoziiert hatte, erwirkte Kraut diejenige Maßnahme, die ihm die entsprechende Stellung gegenüber den Rohstofflieferanten verschaffen sollte, das allgemeine Wollausfuhrverbot. Wenn das materielle Ergebnis der Fabrik zunächst noch bescheiden blieb, so ist es angesichts der Schwierigkeiten, mit denen der Aufbau eines in seiner Art ganz neuen industriellen Großbetriebes zu kämpfen hatte, schon als ein entschiedener Erfolg anzusehen, daß der bisherige Verlust sich von 1 7 1 7 an in Gewinn verwandelte. In dem Vertrage mit der Landschaft von 1716 war vorgesehen, daß zunächst Krauts Verlust von 56 453 Tl. zurückerstattet werden sollte, ehe eine Gewinnteilung zwischen ihm und der Landschaft zu erfolgen hätte. In den sieben Jahren bis 1723 wurde ein Nutzen von 31 000 Tl. erzielt 1 , der vertragsmäßig Kraut zukam. Sein Präzipuum am Gewinn blieb damit in Höhe von ca. 25 000 Tl. bestehen. Inzwischen war zwischen Kraut und dem König ein Konflikt ausgebrochen, da dieser, um die durch das Wollausfuhrverbot hart getroffenen Schäferei-Besitzer zu stützen, verlangte, das Lagerhaus solle alle unverarbeitete grobe Wolle im Lande aufkaufen, im Lohn verarbeiten lassen und das Tuch im Auslande absetzen. Er ließ dem Lagerhaus dazu ein weiteres Kapital von 100 000 Tl. durch die kurmärkische Landschaft zinslos zur Verfügung stellen. Kraut, dessen Haftung j a auf sein im Lagerhaus arbeitendes Kapital beschränkt war, und der deshalb durch die gewünschte Expansion finanziell nicht allzu schwer getroffen werden konnte, sträubte sich doch bis zum äußersten. Einmal wehrte er sich gegen die ihm damit zugemutete, nicht mehr zu bewältigende Mehrarbeit; sodann gegen das Risiko, das eine starke Vermehrung der Produktion ohne gesicherten Absatz für sein 1
Nach
172
einer Notiz von Katsch v. t6. 10. 1724,
Rep.g
CCC
s
Unternehmen bedeuten mußte. Das Gemüt des Mannes, dem kein glückliches Familienleben ein Gegengewicht gegen geschäftliche Sorgen bot, verdüsterte sich mehr und mehr. Was Pöllnitz aus Krauts letzter Lebenszeit erzählt, ist die Wiedergabe der typischen Symptome für Verfolgungswahn reicher Leute. Er versperrte Fenster und Türen seines Hauses gegen Einbrecher, ließ seine Goldbestände, die großenteils in Fässern verpackt in seinem Hause lagerten, nicht mehr aus den Augen und glaubte doch, verhungern zu müssen. Der König - und wohl auch ein Teil des Hofes, dessen Urteil Pöllnitz folgt hielten Kraut für einen Simulanten. Er werde ihn an eine silberne Kette legen lassen, wenn Kraut nicht bald wieder vernünftig würde, spottete Friedrich Wilhelm, über Krauts Widerstand gegen seine Lagerhaus-Pläne erbost, in einem vertraulichen Schreiben vom 10. Januar 1723 1 . Tatsächlich wurde Krauts Widerstand schwächer und schwächer. In der zweiten Märzhälfte war er fast so weit, daß er auf sein im Lagerhaus steckendes Kapital verzichten wollte, gab dann aber gegenüber den Wünschen des Königs nach und versuchte nur noch, durch Hinhalten Zeit zu gewinnen. In diesen Tagen hat der König seinem alten Zechkumpan, in dessen Garten in der Stralauer Vorstadt er sich früher manches Mal „divertiert" hatte, einen Krankenbesuch abgestattet, von dem ein Korrespondent meldete 2 , der König habe seinen Minister aus der Schrift getröstet. Noch einmal, 4. April 1723, erschien Kraut im Generaldirektorium, erkannte indessen selbst, daß er zu regelmäßiger Arbeit nicht imstande war, und entschloß sich, auf einige Tage nach Glienicke 3 , wohl seinem Sommersitz, zu gehen. Er ist von dort nur zurückgekehrt, um in Berlin zu sterben. 22. Juni meldete Katsch, das juristische Mitglied des Generaldirektoriums, dem König, der sich auf einer Reise im Westen befand, daß es mit Kraut zu Ende gehe. Da der König weder ihm noch seines Wissens sonst jemandem für Krauts Todesfall 1
3
Briefe
an Leopold
von Anhalt,
S. 2/5
Ebenda Es ist nicht ersichtlich,
legenen Dörfer
welches
der verschiedenen
in der Nähe
Berlins
ge-
dieses Namens in Frage kommt
J
73
Instruktionen gegeben habe 1 , so fragte er an, ob nach dem Tode, wie üblich, nur die dienstlichen Akten oder aber ausnahmsweise die ganze Verlassenschaft versiegelt werden sollte. Der König entschied: „Soll meine Brifschaften und Ordre versigeln. Was seine afferen an gehd melire mir nit wan es nur im Lande bleibet." A m 24. Juni abends starb Kraut. Als Todesursache wurde Melancholie und Körperschwäche angegeben. Das Verzeichnis 2 der am nächsten Tage durch die Räte Mancke und Thulemeyer versiegelten Akten zählt auf: Subsidien-Verträge, Akten des Großen Friedrichshospitals, Instruktionen, Angelegenheiten der kurmärkischen Ämter, des Heeres, Steuersachen, erledigte und laufende Geschäfte des Generaldirektoriums, schließlich Kopfsteuer-Rechnungen von 1703 und 1704, für die noch keine Decharge erteilt war. Sämtliche privaten Schriftsachen Krauts blieben also unberührt. 26. J u n i meldete Katsch dem König den Tod und die erfolgte Versiegelung; er erwähnte dabei „hinterstellige KopfsteuerRechnungen". Der König könne „ohne großen bruit" jemanden der Inventur-Aufnahme beisetzen, um wegen seiner Forderungen das eigentliche Vermögen der Verlassenschaft zu erfahren. Über dieses bemerkte Katsch noch: „ V o n einigen will es nicht groß gehalten werden; alleine ich urtheile aus demjenigen, was mir vorhin von seiner Handelung noch bekandt, und wenn ich dabey bedenke, wie er über 20 J a h r die Königl. Cassen in seiner fast alleinigen Disposition gehabt, da er sowohl bei Einnahme als Ausgabe als ein kluger Wechseler und Negotiante viel profitieren können, das Vermögen auf eine Million Thaler belauffen müßte." Mit der Schätzung der Höhe des Nachlasses war Katsch von der Wahrheit nicht 1
Rep. g CCC 2. — Hinrichs grundlegende Arbeiten zur Geschichte des Lagerhauses in Acta Bor., Wollindustrie, u. Brandenb.-preuß. Forsch. Bd. XLIV, auf denen auch unsere Darstellung fußt, gruppierten doch manchmal dieTatsachen zu stark unter bestimmten Gesichtspunkten. So entspricht es nicht dem Inhalt der Akten, wenn er die vom König nach Krauts Tode getroffenen Maßnahmen „einen seit langem erwogenen Angriff auf Krauts Vermögen" nennt. Im Interesse monumentaler Darstellung seines Helden formt H. hier und an andern Stellen des Königs Einstellung gegenüber Kraut zu einer großen politischen Linie, während sie tatsächlich spontan und sprunghaft gewesen ist " Dienstakten IV b vol. 4. 5. 141 ff
174
weit entfernt. Im übrigen darf man diese wie die schon vorangegangene Meldung wohl als eine leichte Beeinflussung des Königs in einer Richtung ansehen, die der juristische Berater als willkommen annehmen mochte. Der König verfügte zunächst indessen nur, daß jemand bei der Inventuraufnahme zugegen sein solle. Es ist nicht einwandfrei zu erkennen, was den Umschwung in der Haltung des Königs gegenüber dem Krautschen Nachlaß herbeigeführt hat. Fest steht, daß wenige Tage nach Krauts Tode eine Infanteriewache in das Sterbehaus gelegt wurde, und daß der König Katsch beauftragte, Kraut wegen angeblicher heimlicher Wollausfuhr, auf die Todesstrafe stand, in effigie aufhängen zu lassen. In einem Schreiben vom März 1724 an Leopold von Anhalt 1 kommt er noch einmal auf diesen Vorwurf zurück: „ E u e r Lieben haben die Instrucción gelehsen (gemeint ist das Verbot der Wollausfuhr) also Kraut nach allen Rechten ich Ihn hengen lassen könte." Unterlagen für die gegen Kraut erhobene Anschuldigung sind nicht bekannt. Viel innere Wahrscheinlichkeit hat der Vorwurf, daß der Urheber des Wollausfuhr-Verbotes selbst gegen sein Gesetz verstoßen haben sollte, nicht. Aber der König stützte sich bei den Forderungen, die er gegen den Nachlaß erhob, auch nicht allein auf das Woll-Delikt. Daß Kraut für die Kopfsteuer-Rechnungen der J a h r e 1703 und 1704 noch keine Entlastung erhalten hatte - also für einen ganz geringen und 20 Jahre zurückliegenden Teil der von ihm während eines Menschenalters geführten und abgenommenen Kassenrechnungen - das wurde für den König Anlaß zu empörter Erinnerung an die finanzielle Mißwirtschaft seines Vaters und an die Kraut dadurch gebotene Gelegenheit, sich zu bereichern. Mit einem Schlage trat das Mißtrauen wieder in den Vordergrund, das gegenüber den großen Leistungen Krauts jahrelang hatte unterdrückt werden müssen, das indessen niemals erloschen war. Noch 1 7 2 2 hatte Friedrich Wilhelm in der Instruktion für seinen Nachfolger geschrieben: „ K r a u t ist habile und guht aber wie der Deuffel listig nach dem Gelde. Da müsset Ihr das auge aufhaben daß er Euch nicht bedrige 2 ." 1 Briefe, S. 246. Vgl. auch Riedel, a. a. O. S. 70 * Acta Bor., Beh.-Org. III S. 457
175
Es ist trotzdem kaum zweifelhaft, daß die angebliche Wollausfuhr und die nicht erteilte Decharge nur den Vorwand dafür abgegeben haben, daß der König seine noch kurz vor Krauts Tode geäußerte Absicht, sich in dessen Privatangelegenheiten nicht zu „meliren", aufgab und sich wenige T a g e darauf zu einem energischen Vorgehen gegen den Nachlaß entschloß. Anlaß zu dieser Sinnesänderung mag der plötzlich in ihm auftauchende Gedanke gewesen sein, die beim Lagerhaus seinen Expansionsplänen entgegenstehenden Schwierigkeiten auszuräumen, indem er die gute Gelegenheit zu teilweiser Enteignung des Nachlasses und damit zur Verstaatlichung des Lagerhauses ergriff. Wenn wir nach einer Rechtfertigung für sein Verhalten suchen, so liegt diese unserer Ansicht nach nicht in akuten oder auch verjährten Verfehlungen Krauts. Die Rechtfertigung - und vielleicht auch die letzte Triebfeder für das Vorgehen Friedrich Wilhelms - liegt in der Tatsache, daß Kraut weder einen anerkannten Leibeserben noch ein Testament 1 hinterließ. Damit entspricht die „Erbschaftssteuer", die seinen nunmehr gesetzlichen Erben in allerdings etwas gewaltsamer Weise auferlegt wurde, letzten Endes auch unserem heutigen wirtschaftlichen Empfinden. Krauts gesetzliche Erben, gegen die sich die Ansprüche des Königs richteten, waren sein letzter überlebender Bruder und sechs eheliche Kinder der bereits verstorbenen Geschwister 2 , während seine von ihm nicht anerkannte Schwiegertochter noch für die Legitimität ihres Kindes kämpfte. Für die konzentrierte Energie des Königs waren die unter sich uneinigen, von Äußerlichkeiten, zum Teil auch vom König selbst abhängigen Erben, unter denen ein leitender Kopf fehlte, verhältnismäßig leichte Beute. Der König verlangte von ihnen dafür, daß er alle seine Ansprüche gegen den Erblasser aufgeben und alle Ansprüche Dritter an das Kammergericht verweisen wollte, 200 000 Tl. E r begnügte sich schließlich mit der Überlassung des Krautschen Kapitalanteils von 100 000 Tl. am Lagerhaus, einschließlich des noch offenen 1
Einen Testamentsentwurj
Präsident 2
Wentz, a. a. 0. S.
176
sollte, nach Angabe Schindlers,
v. Cocceji haben. Rep. g T 8 15
der Kammergerichts-
Gewinn-Präzipuums von 25 000 Tl., einer Zuzahlung von 40 000 - vielleicht 60 000 - Tl. und der Verpflichtung der Erben, 30 000 Tl. schlechter Scheidemünze in schweres Geld einzuwechseln. Nachträglich mußten die Erben auf königlichen Befehl vom 1 1 . März 1 7 2 6 1 dem ehemaligen Kollegen Krauts, Katsch, für das von Kraut als Geschenk zugesagte Tafelsilber 6000 Rtl. zu zahlen, vielleicht eine Anerkennung des Königs für den ihm durch Katsch zuerst insinuierten Gedanken eines Vorgehens gegen den Nachlaß. Auch hatte Katsch versprechen müssen, davon 2000 Tl. für Bauzwecke auszugeben. Der Öffentlichkeit gegenüber erschien die ganze Regelung als eine großzügige Schenkungsaktion der Erben, die erfolgte, nachdem der König auf eine ihm gelegentlich von Kraut in Aussicht gestellte Donation hingewiesen hatte. Den Erben verblieben nach Befriedigung des Königs und anderer Ansprüche - solche wurden von vielen Seiten gestellt2, konnten indessen auf Grund des mit dem König abgeschlossenen Vertrages großenteils auf den langwierigen Weg einer Klage beim Kammergericht verwiesen werden - 600 ooo Tl. Hiervon stand ein Teil im Ausland: 7000 Pfund Sterling beim Parlament in London, eine alte Subsidienverpflichtung, die Kraut zunächst bevorschußt und dann für eine Forderung übernommen hatte; 100000 fl. in Holland, aus ähnlicher Quelle stammend, auf die Kraut jährlich 6000 fl. Rente bezogerf hatte 3 , sowie ein Posten in Venedig. Von anderen ausstehenden Forderungen oder Immobilien ist nicht die Rede, so daß man annehmen kann, daß sein Bankgeschäft und selbst seine Vermögensverwaltung, für die er bis zum Schluß seines Lebens kaufmännische Bücher führte, mehr und mehr zu einer Thesaurierung der baren Gelder geworden war. Das sogenannte ,,Krauten-Erbe" 1
Rep. g CCC
2
So von Krauts
3
Geschichte
2 altem Schuldner
von den Liebmannschen Rep. 21
hat in der
Erben,
und Feind
Rep. g T 2.60,
Heuckenroth,
Rep. g CCC
von dem Schutzjuden
2;
Elkan
n. 204
Berliner
Geschriebene Zeitungen,
S.
515
177
des Berliner Hofes noch jahrelang eine Rolle gespielt. Es hat sich bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts verhältnismäßig gut erhalten 1 , und zwar dadurch, daß mehrmals einzelne Teile sich wieder vereinigten. Von Krauts Nachlaß scheinen den Löwenanteil die zwei Kinder seines Bruders Christian Friedrich erhalten zu haben. Dieser hatte eine reiche Frau geheiratet, Johanna Concordia von Droste, die Tochter eines Königsberger Getreidehändlers, dessen Witwe 500 000 Tl. Vermögen hinterlassen haben soll. Wie im Prozeß gegen Eberhard v. Danckelmann behauptet worden war 2 , hatte Danckelmann dem Christian Friedrich Kraut eine Scheinquittung ausgestellt, um ihm durch die so vorgespiegelte Wohlhabenheit zu dieser reichen Braut zu verhelfen, deren Vermögen man für die Hofhaltung Friedrichs I I I . brauchte. Von ihren beiden Kindern, bei denen sich das mütterliche Vermögen und der überwiegende Teil desjenigen ihres Onkels Johann Andreas vereinigte, heiratete die Tochter, Konstanze Amalie Sophie, den Johann Heinrich v. Bredow auf Hoppenrade. Ihr Mann starb früh, und ihre beiden Söhne verfielen in geistige Umnachtung. Als Vormund wurde ihnen der Bruder ihrer Mutter, Karl Friedrich v. Kraut eingesetzt, der erst Offizier in französischen Diensten, dann Hofmarschall des Prinzen August Wilhelm und schließlich in gleicher Stellung beim Prinzen Heinrich war. Die Mutter der beiden Bredows verfügte 1 7 4 5 testamentarisch, daß nach ihrem und der geistesgestörten Söhne Tode die Güter Löwenberg und Hoppenrade, ehemals Bredowscher Besitz, den ihr verstorbener Mann mit Krautschem Gelde zurückerworben hatte, der Krautschen Familie zufallen solle4. Damit kam das Vermögen, soweit es nicht schon von der zweiten Generation verzehrt worden war, in der dritten noch einmal zusammen, nämlich bei Karl Friedrich v. Krauts einziger Tochter Charlotte, der auf Grund von Fontanes Darstellung in die Literaturgeschichte eingegangenen „Krauten-Tochter". Die Kriegsjahre und das Leben einer großen Dame - Charlotte v. Kraut 1
Wentz, a. a. 0. S. is ff Breysig, Prozeß gegen Eberh. v. Danckelmann, in Schmollers sozialwissenschaftl. Forschungen VIII, Heft 4, S. 65 3 Fontane, Fünf Schlösser, S. 165 2
178
Staats-
und
war dreimal verheiratet - verschlangen indessen den Rest. 1 8 1 9 ist Charlotte v. Arnstedt, geb. v. Kraut, stark verschuldet verstorben und als letzte ihres Namens im Krautschen Erbbegräbnis in der Nicolai-Kirche zu Berlin beigesetzt worden. Wenig bekannt ist über das Schicksal desjenigen, der eigentlich bestimmt gewesen wäre, allein die Erbschaft des Ministers Johann Andreas v. Kraut anzutreten, seines Enkels Carl Andreas v. Kraut. O b die verwitwete Mutter von dem Großvater tatsächlich gegen Geld bewogen worden ist, den Sohn für unehelich zu erklären 1 , oder ob Johann Andreas dies nur versucht hat, ist nicht festzustellen. Jedenfalls hat der Alte Schwiegertochter und Enkel bis zum Schluß nicht anerkannt. A m T a g e vor seinem Tode wandte sich die geborene de Sempie an Katsch, um die Legitimität ihrer Ehe mit Franz Andreas zu betonen. Sie hat auch weiter auf den König einzuwirken und das Recht ihres Sohnes, der damals 14 J a h r e alt war, zu vertreten gesucht. 4. April 1 7 2 4 bat sie den König, eine Kommission zur Prüfung der Legitimität ihres Kindes einzusetzen: „Wenn die Sentenz vor meinem Kinde ausfället, wie ich nicht anders glauben kann, es dahero der einzige Erbe des seligen Etatsminister v. Kraut seyn muß 2 ." Für den König, der mit den „legitimen" Erben sein Abkommen getroffen hatte, kam eine Anerkennung des Enkels natürlich nicht in Frage. E r verfügte, daß die Krautschen Erben an diesen 30 000 Tl. zahlen sollten; wäre die Mutter damit nicht zufrieden, solle sie nur 6000 Tl. erhalten. Katsch, der die Rechtslage anders beurteilen mochte, setzte zugunsten des Enkels durch, daß die Erben 40 000 Tl. zahlten und des Kindes eheliche Geburt nicht weiter anfechten wollten, wozu der König bemerkte: „Gehet mir nit an aber 30 000 Tl. sein aller ehre werdt wievill legitime Leute die nit 30 000 fl. haben und danken Ghott." 1 7 3 5 wurde Carl Andreas v. Kraut Leutnant im DragonerRegiment Nr. 7. In demselben J a h r ist ei aus nicht mehr erkennbarem Grunde kassiert und auf die Festung Küstrin gebracht worden. Aus den ihm ausgezahlten 40 000 Tl. 1
Stammler, Deutsches Rechtsleben in alter und neuer Zeü> h
weiß nicht, daß Carl Anmerkung 2
Andreas
vorehelich geboren ist. Vgl.
293.
Stammler
übrigens S.
¡47,
/
Rep. 9 CCC
2
179
hatte sein Vormund die Schilbergschen Güter in Preußen von dem Obristen von Marwitz für 16 ooo Tl. kaufen wollen. 1746 war Carl Andreas indessen im Besitz1 der unverschuldeten Ritter- und Allodialgüter Lichterfelde und Osdorf und des Beerenschen Anteils in Giesensdorf, die er mit allen herrschaftlichen Geräten und Möbeln für 24 000 Tl. an den Berliner Kaufmann Johann Christian Buder, den maßgebenden Mann der Russischen Handels-Compagnie in Berlin, verkaufte. Da er zurzeit keine Gelegenheit hätte, den Betrag in preußischen Landen unterzubringen, so sollte der Käufer das Geld noch zwei bis drei Jahre zu 4 % Zinsen in seinem Geschäft behalten. Kraut sollte berechtigt sein, 4000 T1. perJ a h r zu entnehmen, wenn er sie bei der Kurmärkischen Landschaft unterbringen könnte. Das letzte Lebenszeichen von Carl Andreas v. Kraut ist 1762 ein Brief aus Rom an den König, in dem er bittet, in die Heimat zurückkehren zu dürfen, da die Kapuziner und Dominikaner ihm als einen Vasallen des Königs von Preußen nach dem Leben trachteten. Offenbar war bei ihm ein Verfolgungswahn ausgebrochen, ähnlich dem, der das Ende seines Großvaters überschattet hatte. Geistige Störungen hat Wentz noch bei einer Reihe weiterer Mitglieder der Familie Kraut festgestellt. Von Carl Andreas' Ende wissen wir nichts. Mittellos kann er nicht gestorben sein; denn seine Mutter hinterließ, als sie 1767 starb, der Armenkasse der St. Hedwigskirche zu Berlin 20000 Tl. 2 Weitere 1200 Imperialen - etwa gleich 1000 Louisdor - , die dem König von Preußen aus der Erbschaft der in Belgien geborenen Frau v. Kraut kraft Heimfallrechts zustanden, hat Friedrich II. zur Weiterführung des Kirchenbaues der Hedwigskirche 3 verwandt. VII Das von Kraut errichtete Lagerhaus ist noch einmal in private Hand gekommen und hat damit Persönlichkeiten besonderen Gepräges Gelegenheit zu kapitalistischer Betätigung gegeben, nachdem es 40 Jahre hindurch von einer staatlichen Kommission von Offizieren und Beamten für das Große 1
Rep. 78 II B
- Lisco, 3
Hasack,
180
200
das wohltätige Berlin, die St. Hedwigskirche
S.
362
in Berlin,
S.
20J
Militär-Waisenhaus verwaltet worden war. Ende 1 7 6 3 wandte sich ein wohlhabender Kaufmann Schmits aus Aachen an den König mit dem Angebot, in Preußen eine Färberei für Garn zu errichten, und zwar auf Grund des in seinem Besitz befindlichen Geheimnisses, echt türkisch-rot zu färben. Die Verhandlungen, die der König dem damals noch in Gunst stehenden Ursinus übertrug 1 , ergaben, daß zwei Gebrüder Schmits, Henri und J e a n Matthieu, bereit waren, sich in den preußischen Staaten industriell zu betätigen. J e a n Matthieu oder, wie er sich später nannte, Johann Matthias, der Besitzer des FärbeGeheimnisses, errichtete 1764 in Kaputh bei Potsdam, wo ihm der König das Schloß nebst Garten und noch 32 000 Tl. bar zur Verfügung stellte, eine Färberei für türkisches Garn. Mit seinem Bruder Henri, später Heinrich, schloß der König, dem die Prüfung der derzeitigen Administration des Lagerhauses durch eine dazu bestellte Kommission wohl mancherlei Schäden gezeigt hatte, am 8. August 1764 einen Erbpachtvertrag ab. In diesem wurde der Wert des Lagerhauses auf 400 000 Tl. angesetzt, auf welchen Betrag Schmits dem Potsdamer Militärwaisenhause 5 1 / i % Zinsen per J a h r zu zahlen hatte. Dafür standen ihm sämtliche Gebäude zur Verfügung, allerdings mit der Verpflichtung, sie in gutem Zustande zu erhalten2. Schmits stand beim Abschluß dieses Geschäftes in Konkurrenz mit der Firma Veitel Ephraim & Söhne, die eben die Gold- und Silbermanufaktur in Erbpacht genommen und angeblich für diejenige des Lagerhauses mehr als Schmits geboten hatte. Henri Schmits scheint ein rühriger Mann gewesen zu sein, der die mancherlei Anfangsschwierigkeiten, die ihm begegneten, mit Energie zu überwinden verstand. Dauernde Reibungen ergaben sich mit schlesischen Webereien, denen Schmits vorwarf, daß sie ihm Meister und Arbeiter „debauchierten", d. h. ausspannten, oder entgegen seinem Privileg spanische Wollen verarbeiteten 3 . Anderseits wies das Generaldirektorium in dem bekannten, für Ursinus 1
Rödenbeck, Beiträge II 136 ff. - Nicolai a. a. 0. S. 5 2 7 u. 1124 (Zarnack) Gesch. d. Potsdamer Militärwaisenhauses S. 434; Geh. Briefe über die Preuß. Staatsverfassung (1787) S. 5 5 ff 3 v. Schrötter in F. B. P. G. XIS. 414, 446, 477; ferner XIV S. 553 u. 562
2
181
so verhängnisvollen Bericht vom i. Oktober 1766 über die Gründe für die wirtschaftliche Depression darauf hin, daß die beträchtlichen Mengen durch Schmits nach Preußen eingeführter Aachener Tücher ein wesentlicher Grund für den Rückgang des heimischen Tuch-Absatzes seien. Der König, der den Bericht im übrigen in schroffster Form ablehnte, nahm die Anregung betreffend Schmits auf und bestimmte, daß dieser nicht nur kein einziges Stück fremden Tuches weiter einführen, sondern auch angehalten werden sollte, den Tuchhändlern und dem Publikum bessere und billigere Preise als bisher zu stellen1. Schmits scheint im übrigen in seinem Betriebe ein strenges Regiment geführt zu haben. Darüber schrieb einer seiner Arbeiter, ein Färber, in seine schlesische Heimat: „ H i r auf das Lagerhaus ist nicht mehr so wie vor diesem. Der Herr Schmitze ist sehr genau, er will gern Leute haben, die sollen nicht viel kosten, es gehet sehr kunfuse z u . " Mitte der 70erJahre starb Heinrich Schmits. Bald nach seinem Tode, 1 7 7 7 , wurden sein Bruder Johann Matthias und sein Sohn Andreas „wegen des von selbigen auf der Lagerhausfabrique bisher bezeugten Fleißes und Industrie" zu Geheimen Kommerzienräten ernannt 2 , während Heinrich es nur zum Kommerzienrat gebracht hatte. Es ist danach anzunehmen, daß Johann Matthias, dessen Türkisch-Garn-Färberei, zum Teil infolge Wandels der Mode, keine größere Bedeutung erlangt, und der trotz wiederholter Anregungen des Königs seinen persönlichen Wohnsitz niemals von Aachen wegverlegt hatte, gemeinsam mit dem Bruder im Lagerhaus tätig gewesen war. Formal lag die Leitung des Lagerhauses nach Heinrich Schmits' Tode bei seinem Sohn Simon Andreas und seinem Schwiegersohn Paul Benedikt Philipp Leonhardt Wolff, später Kammerrat v. Wolff, dem Sohn des Amtmanns Johann George Wolff, der schon seit 1 7 5 7 als Hypothekengläubiger auf verschiedenen Berliner Hausgrundstücken, darunter dem später seinem Sohn gehörigen Hause Neue Friedrichstr. 16, erwähnt wird. Paul Benedikt v. Wolff, der 1766 bei der Errichtung der Gesellschaft zur Versorgung von Berlin und Potsdam mit 1
Preuß,
2
Gundlach,
182
Urkundenbuch
III 8g u.
ios
Geschichte Charlottenburgs II
393
Brennholz eine Rolle gespielt hatte, ist anscheinend auch der K o p f in der Führung des Lagerhauses gewesen, das unter ihm besonderen Aufschwung nahm. 1 7 8 5 wurde ein Umsatz von annähernd einer halben Million Talern erzielt 1 . Es ist interessant, festzustellen, daß v. Wolff als einer der ersten Fabrikanten in Berlin Maschinenspindeln einführte, sie indessen schon vor 1 7 9 6 wieder abschaffte, offenbar, weil sie technisch noch nicht auf der Höhe waren 2 . v. Wolffs Schwager und Mitdirektor, der Geheime K o m merzienrat Schmits, ein großer und ungewöhnlich beleibter Mann, scheint mehr eine gesellschaftliche Rolle gespielt zu haben 3 . Die Kosten seiner Haushaltung wurden jährlich auf 24 000 T l . geschätzt. Gemeinsam mit Wolff kaufte er 1 7 8 3 für 5500 T l . das dem Lagerhaus benachbarte Haus Neue Friedrichstraße 16. Sehr erheblichen Besitz erwarb er zu seinem Sommeraufenthalt in Charlottenburg 4 . Hier pflegte er nachbarliche Beziehungen zur Gräfin Lichtenau, mit der er in mancherlei Anekdoten und Klatschgeschichten zusammengebracht wurde. Die Verehrung, die er für die Freundin Friedrich Wilhelms I I . empfand, hat ihm geschäftlich jedenfalls nicht geschadet. 1 7 8 7 kam zur Sprache, ob das Waisenhaus früher bei der Selbstadministration des Lagerhauses nicht bedeutend besser als bei der Vererbpachtung abgeschnitten habe, und ob daher nicht eine Änderung des Vertrages anzustreben sei. M a n ist geneigt, an persönlichen Einfluß der Lichtenau zu Gunsten ihres Verehrers zu denken, wenn der König am 15. Oktober 1 7 8 8 entschied, daß Schmits auf Lebenszeit ohne Erhöhung der Pacht bei seinem Vertrage geschützt werden solle, daß er - der König - sich aber vorbehalte, beim Ableben des Schmits zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen diese wichtige Entreprise dem Wolff überlassen bleiben solle6. 1 7 9 1 wurde Wolff dann als Assistent und N a c h folger von Schmits förmlich bestätigt. A u f Schmits bezieht 1
Berlin wie es ist (1831) S. 246/; v. Schön, Studienreisen eines jungen Staatswirts ( 187g) S. 73 2 Vgl. hierzu Rachel, a. a. 0. S. 150 f 3 Dampmartin, Vie privée de Frédéric-Guilleaume II (1811) S. 73; Förster, Preußens Helden im Krieg und Frieden, III 57 f 4 Lüdecke, a. a. 0. S. 448; Gundlach, a. a. 0. II S. 355 u. 433 5 Zarnack a. a. 0. S. 435 183
sich wohl auch eine Eintragung im Tagebuch des Arztes Heim, in der am 16. November 1796 unter den Gästen an der Tafel einer Demoiselle Schmitz in Berlin angeführt wird: „Ihr Bruder, der wie ein Schwein frißt und denkt. . . Meine Frau und Christine waren auch hier. In eine solche unzüchtige Gesellschaft sollen sie mir aber nicht wieder gehen." Der Rückgang, der um die Jahrhundertwende, wie wir noch sehen werden, die anderen Berliner Woll-Spinnereien und Webereien erfaßt hat, ist auch am Lagerhaus nicht vorbeigegangen. Dies wurde noch besonders durch die immer weitergehende Einschränkung seines Monopols betroffen. Die Zahl der in Betrieb befindlichen Stühle verringerte sich wie folgt: 1777 1785
231 221
1803 1809
108 69
Der Umsatz ging von 1785 bis 1809 von einer halben Million Thaler auf 174500 Tl. zurück 1 . Sowohl Schmits wie Wolff scheinen in den Kriegsjahren gestorben zu sein, ohne fähigen Nachwuchs zu hinterlassen. Ganz ähnlich wie es mit der Erbpacht der Gold- und Silber-Manufaktur ging, war es seit dem Kriege auch den Inhabern des Lagerhauses nicht mehr möglich, den Pachtzins von 22 000 Tl. aufzubringen. Bei den Zwangsanleihen von 1812/13 werden Schmits und Wolff oder ihre Nachkommen nicht mehr genannt; sie müssen also schon damals ohne wirtschaftliche Bedeutung gewesen sein. 1815/16 kam es, nachdem das Waisenhaus die Pachtinhaber beim Kammergericht verklagt hatte, zum Abschluß eines Vergleiches, bei dem die Wölfischen Erben das Haus Neue Friedrichstr. 16 dem Fiskus überließen und auf alle Ansprüche aus der Erbpacht verzichteten, wogegen der Staat es unter Aufhebung des Monopols übernahm, dem Waisenhaus die bisher vom Lagerhaus genossene Revenue zu zahlen 2 . Im übrigen blühte, während die alten Berliner WollwarenManufakturen sich nicht mehr halten konnten, in Potsdam, Luckenwalde und Gottbus die Feintuchfabrikation auf, sodaß das Erlöschen der Berliner Fabriken, vor allem des einst so bedeutenden Lagerhauses, in der Mark keine Lücke hinterließ. 1
Berlin
2
Lüdecke,
184
wie es ist, S.
346
a. a. 0. S. 448 u. Zarnack,
a. a. O. S.
435/
Severin Schindler und die Gold- und Silber-Manufaktur In ganz anderen Bahnen als das Leben Krauts verlief das seines um fast 10 Jahre jüngeren Schwagers Severin S c h i n d l e r . Von diesem ist ein treffliches Bild erhalten, das ihn im Sinne der Barockzeit als höchst stattlichen und vornehmen Kaufherrn darstellt. Man braucht nur diese Züge, die einen ehrenfesten und wohlwollenden Mann von heiterer Gelassenheit widerspiegeln, zu vergleichen mit den Schilderungen, die von Kraut überliefert sind, um klar zu werden, daß die Bestimmung beider eine ganz verschiedene sein mußte, wenn auch ihre Lebensläufe sie nahe brachten. Severin war 18. Januar 1671 geboren als Sohn des angesehenen Cöllner Kaufmanns Johann Schindler; auch seine Mutter entstammte einer Kaufmannsfamilie, und er selbst lernte, nachdem er das Cöllnische Gymnasium besucht, die Handlung in Leipzig. Schon 1697 aber finden wir ihn als Kriegskommissar im brabantischen Feldzug und dürfen wohl vermuten, daß sein damals schon höchst einflußreicher Schwager ihn auf diesen Posten gebracht hat. Wenn es ein Versuch sein sollte, ihn gleichfalls in eine aussichtsvolle Beamtenlaufbahn hineinzubringen, so ist dieser nicht geglückt, denn schon bald war Severin wieder zu Hause und hat mit dem unter Krauts Fittichen erworbenen Gelde die Handlung seines älteren Bruders Bartholomäus gekauft. Dieser, der frühere Teilhaber von Wilh. Westorff, war offenbar ein Lebemann - in den Akten findet sich ein ärgerlicher Handel wegen einer nicht bezahlten Spielschuld an einen Fähnrich in Höhe von 420 T l . 1 - ; er lebte dann hier als Geldverleiher, wobei ihm 1714/15 durch Konkurse namhafter kaufmännischer Schuldner, besonders Abraham Rosenfelds mit 19000 Tl. Darlehen, bedeutende Verluste erwuchsen 2 . Severin indessen gelang es, 1702 Teilhaber und bald Allein1 Rep. 9 JJ 8 Rep. 9 Y 2. 39
2
12
Großkaufleute 2
inhaber der durch Kraut gegründeten Gold- und SilberManufaktur zu werden. Diese hatte Kraut, wie erwähnt, 1691 „wegen anderer seiner vielen affaires" an die Leipziger Kaufleute Gebrüder Kaspar und George Bose veräußert 1 . Die Böses, die schon um 1670 eine derartige Fabrik in Leipzig angelegt hatten, waren bei dem Kauf offenbar von der Absicht geleitet, sich die neue unbequeme Berliner Konkurrenz vom Halse zu schaffen. Es gelang ihnen weiterhin, vom Kurfürsten unterm 20. März 1692 ein Verarbeitungs-Monopol zu erwirken, das aber erst im Februar 1695 öffentlich bekanntgemacht und zugleich auf den ganzen Staat ausgedehnt wurde. Es wurde überhaupt nun erst zur Durchführung gebracht und damit den bisherigen Kleinbetrieben dieser Art ein Ende bereitet. Die Böses haben daneben noch eine Seiden-Manufaktur „durch ein capables Subject mit großen Kosten etablirt". Offenbar hatte Georg Bose die Leitung der Berliner Fabrik und hier seinen Wohnsitz, denn seine jüngste Tochter ist hier erzogen worden. Nach dem Tode seines Bruders Kaspar, 21. April 1700, erbte er das Ganze, starb aber schon wenige Monate darauf, 23. Juli, worauf seine Leipziger Schwiegersöhne, Joh. Georg Richter und Wolfgang Jöcher, die Geschäfte der Firma „sei. Georg Böses Erben" weiterführten 2 . Deren Berliner Geschäftsteilhaber wurde 1702 Severin Schindler. Nachdem er sich den Kommerzienrats-Titel verschafft 3 , setzte er sich durch seine 1704 vollzogene Heirat mit der erst 16 jährigen jüngsten Tochter des verstorbenen Georg Bose, Marie Rosine, vollends in der Firma fest. Vielleicht ist er bei dieser Gelegenheit Alleininhaber des Berliner Geschäfts geworden, als welcher er in der Folge immer erscheint; seine Schwäger in Leipzig dürften es als auf die Dauer untunlich 1
Concession
v. 30. März
über diese Manufaktur.
1691,
und Schindler
in der Bibliothek
Küster II, S.
724
2
Rep. g LL
4b, wo auch die übrigen
Für das Folgende ferner
die Leichenpredigten
des Grauen Klosters,
VIII und XI.
Akten
der Bose Vgl. auch
Die Bosesche Witwe und Erben in Leipzig erscheinen 1700 unter den Kreditoren
des fallit gewordenen hiesigen Kaufmanns Martin Christian Schultze. Rep. g 3
Bestallung des Commissarius Sev. Schindler zum Commercien-Rat,
doch gegen 40 Tl. zur Chargenkasse, Handlungs-Sachen 3 II. Bald
186
„wegen
erlangter Wissenschaft",
danach folgte
die Ernennung
seiner Geschicklichkeit
Cölln, 4. Januar zum
Hofrat
1703.
HHs
ohne Gehalt, und in
Rep. g C 6 a
erkannt haben, einen solchen an sich schon schwierig zu leitenden Außenbesitz beizubehalten. Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung darüber wird es stehen, daß der vorherige Leiter der Berliner Fabrik, Christian Schubart, auf Schindlers Veranlassung während der Ostermesse 1704 im Jöcherschen Hause in Leipzig wegen verübter Unredlichkeit verhaftet wurde. Die Fabrik gedieh unter Schindlers Leitung; sie beschäftigte I 7°5 g e g e n IOO> 1718 aber über 300 Personen. Für ihren Ausbau hat Schindler 1707 ein großes Grundstück an der Stralauer Straße und dem Krögel um 8050 Tl. erworben. Das in ihr steckende Kapital wird 1714 mit 266000, der jährliche Arbeitslohn mit 40 000 Tl. angegeben. Es wurden jährlich 7000 bis 8000 Mark Feinsilber verarbeitet, die in der Hauptsache der Jude Levin Veit beschaffte; nur 800 bis 1500 Mark pflegte das Haus selbst von Cadiz, Bilbao, Amsterdam oder Hamburg zu beziehen. Für eingeführte Seide wurden allein an Steuer 200 Dukaten oder 1000 Tl. Fixum zur Akzisekasse gezahlt. Diese starke Materialeinfuhr wurde insofern ausgeglichen, als der größere Teil der verfertigten Waren wiederum im Ausland abgesetzt wurde: von 204 Kaufleuten, die als Bezieher angegeben werden, waren 152 außerpreußische, so 24 Wiener, 17 Breslauer, 10 Dresdener, 8 Prager, 6 Rigaer usw. Damit glaubte man zugleich am besten den der Fabrik gemachten Vorwurf widerlegen zu können, ihre Waren seien weniger gut und dennoch teuerer als andere, namentlich französische und sächsische. Daß das Unternehmen überhaupt vielfachen Anfechtungen ausgesetzt war, lag gutenteils an seinem Monopolcharakter. Namentlich die vielen Kleinmeister, die infolge des Monopols zur Heimarbeit für die Fabrik genötigt waren, machten mit häufigen Denunziationen und durch Aufsässigkeit viel zu schaffen; anderseits wurde ihnen vorgeworfen, daß sie Materialien: Lahn, Draht und Krätze, unterschlügen und heimliche Pfuscherei zum Schaden des Unternehmens trieben. Die Streitigkeiten zwischen diesem und den Arbeitern waren schon vor Schindlers Zeit derart, daß 1699 ein Geheimer Rat als beständiger Kommissar dafür eingesetzt wurde; es wurden dann noch mehrfach kommissarische Untersuchungen 12»
187
durch hohe Beamte auf Grund erhobener Beschuldigungen angestellt. Zu deren Träger hat sich 1707 auch der nachmalige Bürgermeister Hessig gemacht, der mit Schindler in einem Prozeß um eine Schuld von 1500 Tl. lag. Der Unternehmer wurde unter anderm beschuldigt, er lasse ungültiges und geringhaltiges Silber verarbeiten, und anderseits, er ziehe fast alles zum Kauf herkommende Gold und Silber an sich, so daß die Münze und die Goldschmiede ihre Notdurft nicht bekommen könnten. Schindler vermochte sich indessen gegen alle Anfechtungen zu behaupten und erreichte, daß das Monopol 1714 und 1726 um je 12 Jahre verlängert wurde. Allerdings hat er wohl auch mit Aufgabe des Unternehmens gedroht; denn in einem kommissarischen Bericht findet sich vermerkt, es habe sich niemand gefunden, der imstande wäre, die Fabrik zu übernehmen. Diese, das weitaus größte derzeitige Privatunternehmen Berlins, warf so bedeutende Einkünfte ab, daß der Inhaber namhafte Beträge in Landbesitz anlegen konnte; er kaufte nacheinander 2 wertvolle Rittergüter im niederbarnimschen Kreise, Schöneiche 1725 und Börnicke 1737, und hat die Kaufgelder, 25 000 bzw. 26 000 Tl., sogleich bar entrichtet 1 . Aber das Geld war sauer verdient, bekannte doch Schindler in seinem 1724 aufgesetzten Testament 2 : Er sei um seiner Ehefrau willen - denn Kinder besaßen sie nicht - darauf bedacht, wie er sich aus jener weitläufigen Manufaktur auf convenable Weise ziehen könne; jedenfalls solle seine Frau gleich nach seinem Tode das Werk einziehen. Es erfordere zu viel Mühe, Sorge und Accuratesse und sei vieler Gefahr wegen schlimmer Arbeit, Betrugs und böser Schulden unterworfen, so daß es selbst einem wohl erfahrenen und unverdrossenen Manne schwer genug sein werde, das Seinige dabei zu conservieren. Unter den Händen einer Frau aber, besorgte er, werde das mit sauerer Mühe von Auswärtigen Verdiente durch die Auswärtigen gegebenen Kredite wieder verloren und nicht nur das Vermögen wieder außer Landes gehen, sondern auch sein ehrlicher Name gekränkt werden. Schindler hat indessen bis kurz vor der Zeit, da er dieses schrieb, neben 1
Rep. 78 II S 34
2
Vom 22. Dtt.em.ber 1724.
188
Berl. Test.
dem eigenen auch noch das umfassendere Unternehmen des Lagerhauses geschäftlich betreut, zunächst in Unterstützung seines mit Amtspflichten überhäuften Schwagers Kraut. Man darf vielleicht vermuten, daß seine 1718 erfolgende Ernennung zum Geheimen Kommerzienrat damit in Zusammenhang steht. Nach Krauts Tode hatte er sogar über ein J a h r (Juni 1723 bis August 1724) die volle Leitung des Lagerhauses und war Dezember 1723 auch dazu bestimmt, an die Spitze des ganzen preußischen Manufakturwesens zu treten. Aber zwischen dem klugen, vorsichtigen Kaufmann und dem auf neuen Bahnen mächtig vorwärtsdrängenden königlichen Staatswirt gab es keine rechte Verständigung, und Schindler trat von der Leitung des Lagerhauses zurück, sicher nicht ohne sich die Verstimmung des Königs zugezogen zu haben 1 . Auch das eigene Unternehmen, auf das sich Schindler zurückgezogen hatte, sollte ein Opfer der Verstaatlichungsbestrebungen des Königs werden. Nachdem es geglückt war, das Lagerhaus in eine zum Nutzen des Staates arbeitende, bürokratisch geleitete Anstalt umzuwandeln, drängte der König seit 1730, daß auch das andere große Unternehmen, die Gold- und Silber-Manufaktur, an das Potsdamer Waisenhaus übergehe. Obwohl Schindlers Privileg bis 1738 lief, hat er ihn schon im Februar 1737 genötigt, die Fabrik abzutreten, die nun auch der Lagerhauskommission übergeben wurde; dabei wurde nicht einmal das bisherige Fabrikgebäude in der Stralauer Straße, das dazu eingerichtet war, übernommen, sondern der König hat schon vorher dafür ein neues Haus in der Wilhelmstraße bauen lassen, wohin nun der Betrieb verlegt wurde. Der so rücksichtslos behandelte Schindler starb in demselben Jahre am 22. November 1737. Als reicher Unternehmer, Geheimer Rat und Erbherr auf Schöneiche und Börnicke war er gewiß einer der namhaftesten Vertreter des früheren Berliner Bürgertums, zudem, wie einige von ihm erhaltene Gutachten erkennen lassen, ein Kaufmann von Umsicht und Bildung. Sein Andenken aber hat sich als das eines edlen Wohltäters erhalten. Nach dem 1
Acta Bor., S. 148/.,
Akzise-Politik 154-16s
II, 1, S. 331/.,
und, ausführlicher,
Wollindustrie
189
Vorgang der Witwe Kornmesser haben die Schindlerschen Eheleute, da sie selbst keine Kinder besaßen, 1734 ein Waisenhaus in Schöneiche bauen lassen und dadurch 12, später 22 elternlosen Knaben Unterhalt und Erziehung gesichert. Die Jungen trugen schwarzen Zylinder, grauen Frack mit blanken Knöpfen und auf dem rechten Arm in Silberstickerei - gewiß aus der Gold- und Silber-Manufaktur - das Schindlersche Wappen, eine Taube mit dem Ölzweig. In dieser seltsamen Tracht haben sie sich, nachdem das Waisenhaus nach Berlin verlegt worden war, bis 1812 in der Wilhelmstraße 7, dann bis beinahe zum Weltkrieg in der Friedrichsgracht 57 getummelt. Nachdem das Vermögen der Stiftung durch die Inflation stark verringert worden, ist es doch immer noch möglich, aus dem Mietserlös des Hauses an der Friedrichsgracht eine Anzahl von Waisen in Familien unterzubringen. Schindlers Witwe machte das Waisenhaus in Schöneiche zum Universalerben, das demnach vor allem die Güter Schöneiche und Börnicke als freies, unbeschwertes Eigentum sowie das Haus am Molkenmarkt erhielt 1 . Außerdem stiftete sie insgesamt 46 000 Tl. zu wohltätigen Zwecken 2 . Ihrem eigenen Bruder Ernst Wilhelm Bose vermachte sie nur die Zinsen eines Kapitals von 8000 Tl., das zu 5 % in der Kurmark sicher angelegt werden sollte, auf Lebenszeit; den Hinterbliebenen eines Bruders ihres Gatten, des Archidiakons M. Schindler, 32 000 Tl. in vier Teilen. Mit dem, was sonst noch bestimmt wurde, ergibt sich ein verfügbares Barvermögen von 90 000 Tl., ohne den Grundbesitz mit allem Zugehörigen. Nach dem Tode der Witwe, 17. Januar 1746, wurde das Haus am Molkenmarkt für 11 200 Tl. verkauft, desgleichen Schöneiche, das der Bankier Seegebarth, danach der Bankier F. W. Schütze erwarb. Börnicke wurde zum Besten des Waisenhauses verpachtet und später verkauft. Das Waisenhaus selbst wurde 1753 von Schöneiche nach Berlin in das dafür gekaufte Haus Wilhelmstr. 9 verlegt. 1
Testament vom 10. Mai
- Über
die Schindlersche
Legate angegeben sind;
190
173g.
Berl.Test.
Legatenkasse,
130g Nicolai
S. 651 f ,
das Waisenhaus ebenda S. 663 j
wo die
einzelnen
Die ersten einheimischen Wechselhändler Der Wechsler oder Inhaber einer Wechselhandlung war zunächst nichts als Vermittler für An- oder Verkauf auswärtiger, d. h. auf fremde Währungen lautender Wechselbriefe und Guthabungen, die Berliner Kaufleuten aus ihrem Warengeschäft anfielen, die Behörden aus Steuer- oder anderen Eingängen zuwuchsen oder die Kaufleute, Privatleute oder Behörden für ihren Verkehr benötigten. Dazu brauchte der Wechsler zunächst kein eigenes Kapital. Besaß oder erwarb er solches, so kam er in die Lage, Wechsel auf Grund eigener auswärtiger Guthaben auszustellen und zu verkaufen; mit zunehmendem Kredit konnte er sich auch auf Grund von Guthaben, die Auswärtige bei ihm unterhielten, von auswärts beziehen lassen. Er wurde damit zum Bankier, betrieb indessen diese Wechselgeschäfte, zumal da sie damals in Berlin doch nur hier und da auftraten, in der Regel im Zusammenhang mit Warenund Transport-Geschäften. Die gesetzliche Bevorzugung des Wechselgeschäfts vor anderen Formen der Kreditgewährung führte findige und weniger solide Elemente bald dazu, die Form des Wechsels, die ursprünglich der finanziellen Überbrückung nicht nur zeitlicher, sondern auch örtlicher Unterschiede dienen sollte, auf das lokale Kreditgeschäft zu übertragen und wahllos jeden Darlehnsschuldner, der es sich gefallen ließ, durch Wechselhaftung zu verpflichten. Die Folge waren zahlreiche Wechselprozesse und daraus folgende Zusammenbrüche. Zur Zeit des Großen Kurfürsten war Berlin noch kein Wechselplatz, da das internationale Geschäft sehr schwach war und damit die Guthaben auswärtiger Häuser fehlten, so daß man von außerhalb nach hier nicht „abgeben" konnte; außerdem fehlte ein Wechselrecht. Ist doch das für die Wechsel der italienischen Geldwechsler (Campsores) ausgebildete rasche und strenge Verfahren mit der Personalhaft erst im Laufe des 17. Jahrhunderts auf alle kaufmännischen Wechsel an191
gewendet und damit der Wechsel zu einem Gemeingut des Kaufmannstandes überhaupt geworden. Gleichzeitig und in Verbindung damit kam, von Frankreich ausgehend, das Indossament oder Giro auf und erweiterte die Anwendbarkeit dieses Zahlungsmittels ungemein. Nach diesen Umständen ist es erklärlich, daß bei den Weilerschen trotz ihres ausgebreiteten Geschäftsverkehrs kaum eine Spur vom Gebrauch des Wechsels sich findet und auch längere Zeit nachher noch nicht 1 . Dadurch aber war der direkte Handel mit dem Auslande erschwert, und man war von der Vermittlung durch Hamburg oder Holland abhängig 2 . Erst mit der wirtschaftlichen Belebung nach dem Nimweger Frieden scheint sich der allgemeine Verkehr und auch das Wechselgeschäft mehr entwickelt zu haben. So wurde 1682 eine Ordnung, wie es mit Acceptirung und Zahlung der Wechselbriefe in kurfürstlichen Landen zu halten sein möchte, vorgeschlagen, und die Regierung hielt das zur Beförderung der Commercien nicht nur für nützlich, sondern auch für nötig, ohne daß jedoch zunächst etwas darauf erfolgte3. Im Februar 1684 wurde ein „ansehnliches CommercienCollegium" zur Leitung der Handels- und Manufakturangelegenheiten errichtet, und es wurden dazu außer einigen Geheimen Räten, dem Schiffahrtsdirektor Raule, dem Kommerzienrat Syvers und den Berliner Bürgermeistern Bartholdi und Schardius auch einige hiesige Kaufleute, die in Kaufmannschaft und Wechseln erfahren seien, bestimmt, und zwar Heuschel, Neubauer und Salomon. Nicolas Heuschel oder Heuschkel, Ratsverwandter in Cölln, und Heinr. Eleasar Neubauer werden auch 1694 und 1695 mehrfach als Sachverständige in Handels- und Wechselsachen verwendet, der 1
Völlig alleinstehend
wähnte Tatsache, zahlung
und schwer erklärbar
daß Gardelegener
in Lübeck
gemacht hätten, „zahlbar
mittelalterlicher
Vorläufer
zahlungsfähiger
Schuldner
ist die bei Priebatsch,
und Stendaler
den Gläubiger
Heft 16,
ermächtigte,
2
Vgl. Boissonade,
3
Rep. 9 C 6 b
192
{ I
S. 35,
er-
eine
Ein-
das Geld
bei einem das wurde
Heft 19, S. 64 f )
162 ff, und F. B. P. G. 27, S.
Ein
wobei ein nicht
zu versprechen;
bei Strafe verboten. (Holtze in Schriften d. Ver.f S. 94 f , 97;
1333
per Wechsel in Flandern".
des Wechsels war der Schadekauf,
Dritten aufzunehmen und diesem Jeinsen (Schaden) hier 1367
Kaufleute
304
d. Gesch.
Berlins,
erstere ferner 1698 in der Orellyschen Sache; über Caspar Salomon wird noch ausführlicher zu sprechen sein. Das CommercienCollegium war übrigens nur eine vorübergehende Gründung. Im J a h r e 1687 schreibt ein Leipziger, der - wohl im Auftrage der sächsischen Regierung - die Magdeburger Messe besucht hat, am Schlüsse seiner Schilderung: „ E s mangelt Berlin, Magdeburg und Halle nur noch an Kapitalleuten und erfahrenen Wechslern, denn wenn sie solche hätten, würden sie bald mehr Handel an sich ziehen. Es ist aber zu befürchten, daß durch den gestärkten Handel und viele Kapitalisten, so sich nach und nach zu Berlin, Magdeburg, Halle setzen, wie denn schon etliche aus hiesigen und anderen Ländern sich daselbst niedergelassen, auch noch sonderlich wegen der Reformierten Religionsfreiheit künftig an selbigen Orten niederlassen möchten, solchem ihrem bisherigen Mangel abgeholfen werden möchte 1 ." Gerade damals beginnen Wechselangelegenheiten und -klagen im Berliner Aktenbestande zu erscheinen 2 ; seit 1690 ist auch die Verwendung des Wechsels im lokalen Verkehr festzustellen3, die jedenfalls in der Weilerschen Zeit noch unbekannt war. Er genoß dabei derselben Vorzugsrechte, die er im interterritorialen Verkehr mit Rücksicht auf die Erhaltung des auswärtigen Kredits erlangt hatte. Eben dies war vermutlich eine Ursache, weshalb er sich auch im lokalen Darlehnsgeschäft mehr und mehr einbürgerte, wogegen die umständliche Schuldverschreibung mit Bürgenhaftung u. dgl. jetzt ganz ungebräuchlich wurde. Höchstwahrscheinlich haben die seit 1685 einwandernden Réfugiés, die entwickeltere Geschäftsgepflogenheiten mitbrachten, den Geldverkehr nicht nur belebt, sondern auch in formaler Hinsicht besser ausgestaltet. Kamen doch mit ihnen auch die ersten berufsmäßigen Geldhändler, „Banquiers", nach Berlin. Wie Kraut auf diesem Gebiete sich betätigt und das Wechselgeschäft ausgestaltet hat, ist schon gezeigt worden 4 . 1 2 3
Hasse, Gesch. d. Leipziger Messe, S. 470 f Rep. g C 6 b s April i6go Wechselklage Josias'
April i6gs 4
v. Rehden gegen Daniel Stephani um 437
desgl. Kornmesser gegen Bartholdi,
Vgl. oben S. 13g
u.
um 3000 Tl.
Tl.;
Ebenda
14g
193
Es währte nicht lange, so entstanden auch deutsche Wechselhandlungen. Die Geschäftsgebarung dieser Kaufleute erscheint vielfach recht unsolide. Doch muß dabei berücksichtigt werden, daß die noch unsicheren Rechts-, Verkehrs- und Münzverhältnisse zu gewagten Geschäften vielfach verleiteten und die kaufmännische Moral leicht verwirrten. 1694 gibt Johann Paul S c h e i d t , ein Seiden- und Weinhändler, anscheinend aus Südwestdeutschland, an, er habe 1692 eine Wechselhandlung angelegt und wegen vieler Affären den Daniel Beusch zum Konsorten angenommen, doch ohne daß dieser irgendwelches Kapital zugebracht hätte 1 . Dieser Beusch war vorher Buchhalter bei einem Kaufmann J o h . de Smedt; er erscheint 1691 auch als Sequestor für eine fallierte Seiden-Manufaktur 2 . Als er um diese Zeit jenen Dienst verließ, hat er, wie sein bisheriger Brotgeber klagte, sich nicht nur aus dessen Geschäftskasse eine überkontraktmäßige Bezahlung verschafft, sondern auch aus seiner Handlung allerlei auszusprengen gedroht und dann auch dessen geheime Silberlieferungs-Geschäfte ausgeplaudert. Das aber sei nach Angabe des Klägers nicht nur zum Schaden seiner Handlung und des auswärtigen Kredits, sondern auch des Kurfürsten, da so die Höhe von dessen Münzgewinn, des Schlagschatzes, bekannt wurde. Beusch habe verursacht, daß man fast kein Silber mehr anschaffen könne, auch fast aller Glaube in Handel und Wandel verschwinden werde. Der Beklagte wurde auf die Anzeige hin in aller Verschwiegenheit auf die Hausvogtei in Verwahrung genommen und die Sache zu fiskalischer Untersuchung gezogen, doch ist über die Berechtigung der Klage und den Ausgang nichts bekannt 3 . Ein anderer gleichzeitiger Wechselhändler, auch ein Zugewanderter, war Johann Tobias E n g e l , vermutlich aus Süddeutschland stammend - sein Bruder war Stadtrichter zu Weiden, Oberpfalz er hatte sich 1687 hier niedergelassen und wurde 1689 Bürger 4 . Seine Handlung hat er, nach eigener 1
Rep. 9 C 6f
2
Rep. 9 J J 1a 1691/9S. Rep. 9 C 6 a s IV Rep. 9 T s. 17 I
s 4
194
2
Angabe, fast ohne eigene Mittel, mit geborgten Geldern angefangen und hat, wie er 1698 weiter ausführte, von den in der Handlung habenden Geldern 9 J a h r e hindurch jährlich über 15 000 Tl. an Interesse allezeit bar vorauszahlen müssen. Diese von Mißtrauen gegen ihn zeugende Zinsvorauszahlung veranschlagt er auf wenigstens 2000 Tl. jährlichen Verlust. E r fand nachher Teilhaber: 1693 verhandelte er mit dem Kaufmann Johann Frauendorff aus Neuenburg über eine Sozietätshandlung 1 , fand aber dann in Samuel Faber 2 einen Kompagnon, der Geld einschoß. Die Handlung „Engel & C o . " wurde nun wohl auf bedeutenderem Fuß aufgezogen. Engel kaufte 1694 ein stattliches Freihaus an der Klosterkirche von Geheimrat v. Weise für 3600 Tl a und nannte sich „Banquier"; Wechsel von 1694 sind auf „Banquier Engel & C o . " ausgestellt. E r hat hier ferner eine Leinwandfabrik mit Färberei und Appretur angelegt, wofür er nachträglich, Oktober 1696, ein Exklusivprivileg erwirkte4, und hatte auch in Königsberg eine Handlung und Fabrik. Engels Bankiergeschäfte müssen immerhin lebhaft gewesen sein, denn er will bis 1697 über 11 Millionen Tl. durch Wechsel verkehrt und für über 1,1 Million Tl. Silber an kurfürstliche Münzen geliefert haben; er besorgte auch die Zahlungen für die kurfürstliche Schatulle aus Preußen durch Wechsel, machte darauf Vorschüsse und stand mit dem angesehensten Königsberger Bankhause, Christoph Aegidius Negelein & Co., in ständigem Zahlungs- und Abrechnungsverkehr. Als gewöhnliche Provision wird dabei 1 / i % genannt. Unter seinen Gläubigern finden sich neben Kaufleuten auch kurfürstliche Generale und Geheimräte, als Debitor wird der Fürst von Anhalt genannt, der 1698 seit neun Jahren 3500 Tl. hintersteilig war. Auch der kurfürstliche Schatullenverwalter soll Engel über 6500 Tl. Vorschuß schuldig geblieben sein, und an den Silberlieferungen will dieser 25 000 Tl. Schaden erlitten haben. 1
Frauendorff
se n
erlegte 1.8.1693
'
Bürgerrecht, schwor aber den Eid noch nicht,
weil er mit Tobias Engel der Compagnie-Handlung
noch nicht verglichen sei und
bis dahin Dilation gesucht hatte. Berl. Bürgerb.
sgs
2
Der Berliner
Kaufmann
Faber wird
anderen Städten erwähnt. Bär 3
Küster III
* Rachel,
1884/85,
1687 S.
als Verleger für
Tuchmacher
in
¡4
81
a. a. O., S.
is8
195
Engel war seinerseits dauernd überschuldet, das Geschäft war unsolide aufgebaut und geführt, seine Bücher wurden „defectueus und suspekt" befunden, mit dem sehr viel zuverlässigeren Negelein geriet er 1696 wegen streitiger Rechnung in Prozeß; die Kompagnons wechselten. Engel mußte, um seinen Kredit zu bewahren, drängenden Gläubigern immer höhere Zinsen, 1 2 - 2 4 % , die wohl auch wieder zum Kapital geschlagen wurden, zahlen. Solche wucherischen Zinsen soll neben Koppel Rieß besonders Generalmajor v. Hohenstedt genommen haben, 1 5 - 1 6 % anticipando, der auf solche Weise vier Leute in Berlin ruiniert haben soll; er war mit 48 000 Tl. Engels größter Kreditor. In die Geschäfte Engels war auch der vorher genannte Scheidt verwickelt. E r geriet, als sein Sozius Beusch 22. März 1694 plötzlich starb, sogleich in Zahlungsschwierigkeiten und bat um ein zweijähriges Moratorium. Die Schuld an seiner Zahlungsunfähigkeit schob Scheidt ganz auf den Verstorbenen, der zu seinem (Scheidts) Präjudiz eine absonderliche Handlung und aparte Korrespondenz geführt, unrichtige Bücher gehalten, viel Geld aus der Kasse genommen, um seine eigenen Schulden zu bezahlen, und Scheidts Kredit bei Auswärtigen durch allerhand üble Nachreden geschwächt habe, so daß nun alle Gläubiger auf einmal in ihn drängten. Scheidt wollte von Beusch um etwa 8000 Rtl. bestohlen und hintergangen worden sein. Nach Angabe von Engel dagegen hatte Beusch einen großen Teil seines Vermögens in die Handlung gebracht, Scheidt aber nach dessen plötzlichem Tode die Witwe gehindert, das eingetragene Vermögen ihres Mannes aus den Büchern festzustellen, um seine zahlreichen Kreditoren befriedigen zu können. Der Hausvogt mußte mit zwei dazu betrauten Kaufleuten den Stand untersuchen und berichtete in günstigem Sinne: Scheidt sei ohne sein Verschulden in der Handlung zurückgesetzt und im Kredit geschwächt worden, und es sei noch Hoffnung, daß er sich wieder erholen und seine Gläubiger befriedigen könne. Denn er habe viel in Waren verstochen und ansehnliche Forderungen in Frankfurt a. M., Darmstadt und Straßburg, an deren Genuß er nur durch den Krieg gehemmt werde. Darauf wurde ihm gegen eidliche Versicherung, nichts zu veräußern, 9. Juli ein Indult oder
196
Moratorium auf acht Monate erteilt, obwohl er eine Kaution nicht aufbringen konnte. Doch wurde er bald danach auf Andringen eines Hauptgläubigers, des Obersten Christian Ernst v. Weiler 1 , der ihm gegen einen i. Januar 1694 unter hypothekarischer Haftung seiner Güter ausgestellten und zum 1. April fälligen Wechsel 5000 Tl. geliehen hatte, auf der Hausvogtei festgesetzt. Denn ein Indult, der schon, um den Kredit nicht zu schwächen, nie für auswärtige Verpflichtungen galt, sollte auch die Wechselstrenge nicht aufheben und daher bei Wechselklagen allgemein keine Gültigkeit haben. Vielmehr sollte, wenn der Schuldner nicht sofort zahlte oder genügende Kaution stellte, Personalarrest eintreten. Allerdings hat Scheidt dem Obersten Wechselbriefe auf sich selbst gegeben, und solche nicht ä ordre zu zahlen gestellten Wechsel hatten „nicht eben allezeit parate und geschwinde Execution zu genießen". Es ist dies das erste für Berlin bekannte Beispiel, daß ein Wechsel im reinen Darlehnsverkehr verwendet wurde. Scheidt hat nach seiner Angabe dem Obersten große „Pensionen", j a 1 4 % jährliche Interessen allemal im voraus bezahlt, auch von den 5000 Rtl. 800 getilgt 2 . Weiler gibt in einem Gesuch vom 3. August an 3 , Scheidt könne die Schuld der Nichtzahlung keineswegs auf den verstorbenen Sozius schieben, denn er sei selbst Kassierer bei der Handlung gewesen, habe diese aber negligiert, allerlei Unordnung dabei und bei der Buchhalterei einschleichen und überhandnehmen lassen, dagegen den reichen Mann gespielt und köstlich gelebt, wie er denn alle Monate zwei Oxhoft Rheinwein für sich und seine Gastereien gebraucht habe. Als aber auch andere Gläubiger sich meldeten und somit ein Konkurs notwendig war, auch eine kurfürstliche Kommission von 2 Räten und 2 Kaufleuten (Heuschkel und Neubauer) zur Untersuchung von Scheidts Schuldenwesen eingesetzt wurde, suchte Weiler sich vorweg zu sichern, indem er mit dem Schuldner einen Vergleich traf, wonach ihm Weine und Effekten überlassen werden sollten. Doch wurde dagegen 1 2 3
Über diesen vgl. Bd. I, S. 364 Rep. 9 r 10 Rep. 9 HH 3
u. Stammtafel VI
"J7
von den anderen Gläubigern Einspruch erhoben, und nun der vorübergehend entlassene Scheidt auf Weilers Ersuchen im September wieder auf die Hausvogtei gebracht. Während die anderen Gläubiger seine Entlassung gegen eidliche Kaution befürworteten, blieb Weiler unerbittlich, j a er beantragte, 24. J a n u a r 1695, den Häftling nach Spandau zur Festungsarbeit bringen zu lassen, bis er sein verborgenes Vermögen, wovon er es sich gut gehen lasse, offenbare. Scheidt ist nicht dabei zugrunde gegangen; er wird vielmehr 1698 als Hoflieferant und als Sachverständiger in einer Kommission betr. Orelly, sowie 22. August 1698 als der angegeben, an den sich französische Commercianten, die sich hier niederlassen wollten, zu wenden hätten 1 , und erscheint 1702 als „Post-Commissarius" 2 . Doch ging auch 1703 wieder ein alter Wechselgläubiger, ein Freiherr v. Schweinitz, gegen Scheidt vor, und der Hausvogt wurde, weil periculum in mora, wiederum beordert, ihn, falls er nicht Kaution stellen könne, in Arrest zu nehmen. Weiler hatte sich, als Scheidt zum 1. April 1694 nicht zahlte, der Vermittlung des Joh. Tobias E n g e l bedient und diesen beauftragt, die 5000 Tl. auf der Leipziger Ostermesse von Scheidt einzuziehen. Da Engel von diesem bares Geld nicht erhalten konnte, ließ er sich von ihm einen Wechsel über 2500 Tl., auf Locher und Lüben in Hamburg, zahlbar 10. Mai, ausstellen. Dem Obersten aber, der bares Geld brauchte, gab er selbst unterm 17. April 1000TI. gegen einen auf 1. Juli zahlbaren Solawechsel, der nachher bis 15. September prolongiert wurde. Den Scheidtschen Wechsel haben die Hamburger Kaufleute zunächst akzeptiert; als sie aber erfuhren, daß es mit Scheidt schlecht stehe und daß von Engel keine Valuta dafür gegeben sei, ihn protestiert und seine Rückgabe gefordert. In Hamburg bestand offenbar die alte solide Auffassung, daß einem Wechsel ein reelles interlokales Geschäft zugrunde liegen müsse. In dieser Sache liegt ein Gutachten der zur Untersuchung der Scheidtschen Wechselhändel eingesetzten Kommissare vom September 1694 vor, die das Verhalten Engels sehr abfällig beurteilen. Denn er habe bei 1 2
Myl. VI, 1 Nr. 206 Rep. 9 J J 1 II
198
Ausstellung des Wechsels gewußt, daß Scheidt seit etlichen Wochen „außer Kredit gelebt" und seine Gläubiger nicht bezahlen könne; seine böse Intention, wie er Scheidt helfen und andere in Schaden bringen könne, sei offenbar. Da Engel den Wechsel an Weiler gar nicht übertragen, das Indossament nicht gefüllt und an Weiler oder dessen Ordre gestellt habe, wie es der Stilus Mercantilis erfordere, da auch von Weiler kein Schein vorliege, Engel keine Valuta dafür gegeben und den Wechsel in seinen Büchern nicht verzeichnet habe, so müsse das für ein dubioses oder simuliertes Werk und keinen vollkommenen Wechselhandel gehalten werden. Da Engel nun selbst erklärte, daß er an dem Wechsel kein Interesse habe und ihn gerichtlich deponierte, so konnte 2. Oktober 1694 der Wechsel ohne Widerspruch für ungültig erklärt, und konnten die Hamburger dieser Zahlung entbunden werden. Engel klagte nun gegen Weiler wegen Rückzahlung der 1000 T l . ; dieser aber wollte sie auf die von Scheidt ihm zustehenden 5000 verrechnen. Das konnte nicht zugestanden werden, und Weiler wurde zur Zahlung verurteilt, wußte aber die Angelegenheit, obwohl in Wechselsachen keine Weitläufigkeit verstattet sein sollte, offenbar vermöge seiner guten Beziehungen, gewaltig in die Länge zu ziehen. Die Sache wurde auch wider Wechselrecht in der Appellationsinstanz verhandelt, j a die Akten an eine Fakultät verschickt; noch 17. Dezember 1697 mußte dem Kammergericht befohlen werden, nun aber ungesäumt darin zu verfahren. Höchstwahrscheinlich hat sich Weiler infolge des bald darauf erfolgenden Zusammenbruchs Engels der Zahlung ganz entziehen können. Kurz vorher hatte ein Hauptmann Ebel, der Geld unterzubringen hatte, dies bei Engel angelegt. Dieser war ihm von der Frau des Juden Aaron Salomon empfohlen worden, bei der er sich nach einer Anlagemöglichkeit erkundigt hatte. Von ihr hat er sich auch ein Wechselformular aufsetzen lassen, sich weiter bei Kraut und andern erkundigt und dann mit Engel unterm 23. Dezember 1697 abgeschlossen, in der Weise, daß er sich einen Wechsel auf 2000 Tl. für ein J a h r ausstellen ließ, aber 350 Tl. Zinsen, also 1 7 , 5 % vorweg abzog. Die 1650 Tl. zahlte er Engel am 5. Januar 1698 und nötigte Salomon 199
und Frau, die für das Geschäft von Engel offenbar noch eine Provision erhielten, sich für Engel zu verbürgen. Als nun dieser 14 Tage darauf entfloh, ließ der Hauptmann den Juden auf die Hausvogtei in Arrest bringen. Dieser wurde jedoch nach wenigen Tagen wieder entlassen, da die Zahlung des Wechsels ja erst im Dezember fällig war. Immerhin kam Salomon im August wieder auf die Hausvogtei wegen eines Goldschmieds Knorre und verblieb längere Zeit da 1 . Engel mußte sich, nachdem einige importante Wechsel protestiert worden waren und die Juden das hier und in Leipzig verbreitet hatten, im Januar 1698 davonmachen, um nicht in Wechselarrest zu kommen. Er soll vorher zwei Fässer mit Geld nachts davongeschafft haben und hinterließ an barem Geld nur drei falsche Sechzehngroschenstücke. Er erhielt schon am 18. Januar 1698 freies Geleit, wurde aber, da er die Regelung seiner Schuldsache verschleppte, auf Drängen von Gläubigern im April 1699 doch in Schuldarrest genommen und erst im Dezember gegen eidliche Kaution, sich nicht von hier zu entfernen, entlassen. In der endlich eingereichten Inventur gab er seine Berliner Passiva mit etwa 90 000, das Vermögen mit etlichen 60 000 Tl. an. Er verlor sein Haus, seine Möbel und alles Vermögen an die Gläubiger und versuchte, sich durch Korrespondenz mit auswärtigen Kaufleuten und Kommissionen zu erhalten. Er bat am 17. März 1700, ihm seine Bewegungsfreiheit wiederzugeben, damit er auf die Messen und andere Orte reisen könne2. Engels Bankrott rief in Berlin eine arge Krediterschütterung hervor und soll viele Leute um das Ihrige gebracht haben. Zunächst hatte sein Zusammenbruch einen anderen zur Folge, den des Heinr. Eleasar N e u b a u e r , der seit etwa 1670 hier Handel trieb und zu den angesehensten Kaufleuten gehörte. Neubauer war seit 1679 Bürger, seit 1687 Ratsherr, außerdem Besitzer des Hauses Heilige Geist Straße 3®. Er Rep. 9 C 6 b 2, IV Rep. 9 HH 2 3 Neubauer hat Dezembei 1688 Streit mit Wolf Fränkel; dieser muß im Vergleich auf 50 Tl. Courtage verzichten (Rep. 21. 207 b 2); 1697 Wechselklage gegen den Materialisten Weber (Rep. 9 C 6 b 2) 1
2
200
war nach seiner Angabe durch Unglücksfälle, Raub, Untreue einiger Bedienten und Fallissements auswärtiger Handelsleute schon vorher schwer geschädigt. Als nach dem großen Engelschen Zusammenbruch alle bei den Kaufleuten stehenden Kapitalien aufgekündigt wurden, während ihm sonst im Überfluß angeboten worden sei, konnte Neubauer nicht auszahlen und entwich gleichfalls, um nicht Wechselschulden halber in Personalarrest zu kommen 1 . Er gab seine Verluste später auf 60 000 Tl. an. Er bat um mehrjähriges Moratorium und Schutz gegen alle, auch Wechselforderungen, damit er seine Effekten zu Geld machen, seine Außenstände beitreiben, seine Handlung wieder einrichten und danach alle Gläubiger befriedigen könne. Der Kurfürst hatte schon gleich nach Neubauers Flucht, 12. Februar 1698, da sich einige Gläubiger dessen Handelsbücher bemächtigten, zwei Kommissare zur Untersuchung eingesetzt. Ein Joh. Bernhard Arensburg bat diese, ihm seine 6034 Tl. betragende Forderung aus den Büchern zu attestieren; David Fleischer & Co. in Leipzig erhoben April 1699 Wechselklage wegen 3517 Tl. Obwohl Neubauers sämtliche Güter den Gläubigern überlassen wurden, konnte nicht der vierte Teil befriedigt werden. Dabei wurden, nach einem auswärts eingeholten Prioritätsurteil vom 20. November 1699, die Wechselgläubiger den Hypothekeninhabern nachgesetzt und konnten auch Mai 1700 durch Appellation und ein Immediatgesuch nichts Besseres erreichen. Als Gläubiger werden noch genannt: Judith v. Printzen 7000, Joh. Lauer 2200, Kammergerichtsrat v. Heugel 1000 T l . ; es haben also auch Private ihre Gelder Neubauern anvertraut 2 . Dieser selbst ist, wie er klagt, mit 5 Kindern in schmähliche Armut verfallen, trotz kurfürstlichem Geleit zeitweilig mit schwerem Arrest belegt und von erbitterten Gläubigern sogar angefallen worden. Er versuchte dann mit auswärtiger Kaufleute Korrespondenz und Spedierung fremder Güter sich 1
Ebenso bald danach der Kaufmann
auf Gesuch
vom 11. Februar
Gläubigern
verglich
und wegen
Moratorium
erhielt.
Er behauptete,
zu haben. (Rep. g T s. 17 2
Rep. g Y
13
Theodor
i6g8 freies
Gottfried
Geleit
der auswärtigen
P e t z 0 l d , der dann
erhielt,
sich mit den
am a. Mai
seinen Kreditoren
8—16%
ein
hiesigen
zweijähriges
Interesse
gegeben
II)
1
Großkaufleute 2
201
wieder aufzuhelfen, ohne allerdings Sicherheit dagegen erhalten zu können, daß unbefriedigte Gläubiger sich an seinen neuen Erwerb hielten 1 . Eine nicht ganz einwandfreie Erscheinung unter den Geldund Warenhändlern jener Zeit war auch der mehrfach als „Banquier" bezeichnete Kaufmann Caspar S a 1 o m o n. Dieser war trotz seines alttestamentlichen Namens kein Jude und muß in gutem Ansehen gestanden haben, denn er heiratete, nachdem er seit 1674 in Berlin Handlung führte, 1677 die Tochter Anna Luise des berühmten kurfürstlichen Leibmedicus und Botanikers D. Joh. Sigismund Elsholtz (gest. 1694). Er bezeichnete sich damals als fürstlich anhaltischen Kammersecretarius 2 . Salomon trieb schon früh auswärtige Wechselgeschäfte. Er ließ zu Anfang Januar 1684 bei den Eggerschen Erben in Leipzig einem Wiener Haus 3000 Rtl. Courant zu seinen Lasten gutschreiben. Das Leipziger Haus sollte sich durch Trassierung auf ein Hamburger Haus erholen und bei Verkauf der Tratte das höchste Agio und längste Sicht ausbedingen; es sollten 4000 Rtl. auf Hamburg entnommen und das 3000 Rtl. Übersteigende ihm selbst in guten Dritteln nach Berlin gesandt werden. Obwohl Salomon versicherte, daß jene Tratten in Hamburg alle Ehren finden würden, weil er darüber gute Ordre gestellt habe, wurden dort auf ihn nur 10022/3 Rtl. banco akzeptiert, die übrigen 16662/s Rtl. aber protestiert. Salomon entschuldigte sich damit, das Wiener Haus habe ihm ebenfalls seine Wechsel an anderen Orten mit Protest zurückgehen lassen. Es wurde deswegen eine Umfrage bei nicht weniger als 73 Kaufleuten und Bankiers von 8 großen Handelsplätzen sowie bei den 4 Marktvorstehern in St. Gallen angestellt und von ihnen entschieden, daß Salomon die mit Protest zurückgelaufenen I6662/3 Rtl. banco 1
August
2
Nach
1700.
17. 3. i6g8 Salomon
Bürger)
erwähnt,
zu Sachsendorf (Rep.g gehörige,
202
Rep. g HH
einer Notiz (Berl.
HH
2 Bürgerbuch:
der zusammen mit Joh.
1000 Tl. geliehen s).
Caspar S., Kauf-
stammte er aus Schlawe.
Dieser
Schilling
und 1640-50
besaß eine Zeitlang
nachmals Derfflingersche
und
Handelsmann,
Doch wird auch schon ein
Daniel
dem Georg Wilh. v. Arnim
darum gerichtlich
geklagt
das einst dem Andreas
Haus am Cöllnischen
Fischmarkt
hatte
Grieben
samt allen Interessen, Schäden und Unkosten dem Leipziger Haus zu erstatten schuldig sei 1 . Salomon geriet im Sommer 1690 in gefängliche Untersuchung wegen verbotener Silber- und Geldhandlung, die er offenbar nicht nur nebenher, sondern geschäftsmäßig betrieben hatte 2 . Es wurden ihm 2122 Tl., jedenfalls verbotenes Geld, konfisziert, außerdem sollte er 6000 Tl. Strafe entrichten. Salomon bestritt auch das Vergehen keineswegs, sondern nur, daß er mit dem Handel, wie dem Kurfürsten vorgebracht sei, 56 000 Tl. verdient habe; tatsächlich sei es nicht so viel, daß er die geforderten 6000 Tl. davon erlegen könne. Andere hätten weit mehr damit trafiquirt und seien kaum mit dem dritten Teil der Strafe davongekommen. Er wurde im Oktober aus der Hausvogtei entlassen, gegen Versicherung, 2000 Tl. sofort zur Hofrentei zu liefern. Doch erst, als zur Exekution durch den Landreiter geschritten und Salomon, als diese vergeblich war, 3. November 1690 erneut in die Hausvogtei gebracht wurde, gelang es, die 2000 Tl. beizutreiben, die seine Frau bei mitleidigen Freunden zusammenborgte. Es war Eile nötig, da, wie es in einem Mandat vom 27. Oktober hieß, „diejenige, denen diese Gelder assignirt sind, auf den point stehen, fallit zu werden, wofern ihnen nicht gegen morgen mit den Geldern geholfen werden sollte". Endlich wurde Salomon von weiterer Geldstrafe befreit, nachdem er 6. Dezember schriftlich versprochen, alles, was ihm wegen der mit einigen abgesetzten und devalvierten Geldsorten, Silberhandel und Verlegungen der Heckenmünzen vorgegangenen Unterschleife und heimlichen Practiquen von andern bekannt sei, auf seine Pflicht treulich zu offenbaren und davon das geringste nicht zu verschweigen. Nachdem damit sein Prozeß zu Ende war, wurde ihm sein Handelsbuch wieder ausgeantwortet3. Die Sache hatte noch ein Nachspiel, indem herauskam, daß der mit ihrer Untersuchung beauftragte Commerden-Assessor Printzen sich von Salomon 600 Tl. hatte geben lassen, gegen das Versprechen, daß er ihm wegen der angestrengten fiskalischen Aktion durch1 2 3
Rep.g C 6 b s Rep.g WW a Befehl v. 13. Jan. 13;
i6gi,
ebenda
203
helfen und gute Dienste leisten wolle. Es wurde entschieden, daß Printzen, der übrigens nur 200 Tl. zugestand, die 600 Tl. halb an Frau Salomon, halb an den Fiskus ad pias causas, zurückzahlen solle. Gegen die Tatsache der Bestechung wurde nicht vorgegangen, außer daß nachgeforscht werden sollte, ob Printzen auch bei andern Gelegenheiten dergleichen praktiziert habe. Das Münzvergehen war mit der Geldbuße abgegolten und hatte keinerlei Diffamierung zur Folge. Man wird es auch bei dem bestehenden Münzwirrwarr und den wenig redlichen Grundsätzen, denen die Fürsten selbst in ihren Münzgeschäften vielfach folgten, nicht eben streng beurteilen dürfen. Salomon, der klagte, daß „das Gewitter der Trübsal, so andern vorbei geht, über mich allein so häufig und erschrecklich losfällt", behauptete, er habe durch jenes große Unglück bei 8000 Tl. eingebüßt und sei um seinen Credit und Nahrung gänzlich gekommen. Er werde von seinen Creditoren häufig bedrängt, könne die ausgestellten Wechsel nicht abtragen, und so werde das beneficium cessionis bonorum ihm ein flebile asylum sein müssen. Doch wurde es nicht so schlimm, denn 1695 trieb Salomon in Sozietät mit Joh. WestorfF einen Weingroßhandel, wofür sie einen Keller in der Georgenstraße gemietet hatten und einen Küfer hielten; beide Prinzipale klagten damals gegen ihren Buchhalter, daß er ihnen 430 Tl. durch Malversation und liederliches Leben defraudiert habe 1 . Auch Caspar Salomon wurde durch die gegen Ende 1697 in Berlin eintretenden „großen falliments" hart getroffen und gibt noch weitere Unglücksfälle, die er erlitten, an 2 ; so sei er, als er in Hamburg weilte, durch seinen Lehrjungen um fast 3000 Tl. an Geld und Waren bestohlen worden. Im ganzen will er durch Diebstahl, Zahlungsunfähigkeit von Debitoren und andere Unglücksfälle über 25 000 Tl. Schaden erlitten haben. Infolge der großen falliments habe die Handlung einen solchen Stoß bekommen, daß alle negotia fast auf einmal daniederlägen, indem der Kredit expiriere und die Kreditoren auf einmal kündigten. Daher habe er seit Weihnachten 1697 an 24 Gläubiger, darunter viele Refugierte, ferner 1
2
Rep. y T 18
R*p. 9 r
204
9
Westorff, 38 652 Tl. zahlen müssen. Aber obwohl er damit den größeren Teil seiner Schulden abgetragen habe und durch den Besitz von Haus und Hof und vieler Effekten hinreichende Sicherheit biete, wollten seine Kreditoren sich nicht über die Verfallzeiten hinaus gedulden. Es wurde ihm auf seine wiederholten Bitten vom 17. Mai und 1. September 1698 ein indultum moratorium auf 2 Jahre bewilligt und damit Schutz gegen alle Zwangsmaßnahmen, mit den üblichen Bedingungen, eine Spezifikation seines Zahlungsvermögens einzureichen und Kaution zu stellen. 12. März 1700 erwirkte Salomon noch eine Indultverlängerung, indem das Kammergericht anläßlich der Klage eines Hamburger Kaufmanns angewiesen wurde, daß bis zum Austrag einer wegen seines Kreditwesens angeordneten kurfürstlichen Kommission mit Arresten und Exekutionen nicht gegen ihn verfahren werden solle1. Solcher Vergünstigung aber zeigte Salomon sich wenig würdig. So versprach er 1699 auf einer Frankfurter Messe dem Laubaner Kaufmann Kirchhof?, ihm einen größeren Posten Bankotaler zu liefern, und ließ sich dafür 2493Y2 Tl. anzahlen, entzog sich aber der eigenen Verpflichtung gänzlich und führte diesen Gläubiger fast vier Jahre durch allerlei Rechtskniffe herum, wobei er sich namentlich hinter seinen Indult versteckte. Ein Gutachten von 1703 bezeichnet Salomons Verhalten als „filouterie" und ihn selbst als einen offenbaren Betrüger; ähnlich soll er auch dem Hamburger Kaufmann Isaak Deleboy mitgespielt und ihm einen Wechsel vorenthoben haben. Anderseits belangte er 1701 den Hofjuwelier Jost Liebmann aus einem Wechsel von 1686 her; doch wurde entschieden, daß Wechsel, die nicht eingemahnt und erneuert worden, in 7 Jahren verjährt sein sollten, wie es das bald danach erscheinende neue Wechseledikt allgemein bestimmte. Es heißt dabei, die wenigsten Kaufleute, die „mit Wechseln handelten", pflegten solche bei Bezahlung zurückzunehmen 2 . Es ist nicht ersichtlich, wie lange Salomon sich mit seinen Schulden und seinem unsoliden Gebaren hat halten können. 1 2
Rep. g HH s Rep. 9 C 6 b 2 IV
205
Sein Freihaus in der Burgstraße (25) ging 1709 an den Kaufmann Joh. Friedr. F 1 a~t h o über 1 . Geld- und Wechsel-Geschäfte neben dem Warenhandel betrieb auch Christoph T r o s c h e l . Ihm war die Lieferung der preußischen Hofstaatsgelder anvertraut, wobei er „in vorgekommenen unterschiedlichen Begebenheiten einen merklichen Vorschuß angeschafft." Da er wegen seiner Geschäfte für den Hof „von seinen Widerwertigen nicht wenig beleidigt worden", bat er um besonderen kurfürstlichen Schutz und Bestellung zum Hoffaktor, was ihm am 16. Juli 1695 auch gewährt wurde 2 . Troschel hatte 1699 und 1704 ein Wechselgeschäft im eigenen Hause in der Breiten Straße, in Sozietät mit dem schon genannten Joh. Frauendorff 3 . Gewerbsmäßige Geldvermittlung betrieb ferner der Cöllner Ratsverwandte Sebastian N e t h e , übrigens ein frommer Mann, der sich um den Bau der Luisenstädtischen Kirche besonders verdient gemacht, so daß sie nach ihm Sebastianskirche genannt wurde 4 . Dieser hat dem etwas abenteuerlichen, als Glasmacher und Alchimist bekannten J o h . Kunckel, ehemals kurfürstlichen Kammerdiener, dann königlich schwedischen Bergrat mit dem Adelsprädikat von Löwenstern 6 , Geld beschafft. Kunckel hat das ihm vom alten Kurfürsten 1685 geschenkte Schulzengericht zu Cladow samt dem dazu gehörigen Pfauen- und Sandwerder 1694 wieder abtreten müssen und dafür die Feldmark Dreißighufen im A m t Mühlenbeck bei Biesenthal gekauft, und zwar lieh ihm Nethe das nötige Geld. Man dachte wohl, damit ein glänzendes Geschäft zu machen; doch kamen beim Weiterverkauf nicht einmal Kapital und Zinsen heraus. Vielmehr blieb Kunckel mit 1600 Tl. rückständig, und Nethe mußte noch 400 Tl. nachschießen, um für das Ganze eine Hypothek auf Kunckels Gütchen Dreißighufen zu erhalten. Auf dieses beschaffte sich 1
Küster III, S. 4g; Berl. Häuserbuch IS.
„Westarph"
143 nennt ihn vor 1701,
als Besitzer von Königstraße
zusammen mit
19
2
Ohne Gehalt. Hausarchiv
Charlottenburg.
a
Berliner
1704;
4
Geschichte
6
Über ihn vergl. L. Bölsche in Mitt. d. Vereins f . d. Geschichte Berlins,
206
Adreß-Kalender
der Stadt Berlin,
Rep. 10,
in dem von 170g
Festschrift
1937,
ig nicht mehr genannt
S. SS7 igog
Kunckel noch weitere 2000 Tl., halb von Nethe und dessen Bruder J o h . Volrath, einem Cöllner Handelsmann, halb vom Apotheker Zorn 1 . Nethes Geldgeber waren hauptsächlich Mitglieder der höheren Kreise und andere Privatiers, die nutzbringende Anlage suchten, an der Spitze der Feldmarschall Graf von Flemming mit etwa 1 0 0 0 0 Tl., ferner eine Frau Obrist von der Groeben, ein Herr v. Hacke, ein Kriegskommissar und der Hofkonditor mit zusammen 1 0 0 0 0 Tl., Kaufleute nur mit kleineren Beträgen; im ganzen außer Flemming 30 hiesige Gläubiger mit 25 000 Tl. Auch in Leipzig hat Nethe sich Geld zu beschaffen gewußt. So nahm er noch auf der Michaelismesse 1701 dort 1100 Tl. von einem Landprediger auf. Bald danach wurden indessen die dortigen Kaufleute Abraham und Franz Galatin aus Wechselforderungen von zusammen 3000 Tl. gegen ihn klagbar. Nun war Nethes Stand buchmäßig nicht schlecht, denn abgesehen davon, daß er Hausbesitz hatte, überwogen nach einem Auszug aus seinem Schuldbuch, der die Zeit von 1697 bis Ende Mai 1702 umfaßte, seine Außenstände, die er bei 20 Debitoren hatte. Doch war davon der weitaus größte Teil, 31 000 Tl., die sich auf 4 Kaufleute verteilten, nicht exigibel und es war „wenig Staat darauf zu machen". Die größten dieser Schuldner, die Kaufleute Gebr. Joh. Christoph und J o h . Paul Haarhaus, auf die Nethe teils trassiert und mit denen zusammen er einige Wechsel ausgestellt hatte, fallierten im März 1702. Bei diesen hatten gleichfalls namhafte Privatiers Gelder ausstehen, so die Witwe des großen Pufendorf 1200 Tl., Hofrat Krug 800 Tl., beides Wechselforderungen, ferner der Commercien-Commissar Abraham Benard. Die Haarhaus hatten ferner mit zwei Schutzjuden streitige Geldsachen und mußten sich mit Gläubigern in Holland auseinandersetzen. Die Regierung verfuhr in der ganzen Sache äußerst schonend, um einen nochmaligen weitergreifenden Zusammenbruch zu verhüten; j a , sie entzog sie entgegen dem soeben erst veröffentlichten Wechsel-Edikt dem gerichtlichen Verfahren und übertrug sie Januar/Februar 1702 einer Kommission zu gütlicher Behandlung 2 . Nur dem Grafen 1 2
i6gg-iyog. Rep. 78 II K Rep. 9 T 1 V
135
207
Flemming mußte, da er sich darauf nicht einlassen wollte, der Wechselprozeß beim Kammergericht zugestanden werden, obwohl nach Nethes Angabe der ihm schuldige Rest von 5750 Tl. erst 1705 zu zahlen war. Den Haarhaus war allerdings nicht zu helfen; gegen sie mußte doch bald mit Exekution und Konkursprozeß verfahren werden. Nethe dagegen wurde durch gewährten Indult gestützt, und auf seine Klage sein nächststärkster Schuldner, Joh. Asterroth, November/Dezember 1702 zur Liquidation genötigt. Es darf nicht übersehen werden, daß die unerfreulichen Erscheinungen, die Fehlversuche und Zusammenbrüche, von denen vorstehend berichtet werden mußte, doch auch Anzeichen dafür sind, daß etwas Neues im Werden war. Die grundlegende Tatsache ist dabei, daß Berlin in jener Zeit, gegen Ende des 17. Jahrhunderts, auf dem Geldmarkt eine eigene, wenn auch noch langehin sehr bescheidene Stellung erlangt hat. Der vielgereiste, allerdings auch gern übertreibende Marperger faßt die Lage um 1 7 1 0 wie folgt zusammen: 1 „Weil auch Berlin unterschiedliche vornehme Banquiers und Wechslers hat 2 , als wird es durch solche zu einemWechselplatz, von welchem man ä droiture in andere fremde Reiche und Länder, durch ganz Europam Geld haben kann." Und er schließt eine ausführliche Berechnung der Kurse von Berlin auf Hamburg, Amsterdam, Paris, London und Venedig mit dem Hinweis, man könne wegen der wöchentlich ausgegebenen Wechselkurse beziehungsweise des Agios der Kurse auf fremde Länder bei dem Stadt-Mäkler Möns. Wesseling gute Nachricht haben. 1
Geographische,
und Provinzen, unterworfen. 2
Nach
historische und mercatorische Beschreibung welche dem königl. preußischen
Berlin
iyio
dem ersten Berliner
S. 241
u.
208
von 1703
Kolonie angehörten;
nicht genannt. (Ferd. Meyer im Bär
Länder Szepter
sj6
Adreßkalender
von denen 4 der Französischen
derjenigen
und churbrandenburg.
1887,
S.
626)
gab es hier 6 die jüdischen
Wechsler, sind
dabei
Großhändler und Bankiers im 18. Jahrhundert Die geschäftlichen Möglichkeiten Berlins haben sich gegen das Ende des 17. Jahrhunderts, wie wir gesehen haben, in dem Maße ausgeweitet, daß der Einzelverkauf im Laden oder Gewölbe nicht mehr die unerläßliche Grundlage eines jeden Kaufmanns zu sein brauchte, sondern daß neben der Masse der den Ladenverkauf - teilweise in Verbindung mit Großhandel - Betreibenden auch schon Handelsleute auftraten, die sich nur mit dem Waren- und Geld - V e r m i t t l u n g s geschäft befaßten. Zu denen, die von vornherein in solcher Weise begannen, gehörte das 1712 begründete Haus S p 1 i t g e r b e r & D a u m . Seit 1910 fortlebend im Bankhause Delbrück, Schickler & Co., ist es die älteste der noch bestehenden Handlungen und war lange Zeit - und ist es heute wieder - das führende arische Berliner Handels- und Bankhaus. Entstanden ist es, kurz bevor mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I. ein neuer, für Preußen und Berlin höchst bedeutungsvoller Zeitabschnitt einsetzte. Seine Entwicklung und Blüte fällt mit der Höhezeit des preußischen Absolutismus und Merkantilismus zusammen, und mit ihm sind die Geschicke des Hauses auch aufs engste verknüpft. Da für diese die ausgezeichnete und umfassende Darstellung, die zum 200 jährigen Bestehen von F. Lenz und O . Unholtz verfaßt ist, vorliegt, so können wir uns im folgenden auf ein gedrängtes Herausheben des für uns Wesentlichen beschränken, wobei wir uns in der Hauptsache auf jenes Werk stützen 1 . Das Haus Splitgerber & Daum kam aus sehr kleinen Anfängen ungewöhnlich schnell hoch. Die beiden Gründer begannen ihre Handlung im Juli 1712 in einer kleinen Mietswohnung von zwei möblierten Stuben und einer Küche im 1
Vgl auch die kurzen Darstellungen
191 s,
Conradsche
leben (1931)
Jahrbücher
XCIX
der Verfasser in Preuß. S. 43s f
und in
Jahrbücher
Berliner
Dez.
Wirtschafts-
S. 85 ff
209
Hause der Frau Dr. Reichenau 1 an der Petrikirche, und ihr Personal bestand in einer Magd, die monatlich einen Taler erhielt. David Splitgerber war 29, Gottfried Adolph Daum 33 J a h r e alt. Der erstere, Bürgermeisterssohn aus Jakobshagen in Pommern, war in Stettin Lehrling und Handlungsdiener, dann als solcher in der hiesigen Gregorischen Handlung tätig gewesen; Daum, einer sächsischen Advokatenfamilie entstammend, soll Unteroffizier in Potsdam gewesen sein. Indem dieser 1 7 1 3 die Tochter des wohlhabenden Schneiders Eugeling in Halle heiratete, brachte er ein bescheidenes Geschäftskapital dem Unternehmen zu, außerdem wertvolle persönliche Beziehungen mit Sachsen, mit deren Hilfe die ersten Geschäfte, Lieferungen für die sächsische Armee, getätigt wurden. Splitgerber scheint nur seine kaufmännische Erfahrung und Tüchtigkeit mitgebracht zu haben. Man kann gleich feststellen, daß bei dieser Vereinigung von Kapital und Arbeitskraft die letztere, und zwar schon in sehr kurzer Zeit, das Übergewicht gewonnen hat. Die Firma zeichnete nur im ersten J a h r Daum & Comp., dann meist Splitgerber & Daum, und wurde später Alleinbesitz Splitgerbers und seiner Nachkommen. Die Geschäftsgemeinschaft war zunächst die allerengste: beide Teilhaber für sich und ihre Erben hafteten uneingeschränkt mit allem. Auch Haushaltskosten und persönliche Anschaffungen wurden mit den geschäftlichen Ausgaben verrechnet, die nach Abzug von dem allem sich ergebenden Überschüsse halbpart geteilt. Beide Gründer waren Zugewanderte; sie erwarben auch nicht die Bürger- und Gilderechte, sondern blieben unter den Koloniegerichten. Sie konnten also auch keinen Handel treiben, der den Gilden vorbehalten war, zumal keinen Detailhandel. Das Kommissionsgeschäft war das ihnen offenstehende Feld, und zwar haben sie, wie das im 18. Jahrhundert hier allgemein üblich war, in Verbindung mit Warenkommissionen auch Warenhandel auf eigene Rechnung und Geldgeschäfte betrieben, waren zugleich Kommissionäre, Spediteure, Großhändler und Bankiers. Das Warengeschäft war von Anfang her bedeutend und weitreichend. Lieferungen von Artillerie1
Splitgerber
Hofmedicus 2IO
heiratete später eine Johanna Dr. Georg Friedrich
Reichenau
Dorothea Reichenau,
Tochter
des
munition, Eisenröhren und Kupfer, Verbindungen mit den Königlichen Eisenhütten in Neustadt a. d. Dosse und in Zehdenick, dem Magdeburger Kupferwerk in Rothenburg lassen von vornherein das Metallgeschäft stark hervortreten. Aber auch in den verschiedensten Material- und Kolonialwaren wurde gehandelt; mit Leipzig, Hamburg, Danzig, Amsterdam, London, Bordeaux, Lissabon und Venedig wurde Verkehr gepflogen. Daneben wurden Darlehen-, Wechselund Lombardgeschäfte betrieben, auch diese wie die Warenlieferungen bis zu kleinsten herab. Geldgeber waren hauptsächlich Berliner Kaufleute, Debitoren vom König von Polen und der Herzogin von Strelitz an bis zu Berliner Handwerkern mit wenigen Talern. Die Anfange des Hauses fielen in eine für das Berliner Wirtschaftsleben recht kritische Zeit; denn dieses wurde durch den schroffen Umschwung, den der Regierungswechsel von 1 7 1 3 mit sich brachte, heftig und ziemlich nachhaltig erschüttert. Z u Ende des Jahres 1 7 1 4 kam es zum offenen Ausbruch der Krise mit zahlreichen Zusammenbrüchen. Mehrere Zahlungsunfähige wurden flüchtig, von Hamburg kamen Berliner Wechsel im Januar 1 7 1 5 mit Protest zurück, und es ergingen Arrestmandate 1 . Auch der angesehene - christliche - Kaufmann Abraham R o s e n f e l d hatte die Zahlungen einstellen müssen, worauf seine Hauptgläubiger, Bartholomäus Schindler und Heinrich Cuno, am Weihnachtstage 1 7 1 4 sein Gewölbe und Kontor versiegeln und ihn mit militärischer Wache belegen ließen. E r behauptete zwar, seine Aktiva: 2 Häuser, ein Mühlendamm-Laden, Warenbestände und ausstehende Forderungen, machten weit mehr aus als seine etwa 50 000 Tl. betragenden Schulden, doch konnte er sich erst 1 7 1 6 mit den Gläubigern vergleichen und Öffnung seines Gewölbes erlangen. Die Gläubiger sollen nur 5 0 % erlangt haben. Rosenfeld mußte 1 7 2 7 wiederum ein Einschreiten der Gläubiger erleben, und es wurde abermals ein Akkord von 5 0 % vorgeschlagen. Im Oktober 1 7 1 5 wurde der auch als 1 Rep. 9 Y g. 39. Vgl. auch Küster III, 14; Schriften f . d. Gesch. Berlins 38 S. 248, 403; Mitt. dess. Vereins 193s, S. 114. Arrestbefehl gegen August Friedrich v. Lattorff wegen Wechselschuld von 4566 Rtl. banco, auf Klage von Jost Liebmann jr.. 33. Januar 1715. Rep. 9 Y 18
211
„Banquier" bezeichnete Kaufmann Theodor Christian H o f f m e i s t e r flüchtig und soll einen „banquerout" von 70 000 Tl. gemacht haben. Dieser hatte schon das Haus Brüderstr. 4, das er 1 7 1 1 für 8200 Tl. gekauft hatte, nicht bezahlen und 1 7 1 2 einen Wechsel über 750 Tl., der ihm vom Kommerzienrat Flatho präsentiert wurde, nur mit Hilfe seiner Frau einlösen können. Splitgerber & Daum haben sich auf die veränderten Verhältnisse äußerst geschickt einzustellen gewußt; so haben sie sehr bald eine enge Verbindung mit der neuen, ganz militaristischen Staatsgewalt hergestellt und diese immer sorgfältig gepflegt. V o n vornherein erkennt man: außerordentlich starke Initiative und Wagemut, erstaunliche Vielseitigkeit der Geschäfte, dabei große Umsicht, Fleiß und Genauigkeit. Wohl kaum eine Firma hatte eine so exakte Buchführung, denn bei vielen stand es damit noch lange nachher sehr im argen, wie es noch in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts selbst bei einem so bedeutenden Hause wie dem Wegelyschen zutraf 1 . Bei aller Kühnheit wurde große Vorsicht beobachtet: bis 1 7 1 8 brauchten auf faule Schulden kaum 20 Tl. abgeschrieben zu werden. In der ersten Bilanz, die damals, nach 6 Jahren gemeinsamen Geschäfts, gemacht wurde, ist ein Reingewinn von 10 450 Tl. festgestellt und damit ein Kapital-Konto eröffnet worden, das bis 1 7 3 2 auf fast 290000 Tl. stieg. Das bedeutet einen im Berliner Geschäftsleben wohl bislang einzigartigen Aufschwung. In den 20 er Jahren nahm das Geldgeschäft bedeutend zu; die Inhaber pflegten nun als „Banquiers" bezeichnet zu werden. Zahlreiche Mitglieder des Hofes, auch auswärtige Fürstlichkeiten und Aristokraten, zählten zu ihren Kunden. Sie wurden das, was sie dann lange Zeit geblieben sind, die Bankiers des Hofes und der vornehmen Welt 2 . Zunehmende Lieferungen von Heeresmunition, dann auch die Vermittlung von Werbegeldern führten immer engere Be1
Beim Lagerhaus
haftete unter Kraut der Buchhaltung
lich-Unsystematisches" herige Administration
an;
doppelte Buchführung
eingeführt.
• Splitgerber gutachtet 18. Juni über die Hamburger
212
Hinrichs
1735
Kurantbank.
noch „etwas
in F.B.P.G.
44. S. 64 f f
als Vertreter der Bankiers (neben
(Acta
Persön-
wurde erst durch die nach-
Bor., Münzwesen
I
480f)
Negelein)
Ziehungen zum König herbei, der der jungen aufstrebenden Firma öfters sein Wohlwollen erwies. Der König hatte für Kaufleute wenig übrig, sofern sie nicht auch von gewerblichem Nutzen waren. Splitgerber und Daum aber machten sich dem König angenehm, indem sie in Potsdam und Berlin Häuser bauten und zudem sich der gewerblichen Produktion zuwandten. Damit wurde die Geschäftstätigkeit nach einer dritten, sehr bedeutenden Seite hin erweitert. 1 7 1 9 bis 1 7 3 2 wurden vier staatliche Metallwerke gepachtet 1 , 1 7 2 2 auf A n trieb des Königs die Gewehr- und blanke Waffen-Fabrik in Potsdam und Spandau für die Belieferung des Heeres angelegt. Damit stieg die junge Firma zum ersten großen Metallund Waffenindustriellen des Staates auf. Auffallend gering war im Verhältnis zum Anwachsen des Geschäftse die Zunahme des Personals: 1 7 3 8 waren erst 4 Angestellte, 4 Bediente und 2 Jungen beschäftigt. Mehr nahm der persönliche Aufwand zu. Die Geschäftsunkosten verdoppelten sich 1 7 2 1 - 3 7 , die Haushaltskosten aber stiegen auf das Sechsfache. Die Inhaber sind in den 20 er und 30 er Jahren reiche Leute geworden. 1734/35 wird das einige Jahre zuvor erworbene Doerfflingsche Haus in der Gertraudtenstraße zu einem stattlichen Geschäftshaus ausgebaut, das Splitgerber für sich übernahm nebst einem Landgut in Stralau; 1746 wird auch ein Haus am Dönhoffplatz errichtet; Daum baute sich in Potsdam an. Solche Erfolge verdankten die Geschäftsinhaber ihrer großen Rührigkeit. Wenn man es auch als die damals und noch lange übliche Praxis aufstrebender Großhandels- und Bankhäuser ansehen darf, alle möglichen Waren- und Geldgeschäfte sowie Unternehmungen jeder Art, sofern sie nur Gewinn und Erfolg versprachen, in sich zu vereinigen, so ist die Vielseitigkeit der Geschäfte dieser jungen Firma doch erstaunlich. In den sechs ersten Geschäftsjahren lieferte sie in Kommission: Kugeln und Bomben für das Dresdner Zeughaus von der Kgl. Eisenhütte Neustadt a. d. Dosse und Zehdenick; Kugeln nach Amsterdam von Neustadt; Artillerie-Montierungen für den König von Polen; Röhren für die kgl. Wasserkünste in Dresden; Bomben für Friedrich Wilhelm I. aus Mecklenburg ( 1 7 1 6 ) ; 1
Vorher waren Refugierte,
Aureillon,
Pächter
André
le Jeune
(bis 170g)
und der
Hutfabrikant
der Werke
213
Kupfer und Vitriol, bezogen von Rothenburg; Silber für die kgl. Münze und anderes mehr. A u f Warenkonto finden sich, als auf eigene Rechnung oder in Kommission eingekauft, besonders vielerlei Materialwaren, Weine von Bordeaux, Rheinweine, Porzellan, Bouteillen, Holz, Leder, Talg, Käse aus Danzig, Tee, Tabak von Amsterdam, Galalivreen von London, italienische Waren von Venedig; Lissaboner Waren, besonders Kolonialwaren durch Almeyda (Umsatz dabei über 2 6 0 0 0 Tl.). Auch wohl einmal ein Kompagniegeschäft, so im Mai 1 7 1 8 mit Joh. Witte am Cöllnischen Fischmarkt für den Verkauf englischer, von London bezogener Kramwaren im Werte von etwa 4000 Tl. Im Geldgeschäft werden 1 7 1 8 1 1 0 Kreditoren mit insgesamt 3 5 0 0 0 Tl. angeführt, meist Berliner Kaufleute, sonst der Weinvisierer Caesar, Schneider Eugeling (Halle), Gräfin Vitzthum, der Hallesche J u d e Weyl, Kriegsrat Christian Koppen; 42 Debitoren, darunter der König von Polen (12 000 Tl.), die Herzogin von Strelitz (über 6000 Tl. seit 1 7 1 3 ) , Almeyda aus Lissabon (seit 1 7 1 3 ) . Die Firma zahlte an Zinsen meist 6 % gegen Wechsel, bei Prolongation auch 7 % , 1 7 1 8 einmal 9 % ; sie lieh aus zu 8 % . Das Geldgeschäft kann also damals noch nicht wesentlich zu ihren Gewinnen beigetragen haben. Die Geschäfte erweiterten sich von 1 7 1 9 bis 1 7 3 9 gewaltig. Die Lieferungen von Munition, Kupfer und Silber wurden fortgesetzt; auf dem königlichen Silberkonto ist der Umsatz für das erste Halbjahr 1 7 3 2 mit 1 0 6 0 0 0 Tl. angegeben. Im übrigen machten die Lieferungen für den König 1 7 3 0 33 000, 1 7 3 6 5 3 0 0 0 , 1 7 3 8 - 3 9 durchschnittlich 100000 Tl. aus. Ein Speditionskonto wurde seit 1 7 1 9 geführt. Das Warenkonto weist als höchsten Jahresumsatz nur 1 8 0 0 0 Tl. auf ( 1 7 3 1 ) , der Gewinn darauf betrug jährlich nur wenige 100 Tl. Das Schwergewicht hatte sich auf das Geldgeschäft und vor allem die industrielle Produktion verlegt. In jenem ist von 1 7 2 1 bis 1 7 3 8 die Zahl der Kreditoren von 48 auf 104, der Debitoren von 54 auf 257, die Höhe der Debetkonten von 5 5 000 auf 642 000 Tl. angewachsen. Unter den Debitoren befanden sich der Kronprinz Friedrich, dessen Restschuld 1 7 4 4 mit 1 5 1 8 Tl. abbezahlt wurde. Bei den Zahlungsvermittlungen spielte das königliche Werbegelderkonto, seit 1 7 2 4 , eine Rolle; 214
die Umsätze darauf betrugen 1733 138000, 1735 76000 Tl. 1728 hat der König 300 000 Tl. aus der kronprinzlichen Kasse zu Geschäften mit August dem Starken überwiesen1. Die nach und nach auf längere Zeiten erpachteten staatlichen Metallwerke waren: der Kupferhammer bei Eberswalde (1719-86), der Eisenhochofen bei Zehdenick, in dem vornehmlich Artilleriegeschosse hergestellt wurden (1725-66), der Messinghammer (1729-86) und die Eisenspalterei (Werkzeugfabrik) zu Heegermühle (1732-50, 1767-80); seit 1736 hatte die Firma auch das Amt Biesenthal, zu dem drei dieser Werke gehörten, in Generalpacht. Das größte und wichtigste Unternehmen war aber die seit 1722 in Spandau und Potsdam von der Firma selbst mit außerordentlichen Mühen und Kosten angelegte Fabrik, aus der die ausschließliche Belieferung des preußischen Heeres mit Gewehren und blanken Waffen bis 1840 erfolgte. Ihre Anlage und Verwaltung war vornehmlich das Werk Daums; das technische Personal war im Lütticher Industrierevier angeworben. Sie ging erst 1851 aus dem Besitz der Firma für 44 000 Tl. in den des Staates über. Über die Beteiligung an der Russischen Compagnie seit 1725, mit der auch der Erwerb von Schiffsanteilen verbunden war, wird noch ausführlicher zu sprechen sein. Die gesamte Geschäftsentwicklung wird aus folgenden Bilanzziffern deutlich: '719 1721 1726 1729 1732 1735 1738
Reingewinn
Gesamtumsatz 35 0 0 0 55 0 0 0 189 649 337 580 502 894 583 7°3 641 582
p 38 455 34 348 29 330 35 792 18833
(1718) (1723)
Kapital-Konto 10450 41 714 92 640 194 241 289 679 278 7572 278 461
Das Haus Splitgerber & Daum erfuhr nach 1740 unter der seit 1743 alleinigen Leitung David Splitgerbers einen 1
Über die Ausdehnung
der Geld-
und Wechselbeziehungen
vgl.
Lenz-Unholtz
S.4if 1
1734
wurden
„Reingewinn"
74354
Tl.
auf die zwei
Privatkonten
ist offenbar nur der Gewinn-Vortrag
der Hauptteil des Reingewinnes
abgebucht. — Unter
zu verstehen,
alljährlich auf Kapital-Konto
während
übertragen wurde 2I
5
weiteren ungewöhnlichen Aufschwung. Die Umsätze betrugen 1 7 3 8 etwas über 640 000, 1740 804 000, 1762 aber über 4MÜI. Tl. und hielten sich 1767/86 durchschnittlich auf 2 bis 2 1 / a Millionen Tl. In den drei schlesischen Kriegen wurde sehr stark verdient. Die Gewinne aus den beiden ersten wurden auf die Privatkonten überschrieben, die aus dem Siebenjährigen auf ein Reservekonto, das 1762 1 Million Tl. betrug. Die Auslandsgeschäfte, die schon vor 1740 mit Amsterdam, London, Bordeaux einerseits, Rußland, Polen, Schweden - von wo hauptsächlich Eisen für die Gewehrfabrik bezogen wurde - anderseits geführt waren, wurden noch bedeutend ausgestaltet und auch nach spanischen, italienischen und levantischen Handelsplätzen ausgedehnt. Die Beziehungen mit Frankreich traten besonders hervor. Aus den französischen Seehäfen bezogen auch die Berliner Gildekaufleute allerlei Waren (Weine, Branntwein, Rohzucker, Seiden- und Galanteriewaren, Färb- und Kolonialwaren, ö l , auch ostindische Waren, wenn sie dort wohlfeiler als in Holland waren), aber sie hatten keinerlei Austauschgüter dahin und mußten sich holländischer oder Hamburger Schiffe bedienen. Splitgerber dagegen konnte vorteilhafter dahin handeln, denn er führte Stabholz, Kupfer, Messing, Talg, Wachs u. a., also teilweise Ergebnisse seines russischen Geschäftes, dahin aus und hatte eigene Schiffe und Schiffsanteile. Splitgerber wurde schon 1 7 4 3 über die Möglichkeit eines Handelsvertrags mit Frankreich gehört und gab 1746 den Anstoß, daß Verhandlungen darüber eröffnet wurden, die allerdings erst 1 7 5 2 / 5 3 zu einem Ergebnis und zu Abgabenerleichterungen für preußische Untertanen und Schiffe führten. Splitgerber hat früh Verbindungen mit Amerika - Curaçao und Veracruz - angeknüpft; ein Versuch, während des englisch-französischen Krieges nach Französisch-Westindien zu handeln ( 1 7 4 7 ) , wurde durch die Konjunktur vereitelt. Nach dem Siebenjährigen Kriege beabsichtigte er, einen soliden Handel mit Amerika zu etablieren. Es war natürlich, daß Friedrich II. Splitgerber als maßgebenden Fachmann in überseeischen Dingen schätzte, wie er denn 8. Dezember 1749 befahl, daß bei einer vorgeschlagenen Sozietät für direkten Seehandel 216
zuerst mit Splitgerber konferiert werden müsse, und daß dessen Beteiligung nötig sei, sonst gelinge es nicht. Demnach war Splitgerber an der Asiatischen und der Bengalischen HandlungsCompanie in Emden maßgebend beteiligt. Schon im Teuerungsjahr 1740 bediente sich der König Splitgerbers, um größere Posten Getreide im Auslande aufkaufen zu lassen. Die Firma selbst hat nie auf eigene Hand mit Getreide gehandelt, doch ließ der König 1 7 6 8 - 7 1 durch sie wiederholt Magazingetreide in Bordeaux, Rotterdam und anderswo mit gutem Vorteil verkaufen, wobei das Haus eine Provision verdiente. Der überseeische Warenhandel diente hauptsächlich den industriellen Unternehmungen der Firma, auf denen vollends das Schwergewicht lag, seitdem Splitgerber dem Wunsche des Königs entsprechend 1749, 1 7 5 1 und 1 7 5 3 in Berlin drei große Zuckersiedereien für die inländische Versorgung angelegt hatte 1 . Da diese ein Monopol für den größten Teil der Monarchie erhielten, war ihnen ein riesiger Absatz gesichert zu Preisen, die ziemlich unbeschränkt diktiert werden konnten und die immer bedeutend über den Hamburger Preisen lagen, obwohl der König wiederholt dagegen eingriff. Durch das Zuckerunternehmen hat sich auch das überseeische Geschäft, namentlich mit Frankreich und den Pyrenäenländern, erheblich ausgeweitet. Der Betrieb so großer Unternehmungen, wie der Metall-, Waffen- und Zuckerfabriken, nahm die Mittel der Firma hauptsächlich in Anspruch; im Warenhandel spielten die Einkäufe von Rohzucker und schwedischem Eisen und der Absatz der Fabrikate die Hauptrolle; alles andere fügte sich dem nur ergänzend an, so der Handel mit Weinen, Kolonialwaren, schlesischer Leinwand. Das Bankgeschäft blieb dagegen an Bedeutung zurück, wenn es auch bis 1786 das hervorragendste in Berlin war. Das Wechselgeschäft war sehr umfangreich; es wurden, um die Spitzenjahre anzuführen, in Tratten umgesetzt: 1753 1760 1762 1779 1787 1806 1
Sie
bestanden 14
3 109000 holld. Gulden und 795000 Tl. 2676000 „ „ „ 1261000 962000 „ 3 059 000 478 000 2485512 „ 1 000 288 2655820 „ 3 232 000 317000 ,, bis
1797,
Großkaufleute 2
1850
und
1871
217
Seit 1794 überflügelte der Verkehr mit Hamburg weitaus den mit Holland. Sonstige Unternehmungen des Hauses waren folgende: Die Kgl. Eisen- und Stahlwarenfabrik bei Eberswalde wurde 1 7 5 3 in Pacht, 1765 zu Eigentum übernommen; es gelang jedoch nie, das große Unternehmen leistungsfähig zu machen, und es wurde 1836 endgültig aufgelöst. 1769 wurde die große Spiegelmanufaktur bei Neustadt a. d. Dosse gekauft, mit Beteiligung von D. F. Splitgerber, daher unter der Firma „Schickler & Splitgerber" getrennt vom Haupthause geführt, und zwar bis 1 8 3 5 . 1 7 7 1 wurde eine Elfenbeinkammfabrik, 1780 der Zainhammer bei Eberswalde angelegt; an dessen Stelle trat 1 8 2 4 - 6 6 eine Knochenmehlfabrik. Eine weitere Zuckersiederei wurde 1 7 7 4 in Bromberg angelegt, die bis 1 8 1 8 bestand; 1779 eine solche in Minden angekauft und bis 1809 geführt. 1 7 7 8 wurde ein Comptoir zu Breslau (-1860), 1797 eines zu Stettin ( - 1 8 5 9 ) , 1803 eines zu Bromberg ( - 1 8 4 2 ) errichtet. Für den Staat sind Geldgeschäfte bis zur Gründung der Kgl. Bank (1765) getätigt worden. Silberlieferungen für die Kgl. Münze sind 1 7 4 0 - 5 5 nachweisbar, Goldlieferungen für die Münze 1 7 5 5 1 . Splitgerber besorgte von 1 7 4 3 an die Rückzahlung einer englischen Anleihe für Schlesien und Rückkauf der schlesischen Obligationen in London; 1 7 5 6 drohte der König, dem die berechneten Provisionen zu hoch erschienen, sich an andere Bankiers zu wenden 2 . Was die Kriegsgeschäfte des Hauses betrifft, so sind wir darüber nur hinsichtlich der letzten J a h r e des Siebenjährigen Krieges durch die darüber erhaltenen Tresorakten etwas unterrichtet. Als Inhaberin der Waffen- und Metallfabriken des Staates gehörte die Firma naturgemäß zu den wichtigsten und am meisten beschäftigten Kriegslieferanten. Zwar ließen die Zahlungen zuweilen lange auf sich warten und mußten öfters angemahnt werden; auch werden die Sorgen um den Ausgang oft sehr drückend gewesen sein, doch ist schließlich alles beglichen worden. Von J a n u a r bis März 1 7 6 3 sind noch 1 2
Acta Bor., Münzw. II und III, 56; vgl unten S. Lenz-Unholtz, S. 6g
218
34a/
über 350 000 Tl. aus der Tresorkasse an die Firma gezahlt worden. Über ein anderes Geschäft, das diese 1761/62 machte, die Besorgung von Schießbedarf - holländischem Pulver, Lunten und englischem Blei - aus Amsterdam, sind die Rechnungen und Fakturen erhalten. Es handelt sich dabei allerdings nur um ein Kommissionsgeschäft in friedensmäßiger Form, wobei der Verdienst der dabei beteiligten Kaufleute sichtbar nur in Provisionen für ihre Tätigkeit bei der Warenübermittelung besteht. Wenigstens erklärte die ausführende Firma: „Wir haben auf die Ammunition keinen Profit, sondern müssen die wahren Kosten berechnen." Sie verdiente dabei 2 %, demnach, da die Gesamtkosten der Lieferungen 483 602 Vj Tl. in neuen Augustd'ors betrugen, etwa 9600 Tl. Die Amsterdamer Firma Matthias Vorster, die den Versand hatte, berechnete sich 1 Va% > dazwischen steht noch das Haus Joh. Daniel Bauer in Altona, das die Seefracht und den Umschlag übernommen hatte. Splitgerber dürfte höchstens noch einen kleinen Zinsgewinn erzielt haben, da er schon, bevor die Lieferung ganz ausgeführt war, 500 000 Rtl. auf Abschlag erhielt. Die zuviel erhaltenen 16 397V2 Tl. mußte er später bar zurückzahlen, obwohl man mit ihm in dauernder Geldverrechnung stand, und es nicht recht ersichtlich ist, warum das nicht auf andere Lieferungsforderungen verrechnet wurde. Wegen der Begleichung in neuen Augustd'ors bemerkt er, diese würden „immer unangenehmer", sodaß er statt des Anfangskurses von 3 1 6 % bald 345, dann 350% (April bzw. Mai 1762) rechnen mußte. Valutagewinne sind anscheinend dabei weder beabsichtigt noch gemacht worden. Splitgerber war ferner der Hauptbankier des Königs. Schon zu Beginn des Krieges ließ dieser an die Firma 200 000 Rtl. in Friedrichsd'or aus dem Tresor zahlen, und zwar ganz im geheimen zu einem gewissen Behuf, der selbst dem Tresorverwalter Koppen nicht angegeben wird 1 . Im Herbst 1760 zahlte Splitgerber einen solchen Geheimbetrag, „bewußte" 500 000 Rtl., in wöchentlichen Raten zurück 2 . Er übermachte auch Gelder für Bezahlung der Truppen 1757 nach Königs1
Kabinetts-Order,
Seilitz
30.
Oktober und 5. November 1756.
Rep.
163
1 73 2
Ebenda gy 14'
219
berg, 1 7 5 8 nach Breslau 1 . 1 7 5 9 übernahm Splitgerber mit F. W. Schütze den ganzen Betrag der englischen Subsidien gegen die Lieferung von 19 500 Mark Feingold 2 . Ferner hat er wohl die Gelder, die der König 1756, 1760 und 1762 seinem Gesandten in der Türkei zukommen ließ, zusammen 1,7 Mill. Tl., fast alles in Gold, überwiesen; wenigstens wurde die Wiedereinziehung der Restbestände von dort 1763 durch das Splitgerbersche Comptoir besorgt. Einen Verlust, und zwar von über 20 000 Rtl., will Splitgerber während des Krieges bei einem Bezug von 20 000 Stück Piastern für die Münze erlitten haben, weil Ephraim die Firma damit habe sitzen lassen. Ephraim bot ihr dann als Entgelt für einen auf das Breslauer Münzcomptoir zu überweisenden Betrag von 250 000 Tl. ein Agio von 1 0 % an. Doch lehnte der vorsichtige Schickler in einem Schreiben vom 5. J a n u a r 1762 das Geschäft in dieser Form ab, um nicht beim König in üblen Verdacht zu kommen; auch wollte er eine Barsendung dahin unter allen Umständen vermeiden, weil man dabei leicht zu Schaden komme. Er erbot sich nur, über jenen Betrag Wechselbriefe auf kurze Sicht zum Selbstkostenpreise, der nicht über 3 % ausmachen werde, gegen Barzahlung zu überlassen. D a man, nach Schicklers Äußerung zu schließen, bei den Bargeldsendungen für die Truppen während des Krieges anscheinend üble Erfahrungen gemacht hatte, übertrug die Firma, als sie bald danach wieder 665 000 Tl. nach Breslau und Glogau für die Truppen übermachen sollte, die Lieferung und das Risiko dem Joel Abraham Salomon. Diesem wurden in der T a t 24 000 Tl. durch den Feind weggenommen, und er bat noch lange nachher um eine Entschädigung für den Verlust 3 . In den Tresorakten sind noch viele bedeutende Zahlungen an, von und durch Splitgerber, zum Teil in Verbindung mit Schütze, angeführt, ohne daß jedoch die Art der Geschäfte erkennbar ist. Sicher ist nur, daß unter den christlichen und jüdischen Bankiers, die da in Verbindung mit der Staatskasse genannt werden, Splitgerber weit voransteht. Nach dem 1 1 3
Acta Bor., Münzw. III, 278; Lenz-Unholtz, Koser in F. B. P. G. XIII, 351 ff Rep. 163 N 41
220
S. 71
Kriege blieb auch dieses große und sichere Haus von schweren Verlusten nicht verschont. Es verlor 1 7 6 3 und bis Februar 1764 durch Disagio, d. h. also Abwertung des Kriegsgeldes, 742 933 Tl. und durch Abschreibung auf dubiose Debitoren 150 000 Tl. Trotz dieser Verluste von fast 900 000 Tl. konnten beim Tode Splitgerbers 23. Februar 1764 noch 561 581 Tl. als Reingewinn aus den Jahren 1 7 5 9 - 6 2 dem Kapital zugeschrieben werden. 1769 mußte die Firma in Nachwirkung jener Krisis wieder 88 900 Tl. abschreiben, was bei einem Geschäftskapital von über 2 Mill. Tl. allerdings nicht viel besagte. Mit dem Tode des dem Hause wohlgesinnten Friedrich II. hörten die guten Beziehungen zum Hofe auf und damit ließ auch die Gunst der hauptstädtischen Aristokratie nach. Das so gewinnbringende Zuckermonopol wurde aufgehoben, es entstanden Konkurrenzbetriebe, und die Schicklerschen Geschäfte nahmen zeitweilig ab. Allerdings wurden noch sehr erhebliche Umsätze und Gewinne in Zucker gemacht, so 1795 ein Umsatz von 1 828 000 T l . ; die Gewinne aus dem Zuckergeschäft betrugen 1791 fast 100000, 1803 1 5 0 0 0 0 , 1 8 0 1 - 0 6 zusammen 4 1 3 397 Tl. Da der Gesamtertrag für diese Zeit 490 500 Tl. ausmachte, so kam der weitaus größte Teil aus dem Zuckergeschäft. Anderseits standen in den Jahresabschlüssen von 1787 bis 1797 den Überschüssen von 62 230 Tl. Verluste von 1 5 7 5 1 5 Tl. gegenüber; die Umsätze betrugen 1 7 8 7 - 9 9 durchschnittlich nur noch i 1 /» Mill. Tl. Seit 1798 war wieder eine Zeit großer Prosperität. Die jährlichen Umsätze stiegen bis über 4 Mill. (1805, 1806); die Reingewinne betrugen 1 7 9 8 - 1 8 0 6 6 1 7 1 1 0 Tl. In den 90er Jahren hat die Firma das in Berlin bis 1786 noch kaum gepflegte Effektengeschäft stärker aufgenommen, zuerst mit landwirtschaftlichen Pfandbriefen, dann (1790) auch mit Obligationen der Kgl. Bank und der Seehandlung. Die Gewinne daraus waren sehr bescheiden, und die Beteiligung an französischen Anleihen in der Revolutionszeit brachte gar 240 000 Tl. Verlust. Der durch die französische Revolution erlittene Schaden betrug im ganzen etwa 2 Mill. Livres. Nach dem Tode Daums - 7. Februar 1 7 4 3 - hat Splitgerber 221
die Firma zunächst allein geleitet; die Daumschen Erben blieben nur stille Teilhaber (bis Ende 1774). Doch sah sich Splitgerber nach Gründung der ersten Zuckersiederei genötigt, einen aktiven Teilhaber aufzunehmen, und wählte dafür den erst vier Jahre bei der Firma tätigen 38jährigen Joh. J a k . S c h i c k 1 e r aus Mülhausen i. Elsaß 1 , der nach einigen Jahren auch sein Schwiegersohn wurde. Denn der einzige Sohn des damals 66jährigen Splitgerber, David, war erst 8 Jahre alt und ist auch später nicht zur Nachfolge gelangt, sondern führte ein kostspieliges Leben als reicher Nichtstuer. Sein Vater hat ihm 1760 das Rittergut Lichterfelde im Oberbarnim für 93 000 Tl. gekauft; Prinz Ferdinand ernannte ihn zu seinem Jägermeister, wozu noch einige mit keiner Tätigkeit verbundene Titulaturen und Januar 1789 auch der Adel traten. Der väterlichen Handlung hat David Splitgerber nur Scherereien verursacht, bis es Ende 1795 gelang, ihn unter bedeutenden Opfern abzufinden. E r starb erst 1 8 2 3 kinderlos. Dagegen gehörte ein Neffe des alten Splitgerber, David Friedrich Splitgerber, der Firma nicht weniger als 65 Jahre - von 1762 bis zu seinem Tode 1827 an, lange Zeit als Disponent, doch ohne je seiner Stellung und seinem Namen entsprechend nach außen zu repräsentieren. Der alte Splitgerber ist ein J a h r nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges, 23. Februar 1764, gestorben, nachdem er fast 42 Jahre das Haus geleitet und es auf den Gipfel der Blüte und des Ansehens gebracht hatte. Der tüchtige, aber doch weniger bedeutende Schickler hat danach nur elf J a h r e die Geschäfte führen können, da er schon 28. Februar 1 7 7 5 starb, und ein anderer Schwiegersohn und Teilhaber, Friedr. Heinr. Berendes, endete noch früher (November 1 7 7 1 ) . Die Firma nannte sich, seitdem die Daumschen Erben unter Auszahlung ihres Kapitalanteils - 724 647 Tl. - ausgeschieden waren, also seit i . J a n u a r 1 7 7 5 , David Splitgerbers sei. Erben. Weitere Abfindungen wurde nötig durch den Tod des jüngeren Berendes, Dezember 1785, und das Ausscheiden des Jägermeisters David von Splitgerber, Ende 1 7 9 5 ; beidemal waren je 220 000 Tl. Anteil auszuzahlen. Die Firma hieß nun Gebrüder Schickler, nach den beiden Söhnen von Joh. Jak. 1
Sozietätskontrakt vom 27. Nov.
222
174g
Schickler, die seit 1780 bzw. 1786 die Handlung leiteten und seit Ende 1795 Alleininhaber waren. Das nominelle Geschäftskapital war durch die verschiedenen Abfindungen längere Zeit auf 600 000, j a 1 7 8 6 - 9 4 auf 400 000 Tl. zurückgegangen, womit es immerhin noch eines der größten Geschäftskapitalien im ganzen Staate war. 1800 wurde es von 600 000 auf 1 3 1 8 000 T l . vermehrt und stieg bis 1806 auf 2 189 000 Tl. Die Schicklerschen Nachkommen, die dem Hause ihren Namen gaben, waren als Geschäftsleute unbedeutend. Der jüngere Zweig, der allein sich erhielt, wurde zudem völlig französisiert und lebt seit Ende des 18. Jahrhunderts - bis heute - in Paris. Die Geschäftsführung gelangte dadurch bald ganz in die Hände von Prokuristen oder Disponenten: nächst D. F. Splitgerber, seit 1 7 8 3 Joh. J a k . Brüstlein, seit 1821 dessen Sohn Carl Gustav, seit 1837 Wilh. Zwicker. Sie alle dienten der Handlung mit Treue und Sachkenntnis, ragten aber nicht über den Durchschnitt hinaus, sodaß schon deshalb die Firma neben anderen allmählich zurücktrat, zumal da die Geschäftsführung durch Nicht-Inhaber an sich schon die Initiative hemmen mußte. Die Namen der beiden Gründer des Hauses erhielten sich, wenn auch nicht in der Firmenbezeichnung, so doch in Berlin noch längere Zeit. Etwas mehr als von den unbedeutenden Angehörigen Splitgerberscher Seitenzweige ist immerhin von den Nachkommen D a u m s zu erwähnen. Dessen einziger Sohn Carl Friedrich erlangte, wie angedeutet, keinen aktiven Anteil an der Firma. Er ließ sich aber durch den König 1 7 5 3 bestimmen, eine Baumwollfabrik in Brandenburg anzulegen, machte dabei völlig Fiasko und verlor sein und seiner beiden Schwestern hineingestecktes Kapital. Splitgerber meldete darüber 23. Februar 1 7 5 6 dem König: „ D a u m hat über 250 000 Rtl. aus meiner Kasse erhoben, wovon nicht die Hälfte sein eigen Vermögen ist, sondern mir und seinen beiden Schwestern, der Koppen und Fredersdorifen, gehört". Die Fabrik ging schon bald in andere Hände, Koppen und Wagner, über. Daum blieb trotz seiner hohen Verluste ein wohlhabender Privatmann und lebte als solcher teils in seinem Berliner Hause, Breite Straße 15, teils auf seinem Gut in Lietzow (Charlottenburg) bis 1787. Er wird sich hauptsäch223
lieh mit seinen Sammlungen beschäftigt haben, die so ziemlich alles umfaßten: Bücher, Karten, Kupferstiche und andere Kunstwerke, Münzen, Naturalien, Gläser und anderes mehr, und deren Wert er 1770 auf 8000 Tl. in Gold bemaß, höher als den des ganzen Hauses (6000 Tl.) 1 . E r ist katholisch geworden, vermutlich als er in Breslau 1 7 5 7 eine zweite Ehe mit einer Maria Luise v. R a w a , verwitweten Möstel, einging, und ließ sich in der Hedwigskirche bestatten. Sein Sohn aus erster Ehe, Friedrich Adolph, war eine Zeitlang Geschäftsmann, anscheinend Bankier, in Danzig, wo er um 1780 als Kommissionär der Firma Splitgerber erscheint; 1788 erhielt er von dieser 1 3 2 000 Rtl. ausgezahlt, vermutlich noch von der Abfindung von 1 7 7 4 herrührend. Er gründete März 1 7 9 2 in Berlin die Neue Assecuranz-Compagnie, die ihren Sitz in seinem Hause hatte, und war ihr erster Leiter. Daum war im Vorstand der Witwen-Verpflegungsanstalt (gegr. 1776), die sich in seinem Hause befand. Noch 1807 wird der Bankier Daum hier genannt. Es sei schließlich noch der Personalverhältnisse bei dem größten Berliner Handelshause gedacht. Die Angestellten bei Splitgerber & Daum waren offenbar verhältnismäßig gut besoldet. Denn während ein Handlungsdiener bei Gotzkowski als jährliches Salair und Kostgeld von 1 7 5 1 bis 1 7 6 3 dauernd 200 Tl. bezog, hatte bei Splitgerber & Daum schon 1 7 3 8 nur der letzte der Angestellten 200, die andern bezogen 250, 400 und 500 T l . ; die zwei Jungen erhielten je 50 Tl. Kostgeld. 1 7 4 5 erhielt der erste der nunmehr 7 Comptoirbedienten schon 1000, alle zusammen 5000 Tl. Der 35jährige Schickler begann 1746 mit 500 Tl., der 19jährige Berendes aber 1748 mit 50 Tl., also als „ J u n g e " ; er kam 1749 auf 100, 1 7 5 6 auf 500 Tl. David Friedrich Splitgerber, der Neffe des Chefs, trat 1762 in die Handlung mit 500 Tl. Gehalt und Anteil am Ertrag; dafür, daß er diesem 1768 entsagte, erhielt er eine A b findung von 20 000 Tl. und eine Steigerung des Gehalts auf 1000 Tl. 1 7 8 1 betrug dieses schon 3000 Tl., da er nun leitender und bevollmächtigter Prokurist war. In der gleichen Stellung bekam Johann Jakob Brüstlein 1786 2000, 1 7 9 5 3500 Tl. Im 1
Test. Berlin 2414.
224
Vgl. Nicolai S. 815,
824,
8sy
ganzen hatte die Handlung 1 7 8 1 etwa 10 Angestellte und zahlte 1 0 5 0 0 , 1 7 8 3 11 725 Tl. an Gehältern 1 . Mit dem anfänglichen Emporstreben des noch jungen, aber wagemutigen Hauses Splitgerber & Daum in engem Zusammenhang steht ein Unternehmen, das als erstes großes Gemeinschaftsgeschäft des Berliner Handels bemerkenswert ist. Wie so oft in Preußen, war es zunächst die staatliche Initiative, die den Anstoß gab. Es gelang nämlich den Bemühungen des Königs und seines Petersburger Gesandten v. Mardefeld in langwierigen, seit 1720 geführten Verhandlungen, die Tuchlieferungen für die russische Armee, die vorher die Engländer gehabt, den preußischen Manufakturen zuzuleiten. Schwierig war die Frage, wie das große Geschäft durchzuführen und wer dazu imstande sei. Grumbckow meinte, es gäbe keinen Entrepreneur, der so große Lieferungen übernehmen könne. Der König verfiel auf Kraut, der damals indessen nur an Einschränkung seiner Geschäfte dachte und auch noch vor Abschluß der Sache starb. So blieb nur übrig, daß ein Konsortium von Kaufleuten das Geschäft übernähme. D a es sich um etwas ganz Neues handelte, war es nicht leicht, dies in Gang zu bringen; es wurde darüber mit den Kaufmannschaften von Stettin, Königsberg, Berlin, auch anderen märkischen Städten verhandelt. Die Berliner, die von vornherein mit frischem Mut und praktischen Vorschlägen herangingen, stachen im September 1724 die Stettiner aus, weil sie keinen Vorschuß verlangten und keine hinderlichen Bedingungen stellten. Der sehr günstige Vertrag mit Rußland wurde Ende 1 7 2 5 geschlossen; erst im September danach trat die R u s s i sche H a n d e l s - C o m p a g n i e 2 formell zusammen. Es waren zunächst 10 Berliner Firmen, die sich vereinigten, an ihrer Spitze Splitgerber & Daum. Daß diese dabei die eigentlich treibende Kraft waren, erscheint unzweifelhaft nach allem, was einerseits von der Persönlichkeit Splitgerbers, andrerseits von der noch engen und ängstlichen, gar nicht international eingestellten Art der damaligen Berliner Kauf1
Lenz-Unholtz,
2
Literatur:
Akzisepolitik
S. 16, 53-55,
Schmoller,
157
Umrisse u. Untersuchungen,
II, 1, S. 36s ff, 646f;
S. 457-514;
ebenda, Wollindustrie,
S.
Acta
Bor.,
214-252
225
mannschaft bekannt ist. Diese Annahme wird durch die nachherige Wirksamkeit der Compagnie durchaus bestätigt. Zur Russischen Compagnie gehörten ferner die ältere, angesehene Firma Viedebant & Gregori 1 , sodann Joh. Christian Buder & Co. 2 , die Cöllner Material-Handlung Adrian Sprögel, Georg Friedrich Günther (Materialwaren und Spedition), Joh. Georg Hainchelin, Ältester der Tuch- und Seidenhandlung, Christian Heydeler, Christian Thielebein, Joh. Christoph Kirsten (Wollwaren), Joh. Sam. Reiche. Als Kapital waren zunächst (1724) 60 000 Tl. in Aussicht genommen; bei der Gründung wurden wohl 100000 Tl. eingeschossen, und zwar übernahm jeder Partner 5 Anteile ä 2000 Tl. 1726 traten noch vier Berliner, Joh. Christoph Schräder, der Bankier Zacharias Negelein, der Materialist und Spediteur Joh. Friedr. Rettcher & Sohn und der schon oben erwähnte Joh. Witte hinzu, ferner vier Frankfurter und ein Landsberger3. Das Kapital stieg damit annähernd auf 200 000 Tl. Die Gesellschaft war nach dem am 21. September 1725 auf 12 Jahre (vom i . M a i 1725 an) verliehenen Privileg eine geschlossene : es sollten ihr keine Personen oder Kapitalien wider Willen aufgedrungen werden, und kein Teilhaber durfte für die Dauer des Privilegs eigenmächtig seinen Anteil herausziehen oder an Fremde zedieren. Sie hafteten solidarisch, wichtigere Geschäfte wurden mit Stimmenmehrheit geschlossen, Bevollmächtigte in jährlichem Wechsel gewählt. Kein Teilhaber durfte private Geschäfte nach Rußland außerhalb der Compagnie machen, dagegen war diese verpflichtet, Kommissionen für andere nach Petersburg gegen übliche Provision zu übernehmen. Denn die Compagnie hatte ein Monopol nur für Montierungstücher nach Rußland und für die Verschiffung inländischer Wollenwaren über Stettin dahin; aller übrige S. oben S. sof S. unten S. 230 f 3 So nach Schmoller. Im gedruckten Privileg vom 21. g. 25 (Rep. 11 175 a 2) sind sie alle schon mit aufgeführt; sie waren also grundsätzlich von vornherein beigetreten, werden aber ihre Einzahlungen erst später geleistet haben. Der zwischen allen diesen geschlossene Sozietätskontrakt ist nicht erhalten und nicht einmal dessen Datum bekannt. Er muß zwischen 15. Febr. und 25. Juni 1724 geschlossen sein. 30. Jan. 1725 wurde in Petersburg von Viedebant und Reiche der erste Auftrag übernommen 1
2
226
Handel mit Rußland blieb frei. Die Compagnie durfte nur i n l ä n d i s c h e Tücher, Boye und andere Wollwaren nach Rußland ausführen. Die Begünstigung, die sie für die Dauer des Privilegs genoß, war völlige Abgabenfreiheit für ihre Ausfuhr an wollenen Waren sowie für die Einfuhr russischer Waren bis auf die Niederlagen zu Stettin und Frankfurt. Seit 1 7 3 1 erhielt sie sogar 4 % Ausfuhrprämie für die Tuche. Nicht zu unterschätzen war auch, daß sie sich bei allen LieferungsVerhandlungen und -Geschäften der kräftigsten Unterstützung durch die staatlichen Organe und Magistrate unentgeltlich erfreute. Ferner wurden die eingeschossenen Kapitalien gegen gerichtliche Inanspruchnahme, Arreste und Exekution ausdrücklich geschützt und wurde Befreiung vom Strandrecht zugesichert. Die Compagnie bezog die Tuche aus einigen kurmärkischen, hauptsächlich aber aus neumärkischen Städten, dagegen nichts aus Berlin. Die Lieferungsverträge schloß sie mit den Tuchmachergewerken, nicht mit den einzelnen Meistern. Färben und appretieren ließ sie in eigenen Anstalten; so legte sie 1 7 2 7 in Drossen und Landsberg eigene Färbereien an. Die Compagnie unterhielt ein eigenes Comptoir in Petersburg, da eine Vertretung durch einen dort ansässigen Kaufmann, wie es ursprünglich beabsichtigt war, wegen der dort herrschenden geschäftlichen Unzuverlässigkeit untunlich war. Zur Leitung waren dort immer ein oder zwei Teilhaber anwesend, so seit Ende September 1 7 2 5 Heydeler und Reiche, zeitweilig wohl auch Viedebant und Daum. Als ständigen Geschäftsführer hatte man einen vorherigen russischen Beamten, Willers, gewonnen, der nun zum preußischen Konsul und Kommerzienrat ernannt wurde; auch mit ihm machte man schlechte Erfahrungen. In Moskau war dagegen ein tüchtiger Agent, Krusemark. Die Compagnie hatte in Stettin eine eigene Niederlage, hielt in Breslau und anderwärts Kommissionäre zum Verkauf russischer Waren, auch reisende Faktoren und Commis, und führte ein eigenes Siegel. In Frankfurt a. O. wurde auf Ansuchen der Compagnie 1 7 2 6 ein Packhaus für den Messehandel mit russischen Retourwaren gebaut, das die Compagnie für 120 Tl. jährlich mietete. Sie hat 1 7 2 5 - 3 3 allein an Tüchern für 1 150 800 Tl. nach Rußland geliefert. Split227
gerber setzte auch Kupfer und Messing nach Rußland ab, zeitweilig bis zu 1 7 5 000 Rubel im Wert. Mindestens ebenso wichtig war der Export russischer Waren, besonders Juchten, Talg, Hanf und Hanföl, die die Compagnie vermöge ihrer günstigen Einkaufsmöglichkeiten, ihrer Abgabenfreiheit und der billigen Rückfracht wohlfeiler als andere liefern konnte, so daß sie den ganzen Juchtenhandel nach Schlesien und Österreich an sich riß und den Breslauern größten Eintrag tat. Sie richtete auch einen bedeutenden Rückhandel aus Schlesien mit Leinwand, Röte, Kupfer und Sensen ein. Dieses vortrefflich organisierte und äußerst gewinnbringende Ineinandergreifen darf man wohl dem geschäftlichen Genie Splitgerbers zumessen. Aber gerade diese geschickte kaufmännische Ausweitung des Geschäfts erregte das Mißfallen des Königs; denn er argwöhnte nicht ohne Grund, daß die Förderung der einheimischen Wollgewerbe, woran ihm ausschließlich lag, dahinter vernachlässigt werde. Es traten aber auch im Betriebe selbst schwere Fehler und Verluste ein; so wurden durch Untreue und Bankrott des Breslauer Faktors Kupfer, dem man übermäßige Warenwerte anvertraut hatte, und durch den dortigen Buchhalter der Compagnie 1 4 3 130 Tl. verloren 1 . Immerhin betrug der Reingewinn des ersten Jahres 22 878 Tl., also schon 2 2 % ; später wurden noch höhere Ergebnisse erzielt. Die ursprünglich beschlossene Gleichheit der Kapitalbeteiligung hat, wenn überhaupt, nur ganz im Anfang bestanden: schon ein J a h r nach der Gründung standen Splitgerber&Daum mit über 5 0 0 0 0 Tl. in Führung, 1 7 3 1 gar mit 8 3 0 0 0 . Sie hatten auch sonst die Leitung und führten schon 1 7 2 6 und 1 7 2 7 die Korrespondenz der Compagnie als Gevollmächtigte. Anscheinend war ihr Comptoir der Geschäftssitz der Compagnie. Infolge der erwähnten und anderer Fehlschläge kam es zu heftigen Streitigkeiten unter den Teilhabern, und es schieden 1 7 3 3 die meisten von diesen „mit ziemlichen Verlust" aus, worauf Splitgerber und Daum nebst Buder die Fortführung des russischen Handels übernahmen. Er wurde von ihnen, nach der Meinung des Generaldirektoriums, „unstreitig weit besser als von den ehemaligen vielen unter sich selbst 1
Rep. 9 T 2
228
105
sehr uneinig gewesenen Köpfen geführt 1 ." Die neue Compagnie zeichnete ( 1 7 3 5 ) auch Splitgerber & Buder oder Buder Krusemark et Comp. - vielleicht war Krusemark nun Leiter des Petersburger Comptoirs. Als stärkste Beteiligte werden damals Splitgerber & Daum mit 72 500 Tl., Schräder mit 30 000 Tl. und Günther mit 25 000 Tl. angeführt 2 . Die russischen Armeelieferungen hörten anscheinend schon 1 7 3 6 auf, doch buchten Splitgerber & Daum für dieses J a h r noch einen Gewinn von fast 11 000 Tl. aus dem russischen Geschäft. Sie und Buder bemühten sich auch danach nicht ohne Aussicht, wieder die Tuchlieferungen nach Rußland zu bekommen, konnten aber nicht erreichen, daß das dafür unentbehrliche Privileg, das am I . M a i 1 7 3 7 ablief, vom König verlängert wurde. Dieser blieb vielmehr trotz der Gegenvorstellungen seiner Minister dabei: die Compagnie habe das ganze Negotium verdorben, nicht gute Waren geliefert, große Profite genommen und die Tuchmacher schlecht bezahlt 3 . Die Compagnie und das Petersburger Comptoir blieben jedoch weiter bestehen. Splitgerber buchte ultimo 1740 als abschließenden Saldo der Neuen Russischen Compagnie 1 1 6 3 7 5 Rtl. 4 Die Firma Splitgerber, Buder & Daum wird 1 7 4 3 als einzige Berliner angeführt, die auch auswärtige Land- und Seehandlungen betrieb. Januar 1 7 4 5 werden noch „ J . Chr. Buder, Splitgerber und übrige Interessenten der Russischen HandlungsCompagnie" erwähnt, April 1746 aber diese als „ehemalige" 8 . Nach Buders Tod 1746 hat wohl Splitgerber allein die Russische Handlung fortgeführt, denn der Leiter des Petersburger Comptoirs war bis 1 7 5 5 ein Splitgerberscher Angestellter, Gust. Wilh. Koppen, der dann die Parchentfabrik des jüngeren Daum in Brandenburg übernahm. Anfang 1766 legte er zusammen mit den - sonst nicht bekannten - Gebrüdern Clemen dem König den Plan zu einer neu zu errichtenden Russischen Handlungs-Compagnie vor, für die 1
Gen.-Dir. 27. Okt. 1737. Ebda. Schmoller, S. 526. Lenz-Unholtz, S. 38f, j1 000, 1736 75 000 Tl. 3 Marginal v. 7. Okt. 1737 4 Lenz-Unholtz S. 74 5 Rep. g T 2. 105 2
vermerkt für
Splitgerber 1734
229
ein ausschließlicher Octroi beantragt wurde. Der Plan kam, obwohl der König günstig zu ihm stand, nicht zur Ausführung, nachdem die anderen Kaufleute ihn als schädlich abgelehnt hatten. Das Petersburger Comptoir gehörte damals dem Berliner Bankhaus Schweigger & Söhne 1 . Der mit Splitgerber in reger Geschäftsverbindung stehende Cöllner Tuch- und Seidenhändler J o h . Christian B u d e r , der, wie wir sahen, neben Splitgerber führend in der Russischen Handels-Compagnie war, konnte 1746 ansehnlichen Grundbesitz im Teltow, nämlich die Rittergüter Lichterfelde, Osdorf und einen Teil von Giesensdorf, kaufen und den ganzen Kaufpreis, 24 000 Tl. in Gold, bei Übergabe zahlen 2 . Obwohl Buder einen gleichnamigen Sohn hatte, wurde Teilhaber und dann Fortsetzer des Geschäfts der Gatte seiner älteren Tochter Maria Lovisa, Sigismund Caesar v o n d e r L a h r . Dieser war der jüngste von vier Brüdern, die einer des Glaubens wegen von Maaseyck in den Niederlanden geflüchteten und in Frankfurt a. Main ansässig gewordenen Kaufmannsfamilie entstammten und in Berlin 1 7 2 4 , 1 7 3 3 , 1 7 3 4 und 1 7 3 8 Bürgerrecht gewannen. Der erste und dritte waren Sattler, die beiden anderen Kaufleute. Der zweite, Johann Daniel, hatte 1 7 4 3 mit einem Nicolaus Beyler eine Handlung in Weinen und auswärtigen Kommissionen in der Breite Straße neben dem Kgl. Stallplatze und war 1 7 5 2 schon nicht mehr am Leben. Das Haus, in dem S. C. von der Lahr 1 7 4 3 Teilhaber war, handelte mit Tüchern, wollenen, seidenen und anderen Waren unter dem Mühlendamm. Es hieß damals Buder sen. & Co., nach dem Tode des alten Buder (28. Dezember 1747) Buder & v. d. Lahr; durch einen Zessionsund Kaufkontrakt vom 1. J a n u a r 1 7 5 9 ging es ganz an den letzteren, der 1760 unter den Ältesten der Kaufmannschaft erscheint, über. J o h . Christian Buder jun. (gestorben November 1766) konnte in seinem 1763 errichteten Testament 3 über folgenden Nachlaß zugunsten seiner Frau und einzigen Tochter verfügen: die Güter Lichterfelde und Anteil von 1 2 3
Acta Bor., Akzisepolitik III, 2 S. 551 Rep. 78 II B 200. Vgl. oben S. 180 Rep. 78 II B 200
230
Giesensdorf (Osdorf war noch 1748, jetzt nicht mehr angeführt) mit Mobilien und Inventar, sonstigen Nachlaß an Barschaften, Gold, Silber, Juwelen, Hausgerät, Pferde und Wagen, ferner ein in der Lahrschen Handlung noch stehendes zinsbares Kapital von annähernd 10 000 Rtl., das der Tochter nach erlangter Majorität ausgezahlt werden sollte. Wir sehen da einen recht gediegenen Wohlstand aus Handelsgewinn, der ganz oder größtenteils von dem alten Buder erworben war. Die beiden von der Lahrschen Handlungen bestanden noch lange in gutem Ansehen, doch ohne daß sie es zu solchem Wohlstand bringen konnten. Nicolai 1 führt 1786 an: Sigismund und Christian von der Lahr, Breite Straße 27, und Phil. Jakob von der Lahr, im Fürstenhause in der Kurstraße, beide in Wechsel- und Großhandel, Spedition und K o m missionen, der letzte noch besonders für Getreide- und Teehandel sowie als Bevollmächtigter der FeuerversicherungsCompagnie genannt. Alle drei werden auch schon 1764 unter den Gläubigern des Bankiers Eimbke erwähnt. Für Ph. J . von der Lahr (gestorben 15. November 1786) zeichnet 1788 seine Witwe, geb. Damm. Es gab ferner einen Bankier Peter Sigismund von der L a h r ; er hatte 1796 Wechselstreitigkeiten mit Hamburger Häusern wegen 20 700 Mk. banco und wird im Juli desselben Jahres als falliert angegeben 2 . Inhaber der Handlung Breite Str. 27 und Eigentümer des Hauses war längere Zeit der Bankier Carl Heinrich von der Lahr, der dort im Oktober 1806 im Alter von 67 Jahren starb. Der älteste Sohn des obengenannten J o h . Daniel von der Lahr, Heinrich (geboren 1 7 3 4 in Berlin), brachte es als Ingenieuroffizier bis zum Generalleutnant (1799) und starb 1 8 1 6 in Neiße. Geschäftlich haben die von der Lahr in der napoleonischen Zeit jede Bedeutung verloren und sind anscheinend verarmt. Mehrere Mitglieder der Familie wurden von ihrer entfernten Verwandten, der noch zu erwähnenden reichen Demoiselle Ficker, unterstützt, die u. a. 1 8 3 4 dem ehemaligen Kaufmann Louis von der Lahr und seinem einzigen Sohne eine Jahresrente von 125 Tl. auf beider Lebenszeit aussetzte. Als dauerhafter erwies sich ein anderes Haus, das auch 1 2
S. 466, 47s, 47g, 484 Rep. 9 C 6 b 1; Rep. 50. aS n. 4
231
seine Grundlage in dem vom alten Buder ererbten Wohlstand hatte. Dessen zweite 1 7 2 1 geborene Tochter, Anna Eleonore, heiratete den aus Sachsen stammenden Kaufmann Abraham Gottlieb F i c k e r (geboren 1720) und führte nach dessen Tode (vor 1784) das in Cölln am Wasser, zwischen Gertraudtenund Jungfernbrücke, später Friedrichsgracht 58, gegründete Geschäft unter der Firma „ A . G. Fickers Witwe & C o . " erfolgreich fort. Das sehr angesehene, solide Haus führte einen großen Handel mit in- und ausländischen rohen Produkten 1 ; die damit ohnehin verbundenen Geldgeschäfte scheinen mit der Zeit stärker hervorgetreten zu sein, so daß die späteren Inhaber als Bankiers bezeichnet werden. Der Fickerschen Ehe war nur eine Tochter, Johanna Eleonore, entsprossen; die Handlung wurde von einem Verwandten, Gottlieb Heinrich Ficker, in Sozietät mit Ludwig Wilhelm R e i n h a r d (so 1 7 9 1 , 1807) fortgeführt, nach Fickers Tode von Reinhard (gestorben 17. J a n u a r 1 8 1 5 ) und Johann Carl Gottlieb G o 1 1 z e , unter der Firma „Reinhard & Goltze" (so 1 8 1 2 ) . Diese Handlung hatte das eigentümliche Mißgeschick, daß die männlichen Inhaber alle ohne geschäftsfähige Nachfolger starben - die beiden letzten Inhaber waren Junggesellen. Nach Goltzes Tode, 5. März 1822, führten es sein junger Neffe Carl Heinrich Ferdinand Rudolph mit dem bisherigen Buchhalter Heinrich Wilhelm Jensen fort, anscheinend unter der alten Firma. Das Haus hat auch die schlimmen napoleonischen Zeiten recht gut überstanden; beide Inhaber waren wohlhabende Leute. Reinhard konnte über annähernd 50 000 Tl. Privatbesitz zugunsten zahlreicher Verwandten und für wohltätige Zwecke verfügen 2 ; Goltze hinterließ ein schuldenfreies Haus an der Friedrichsgracht 8 und legierte 40 000 Tl. Kapital und 1000 Tl. Jahresrenten, ohne das, was der Universalerbe Rudolph erhielt 3 . Recht reich, nach dem Maßstabe der Zeit, aber war die einzige Erbin des Gründers des Hauses, die unverehelicht, als „Demoiselle Ficker" im Alter von 80 Jahren und nahezu erblindet, 14. November 1 8 3 4 starb. Der bare Betrag, über 1
Nicolai,
2
Test. Cölln
3
Test. Berl.
232
S. 47g 3442 Stadtgericht
s6sy
den sie testamentarisch verfügte, war etwa 140 000 Tl., ohne die beiden Häuser, die sie besaß1. Das alte Wohn- und Geschäftshaus an der Friedrichsgracht im Werte von 12 000 Tl. hatte sie schon 1 8 1 1 dem Schindlerschen Waisenhause geschenkt, wobei sie sich aber 700 Tl. Nutzung lebenslänglich vorbehielt; das Geschäft befand sich auch weiterhin dort. Das alte Fräulein wohnte seitdem auf ihrem großen Grundstück vor dem Spandauer Tor, Kirchhofstr. 13, der späteren J o hannisstraße. Dieses vermachte sie mit allem Zubehör und Mobilien sowie ihrem persönlichen Eigentum an Schmuck, Putz, Kleidern usw. ihrem langjährigen Freunde, dem Bankier Heinrich Wilhelm Wagener und dessen Kindern, der Gattin des Kaufmanns Haddenbrock und dem Kaufmann Wilhelm Wagener und Frau, denen schon vorher 8000 Tl. vermacht waren; dazu ein Kapital von 10 000 Tl. zum Unterhalt, da das Grundstück in 20 Jahren nach ihrem Tode nicht vermietet oder verkauft werden sollte. Im übrigen wurden dem Großen Waisenhause oder Friedrichshospital in der Stralauer Straße als Universalerben etwa 30 000 Tl., dem Schindlerschen Waisenhause noch 9200 Tl., der Schindlerschen Legatenkasse 16 000 Tl., dem Armen-Direktorium 1 5 0 0 0 Tl. vermacht, abgesehen von einer Menge anderer Vermächtnisse an Anstalten und Personen. Möglicherweise war die Verlassenschaft nicht ganz so groß, wie angenommen, da die von Lisco angegebenen Beträge, namentlich für die Armen, niedriger sind; der Fall, daß und wo Kürzungen eintreten könnten, war im Testament schon berücksichtigt. Neben Splitgerber & Daum gab es 1740 hier nur zwei als Bankiers bezeichnete Kaufleute: Negelein und Schweigger, nachdem es mit den Refugiés-Bankiers durchweg ein schlechtes Ende genommen hatte. Zacharias N e g e l e i n , vielleicht ein Sohn des Königsberger Kommerzienrats Christoph Aegidius Negelein, wird 1 7 2 5 als Teilhaber der Russischen Compagnie, 1726 und 1 7 3 5 als Gutachter in Münzangelegenheiten genannt. Er ist 1741 anscheinend ohne Nachkommen, aber in guten Umständen gestorben, denn er vermachte damals der Charité 1
Test. Berl.
Stadtgericht
15 Großkaufleute 2
461
233
12 ooo Tl. und zwei Häuser in Charlottenburg 1 . Sein Geschäft war in der Poststraße, „ i m goldenen Schiff". Ebenda wohnte 1 7 4 3 (Joachim) Friedrich Seegebarth, den man damit wohl als Negeleins Geschäftsnachfolger ansprechen kann; er ist 1741 Berliner Bürger geworden. E r führte „die Wechselhandlung, bediente daneben auch andere Commissiones und Speditiones". Das Geschäft muß gut gegangen sein, es war schon bald im eigenen Hause, in der Spandauer Str.53, und Seegebafth konnte 1746 von dem Schindlerschen Nachlaß das Gut Schöneiche kaufen. Er schloß 1 7 5 1 mit Carl Friedrich W e r s t l e r (geb. 1722), offenbar seinem Prokuristen, einen Sozietätsvertrag auf 6 Jahre, ist aber schon am 25. Oktober 1 7 5 2 gestorben2. Die Handlung wurde unter der Firma „Seegebarths Witwe & Werstler" weitergeführt. Die beiden Teilhaber knüpften damals durch eheliche Verbindung das Band noch enger. Werstler war offenbar bestrebt, die Handlung in großem Stil zu betreiben; er wird 1 7 5 3 und 1754, wie vordem auch Seegebarth, als bedeutender und von Graumann bevorzugter Lieferant für die Münze genannt und hat namentlich „das auswärtige Wechsel-Negotium" gepflegt. Nach A b lauf des Sozietätskontrakts 1 7 5 7 machte Werstler eine eigene Handlung auf, führte daneben aber die Administration der alten Firma „ F . Seegebarth & Werstler" weiter. Während diese auch Warenhandel trieb, war das neue Haus ,,C. F. Werstler" reines Bankiergeschäft. Werstler muß damals zu den führenden Kaufleuten Berlins gerechnet worden sein, denn zusammen mit F. W. Schütze und Wegely sollte er 1760 beim Abzug der Russen aus Berlin als Geisel mitgenommen werden 3 . Im gleichen Jahre kaufte er das Vernezobresche Palais in der Wilhelmstraße, das derzeit prächtigste Privathaus der Stadt, für 16 000 Tl., richtete es luxuriös ein, hielt sich zwei Equipagen, zahlreiches Personal und lebte auch sonst auf großem Fuße, bis August 1767 der Zusammenbruch er1
Nicolai, S. 63s, 644 Ein Bruder des Bankiers war vielleicht der Kaufmann Gottlieb Friedr. Seegebarth aus Bernau, der 1747 Berliner Bärger wurde und 1774 im Landwehrkanal ertrunken ist. Es gab später (1796) eine Tuchhandlung und -fabrik von Wilh. Seegebarth & Co. in Landsberg a. W., die einen ausgebreiteten Handel in das Reich trieb. Rep. 50. 18 d
2
3
(Gotzkowski) Patriotischer Kaufmann, S. 4g j
234
folgte. Über diesen liegen Nachrichten in den Untersuchungsakten vor 1 . Carl Friedrich Werstler erklärte 24. August 1767 in einem Immediatgesuch, daß er die Handlung nicht fortsetzen könne, und bat um kommissarische Untersuchung und Schutz gegen gerichtliche Verfolgung auf zwei Monate. Das wurde zunächst gewährt, aber schon Anfang September Hausarrest gegen Werstler, j a 21. September seine Überführung nach dem Kalandshofe verfügt, da die Insolvenz sich über Erwarten groß herausstellte und auch königliche Kassen betroffen waren. Zudem war er schon spätestens Ende 1764 insolvent gewesen und hätte nach der Konkursordnung zwei Monate nach gezogener Bilanz die Insolvenz den Gerichten anzeigen müssen. Den Niedergang seiner beiden Handlungen zeigt folgende Aufstellung.
Saldo ultimo 1759 Agioverluste bis ultimo 1763 Saldo ultimo 1764
Seegebarth & Werstler Tl. -f 88 656 — 7 9 6o51/2 —2869673
_ „ C" F " W e r s t l e r
Tl. + 48 495
Zusammen Tl. + 137 131
— 3 4 351V2 — 37 387V3
— " 3 957 — 66 2847,,
Dazu waren auch die Kapitalien der Seegebarthschen Kinder mit 70 119 Tl. verloren. Die Verluste waren vornehmlich dadurch verursacht, daß die Forderungen beider Handlungen größtenteils in nicht reduziertem Geld zahlbar waren, während sie ihre Verpflichtungen nach der Reduktionsvorschrift erfüllen, d. h. für 100 Graumannsche Taler 1763 141 Tl. und 1764 I662/3 T l . zahlen mußten; die preußischen Drittelstücke, in welchen Münzsorten die Bücher geführt wurden, waren ediktmäßig auf 2 5 % % herabgesetzt worden. Über die Verluste gibt Werstler 7. September 1767 an: Die Handlung hatte 1756 an sog. Depositengeldern 120000 Rtl. in alten Münzsorten. Diese mußten 1759 in damaligen Courant und 1764 wieder in gutes Geld (Courant ä 165, Gold ä 1 7 5 % ) verwechselt werden, wobei durchschnittlich 50 % = 60 000 Rtl. verloren gingen. 1762/63 erhielt die Handlung an 150 000 Rtl. Depositen in reduzierten Dritteltalern; durch Um1
R'P 9 33 13 15»
235
wechslung in gutes Geld wurden 1764 2 5 % = 37 500 Rtl. verloren. Außerdem wurden 1 7 5 8 1 4 6 0 0 Rtl. durch feindliche Truppen weggenommen; 1763 gingen durch die vielen Fallissements und Kursverluste 20 000 Rtl. verloren, da für 80 000 Rtl. umlaufende Hamburger und Amsterdamer Bancowechsel um 2 5 % höher eingelöst werden mußten. Durch Fortsetzung der Handlungen nach 1764 wurde der Ausfall um 69 574 Tl. vergrößert; im ganzen stellte er sich auf 241 5562/3 Tl. Werstler verschleierte seinen Zustand in schuldhafter Weise: E r legte dem Consulenten der Seegebarthschen minorennen Kinder unrichtige Balancen vor; setzte, als schlimme Gerüchte über ihn aufkamen, auf die Entdeckung von deren Urhebern öffentlich eine Prämie von 100 Louisdor und nahm noch wenige Tage vor Ausbruch seines Fallissements beträchtliche Kapitalien auf. Dabei hatte sein Kredit schon seit geraumer Zeit nicht gut gestanden und war in Holland bereits verloren, wie Jariges 25. November mitteilte. Das Erkenntnis des Kriminalsenats vom 28. November 1767 ging dahin, daß vorsätzlicher Bankerott zwar nicht vorliege; da aber durch Werstlers große Schuld beträchtlicher Schaden entstanden sei, wurde auf die harte Strafe von zehnjährigem Festungsarrest „salva f a m a " erkannt und dies alsbald bestätigt und vollstreckt. Der Vorwurf übermäßigen Aufwands hat sich nicht ganz aufrechterhalten lassen; jedenfalls hatte der früher fallierte Eimbke viel mehr verbraucht, nämlich 1760 und 1 7 6 1 : 14 861 und 25 106 Tl., Werstler in denselben Jahren über 1 0 0 0 0 und 1 2 0 0 0 Tl. in schlechtem Geld, 1 7 6 5 - 6 7 8767, 7620 und 6190 Tl. in gutem. Das Palais in der Wilhelmstraße hat Werstler doch wohl nur wenige Jahre bewohnt; er suchte es 1 7 6 3 zu verkaufen und vermietete es, nachdem es eine Zeitlang den türkischen Gesandten beherbergt, anscheinend an den Bankier Schweigger. Die wichtigsten Forderungen hatten holländische und andere ausländische Kaufleute. Schwer geschädigt war auch das Hamburger Haus Garstens & Martinius, das nach seiner Angabe preußischen Untertanen seit vielen Jahren stark kreditiert und seit 1763 viele 100000 Tl. verloren hatte, so allein 106 000 Tl. bei Martin Schultze, und jetzt bei Werstler 40 000 Tl. Noch zuletzt hatten sie an diesen 4 5 5 0 Pfund banco
236
brieflich zum Verkauf geschickt, die nach dessen Insolvenzerklärung die General-Domänenkasse an sich genommen hatte und zur Masse ziehen wollte. Sie supplizierten deshalb 5. Dezember 1 7 6 7 beim König. Der Fiskus aber machte entschieden sein Vorzugsrecht geltend, und zwar wegen 25 000 Tl. ostpreußischer Domänengefälle, die von Königsberg an Seegebarth & Werstler in holländischen Wechseln assigniert und von denen noch 10 500 Tl. rückständig waren; ferner wegen 20 000 Tl. Postgeldern, die der russische Postmeister in Riga an Werstler zur Bezahlung an die Memeler Postkasse assigniert hatte. Obwohl es sich, sogar nach dem Gutachten des Großkanzlers von Jariges, beim letzten Posten streng genommen nicht einmal um königliche Kassengelder handelte, griff man zu recht drastischen Maßnahmen, um den Fiskus sicherzustellen. So mußten auf Anordnung des Generaldirektoriums von 3 1 . August bis 9. September alle an Werstler einlaufenden Briefe auf der Post geöffnet werden, um etwa darin befindliche Wechsel oder Assignationen herauszunehmen und zur Tilgung jener Forderung zu verwenden. Und auf Drängen des Königs selbst mußten aus der Konkursmasse über 30 000 Tl. zur Befriedigung der fiskalischen Forderungen vorweggenommen werden, nachdem der König eigenhändig dekretiert hatte, er wolle nichts verlieren „avec ces coquins de Marchans qui meriteroient la plus part d'etre pendus". Auf die übrigen Kreditoren konnte daher nur der Rest verteilt werden, und selbst die minorennen Seegebarthschen Kinder, die als alte Hypothekengläubiger mit 58 980 Tl. ohne die Zinsen angesetzt waren, erlitten einen Ausfall von über 50 000 Tl. Sie baten den König 23. April 1768, das Palais in der Wilhelmstraße, das auf 74 000 Tl. taxiert war, und dessen Unterhalt sie noch Zuschüsse kosten würde, zu übernehmen, doch schlug es der König ab, da er keine Verwendung dafür wisse. Es wurde daher nebst dem anderen Hause zur Versteigerung im April 1769 angesetzt und gelangte für nur 12 600 Tl. an den Minister v. Hagen, 1 7 7 2 für 21 500 Tl. an die Prinzessin Amalie 1 . Möglicherweise war das Unrecht, das den Seegebarthschen Kindern durch die Postkasse zugefügt wurde - sie baten 1
Vgl. Nicolai, S. igi
und 925
237
noch im Januar 1791 den König um teilweise Vergütung des Verlustes der Anlaß, daß man einem Sohn von Seegebarth eine Stelle bei der Post verschaffte. Dieser ist nachmals zum Generalpostmeister aufgestiegen 1 . Georg Wilhelm S c h w e i g g e r aus Ulm ist 1 7 3 8 hier Bürger geworden und hat damals wohl klein angefangen, denn 1 7 4 3 wird er noch nicht unter den bedeutenden Kaufleuten genannt. 1747 wurden die Gelder zum Bau der Hedwigskirche bei ihm verwahrt. Schweiger erwarb 1750 das Haus der Blumeschen Erben, Königstr. 6 1 , „sub hasta" für 1 0 0 0 0 T l . ; ferner um dieselbe Zeit den großen, früher Rauleschen Garten mit Haus in der Stralauer Vorstadt (Holzmarktstraße) , welchen Besitz er danach bedeutend verschönerte. 1760 heißt die Firma „Schweigger & Sohn", später „ & Söhne". Schweigger trieb große und gewagte Münzgeschäfte, Wechselei und angeblich auch Kipperei; er pachtete nach dem Siebenjährigen Kriege die Magdeburger und die Warschauer Münze; bei dieser soll er 40 000 Tl. profitiert haben. E r unterhielt auch gute Beziehungen zu Rußland, hatte 1764 ein Handelscomptoir in Petersburg, vermutlich das der ehemaligen Russischen Handels-Compagnie, und wußte sich April 1766 durch den berüchtigten „Schweiggerschen Impost" die Kommissionen in russischen Waren großenteils in die Hände zu spielen2. Auf sein Angebot, jährlich für 15 000 Rtl. königliches Porzellan nach Rußland zu debitieren, ordnete der König nämlich an, daß alle preußischen Untertanen ihre Kommissionen in Rußland durch Schweigger besorgen lassen oder 2 % an ihn zahlen sollten, was natürlich heftigen Widerspruch der übrigen Kaufleute hervorrief. Für seine auswärtigen Geschäfte ließ Schweigger 1766 in Magdeburg Albertustaler und Rubel münzen, doch wurden letztere sogleich als unechte im Auslande erkannt und nicht angenommen 3 . Das Haus fallierte 1767. Das Petersburger Comptoir ging an Clement, der Schweigger mit königlichen 1
Joh. Friedr. von Seegebarth, geboren 1747 gestorben J5. Dezember 1833 2 Acta Bor., Akzisepolitik III a, S. 5 5 / ff 3 Acta Bor., Münzwesen IV, S. 18
238
im Hause Spandauer Str. 55,
Geldern über.
beigesprungen
war,
dann
an
die
Kgl.
Bank
Solide und angesehene Handlungen von begrenztem U m fang waren die von Scheel und von Merck. Johann Georg Merck, der bei Schweigger in Stellung gewesen war, machte sich als 26 jähriger 1 7 4 8 selbständig; das Geschäft war 1 7 8 5 im Thomasschen Hause auf der Schloßfreiheit; der Handel ging, nach einem Vermerk von 1786, größtenteils nach auswärts. Merck, der mit einer Tochter des älteren Gotzkowski, Christian Ludwig, verheiratet war, besaß seit 1761 das schöne, vorher v. Kamekesche Haus in der Dorotheenstraße, ließ sich aber 1770 von J . Bouman ein neues Haus in der Breite Str. 5 bauen. Nachdem er seinen Schwiegersohn Neubronner als Mitinhaber aufgenommen, wurde die Firma „Merck & Neubronner" anfangs gemeinsam und nach dem Tode Mercks von Neubronner allein geführt. Dieser wird 1800 auch als Direktor des Assekuranz-Gomptoirs, im Hause Königstr. 48, angeben. Die Handlung wurde nach seinem Tode, Ende 1 8 1 2 , aufgelöst. Etwas älter war die Handlung von Christian Heinrich S c h e e l , denn dieser, der 20. Dezember 1709 zu Kolberg geboren war und sich in Berlin als Spediteur niederließ, hat schon 1 7 3 5 seine erste Bilanz gemacht und 1740 Bürgerrecht erworben. Seit Anfang 1742 führte er mit seinem späteren Schwiegervater Georg Conrad Fronmüller (gestorben 1 7 8 1 ) gemeinsam die Wechselhandlung Scheel & Fronmüller in der Brüderstraße, die 1 7 5 2 mit Silberlieferungen für die Münze genannt wird. Scheel, der als verständiger und solider Bankier geachtet war und öfter als Sachverständiger in Anspruch genommen wurde, führte nach dem Ausscheiden seines Schwiegervaters, 1 7 7 4 , die Handlung mit seinen beiden Söhnen, Christian Wilhelm und J o h . Heinrich, gemeinsam unter der Firma Chr. Heinr. Scheel & Söhne. Er starb 10. J u n i 1778, und seine Söhne folgten ihm, der ältere, unvermählt, 1 1 . April 1779, der jüngere, kinderlos, 19. Dezember 1 7 8 1 , im Tode. Die Mutter erbte 80 000 T l . ; ein Kapital von 4500 Rtl. in Gold wurde der Kaufmannschaft von der Tuchgilde vermacht, um aus den Zinsen verarmte Kaufleute zu unter239
stützen. Das Legat bestand bis in die neueste Zeit bei der Korporation der Kaufmannschaft. Außerdem hatte Christian Wilhelm Scheel iooo Rtl. für die Armenschule gestiftet. Die Wechselhandlung kam an einen Mitarbeiter und Freund des letzten Scheel, Christian Christoph E n g e l , und wurde unter dessen Namen bis zu seinem Tode, 7. J u n i 1 7 9 1 , in der Poststraße geführt. Die Witwe überließ sie dann dem Schwager des Verstorbenen, Heinr. Friedr. F e t s c h o w , und Carl Wilh. J u r y , der mehrere J a h r e in der Handlung gearbeitet hatte 1 . Die Fetschows spielten im 18. Jahrhundert hier im Posamentiergewerbe eine namhafte Rolle; und seit 1782 gab es eine große Seidenmanufactur von Ehrhard, Fetschow & Co., die indessen nicht lange bestand. Der hier in Betracht kommende Fetschow war als Sohn eines Predigers in Dalldorf 1 1 . September 1 7 5 5 geboren; er hatte sich, nachdem er 1 7 7 1 - 7 9 bei der Materialwaren- und Speditionshandlung von J o h . Siegmund Krämer, Breite Straße, gelernt und dann noch bei anderen ansehnlichen Häusern Berlins gearbeitet hatte, Anfang 1 7 8 5 selbständig gemacht und eine eigene Speditions-, Kommissions- und Wechselhandlung begründet. 12. J u n i 1787 kaufte er das Haus Klosterstraße 87, das 1 7 9 1 bei der Feuer-Sozietät mit 23 700 Tl. Wert angegeben wird, und in dem die Firma sich noch heute befindet. Fetschow war ein angesehener und auch, im Unterschied zu den meisten seiner Standesgenossen, gebildeter Kaufmann, so daß er 1791 Kurator der neugegründteen Handelsschule wurde. Die beiden nunmehr im Hause Fetschows vereinigten Handlungen gingen in seinen alleinigen Besitz über, als J u r y Ende 1799 ausschied. Die Firma, seit 1800 wieder H. F. Fetschow, führt seit i . A u g u s t 1805 die noch bestehende Bezeichnung H. F. Fetschow & Sohn, da Fetschow, der nur drei Töchter besaß, seinen Schwiegersohn Christian Wilh. Brose (geboren 4. Juli 1 7 8 1 ) zum Mitinhaber nahm. Fetschow selbst starb 18. Dezember 1 8 1 2 . E r soll außer dem Wohn- und Geschäftshause ein Vermögen von 150 000 T l . hinterlassen haben; es war namentlich in der Franzosenzeit gut verdient worden. Die 1
H. F. Fetschow
(Berlin
240
1935,
4")
& Sohn, Bank, gegründet anno 1765,
Festschrift
0. 0. u. J .
Witwe Henriette Sophie, eine Tochter des Schicklerschen Zuckersiederei-Direktors Martin Friedr. Maue, war nun Mitinhaberin, bis sie 20. Dezember 1850, 38 Jahre nach ihrem Manne, im Alter von 89 Jahren starb. Sie hat, wie ihr Testament von 1824 bekundet, auf ihrer Besitzung in Niederschönhausen auf vornehmem Fuße gelebt. Der Leiter der Firma, Bankier Brose, besaß ein Landhaus in Lichtenberg und hat in den Anfängen des Berliner Pferderennsports eine Rolle gespielt. Er war ein tätiger und angesehener Mann, der gleichfalls ein Alter von fast 89 Jahren erreichte (gestorben 3 1 . J a nuar 1870). Sein Sohn Heinr. Friedrich Wilhelm, der seit Anfang 1846 Mitinhaber war, starb schon einige Monate vor dem Vater; schließlich hat noch der Enkel bis zu seinem frühen Tode, 1. August 1 8 7 7 , der Handlung vorgestanden. Die Nachfolge erhielt 1886 Ad. Friedr. Wilh. Preuß, der seit 1857 dem Geschäft angehörte und dessen Söhne es noch heute leiten. Das Haus, das vor dem Kriege hauptsächlich in Weinkommissionsgeschäften tätig war, gehörte, wenn auch nicht zu den größten, so doch zu den angesehensten Bankhäusern der Stadt und zeichnet sich noch heute dadurch aus, daß es einen Schatz alter Erinnerungen treulich bewahrt. Aus diesen und den sachkundigen Mitteilungen des Herrn Eugen Preuß konnte auch ein großer Teil der vorstehenden Angaben geschöpft werden. Der bedeutendste unter den Berliner Bankiers der friderizianischen Zeit neben Splitgerber war Friedr. Wilh. S c h ü t z e , der seit etwa 1750 öfter mit jenem zusammengehend erwähnt wird. E r ist zugleich der erste Kaufmann größeren Formats, der nicht Zugewanderter, sondern gebürtiger Berliner war. E r wurde 1 7 1 7 geboren als dritter Sohn des Materialwarenund Weinhändlers Siegmund Schütze, der 1 7 3 8 unter den Ältesten der Gilde von der Materialhandlung angeführt wird und in seinem 1748 errichteten Testament 8 Kinder von seiner Frau Anna, geborenen J u r y , aufzählt. Friedrich Wilhelms älterer Bruder Heinrich Ehrenfried wird 1 7 4 3 unter den namhafteren, in Galanterie-, seidenen und gestickten Waren handelnden Kaufleuten genannt. In dem gleichen Hause wie dieser, in der Spandauer Straße neben dem Rathause, 241
hatte auch Friedrich Wilhelm sein erstes Geschäft, ebenfalls in Textilwaren; er erhielt, nachdem er geheiratet hatte, 22. Mai 1744 das Bürgerrecht. Er hat sich dann früh, offenbar nach Splitgerbers Vorbild, dem Übersee- und Geldhandel zugewendet. Beide waren seit 1751 Aktionäre und bald Direktoren bei der Asiatischen Handlungs-Compagnie und erhielten 1762 aus deren Liquidationsmasse zusammen 349361 Rtl. 1 Schütze besaß 1751 51, 1752 aber 260 Aktien. Er hat, ebenso wie Splitgerber, auch auf eigene Faust Überseehandel betrieben, und zwar nach den Mittelmeerländern. Er ließ 1752 eine Schiffsladung über Malaga nach Stettin kommen und hat auch in den folgenden Jahren Weine, Südfrüchte, Baumöl und anderes von Spanien und Neapel bezogen. 1768 heißt es, er habe die Handlung nach Spanien, Portugal und Italien schon länger als 20 Jahre betrieben. Mit Splitgerber & Daum machte Schütze Geschäfte in Gold und Silber ä conto meta. Splitgcber hatte schon 1753 600 000 Rtl. Friedrichsdor gegen Silber in 4- und 2-Groschenstücken geliefert, zu Anfang 1754 wieder 100 000 Rtl.; an Agio erhielt er i7a%> 1250 Rtl. Er begann zu Anfang Oktober wieder mit einer auf 500 000 Rtl. bemessenen Goldlieferung für die Münze, doch waren nun die Goldpreise so hoch, daß sich auf die bis 1. Dezember beschafften nicht ganz 50 000 Rtl. beim Ausmünzen in Dukaten ein Verlust von 537 Tl. ergab und der König das Geschäft einzustellen befahl. Die Münze hatte auch versucht, durch Juden das Gold zu beschaffen, doch gelang das anscheinend gleichfalls nicht2. Im Januar 1755 ließ der König die beiden Bankiers auffordern, ihre Offerten zur Anschaffung von je 500 000 Rtl. in Gold zu machen. Beide rieten wegen der hochgestiegenen Preise dringend, damit eine bessere Konjunktur abzuwarten. Schütze erbot sich aber, 500 000 Rtl. Friedrichsdor gegen Silber zu beschaffen, wenn der König ihm 100 000 Rtl. auf ein Jahr ohne Interesse vorschieße; er wollte weiter keinen Nutzen davon haben, nur 1 % Agio und Portofreiheit, da er das meiste wohl außerhalb werde suchen müssen. Splitgerber hatte schon einen solchen Vorschuß im vorhergehenden Herbst erhalten und erbot 1 2
Leni-Unholtz, S. 75 Rep. 163 I 5g und 73, VI 8s
242
sich, wenn er die iooooo Rtl. zwei Jahre behalten dürfe» 500 000 Rtl. Friedrichsdor noch im laufenden J a h r ohne Agio zu liefern. Er bat aber, da die Mark Gold jetzt mit 200 Rtl. 17 gr. bezahlt werden müsse, so möge die Münze 197 statt der bisherigen 192 Rtl. zahlen, dann habe er immer noch Verlust, wolle aber dafür „die Interesse" von dem ihm gegebenen Vorschuß rechnen. Während Splitgerber auf das Agio verzichtete, stellte Schütze vor, es betrage zurzeit i 2 / a % und werde sicher auf 2 % und mehr gehen, so daß er dem König bei 1 % Agio 5000 Rtl. erspare, die er selbst zahlen müsse, wenn er nicht „durch Wechselumschläge es auszuführen hoffte". Es wurden ihm dann auch der Vorschuß von 100 000 Rtl. auf ein J a h r und 5000 Rtl. Agio, aber nicht die Portofreiheit bewilligt 1 . Schütze begann 13. März mit der Lieferung, meldete aber gleich, es gehe ziemlich schwer damit, und man wolle ihn gern zu einem hohen Agio forcieren. Es gelang auch erst 23. J a n u a r 1756, die Lieferung abzuschließen, die in 53 Raten erfolgt war 2 . Schütze erklärte sich 23. April 1756, nachdem der Krieg zwischen Frankreich und England ausgebrochen war, und der König die Erlaubnis zum Handel mit den französischen Kolonien in Westindien erwirkt hatte, bereit, ein Schiff dahin auszurüsten und es bei der Retour auf Stettin gehen zu lassen, sofern man von England Sicherheit erlangen könne3. Schütze hatte sich durch Gotzkowski - wohl auch durch den König - bewegen lassen, auf seine frühere Branche zurückzugreifen und 1 7 5 2 eine stattliche Seidenfabrik von 88 Stühlen anzulegen, allerdings unter günstigen Bedingungen, da der König ihm ein eigens dafür gebautes Fabrikhaus schenkte. Dennoch muß er erkannt haben, daß dabei nicht genügend Rechnung zu finden war, denn er verkaufte schon 1 7 5 6 die Fabrik an seinen Schwager Treitschke aus Leipzig, und dieser machte zehn J a h r e später damit Bankerott. Im Kriege war Schütze mit Splitgerber seit 1 7 5 8 bei der Einziehung der englischen Subsidiengelder, der Beschaffung großer Mengen von Pulver und 1760 bei der russischen Kontribution be1 2 11
Rep. 96. 43s F 4. Vgl. Lenz-Unholtz, Rep. 163 / 66 Rep. 96. 432 F 4
S. 58
243
teiligt 1 ; später bei der Tabakspacht, jeder mit 25 Aktien. Bald nach dem Kriege (1764) dehnte er die überseeischen Beziehungen noch weiter aus, nahm direkten Handel nach der Levante über Stettin, zunächst zur Probe, auf und bezog von da namentlich Baumwolle und Kamelhaar. Doch hielt er sich bei der danach gegründeten Levantinischen Kompagnie Clements vorsichtig zurück und hat sich wohl nur dem König zuliebe in geringem Maße dabei beteiligt. Stärker war er bei der 1768 in Cadiz, besonders für den schlesischen Leinenhandel, errichteten Niederlage interessiert. 1 7 6 1 hat Schütze von den Seegebarthschen Erben das früher Schindlersche Gut Schöneiche gekauft, später noch den großen Garten in der Stralauer Vorstadt, den Raule angelegt und zuletzt der Bankier Schweigger besessen hatte. In Schöneiche legte Schütze 1768 eine Wachsbleiche an 2 , wofür er einen Bleicher aus Bremen hatte kommen lassen, da er das Wachs für seinen Handel mit Südeuropa stark gebrauchte und vorher hauptsächlich in Hamburg hatte bleichen lassen müssen. Doch arbeitete er auch für den inländischen Absatz, und seine Wachsfabrik wird vom König selbst als die einzige gerühmt, die gute Lichter lieferte. Noch 1820 wird sie lobend erwähnt 3 . Schütze stand in gutem Ansehen bei Friedrich II. und wurde von ihm nach dem Tode des alten Splitgerber als erfahrener Ratgeber in Handelssachen herangezogen. Als er sich den Intentionen des Königs gemäß angelegen sein ließ, den Export an einheimischen Tuchen und Wollwaren nach Friesland wie auch nach Podolien und nach Westindien zu fördern, hat ihm der König 1 1 . August 1 7 8 1 durch eine anerkennende Ordre den Charakter als Geheimer Commercien-Rat gratis erteilt4. Das war nicht nur ein Titel, sondern Schütze wurde mehrfach mit Gutachten und besonderen Kommissionen, so 1 7 8 1 / 8 2 mit der Untersuchung der Mißwirtschaft bei der Seehandlung, 1 7 8 3 mit derjenigen der Tabaksadministration, beauftragt. Bezeichnend für Schütze ist, daß er 1788, als alle nach Rußland handelnden Kaufleute einen Eid wegen rich1 2 3 4
Lenz-Unholtz, S. 71, ys Gen. Direktorium, Fabr. Deport. CLXXXIX (Schmidt) Wegweiser durch Berlin, S. is. 2i.
368
soj
b s
und Müllerhaus, sowie das etwaige Erbgut, das er von einer Schwester erwarten konnte. Die Rente aus dem Verkauf des Eisenhüttenwerkes Sorge-Voigtsfelde, die zunächst auch zu diesem Fonds gehören sollte, bestimmte er nachträglich zur Gewährung von Prälegaten von je iooo Tl. jährlich für jeden seiner vier Söhne, um ihnen die Erhaltung und Erziehung ihrer Familien zu erleichtern. Aus dem Familien-Institut sollten für 25 Kinder seiner Söhne - erst 20 waren bei A b fassung des Testaments geboren - je 8000 Tl., für 25 Kinder seiner Töchter - erst 18 geboren - je 4000 Tl. flüssig gemacht werden. Bis zur Auszahlung bei Mündigkeit, Verheiratung oder Etablierung sollte das Geld durch die Kuratoren auf Hypotheken oder an die Königl. Bank, dagegen keinesfalls auf Wechsel oder bei Bankiers ausgeliehen werden. Die fromme Stiftung sollte in seinem Doppelhaus im Geckholl, am Ende der Klosterstraße, errichtet werden. Als Einnahmen waren ihr 674 Tl. jährlicher Rente aus Kapitalien bestimmt, die bei den Judenschaften zu Berlin, Groß-Glogau und Halle fest angelegt waren, ferner die Mietseingänge des ihr zugewiesenen Hauses sowie die Zinsen vom Erlös des Verkaufes seiner Sammlung silberner Synagogen-Gefäße. Dagegen sollte seine Sammlung hebräischer Bücher und Handschriften im Hause der Stiftung aufgestellt werden. Für die gottesdienstlichen Übungen sollten ein Assessor, ein Kantor und ein Schuldiener angestellt werden. Alles dies wurde indessen durch den Testaments-Nachtrag vom 9. November 1798 aufgehoben. „ I n Anbetracht der Verhältnisse, in denen sich die Familie zum Teil schon befindet und in der Folge noch befinden könnte", sollten nunmehr das Haus selbst, die Gefäße, Gesetzrollen, Leuchter und auch die Bibliothek verkauft und der Erlös teils dem Familien-Institut, teils einer besonderen Stiftung für verarmte Familienangehörige gutgebracht werden. Diese Stiftung sollte für ewige Zeiten bestehen; aus ihr sollten im Einzelfalle nicht über 500 Tl. ausgezahlt werden. Für öffentliche und religiöse Wohlfahrtszwecke blieb danach, von einmaligen Legaten abgesehen, nur eine Jahresrente von 300 Tl. übrig.
369
Von seinen fünf Söhnen ist der älteste, Isaac Daniel Itzig (1750-1806), der interessanteste, weil in ihm die typischen Eigenschaften einer zweiten Generation am schärfsten zum Ausdruck kommen. Glänzend begabt, voll idealen Strebens, dabei ehrgeizig, besaß er doch nicht die nüchterne Solidität, die dem Vater seine Erfolge gesichert hatte. Die bessere Bildung, die er selbst genossen und die ihm den Zugang zur deutschen Kultur erschlossen hatte, wollte er so weit als möglich auch seinen Glaubensgenossen vermitteln. So gründete er, zusammen mit seinem Schwager David Friedländer, schon 1777 eine jüdische Freischule 1 in Berlin, deren Direktor er bis zu seinem Tode geblieben ist. Auch sonst hat er, von den leitenden Stellen der Berliner Judengemeinde aus, an den vorbereitenden Arbeiten für die Emanzipation lebhaft teilgenommen. 1787 wurde er zum Vorsitzenden der von den Schülern Moses Mendelssohns gegründeten Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Edlen gewählt 2 . Sein Interesse für die Kunst zeigt sein von C. B. Glasbach entworfenes Exlibris, neben dem von Chodowiecki für David Friedländer gestochenen wohl das erste derartige eines Berliner Juden 3 . Im Geschäft, besonders in den Münzgeschäften, hat er den Vater frühzeitig unterstützt. Man darf annehmen, daß er an den Scheidemünzprägungen der 80er Jahre erheblich mitgewirkt hat 4 . Eine selbständige geschäftliche Rolle begann er unter Friedrich Wilhelm II. zu spielen, der ihn alsbald zum Oberhofbankier ernannte und, zusammen mit einem der Söhne Veitel Ephraims, zur Bezahlung der von ihm als Kronprinzen gemachten Schulden benutzte 6 . Auch sonst gingen damals sehr große diskrete Beträge aus der Kgl. Dispositionskasse durch seine Hände, so laut Cabinettsorder vom 23. Dezember 1786 und 17. Januar 1787 500000 und 80000 Tl., nach der 1
Berlinische
Monatsschrift,
tätige Berlin, 2 3
S. 36g;
Freudenthal, V. zur
Acta Bor.,
5
Geheime
370
Berliner
S.
Gesch.
Münzwesen Briefe
über
Wilhelms
II.,
S. ¿03
d. Juden
ff;
Lisco.
z- Berlin,
Das
I, 84 und II,
wohl137
14g graphische
eine sehr schwache
4
Friedrich
a. a. 0.,
Westen,
das Exlibris
7. Bd. (1786),
Geiger,
IV,
333;
die
Preuß.
S. 55
Gelegenheitskunst
I, 14. — Verf.
nennt
Arbeit vgl. S. 364 f Staatsverfassung
seit
Thronbesteigung
vom 6. September 1790 300 000 Tl. 1 , ohne daß Belege darüber zu den Akten gekommen wären. Nach dem Tode des Königs zum Bericht über deren Verwendung aufgefordert, meldete er ¡25. Januar 1798, daß es sich durchweg um Bestechungsgelder handele, über die er dem König jedesmal spezifizierte Rechnung abgelegt und von denen er, wenn er durch Umschläge bei den Rimessen Ersparnisse erzielt, dem König noch beträchtliche Summen ausgehändigt habe. Von den vorerwähnten Posten sei der erste dem Großfürsten Paul von Rußland zugeflossen, der zweite dem Petersburger Gesandten und der dritte dem Pariser und zwei andern Gesandten angewiesen worden. Der König habe seine Uneigennützigkeit und Geschicklichkeit sehr anerkannt und ihm Gnade und Belohnungen zusagen lassen, wofür sich Itzig auf Bischoffwerder und Wöllner berief. - 1789 erhielt Itzig den Titel eines Hofbankiers auch vom Prinzen Heinrich. Besonderes Interesse widmete der König dem von Friedrich II. mit Absicht vernachlässigten Chausseebau. Als er 1790 den Bau der Chaussee von Berlin nach Potsdam als ersten in der Kurmark unternahm, in der Absicht, für die Mark wie für die ganze Monarchie einen Probe- oder Musterbau zustande zu bringen, wurde der Oberhofbankier Itzig zum Wegebau-Inspektor ernannt2. Itzig hatte wohl auch mit der finanziellen Seite zu tun, war in erster Linie aber als Aufseher des Baues tätig. Der König, für dessen Ungeduld der Bau nicht schnell genug fortschritt, gab dem Hofbankier Itzig durch Cabinettsorder vom 10. Oktober 1790 auf, den Bau mit mehr Ernst zu betreiben. Bald darauf ging die Aufsicht des Baues an den neu eingesetzten General-Intendanten Grafen Brühl über. Für Itzig verblieben Sonderaufgaben, wie der Bau der Chausseegeld-Einnehmer-Häuser und die Befahrung der Strecke mit Kies, die ihm 1793 den Titel Hof-Baurat im General-Chausseebau-Departement eintrugen. Verhältnismäßig häufig wird Isaac Daniel Itzig in Grundstücksgeschäften erwähnt3. Seit dem Regierungsantritt FrieRep. 9 rr oE 67 vol. 1, und Rep. 9 YY 18 Hüchel, Die Anfänge der Berlin-Potsdamer Eisenbahn, Mitteilungen d. Ver.f. d. Geschichte Potsdams, f f r . 336, 8.315/ " Lüdecke,Häuserbuch I, 497 (1785), 403(1787), 339(1789), 133 ('793) 1 ä
371
drich Wilhelms II. erscheint er in der Schöneberger Gemarkung im Besitz verschiedener Höfe und Grundstücke, die er teilweise, wohl zur Abrundung seines Besitzes, gegeneinander tauschte. Das eigentliche Freigut Schöneberg erwarb er 1786 für xo 000 Tl. Auf eine Anfrage des Generaldirektoriums, ob Itzig Immobilien auf dem platten Lande erwerben könne, wies er auf die seinem Vater auch für dessen Nachkommen verliehenen christlichen Rechte und auf die Tatsache hin, daß sein Vater bereits mit königlicher Genehmigung das - mit dem Hüttenwerk Sorge verbundene - Gut Voigtsfelde und die Bartholdi'sche Meierei besessen habe. Itzig baute in Schöneberg Tagelöhnerhäuser, vor allem aber durch Goethe's späteren Freund, den Maurermeister Zelter, unmittelbar an der Landstraße das sogenannte Jagdschlößchen. Dies bescheidene Wohnhaus mit seinen Jagdreliefs im Rococcostil und einem Hirschgeweih über der schmalen Haustür steht, ebenso wie die Reste des dahinter liegenden Parkes, noch heute an der Hauptstraße (Nr. 124) in Schöneberg, allerdings in stark verwahrlostem Zustande. Den Garten vergrößerte Itzig bis an den Tempelhof'schen Weg und legte darin eine Baumschule von etwa 3000 Stämmen an; auch stiftete er eine Turmuhr für die Dorfkirche 1 . An Geschäften finden sich in jenen Jahren 1792 die Holzlieferung für die preußische Saline Schönebeck2, 1794 die Heeresverpflegung im polnischen Feldzug 3 ; Anfang 1796, also unmittelbar vor seinem Zusammenbruch, machte er große Umsätze in neumärkischem Getreide4. Diese, wie sich hinterher ergab, nicht genügend fundierten Geschäfte betrieb Isaac Daniel Itzig teils für sich allein, teils in dem Bankgeschäft, das er gemeinsam mit seinem um 6 Jahre jüngeren Bruder Benjamin unter der Firma Itzig & Co. führte. Buchhalter der Firma, d. h. Leiter des inneren Betriebes, war Joseph Mendelssohn, der spätere Gründer des Hauses Mendelssohn & Co. Den letzten Anlaß zum Zusammenbruch ergab 1
Prov.
Arch.
Brandenburg
1. Reg. Mühlenhof
die Dorfaue,
Beitr.
2
in F. B. P. G.
Schwemann
» Über
seinen angeblichen
* Rep. g6.
372
z- Gesch.
246 g
Schönebergs VII
Einfluß:
7,27;
(1937),
Weicher,
Rings
um
Register
437 (v. Cölln)
Vertraute
Briefe
usw. I,
62
ein persönliches Geschäft des Baurats. Er hatte mit Konsorten am 30. Juli 1795, d. h. bald nach dem Baseler Frieden, gegenüber der Firma Cerf Beer, der Straßburger Agentin der französischen Regierung, eine Lieferung von 10 000 Pferden für die Sambre- und Maas-Armee übernommen und 8835 Pferde tatsächlich geliefert1. Von der Zahlung blieben indessen 680 000 Tl. rückständig, von denen 620 000 Tl. Itzig betrafen. Die Angabe, dieser Verlust sei im wesentlichen durch die Entwertung der französischen Währung entstanden2, ist bei der Art des Geschäftes durchaus glaubhaft und wird durch ein späteres Urteil des Kammergerichts vom 28. Januar 18x1 bestätigt. Itzigs Gegenkontrahentin, die Firma Cerf Beer, deren aus der Pfalz stammender Gründer im Siebenjährigen Krieg als Lieferant der französischen Armee groß geworden und nicht lange vor Abschluß des Geschäftes mit Itzig & Co. gestorben war, hat ihr bedeutendes Vermögen ebenso wie Isaac Daniel Itzig das seine an den für das Directoire getätigten Geschäften eingebüßt, weil Napoleon für die dabei erlittenen Verluste nicht aufkommen wollte. A m 13. März 1796 erklärte die Handlung Itzig & Co. ihre Insolvenz. Den beiden Inhabern, die sich zunächst verborgen hielten, um der Schuldhaft zu entgehen, wurde vom Kammergericht auf Antrag der Gläubiger Schutz gegen Wechsel-Exekutionen gewährt. Sie traten sofort nun ihr ganzes Handlungs- und Privatvermögen an die Gläubiger ab, die durch drei gewählte Kuratoren - Liepmann Meyer Wulff, Isaac Nathan Liepmann und Gebrüder Benecke - versuchten, eine außergerichtliche Liquidation zustande zu bringen. Es scheint, daß die öffentliche Meinung der Firma günstig gewesen ist, und daß man, zum Teil vielleicht im Hinblick auf die als force majeure anzusehenden Valuta-Verluste, den Zusammenbruch mehr als ein Unglück denn als ein Verschulden der Firma angesehen hat3. Ungefähr 300 Schuldner vertraten etwa 930 000 Tl. - bevorrechtigte - Wechsel-, und etwa 370 000 Tl. Buchforderungen. Dem gegenüber standen, von der französischen Forderung abgesehen, nur etwa 350 000 1 2 3
Akten über den Itzigschen Konkursprozeß, Rep. g. T s. 246 Wilh. Erman, Paul Erman, 5. 70 Politisches Journal (herg. v. Schirach) 1796, Bd. I, S. 324, 372,
491
373
Tl. Aktiva 1 , davon 50 000 Tl. bare Kasse, so daß, auch wenn jene Forderung einbringlich gewesen wäre, eine ansehnliche „Insuffizienz" vorhanden war. Nachdem sich infolge der ungeklärten Lage und der verschiedenen Interessen der Gläubiger eine außergerichtliche Liquidation als unmöglich erwiesen hatte, erfolgte 13. Oktober 1797 die Eröffnung des Konkurses, für den die drei Privat-Kuratoren im Hinblick auf ihre Zuverlässigkeit und ihre Vermögensumstände bestätigt wurden. Der Vater der beiden Gemeinschuldner, der alte Daniel Itzig, ebenso wie deren Ehefrauen hielten auch für den Konkurs ihre für das Vergleichsverfahren gemachte Zusage aufrecht, auf ihre Forderungen - jener von 90 000 T L , diese von 45 000 Tl. - zugunsten aller Mitgläubiger zu verzichten, wenn ein Vergleich zustande käme. Darüber hinaus scheint Daniel Itzig 10 000 Tl. zur vollen Befriedigung der „Offizianten", d. h. der Angestellten, und der kleinen Gläubiger zur Verfügung gestellt zu haben 2 . Dagegen zeigten die Schwäger der Inhaber, Mendel Oppenheim mit 30 000 Tl. und Arnstein u. Eskeles in Wien mit 120 000 bis 130 000 T L , keine Bereitwilligkeit zu einem Vergleich; letztere ließen sogar auf die französischen Ansprüche der Firma Arrest legen. A n Gläubigern über 20 000 Tl. waren noch vorhanden: Das Hauptbankdirektorium, Berlin mit 189 000 Tl. C. Ferd. Weigel, Breslau „ 8 6 0 0 0 ,, Wolf Levin Popert, Hamburg „ 5 5 000 „ Meyer Warburg, Berlin „ 50 000 „ N. Liepmann & Co., Berlin „ 47 800 „ „ 47 000 „ Ochs, Geymüller & Co., Wien Isaac Benj. Wulff, Berlin „ 4 4 0 0 0 ,, Sal. Nathan jr., Berlin „ 30 750 „ Liepmann Meyer Wulff, Berlin „ 30 000 ,, Hartmann, Wesel „ 25 500 „ S. M . Bethmann, London „ 2 4 7 0 0 ,, Cohen & Co., Amsterdam ,, 23 000 „ G . Stophel, Frankfurt a. Main „ 22 500 ,, Sal. Moses Levy Wwe. & Erben, Berlin „ 20 000 „ Im Publikum waren größere Zahlen verbreitet, vgl. Politisches Journal, Cosmann und Heinsius, Denkwürdigkeiten und Tagesgeschichte der Brandenburg, II, 880 und Politisches Journal, a. a. 0 1
2
374
a.a.O Mark
Unter den Aktiven erwies sich vor allem die französische Forderung als völliger Versager. Mit Ausnahme von 18 ooo Tl., die bald nach der Zahlungseinstellung eingegangen waren, war auch durch wiederholte Verhandlungen in Paris über die Gesandtschaft und durch Bevollmächtigte nichts zu erreichen. Ebenso schlug nach 1807 der Versuch fehl, die Forderung bei den preußischen Kriegskontributionen in Anrechnung zu bringen. Große Schwierigkeiten und Prozesse ergaben sich mit dem bekannten Berliner Hotelinhaber Corsica, der gegen eine Schuld von 27 000 Tl. weit größere Gegenforderungen geltend machte. Unter 120 ausstehenden aussichtslosen Posten in Höhe von 152 000 Tl. befanden sich als größte der Fürst v. Waldeck mit 68 000 Tl., Graf Dubsky, Lemberg, mit 1 9 0 0 0 Tl. und Graf Heinrich Brühl mit 1 4 5 0 0 Tl. Infolge der zahlreichen Prozesse war 1804 die Masse in Höhe von über 300 000 Tl. noch immer unverteilt. Nach einem damaligen Überschlag sollten alle Buch- und präkludierten Gläubiger so gut wie leer ausgehen und die Wechselgläubiger etwa 2 9 % erhalten. 1 8 1 1 war der Konkurs noch immer nicht abgewickelt. Ein Strafverfahren gegen die beiden Falliten ist offenbar nicht eingeleitet worden. Der Hauptschuldner, Hofbaurat Isaac Daniel Itzig, ist im Verlauf des Konkurses völlig verarmt und hat seinen Haus- und Grundbesitz verloren. Er ist, lange vor Abschluß des Verfahrens, am 7. Juli 1806 verstorben und auf dem jüdischen Friedhof in der Hamburger Straße beigesetzt worden. Seine drei Söhne wuchsen nach des Vaters Tode im Hause ihrer Tante, der Madame L e v y in Berlin, auf. Moritz, der älteste, war Schüler Fichtes und Thaers, die, ebenso wie der Philologe Boeckh, persönliches Interesse an der philosophischen und staatswissenschaftlichen Ausbildung des jungen Itzig nahmen. E r beteiligte sich 1 8 1 2 mit besonderem Eifer an einem auf Fichtes Anregung begründeten Seminar Pestalozzischer Richtung. Zusammen mit seinem Bruder Albert trat er bald darauf unter den ersten als freiwilliger Jäger im Füsilier-Bataillon des 2. Garde-Regiments ein. Nachdem ihm am 2. Mai 1 8 1 3 bei Lützen, wo auch sein Bruder verwundet wurde, durch Kartätschenschuß das rechte Bein zerschmettert worden war, starb er elf Tage
375
später1. Über die Schicksale der anderen Söhne ist nichts bekannt. Daniel Itzigs zweiter Sohn, Moses Daniel Itzig (1754-1783), hatte seit 1772 mit seinem Onkel und Schwiegervater Isaac Benjamin Wulff Seidenfabriken in Berlin, Potsdam und Bernau betrieben, 1776 ähnliche Pläne gemeinsam mit einem der Söhne Veitel Ephraims verfolgt2. Er ist indessen schon 1783, also lange vor seinem Vater, gestorben, womit die Betätigung der Familie Itzig in der Seidenindustrie ihr Ende fand. Über die geschäftliche Tätigkeit von Daniel Itzigs drittem Sohne, Elias Daniel Itzig (1755-1818), der die Lederfabrik der Familie zu Lebzeiten des Vaters führte und nach dessen Ableben bis zu seinem eigenen Tode betrieb, wurde bereits berichtet. Interesse verdient Elias Daniel Itzig, der nachmals Potsdamer Stadtrat war, vor allem wegen der engen Beziehungen, in die sein Haus zu den Berliner Literatur- und Gelehrtenkreisen der Zeit getreten ist. In der Lebensbeschreibung seines Großvaters Paul Erman hat Wilhelm Erman, selbst ein Urenkel Elias Daniel Itzigs, ein anschauliches Bild des Hauses auf dem Tornow bei Potsdam entworfen3, in dem acht begabte Kinder aufwuchsen und ein reger Verkehr mit den geistig höchststehenden Kreisen des damaligen Berlin stattfand. Elias Daniel Itzig änderte 1812 bei der Einbürgerung mit Wirkung auch für seine schon erwachsenen Kinder seinen Vatersnamen in Hitzig4. Er selbst scheint, nach seinem Testament5, dem jüdischen Glauben treu geblieben zu sein. Seine Kinder waren bereits zwischen 1799 und 1805 getauft worden, darunter drei Töchter aus Anlaß ihrer Verehe1 Geiger, Achim v. Arnim und Moritz Itzig, Frankfurter %Jtg. v. 8. 2. i8g$ - Dort auch über seinen zwei Jahre vorher erfolgten Zusammenstoß mit Arnim. Vgl. Varnhagen, Vermischte Schriften II Iis ff und v. Petersdorf, Elisabeth Stägemann, in Schriften d. Ver. f . d. Geschichte Berlins, XXX S. 85 f 2 Freudenthal, a. a. 0. S. 141 f und Acta Bor. Seidenindustrie, II 142 u. 153 f ; III 216 u. 22g 3 Schriften d. Ver. f . d. Gesch. Berlins, Nr. ¡3, S. 65 ff 4 Beil. z- Amtsbl. d. Kurmärk. Regierung v. 7. Okt. 1814, Nr. 2338 s Prov. Brandenb. 4 a H III 202. - Ermans (a. a. 0. S. 70) Angabe, Elias Daniel Itzig sei „sicher vor 1811" zum Christentum übergetreten, ist jedenfalls unrichtig, da er sonst nicht 1812 in die Einbürgerungsliste aufgenommen worden wäre
376
lichungen mit Professor Arlaud, Paul Erman und Rittmeister O'Etzel. Eine vierte Tochter heiratete Nathan Mendelssohn, den jüngsten Sohn Moses Mendelssohns. Von Elias Daniel Itzigs männlichen Nachkommen ist sein ältester Sohn Isaac Elias, seit 1812 Julius Eduard Hitzig (1780-1849) als Biograph seiner Freunde Chamisso, Zacharias Werner und E. T. A. Hoffmann, außerdem als Jurist und Verleger bekannt geworden, sein Enkel, der Geheime Baurat Georg Heinrich Friedrich Hitzig (1811-1881) durch eine Reihe repräsentativer Bauten, darunter die Reichsbank in der Jägerstraße, die Börse in der Burgstraße und die Technische Hochschule in Charlottenburg. Auch der alte Westen Berlins, vor allem die Bellevue- und die Tiergartenstraße mit ihren Nebenstraßen, sind in ihrem Ausbau maßgebend von Friedrich Hitzig beeinflußt worden. Wenig Erfreuliches ist von den beiden jüngsten Söhnen Daniel Itzigs, Benjamin Daniel (1756-1833) und Jacob Daniel Itzig (1762-1838) zu sagen. Benjamin ist gelegentlich seiner unglücklich endenden Partnerschaft mit seinem Bruder Isaac genannt worden. Er taucht später kaum noch auf. Sein älterer Sohn nahm den Namen Ilsing an. Der jüngere fiel 1809/10 als Soldat der englisch-deutschen Legion in Spanien. Jacob, der 1795 in Münzgeschäften erwähnt wird 1 , muß nach dem Testament des Vaters bereits 1797 in Schwierigkeiten gewesen sein. 1808 stellte er seine Zahlungen ein und wurde wegen Geschäften mit Staatspapieren, die eine kriminelle Untersuchung erforderten, in die Hausvogtei gebracht. Von der Polizei als Schwindler bezeichnet, saß er dort noch 1811 in Schuldhaft. Seine Bücher waren in völliger Unordnung. Konkurs über sein Vermögen war, trotz Antrages vieler Gläubiger, noch immer nicht eröffnet, weil Itzig versuchte, durch seinen Besitz an einem Torfmoor bei Kohlhasenbrück seine Suffizienz nachzuweisen2. Später ist er anscheinend geschäftlich nicht mehr tätig gewesen. Sein einziger Sohn lebte in Berlin unter dem Namen Barnheim. 1
Acta Bor. Münzwesen IV 81 Ann. Rep. 9 C. 6 b. 22, und Rep. 151 a XVII Lit. 7 u. 8
24
Großkaufleute 2
377
Unter den Männern von Daniel Itzigs zehn Töchtern ist an erster Stelle David Friedländer ( 1 7 5 0 - 1 8 3 4 ) zu erwähnen 1 . Er stammte aus der mehrfach erwähnten Königsberger Familie, kam 1 7 7 1 nach Berlin, trat in Daniel Itzigs Geschäft ein, heiratete schon 1 7 7 2 dessen dritte Tochter Blümchen, übernahm 1 7 7 6 mit Johann Daniel Gardemin die vorher Hansensche Seidenfabrik in der Heiligegeiststraße und war 1 7 7 8 Mitbegründer der jüdischen Freischule. Nachdem er 1791 als Schwiegersohn Itzigs naturalisierter Bürger geworden war, suchte er als Fabrikant Aufnahme in die Gilde der Tuchund Seidenhandlung nach. Die Gilde leistete schon deshalb Widerstand, weil Friedländer nicht die vorgeschriebene Lehrund Dienstzeit (6 bzw. 2 Jahre) bei einem Kaufmann durchgemacht hatte, doch verfügte das General-Direktorium 4. November 1795 seine Dispensation von diesen gildemäßigen Erfordernissen. Die Gilde wandte sich mit einem Immediatgesuch an den König, sie bei ihrem Privileg zu schützen und allenfalls die Regelung der Streitfrage durch Prozeß zu erlauben. Das Justizdepartement aber, dem der König die Entscheidung übertrug, wies 1 1 . April 1796 den Antrag zurück, da dem Landesherrn und der Staatsbehörde das Dispensationsrecht von den Zunftartikeln unwidersprechlich zukomme, daher diese Admission nicht Gegenstand eines Prozesses sein könne2. Friedländer war 1796 Assessor beim Manufaktur- und Commercien-Collegium, auch Lehrer an der Handelsschule und 1806 deren Kurator. Der alte Daniel Itzig hatte solches Vertrauen zu diesem Schwiegersohn, daß er, wie es 1797 heißt, ohne ihn kein Geschäft von Wichtigkeit unternahm. Friedländer gab 1804 seine Fabrik und Handlung auf und widmete sich nur noch gemeinnütziger Tätigkeit. 1809 wurde er als erster J u d e Stadtrat. Geld- oder Bankiergeschäfte hat er nach seiner Angabe nie betrieben 3 . Unter 1
Ritter, Gesch. d. jüdischen Reformation, II: David Friedländer. (Berlin 1861) Rep. g LL 7 b 3 Wenn sein Freund Wilh. v. Humboldt ihn gelegentlich seinen „Bankier" nennt, weil Friedländer auf Grund seiner geschäftlichen Beziehungen Humboldt für seine Reisen wiederholt Kreditbriefe verschaffte, so ist die Bezeichnung scherzhaft gemeint. Vgl. Grau, Humboldt und das Problem des Juden, S. 33 1
378
seinen Nachkommen befindet sich eine stattliche Anzahl bekannter Gelehrter und hoher Beamter. Zwei weitere Töchter Daniel Itzigs, Voegelchen und Zipora, später Fanny und Cäcilie, heirateten die miteinander assoziierten Wiener Bankiers Arnsteiner und Eskeles, später Freiherr von Arnstein und Freiherr von Eskeles. Beide Frauen spielten auf dem Wiener Kongreß eine gesellschaftliche Rolle; ihre Nachkommen gingen im österreichischen Adel auf. Die sechste Tochter, im väterlichen Testament Zierle genannt, die 1 7 8 3 den Bankier Samuel Sal. L e v y heiratete und bald Witwe wurde, hat als M a d a m e Sara L e v y bis zu ihrem T o d e 1 8 5 4 in ihrem Hause Hinter dem Packhof, d. i. auf dem Grundstück der heutigen Nationalgalerie, ähnlich wie ihre Wiener Schwestern, wenn auch in mehr bürgerlicher Weise, eine ausgebreitete Geselligkeit gepflegt. Die neunte Tochter, Jette, später Henriette, war mit dem Bankier Mendel Oppenheim verheiratet, der zunächst unter der Firma M . Oppenheim, später unter M . Oppenheim & Wolff ein ansehnliches Bankgeschäft betrieb. Die Firma war von 1 7 9 6 bis 1801 für die Münze tätig 1 und stand später in sehr engen Beziehungen zur Königlichen Bank 2 , namentlich durch Hypothekengeschäfte, die sie für Rechnung von Großgrundbesitzern in den neuerworbenen polnischen Landesteilen durchführte, und die ihr 1 8 0 3 eine Untersuchung wegen Wuchers eintrugen. Diese wurde indessen durch Cabinettsorder vom 5. 1 2 . 1 8 0 3 niedergeschlagen, weil die Verhältnisse der Provinz ein Innehalten des gesetzlichen Zinsfußes nicht zuließen, und die Gutsbesitzer selbst erklärten, von Oppenheim den Kredit wohlfeiler als j e in polnischer Zeit erhalten zu haben 3 . Insgesamt hat Oppenheim von der Bank für 838 600 T l . Kredit auf Hypothekar-Obligationen in Anspruch genommen, der teilweise durch Verkauf großer Liegenschaften beglichen wurde. Bei dem kurmärkischen Pupillenkollegium, dem Berliner Vormundschaftsgericht und bei der Seehandlung war die Firma zusammen 300 000 T l . gegen ost- und westpreußi1
Ad. Meyer, Prägungen Brandenburg-Preußens für den Außenhandel, S. 33 ff und Acta Bor. Münzwesen IV ao6f 2 Niebuhr, a. a. 0. S. 75 und Hasse, Leipziger Messen S. 285 3 Rep. 49 E 1 24"
379
sehe Pfandbriefe schuldig, woraus ihr durch die Ereignisse von 1806 und 1807 erhebliche Kapital- und Zinsverluste erwuchsen1. Bei seinem Tode am 17. 1. 1820 hinterließ Mendel Oppenheim trotzdem 200 000 Tl., das Vermögen seiner Frau nicht eingerechnet2. Zwei seiner Söhne, die ihren Namen in Oppenfeld änderten und 1859 geadelt wurden, setzten das Geschäft unter der Firma M. Oppenheims Söhne fort. Sie haben sich in den dreißiger bis sechziger Jahren in den Anfängen des Eisenbahnwesens und in der oberschlesischen Montan-Industrie betätigt. 1844 gehörte ihnen zusammen mit dem Grafen Henckel von Donnersmarck die Laurahütte. 1 2
Rep. 74 M 39. 7. und Rep. 75/ e N 03 Inventarium über seinen Nachlaß Rep. gy T XIII 28 b
380
Moses Isaac und seine Nachkommen Der dritte der Münzjuden Friedrichs II. ist unter dem Namen M o s e s I s a a c bekannt, hat sich daneben indessen auch Moses Levy Chalvan aus Schönfließ genannt. Er dürfte um 1708 geboren sein und war lange in Geld- und Wechselgeschäften tätig, als Graumann zu Anfang der fünfziger Jahre mit ihm und seinem Schwager Daniel Itzig - Isaac war mit Itzigs Schwester Bella verheiratet - jene umfangreichen, vom König so hart beurteilten Silber-Lieferungen und TympfePrägungen für die Stettiner Münze abschloß1. Ebenso wie diese Geschäfte ist der General-Pachtvertrag über sämtliche preußischen Münzen, den Isaac, trotz der in Stettin erfahrenen Kritik, 1755 gemeinsam mit Herz Moses Gompertz und Daniel Itzig im Kampf gegen Ephraim abschließen konnte, bereits an anderer Stelle dargestellt worden2. Der erbitterte Kampf, den die Gompertz-Isaacsche Gruppe dabei gegen Ephraim und Consorten führte, berührte auch Ephraims Gönner, den Cleveschen Münzdirektor von Diest, der gelegentlich Anlaß zu haben glaubte, sich über unverschämtes Benehmen Isaacs zu beschweren3. Nach Gompertz' Tode Ende 1758 nahm Isaac ein Jahr lang mit Ephraim und Itzig zusammen an dem preußischen MünzMonopol teil. Diese Sozietät scheint infolge von Sonderinteressen, die Isaac an dem Münzwesen des Fürsten von Anhalt-Bernburg hatte, auseinander gegangen zu sein. Für die Inhaber des Monopols war es wichtig, die Harzgeroder Münzstätte dieses mit Preußen verbündeten Fürsten nicht in dritte Hände kommen zu lassen. Andrerseits sah Isaac gegenüber den Risiken, die das Münz-Monopol in zunehmendem Maße mit sich brachte, in der Sonder-Pacht einer nichtpreußischen, aber doch alliierten Münzstätte eines geld1 2 3
Vgl. oben S. 354 f Vgl. oben S. 295 f . u. 355 Acta Bor. Münzwesen III, 16. Anm. 5 381
bedürftigen kleinen Landesherren besondere Chancen für sich 1 . E r beabsichtigte sogar, sich in Bernburg niederzulassen, und legte noch eine zweite Münze im Lande an. Es scheint indessen, daß er auch hier seinen früheren Sozien Ephraim und Itzig weichen mußte, die Ende 1 7 6 0 vorübergehend die Harzgeroder Münze mit Gewalt schließen ließen und später deren Betrieb selbst übernahmen. Die Zwistigkeiten zwischen den Parteien hörten damit nicht auf. Noch 1 7 6 5 klagte Ephraim gegen Moses Isaac wegen einer Summe von 80 000 T l . 2 Über eine Münztätigkeit Moses Isaacs nach 1760 ist nichts bekannt. Die Zeitgenossen haben ihm seinen vielleicht nicht ganz freiwilligen Rückzug aus den Münzgeschäften als besondere Klugheit ausgelegt und ihn infolge seines rechtzeitigen Ausscheidens für den reichsten der Münzjuden gehalten 3 - wie sein Testament ergibt, wohl nicht ganz mit Recht. N a c h dem Kriege ist Isaac anscheinend in ähnlicher Weise wie seine früheren Consorten zu einer im staatswirtschaftlichen Interesse liegenden Anlage seiner Verdienste veranlaßt worden. Seine Wahl fiel auf die Seidenindustrie, vielleicht, weil der M a n n seiner ältesten Tochter, Moses Bernhard, schon in zweiter Generation in diesem Gewerbe tätig war. A m 22. J u l i 1 7 6 5 erhielt er, trotz des Widerspruchs der bisher privilegierten Sammet-Fabrikanten David Hirsch und Moses Ries, für sich oder einen Schwiegersohn eine Konzession zur Begründung einer Sammetfabrik mit mindestens 100 Stühlen in Potsdam, zu deren Errichtung ihm vier und einhalb Häuser überschrieben wurden 4 . V o n den 100 Stühlen waren Ende 1 7 6 6 erst 50 vorhanden, davon nur ein Teil im Betrieb. Die Fabrik w a r ein Mißerfolg. Moses Isaac schrieb, er sei ein bejahrter Mann, der niemals einige Kenntnis vom Fabrikwesen gehabt, sondern sich seit 41 J a h r e n mit Wechselsachen abgebe; auch von seinen Kindern schicke sich keins zu dieser Fabrik; er müsse sich daher ganz auf fremde Leute verlassen, was ihm schlecht genug bekommen sei. U m jeden Preis suchte 1
Acta Bor. Münzwesen III, S. 81 ff Geiger, a. a. 0. II 140 * (Blankenburg u. Nicolai) Freymütige Anmerkungen zu Zimmermanns Frag' menten II 138 4 Acta Bor. Seidenindustrie I 454 ff, 535, 57s ff 1
388
er daher die Fabrik los zu werden, und zwar zunächst dadurch, daß er die Produktion noch weiter drosseln und sein Kontor nach Berlin verlegen wollte. Außerdem verlangte er nunmehr Miete von den Meistern, die in den ihm vom König überlassenen Häusern seine Stühle betrieben. Gegen die weitere Einschränkung des Betriebes wandte sich die Arbeiterschaft in gemeinsamer Eingabe an das Generaldirektorium mit dem Hinweis, daß sie brotlos werden würde. Demgegenüber gab Isaac Zahlen über seine bisherigen Geschäftsergebnisse zu Protokoll, die nicht ganz klar sind, aber wohl darauf hinauslaufen, daß er bereits annähernd 50 000 T l . in die Fabrik hineingesteckt, dagegen erst für 1 5 0 0 0 T l . produziert und auch hiervon noch nicht die Hälfte verkauft hätte. N a c h langwierigen Verhandlungen wurde dem Isaac durch CabinettsOrder vom 15. Oktober 1 7 6 8 gestattet, seine Sammetfabrik aufzugeben, wogegen er 40 Stühle mit den dazugehörigen Meistern und Arbeitern bei anderen Fabriken unterbringen und, wie er angeboten hatte, einer bestimmten Berliner Manchester-Fabrik ein Anlehen von 3 0 0 0 0 T l . zu 4 % auf 12 J a h r e geben sollte. Die Unterbringung der Meister gelang größtenteils, die der Stühle nur teilweise, diejenige der Arbeiter gar nicht, weil die anderen Fabriken „diese ambulanten L e u t e " , die vielfach schlecht arbeiteten, nicht nehmen wollten. O b Isaac die geschenkten Häuser zurückgeben mußte, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Das der Manchesterfabrik geliehene Geld wurde später zum Teil auf eine Seidenmanufaktur in Frankfurt a. O. umgeschuldet 1 und ist mindestens zum erheblichen Teil allmählich an Isaac zurückgeflossen, so daß seine industrielle Tätigkeit für ihn noch glimpflich abgelaufen ist. Als Moses Isaac am 13. M a i 1 7 7 6 starb, hinterließ er laut einer Schätzung seines Nachlasses vom November des Jahres 2 annähernd drei Viertel Millionen Taler. In erster Linie bestand der Nachlaß aus z. T . sehr langfristig angelegten Forderungen, sodann aus zwei Häusern, dem großen dreistöckigen Familienhaus Spandauer Straße 2 1 , das vormals dem Herrn von Viereck gehört hatte, und einem in der Rosenstraße. 1 2
Acta Bor. Seidenindustrie II ¡6f und Rep. 31. soy b 2
logf
383
Ferner werden für 30 000 Tl. Weine 1 , für 50 000 Tl. Silber und Gold, fiir 20 000 Tl. Möbel und dergl. und für 20 000 Tl. „Barschaften" angeführt. Ähnlich wie Ephraim und Itzig hat auch Isaac versucht, einen Teil seines Vermögens durch Bildung eines Fideikommisses, indessen nur bis zur Generation seiner Enkel, für seine Familie festzulegen. In seinem Testament 2 , dessen Exekutoren der Erste Justizbürgermeister Berlins, Geh. R a t Ransieben, sowie Isaacs ältester und dritter Sohn sein sollten, bestimmte er als Vermögen des Fideikommisses das Haus Spandauer Straße sowie die Hälfte aller andern Aktiven, mit Ausnahme der Pretiosen und Bücher. An diesem Fideikommiß, das nach Ausstattung einer noch zu erwähnenden frommen Stiftung und der Töchter ein Vermögen von etwa 250 000 T l . hatte, sollten von seinen 6 Kindern - 3 Söhnen und 3 Töchtern - alle bis auf den zweiten Sohn Meyer Moses L e v y beteiligt sein. Dieser, der nicht nach seinem Willen geraten sei, sollte überhaupt auf die Zinsen von 20 000 Tl. beschränkt bleiben, erlangte indessen später von seinen Geschwistern eine Jahresrente von 2500 Tl. Die Zinsen des Fideikommisses sollten bis 12 J a h r e nach dem Tode des Erblassers angesammelt und dann nach Erbstämmen unter die Enkel, sobald sie das 24. Lebensjahr erreichten, verteilt werden. V o m zwölften J a h r nach seinem Tode an sollten die Zinsen dann seinen Kindern zufließen, nach deren Tode aber die Enkel frei über das Fideikommißvermögen verfügen dürfen - allerdings nur innerhalb der Familie. Dabei sollten die männlichen Stämme jeweilig das Doppelte der weiblichen erhalten, wie überhaupt nach jüdischem Brauch die Söhne mehrfach bevorrechtigt waren, so dadurch, daß ihnen allein das vorhandene Gold, Silber, die Juwelen und Bücher zukommen und die Anteile etwa aussterbender Linien ihnen allein zufallen sollten. Anderseits setzte Isaac seiner Frau die Zinsen von 5 5 000 Tl., seinen Töchtern je 50 000 Tl. aus, davon 1 5 000 Tl. fiir die betr. Ehemänner, außerdem je 6000 Tl. für Ausstattungs- und Heiratskosten, so daß jeder 1
Das Testament trägt die eigenhändige Nachschrift:
keine Juden,
mache ich 500 1
Weine sollen an
Tl."
Prov. Brandenburg,
384
„Meine
sondern Christen verkauft werden. Den christlichen Armen Rep. 4 a. J III 59 und Testamente Berlin
2559
ver-
der Tochter, zusammen mit dem Anteil am nicht gebundenen Vermögen, ein freies Kapital von 96 000 Tl., d. h. wohl ebensoviel wie jedem der Söhne zufiel. Zu gottseligen Stiftungen, d. h. im wesentlichen zum Gebrauch der Armen und Gelehrten und zum Unterhalt der Synagoge, die er in seinem Hause gestiftet hatte, bestimmte er die Zinsen von 50 000 Tl. Es scheint indessen, als ob diese Stiftung später weitgehend für verarmte Familienmitglieder verwandt worden ist1. Besondere Bedeutung hat das Testament Moses Isaacs durch die Bestimmung gewonnen, daß von Nutznießung seines Fideikommisses Kinder ausgeschlossen sein sollten, die nicht bei der jüdischen Religion blieben2. Wenige Jahre nach des Vaters Tode heiratete zunächst seine jüngste Tochter Rebecca den Artillerie-Leutnant von Runkel, nachdem sie vorher auf den Namen Augustine Caroline getauft worden war 3 . Bald darauf folgte ihr die Schwester Blümchen, die von ihrem ersten Manne Joseph Arnstein 1778 geschieden war und die als Caroline Louise Eleonore den Kammerassessor von Bose heiratete. Auf die Anzeige, die ihre Brüder von der Absicht Rebeccas, sich taufen zu lassen, dem König erstatteten4, bestätigte unter dem 1. Februar 1780 Friedrich II., dessen Schutz Moses Isaac für seinen letzten Willen ausdrücklich erbeten hatte, die Gültigkeit des Testaments auch in dem in Frage stehenden Punkte. Fünf Jahre später beauftragte der König, auf ein Gesuch Daniel Itzigs vom 7. 3. 1785 hin, nochmals den Großkanzler von Carmer, eine Anfechtung der Testamente Itzigs und Isaacs nicht zuzulassen. Trotzdem klagten die Schwestern beim Kammergericht, und dieses erkannte 1786 in zwei Instanzen auf Nichtigkeit der betreffenden Testamentsklausel mit der Begründung, daß es gegen die guten Sitten und gegen die Stellung der christlichen Religion 1
Lisco, Das wohltätige Berlin, S. 3g8 König, Anneden, S. 317 u. 311 ff u. Geiger, in Ztschr.f. d. Gesch. d. Juden in Deutschland 188g, III 105 ff. u. 555 ® Rede bei der Taufe der Augustine Caroline Fliessin, sonst Rebecca Moses genannt, am 13. Januar 1780 gehalten von Johann Heinrich Sigismund Koblank, Feldprediger des Infanterieregiments von Braun. Berlin bei George Jacob Decker 4 Die Brüder schrieben 31. 1. 1780: „Sie hat sich heimlich aus unsem Hause wegholen lassen, um nunmehr ihrer Passion für den Leutnant v. Runkel bei der Artillerie ungebunden nachgehen zu können." Rep. g T s. iig 2
385
verstoßen würde, wenn die Töchter Isaacs wegen ihres Religionswechsels von der Nutznießung an dem Fideikommiß ausgeschlossen sein sollten. In letzter Instanz stieß dann das Geheime Ober-Tribunal September 1786 das Urteil des Kammergerichts um, und zwar einmal unter dem Gesichtspunkt, daß dem Juden wie dem Christen freistehen müsse, einen erheblichen Teil seines Vermögens denjenigen Kindern zu hinterlassen, die bei der ererbten Religion blieben; sodann, weil die Töchter ohnedies mehr erhalten hätten, als sie nach jüdischem oder christlichem Recht hätten beanspruchen dürfen. Friedrich Wilhelm II. erklärte seine Befriedigung über die Aufrechterhaltung des Testaments, allerdings mit dem Hinweis, daß im Interesse der christlichen Religion Vorkehrungen zu treffen seien, daß nicht noch mehr jüdische Testamente mit solcher Klausel versehen würden. Neben dem Streit bei den Gerichten lief eine umfangreiche Polemik zwischen drei Orientalisten her, dem Ober-Konsistorialrat und Probst zu Cölln D. Wilh. Abraham Teller, dem Hofrat und Professor zu Bützow Olaf Tychsen, und dem jüdischen Lehrer Lohnstein. Es handelte sich darum, ob der Jude, der zum Christentum überginge, bei der jüdischen Religion bliebe; d. h. praktisch gesprochen, ob bei Aufrechterhaltung der umstrittenen Testamentsklausel die Töchter Isaac doch Anrecht an dem Fideikommiß hätten 1 . Schließlich wurde der Druck, der von einem Teil der öffentlichen Meinung ausgeübt wurde, so stark, daß die Brüder den beiden Schwestern in gerichtlichem, vom König bestätigten Vergleich zusammen 75 000 Tl. zugestanden, die nach ihrem Tode in Gold an das Fideikommiß zurückfallen sollten. Dieser Sieg hat indessen den Töchtern Moses Isaacs keinen Segen gebracht; 1 8 1 5 lebten beide von ihren inzwischen zu höheren Würden aufgestiegenen Gatten getrennt und kinderlos2. 1
Beytrag zur
wichtig
neuesten jüdischen
und veranlaßt durch
erhobene Streitfrage: jüdischen -
Religion?
Geschichte für
die vor dem Königl.
Bleibt der Jude,
Christen
und Juden
Kammergericht
zu
Berlin
der zum Christentum übergeht, bei der
Herausgegeben von D. Wilh. Abraham Teller, Berlin
Die Gesichtspunkte
gleich
der Rasse, die heute von der Behandlung
dieser
1788. Frage
nicht zu trennen wären, werden von den drei Gelehrten an einer einzigen Stelle nur eben gestreift 2
Testamente des Stadtgerichtes Berlin
386
75
Von den Söhnen Moses Tsaacs, die in den 8oer Jahren den religiösen Abfall der Schwestern so energisch bekämpften, sind, wie es scheint, zwei später den gleichen Weg gegangen; der dritte hat seine Kinder zum Christentum übergehen sehen. Geschäftlich ist kein Mitglied der Familie mehr hervorgetreten. Alle drei Söhne nahmen, auf die Herkunft des Vaters aus Schönfließ zurückgehend, den Familiennamen Flies an. Der älteste, Dr. med. Joseph Flies ( 1 7 3 8 - 1 8 2 2 ) , mit einer Tochter Daniel Itzigs verheiratet und von Nicolai als Büchersammler erwähnt, war zunächst gemeinsam mit seinem jüngsten Bruder Baer Flies Kurator des Fideikommisses. E r wohnte 1 8 1 5 als Kgl. Kammerrat Carl Ferdinand Flies in dem Familienhaus Spandauer Straße 2 1 , das in jenem J a h r für 60 000 Tl. an das Kgl. Generalpostamt verkauft wurde. Sein offenbar inzwischen erfolgter Übertritt zum Christentum ist vermutlich der Anlaß zu seinem zum mindesten vorübergehenden Ausscheiden aus der Verwaltung des Fideikommisses gewesen. Der zweite Bruder, der vom Vater verstoßen und schlimmer Dinge beschuldigt worden war, hat sich anscheinend schon viel früher taufen lassen. Aus Meyer Moses L e v y war bereits 1788 Ferdinand Wilhelm Flies geworden 1 . Das väterliche Gewerbe als Bankier führte eine Zeitlang der dritte Bruder weiter, Baer Moses Levy, später Baer Flies genannt, und zwar zunächst in Holland, wo er in erster Ehe mit einer Tochter des, wie der preußische Gesandte von Thulemeyer schrieb, im Haag berühmten Bankiers Boas verheiratet war und in bestem Rufe stand 2 . 1787 kehrte er nach Berlin zurück, wo er das Recht christlicher Kaufleute und 1 7 9 5 fiir seine Familie die Freiheit erhielt, mit allen Materialwaren en gros zu handeln. In zweiter Ehe war er in Berlin mit Hitzel Bernhard aus der bekannten Seidenfabrikantenfamilie verheiratet, von der er geschieden wurde 8 . Baer Flies scheint seine 1
Eleonore Flies, geb. Eskeles, aus Wien (1752-1812),
zurückkehrte
und neben den Frauen Arnstein,
rische Beziehungen
pflegte -
Car. Pichler,
2
Rep. 21.
Sie heiratete nach erfolgtem
nach Wien
und Ephraim dort litera-
Denkwürdigkeiten
war wohl seine Witwe oder von ihm geschiedene 3
die um 1802
Eskeles
(1914)
I 588
-
Frau
207 b 2 Übertritt zum Christentum
einen
von Boye. Über ihren Einfluß auf Varnhagen v. Ense siehe dessen keiten des eigenen Lebens I 266ff.
Vgl. auch Lüdecke,
Hauptmann Denkwürdig-
Häuserbuch
I S.
302
387
Tage als reicher Rentner am 27. Juli 1821 in Charlottenburg im Hause seines Sohnes Heymann Flies, Schloßstraße 42 1 , beschlossen zu haben. In seinem Testament2 vom 13. November 1818 bestimmte er, daß seine Hälfte des von seinem Vater überkommenen Geld-Fideikommisses - das Haus war inzwischen versilbert - später auf seine Enkel übergehen solle. Im übrigen sollten seine beiden Söhne, Carl Eduard (1770 -1829) u n d Heymann (?-i842) Flies, da sie durch das großväterliche Fideikommiß hinlänglich gesichert seien, von seinem Allodial-Nachlaß nur den gesetzlichen Pflichtteil erhalten; alles übrige solle zwei außerehelichen Kindern, den Geschwistern Stiefel, zufallen. Die Isaacsche milde Stiftung sollte nach seinem Tode vom jeweiligen Oberlandesrabbiner, nicht von seinen Söhnen verwaltet werden. Diese Bestimmung deutet bereits darauf hin, daß die Söhne inzwischen vom väterlichen Glauben abgegangen waren. Sie hatten gemeinsam auf Grund des väterlichen Privilegs Materialwaren en gros gehandelt und Tabakfabrikation betrieben. Infolge von Carl Eduards Übertritt zum Christentum verlor er diese Berechtigung und bedurfte 1798 einer besonderen Resolution, um gegen den Widerstand der Materialistengilde die Fortführung seiner Handlung durchzusetzen3. Im übrigen scheint Carl Eduard Flies, der wie sein Onkel Joseph Dr. med. war, mit Vater und Bruder in gerichtlichen Geldstreitigkeiten hinsichtlich des Fideikommisses, aus dem er schon als 21 jähriger 34 000 Tl. erhalten haben soll, gestanden zu haben. Seine beiden Ehen, aus denen er 10 Kinder hatte, wurden geschieden. Er selbst muß vorübergehend in Petersburg oder RussischPolen gelebt haben, von wo seine zweite Frau stammte und wo ein Teil seiner Kinder verblieb. In seinem zu Prenzlau verfaßten und niedergelegten Testament4 bestimmte er ähnlich wie sein Großvater und sein Vater, daß an Stelle der derzeitigen nur noch bis zu seinen Kindern gebundenen Fidei1
Gundlach,
S. 373. Flies
Gesch. v. Charlottenburg,
angegeben,
welchen
2
Prov. Brandenburg,
3
Prov. Arch.,
Irrtum
u. Schultz,
der „Semigotha"
Rep. 4 a F III
s. Reg. 53.
* Kammergericht,
388
S. 355
Chronik
v.
Chart.,
Dort wird Heymann Flies als Großvater, anstatt als Vater des Generals
38g
Rep. 4 a, F III
158
124
igia,
S. 333
übernahm
kommisses aus seinem freien Vermögen ein neues, wiederum bis zu seinen Enkeln gebundenes Fideikommiß gebildet werden solle. Sein Bruder Heymann, später Joachim Heinrich Flies genannt, muß bereits als reiferer Mann - sein zweiter Sohn wurde 1801 geboren - die Freiheitskriege mitgemacht haben. Er brachte es zum Premierleutnant und erhielt das Eiserne Kreuz. Seine beiden Söhne traten in die preußische Armee ein. 1838 werden August Heinrich Flies als Kgl. Hauptmann der Garde-Artillerie, Eduard Moritz Flies (1801-1886) als Kgl. Husarenleutnant erwähnt1. Dieser, 18. Juni 1864 als Oberst und Kommandeur der 6. Kavallerie-Brigade in den preußischen Adelsstand erhoben, war am 27. Juni 1866 der Führer der preußischen Truppen im Gefecht bei Langensalza, wo, nach Sybels2 Darstellung, „der alte Husar, trotz seiner grauen Haare jugendfrisch und verwegen" mit 9000 Mann einen doppelt so starken Gegner angriff und damit erheblichen Anteil an der Herbeiführung der Kapitulation der Hannoverschen Armee hatte. Da Eduard von Flies nur eine Tochter hatte, ist diese Linie mit ihm ausgestorben. 1
Lüdecke,
Häuserbuch
* Begründung
I
328
des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Volksausgabe V 47. -
auch Nachruf für
v. Flies in Kretiz-Ztg.
v. 14. 12.
S.
1886
389
Uberblick über die Münzjuden Der ähnliche Verlauf der finanziellen und sozialen Schicksale der drei friderizianischen Münzunternehmer und ihrer Familien regt zu einer Zusammenfassung an. Die Vermögen, die am Ende des Siebenjährigen Krieges bei Ephraim, Itzig und Isaac nicht allzu verschieden waren - jeder von ihnen dürfte annähernd eine Million Taler besessen haben - sind durch die geschäftliche und verwalterische Tätigkeit ihrer Besitzer in den folgenden Jahrzehnten im günstigsten Falle erhalten, nicht aber erhöht worden. So weit schon bei Lebzeiten der Begründer der drei Familien Verluste eintraten, waren sie weniger auf die - nicht überall ganz freiwillige industrielle Betätigung, als auf geschäftliche Unzulänglichkeit der zweiten Generation zurückzuführen. Namentlich in den letzten Lebensjahren Itzigs, der annähernd zwanzig Jahre länger lebte als seine ehemaligen Sozien, ist dieser zerstörende Einfluß der nächsten Generation zu beobachten. Keine der drei Firmen, in denen die Münzjuden ihre Geschäfte betrieben haben, hat den Tod ihres Begründers überdauert. Eine Reihe von Söhnen hat in neugegründeten Bankgeschäften versucht, in die Fußtapfen der Väter zu treten, aber keiner hat eine bleibende Bedeutung gewonnen oder auch nur seine Firma der dritten Generation erhalten können; mehrere Nachkommen haben, durch Unglück, Leichtsinn oder Schlimmeres, ein schmähliches Ende gefunden. Ephraim, Itzig und Isaac, die mit der geringeren Tüchtigkeit ihrer Nachkommen wohl rechneten, haben alle drei versucht, einen Teil ihres Vermögens durch Fideikommisse - zum Teil unter Fundierung auf städtische Immobilien - langfristig zu binden. Auch dies ist nur unvollkommen gelungen. Ohne daß uns das Schicksal dieser Fideikommisse in den späteren Generationen bekannt ist, darf man annehmen, daß 100 Jahre nach dem Tode der Erblasser nur noch Bruchteile der ursprünglichen Vermögen vorhanden gewesen sind. 390
Eine merkwürdige und charakteristische Parallele ergibt sich aus der Feststellung, wie weitgehend und schnell die Familien der drei Münzjuden deren Namen abgelegt haben. Schon in der dritten, teilweise schon in der zweiten Generation erscheinen neue Namen; die alten Namen verschwinden entweder völlig oder doch aus dem Gesichtskreise der Öffentlichkeit, was den Eindruck bestätigt, daß es in erster Linie die bedeutenderen Persönlichkeiten und Stämme sind, die sich von dem alten großväterlichen oder urgroßväterlichen Namen trennen. Mit der Änderung des Namens ist der Übergang vom Judentum zum Christentum nicht identisch, d. h. nicht immer zeitlich zusammenfallend. Vielfach ist die Namensänderung der Taufe vorangegangen, doch gibt es auch die umgekehrten Fälle. Falls überhaupt einzelne Stämme längere Zeit bei der jüdischen Religion verblieben sind, so haben sie wirtschaftlich oder sozial keine Rolle mehr gespielt. Man muß nach dem Vorstehenden zugeben, daß das mit den Münzgeschäften erworbene Geld den Familien der einstigen Erwerber in kaufmännischer Beziehung keinen Segen gebracht und nicht einmal dazu geführt hat, in diesen Familien ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl zu erwecken. Es ist, als drücke sich darin die Vergeltung für das mannigfache Elend aus, das die Tätigkeit der Münzjuden als allzu williger Werkzeuge der finanziellen Notpolitik Friedrichs über die betroffenen Völker gebracht hat. Auf der andern Seite dürfen indessen auch die für die Allgemeinheit wie für die Nachkommen günstigen Wirkungen, die von deren Geschäften und geschäftlichen Erfolgen ausgegangen sind, nicht übersehen werden. Es ist keineswegs so, als seien die Namen der drei Münzunternehmer vom Siebenjährigen Kriege an verfemt gewesen, so daß sie für ihre Träger etwa eine dauernde Last bedeutet hätten. Der Schutz, den Friedrich II. seinen Münzpächtern und ihren Familien bis zu seinem Tode hat angedeihen lassen, und die mannigfachen Ehrungen, die sein Nachfolger diesem Schutz hinzugefügt hat, spiegeln sich in dem Ton wieder, in dem die Münzpächter in der zeitgenössischen Literatur erwähnt werden. Es ist der der Hochachtung vor dem Erfolg, dem nur gelegentlich ein ironischer Beiklang gegeben wird. Wenn trotzdem eine wachsende Zahl von Nach391
kommen, und, wie es scheint, gerade die Feinfühligsten, die Verbindung mit dem alten Familiennamen lösten, so ist darauf hinzuweisen, daß auch andere jüdische Familien, namentlich wenn sie zur christlichen Religion übertraten, in dieser Weise einen Strich unter die Vergangenheit zu machen suchten. Bei den Nachkommen der Münzjuden mag der Anlaß dazu nicht immer nur in den Erinnerungen an die Münztätigkeit der Familiengründer, sondern öfters auch in den unliebsamen Skandalen zu suchen sein, die infolge von kaufmännischen Geschäften der zweiten oder dritten Generation den väterlichen Namen diskreditierten. Als positiv zu werten bleibt die Einwirkung, die die Anlage der drei großen Familienvermögen im Lande gehabt hat. Sowohl dem Handel und dem Gewerbe wie auch den Künsten, vor allem dem Stadtbilde Berlins sind diese Anlagen zugute gekommen. Ihre Wohlhabenheit und der in ihren Häusern entwickelte - im Vergleich zu den damaligen Verhältnissen westlicher Kulturzentren noch immer bescheidene - Luxus haben die Grundlage für eine Geselligkeit abgegeben, die sich nicht auf die jüdischen Kreise beschränkte, manche Beziehungen zu der klassichen und romantischen Literaturwelt hatte und vielleicht mit Recht die geistig anmutigste Erscheinung des damaligen Berliner Lebens genannt worden ist. Neben dieser mittelbaren Einwirkung haben die drei Familien indessen durch eine Reihe von hervorragenden Persönlichkeiten der dritten, vierten und späterer Generationen auf das deutsche Kulturleben auch unmittelbar eingewirkt. Unter den veränderten Familiennamen und unter den Ehenamen ihrer Mütter haben zahlreiche Nachkommen der drei Münzjuden als Gelehrte, Künstler, Beamte und Soldaten ihren Beitrag zur Entwicklung deutschen Lebens im 19. Jahrhundert geleistet.
S92
Liepmann Meyer Wulff Die Jahre von 1763 bis 1806, die zunächst den wirtschaftlichen Wiederaufbau Preußens unter Friedrich, dann die steigenden Geldbedürfnisse der Regierung seines Nachfolgers, schließlich die der Emanzipation vorangehende mildere Einstellung gegenüber den Juden brachten, haben neben den Nachkommen der friderizianischen Münzjuden noch eine ganze Reihe anderer jüdischer Unternehmer in den Vordergrund treten lassen. Von Fabrikanten sind Isaac Benjamin Wulff und Gebr. Bernhard bereits dargestellt worden 1 . An jüdischen Bankiers, die eine gewisse Bedeutung gewonnen haben, sind zu nennen Hirsch Nathan Bendix, dessen Nachkommen oder Verwandten ihre Geschäfte später unter den Namen Bentheim, BernsdorfF und Bendemann fortsetzten; Meyer Warburg, ein gewandter Vermittler; die aus Holland stammenden Cohen, die in Amsterdam die Seehandlung vertreten hatten, in Berlin aber ebenso wie in Amsterdam ein schlechtes Ende nahmen; und die Firma Nathan Liepmann & Co., die ebenfalls noch vor 1806 in Schwierigkeiten geriet. Bedeutender als diese waren L i e p m a n n M e y e r W u l f f und Salomon Moses Levy Erben, welche letztere wir indessen, da sie erst nach 1806 ihre größte Bedeutung gewannen, im dritten Band zu behandeln gedenken. Hier soll die Entwicklung Liepmann Meyer Wulffs dargestellt werden, der wohl als der erfolgreichste Berliner Geschäftsmann des ausgehenden 18. Jahrhunderts bezeichnet werden kann. Liepmann Meyer Wulff ist den 1. September 1745 in Berlin als Sohn des Meyer Wulff geboren. Die Nachrede, die ihm später, als er ein mehrfacher Talermillionär war, nachging, nämlich daß er als „Betteljude" angefangen habe2, trifft nicht zu. Schon sein Großvater ist in Berlin ansässig gewesen und wird als Wulff Levin Fränkel in der Liste der 1714 in Berlin ' 3
Vgl. oben S. a Intelligenzblatt 25
7 9
jj
zu den Neuen
Großkaufleute 2
Feuerbränden
I (1808)
Sp. 280
393
verglcitetcn Juden genannt 1 . Die entsprechende Liste von 1750 führt seinen Großvater unter den Alt-Privilegierten, seinen Vater unter den auf Lebenszeit Konzessionierten auf. Der 1764 geschlossene Ehevertrag zwischen Liepmann Meyer Wulff und seiner Frau Esther, Tochter des Michel Bamberg, ergibt, daß die damals bereits verwitwete Mutter dem igjährigen Bräutigam außer der üblichen Ausstattung 3000 Tl. mit in die Ehe gab, während die Braut 4800 Tl. mitbrachte 2 . Wie bei zahlreichen andern Geschäftsleuten, die später zu Erfolg kamen, ist von den Anfängen seiner geschäftlichen Tätigkeit so gut wie nichts bekannt. Zum ersten Mal begegnet er 1 7 7 9 im bayrischen Erbfolgekrieg mit Getreidelieferungen für die preußische Armee. Wir erfahren darüber nur bruchstückweise aus einem Rechtsstreit, der mehr als 1 5 Jahre später noch in dritter Instanz anhängig gewesen sein muß 3 . Der Berliner Kaufmann Diederich Ernst Bühring, bekannt durch seine Vorarbeiten für die Errichtung der landwirtschaftlichen Kreditinstitute in Preußen, hatte seit Jahren Roggenlieferungen für die königlichen Magazine gehabt. In diesem Geschäft empfand er in zunehmendem Maße die Konkurrenz des Wulff, durch die er im bayrischen ErbfolgeKrieg einen Schaden von über 50 000 Tl. erlitten haben wollte. 1 7 8 3 kam es zu einer Verständigung zwischen den Konkurrenten, in der Bühring für drei Jahre auf alle Lieferungen verzichtete, wogegen Wulff und sein Partner, ein Hauptmann von Unruh, zusagten, dem Bühring für jeden Wispel Roggen, den sie während dieser drei Jahre liefern würden, 12 Groschen zu zahlen. Außerdem verpflichteten sie sich - und dies wurde der Anlaß zu dem späteren Prozeß - , bei etwaigen Lieferungen nach Ablauf der drei J a h r e den Bühring, wenn er es verlange, in Companie zur Hälfte aufzunehmen, oder mit ihm in vorgehender Art ein Abkommen zu treffen. Tatsächlich lieferten Wulff und Consorten - außer 1
M. Stern, Beiträge zur Gesch. d. Jüd.
'l Mitteilung 3
von Prof. W. M.,
RechtlicheAusfiihrungen
Ernst
Bühring
mann Meyer (nach
394
1793)
Klägern
Gemeinde Berlin 4, S. 22
Berlin
in Sachen des Kaufmann und u. Revidenten
Wulff, Beklagten
an einem ./.
BleyfabrikantenDietrich den Schutzjuden
u. Revisen, am andern Teil.
Berlin
ohne
LiepJahr
v. Unruh, der während der Vertragszeit starb, war zeitweise noch ein Amtsrat Sack beteiligt - innerhalb der drei Vertragsjahre, d . h . bis 1786, 4048 Wispel, und zwar hauptsächlich aus Polen und Holland. Man darf deren Wert, den Wispel zu 24 Scheffel, den Scheffel nach dem Tagespreis mit 1 bis i 1 / , Tl. gerechnet, auf etwa 1 2 0 0 0 0 Tl. schätzen. A n Stelle der etwa 2000 Tl., die Wulff dem Bühring nach ihrem Vertrage schuldig war, verglichen sich die Parteien auf 1200 Tl., d. h. auf etwa 1 % des gemachten Umsatzes. Die vorerwähnte, von Bührings Anwalt verfaßte „Rechtliche Ausführung" erklärt es nun als notorisch, daß Wulff an seinen gesamten Heereslieferungen eine Million Taler verdient habe. Die Umsätze in den Jahren nach 1786 müssen danach erheblich gewachsen sein, und dies erklärt auch Bührings Bitterkeit darüber, daß er an ihrem Nutzen nicht mehr beteiligt wurde. Denn Wulff stellte sich auf den Standpunkt, Bühring hätte sich nach Ablauf der drei Jahre an ihn wenden und sich entscheiden müssen, ob er eine Beteiligung oder eine Ablösungs-Provision, wie für die letzten J a h r e vereinbart, vorziehe. Bühring dagegen glaubte sich berechtigt, da ihm von geschehenen Lieferungen keine Anzeige gemacht worden sei, auch nachträglich noch sich erklären zu können, welche von beiden Alternativen er beanspruche. Angesichts dessen, daß uns heute nur die Bühringsche Darstellung des Streitfalles vorliegt, fällt ein eigenes Urteil nicht leicht. Die beiden ersten Instanzen entschieden zu Gunsten Wulffs. Die Entscheidung der dritten Instanz läßt sich leider nicht mehr feststellen. Es ist begreiflich, daß die Angaben über besonders gewinnbringende Geschäfte in der Regel nicht von demjenigen stammen, dem die Gewinne zufielen, sondern von seinen weniger erfolgreichen Konkurrenten. Für die GetreideLieferungsgeschäfte Wulffs liegen uns Angaben noch eines andern Konkurrenten vor, nämlich des Geh. Kommissionsrats Benjamin Veitel Ephraim 1 . Der Stern des jüngsten Sohnes von Veitel Ephraim war schon niedergegangen, als er seine Erinnerungen schrieb und gegen Wulff, dem vieles von dem gelungen war, was er umsonst erstrebt hatte, sein Gift ausspritzte. Ephraim erwähnt drei von Wulff durch1
Über meive 25"
Verhaftung,
2. Aufl. (1808),
S. lfjy,
167 ff. u.
ijy
395
geführte Geschäfte. Das erste habe Wulff 1791 nur gemacht, um ihm - Ephraim - einen schon abgeschlossenen Kontrakt abzujagen. Wulff habe auf 12 000 Wispel Roggen, den Scheffel zu 17 Groschen, abgeschlossen, indessen bei diesem niedrigen Preis von vornherein nicht die Absicht zur Lieferung gehabt; er habe daher im Vertrage keine Lieferungsfristen vorgesehen und sei so schließlich ohne Schaden von dem Kontrakt abgekommen. Das zweite Geschäft, von Wulff mit seinem Gönner Schulenburg zusammen während des französischen Feldzuges entworfen - „beide beabsichtigten nur das Interesse des Staates, wodurch sie an den Bettelstab gerieten" habe darin bestanden, gegen den R a t der Sachverständigen 10 000 Wispel Hafer von der Warthe und Netze zur See über Rotterdam der Rhein-Armee zuzuführen. Natürlich sei der Hafer völlig verdorben angekommen, und der Kaufpreis fast ganz verloren worden. Das dritte Geschäft schließlich soll Wulff kurz vor dem Zusammenbruch der Firma Itzig & Co. getätigt haben. Ein bei Hofe einflußreicher Mann hatte 30 000 Tl. von dieser Firma zu fordern. Wulff erklärte sich bereit, die gefährdete Forderung zu übernehmen, wenn der Gläubiger beim König für Wulff die Genehmigung zur Ausfuhr von einigen 1000 Last 1 Weizen durchsetzen würde. D a bei der Ausfuhr von Weizen über 50 % zu gewinnen war, so bedeutete die Genehmigung, die erteilt wurde, für alle Beteiligten ein gutes Geschäft. - Die Quelle, aus der die vorstehenden Angaben stammen, ist trübe, und der Hergang bei den einzelnen Geschäften mag vielfach anders gewesen sein. Aber die Angaben, von einem ersten Kenner der Materie stammend, sind darum wertvoll, weil sie zeigen, wie dicht beieinander in diesen Geschäften Erfolg und Katastrophe lagen, und weil sie ahnen lassen, wie damals ein weitblickender und unternehmender Kaufmann, wenn ihm das Glück treu blieb, zu Millionenvermögen kommen konnte. A m 3. Oktober 1786 gehörte Wulff zu den Juden-Ältesten, die dem neuen König aus Anlaß seines Regierungsantritts ein Huldigungsgedicht überreichten 2 . A m 6. April des folgenden Jahres erhielt er ein Generalprivileg mit den Rechten 1
1 Last =
1
König, Annalen der Juden
396
3 Wispel
ja Scheffel, der Scheffel gleich ca. 5 5 Liter 320
christlicher Kaufleute, wie es in den vorangegangenen 25 Jahren etwa zehn wirtschaftlich oder kulturell führende Berliner Juden schon erhalten hatten 1 . Innerhalb der jüdischen Gemeinde nahm er eine entsprechende Stellung ein; er wurde bei den - zunächst noch erfolglosen - Versuchen, eine Änderung in der politischen Stellung der Juden durchzusetzen, wiederholt zum Übermittler der Wünsche seiner Glaubensgenossen gemacht4. Im Februar 1787 wird Wulff als Entrepreneur des Postfuhrwesens bezeichnet. Der Umfang dieses Postprivilegs sowohl in sachlicher wie in lokaler Beziehung ist nicht mehr leicht festzustellen. Sicher ist, daß Wulff die Pferdegestellung für die Posten in Berlin und Potsdam in Entreprise hatte, und daß er für diesen Zweck 1793 in Potsdam das Haus am Kanal 15 erwarb, das damit zum Kern des späteren „alten Posthofes" wurde3. Die Post-Entreprise hat Wulff, wie es scheint, bis zu seinem Tode 1812 in der Hand behalten. Sein Streben ging auf großzügige, wenn möglich monopolartige Unternehmungen aus, wie sich schon bei seinen Lieferungsgeschäften gezeigt hatte, bei denen er Konkurrenten durch Auskaufen oder Unterbieten ausschaltete, und wie sich auch bei seinen späteren Unternehmungen erweist. Die Post-Entreprise mußte, wenn richtig aufgezogen, als Monopol sehr gewinnbringend sein, besonders in einer Zeit, in der der Verkehr zwischen Berlin und Potsdam durch den Bau der Berlin-Potsdamer Chaussee einen starken Auftrieb erhielt. 1803 brachten v. Cöllns „Vertraute Briefe" 4 zum Ausdruck, daß auch die Öffentlichkeit sich über diese Dinge Gedanken machte: „Man macht ihm (dem Minister Schulenburg) zum Vorwurf, daß er den reichen Bankier Liepmann Meyer besonders dadurch begünstige, daß er ihn ungeheuer beim Postwesen und bei der Lotterie verdienen lasse. So viel ist gewiß, daß dieser Mann sich Reichtümer sammelt." Andererseits waren solche UnterGeiger, Geschichte der Juden in Berlin II 14s Freund, Emanzipation der Juden in Preußen IS. 46, 55 u. äs 3 Höckel in Havelländischer Erzähler, Beil. zur Potsdamer Tageszeitung 30. is. 1931 4 Bd. I S. IB6 1
2
397
nehmungen nur demjenigen möglich, der die für die Einrichtung benötigten großen Mittel aufbringen konnte. Während in Frankreich die fermiers généraux durch die Revolution endgültig beseitigt wurden, entstand in Preußen ein erster und letzter Generalpächter, der es verstanden hat, auf drei oder vier wichtigen Wirtschaftsgebieten ausschließlicher Vertrauensmann des Staates zu werden. Ein Privileg, das sich indessen nicht zu seiner Zufriedenheit entwickelt zu haben scheint, erwarb Wulff Ende 1793, indem er vom Militärwaisenhaus in Potsdam gegen eine jährliche Zahlung von 1200 Tl. die Erbpacht des dort beim Waisenhause bereits bestehenden und eines in Berlin neu zu errichtenden Leihhauses übernahm 1 . Es handelte sich um sogenannte Adreßhäuser oder Lombards, die durch Ausleihung gegen mobile Pfänder dem in den Residenzen als Garnison- und Beamten-Städten besonders grassierenden Wucher steuern, daneben auch den Manufakturen mit Kapital zur Verfügung stehen sollten. Ein entsprechendes, dem Carl Humbert, einem Mitglied der französischen Kolonie privilegiertes Unternehmen bestand in Berlin bereits seit Ende des 17. J a h r hunderts 2 . Wulffs Erbpachtvertrag bezog sich ausdrücklich auf dies Privileg und legte ihm die Verpflichtung auf, sein Unternehmen „auf dem Fuß des den Carl Humbertschen Erben zugehörigen Adreßhauses" zu führen. Der Wortlaut des in der Gesetzsammlung veröffentlichten Erbpachtkontraktes weist in Ton wie Inhalt auf die rücksichtsvolle Einstellung hin, die man im Unterschied zur friderizianischen Zeit neuerdings dem jüdischen Bankier schuldig zu sein glaubte. Die Bekanntgabe, daß das Waisenhaus für die Verpflichtungen des Lombards nicht hafte, sollte in der Art geschehen, „daß es der Ehre und dem Kredit des pp. Wulff nicht zum Nachteil gereiche". Bei der Erwähnung des Falles, daß die Erben Wulffs wegen gesetzwidriger Handlungen die Erbpacht etwa aufgeben müßten, wird ausdrücklich festgestellt, daß man, was Wulff" selbst beträfe, diesen Fall nicht für denkbar halte und deshalb keine Vorkehrungen zu treffen brauche. 1
Mylius,
Geschichte
Novum
Corpus Constitutionum IX (1794)
des Militärwaisenhauses,
" Vgl. oben S. 79 f
398
S. 453
f
Sp. 1888 ff. und
£arnack
Man darf annehmen, daß Wulff bei der Pacht der beiden Leihhäuser an eine nutzbringende Anlage seines Geldes gedacht und wohl gehofft hat, in diesem gleichsam anonymen Rahmen ein ausgebreitetes und lukratives Bankgeschäft betreiben zu können. Über die Entwicklung seiner Leihhäuser ist nichts bekannt. Ob das Berliner Unternehmen, gegen dessen Konzessionierung sich die Humbertschen Erben entschieden auflehnten, überhaupt seine Tätigkeit aufgenommen hat, ist zweifelhaft. Anfang 1797 erklärte Wulff, es sei aus Raummangel noch nicht eröffnet. Das Potsdamer Leihhaus hat er vom 1. Mai 1794 ab in einem Lokal außerhalb des Waisenhauses betrieben. Die Bestimmung der Konzession, daß nicht mehr als 6 % Zinsen genommen werden durften, die für normale Zeiten sicher angemessen war, fiir Zeiten besonderer Geldknappheit indessen keinen Spielraum ließ, mag zusammen mit andern Bedingungen Wulff verhindert haben, das Geschäft der Leihhäuser nach Wunsch auszubauen. Das machte sich besonders geltend, als die Zeit schwerster Not hereinbrach; daher weigerte sich Wulff 1808 mit der Begründung, daß die Leihhäuser ihm nichts einbrächten, die Erbpacht weiter zu zahlen und klagte auf Aufhebung des Vertrages. E r verlor indessen in allen drei Instanzen. Erst nach seinem Tode führten Verhandlungen, die seine Nachlaßkuratoren angebahnt hatten, 1 8 1 8 zu einem Vergleich, unter dem die WulffscheMasse eine Entschädigungssumme zahlte und das Waisenhaus dagegen auf alle seine Rechte verzichtete. Ein wesentlich bedeutenderes Monopolgeschäft ist Wulffs Verbindung mit der Preußischen Klassenlotterie gewesen. Diese 1769 eingerichtete Lotterie war gemeinsam mit der von Calzabigi gegründeten Preußischen Zahlenlotterie an hochgestellte Familien, zuletzt an einen Fürsten Reuß und einen Freiherrn v. d. Reck verpachtet gewesen 1 . Friedrich Wilhelm II., der seit seinem Regierungsantritt die Übernahme 1
Odebrecht,
Ztschrft.f.
u. Entwicklung wissenschaften 1809/10
Geschichte
d. Preuß.
Lotterie-Einrichtungen
Preuß. Geschichte u. Landeskunde, der Klassenlotterie 1886;
Bassewitz,
1864,1;
v. 1763—1815,
Warschauer,
in
Entstehung
in Preußen, in Ztschrft. f . d. Ges. Staats-
Kurmark
Brandenburg
1806/08
I 181
und
S. 697 ff
399
in Staats-Rcgic geplant hatte, führte diese durch Edikt vom 20. Juni 1794 1 durch, indem er nach Ablauf des Pachtvertrages Klassenlotterie und Zahlenlotterie einer neu errichteten General-Lotterie-Administration unterstellte. Die erste Ziehung der Klassenlotterie, die für Rechnung des Staates erfolgte, war indessen ein Mißerfolg, indem die meisten Lose unverkauft blieben und von der Regierung übernommen werden mußten. Unter dem Eindruck dieser Erfahrung entschloß sich die Administration, nachdem sie zunächst eine Reihe von Pachtverträgen abgelehnt hatte, Liepmann Meyer Wulff ein „HauptLotterie-Einnahme-Kontor" zu übertragen. Wulff übernahm damit vom 1. Januar 1795 an sämtliche Lose auf eigene Rechnung und Gefahr, und nur einzelne bereits früher bestellte Ober-Einnehmt, in Berlin und Breslau sollten vorläufig in ihren Rechten geschützt bleiben. Wulff stellte eine Kaution von 70 000 Tl.* und erhielt zunächst 3 1 / i %, später 4% Provision vom Umsatz, von denen er i 1 / g % an die von ihm bestellten Einnehmer abgeben sowie etwaige Verluste und sämtliche Kosten des Absatzes tragen mußte. Nicht nur im inneren Verhältnis zum Fiskus, sondern auch nach außen unterschied sich die Einrichtung dieses Haupt-EinnahmeKontors kaum von einer Verpachtung. Als Pächter der Preußischen Klassenlotterie sah die Öffentlichkeit Wulff an, und als solchen hat ihn gelegentlich sogar die General-Administration bezeichnet. Dagegen ist die gegen ihn erhobene Behauptung, er habe angesehene Familien von der Pacht verdrängt8, mit den vorstehend wiedergegebenen Tatsachen nicht in Einklang zu bringen. Der ursprüngliche Vertrag, der bis 1804 ging, wurde bei Ablauf bis 1812 verlängert, indessen wurde seine Durchführung durch den Ausbruch des Krieges 1806 unterbrochen. Von 1794 bis 1806 hat Wulff den Absatz der Lose von 50 000 auf 90 000 Stück gesteigert. Bei einem Preise des Loses, der zeit1
Corp. Const 1794 Nr. 58 Sp. 3336 Nach seinem Tode fanden sich 81 000TI. hypothekarische Obligationen als Kaution bei der Lotterie-Verwaltung hinterlegt, die der Nachlaß-Verwaltung freigegeben wurden, nachdem sich niemand mit Ansprüchen an die Kaution gemeldet hatte. Testaments-Akten Amtsgericht Berlin-Mitte 3679 4 Rechtliche Ausführung usw. S. 6 2
400
weise 15 Tl., zeitweise 20 Tl. betrug, bedeutete das einen Jahresumsatz zwischen 750 000 und 1 800 000 Tl. Das finanzielle Erträgnis der Klassenlotterie für den preußischen Staat hat sich dabei von etwa 9 6 0 0 0 Tl. in 1794/95 bis auf etwa 3 1 0 0 0 0 Tl. in 1805/06 erhöht, also wesentlich mehr als die Stückzahl der abgesetzten Lose 1 . Anderseits kann der Provisionsnutzen, der für Wulff nach Abgabe an seine Kollekteure und nach Deckung aller Unkosten verblieb, nicht bedeutend genug gewesen sein, um den Mann, der schon damals als „einer der reichsten wenn nicht der reichste Particulier, den der König in seinem Lande hat", galt, für die große organisatorische Arbeit zu entschädigen, die mit dem Ausbau der Klassenlotterie verbunden war. Man darf annehmen, daß die großen Geldbeträge, die im Zusammenhang mit der Lotterie-Einnahme durch seine Hände gingen und zum Teil längere Zeit darin verblieben, im Zuge seiner anderweitigen Bankgeschäfte gut verwertbar gewesen sind und auch währungsmäßig Gelegenheit zu Verdiensten geboten haben. Daß seine Tätigkeit als Generaleinnehmer der Lotterie seine Auftraggeber befriedigt haben muß, geht nicht nur aus der Verlängerung des mit ihm abgeschlossenen Vertrages, sondern auch aus den Beziehungen hervor, die er sich in diesen Jahren zu dem späteren Kabinettsrat Beyme geschaffen hat. Beyme, der als junger Kammergerichtsrat das Lotterie-Edikt von 1794 redigiert hatte, wurde durch Reskript vom 2. Februar 1 7 9 5 zum zweiten Ober-Lotterie-Richter bestellt und hat offenbar in dieser Eigenschaft ein Vertrauen zu Wulff gefaßt, dem er in späteren Jahren bei wichtigen Anlässen wiederholt deutlichen Ausdruck gegeben hat. Die Besetzung Berlins durch die Franzosen im Oktober 1806 brachte die Klassen-Lotterie in gründliche Unordnung und scheint damit auch Wulff erheblichen Schaden zugefügt zu haben. V o r dem Einrücken der französischen Truppen waren die vier ersten Klassen der Lotterie des laufenden Jahres ausgespielt worden, während die fünfte, die die größten Gewinne enthielt, noch ausstand. Die Lotterie-Verwaltung hatte nach Bekanntwerden des Ausgangs der Schlacht bei J e n a Wulff 1
Warschauer, Geschäftsresultate der Klassenlotterie Jahrbuch f . Gesetzgebung usw., X(i886) S. ¡51
in Preußen; in
Schmollers
401
veranlaßt, die bei ihm befindlichen Einsatzgelder von insgesamt 455 ooo Tl. an die Königliche Bank abzuliefern, die in diesen Tagen ihre gesamten Kassenbestände nach dem Osten des Landes in Sicherheit brachte. Als nun die französische Verwaltung, die für die Zahlen- und Klassenlotterien eingesetzt war, im Juli 1807 die Ausspielung der fünften Klasse der vorjährigen Lotterie erzwang, obwohl ein erheblicher Teil der Lose infolge der Kriegswirren nicht abgesetzt oder zum mindesten nicht bezahlt war, geriet Wulff auf allen Seiten ins Gedränge. Durch den ungenügenden Absatz von Losen und die mangelnde Postverbindung mit den Einnehmern im Lande hatte er Verluste, die er später auf etwa 41 000 Tl. angab. Für die Gewinne der fünften Klasse, die sich auf etwa 463 000 Tl. beliefen und für die er den Gegenwert an die Bank abgeliefert hatte, sollte er auf Verlangen der französischen Verwaltung, solange die Bank diese Mittel nicht wieder herausgab, durch sein Gesamtvermögen garantierte, mit seiner Unterschrift versehene zessionsfähige Bürgscheine ausstellen. Schließlich wurde er gezwungen - wozu indessen erst viermalige militärische Exekution angewandt werden mußte - , den rechnerischen Überschuß der vorjährigen Lotterie in Höhe von etwa 96 000 Tl. an die französischen Kassen auszuzahlen. Nach dem Aufhören der französischen Besetzung kam Ende 1809 eine Regelung der sehr verfahrenen Lage zustande, die den Inhabern von Gewinn-Losen eine Auszahlung ihrer Gewinne in Obligationen der Bank verschaffte, d. h. also mit dem erheblichen Disagio, zu dem diese gehandelt wurden. Wulff kam dadurch, und indem ihm die an die französische Verwaltung geleisteten Zahlungen auf seine Verpflichtungen gegenüber der Königlichen Lotterie-Administration angerechnet wurden, von gefährlichen Engagements los, in die er während der Besetzung geraten war. Eine Entschädigung für die bedeutenden Verluste, die er geltend machte, wurde abgelehnt. Als er durch eine ministerielle Verfügung Altensteins Anfang 1810 zu einer Erklärung aufgefordert wurde, ob er die General-Kollekte der Klassenlotterie nach Inhalt der früher abgeschlossenen Verträge bis zum 1. Januar 1812 weiter übernehmen wolle, lehnte er mit dem Hinweis auf die politischen Komplikationen, die dem Lande auch für die 402
Zukunft bevorständen, und auf den hierdurch sich zweifellos immer weiter verringernden Absatz der Lose ab. Da Altenstein das Schicksal der Klassenlotterie von der Erklärung Wulffs abhängig gemacht hatte, wurde nunmehr ihre einstweilige Aufhebung ausgepsrochen. Wulff selbst hat an den Lotterie-Geschäften der Jahre 1806 bis 1809 sicher erhebliche Verluste erlitten, wenn auch Warschauers Angabe, daß „sein notorischer Wohlstand durch die Rücksichtslosigkeit des Feindes völlig zerrüttet wurde" 1 , weit übertrieben ist. Nicht alles Geld, das Wulff in seinen Konzessionsgeschäften verdiente, konnte er in diesen auch wieder verwenden; er brauchte noch andere Anlage-Gelegenheiten. So erscheint er seit 1792 in zunehmendem Maße als Hypotheken-Gläubiger von Berliner Hausgrundstücken 2 . Allein in der Königstraße waren hypothekarische Forderungen für ihn auf die Häuser 42, 43, 44, 55, 56, und 67 eingetragen. Als Wohn- und Geschäftshaus erwarb er - erst 1803 - das große ehemals Wegelysche Eckhaus Königstraße 33 und Neue Friedrichstraße, das er mit 43 050 Tl. bezahlte. Der zugehörige Garten mit seinen Gewächs- und Lusthäusern, der bis zum Königsgraben herunterging, ist von Eberty in seinen „Jugenderinnerungen eines alten Berliners" 3 anschaulich geschildert worden. Als weniger gute Kapitalsanlage würde man zunächst den Betrag von 30 000 Tl. ansehen, mit denen Wulff 1796 bei dem Zusammenbruch der Firma Itzig & Co. beteiligt war 4 . Vielleicht handelt es sich indessen bei diesem Posten um die früher erwähnte gleich hohe Forderung, die Wulff nach der Angabe Benjamin Veitel Ephraims kurz vor dem Itzigschen Zusammenbruch von einer hochstehenden Persönlichkeit erwarb, um eine wertvolle Ausfuhr-Genehmigung durchzudrücken. Übrigens wurdeWulff gemeinsam mit Nathan Liepmann und der Firma Benecke zum Kurator der Itzigsche Masse bestimmt. 1 2
a. a. O., S. Lüdecke,
Gesamtumfang 3
690
a. a. O., Register. Da bisher erst Band I erschienen ist, läßt sich der seiner hypothekarischen
s. Aufl. S. 114.
Burgstraße
Ausleihungen
Die Angabe des Herausgebers,
da gelegen, wo später sich der Zirkus
Entsprechend
ist daher auch Wallichs
nicht
übersehen
der Garten habe am Ende
der
Busch befand, trifft nicht zu.
Angabe in F. B. P. G. igs8,
5. egg zu
berichtigen 4
Rep. 9 T 2.
246
403
Auf die Vielseitigkeit der Wulffschen Geschäfte deutet eine Aufstellung der Pächter der Berliner Ratswage hin, in der diejenigen Kaufleute aufgeführt werden, die von September 1798 bis Juli 1799 zu Schiff Zichorien nach Berlin eingeführt, aber den Bestimmungen entgegen nicht auf der Ratswage haben abwiegen lassen. Unter 24 Häusern, die zusammen etwa 9300 Zentner einführten, war Wulff - der einzige J u d e mit über 2000 Zentnern der größte Zichorien-Importeur 1 . Mehr wohl der Wunsch, sich maßgebenden Stellen gefällig zu erweisen, als die Absicht zur Kapitalsanlage veranlaßte Wulff 1800 zum Bau des Nationaltheaters - des heutigen Schauspielhauses auf dem Gendarmenmarkt - 100 000 Tl. zu 5 % Zinsen vorzustrecken. Vom Herbst des Jahres ab übernahm die Bank die Tilgung des Vorschusses und weitere Finanzierung des Theaterbaues 2 . Als Gefälligkeitsgeschäft ist auch ein Kredit von 5000 Tl. anzusehen, den Wulff 1803 dem Obersten der Kavallerie und Direktor der Militär-Akademie Franz Otto Friedrich v. Kleist in Berlin zur Konsolidierung von dessen Schulden zu 4 % Jahreszinsen gewährte 3 . Kleist verpfändete zur Abtragung des Kredites seine Einkünfte von jährlich 500 Tl. aus der Amtshauptmannschaft Treptow. Aber erst 1818 konnten die Nachlaß-Kuratoren über Zahlung der Restschuld von 1100 Tl. quittieren. Kurz vor der Jahrhundertwende begann Liepmann Meyer Wulffs geschäftliches Interesse eine ganz neue Richtung zu nehmen. Die wenigen Zeugnisse, die wir über die Persönlichkeit des Mannes haben, machen es schwer, ein Urteil darüber zu gewinnen, aus welchen Beweggründen heraus Wulff sich für Staatsanleihen und Münzwesen zu interessieren begann. Der am nächsten liegenden Annahme, daß es allein der Wunsch gewesen sei, Geld zu verdienen, stehen nicht nur seine und seiner Gönner gegenteilige Erklärungen, sondern auch die Unwahrscheinlichkeit entgegen, daß der schon 53jährige Mann seine bewährten Geschäfte zurückgestellt hätte, um sich in Unternehmungen einzulassen, die ihm neue Arbeit 1
Acta die Raths-Waagen - Rep. 109 B XI 3 3 Rep. 82 III W 14
m
betreffend
1798-1809.
und Sorgen bringen mußten, und deren Erfolg keineswegs gesichert war. Ehrgeiz und Eitelkeit, bei jüdischen Bankiers gewiß oft sehr stark entwickelte Triebfedern, haben Wulff ferngelegen. So wenigstens lautet das entschiedene Urteil des Verfassers der „Berlinischen Charaktere", und den gleichen Eindruck erwecken die Akten über seine Geschäfte. A u c h die Tatsache, daß der reichste Mann Preußens so wenig in der Tagesliteratur erwähnt wird, und daß sich von ihm weder Bild noch Medaille erhalten hat, spricht dagegen, daß Wulff Wert darauf gelegt haben könnte, eine Rolle in der Öffentlichkeit zu spielen. Man möchte annehmen, daß Einflüsse von außen zum mindesten stark mitgewirkt haben, Wulffs finanzielle Begabung auf die neuen Gebiete hinzulenken und in ihm, unter Hinweis auf sein großes Vermögen, das Bewußtsein besonderer Pflichten gegenüber dem Staate zu erwecken. Zwei Männer scheinen in dieser Weise Wulff beeinflußt zu haben, wahrscheinlich weil sie in entsprechendem Maße unter dem Eindruck seines ungewöhnlichen Könnens standen, der Staatsminister Graf v. d. Schulenburg-Kehnert und der Kabinettsrat Beyme. Schulenburg hatte schon während des bayrischen Erbfolgekrieges und bis 1789 als Kriegsminister die Heeresversorgung geleitet.1 Nach seiner Rückkehr in den Staatsdienst übernahm er 1790 wieder die Heeresversorgung und behielt sie, als er 1793 auf seinen Wunsch aus dem Kabinett entlassen wurde, bis 1 7 9 5 bei. Dann ging er auf seine Güter, von wo aus er indessen noch das Bank-, Lotterie- und Medizinalwesen leitete. Nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I I I . wurde er 1798 zum Chef der neu eingerichteten Kontrolle der Finanzen und der Oberrechenkammer ernannt, 1800 zum Generalpostmeister. Schon diese Ressorts weisen auf alte und mannigfache Beziehungen zwischen dem Minister und dem Lieferanten, Lotteriekollekteur, Post-Pächter und Bankier hin. Bei so verschiedenartigen und immer wiederkehrenden Beziehungen zwischen dem Minister und dem Juden liegt der Gedanke an Korruption nahe. Er ist seitens der Zeitgenossen öffentlich indessen, soweit wir sehen können, nur von dem 1
A. D. B.
Friedrich
XXXIV
S. 74.2f.
d. Großen, Münster
-
Rosenmöller,
ig 14. S.
Schulenburg-Kehnert
unter
366£
405
verbitterten Konkurrenten Wulffs, Benjamin Veitel Ephraim, geäußert worden 1 . Der Publizist v. Cölln 2 nimmt Schulenburg ausdrücklich gegen solchen Verdacht in Schutz. Wöllner, der Schulenburg haßte, bezeichnet dessen Verhalten bei der Seehandlung, von der er Tantieme bezog, als habgierig, macht aber keine Andeutung, daß er ihn für bestechlich halte 3 . Ebensowenig deutet dies Freiherr v. Stein an, dessen im übrigen geringe Ansicht von Schulenburgs Charakter Pertz wiedergibt4. Schulenburgs Biograph Rosenmöller schließlich, der Wulff nur einmal gelegentlich der Heereslieferungen erwähnt 5 , sieht so wenig die Möglichkeit solchen Vorwurfes, daß er den Minister nicht einmal dagegen in Schutz nimmt. Man darf annehmen, daß in den früheren Jahren Wulff seine Geschäfte den einflußreichen jeweiligen Stellungen seines Gönners angepaßt, und daß umgekehrt später Schulenburg für die Durchführung seiner Ideen auf finanziellem Gebiet Wulff als den besten Mann herangezogen hat. Mit großer Wahrscheinlichkeit gilt dies letztere für die Jahre von 1798 an. Ebenso darf man das ausgesprochene Wohlwollen, das Wulff bei Beyme fand, auf die Wertschätzung und das Vertrauen zurückführen, die der Anfang 1798 als Dreiunddreißigj ähriger zum Geheimen Kabinettsrat Berufene dem 20 Jahre älteren, erfahrenen Bankier entgegenbrachte. Offenbar auf Schulenburgs und Beymes Anregungen hin begann Wulff 1798 Vorschläge in Anleihe- und Münzfragen zu machen, die zunächst keinen Nutzen für ihn selbst bedangen, allerdings im weiteren Verlauf öfters zu Geschäften mit angemessenem Gewinn für ihn führten. Die Anerkennung, die den Vorschlägen Wulffs wie den von ihm durchgeführten Transaktionen von Seiten des Königs wiederholt gezollt wurde, scheint meist aus Beymes freundschaftlicher Feder geflossen zu sein. 1
Über meine Verhaftung,
• Vertraute Briefe, 3
Rosenmöller,
4
Leben
5
Leo Hellwig,
I
a. a. 0. S.
Steins I 27s f
2. Aufl. S.
159
is6f und
423 27g
Schulenburg-Kehnert
unter Friedrich
wähnt Wulff überhaupt nicht, obwohl er Schulenburgs politik
406
und Münzwesen
eingehend
darstellt
Wilhelm III. (1936), Einwirkung
auf
er-
Anleihe-
Friedrich II., der eigenen außerordentlichen Finanzbedarf durch ausländische Subsidien und Münzverschlechterung gedeckt hatte, hatte seinem Nachfolger einen ansehnlichen Staatsschatz in barem Gelde hinterlassen. Der Krieg gegen Frankreich und die gleichzeitigen Feldzüge in Polen, vor allem auch die Notwendigkeit, den durch die zweite und dritte polnische Teilung erworbenen, verwahrlosten Neubesitz zu erschließen, hatten, nachdem dieser Staatsschatz aufgebraucht war, zum ersten Male in Preußen die Aufnahme von Anleihen aus dem offenen Kapitalmarkt notwendig gemacht. Als Organ für deren Aufnahme diente die Seehandlung, die ihre eigenen Obligationen ausgab und sich damit bisher ausschließlich an das Ausland gewandt hatte, weil man befürchtete, daß im Inland aufgenommene staatliche Anleihen mit ihrer höheren Verzinsung der Bank und der Seehandlung Einlagen und damit „der produzierenden Klasse" das Betriebskapital entziehen würden. So waren seit 1793 in Frankfurt a. M. bei Willemer & Co., in Amsterdam bei der Kommandite der Seehandlung Cohen & Co., und in Cassel durch den Grafen v. Wittgenstein beim Landgrafen von Hessen 4- bis 5prozentige Anleihen aufgenommen worden 1 . Von diesen kurzfristig aufgenommenen Anleihen war je eine Million Gulden der Frankfurter Anleihen am 1. Januar und 1. Februar 1799, von der holländischen Anleihe die erste Million Gulden im J u n i 1799 zur Rückzahlung fällig. Ein erheblicher Teil der holländischen wie der Frankfurter Anleihe-Stücke war inzwischen bereits nach Preußen zurückgewandert. Jedenfalls in Kenntnis dieser Marktlage faßte Wulff, entgegen der bisherigen Praxis, den Gedanken, die in Frage kommenden Prolongationen im Inlande vorzunehmen. Auf eine Anfrage des Geheimen Kabinettsrat Beyme erwiderte er am 29. Oktober 1798 a , das Geschäft der Bezahlung oder Prolongation der holländischen 5 Millionen fl.-Anleihe von 1 7 9 3 könne ,,gar füglich" in Berlin vorgenommen werden. Er erbot sich, falls es ihm übertragen werde, es „mit Vergnügen ohne die geringste Provision" zu besorgen. Er halte sich „durch 1
Krug, Gesch. d. Preuß. Staatsschulden S. 32 ff u. Brockhage,
Preuß. Kapitalexport 2
Brandenburg-
S. 33 ff
Rep. 89 6 F und G
407
das Bewußtsein, bei diesem Gegenstand zum Besten des Landes etwas mitgewirkt zu haben, vollkommen belohnt". Der Chef der Seehandlung, Struensee, davon ohne Namensnennung unterrichtet, antwortete 31. Oktober, er sei neugierig, einen Bankier kennen zu lernen, der ohne Provision arbeiten wolle, vermute aber, dieser werde an der in Amsterdam oder Frankfurt zu bezahlenden Provision sich schadlos halten können. Übrigens war die Prolongation der ersten im Juni 1799 fälligen holländischen Million inzwischen schon durch holländische Bankiers übernommen worden. Dagegen konnte Struensee die Prolongation der am 1. Februar 1799 rückzahlbaren Frankfurter Anleihe von 1 Million Reichsgulden, selbst bei Zinserhöhung v o n 4 1 / 2 a u f 5 % , in Frankfurt nicht erreichen und war daher gern bereit, ein AngebotWulffs für diese entgegenzunehmen. Wulff beobachtete inzwischen den Markt. A m 8. November schrieb er an Beyme, die am gleichen Tage bekanntgegebene holländische Prolongation müsse die Frankfurter sehr erschweren - offenbar, weil die Prolongation in Holland zu 5 % Zinsen erfolgt war. Zwei Tage später bat er Beyme, von Struensee die Prolongations-Bedingungen der Frankfurter Bankiers zu erfragen, um sein Gegenangebot danach einrichten zu können. In den Akten finden sich folgende drei Angebote Wulffs, die zum Teil alternativ, zum Teil nacheinander abgegeben zu sein scheinen. A m 23. November erbot er sich, die in Frankfurt am 1. Februar des Jahres fällige, bisher zu 4 1 / 2 % Zinsen laufende Million Gulden in Obligationen auf zehn Jahre zu ebenfalls 4 1 / a % Zinsen zuzüglich einer einmaligen Provision von 2 % zu prolongieren, jedoch unter der Bedingung, daß er das Kapital erst nach einem Jahr zu zahlen brauche und solange den Wert in sicheren Papieren hinterlege. Diese Bedingung hatte wohl einen doppelten Zweck. Sie bedeutete zunächst einen weiteren Nutzen beziehungsweise ein Disagio in Höhe der Zinsen eines Jahres, d. h. von 4 1 / 2 % , was einschließlich der vorerwähnten 2 % der den Holländern gezahlten Provision von 5 % bei 8 1 / 2 jähriger Laufzeit etwa entsprach. Sodann aber gewährte die spätere Einzahlung Wulff für diesen ersten Versuch, eine Obligationen-Anleihe im Inlande unterzubringen, den notwendigen zeitlichen Spielraum.
408
In einem zweiten Vorschlage erbot sich Wulff, ein Anlehen von 2 Millionen fl. Reichsgeld in brandenburgischem Courant zu 5 % Zinsen gegen i % Provision im Lande zu eröffnen. Dabei legte er ausführlich dar, daß der hohe Zinsfuß die Bank nicht durch Abzüge von Einlegern in Verlegenheit bringen könne. Sonst hätte sie schon durch allerhand andere günstigere Anlagemöglichkeiten, die sich täglich böten, in Schwierigkeiten kommen müssen. Wenn aber dieser Vorschlag, etwa wegen des nachteiligen Aufsehens, das offenkundige inländische Geldaufnahme mache, nicht genehmigt würde, so wollte er von der am i. J a n u a r 1798 in Kassel eröffneten und noch nicht voll gezeichneten Anleihe 4%ige Obligationen für 2 Millionen fl. mit 1 0 % Diskont übernehmen, den Betrag je zur Hälfte in 1 und i 1 ^ Jahren einzahlen, in der Zwischenzeit aber 3 % Zinsen zahlen, wobei noch die dem Kasseischen Kommissionär - es war das gräflich Wittgensteinsche Kontor - zugestandene Provision von 4 % wegfalle. Zur Sicherheit wollte er über den Wert der Obligationen hinaus noch 150 000 Rtl. in zahlbaren Papieren deponieren. Auch hier machte er also den Versuch, sich für die Unterbringung der Obligationen eine reichliche Zeitspanne zu sichern. Die Provision, die seine ausländischen Konkurrenten forderten und die er bei dem vorigen Vorschlag teilweise in die Form eines unentgeltlichen einjährigen Zinsscheines gekleidet hatte, verlangte er diesmal, wo er die spätere Einzahlung durch einen Zinszuschuß fast ausgleichen wollte, in der heute üblichen Form des Disagios, das bei der Weitergabe der Obligationen jedenfalls zum Teil dem Bankier verbleiben sollte. Als besonderen Vorzug seiner Vorschläge bezeichnete Wulff die Hebung des preußischen Kredites, der durch die Abzahlung der alten und Vermeidung der Aufnahme neuer auswärtiger Anleihen sehr gewinnen würde. Obwohl sich Schulenburg für den ersten der Wulffschen Vorschläge aussprach, lehnte Struensee am 3. Dezember alle drei ab, wahrscheinlich weil er über die Bedenken gegen eine innere Anleihe nicht hinwegkam. Anstatt dessen legte die Seehandlung aus eigenen Mitteln dem Tresor das Geld zur Rückzahlung der beiden Frankfurter Anleihe-Raten zu 4 % vor. Immerhin erklärte sich Struensee bereit, mit Wulff über die 26
Großkaufleute 2
Finanzierung der 1800 und 1801 fälligen Anleihe-Beträge noch zu verhandeln. Inzwischen beschäftigte sich Wulff mit der Regulierung des Kurses der preußischen Anleihen. In Schulenburgs Auftrag traf er Veranstaltungen, in Amsterdam und Frankfurt preußische Obligationen aufzukaufen, um, wie er am 28. 4. 1799 an Beyme schrieb 1 , sie entweder für den Tresor billig zurückzuerwerben, oder aber deren Kursstand zu heben. Diese Aufkäufe, die in den folgenden Jahren im wesentlichen durch die Seehandlung erfolgten und bis 1805 den weitaus größten Teil der ausländischen Schulden in Verpflichtungen gegen diese umwandelten 2 , lassen vermuten, daß Wulff mit seiner Überzeugung von der Aufnahmefähigkeit des heimischen Kapitalmarktes schon damals im Recht war. Die Mobilmachung von 1805 machte wieder Anleihen notwendig. Die Direktion der Seehandlung, die offenbar keine Konkurrenz für ihre eigenen Obligationen geschaffen sehen wollte, erklärte erneut, daß im Inlande nicht viel zu hoffen sei, da in Pfandbriefen, Banko- und Seehandlungs-Obligationen, Seehandlungs- und Tabaks-Aktien schon so sehr große Summen angelegt seien, und die Provinzen, in denen diese zirkulierten, ihre Geldvorräte größtenteils dafür erschöpft hätten. Nur in den ehemals polnischen Gebieten, in Ostfriesland und Münster könne es versucht werden. Am 30. September begrüßte Wulff den Freiherrn v. Stein3 mit dem Vorschlag einer großen Anleihe von 10 Millionen Rtl., die er in Berlin eröffnen wolle, und für die er auf allen Handelsplätzen Europas Teilnehmer zu finden versuchen werde. Sie sollte auf Obligationen ä 1000 Rtl. in Gold oder Conventionsspecies erfolgen, nicht in Courant, um dies nicht der Bank und Seehandlung zu entziehen; sie sollte mit 5 % verzinst und, nach fünf Jahren beginnend, mit jährlich einer Million durch Auslosung zurückgezahlt werden. An Provision beanspruchte er 2 % für die dabei notwendigen Kommissionäre, dagegen nichts für sich selbst. Zu diesem letzteren Punkt hatte der König, durch Beyme über die mit Wulff geführten Vorverhandlungen unterrichtet, bereits in einer Kabinetts-Order vom 28. September erklärt, 1 2 3
Rep. 8g. 106 A Hellwig a. a. 0. S. 58 Rep. 109 A XII3 und Rep. 8g. 7 C
410
der Verzicht Wulffs auf Provision sei rühmlich, könne aber nicht angenommen werden. In einer weiteren KabinettsOrder vom 15. Oktober sprach er sich gegen ausländische Anleihen und zugunsten des Wulffschen Vorschlages sowie dafür aus, daß die Anleihe durch diesen gemacht würde. Trotzdem drang die Ansicht der Seehandlung und des Ministers v. Stein durch, nämlich, daß der Seehandlung das Anleihegeschäft nach dem früheren Verfahren und ohne Dazwischentreten eines Dritten anvertraut bleiben könne, da das Publikum an diesen Weg gewöhnt sei und der Kredit des Instituts und des Staates keiner „Gewährleistung eines alttestamentarischen Banquiers" bedürfe. Eine inländische Anleihe hielt man nur dann für unbedenklich, wenn sie auf entfernteren, mit Berlin nicht in Verbindung stehenden Plätzen eröffnet werde, und die Bedingungen so gestellt würden, daß Kapitalien der Bank und Seehandlung nicht zur Zeichnung der Anleihe gekündigt würden. Demgemäß hat die Seehandlung im November mit Frege in Leipzig, Metzler in Frankfurt, dem Wittgensteinschen Comptoir in Kassel, sowie im Inlande mit Labes in Danzig, Lindenkampf und Olfers in Münster, der Fränkischen Bank in Fürth verhandelt und zum Teil abgeschlossen. Um die gleiche Zeit hat Stein noch auf anderm Gebiet gegen Wulffs Einfluß Stellung genommen, indem er in seinen Vorschlägen zur Reorganisation der Königlichen Bank dieser vorwarf, daß sie sich verschiedene lukrative Staatsgeschäfte habe entgehen lassen, namentlich die „Gold- und Silberlieferung für die Münze, und die Lotterie, welche beide Geschäfte in den Händen des Bankiers Liepmann sind 1 ." Dies leitet zu einem Gebiet über, auf dem Liepmann Meyer Wulff erfolgreicher als mit seinen Vorschlägen in AnleiheSachen gewesen ist, auf das Gebiet der Münzpolitik und der Münzgeschäfte. Hier hat Wulff in der Tat eine bedeutende Rolle - vielleicht die bedeutendste seines Geschäftslebens auch für den preußischen Staat gespielt. Seit dem Tode des Großen Königs war das Problem der preußischen Scheidemünze nicht von der Tagesordnung gekommen. Friedrichs Nachfolger hatte in Übereinstimmung mit seinen sachverstän1
v. Poschinger, 26»
Bankwesen
und Bankpolitik
in Preußen
1,
143
411
digen Beratern die Höhe des vorhandenen Umlaufs, der einschließlich des im Tresor befindlichen Betrages auf etwa 17 Millionen Tl. geschätzt wurde, als untragbar empfunden und 4 Millionen Tl. davon eingezogen. Seit 1794 hatten indessen die Kriegsbedürfnisse zu neuer Ausprägung von Scheidemünze geführt, wozu insbesondere die als englische Subsidien eintreffenden Piaster benutzt wurden. Auch nach dem Friedensschluß ging diese Prägung weiter; Struensee, in dessen Händen das finanzielle Ressort lag, und der sich in früherer Zeit entschieden gegen zu starken Umlauf von Scheidemünze ausgesprochen hatte, wußte kein anderes Mittel gegen die Notlage. Zur Entschuldigung dienten Hinweise auf den hohen Gewinn, die Beschäftigung der Münzstätten und das verhältnismäßig geringe Disagio, das Scheidemünze noch immer gegen Courantgeld zeigte.Nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms III. setzte Struensee zunächst seine Politik fort, indem er mit dem damals in erster Reihe und in enger Beziehung zur Seehandlung stehenden Hause Salomon Moses Levy Erben über ratenweise Lieferung von 50 000 Feine Mark Silber, die Feine Mark zu 14 Tl. 20 Gr., für die Ausprägung von über einer Million Tl. abschloß 1 . Im Anfang 1799 indessen, als eine Wiederholung dieses Geschäftes in Aussicht stand, gelang es dem inzwischen in den Grafenstand erhobenen Minister Schulenburg als dem Generalkontrolleur der Finanzen, den König von den Gefahren zu überzeugen, die die unbeschränkte Vermehrung der Scheidemünze für Zahlungsbilanz und Währung mit sich brächten. Dies war der Augenblick, in dem Liepmann Meyer Wulff eingriff. Es ist nicht bekannt, daß er sich vorher ernstlich mit Münzgeschäften befaßt hat. Wahrscheinlich auf Veranlassung seines Gönners Schulenburg erstattete er Ende J a n u a r 1799 ein Gutachten 2 , das sich der Schulenburgschen Einstellung gegen vermehrte Scheidemünzprägung anschloß und mit einer Kritik der bisherigen Geschäfte ein neuartiges Angebot verband. Wulff machte folgende Rechnung auf: 1
Acta Bor., Münzwesen
2
Rep. 8g. 106 A. Diese bereits von Schrötter für
IV
8y
wesen Bd. IV verwerteten Akten sind im folgenden Wulffs Geschäfte benutzt worden 412
die Acta Borussica,
Münz-
im besonderen Hinblick
auf
Salomon Moses Levy Erben haben geliefert 50 000 Mark Silber ä 14 Tl. 14 Gr. 2 anstatt des normalen Silberpreises von 13 Tl. 20 Gr ca. Tl. Kupferzusatz für die Scheidemünzprägung ,, ,,
730 000 20 000
ca. Tl.
750 000
Dies Silber habe bei einem Scheidemünzfuß von 21 Tl. aus der Feinen Mark erbracht Tl. 1 050 000 Die Staatskasse könne also noch nicht einmal die Differenz von ca. Tl. 300 000 gewonnen haben, und dabei sei der Scheidemünz-Umlauf um über 1 Million Tl. vermehrt worden. Demgegenüber erbot sich Wulff, der Staatskasse Scheidemünze gegen Courant mit einem Verlust von 2 1 / 2 % gleich abzunehmen. Zur Umprägung des Courant in Scheidemünze würden für Kupferzusatz noch
Tl. 1 000 000
benötigt, so daß Kosten entständen gegenüber einem Erlös von der durch die Umprägung des Courant entstände. Es würde also ein Nutzen für die Staatskasse von erwachsen, ohne daß der Ankauf von Silber nötig wäre, und vor allem ohne daß der Umlauf an Scheidemünze vermehrt würde.
Tl. 1 050 000 „ 1 500 000
„
25 000
„
25 000
„
450 000
Es ist nicht zu verwundern, daß dies auf den ersten Blick bestechende Angebot angenommen wurde. Sein Nutzen für Wulff war bescheiden. Er lag in der Spanne von 1 %, die zwischen dem verlangten Abschlag auf die Scheidemünze von 2x/2% und deren tatsächlichem Disagio von ca. i 1 / 2 % lag. Man könnte vielleicht annehmen, daß Wulff sich mit diesem besonders billigen Angebot den Weg zu lukrativeren Geschäf2
Nach
Schrötters
Angabe
hätten Levy Erben sogar zu ¡4 Tl
so
Gr.
geliefert
413
ten mit der Münzverwaltung öffnen wollte. Indessen gewinnt man auch bei seinen späteren Münzgeschäften den Eindruck, daß er mehr als einen angemessenen Nutzen daraus nicht erstrebt und öfters sogar auf solchen unter dem Gesichtspunkt verzichtet hat, daß sein großes Vermögen ihn zu solcher Haltung verpflichtete. Im September 1799 meldete Schulenburg dem König, daß Wulff die zum Vertauschungsgeschäft bestimmte Million Scheidemünze aus der Dispositionskasse in Empfang genommen und ebensoviel Courant unter den bedungenen 2 1 ] i % Disagio einbezahlt habe. Dies Wechselgeschäft wurde daraufhin mit Wulff laufend fortgesetzt. Inzwischen hatte aber auch Schulenburg einsehen müssen, daß das Wulffsche Rezept nur einen Teil der Probleme löste, die von der münzpolitischen Diskussion zwischen ihm und Struensee angeschnitten worden waren. Zwar vermehrte sich in erwünschter Weise innerhalb der Bestände des Dispositionsfonds das Courant, während die Scheidemünze abnahm. Auch die währungspolitisch nützliche Verringerung des heimischen Scheidemünz-Umlaufs fand statt, zumal es Wulff weitgehend gelang, die vom Dispositionsfonds übernommene Scheidemünze im Auslande unterzubringen. Der Gewinn für den Fiskus indessen, den Wulff bei seinem Vorschlage herausrechnete, wäre nur realisiert worden, wenn das von ihm gelieferte Courantgeld tatsächlich zu Scheidemünze umgeprägt worden wäre. Weil dies aber die währungsmäßigen Wirkungen wieder aufgehoben hätte und deshalb nicht geschah, so blieb der Finanzbedarf der Staatskasse unbefriedigt. Um dem abzuhelfen, kam man zu einem Kompromiß, das auf dem alten Verfahren des Silbereinkaufs beruhte. Schulenburg, der Gegner der Scheidemünzprägung, schloß vom Herbst 1799 bis 1806 mit Wulff eine Reihe von Verträgen zur gleichzeitigen Ausprägung von Courant und Scheidemünze, und zwar letztere jeweils mindestens zur Hälfte, ab. Die Ausprägung des Courants, die keinen Gewinn erbrachte, sollte das verhältnismäßige Anwachsen des Scheidemünz-Umlaufes weitestmöglich ausgleichen. Bei dem Verhältnis der Ausprägungen konnte dieser Zweck indessen nur unvollkommen erreicht werden, und so bedeutete das Kompromiß letzten Endes, daß die Währungspolitik dem Finanzbedarf geopfert wurde. 414
Von Herbst 1799 bis zum Sommer 1800 übernahm Wulff in drei verschiedenen Verträgen die Lieferung von 180 000 Feinmark Silber zu dem von ihm früher genannten Normalpreis von 13 Tl. 20 Gr., insgesamt also ein Objekt von etwa 2 1 / 2 Millionen Tl. Damit war er zum Haupt-, wenn nicht einzigen Lieferanten der Münze geworden. Seine Überlegenheit den Konkurrenten gegenüber lag in seiner Kapitalkraft, die ihm erlaubte, den niedrigsten Silberpreis für seine Lieferungen anzunehmen, indem er sich am Zinsgewinn schadlos hielt. Für die einzelne Lieferung nämlich, die zwischen 80 000 und 100 000 Feinmark, d. h. zwischen 1 100 000 und 1 400 000 Tl. lag und in anderthalb Jahren auszuführen war, wurde ihm ein zinsfreier Kredit in etwa dem halben Betrage der Lieferung auf ebenfalls anderthalb Jahre eingeräumt. Diesen Kredit hatte Wulff mit einwandfreien Papieren zu sichern, was in der in Frage kommenden Höhe von über einer halben Million Taler - Salomon Moses Levy Erben hatten bei ihrem Geschäft 30 000 Tl. Vorschuß genossen - damals sicher kein anderer Berliner Bankier tun konnte. Allein den Zinsnutzen Wulffs aus den Geschäften der Jahre 1799/1800 darf man danach auf über 100 000 Tl. schätzen. Dazu mögen, auch wenn man annimmt, daß der Silberpreis selbst keine Gewinnspanne ließ, noch andere Verdienste gekommen seien. Nach den Absichten der Verwaltung sollte der Lieferant im Gegensatz zu der Praxis des Siebenjährigen Krieges lediglich das Silber besorgen, während der Vertrieb der Münzen als Sache der Münzverwaltung galt. Sehr bald ergab sich indessen der Wunsch, daß Wulff denjenigen Teil der Ausprägungen, der in Scheidemünze anfiel - wie gesagt in der Regel mehr als die Hälfte der Lieferungen „umsetzte", d.h. die Scheidemünze in Courant verwandelte. Gemeinsam mit der Münzverwaltung hatte Wulff dabei, schon im Hinblick auf die Fortsetzung seiner Lieferungen, das Interesse, nicht durch eine Überschwemmung des Inlandes mit Scheidemünze deren Disagio, das noch immer zwischen 1 und 2 % stand, zu erhöhen. Wir haben, ausschließlich auf die Akten der Staatsverwaltung angewiesen, keinen Einblick, wie Wulff seine Münzgeschäfte abwickelte, dürfen aber aus Andeutungen annehmen, daß seine Beziehungen und sein geschäftlicher Weitblick ihm neue Märkte auch außerhalb 4*5
der Landesgrenzen öffneten. Hierin lag unter Umständen die Gelegenheit zu Währungsgewinnen. Vielleicht hat auch die verzweigte Organisation, die ihm als General-Einnehmer der Klassen-Lotterie zur Verfügung stand, zum Absatz von Scheidemünze und damit zu andern Geschäften beigetragen. Z u Ende 1801 ergab sich die Notwendigkeit, die Lieferungsbedingungen zu ändern, weil Wulff gegenüber den auf i 1 / , Jahre berechneten Lieferungen jeweilig schon nach 7 bis 8 Monaten ausgeliefert hatte, und dann beiderseitig der Wunsch nach A b schluß eines neuen Geschäftes bestand, während der dem Wulff eingeräumte Kredit auf das ausgelieferte Geschäft noch 10 bis 1 1 Monate weiter lief. Dies hätte entweder zu einer unabsehbaren Erhöhung der gleichzeitig laufenden Kredite, oder aber zu einer ebenso unabsehbaren zeitlichen Hinausschiebung des Rückzahlungstermins geführt. Daraufhin verzichtete Wulff auf das bisherige Ausmaß der ihm gewährten Kredite, d. h. während bisher die Regierung zwar Vorschüsse leistete, den Schlagschatz indessen schon bei der Silberlieferung erhob, bekam Wulff nun keinen ausgesprochenen Vorschuß mehr, behielt jedoch den Mehrwert der Scheidemünz-Ausprägung über den Kaufpreis des Silbers als Betriebskapital in Händen. Dies bedeutete praktisch eine Verringerung des Kredits auf ungefähr 30 % des Erlöses, gegenüber früher etwa dem Doppelten. Da gleichzeitig längere Termine für die Lieferung vereinbart wurden, wurde anderseits die Laufzeit der Kredite von bisher i 1 ^ Jahren auf über 2 J a h r e ausgedehnt. Ein Immediatbericht Schulenburgs vom 10. 1. 1802 meldete den Abschluß eines ersten zu den neuen Bedingungen abgeschlossenen Geschäftes von 200 000 Mark Silber. Davon sollte die Hälfte in Courant, die andere in Scheidemünze ausgeprägt werden. Schulenburg führte aus, daß Wulff bei der Lieferung des Silbers für die Courantprägung sowie bei der „Umsetzung", d. h. dem Vertrieb der neugeprägten Scheidemünze, Zinsen zusetzte. Unter Anrechnung von 4 % Jahreszinsen im Soll und im Haben kam der Minister zu dem Ergebnis, Wulff verdiene an Zinsen bei Lieferung von 20 000 Mark Silber nur 25 000 Tl., d. h. 3 Gr. auf die Feine Mark, während er bei den vorherigen Lieferungen 6 Groschen verdient hätte. Man darf annehmen, daß diese Berechnung, nach der Wulff 416
weniger als i % seines Umsatzes verdiente, aus seiner eigenen Feder stammte. Aber auch wenn man vermutet, daß ihm bei der Abwicklung des Geschäfts noch Nebenverdienste entstanden, so muß man zugeben, daß der Staat angesichts der Schwierigkeit des Geschäfts und der Zuverlässigkeit seiner Ausführung durch Wulff billig bedient war. Bei seiner Verbindung mit der Münze wie bei den andern Geschäften Wulffs gewinnt man den Eindruck, daß er mit zunehmendem Reichtum mehr und mehr den sich daraus ergebenden Verpflichtungen nachzukommen suchte. Wulff hat zu den gleichen Bedingungen bis 1806 noch 400 000 Feine Mark Silber zur Scheidemünzprägung und wahrscheinlich einen ähnlichen Betrag zur Courantprägung geliefert. Die Scheidemünze hat er erfolgreich umgesetzt, ohne daß ihr Disagio im Inlande merklich gestiegen wäre. Bei der Beschaffung des Silbers, für die er unter andern auch die Leipziger Messe und den Breslauer Platz benutzte, kam ihm zugute, daß in Österreich die ungeheure Ausgabe von BankoZetteln das Silber aus dem Lande trieb, so daß vor allem kaiserliche 7 Kreuzerstücke reichlich zu haben waren. Anderseits boten Preußens polnische Neuerwerbungen einen günstigen Markt zur Unterbringung der Scheidemünze, die nach Angabe Schulenburgs auch in Sachsen und Böhmen gute Aufnahme fand. Wulffs Leistungen wurden vom König wiederholt anerkannt; namentlich wurden seine „rühmliche Pünktlichkeit und Betriebsamkeit" hervorgehoben. Gegen Ende 1805 setzte Schulenburg angesichts der Verschärfung der Beziehungen zu Frankreich durch, daß die Scheidemünz-Prägungen noch erweitert wurden. Wulff übernahm es, seine monatlichen Lieferungen von 10 000 Mark Silber um 5000 Mark zu erhöhen. Einen stärkeren Absatz an Scheidemünze, als das „Produit" dieser 15 000 Mark monatlich betragen würde, hielt er nicht für möglich. Anderseits bot er an, zwei Kredite, die erst am 1. J a n u a r 1807 und i . N o v e m b e r 1807 fällig waren, vom i . M a i 1806 an mit monatlich 1 5 0 0 0 0 Tl. zurückzuzahlen, wogegen ihm für die vorzeitige Zahlung 4 % Zinsen p. a. vergütet werden sollten. Das Angebot, das offenbar seinen Wunsch einer Entlastung im Hinblick auf die immer drohender werdende außen417
politische Lage entsprang, wurde angenommen. Inzwischen verschlechterten sich die Möglichkeiten zum Absatz der Scheidemünze mehr und mehr. „Liepmann (gemeint ist Wulff) hat alle M ü h e " , meldet Schulenburg den 12. Dezember 1805, „die Scheidemünze . . . . ins Ausland zu schaffen, da in Preußen wegen der gesperrten Häfen die Gelegenheit dazu abgeschnitten ist und ihm nur noch Schlesien und die dortige Grenze zum einzigen Absatz übrigbleibt". Dennoch war Wulff auf Anfrage bereit, 480 000 Tl. zum Ankauf von russischem Roggen für schlesische Magazine in Courant umzusetzen, wenn ihm drei Monate Zeit gegeben, 4 % Disagio eingeräumt und die Ablieferung des Courant in Berlin zugelassen würde. Ende Mai 1806 schrieb Wulff, er möchte die zu Ende Juli ausgehende Lieferung von 1 o 000 Mark Silber nicht fortsetzen, erklärte sich dann aber doch bereit, noch je 5000 Mark auf zehn Monate vom 1. August ab „trotz der eingetretenen ungünstigen Conjunkturen" zu den bisherigen Bedingungen zu liefern. Nur für das von geringhaltigem Silber ausgeschiedene Kupfer verlangte er von nun an 50 anstatt 35 Rtl. je Zentner. Im Juli und August schwebten Verhandlungen mit ihm und der Seehandlung wegen Silberlieferungen zur Prägung des knapp werdenden Courant-Geldes. Während die Seehandlung sogar bei einem Preise von 14 Tl. 12 Gr. Bedenken hatte, sich zu verpflichten, war Wulff bereit, vom 1. September ab in zwölf Monaten 100 000 Feine Mark zu 14 Tl. 6 Gr. gegen nur ioo 000 Tl. Vorschuß zu liefern. Der Geheime Finanzrat v. Schlabrendorff, der schon kurz vorher die klugen Maßregeln Wulffs als die Ursache bezeichnet hatte, daß der Kurs der Scheidemünze trotz ihrer starken Vermehrung bis in die letzte Zeit hinein nicht wesentlich gefallen war, bezeichnete 1 Wulffs letztes Angebot, indem er es der Haltung der Seehandlung gegenüberstellte, als „nicht auf Gewinn sondern allein auf die Wiederherstellung des vorigen Verhältnisses von Courant gegen Scheidemünze bedacht". Die hereinbrechenden Kriegsereignisse haben die laufende Verbindung Wulffs mit der Münze beendet. Seine Verpflichtungen ihr gegenüber hat er pünktlich abgewickelt. Eine ver1
Acta Bor., Münzwesen
418
IV, S.
550-253
einzelte Silberlieferung für die Münze wird nach 1811 erwähnt8. Wenn von dem in den Jahren 1797-1805 neu angesammelten preußischen Staatsschatz von 13 Millionen Tl. fast die Hälfte durch die vermehrte Scheidemünzprägung aufgebracht worden ist, so sind die Voraussetzungen dafür wesentlich durch Wulff geschaffen worden. Nach Ausbruch des Krieges erlitt allerdings die Bevölkerung der Monarchie an der Scheidemünze, die infolge ihres übermäßigen Umlaufes stark devalviert werden mußte, schwere Verluste. Die Verantwortung dafür trifft indessen nicht Wulff, sondern diejenigen Männer, die sich der Gefahren der zu starken Ausprägung von Scheidemünze voll bewußt waren, aber aus Mangel an Entschlußkraft keine andere Lösung fanden, als die kaufmännische Begabung ihres Münzjuden auszunützen. Zu Anfang November 1806, also kurz nach der Besetzung Berlins, wurde Liepmann Meyer Wulff mit vier anderen reichen Juden „unter Observation" gestellt, weil die Judenschaft ihren Anteil an der Zwangsanleihe, die von der Stadt vor dem Einmarsch ausgeschrieben worden war, nicht gezahlt hatte. Am 9. November wurde dieser Anteil der Judenschaft auf 250 000 Tl. erhöht und Wulff zusammen mit Heimann Veitel Ephraim in Arrest genommen, bis die Zwangsabgabe aufgebracht wäre. Es scheint beinahe, als habe Wulff den Schlag, den dies Erlebnis für sein Selbstbewußtsein bedeutet haben mag, nicht überwunden. Denn aus den mannigfachen Verhandlungen in Geld- und Kreditangelegenheiten, die dem Einmarsch der Franzosen in Berlin folgten, gewinnt man den Eindruck, daß er damals nicht mehr auf der Höhe seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit gestanden hat. Auch wenn er bei der Aufbringung der von den verschiedenen Stellen benötigten Summen in den meisten Fällen alle anderen Berliner Firmen und Persönlichkeiten zahlenmäßig übertraf, so ist doch bei diesen Geschäften die führende Stellung, die er bei Kriegsausbruch im Berliner Bankwesen einnahm, nicht mehr angemessen zum Ausdruck gekommen. Bis zum 14. November hatte Wulff auf die der Berliner Judenschaft auferlegte Zwangsabgabe xo 000 TL in Tresor1
Rep. i5i
a XXI 7/
4J9
scheinen, 20 000 Tl. in Westpreußischen Pfandbriefen und 10 000 Tl. in barem Gelde eingezahlt 1 . Wie andere reiche Leute, und wahrscheinlich in höherem Maße, half er in der Notzeit städtischen und königlichen Behörden durch gelegentliche Vorschüsse aus. Solche Vorschüsse an die Armendirektion, die Stadtarmenkasse, das Bürger-Hospital und die Hofapotheke, die aus den Jahren 1807 bis 1809 stammten, werden noch 1 8 1 2 erwähnt 2 . Dem Hofmarschallamt, das im Oktober und November 1806 die Verpflegung Napoleons in den königlichen Schlössern zu finanzieren hatte, streckte er gemeinsam mit der Königlichen Bank und der Stadt Berlin 67 000 Tl. vor, von denen 12 000 Tl. auf seinen Anteil kamen 3 . Ebenso wie Gebr. Schickler lehnte er Ende Dezember ab, sich an der Zeichnung von Obligationen zu beteiligen, die die Stadt Potsdam herausgab, um die Ansprüche der französischen Militärbehörde zu befriedigen 4 . Im Mai 1807 schoß er gemeinsam mit anderen Firmen der General-Direktion des Kgl. National-Theaters (IfFland) 5500 Tl., und nach Jahresfrist nochmals 3700 Tl., zu 5 % Zinsen gegen Verpfändung von Seehandlungs-Obligationen vor. Die Zinsen dieser Vorschüsse waren am i . J u l i 1 8 1 1 noch mit 1 4 7 3 Tl. rückständig. V o n erheblich größerer Bedeutung waren die Kreditansprüche, die an Wulff von seiten der öffentlichen Hand herantraten, als es sich darum handelte, die von Napoleon dem preußischen Staat, den brandenburgischen Ständen und der Stadt Berlin auferlegten Kontributionen aufzubringen. Soweit Wulff diese finanziellen Dienste allein leistete und nicht auf Konsorten Rücksicht zu nehmen brauchte, hat er sie nicht als Verdienstgeschäfte, sondern als nobilia officia angesehen. Die Art der Finanzierung dieses Bedarfes wurde wesentlich dadurch bestimmt, daß im Inland der Kredit erschöpft war. Plätze wie Amsterdam und Frankfurt, die für die Aufnahme von Anleihen in erster Linie in Frage kamen, waren von anderen Geldnehmern schon stark ausgepumpt oder verschlossen sich vielleicht auch dem besiegten Preußen. Hamburg ander1 2 3 4
Bassewitz, Kurmark 1806-1808, II, 2 3 7 Rep. 151 e IV W ig Bassewitz, a. a. 0., I, 164 Schwarze, Finanzwirtschaft Potsdams im Anfang des ig. Jahrh.
420
S.
im
seits war als Seehandelsplatz an kommerzielles Geschäft gewöhnt, aber nicht an die Unterbringung von Finanzanleihen. Wenn jetzt im Zusammenhang mit den Kriegswirren das kommerzielle Geschäft stockte, so sammelten sich in Hamburg flüssige Mittel an, deren Inhaber zum Teil nicht abgeneigt waren, sie für finanzielle Zwecke zur Verfügung zu stellen. Dabei wurden indessen als Unterlage für die Geldhergabe außer sonstigen Sicherheiten durchweg Wechsel mit Unterschriften erstklassiger Handelshäuser oder Persönlichkeiten verlangt 1 . U m diese Lage für die Kurmärkischen Stände auszunutzen, gab Wulff im Sommer 1807 sein Akzept über 100 000 Tl. auf 3 x /j Monate her, und zwar ohne Provision, was, wie das ständische Comité anerkannte, kein anderer Bankier getan hätte. Das Bankhaus Jenisch in Hamburg diskontierte diese Wechsel zu 2 % Zinsen monatlich, d . h . zu einem Jahreszinssatz von 2 4 % . Zur Sicherheit mußte die Landschaft ein Pfand in doppelter Höhe, d. h. 200 000 Tl. Seehandlungs-Obligationen, bestellen. Da bei Fälligkeit die Stände nicht zahlen konnten, wurde eine Prolongation der Wechsel nötig. Die Prolongationswechsel wurden durch den Berliner Bankier Zacharias Fränkel Veitel Ephraim bei jüdischen Bankiers in Hamburg untergebracht 2 . Ein ähnliches Geschäft wurde am 2. Mai 1808 mit den Neumärkischen Ständen abgeschlossen. Wulff gab für 300 000 Mark Banco an eigene Order gestellte girierte Wechsel auf ein J a h r , zahlbar in Hamburg, her. Zur Einlösung der Wechsel sollten die Stände die nötigen Mittel - wie ausdrücklich festgelegt war, in Courant, keinesfalls in Scheidemünze oder Papier - zur Hälfte zwei Monate, zur anderen Hälfte einen Monat vor Verfall aufbringen. Zur Sicherung des Geschäfts wurde ein Pfand in mehr als doppelter Höhe, 4 5 0 0 0 0 T l . 5 % i g e Neumärkische Landschaftliche Obligationen, gestellt, diese allerdings zunächst in Interimsscheinen, die kaum als verwertbar anzusehen waren. Schon während der Verhandlungen hatte 1
So die einleuchtende Darstellung des Kammerherrn Freiherrn v. Oelssen, der für das Comité der Neumärkischen Stände im Frühjahr 1808 zum Studium des Geldmarktes in Hamburg war 2 Stände-Archiv Kurmark II W 6 u. 7, und Bassewitz, Kurmark 1806/08 II 54
421
Freiherr von Oelssen, der Vertreter der Stände, geschrieben 1 , Liepmann Meyer Wulff habe sich „ebenso rechtlich wie patriotisch" erwiesen. Bei Abschluß des Geschäftes verzichtete Wulff im Hinblick auf die drückenden Zeitverhältnisse ausdrücklich auf jede Bürgschaftsprämie oder Akzeptprovision, d. h. auf jederlei Entschädigung, was seitens der Stände mit Dank anerkannt wurde. Die Diskontierung erfolgte in Hamburg bei verschiedenen Häusern zu Sätzen, die erheblich unter denjenigen lagen, die die kurmärkischen Stände hatten bewilligen müssen. Bei Fälligkeit konnten die neumärkischen Stände die Mittel zur Einlösung der Wulffschen Akzepte nicht aufbringen. Nach anfänglichem Zögern akzeptierte Wulff Prolongationswechsel2, die von dem Hauptbanco-Direktor Hundt gezogen waren und 3 bis 6 Monate laufen sollten. Bezeichnend für die Unregelmäßigkeit der Hamburger Geldverhältnisse war, daß in Hamburg von diesen Wechseln nur 42 000 Mark - bei einem Zuckerbäcker - untergebracht wurden, während Z. F. V . Ephraim die restlichen 258 000 Mark wahrscheinlich in Berlin plazieren mußte. Die Wechsel wurden bei Verfall von den Ständen wieder nur zum Teil eingelöst, und Restbeträge mit Wulffs Unterschrift liefen, teils durch Z. F. V . Ephraim in Berlin, teils in Hamburg diskontiert, von Termin zu Termin weiter. Als im November 1 8 1 1 noch 71 000 Mark Banco ausstanden, drängte der Aussteller der Wechsel, der Haupt-BancoDirektor Hundt, im Einverständnis mit dem Akzeptanten Wulff darauf, daß endlich das noch immer aus Interimsscheinen bestehende Pfand gegen endgültige 4 1 / 2 % i g e Pfandbrief-Stücke ausgetauscht würde. Dabei wies er darauf hin, daß Wulffs Akzept im Hinblick auf sein großes Vermögen im Markt genommen würde. Sollte er plötzlich sterben, so sei kaum jemand von seinen Erben geneigt oder in der Lage, das Geschäft fortzusetzen, und drohe damit die Exekution der illiquiden Interimsscheine. - Es fällt auf, daß Wulff, Berlins reichster Mann, an Stelle dieser wiederholten Prolongationen seine Akzepte nicht gelegentlich selbst eingelöst hat. Man muß annehmen, daß in den damaligen Notzeiten selbst für Wulff die 1
Stände-Archiv
Neumark,
Abt. V Fach
14 Nr.
2
Stände-Archiv
Neumark,
Abt. V Fach
14 Nr. 10,
422
11 12
u. 13
Beschaffung flüssiger Mittel mit solchen Opfern verbunden gewesen wäre, daß die Stände sie ihm nicht zumuten zu können glaubten. Bei Wulffs Tode im August 1812 standen von den beiden für die Kurmark und die Neumark aufgenommenen Darlehen, die ursprünglich etwa 250 000 Tl. betragen hatten, zusammen noch 121 000 Tl. aus 1 . Für das kurmärkische Darlehen hatte Wulff, wie sein Prokurist am 6. Mai 1812 mitteilte, zu 11 Prolongationen sein Akzept - immer unentgeltlich - hergegeben, vor jedem Verfalltermin einen ganzen Monat den drückendsten Kummer gehabt und mit allen Bitten nicht mehr erlangt, als daß die Verpflichtung von 100 000 Tl. auf 70 000 Tl. vermindert worden sei. Er habe trotzdem das Pfand, dessen Erlös ihn befriedigt haben würde, nicht verkauft. Ganz ähnlich lagen die Verhältnisse bei dem Kredit der neumärkischen Stände, die in wiederholten Dankschreiben anerkannt hatten, daß Wulff bei den zahlreichen Prolongationen auf jeden Nutzen verzichtet habe. Ende Oktober 1812 ließ Hardenberg unter Hinweis darauf, daß der Kredit aus reinem Patriotismus gegeben worden sei, mit den Nachlaßkuratoren vereinbaren, daß der Staat in den folgenden 15 Monaten den Betrag von 121 000 Tl. in bestimmten Raten abdecken sollte, wofür 80 000 Tl. Domänenpfandbriefe und 240 000 Tl. Tresorscheine als Sicherheit übereignet wurden. Im August 1813 waren auf diese nunmehr staatliche Verpflichtung schon wieder 70 000 Tl. überfallig. Auch der Stadt Berlin hat Wulff in den Kriegsjahren seinen Kredit in erheblichem Maße zur Verfügung gestellt. Seine Leistungen für Berlin im Gegensatz zu denjenigen anderer Berliner Bankiers hob Beyme den kurmärkischen Deputierten gegenüber, die den König im August 1807 in Memel aufsuchten, lebhaft hervor: „Nur der Jude Liebmann Meyer habe sich als redlicher Mann gezeigt, er habe die Staatspapiere der Stadt zwar nur nach dem Cours angenommen; aber gleich dabei erklärt, daß er keinen Vorteil darauf machen, sondern sie binnen einem Jahr gegen Rückempfang des Geldes zurückgeben wollte 2 ." Es ist nicht bekannt, auf welches Geschäft sich 1 2
Rep. 74 N XVII g; Rep. i5i h III 10W C.Brinkmann in F. B. P. G. XXIV 381
2 I
423
diese Äußerung bezog. Als sie fiel, erklärte sich Wulff gerade erneut bereit, zusammen mit vier christlichen und einer anderen jüdischen Firma zur Finanzierung von 700 000 Tl., die an der von den Franzosen der Stadt Berlin auferlegten Kontribution noch rückständig waren, Wechsel auszustellen, für die 92 andere Kaufleute die Rückbürgschaft übernehmen sollten. Dies Geschäft kam indessen nicht zustande, und im Herbst war noch immer der größte Teil jener 700 000 Tl. Kontribution rückständig. Als keine andere Hilfe möglich schien, erbot sich das aus Gebr. Schickler, Gebr. Benecke und Samuel Moses Levy Erben bestehende Bankier-Konsortium, das in der Finanzierung der öffentlichen Hand während der Franzosenzeit führend gewesen ist, den Versuch der Aufnahme von 500 000 bis 600 000 Tl. in Hamburg zu machen, obwohl bis dahin noch niemals preußische Städte im Auslande hätten Geld aufnehmen können 1 . Als Bedingung stellten sie, außer reichlicher Sicherung in Stadtobligationen, daß Liepmann Meyer Wulff als vierter ihrer Gruppe beitrete. Wulff erklärte sich bereit, und im März 1808 kam das Geschäft über 1 200 000 Mark Banco gleich etwa 660 000 Tl. zustande. Neben der Hinterlegung von 1 200j000 Tl. Stadt-Obligationen stellten zur Sicherung der Haupt-Konsorten 48 Berliner Kaufleute, halb gezwungen, Wechsel über je 10 000 Tl. aus. Der Rest von 180 000 Tl. blieb Obligo der vier HauptKonsorten, die zunächst 4 % Provision für die Transaktion zugesichert erhielten, schließlich aber auf jede Provision verzichten mußten. Als sich kurz darauf herausstellte, daß auch diese Mittel nicht reichten, und das städtische Comité sich wegen Aufnahme einer weiteren Anleihe nunmehr zunächst an Wulff wandte, erklärte er sein Befremden, daß man sich nicht auch an Gebr. Schickler gewandt habe. Dies erfolgte; indessen kam die Erweiterung des Geschäftes nicht zustande, weil Gebr. Schickler eine wiederholte Ausstellung von Finanzwechseln, wie sie nötig gewesen wäre, als für ihren Kredit untragbar bezeichneten. Schon die ersten in Hamburg aufgenommenen 660 000 Tl., an denen Wulff mit einem Viertel 1
Rep. 151 a III 3 Nr. 25 u. sg; a. a. 0. S. 238 ff
424
Rep. 9 C 6 b 2 Fasz• 23;
Lenz-Unholtz,
beteiligt war, davon 45 000 Tl. ohne Rückdeckung, führten zu schweren Komplikationen, weil die Stadt Berlin bei Verfall nicht zahlen konnte, und viele Akzeptanten von Bürgschaftswechseln ihre Zahlungspflicht bestritten. Erst nach zahlreichen Wechsel- und anderen Prozessen, und nachdem der Staat für die Verpflichtungen der Stadt eingetreten war, wurden Wulff und seine Konsorten für ihr Kapital im März 1 8 1 1 , für ihre Zinsforderungen, die sie nochmals stark hatten ermäßigen müssen, im J u n i 1 8 1 2 befriedigt. I m Sommer 1808 sollte eine Anleihe im Interesse des preußischen Salzmonopols zunächst von der Zustimmung des bei den Verhandlungen nicht anwesenden Wulff abhängig gemacht werden. Die Anleihe kam indessen zustande, obwohl Wulff seine Mitwirkung versagte 1 . Noch einmal trat Wulff mit dem Konsortium der drei Firmen zusammen, als im Frühjahr 1808 der Geh. Oberfinanzrat Sack zur bevorstehenden Finanzierung der von Napoleon dem Staate Preußen auferlegten Kriegskontribution in der ganzen Monarchie die Handelswelt mobilisierte. Das Geschäft wurde erst im Oktober durchgeführt, indem von der Gesamt-Kontribution von 1 2 0 Millionen Franken 50 Millionen durch Promessen der führenden Firmen aufzubringen waren. Die 12 Millionen Franken, die davon auf die Berliner Firmen fielen, wurden nach außen durch Liepmann Meyer Wulff und seine drei Konsorten vertreten 2 . Die Abwicklung der verschiedenen Kreditgeschäfte dieser J a h r e durch Wulff zeigt, wie er sich allmählich aus der aktiven Tätigkeit zurückzog. Wulff hatte vier verheiratete Töchter, aber keinen Sohn. Den einen oder anderen seiner Schwiegersöhne, deren jeder sein eigenes Geschäft betrieb, benutzte er bei gelegentlichen Geschäften. Daß er sich keinen von ihnen zum ständigen Mitarbeiter oder Nachfolger herangezogen hat, liegt einmal in den Zeitverhältnissen, die ihm gerade in seinen letzten Lebensjahren die Liquidierung seiner Geschäfte nahelegten, vor allem aber wohl in der Natur des Mannes, dessen außergewöhnliche geschäftliche Begabung vermutlich ihre Kehrseite in der Unfähigkeit zu gleichberechtigter Zusammen1
Lenz-Unholtz, a. a. 0. S. - Rep. 151 a XXI 4; Bassewitz, Kurmark 1806/081555; 27
Großkaufleute 2
Lenz-Unholtz S. 255
425
arbeit mit andern fand. Bei dem Geschäft mit den kurmärkischen Ständen hatte Wulff schon die ersten Verhandlungen betr. Negoziierung seiner Wechsel in Hamburg durch seinen Schwiegersohn Abraham Moses führen lassen. Als dieser im Frühjahr 1809 - angeblich infolge Unterschlagungen eines Buchhalters - seine Zahlungen einstellte1, ließ Wulff sich von einem andern Schwiegersohn, J a c o b Herz Beer, unterstützen. Gleichzeitig gab er seinem Buchhalter J . A . Hugo Vollmacht, der bei allen Prolongationen die Verträge wie die Wechsel zeichnete. Hierzu wurde Wulff hauptsächlich durch ein zunehmendes Augenleiden veranlaßt, das ihm von 1 8 1 0 an kaum noch die Möglichkeit zur Abgabe von Unterschriften ließ. Sein Wunsch, sich von den Geschäften zurückzuziehen, dürfte noch durch Unannehmlichkeiten gefördert worden sein, die er im Herbst 1809 mit dem Finanzminister v. Altenstein hatte und die erweisen, daß zum mindesten zeitweise an maßgebender Stelle seine Hilfsbereitschaft nicht anerkannt wurde. Wulff erbat damals die Unterstützung der neumärkischen Stände bei Hardenberg, da er durch Drohung mit Exekution und Auspfändungen zu Unmöglichem gezwungen werden solle - „und dieses mit einer Strenge, von der ich mir gar nicht erklären kann, wodurch ich sie verdient habe 2 ." Eben um die Zeit, in der Wulff sich von der Öffentlichkeit zu lösen suchte, und in der sein Vermögen den Höhepunkt schon überschritten hatte, begann man sich in erhöhtem Maße mit ihm und seinem Vermögen zu beschäftigen. 1808 erschien - anonym - das „Cabinet Berlinischer Charaktere", eine Sammlung skizzenhafter literarischer Portraits bekannter Berliner Persönlichkeiten, die Wulff einen allerdings etwas dürftigen Aufsatz widmete. Man gewinnt daraus von Wulff den Eindruck des Nur-Geschäftsmannes, den der Erfolg weder eitel gemacht noch zu höheren Interessen geführt habe wobei der Verfasser indessen der anspruchslosen Art, in der Wulff seinen Pflichten der Allgemeinheit gegenüber nachkam, gerecht zu werden sucht. U m die gleiche Zeit schreibt v. Cölln 3 , 1
Granier, Berichte aus der Berliner Franzosenzeit 1807-1809, Erinnerungen eines alten Berliners, s. Aufl., S. ¡oy - Ständearchiv Neumark V, Fach 14 Nr. 12 3 Intelligenzblatt zu den Neuen Feuerbränden 1 280
426
S. 394,
und
Wulff habe sich „durch seine und des Landes Industrie" - Industrie noch im buchstäblichen Sinn von Gewerbefleiß gemeint - zum vierfachen Millionär aufgeschwungen. Ohne hinreichende Kenntnis der Tatsachen wirft v. Cölln ihm vor, er tue nichts zur Erleichterung der finanziellen Lasten seiner Mitbürger. Ähnlich steht der Breslauer Großkaufmann J . W. Eichborn 1 dem Wulff gegenüber, „der, wie man vei sichert, vier bis fünf Millionen Thaler kommandiert", der „durch Privilegien und sonstige Vorteile mit Gewalt zum Nachteil der übrigen Welt reich gemacht worden" sei. Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, daß Wulff bei seinem ausgebreiteten Geschäft, bei dem Kursrückgang aller mobilen Werte und bei der zeitweisen Unverkäuflichkeit von Immobilien in der Franzosenzeit große Verluste und einen wertmäßig starken Rückgang seines Vermögens erlitten haben muß, zumal er nicht mehr zu der jüngeren Generation von Bankiers gehörte, die durch Anpassung an diese Verhältnisse aus ihnen Nutzen zog. Dies ist auch zu berücksichtigen, wenn Wulff sich in seinen letzten Lebensjahren nur mit den schwersten Bedenken zur Prolongation von Kreditbeträgen bereit fand, deren Höhe gegenüber den Millionen seines angeblichen und auch gegenüber seinem wirklich hinterlassenen Vermögen nicht ausschlaggebend erscheinen. So erklären sich vielleicht auch, im Zusammenhang mit der vorher erwähnten Schwierigkeit der Beschaffung flüssiger Mittel, die Unannehmlichkeiten, die Wulff 1809 mit dem Minister v. Altenstein hatte. Im J a h r e seines Todes, bei der Zwangsanleihe von 1 8 1 2 , ist Liepmann Meyer Wulff noch als reichster Mann Berlins eingeschätzt worden 2 . Mit 50 000 Tl., auf die ihm ein kleiner Teil seiner überfälligen Forderungen gegen verschiedene stationes fisci - Stadtkasse, Armen- und Hospitalverwaltung, Hofapotheke usw. - angerechnet wurden, stand er an der Spitze vor Gebr. Schickler, die 40 000 Tl. zu zahlen hatten. A m 16. August ist er, 68 Jahre alt und völlig erblindet, gestorben und auf dem alten jüdischen Friedhof in der Hamburger Straße beigesetzt worden. Sein Testament, das neun T a g e 1
Das Soll und Haben von Eichborn & Co. in 175
2
Ref>. ¡51
27'
e J]
11
und IV w
Jahren,
S.
164
19
427
vor seinem Tode errichtet und in Bezug auf Form wie Inhalt nach christlichen Gesetzen abgefaßt war 1 , läßt keinen Schluß auf die Höhe seines nachgelassenen Vermögens zu. Der nüchterne Wortlaut seines letzten Willens enthält keinerlei Überraschungen. Wulff hinterließ seine Frau Esther, geborene Bamberger, und vier Töchter: Hanke (Jeanette), Frau des Joseph Abraham Moses; Malke (Amalie), Frau des Jacob Herz Beer; Sara (Seraphine), Frau des Veitel Heimann Ephraim (später Victor Ebers) und Jette (Henriette), Frau des Moses Heymann Ephraim (später Martin Ebers). Sein Vermögen fiel an seine Enkel einschließlich der etwa nach seinem Tode geborenen. Nur die Zinsen davon sollten seiner Frau - sie hatte von den 20 000 Tl. jährlich, die Wulff ihr hatte bestimmen wollen, auf die Hälfte verzichtet - und seinen Töchtern zufallen. Die Schwiegersöhne, denen keinerlei Anspruch auf diese Zinsen zustand, erhielten anstatt dessen je 15 000 Tl. als eingebrachtes Heiratsgut ihrer Frauen. Der Witwe war auch das Haus an der Ecke König- und Neue Friedrichstraße bestimmt, das sie bis zu ihrem Tode bewohnen sollte. Danach sollte es seinem Enkel Meyer Beer, mit 21 Jahren damals schon großherzoglich-hessischer Hofkomponist, gehören. J e einem Kinde seiner drei andern Töchter bestimmte er durch Prälegat Beträge zwischen 10000 und 1 5 0 0 0 Tl. Außerdem sollten jedem der Enkel bei Heirat oder Mündigwerden 12 000 Tl. ausgezahlt werden. Für wohltätige Zwecke legte er nur 27 500 Tl. fest, zur Kapitalisierung jährlicher Leistungen für jüdische Bedürftige, die schon bei seinen Lebzeiten gestiftet waren. Das bei seinen Lebzeiten eingerichtete Bethaus in seinem Hause Königstraße, in dem sechs junge Talmud-Studenten gespeist und durch Geld unterstützt wurden 2 , ging mit dem Hause selbst als Verpflichtung auf seine Frau und nach deren Tod auf seinen Enkel Meyer Beer über 3 . Die Verwaltung des Nachlasses war einem dreiköpfigen Kuratorium, bestehend aus den beiden Schwiegersöhnen Jacob Herz Beer und Veitel Heymann Ephraim sowie L. M. 1
Amtsgericht Berlin-Mitte, 367g ausw. Stern in £tschrfi. f . d. Gesch. d. Juden in Deutschland(1935) VI, 118 3 Diese Bestimmung wurde im Grundbuch erst i8j8 gelöscht, als das Haus aus Anlaß der Anlage der Stadtbahn abgebrochen wurde
3
428
Schlesinger, übertragen. Nach den Angaben eines Urenkels 1 hätten zu der Masse große Herrschaften in Westpreußen gehört, die von dem Kuratorium so schlecht verwaltet worden wären, daß die Einkünfte daraus kaum zur Bezahlung der Pfandbriefzinsen hinreichten und die Familie froh sein mußte, als diese Güter weit unter dem vierten Teil des Wertes verkauft wurden. Auch nach diesen Verlusten hätten indessen die Einkünfte jeder der vier Töchter ans dem Nachlaß noch fast 15000 Tl. jährlich betragen. Wenn man diese Ziffern, die im übrigen in den Rahmen der wenigen im Testament enthaltenen Zahlen durchaus hineinpassen, als authentisch ansehen will, so führt eine schätzungsweise Rechnung zu der Annahme, daß Wulffs Nachlaß bei seinem Tode erheblich mehr als eine Million Taler wert gewesen sein muß, daß indessen ein Betrag von 4 bis 5 Millionen Talern, wie er um 1808 genannt wurde, zum mindesten 1812 nicht mehr vorhanden war. Die Nachlaßverwaltung ist in den folgenden Jahren nicht nur an den Zwangsanleihen mit großen Beträgen beteiligt gewesen, sondern auch sonst als bedeutender Geldgeber am Markte aufgetreten. So nahm im Mai 1816 die Staatsschuldentildungskasse bei L . M . W u l f f s Erben 15 000 Tl. gegen Pfand in 30000 Tl. Banco-Obligationen auf 2 , und 1817 beteiligten sich die Kuratoren an der Anleihe von 2 100 000 Tl., die der Preußische Staat bei den Berliner Bankiers aufnahm, mit 90 000 Tl. 3 Liepmann Meyer Wulffs Witwe starb am 13. April 18224. Von den Nachkommen seiner Töchter sind die beiden Familien Ebers bei der Darstellung der Nachkommen Veitel Ephraims erwähnt worden. Die Familie des Abraham Moses, die später den Namen Mosson annahm, ist wirtschaftlich nicht hervorgetreten. Jacob Herz Beer, der Ehemann der zweiten Tochter Wulffs, und seine Nachkommen, deren bedeutendes Bankgeschäft sich im wesentlichen nach 1806 entwickelte, sollen im dritten Bande dieses Werkes geschildert werden. 1
Jugenderinnerungen
2
Rep. 151
3 4
Acc.
eines alten Berliners,
h III Sekt. 1 Nr.
Nr. 86 Seehandlung
Eine anschauliche
eines alten Berliners, gericht Mitte
s. Aufl.
Rep. 10g IV
Schilderung
1
der alten Frau in Ebertys
S. 143 ff. - Ihr Testament
Nr. 3535
S. 108
31 Jugenderinnerungen
vom 28. Oktober
¡814
Amts-
ausw.
429
Kriegslieferanten und Spekulanten Der Siebenjährige Krieg, der Berlin unmittelbar nur einmal berührt hat - als Österreicher und Russen im Oktober 1760 die Stadt heimsuchten - , hat dennoch das wirtschaftliche Leben in starkem Maße beeinflußt. Viele wurden durch die langdauernde Kriegszeit in Mangel und Not gestürzt, manche aber konnten durch die außerordentliche Konjunktur jener Zeit ungewöhnliche Gewinne machen. Es wurde damals offenbar viel und schnell verdient, und ein äußerst leichtfertiger Zug in Geschäftsführung und Lebenshaltung ist unverkennbar. Ein Kavalier vom Hofe, Graf Lehndorf, erzählt in seinen Erinnerungen, wie er 1759 bei einem der reich gewordenen Roturiers - es war der Kaufmann und Bankier Martin Schultze - zu Gast war und mit größtem Erstaunen den Luxus wahrnahm, den diese Leute entfalteten, die nun in die Lage gekommen waren, das Auftreten der aristokratischen und höfischen Kreise nicht nur nachzuahmen, sondern möglichst noch zu übertrumpfen. Auch anderwärts, namentlich durch Äußerungen des Königs selbst, wird bezeugt, daß damals in der Berliner Kaufmannschaft eine verschwenderische und „dissolute" Lebensführung Platz gegriffen hat. Es begannen, wie Friedr. Wilh. v. d. Marwitz bemerkt, städtische Kapitalisten Gläubiger des landsässigen Adels zu werden1. Der König sah sich zu der Warnung veranlaßt, daß bemittelte Kaufleute sich nicht durch Erwerbung von Landgütern dem Handel entziehen sollten2. Und während es im Anfang des Jahrhunderts noch fast ganz an bürgerlichen Kapitalisten fehlte, um die von der Regierung ausgebotene Steuerpacht zu übernehmen8, gab es, wie wir noch sehen werden, im späteren Verlaufe des Krieges Berliner Geschäftsleute, die vorschußweise Zahlung von Kriegs-Kontributionen in Millionenbeträgen auf sich nahmen. 1 2 8
F. B. P. G. XXI 288 C. 0. v. 1762. Rödenbeck, Beitr. Acta Bor., Akzisepol. I 574
43°
II
472
In diesem Zusammenhang sind die Kriegslieferanten zu erwähnen, die ebenso wie in früheren Kriegen auch im Siebenjährigen zu den größten Verdienern gehörten, und zwar, wie nicht anders möglich und durch des Königs Zeugnis beglaubigt, auf Kosten des Staates 1 . Die größten Gewinne wurden dabei im Handel mit den der Heeresverpflegung dienenden Massenartikeln gemacht, namentlich mit Getreide, das selbst in Friedenszeiten leicht spekulativer Natur wird. Im Kriege trat hinzu, daß bei großem, dringlichem Bedarf der Preis keine Rolle spielte, daß es bei Umsicht und Schnelligkeit möglich war, jede Konkurrenz zu beseitigen, und daß die Möglichkeit starker Verluste eine bedeutende Risikoprämie rechtfertigte. Die während des Krieges fortschreitende Verschlechterung der Währung, die an sich für die Lieferanten eine starke Verlustquelle hätte bedeuten können, mag, richtig vorausgesehen, weitere Gewinnmöglichkeiten ergeben haben. Nach Angabe der Münzunternehmer haben die Kriegslieferanten damals ihre Preise auf Münzverschlechterung eingerichtet 2 . Eine noch heute vorhandene Erinnerung an einen Lieferanten des Siebenjährigen Krieges - wenn es sich dabei auch um einen auf begrenztem Gebiet arbeitenden kleineren Unternehmer handelt - bedeutet das bekannte Ermelerhaus, Breite Straße 1 1 . Dieses kaufte der durch Lieferungen von Lederzeug und sonstigem Monturbedarf für das preußische Heer wohlhabend gewordene Peter Friedrich D a m m 3 30. Januar 1760 vom Bankier v. Wylich für 20 000 Tl., ließ es völlig umbauen und machte daraus einen entzückenden Rokokowinkel, in seiner Innenarchitektur das schönste bürgerliche Bauwerk, das Berlin aufzuweisen hat. Namentlich das Treppenhaus und die acht Gesellschaftsräume des ersten Stocks zeugen noch von dem erlesenen Geschmack und der Opulenz des Erbauers. Von den Dammschen Erben kaufte es 1804 der Tabakfabrikant Joh. Heinrich Neumann, von dem 1824 Wilh. Ferdinand Ermeler Haus und Manufaktur übernahm. Damm selbst 1
Vgl. auch Koser in F. B. P. G. XIII
2
Acta Bor., Münzwesen
3
An Damm wurden
aus dem Tresor
III
¡go
¡¡8
18. Januar
1763
ebenso wie an Splitgerber
150 000 Tl.
gezahlt
431
besaß auch ein Landgut, die nach ihm benannte Dammsmühle bei Schönwalde. Der erfolgreichste Lieferant des Siebenjährigen Krieges war der aus Vorpommern stammende Heinrich Carl S c h i m m e l m a n n , ein kaufmännisches Genie ersten Ranges, der wegen des Umfanges seiner Geschäfte hier dargestellt werden soll, obwohl seine Beziehungen zu Berlin nur gelegentlicher Art gewesen sind 1 . 1724 in Demmin geboren, schloß er sich, kaum der Lehre bei einem Stettiner Seidenwarenhändler entwachsen, als Zwanzigjähriger beifn Ausbruch des zweiten schlesischen Krieges Friedrichs Heer auf dem Marsch nach Böhmen an. Bei kleinen Handelsunternehmungen verdiente er schnell etwa 5000 Tl., die ihm indessen bei einem Überfall von feindlichen Reitein ebenso schnell wieder abgenommen wurden. Beziehungen, wie er sie sich zum Fürsten von Dessau und zum Grafen Schwerin, aber auch zum Grafen Brühl verschafft hatte, halfen ihm nach Friedensschluß zum Ersatz seines Verlustes, und mit diesem Gelde begründete er 1746 in Dresden einen Materialwarenhandel. Im folgenden J a h r heiratete er die Adoptivtochter des Generalintendanten des sächsischen Kommerzwesens, v. Gersdorf. Sein Geschäft ging zunächst so schlecht, daß Graf Lehndorff später von ihm sagen konnte, er sei vor dem Siebenjährigen Kriege ein bankrotter Kaufmann gewesen2. Von anderer Seite ist sogar behauptet worden, er habe zweimal, in Hamburg und in Dresden, falliert 3 , was wohl übertrieben ist. 1755 gelang es ihm, gemeinsam mit dem schon früher erwähnten Finanzier Graf Bolza, die Generalakzise in den sächsischen Ländern zu pachten, wobei er zum sächsischen Akziserat ernannt wurde. Bolza, der am Hofe und in den Kurorten lebte, gab das Geld, Schimmelmann Ideen und Arbeit. Als Friedrich II. bei seinem Einzug in Sachsen alle 1
Die späteren Darstellungen
Neue
Schleswig-Holsteinische
seines Lebens gehen
vielfach
Provinzial-Berichte,
Kiel
Weitere Literatur bei Louis Bobi, miliekreds, Kopenhagen fabrik,
in Schriften
igos
Papirer fra
Dreißig Jahre
V S. 22g f , u. beiWintzer,Wegelysche
3
Wintzer, a. a. 0, S, 36
am Hofe Friedrich
des Großen,
igoy
auf
S. 22g
den Reventlowske
des Vereins f . d. Geschichte Berlins
2
432
Efterladte
zurück 1814,
XXXV S.
441
Höst, ff.
-
Fa-
PorzellanS. 36.
Anm.
öffentlichen Kassen mit Beschlag belegte, hatte Schimmelmann das Geld der Akzise schon in Sicherheit gebracht. Friedrich nahm alsbald Fühlung mit ihm auf, übertrug ihm am 19. September 1 7 5 6 die Fouragelieferung für das preußische Heer und ernannte ihn am 22. November zum Geheimen Rat. Schimmelmann galt nunmehr als stärkste Stütze des preußischen Kriegskommissariats. „Die Befürchtung, daß die Preußen es sich ohne das wegnehmen würden, bewirkte, daß Korn und Fourage ihm für den halben Preis angeboten wurde, als er selber berechnet hatte." A n seinen Lieferungs-Geschäften ist nach des Königs Angaben nicht nur der Graf Bolza, sondern auch Maria Theresias Gemahl, Kaiser Franz, beteiligt gewesen. Mit seinen Lieferungsgeschäften geriet Schimmelmann in Konkurrenz zu dem wenig älteren Dessauer Kammerdirektor Franz Balthasar v. B r e n c k e n h o f f , den er kurz entschlossen zum weiteren Teilnehmer aufnahm 1 . Brenckenhoff verdiente an dieser Verbindung 200 000 T l . ; Schimmelmann, der später noch mehrfach gemeinsam mit Brenckenhoff operierte, soll an seinen Lieferungen für die preußische Armee, obwohl er sie nur für den Herbstfeldzug von 1 7 5 6 versorgte und einen Kontrakt für das folgende J a h r ablehnte, i 1 ^ Millionen Tl. verdient haben. Der Unterschied ist bezeichnend für die beiden, die sich in rastlosem Tätigkeitstrieb wie in großzügiger Lebensführung glichen. Schimmelmann als der umfassendere, kühnere Geist hat, wie wir sehen werden, seine Ziele höher zu stecken, seine Erfolge ganz anders zu steigern verstanden. Brenckenhoff, seit 1 7 6 2 in dem kargen und opferfordernden Dienst des Preußenkönigs, hat sich in treuer Arbeit um die Hebung des Landes zwischen Oder und Weichsel aufgerieben und hat dabei jenes in Lieferungen verdiente Vermögen noch gutenteils zugesetzt, indem die von ihm verwalteten Kassen nach seinem Tode einen Fehlbetrag von etwa 100 000 Tl. aufwiesen. Ein weiteres sehr gewinnbringendes Geschäft wurde für Schimmelmann die Pacht der Meißener Porzellan-Manufaktur, die zuerst dem Berliner Wegely angeboten worden war und Preuß, a. a. 0. III 88 und Leben Leipzig 178s, S. ¡6ff
1
F. B. Schönberg
v.
Brenkenhof,
433
die diesem, wie wir gesehen haben, infolge mangelnder Entschlußfähigkeit entging 1 . Schimmelmann kaufte zunächst im Dezember 1 7 5 6 von Friedrich die Porzellan-Bestände, die dieser in Dresden, Leipzig und Meißen vorgefunden hatte. Aus der Manufaktur selbst, die der bisherige Leiter der Meißener Fabrik unter Schimmelmanns Namen gegen eine Jahresabgabe von 2000 Tl. an die Königliche Kasse bis 1760 betrieb, bedang Schimmelmann sich die Herausnahme größerer Mengen Porzellan zu sehr billigen Preisen aus. Indem er dieses Porzellan in Hamburg laufend durch Versteigerungen absetzte und damit bei dem während des Krieges stark wachsenden Luxus-Bedürfnis immer höhere Preise erzielte, hat er sein Vermögen weiter vermehrt 2 . Die Lieferungen an die preußische Armee leitete Schimmelmann weiterhin von Hamburg aus und vermittelte dort auch die Überweisung der für Friedrich II. bestimmten englischen Subsidien. Die finanziellen Transaktionen, die er dabei durchzuführen hatte, und die Porzellan-Auktionen machten ihn in Hamburg mehr und mehr heimisch. Allmählich wurde er zum Beherrscher des Hamburger Geldmarktes, und er hat sein dortiges Comptoir auch später nicht mehr aufgegeben, als er zu höchsten Beamtenstellen im dänischen Staatsdienst aufgerückt war. Die sächsische Generalakzise überließ er seit 1 7 5 7 seinem bisherigen Partner Grafen Bolza. Dagegen beschäftigte er sich von August 1 7 5 8 an in Hamburg mit Münzangelegenheiten 3 , und zwar ließ er sich zunächst durch sächsische Sachverständige belehren, um dann in der Münzstätte des Herzogs von Holstein-Plön zu Rethwisch, ohne mit seinem eigenen Namen hervorzutreten, minderwertige Drittelund Sechstel-Taler prägen zu lassen. Ein Vertrag, durch den die Anhalt-Zerbster Kammer dem Herzog gestattete, ihre Stempel zu benutzen, ebenso wie die Anstellung der leitenden Münzbeamten erfolgte unter der aktiven, wenn auch nach außen nicht hervortretenden Mitwirkung Schimmelmanns. Zu den Berliner Münzjuden bestanden gewisse Beziehungen. Diese versuchten 1762, ihre immer schlechter werdenden 1 Vgl. oben S. 259 - Preuß II 30 und 38a Anm. 3 Acta Bor., Münzwesen III g2 j)
434
Münzsorten auch in Hamburg anzubringen, und verhandelten zu diesem Zwecke dort mit Schimmelmann und Stenglin, „von denen das ganze dortige Wechselnegoce" abhing 1 , indessen, wie es scheint, ohne Erfolg. Im übrigen waren die in Plön geprägten Drittel, die mit 41 Tl. je Feine Mark Silber ausgebracht wurden, keineswegs besser als die gleichzeitigen Berliner Kriegs-Prägungen. In Altona und Hamburg wie in der Umgebung - Schloß Ahrensburg - faßte Schimmelmann inzwischen durch Häuserkäufe und großzügige Bauten festen Fuß. „Der Mann lebt wie ein Fürst, und seine liebenswürdige Frau besitzt den Ton der besten Gesellschaft", schreibt Graf Lehndorff 2 , der Schimmelmann im August 1761 besuchte. Friedrich II. hat wiederholt versucht, den Mann, der in seinem Dienst ein so großes Vermögen erworben und sich damit ins Ausland begeben hatte, für sein Land zurückzugewinnen. A m 5. Februar 1 7 5 8 forderte er im Hinblick auf eine geplante Textil-Manufaktur den Obersten v. Tauentzien auf, ,,an den bekannten Geheimenrat Schimmelmann zu schreiben, ob er nicht diese Fabrique bei uns, wenn Ihr ihm die Fabricanten dazu verschaffet, entrepreniren und etabliren wolle 3 ." Im August 1760 ließ er durch seinen Residenten in Hamburg, Hecht, anfragen, ob Schimmelmann gewillt sei, in Berlin oder wo sonst er es für passend halte, eine kleine Porzellanfabrik zu errichten. Falls Schimmelmann „gleich nach Abschluß des Krieges bereit sein würde, dieses Unternehmen durchzuführen, sollte ihm jede Königliche Gnade, besondere Auszeichnungen und Protektion zugesichert werden 4 ." Schimmelmann lehnte auch dies Angebot ab. Die Schwierigkeit, erfahrene Arbeiter zu gewinnen, der Mangel an „Arkanisten" und Porzellanerde und die Unmöglichkeit für einen Privatmann, so viel Menschen zu leiten, die sich auf ihre Kunst und Wissenschaft stützten, waren eine durchaus sachliche Begründung. Dahinter steckte aber doch wohl sein 1 Ebda., III isy, Anm. s. - Weniger als ein Jahr später stellte der auf 6Millionen Mark Banko geschätzte Stenglin - in der Hamburger Krisis von 1763 — seine Zahlungen ein 2 3 4
a. a. 0. S. 445 Preuß V Urkundenbuch Bobt, a. a. O
F g
435
Mißtrauen gegen den königlichen Autokraten. 1763 ist Schimmelmann - ob auf Anregung Friedrichs oder von sich aus dem Gedanken nachgegangen, in Berlin ein Handelskontor zu eröffnen. E r verhandelte deswegen durch den Bankier Schütze wegen Erwerbes des „Hotel Donner", des heutigen Preußischen Finanzministeriums am Kastanienwäldchen, zum Preise von 55 000 T l . 1 , und kaufte dann das Palais des verstorbenen Staatsministers v. Thulemeier in der Oberwallstraße, dessen Garten bis zum Stadtgraben gegenüber dem damaligen Ende der Französischen Straße ging 2 . Seine A b sicht, sich in Berlin niederzulassen, hat Schimmelmann indessen aus Gründen, die heute nicht mehr feststellbar sind, nicht durchgeführt. Seine Beziehungen zum König blieben trotz all dieser fehlgeschlagenen Versuche erhalten. 1763 schloß der preußische Gesandte in Kopenhagen, v. Borcke, in Friedrichs II. Namen mit Schimmelmann einen förmlichen Vertrag, dem zufolge zwei von dessen Söhnen nach erreichter Volljährigkeit in preußische Dienste treten sollten. Inzwischen hatte Schimmelmann seit dem Frühjahr 1761 mit dem dänischen Finanzministerium in Geschäftsbeziehung gestanden, war wiederholt aufgefordert worden, in dänische Dienste zu treten, und leistete dem im Sommer 1761 Folge. Er wurde zunächst zum General-Commerz-Intendanten und Gesandten beim niedersächsischen Kreise ernanntund im folgenden Jahre in den Freiherrnstand erhoben. Mit erstaunlicher Erfindungsgabe und Energie beschaffte er dem geldbedürftigen Dänenkönig die Mittel für seine politischen Zwecke. 1762 erhob er in Hamburg, dessen Grenzgebiet zu diesem Zweck mit dänischen Truppen belegt werden mußte, eine Art von Zwangsanleihe in Höhe von 1 Million Mk. Banko. Ende August 1 7 6 3 gelang es ihm, in Amsterdam trotz der derzeitigen Börsenkrisis als Vertreter des Königs von Dänemark eine Anleihe von 2 500 000 fl. aufzunehmen, an der die ersten Häuser teilnahmen. Seit 1764 leitete er als königlicher Schatzmeister und Geheimer R a t die Finanzen Dänemarks. 1 7 7 9 verlieh ihm Christian V I I . die erbliche Grafenwürde. Neben seiner amtlichen Stellung im dänischen Staatsdienst 1
(Meffert), Das Haus d. Preußischen Finanzministeriums, - Nicolai, a. a. O., S. 158 u. 555
436
1934, S. ¡4
hat er immer seine Unabhängigkeit als Geschäftsmann beibehalten und die größten Privatgeschäfte mit beispiellosem Erfolg durchgeführt. So kaufte er die dänischen Besitzungen auf den Westindischen Inseln, desgleichen die königliche Gewehrfabrik in Kopenhagen, die er so erweiterte, daß sie Lieferungen für das Ausland übernehmen konnte; später nahm er an der Errichtung der Dänisch-Westindischen Companie teil. Als er 1782 starb, hinterließ er ein Vermögen, dessen Höhe zum mindesten mit drei, nach höchster Schätzung gar mit 14 Millionen Tl. angegeben wird. Friedrich der Große, der die ihm von Schimmelman bereiteten Enttäuschungen diesem nie vergessen hat, erwähnt in seiner Geschichte des Siebenjährigen Krieges seinen größten Lieferanten nur einmal kühl: un marchand nomme Schimmelmani: . . .
Wieweit sich Berliner an Heereslieferungen beteiligt habenr ist leider nicht bekannt, da die Akten über diesen Zweig deHeeresverwaltung nicht erhalten sind. So lernen wir - abgesehen von P. F. Damm - nur einen namhaften Getreide, lieferanten aus Prozeßakten der Nachkriegszeit 1 kennen. Es ist Johann Gottlieb S t e i n , ein aus Mainz stammender getaufter Jude, der vor dem Kriege, zunächst unter dem Namen Christmann, nach Berlin gekommen war. Er hat während des Krieges bei der Magazinverwaltung eine nicht geringe Rolle als Ober-Commissarius gespielt, denn ihm sind, wie amtlich bekundet wird, „die Versorgung unserer Magazine und Verpflegung unserer Armee, auch andere wichtige Geschäfte mit anvertraut gewesen." Er hat für die Versorgung des Heeres und in den späteren Kriegsjahren auch für diejenige der unter Getreidemangel leidenden Hauptstadt bedeutende Käufe getätigt und „ein sehr großes Verkehr" gehabt. Für den dabei notwendigen starken Geldbedarf mußte er nach seiner Angabe den Bankiers monatlich nicht weniger als 2 % Zinsen geben und dazu die Veränderungen des Wechselkurses übernehmen, was öfters noch 2, 3, j a bisweilen 9 % ausmachte. Er ist dabei aber selbst sehr wohlhabend geworden und besaß am Ende des Krieges drei Häuser in Berlin; seinem 1
Rep. n o . '42 f> '45. 211, 213 f, 216, 219, 300, 327, 334. 343. 4°7 ff. 42°. 436, 448 ff, 450 ff, 459, 47 1 , 502, 503; B * n k 59 A m t s k a m m e r , kurmärk. 155; neumärk. 145, 156 Angestellte, Comptoirbedientc 224 f, 247, 323, 467 A A n h a l t Gesamthaus 113 f; -Bernburg 301 f, 303, 308, 381 f; -Dessau, Fürst Joh. Georg 35, 103, 195; Fürst Leopold 152 f, 171, 175. 432; -Zerbst 309, 434 Anhalt u. Wagener, Handelshaus 248, 538, 546, 552 d ' A n i i r e s , Generalfiskal 440 Anleihen, landesherrl. u. staatl. 102-108, 350, 407-411, 429; englische 145; französische 221 Antwerpen 143 A n w e i s u n g e n auf staatliche Einkünfte 28, 29, 34, 38
555
A p f e l s t e d t , J. G., Kf. 16 A p o t h e k e r 12, 32, 25, 163 A p p e l , Kriegsrat 103 A p p e 1 i u s , Buchhalter 438 A p p r e t u r 257 A r b e i t e r zahlen 324, 532 f A r b e i t s Verhältnisse 3 2 5 f A r e n s b u r g , Joh. Bernh. 201 A r g e n s , Marquis d' 465 A r 1 a u d , Prof. 377 A r m e e s. Heer A r m e n direktorium 233, 420; -schule 240; -spenden 33, 36 A r n i m , v. 15, 202 A, 376 A A r n s t e d t , v., Charlotte 179 A r n s t e i n , Joseph 3 8 5 ; Nathan Adam, Frhr. v., 374, 379 A r o n (Aaron), Israel 27 ff Asiatische Compagnie 82, 2 1 7 , 242, 449, 523 A s s e c u r a n z im Ausland 547; -Compagnie 224, 239, 475, 488, 490 A s t e n , van, Kflte. 247 f, 529 A, 530, 538. 542 A s t e r r o t h , Joh. 208 August der Starke, Kurf. v. Sachsen, König v. Polen 2 1 5 A u g u s t W i l h e l m , Prinz v. Preußen 178 A u r e i 11 o n , Fabrikant 213 A A u s f u h r prämie 227 A u s l a n d absatz 187, 330 A u s w ä r t i g e s Amt 448 A y r e r , Adrian, Danzig 73 B a c h e 11 e , Louis le (Bachele de Maillet), B. 68, 76, 77 A, 139, 14°» «5 1 . '54 B a l l h a u s , kurf. 122 B a m b e r g , Michel 394 B a m b e r g e r , Esther 428 f; Levin Michael 341 B a n d manufaktur 257, 532 Bank, allgemein 523 f; Giro-, Lehn-, Zettelb. 480 f, 5 2 2 ; Kgl. (Preuß.) 82, 218, 2 2 1 , 239, 258,
556
264, 265 ff, 268, 328, 330 f, 337 ff. 374. 379. 4°2. 409. 4io f. 472, 477. 490. 494. 5°o. 503. 504, 540, 548, 549 ff; Reorganisation 491 f, 496, 499; -geld 491, 522, 524 f; -geschäft(e) 217, 248 f, 250, 5 1 5 ; -noten 488, 49'. 5°°. 502; -Vorschläge, "Pläne 122, 1 4 9 ^ 487 fr, 499, 5 1 7 , 520-526, 528, 530 B a n k i e r s 13, 2 1 , 3 1 , 34, 67 f, 82, 89, 1 9 1 , 193, 195, 202, 2 1 2 , 232, 233, 234, 257, 286, 287, 335. 362, 4 1 0 , 4 5 1 , 469, 470, 475. 518, 529, 535 fr, 5 4 1 , 551 Bankrott 167, 460, 509; bezüglicher 253, 441, 507, 520; böswilliger 77, 469; vgl. auch Konkurs, Fallissement. Bankrottier-Edikt 69, 72 B a r b e r i n , Graf v. 501 B a r c h e n t fabrik 98, 229, 279 B a r e z , Fb. 8 1 , 531 B a r f u ß , (Graf) v., General 46, 132 B a r n h e i m , vorher Itzig 377 B a r t h o 1 d i , Christian Friedr. (Frhr. v.), Bürgerm., dann Geh. Rat 40, i n , i i 2 f , 192, 193 A ; . . . sehe Meierei 358, 372 B a r t h o l d y 358 A B a s e l , Friede zu 373 Bastineller, (v.), Kriegsrat 323 B a u d e s s o n , Juwelier 80 B a u d o u i n , Seidenwarenhändler u. -fb. 80, 85, 86, 87 ff, 529 A, 531 Bauer, Daniel, Altona 2 1 9 ; Joh. Friedr., Kriegsrat 440 f B a u m w o 11 fabrikation 223, 254, 255. 260, 268, 276, 337, 477, 5 3 1 f; -handel 336, 501 f, 503, 504 B a y r i s c h e r Erbfolgekrieg 364, 394. 4°5 Beamte,
Auffassung 104, 1 u 1
B e e r , Ceri' 373; Jacob Herz 426. 428,429,533,542; Meyer (Meyerbeer) 428 B e g a s , Oskar 89 B e l g i e n 348, 482 f B é n a r d , Abraham 207 B e n d e m a n n , vorher Bendix 393> 543 Bendix, Hirsch Nathan 393, Nachkommen 542 f B e n e c k e , M. Chr., Salzfaktor 14; Gebr., B. 339, 373, 424^ 546 B e n g a l i s c h e Compagnie 217 B e n o i t , Resident Warschau 464 B e r c h e m s. Matthiaß B e r e n d e s , Friedr. Heinr. 222, 224 B e r g i u s , Joh. Carl 248 B e r g w e r k s Verwaltung, staatliche 353, 359 B é r i n g u i e r 547, 549 Berlin: Bedeutung als Hauptstadt 534, als Handelsplatz u. Geldmarkt 208, 507 f, 510, 512, 518, 526, 536; Besetzung, feindliche, 1760: 234, 304 f, 430, 438, 442, 446; 1806/07: 63, 40if, 419; Einwanderung 21, 26, 251, 479 f; Einwohnerzahl 9; Entwicklung 9; Finanzmaßnahmen 420, 423 ff, 446, 487; Friedrichstadt 132; Friedrichswerder i i , 506; Gewerbe 254, 533; Gewerbeausstellung 83; Handel 22, 208, 209, 249^ 510, 524; Handelskammer 89; Häuser 11 f, 18, 20, 2 1 , 24, 49, 65» 7° A, 74, 78, 79, 82, 85, 93» 95) 107, i27> 129» '32> 162 f, 167, 182 f, 184, 187, 189, 190, 195, 200, 202 A, 206, q 12, 213, 230 fr. 233, 234,
*39> 258, 269, 275, 3 1 1 i; 336, 341, 356 f, 383^ 387, 403, 428, 431, 436, 463, 472, 477, 488, 548; Bürgerhospital 420; Rathaus 457, 460; Ratswage 404; Schloßbauten 1 6 1 ; Lustgarten 534, 543; Magistrat 49, 273, 456, 459, 545; Polizeidirektorium 536, 540, 5 4 1 ; Stadtgericht 458, 466, 545; Stechbahn 5 3 7 ^ 539; Syndikus 459; Versorgung 437 f Wirtschaftsleben 10, 1 1 , 15, 430, 448 A ; Aufschwung 535 f Berlinische ZuckersiedereiCompagnie 533, 546 fr B e r n a u 280 B e r n h a r d , Hitzel 387; Isaak u. Nachf. 281 ; Moses 382 B e r n s a u , Frhr. v. 44 B e r n s t e i n 16, 501 B e s s e r v., Hofdichter 164 Bestechung 107, 204, 277, 295, 309, 354. 37 •> 4°5 f> 438, 511 517 f B e t h m a n n S. M., London 374 B e u s c h , Daniel 194, 196 f B e y e r , Kfl. : Georg 20, 22 ; Georg Christoph 20; Joh. Paul 18 f, ' 3 1 A> 5°5 B e y 1 e r , Nik. 230 B e y m e , Geh. Cabinettsrat 401, 405 f, 423, 552 B e y r i e h , Fbr. 81 A, 531 B i c h o w , Gut 269 B i e l e f e l d 447 B i e s e n t h a l , Amt 2 1 5 B i l a n z e n 120, 212, 215, 235 f, 453> 462, 520 B i s c h o f f w e r d e r , v., General 348, 371 B i s c h o u v e l , B., Brüssel 143 B 1 a n c , Fb. 8i, 531 B l a n c h e , Major 32 B l a n k e n f e l d e , Familie 13
557
B 1 a s p i e 1 , Lukas 16; Werner, G e s a n d t e r 118 f; J o h . Mor. Frhr. v., G e n . - K r i e g s - K o m . 152, 155 Bleichröder, S., B a n k h a u s 287 B B B B
1 e i w e i ß fabrik 282, 3 2 8 f 1 o c q , H o f r a t 113 l o n d e n fabrik 3 2 6 lume, Christian Friedr. 4 4 3 ; - E r b e n 238, 444, 4 4 5 , 539 A ; Friedr. Wilh. 461 B l u m e n t h a l , v., Minister 491 B o a s , B. i m H a a g 3 8 7 B o b b e , J . Ph., K f . 141, 507 B o e c k e 1, Betriebsleiter 112 B o e c k h , Prof. 375 B ö r g e r , A u g . Wilh. 4 5 0 A, 547 B ö r n i c k e , Ndr. B a r n i m 188 ff B ö r s e 62 f, 93, 357, 5 3 4 f, 541 ff; Börsen-Älteste 2 4 9 ; - g e b ä u d e 357, 377» 534» 5 4 1 f ; - O r d n u n g 534, 535» 5 4 3 ; - R e g l e m e n t 542 f; - R e p r ä s e n t a n z 542 ff; -sekretär 543 f; -Vorsteher 542 f, 552 Bolza, Graf v. 300, 317, 4 3 2 , 433» 4 3 4 B o r c h l a n d , B. 527 B o r c k e , v., G e s a n d t e r in penhagen 436 B o r d e a u x 211, 214, 216, 33° B o s e , Georg u. K a s p a r 135, Ernst Wilh. 190; v., Assessor B o u 6 , Pierre 500 A B o u e ß Erben, Fbr. 281 B o u i s s o n , Carl, Makler 539
Ko217, 186; 385 f
537
B o u m a n , J . , Baumeister 239 Bourgeat,
Daniel
73» 75 B o u r g u i g n o n ,
67;
Wwe.
Seidenmanuf.
251 B r a b a n t 143 B r a n d e n b u r g a. H a v e l 13 A, 223 B r a n d e n b u r g , Mark, K u r fürst Joachim II. 109; Kurfür-
558
stin 28, 3 2 ; Markgraf Carl 2 9 0 ; Carl P h i l i p p 145; Ernst 13; Friedrich 2 9 0 ; L u d w i g 155 B r a n d e n s t e i n , Frhr. v. 105 B r a u n s c h w e i g 341, 467, 469, 476> 4775 -Celle, H e r z . G e o r g Wilh. 140 f; -Wolfenbüttel, H e r z o g t u m 301, 3 0 4 ; H e r z o g Karl Wilh. Ferd. 3 4 9 B r a u n w a l d , Kf. 4 6 8 Bredow, v., Gebr. 4 6 6 ; J o h . H e i n r . 178; . . . 486, 4 9 3 A B r e n c k e n h o f f , Franz Balthasar v 345, 4 3 3 Brendel, H a n d i g . 341 B r e n n h o l z - Compagnie (-Octroi) 182 f, 279, 3 6 2 ; - A d m i n i stration 4 9 0 B r e s l a u 1 1 , 2 1 8 , 220, 227 f, 313, 318, 417, 491 B r i n t a n o , Gebr., H a m b u r g 4 8 9 B r i t z b. Berlin 283 B r o c k , J o h . L u d w i g , K f . 4 7 6 f, 493 A Bromberg 218, 3 4 6 Broschwitz, Joh. Daniel 460 A B r o s e , Christian Wilh., B. 240 f; S o h n u. Enkel 241 B r ü h l , Graf Heinr., sächs. M i nister 298, 312, 4 3 2 ; G e n . - I n t e n d a n t 371, 375 Brüssel 143, 348, 481 ff Brüstlein, J o h . J a k o b 223, 2 2 4 ; Carl Gustav 2 2 3 B u c h druckerei 5 3 3 ; - h ä n d l e r 5 2 0 B u c h f ü h r u n g 131 f, 177, 196, 197, 212, 262 f, 377, 462, 4 6 8 f, 520 Buckow 12 B u d e r , J o h . Christian, Kf. 180, 226, 228 f, 230, 232, 5 2 9 A ; S o h n 230 B ü h r i n g , D i e t r i c h Ernst 282, 3 2 9 A , 3 9 4 f, 5 3 3 B ü r g e r g a r d e 275 f B ü r g s c h a f t 193, 335, 337, 4G4
B u n z e l w i t z 307 B u s s c h e , v. 103 B u y r e t t e u. Co. 442 a d i z 242 a e s a r , Weinvisierer 214 a e t a n o , Goldmacher 164 a l z a b i g i , Gian Antonio di 360, 399, 480-497, 499, 504; R a n i e r o di 480 ff C a n d i , de, Regisseur 495 C a n n o n g e , Pierre 70 Canorgue, Graf J e a n Bapt. de la 465 C a n s t e i n , R a b a n Frhr. v. 28 C a q u o t , Pierre, Kf. 21 C a r m e r , (Graf) v., Großkanzler 368, 385, 545 C a r s t e n s u. von Cossel 463, — u. Martinius, H a m b u r g 477 f C a s a n o v a , Giov. J a c . de 480, 485 f, 497 A C e r f , Chr. Aug. le 450 A, 459 C h a r g e n s t e u e r 121,258 C h a r i t é 233 f Charlottenburg 183, 223, 234, 260, 275, 283 C h a u s s e e b a u 3 7 1 , 397 C h e m i s c h e Fabrik 84, 263 C h o d o w i e c k i , Daniel, K u p ferstecher 370 C h w a l k o w s k y , v., Geh. R a t
C C C C
37. 47, 140 C 1 a u s i u s u. Sasse, Fb. 531 Clement, Philippe 229 ( ?), 238, 244, 277, 328, 4 9 7 - 5 0 4 C l e v e , Stadt u. Hztm., 16, 43, 48, 53 f> 58, 7 ' ; Stände 45, 46 f C o b e n z 1, Ludwig Graf v., österr. Staatsmann 481 ff Cocceji, Samuel v., Großkanzler 285 C ö l l n , Friedr. v. 397, 406, 428 f C o h e n u.Co., Bankhaus Amsterd a m , 374, 393, 407 C o h n , David Aaron, Makler 466 C o l l i v a u x , Goldschmied 80
C o m m e r c i e n - Collegium 94, 1 2 1 , 166, 192 f; - R a t 83, 5 1 7 C o m p t o i r b e d i e n t e s. Angestellte C o q , le, Kfl. 81, 546 f; J e a n 82 C o r s i c a , Hotelinhaber 375 Corvisier, Jacques, B., 42, 7 6 - 7 9 , 289 C o u 1 e t , Kf. 73 C o u r t i e r s. Makler; C o u r t a g e 540 f C r e p o a s , leichte Zeuge, 130 ff, 257; Creponhaus 132 C r e u t z , v., Minister 40, 154, 165, 169 C u n o , Heinr., Kf. 2 1 1 ; . . . 547 D ä n e m a r k 309, 436 f Damm, Peter Friedr. 431; D a m m s m ü h l e 432 D a m p f b e t r i e b 278, 325, 548 Danckelmann, Frhr. v., Daniel Ludolf, Gen.-Kriegskommissar 137, 144, 147, 1 5 1 ; Eberhard, Oberpräsident 1 1 7 , 124, 126, 1 3 1 , 147. 155, 178; J o h a n n 124 D a n n e n b e r g , G u t 12 D a n z i g 118, 211, 214, 224, 438 f D a r l e h n s v e r k e h r , gesetzl. Regelung 505 Daum, Gottfried Adolph 210, 2 1 3 , 2 1 5 , 221, 227; E r b e n 222; Carl Friedr. 98, 223 f, 229; Friedr. Adolph 224 D a u n , Graf, öst. Feldmarschall 300 D a v i d e , George, Makler 535 Decker, Buchdruckerci 533 D e 1 e b o y , Isaak, Kf., H a m b u r g 205 D e m m i n 432 D e p o s i t e n 66 f, 71, 201, 207, 235. 2 57> 260, 261, 467, 473, 476, 512 D e r f f l i n g e r , Frhr. v., Feldmarschall 103
559
D D D D D D
D D D
e r m , Jean 71, 72, 74 e r s c h a u v., Oberst 53 e s s a u 331 i d i e r de Pluvieux, Louis, Amsterdam 105 i e s s e n h o f e n 257 i e s t v., Gesandter im H a a g 104, 105; clevischer Münzdirektor 298, 381 i s a g i o 53 f, 412 ff i s k o n t i e r u n g 496, 549 ff ispositionskasse 304,
349> 37°, 414 D i v i d e n d e 488, 489, 493, 498, D D D D D D D D D D D D D D D
D
547 ö b e r i t z , Dietloff v. 12 o e l l e n , K f . 538 ö n h o f f , G r a f v . 140 o h n a , Graf v. 140 o l g o r u k i , Fürst v. 448 o r i g n y , de, Wwe. 505 r e s d e n a u , 213 f, 296, 297 f, 300, 317, 432, 434 r o o p , Geh. Finanzrat 522 f r o s s e n 227 r o s t e , von, K f . Königsberg 178 u b s k y , G r a f v. 375 ü b e n 317 u r h a m , Gen.-Fiskal 39, 40 u s s a r a t , Buchhändler 75 u t i t r e (du Titre), Baumwollf b . 81, 276, 529 A , 531, 532; M a d a m e - 519 u 1 1 o n , Masch.-Fb. 533
E b e l , Hauptm. 199 f E b e r s , Joach. Heinr. 324; Martin, Viktor 428; Familie, vorher Ephraim 336, 429 Ebersbach, A d a m 23, 24; Georg Carl 24, 245 E b e r s w a l d e 69, 215, 218 E b e r t y , Familie, vorher Ephraim 340 f; Felix 341, 403 E c k a r d Ernst Jacob, Frhr. v. Eckardstein u. Nachkommen 100, 283, 533
560
E d e 1 i n g , Familie, vorher Ephraim 340 E d e l m e t a l l handel, -lieferung 300, 305 f, 450, 488, 500, 502 f, 518 f ('s. auchMünze); -Scheidung 327 E f f e k t e n geschäft (-Spekulation) 42, 221 E g g e r sehe Erben, Leipzig 202 E h r h a r d t , Fb. 240; K f . 278 E i c h h o r n , J. W., Breslau 63, 427; E. u. Co. 500 E i c h e l , Geh. Cab.-Sekr. 298 f Eickstedt, Graf v. 486 E i m b k e , Joh. Georg, B. 231, 23 6 . 343» 449. 4 5 ° A , 459, 467 -470, 471, 476, 477 E i n f u h r beschränkung 172, -verbot 546 E i s e n , Fabr. 98; Handel 216 E l b i n g 44, 156 E l b s c h i f f e r - Gilde 542, 544, 545 E l i a s , Aaron 77 E 1 1 e m e e t , holld. Generalempfänger 142 f Eilermann u. Sohn, Hamburg 474 E l s h o l t z , Joh. Sigism. 202 E m d e n 70, 126 f, 129, 217, 307 E m m e r i c h 43 E n c k e v o r t , v., Familie 14 E n g e l , Christian Christoph 240; Joh. Tobias 194 ff, 198 ff Engelhardt, Joh., Materialist 460, 462, 464, 523, 530, 541 England 31, 259, 277, 281, 480, 552 E o s a n d e r , Frh. v. Göthe 161 Ephraim: Adele 348; Assur 340; Benjamin Veitel 326, 333, 337. 340, 342-352, 363» 395 f. 403, 406; David 336-339, 367, 543; Edel 333, 334, 352; Ephraim Veitel 327, 334 f, 337 f; Heymann E. Veitel 335 f, 419; Heyroann Zacharias 264, 341 f, 350;
Heine 288 f, 291, 3 1 1 ; Hirsch Marcus 459, 461 A; J a c o b 288; J o a c h i m Heymann 324, 336, Joseph Veitel 273, 328, 340; Marcus (Amsterdam) 450; Moses Heymann 428; Reizehe 3 4 1 ; Rösel 334, 352; (Nathan) Veitel 42, 58 f, 61, 286, 288-334, 343> 352 f, 358, 363» 381 f. 39° ff» 44>> 459, 460, 470; s. Schwester Clara (Gompertz) 58, 61 f, 295; s. Söhne 332, 334 ff; s. Nachkommen 366, 370, 376; Veitel Heym a n n 428; Zacharias Veitel 341 f Firma Ephraim u. Söhne 181, 220, 285, 289, 330, 451, 489, 498, 530 Ephraimiten 297 Ephraimpalais 31 i f , 347, 356; E.'sche Familienhäuser 342, 350 Erberfeld, v., Resident in Amsterdam 440, 449 E r b p a c h t 148, 181, 183, 184, 3H> 398 f E r b s c h a f t s s t e u e r 176 E r l i h o l t z e r , Kf. Paris 90, 91 E r m a n , Paul 376 f; Wilhelm 376 E r m e l e r , Christian, K a t t u n f b . 532; Wilh. Ferd., Tabakfb. 431; Erinelerhaus 431, 475 E r t e 1, Leipzig 475 F. s i c h , Elard 11 o f E s k e 1 e s , Frhr., v. B. Wien 374, 379 E s p a g n e , Kf. 67 E u g e 1 i n g , Schneider Halle 210, 214 E u 1 e r , Leonhard, Mathematiker 487 E y b e n b e r g , Frau v. 353 F a b e r , Samuel i g s ; . . . 3 1 7 F a b r i k a n t e n , mit oder ohne Staatsunterstützung 86, 87 f, 2 5 1 ; mit Bankgeschäft 257, 518; u. Verleger 255
Fabriken, Betriebsführung mo, 168, 257, 270, 322; Gründung 472, 476 f; Statistisches 531 ff; F.-Departement 272, 274; F. -u. Commercien-Colleg. 88 F a e h n d r i c h , Amtsrat 362 F ä r b e r e i (Rotgarn-) 181, 278 Faesch, Geh. R a t 501, 5 2 1 ; Kriegsrat 264 F a l c k m a n n , Fb. 532 F a l k e n r e h d e b. Spandau 13 F a l l i s s e m e n t s 79, 200, 204, 449 ff, 472; vgl. Bankrott, Konkurs F a m i l i e n i n s t i t u t s. Fideikommiß F a u s t , Kf. 29 F a v r e a u , Fb. 81 A, 531 f F e i n t u c h fabrikation 184, 269, 275 F e l i x , Fb. 533 F e r d i n a n d , Prinz 222, 486 F i r o n c e , Pierre 81, 459, 460 A, 471, 486, 489, 493 A, 529 A F e s t u n g s strafe 45, 47, 126, 198, 441, 470, 499, 520 F e t s c h o w , Fb. 532; Kfl. u. B. 240 f, 538 F i c h t e , Joh. Gottl. 375 F i c k e r , Handlung 232, 529 A; „Demoiselle" J o h a n n a Eleonore 231, 232 f F i d e i k o m m i ß 324, 333 f, 335, 367, 368 f, 384 ff, 388, 390 F i n a n z Vorschläge 121 f F i s k u s 349, 351, 400, 440 f; Vorzugsrecht 237; Fiskalischer Betrieb 180 f, 322 F 1 a n d r i a n , Kf. H a m b u r g 29 F 1 a t h o , Joh. Friedr.,Kf. 206,212 F l e i s c h e r , David, Leipzig 20 t F l e m m i n g , Graf v., Feldmarschall 105, 207 F 1 e ß , Isaac 459 F l e u r n o y , Holländer 113 Fließ: Baer 387 f; Blümchen 385 f; Carl Eduard 388 f; Eduard 561
v. F. 389; Heymann 388 f; Joseph 367, 387; Rebecca 385 f F o r g e r y , Denis 71, 72, 74 F o r m o n t , Gebr. 102 F o r n e r e t , Prediger 92 Fränkel (Fränckel), Gebr. Abraham u. Moses 59, 60, 289, 292, 293, 295; Heymann Joseph 341, 543; Moses Sal. 65; Wolf 200 A ; Wulff Levin 393; Zacharias F. Veitel Ephraim 342, 421, 422 F r a n c k e , Makler 539 F r a n k f u r t , Main 230, 407 ff, 420 F r a n k f u r t , Oder 23, 141, 383, 438; Messen 77, 205, 227, 323, 444; Niederlage 227 F r a n k r e i c h 71, 72, 107, 137, 170, 192, 282, 348 f, 350 f, 373, 375. 4«7> 5 5 2 f ; Handel mit F. 216, 217, 330; Französ. Revolution 221, 398; Franzosenzeit 270, 427 F r a n z , Christian, Kf. 102 F r a u e n d o r f f , Joh. 195, 206 Fredersdorff, geb. Daum 223 F r e g e , B. Leipzig 296 f, 4 1 1 F r e i h e i t s w e b e r 255 Freischule, jüdische 346, 370, 378 F r i e b e , Wilh. Zach, (vorher Fränkel), B. 342 F r i e d e 1 , Fb. 533; Kf. 493 A F r i e d l ä n d e r , David 367, 37°J 378; Joachim Moses, Königsberg 323, 340, 366 F r i e d r i c h I. , König (als Kurfürst Friedr. III.) 33 f, 36 f, 39, 40, 41, 45 ff, 105, 123 f, 155, 178, 284 F r i e d r i c h II. , der Große, König 9, 58 ff, 82, 84 ff, 87, 96 f, 180, 181 f, 2 i 6 f , 218, 219, 221, 230, 237, 238, 242 f, 244, 249 f,
562
258 f, 271 f, 328 f, 345 ff, 352 A; 358, 362, 366, 368, 371, 385, 407, 430, 432-437, 442ff, 449-461, 478, 479 f. 484 f, 487-49'. 493-
496, 497 ff, 502 fr, 516 f, 5 2 1 f r ,
528 fr, 546, 549; als Kronprinz 7i> 73. 82, 95, 2 1 4 f , 289, 443 F r i e d r i c h W i l h e l m , der Große Kurfürst 9, 1 1 , 13, 16, 21, 27. 3 ° ff. 43. 44. 1 0 2 ff, 109, 1 1 0 f, 114, 1 1 6 - 1 2 3 , 128, 257, 289, 534 Friedrich Wilhelm I. , König 9, 23, 34, 40 f, 48 fr, 5 3 58, 72. 77. 79, 92 f, 94 f, 96, 104, 130, 162, 1 6 4 ^ 166 ff, 179, 189, 209, 213, 214 f, 225, 228 f, 251 ff, 255 ff, 289 f, 516, 534 f; als Kronprinz 152 f Friedrich Wilhelm II., König 183, 261 f, 264 f, 335, 346 f, 349, 366, 370 ff, 378, 386, 396, 399 f. 4°7, 4 ' < f F r i e d r i c h W i l h e l m III., König 351, 405, 406, 410 f, 412, 417, 423 F r i e d r i c h s f e 1 d e 127, 133 F r i e s l a n d 244 F r i t z e , Christoph 13; Johann 11 F r o n m ü l l e r , Georg, Conrad, B., 239, 469, 541 F r o s c h , Christian, Juwelier 464 F u c h s , Paul (v.) 103 F ü r s t , Jos. Sal. 461 A ; Nathanael Rüben 76 A F ü r s t e n h a u s , Kurstraße 231 F ü r t h 411 G a b a i n , George, Seidenfb. 81, 53i G a l a n t e r i e w a r e n 81, 442, 464 G a 1 a t i n , Abr. u. Franz, Kf. Leipzig 207 G a r d e m i n , Seidenfb. 378 G a r t e n b e r g , v. 298 G a u g u e t , Nicolas 79
G e h e i m e r R a t n , 12 f, 146, 156. 505» 506 G e l d geschäfte 210, 212, 214, 218; -Übermittlung 136, 140, 219 f. Vgl. sonst unter Münze G e l d e r n , van 42 G e l e i t , freies 78, -schein 36 G e m ä l d e (Kunst-) handel 444, 468, -Sammlung 95, 247, 441, 462, 470 G e n e r a l - Direktorium 50 ff, 55, 94, 97, 165. !73> 182 f, 228, 329, 378, 499, 536, 540 f, 545, 547 f -Finanzdirektorium 164 f -Kriegskasse 137 f, 153 f, 157, 158 ff, 164, 321 -Kriegskommissariat 69, 136 f, 152 fr, 158, 164 f -Münzdirektion 358 -Rechnungskammer 165 G e n e r a l p ä c h t e r 398 G e n e r a l s t a a t e n 70, i 2 3 f G e n z , Heinr., Prof. 248 G e o r g e , Benj., Brauer 282 G e r i c k e , Martin, Kf. 18 G e r s d o r f , v. . . . 432 G e t r e i d e handel, -lieferung 45, ai7> 330, 33i, 345) 34®, 349» 372, 394 ff, 43i, 437 f> 472 G e u d e r , Baron v. 486 G e w a n d s c h n e i d e r 13, 16, 18, 22 G e w e h r fabrik 213, 215, 216 G e w e r b e ausstellung 89; -betrieb 251; -freiheit 324 G e w e r k e 113 f G i e b i c h e n s t e i n 134 G i e s e n s d o r f , Kr. Teltow 180, 230 f G i l d e n (Kaufleute-) 15 f, 17, 20, 21, 22 f, 24 f, 210, 216, 378, 527, 529, 534 f, 544, 545 f- Z a h l 5»o A G i 11 e t , Materialist 523 G i l l i , Nik. 109 f G i r a r d , David u. Nachf. 80 f, 84 ff, 498, 529 A, 531
G i r o , Girierung 192, 451, 476, 512 f; Girobank 490 f, 525 Gläubiger, Abstufung (bevorrechtete, Buch-, Hypotheken-, Wechselgl.) 73, 201, 263 f, 265, 267, 373, 375 G 1 a s b a c h , C. B., Stecher 370 G l i e n i c k e 173 G l u c k , Chr. Willibald 482 G o d e t , Juwelier 80 G o e t h e 353 G ö t z e , Stephan Andreas, Kf. i8f, 505 G o l d beschaffung 242 f, 328, 491 (s. auch Münze) -drahtzieherei 327; -münzen 61 G.- und Silber-Manufaktur 135, 166, 181, 184, 186-189, 251, 253, 3r4> 321-325, 327, 332 ff, 335 f , 34°, 463, 533 -waschmühle 82 G o l d h a m m e r , Bäcker 329 G o l t z , B. Paris 90 G o l t z e , J . C. G., B. 232 Gompertz (Gumpertz), jüd. Familie 42 f, 65, 136; Clara s. Ephraim; Elias 143; Elias I I 48fr, 53, 56 f; Herz Moses 58-61, 291, 295, 298 f, 319, 325, 354, 355 f, 363, 381, 5*8, 530; Jacob 43; Leimann 43; Lob 43; Moses Levin 48-58, 78; Rüben Elias 43-48, 62; Rüben Samuel 62 - 6 5 , 542 G o ß 1 e r , Kriegsrat, dann Geh. R a t 245, 362 Gotzkowski (Gotzkowsky), Christian Ludwig 239, 442; Johann Ernst 85, 224, 243, 256, 274, 304, 308, 321, 352, 438, 441, 442-467, 468 fr, 471, 472, 476, 516 f, 523, 529 A, 530; seine Firmen 458, 462 f, 464, 466; seine Kinder 465 f G r a e t z (Posen) 354 G r a u e s K l o s t e r 247 563
G i a u m a n n , Gen. Münzdirektor 59 ff, 234, 3°2> 352 A, 354 f, 3 8 1 , 467, 518, 522 G r e g o r i (Gregory), Familie 2of; Handlung (Bankier) 210, 226, 460, 462, 478, 529 A, 530 G r i e b e n , Andreas 202 A G r o e b e n , Frau v. 207 Groschopp, Kammerdirektor 291, 438 G r o ß h a n d e l 22; -händler 94, 527, 528 f G r o ß k a n z l e r 368, 497, 545 G r o t e , Otto v. 103, 1 1 0 G r o t t h u ß , Freifrau v. 353 G r ü n d 1 e r , K f . 545 G r u m b k o w , Friedr. Wilh. v. «52, i53> '54. 158, 163, 225; Joachim Ernst v. 85, 103, 104, 107, 123 G r u n d b e s i t z - Erwerb durch Kaufleute 12, 24, 92 f, 107, 123, 188, 206, 372, 430 G ü n t h e r , Georg Friedr., Materialist 23, 226, 229 G u e r i c k e , Otto v. 104, 144 G u i c h a r d , Charles s. Quintus Icilius G u i n e a fahrten 1 1 4 , 1 1 8 G u n d l i n g , Paul v. 49 G u s o w , K r . Lebus 103 G u s s o w , K r . Teltow 12 G u t b i e r , Halbseidenfb. 251
Hainchelin, Kf. 67; J o h . Georg 226; Pierre Jeremie 484 f, 498 A H a l b e r s t a d t 487 H a l l e 162, 193, 505 H a l l e , von, Joel Samuel 542 H a m b u r g 23, 80, 104, 109, 127, 144 f, 192, 198, 202, 216, 2 1 8 , 249, 283, 302, 3 1 1 , 420 ff, 432, 434 ff, 448, 450 ff, 459, 479 Bank 60, 103, 2 1 2 A, 439 f, 522; Börse 144 H a n d e l , auswärtiger, überseeischer 216 f, 229, 242, 330, 479 H a n d e 1 s bücher 36, 1 4 1 , 196, 284, 299, 530, 544; Beschlagnahme 201, 203; -Compagnie 225-230, 487-490; -gericht 543, 544 f; -schule 240, 378; -städte 5 4 1 ; -vertrag 216, 349, 496 Handlungsdiener 520 A ; vgl. auch Angestellte H a n d w e r k e r politik 122 H a n n o v e r 283, 3 0 1 , 304, 351 H a p p e v., Kriegsrat 147 Hardenberg, Frhr. v., Minister 342, 3 5 1 , 423 H ä r e n e , Daniel 67, 110, 1 1 2 H a r t m a n n , Wesel 374 H a r z , Silbergruben 1 1 3 H a r z g e r o d e , Münze 3 0 1 , 308,
H a a r h a u s , Gebr. 207 f, J o h . Christoph 507 H a c k e , v. 207 H a c k e r , J o h . Gottl., Kf., i 7 f , 141
381 f H a u g w i t z , Grafv.,Minister 350 H a u s a r r e s t 40 f, 72, 77, 235 H a u s v o g t 1 3 1 , 196, 198, 507; Hausvogtei 72, 77, 194, 198, 200. 203, 377> 44°> 4 6 9 . 5°3> 5°7 H a v e l b e r g 117 H a y e de Launay, Regieleiter 495 H e c h t , Resident in Hamburg
H a d d e n b r o c k , Kf. 233 H ä n e 1 , K f . 29 Hafensperre, durch England 4 1 8 H a f t u n g , unbeschränkte 2 1 0 H a g e n , v., Minister 237, 488, 4 9 ' f. 496, 499
435. 440 H e d w i g s k i r c h e 180, 238 Heegermühle 215 H e e r e s lieferungen (-lieferanten) 67, 168, 372, 373, 395 f, 43 1 ff» 437, 450, 453; -Verwaltung 14, 17, 107, 405
564
H e e s e , l'b. 279 H e i d e k a m p f , Christian 162; Chr. Sig. 106; Veit 105 H e i m , Dr. 184, 335 H e i m a r b e i t 168, 187, 322 H e i m f a l l r e c h t 180 H e i n i t z , Frhr. v., Minister 365 H e i n r i c h , Prinz 178, 371, 463 H e l l w i g , Ka.-Ger.-Adv. 12 H e n s e 1 u. Schumann 325 H e r i n g s handel 23 H e r z , Marcus 330 H e s s e , Kf. 361, 429 A ; Carl Ludwig 264, 274; Gebr. Cornelius u. Paul 267 f, 273 fr, 5 3 1 ; Moses Jacob 470; Hesse et Hintze 274, 460 A, 462 H e s s e n - Cassel 304, 407 H e s s i g , Bürgerm. 188 Heuckenroth, Steuerbeamter 107, 151 A, 177 A H e u g e 1 , v., Kammerger.-Rat 201 H e u m a n n , Jude 309 Heuschkel, Nik., Kf. 20, 1 3 1 A, 192, 197 H e y d e l e r , Chr., Kf. 226, 227 H e y m a n n , Arend 307; H. et Maas 450 A H i l l e , Münzpächter 34 f H i 1 1 e r v. Gärtringen, General 65 H i n t z e , David, Kf. 462, 464 H i r s c h , David 253 f, 382, 443; Isaac 4 7 1 ; Moses 254 H i s , Peter et Söhne, Hambg. 489 H i t z i g (vorher Itzig) 376; Georg Heinr. Fr. 357, 377; Jul. Ed. 377 H ö h 1 e r u. Feilner, Fb. 533 Hof, landesherrlicher 15, 19; Lieferungen dafür (Livreen usw.) '3, 16, 17, 19, 28, 3 1 , 1 4 1 ; -apotheke 420; -bankier 484, 499, 501, 5 1 7 ; -jude (faktor) 26 f, 27 f, 3 1 , 48, 286; -kammer 156 f; -marschallamt 420 H o f f m e i s t e r , Th. Chr., Kf. 212
H o l i e n f i n o w 92, 95, 97, 98, 99 H o h e n s c h ö n h a u s e n 24 H o h e n s t e d t , Quirin v.j General 106, 196 H o h e s H a u s 167 Holland, Holländer 14, 36, 105, 1 1 5 fr, 120, 125, 128, 142 fr, 177, 192, 216, 218 H o l s t e i n , Herzog v. 35; -Plön 309, 434 f, 447 H o l z e c k e r , Joh. Georg, B. 248, 538 H o l z h a n d e l (-händler) 1 1 , 7 1 , 76, 1 1 7 , 274 f, 470 H o p p e n r a d e , Osthavelld. 178 H o r s t , Frhr. von der, Minister 360, 494 f, 498 f H o t h o , Thomas 281 f; - u. Welper 531 H o y m , Graf v., Minister 263, 364 H u b e r t u s b u r g , Schloß 362; Friede zu 438, 447, 449 H ü t t e n werke, staatliche 69, 76, 215 H u g o , J . A., Prokurist 423, 426 H u m b e r t , Charles 80, 398; Erben 81 A, 398 f H u m b l o t , H., Zuckerfb. 83 H u m b o l d t v., Wilh. 378 A.; • • • 493 A H u n d t , Bankdirektor 422 H u o t , Refugié 67 H y p o t h e k e n 94, 246, 403, 518, 525, 549 I d e 1 e r , Andreas, Kf. 1 1 f I l g e n , Rüdiger v., Geh. Rat 47, I5 1 » '69 I I s i n g , vorher Itzig 377 I n c k e f o r t , Daniel 1 3 f r , 1 1 0 ; Hans 13 A I n d i s c h e Kompagnien: französ. 72, 9 1 ; holländ. 1 1 5 I n d o s s a m e n t 192 I n d u l t 459, 473. S. Moratorium I n f l a t i o n 37, 91, 302, 303 f
565
I n s e l grundstück 257, 260, 268 I n t e r e s s e 508. S. sonst Zins I n v a l i d e n haus 65 ; -kasse 148, 367 I s a a c , Levin 1 3 1 ; Moses 60, 295, 299, 302 f, 308, 319, 354fr, 363, 368, 381-387, 390 fr, 530 I t z e n p l i t z v., Landrat 100 1 1 z i g , Bella 381 ; Benjamin Daniel 367, 368, 372, 377; Daniel 60, 93, 264, 279, 286, 295, 299, 302, 304, 306, 307, 3 1 3 , 319, 3 2 1 , 3 3 ° f» 3 3 6 . 337» 340, 345» 354 -3 6 9» 372» 374, 378, 381 f, 385, 387, 390 ff, 444, 453 f, 459, 460, 461, 463, 489, 494, 498, 530; Töchter 378 f; Elias Daniel 36if, 367, 368; Isaac Daniel 337, 341, 364, 366, 368, 370-375, 377; s. Söhne 375; Jacob Daniel 367, 377 ; Levin Jacob 367 ; Meyer 459, 470; Moses Daniel 279, 376; I. u. Co. 396, 403; I'sches Palais 356 f J a c o b , Caspar 272, 278; Henoch 78 Jacobshagen, Kr. Saatzig 210 J a f e , Itzig Daniel, Pferdehändler 354 J a n s s e n , Bankdirektor 491 J a r i g e s , v., Großkanzler 236, 237» 45'» 457» 460 f, 491 J e n s e n , Fb. 532 J e n i s c h , B. Hambg. 421 J e u n e , André le, B. 69-76, 80, 1 3 1 , 154, 2 1 3 A ; s. Witwe 71 f, 75 J o e c h e r , Wolfgang, Leipzig 186 f J o r d a n , Familie u. verschiedene 80, 81-84, 529 A, 533; Gebr. 460 A, 498, 530; Charles Etienne 82; Henri Charles 546 f; J . u. Lautier 489 J o r e s , Christian Friedr., Kf. 450 A, 459, 475 J o s e p h , Arends 450
566
J o u a n n e , verschiedene 81, 282, 532, 546 J o u i n , Bankier, Paris 79 J u c h t e n h andel 228 Juden: Einwanderung, Zulassung 26, 29, 43, 364, 505; Betätigung 249, 250, 257, 292, 443; geschäftliches Verhalten 77, 200, 354 f » 4 4 9 f ; Mißachtung 509, 535; rechtliche Sonderstellung 49» 284 fr, 319, 335, 509 fr; „ j ü dische Nation" 498. Aufstieg: Beamteneigenschaft 46; Privileg 4 1 ; Rechte christl. Kaufl. 279, 286, 307, 356, 387, 396 f; Naturalisation 286 A, 334, 366 f, 372, 378; Gleichstellung, Emanzipation 64, 342, 353, 370, 393. Religion u. Rasse 386; Übertritte z. Christent. 333, 336, 353, 376, 385 ff, 388, 391, 437; Rücktritt z. Judent. 439; kulturelle Anpassung 348, 370, 392, 5 1 9 ; Vereine 370, 542. Abgaben (Schutzgelder) 32 f, 34, 148, 367; Umlage 78. Gemeinde (Judenschaft, Älteste) 32, 39, 58, 3 1 2 , 360, 397, 419, 5 1 1 . -Kommission 41, 57; -politik 346; -Reglement 36, 5 1 1 , 536 Jurisdiktionen, Berliner 459» 545 J u r i s t e n f a k u l t ä t 48, 199 J u r y , Anna 241 ; Carl Wilh. 240 J u s t i z - Departement 378, 456, 459 J u w e l e n handel, -lieferung 30, 3'ff» 37» 4°» 42» 45» 82, 142, 288 fr K a d e , Melchior, Königsbg. 79 K a f f e e - Import 504 K a i s e r , Deutscher 44, 136, 142, '44. 433 K a l a n d s h o f 235, 253 K a m e k e, v., Ernst Bogislaw, Geh. Rat 40, 154, 239, 442; Oberhofmeisterin 73, 75
K a m m e r g e r i c h t 13, 28, 36, 38, 4W 72» 78, 176, 177, 184, 199, 205, 208, 284, 322, 324, 3 5 1 , 373, 385 f , 459, 507 K a n a l (Oder-Spree-) 1 1 , 22, 109 K a n i t z , Frhr. v., Hofdichter 123 K a n n e n b e r g v., General 103 K a n t e n s. Spitzen K a p e r e i 1 1 4 , 116, 1 1 7 f, 125, 552 K a p i t a l i s m u s 160 f, 256 K a p i t a 1 u. Arbeit 210, 251, 256 K a p i t a l m a n g e l 19 Kapitalsanlage 3 1 , 33 f, 93) 246, 518, 521 K a p u t h b. Potsdam 181 K a r n e v a l 86 K a t h a r i n a II., russ. Kaiserin 462 f K a t s c h , v., Minister 72, 152 1 7 3 ff; 177, 179 K a t t u n druckerei 277, 278, 27gf K a u f l e u t e (Kaufmannschaft) 19 f. 25, 102, 185, 209, 213, 355, 446, 4-79, 488, 490, 501, 5 1 5 - 5 2 0 , 522; beamtete 14, 104, 116 f, 137, 144, 167; französische 24 f, 537. Bildungsmangel 519; Moral 194, 319. S. auch Gilden. Korporation der Kaufmannschaft 240 K a u n i t z , Graf v. 482 ff K e i b e 1 , Kfl. 549 K i p p e r e i 68, 76, 238, 539; Kipper- u. Wipperzeit 304 Kircheisen, Stadtpräsident 80, 460, 487, 529, 540 K i r c h h o f f , Kf. 205 K i r s t e n , J . Chr., Kf. 226 K l e i s t , v., General 320, 447; Oberst 404 K l i n g g r ä f f , Geh. Rat 529 K l o s t e r Z i n n a 277 K n o b e l s d o r f , Baronin v. 246 K n ö f f e 1 , Münzdirektor 293 K n o r r e , Goldschmied 200
K n y p h a u s e n , Frhr. v., Hofkammerpräsident 70, 106, 120, 124, 126, 129; Gesandter London 480 K ö c k e r i t z v., General 348 K ö l n a. Rh. 44 K ö l s c h , Hofrat 75 K ö n i g , Detlev Hilarius, Kf. 532 K ö n i g s b e r g i. Pr. 122, 195, 219; Kfl. 85, 225 K ö n i g s k r ö n u n g 157 K ö p e n i c k 74 K o p p e n , Christian, Kriegsrat 214, 3 1 2 ; . . . Tresorverwalter 2'9, 3°4, 306, 309, 3 I 0 > 312, 319 A, 454; Gust. Wilh., Kf., 223 229; . . . geb. Daum 223 K ö r n e r , Bankh. Breslau 500 K o e s , Bankdirektor 501, 503 K ö t t s c h a u , v., Oberaufseher "3 K o h l , Vizekanzler 15 K o h l h a s e n b r ü c k 377 K o 1 b e r g 1 1 7 , 122, 331 K o l o n i e , böhm. u. sächsische 276; französische 67, 81, 83, 168, 208 A, 257; -gericht 210, 253 K o l l o n i t s c h , Kardinal 44 K o m m a n d i t e n 490, 500, 502 K o m m i s s i o n s handel 210, 213 f, 219, 238, 501 K ö n i t z 442 K o n k u r r e n z , freie 256 K o n k u r s 29, 41,56 f, 69, 73, 78, 101, 107,171, 185, 197, 200, 208, 2 i i f, 235fr, 339, 342, 3 5 1 , 353, 374 f , 377, 459, 4 6 4! -Ordnung 235, 5 1 4 K o n s t a n t i n o p e l 330 K o n t i n e n t a l s p e r r e 548 K o n t r i b u t i o n (Kriegs-) 63, 100, 138 f, 147, 320 f, 336, 342, 375, 420, 425, 431, 447 K o n z e r n 502 K o p e n h a g e n 298, 309 K o p f s t e u e r 174, 175 K o p p i s c h , Kf. 131 A
567
K o r n m e s s e r , Joach. Friedr. i n , 112, 128fr, 193 A ; s . W i t w e 130, 190 K o r r e s p o n d e n t 18, 139 K o r r u p t i o n s. Bestechung K r ä m e r , Joh. Siegm., Kf. 240, 538 K r a m e r gilde 16, 22, 25 K r a p p (Röte) 97 f, 278 K r a p p e , Joh., Ursula 12 K r a u t , Andreas 134; Charlotte v. 178 f; Christian Friedr. 134, 147 A, 162, 178; Franz Andreas 163; Johann Andreas (v.) 17, 38, 4') 44; 46> 47> 6 9. I04> I o 6 > I0 7> I 34 _ I 79> '85 f, 189, 193, 199, 212 A, 225, 314, 506, 507; s. Erben 38, 163, 169, 176 fr; K a r l Andreas 163, 179 F; Karl Friedr. 178 f; Ludwig Gerhard 162; Michael 134. Krautstraße 163 K r e d i t : Bedeutung, Erhaltung 138, 143, 144, 145, 505 f; auswärtiger 236, 445, 446, 484, 550; -billets 552; -krise 321; -Wirtschaft 26, 31 K r i e g , Dreißigjähr. 9, 11, 12, 21, 31; Siebenjähr. 286, 296, 43° ff, 537; Kosten 319; Kriegsgeschäfte 218 f; -gewinne 216; lieferanten 431 IT K r i m i n a l s e n a t 236 K r i n t z , Gebr. (v.) 102 K r i s e , internationale 221, 321, 444, 508, 512 f, 518 K r o l l , Münzdirektor 59, 526 K r o s s e n 109 K r ü c k m a n n et Co. 450 A, 459 K r u g , Hofrat 207 K r u s e , Kf. Königsbg. 463 K r u s e m a r k , Kf. 227, 229 K ü s t r i n 179, 351 K u n c k e l v. Löwenstern, Joh. 206 K u n t h , Staatsrat 519 Kurmark 147; Stände 420, 421 ff. Landschaft s. d.
568
K u r s festsetzung 543 f; -gewinn 447; -Schwankung 539; -Sicherung 156 f; -zettel 140, 535, 538, 543 Labes, Bankier, Danzig 4 1 1 ; . . . ., v., geb. Daum 264 L a g e r h a u s 110, 166-173, 176, 180-184, 189, 251, 253, 257, 275, 328, 442, 471, 531 L a g i o s. Agio L a h r , von der, K f l . u. B. 230 f, 271, 273, 469, 529 A, 541 L a M o 1 1 e , Generalin 481, 482, 484 L a m p r e c h t , Geh. Rat v. 246 L a n d r e i t e r - Ordnung 505 L a n d s b e r g a. W. 27, 28 f, 75, 227, 477 L a n d s c h a f t , kurmärkische 40, 101, 130 ff, 169 f, 172, 180, 445, 521; -liehe Kreditanstalten 282 L a n g e , Carl Ludwig 270 ff; Jakob (Vater) 270, 275, 498 A, 529 A ; s. Frau, geb. Hesse 275; Jakob (Sohn) 270 fr, 273; Joh. Christoph 271 ff, s. Erbin 273 f; Paul, Materialist 270 A, 271 Fabrik J. Lange 517, 531; L. u. Teissier 270, 530 L a n k w i t z 274 L a s p e y r e s u. Mathis, Fb. 81, 53i l a T o u c h e , de 96 L a t t o r f f , v. 5 1 1 A L a u e r , Joh. 201 L a u r a h ü t t e 380 L a u s i t z e r G ü t e r 93 Lautensack, Fb. Potsdam 281 L a u t i e r , Kfl. 81, 529 A L a w , John 90 ff, 487, 491 L e e r s , Hamb. Kfl. 71, 72, 75, 76 L e h m a n n , Behrendt, poln. Hofjude 47 L c h n b a n k (Lombard) 490, 526
L e h n d o r f f , Graf Ahasver v. 96, 261, 295, 43°. 432> 435. 475 L e i b r e n t e n (Tontine) 71, 105, i 2 4 f , 446 A, 487 L e i b z o 1 1 32 L e i h a m t 80; Leihhaus (Lomb a r d ) 498 f L e i n w a n d fabrik 195; -handel, schlesischer 217, 228, 488, 490, 552 L e i p z i g 4 0 , 105, 185 ff, 2 1 1 , 449, 484, 507; Kaufl. 19; Kontributionen 447, 451, 453; Messe 39, 144 f> 187. >98, 207, 288 f, 3 1 5 , 320, 335, 4 1 7 ; M ü n z e 296, 297, 299. 315 L e n z e n , Amt 105; Elbzoll 104, 289 L e s s i n g , Gotthold Ephr. 3 1 3 , 343. 363» 4 8 ° ; s - Bruder 364 Lestevanon, Bank Amsterd a m 123 L e u c h s e n r i n g 348 L e v a n t e (-handel) 216, 244, 277, 330, 501 f; Levantische C o m p a g n i e 277, 497-5 3 2 I 5 -geschäfte 238, 340, 344f. 519; -Prägung 106, 354, durch J u d e n 34 f, 37, 40, 53 ff; -regal 292 Münze = Prägestätte: landesherrliche 76, 77, 128, 214, 218, 327 f, 467. Münz-beamte 292, 434; Münz-gebäude 315 f; -meister 53, 58, 126; -statten 58, 59 f, 61, 150, 293, 301, 311, 355, 456. Belieferung mit Silber u. Gold 37, 53 ff. 58, 59. 60, 6g, 76, 113, 194, 195, 214, 220, 234, 239, 242 f, 258, 289, 291 ff, 412 ff, 467 f. Pacht durch J u d e n 61, 292-313; Pachtverträge 293 ff, 299 f, 302 f, 304, 306, 310, 313, 315 f, 355 f M ü n z j u d e n (-entrepreneurs, -Pächter) 355, 431, 434 f, 446, 45°. 453 ff, 467. 468, 470, 518, 539; ihre Bedeutung 319 f M u i d e n b. Amsterdam 343 N a p o l e o n I. 65, 342, 351, 373, 420, 425 N a t h a n , Salomon, sr. 272, 274; jr- 374 N a t i o n a l t h e a t e r 404, 420 N a t u r a l i s a t i o n s. J u d e n N a u m a n n d.Jr., Baumeister 356
N e g e 1 e i n , Christoph Aegidius, B., Königsberg 79, 195 f, 233; Zacharias, B., 212 A, 226, 233 f N e t h e , J o h . Vollrath 207; Sebastian 206 ff N e t z e d i s t r i k t 346 f N e u b a u e r , Heinr. Eleasar 192, 197, 200 ff N e u b r o n n e r , B. 239 Neuburger, Lewin, Makler 536, 539 f N e u f v i 11 e , Gebr. de, B. Amsterdam 439, 447, 449 f, 459, 462, 470 f, 474, 476 N e u h a u s , Matthias 16; Meinhard 15, 16 f, 102 N e u m ä r k i s c h e Landschaft 88; Stände 420, 421 ff, 428 N e u m a n n , Joh. Heinr., Tabakfb. 431 N e u s t a d t a. Dosse, Hochofen 78, 211, 213; Spiegelmanuf. 218 N i c o l a i , Friedr., Buchhändler 313.327 4 4 4 . 4 5 1 . 5 2 0 N i e d e r l ä n d e r 13 N i e d e r s c h ö n h a u s e 11 241 N i m w e g e r Friede 192 N o t g e l d 307 N o w a w e s 279 N ü r n b e r g 447 O c h s , Joh., B. Frankft. a. M. 102. Ochs, Geymüller & Co., Bankhaus Wien 374 O d e r bruch 99; -Schiffahrt 475 O e 1 s s e n , Frhr. v. 421 f O s t e r r e i c h 26, 348 f, 350, 417; -er 300 O ' E t z e 1 , Rittmeister 377 O f f i z i e r e als Kapitalisten 108 O p p c n f e l d , Gebr. v., Bankiers 380 O p p e n h e i m , Mendel, B. 374, 379 f O r a n i e n , Nassau-, Prinz v. 105. Oranische Successions-Kasse 148
571
O r e 1 1 y , Joseph, Fb. 130 ff, 193. 198 O s d o r f , Kr. Teltow 180, 230 f O s t f r i e s l a n d 410; Stände 70, 74. 463 O s t i n d i e n 330; Ostindische Compagnie, engl. 75; holländ. 340, 449; preuß. (geplante) 498 P a c k h o f , Packhäuser 338 f, 534 P a d u a 247 P a 1 m i é u. Geiger, Fb. 532 P a l y , E., Brodeur 73, 76 P a p i e r g e l d 307, 350 P a r a p h e n J u r a 330, -listen 530 P a r i s I i , 88, 90 ff, 348 F, 465, 480 ff P a r u c h i a l k i r c h e 264 P a s c a l , Fb. 81 A, 264, 269, 533 P e d y , Rotterdam: J a n de 129, Willem 124 P e r l c b e r g 15 P e r l e n h a n d e l 30 P e r l h e f t e r , Jude 77 P e r r a u l t , v., Geh. Rat 264 P e t e r s b u r g , St. 2 1 , 70, 82, 155, 226; preuß. Comptoir in P. 227, 229 f, 238 f, 502, 504 P e t z o l d , Th. G., Kf. 201 A P f ä n n e r 134 P f a n d l e i h e 79 f ; Pfand- u. Leihe-Reglement 5 1 1 P f o r t e n 298 P f u e l v. 15 P h i l i p p , holld. J u d e 343 P i 1 1 a u 1 1 7 , 1 2 1 , 122 P i l t z , Isaac Jacob von, poln. Hofjude 309 P i n k e r t , F., Kf 83 P l a t z m a n n , K f l . 8 1 , 5 2 9 A,537 P o d o l i e n 244 P ö 1 1 n i t z , Frhr. v. 95, 163. 164, 1 73 P o l e n 19, 216, 309, 317, 330, 345 f. 363 f> 4 6 4; König 2M, 213, 214, 309
57*
P o 1 s s e n , U. M. 92 f, 95. 99 P o p e r t , Wolf Levin, Hambg. 374» 472 P o r t o f r e i h e i t 242 f P o r z e l l a n fabrik 258 f, 279, 435. 446, 447. 453J k gl- 533 P o s t Fuhrwesen 397 f; -kasse 237, 262 P o t o c k i , Graf v. 290 P o t s d a m 76, 123, 129, 210, 213, 257. 275. 280, 312, 382, 397 ff, 420; Lederfabrik auf dem Tornow 361, 368, 376; Potsdamer Edikt 66 P r e u ß , Geschäftsinhaber 241 P r e y e , François, Fb. 252 f P r i n t z e n , Joh. Georg, Co» merc.-Assessor 203 f ; Judith v. 201 ; Marquard v., Geh. Rat 154 P r i o r i t ä t (Vorrang) von Forderungen 201, 252, 254 f, 265, 322, 373. 375. 4 7 i ; Privilegierte Schulden 73, 2 6 3 ^ 267, 5 1 4 P r ö t z e l , O. Barnim 283 P r o m n i t z , G ifin v. 447 P r o t e k t i o n i s m u s 252, 256, 443 Provision 15, 71, 1 3 1 , 138, '39. '95. 217. 218, 219, 226, 261, 268, 294, 316, 318, 400 f, 4074 1 1 , 421 f, 424, 447, 449, 489, 512f P u f e n d o r f , Wwe. 207 Q u a s t , v., General 103 Q u e d l i n b u r g 155 Q u i e 1 1 , Jean 442 Q u i n t u s Icilius (Charles Gui chard) 362, 465, 484, 494 R a b b i n e r 32 R a d z i w i 1 1 , Fürst v. 472 R a f f i n e r i e 488. S. Affinerie, Edelmetalle R a m i e r , Dichter 3 1 3 R a n k , Schloßkastellan 63
R a n s i e b e n , Bürgermeister 384, 462 R a u l e , Benjamin 106, 110, 1 1 4 - 1 2 8 , 132, 192, 238, 487 A. Raulcs Hof 122 ; sein Garten 238, 244» 2 45 R a v e n é 81 R e b e n a c , Marquis de, franz. Gesandter 1 2 1 , 123 R e c k e , Frhr. von der 39g R e c 1 a m , Juwelier 80 R é f u g i é s 26, 66 f, 73, 79, 80 f, i 2 i , 130, 135, 193, 204, 233, 505; Vorzüge 81 f Regierungswechsel v. 1713 211 R e h d e n , Josias v. 110, 1 1 3 f , 193 A R e i c h e , Joh. Sam., Kf. 226, 227 R e i c h e n a u , Dr. 210 R e i c h e n b a c h , Convention v. 348 Reichskammergericht 114 R e i n h a r d , Ludw. Wilh., B. 232 R e i s 1 a n d , Handig. 277 R e i t m e y e r , H. Chr., Magdeburg 476, 4.78 R e k r u t e n k a s s e 50, 52, 79 R e n t e n k a u f 124 R e p i t s. Moratorium R e s s o u r c e 542 R e t c h e r , Joh. Friedr., Materialist 23, 24 A, 226 R e t h w i s c h , Holstein (Münze) 308 f, 434 R e t z o w , General v. 298 f R e u ß , Graf 39g (nicht Fürst), 486; Prinz 353 A R h a u , Samuel, Materialist 541 R i c h t e r , Leipzig: Joh. Carl 75, Joh.Georg 186f. R . u.Co.,Fb. 281 R i d d e r , Joh., Kf. 23 R i e s (Rieß) Hirsch 333, 352; Hirschel 130 f; Koppel 196; Moses 248, 280, 290 f, 329, 334, 352, 382, 461 A, 4.63
R i g a 237 R i m p 1 e r , Gebr., Fb. 87 R i t t e r a k a d e m i e 167 R ö n n e n k a m p , J o h . Burchard, Zuckersieder 546 f R ö t e (Färber-) 97 R o i t s c h , Fb. 533 R o l l e t , Refugié 67 R o m 180 R o m s w i n c k e l , P., kurf. Agent 1 1 8 R o n , Joh. Noah de, Kf. 450 A, 459 R o s e , Karl Friedr., Kf. 520 R o s e n f e l d , Abraham, Kf. 18, 185, 2 1 1 R o s e n f e l d e (j. Friedrichsfelde) 122 f, 127, 1 3 1 R o t h e n b u r g b. Halle, Kupferwerk 2 1 1 , 214 R o t t e r d a m 217 R o u b e a u d , franz. Kf. 492 f R o u s í e t , Jean et Pierre 75 R o u x , David le 67, 73, 1 1 2 R u d o w , Kr. Teltow 12, 13 R ü b e n z u c k e r 548 R ü c k b i i r g s c h a f t 63, 424 R ü g e n w a l d e 118 R u n k e l , v. 385 f R u n n e c k e n , Fb. 531 R u ß l a n d , Russen 30, 216, 238, 244, 438; Russische HandelsCompagnie 20, 94, 180, 215, 225 -230, 233 R y s w i c k , Friede v. 146 S a c h s , Moyses Ventura, kursächs. Hofjude 105 S a c h s e n , Kurftm. 44, 210, 3 1 9 ; in preuß. Hand 296-300; -Eisenach, Hztm. 35; -Lauenburg, Hztm. 105, 289; Sachs. Hof 444 S a c k , Oberpräsident 276, 425 S a l o m o n , Aaron 199 f; Caspar 192 f, 202-206; Daniel 202 A; Joel Abr. 220, 4 7 1 ; Levin Jacob 358 A; Meyer Abr. 466 573
S a l p e t e r 99 S a l t z m a n n , Gebr. Joh. et Carl 439, 449, 450 A, 459, 472 f; Joh. Christian 246 S a l z erzeugungu. -handel 14, 106, n a , 3455 -monopol 425 S a m t fabrikation 85, 253, 382 f, 443. 453 S a n s S o u c i 444 S c h a d e b r o d t , Kürschner 29 S c h a d e geld 509 ; -kauf 192 A S c h a d o w , Joh. Gottfr., Bildhauer 245 S c h a r d i u s , Joh., Rat 152, 164, 192
S c h a r n o w , Tobias, Kf. 17 S c h a t u l l k a s s e 147, 162, 195 S c h a t z , Münzrendant 316 S c h e e l , Christian Heinr., B. 239 f» 457. 459. 460, 462, 464, 475, 478, 513 A, 514, 523, 541; Christian Wilh. 239 f; Stiftung 239 f; S. u. Fronmüller 291, 469, 471, 529 A S c h e i d e m ü n z e s. Münze S c h e i d t , Joh. Paul, Kf. 131 A, 194, 196 fr
S c h e i t n i g b . Breslau 348 S c h e n k zu Landsberg u. Teupitz 11 S c h i c k l e r , David 100 f; Gebr. 63, 87, 218, 222 f, 282, 420, 427, 47i» 527. 546 f, 549 A; Joh. Jakob 220, 222, 224, 452, 457' 459, 460, 494 A, 499, 501, 513' 5 1 7, 522, 523 S c h i f f bau 117, 121, 330; Schiffsanteile 215, 216 S c h i f f b a u e r d a m m 312, 327, 357 S c h i f f e r 545 S c h i l l i n g , Phil. Andreas, Kf. 17
S c h i m m e l m a n n , Heinr. Carl (Graf v.) 258 f, 311, 432 ff S c h i n d l e r , Bartholomäus 17, 185, 211; Johann 18, 185, 202 A; 574
M . . . 190; Severin 76 A, 135, 141, 166, 185-190, s. Frau Marie Rosine 186, 188, 190, ihre Stiftungen 190, 233; Ursula, verehel. Kraut 163 S c h l a b e r n d o r f f , v., Geh. Rat 418, Minister 485 S c h l a g s c h a t z (Münze) 28, 34. 37. 56, 61, 110, 194, 292, 294, 297. 302, 303, 305, 306, 310, 313,
315 f, 3'9» 321, 356, 363, 364.
416
S c h l e i n i t z , v., Präsident 337 S c h l e s i e n 23, 228, 249, 418, 475; Schles. Anleihe 57, 218, 445; 2. Schles. Krieg 432 S c h l e s i n g e r , Liebermann M. 428 f S c h l ü s s e r , Rgts.-Quartierm. 273 S c h l ü t e r , Andreas 70 A, 161 S c h m e t t a u , v., Ernst, Breslau 104; Feldmarschall 463; . . kurf. Resident Hamburg 103, 111; Samuel, kf. Rat 155; Wolfgang, Res. Haag 106 S c h m i d t , . . . 141; Joh. Andreas, Julius 339 S c h m i t s (Schmitz), Lagerhauspächter, Heinrich 181 f, 328, 518, s. Söhne 498 A; Joh. Matthias 181, 182; Simon Andreas 182 ff; Demoiselle 184 S c h n e i d e r , Zacharias, Fb. 282 S c h o c k , Samuel, Tabakfb. 254 S c h ö n , Frhr. v. 88, 275 S c h o e n d o r f f e r , Kassierer 273 S c h ö n e b e c k , Saline 372 S c h ö n e b e r g b. Berlin 372 S c h ö n e i c h e , N. Barnim 188ff, 234, 244 fr S c h ö n f l i e ß i . Nm. 381, 387 S c h ö n i n g , Kriegszahlmeister 154 S c h o p e n h a u e r , Kf. Danzig 439
S c h r ä d e r , Joh. Chr., Kf. 226, 229 S c h u b a r t , Christian, Prokurist 187 S c h ü t z e , Friedr. Wilh., B. 85, 190, 220, 234, 2 4 1 - 2 4 7 , 256, 272, 329, 355) 436, 438, 457, 459. 460, 464, 466, 469, 489, 494 A, 498, 499 A> 501, 5 ! 3 A, 516, 517, 522, 523» 529 A, 530, 540 A, 5 4 1 ; s. Nachkommen 245 ff; Heinr. Ehrenfried 241; Siegmund 241 S c h u l d haft 200, 201, 440, 464, 466; -verschreibung 193, 337 S c h u l e n b u r g - Kehnert, Friedr. Wilh. Frhr. von der, Minister 397, 405 f, 412, 414, 416 ff, 549 S c h u l h o f f , Esther, vereh. 1. Aron, 2. Liebmann 27, 29 f, 31, 35, 3 6 - 4 « ; Wwe. 77 S c h u l t z e , Martin, B. 236, 430, 439, 463, 469 f, 474, 4 7 5 - 4 7 8 , 517, 518, 529 A, 530, 539 S c h u l z , Bürgerin. Hamburg 144 S c h u t z p r i v i l e g 27, 41, 43, 59, 62, 148 S c h w a r t z , Fb. 443 S c h w a r z b u r g - Sondershausen, Münze 61 f S c h w e d e n 71, 114, 116, 216 S c h w e i g g e r , Georg Wilh., B. 230, 236, 238 f, 244, 357, 463, 489, 498, 501, 502, 5 1 3 A, 518, 519, 529 A, 530, 541 S c h w e i n i t z , Frhr. v. 198 S c h w e r i n , Graf v., Feldmarschall 432 S e b a s t i a n k i r c h e 206 S e e g e b a r t h , Gottfr. Friedr., Kf. 234 A; Joach. Friedr., B. 59, 60, 190, 234, 355, 518, 519; s. Nachkommen 235-238. S. u. Werstler 235, 469, 489, 529 A, 530, 541 S e e h a n d l u n g , Kgl. 221, 244,
339, 349, 379, 393, 4°7, 4°9 f > 4 1 1 , 418, 490, 550 f S e e 1 o w , Kr. Lebus 103 S e i d e , Einkauf 461 A, 501 f. Seiden-Magazin 85, 86, 352, 503, 504. Seidenwaren-fabrikation u. -handel 84 f, 87, 90, 94, 186, 194 243, 251, 253, 256, 279 fr, 329, 352, 376, 382 f, 442 fr S e i d e l , Joach. Ernst 15; Martin Friedr. 12 S e m p i 6 , Marie Therese de, vereh. Kraut 163, 176, 179 f S e n n i n g , Joh. 111, 112; Ludwig 113; Madame 75 S e n t i s , de 481 S i e b ü r g , Georg Justus 278; Joh. Georg 276 fr, 518, 531, 532 S i l b e r - Ausfuhr 56, 327, 328, 340. Vgl. Affinerie, Edelmetalle, Münze S i m o n , David, Fb. 81, 471, 531, 532 S i m o n d , Fb. 443 S i n g e r , Veit 276 S m e d t , Joh. de, Kf. 113, 194 S m y r n a 497, 502, 503 S o b b e , Rat 53 S o m m e r b r o d t , Bankier, 527 S o m m e r f e l d , Gut 13 S o m m e r f e l d e , O. Barnim 92, 95, 99 S o r g e , Harz 359 f, 369 S p a f t n , Frhr. v., General 103 S p a n d a u 40, 148; Arbeitshaus 253 S p a n i e n 117, 143 f, 496; Span. Erbfolgekrieg 158 S p a r r , Christoph v. 12 S p a t z i e r , Kf. 23, 530 S p e d i t i o n s handlung 538 Spekulation 90, 91, 442, 446 f, 504 S p i e g e l manufaktur 70, 83, 283; -magazin 74 S p i e ß , Carl Gottlieb, B. 248, 542 S p i n n e r e i 258, 262
575
S p i t z e n k l ö p p e l e i 3^5 ff, 346 f S p l i t g e r b e r , David 98, 210, 215 ff, 219-222, 225, 227 f, 241 ff, 441, 444 f, 516; David ( d . J . ) , v. 222; David Friedr. 218, 222, 223, 224. Splitgerber u. Daum 76, 171, 209 - 2 2 5 , 228 f, 254, 263, 289, 291, 355» 461, 489» 494 A , 498» 499 A, 5°3> 5 l I > 5'5» 518, 529 A S p r ö g e 1, Adrian (u. Sohn), Materialhdlg. 226, 278, 442, 448, 468 A Staatsschatz 105, 407, 4 1 9 ; -Schuldenverwaltung 429; -tätig-
keit 251 f S t ä d t e k a s s e 106 S t a p e l r e c h t 23 S t a p p e r t , Matthias, Kf. 16 S t a r h e m b e r g , Graf (Fürst) v. 338 f S t a t u s bonorum 452 f, 457, 473 S t e i n , Friedr. Karl, Frhr. v., Minister 339, 359 A, 406, 410, 4 i i . 549 ff S t e i n , Joh. Gottlieb, Kf. 438441, 447, 462, 463, 471; s. Frau 439. 44°; s - S o h n 439 S t e i n g u t f a b r i k 283, 533 S t e m p e l edikt 530 S t e n g l i n , Bankhaus Hamburg 3 1 1 , 435, 446, 477 S t e p h a n i , Daniel (v.), Rat 109 ff» 193 A S t e t t i n 93, 218, 249, 526; Kfl. 225;Münze354 f; Niederlage 227 S t i e f e l , Geschw. 388 S t i f t u n g , wohltätige 367, 369, 385. 388 S t i l l e r , Christoph, Kf. 19 f S t o b w a s s e r , Fb. 533 S t ö b e r u. Schröder, Fb. 459, 473 ff S t o l p 67 S t o p h e l , H., Fiankfurt a. M, 374
576
S t r a l a u 213 S t r a n d r e c h t 227 S t r e c k f u ß , Joh. Christian, Kf. 444» 447» 458, 459, 461 S t r e i t , Sigismund, Kf. 247 S t r ü n k e d e , Frhr. v. 71 S t r u e n s e e , Karl Aug. v., Minister 250,265 A, 283, 348, 365, 408, 409, 412, 414 S t r u v e u. Co., B. 527 S t ü h 1 c = Webstühle, Zahlen 85, 87, 88, 531 f S t u r m , Handelshaus Cölln 15 S u b h a s t a t i o n 49 S u b s i d i e n 38, 105, 116, 136, 137, 142 f, 145 f, 156, 157, 158, 160 f, 177, 220, 241, 319, 348, 4*2» 434 S u c k o w , Gut U m . 15 S ü d f r ü c h t e , Abgabe auf 504 S u h m , v., sächs. Gesandter 69 A S u l k o w s k i , Fürst v. 472 S u l t a n (Türkei) 332 S u 1 z e r , Professor 357 S u p e n , Zollverwalter 141 S w e s n i k o f f , Login, russ. Kf. 448 S y n a g o g e 32, 39, 357, 385 S y v e r s , Abraham, Unternehmer 112, 192 T a b a k , Fabrikation, Fabrikanten 50 ff, 67, 84, 94, 112, 254, 336, 493» 533Tabaks-Administration 244, 268, 312, 490, 500; -ferme (pacht) 244» 477» 486, 491, 492-496 T a f t fabrik 443, 446 T a l m u d 288 T a m m , Tuchfb. 275 T a p p e r t , Spinnerei 278 T a u e n t z i e n , Bogislaw v., General 108, 299, 363, 435 T e e h a n d e l 84 T e 11 e r , W. A., Propst 386 T e l t o w 12 T e p p e r , Peter, B., Warschau 291
T c p p i c h fabrik a8i f T e s t a m e n t e nach jüdischem Brauch 384; mit Religionsklausel 333» 385 f; unter kgl. Schutz 368, 385 f T e u p i t z i i , 12 T e x e i r a , Jude Hambg. 104 T h a e r , Albrecht v. 375 T h u l e m e i e r , Rat 174, Minister 436 T i e r g a r t e n 279 T i e t z e n , G. W., Kf. 546 f T o n n e n b i n d e r , Joachim 12 f T o n t i n e s. Leibrenten T o r g a u 305 T o r n o w , O. Barnim 92, 95, 99 T o r n o w , Joh., kurf. Rat 11, 14, 103 T o t t l e b e n , Graf v. 304, 463 T o u r b e r g , Hogguers de, Paris 7i T r e n o y , Commissar 131 A T r e s o r , kgl. 219, 220, 365, 410, 412 T r e i t s c h k e , Chr. F., Fb. 243, 3«9 T r e s k o w , Siegfr. Otto (v.) 282, 546 T r o s c h e l , Christoph, Kf. 131A, 206; Advokat 512 T r ü m m e r , P. H., Hambg. 463, 47 a T u c h m a c h e r 227, 229 T ü r k e i 220 T y c h s e n , Olaf 386 T y m p f e = Vierteltaler 297, 309 U d e n , ... in U m l a d e zwang 249 U n g e r , Buchdrucker 533 Unternehmungen, industrielle, Umfang 255, 531 ff U n r u h , v. 394 f U r s i n u s , Geh. Finanzrat 181, 277. 32 ß . 358 f, 45'» 452, 46°. 485. 499» 517 f» 523 U t r c r h 1 71
V a r e n n c , Marquis de 73 V a r r e n s b a c h , Graf v. 102 V e h d e 1 e r , Christian, Fb. 110 V e i t , Jakob 68, 77 A ; Levin 76fr, 187, 289, s. Witwe 76 ff; Salomon 542 V e n e d i g 177, 2 1 1 , 214, 247 V e r l a g , Verleger 84, 167, 252, 254» 255 V e r m ö g e n s angaben 34, 41, 92» 95» 174» '77» 190, 334» 367» 383» 390» 429, 437 V e r n e z o b r e , François Matthieu Baron de, u. Nachkommen 67, 8 9 - 1 0 1 ; Häuser 93, 95, 96, 234» 356; Güter 92 f, 95 ff, 99 ff. V. u. Sohn, Moskau 74 V e r s i c h e r u n g s betrug 344 V i e b a h n , v., Minister 57 V i e d e b a n t , Christoph, Kf. 20, 226, 227; Nachkommen 245 V i e r e c k , v., Minister 383 V i g n e , Gobelinfb. 358 f V i t z t h u m , Gräfin v. 214 V o i g t s f e l d e (Harz) 359, 369, 372 V o l t a i r e 290, 332 V o p e l , . . . 317 V o r s c h ü s s e , kgl. an Kaufleute 86, 349, 445, 454 fr V o r s t e r , Matthias, Amsterdam 219 V o ß , Gräfin v. 305 W a c h s b l e i c h e 244, 246 W a c k e r , Joh. Chr., Kf. 506 f W ä h r u n g 61, 431. S. Münze W a g e n e r , Heinr. Wilh., B. 233, 248 W a i s e n h a u s 130, 190, 233. S. auch Militär-W. W a 1 d e c k , Georg Friedr., Graf v. 107; Fürst v. 375 W a n g e n h e i m , v., Kammerherr 486, 493 A W a r b u r g , Meyer 264, 374 W a r s c h a u 238
577
W a r t e n b e r g , Graf Kolbe v. 107, 155 Wartensleben, Graf v., Feldmarschall 1 5 1 , 154, 3 1 2 W e c h s e l (-briefe) 1 1 , 71, 73, 76, 76 f (Wortlaut), 139, 1 7 1 , 191, 193, 197 ff, 220, 278, 285; Formen 198) 512, 5 1 4 ; -fälschung 449; -gericht 506; -geschäfte (-Operationen, -Umschläge) 23, 1 9 1 , 2i7> 234» 243» 248, 257, 503, 510, 534 ff; -handlungen (-händler, Wechsler) 191, 193 f, 205, 206, 208, 248 f, 258, 275; -kredit 338 f, 502; -krise 444 f, 448; -kurse 53 ff, 138, 140, 157, 208, 292, 302, 304f, 3 1 1 , 437» 498, 524 f) 526, 538 A, 550; -proteste 450, 456 f, 460, 462, 4 7 1 ; -recht 73, 76, 1 2 1 , 149, 1 7 1 , 191 f, 284 f, 497, 506 fr, 514, 5 1 5 ; -Edikte 207, 506; -reiterei 261, 448, 468, 474; -Streitigkeiten, -klagen 78, 193, 197, 466, 471 f; -umlauf übermäßiger 321, 551. Wechsel-Kommission, Immediate 459 f, 461, 475, 5 1 3 f W e g e 1 y , Fabrikanten (W. u. Söhne) 212, 234, 270, 477, 486, 489, 517» 529 A, 530, 5 3 1 ; Gründer: Joh. Georg 253, 257 f; Carl Jacob 259 ff, 265 A ; Ernst Wilh. 269; Joh. Andreas 258, 259 f; Joh. Friedr. 265 A ; Joh. George II. 259 fr, 269; Wilhelm Caspar 258 f, 261, 269, 433 f; Frauen W. 259, 261, 264, 267, 269 W e i g e 1 , C. F., Breslau 374 W e i l e r , Handelshaus 1 1 , 15, 68, 85, 109, 192, 193; Christian 104; Christian Ernst, Oberst 197 fr; Ernst, Oberst 18; Leonhard 15, 163 W e i n h a n d e l 1 1 , 204 W e i s e , v., Geh. Rat 195 W e i ß e n s e e 13 W e 1 p e r , Karl Friedr., Fb. 281 W e r b e g e l d e r 214
578
W e r n e r u. Miethe, Fb. 533 W e r s 1 1 e r , Carl Friedr., B. 234 - 2 3 7 , 464, 5 1 3 A, 522, 523 W e r t h e i m e r , Samson,Wien 44 W e s e l , 45, 145, 162 W e s s e l , v., poln. Kronschatzmeister 309 W e s s e l i n g , Makler 208, 535 W e s t a r p , Car. Amalie (Gräfin v.) 18 W e s t i n d i e n 216, 243, 244 W e s t o r f f , Handelshaus 16 ff, 102, (u. Schilling:) 134, 137, 138, 141 ; Erasmus 20, 505; Johann 17, 18, 204 f; Wilhelm 17, 18, 185 W e s t p r e u ß e n 347, 429 W e y l , Halle 214 W i c h m a n n , Fb. 533 W i e b e k i n g , Jonas Benjamin i n , 1 1 2 , 510 W i e n 57 f, 339, 482 f W i g a a r t , Tabakfb. 336 W i l k a u b. Schwiebus 275 W i 1 1 e m e r u. Co., Bankh. Frankfurt a. M. 407 W i l l e r s , Kf. Petersburg 227 W i 1 1 m a n n , Nik. Heinr., B. 271, 453 f, 461, 463* 469 f. 476 f; • • • kurf. Rat 505 W i r t s c h a f t s p o l i t i k g f , 21, 172, 479 Witte, Christoph 17 ; Johann 214, 226; . . ., Rgts.-Quartiermeister 24 Wittgenstein, August Reichsgraf zu Sayn-, Ober-Hofmarschall 1 5 1 , 167 A ; . . . G r a f 407, 409 Witwen-Verpflegungsa n s t a l t 224 W ö 1 1 n e r , v., Minister 371, 406 W o 1 f f , Benj. Joel 543 ; Berend 78; Paul Benedikt v. 182 ff, 280, 362 W o l l e , Ausfuhrverbot 172, 175, 252; Beschaffung 168, 268, 273, 501 f. Wollmanufakturen 110, i 6 6 f ,
251 ff, 476 f, 53 1 f; ihr Rückgang 184, 268, 275, 276 W o l t e r s , . . . 149
W r i e z e n 271, 361 W u c h e r 77, 132, 278, 285, 379, 39 8 , 438, 509 W u l c k o w , Kf. 468 W u l f f , Benj. Elias 279, 354; Benj. Isaak 367; David 461 A; Isaak Benjamin 256, 279 f, 337, 3 6 a > 374. 376, 459. 53'. 53«; Joel 461 A; Liepmann Meyer 64, 269, 336, 349. 373. 374, 393~429, s. Töchter, Erben 428 f; . . ., Materialist 113 W u r m b , Kf. Hamburg 491 A, 494, 496, 498, 500
W u s t e r h a u s e n a. Dosse 11; Königs-W. 49, 106 W y 1 i c h , Peter van, B. 431, 440, 45° A , 459, 474 f , 53°; P c t e r Robert 475 Z a a n e n , van, holld. Handelshaus 500 A, 502, 503 Z a s t r o w , General v. 348 Z e e , van der, holld. Handelshaus 502
Z e h d e n i c k , Eisenhütte 211, 213» 2 1 5
Z e h e n d e r , Buchhalter 246 Z e l t e r , Karl Friedr. 372; seir Vater 439 Z i c h o r i e , Einfuhr 404 Z i e s e gelder 161 Z i e l e n , General v. 107 Z i m m e r m a n n , Fb. 532 Z i n s s ä t z e 66 f, 76, 79 f, 131, 138, 146, 1 5 1 , 153, 156, 159 f, 169, 196, 197, 201 A, 2 1 4 , 260 f, 285, 399, 437, 445, 500, 509 fr;
-verbot 124,508 f; -Vorauszahlung 195. 284.
Zinseszins 78, 509, 511 Z o l l befreiung 32 Z o r n , Apotheker 207 Z u c k e r siederei, -raffinerie 83, 93 f, 109, 1 1 0 ff, 129, 2 1 7 , 218, 533, 546 ff; Geschäftsumfang 217, 221
Z ü l l i c h a u 88 Z u n f t z w a n g 255 Z w a n g s a n l e i h e 63, 64, 184, 419, 427. 429, 436 Z w i c k e r , Wilh., Disponent 223
Der zweite Band von Rachel-Wallich - Berliner Großkaufleute und Kapitalisten - wurde im Jahre 1938 in 100 nicht für den Handel bestimmten Exemplaren als Handschrift gedruckt
STAMMTAFELN
d e n S t a m m t a f e l n b e d e u t e t : G . —• G a t t e ,
Gattin
I. D i e
Gompertz
Mardochai Gumpel Landesrabbiner v. Cleve u . M a r k , gest. 1664 Eliescr Josua Feibelmann Elias Gompertz Landesrabbiner v. Cleve, gest. 1675 in Emmerich Agent des Gr. Kurfürsten, gest. 1689 Löb Gompertz Bella Jacob Gompertz G. Löb Gompertz gest. 1743 gest. 1728 Firma Gebrüder Gompertz Cleve Moses Levin Gompertz 1 7 1 3 Oberhoffaktor Friedr. Wilh.'s I, gest. 1762
I
Leimann Gompertz in Lippstadt u. Wesel Kriegsfaktor des Gr. Kurfürsten, gest. 1 7 1 1
Rüben Elias Gompertz ca. 1 6 6 5 - 1 7 0 5 , erst in Wesel, seit 1700 in Berlin
Bendit Gompertz Landesrabbiner von Schlesien, Breslau
Elias Gompertz
Firma Moses & Elias Gompertz,
Herz MosesGompertz 1716-1760, Münz-Unternehmer in Berlin
Berlin
Samuel Gompertz 1740-1800, Berlin
Ruben Samuel Gompertz 1 7 6 9 - 1 8 5 1 , Berlin
Nach Kaufmann u. Freudenthal, Familie Gompertz, 1907 Die im Text erwähnten Geschäftsleute und ihre Firmen sind fett gedruckt
II. Die dem Kaufmannsstande angehörende
(Guy J Pastor; Charles 1661-1726 André 1708-1778 seit 1772 Hofjuwelier
Pierre 1692-1746 G. Tochter Jean's
André Jérémie Guilleaume 1732-1807 1735-1782 Hofjuwelier Inhaber? Inhaber bis 1787
Henri Charles 1745-1822 Inhaber bis 1788 Gründet dann Zuckersiederei, falliert 1819
Pierre Jean Andre Guilleaume 1761-1838 1777-1868 Hofjuwelier Kassierer der Inhaber 1787-1820 Firma bis zu ihrer Auflösung
Pierre Eduard 1778-1813
I
Jean I 1712-]
Pierre i737-!79i Hofjuwelier Inhaber bis 1787
Pierre Antoine 1764-1827 Hofjuwelier Inhaber bis 1820
I
Johann Emil 1787-1852 Hofjuwelier Inhaber 1817-1833
Charlotte Luise G. C. F. Plnkert 1784-1852 Inhaber 1817-1850 Seit 1833 Hofjuwelier ,, 1837 Kommerzienrat
August M a x 1818-1892 Chemiker, Fabrikbesitzer
Nach der Stammtafel in der Chro Die Namen der Inhaber der
irenden Mitglieder der Familie J o r d a n Firma
(Guy Jordan Pastor; 1625)
errichtet ca. 1689 Charles Jordan ca. 1696 Les Frères Jordan
Jean 1665-1729 Jean Louis 1712-1759
Marie 1708-1771 G. Pierre Lautler 1695-1781
Paul 1740-1798 Inhaber bis 1787
Louis André '755-i834 Fabrikant im Elsaß, dann Bankier in Paris
1 Paul André 1763-1830 Inhaber 1788-1808, erwarb später die Zuckersiederei, mit der Henri Charles falliert hatte
Paul Antoine 1764-1814
r Chronik der Familie Jordan, 1902 er der Firma sind fett gedruckt
Männl. (deutsche) Mitglieder der Generation, die nieht Kaufleute waren
ca. 1734 Les Frères Jordan et Lautier
ca. 1750
Les Frères Jordan, Ecke Königu. Poststraße
seit 1784 Jägerstraße 32, seit ungefähr der gleichen Zeit Gebrüder Jordan
'833 1850
F. Pinkert Liquidation
17
III. Die
Vernezobre
François Matthieu Vernezobre Königsberg 1690 - Berlin 1748, seit 1721 Frhr. v. Vernezobre de Laurieux erwirbt die Güter Hohenfinow, Tornow, Sommerfelde, Polssen, Brahmow, Krieschow, Milckersdorf und Briesen Matthaeus Friedrich Wilhelm 2 Söhne früh gestorben. Paris 1720 1721-1781 4 Töchter, G. Hohenfinow 1782 Erbt Brahmow, Krieschow, v. Buggenhagen, v. NorErbt Hohenfinow, Tornow, Milckersdorf u. Briesen. mann, v. d. Osten, Sommerfelde, Polssen, erVerliert alle 4 Güter. Digeon v. Monteton wirbt Kruge u. Gersdorf Ohne männliche Erben Ernst 1756-1798 erwirbt durch Erbvertrag Hohenfinow, Tornow, Sommerfelde. Kinderlos
Karl 1766-1799 erwirbt durch Erbvertrag Kruge und Gersdorf
Friedrieh Ludwig 6 Söhne 1776-1827, Landrat d. Kr. früh Oberbarnim, erwirbt durch Erb- gestorben vertrag Polssen, durch K a u f 2 Töchter, von den Erben seines Bruders beide G. Karl Kruge u. Gersdorf, durch v. d.Hagen Ehe mit der Witwe seines Bruders I Ernst Hohenfinow, Tornow, eine Tochter G. David Schickler Sommerfelde; im Nachlaß-Konkurs geht sein ganzer Besitz verloren Leopold Rudolf Zwei Töchter, 1799-1847 1801-1853 G. Graf Zedlitz-TrüzschRittmeister i. Rgt. Hauptmann u. In1er u. v. Seydlitz, Garde du Corps; spektor d. Landeseine dritte unverheiratet armenanstaltPrenzlau unverheiratet Robert geb. 1842; in Amerika verschollen
Zwei Töchter unverheiratet
Nach der Stammtafel in S. Passow, Ein märkischer Rittersitz, 1907 Bd. II
IV.
Splitgerber
Inhaber Gottfried Adolph Daum Großenhayn 15. 6. 1679 - 7 . 2. 1743
David Splitgerber Jacobshagen i8. io. 1683 -Berlin 25. 2. 1764 Ernestina Johanna G. 1754 Johann Jacob Schickler 5. 6. 1711-28. 2. 1775 Mitarbeiter seit 1745 Mitinhaber seit 1749
Gharlotta Catharina G. 1759 Friedr. Heinr. Beiendes 26. 6. 1729-12. 11. 1771 Mitarbeiter seit 1748 Mitinhaber seit 1759
David Schickler sen. Johann Ernst Schickler Berlin 2. 9. 1755 Berlin 30. 9. 1761 -Eberswalde 3. 3. 1818 - B o r d e a u x 8. 5. 1801 Inhaber seit 1786 Inhaber seit 1780 David Schickler jun. Berlin 25. 2. 1777 - Berlin 24. 2. 1866 Inhaber 1804-1820
I
Davida Margareta Angelica Freifrau v. Schickler 1801-1884
Jägermeister David v. Splitgerber 31. 12. 1741-2. 3. 1823 1789 geadelt Inhaber bis 1795
David Berendes Friedrich Adolph Daum gest. 1785 13. 12. 1751-23. 1. 1817 Mitinhaber 1781-1785 I
Johann Georg Schickler Bordeaux 27. 6. 1793 - Paris 17. 4. 1843 Inhaber seit 1818 Preuß. Generalkonsul in Paris G. Davida Margareta Angelica Freifrau v. Schickler
Arthur Frhr. v. Schickler Paris 12. I i . 1828 - O u c h y 2. 2. 1919 geadelt 1870 Inhaber seit 1852
Fernand Frhr. v. Schickler Paris 24. 8. 1835 - P a r i s 13. 10. 1909 geadelt 1870 Inhaber seit 1859
Marguerite Malvine Henriette Freiin v. Schickler Paris 18. 6. 1870, G. Graf Pourtalès, Paris
Friedrich Carl Daum 28. 10. 1727-14. 3. 1787
Friedrich Franz v. Daum 5. 6. 1777-22. i. 1861
Franz Adolf v. Daum 14. 8. 1839-8. 1. 1876 I Franz Arthur v. Daum 21.6. 1840-6. 5. 1870 (gefallen bei Spichern)
Franz Arthur v. Daum 6. 10. 1870-11. 6. 1918 (gefallen im Westen) Damit stirbt der N a m e v. D a u m aus
Nach der Stammtafel bei Lenz-Unholtz, Geschichte des Bankhauses Gebri
rber-Schickler Disponenten
Firma Seit 1712 Splitgerber & Daum
Caroline Maria Elisabeth gest. 10. 3. 1810 G. I Fredersdorf II Rittm. v. Aschersleben III Frhr. v. Labes
Seit 1775 David Splitgerbers sei. Erben (nach Ausscheiden der Daumschen Erben) David Friedrich Splitgerber Seit 1796 Gebr. Schickler Neffe David Splitgerbers gest. 1827, Vertreter des Jägermeisters v. Splitgerber, später Vormund der Söhne Joh. Jacob Schicklers, schließlich der Söhne David Schickler jun.'s Joh. Jacob Brüstlein Disponent 1783-1821 I Karl Gustav Brüstlein später Geh. Kommerzienrat Disponent 1821-1859 Wilhelm Zwicker Disponent 1837-1859 Geh. Kom. Rat Hermann Zwicker (Neffe) Disponent seit 1859 Inhaber 1870-1885 I Generalkonsul Arthur Zwicker Inhaber 1885-1905 Albert Nauen Seit 1910 Personalunion mit Disponent 1905—1910 Delbrück Schickler & Co. Wilhelm Keilich Disponent 1905-1914
Gebrüder Schickler, Berlin 1912.
(bis dahin Delbrück Leo & Co.)
Die Inhaber der Firma sind fett gedruckt
V.
Scheel-Fetschow
Christian Heinrich Scheel geb. Colberg 20. 12. 1709 gest. Berlin 10. 6. 1778 Bürger seit 1740 G. Tochter von Georg Conrad Fronmüller gest. 1781 Christian Wilhelm gest. 11. 4. 1779
Joh. Heinrich gest. 19. 12. 1781
Firma errichtet ca. 1735: Christ. Heinr. Scheel
1742-1774: Scheel & Fronmüller, Brüderstraße 1774-1781 : Chr.Heinr. Scheel&Söhne
Christian Christoph Engel, Freund und Mitarbeiter Joh. Heinr. Scheels gest. 7. 6. 1791
1781-1791: Chr. Christoph Engel, Poststraße
Heinr. Friedrich Fetschow, Schwager Engels geb. Dalldorf 11. o. 1755 gest. Berlin 18. 12. 1812 G. Henriette Maue gest. 12. 12. 1850
seit 1785: Heinr. Friedr. Fetschow, Klosterstraße 87 (dort seit 1787) 1792-1799: H. F. Fetschow & Jury 1800-1805.: H. F. Fetschow
Henriette Maria Fetschow 1786-1815 G. Christian Wilh. Brose 4. 7. 1781-31. 1. 1870 Inhaber seit 1805 Ältester der Kaufmannschaft 1820-1822
Carl Willi. Jury, Mitarbeiter Engels
seit 1805: H. F. Fetschow & Sohn
Heinr. Friedr. Wilh. Brose 1807-1870 Inhaber seit 1846 Ältester der Kaufmannschaft 1854-1864 Carl Friedrich Wilh. Brose Inhaber seit 1869 gest. 1. 8. 1877 Kom. Rat Friedr. Wilh. Preuß Mitarbeiter seit 1857 Inhaber seit 1886 Eugen Preuß Inhaber seit 1892 Dr. jur. Curt Preuß Inhaber seit 1912
Auf Grund der Denkschrift: H. F. Fetschow & Sohn, Bank. Gegründet 1785 (1936)
:
0
1/5
"¡í
—'
_q
se
vS
c
>
JS
i-
S
&
s
uu
•O
~
u
o bo u
o. bo
u O
o o
O •fi o
e c
J3
i
ü
e QÂS §
•§
3
S
_ O
CO " E eó
Q
•M " S 8 « b o g
bo u
o œ I—)
bo O
4-1
ra
t
C
I C
O
S
»
X¡ Q.-C D ï U O 130 3 3.
Tf to
o c
2 ?
"C tu Í
«
w
g
«
bO