Anspruch, Kapazität und Auswahl: Verfassungsrechtliche Fragen der Zulassung zu öffentlichen Hochschulen – Ein Beitrag zum freiheitsrechtlichen Verständnis des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S.1 Var. 3 GG [1 ed.] 9783428587735, 9783428187737

Die Wahl der Ausbildung ist eine wesentliche Frage im Leben eines jeden Menschen, die grundrechtlich geschützt ist. Trot

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German Pages 254 Year 2023

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Anspruch, Kapazität und Auswahl: Verfassungsrechtliche Fragen der Zulassung zu öffentlichen Hochschulen – Ein Beitrag zum freiheitsrechtlichen Verständnis des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S.1 Var. 3 GG [1 ed.]
 9783428587735, 9783428187737

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1500

Anspruch, Kapazität und Auswahl Verfassungsrechtliche Fragen der Zulassung zu öffentlichen Hochschulen – Ein Beitrag zum freiheitsrechtlichen Verständnis des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG

Von

Hendrik Sannwald

Duncker & Humblot · Berlin

HENDRIK SANNWALD

Anspruch, Kapazität und Auswahl

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1500

Anspruch, Kapazität und Auswahl Verfassungsrechtliche Fragen der Zulassung zu öffentlichen Hochschulen – Ein Beitrag zum freiheitsrechtlichen Verständnis des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG

Von

Hendrik Sannwald

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristenfakultät der Universität Leipzig hat diese Arbeit im Jahr 2022 als Dissertation angenommen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI Books GmbH, Leck Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-18773-7 (Print) ISBN 978-3-428-58773-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern und Lisa

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2022 von der Juristenfakultät der Universität Leipzig als Dissertation angenommen. Die veröffentlichte Fassung befindet sich auf dem Stand von Mai 2022. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Arnd Uhle, für die Anregung zu diesem Thema, seine Ratschläge sowie seine Unterstützung bei der Veröffentlichung der vorliegenden Arbeit bedanken. Ebenso bedanken möchte ich mich bei Herrn Professor Dr. Jochen Rozek, der das Zweitgutachten verfasst hat. Ganz besonderer Dank gebührt darüber hinaus Herrn Markus Häßelbarth, der mir wiederholt Einblicke in den Ablauf und die Realitäten des Hochschulzulassungswesens vermittelte, mir dabei manch wichtigen Aspekt aufzeigte und stets für Rückfragen zur Hochschulzulassungspraxis zur Verfügung stand. Herrn Dr. Florian Simon schulde ich schließlich Dank für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe „Schriften zum Öffentlichen Recht“. Frankfurt am Main, im Juli 2022

Hendrik Sannwald

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 B. Die Hochschulzulassung: Begriffe und Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Zulassung zu staatlichen Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Numerus clausus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Geschichte der Hochschulzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18 18 19 22

C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kernpunkte der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung  . . . . . . 1. Das Teilhaberecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der grundrechtliche Anspruch auf Hochschulzulassung . . . . . . . . . b) Die Kapazitätsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Bereitstellung von Studienplätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Auswahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Regelungszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Festlegung der Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Gestaltung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Analyse der Rechtsprechung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Entwicklung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Würdigung der Rechtsprechung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 33 33 36 38 39 40 44 45 45 46 47 47 52

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung . . . . . . I. Freiheit und Hochschulzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Hochschule als Ausbildungsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das geschützte Studium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Gewährleistungsdimensionen des Zulassungsrechts . . . . . . . . . . . a) Die subjektiv-rechtlichen Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die abwehrrechtliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die teilhaberechtliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Herleitung des Teilhaberechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Das Teilhaberecht als relatives Recht . . . . . . . . . . . . . (b) Das Teilhaberecht als absolutes Recht . . . . . . . . . . . . (c) Das Teilhaberecht unter dem Aspekt des Sozialstaatsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Schutzgehalt des Teilhaberechts . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 58 59 61 62 63 64 64 65 66 66 71 78 80

10 Inhaltsverzeichnis (3) Die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . 81 (4) Das Vorhandene als Grenze des Teilhaberechts  . . . . . . . . 85 (a) Das Studienziel als Vorhandenes . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (b) Die Kapazitäten im Studienziel als Vorhandenes . . . . 86 (aa) Die Bestimmung des Vorhandenen . . . . . . . . . . . 87 (bb) Das Vorhandene und der Vorbehalt des Möglichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (5) Verpflichtete und Anspruchsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 (6) Die Beschränkung des Teilhaberechts . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (a) Arten der Teilhabebeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (b) Die Abgrenzung von Ausgestaltungen und Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (c) Die Rechtfertigung der Teilhabebeschränkung . . . . . . 95 (aa) Allgemeine Rechtfertigungsanforderungen  . . . . 96 (α) Der Gesetzesvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (β) Die Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (γ) Die Berücksichtigung von sonstigem Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (bb) Insbesondere: Die Kapazitätsbestimmung . . . . . 111 (cc) Insbesondere: Die Ablehnungsentscheidung  . . . 116 cc) Die leistungsrechtliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (1) Kein Anspruch auf Bereitstellung von Haushaltsmitteln . 120 (2) Kein Anspruch auf eine bestimmte Hochschulorganisa­ tion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (a) Keine Verankerung im Grundrechtsschutz durch Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (b) Keine Verankerung im Freiheitsverständnis als reale Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Die objektiv-rechtlichen Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 aa) Anforderungen an Organisation und Verfahren . . . . . . . . . . . . 136 bb) Die Ausbildung an Hochschulen als Staatsziel . . . . . . . . . . . . 139 (1) Die Auffangverantwortung des Staates . . . . . . . . . . . . . . . 140 (2) Die Verdichtung zur staatlichen Handlungspflicht . . . . . . 143 (a) Die Bestimmung der vorhandenen Kapazitäten . . . . . 143 (b) Die Bestimmung des Minimums an Kapazitäten . . . . 146 (aa) Die absolute Bestimmung des Minimums . . . . . 146 (bb) Die variable Bestimmung des Minimums . . . . . 147 (cc) Nachfrage und Bedarf als Faktoren zur Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (dd) Das Verhältnis von Nachfrage und Bedarf . . . . . 151 (3) Die staatliche Handlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (4) Keine Subjektivierung bei Verletzung der Handlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 c) Die Reduktion von Studienkapazitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

Inhaltsverzeichnis11 aa) Die Reduktion außerhalb des Anwendungsbereichs des Teilhaberechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Reduktion innerhalb des Anwendungsbereichs des Teilhaberechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Verständnis der Chancengleichheit bei der Auswahl . . . . . . . . . . . 2. Die Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Verhältnis zwischen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anforderungen an die Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Fall des absoluten Numerus clausus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausbildungsfreiheit und praktische Konkordanz . . . . . . . . (a) Die grundsätzliche Orientierung an der Eignung . . . . (b) Das Gebot der Chancenoffenheit  . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Die Wartezeit und die Auswahl nach der Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (α) Die Zulässigkeit der Auswahl nach der Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (β) Die Zulässigkeit der Auswahl nach der Wartezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Die Berücksichtigung schulnotenunabhängiger Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Aussagekraft der Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die Prüfungsintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die Typisierungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Anforderungen aus sonstigem Verfassungsrecht . . . . . . . . (4) Das Verhältnis der Kriterien zueinander . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Auswahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Regelungszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Fall des relativen Numerus clausus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausbildungsfreiheit und praktische Konkordanz . . . . . . . . (2) Aussagekraft der Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die Prüfungsintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die Typisierungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Anforderungen aus sonstigem Verfassungsrecht . . . . . . . . (4) Das Verhältnis der Kriterien zueinander . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Auswahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Regelungszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

163 165 169 169 171 173 177 177 177 178 179 183 186 187 191 193 195 195 197 201 207 208 210 216 216 216 218 218 219 221 222 224 226

E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungen richten sich nach: Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 10. Auflage 2021. Die Staatsverträge im Zusammenhang mit der Hochschulzulassung werden wie folgt abgekürzt: StaatsV 1972 StaatsV 1999 StaatsV 2008 StaatsV 2016 StaatsV 2019

Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen 1972 Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen 1999 Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung 2008 Staatsvertrag über die gemeinsame Einrichtung für Hochschulzulassung 2016 Staatsvertrag über die Hochschulzulassung 2019

Hinweis zur Zitierung der Rechtsprechung Die Randnummern der zitierten Entscheidungen sind sämtlich nach Juris zitiert.

A. Einleitung Die Wahl der Ausbildung ist eine wesentliche Weichenstellung im Leben eines jeden Menschen. Sie steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den beruflichen Möglichkeiten. Diese Wahl beeinflusst seine künftigen Chancen, seinen beruflichen Werdegang und nicht selten auch seine Verdienstmöglichkeiten. Dies war den Müttern und Vätern des Grundgesetzes bewusst, weshalb sie neben der Berufsfreiheit auch die Ausbildungsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 S. 1 des Grundgesetzes aufnahmen. Dieses Grundrecht verleiht jedem Einzelnen einen Anspruch auf Zulassung zum Studium seiner Wahl an der Hochschule seiner Wahl.1 Bei dieser lebensprägenden Wahl entscheiden sich viele junge Menschen nach der Schule dafür, ein Hochschulstudium zu absolvieren. Jährlich bewerben sich Hunderttausende um ein Studium an einer deutschen Hochschule und machen dabei von ihrer grundrechtlich geschützten Ausbildungsfreiheit Gebrauch. Die Ausübung dieses Rechts alleine ermöglicht jedoch nicht immer die Aufnahme des gewählten Studiengangs an der gewählten Hochschule. Denn die Zahl der Studienplätze ist endlich. So wurden im Wintersemester 2021/22 deutschlandweit für gut 40 Prozent aller Studiengänge Zulassungshöchstzahlen festgesetzt.2 Dies hat zur Folge, dass nicht alle Bewerber für diese Stu­ diengänge automatisch zugelassen werden und sich immatrikulieren können. Vielmehr darf ein Teil von ihnen im Rahmen eines Zulassungsverfahrens abgewiesen werden, soweit ansonsten ihre Zahl die der verfügbaren Studienplätze überschreiten würde. Überschreitet die Zahl der Bewerber dann tatsächlich die der verfügbaren Studienkapazitäten, so müssen unter den Bewerbern diejenigen ausgewählt werden, die zugelassen werden. Diesen wird die Ausübung ihrer grundrechtlich geschützten Ausbildungsfreiheit wunschgemäß ermöglicht. Die anderen gehen – zumindest zunächst – leer aus. Sie müssen sich für ein anderes Studienfach oder eine andere Hochschule entscheiden oder es beim nächsten Durchgang erneut versuchen. Dies zeigt, dass die Verwirklichung des grundrechtlichen Zulassungsanspruchs von den Zulassungshöchstzahlen, also der Zahl der Studienplätze 1  S.

dazu D. I., S. 58 ff.

2  Hachmeister/Himbert/Gehlke/Seitter,

len 2021/22, S. 4.

Numerus Clausus an deutschen Hochschu-

14

A. Einleitung

abhängig ist. Falls die Bewerberzahl die vorhandenen Kapazitäten übersteigt, ist dem einzelnen Bewerber die Aufnahme seines Wunschstudiums deshalb nicht mehr sicher. Auf Grund der nunmehr notwendigen Auswahl zwischen den Bewerbern verfügt jeder Bewerber statt über einen Anspruch auf Zu­ lassung nur noch über die Chance auf Zulassung, die das „Risiko des Fehl­ schlags“3 beinhaltet. Dieses Problem ist in der Geschichte des Hochschulwesens ein recht neues. Es entstand erst im 20. Jahrhundert, in dessen zweiter Hälfte es immer relevanter wurde. Den Höhepunkt seiner gesellschaftlichen Relevanz erreichte es in den 70er und 80er Jahren. In diesen Jahrzehnten unterlag eine Vielzahl von Studiengängen einem Numerus clausus. Deshalb konnten viele junge Menschen nicht das Studienfach ihrer Wahl belegen oder mussten zumindest einige Zeit darauf warten. Zwar hat sich die Situation seit den 90er Jahren wieder etwas entspannt. Überschreitet nun die Bewerberzahl in den meisten Studiengängen regelmäßig die verfügbaren Studienkapazitäten nicht mehr, so ist der Mangel an Studienplätzen in einzelnen Fächern dennoch nie verschwunden. Dies betrifft insbesondere das Fach Medizin, in dem sich diese Problematik seit den 2010er Jahren sogar wieder verschäft hat. Wieder andere Bewerber können zwar das Fach ihrer Wahl studieren, dies jedoch nicht an ihrer bevorzugten Hochschule. Das Problem begrenzter Studienkapazitäten bleibt also weiterhin aktuell. So werden auch heutzutage noch in jeder Bewerbungsphase unzählige Bewerber entweder nicht zur ­gewünschten Hochschule oder – wie insbesondere im Fall des Medizinstu­ diums – nicht einmal zum Studium ihrer Wahl zugelassen. Wird ein Bewerber nicht zur Hochschule oder gar zum Studium seiner Wahl zugelassen, so „scheitert“ sein grundrechtlich verbürgter Anspruch an den tatsächlich vorhandenen Kapazitäten. Hier realisiert sich das „Risiko des Fehlschlags“4, welches dem Anspruch auf Zulassung innewohnt. Wie diese Situation zeigt, stehen sich im Bereich der Hochschulzulassung regelmäßig Verfassung und Realität, der Anspruch auf Zulassung und die vorhandenen Studienkapazitäten gegenüber. Folge dieses Gegensatzes ist die Notwendigkeit der bereits erwähnten Auswahl unter den Bewerbern. Was sich zunächst als Frage der Priorisierung darstellt, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als ein wesentlich tiefgreifenderes Problem. Denn die Notwendigkeit der Auswahl im genannten Fall resultiert letztlich daraus, dass das Grundrecht der Ausbildungsfreiheit nicht im luftleeren Raum existiert. Es wird vielmehr in einem Kontext relevant, in dem eine Vielzahl von Interessen miteinander um die beschränkt vorhandenen – zumeist staatli3  BVerfGE 43, 4  S. Fn. 3.

291, Rn. 69; 59, 1, Rn. 57; 147, 253, Rn. 106.



A. Einleitung15

chen – Ressourcen wetteifern. Obgleich die Ausbildungsfreiheit ein Gut von hohem Gewicht ist, kann ihr dabei nicht einfach Vorrang vor den konkurrierenden Interessen eingeräumt werden. Denn die meisten dieser Interessen sind ebenfalls grundrechtlich oder durch sonstiges Verfassungsrecht geschützt. Mit der vorliegenden Untersuchung sollen die grundgesetzlichen Grenzen des „Risiko[s] des Fehlschlags“5 einer Bewerbung an einer staatlichen öffentlichen Hochschule ermittelt werden. Kein Gegenstand dieser Untersuchung sind dagegen einerseits die privaten Hochschulen und andererseits die staatlichen nichtöffentlichen Hochschulen, wie etwa die Universitäten der Bundeswehr6. Ein zentraler Gesichtspunkt bei der Untersuchung dieser Materie ist, dass im Bereich der Hochschulzulassung aufgrund der erwähnten konkurrierenden Interessen charakteristischer Weise regelmäßig verschiedene Güter von Verfassungsrang kollidieren. Aus diesem Grund hängt die verfassungsrechtliche Beurteilung besonders stark von Abwägungsergebnissen ab, welche ihrerseits wiederum von den jeweils vorliegenden konkreten Umständen wesentlich beeinflusst werden. So hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt festgestellt, dass die verfassungsrechtliche Würdigung in diesem Zusammenhang stets vom Stand der jeweiligen Erfahrungen abhängt.7 Aus diesem Grund kann es hier nicht um die verfassungsrechtliche Beurteilung einzelner Lebenssachverhalte gehen. Vielmehr werden unter Berücksichtigung der typischen Kollisionen von Interessen mit Verfassungsrang die Spielräume auf­ gezeigt, die das Grundgesetz den staatlichen Akteuren im Zusammenhang mit der Hochschulzulassung gewährt. Hierbei werden die verfassungsrecht­ lichen Grenzen dieser Spielräume dargelegt, die insbesondere die Fragen des Umfangs der vorhandenen Kapazitäten und der Bewerberauswahl betreffen. Zu diesem Zweck werden zunächst die Begriffe der Hochschulzulassung und des Numerus clausus geklärt. Ausgehend davon wird ein kurzer Überblick über die Geschichte der Hochschulzulassung gegeben. Anschließend ist der gegenwärtige Stand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulassung an öffentlichen Hochschulen zu untersuchen. Dessen langjährige Rechtsprechung findet ihren vorläufigen Endpunkt in seiner neuesten Entscheidung vom 19. Dezember 2017.8 In dieser Entscheidung hat das Gericht den Fokus weg von der Überprüfung der Zahl der vorhandenen Studien­ plätze hin zur Verteilung dieser Plätze verlagert. Dabei hat es insbesondere 5  S. Fn. 3.

Deutsches Hochschulrecht, Rn. 804 mit weiteren Beispielen. 303, Rn. 82; 37, 104, Rn. 29; 39, 258, Rn. 29; 43, 291, Rn. 70. 8  BVerfGE 147, 253. 6  Thieme,

7  BVerfGE 33,

16

A. Einleitung

einen Anspruch auf Schaffung von Studienkapazitäten verneint9, eine grundsätzliche Verteilung der Plätze nach der Eignung angemahnt10 und eine Verteilung nach der Wartezeit für nicht verfassungsrechtlich geboten angesehen11. Die Analyse dieser Rechtsprechung zeigt, dass weiterhin erhebliche rechtliche Unsicherheiten bestehen. So hat das Gericht zu bestimmten Fragen schlicht (noch) nicht geurteilt. Außerdem stellen einige Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht aufstellt, lediglich Postulate dar. Da diese nicht weiter begründet oder hergeleitet werden, können bei ihrer Anwendung zahlreiche Fragen aufkommen. Schließlich sind verschiedene Fragen innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Dogmatik noch nicht abschließend geklärt. Aus diesem Grund wird im Anschluss an die Untersuchung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung eine Dogmatik zum verfassungsrechtlichen Schutz der Bewerber im Bereich der Hochschulzulassung entworfen. Dies geschieht in zwei Schritten. Zunächst wird der freiheitsrechtliche Schutz der Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG betrachtet. Zu diesem Zweck wird der Inhalt der einzelnen Gewährleistungsdimensionen der Ausbildungsfreiheit dargestellt, weil je nach Situation unterschiedliche Gewährleistungsdimensionen einschlägig sind und diese teilweise recht unterschiedliche Anforderungen an das staatliche Handeln stellen. Dabei werden freilich nur diejenigen Dimensionen untersucht, die für den Bereich der Hochschulzulassung relevant sind. Dies sind als subjektiv-rechtliche Dimensionen das Abwehrrecht, das Teil­haberecht und das Leistungsrecht. Von der Vielzahl der objektiv-recht­ lichen Dimensionen werden die grundrechtlichen Anforderungen an Organisation und Verfahren sowie die Ausbildungsfreiheit als Staatsziel untersucht. Auf die – oftmals objektiv-rechtlich verankerte – Schutzpflicht wird demgegenüber nicht eingegangen, da sie auf die Abwehr von Übergriffen12, d. h. Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützten Verhaltens durch private Dritte, nichtdeutsche staatliche Stellen oder Naturgewalten13, gerichtet ist. Solche Übergriffe kommen aber bei der Hochschulzulassung im Regelfall nicht vor.

9  BVerfGE 147,

253, Rn. 105. 253, Rn. 108 f., 196. 11  BVerfGE 147, 253, Rn. 216 ff. 12  Statt vieler: Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 23 f. 13  Abermals statt vieler: Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hen­ necke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 23 f. 10  BVerfGE 147,



A. Einleitung17

Sodann werden die Facetten des gleichheitsrechtlichen Schutzes untersucht. Dieser wird vor allem bei der Bewerberauswahl relevant. Zentrale Fragen hierbei sind das Verhältnis des freiheitsrechtlichem zum gleichheitsrechtlichen Schutz sowie die Anforderungen an die Auswahlkriterien, das Auswahlverfahren und die normerlassende Stelle, jeweils hinsichtlich der Situation des absoluten und des relativen Numerus clausus. Die Entwicklung einer solchen Dogmatik hat gewichtige Vorteile. Dies gilt einerseits für die Bereiche, mit denen sich das Bundesverfassungsgericht bisher auseinandergesetzt hat, und andererseits auch für solche, mit denen sich das Gericht bisher nicht auseinandersetzen konnte oder wollte. In ersterem Fall werden die vom Gericht aufgestellten Anforderungen, die im Ergebnis oftmals sehr plausibel sind, auf eine aktuelle, klare und kohärente dog­ matische Basis gestellt. In letzterem Fall müssen offene Fragen nicht mehr durch den Versuch der Übertragung vorhandener Rechtsprechung gelöst werden. Vielmehr kann jede Frage eigenständig anhand der dogmatischen Grundlagen beantwortet werden.

B. Die Hochschulzulassung: Begriffe und Geschichte Die Hochschulzulassung wird nicht in jedem Fall relevant, in dem sich jemand um ein Studium an einer Hochschule bewirbt. Vielmehr betrifft sie nur die Fälle, in denen die Zahl der verfügbaren Studienplätze begrenzt ist und deshalb eine Verteilung dieser Plätze unter den Bewerbern zumindest potenziell erforderlich ist. Im Folgenden sollen zunächst die Begriffe der Hochschulzulassung und des Numerus clausus erklärt werden, bevor ein kurzer Abriss der Geschichte der Hochschulzulassung folgt.

I. Die Zulassung zu staatlichen Hochschulen Um den Vorgang der Hochschulzulassung zu verstehen, hilft es, sich den Prozess der Aufnahme in eine Hochschule vor Augen zu führen. Dieser findet rechtlich durch die Immatrikulation statt. Bei dieser handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, durch den der Bewerber die Rechtstellung als Student eines bestimmten Studiengangs erwirbt.14 Verfügt ein Stu­ diengang aber (bereits formell betrachtet) über keine unbeschränkte Aufnahmekapazität, weil für ihn an einer Hochschule oder sogar bundesweit Stu­ dienkapazitäten festgesetzt wurden, so wird dem Immatrikulationsverfahren ein weiteres Verfahren vorgeschaltet, das Zulassungsverfahren.15 Dieses Verfahren dient der Bewirtschaftung des knappen Guts Studienplatz und legt fest, welcher hochschulzugangsberechtigte Bewerber einen der knappen Studienplätze erhält.16 An seinem Ende steht die Zulassung, die ebenfalls einen begünstigenden Verwaltungsakt darstellt.17 Da das Zulassungsverfahren also nur in bestimmten Situationen, die Hochschulzugangsberechtigung hingegen in jedem Fall erforderlich ist, wird zwischen Hochschulzugangs- oder Qualifikationsrecht und Hochschulzulassungs- oder Verteilungsrecht und konsequent auch zwischen Hochschulzugang und Hochschulzulassung unterschieden.18 14  Thieme,

Deutsches Hochschulrecht, Rn. 802. NVwZ 1983, 77 (77); Thieme, Deutsches Hochschulrecht,

15  Becker/Hauck,

Rn. 802. 16  Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 802. 17  Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 803. 18  Zur Unterscheidung zwischen Hochschulzulassungs- und Hochschulzugangsrecht: Dillenburger, in: Pautsch/Dillenburger, Kompendium zum Hochschul- und



II. Der Numerus clausus19

Der Hochschulzugang und das Hochschulzugangsrecht betreffen dabei das „Ob“ des Studiums, das heißt die Frage, ob ein Bewerber generell berechtigt ist, ein Studium an einer Hochschule aufzunehmen.19 Sinn des Erfordernisses dieser Berechtigung ist, dass ein Bewerber über ein hinreichendes Maß an Qualifikation verfügen muss, sodass zu vermuten ist, dass er einen Studien­ abschluss erreichen kann.20 Zu diesem Zweck hat der Bewerber seine Qualifikation materiell nachzuweisen, wofür die Vorlage von Urkunden (etwa des Abiturzeugnisses) verlangt werden kann.21 Anders als die Versagung der Hochschulzulassung, stellt die Versagung des Hochschulzugangs gegenüber einem Bewerber jedoch regelmäßig keinen eigenständigen Rechtsakt dar, sondern ist Bestandteil der Versagung der Immatrikulation oder der Zulassung.22 Die Hochschulzulassung und das Hochschulzulassungsrecht betreffen demgegenüber die Verteilung der Studienplätze im Fall eines (potenziellen) Bewerberüberschusses, also die Frage, welcher zugangsberechtigte Bewerber sich immatrikulieren darf.23 Diesem Recht gehören die Regelungen an, welche die Auswahl der Bewerber bestimmen.

II. Der Numerus clausus Die Hochschulzulassung wird also nur relevant, wenn die Aufnahmekapazität eines Studiengangs auf eine bestimmte Höchstzahl an zuzulassenden Bewerbern amtlich durch abstrakt-generelle Regelungen24 festgesetzt ist (sog. Zulassungszahl25). In diesem Fall spricht man von der Zulassungsbeschränkung dieses Studiengangs. Neben diesem Begriff ist jedoch der Begriff des Numerus clausus im Zusammenhang mit der Hochschulzulassung omnipräsent. Wörtlich übersetzt bedeutet er geschlossene Zahl, sinnentsprechender beschränkte Zahl. Während der Begriff der Zulassungsbeschränkung daran anknüpft, ob aus formaWissenschaftsrecht, B. Studium und Lehre, Rn. 80; Lindner, NVwZ-Extra 2010, 1 (1); ders., in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 54 f., 97; Bode, OdW 2018, 173 (175). Zur Unterscheidung zwischen Hochschulzulassung und Hochschulzugang: Bode, OdW 2018, 173 (175). 19  Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 54; Bode, OdW 2018, 173 (175). 20  Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 55. 21  Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 54. 22  Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 94. 23  Bode, OdW 2018, 173 (175). 24  Achelpöhler, in: Brockerhoff/Keller, Lust oder Frust?, S. 103 (103); Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 832. 25  S. etwa § 1 S. 1 HZG NRW.

20

B. Die Hochschulzulassung: Begriffe und Geschichte

ler Sicht eine beschränkte Anzahl an Studienplätzen zur Verfügung steht, wird der Begriff des Numerus clausus nicht immer einheitlich benutzt. Insbesondere juristische Laien bezeichnen damit oftmals die Abiturdurchschnittsnote des letzten zugelassenen Bewerbers26, wodurch freilich die Situation der begrenzten Studienkapazitäten mit der möglicherweise notwendigen Folge, der Auswahl zwischen den Bewerbern (oftmals nach der Abiturdurchschnittsnote) verwechselt wird. Doch auch innerhalb der Fachliteratur wird der Begriff unterschiedlich benutzt, denn die beschränkte Zahl lässt sich auf verschiedene Sachverhalte beziehen. So kann man den Numerus clausus als Synonym zur Zulassungsbeschränkung ansehen und darunter die beschränkte Zahl der verfügbaren Studienplätze verstehen.27 Deren festgesetzte Anzahl aber kann durch die Zahl der tatsächlichen Bewerbungen über- oder unterschritten werden, wobei letzteres gar nicht so selten vorkommt. Einerseits werden zum Teil Zulassungszahlen schlicht vorsichtshalber festgesetzt, wobei die tatsächliche Bewerberzahl oftmals unterhalb dieser Zulassungszahl bleibt. Andererseits können auch jenseits der festgesetzten Zulassungszahl Bewerber durch eine sogenannte Überbuchung zugelassen werden.28 Dieses Verständnis des Numerus clausus knüpft also nicht an eine tatsächliche Beeinträchtigung von Bewerbern durch konkrete Ablehnungen, sondern an die abstrakt-generelle Begrenzung der verfügbaren Studienkapazitäten an und beschreibt damit eine Situation, in der die grundrechtlich geschützten Rechtspositionen potenziell beeinträchtigt werden. Dementsprechend kann es nach dieser Ansicht auch sein, dass der Numerus clausus nur auf dem Papier besteht.29 Alternativ lässt sich die beschränkte Zahl statt auf Studienkapazitäten aber auch auf die Zahl der tatsächlich zugelassenen Studienbewerber beziehen. Dann wären die Begriffe Zulassungsbeschränkung und Numerus clausus keine Synonyme. Bei dieser Verwendung des Begriffs liegt ein Numerus clausus erst dann vor, wenn die vorhandenen Studienkapazitäten tatsächlich erschöpft sind und deshalb Bewerber abgelehnt werden.30 Im Unterschied Der CHE Numerus Clausus Check 2019/20, S. 6. in: Brockerhoff/Keller, Lust oder Frust?, S. 103 (103); Gehlke/ Hachmeister/Hüning, Der CHE Numerus Clausus Check 2019/20, S. 6; Maier, DVBl. 2012, 615 (616); wohl Klafki, JZ 2018, 541 (548). 28  So wurden wurden etwa im Wintersemester 1993/94 im Fach Rechtswissenschaften durch erhebliche Überbuchungen alle Bewerber zugelassen, Becker/Brehm, NVwZ 1994, 750 (751). S. zu Überbuchungen auch: Maier, DVBl. 2012, 615 (617). 29  Zu dieser Situation im WS 1995/96 in den Fächern Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft, Forstwissenschaft, Lebensmittelchemie, Biologie und Pharmazie, Brehm/ Zimmerling/Becker, NVwZ 1996, 1173 (1173). 30  Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 21; wohl auch Treml, DUZ 1973, 317 (317); Roellecke, WissR 14 (1981), 24 (26 f.); Brehm/Zimmer26  Gehlke/Hachmeister/Hüning, 27  Achelpöhler,



II. Der Numerus clausus21

zur obigen Auffassung liegt hiernach kein Numerus clausus vor, wenn die verfügbaren Studienplätze zwar durch Kapazitätsfestsetzung auf eine bestimmte Zahl beschränkt wurden, aber trotzdem jeder Bewerber zugelassen wurde. Dieser Auffassung geht es also nicht nur um eine potenzielle Verkürzung grundrechtlich geschützter Rechtspositionen auf abstrakt-genereller Ebene. Vielmehr wird zusätzlich der Fall der tatsächlichen Grundrechtsbeeinträchtigung durch konkret-individuelle Ablehnungen in den Blick genommen. Da gerade dieser zweite Aspekt sowohl in der Praxis als auch in der verfassungsrechtlichen Bewertung der Hochschulzulassung von entscheidender Relevanz ist, wird im Folgenden unter einem Numerus clausus die Situation verstanden, in der auf Grund begrenzter Kapazitäten nicht alle Bewerber zugelassen werden können. Bezugspunkt des Numerus clausus ist für die Zwecke dieser Untersuchung damit die Zahl der tatsächlich zugelassenen Studienbewerber oder anders gewendet die Frage, ob Studienbewerber wegen mangelnder Kapazitäten abgelehnt wurden. Da diese Situation auf vielfältige Weise eintreten kann, wird zudem zwischen verschiedenen Arten des Numerus clausus unterschieden. Gibt es lediglich Kapazitätsengpässe während des Studiums (z. B. in einzelnen Veranstaltungen), wird dies als innerer Numerus clausus bezeichnet.31 Dieser ist jedoch nicht Gegenstand dieser Untersuchung, da er nicht die Zulassung zu einem Studium betrifft. Ist die Kapazität hingegen erschöpft, sodass nicht alle Studienbewerber wunschgemäß zugelassen werden können, spricht man von einem äußeren Numerus clausus.32 Innerhalb des äußeren Numerus clausus wird zudem nach der örtlichen Ausdehnung der Kapazitätserschöpfung unterschieden. Ist diese bundesweit gegeben, liegt ein absoluter Numerus clausus vor.33 Sind die Kapazitäten hingegen nur örtlich begrenzt erschöpft, ist die Rede von einem relativen Numerus clausus.34 ling/Becker, NVwZ 1996, 1173 (1173) und Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (820). Unklar Becker, DÖV 1981, 277 (280). 31  Roellecke, WissR 14 (1981), 24 (27); Becker, DÖV 1981, 277 (280); Becker/ Hauck, NVwZ 1984, 81 (84). 32  Roellecke, WissR 14 (1981), 24 (26 f.). 33  Treml, DUZ 1973, 317 (317); Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (820); Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 22. Teils wird er auch „totaler“ Numerus clausus genannt, Clevinghaus, RdJB, 1975, 172 (172); Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (161). Unter diesem Begriff wird aber teilweise auch die Situation verstanden, dass eine ganze Universität einem Numerus clausus unterliegt, Hall, JuS 1974, 87 (87); Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 22. 34  Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (820 f.); Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 20. Wichtigster Unterfall des relativen Numerus clausus ist die Kapazitätserschöpfung, die auf bestimmte Universitäten beschränkt ist (sog. lokaler Numerus clausus),

22

B. Die Hochschulzulassung: Begriffe und Geschichte

III. Die Geschichte der Hochschulzulassung Gemessen an der über sechshundertjährigen Geschichte der Universität im Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland35 sind die Zulassungsbeschränkung und damit die Notwendigkeit einer gesonderten Zulassung an Universitäten ein recht neues Phänomen. Sehr lange gab es schlicht nur wenige Studenten36, sodass Zulassungsbeschränkungen und dementsprechend Zulassungen nicht nötig waren. Einen guten Überblick über die Zahlen an deutschen Universitäten bis ins Jahre 1900 gibt Eulenburg.37 Diese lassen sich angelehnt an die Darstellung von Naujoks tabellarisch wie folgt darstellen38: Um das Jahr

Universitäten

Studentenzahl

Studenten pro Universitäten (gerundet)

1400

3

800

267

1500

10

3.500

350

1600

25

8.000

320

1700

30

7.000

233

1800

27

5.600

215

1830

20

15.838

791

1900

21

33.986

1618

Wie man sieht, nahm die Zahl der Studenten im 17. und 18. Jahrhundert sogar ab, bevor sie im Laufe des 19. Jahrhunderts sprungartig anstieg. Zu dieser recht geringen Studentenzahl – in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunvgl. Barbey, JZ 1971, 473 (475). Teils wird der Begriff des relativen mit dem des lokalen Numerus clausus auch synonym benutzt, so etwa Treml, DUZ 1973, 317 (317). Das BVerfG sprach statt von einem lokalen von einem partiellen Numerus clausus, BVerfGE 33, 303, Rn. 97; ebenso Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 21. 35  Die älteste Universität auf dem heutigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist die Universität Heidelberg, Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 1. 36  Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 11. 37  Die Zahlen entstammen Eulenburg, Die Frequenz der deutschen Universitäten, S. 268 f., 302 f., allerdings führt er auf den Seiten 285 ff. für die Jahre bis 1800 teilweise eine an andere Anzahl an Universitäten auf. Zu der Zahl der Studenten an einzelnen Universitäten s. Eulenburg, Die Frequenz der deutschen Universitäten, S.  285 ff., 302 ff. 38  Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 15.



III. Die Geschichte der Hochschulzulassung23

derts lag der Anteil der Studenten an der gleichaltrigen Bevölkerung nur bei 0,2 Prozent39 – kam hinzu, dass das Verhältnis von Professoren zu Studenten zumindest bis Anfang des 20. Jahrhunderts sehr günstig war.40 Doch auch im Kaiserreich des 20. Jahrhunderts und in der Weimarer Republik gab es noch keine mengenmäßigen Zulassungsbeschränkungen41, obwohl die Zahl der Studenten rasant anstieg. Mitte der 20er Jahre gab es bereits 125.000 Studenten in Deutschland.42 Erstmals erwogen wurden Zulassungsbeschränkungen 1932 in Preußen.43 Grund hierfür war jedoch kein übermäßiger Andrang auf die Hochschulen, ging die Studentenzahl seit 1930 doch zurück.44 Ursache war vielmehr die Angst vor der Entstehung eines „akademischen Proletariats“45 als Folge des aus der Wirtschaftskrise resultierenden starken Konkurrenzkampfs.46 Diese Erwägungen sahen die Nationalsozialisten als Gelegenheit, ihre rassischen Vorstellungen auch an den Hochschulen durchzusetzen. Zu diesem Zweck wurde am 25. April 1933 das Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen erlassen.47 Dessen Zweck war insbesondere die Kontingentierung der Anzahl der zum Studium aufzunehmenden Nichtarier.48 So richtete sich dieses Gesetz schon seiner ersten Überschrift, sowie seinem ursprünglichen Inhalt nach ausschließlich gegen die Überfremdung deutscher Schulen und Hochschulen49. Letztlich versuchte man jedoch, dieses Vorhaben hinter dem Vorwand der Qualitätssicherung und dem Schutz der Wirtschaft vor übermäßiger Konkurrenz zu verstecken.50 § 1 dieses Gesetzes sah vor, dass die Zahl der Studenten „so weit zu beschränken [sei], daß die gründliche Ausbildung gesichert und der Bedarf der Berufe genügt ist.“ Nach § 2 waren die Aufnahmezahlen jedes Jahr von den Landesregierungen festzusetzen. In der Folge sank die Zahl der Studenten bis Ende der 30er Jahre auf 54.000 ab.51 HbWissR, S. 673 (678). Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesell-

39  Bode/Weber, 40  Naujoks,

schaft?, S. 16. 41  Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 16. 42  Bode/Weber, HbWissR, S. 673 (678). 43  Götz v. Olenhusen, VfZ 1966, 175 (176). 44  Götz v. Olenhusen, VfZ 1966, 175 (176). 45  Götz v. Olenhusen, VfZ 1966, 175 (176). 46  Götz v. Olenhusen, VfZ 1966, 175 (176). 47  RGBl. 1933, Teil I, S. 225. 48  § 4 Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen. 49  Götz v. Olenhusen, VfZ 1966, 175 (177). 50  Götz v. Olenhusen, VfZ 1966, 175 (176 f.). 51  Bode/Weber, HbWissR, S. 673 (678).

24

B. Die Hochschulzulassung: Begriffe und Geschichte

Zulassungsbeschränkungen an Hochschulen gab es auch unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg52, sodass sich auch der Parlamentarische Rat mit dem Phänomen des Numerus clausus auseinanderzusetzen hatte.53 Trotzdem gelang in den Nachkriegsjahren eine gewisse Kapazitätsausweitung.54 Zum weit verbreiteten Problem wurden Zulassungsbeschränkungen aber erst ab den beginnenden 1960er Jahren. Dies war Folge des starken Anwachsens der Zahl der Abiturienten55, aber auch die Vergrößerung der Jahrgangsstärken56. So hatte sich die Zahl der Studenten von 1952 bis 1967 auf ca. 270.000 verdoppelt und die der Studienanfänger von ca. 25.000 auf ca. 51.000 erhöht.57 Besonders stark war das Fach Medizin betroffen. Im Sommersemester 1967 erhielten im Fach Medizin noch etwa 50 Prozent der Bewerber einen Studienplatz, im Wintersemester 1969/70 wurden bereits 60 Prozent58 und im Wintersemester 1970/71 sogar schon 70 Prozent der Bewerber abgewiesen.59 1972 hatten bereits sämtliche Universitäten, an denen das Fach Humanmedizin studiert werden konnte, Zulassungsbeschränkungen für diesen Studiengang eingeführt.60 Hinzu kam, dass sich Bewerber mehrfach, d. h. an unterschiedlichen Hochschulen bewarben, um ihre Zulassungschancen zu steigern.61 Daher musste der Zugang zu den Fächern Pharmazie, Humanmedizin und Zahnmedizin an allen Universitäten beschränkt werden.62 Folge war jedoch das Überschwappen dieses Zustandes auf verwandte – meist naturwissenschaftliche – Fächer, als sich die abgewiesenen Bewerber daraufhin in

52  Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 18; Hall, JuS 1974, 87 (87). 53  Stenographisches Protokoll der 44. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19.1.1949, S. 1396 ff., in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 54  Block, WissR 15 (1982), 201 (202). 55  Barbey, JZ 1971, 473 (473); Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S. 4 f.; Bode/Weber, HbWissR, S. 673 (678); Bode, WissR 46 (2013), 348 (353); Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 18. 56  Bode/Weber, HbWissR, S. 673 (678). 57  BVerfGE 33, 303, Rn. 2; Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 25. 58  Im gleichen Semester wurden in den Fächern Tiermedizin und Zahnmedizin 20 % bzw. 80 % der Bewerber abgewiesen, Schweitzer, RdJB 1975, 268 (269). 59  Zum Vergleich des SS 1967 mit dem WS 1970/71: BVerfGE 33, 303, Rn. 3; Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 25. Zur Situation im WS 1969/70: Schweitzer, RdJB 1975, 268 (269). 60  BVerfGE 33, 303, Rn. 3. 61  Bode, WissR 46 (2013), 348 (351). 62  Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 18.



III. Die Geschichte der Hochschulzulassung25

solchen Fächern einschrieben und es somit auch dort zu Zulassungsbeschränkungen kam.63 Verstärkt wurde diese Numerus-clausus-Problematik durch die Zulassungspraxis in den 60er Jahren. Bis Mitte der 60er Jahre wurde die Zulassung nämlich in den jeweiligen Hochschulsatzungen geregelt64, erst danach wurden in einigen Bundesländern Gesetze über die Zulassung erlassen.65 Dies führte dazu, dass dem Ansturm der Bewerber auf die Hochschulen nur durch „lokale Notstandsmaßnahmen“66 begegnet werden konnte.67 Grund für die Beschränkung auf lokale Maßnahmen war die Fehlannahme, dass sich angesichts des stattfindenden Hochschulausbaus das Problem von selbst erledigen werde.68 Man hatte die Nachfrage nach Studienplätzen dabei aber unterschätzt.69 Obwohl seit den 60er Jahren die Hochschulen stark ausgebaut wurden70, konnte dieser Ausbau nicht mit der noch schneller wachsenden Zahl der Studienbewerber mithalten.71 Folge dieser dezentralen Zulassungspraxis war die rechtliche Zersplitterung des Zulassungswesens vor allem im Hinblick auf etliche Mehrfachbewerbungen sowie in der Folge Mehrfachzulassungen und die sich unterscheidenden Auswahlregelungen.72 Daher beschloss man, die Zulassung zu vereinheitlichen.73 Zu diesem Zweck wurde 1964 eine zentrale Registrierstelle für die Zulassung zum Studium der Medi-

63  Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 18. Zu den Zulassungsbeschränkungen im Sommersemester 1971 in Stu­ diengängen, die nicht vom zentralen Zulassungsverfahren erfasst waren s. Barbey, JZ 1971, 473 (476 f., Fn. 25). Im Wintersemester 1971/72 herrschte an 25 % der Universitäten bereits eine Art des Numerus clausus, Schweitzer, RdJB 1975, 268 (269). 64  BVerfGE 33, 303, Rn. 2; Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 98; Hailbronner, WissR 29 (1996), 1 (1); Bode, WissR 46 (2013), 348 (351); Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (316); Hall, JuS 1974, 87 (87). 65  Hall, JuS 1974, 87 (87). 66  Barbey, JZ 1971, 473 (473). 67  Ebd. 68  Barbey, JZ 1971, 473 (474). 69  Block, WissR 15 (1982), 201 (209). 70  Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 826. Die Zahl der Professoren und Dozenten wuchs von 1962 bis 1970 um das Sechsfache, die der wissenschaftlichen Stellen um das Dreifache, BVerfGE 43, 291, Rn. 41; Bode, WissR 46 (2013), 348 (354). Für das Fach Medizin wurde das wissenschaftliche Personal zwischen den Jahren 1960 und 1969 sogar verdoppelt, BVerfGE 33, 303, Rn. 3. 71  BVerfGE 33, 303, Rn. 2. 72  Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 28 f., 32; Gallwas, JZ 1969, 320 (321); Bode/Weber, HbWissR, S. 673 (680). Zur Zersplitterung des Zulassungswesens auch: BVerfGE 33, 303, Rn. 6. Zu den Mehrfachbewerbungen ebenfalls: Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (570). 73  Hailbronner, WissR 29 (1996), 1 (2).

26

B. Die Hochschulzulassung: Begriffe und Geschichte

zin und Zahnmedizin eingerichtet74, bei der sich vom Sommersemester 1965 an jeder Bewerber für Human- oder Zahnmedizin melden und einen Erstund einen Zweitwunsch als Hochschule angeben musste75. Diese Stelle wurde 1967 durch die zentrale Registrierstelle für die Vergabe von Studienplätzen abgelöst.76 Dies milderte das Problem der Mehrfachbewerbungen erheblich ab, ließ das Problem der Zersplitterung durch unterschiedliche Auswahlkriterien aber unberührt, da die Registrierstelle die Bewerber für eine Hochschule jeweils nach ihren Zulassungsbestimmungen auszuwählen hatte.77 Die Vielfalt der unterschiedlichen Zulassungsrichtlinien behinderte die zentrale Zulassungsstelle aber ungemein.78 So gab es etwa zum Wintersemester 1970/71 im Fach Medizin neben zahlreichen Landeskinderquoten und -begünstigungen sieben unterschiedliche Berechnungsarten der Abiturnoten und sechs Arten von Notenvergünstigungen bei der Auswahl nach dem Jahrgangsprinzip.79 Die Kultusministerkonferenz bemühte sich vergeblich um eine Vereinheitlichung der Auswahlkriterien. Ihre 1968 und 1970 getroffenen Beschlüsse80 setzten die Bundesländer jedoch nicht in Landesrecht um und auch die Hochschulen hielten sich nicht an diese.81 In dieser Situation hatte das Bundesverfassungsgericht 1972 zum ersten Mal über den (absoluten) Numerus clausus im Fach Medizin zu entscheiden. Es sprach dem hochschulreifen Einzelnen einen grundrechtlich geschützten Anspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium zu.82 Ein absoluter Numerus clausus sei nur verfassungsmäßig, „wenn er […] in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten angeordnet wird […] und wenn […] Auswahl und Verteilung nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden an sich hochschulreifen Bewerber und unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes

74  Beschluss

der Kultusministerkonferenz vom 17./18.12.1964, Gl. Nr. 1853. WissR 46 (2013), 348 (351). 76  Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 826. 77  Bode, WissR 46 (2013), 348 (351 f.). 78  BVerfGE 33, 303, Rn. 7; Bode, WissR 46 (2013), 348 (352); Hauck-Scholz/ Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (316). 79  Barbey, JZ 1971, 473 (478 f.); ähnlich BVerfGE 33, 303, Rn. 6. 80  Danach sollten zehn Prozent der Studienplätze nach Härtegesichtspunkten und an Ausländer und die restlichen Studienplätze zu 60 Prozent nach der Abiturdurchschnittsnote und zu 40 Prozent nach der Wartezeit vergeben werden, so Bode, WissR 46 (2013), 348 (352). 81  Bode, WissR 46 (2013), 348 (352); zur Nichtumsetzung der Beschlüsse der Kultusministerkonferenz: Barbey, JZ 1971, 473 (477 f.). 82  BVerfGE 33, 303, Rn. 60. 75  Bode,



III. Die Geschichte der Hochschulzulassung27

erfolgen“83. Zudem müsse der Gesetzgeber auch im Fall der Delegation die Art und das Rangverhältnis der Auswahlkriterien festlegen, da es um die Verteilung von Lebenschancen gehe.84 Schließlich sei auch die Aufstellung von Regelungen über die Berechnung der Studienkapazitäten Sache des Gesetzgebers.85 Aus dieser grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, auf die noch eine Vielzahl von Entscheidungen folgen sollte86, ergab sich die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Regelung.87 Es folgten eine Reihe vereinheitlichender Maßnahmen im Zusammenhang mit der Studienplatzvergabe. Noch im Jahre 1972 schlossen die Bundesländer den ersten Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen.88 Durch ihn wurde die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) gegründet89, welche die Studienplätze für bestimmte Studienfächer ab dem Wintersemester 1973/74 zentral verteilte.90 Die maßgeblichen Auswahlkriterien waren damals nach Art. 11 Abs. 1 StaatsV 1972 die Abiturdurchschnittsnote und die Wartezeit. Eine Linderung des Numerus-clausus-Problems war jedoch nicht in Aussicht. Vielmehr stieg die Zahl der Studenten und Studienanfänger bis 1975 abermals fast auf das Doppelte, die Zahl der Studenten betrug 840.000, die der Studienanfänger 169.000.91 1979 lag die Zahl der Studenten bereits bei 982.000, die der Studienanfänger bei 176.000.92 Dies wirkte sich auf die Zahl der Fächer aus, die auf Grund von Kapazitätsengpässen von der ZVS zentral verteilt wurde. Sie stieg weiter an. Unterlagen im Jahr 1971 nur vier Studiengänge einem bundesweiten Numerus clausus93, so hatte die zentrale Registrierstelle im Jahre 1972 und im Anschluss auch die ZVS schon acht Fächer zu verwalten94. Die Zahl der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Fächer erhöhte sich bis zum Sommersemester 1976 auf 27.95 Im 83  BVerfGE 33,

303, Rn. 70 f. 303, Rn. 85. 85  BVerfGE 33, 303, Rn. 76. 86  Ausführlich zur Rechtsprechung des BVerfG s. u. C. I., S. 31 ff. 87  Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (308). 88  BWGVBl. 1973, S. 94. Fälschlicherweise geht das BVerfG insoweit in seinem neuesten Urteil vom Jahre 1973 aus, BVerfGE 147, 253, Rn. 3. 89  Art. 1 Abs. 1 des StaatsV 1972. 90  BVerfGE 43, 291, Rn. 27; Bode/Weber, HbWissR, S. 673 (680). 91  BVerfGE 43, 291, Rn. 40. 92  Block, WissR 15 (1982), 201 (217). 93  Bode/Weber, HbWissR, S. 673 (679). 94  Human-, Zahn- und Tiermedizin, Pharmazie, Architektur, Psychologie, Biologie und Chemie, BVerfGE 43, 291, Rn. 42. 95  BVerfGE 43, 291, Rn. 42, allerdings genügte in 11 Fächern eine reine Ortsverteilung, sodass kein Bewerber abgewiesen werden musste. 84  BVerfGE 33,

28

B. Die Hochschulzulassung: Begriffe und Geschichte

Wintersemester 1976/77 unterlagen schließlich 41 Studiengänge einem bundesweiten Numerus clausus.96 Abermals lag die Situation im Fach Humanmedizin besonders stark im Argen. Im Wintersemester 1975/76 wurden im Fach Humanmedizin nur 18,2 % der Bewerber zugelassen97, im darauffolgenden Sommersemester sogar nur 11,8 Prozent98. Im Wintersemester 1976/ 77 benötigte man für die Zulassung zu diesem Fach bereits einen Abiturdurchschnitt von 1,7 oder eine Wartezeit von fünf Jahren.99 Auf Grund dieser Verschärfung der Situation, aber auch weil der Staatsvertrag in Folge eines Urteils des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs100 aufgehoben wurde101, wurde im Jahre 1976 das Hochschulrahmengesetz erlassen.102 Dieses enthielt ebenfalls Regelungen über die Verteilung von Studienplätzen. Es orientierte sich dabei teils am Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen 1972, teils beinhaltete es neue Regelungen.103 Es folgten eine Reihe weiterer Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, in denen es die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Zulassung von Bewerbern im Fall des (absoluten) Numerus clausus weiter konturierte. Im Jahr 1980 überschritt die Zahl der Studenten die Millionengrenze.104 Die Bewerberzahlen gingen erst in der zweiten Hälfte der 80er Jahre zurück, wenn dies auch nicht bedeutete, dass jeder Bewerber sofort einen Studienplatz erhielt.105 Mitte der 90er Jahre sanken die Bewerberzahlen in den medizinischen und naturwissenschaftlichen Fächern weiter, dafür stiegen sie etwa in den Fächer Architektur und Psychologie an.106 Trotz zentraler Vergabe der Studienplätze wurden im Wintersemester 1995/96 alle Bewerber HbWissR, S. 673 (679). 291, Rn. 43 auch mit Zahlen zu anderen Fächern. 98  Hier kamen auf 2.858 Zulassungen 21.328 Ablehnungen, Becker/Kuni, DVBl. 1976, 863 (863, Fn. 3). 99  Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (590). 100  BayVGH, BayVBl. 1975, 555 (555, 557). Kritisch zur Berufung des BayVGH auf seit dem BVerfGE 37, 104 geänderte Umstände: Menger, VerwArch 67 (1976), 419 (425). 101  Bode/Weber, HbWissR, S. 673 (681). 102  BGBl. 1976, Teil I, S. 185. Zur Verschärfung als Grund für den Erlass des HRG: BVerfGE 43, 291, Rn. 45. 103  Bode/Weber, HbWissR, S. 673 (681). 104  Bode/Weber, HbWissR, S. 673 (678). 105  Becker, NVwZ 1987, 653 (653 f.) zur Situation im Fach Humanmedizin; Becker, NVwZ 1989, 315 (315) zu verschiedenen Studiengängen, eine Ausnahme bildete lediglich das Fach Betriebswirtschaftslehre. 106  Brehm/Zimmerling/Becker, NVwZ 1996, 1173 (1173). Im Wintersemester 1993/94 wurde sogar das Fach Rechtswissenschaften in die zentrale Vergabe der Studienplätze einbezogen, wenn auch alle Bewerber durch erhebliche Überbuchungen zugelassen wurden, Becker/Brehm, NVwZ 1994, 750 (751). 96  Bode/Weber,

97  BVerfGE 43,



III. Die Geschichte der Hochschulzulassung29

in den Fächern Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Forstwissenschaft, Lebensmittelchemie, Biologie und Pharmazie zugelassen.107 Im Wintersemester 2005/06 wurden hingegen nur noch Studienplätze in den Fächern Human-, Tier-, Zahnmedizin und Pharmazie, Biologie und Psychologie zentral ver­ geben.108 War die Zahl der zentral verteilten Studienfächer auch zurückgegangen, so herrschte insbesondere im Fach Medizin weiterhin ein ungebrochener Andrang. Die bundesweit zulassungsbeschränkten Studienfächer wurden ab dem 1. Mai 2010 durch die Stiftung für Hochschulzulassung vergeben, welche die ZVS ersetzte.109 Im Wintersemester 2010/11 bestand ein Verhältnis von Bewerbern zu Studienplätzen von 4,7:1110, die Wartezeit betrug in den Wintersemestern 2010/11 und 2012/13 jeweils 12 Semester.111 Sie hatte sich damit seit den frühen 2000er Jahren verdoppelt.112 Im Wintersemester 2017/18 kamen weiterhin etwa fünf Bewerber auf einen Medizinstudienplatz.113 In der Abiturbestenquote war – abhängig von der Landesquote – ein Abiturdurchschnitt von 1,0 bis 1,1 erforderlich, um einen Studienplatz zu erhalten.114 Die Wartezeit betrug 14 Semester, wobei zusätzlich ein Abiturdurchschnitt von 2,6 nötig war um einen Studienplatz zu erhalten, da in der Wartezeitquote nicht genügend Studienplätze für all diejenigen vorhanden waren, die bereits 14 Semester gewartet hatten.115 Die Zahl der erforderlichen Wartesemester bewegte sich im Fach Medizin wieder in einer Größenordnung, die das Bundesverfassungsgericht in seinem zweiten grundlegenden Urteil zum Numerus clausus für nicht akzeptabel gehalten hatte.116 In dieser Situation erging das dritte Grundsatzurteil und bislang letzte Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Numerus clausus.117 Es betraf abermals das Fach Humanmedizin und legte inhaltlich einen starken Fokus auf NVwZ 1996, 1173 (1173). DÖV2006, 816 (816). 109  Art. 1 ff., 17 StaatsV 2008. Zum Datum des 1.5.2010: Naumann zu Grünberg, RdJB 2011, 370 (375). 110  Naumann zu Grünberg, RdJB 2011, 370 (375). 111  Zum WS 2010/11: Naumann zu Grünberg, RdJB 2011, 370 (375), zum WS 2012/13: Müller, NVwZ 2013, 35 (35). Dabei war im WS 2012/13 zusätzlich ein Abiturdurchschnitt von 2,5 nötig, um einen Studienplatz zu erhalten, ebd. 112  Müller, NVwZ 2013, 35 (35). 113  Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (160). 114  Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (167 f.), mit dem Hinweis darauf, dass das BVerfG eine Spanne von 1,0 bis 1,2 nannte. 115  Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (168). 116  BVerfGE 43, 291, Rn. 72, damals erforderte die Zulassung über die Wartezeitquote eine Wartezeit von bis zu sechs bzw. sieben Jahren. 117  BVerfGE 147, 253. 107  Brehm/Zimmerling/Becker, 108  Selbmann/Kiebs,

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B. Die Hochschulzulassung: Begriffe und Geschichte

die gleichheitsgerechte Verteilung der Studienplätze.118 Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Auswahl grundsätzlich nach der Eignung zu geschehen habe.119 Dabei dürfe aber nicht ausschließlich nach der Abiturdurchschnittsnote ausgewählt werden.120 Vielmehr seien neben dieser auch schulnotenunabhängige Kriterien heranzuziehen.121 Soweit nach der Abiturdurchschnittsnote ausgewählt werde, sei – auch im Auswahlverfahren durch die Hochschulen – zu berücksichtigen, dass diese nicht vergleichbar seien.122 Außerdem entschied das Bundesverfassungsgericht, dass eine Auswahl nach der Wartezeit der Bewerber verfassungsrechtlich nicht (mehr) geboten123, die praktizierte Vorauswahl der Bewerber nach der Ortspräferenz grundsätzlich unzulässig124, und das Auswahlverfahren transparent zu gestalten sei125. Mit der Aussage, dass ein Kriterienfindungsrecht der Hochschulen wegen Verstoßes gegen den Vorbehalt des Gesetzes unzulässig sei, weil der Gesetzgeber die Auswahlkriterien selbst festzulegen habe126, schloss es inhaltlich den Kreis zu seinem ersten Numerus-clausus-Urteil.127 Es erklärte die überprüften Regelungen mit der Verfassung für unvereinbar und setzte den Gesetz­ gebern eine Frist bis zum 31. Dezember 2019, um die Rechtslage neu zu regeln.128 In Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen an die Hochschulzulassung verabschiedeten die Länder den Staatsvertrag über die Hochschulzulassung 2019. Nach diesem richtet sich die Auswahl der Bewerber seit dem Sommersemester 2020.129

118  S. etwa BVerfGE 147, 253, Rn. 103. Auch spricht das BVerfG explizit von einem Recht auf „gleiche Teilhabe“, BVerfGE 147, 253, Rn. 101. Diese Einschätzung teilend: Lindner, OdW 2018, 275 (277). 119  BVerfGE 147, 253, Rn. 108. 120  BVerfGE 147, 253, Rn. 111 ff., 127 ff. 121  BVerfGE 147, 253, Rn. 209. 122  BVerfGE 147, 253, Rn. 173 ff. 123  BVerfGE 147, 253, Rn. 216. 124  BVerfGE 147, 253, Rn. 134. 125  BVerfGE 147, 253, Rn. 114. 126  BVerfGE 147, 253, Rn. 144. 127  BVerfGE 33, 303, Rn. 85. 128  S. den Tenor von BVerfGE 147, 253. 129  Art. 19 Abs. 1 S. 2 StaatsV 2019.

C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Wie der geschichtliche Abriss gezeigt hat, beschäftigt der Numerus clausus bestimmter Fachrichtungen das Bundesverfassungsgericht bereits seit rund 50 Jahren. Am 19. Dezember 2017 verkündete es sein bisher letztes Urteil hierzu.130 Dabei blieb die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung seit ihrem ersten Urteil aus dem Jahr 1972131 in weiten Teilen erstaunlich kon­ stant. Die Entscheidungen bezogen sich zwar jeweils auf bestimmte Studiengänge – überwiegend das Medizinstudium132 – doch sind sie auch auf andere Massenstudiengänge übertragbar, zumindest soweit dort ein absoluter Numerus clausus vorliegt.133 Da das Bundesverfassungsgericht jedoch bislang fast ausschließlich Fälle des absoluten Numerus clausus zu entscheiden hatte134, betrifft die folgende Darstellung nur diesen Fall.

I. Kernpunkte der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung Die Beschränkung der Hochschulzulassung berührt verschiedene verfassungsrechtliche Aspekte. Dazu gehört zum einen die Frage nach einem Anspruch auf Zulassung sowie dessen Inhalt. Zum anderen bedarf es der Klärung, ob und inwieweit der Staat der Pflicht unterliegt, eine bestimmte Anzahl an Studienkapazitäten vorzuhalten und gegebenenfalls weitere zu schaffen. Schließlich ist auch eine sachgerechte Auswahl unter verschiedenen Bewerbern vorzunehmen.

130  BVerfGE 147,

253. 303. 132  Das Medizinstudium betrafen: BVerfGE 33, 303; 37, 104; 39, 258; 39, 276; 40, 352; 43, 34; 43, 47; 43, 291; 54, 173; 59, 1; 62, 117; 147, 253; sowie BVerfG 1 BvR 356/04; 1 BvL 13/12. Daneben war vereinzelt auch die Zulassung zum Pharmazie(BVerfGE 43, 47), Psychologie- (BVerfGE 43, 47; 45, 393), Zahn- (BVerfGE 43, 47; 59, 1; 85, 36; sowie BVerfG 1 BvR 413/85) und Tiermedizinstudium (BVerfGE 43, 47; 59, 1; 62, 117; 66, 155; sowie BVerfG 1 BvR 709/97) betroffen. 133  Zur Übertragbarkeit von BVerfGE 147, 253 auf andere Fächer Fehling, RdJB 2018, 100 (110); v. Coelln, NJW 2018, 361 (380); Bode, OdW 2018, 173 (187); Klafki, JZ 2018, 541 (546). 134  Die Entscheidungen BVerfG 1 BvR 2298/04 (Rechtswissenschaften) und BVerfG 1 BvL 27/97 (Medizin) betrafen die Schließung von Fakultäten. 131  BVerfGE 33,

32

C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Werden diese Aspekte den mit ihnen korrespondierenden Grundrechts­ dimensionen der Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG zugeordnet135, so betrifft der erste Aspekt die teilhaberechtliche Dimension des Grundrechts auf Zulassung zum Hochschulstudium. Hierbei geht es darum, inwieweit ein solches (derivatives136) Teilhaberecht, das auf das Vorhandene (d. h. insbesondere die vorhandenen Studienkapazitäten) beschränkt ist137, den Zugang und insbesondere die Zulassung zu staatlichen Hochschulen verbürgt. Der zweite Aspekt dreht sich zum einen um das Leistungsrecht als (originäres) Teilhaberecht138, also einen grundrechtlichen Anspruch auf staatliches Handeln139, der regelmäßig auf die Gewährung von Leistungen gerichtet ist140. Die Existenz eines solchen Leistungsrechts könnte sich im Kontext der Hochschulzulassung dahingehend auswirken, dass über die bestehenden Studienkapazitäten hinaus womöglich weitere zu schaffen wären. Insoweit setzt das Leistungsrecht dort an, wo das Teilhaberecht endet.141 Zum anderen 135  Auf die Rechtsprechung zum Vertrauensschutz bei Änderung der Zulassungsregelungen (etwa BVerfGE 43, 291, Rn. 216 ff.; 59, 1, Rn. 55 ff.) wird dabei nicht gesondert eingegangen, da es dabei nicht um zulassungsspezifische Aspekte, sondern um das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot geht. S. zum Problem der Rückwirkung aber unten D. I. 4. a) bb) (6) (c) (aa) (χ), S. 108 ff. und D. II. 4. a) aa) (3), S. 201 ff. 136  Auch derivatives Leistungsrecht genannt, s. Müller-Franken, in: SchmidtBleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 18; Rixen, DVBl. 2018, 906 (911). 137  Für das Recht auf Hochschulzulassung: BVerfGE 147, 253, Rn. 105 f.; Barbey, JZ 1971, 473 (482); Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 140; Ennuschat, RdJB 2005, 193 (197 f.); Maunz, Der Bildungsanspruch in verfassungsrechtlicher Hinsicht, FS Küchenhoff, S. 605 (606); Hufen, StR II, § 5, Rn. 10; Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (163). Allgemein: Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (25); Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 78 f.; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 18; Stern, StR III/1, S. 700; Jarass, in: HbGR II, § 38, Rn. 25; Kloepfer, VerfR II, § 48, Rn. 27; Hufen, StR II, § 5, Rn. 10. Kritisch zur Differenzierung zwischen „originären und derivativen Leistungsrecht“, Rixen, DVBl. 2018, 906 (911). 138  Auch originäres Leistungsrecht genannt, s. Rüfner, HbGR II, § 40, Rn. 1; Rixen, DVBl. 2018, 906 (911). 139  Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 18; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 46; Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 187; Stern, StR III/1, S. 706; Jarass, AöR 120 (1995), 345 (350). 140  Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 46 f.; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 18; Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 23; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1, Rn. 187; Jarass, HbGR II, § 38, Rn. 26; Rüfner, HbGR II, § 40, Rn. 1; Kloepfer, VerfR II, § 48, Rn. 22; Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (25 ff.). 141  Vgl. v. Mutius, VerwArch 64 (1973), 183 (188 f.); Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 179; Jarass, HbGR II, § 38, Rn. 26. Kritisch zur Differenzierung zwischen „originärem und derivativem Leistungsrecht“, Rixen, DVBl. 2018, 906 (911).



I. Kernpunkte der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung 33

könnte – gerade bei Ablehnung eines Leistungsrechts – auch eine objektivrechtliche Pflicht den Staat zwingen, weitere Studienkapazitäten zu schaffen. Der dritte Aspekt, derjenige der Bewerberauswahl, hat vor allem gleichheitsrechtliche Fragestellungen im Blick. 1. Das Teilhaberecht Die Rechtsprechung zum Recht auf Hochschulzulassung, bei welchem es sich um ein Teilhaberecht handelt, befasst sich mit zwei Aspekten. Zunächst geht es allgemein um die Frage nach der Existenz eines solchen Teilhaberechts. Dessen Inhalt ist auf das sogenannte „Vorhandene“ beschränkt.142 Dieses „Vorhandene“ stellt eine normative Größe dar143 und wird durch das Kapazitätsrecht144 ermittelt. Die Anforderungen an die Kapazitätsbestimmung stellen den zweiten Aspekt der Rechtsprechung zum Teilhaberecht dar. a) Der grundrechtliche Anspruch auf Hochschulzulassung 1972 urteilte das Bundesverfassungsgericht im ersten Numerus-claususUrteil, dass es einen Anspruch auf Hochschulzulassung gebe.145 Es betonte den engen Zusammenhang zwischen Ausbildungs- und Berufsfreiheit146 und ging davon aus, dass das Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte bei Aufnahme ins Grundgesetz im Jahre 1949 als Abwehrrecht gedacht war147, dabei aber gleichwohl auf einen freien Zugang zu Ausbildungseinrichtungen ziele.148 Wenn der Staat Ausbildungseinrichtungen geschaffen habe, insbesondere wenn er „– wie im Bereich des Hochschulwesens – [über] ein faktisches, nicht beliebig aufgebbares Monopol“149 verfüge, folge ein Anspruch auf „Zutritt zu diesen Einrichtungen“150 aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip.151 Dies entspricht inzwischen

142  S. o.

Fn.  137.

143  BVerfGE 33,

303, Rn. 67, 75. BVerfG spricht insoweit auch vom „Kapazitätsermittlungsrecht“, BVerfGE 54, 173, Rn. 47. 145  BVerfGE 33, 303, Rn. 60. Zum Recht auf Zugang: BVerfGE 134, 1, Rn. 37. 146  BVerfGE 33, 303, Rn. 58. Ebenso BVerfGE 147, 253, Rn. 104. 147  BVerfGE 33, 303, Rn. 57. Dazu näheres unten D. I. 4. a) bb) (1) (b), S. 71 ff. 148  BVerfGE 33, 303, Rn. 59. 149  BVerfGE 33, 303, Rn. 60. 150  BVerfGE 33, 303, Rn. 60. 151  BVerfGE 33, 303, Rn. 60. 144  Das

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C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

ständiger Rechtsprechung152, wobei als Anspruchsgrundlage teils auch nur Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG ohne Erwähnung des Sozialstaatsprinzips herangezogen wird153. Nach dem Bundesverfassungsgericht steht dieses Recht auf Hochschulzulassung jedem zu, der die „subjektiven Zulassungsvoraussetzungen“154 erfüllt.155 Der Anspruchsgegner ist nach Ansicht des Gerichts nicht unmittelbar der Verfassung zu entnehmen, sondern ist vom Gesetzgeber zu bestimmen156, wobei die zu gewährleistende effektive Rechtsdurchsetzung eine hinreichend deutliche Festlegung der zuständigen Stelle erfordere.157 Dieses Recht auf Zulassung beziehe sich einerseits auf den gewünschten Studiengang158, so lange ein berufsqualifizierender Abschluss möglich sei159, und schütze die Zulassung zum ersten160 wie auch zu höheren Semestern (sog. Quereinstieg)161. Auch werde es nicht durch ein Erststudium verbraucht162, 152  BVerfGE 147,

253, Rn. 103, 106 m. w. N. 173, Rn. 40; 59, 1, Rn. 64; 59, 172, Rn. 65; 147, 253, Rn. 103, 106; dagegen noch i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip: BVerfGE 37, 104, Rn. 25; 39, 258, Rn. 27; 39, 276, Rn. 58 (anders wohl in Rn. 69); 43, 291, Rn. 67; 45, 393, Rn. 15; 85, 36, Rn. 65; 134, 1, Rn. 36 f.; wie auch BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 42; 1 BvR 709/97 Rn. 21. Teilweise wird der Verzicht auf das Sozialstaatsprinzip als anspruchsbegründende Komponente im Urteil BVerfGE 147, 253 als Änderung der Rechtsprechung gewertet: z. B. Wiemers, NVwZ 2018, 252 (252 f.); Fehling, RdJB 2018, 100 (103); Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (162). Eine solche Änderung wäre zwar zu begrüßen, lässt sich aber nicht mit Sicherheit aus dem neuesten Urteil zum Numerus clausus herleiten, da das BVerfG in der Vergangenheit das So­ zialstaatsprinzip in diesem Zusammenhang mal wegließ und dann wieder mitzitierte (s. die Fundstellen oben). 154  BVerfGE 33, 303, Rn. 60. 155  St. Rspr. BVerfGE 33, 303, Rn. 60; 43, 291, Rn. 67; 85, 36, Rn. 65; 147, 253, Rn. 103, 106; BVerfG 1 BvR 709/97, Rn. 21. 156  BVerfGE 39, 276, Rn. 62. 157  BVerfGE 39, 276, Rn. 62. Zu weiteren Anforderungen s. BVerfGE 39, 276, Rn. 63 ff. Zur prozessualen Situation im Fall der Studienplatzklagen Anfang der 70er Jahre: Barbey, JZ 1971, 473 (479 ff.). 158  BVerfGE 33, 303, Rn. 60; 147, 253, Rn. 103, 106 m. w. N. 159  BVerfGE 59, 172, Rn. 65, 71 f. Dies wird relevant, wenn die Teilzulassung zu einem Studium begehrt wird. Das Risiko, nicht weiterstudieren zu können, sei unschädlich (BVerfGE 59, 172, Rn. 72), sei ein berufsqualifizierender Abschluss ­ ­jedoch sicher ausgeschlossen, greife lediglich Art. 2 Abs. 1 GG, BVerfGE 59, 172, Rn. 65. 160  St. Rspr. BVerfGE 33, 303, Rn. 60; zuletzt BVerfGE 147, 253, Rn. 102, jedoch i. d. R. nicht ausdrücklich angesprochen. Die Entscheidungen beschäftigen sich aber zumeist mit der Zulassung zum ersten Studiensemester. 161  BVerfGE 43, 34, Rn. 22. 162  BVerfGE 45, 393, Rn. 15; 62, 117, Rn. 63. 153  BVerfGE 54,



I. Kernpunkte der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung 35

sondern umfasse auch ein Parallelstudium163, ein Zweitstudium164 und einen Studienwechsel165. Andererseits sei auch die Wahl des Studienorts geschützt.166 Konsequenterweise erachtet das Gericht die Beschränkung der Zahl der Ortswünsche ohne ausreichenden Grund für unzulässig.167 Der Anspruch auf Zulassung schlägt sich zudem im Prozessrecht nieder. So gebietet der effektive Rechtsschutz eine reelle Chance auf zeitnahe Zulassung zu bisher ungenutzten Studienplätzen bereits im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren.168 Die Grenze des Anspruchs sieht das Bundesverfassungsgericht bei der Erschöpfung der Kapazitäten als erreicht an.169 Dann gebe es keinen Anspruch auf Zulassung mehr.170 Vorhandene Studienplätze dürften aber nicht ungenutzt bleiben (sog. Kapazitätserschöpfungsgebot).171 Ungenutzte Stu­ dienplätze seien daher einklagbar.172 Dabei schade es nicht, dass die Kläger im Vergleich zu anderen Bewerbern eine ungünstige Rangziffer hätten, da die Rangziffer den Anspruch nicht konstituiere, sondern nur das Verhältnis von Konkurrenten betreffe.173 Das Teilhaberecht bestehe daher unabhängig von der Rangziffer des Klägers.174 Beschränkbar sei der Zulassungsanspruch nur durch oder auf Grund eines Gesetzes.175 Zulassungsbeschränkungen dürften aber nur angeordnet werden 163  BVerfGE 45,

393, Rn. 15. 291, Rn. 165. 165  BVerfGE 62, 117, Rn. 63 m. w. N. 166  BVerfGE 33, 303, Rn. 71; 39, 276, Rn. 58; 85, 36, Rn. 65; 134, 1, Rn. 37; 147, 253, 137; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 42. 167  BVerfGE 147, 253, Rn. 122, 127, 138 zur Abiturbestenquote. S. dazu auch Fn. 181. 168  BVerfG 1 BvR 356/04 Rn. 22 f. 169  BVerfGE 39, 276, Rn. 58; 147, 253, Rn. 105 f. 170  Vgl. BVerfGE 43, 291, Rn. 69; 59, 1, Rn. 57; 147, 253, Rn. 106. 171  St. Rspr. BVerfGE 33, 303, Rn. 70; 39, 258, Rn. 38; 39, 276, Rn. 58; 43, 34, Rn. 22; 43, 291, Rn. 67; 54, 173, Rn. 40; 59, 172, Rn. 57; 66, 155, Rn. 59; 85, 36, Rn. 65. Dies ist auch bei Quereinsteigern, die die Zulassung in höhere Semester begehren, von Bedeutung: Gebe es dort freie Plätze, hätten sie einen Anspruch auf Zulassung, soweit die Universität nicht darlege, dass ihre Funktionsfähigkeit eine dortige Unterbelegung erfordere, BVerfGE 43, 34, Rn. 23, 25. 172  BVerfGE 39, 276, Rn. 58; für Quereinsteiger BVerfGE 43, 34, Rn. 22. 173  BVerfGE 39, 258, Rn. 38. 174  BVerfGE 39, 258, Rn. 38; 39, 276, Rn. 58 f.; für Quereinsteiger BVerfGE 43, 34, Rn. 22. 175  Für eine Herleitung aus Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG: BVerfGE 85, 36, Rn. 66; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 43. Unklar ist, ob bereits BVerfGE 33, 303, Rn. 66 alternativ zu einer Herleitung aus Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG für den Fall des derivativen 164  BVerfGE 43,

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C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts und in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten.176 Hier hat das Bundesverfassungsgericht lange seine Dreistufentheorie den Zulassungsbeschränkungen zu Grunde gelegt177, wobei es einen absoluten Numerus clausus als Fall einer objektiven Zulassungsbeschränkung178 ansah.179 Die Rechtfertigungsanforderungen an die Beschränkung eines Zweit- oder Parallelstudiums seien allerdings geringer.180 Gleiches muss für die Beschränkung der Ortswahl gelten. Denn nach dem Bundesverfassungsgericht können beim Auswahlverfahren durch die Hochschulen praktische Erfordernisse der Verfahrensgestaltung eine Beschränkung der Ortswünsche rechtfertigen.181 b) Die Kapazitätsbestimmung Da der Zulassungsanspruch von den vorhandenen Studienkapazitäten abhängt182, ist die Art ihrer Ermittlung für die Verwirklichung des Grundrechts von wesentlicher Bedeutung. Laut Bundesverfassungsgericht stellen diese Kapazitäten keine feste Größe dar, sondern sind „weitgehend normativ bestimmt und von Wertungen abhängig“183. Weil diese Wertungen vom KapaTeilhaberechts den Vorbehalt des Möglichen in Erwägung zieht. BVerfGE 43, 291, Rn. 67 erwähnt in diesem Zusammenhang lediglich den Vorbehalt des Möglichen. 176  BVerfGE 33, 303, Rn. 70, 74; 39, 258, Rn. 27; 40, 352, Rn. 3; 43, 291, Rn. 67, 83; 54, 173, Rn. 40; 66, 155 Rn. 59; 85, 36, Rn. 65; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 42, 49; 1 BvR 356/04 Rn. 21. 177  BVerfGE 33, 303, Rn. 68; 59, 172, Rn. 74. In BVerfGE 147, 253 wurde die Dreistufentheorie jedoch nicht herangezogen. 178  Dabei handelt es sich um das teilhaberechtliche Äquivalent einer objektiven Berufswahlregelung. 179  BVerfGE 33, 303, Rn. 68. Das Diktum damals war, dass objektive Zulassungsbeschränkungen sich „am Rande des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren“ bewegten, wenn die Zahl der abgewiesenen Bewerber „weit mehr als die Hälfte der Bewerber“ betrage, BVerfGE 33, 303, Rn. 62; ebenso BVerfGE 39, 258, Rn. 37. Auch müssten absolute Zulassungsbeschränkungen den Wesensgehalt des Art. 12 Abs. 1 GG wahren, BVerfGE 33, 303, Rn. 97. In neueren Entscheidungen fehlen jedoch diesbezügliche Hinweise. 180  Zum Zweitstudium BVerfGE 43, 291, Rn. 165 ff.; 45, 393, Rn. 16; 62, 117, Rn. 81; zum Parallelstudium BVerfGE 45, 393, Rn. 16. 181  BVerfGE 147, 253, Rn. 158 ff. Auch belege der Ortswunsch ein gesteigertes Interesse an der Hochschule und damit die Wahrscheinlichkeit der Annahme des Studienplatzes, BVerfGE 147, 253, Rn. 163. 182  S. o. Fn.  137. 183  BVerfGE 85, 36, Rn. 66; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 43. So in der Sache bereits BVerfGE 33, 303, Rn. 75. Ebenso zur Festlegung der die Kapazitätsermittlung beeinflussenden Lehrverpflichtungen, BVerfGE 54, 173, Rn. 51.



I. Kernpunkte der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung 37

zitätsrecht, insbesondere den Kapazitätsverordnungen, getroffen werden, musste sich das Bundesverfassungsgericht auch hiermit auseinandersetzen. Es stellte fest, dass die „Art und Weise der Kapazitätsermittlung […] zum Kern des Zulassungswesens [gehören]“.184 Daher habe der Gesetzgeber für ein praktikables Kapazitätsrecht zu sorgen.185 Die „Festlegung objektiver, nachvollziehbarer Kriterien für die Kapazitätsermittlung an sich [fällt dabei] in [seinen] Verantwortungsbereich“186. Die Kapazitätsermittlung müsse wegen Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG durch oder auf Grund eines Gesetzes geschehen.187 In diesen Grenzen ist die Delegation der Regelungen zur Kapazitätsermittlung also zulässig.188 Inhaltlich habe der Normgeber einen „nicht unerheblichen Gestaltungs­ freiraum“189, müsse jedoch eine rationale Abwägung vornehmen.190 Dies erfordere die Abwägung der Interessen der Bewerber, des Lehrpersonals und der bereits zugelassenen Studenten.191 Insoweit sei der Normgeber auch hier keinesfalls frei, sondern vielmehr an die Grundrechte – insbesondere an das Kapazitätserschöpfungsgebot192 – gebunden.193 Überschritten sei der Gestaltungsspielraum des Normgebers jedoch etwa bei Irrtümern und offensicht­ lichen Einseitigkeiten.194 Auch habe er vom aktuellen Erkenntnis- und Erfah-

184  BVerfGE 33, 303, Rn. 76; inzwischen st. Rspr.: BVerfGE 39, 258, Rn. 27; 85, 36, Rn. 66; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 43. 185  BVerfGE 85, 36, Rn. 69. 186  BVerfGE 33, 303, Rn. 76. Dies wurde aber dadurch relativiert, dass anerkannt wurde, dass der Gesetzgeber zu einer derartigen Regelung noch nicht in der Lage war. Die Regelung mittels ausfüllungsbedürftiger Normbegriffe sei daher zulässig, aber eher tragbar, wenn sie gerichtlich überprüfbar seien. 187  BVerfGE 85, 36, Rn. 66; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 43. Für Lehrverpflichtungen anders BVerfGE 54, 173, Rn. 42 ff.; 85, 36, Rn. 69; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 46, soweit dem Kapazitätserschöpfungsgebot auf andere Weise Geltung verschafft werde. Zum Stellenprinzip als Grundlage der Kapazitätsberechnung, s. BVerfGE 54, 173, Rn. 45 ff. Für den Fall der Unterbesetzung der vorhandenen Stellen BVerfGE 54, 173, Rn. 57. 188  BVerfGE 85, 36, Rn. 66; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 43 reden in diesem Zusammenhang von der Regelung durch die Wissenschaftsverwaltung, was eine Delegationsbefugnis voraussetzt. 189  BVerfGE 85, 36, Rn. 73; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 50. 190  BVerfGE 85, 36, Rn. 73 ff.; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 50 ff. 191  BVerfGE 85, 36, Rn. 73; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 50; zur Abwägung zwischen Art. 5 Abs. 3 GG der Lehrenden und Art. 12 Abs. 1 GG der Bewerber auch BVerfGE 54, 173, Rn. 43. 192  BVerfGE 85, 36, Rn. 72; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 49. 193  BVerfGE 85, 36, Rn. 66; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 43. 194  BVerfGE 85, 36, Rn. 96.

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C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

rungsstand auszugehen.195 Zwecks verwaltungsgerichtlicher Überprüfung habe der Normgeber seine Annahmen und Wertungen offenzulegen.196 Die Kapazitätsberechnung müsse zudem nach objektivierten und nachprüfbaren Kriterien erfolgen197 und habe des Weiteren folgerichtig, d. h. in sich kohärent, zu geschehen.198 Kapazitätsminderungen seien auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken.199 Das (untergesetzliche) Kapazitätsrecht unterliege dabei der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle.200 Dabei genüge eine Plausibilitäts- oder Willkürkon­ trolle nicht.201 Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Kapazitäten notwendigerweise pauschalierende und abstrahierende Modelle darstellten202 und Einzelheiten nicht aus dem Gesamtzusammenhang gerissen werden dürften203. 2. Die Bereitstellung von Studienplätzen Die Abhängigkeit des Zulassungsanspruch von den vorhandenen Kapazitäten204 führte von Anfang an zur Frage, ob der Staat verpflichtet sei, eine bestimmte Anzahl an Studienplätzen bereitzustellen und in diesem Zusammenhang gegebenenfalls auch zusätzliche Studienplätze zu schaffen. Anfangs ließ das Bundesverfassungsgericht dies mit dem Verweis darauf offen, dass jedenfalls keine evidente Verletzung einer möglichen Pflicht zur Bereitstellung von Studienkapazitäten vorliege.205 Später stellte es fest, dass die Mängelverwaltung (in Form der Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern 195  BVerfGE 85, 36, Rn. 66, 73; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 43, 50. Entsprächen die Annahmen einem veralteten Erkenntnis- und Erfahrungsstand, sei dem Normgeber eine Anpassungsfrist zu gewähren, BVerfGE 85, 36, Rn. 96; BVerfG 1 BvR 413/ 85, Rn. 71. 196  BVerfGE 85, 36, Rn. 74 f.; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 51 f. Begründungslücken und Fehler könnten dabei eine Verletzung des Kapazitätserschöpfungsgebots nahelegen, BVerfGE 85, 36, Rn. 74 f.; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 51 f. 197  BVerfGE 33, 303, Rn. 76; 85, 36, Rn. 66; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 43. 198  Zur Kapazitätsverringerung wegen zusätzlicher Belastungen durch Krankenversorgung: BVerfGE 85, 36, Rn. 70; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 47. 199  BVerfGE 85, 36, Rn. 73; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 50. 200  BVerfGE 85, 36, Rn. 78 ff.; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 55 f. Ähnlich zur Festlegung der Lehrverpflichtungen, die die Kapazitätsberechnung beeinflussen, BVerfGE 54, 173, Rn. 51. 201  BVerfGE 85, 36, Rn. 78 ff.; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 55 f. 202  BVerfGE 85, 36, Rn. 96. 203  BVerfGE 85, 36, Rn. 95 f.; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 70 f. 204  S. o. Fn.  137. 205  BVerfGE 33, 303, Rn. 62.



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wegen mangelnder Studienkapazitäten) im Rahmen des Möglichen abzubauen oder wenigstens zu mildern sei.206 In seinem neuesten Urteil hat es einen Anspruch auf Schaffung von Studienplätzen jedoch verneint.207 Wie viele Studienplätze zur Verfügung gestellt würden, obliege der Entscheidung des Gesetzgebers, der auch andere Gemeinwohlbelange zu berücksichtigen habe.208 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gibt es somit keinen Anspruch auf Bereitstellung von Studienkapazitäten. Mit der Ablehnung eines solchen Anspruchs ist jedoch noch nichts darüber gesagt, ob es einen objektiven Verfassungsauftrag zur Bereitstellung ausreichender Kapazitäten gibt, weshalb diese Frage weiterhin offen ist209. Beachtenswerter Weise erwähnte das Bundesverfassungsgericht aber, dass sich die Entscheidung über den Ausbau von Hochschulen auch an der Nachfrage zu orientieren habe, da in einer ausschließlichen Bedarfsorientierung eine unzulässige Berufslenkung und Bedürfnisprüfung liege.210 3. Das Auswahlverfahren Gibt es mehr Bewerber als Studienplätze, sind die Studienkapazitäten also erschöpft, muss ermittelt werden, welche Bewerber die verfügbaren Plätze erhalten sollen. Dies, von der älteren Rechtsprechung auch „Verwaltung des Mangels“211 genannt, erfordert eine Auswahl. Das Bundesverfassungsgericht behandelte bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit dieser Auswahl drei Aspekte: Welche inhaltlichen Anforderungen an die Auswahlentscheidung zu stellen sind, wie das Auswahlverfahren ausgestaltet sein muss und wer die die Auswahl bestimmenden Regelungen erlassen darf beziehungsweise muss.

206  BVerfGE 43,

291, Rn. 69; 66, 155, Rn. 57. 253, Rn. 105. 208  BVerfGE 147, 253, Rn. 105. Dies entschied auch schon BVerfGE 33, 303, Rn. 63, knüpfte es jedoch am „Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann“, als Grenze eines möglichen Leistungsrechts an. Vgl. auch BVerfGE 43, 291, Rn. 67, 69. 209  BVerfGE 33, 303, Rn. 62, das BVerfG erwog dort einen „objektiven sozialstaatlichen Auftrag“. Dafür wohl BVerfGE 66, 155, Rn. 57: „der Gesetzgeber [hat] im Rahmen des Möglichen für die Erfüllung des verfassungsmäßigen Zulassungsrechts der hochschulreifen Bewerber zu sorgen“. Diese Aussage könnte sich jedoch auch auf ein Leistungsrecht beziehen. 210  BVerfGE 33, 303, Rn. 63. 211  BVerfGE 43, 34, Rn. 22; 43, 291, Rn. 69. 207  BVerfGE 147,

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C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

a) Die Auswahlkriterien Die Entscheidung, ob ein Bewerber einen der knappen Plätze erhält, wird nach bestimmten Auswahlkriterien getroffen.212 Das Bundesverfassungsgericht verlangt dabei, dass diese gleichheitsgerecht ausgestaltet sind.213 Der Gleichheitssatz sei anwendbar, wenn ein Hoheitsträger Landeskinder anders behandle als Bewerber ohne diesen Hintergrund.214 Zwar dürfe ein Landesgesetzgeber eine Materie anders als in anderen Bundesländer regeln, weshalb der Gleichheitssatz nicht einschlägig sei, wenn unterschiedliche Hoheitsträger unterschiedliche Regelungen träfen.215 Greife ein Sachverhalt seiner Natur nach über die Ländergrenzen hinaus und berühre eine für alle Staatsbürger in allen Bundesländern gleichermaßen gewährleistete Rechts­ position, so könne eine einseitige Begünstigung der Einwohner eines Landes aber eine Ungleichbehandlung anderer Staatsbürger bewirken.216 Der Gesetzgeber habe bei der Kriterienwahl allerdings einen sehr weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum.217 Insbesondere könnten nebeneinander anwendbare Kriterien ihre jeweils nachteiligen Auswirkungen ausgleichen.218 Auch dürfe der Gesetzgeber die Vergabe nach verschiedenen Auswahlkriterien in verschiedenen Quoten vorsehen.219 Die Verfassungsmäßigkeit der Auswahlmaßstäbe sei in einer Gesamtbetrachtung zu beurteilen.220 Bei der Festegung der Auswahlmaßstäbe sei zu berücksichtigen, dass die Auswahl unter den Bewerbern als solche zwischen „prinzipiell Gleichberech­ tigten“221 stattfinde. Gleichzeitig liege aber zwischen denen, die einen Platz 212  Anderes gilt für die Vergabe eines Platzes im Gerichtsverfahren: Bliebe ein Platz bei Anwendung der Auswahlmaßstäbe ungenutzt, habe das Teilhaberecht Vorrang vor diesen, BVerfGE 43, 34, Rn. 22. Der Platz ist also zu besetzen. 213  BVerfGE 147, 253, Rn. 106. Vgl. bereits BVerfGE 33, 303, Rn. 71, 84; 37, 104, Rn. 25; 43, 34, Rn. 22; 43, 291, Rn. 67, 69; 62, 117, Rn. 65. 214  BVerfGE 134, 1, Rn. 61. 215  BVerfGE 33, 303, Rn. 96. 216  BVerfGE 33, 303, Rn. 96. 217  BVerfGE 147, 253, Rn. 187, 206; dies auf die hohe Komplexität der Materie zurückführend: BVerfGE 37, 104, Rn. 34 f.; 43, 291, Rn. 74. 218  BVerfGE 33, 303, Rn. 93. 219  BVerfGE 147, 253, Rn. 126. 220  BVerfGE 147, 253, Rn. 113. 221  BVerfGE 39, 258, Rn. 37. So bereits BVerfGE 33, 303, Rn. 83 f. Prinzipiell gleichberechtigt sind auch Fachhochschulabsolventen und Abiturienten, dies impliziert BVerfGE 62, 117, Rn. 88. Ein wesentlicher Unterschied bestehe aber zwischen denen, die gegen ihren Ablehnungsbescheid geklagt hätten und denen, die ihn rechtskräftig werden ließen, weshalb eine Ungleichbehandlung i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG zwischen diesen Gruppen ausgeschlossen sei, BVerfGE 39, 258, Rn. 39. Auch Quereinsteiger mit anrechenbaren Leistungen seien nur eingeschränkt wie Studienanfänger zu behan-



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erhielten und denen, die abgelehnt würden, eine „krasse Ungleichheit“222 vor, weil „ein Teil der Bewerber alles, der andere Teil […] nichts“223 erhalte. Deshalb müssten die Auswahlregelungen „jedem Zulassungsberechtigten eine Chance lassen“224, die allerdings das „Risiko des Fehlschlags“225 beinhalte. Als maßgebliches Auswahlkriterium für die Vergabe knapper Studienplätze sieht das Bundesverfassungsgericht nunmehr primär die Eignung an.226 Diese beziehe sich auf das Studienfach und die sich typischerweise anschließenden beruflichen Tätigkeiten.227 Lasse sich das hierfür konkret erforderliche Eignungsprofil nicht anders abbilden, seien differenzierte Kriterien zu bilden.228 Zwar schreibe das Grundgesetz dabei kein bestimmtes Eignungskriterium und auch keine bestimmte Kriterienkombination vor.229 Die Gesamtheit der Kriterien müsse aber eine hinreichende Vorhersagekraft über die Eignung des Bewerbers gewährleisten.230 Entschieden über die Zulassung jedoch nur Unterschiede der Abiturdurchschnittsnoten von Zehntelnoten, lasse dies nicht zuverlässig auf Eignungsunterschiede schließen.231 Dann seien zur Abiturdeln; sie seien zuzulassen, wenn die (in höheren Semestern) verfügbaren Plätze nicht mit rangbesseren oder ihnen vorgehenden ranggleichen Bewerbern besetzt werden, BVerfGE 43, 34, Rn. 23. Zu den Begründungsanforderungen der Universität zur Rechtfertigung einer Unterbelegung in höheren Semestern, s. BVerfGE 43, 34, Rn. 25. 222  BVerfGE 33, 303, Rn. 62; vgl. BVerfGE 43, 291, Rn. 68. 223  BVerfGE 33, 303, Rn. 62; vgl. BVerfGE 43, 291, Rn. 68. 224  BVerfGE 43, 291, Rn. 69; so bereits BVerfGE 33, 303, Rn. 71, 84; 37, 104, Rn. 25. Bewerbern um ein Zweitstudium müsse nicht sämtlich eine Zulassungschance eingeräumt werden, BVerfGE 62, 117, Rn. 65. Fachhochschulabsolventen müssten wiederum die gleiche Zulassungschance haben, wie jene, die sich um ein Zweitstudium bewerben, BVerfGE 62, 117, Rn. 89 ff. 225  BVerfGE 43, 291, Rn. 69; 59, 1, Rn. 57; 147, 253, Rn. 106. 226  BVerfGE 43, 291, Rn. 71; 147, 253, Rn. 108 f., 196. Zurückhaltender noch BVerfGE 33, 303, Rn. 92: eine Auswahl nach Eignung sei sachgerecht, wenn sie durch außerordentliche Leistungen zuverlässig nachgewiesen wurde. Kritisch sei insoweit die Anknüpfung an das Abitur. Ebenso BVerfGE 37, 104, Rn. 29. 227  BVerfGE 147, 253, Rn. 110 ff. Inwieweit ein Kriterium die Eignung vorhersage, sei eine Tatsachenfrage, BVerfGE 147, 253, Rn. 112. Zum Medizinstudium, BVerfGE 147, 253, Rn. 129 ff., zur Noteninflation Rn. 132. 228  BVerfGE 147, 253, Rn. 110 ff., 197 ff. Die alleinige Berücksichtigung der Abiturnote könne dazu führen, allein anhand von „kognitiv-intellektuelle[n] Fähigkeiten“ zu entscheiden und andere „gleichermaßen wichtige Fähigkeiten zu übergehen“, BVerfGE 147, 253, Rn. 203. Kontingente für verschiedene Eignungskriterien seien zulässig, BVerfGE 147, 253, Rn. 112; für das Auswahlverfahren durch die Hochschule Rn. 209. 229  BVerfGE 147, 253, Rn. 113. 230  BVerfGE 147, 253, Rn. 113. 231  BVerfGE 147, 253, Rn. 202 f. So auch bereits BVerfGE 43, 291, Rn. 71 ff. mit Betonung des chancenausschließenden Charakters der Entscheidung bei überlanger Wartezeit.

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C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

durchschnittsnote noch weitere Kriterien heranzuziehen.232 Soweit die Abiturdurchschnittsnote als Kriterium zur Feststellung der Eignung benutzt werde, seien zudem föderale Unterschiede in der Notenvergabe auszugleichen.233 Ortswünsche dürfen daneben laut Bundesverfassungsgericht lediglich als Sekundärkriterium berücksichtigt werden.234 Die Angabe eines Ortswunsches darf also nicht darüber entscheiden, ob jemand das gewünschte Fach überhaupt studieren darf. Eine maßgebliche Verteilung der Studienkapazitäten nach Rangfolge der Ortswünsche überlagere den Maßstab der Eignung und verstoße damit gegen das Recht auf gleiche Teilhabe.235 Allerdings sei im Rahmen des Auswahlverfahrens durch die Hochschule eine Vorauswahl auf Grund der Ortspräferenz zulässig, wenn sie zur Vorbereitung eines indivi­ dualisierten Auswahlverfahrens dient, da so ein „komplexe[s] eignungsorien­ tierte[s] Verfahren“236 ermöglicht werde.237 Ursprünglich sah das Bundesverfassungsgericht die Ergänzung der Auswahl nach Eignung (sog. Leistungsprinzip238), die lange nur anhand der Abiturdurchschnittsnote erfolgte, durch die Auswahl nach Wartezeit (sog. ­

232  BVerfGE 147, 253, Rn. 205. Beim Auswahlverfahren durch die Hochschule müssten nicht-schulnotenbasierte Auswahlkriterien ausreichend berücksichtigt werden, BVerfGE 147, 253, Rn. 122, 158, 207. 233  BVerfGE 147, 253, Rn. 122, 133 zur Abiturbestenquote; zum Auswahlverfahren durch die Hochschulen: BVerfGE 147, 253, Rn. 158, 173 ff. Insoweit sei die Bildung von Länderquoten verfassungskonform, BVerfGE 43, 291, Rn. 121 f. Diese sei einer Bonus-Malus-Regelung (pauschale Zu- oder Abschläge auf die Note basierend auf dem Verhältnis der Durchschnittsnoten der Länder zum Gesamtdurchschnitt im ganzen Bundesgebiet, dazu BVerfGE 37, 104) vorzuziehen, BVerfGE 43, 291, Rn. 122. 234  BVerfGE 147, 253, Rn. 137. BVerfGE 33, 303, Rn. 71 besagte jedoch noch, dass der Ortswunsch bei der Auswahl möglichst zu berücksichtigen sei. 235  BVerfGE 147, 253, Rn. 134 ff. zur Abiturbestenquote; zum Auswahlverfahren durch die Hochschule: Rn. 122, 158, 164 ff. So könnten bestimmte Anforderungen (z. B. die Angabe als ersten Ortswunsch) bestimmte Bewerbungsmöglichkeiten von vornherein ausschließen (zwei Hochschulen verlangen die Angabe als ersten Ortswunsch), BVerfGE 147, 253, Rn. 168. Auch müsse die Ortsangabe auf „unsicherer Tatsachengrundlage“ getroffen werden, was den Erfolg der Bewerbung von „Zufälligkeiten wie dem […] kaum […] abschätzbaren Bewerbungsverhalten“ anderer Interessenten abhängig mache und chancenverringernd wirke, BVerfGE 147, 253, Rn. 168. 236  BVerfGE 147, 253, Rn. 170. 237  BVerfGE 147, 253, Rn. 169 f. Allerdings müsse eine solche Vorauswahl auf „ein[en] hinreichend begrenzte[n] Anteil der Studienplätze“ beschränkt sein, BVerfGE 147, 253, Rn. 171. 238  Barbey, JZ 1971, 473 (477); Bode, WissR 46 (2013), 348 (360).



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Jahrgangs- oder Anciennitätsprinzip239) als besonders wichtig an.240 Grund dafür war, dass die Auswahlkriterien insgesamt chancenoffen zu gestalten seien241 und jeder Zulassungsberechtigte über eine Zulassungschance verfügen müsse242 (sog. Chancenoffenheit). Da bei beschränkten Kapazitäten aber ein Teil der Bewerber abgelehnt werden müsse243, beinhalte diese Chance zwangsläufig das „Risiko des Fehlschlags“244. Die zusätzliche Auswahl nach Wartezeit führe vor diesem Hintergrund dazu, dass das Leistungsprinzip nicht chancenausschließend, sondern chancenerhöhend wirke.245 Dies setzte aber voraus, dass die „Anforderungen an Durchschnittsnoten und Wartezeit ein erträgliches Maß nicht [überschritten]“246. In seinem neuesten Urteil geht das Bundesverfassungsgericht hingegen davon aus, dass eine Auswahl nach Wartezeit (v. a. als Indiz für die Motivation eines Bewerbers247) zwar weiterhin zulässig, aber nicht verfassungsrechtlich geboten sei.248 In jedem Fall dürften nicht mehr als 20 Prozent der im Rahmen der Hauptquote zu verteilenden Plätze nach der Wartezeit vergeben werden.249 Außerdem müsse die Wartezeit angemessen begrenzt sein, um ihre Ergänzungsfunktion zu wahren, da überlange Wartezeiten nicht chancenausgleichend, sondern chancenausschließend wirkten.250 In diesem Zusammehang sah das Bundesverfassungs239  Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 126; Barbey, JZ 1971, 473 (477); Bode, WissR 46 (2013), 348 (360); Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (174). Nach Art. 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 des StaatsV 2016 (lediglich von zehn Bundesländern ratifiziert) sollte es nur noch auf Bewerbungssemester, nicht mehr auf die Zeit seit Erwerb der Hochschulreife ankommen. 240  BVerfGE 33, 303, Rn. 91 ff. Hintergrund war anscheinend aber auch, dass noch vergleichsweise wenige Studiengänge Zulassungsbeschränkungen unterlagen, vgl. BVerfGE 43, 291, Rn. 71. 241  BVerfGE 33, 303, Rn. 93; 147, 253, Rn. 106; BVerfG 1 BvL 13/12, Rn. 31. 242  BVerfGE 33, 303, Rn. 71, 84; 147, 253, Rn. 106, 114. 243  Vgl. BVerfGE 147, 253, Rn. 106, 218. 244  BVerfGE 43, 291, Rn. 69; 147, 253, Rn. 106. 245  BVerfGE 33, 303, Rn. 93. Eine Parkstudiumsklausel (nach welcher Zeiten in einem anderen Studiengang nicht auf die Wartezeit angerechnet werden) schütze Erstbewerber und verletze daher keine Grundrechte der Studienanfänger, BVerfGE 43, 291, Rn. 219. 246  BVerfGE 43, 291, Rn. 71. Das BVerfG sah diese Voraussetzungen bereits im Jahre 1977 als nicht mehr gegeben an und verpflichtete den Gesetzgeber, das Auswahlverfahren zu ändern, BVerfGE 43, 291, Rn. 72 ff. Zur Notenentwicklung zwischen 1973 und 1977, s. BVerfGE 43, 291, Rn. 44. Zur Entwicklung der Wartezeit beim Fach Medizin: BVerfGE 147, 253, Rn. 42. 247  BVerfGE 147, 253, Rn. 219. 248  BVerfGE 147, 253, Rn. 216 ff. 249  BVerfGE 147, 253, Rn. 221. 250  BVerfGE 147, 253, Rn. 223 ff.

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C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

gericht eine „reine Wartezeit von vier Jahren und mehr [als] dysfunktional“251 an. Neben der Eignung müssten aber auch andere Gemeinwohlbelange sowie das Sozialstaatsprinzip berücksichtigt werden.252 Daher seien Vorabquoten „zur Verfolgung gewichtiger öffentlicher Interessen und aus sozialstaatlichen Erwägungen […] mit den Gleichheitsanforderungen bei der Studienplatzvergabe grundsätzlich vereinbar“.253 Kritisch äußerte sich das Bundesverfassungsgericht zur Bevorzugung von Landeskindern. Zumindest im Fall des absoluten Numerus clausus lasse eine solche das Recht der freien Wahl der Ausbildungsstätte leerlaufen und sei daher verfassungswidrig.254 Zulässig sei allerdings eine Regelung, die unbemittelten Studenten ermögliche, an heimatnahen Universitäten zu studieren.255 b) Das Verfahren Konkrete Anforderungen an das Verfahren der Auswahl stellt das Bundesverfassungsgericht nur wenige auf. Allgemein sei eine „angemessene Verfahrensgestaltung“256 erforderlich, da das Verfahren Einfluss auf das Ergebnis haben könne.257 251  BVerfGE 147,

253, Rn. 225. 253, Rn. 103, 108. Vgl. auch BVerfGE 33, 303, Rn. 87. 253  BVerfGE 147, 253, Rn. 125. Etwas ausgleichend wirke, dass Bewerber nur entweder den Vorab- oder den Hauptquoten unterfielen, BVerfGE 147, 253, Rn. 125. Ausdrücklich sagt das BVerfG in diesem Zusammenhang nicht, ob sich diese 20 % auf eine Hauptquote von 80 % beziehen (dies lässt der Staatsvertrag maximal zu) oder auf eine Hauptquote von 87,6 % (zur Zeit des Urteils wurden nur 12,4 % der Studienplätze im Fach Medizin über die Vorabquote vergeben) beziehen. Gleichwohl kann es nur die spezielle Hauptquote für den Studiengang Medizin meinen. Das zeigt sich, wenn man die zulässige Maximalgröße der Wartezeitquote statt wie das BVerfG auf die Hauptquote auf die Gesamtzahl der zu verteilenden Studienplätze im Fach Medizin bezieht. Legt man für diese Berechnung die konkrete Hauptquote des Fachs Medizin zugrunde, so werden gemessen an der Gesamtzahl der Studienplätze 17,52 % nach der Wartezeit verteilt. Diesen Anteil hat das BVerfG gerade noch für verfassungskonform gehalten (BVerfGE 147, 253, Rn. 221). Legt man hingegen die nach dem Staatsvertrag maximal zulässige Hauptquote von 80 % zugrunde, so dürfen maximal 16 % der insgesamt zu verteilenden Plätze nach der Wartezeit verteilt werden. Danach wäre die Größe der Wartezeitquote im Studiengang Medizin jedoch unzulässig. 254  BVerfGE 33, 303, Rn. 97 f. Für den Fall eines partiellen (d. h. relativen) Numerus clausus ließ es die Frage dabei offen, BVerfGE 33, 303, Rn. 97. Offen ließ es auch die Frage, ob in einer Landeskinderklausel ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG zu sehen sei, BVerfGE 33, 303, Rn. 100. 255  BVerfGE 33, 303, Rn. 97. 256  BVerfGE 147, 253, Rn. 114. 257  BVerfGE 147, 253, Rn. 114 m. w. N. 252  BVerfGE 147,



I. Kernpunkte der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung 45

Auch diesbezüglich verfüge der Gesetzgeber über einen weiten Gestaltungsspielraum.258 Es sei zulässig, für einen Teil der Plätze eine zentrale Vergabe und für einen anderen Teil die Vergabe durch die Hochschulen selbst vorzusehen.259 Soweit hochschuleigene Eignungsprüfungen und Auswahlgespräche stattfänden, solle der Einfluss unreflektierter und subjektiver Eindrücke auf die Entscheidung möglichst reduziert werden.260 Daher hätten diese Prüfungen standardisiert und strukturiert stattzufinden261, um sachgerechte und vergleichbare Ergebnisse zu gewährleisten.262 Darüber hinaus dürfe in solchen Verfahren nur die Eignung getestet werden.263 c) Die Regelungszuständigkeit Die Verfassungsmäßigkeit der Bewerberauswahl hängt nach der Rechtsprechung schließlich maßgeblich davon ab, ob die staatliche Stelle, welche die für die Auswahl erforderlichen Regelungen erlassen hat, hierfür zuständig war oder zumindest im Rahmen einer Delegation für zuständig erklärt werden durfte. aa) Die Festlegung der Auswahlkriterien Die Regelung der Bewerberauswahl stellt nach dem Bundesverfassungsgericht einen grundrechtswesentlichen Belang dar264, da sie zum „Kern des Zulassungswesens [gehört]“265. Damit habe nach der sog. Wesentlichkeitstheorie der Gesetzgeber selbst die Vergabekriterien festzulegen.266

258  Zur

Aufteilung der Hauptquoten: BVerfGE 147, 253, Rn. 126. 253, Rn. 126. 260  BVerfGE 147, 253, Rn. 195. 261  BVerfGE 147, 253, Rn. 152 ff., 195. 262  BVerfGE 147, 253, Rn. 195. 263  BVerfGE 147, 253, Rn. 120, 152 ff. 264  BVerfGE 147, 253, Rn. 115. 265  BVerfGE 33, 303, Rn. 83; 147, 253, Rn. 116. 266  BVerfGE 33, 303, Rn. 85; 45, 393, Rn. 18; 147, 253, Rn. 103, 107, 119. Offengelassen noch für den Fall der universitären Festlegung mit Genehmigungsvorbehalt in BVerfGE 33, 303, Rn. 88. Fehling sieht darin die Fortsetzung der Linie der Entscheidung BVerfGE 141, 143, Rn. 59 ff., Fehling, RdJB 2018, 100 (106). Ebenso v. Coelln, NJW 2018, 361 (380). Angelegt war dies aber bereits in BVerfGE 33, 303, Rn. 85, 88. 259  BVerfGE 147,

46

C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Hierbei müsse er nicht nur die Art267, sondern auch das Rangverhältnis der Kriterien bestimmen.268 Er verfüge dabei zwar über einen sehr weiten Spielraum.269 Ein Kriterienfindungsrecht untergesetzlicher Normgeber (v. a. der Hochschulen selbst) sei jedoch unzulässig.270 Der vom Gesetzgeber aufgestellte Kriterienkatalog muss also abschließend sein. Eine Delegation dieser Rechtssetzung ist damit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausgeschlossen. Allerdings sei es zulässig, wenn die Hochschulen ihre Auswahlkriterien für das Auswahlverfahren durch die Hochschulen aus einem gesetzlichen Katalog entnähmen271 und ihnen dabei Spielräume für die Konkretisierung eignungsbezogener Kriterien gelassen würden.272 Diese Konkretisierungsbefugnis dürfe sich aber nur „auf die fachliche Ausgestaltung und die Schwerpunktsetzung unter Einbeziehung auch hochschulspezifischer Profilbildungen beziehen“273. bb) Die Gestaltung des Verfahrens Wie die Festlegung der Auswahlkriterien, so gehört nach dem Bundesverfassungsgericht auch die Ausgestaltung des Verfahrens der Auswahl zum „Kern des Zulassungswesens“274. Der Gesetzgeber habe deshalb die wesentlichen Fragen des Verfahrens bei zulassungsbeschränkten Studienfächern275 selbst festzulegen.276 Bei eignungsbezogenen Tests und Auswahlgesprächen reiche es zwar aus, wenn die Hochschulen „selbst [deren] Standardisierung und Strukturierung […] transparent vorn[ä]hmen“277. Der Gesetzgeber genüge dem Vorbehalt des Gesetzes seinerseits jedoch nur, wenn er sie dazu auch verpflichte.278 Zudem sei gesetzlich festzulegen, dass bei eignungsbezogenen Tests und Auswahlgesprächen nur die Eignung geprüft werde.279 Unter diesen Voraussetzungen dürfen die Hochschulen das Auswahlverfahren selbst gestalten. 267  BVerfGE 33,

303, Rn. 85; 45, 393, Rn. 18; 147, 253, Rn. 118. 303, Rn. 85; 147, 253, Rn. 118. 269  Zu der Aufteilung der Hauptquoten: BVerfGE 147, 253, Rn. 126. 270  BVerfGE 147, 253, Rn. 119, 141 ff., 158. 271  BVerfGE 147, 253, Rn. 119. Offengelassen noch in BVerfGE 33, 303, Rn. 88. 272  BVerfGE 147, 253, Rn. 120, 143, dies wird v. a. auf den Erfahrungsbezug der Hochschulen und Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG gestützt. 273  BVerfGE 147, 253, Rn. 154. 274  S. o. Fn.  265. 275  BVerfGE 147, 253, Rn. 117. 276  BVerfGE 147, 253, Rn. 107, 115 f., 152 ff. 277  BVerfGE 147, 253, Rn. 154. 278  Ebd. 279  Ebd. 268  BVerfGE 33,



II. Analyse der Rechtsprechung47

II. Analyse der Rechtsprechung Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulassung an öffentlichen Hochschulen bedarf hinsichtlich ihrer Entwicklung, aber auch ihrer Dogmatik einer näheren Analyse. 1. Die Entwicklung der Rechtsprechung Alles in allem fällt auf, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Hochschulzulassung erstaunlich konstant geblieben ist.280 Anstelle von Rechtsprechungsänderungen fanden zumeist eher Konkretisierungen und Fokusverlagerungen statt.281 Ausgehend davon, dass Studienbewerbern ein Recht auf Zulassung zustehe282, betont es stets, dass die vorhandenen Kapazitäten zu erschöpfen seien.283 Dabei hat sich das Gericht regelmäßig für den Weg entschieden, der eine stärkere Kapazitätsausschöpfung ermöglichte.284 So sah es den Zulassungsanspruch als unabhängig von der Rangstelle des Bewerbers an, weshalb Klagen auf Zulassung zu freien Studienplätzen nicht wegen der ungünstigen Rangstelle des Bewerbers abgewiesen werden dürften.285 Auf diese Weise wurde die Vergabe einer größeren Anzahl von Studienplätzen mittels Studien­ platzklagen ermöglicht.286 Da in der Regel nur schlecht platzierte Bewerber klagen, hätte die Berücksichtigung der Rangstelle nämlich dazu geführt, dass die Studienkapazitäten in diesen Fällen von den Gerichten nicht überprüft worden wären, weil die Klage ohnehin abzuweisen gewesen wäre.287 Des Weiteren legte das Gericht das einfache Recht zwecks voller Kapazitätsausschöpfung so aus, dass bei nicht vergebenen Studienkapazitäten die betreffende Universität statt der zentralen Studienplatzvergabestelle zu verklagen sei.288 Und schließlich entschied es sich gegen die zentrale Festsetzung des Lehrdeputats, das wesentlichen Einfluss auf die Kapazitäten der Hochschu280  So

auch Lindner, OdW 2018, 275 (275). auch Fehling, RdJB 2018, 100 (101). 282  S. o. Fn.  145 und 152. 283  S. o. Fn.  171. 284  Zum Ziel des BVerfG, eine erschöpfende Kapazitätsnutzung sicherzustellen auch Becker/Kuni, NJW 1977, 321 (321). 285  BVerfGE 39, 258, Rn. 38 ff. 286  Zu diesem Effekt von Studienplatzklagen: Becker/Hauck, NVwZ 1984, 81 (81). 287  Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (578); Haas, DVBl. 1974, 22 (23). 288  BVerfGE 39, 276, Rn. 71. 281  So

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C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

len hat. Dadurch erlaubte es mehr Flexibilität, die für die Bewältigung der bestehenden Kapazitätsprobleme zuträglich war.289 Andererseits hat es von Anfang an darauf Wert gelegt, dass das Zulassungsrecht nicht unbeschränkt gelte und auch die Interessen der Allgemeinheit zu berücksichtigen seien.290 In Anschluss daran und angesichts der Komplexität der Materie hat es immer wieder die großen Gestaltungsspielräume des Gesetzgebers unterstrichen.291 Soweit eine Auswahl unumgänglich war, wies das Bundesverfassungsgericht stets darauf hin, dass nach sachgerechten Kriterien auszuwählen sei.292 Angesichts des Einflusses, den ein bestimmtes Studium auf das künftige Leben hat, mahnte es auch regelmäßig an, dass der Gesetzgeber die wesentlichen Regelungen selbst zu treffen habe.293 Durch Beschränkung der Delegationsbefugnis bekämpfte es auch die Zersplitterung des Zulassungswesens, die zur Zeit des ersten Numerus-clausus-Urteils Realität war. Aber nicht nur in inhaltlicher Hinsicht, auch methodisch ziehen sich Konstanten durch die Rechtsprechung. So wurde bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung regelmäßig den aktuellen Umständen Rechnung getragen.294 Beispielsweise versuchte das Bundesverfassungsgericht in seinen frühen Entscheidungen, das Übergreifen des Numerus clausus auf andere Fächer und das Ausland zu verhindern.295 Beispiele aus der neueren Zeit sind die Aussagen des Gerichts, dass das Gesamtsystem der Studienplatzvergabe im Fach Humanmedizin296, die mangelnde föderale Vergleichbarkeit der Abiturdurchschnittsnoten297 sowie die Proble289  Schuppert,

Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (585 f.). 303, Rn. 63; 43, 291, Rn. 69. So bereits Barbey, JZ 1971, 473

290  BVerfGE 33,

(474).

291  Zur Kapazitätsberechnung s. o. Fn. 189, zur Zahl der bereitgestellten Studienplätze Fn. 208, zum Auswahlverfahren Fn. 217, 258. 292  BVerfGE 33, 303, Rn. 71; 37, 104, Rn. 25, 36; 39, 258, Rn. 70; 43, 291, Rn. 67 ff., 124 f., 187; 59, 1, Rn. 65; 62, 117, Rn. 65; 134, 1, Rn. 40; 147, 253, Rn. 128 (zur Abiturnote als Kriterium), 218 (zur Wartezeit als Auswahlkriterium). 293  Dazu s. o. S. 45 f. 294  BVerfGE 43, 291, Rn. 70 m. w. N. Aus der Literatur ebenso Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (591); Hailbronner, Auswahlrechte der Hochschulen und Zentrale Studienplatzvergabe, FS E. Stein, S. 49 (51 f.). Vgl. auch Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (102 f.). Zur Änderung der Umstände, die für BVerfGE 147, 253 entscheidend waren etwa Fehling, RdJB 2018, 100 (100 f.). 295  BVerfGE 33, 303, Rn. 68. Zur Situation des Numerus clausus in anderen europäischen Ländern zur Zeit des ersten NC-Urteils: Karpen, WissR 6 (1973), 110 (116 ff.). 296  BVerfGE 147, 253, Rn. 97. 297  BVerfGE 147, 253, Rn. 207.



II. Analyse der Rechtsprechung49

matik des Nachrückens und die begrenzte Zeit bis zum Beginn des Semesters298 zu berücksichtigen seien. Neben den jeweiligen Umständen hatten oftmals aber auch einfach-rechtliche wie politische Entwicklungen Einfluss auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. So stimmte schon sein erstes Urteil teils mit Ansätzen und Lösungen des damaligen Entwurfs des Hochschulrahmengesetzes überein. Inhaltlich schloss sich das Bundesverfassungsgericht bezüglich der Darlegungspflicht der Universität zur Notwendigkeit von Zulassungsbeschränkungen299, der Auswahlmaßstäbe300 und der Notwendigkeit bundeseinheitlicher Maßstäbe für die Kapazitätsberechnung301 dem damaligen Entwurf des Hochschulrahmengesetzes an. Auch im bislang letzten Urteil zum Numerus clausus wurde mit dem Masterplan Medizinstudium 2020 eine solche Entwicklungen berücksichtigt. Er sieht vor, dass neben der Abiturnote mindestens zwei weitere Auswahlkriterien heranzuziehen sind.302 Dem schloss sich das Bundesverfassungsgericht inhaltlich an, indem es (auch unter Verweis auf den Masterplan Medizinstudium 2020) forderte, dass neben der Abiturnote weitere Kriterien einzubeziehen seien.303 Schließlich spiegelt auch die den Hochschulen zugestandene Konkretisierungsbefugnis die seit dem Wintersemester 2005/06 größere Rolle der Hochschulen bei der Bewerberauswahl wieder.304 Nichtsdestotrotz hat sich der Fokus des Bundesverfassungsgerichts bei der Bewältigung der Probleme des Hochschulzugangs über die Jahre verlagert. So betonte es ursprünglich, dass der Mangel an Studienplätzen nur als vorübergehende Erscheinung hinzunehmen sei.305 Dementsprechend wurde dem Ausbau der Hochschulen zwecks Abbaus des Mangels großer Stellenwert eingeräumt.306 Mit der Idee eines Leistungsrechts wurde eine Zeit lang 298  BVerfGE 147,

253, Rn. 163. 303, Rn. 81 f. 300  BVerfGE 33, 303, Rn. 91. 301  BVerfGE 33, 303, Rn. 76. 302  Beschlusstext des Masterplan Medizinstudium vom 31. März 2017, S. 2. 303  BVerfGE 147, 253, Rn. 204 ff. 304  Zum Neuheitscharakter dieser Aussage des BVerfG: Bode, OdW 2018, 173 (179). Zum Auswahlverfahren der Hochschulen seit dem WS 2005/06: Selbmann, NVwZ 2912, 1373 (1373); Selbmann/Kiebs, DÖV 2006, 816 (816). 305  So bezeichnete das BVerfG das Auswahlverfahren als „situationsbedingten Notmaßnahme zu Verwaltung eines Mangels“, BVerfGE 39, 258, Rn. 39; 43, 291, Rn. 69 und nannte das Kapazitätsermittlungsrecht ein „Notrecht zur Verwaltung eines Mangels“, BVerfGE 54, 173, Rn. 47. So auch Püttner/Losch, WissR 19 (1986), 105 (119). In neueren Entscheidungen wird der Topos der „Verwaltung eines Mangels“ jedoch nicht mehr benutzt. 306  BVerfGE 33, 303, Rn. 62; 43, 291, Rn. 69. 299  BVerfGE 33,

50

C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

gespielt307, letztlich wurde sie aber verworfen.308 Die Frage nach dem Umfang der verfügbaren Studienplätze hat das Bundesverfassungsgericht damit dem politischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers überantwortet.309 Inzwischen hat sich das Bundesverfassungsgericht wohl mit der Knappheit der Studienplätze in bestimmten Studiengängen abgefunden und konzentriert sich auf die gleichheitsgerechte Verteilung dieser Plätze310. Der Fokus der Rechtsprechung hat sich insoweit weg vom Ausbau der Kapazitäten hin zur Verteilung selbiger verschoben. Dies mag sicherlich daran liegen, dass sich die Möglichkeiten der fairen Verteilung seit den frühen Numerus-claususUrteilen vermehrt haben.311 Es ist aber auch das Bewusstsein gewachsen, dass der Staat nicht jedem Mangel abhelfen kann, sondern oftmals auf die gerechte Verteilung knapper Güter beschränkt ist.312 War nach der Rechtsprechung bisher auch stets eine Auswahl nach der Eignung zulässig, so ist nunmehr eine grundsätzliche Auswahl nach der Eignung geboten.313 Zutreffend ist darin eine Konkretisierung der Formel der objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren Auswahl gesehen worden.314 Hier fällt auch auf, dass die bisher gebilligte Auswahl nach Leistung, d. h. nach der Abiturdurchschnittsnote, nunmehr kritischer gesehen wird. Unzutreffend ist es jedoch, darin eine Reduktion der zulässigen Kriterien zu sehen.315 Zum einen ist nur grundsätzlich nach Eignung auszuwählen, weshalb durchaus auch andere Kriterien hinzutreten können. Zum anderen muss die Eignung nicht selbst das Auswahlkriterium sein. Vielmehr ist es ein Be-

307  BVerfGE 33,

303, Rn. 62; ähnlich auch BVerfGE 43, 291, Rn. 69. 253, Rn. 105. Fehling geht davon aus, dass der damit zurückgenommene Druck auf den Gesetzgeber durch die Ausweitung des Parlamentsvorbehalts im Bereich der Auswahlkriterien teils kompensiert werden solle, Fehling, RdJB 2018, 100 (107). Dagegen spricht, dass dies bereits in BVerfGE 33, 303, Rn. 85 angesprochen wurde. 309  Lindner, OdW 2018, 275 (276). 310  In BVerfGE 147, 253 befassen sich 128 von insg. 153 Randnummern der Ausführungen zur Begründetheit mit der Bewerberauswahl. 19 Randnummern befassen sich mit Art. 31 GG. Nur in einer Randnummer wird denkbar kurz auf das Nichtbestehen eines Leistungsrechts eingegangen. BVerfGE 43, 291 etwa legte hingegen noch einen starken Fokus auf die Kapazität, BVerfGE 43, 291, Rn. 82. Die Tendenz des BVerfG, sich auf die Kontrolle der Verteilung der Studienplätze zu beschränken, ebenfalls beobachtend Rüfner, HbGR II, § 40, Rn. 59. 311  Wiemers, NVwZ 2018, 252 (253). 312  Püttner/Losch, WissR 19 (1986), 105 (119). Fehling bezeichnet das als Unterwerfung unter die normative Kraft des Faktischen Fehling, RdJB 2018, 100 (104). 313  S. o. Fn.  226. 314  Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (174). 315  So aber Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (174). 308  BVerfGE 147,



II. Analyse der Rechtsprechung51

zugspunkt möglicher Auswahlkriterien, die grundsätzlich eine Prognose über die Eignung erlauben müssen.316 Im Hinblick auf die Auswahl nach der Wartezeit änderte das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung.317 Seit jeher wurde angenommen, dass jeder zulassungsberechtigte Studienbewerber grundsätzlich eine Chance haben muss, das gewünschte Fach zu studieren.318 Ursprünglich wurde die Wartezeitquote als dafür essentiell angesehen.319 Allerdings mehrten sich zunehmend die Zweifel daran, dass eine Wartezeit eine chancenausgleichende Funktion erfüllen könne.320 Als Konsequenz hieraus ist die maximale Wartezeit nunmehr zeitlich zu begrenzen.321 Letztlich könne die Wartezeitquote aber auch abgeschafft werden.322 Während somit die „verfassungsrechtlich gebotene Chancenoffenheit“323 ursprünglich über eine Öffnung des Studiums durch die Wartezeitquote angestrebt wurde, soll dies nunmehr durch eine breitere Erfassung der Eignung324 erreicht werden.325 Dadurch wird die Chancenoffenheit jetzt enger verstanden.326 Den primären Auswahlmaßstab stellt nunmehr die Eignung dar.327 Das „Risiko eines Fehlschlags“328 ist damit etwas gestiegen.329 Alles in allem ist es stets das zentrale Anliegen des Bundesverfassungsgerichts gewesen, einen ausreichenden (rechtlichen) Zutritt zu Hochschulen unter Berücksichtigung sonstiger finanzierungsbedürftiger Interessen der Allgemeinheit zu gewährleisten. Soweit die Studienkapazitäten jedoch gleich­wohl beschränkt sind, sei möglichst sachgerecht auszuwählen.

316  BVerfGE 147,

253, Rn. 113. Bode, OdW 2018, 173 (179). 318  S. o. Fn.  224. 319  S. o. Fn.  240. 320  BVerfGE 43, 291, Rn. 71 f. 321  S. o. Fn.  250. 322  S. o. Fn.  248. 323  BVerfGE 147, 253, Rn. 106. Dazu auch oben Fn. 224. 324  BVerfGE 147, 253, Rn. 111 ff., 209. S. auch oben S. 41 f. 325  Vgl. auch Bode, OdW 2018, 173 (178). 326  Vgl. auch Fehling, RdJB 2018, 100 (103 f.) und Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (167). 327  S. o. Fn.  226. BVerfGE 147, 253, Rn. 108 f., 224, zur Wartezeit unter diesem Gesichtspunkt s. Rn. 218. 328  BVerfGE 59, 1, Rn. 57; vgl. auch oben Fn. 225. 329  Vgl. Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (181). 317  Vgl.

52

C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

2. Würdigung der Rechtsprechung Trotz der Vielzahl von Anforderungen an die Hochschulzulassung, die das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hat, bestehen nach wie vor erhebliche rechtliche Unsicherheiten. Diese resultieren zunächst daraus, dass das Gericht zu bestimmten Rechtsfragen nicht geurteilt hat. Beispiele dafür sind die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Hochschulzulassung im Fall des relativen Numerus clausus sowie die Existenz und der Inhalt einer objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zur Bereitstellung von Studienkapazitäten. Kann man die daraus folgende Ungewissheit dem Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf den relativen Numerus clausus zwar nicht vorwerfen, als es nie die Gelegenheit hatte, darüber zu entscheiden, so ist dieser Themenkomplex in der Praxis durchaus von einiger Relevanz. Was die objektiv-rechtliche Pflicht des Staates zur Bereitstellung von Studienkapazitäten betrifft, so folgen die dortigen Unklarheiten hier daraus, dass das Bundesverfassungsgericht diese Frage explizit offenließ.330 Zu diesen Unsicherheiten tritt hinzu, dass die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf dogmatische Schlüssigkeit und Kohärenz oftmals dürftig sind. So postuliert es zwar eine Reihe von Anforderungen, wie etwa das Gebot der Auswahl nach Eignung, das Gebot der Chancenoffenheit oder das Gebot der Kapazitätserschöpfung. Jedoch fehlt eine dogmatische Herleitung dieser Anforderungen. Dies erschwert es erheblich, eine Anwendbarkeit dieser Anforderungen auf andere als vom Bundesverfassungsgericht entschiedene Fälle zu untersuchen. Ein Beispiel dafür ist die Frage der Übertragung der verfassungsrechtlichen Anforderungen beim absoluten Numerus clausus auf die Fälle des relativen Numerus clausus. Mangels dogmatischer Ableitung kann nicht untersucht werden, ob die Gründe, die für diese Anforderungen beim absoluten Numerus clausus sprechen, auch im Fall des relativen Numerus clausus greifen. Aber auch sonst ist die Dogmatik des Rechts auf Hochschulzulassung sehr unausgegoren. Unklarheiten gibt es etwa im Bereich der Herleitung des Teilhaberechts, der verfassungsrechtlichen Überprüfbarkeit der vorhandenen Hochschulkapazitäten und des Verhältnisses von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zu Art. 3 Abs. 1 GG im Rahmen der Auswahl. Bereits die Rechtsgrundlage dieses Teilhaberechts wird in verschiedenen Entscheidungen in unterschiedlichen Normen gesehen. Teilweise wird es aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem 330  S. o.

Fn.  209.



II. Analyse der Rechtsprechung53

Sozialstaatsprinzip hergeleitet.331 Andere Entscheidungen sehen die Rechtsgrundlage in Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG ohne Zuhilfenahme des Sozialstaatsprinzips.332 Als weitere Möglichkeit kommt schließlich die Herleitung allein aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG hinzu.333 Diese Uneinheitlichkeit334 rührt sicher auch daher, dass sich der Bereich der Hochschulzulassung in den Aspekt des Hochschulzugangsrechts einerseits und den Aspekt der Verteilung von Studienplätzen andererseits unterteilen lässt, die aber nicht in jeder Entscheidung gleicherweise relevant waren. Hinzu kommt, dass das Bundesverfassungsgericht von Anfang an davon ausging, dass das Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte vom Verfassungsgeber primär als Abwehrrecht gedacht war335, was gegen eine Herleitung des Teilhaberechts allein aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG sprach. Wie noch zu sehen sein wird, legen die Protokolle des Parlamentarischen Rates jedoch einen anderen Schluss nahe.336 Mag die unterschiedliche Herleitung des Teilhaberechts auf den ersten Blick noch als rein theoretisches Problem erscheinen, zeigt sich bei näherem Hinsehen, dass sie durchaus praktische Auswirkungen haben kann. So hängen die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen des Schutzes wie auch das Schutzniveau maßgeblich von der Rechtsgrundlage ab. Unterschiede ergeben sich je nach Rechtsgrundlage etwa bei der Klagbarkeit nicht vergebener Studienplätze und der Frage, ob Hochschulzugangsvoraussetzungen und subjektive Hochschulzulassungsvoraussetzungen wie z. B. die allgemeine Hochschulreife rechtfertigungsbedürftig sind. Letztlich bieten sich für die Herleitung des Anspruchs auf Zulassung zum Studium zwei grundsätzliche Alternativen an. Der Anspruch kann relativer 331  BVerfGE 33, 303, Rn. 60; 37, 104, Rn. 25; 39, 258, Rn. 37; 39, 276, Rn. 58; 43, 291, Rn. 67; 45, 393, Rn. 15; 85, 36, Rn. 65; 134, 1, Rn. 36; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 42; 1 BvR 709/97, Rn. 21. Kritisch zur Herleitung des BVerfG in BVerfGE 33, 303, Rn. 59 f.; Morgenthaler, Freiheit durch Gesetz, S. 294 ff. 332  BVerfGE 54, 173, Rn. 40; 59, 1, Rn. 64; 59, Rn. 65; 147, 253, Rn. 103, 106. Bei BVerfGE 59, 1, Rn. 64 und 147, 253, Rn. 103 kann dies jedoch daran liegen, dass lediglich das Auswahlverfahren geprüft wird. Dieses maß das BVerfG schon in BVerfGE 33, 303, Rn. 100 nur an Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG. Aus diesem Grund ist auch unsicher, ob die Anknüpfung an Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG in BVerfGE 147, 253 eine Rechtsprechungsänderung darstellt (so Fn. 153). 333  Stellenweise spricht das BVerfG auch vom Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. So z. B. BVerfGE 39, 258, Rn. 42; 39, 276, Rn. 60; 43, 34, Rn. 22; 134, 1, Rn. 56. Dazu s. u. D. I. 4. a) bb) (1) (b), S. 71 ff. 334  Zur Unsicherheit des BVerfG bei der Herleitung des Teilhaberechts in BVerfGE 33, 303 Häberle, Kommentierte Verfassungsrechtsprechung, S. 70 f. 335  BVerfGE 33, 303, Rn. 57. 336  S. u. D. I. 4. a) bb) (1) (b), S. 71 ff.

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C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

(d. h. gleichheitsrechtlicher) oder absoluter (d. h. freiheitsrechtlicher) Natur sein. In ersterem Fall verschafft Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG alleine keinen Zulassungsanspruch. Vielmehr ist Art. 3 Abs. 1 GG (womöglich in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip) diesbezüglich konstitutiv. Geltungsgrund des Teilhabeanspruchs wäre dann eine Ungleichbehandlung, dass nämlich einem Studienbewerber keine Teilhabe, diese jedoch einem anderen gewährt wurde. Konsequenterweise entsprängen die Rechtfertigungsanforderungen (primär) Art. 3 Abs. 1 GG. In letzterem Fall läge der Geltungsgrund des Zugangs- und Zulassungsanspruchs hingegen in Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG (wiederum womöglich in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip). Die Rechtfertigungsanforderungen ergäben sich dann schwerpunktmäßig aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG, während Art. 3 Abs. 1 GG nur im Fall der Auswahl zwischen mehreren Bewerbern eine eigene Bedeutung hätte.337 Dann wäre es aber vorzugswürdig, ihn beim Teilhaberecht gar nicht heranzuziehen. Wie gezeigt, schwankt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwischen diesen Alternativen und hat bisher keine einheitliche Linie finden können.338 Einerseits wird der Anspruch auf Hochschulzulassung zumeist – wenn auch nicht immer durchgängig339 – auch an Art. 3 Abs. 1 GG festgemacht.340 Hierbei wird bisweilen die Ungleichbehandlung gegenüber denen, die einen Studienplatz erhalten haben, in den Vordergrund gestellt.341 Ande337  So auch Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 142. 338  Zur Unklarheit der Antwort auf die Frage, ob das Teilhaberecht freiheits- oder gleichheitsrechtlicher Natur ist, auch Lindner, OdW 2018, 275 (276). 339  Teilweise wird auch vom Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 GG gesprochen, so z. B. BVerfGE 39, 258, Rn. 42; 39, 276, Rn. 60; 43, 34, Rn. 22; 134, 1, Rn. 56. BVerfGE 39, 276, Rn. 56 bezeichnet Art. 12 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab. Gleichzeitig verweist die Entscheidung aber auf BVerfGE 33, 303 und führt an, dass nach „der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts […] aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip“ ein Zulassungsrecht folge. Auch BVerfGE 134, 1, Rn. 36 f. nimmt – allerdings bezogen auf das Recht auf freien und gleichen Zugang – an, dass dieser aus „Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG“ folge, während „Art. 12 Abs. 1 GG […] das Recht [gewährleiste], die Ausbildungsstätte frei zu wählen“, was „auch auf Teilhabe an staatlichen Leistungen“ ziele. Ganz aus dem Rahmen fällt BVerfG 1 BvR 356/04 Rn. 21, das von einem Eingriff in die Berufsfreiheit spricht, sich also zumindest terminologisch weder im Bereich der Teilhaberechte, noch im Bereich der freien Wahl der Ausbildungsstätte befindet. 340  S. o. Fn.  331 und 332. Daraus folgert Rohloff, dass das BVerfG das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG herleitet, Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 137 ff. 341  BVerfGE 33, 303, Rn. 62; 43, 291, Rn. 79; 134, 1, Rn. 42.



II. Analyse der Rechtsprechung55

rerseits spricht das Bundesverfassungsgericht von der Beschränkbarkeit des Teilhaberechts.342 Beschränkt werden können aber nur (absolute) Freiheitsrechte. Hinzu kommt, dass das Bundesverfassungsgericht in seinen frühen Urteilen Zulassungsbeschränkungen an der Dreistufentheorie maß343 und hierbei mit dem Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG argumentierte344, was ebenfalls für einen freiheitsrechtlichen und damit absoluten Schutz spricht. Auch stellt das Gericht im Zusammenhang mit der Prüfung des Zulassungsrechts verschiedentlich nur einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG fest.345 In seinen neueren Entscheidungen spricht das Bundesverfassungsgericht schließlich pauschal vom Recht auf „gleiche Teilhabe“346. Diese dogmatische Unsicherheit lässt sich auch an den unterschiedlichen Interpretationen des neuesten Urteils festmachen. So wird teilweise konstatiert, dass der grundrechtliche Schutz freiheitsrechtlicher geworden sei.347 Zum Teil wird jedoch auch davon ausgegangen, dass sich das Bundesverfassungsgericht vom Freiheitsrecht gelöst hätte und der Schwerpunkt nunmehr beim Gleichheitsrecht liege.348 Widersprüchlich muten darüber hinaus die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Überprüfbarkeit der Hochschulkapazitäten an. Diese stützt das Gericht auf den wertenden Charakter dieser Bemessungen.349 Endet der Anspruch auf Hochschulzulassung jedoch dort, wo das Vorhandene endet350, wie kann dann das Ausmaß des Vorhandenen selbst anhand dieses Anspruchs zu überprüfen sein? Dies würde bedeuten, dass die Grenze des Schutzbereichs eines Rechts gleichzeitig eine Beschränkung dieses Rechts, 342  BVerfGE 33, 303, Rn. 66; 43, 291, Rn. 67. BVerfGE 59, 172 spricht in Rn. 73 f. von Einschränkungen des Zulassungsrechts. BVerfGE 134, 1, Rn. 45 f. redet von einer Beschränkung. Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 138 sieht dies ebenfalls als Hinweis auf die Eigenständigkeit des Art. 12 Abs. 1 GG im Bereich des Zulassungsanspruchs. Trotzdem geht er davon aus, dass letztlich Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG die Grundlage des Teilhaberechts ist, S. 138 f. 343  BVerfGE 33, 303, Rn. 68; 59, 172, Rn. 74. 344  S. o. Fn.  175 und 187. Zutreffend erachtet Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 138 dies als Hinweis auf einen freiheitsrechtlichen Schutz des Zulassungsanspruchs. 345  BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 76 spricht von der Unvereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG. 346  BVerfGE 147, 253, Rn. 101. Ähnlich bereits BVerfGE 134, 1, Rn. 36: „Recht auf freien und gleichen Zugang zum Hochschulstudium“. 347  Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (162), wobei die Rechtsgrundlage des Teilhaberechts trotzdem weiter Art. 3 Abs. 1 GG einschließe. 348  Lindner, OdW 2018, 275 (277). 349  BVerfGE 33, 303, Rn. 75 f.; 85, 36, Rn. 66; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 43. 350  S. o. Fn.  137.

56

C. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

in der Terminologie der Abwehrrechte einen Eingriff in dieses Recht, darstellen würde. Angesichts dieser Problematik war die Frage der Überprüfbarkeit der Kapazitätsfestlegungen zur Zeit des ersten Numerus-clausus-Urteils sehr umstritten.351 Ohne auf dieses Problem einzugehen, entschied sich das Bundesverfassungsgericht für die Überprüfbarkeit der Kapazitätsfestlegungen.352 Da es terminologisch nicht zwischen Leistungs- und Teilhaberecht unterschied, könnte man annehmen, dass es die Grenze des Teilhaberechts (dogmatisch treffend) anhand eines Leistungsrechts überprüfen wollte. Damit wäre der aufgezeigte Widerspruch ausgeräumt. Allerdings ließ es die Frage, ob es einen Anspruch auf „Bereitstellung ausreichender Ausbildungskapazi­ täten“353 gibt – dieser würde ein Leistungsrecht darstellen – ausdrücklich offen.354 Da es aber gleichzeitig die Überprüfbarkeit der Kapazitätsfestlegung bejahte, kann es dabei nur eine Überprüfung anhand des Teilhaberechts gemeint haben. Obgleich der Einwand zutreffend ist, dass die Kapazitätsfest­ legung ein wertender und kein die reinen Tatsachen feststellender Akt ist355, bleibt es bei der Frage der Vereinbarkeit der Überprüfbarkeit anhand des Teilhaberechts mit der schon begrifflichen Grenze von Teilhaberechten. Verkompliziert wird dies noch dadurch, dass das Bundesverfassungsgericht in seinen frühen Urteilen den Vorbehalt des Möglichen als Grenze des Teilhaberechts ansah.356 Dabei ordnete es diesen weder klar dem Teilhaberecht357 noch dem Leistungsrecht zu358. Richtigerweise ist der Vorbehalt des Mög­ lichen im ersten Fall weitgehend überflüssig.359 In letzterem bedarf es seiner sogar gar nicht mehr, da das Bundesverfassungsgericht inzwischen die Exis-

351  Für die vorhandenen Studienplätze als tatsächliche Grenze: Kalisch, DVBl. 1967, 134 (135); wohl auch Friauf, DVBl. 1971, 674 (679). Dagegen: Forsthoff, VVDStRL 12 (1954), 8 (20); Maunz, FS Küchenhoff, S. 605 (606). Differenzierend Schmitt, JuS 1970, 60 (62 f.). Die Rechtsprechung entschied sich gegen die vorhandenen Plätze als Grenze des Anspruchs und für eine Überprüfbarkeit der Kapazitätsfeststellung BVerfGE 33, 303, Rn. 75 f.; 85, 36, Rn. 66; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 43. 352  S. o. C. I. 1. b), S. 36 ff. und Fn. 349. 353  BVerfGE 33, 303, Rn. 62. 354  BVerfGE 33, 303, Rn. 62. 355  S. o. Fn.  349. 356  BVerfGE 33, 303, Rn. 63; 43, 291, Rn. 67. 357  Hiergegen spricht, dass BVerfGE 33, 303, Rn. 63 das Teilhaberecht, das an dieser Stelle originär verstanden wird, dem Vorbehalt des Möglichen unterstellt. 358  Dagegen spricht, dass BVerfGE 43, 291, Rn. 67 das Recht „auf Zulassung zum Hochschulstudium“ – d. h. das derivative Teilhaberecht – dem Vorbehalt des Möglichen unterstellt. BVerfGE 33, 303, Rn. 66 leitet bereits die Beschränkbarkeit des Teilhaberechts aus dem Vorbehalt des Möglichen her. Nicht eindeutig ist jedoch, ob dieses an der Stelle originär oder derivativ verstanden wird. 359  Dazu s. u. D. I. 4. a) bb) (4) b) bb), S. 89 ff.



II. Analyse der Rechtsprechung57

tenz eines Leistungsrechts verneint hat360. Raum für ihn verbleibt lediglich im Rahmen möglicher objektiv-verfassungsrechtlicher Pflichten des Gesetzgebers.361 Wie noch zu sehen sein wird, lässt sich der vermeintliche Widerspruch zwischen Überprüfbarkeit der Kapazitätsbestimmungen und der definitorischen Grenze des Teilhaberechts dadurch auflösen, dass nicht auf die Studienplätze, sondern auf die diesen zugrundeliegenden Mittel als Vorhandenes im Sinne des Teilhaberechts abgestellt wird.362 Zuletzt stellt sich im Bereich der Auswahl von Studienbewerbern neben der Frage der anzulegenden Auswahlkriterien auch die nach dem Zusammenwirken von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 GG. Hintergrund ist, dass sich die Dogmatik des Art. 3 Abs. 1 GG seit den frühen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Hochschulzulassung erheblich verändert hat. Wurde früher lediglich eine Prüfung auf (objektiv festzustellende363) Willkür vorgenommen364, reicht heute der Prüfungsmaßstab bei fließendem Übergang von der Willkürprüfung bis hin zur strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung365. Wurde also beim Teilhaberecht die Frage nach dem Mehrwert des Art. 3 Abs. 1 GG neben Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG gestellt, lässt sich hier spiegelbildlich fragen, ob Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG neben Art. 3 Abs. 1 GG einen eigenständigen Beitrag leistet.366

360  S. o.

Fn.  207. dazu s. u. D. I. 4. b) bb), S. 139 ff. 362  Dazu s. u. D. I. 4. a) bb) (4), S. 85 ff. 363  St. Rspr. seit BVerfGE 2, 266, Rn. 37; aus der Literatur statt aller: Sachs, in: Stern, StR IV/2, S. 1518. 364  BVerfGE 1, 14, Rn. 139; 68, 237, Rn. 37. 365  St. Rspr.: BVerfGE 124, 199, Rn. 85; 126, 400, Rn. 79; 133, 377, Rn. 74; 145, 106, Rn. 98; speziell für den Hochschulzugang: BVerfGE 134, 1, Rn. 56. Aus der Literatur: Epping, Grundrechte, Rn. 798 f.; Hufen, StR II, § 39, Rn. 15; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 20; Albers, JuS 2008, 945 (948). 366  Dies annehmend: BVerfGE 39, 276, Rn. 69; 134, 1, Rn. 56. 361  Mehr

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Hochschulzulassung gleicht also eher einem Flickenteppich, in dem verschiedenste Ideen nicht immer auf passende Weise zusammengeknüpft wurden und der über etliche Löcher verfügt. Um die daraus resultierende Unsicherheit zu beseitigen, die Lücken zu schließen und Widersprüche auszuräumen, ist es erforderlich, festzustellen, welchen Grundrechten der Schutz der Hochschulbewerber bei der Hochschulzulassung entspringt und wie weit dieser Schutz reicht. Im Zentrum der Untersuchung stehen dabei die Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG und der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. In einem ersten Schritt ist dabei der freiheitsrechtliche Schutz der Bewerber darzustellen. Dieser greift unabhängig davon, ob ein Fall des Numerus clausus vorliegt. Gleichwohl erlangen bestimmte Aspekte dieses freiheitlichen Schutzes im Hinblick auf die verfügbaren Studienkapazitäten besondere Relevanz. Im Gegensatz dazu wird der gleichheitsrechtliche Schutz, insbesondere durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dann relevant, wenn die Zahl der Hochschulbewerber die der verfügbaren Studienkapazitäten überschreitet und daher eine Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern erforderlich wird. Da in dieser Situation Bewerber abgelehnt werden müssen, spielen im Fall des Numerus clausus neben gleichheitsrechtlichen ebenso freiheitsrechtliche Fragen eine Rolle.

I. Freiheit und Hochschulzulassung Über die Frage der Zulassung eines Bewerbers zum Studiengang seiner Wahl an der öffentlichen Hochschule seiner Wahl wird von staatlicher Seite entschieden. Gleichwohl steht der Bewerber dabei nicht schutzlos. Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG schützt die freie Wahl der Ausbildungsstätte und gewährt ihm somit grundrechtlichen Schutz gegenüber der zur Entscheidung berufenen Stelle. Anders als der Schutz durch Art. 3 Abs. 1 GG, ist dieser Schutz freiheitsrechtlicher Natur. In der Folge kommt er unabhängig davon zur Anwendung, ob zwischen dem in Frage stehenden Bewerber und mögli-



I. Freiheit und Hochschulzulassung59

chen Konkurrenten überhaupt eine Auswahl stattfindet. Die Reichweite dieses freiheitsrechtlichen Schutzes hängt jedoch wesentlich davon ab, über welche Gewährleistungsdimensionen Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG verfügt. Festzustellen ist dabei zunächst, inwieweit Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG die Hochschulzulassung und die Bewerbung um einen Studienplatz erfasst, um sodann die Reichweite des Schutzes durch Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG anhand von dessen Gewährleistungsdimensionen zu bestimmen.367 1. Die Hochschule als Ausbildungsstätte Damit sich der Schutz des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG auf den Hochschulbereich erstreckt, muss die Hochschule zunächst eine Ausbildungsstätte im Sinne dieser Vorschrift darstellen. Hochschulen gibt es in verschiedenster Form. Die wohl bekannteste ist die Universität. Außer dieser Form der Hochschule sehen die Hochschulgesetze der Länder noch verschiedenste andere Formen der Hochschule vor. Beispiele dafür sind etwa künstlerische Hochschulen, pädagogische Hochschulen und Fachhochschulen.368 Eine Ausbildungsstätte ist eine „private oder öffentliche Einrichtung, in der berufliche Kenntnisse oder Fähigkeiten vermittelt werden“369, wobei dies der Erstzweck der Einrichtung sein muss370. Richtigerweise fallen alle Hochschulformen unter den Begriff der Ausbildungsstätte des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG. Dies gilt zunächst für die Universitäten. Zwar wurde die Bildung und Persönlichkeitsentwicklung in der Vergangenheit noch als eine wesentliche 367  Die Terminologie ist insoweit uneinheitlich. Teils wird im Zusammenhang mit den möglichen Schutzrichtungen eines Grundrechts von Grundrechtsdimensionen (etwa Dreier, in: Dreier, GG, Vorb., Rn. 82 ff.), teils von Grundrechtsfunktionen gesprochen (etwa Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Vorb. vor Art. 1, Rn. 2 ff.; Kingreen/ Poscher, StR II, Rn. 107 ff.). Vorliegend wird der Begriff Gewährleistungsdimension benutzt, um zu beschreiben, in welchen Bereichen das Grundrecht Schutz gewährleistet. 368  Einen Überblick zu den Hochschularten gebend: Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn.  49 ff. 369  Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art.  12, Rn. 61. Vgl. auch ­BVerwGE 47, 330, Rn. 49; 91, 24, Rn. 34; Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 45; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 12, Rn. 47; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 60; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 94; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 89. Andere wollen die Ausbildung nicht auf die berufliche beschränken, sondern auch Bildungseinrichtungen wie etwa Schulen einschließen: Clevinghaus, RdJB 1974, 321 (323); Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1826 f.; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 442; Badura, StR, C, Rn. 76. Für die Frage, ob Hochschulen unter Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG fallen, macht dies jedoch keinen Unterschied. 370  Clevinghaus, RdJB 1974, 321 (322) zur Abgrenzung der Ausbildungsstätte zu Erziehungs- und Strafanstalten.

60

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Aufgabe der Universität betrachtet.371 Inzwischen stehen aber die wissenschaftliche Forschung372, die wissenschaftliche Lehre373 und die berufliche Vorbildung374 im Vordergrund, wobei sich die wissenschaftliche Lehre freilich nicht immer klar von der beruflichen Vorbildung abgrenzen lässt375. Neben diesem Befund sprechen auch die Protokolle des Parlamentarischen Rats für die Einstufung der Universitäten als Ausbildungsstätte. Die Mitglieder dieses Gremiums gingen in ihren Beratungen wiederholt und unwidersprochen davon aus, dass die Universität unter Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG fällt.376 Zu einem anderen Ergebnis könnte man nur gelangen, wenn man die Forschung als Aufgabe der Universität als Hindernis für diese Beurteilung ansähe. Eine solche Auslegung von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG würde aber nicht nur den Protokollen des Parlamentarischen Rats widersprechen. Verlangte man eine alleinige „Ausbildung“ (unabhängig davon, ob man diese auf die Berufsvorbereitung beschränkt)377, würde der Grundrechtsschutz der freien Wahl der Ausbildungsstätte dermaßen eingeschränkt, dass das Grundrecht wohl nur noch im Ausnahmefall einschlägig wäre. Der grundrechtliche Schutz des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG drohte damit leerzulaufen. Auch der mögliche Einwand, dass nicht jeder Studiengang einen korrespondierenden Beruf nach sich zieht, verfängt nicht. Zum einen lassen sich weder jeder Ausbildung bestimmte Berufe, noch lässt sich jedem Beruf eine bestimmte

371  Gerlach, Forschung und Erziehung als Aufgaben der Hochschule, S. 45 redet in diesem Zusammenhang von menschlicher Ausbildung. Hege, Das Grundrecht der Berufsfreiheit im Sozialstaat, S. 147 f. bezeichnete dies als Persönlichkeitsbildung und Erziehung zum mündigen Staatsbürger. S.a. Maunz, Bildungsanspruch in verfassungsrechtlicher Hinsicht, FS Küchenhoff, S. 605 (605). Zum diesbezüglichen Wandel: Knöpfle, Aufgaben der Universität in unserer Zeit, FS Geiger, S. 591 (594); allgemeiner Abelein, DÖV 1967, 375 (375). Kritisch zur Gegenüberstellung von Bildung und Ausbildung, Clevinghaus, RdJB 1974, 321 (322). 372  Geck, VVDStRL 27 (1969), 143 (156); Geis, VVDStRL 69 (2010), 364 (387); Bumke, VVDStRL 69 (2010), 407 (424, 433); Knöpfle, Aufgaben der Universität in unserer Zeit, FS Geiger, S. 591 (595, 601); Kimminich, DVBl. 1968, 679 (681). 373  Geck, VVDStRL 27 (1969), 143 (156); Geis, VVDStRL 69 (2010), 364 (377); Bumke, VVDStRL 69 (2010), 407 (424, 433); Kimminich, DVBl. 1968, 679 (681). 374  Geck, VVDStRL 27 (1969), 143 (156); Geis, VVDStRL 69 (2010), 364 (377); Bumke, VVDStRL 69 (2010), 407 (433); Knöpfle, Aufgaben der Universität in unserer Zeit, FS Geiger, S. 591 (595, 597). 375  Vgl. Hailbronner, Die Freiheit der Forschung und Lehre als Funktionsgrundrecht, S. 164. 376  Dr. Greve auf S. 1396, Dr. Schmid auf S. 1397, Dr. Seebohm auf S. 1398 f. des stenographischen Protokolls der 44. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19.1.1949, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 377  Kritisch zu diesem Ansatz Clevinghaus, RdJB 1974, 321 (321 f.).



I. Freiheit und Hochschulzulassung61

Ausbildung zuordnen.378 Zum anderen ist es möglich, mithilfe seiner in der Ausbildung erlernten methodischen Grundlagen in vielerlei unterschiedlichen Berufen zu arbeiten.379 Insoweit muss es für Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG genügen, dass auch (beruflich) ausgebildet wird. Daher entspricht es zu Recht allgemeiner Ansicht, Universitäten als Ausbildungsstätte im Sinne des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG einzuordnen.380 Nichts anderes gilt für die sonstigen Hochschulen als Ausbildungsstätten.381 Sie alle sind auf die Verschaffung von Fähigkeiten und Kenntnissen gerichtet, welche die Absolventen in die Lage versetzen sollen, einen Beruf zu ergreifen. Damit stellen sie ebenfalls Ausbildungsstätten im Sinne des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG dar.382 2. Das geschützte Studium Stellen Hochschulen auch Ausbildungsstätten im Sinne des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG dar, so unterfällt das Studium an ihnen zwar in den allermeisten Fällen, aber nicht automatisch dem Schutz dieses Artikels. Da Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG auf die berufliche Ausbildung gerichtet ist, muss das belegte Studium auch ausbilden, d. h. auf einen Beruf vorbereiten, um dem Schutz des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zu unterfallen. Dabei dürfen allerdings keine allzu großen Anforderungen an den ausbildenden Charakter eines Studiums gestellt werden, da die Ausbildungsfreiheit in engem Zusammenhang mit der Berufsfreiheit steht383 und der dortige Berufsbegriff denkbar Das Grundrecht der Berufsfreiheit im Sozialstaat, S. 148. Gerlach, Forschung und Erziehung als Aufgaben der Hochschule, S. 49 f.; Hege, Das Grundrecht der Berufsfreiheit im Sozialstaat, S. 148. 380  BVerfGE 33, 303, Rn. 59; Schneider, VVDStRL 43 (1985), 7 (28); Gerber, Das akademische Immatrikulationsrecht in der Spannung Hochschule und Staat, FS Jahrreiß, S. 45 (47 f.); Erichsen, Jura 1980, 551 (551); Rinken, JuS 1968, 257 (261); Hailbronner, WissR 29 (1996), 1 (14); Zacher, Hochschulrecht und Verfassung – Stellungnahmen, S. 94; Kalisch, DVBl. 1967, 134 (134); Manssen, StR II, Rn. 662; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 63; Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1826; Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 45.1; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 445; Thieme, JZ 1959, 265 (266); Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Art. 12, Rn. 61. 381  Zu den Hochschularten s. Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 49 ff. 382  Zu Fachhochschulen: Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 61; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 12, Rn. 47; Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1826; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 63; Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 45.1. Zu pädagogischen Akademien: Thieme, JZ 1959, 265 (266); Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 89; Manssen, StR II, Rn. 662. Zu künstlerischen Hochschulen: Thieme, JZ 1959, 265 (266). 383  BVerfGE 33, 303, Rn. 58; 59, 172, Rn. 65. 378  Hege, 379  Vgl.

62

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

weit ist.384 Als Mindestanforderung ist jedoch zu verlangen, dass ein berufsqualifizierender Abschluss dieses Studiums möglich sein muss.385 Danach ist das Studium an einer Hochschule dann nicht von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG umfasst, wenn ein Abschluss sicher ausgeschlossen ist oder wenn das Studium von vornherein überhaupt nicht auf eine Berufsvorbereitung gerichtet ist, wie dies bei einem Studium generale der Fall sein dürfte. Bietet der in Aussicht genommene Studiengang einen berufsqualifizierenden Abschluss, so gewährleistet Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG dem Grundrechtsträger die Aufnahme eines solchen Studiums seiner Wahl an einer Hochschule seiner Wahl386. Folgt die Freiheit, überhaupt ein Studium zu ergreifen und dies an einer beliebigen Hochschule zu tun bereits aus dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG, so ergibt sich die Freiheit der Wahl eines bestimmten Studiengangs aus dem Zweck dieser Vorschrift. In zeitlicher Hinsicht schützt dieses Recht den Grundrechtsträger von der Bewerbung für ein Studium bis zum Abschluss desselben.387 Es schützt die Entscheidung des Einzelnen, eine Ausbildung (d. h. auch ein Studium) zu beginnen, fortzusetzen, zu beenden oder abzubrechen.388 3. Die Berechtigten Das Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte steht gem. Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG grundsätzlich nur Deutschen im Sinne des Art. 116 GG zu. EU-Ausländern muss aber wegen Art. 18 AEUV389 der gleiche Schutz wie

384  Zur

Rn. 5.

Definition des Berufsbegriffs s. etwa Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12,

385  BVerfGE 59, 172, Rn. 65; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 453. 386  Zur Rspr. s. o. Fn. 158 und 166. Aus der Literatur: Breinersdorfer, DVBl. 1979, 337 (340); vgl. auch Becker, DÖV 1981, 277 (280). Zur räumlichen Freiheit: Richter, Bildungsverfassungsrecht, S. 115; Clevinghaus, RdJB 1974, 321 (324); Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 17, 19. 387  Spiegelbildlich zur Lehrfreiheit des Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG umfasst Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG dabei etwa die Lernfreiheit, Löwer, HbGR IV, § 99 Rn. 68; Britz, in: Dreier, GG, Art. 5 III (Wissenschaft), Rn. 31; Lindner, in: Hartmer/Detmer, Kapitel 11, Rn. 17; Glaser, Der Staat 47 (2008), 213 (225 f.); a. A. wohl Kempen, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 1, Rn. 97 f. Differenzierend Fehling, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 5 Abs. 3 (Wissenschaftsfreiheit), Rn. 98. 388  Schneider, HbGR V, § 113, Rn. 33. 389  Selbmann/Drescher, DÖV 2010, 961 (966), die als alternative Begründung zusätzlich Art. 21 AEUV anführen. Vgl. auch Hailbronner, WissR 29 (1996), 1 (40) zu Art. 6 Abs. 1 EGV.



I. Freiheit und Hochschulzulassung63

Deutschen gewährt werden.390 Dies wird gemeinhin dadurch erreicht, dass das Schutzniveau des Art. 2 Abs. 1 GG auf das des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG angehoben wird.391 Nicht-EU-Ausländer werden hingegen nur durch Art. 2 Abs. 1 GG392 sowie Art. 3 Abs. 1 GG393 geschützt. Juristischen Personen steht das Recht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG mangels wesensmäßiger Anwendbarkeit im Sinne des Art. 19 Abs. 3 GG nicht zu.394 4. Die Gewährleistungsdimensionen des Zulassungsrechts Der Schutzgehalt von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG selbst hängt maßgeblich von zwei Faktoren ab. Zum einen ist das Stadium des Studiums maßgeblich. Zwar gewährt Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG grundsätzlich Schutz von der Bewerbungsphase bis zur Abschlussprüfung. Da es im Rahmen der vorliegenden Untersuchung jedoch nur um die Hochschulzulassung geht, wird im Folgenden nur auf den Schutz eingegangen, den Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in Bezug auf die Zulassung zum Hochschulstudium gewährt.395 Der zeitlich darauffolgende Schutz wird nicht behandelt. Zum anderen ist entscheidend, über welche Gewährleistungsdimensionen Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG verfügt. Aus diesem Grund werden zunächst die subjektiv-rechtlichen Gewährleistungsdimensionen des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG behandelt, bevor auf objektiv-rechtliche Gesichtspunkte eingegangen wird. Da die Reduktion von Studienkapazitäten sowohl objektivals auch subjektiv-rechtliche Aspekte betrifft, wird dieser Fall im Anschluss gesondert erörtert. 390  EuGH RS. 293/83 – Françoise Gravier gegen Stadt Lüttich, Rn. 26 (zu Studiengebühren und Art. 7 EWG-Vertrag); RS. 184/99 – Grzelczyk gegen Centre public dʼaide sociale dʼOttignies-Louvain-la-Neuve, Rn. 29 ff. (zu Art. 6 und 8 EG-Vertrag); Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 62, 73; Hailbronner, WissR 29 (1996), 1 (40); ders., Auswahlrechte der Hochschulen und Zentrale Studienplatzvergabe, FS E. Stein, 49 (60); Selbmann/Drescher, DÖV 2010, 961 (966). 391  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 96; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 21, Rn. 10; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 34. 392  Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 19; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 96; Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 73; Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht Bd. 1, Rn. 195; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 33; Schneider, HbGR V, § 113, Rn. 47. Allerdings verschafft Art. 2 Abs. 1 GG kein Teilhaberecht, sondern lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Entscheidung über den Zulassungsantrag, Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht Bd. 1, Rn. 199. 393  Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht Bd. 1, Rn. 195. 394  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 96. 395  Insbesondere geht es nicht um die Frage des Zugangs zu Hochschulen, die sich etwa im Fall von Studiengebühren stellt. Dazu s. etwa BVerfGE 134, 1.

64

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

a) Die subjektiv-rechtlichen Dimensionen Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG stellt grundsätzlich ein subjektives Recht dar. Das bedeutet, dass sich der Einzelne auf den Schutzgehalt dieser Norm berufen kann. Der subjektiv-rechtliche Gehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zeitigt jedoch verschiedene Wirkungen, die sich vor allem durch unterschiedliche Rechtsfolgen auszeichnen. Im Folgenden werden zunächst die abwehr- und teilhaberechtlichen Dimensionen des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG dargestellt, bevor untersucht wird, ob aus dieser Vorschrift auch ein Leistungsrecht folgt. aa) Die abwehrrechtliche Dimension Unstreitig schützt Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG die freie Wahl der Ausbildungsstätte vor Eingriffen des Staates.396 Ein Eingriff in ein Abwehrrecht ist dabei dadurch gekennzeichnet, dass der Staat in die Sphäre des Bürgers hinein­wirkt397, diese also „stört“. Das Abwehrrecht verlangt vom Staat dabei grundsätzlich nur ein Unterlassen.398 Im Ausnahmefall kann aus ihm ein Anspruch auf ein Handeln folgen, wenn ein einfaches Unterlassen seitens des Staates voranging und nunmehr nicht genügt, um die Verletzung abzustellen.399 Die abwehrrechtliche Dimension des Zulassungsrechts kann dabei in zwei Bereiche gegliedert werden. In negativer Hinsicht schützt es den Grundrechtsträger vor staatlichem Zwang, gegen seinen Willen studieren zu müssen.400 In positiver Hinsicht schützt es gegen Studienbeschränkungen. Wird allerdings die Zulassung zu einem Studium, einer Hochschule oder einem bestimmten Studium an einer bestimmten staatlichen öffentlichen Hochschule erstrebt, fällt dies nicht unter die abwehrrechtliche Dimension.401 396  BVerfGE 33, 303, Rn. 57; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 97; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, Art. 12, Rn. 65; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 442. 397  BVerfGE 7, 198, Rn. 25; Kloepfer, VerfR II, § 48, Rn. 7; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 17; Stern, StR III/1, S.  558 ff. 398  Hufen, StR II, § 5, Rn. 4; Rüfner, HbGR II, § 40, Rn. 1; Ipsen, StR II, Rn. 91. 399  Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 135 ff.; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 42. 400  Zum status negativus, Kloepfer, VerfR II, § 70, Rn. 38; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 91; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 65. 401  Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 18; Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 322 f.; Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (571); a. A.: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 98; Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 70; Mann, in: Sachs, GG,



I. Freiheit und Hochschulzulassung65

Die einfache Nichtgewähr der staatlichen Leistung „Zulassung“ beschneidet die Rechtssphäre des Grundrechtsträgers nicht, da der Staat nichts ge- oder verbietet. Vielmehr weigert sich der Staat, die Sphäre des Bürgers dadurch zu erweitern, dass er ihm Zugang zu seiner eigenen, staatlichen Sphäre gewährt. Der Staat stört damit nicht die Sphäre des Bürgers aktiv, sondern unterlässt deren Erweiterung. Die erstrebte Leistung (etwa eines klagenden Bewerbers) wäre in solch einem Fall kein Unterlassen des Staates, sondern eine aktive Handlung (die Erteilung der Zulassung sowie in der Folge die Erteilung der Immatrikulation). Diese steht aber in keinem Zusammenhang mit einer irgendwie gearteten vorherigen aktiven Störung, weshalb diese erstrebte Handlung auch nicht ausnahmsweise aus dem Abwehrrecht verlangt werden kann.402 In einem solchen Fall liegt kein Eingriff in die abwehrrechtliche Dimension des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG vor.403 Das Abwehrrecht kann bei der Erschwerung der Hochschulzulassung daher nur dann relevant werden, wenn das Studium an einer nichtstaatlichen Hochschule angestrebt wird.404 bb) Die teilhaberechtliche Dimension Des Weiteren gewährt Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG (je nach Sichtweise auch in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG) unter bestimmten Umständen einen Anspruch auf staatliches Handeln in Form der Teilhabe.405 Dieses Teilhaberecht schützt – in Abgrenzung zum Abwehrrecht – nicht die Freiheit der Sphäre des Bürgers vom Staat. Es gewährt jenem vielmehr – innerhalb der von ihm bereitgestellten Leistungen406 – Zugang zur staatlichen Sphäre. Insoweit ist es zutreffend, dass das Abwehrrecht bei der Frage des Zugangs zu staatlichen Hochschulen in ein Teilhaberecht umschlägt.407 Art. 12, Rn. 91, 168; Schneider, in: HbGR V, § 113, Rn. 123. Uneindeutig insoweit BVerfGE 39, 258, 37. Zu Widerlegung dieser abweichenden Ansicht s. S. 83 f. 402  Schmitt, JuS 1972, 60 (62); Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (570 f.). 403  Bisweilen wird hier zwischen kapazitätsbezogenen Maßnahmen, die anhand des Teilhaberechts gemessen werden sollen, und nichtkapazitätsbezogenen Maßnahmen, die anhand des Abwehrrechts gemessen werden, unterschieden. Mehr dazu s. u. S.  82 ff. 404  Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 442. 405  Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (21); Friesenhahn, Der Wandel des Grundrechtsverständnisses, 50. DJT, G 29; Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 6, 12; Jarass, AöR 120 (1995), 345 (350). Kritisch zur Differenzierung zwischen „originären und derivativen Leistungsrecht“, Rixen, DVBl. 2018, 906 (911). 406  S. o. Fn.  137. 407  Rupp, AöR 92 (1967), 212 (214 f.).

66

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Bisweilen wird davon ausgegangen, dass Teilhabe nur bei der Verteilung knapper Güter in Frage käme.408 Zwar stimmt es, dass Teilhabe regelmäßig nur bei der Verteilung knapper Güter praktisch relevant wird, da zumeist nur in diesen Fällen prozessiert wird. Jedoch ist es durchaus möglich, dass Zugang zu staatlichen Einrichtungen dem Einzelnen auch in Abwesenheit oder unabhängig von der Knappheit bestimmter Güter verwehrt wird. Da es aber auch in diesen Fällen um den Zugang des Einzelnen zur staatlichen Sphäre geht, erstrebt er auch in diesen Fällen Teilhabe. Der Begriff der Teilhabe ist damit nicht abhängig von der Knappheit zu verteilender Güter. Bezogen auf die Hochschulzulassung bedeuten diese Erwägungen, dass Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG als Teilhaberecht die Zulassung des Einzelnen zu öffentlichen409 staatlichen Hochschulen schützt. Insoweit lässt sich, in Abgrenzung zu den anderen Schutzgehalten des Teilhaberechts, auch vom Zulassungsrecht sprechen. Dieses Zulassungsrecht lässt sich wiederum auch als Zulassungsanspruch bezeichnen, wenn es gegenüber der staatlichen Stelle geltend gemacht wird, die über die Zulassung zu einem Studium an einer Hochschule entscheidet. (1) Die Herleitung des Teilhaberechts Inzwischen ist unstreitig, dass es einen Anspruch auf Zulassung zu den Hochschulen gibt. Obgleich nicht ausdrücklich diskutiert, besteht jedoch nach wie vor in zweierlei Hinsicht Uneinigkeit über die Herleitung dieses Teilhaberechts. Einerseits besteht Unklarheit über die Rechtsnatur des Teilhaberechts.410 Andererseits ist unklar, inwieweit das Sozialstaatsprinzip konstitutiver Bestandteil des Teilhaberechts ist. (a) Das Teilhaberecht als relatives Recht Die herrschende Meinung sieht die Grundlage dieses Teilhaberechts in Art. 12 Abs. 1 S. 1  Var. 3 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG411 und WiVerw 2007, 173 (176), wohl auch Lindner, OdW 2018, 275 (277). staatliche Hochschulen sind dabei solche, die nur der Ausbildung des eigenen Personals dienen, wie etwa die Universitäten der Bundeswehr, Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 804. 410  Zur Rechtsprechung s. o. C. II. 2., S. 52 ff. 411  Zur Rspr. s.  o. C. I. 1. a), S. 33 ff. Aus der Literatur: Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (319); Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 65; Engels, Chancengleichheit und Bundesstaatsprinzip, S. 206; Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (97, 120); Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 109; Ossenbühl, NJW 1976, 2100 (2104); Kirchhof, Objektivität und Willkür, FS Geiger, S. 107; Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleis408  Burgi,

409  Nichtöffentliche



I. Freiheit und Hochschulzulassung67

nimmt damit ein Teilhaberecht mit relativer Natur an412. Konstitutives Element des Teilhaberechts ist dann Art. 3 Abs. 1 GG. Er verlangt die Gleichbehandlung von zu Unrecht ungleich Behandelten. Diese lässt sich zwar auf zwei verschiedenen Wegen erreichen, nämlich durch Ausschluss des (zu Unrecht) Begünstigten oder durch Einschluss des (zu Unrecht) Benachteiligten.413 Das Teilhaberecht fordert aber den Einbezug des zu Unrecht Benachteiligten, d. h. abgelehnten Bewerbers. Diese Einbeziehung lässt sich dogmatisch wiederum auf zwei Wegen erreichen. Entweder man lässt den Ausschluss des Begünstigten an Vertrauens- oder Bestandsschutzgesichtspunkten scheitern, sodass eine Gleichbehandlung nur noch durch Einbeziehung des Benachteiligten möglich ist. Oder man nimmt an, dass Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG die von Art. 3 Abs. 1 GG geforderte Gleichbehandlung auf die Möglichkeit der Einbeziehung des zu Unrecht Benachteiligten reduziert.414 In diesem Fall muss man jedoch davon ausgehen, dass Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG die Einbeziehung fordert. Das bedeutet aber, dass das Teilhaberecht bereits aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG angenommen werden kann, weshalb Art. 3 Abs. 1 GG überflüssig wäre. Besteht man also auf einen eigenständigen Beitrag des Art. 3 Abs. 1 GG, ist der erste Weg vorzugswürdig. Die Herleitung des Teilhaberechts durch die herrschende Meinung birgt allerdings einige Probleme. So ist bereits aus dogmatischer Sicht unklar, auf welche Ungleichbehandlung abgestellt wird. Dabei kommen zwei in Betracht. Einerseits könnte es auf die Ungleichbehandlung gegenüber den Mitbewerbern des Bewerbers ankommen, andererseits könnte eine Ungleichbehandlung mit bereits Zugelassenen, also derzeitigen Studenten (des begehrten Fachs an der begehrten Universität) maßgeblich sein. Das Problem der Anknüpfung an erstere Ungleichbehandlung liegt darin, dass eine Ungleichbehandlung in Vergleich zu den Mitbewerbern erst nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens stattfindet. Einen Anspruch auf Zulassung (aus einem Teilhaberecht) kann es dann aber nicht bereits zu Beginn des Zulassungsverfahtungen, S. 141, der aber auch Art. 12 Abs. 1 GG eine „[t]eilhabestiftende Funktion“ zumisst; Ossenbühl, NJW 1976, 2100 (2104), weist sogar ausdrücklich darauf hin, dass der Zugangsanspruch nur aus Art. 3 Abs. 1 GG folge; in diese Richtung gehend auch Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 16. 412  Zu diesem relativen Charakter des Teilhaberechts ausdrücklich Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 443. 413  Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S.  139 f.; Hufen, StR II, § 39, Rn. 18; Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 647; Kloepfer, VerfR II, § 59, Rn. 98. Zur Praxis des BVerfG bei Begünstigungen durch die Gesetzgebung und die Verwaltung, s. Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 648 ff., 661 ff.; Kloepfer, VerfR II, § 59, Rn. 98. 414  Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 139 f. spricht dies zwar nicht aus, dieser Schluss ist aber angesichts seiner Ausführungen nur konsequent.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

rens geben. Außerdem stellt sich bei diesem Ansatz die Frage, warum bei freigebliebenen Studienplätzen die Zulassung sich einklagender Studienbewerber unabhängig von ihrem Rang im Verhältnis zu den ebenfalls abgelehnten Mitbewerbern geschehen soll415, obwohl die Ungleichbehandlung doch gerade auf das Verhältnis zu den Mitbewerbern abstellt und die Rangziffer eben dieses Verhältnis betrifft416. Beide Probleme stellen sich nicht, wenn auf die Gleichbehandlung mit bereits in der Vergangenheit Zugelassenen abgestellt wird. Dann gäbe es bereits zu Beginn des Zulassungsverfahrens ein Teilhaberecht und auch die Unabhängigkeit des Teilhaberechts von der Rangziffer wäre dann nur folgerichtig. Diese bezöge sich dann nämlich auf die Mitbewerber, die aber für die Frage nach dem Bestand des Teilhaberechts nicht relevant wären, da die Ungleichbehandlung mit bereits Zugelassenen das Teilhaberecht konstituieren würde. Allerdings fragt sich in diesem Fall, ob man in der Tatsache, dass der Bewerber noch nicht Zugelassen ist, eine Behandlung durch den Staat sehen kann, was Voraussetzung für eine Ungleichbehandlung wäre. Neben diesen Problemen der dogmatischen Verortung des Teilhaberechts ist aber auch die inhaltliche Begründung des Teilhaberechts des Bundesverfassungsgerichts wenig überzeugend. Dieses leitet das Teilhaberecht (auch) aus Art. 3 Abs. 1 GG her und begründete (im Jahr 1972) die Notwendigkeit eines solchen aber mit dem faktische Monopol des Staates im Hochschul­ wesen.417 Für Art. 3 Abs. 1 GG ist aber unerheblich, ob der Staat über ein Monopol im Ausbildungswesen verfügt. Die Abwesenheit eines staatlichen Ausbildungsmonopols ist nicht geeignet, eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Entweder er schuldet Gleichbehandlung, oder er tut dies nicht. Darüber hinaus weist der Schutz eines auf Art. 3 Abs. 1 GG basierenden Teilhaberechts strukturelle Lücken auf. So verschafft ein Teilhaberecht, das (auch) auf Art. 3 Abs. 1 GG gestützt wird, lediglich relativen Schutz418, da die Voraussetzung für den Schutz durch Art. 3 Abs. 1 GG die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem ist.419 Fehlt es daran, ist bereits der

415  S. o.

Fn.  174. Fn.  173; Haas, DVBl. 1974, 22 (23). 417  BVerfGE 33, 303, Rn. 60. In BVerfGE 147, 253 fehlt aber diesbezüglich jegliche Andeutung. 418  Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 443. Speziell zum geringeren Schutz durch ein Gleichheitsrecht im Fall der Hochschulzulassung: Lindner, OdW 2018, 275 (277). 419  Statt aller: BVerfGE 1, 14, Rn. 139; 49, 148, Rn. 39; Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 14. Zur unterschiedlichen Verortung der „wesentlichen Vergleichbarkeit“ s. Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 82. 416  S. o.



I. Freiheit und Hochschulzulassung69

„Schutzbereich“420 des Teilhaberechts nicht eröffnet. Dadurch können Schutzlücken unterschiedlicher Art entstehen, je nachdem auf welche der beiden möglichen Ungleichbehandlungen abgestellt wird. So kann es in dem Fall, in welchem es auf die Gleichbehandlung mit den Mitbewerbern ankommt, nur dann ein Teilhaberecht geben, wenn es tatsächlich Mitbewerber gibt. Geht es hingegen um die Gleichbehandlung mit den bereits Zugelassenen, so entsteht eine Schutzlücke, wenn etwa eine neue Hochschule eingerichtet oder ein neuer Studiengang eingeführt wurde, da dann noch niemand bereits zugelassen wurde. Mag der erste Fall selten vorkommen, so werden doch jährlich etliche neue Studiengänge eingeführt.421 Zwar ließen sich diese Probleme womöglich über die Figur der antizipierten422 Selbstbindung423 der zulassenden Stelle lösen, die eine Ungleichbehandlung fingiert424. Das Pro­ blem würde dadurch aber nur für die Fälle behoben, in denen das Teilhaberecht gegenüber der Verwaltung geltend gemacht wird. Auf den Gesetzgeber ist die Figur der antizipierten Selbstbindung der Verwaltung nicht anwendbar, weshalb insoweit weiterhin Schutzlücken bestünden.425 Unabhängig davon, an welche Ungleichbehandlung angeknüpft wird, entsteht eine weitere Schutzlücke dann, wenn der Staat die Zulassung für alle gleichermaßen erschwert. Da in diesem Fall keine Ungleichbehandlung vorliegt, könnte die entsprechende Maßnahme nicht anhand des Teilhaberechts überprüft werden. Schließlich sind auch die Rechtfertigungsanforderungen im Hinblick auf das Teilhaberecht bei der Herleitung über Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 in Ver420  Bei Gleichheitsrechten wird teils nicht vom Schutzbereich gesprochen, Pietzker, HbGR V, § 125, Rn. 32; dagegen aber Kirchhof, HStR VIII, § 181, Rn. 190; Heun, in: Dreier, GG, Art. 3, Rn. 29. 421  So hat sich die Zahl der Studiengänge an deutschen Hochschulen vom WS 2007/08 bis zum WS 2021/22 von 11.265 auf 20.951 fast verdoppelt: Hochschulrektorenkonferenz, Statistische Daten zu Studienangeboten an Hochschulen in Deutschland, S.  9 f. 422  BVerwGE 52, 193, Rn. 20; BVerwG, DVBl. 1982, 195, Rn. 16; ZBR 1995, 238, Rn. 8; OVG Münster NWVBl 2016, 282, Rn. 7; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 40, Rn. 54, 60; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 40, Rn. 112; Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24, Rn. 27 f. 423  Die Selbstbindung folgt primär aus Art. 3 Abs. 1 GG: BVerwGE 118, 379, Rn. 14; Sachs, HStR VIII, § 183, Rn. 137; Stuhlfauth, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, § 40, Rn. 40; Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 40, Rn. 248; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 40, Rn. 104. Daneben kann sie sich auch aus dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutz ergeben: BVerwGE 148, 48, Rn. 55; Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 40, Rn. 248; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 40, Rn. 104; Stuhlfauth, in: Obermayer/ Funke-Kaiser, VwVfG, § 40, Rn. 40. 424  Vgl. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24, Rn. 27 f. 425  Zur Bindung auch des Gesetzgebers durch das Teilhaberecht Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 85.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

bindung mit Art. 3 Abs. 1 GG unklar. So können die Maßstäbe des Art. 3 Abs. 1 GG, die des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG oder eine Mischung aus beiden gelten. Das Bundesverfassungsgericht unterzieht die quantitative Zulassungsbeschränkung in Form des absoluten Numerus clausus einer Verhältnismäßigkeitsprüfung.426 Bei der Anknüpfung des Teilhaberechts an Art. 3 Abs. 1 GG wäre es konsequent, den Maßstab der Verhältnismäßigkeit auch diesem zu entnehmen. Nach wohl herrschender Auffassung, jedenfalls aber nach bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung, ist dies grundsätzlich auch möglich.427 Dabei bestehen aber Unterschiede zur freiheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung.428 So wird bei der freiheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung die Schwere der Freiheitsbeeinträchtigung dem erstrebten Zweck gegenübergestellt.429 Im Hinblick auf die gleichheitsrecht­ liche Verhältnismäßigkeitsprüfung wird jedoch überwiegend davon ausgegangen, dass das Ausmaß der Differenzierung mit dem Differenzierungsziel abzuwägen ist.430 Anders als die freiheitsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung setzt dies wiederum die Ungleichbehandlung mit einer anderen Person voraus. Fehlt es daran, lässt sich eine Schutzlücke ebenfalls nur über eine Fiktion vermeiden. Je nach Auffassung vom Inhalt der gleichheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung431 können sich womöglich auch im Abwägungs­

426  BVerfGE 33, 303, Rn. 68, 74; 43, 34, Rn. 25; 54, 173, Rn. 44; 59, 172, Rn. 65 (allerdings zur Überprüfung anhand von Art. 2 Abs. 1 GG anstelle von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG); 66, 155, Rn. 58. Der Numerus clausus sei nur zulässig „in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandene […] Ausbildungskapazitäten“, BVerfGE 33, 303, Rn. 70. Ebenso BVerfGE 39, 258, Rn. 27; 43, 34, Rn. 25; 54, 173, Rn. 40; 85, 36, Rn. 65. 427  S. o. Fn.  365. Diese Möglichkeit nimmt das BVerfG jedoch nur sehr selten in Anspruch (Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 105; ebenso Heun, in: Dreier, GG, Art. 3, Rn. 23) in den wenigen Fällen, in denen dies geschieht, sind auch Freiheitsrechte einschlägig, auf die sich die Verhältnismäßigkeitsprüfung tatsächlich bezieht (Pietzker, HbGR V, § 125, Rn. 33). Insoweit bestehen Zweifel, ob sich eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen eines Gleichheitsrechts überhaupt vornehmen lässt (Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 34 ff.; Kirchhof, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 243 ff.; Wollenschläger, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 97, 115, 127 ff.; Heun, in: Dreier, GG, Art. 3, Rn.  28 ff.; Pietzker, HbGR V, § 125, Rn. 33, 37 f.). 428  Kirchhof, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 243; Pietzker, HbGR V, § 125, Rn. 33. 429  Allg. A., statt aller: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Vorb. vor Art. 1, Rn. 46. 430  BVerfGE 102, 68, Rn. 72; 129, 49, Rn. 64; 138, 136, Rn. 156; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 21 f.; Manssen, StR II, Rn. 925; Sachs, in: Stern, StR IV/2, S. 1568 ff.; kritisch Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 115, 127 ff. 431  Zum Meinungsstand allgemein: Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 103 ff.



I. Freiheit und Hochschulzulassung71

ergebnis Unterschiede zu dem der freiheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung ergeben.432 Im Vergleich dazu erscheint es vorzugswürdig, die Anforderung der Verhältnismäßigkeit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zu entnehmen.433 Für dieses Vorgehen spricht auch, dass die vielfach herangezogene Dreistufen­ theorie vom Bundesverfassungsgericht für die Berufsfreiheit entwickelt wurde. Wendete man sie aber auch im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 GG an, so würde sich die Frage stellen, wieso die Rechtfertigungsanforderungen des Art. 12 GG gelten, wenn doch nur ein relativer Schutz gewährt wird. Für eine sachlich und rechtliche brauchbare Herleitung des Teilhaberechts sind damit drei Bereiche ins Auge zu fassen. Zum ersten müssen angemessen Ergebnisse möglichst unter Vermeidung dogmatischer Brüche zu erreichen sein. Daneben sind zum zweiten inhaltliche Schutzlücken zu vermeiden. Schließlich ist drittens zu klären, welche Rechtfertigungsanforderungen an die Beschränkung des Teilhaberechts zu stellen sind. (b) Das Teilhaberecht als absolutes Recht Vorzugswürdig ist die Herleitung des Teilhaberechts alleine aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3  GG.434 Eine solche Herleitung entgeht nicht nur den Pro­ blemen und Unklarheiten der Herleitung aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG. Sie gewährt auch einen absoluten Schutz der Zulassung an Hochschulen und vermeidet damit die Schutzlücken in den Ansätzen der herrschenden Meinung. Hierzu reicht es aber nicht aus, mit den genannten Vorzügen zu argumentieren. Vielmehr muss sich das Teilhaberecht auch dogmatisch allein aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG herleiten lassen. 432  Dafür: Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 35 ff.; Pietzker, HbGR V, § 125, Rn. 33. Dagegen: Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 22 ff. 433  Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 142. Vgl. auch Pietzker, HbGR V, § 125, Rn. 33, in der Sache werde bei der Prüfung der gleichheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeit regelmäßig der Freiheitseingriff berücksichtigt. 434  Zu vereinzelten Hinweisen darauf in der Rspr. s. o. Fn. 333. In der Literatur etwa: Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 57; Sachs, Vor Art. 1, Rn. 49; Stern, StR III/1, S. 704 (allerdings unter Verweis auf BVerfGE 33, 303, das genau dies nicht annimmt); Kempen, in: Hartmer/ Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 1, Rn. 102; Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (25); Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, 813 (826); Hufen, StR II, § 35, Rn. 42; Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1916; wohl auch: Kalisch, DVBl. 1967, 134 (135); Hufen, JuS 2018, 305 (305); Gallwas, JZ 1969, 320 (320); Lübbe-Wolff, Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, S. 233; Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (573). Ausdrücklich eine freiheitsrechtliche Behandlung des Teilhaberechts befürwortend: Lindner, OdW 2018, 275 (277 f.).

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Für eine solche Herleitung ist der Wortlaut von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG („Alle Deutschen haben das Recht, [ihre] Ausbildungsstätte frei zu wählen.“) allerdings unergiebig.435 Was die historische Auslegung des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG anbelangt, so zog das Bundesverfassungsgericht aus den Protokollen des Parlamentarischen Rats folgende Schlüsse: „Bei der Einfügung dieses Rechts in das Grundgesetz und ebenso bei seiner anfänglichen Auslegung stand zunächst der Gedanke im Vordergrund, Art. 12 Abs. 1 GG gewähre dem Einzelnen ein Abwehrrecht gegen Freiheitsbeschränkungen im Ausbildungswesen. So wurde bei den Beratungen im Hauptausschuß des Parlamentarischen Rates betont, es müsse unter allen Umständen die Freiheit gesichert werden, zwischen den verschiedenen Universitäten wählen und bei besonders hervorragenden Lehrern hören zu können, um sich entsprechend vielseitig auszubilden; auch sei zu verhindern, daß einzelne Länder an ihren Universitäten nur Landeskinder studieren ließen (StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19. Januar 1949, S. 575 ff.)“436

Es ging also davon aus, dass Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG aus Sicht des Parlamentarischen Rats ein Abwehrrecht darstellen sollte.437 Für eine solche Auslegung spricht, dass der Parlamentarische Rat in der Tat den Fokus auf die klassischen Grundrechte legen wollte.438 Diese Passage der Protokolle entstammt jedoch einer Zeit, in der die Aufnahme der Ausbildungsfreiheit noch nicht in Erwägung gezogen wurde und man die Aufnahme der Berufsfreiheit in das Grundgesetz noch als problematisch ansah.439 Ihre Aussagekraft für die Auslegung eines noch nicht einmal angedachten Grundrechts ist dementsprechend gering. Darüber hinaus war auch im Parlamentarischen Rat bereits nicht ganz klar, was unter den klassischen Grundrechten zu verstehen

435  Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S.  9 f.; Schmitt, JuS 1972, 60 (63); v. Brünneck, DÖV 1984, 993 (998); Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S.  27 f., 42; Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 196; Thieme, JZ 1959, 265 (267). A. A. unzutreffend Kloepfer, VerfR II, § 70, Rn. 38. 436  BVerfGE 33, 303, Rn. 57. Die unterschiedliche Zitierung der Seitenzahlen der stenographischen Protokolle des Parlamentarischen Rats rührt daher, dass das BVerfG eine andere Ausgabe als die hier benutzte (Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949) verwendete. 437  Wie das Bundesverfassungsgericht auch Thieme, JZ 1959, 265 (267). 438  Dr. Bergsträsser, Stenographisches Protokoll der Dritten Sitzung des Grundsatzausschusses vom 21.9.1948, S. 32 und Zinn, Stenographisches Protokoll der Dritten Sitzung des Grundsatzausschusses vom 21.9.1948, S. 34 f., beides in Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 439  Dr. Bergsträsser, Stenographisches Protokoll der Dritten Sitzung des Grundsatzausschusses vom 21.9.1948, S. 58, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949.



I. Freiheit und Hochschulzulassung73

sei. So verstanden bereits die Koreferenten Unterschiedliches darunter.440 Entscheidend muss vielmehr sein, welches Verständnis des Grundrechts­ inhalts der Diskussion im Parlamentarischen Rat über die Zulässigkeit eines Numerus clausus vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zugrunde lag. Schaut man sich die Protokolle dabei näher an, so legen sie einen anderen Schluss als die Beschränkung auf ein Abwehrrecht nahe: Dr. Greve: „Ich möchte kurz noch einiges zu der Bestimmung über die freie Wahl der Ausbildungsstätte sagen. Es ist meines Erachtens nicht möglich, die […] Formulierung, wie sie jetzt gefunden ist, beizubehalten. Wenn jedem Bundesangehörigen das Recht zustehen soll, die Ausbildungsstätte frei zu wählen, dann würde diesem Recht jede Bestimmung entgegenstehen, die einen numerus clausus […] an deutschen Hochschulen vorsieht. Wenn ich auch grundsätzlich Anhänger des Gedankens bin, daß es jedem freistehen soll, der eine Hochschule besuchen will, seine Ausbildungsstätte dort zu wählen, wo er selbst es für am richtigsten hält, so glaube ich doch, daß wir für die absehbare Zukunft nicht ohne eine bestimmte Einschränkung des Studiums in gewissen Disziplinen an allen deutschen Universitäten auskommen werden.“441 Daraufhin erwiderte der Vorsitzende Dr. Schmid: „Das Prinzip des numerus clausus steht dem nicht entgegen. Genau so, wie jeder Kranke das Krankenhaus wählen kann, in das er gehen will, sich aber, wenn es voll ist, ein anderes suchen muß, ist es auch bei den Universitäten. Wenn eine Universität nur 3000 Studenten faßt, und es sind 4000 da, dann ist die Universität eben nicht mehr aufnahmefähig. Dann müssen die betreffenden Studenten wo anders hingehen. Die Bestimmung soll verhindern, daß etwa ein Land erklärt: An unseren Universitäten dürfen nur Landeskinder studieren […].“442 Diesen Ausführungen schloss sich Kaufmann an.443

440  So beträfen diese Grundrechte allesamt nach Dr. Bergsträsser das „Verhältnis der Einzelpersönlichkeit zum Staate“, Stenographisches Protokoll der Dritten Sitzung des Grundsatzausschusses vom 21.9.1948, S. 32, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. Zinn verstand hingegen darunter „das allgemeine Freiheitsrecht, das Recht der persönlichen Freiheit, das Recht der Meinungsfreiheit, das Recht der Pressefreiheit, das Recht der Gewissens- und Glaubensfreiheit, die Gleichheit vor dem Gesetz“, Stenographisches Protokoll der Dritten Sitzung des Grundsatzausschusses vom 21.9.1948, S. 35, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 441  Stenographisches Protokoll der 44. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19.1.1949, S. 1396, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 442  Stenographisches Protokoll der 44. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19.1.1949, S. 1397, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 443  Stenographisches Protokoll der 44. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19.1.1949, S. 1397, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Dr. Seebohm fügte noch an: „Die Möglichkeit für die Studenten, zwischen Universitäten oder Hochschulen zu wählen, um sich entsprechend vielseitig auszubilden, bei besonders hervorragenden Lehrern zu hören und sich dort ihre Bildung zu erwerben, muß unter allen Umständen gesichert werden. […] Ein numerus clausus ergibt sich ganz automatisch eben dadurch, daß dann, wenn eine Universität oder eine andere Ausbildungsstätte überfüllt ist, niemand mehr aufgenommen werden kann, und zwar unabhängig von der Möglichkeit der Studenten, frei zu wählen.“444

Diese Diskussion lässt sich für die Frage nach der Herleitung eines Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG fruchtbar machen. Zwar benutzen die Redner die Begriffe Abwehr- und Teilhaberecht nicht. Das ist jedoch nicht weiter verwunderlich, schließlich beinhalteten die Grundrechte aus Sicht des Parlamentarischen Rats das, was seine Mitglieder darunter verstanden. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Diskussion ein Verständnis von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zugrunde lag, das – nach heutiger Terminologie – dem eines Teilhaberechts entspricht. Ausgangspunkt ist dabei, dass die Mehrheit der soeben zitierten Mitglieder des Hauptausschusses nicht davon ausging, dass Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG einem Numerus clausus entgegenstehe.445 Dieses Ergebnis lässt sich – aus heutiger Sicht – dogmatisch auf zwei Wegen erreichen. Versteht man Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG als reines Abwehrrecht, ist die Abweisung eines Bewerbers aus Kapazitätsmangel kein Problem, da der Schutzgehalt des Abwehrrechts gar nicht berührt ist.446 Versteht man Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG hingegen als Teilhaberecht an den vorhandenen Hochschulkapazitäten, ist ein Numerus clausus jedenfalls bei tatsächlicher Erschöpfung der Kapazitäten447 durchaus verfassungsrechtlich zulässig.

444  Stenographisches Protokoll der 44. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19.1.1949, S. 1398 f., in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 445  Dazu die Redebeiträge von Dr. Schmid (s. Fn. 442), Kaufmann (s. Fn. 443) und Dr. Seebohm (s. Fn. 444). Dafür spricht zudem, dass die heutige Fassung des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG trotz dieser Debatte in der dritten Lesung ohne Gegenstimme (stenographisches Protokoll der 47. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 8.2.1949, S. 1494, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949) und in der vierten Lesung mit nur einer Gegenstimme angenommen wurde (stenographischem Protokoll der 57. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 5.5.1949, S. 1789, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949). 446  So auch Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 322 f. und Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (571). Dazu s. a. D. I. 4. a), S. 64 ff. 447  Von diesem Fall gingen die Redner anscheinend aus. Ob die Aufnahmekapazität eine wertungsabhängige Größe ist, wurde nicht erwogen.



I. Freiheit und Hochschulzulassung75

Den Mitgliedern des Hauptausschusses war deutlich daran gelegen, den Zugang und auch die Zulassung zu den Universitäten zu schützen. Abwehrrechtlich aufgefasst werden könnte zwar die Aussage von Dr. Seebohm, dass ein Numerus clausus unabhängig von der Wahlmöglichkeit der Studenten eintrete.448 Dieser Satz ergibt jedoch auch bei teilhaberechtlicher Auffassung Sinn, da dessen Grenze jedenfalls erreicht ist, wenn die vorhandenen Kapazitäten erschöpft sind.449 Für letztere Art der Auslegung spricht auch, dass die Verweigerung der Aufnahme in eine Universität abwehrrechtlich eben gar kein Problem darstellen kann, wenn sich die Diskussion nicht nur auf nichtstaatliche Universitäten bezog. Dann gewährt Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG nämlich gar kein Recht auf Zugang und Zulassung zu staatlichen Universitäten.450 Dass aber ausschließlich über nichtstaatliche Universitäten gesprochen wurde, liegt aus mehreren Gründen fern. So bezog sich Dr. Schmid ausdrücklich darauf, dass Bundesländer nur Landeskinder zu ihren Universitäten zuließen451, weshalb zumindest er von staatlichen Hochschulen sprach. Auch wollte Dr. Seebohm die Möglichkeit der Studenten „zwischen Universitäten oder Hochschulen zu wählen, um sich entsprechend vielseitig auszubilden, bei besonders hervorragenden Lehrern zu hören und sich dort ihre Bildung zu erwerben […] unter allen Umständen“452 sichern, was für die Einbeziehung staatlicher Hochschulen spricht. Zudem wurde die Variante 3 in Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG auf Anregung von Dr. Bergsträsser auf die Bitte von Studenten hin eingefügt.453 Deren Interessen entsprach es aber, auch staatliche Universitäten unter diese Norm zu fassen. Naheliegend ist daher, dass der Parlamentarische Rat auch Zugang und Zulassung zu staatlichen Universitäten als von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG geschützt wissen wollte. In der Sache gingen also die Beteiligten davon aus, dass Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG (auch) ein Recht auf Teilhabe an staatlichen Universitäten beinhalte.

448  Stenographisches Protokoll der 44. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19.1.1949, S. 1398 f., in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 449  S. o. Fn.  137. 450  S. o. D. I. 4. a), S. 64 ff. 451  S. o. Fn.  442. 452  Stenographisches Protokoll der 44. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19.1.1949, S. 1398, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 453  Stenographisches Protokoll der 28. Sitzung des Grundsatzausschusses des Parlamentarischen Rats vom 3.12.1948, S. 801, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. Vgl. den Beitrag von Dr. Eberhard, Stenographisches Protokoll der 44. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19.1.1949, S. 1394 f., in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Die Diskussion lässt sich auf Basis der heutigen Dogmatik demnach so zusammenfassen: Während Dr. Greve anfangs Vorbehalte gegen ein Teilhaberecht hatte, da die Kapazitäten der Universitäten nicht ausreichen könnten, um alle Studierwilligen aufzunehmen, entgegneten Dr. Schmid und Dr. Seebohm dem, dass dieses Recht (faktisch) durch die vorhandenen Kapazitäten begrenzt sei und ein Numerus clausus deshalb durch einen (auch teilhaberechtlichen) Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG nicht verhindert werde. Die historische Auslegung spricht danach für eine alleinige Herleitung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG. Systematische Erwägungen gegen die Herleitung des Teilhaberechts greifen ebenfalls nicht durch. Zieht man dazu andere Freiheitsrechte – wie etwa die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 1, 2 GG454 – heran, ist die Voraussetzung für den Schluss von Einem auf das Andere, also hier von der Berufsfreiheit auf die Ausbildungsfreiheit, zunächst die Vergleichbarkeit von beidem. Obwohl Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in einem Satz gemeinsam mit der Berufsfreiheit steht, lässt sich aber nicht vom Einen auf das Andere schließen. Denn der Aspekt des Zugangs zu Berufen im öffentlichen Dienst ist schon deshalb nicht von der Berufsfreiheit erfasst, weil das Grundgesetz mit Art. 33 Abs. 2 GG eine spezielle Norm für den Zugang zu diesen Berufen enthält.455 Dabei ist das öffentliche Amt im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG weit zu verstehen456, sodass nicht nur Beamte, Richter und Soldaten, sondern auch Angestellte des öffentlichen Dienstes erfasst sind457. Die Frage der Teilhabe für den Bereich der Berufsfreiheit wurde damit sozusagen aus der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG ausgeklammert, da mit Art. 33 Abs. 2 GG dafür eine spezielle Norm vorhanden ist. Da Art. 33 Abs. 2 GG sich jedoch nur auf solche staatliche Ausbildungsverhältnisse bezieht, die ausschließlich auf den öffentlichen Dienst vorbereiten458, stellt sich im Unterschied zum Fall der Berufsfreiheit die Frage der Teilhabe im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG. Damit lässt sich aus dem Fehlen eines Teilha454  Der Berufsfreiheit kommt dabei kein Teilhabegehalt zu, vgl. Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S. 11 ff.; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 7. 455  Zur Spezialität des Art. 33 Abs. 2 GG im Verhältnis zur Berufsfreiheit: Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 206 f., zur Situation bei Angestellten im öffentlichen Dienst, Rn. 208 ff. 456  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 33, Rn. 12; Bickenbach, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 33, Rn. 58; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Art. 33, Rn. 84 f. 457  Hense, in: BeckOK, GG, Art. 33, Rn. 9; Pieper, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Art. 33, Rn. 25. 458  Pieper, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Art. 33, Rn. 39; Badura, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 33, Rn. 23; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Art. 33, Rn. 85; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 33, Rn. 12; Bickenbach, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 33, Rn. 62.



I. Freiheit und Hochschulzulassung77

berechts in der Berufsfreiheit nicht auf das Fehlen eines solchen im Rahmen der Ausbildungsfreiheit schließen. Gegen diese systematische Auslegung lässt sich auch nicht die Existenz der Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 2 GG als Argument anführen. Was Art. 3 Abs. 1 GG anbelangt, so enthält die Diskussion des Parlamentarische Rats zum Numerus clausus keinen Hinweis auf gleichheitsrechtliche Aspekte. Außerdem vermittelt Art. 3 Abs. 1 GG, wie bereits festgestellt, lediglich einen relativen Schutz, der nicht mit dem absoluten Schutz durch ein Freiheitsrecht identisch ist und teilweise sogar dahinter zurückbleibt.459 Was Art. 33 Abs. 2 GG betrifft, so wird dieses Recht verbreitet als besonderer Gleichheitssatz eingestuft.460 Man könnte also überlegen, ob ein systematischer Gleichlauf der Ausbildungsfreiheit mit dessen Regelungsgehalt nicht für einen lediglich gleichheitsrechtlichen Schutz der Teilhabe und damit ein relatives Teilhaberecht spräche. Dabei ist aber zum einen angesichts der oben aufgeführten Schutzlücken bei einem relativen Teilhaberecht bereits zweifelhaft, ob Art. 33 Abs. 2 GG wirklich nur ein Gleichheitsrecht enthält. Pro­ bleme können hier – analog zur Situation bei der gleichheitsrechtlichen Herleitung des Teilhaberechts461 – entstehen, wenn sich nur ein (ausreichend geeigneter) Bewerber auf ein öffentliches Amt bewirbt. Ob sich diese Situation dadurch lösen ließe, dass stattdessen auf die Ungleichbehandlung mit anderen, bereits im öffentlichen Dienst Tätige abgestellt wird, bedarf hier nicht der Klärung. Denn selbst in diesem Fall verblieben für das hier infrage stehende Teilhaberecht die oben aufgeführten Schutzlücken. Systematische Argumente stehen einer Herleitung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG daher nicht entgegen. Legt man Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG nach seinem Zweck aus, so ist nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben, die die juristische Wirkungskraft der betreffenden Norm am stärksten entfaltet“462. Wird demnach der Zweck des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG umfassender verwirklicht, wenn die Ausbildungsfreiheit neben einem Abwehrrecht auch ein Teilhaberecht beinhaltet, so ist diese Auslegung vorzuziehen. Zweck der Ausbildungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG ist es, dem Einzelnen grundrechtlichen Schutz zu gewähren, damit dieser eine Aus459  Zur Schwäche des Schutzes durch ein Gleichheitsrecht im Vergleich zu einem solchen durch ein Freiheitsrecht auch Lindner, OdW 2018, 275 (277). 460  Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Art. 33, Rn. 73; Sachs, in: Stern, StR IV/2, S. 1815; Badura, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 33, Rn. 35. 461  S. insoweit zu Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG oben D. I. 4. a) bb) (1) (a), S. 66 ff. 462  BVerfGE 6, 55, Rn. 52.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

bildung aufnehmen und abschließen kann, auf deren Basis er dann von seiner Berufsfreiheit Gebrauch machen kann. Insoweit besteht ein enger Zusammenhang zwischen Ausbildungsfreiheit und Berufsfreiheit.463 Anders als im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich bei Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG das faktische Monopol des Staates im Hochschulwesen464 fruchtbar machen. Angesichts dieses Monopols würde der Zweck des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG leerlaufen, wenn es nur im nichtstaatlichen, nicht aber im staatlichen Bereich grundrechtlichen Schutz gäbe465. Aber auch soweit kein staatliches Monopol gegeben sein sollte, spricht der Zweck des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG dafür, dem Einzelnen ein Teilhaberecht bezüglich staatlicher Hochschulen zuzugestehen.466 Auch ohne staatliches Monopol ist ein bestimmter, vom Staat angebotener Studiengang vielfach Voraussetzung für das Ergreifen eines bestimmten Berufs. Der weiterhin bestehende enge Zusammenhang der Ausbildungsfreiheit mit der Berufsfreiheit spricht daher auch in einer solchen Situation für die Herleitung eines Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG.467 Sowohl aus historischen, aber auch aus teleologischen Erwägungen folgt somit ein Teilhaberecht im Hinblick auf staatliche öffentliche Hochschulen allein aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG. (c) Das Teilhaberecht unter dem Aspekt des Sozialstaatsprinzips Ursprünglich sah das Bundesverfassungsgericht auch das Sozialstaatsprinzip als konstitutives Element des Teilhaberechts an.468 Zwar taucht dieses als Bestandteil des Teilhaberechts in seiner neuesten Entscheidung nicht mehr auf, jedoch verzichtete das Bundesverfassungsgericht auch in der Vergangenheit teils darauf, nur um es in späteren Entscheidungen wieder aufzugreifen.469 Insoweit lässt sich aus dem neuesten Urteil noch nicht auf die endgül463  BVerfGE 33, 303, Rn. 58; Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 43; Schneider, VVDStRL 43 (1985), 7 (29). Dazu s. auch S. 143 f. 464  BVerfGE 33, 303, Rn. 60. Ebenso Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 56; Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 573 f.; Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (164); Glaser, Der Staat 47 (2008), 213 (226). Inzwischen dürfte dieses Monopol wesentlich schwächer ausgeprägt sein. „Marktbeherrschend“ ist der Staat aber wohl immer noch. 465  Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 85; Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 56 f. 466  Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 57. 467  Vgl. auch Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1917. 468  S. o. Fn.  151. Ebenso Häberle, DÖV 1972, 729 (730). 469  S. o. Fn.  153.



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tige Aufgabe des Sozialstaatsprinzips als anspruchsbegründende Komponente schließen.470 Grund für die ursprüngliche Berufung auf das Sozialstaatsprinzip mag gewesen sein, dass mit seiner Hilfe die überkommene Grundrechtsdogmatik aufgebrochen werden sollte.471 Außerdem erwog das Bundesverfassungsgericht ein Leistungsrecht472, freilich ohne terminologisch zwischen Teilhabeund Leistungsrecht zu differenzieren. Das Sozialstaatsprinzip mag auch zu dessen Ermöglichung herangezogen worden sein. Dies würde zwar die Herleitung des Teilhaberechts nicht betreffen, sodass das Sozialstaatsprinzip dann für die Zwecke des Teilhaberechts überflüssig wäre. Aber auch zur Herleitung des Teilhaberechts ist das Heranziehen des Sozialstaatsprinzips nicht gerade fernliegend. Es besteht nämlich auf verschiedenen Ebenen eine gewisse Nähe der Hochschulthematik zu typisch sozialstaatlichen Themen. So zeigt vor allem das Leerlauf-Argument473, dass es um die faktischen Vo­ raussetzungen des Schutzes der Ausbildungsfreiheit geht. Dieser Schutz der faktischen Grundrechtsvoraussetzungen wird aber regelmäßig im Sozialstaatsprinzip verankert.474 Zudem wird teils eine gewisse Nähe des Sozialstaatsprinzips zum Bildungsbereich gesehen475, der bei Fragen der Hochschulzulassung betroffen ist. Darüber hinaus besteht generell eine gewisse Nähe zwischen Gleichheitssatz und Sozialstaatsprinzip476, welches den Ausgleich von Nachteilen (hier womöglich der abgelehnten Bewerber) bezweckt.477 Letztlich ist das Sozialstaatsprinzip jedoch zur Begründung des Teilhaberechts unnötig478, wie schon die Protokolle des Parlamentarischen Rats zei470  Anders

Wiemers, NVwZ 2018, 252 (252 f.); Fehling, RdJB 2018, 100 (103). Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (92 ff.); kritisch Stern, StR I, S. 933 ff. Zur Entwicklung der ‚sozialstaatlichen‘ Grundrechtstheorie s. Heinig, Der Sozialstaat im Dienste der Freiheit, S. 361 ff. 472  S. o. Fn.  205. 473  S. o. Fn.  254. 474  Zacher, HStR II, § 28, Rn. 69 (Zugang zur Normalität), 73 (Zugang zu beruflicher Ausbildung); Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 159; Huster/Rux, in: BeckOK, GG, Art. 20, Rn. 216; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20, VIII., Rn. 17. 475  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 162; Kloepfer, VerfR I, § 11, Rn. 9; Badura, StR, D, Rn. 37. 476  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 166; Huster/Rux, in: BeckOK, GG, Art. 20, Rn. 216a; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20, VIII., Rn. 31. 477  Zacher, HStR II, § 28, Rn. 25, 86, 89; Robbers, in: Bonner Kommentar GG, Art. 20 Abs. 1, Rn. 1494; vgl. auch Gröpl, StR I, Rn. 667. 478  So auch Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 137; Wiemers, NVwZ 2018, 252 (252 f.); a. A. wohl Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 86, 112. 471  Vgl.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

gen, die sich trotz Diskussion über den Zugang zu Universitäten an keiner Stelle auf es beziehen. Aber auch, wenn das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG hergeleitet wird, ist die Ungleichbehandlung das konstitutive Element dieser Herleitung und das Sozialstaatsprinzip insoweit überflüssig. Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass das Teilhaberecht allein aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG folgt. (2) Der Schutzgehalt des Teilhaberechts Das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG umfasst bezogen auf die Aufnahme eines Studiums sowohl das Recht auf Zugang479 zu Hochschule und Studiengang als auch das Recht auf Zulassung480. Was den Verlauf des Studiums, also die Phase des Studierens, betrifft, so ist die Fortsetzung des Studiums inklusive aller dazu erforderlichen Tätigkeiten, dessen Abschluss, aber auch der Abbruch des Studiums geschützt.481 Im Folgenden soll näher auf den Inhalt des Rechts auf Zulassung eingegangen werden. Dieses Zulassungsrecht schützt sowohl die Zulassung zum ersten Semester482, wie auch den Quereinstieg483, d. h. die Zulassung zu höheren Semestern. Des Weiteren ist auch der Wechsel von Studiengang484 und Hochschule485 geschützt. Es wird dabei nicht durch seine vormalige Inanspruchnahme verbraucht.486 Geschützt ist also die Zulassung zum Erststudium, aber auch die zu gleichzeitigen487 oder späteren488 weiteren Studien. Auch sind 479  BVerfGE 134,

1, Rn. 36 ff. 303, Rn. 60; 59, 172, Rn. 52; 147, 253, Rn. 106. 481  Schneider, HbGR V, § 113, Rn. 33. Zu den einzelnen Ausprägungen des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG während des Studiums, s. Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 848 ff. Zur Zulassung eines Parkstudenten zu einzelnen Lehrveranstaltungen zwecks späteren Quereinstiegs: Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art.  12, Rn. 480. 482  S. o. Fn.  160. 483  S. o. Fn.  161; Stumpe, VBlBW 1981, 64 (70); Hammer/Nagel, NJW 1977, 1257 (1263); Becker, DÖV 1981, 277 (280). 484  S. o. Fn.  165; Breinersdorfer, DVBl. 1979, 337 (340). 485  Becker/Brehm, NVwZ 1994, 750 (758); Brehm/Zimmerling/Becker, NVwZ 1996, 1173 (1179); dies., NVwZ 2008, 1303 (1306). 486  S. o. Fn.  162. Clevinghaus, RdJB 1974, 321 (324); Dillenburger, in: Pautsch/ Dillenburger, Kompendium zum Hochschul- und Wissenschaftsrecht, B. Studium und Lehre, Rn. 84; Hammer/Nagel, NJW 1977, 1257 (1262); a. A. noch Wimmer, DVBl. 1967, 139 (141). 487  S. o. Fn.  163. Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 75; Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 26. 488  S. o. Fn.  164; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 95; Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 26; Dillenburger, in: Pautsch/Dillenburger, Kompendium 480  BVerfGE 33,



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weiterführende Studiengänge wie ein Masterstudium vom Schutzbereich umfasst489, wie auch die Zulassung zu einem Teilabschnitt des Studiums, soweit dieses organisatorisch in mehreren Abschnitten (Grundstudium, Aufbaustudium u.Ä.) aufgebaut ist490. Wird allerdings nicht die Zulassung zu einem späteren Teil des Studiums, sondern lediglich zum Grundstudium beantragt, muss berücksichtigt werden, dass – wie bereits dargestellt491 – nur ein solches Studium geschützt ist, in dem ein berufsqualifizierender Abschluss möglich ist. Lässt sich ein Abschluss mit Sicherheit nicht erreichen, ist die Teilzulassung also nicht geschützt.492 (3) Die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht das Teil­ haberecht nur „ ‚hochschulreife[n]‘ Staatsbürger[n]“493 zu. Wer nicht über die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen verfüge, habe keinen Zulassungsanspruch.494 Subjektive Zulassungsvoraussetzung ist dabei jede Regelung, welche die Aufnahme eines Studiums von bestimmten Kenntnissen und Fähigkeiten eines Bewerbers abhängig macht.495 Beispiele dafür sind etwa die Hochschulzugangsberechtigung, gerade im Hinblick auf weiterführende Studiengänge aber auch die dafür nötigen Qualifikationsnachweise. Das Bundesverfassungsgericht sieht die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen dazum Hochschul- und Wissenschaftsrecht, B. Studium und Lehre, Rn. 84; Hammer/ Nagel, NJW 1977, 1257 (1262); a. A. noch Wimmer, DVBl. 1967, 139 (141). 489  Dillenburger, in: Pautsch/Dillenburger, Kompendium zum Hochschul- und Wissenschaftsrecht, B. Studium und Lehre, Rn. 83 f.; Lindner, NVwZ-Extra, 1 (6); ders., in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 78 f. Jedoch gegen ein Recht auf Promotion aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG: Thieme, Deutsches Hochschulrecht Rn. 345. 490  BVerfGE 59, 172, Rn. 52 ff.; Brehm/Zimmerling, NVwZ 2008, 1303 (1308 f.); Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht Bd.  1, Rn.  243  f.; Breinersdorfer, DVBl. 1979, 337 (338 ff.). Sie stellt jedoch kein Minus, sondern ein aliud zur Vollzulassung dar, Brehm/Zimmerling, NVwZ 2008, 1303 (1308 f.); Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht Bd. 1, Rn. 243 f.; a. A. Breinersdorfer, DVBl. 1979, 337 (338 ff.). 491  D. I. 2., S. 61 f. 492  S. o. Fn.  159; a. A. Breinersdorfer, DVBl. 1979, 337 (339), der Zulassungsanspruch könne nicht von der Möglichkeit der freien Berufswahl und -ausübung abhängen. Denkt man das zu Ende, muss Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG auch dann eine Teilzulassung umfassen, wenn mangels abgeschlossener Ausbildung die Berufswahl und -ausübung rechtlich oder faktisch unmöglich ist. Dagegen sprechen aber die oben gemachten teleologischen Erwägungen. 493  BVerfGE 43, 291, Rn. 67. 494  Zur Rspr. s. o. Fn. 154 f. 495  Wieland, in: Dreier, GG, Art. 12, Rn. 76.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

mit als immanente Schutzbereichsbegrenzung an.496 Dies wird in der Literatur vielfach auch so gesehen497 und ergibt Sinn, wenn man das Teilhaberecht – entgegen der hier vertretenen Auffassung498 – primär aus Art. 3 Abs. 1 GG herleitet. Dieser verbietet die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem.499 Verortet man dabei das Kriterium der wesentlichen Gleichheit im Tatbestand des Art. 3 Abs. 1 GG500, so begründet der Besitz der Hochschulreife und gleichgestellter Qualifikationen einen wesentlichen Unterschied zu denjenigen, die nicht darüber verfügen. Dann fehlt es schon an einer relevanten Ungleichbehandlung. Aber auch, wenn man den Aspekt der wesentlichen Gleichheit erst in der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung verortet501, gibt es im Ergebnis keinen Teilhabeanspruch. Denn in diesem Fall ist die Ungleichbehandlung durch einen sachlichen und somit verfassungsgemäßen Grund gerechtfertigt. Da nach hiesiger Ansicht das Teilhaberecht aber nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG, sondern aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG folgt, muss das Erfordernis der subjektiven Zulassungsvoraussetzung aus diesem hergeleitet werden. Dabei sah vor allem die ältere Literatur in der Hochschulreife noch eine Begrenzung des Teilhaberechts, die sich aus der Natur der Sache ergebe.502 Folgt man dem, so stellen die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen eine ungeschriebene „quasi-tatbestandliche Begrenzung“503 des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG dar. Liegt eine solche Zulassungsvoraussetzung nicht vor, so ist bereits der Schutzbereich des Teilhaberechts nicht eröffnet. Welche Zulassungsvoraussetzungen im Einzelnen erforderlich sind, ergibt sich jedoch nicht aus der Verfassung selbst, sondern aus den einzelnen Hoch496  Wimmer, DVBl. 1967, 139 (140); Häberle, DÖV 1972, 729 (730); Schimanke, JR 1973, 45 (45). 497  Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S. 63; Köttgen, Das Grundrecht der deutschen Universität, S. 63; Wimmer, DVBl. 1967, 139 (140); Gerber, Das akademische Immatrikulationsrecht in der Spannung Hochschule und Staat, FS Jahrreiß, S. 45 (45 ff.); Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (577); Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, S. 232. 498  S. o. D. I. 4. a) bb) (1), S. 66 ff. 499  S. o. Fn.  419. 500  So etwa Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 10 f.; Hufen, StR II, § 39, Rn. 12; Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 590 ff.; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 3, Rn. 24 f. 501  So etwa Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 17; Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 81; Sachs, in: Stern, StR IV/2, S. 1472; Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 82. 502  Gerber, Das akademische Immatrikulationsrecht in der Spannung Hochschule und Staat, FS Jahrreiß, S. 45 (45 ff.); Wimmer, DVBl. 1967, 139 (140). 503  Sachs, in: Stern, StR III/2, S. 230 f.



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schulgesetzen504, wovon auch das Bundesverfassungsgericht auszugehen scheint505. Als Folge wäre Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG insoweit ein normgeprägtes Grundrecht.506 Stellen die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen der Landesgesetze aber die Grenze des Zulassungsrechts dar, sind sie ihrerseits einer Überprüfung anhand des Teilhaberechts entzogen.507 Damit die Reichweite des Teilhaberechts indes nicht zur völligen Disposition des Gesetzgebers steht, wird teilweise angenommen, dass die qualitative Beschränkung der Zulassung (über Zulassungsvoraussetzungen) einen Eingriff in die abwehrrechtliche Dimension des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG darstellt.508 In der Folge werden quantitative Begrenzungen anhand des Teilhaberechts geprüft, qualitative jedoch anhand des Abwehrrechts. Dadurch gelingt es zwar, eine Schutzlücke zu vermeiden. Allerdings leuchtet es nicht ganz ein, warum die zahlenmäßige Begrenzung der Zulassung einem anderen Prüfungsmaßstab unterliegen soll, als die Begrenzung über bestimmte (sachlich durchaus erwägenswerte) Studienvoraussetzungen. Ob der Staat die Zulassung unter Verweis auf ungenügende Studienplätze oder auf die ungenügende Qualifi­ kation des Bewerbers verweigert, betrifft in beiden Fällen den Zugang zur staatlichen Sphäre. Der Staat handelt gerade nicht in der Sphäre des Bürgers. Er nimmt ihm nichts weg, sondern verweigert dem Einzelnen Zugang zu seiner, d. h. der staatlichen Sphäre. Weder gebietet er dem Einzelnen, eine bestimmte Qualifikation zu erwerben, noch verbietet er ihm das Studium ohne diese Qualifikation. Er stellt vielmehr Bedingungen an die Zulassung des Bewerbers. Das Vorhandensein von Studienkapazitäten ist aber genauso Bedingung für die Aufnahme eines Bewerbers. Der einzige Unterschied zum Fall fehlender Studienplätze ist der, dass die Zahl der Studienplätze von der Person des Bewerbers unabhängig ist und er darauf keinen Einfluss hat, während das Fehlen einer bestimmten Qualifikation an die Person des Bewerbers anknüpft und er darauf Einfluss hat. Die vom Staat gestellte Bedingung für die Zulassung ist in ersterem Fall eine objektive509, in letzterem eine subjek-

504  §§  58  f. LHG BW; Art. 43–45 BayHSchG; §§ 10  f. BerlHG; § 9 BbgHG; §§ 32 f. BremHG; §§ 37–39 HmbHG; § 54 HHG; §§ 17–19 LHG M-V; § 18 NHG; § 49 HG NRW; §§ 65 f. HochschG R-P; §§ 77 f. SHSG; § 17 SächsHSFG; § 27 HSG LSA; §§ 38 f. HSG S-H; §§ 67–70 ThürHG. 505  Vgl. BVerfGE 62, 117, Rn. 90. 506  Vgl. Clevinghaus, RdJB 1974, 321 (324); Sachs, in: Stern, StR III/2, S. 293. 507  Sachs, in: Stern, StR III/2, S. 293. 508  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 98; Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 70; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 168; Schneider, in: HbGR V, § 113, Rn. 123; a. A. Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 18. Uneindeutig insoweit BVerfGE 39, 258, 37. 509  Vgl. BVerfGE 33, 303, Rn. 68; Hailbronner, WissR 29 (1996), 1 (19); Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 68.

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tive510. Es ist daher davon auszugehen, dass die subjektiven Zulassungsvoraus­ setzungen keine schutzbereichsimmanente Begrenzung des Teilhaberechts511, sondern eine Beschränkung desselben darstellen512. Sie werden daher nicht anhand des Abwehrrechts überprüft.513 Teilweise wird – über die Position der Rechtsprechung hinausgehend – verlangt, dass das Teilhaberecht nur diejenigen schützen sollte, die über die Hochschulreife hinaus über weitere notwendige Fähigkeiten und Kenntnisse für das konkrete Studium verfügen.514 Zweck dieser zusätzlichen Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Teilhaberechts soll es sein, die unabdingbaren Mindestanforderungen an ein Studium sicherstellen zu können.515 Allerdings würde eine solche Anforderung den teilhaberechtlichen Schutz im Bereich der Zulassung weitgehend entfallen lassen. Die konkreten Mindestanforderungen müssten vom Staat näher bestimmt werden, wobei insbesondere zu klären wäre, um welche Fähigkeiten und Kenntnisse es geht, in welchem Ausmaß darüber verfügt werden muss und wie sie festzustellen sind. Insoweit wäre die Wirkung des Teilhaberechts von einfachem Recht abhängig. Durch diese zusätzliche Voraussetzung würde einerseits der teilhaberecht­ liche Schutz im Bereich der Hochschulzulassung weitgehend ausgehöhlt. Das Teilhaberecht würde für die Frage der Zulassung kaum noch grundrechtlichen Schutz gewähren, seine Wirkung käme im Wesentlichen erst nach erfolgter Immatrikulation zur Entfaltung. Nicht nur der Zweck des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG, auch dessen Entstehungsgeschichte und der enge Zusammenhang mit der Berufsfreiheit sprechen aber für einen umfassenden Schutz auch im Bereich der Hochschulzulassung. Zudem wären die fest­ gelegten Mindestanforderungen selbst nicht anhand von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG überprüfbar.516 Die abwehrrechtliche Dimension wäre hier nicht 510  Vgl. Abelein, DÖV 1967, 375 (376); Hailbronner, WissR 29 (1996), 1 (16); Dillenburger, in: Pautsch/Dillenburger, Kompendium zum Hochschul- und Wissenschaftsrecht, B. Studium und Lehre, Rn. 81; Lindner, NVwZ-Extra 2010, 1 (3); Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, S. 108. 511  Sachs, in: Stern, StR III/2, S. 294 lehnt diese für das Grundgesetz generell ab. 512  Ebenso Abelein, DÖV 1967, 375 (376); Hailbronner, WissR 29 (1996), 1 (16); Dillenburger, in: Pautsch/Dillenburger, Kompendium zum Hochschul- und Wissenschaftsrecht, B. Studium und Lehre, Rn. 81; Lindner, NVwZ-Extra 2010, 1 (3); ders., in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 57; Schneider, HbGR V, § 113, Rn. 123; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 539; Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, S. 100 f. 513  Zur Reichweite des Abwehrrechts im Falle der Berufsfreiheit in einem vergleichbaren Fall: Burgi, WiVerw 2007, 173 (177 f.). 514  Steinberg/Müller, NVwZ 2006, 1113 (1117). 515  Steinberg/Müller, NVwZ 2006, 1113 (1117). 516  Davon scheinen Steinberg/Müller aber auszugehen, da sie diesbezüglich von einer staatlichen Einschätzungsprärogative sprechen, Steinberg/Müller, NVwZ 2006,



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einschlägig, da es um die Frage des Zugangs zur staatlichen Sphäre geht. Das Teilhaberecht wiederum wäre nicht anwendbar, weil es ja erst bei Vorliegen dieser Fähigkeiten und Kenntnisse überhaupt einschlägig wäre. Das Ziel, Mindestanforderungen für das Studium zu gewährleisten, lässt sich dogmatisch kohärenter und ohne Schutzlücke erreichen, wenn man dem Normgeber einerseits zugesteht, solche Anforderungen aufzustellen und sie andererseits aber als Beschränkung des Teilhaberechts im Sinne einer subjektiven Zulassungsvoraussetzung ansieht, die zu rechtfertigen ist.517 Festzuhalten ist damit, dass das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG über keine subjektiven Voraussetzungen verfügt, die über die Voraussetzungen des Schutzbereichs hinausgehen. In hieraus folgender Konsequenz ist das Teilhaberecht insoweit kein normgeprägtes Grundrecht.518 (4) Das Vorhandene als Grenze des Teilhaberechts Da das Teilhaberecht nur an staatlichen Einrichtungen besteht und insoweit derivativ ist, findet es seine Grenze im Vorhandenen.519 Um dieses Vorhandene zu ermitteln, muss zunächst sein Bezugspunkt festgestellt werden. Dieser hängt vom erstrebten, teilhaberechtlich geschützten Ziel des Bewerbers, also des Grundrechtsträgers ab. Erstrebt er ein Studium an einer bestimmten Universität, so ist diese Bezugspunkt des Vorhandenen. Erstrebt er hingegen einen bestimmten Studiengang, etwa das Medizinstudium, so sind alle öffentlichen staatlichen medizinischen Fakultäten der Bundesrepublik Deutschland dessen Bezugspunkt. Steht dieser Bezugspunkt fest, so ist die Grenze des Teilhaberechts, also der Inhalt des Vorhandenen, zu ermitteln. Dieses Vorhandene ist nämlich in zweierlei Hinsicht begrenzt: Zunächst muss das erstrebte örtliche oder sachliche Studienziel überhaupt existieren. Ist dies zu bejahen, müssen innerhalb des erstrebten Studienziels die Studienkapazitäten für die Teilhabe des Grundrechtsträgers ausreichen.

1113 (1117). Dies impliziert, dass diese Prärogative auch überschritten sein kann und die Anforderungen in der Folge unzulässig sind. 517  Hier ließe sich überlegen, ob Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in diesem Fall als Recht auf Zugang zur Hochschule oder als solches auf Zulassung zur Hochschule betroffen ist. Da sich daraus jedoch keine inhaltlichen Unterschiede ergeben, kann diese Frage hier offenbleiben. 518  Zur Frage der Normgeprägtheit unter dem Aspekt der Studienkapazitäten, s. u. D. I. 4. a) bb) (4) (b) (aa), S. 87 ff. 519  S. o. Fn.  137.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

(a) Das Studienziel als Vorhandenes Das teilhaberechtliche Ziel eines Bewerbers kann verschiedener Natur sein. So kann er etwa nur „überhaupt“ studieren, ein bestimmtes Fach, ein Fach mit einer bestimmten Schwerpunktsetzung, eine Fächerkombination, an einem bestimmten Ort, einer bestimmten Hochschule oder ein bestimmtes Fach an einer bestimmten Hochschule studieren wollen. Damit das erstrebte Ziel vom Teilhaberecht umfasst ist, muss es zunächst staatlicherseits, d. h. an einer öffentlichen Hochschule, angeboten werden. Das unterscheidet das Teilhaberecht mit seinem derivativen, d. h. auf bestehende Einrichtungen bezogenen, Charakter von einem Leistungsrecht, das dem Staat nicht die Einbeziehung in bestehende Leistungen, sondern die originäre Leistung zu erbringen gebietet.520 Das Teilhaberecht greift somit nicht, wenn am erwünschten Studienort bereits keine Hochschule existiert. Aber auch dann, wenn der erstrebte Studiengang an einer bestimmten Hochschule nicht oder an gar keiner Hochschule angeboten wird, ist die Grenze des Teilhaberechts erreicht.521 Diese Grenze kann je nach konkretem Fall faktisch oder normativ ausgestaltet sein. Ergibt sie sich aus der Ausgestaltung der einschlägigen Prüfungsordnung522, die bestimmte Fächer, Fächerkombinationen oder die Kombination mit fachfremden, aber an der Universität angebotenen Fächern, nicht vorsieht, liegt eine normative Grenze vor. Andernfalls ist eine faktische Grenze des Teilhaberechts gegeben. (b) Die Kapazitäten im Studienziel als Vorhandenes Ist festgestellt worden, dass der Staat das erstrebte Studienziel öffentlich anbietet, kann sich eine Grenze des Teilhaberechts aber auch aus den Studienkapazitäten ergeben. Zwar wurde die Kapazität ursprünglich als Grenze des Teilhaberechts angesehen523, da sich dies definitorisch auf das Vorhandene beschränkt524. Gleichzeitig war jedoch schon früh klar, dass die Bestimmung der StudienStR II, Rn. 179. Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, S. 232 zum Fall, dass ein Studium an keiner deutschen Hochschule angeboten wird. 522  So gewährt Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG keinen Anspruch auf die „Wahl mehrerer Schwerpunktfächer im Sinne der [jeweils einschlägigen] Prüfungsordnung“, BVerfG 1 BvR 362/94, Rn. 11; ebenso Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 160. Vgl. auch Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 479. 523  S. o. Fn.  351. 524  S. o. Fn.  137. 520  Kingreen/Poscher, 521  Lübbe-Wolff,



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kapazitäten auch von Wertungen beeinflusst wird525. Aus diesem Grund zog das Bundesverfassungsgericht die Grenze des Teilhaberechts nicht bei den vorhandenen Kapazitäten, sondern unterwarf es dem Vorbehalt des Möglichen526. Dadurch entstanden allerdings Unklarheiten im Hinblick auf das Verhältnis zwischen dem Vorbehalt des Möglichen und dem Vorhandenen als definitorischer Grenze des Teilhaberechts. (aa) Die Bestimmung des Vorhandenen Beschränkt sich das Teilhaberecht auf das Vorhandene, so ist dieses anhand von Studienziel und der dafür vorhandenen Studienplätze zu ermitteln. Dazu muss zunächst das begehrte Studienziel ausgemacht werden. Steht dies fest, will der Bewerber also zum Beispiel zu einem bestimmten Studium und gegebenenfalls auch an einer bestimmten Universität zugelassen werden, kann man die für dieses Ziel vorhandenen Studienplätze bestimmen. Ihre Zahl wird jedoch durch verschiedene Regelungen wie Kapazitäts- und Lehrdeputatsverordnungen beeinflusst. Entgegen früher vertretener Ansicht527 hat sich deshalb inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Zahl der Studienplätze keine faktische, sondern eine normative Größe darstellt528, die maßgeblich von Wertungen abhängt. Um dem Normgeber nicht die Defini­ tionshoheit über die Grenze des Teilhaberechts einzuräumen, müssen diese Regelungen verfassungsrechtlich überprüfbar sein und können folglich nicht die tatbestandliche Grenze des Teilhaberechts darstellen. Wo liegt diese Grenze aber dann? Führt man sich den Grund des Streits über Studienplatzzahlen vor Augen, so zeigt sich, dass es sich dabei um einen Streit über die Verteilung von Ressourcen handelt. Es wird darum gestritten, wie die Mittel, die einer Hochschule vom Haushaltsgesetzgeber zugewiesen wurden529 (Ebene der 525  S. o. Fn.  143, 349. Ebenso Maunz, Der Bildungsanspruch in verfassungsrechtlicher Hinsicht, FS Küchenhoff, S. 605 (606 f.); Clevinghaus, RdJB 1975, 172 (173); Schweitzer, RdJB 1975, 268 (274). Dies anhand der damals geltenden KapVO demonstrierend: Becker/Kuni, DVBl. 1976, 863 (866 ff.). 526  BVerfGE 33, 303, Rn. 63. 527  S. o. Fn.  351. Ebenso das Stenographische Protokoll der 44. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19.1.1949, S. 1397 ff., in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 528  S. o. Fn.  349 und Fn. 351. Ebenso Clevinghaus, RdJB 1975, 172 (173); Maunz, Der Bildungsanspruch in verfassungsrechtlicher Hinsicht, FS Küchenhoff, S. 605 (606 f.). 529  Ist das Ziel hingegen z. B. das Medizinstudium an irgendeiner Hochschule, so sind die Mittel aller Hochschulen, die diesen Studiengang anbieten, der Bezugspunkt. Konsequenterweise wird dann um diese Mittel gestritten.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Mittelzuweisung), zwischen den verschiedenen Interessengruppen an der Hochschule zu verteilen sind (Ebene der Mittelverwendung). Die relevanten Mittel sind dabei Sach-, Personal- und Finanzmittel. Da ein Mangel an Sachund Personalmitteln aber in der Regel auf beschränkte Finanzen zurückgeht, stellt sich der Streit um die Studienplätze letztlich zumeist als Streit um Teilhabe an den global zur Verfügung stehenden Finanzmitteln dar. Basierend auf dieser Erkenntnis müssen das im teilhaberechtlichen Sinn Vorhandene somit die öffentlichen Finanzmittel sein, deren Widmungszweck es zulässt, dass sie für ein bestimmtes Studienziel verwendet werden.530 Für das Studium eines bestimmten Fachs an einer bestimmten Universität sind hiernach so viele Studienkapazitäten vorhanden, wie mit den öffentlichen Finanzmitteln im Rahmen ihres Widmungszwecks Studienplätze für dieses Studienziel geschaffen werden können. Dies stellt die definitorische Grenze des Teilhaberechts dar. Freilich stellt diese Ermittlung des Vorhandenen nur ein Gedankenexperiment dar. Diese Zahl möglicher Studienplätze wird faktisch niemals eingerichtet werden, weil auch die (oft ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten) Interessen anderer Gruppen an der Universität berücksichtigt werden müssen.531 Dazu gehören die ebenfalls einzubeziehenden Teilhaberechte der Bewerber für andere Studiengänge532 im gleichen räumlichen Bereich.533 Indem aber das absolute Maximum an schaffbaren Studienplätzen – also das „möglich Vorhandene“ – als Grenze des Teilhaberechts herangezogen wird, können die festgesetzten Kapazitäten – das „tatsächlich Vorhandene“ – und damit die diese tragenden Wertungen und Abwägungen überprüft werden. Dies ist möglich, weil die festgesetzten Kapazitäten die möglichen zwangsläufig unterschreiten und sich somit als Beschränkung des Teilhaberechts darstellen. Insoweit ist es falsch, wenn gesagt wurde, dass Teilhaberechte „keinen normierbaren, konstanten Umfang [hätten]“534. Ihr Umfang ist durch die Zuweisung öffentlicher Mittel determiniert. Die Art der Mittelverwendung ist 530  Vgl. Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 78, der aber für den Fall des Zugangs der Einrichtungen gerade nicht auf die Finanzmittel, sondern auf die Kapazität der Einrichtung abstellt. 531  Maunz, Der Bildungsanspruch aus verfassungsrechtlicher Sicht, FS Küchenhoff, S. 605 (606 f.) zur nötigen Abwägung durch den Normgeber. 532  Die Grenze der Teilhaberechte dieser Bewerber wird auf die gleiche Weise ermittelt. 533  Wird die verfassungsrechtliche Kapazitätszahl eines Studiengangs an einer Hochschule untersucht, müssen die Interessen der Bewerber für andere Studiengänge an dieser Hochschule berücksichtigt werden. Wird die Kapazitätszahl eines Studiengangs im ganzen Bundesgebiet untersucht, müssen alle anderen Bewerber für andere Studiengänge innerhalb des Bundesgebiets berücksichtigt werden. 534  Forsthoff, VVDStRL 12 (1954), 8 (20).



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hingegen höchst wertungsabhängig und kann anhand des Teilhaberechts überprüft werden. Der Inhalt des Teilhaberechts ist somit im Hinblick auf das Vorhandene im Sinne des „möglich Vorhandenen“ – anders als im Hinblick auf etwaige Zulassungsvoraussetzungen – normgeprägt.535 Jedoch ist die prä­ gende Norm das Haushaltsgesetz, nicht die Kapazitätsverordnungen und vergleichbare Regelungen. Letztere stellen Beschränkungen des Teilhaberechts dar. Wenn also im Zusammenhang mit der Hochschulzulassung von Kapazität die Rede ist, so ist richtigerweise zwischen zwei Arten der Kapazität zu differenzieren.536 Das hier beschrieben Vorhandene, also im Wesentlichen die Finanzmittel, stellt die faktische Kapazität bezogen auf das jeweilige Studien­ ziel dar. Die berechneten und tatsächlich vergebenen Kapazitäten stellen hingegen die normativen Kapazitäten dar, die das Teilhaberecht beschränken und somit überprüfbar sind (bb) Das Vorhandene und der Vorbehalt des Möglichen Die beschriebenen Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Grenze des Teilhaberechts haben dazu geführt, dass dieses – anstelle seine Grenze zu bestimmen – vielfach unter den Vorbehalt des Möglichen gestellt wurde537, der eine „Schnittstelle von Norm und Wirklichkeit“538 darstellt. Das Mögliche lässt sich dabei faktisch539, rechtlich540 oder über die Zumutbarkeitsgrenze541 bestimmen. So meinte das Bundesverfassungsgericht 535  Maunz, Der Bildungsanspruch in verfassungsrechtlicher Hinsicht, FS Küchenhoff, S. 605 (606 f.). 536  Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 219 ff. Er bezieht die Kapazitäten allerdings lediglich auf eine Hochschule und nicht auf ein Studienziel. 537  Zur Rechtsprechung s. o. Fn. 356. In BVerfGE 147, 253 fehlt jeder Hinweis auf diese Figur. Stattdessen wird von einem Teilhaberecht am vorhandenen Studienangebot gesprochen, BVerfGE 147, 253, Rn. 106. Aus der Literatur: Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 538; Depenheuer, HStR XII, § 269, Rn. 48; Kloepfer, VerfR I, § 11, Rn. 90; Rüfner, HbGR II, § 40, Rn. 59. A. A. Brehm/Zimmerling, WissR 33 (2000), 22 (40), die ihn nur auf Leistungsrechte beziehen. Lässt sich dies entgegen ihrer Auffassung auch nicht aus BVerfGE 33, 303 herleiten (s. BVerfGE 33, 303, Rn. 66), so zeigen folgende Ausführungen, dass ihnen aus anderen Gründen zuzustimmen ist. Allgemein zum Verhältnis vom Vorbehalt des Möglichen zum Verfassungsrecht, Depenheuer, HStR XII, § 269. 538  Depenheuer, HStR XII, § 269, Rn. 4. 539  Depenheuer, HStR XII, § 269, Rn. 6, 35; Mehde, Grundrechte unter dem Vorbehalt des Möglichen, S. 26. 540  Mehde, Grundrechte unter dem Vorbehalt des Möglichen, S. 26. 541  Depenheuer, HStR XII, § 269, Rn. 6; Mehde, Grundrechte unter dem Vorbehalt des Möglichen, S. 9.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

den Vorbehalt des Zumutbaren, als es vom „Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann“542, sprach. Alle diese Vorbehalte können Rechte begrenzen. Eine andere Frage ist jedoch, ob sie zur Begrenzung des Teilhaberechts notwendig sind. Der Vorbehalt des faktisch Möglichen erhält seine begrenzende Wirkung aus der „normativen Kraft des Faktischen“543.544 Ein Recht, das sich schon faktisch nicht verwirklichen lässt, ist (in diesem Fall) zwecklos. Es trotzdem rechtlich aufrechtzuerhalten würde nur die Glaubwürdigkeit des Rechts untergraben. Die Grenze des faktisch Möglichen wird allerdings selten erreicht sein. Der Vorbehalt des rechtlich Möglichen resultiert im Verhältnis zum Staat letztlich aus dessen Verfassungsgebundenheit (Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG). Würde die Verfassung diesem einerseits etwas verbieten und es ihm andererseits gebieten, würde sie sich selbst widersprechen. Was sie dem Staat also verbietet, kann sie ihm nicht gleichzeitig gebieten. Dementsprechend kann ein Grundrecht nicht auf einen Rechtsbruch seitens des Staats gerichtet sein.545 Die Grenze des rechtlich Unmöglichen ist vor allem dann erreicht, wenn eine staatliche Stelle nicht über die Kompetenz oder Zuständigkeit zu einer bestimmten Entscheidung oder Maßnahme verfügt. Der Vorbehalt des Zumutbaren erhält seine begrenzende Wirkung daraus, dass die Interessen des Einzelnen und der Allgemeinheit zum Ausgleich gebracht werden müssen546, was das Bundesverfassungsgericht als „Gebot sozialer Gerechtigkeit“547 ansieht. Unbegrenztes Anspruchsdenken auf Kosten der Allgemeinheit liefe auf ein Missverständnis von Freiheit hinaus und ließe sich mit dem Sozialstaatsgedanken nicht vereinbaren.548 Die Freiheit des Einzelnen lasse sich auf Dauer „nicht losgelöst von der Funktionsfähigkeit und dem Gleichgewicht des Ganzen [, d. h. der Gesamtgesellschaft,] ver­ wirklichen“549. Außerdem haben sowohl der Bundes- als auch der Landesgesetzgeber nach Art. 109 Abs. 2 GG den Erfordernissen des gesamtwirtschaft542  S. o. Fn.  356. In BVerfGE 147, 253 fehlt jeder Hinweis auf diese Figur. Stattdessen wird von einem Teilhaberecht am vorhandenen Studienangebot gesprochen, BVerfGE 147, 253, Rn. 106. 543  Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 338. 544  Stern, StR III/1, S. 719. 545  Mehde, Grundrechte unter dem Vorbehalt des Möglichen, S. 26. 546  BVerfGE 33, 303, Rn. 63. 547  Ebd. 548  Ebd. 549  Ebd.



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lichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen.550 Dem ist hinzuzufügen, dass dass sich den Grundrechten keine Steuererhöhungs- oder Verschuldungsgebote entnehmen lassen.551 Bei dem Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG bedarf es des Vorbehalts des faktisch Möglichen zur Grenzziehung nicht. Die Grenze des Vorhandenen deckt sich mit dem für die Hochschule faktisch Möglichen.552 Insoweit spiegelt dieser Vorbehalt nur die oben bereits dargestellte definitorische Grenze des Teilhaberechts wider. Der Vorbehalt des rechtlich Möglichen greift ebenfalls nur in wenigen Situationen. Plastisch verdeutlichen das etwa die Hochschulen des Bundes. Denn der Bund verfügt nur über die Kompetenz zur Ausbildung seines Personals.553 Es ist ihm daher rechtlich unmöglich, sonstige Bewerber in seinen Hochschulen auszubilden, weshalb insoweit kein Zulassungsanspruch besteht.554 Der Vorbehalt des Zumutbaren schließlich bezieht sich hingegen auf die Situation der Mittelzuweisung.555 Diese legt das Vorhandene fest, weswegen sich der Vorbehalt des Zumutbaren mit einer Frage beschäftigt, die außerhalb des Anwendungsbereichs des Teilhaberechts liegt.556 Relevant für das Teilhaberecht ist damit nur der Vorbehalt des rechtlich Möglichen. Dieser drückt allerdings nur die Selbstverständlichkeit aus, dass der Staat sich an das Recht zu halten hat. (5) Verpflichtete und Anspruchsgegner Gemäß Art. 1 Abs. 3 GG sind alle Gewalten und damit alle staatlichen Stellen grundrechtsverpflichtet.557 Das gilt auch dann, wenn sie in privat-recht­ licher Rechtsform organisiert sind.558 Auf der Seite des Grundrechtsadressaten 550  Ebd.

Der Sozialstaat im Dienste der Freiheit, S. 383. gilt auch, soweit ein Mangel an Personal- oder Sachmitteln ausnahmsweise nicht auf fehlende Finanzen zurückzuführen ist. Auch hier sind die nötigen Mittel schlicht nicht vorhanden und damit die Grenze des Teilhaberechts erreicht. 553  Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 147. 554  Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 536. 555  Vgl. BVerfGE 33, 303, Rn. 63. 556  Vgl. Karpen, Abbau von Hochschulkapazitäten, S. 15; Kirchhof, in: Dürig/ Herzog/Scholz, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 293. 557  Statt aller: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 1, Rn. 35. 558  Wißmann, JöR 65 (2017), 41 (48); Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 1, Rn. 39; Krausnick, Staat und Hochschule im Gewährleistungsstaat, S. 100; Brehm/ Zimmerling, NVwZ 2008, 1303 (1306); Gärditz, Hochschulorganisation und verwal551  Heinig, 552  Dies

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

des Teilhaberechts ist zwischen den Grundrechtsverpflichteten und dem Anspruchsgegner zu unterscheiden. Grundrechtsverpflichtet ist dabei jeder, der das Teilhaberecht verletzen kann, Anspruchsgegner aber nur, wer den Zulassungsanspruch erfüllen, d. h. die begehrte Zulassung aussprechen kann.559 Der Anspruchsgegner kann das Teilhaberecht durch Nichtzulassung verletzen und ist daher notwendig Grundrechtsverpflichteter.560 Wer Anspruchsgegner ist, ergibt sich damit aus der Zuständigkeitsordnung. Da diese nicht im Grundgesetz geregelt ist, lässt sich auch der Anspruchsgegner nicht unmittelbar aus dem Grundgesetz, sondern aus den die Zulassungszuständigkeiten regelnden Normen.561 Der Gesetzgeber hat allerdings eine zuständige Stelle zu bestimmen, damit das Zulassungsrecht nicht leerläuft.562 Zuständige Stelle kann dabei eine staatliche Hochschule, eine zentrale Zulassungsstelle oder eine andere staatliche Stelle sein.563 Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt allerdings, dass die Bestimmung der zuständigen Stelle hinreichend klar sein muss.564 (6) Die Beschränkung des Teilhaberechts Erschwert eine staatliche Maßnahme ein vom Schutzbereich des Teilhaberechts geschütztes Verhalten, so stellt dies eine Beschränkung des Teilhaberechts dar, die einer Rechtfertigung bedarf.565 tungsrechtliche Systembildung, S. 575. Darüber hinaus sind auch Hochschulen in der Trägerschaft einer öffentlich-rechtlichen Stiftung grundrechtsverpflichtet, OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2006, 328, Rn. 4; Brehm/Zimmerling, NVwZ 2008, 1303 (1306); Brehm/Zimmerling, Hochschulkapazitätsrecht Bd. 1, Rn. 261. 559  Umstritten ist dabei, ob auch private und kirchliche Hochschulen grundrechtsverpflichtet sind, wobei in der Sache die Beleihung privater Hochschulen durch staatliche Anerkennung in Frage steht. Dafür etwa: Brehm/Zimmerling, Hochschulkapazitätsrecht Bd. 1, Rn. 259 f.; Fehling, RdJB 2018, 100 (109 f.); Schliesky, in: Knack/ Hennecke, VwVfG, § 1, Rn. 104. Dagegen: Abelein, DÖV 1967, 375 (376); Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 536; Krausnick, Staat und Hochschule im Gewährleistungsstaat, S. 100; Steinkemper, Die verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule und ihre staatliche Förderung, S. 124; Thürmer, in: BeckOK, Hochschulrecht Hessen, § 91, Rn. 35 für das Hessische Hochschulrecht. 560  Da es aber neben der Nichtzulassung noch andere Teilhaberechtsverletzungen geben kann, ist nicht jeder Grundrechtsverpflichtete auch Anspruchsgegner. 561  S. o. Fn.  156. Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (580). 562  BVerfGE 39, 276, Rn. 62. 563  Auch bei der Festlegung der zuständigen Stelle verfügt der Gesetzgeber aber über Spielraum, BVerfGE 39, 276, Rn. 62. 564  BVerfGE 39, 276, Rn. 62. 565  Zum Fall der Verweigerung der Teilhabe als Beschränkung: Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 99. Vgl. auch Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, S.  100 f.



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Was die Bezeichnung der Verkürzung des Schutzbereichs im Falle eines Teilhaberechts anbelangt, so ist die Terminologie uneinheitlich. Es wird von Eingriffen in das Teilhaberecht566, aber auch von Einschränkungen567, Beeinträchtigungen568 und Beschränkungen569 des Teilhaberechts gesprochen. Im Folgenden wird der Begriff der Beschränkung verwendet, um die Verkürzung des Schutzgehalts des Teilhaberechts zu beschreiben. Damit soll vor allem klargestellt werden, dass gerade nicht von einem Eingriff in die abwehrrechtliche Dimension des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG die Rede ist.570 Das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG kann auf verschiedene Arten beschränkt werden. Dabei stellt sich vor allem bei Regelungen, die das Ausmaß der Kapazitäten betreffen und solchen, die sonstige Anforderungen an die Zulassung stellen, die Frage, ob sie überhaupt Beschränkungen des Teilhaberechts darstellen. Außerdem geht es darum, anhand welcher Maßstäbe Beschränkungen im teilhaberechtlichen Sinn zu rechtfertigen sind. (a) Arten der Teilhabebeschränkung Die Beschränkung des Teilhaberechts erfordert die Verkürzung seines Schutzbereichs.571 Das ist dann der Fall, wenn dem Einzelnen ein Verhalten, das vom Schutzbereich des Teilhaberechts umfasst ist, verwehrt oder erschwert wird.572 Bezogen auf die Hochschulzulassung kann dies auf verschiedene Arten geschehen. So kann die Zulassung rein faktisch oder rechtlich erschwert werden. Eine Erschwernis kann zudem auf verschiedenen Ebenen erfolgen, nämlich bereits auf der Normebene oder aber erst auf der Vollzugsebene. So stellt etwa der konkret-individuelle Ablehnungsbescheid eine Beschränkung des Teilhaberechts auf Vollzugsebene dar. Die Beschränkung kann aber auch schon durch abstrakt-generelle Regelungen erfolgen, insbesondere wenn eine solche Regelung die Zulassungschance verringert. Derartige Re566  Schmitt, JuS 1972, 60 (62 f.); v. Brünneck, DÖV 1984, 993 (996); Schneider, HbGR V, § 113, Rn. 125; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 70. 567  Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (572). 568  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 99; ders., AöR 120 (1995), 345 (362); Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 168. 569  Badura, StR, C, Rn. 76 f. 570  Den Begriff des Eingriffs der abwehrrechtlichen Dimension der Grundrechte zuweisend, Hillgruber, HStR IX, § 200, Rn. 81. 571  Jarass, AöR 120 (1995), 345 (363 f.) spricht insoweit von einer Belastung des Grundrechtsträgers mit ausreichend engem Zusammenhang zu einer staatlichen Maßnahme. 572  Vgl. Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 329 (allerdings zum Abwehrrecht).

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

gelungen können das Teilhaberecht dadurch beschränken, dass sie qualitative Anforderungen an die Zulassung zum Studienziel stellen.573 Beispiele dafür sind die bereits diskutierten subjektiven Zulassungsvoraussetzungen574, aber auch jegliche andere Anforderung an die Aufnahme in eine Hochschule wie zusätzliche Eignungsprüfungen für Musik-, Kunst- oder Sportstudiengänge, ein Leistungsnachweis für den Quereinstieg ins Studium, Qualifikationsnachweise575 für weiterführende Studiengänge, Genehmigungserfordernisse bei Hochschulwechsel oder Altersgrenzen für das Studium. Qualitative Anforderungen stellen auch die Regelungen dar, nach denen bei Bewerberüberschuss ausgewählt wird. Regelungen können aber auch festlegen, wie viele Studienplätze es in einem Studienziel gibt. In diesem Fall stellen sie quantitative Beschränkungen des Teilhaberechts dar576, wenn in der Folge Bewerber nicht zugelassen werden. Beispiele hierfür sind insbesondere die Verordnungen, in welchen Studienkapazitäten in Form der Zulassungshöchstzahlen festgesetzt werden, sowie die Kapazitätsverordnungen, auf deren Grundlage diese Studienkapazitäten berechnet werden. (b) Die Abgrenzung von Ausgestaltungen und Beschränkungen Ob ein faktischer oder konkret-individueller rechtlicher Vorgang den Schutzbereich des Teilhaberechts verkürzt, lässt sich sonach leicht ausmachen. Komplizierter ist die Lage bei abstrakt-generellen Regelungen. Hier muss man sich regelmäßig die Frage stellen, ob sie lediglich die Grenze des Teilhaberechts festlegen oder ob sie dieses gar verkürzen. Normen, welche die Grenze des Teilhaberechts festlegen, können nicht anhand dieser Grenze überprüft werden. Das ergibt sich einerseits aus der Tatsache, dass es an seiner Grenze endet. Die Feststellung einer Beschränkung des Teilhaberechts erfordert demgegenüber – wie soeben dargestellt – eine Verkürzung des Schutzbereichs. Ob eine solche Verkürzung vorliegt, lässt sich durch einen 573  Die Frage, ob Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in solchen Fällen als Recht auf Hochschulzulassung oder als Recht auf Hochschulzugang betroffen ist, macht für die Anforderungen an die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Beschränkung des Teilhaberechts keinen Unterschied und kann somit offenbleiben, vgl. Fn. 517. 574  S. o. D. I. 4. a) bb) (3), S. 81 ff. 575  Hierunter fällt zum einen das Erfordernis eines Abschlusses eines fachnahen grundständigen Studiengangs, zum anderen aber auch etwaige Anforderungen an bestimmte Abschlussnoten bezüglich dieses Studiengangs. 576  Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 209 f.; Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (821).



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Vergleich mit dem Zustand bei unverkürztem Schutzbereich ermitteln. Ist danach eine Verkürzung gegeben, kann die Regelung nicht als Grenze des Teilhaberechts eingestuft werden. Es liegt vielmehr eine Beschränkung des Teilhaberechts und keine Ausgestaltung desselben vor. Solch reine Ausgestaltungen lassen sich über ihre Auswirkungen auf das Teilhaberecht von Beschränkungen abgrenzen. Wirkt die in Frage stehende Regelung aus teilhaberechtlicher Sicht lediglich freiheitsermöglichend, liegt eine reine Ausgestaltung vor, die ein aliud zur Beschränkung darstellt und nicht anhand des Teilhaberechts überprüfbar ist. Dies sind in quantitativer Hinsicht die Regelungen, die der Hochschule Mittel zuweisen, und in qualitativer Hinsicht diejenigen, welche die vorhandenen Studiengänge festlegen. Diese Regelungen sind damit teilhaberechtlich nicht überprüfbar.577 Verkürzt eine Regelung hingegen den Schutzbereich gemessen an der beschriebenen definitorischen Grenze, so liegt eine Freiheitsbeschränkung und damit eine Beschränkung des Teilhaberechts vor. Dies sind in quantitativer Hinsicht die Regelungen über die Mittelverwendung und in qualitativer Hinsicht solche über die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen. Soweit sich diese Regelungen auch als Ausgestaltungen auffassen lassen, stellen sie auf Grund ihrer freiheitsverkürzenden Wirkung kein aliud zu Beschränkungen dar.578 (c) Die Rechtfertigung der Teilhabebeschränkung Steht fest, dass eine Beschränkung des Teilhaberechts vorliegt, so muss sie gerechtfertigt sein, um das Teilhaberecht nicht zu verletzen. Die Rechtfertigungsanforderungen sind dabei die gleichen wie beim Abwehrrecht579, da sich die Beschränkung des Teilhaberechts und der Eingriff in das Abwehrrecht nur unwesentlich unterscheiden.580 Neben den stets zu berücksichtigenden allgemeinen Rechtfertigungsanforderungen soll im Folgenden auf die Rechtfertigungsanforderungen an die Beschränkung in Form der Festlegung der Studienkapazität und an eine solche in Form der Ablehnungsentscheidung eingegangen werden. 577  Vgl.

Schmitt, JuS 1972, 60 (62) zu den Regelungen zur Mittelzuweisung. Streit darum, ob Ausgestaltungen gleichzeitig in Grundrechte Eingreifen können (befürwortend etwa: Hillgruber, HStR IX, § 200, Rn. 65 ff.; Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, S. 666 ff.; ablehnend: Jarass, AöR 120 (1995), 345 (367 ff.)) passt insoweit nicht auf das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG. 579  Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 325. 580  Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 17. Außerdem erklärt diese Nähe, dass Beschränkungen des Teilhaberechts als Eingriffe bezeichnet werden, s. o. Fn. 566. 578  Der

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

(aa) Allgemeine Rechtfertigungsanforderungen Grundsätzlich sind an die Beschränkung eines Teilhaberechts die üblichen und aus dem Abwehrrecht bekannten formellen und materiellen Anforderungen zu stellen. Im Folgenden sollen einige Aspekte dieser Rechtfertigungsanforderungen näher untersucht werden. So ist zu klären, ob die Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG über einen Gesetzesvorbehalt verfügt, oder ob es sich dabei um ein vorbehaltloses Grundrecht handelt. Außerdem sind die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung genauer zu betrachten. In diesem Zusammenhang wird insbesondere darauf einzugehen sein, ob die Dreistufentheorie des Bundesverfassungsgerichts eine taugliche Orientierungshilfe für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit bei der Ausbildungsfreiheit darstellt. Zuletzt sollen aus dem Bereich der sonstigen Verfassungsrechtlichen Anforderungen die Erfordernisse untersucht werden, die das Sozialstaats- und das Rechtsstaatsprinzip an Beschränkungen des Teilhaberechts stellen können. (α) Der Gesetzesvorbehalt Art. 12 Abs. 1 GG sieht keinen eigenen Gesetzesvorbehalt für die Ausbildungsfreiheit vor. Dies führt zu der Frage, ob es sich bei dieser und damit auch beim Teilhaberecht um ein schrankenloses Grundrecht handelt oder ob man den Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG, der in der Sache ein Gesetzesvorbehalt ist581, auf die Ausbildungsfreiheit erstreckt. Erstere Position wird insbesondere in der älteren Literatur vertreten582, letztere vertritt das Bundesverfassungsgericht wie auch etliche Stimmen in der Literatur583. Gegen die Erstreckung des Regelungsvorbehalts auf die Ausbildungsfreiheit sind verschiedene Argumente angeführt worden. Zum einen beziehe sich der Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG ausdrücklich nicht auf die Ausbil-

581  BVerfGE 33, 125, Rn. 106; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 27; Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 103. 582  So Thieme, JZ 1959, 265 (268); ders., Deutsches Hochschulrecht, Rn. 807; Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S.  45 ff.; Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S.  71 f. 583  Zur Rspr. s. o. Fn. 175, 187. Zur Literatur: Stumpe, VBlBW 1981, 103 (105); Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 104; Maunz, Der Bildungsanspruch in verfassungsrechtlicher Sicht, FS Küchenhoff, S. 605 (607); Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 165 f.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 102; Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 241; Breuer, HStR VIII, § 170, Rn. 56.



I. Freiheit und Hochschulzulassung97

dungsfreiheit.584 Jedoch bezieht sich der Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG ebenfalls nicht auf die Berufswahl. Gleichwohl wendet die ganz herrschende Meinung diesen Regelungsvorbehalt auch auf die Berufswahl an.585 Dem Wortlaut kommt daher im Zusammenhang mit der Berufsfreiheit nur untergeordnete Bedeutung zu, was die Frage aufwirft, warum dies bei der ebenfalls in Art. 12 Abs. 1 GG geregelten Ausbildungsfreiheit anders sein sollte. Auch Gegner der Erstreckung des Regelungsvorbehalts erkennen daher, dass das Wortlautargument ein eher schwaches Argument darstellt.586 Des Weiteren ist mit der Ratio der ursprünglichen Erstreckung des Regelungsvorbehalts auf die Berufswahlfreiheit argumentiert worden. Diese Erstreckung wurde damit begründet, dass sich die Phasen der Berufswahl und Berufsausübung zeitlich nicht trennen ließen und sich die Berufswahl auch in der laufenden Berufsausübung ausdrücke.587 Diese Ratio passe nicht auf die Übertragung des Regelungsvorbehalts auf die Ausbildungsfreiheit, weil sich die Ausbildung von der Berufsausübung zeitlich klar trennen lasse.588 Zwar trifft dieser Einwand jedenfalls für das Hochschulstudium zu589, jedoch lässt sich eine Erstreckung des Regelungsvorbehalts nicht nur mit der zeitlichen Trennbarkeit der Bestandteile begründen. Vielmehr ist der ebenfalls sehr enge Zusammenhang zwischen der Ausbildungs- und der Berufsfreiheit zu berücksichtigen.590 So beeinflusst die Wahl einer Ausbildung in der Regel die Berufswahl, weil der später ergriffene Beruf in den meisten Fällen auf der absolvierten Ausbildung aufbaut. Dies erkannte auch das Bundesverfassungsgericht. So sei die Ausbildung in der Regel eine Vorstufe der Berufswahl, sodass Ausbildung und Berufswahl einen zusammengehörigen Lebensvorgang darstellten.591 Zudem ist wie im Fall der Übertragung des Regelungsvorbehalts auf die Berufswahlfreiheit auch bei der Frage seiner Über­ tragung auf die Ausbildungsfreiheit davon auszugehen, dass sich bei der Ausübung eines Berufs die Ausbildung insoweit aktualisiert, als man sich 584  Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 70; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 806. 585  St. Rspr. seit BVerfGE 7, 377, Rn. 65 ff.; für die Literatur statt aller: Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 104. 586  Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S.  45 f. 587  BVerfGE 7, 377, Rn. 65. 588  Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S. 46, 51. 589  Für die Ausbildung außerhalb von Hochschulen ist die Geltung dieses Einwands hingegen zweifelhaft. Gerade in klassischen Ausbildungsberufen wird auch während der Ausbildung schon gearbeitet, d. h. ein Beruf ausgeübt. 590  Schneider, HbGR V, § 113, Rn. 33. 591  BVerfGE 33, 303, Rn. 58.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

auch während des Berufs oftmals in bestimmten Abständen fortzubilden hat und sich in tatsächlicher Hinsicht andauernd neue Fähigkeiten und Kenntnisse aneignet. Daher kann man durchaus von einer Aktualisierung der Ausbildung in der Berufsausübung sprechen. Zudem bedeutet andersherum die Versagung der Aufnahme einer Ausbildung in vielen Fällen, dass ein bestimmter Beruf nicht ergriffen und folglich auch nicht ausgeübt werden kann. Auf Grund des engen inhaltlichen Zusammenhangs zwischen Berufs- und Ausbildungsfreiheit ist der Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG also auf die Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zu erstrecken.592 Was die Reichweite des Regelungsvorbehalts aus Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG anbelangt, so lässt sich daher von einem einheitlichen Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG sprechen.593 Für diesen Schluss sprechen auch die Schwächen der Alternative. Abzulehnen ist dabei der vereinzelte Ansatz, die Ausbildungsfreiheit wie alle vorbehaltlosen Grundrechte unter einen aus der Leitbildfunktion des Art. 2 Abs. 1 GG folgenden Gemeinwohlvorbehalt zu stellen.594 Dieser Ansatz, der auf eine frühe Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zurückgeht595, die längst vom Bundesverfassungsgericht verworfen wurde596, überzeugt jedoch aus mehreren Gründen nicht. So bietet das Grundgesetz keinerlei Basis für einen derart generellen Vorbehalt.597 Außerdem ist er so vage, dass erhebliche Missbrauchsgefahr besteht.598 Damit verbleibt nur die Beschränkbarkeit

592  Dies

erwägend Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 806. Schneider, HbGR V, § 113, Rn. 31. Fehl geht die Heranziehung dieses Topos jedoch, soweit er nicht nur zur Beschreibung, sondern zur Begründung der Erstreckung des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG auf die Ausbildungsfreiheit benutzt wird (so BVerfGE 33, 303, Rn. 66). Eine so verstandene Einheitlichkeit ist nämlich schon auf Grund der bei der Herleitung des Teilhaberechts (s. o. D. I. 4. a) bb) (1) (b), S. 71 ff.) aufgezeigten Unterschiede zwischen dem Schutzgehalt des Rechts auf Berufsfreiheit und dem der Ausbildungsfreiheit sehr zweifelhaft. 594  Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 807. Mit dieser Ansicht distanziert er sich von seiner ursprünglich vertretenen Auffassung, dass dem Staat kraft des in der staatlichen Hochschule bestehenden besonderen Gewaltverhältnisses eine Regelungsbefugnis zukäme, Thieme, JZ 1959, 265 (268). Diese Auffassung ist auch spätestens seit dem Strafgefangenenurteil des BVerfG nicht mehr haltbar. In diesem Urteil entschied das BVerfG, dass in die Grundrechte auch innerhalb besonderer Gewalt­ verhältnisse nur durch oder auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden dürfe, BVerfGE 33, 1, Rn. 19 ff. 595  BVerwGE 1, 92, Rn. 18; 2, 85, Rn. 15. 596  BVerfGE 30, 173, Rn. 57 f.; 32, 98, Rn. 26. 597  Papier, HbGR III, § 64, Rn. 12. 598  Bachof, JZ 1957, 334 (337); Pollern, JuS 1977, 644 (646 f.); Papier, HbGR III, § 64, Rn. 12. 593  So



I. Freiheit und Hochschulzulassung99

auf Grund von kollidierendem Verfassungsrecht.599 Wird man auch in einer Vielzahl von Fällen kollidierendes Verfassungsrecht finden können, dass eine Beschränkung des Teilhaberechts zu rechtfertigen vermag. Etwa im Fall der Hochschulzugangsbegrenzung durch Qualifikationserfordernisse ist aber durchaus fraglich, welcher Wert von Verfassungsrang als kollidierendes Verfassungsrecht in Frage käme. Allenfalls die Berufung auf das Grundrecht der Universität aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG käme in Betracht. Wie fernliegend dies aber ist, sieht man schon daran, dass viele Autoren das Erfordernis einer hinreichenden Qualifikation immanente Grenze der Ausbildungsfreiheit ansehen.600 Geht man also davon aus, dass Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG insoweit nicht herangezogen werden kann, so lassen sich diese Qualifikations­ erfordernisse nur halten, wenn man sie als immanente Grenze der Ausbildungsfreiheit oder zumindest des Teilhaberechts ansieht. Das hätte aber zur Folge, dass sich dadurch entstehende Schutzlücken – die Regelung der erforder­lichen Qualifikationen wäre nicht anhand des Teilhaberechts überprüfbar601 – nur auf dogmatisch widersprüchliche Weise beheben ließen.602 Vorzuziehen ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt die Erstreckung des Regelungsvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG auf die Ausbildungsfreiheit. Die Rechtfertigung einer Beschränkung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG setzt daher zunächst schon wegen Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG voraus, dass die Beschränkung durch oder auf Grund eines Gesetzes geschieht. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang vor allem die Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Gesetzgeber das Wesentliche selbst regeln muss.603 Besonders intensive Beschränkungen des Teilhaberechts müssen somit vom Gesetzgeber selbst geregelt werden.604

599  Zu den verfassungsimmanenten Schranken: Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S. 58 f.; Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 75 f. 600  Häberle, DÖV 1972, 729 (730); Schimanke, JR 1973, 45 (45); Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S. 63; Köttgen, Das Grundrecht der deutschen Universität, S. 63; Wimmer, DVBl. 1967, 139 (140); Gerber, Das akademische Immatrikulationsrecht in der Spannung Hochschule und Staat, FS Jahrreiß, S. 45 (45 ff.); Schuppert, Der Zugang zu den Universitäten, FS Hirsch, S. 567 (577); Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, S. 232. 601  S. dazu oben die Problematik der Überprüfbarkeit der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen, D. I. 4. a) bb) (3), S. 81 ff. 602  S. dazu ebenfalls oben D. I. 4. a) bb) (3), S. 81 ff. 603  St. Rspr., s. o. Fn. 266–268, 276. Aus der Literatur etwa: Jarass, in: Jarass/ Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 71; Kloepfer, VerfR I, § 10, Rn. 121 ff. 604  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 30, 103.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

(β) Die Verhältnismäßigkeit Zentrale Rechtfertigungsanforderung der Beschränkung des Teilhaberechts ist in der Regel die Prüfung ihrer Verhältnismäßigkeit.605 Die Beschränkung muss danach einen legitimen Zweck verfolgen und geeignet, erforderlich und angemessen sein.606 Als legitime Zwecke kommen dabei als regelmäßig mit dem Zulassungsrecht der Bewerber kollidierende Rechte die Teilhaberechte der Mitbewerber aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG607, die Teilhaberechte der bereits Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 S. 1  Var. 3 GG608 und die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1  Var. 2  GG609 in Betracht. Auch ist es grundsätzlich möglich, dass das Teilhaberecht eines Bewerbers mit den Teilhaberechten von Bewerbern anderer Studiengänge kollidiert.610 Außerdem können – abhängig von den jeweiligen Umständen – auch sonstige Interessen zur Rechtfertigung heranziehbar oder sogar heranzuziehen sein. So ist insbesondere im Fall des Medizinstudiums regelmäßig das Recht auf Leben und Gesundheit, sowie die staatliche Schutzpflicht im Hinblick auf dieses Recht zu berücksichtigen. Es wird etwa relevant, wenn es darum geht, eine Verringerung der Kapazitäten zur Berücksichtigung der in Universitätskliniken zu gewährleistenden Krankenversorgung zu rechtfertigen.611 Aber auch bei der Rechtfertigung einer Landarztquote im Rahmen der Vorabquote erlangt dieses Recht Bedeutung.612 Des Weiteren kommen sozialstaatliche Aspekte, aber auch das Interesse, 605  Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (111); Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 104; vgl. auch Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S.  813 (819 ff.). 606  St. Rspr., etwa BVerfGE 125, 260, Rn. 204; für die Literatur statt aller: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Vorb. vor Art. 1, Rn. 46. 607  Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (113); Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (165). 608  Diesen gewährt Art. 12 Abs 1 S. 1 Var. 3 GG ein Recht auf ein ordnungsgemäßes Studium, vgl. BVerfGE 33, 303, Rn. 75; Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (113); Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 229; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 848; Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (165). 609  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 111; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 169; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 459; Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (112); Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (165). Dabei ist umstritten, inwieweit die Wissenschaftsfreiheit an Fachhochschulen gilt. Gegen die Geltung insbesondere spricht sich insbesondere die ältere Literatur aus, etwa: Krüger, HbWissR Bd. 1, S. 309 (313) und Bauer, Wissenschaftsfreiheit in Lehre und Studium, S. 57 f. Für die Geltung eintretend: Chanteleau, Der verfassungsrechtliche Rahmen für Fusionen von Universitäten und Fachhochschulen, S. 99. 610  Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (113 f.). 611  Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (114). 612  Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (197).



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auch Ausländern ein Studium an deutschen Hochschulen zu ermöglichen, in Betracht613. Diese Aufzählung ist dabei keineswegs abschließend. Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist von besonderer Bedeutung, wie schwer die zu prüfende Beschränkung des Teilhaberechts, d. h. im Falle der Hochschulzulassung des Rechts auf Hochschulzulassung, wiegt. Dies wird zum einen im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit relevant. Dort ist zu ermitteln, ob es ein milderes, d. h. weniger beschränkendes, gleich wirksames Mittel zur Erreichung des angestrebten legitimen Zwecks gibt.614 Zum anderen ist die Beschränkung nur angemessen, wenn ihre Schwere nicht außer Verhältnis zum Gewicht des legitimen Zweck steht.615 Auch hier ist also als Vorfrage zu klären, wie schwer die Beschränkung wiegt. Zur Beantwortung dieser Frage wie auch zur Beantwortung der Frage, über welches Gewicht die legitimen Zwecke verfügen müssen, damit eine Beschränkung noch angemessen ist, hat das Bundesverfassungsgericht seine für die Berufsfreiheit entwickelte Dreistufentheorie616 auf die Ausbildungsfreiheit übertragen.617 Danach können Beschränkungen, die nur die Ausübung des Teilhaberechts betreffen, durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden.618 Subjektive Zulassungsvoraussetzungen, die an persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten anknüpfen619, worunter qualitative Beschränkungen regelmäßig zu fassen sein dürften620, müssen dem Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsguts dienen.621 Objektive Zulassungsvoraussetzungen beruhen auf objektiven Bedingungen, die nicht in der Person des Betroffenen liegen und auf die er keinen Einfluss hat.622 Als solche eingestuft werden etwa die quantitativen Beschränkungen des Teilhaberechts im Fall des absoluten Numerus clausus,623 aber auch die Regelungen, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 66. Rspr., etwa BVerfGE 126, 112, Rn. 103. Für die Literatur statt aller: Huster/ Rux, in: BeckOK, GG, Art. 20, Rn. 196; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Vorb. vor Art. 1, Rn. 46. 615  St. Rspr., etwa BVerfGE 125, 260, Rn. 317 m. w. N. Für die Literatur statt aller: Huster/Rux, in: BeckOK, GG, Art. 20, Rn. 197. 616  BVerfGE 7, 337, Rn. 73 ff. 617  BVerfGE 33, 303, Rn. 68; 59, 172, Rn. 74. 618  Klafki, JZ 2018, 541 (547). 619  Vgl. zur Berufsfreiheit: BVerfGE 9, 338, Rn. 21 ff.; Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 97. 620  S. o. Fn.  510. 621  Vgl. zur Berufsfreiheit BVerfGE 9, 338, Rn. 21 ff.; Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 97. 622  Vgl. zur Berufsfreiheit BVerfGE 7, 377, Rn. 77; Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 99. 623  BVerfGE 33, 303, Rn. 68; Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1918; Hailbronner, WissR 29 (1996), 1 (19). 613  Hirtschulz, 614  St.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

nach denen die zuzulassenden Bewerber in diesem Fall ausgewählt werden.624 Solche Zulassungsvoraussetzungen sind nur „zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut […] zulässig“625. Zu diesen überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern zählen etwa die in der Verfassung ansonsten verankerten Werte626, wie die oben aufgezählten, potenziell mit dem Zulassungsrecht kollidierenden Rechte. Zwar verwendet das Bundesverfassungsgericht die Dreistufentheorie seit geraumer Zeit nicht mehr ausdrücklich.627 In der Literatur wird sie trotzdem herangezogen628, freilich oftmals nur als Faustregel629, da die verschiedenen Stufen lediglich ein Indiz für die Schwere der Beschränkung darstellen630. Bei genauerer Betrachtung erweist sich die Dreistufentheorie trotz der Nähe zwischen der Ausbildungs- und der Berufsfreiheit als nicht für die Ausbildungsfreiheit passend. Zwar steht sowohl vor der der Aufnahme eines Berufs als auch vor der Aufnahme eines Studiums die Entscheidung über das „Was“ und das „Wo“. Dementsprechend schützen auch sowohl die Berufsfreiheit als auch die Ausbildungsfreiheit sowohl die inhaltliche als auch die örtliche Wahl.631 Während die freie Wahl des Arbeitsplatzes praktisch jedoch kaum relevant geworden ist632, erlangt diese Unterscheidung zwischen inhaltlicher und örtlicher Wahl bei der Ausbildungsfreiheit regelmäßig Bedeutung, da Beschränkungen beider Rechte regelmäßig vorkommen. Daraus resultieren bei der Anwendung der Dreistufentheorie im Rahmen der Ausbildungsfreiheit erhebliche Schwierigkeiten. So lässt sich eine Beschränkung 624  Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 73. 625  BVerfGE 33, 303, Rn. 68. 626  Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 148. 627  Angesprochen etwa noch in BVerfG 1 BvL 3/07, Rn. 45. In BVerfGE 115, 276 unterscheidet das BVerfG aber beispielsweise nicht mehr zwischen den verschiedenen Eingriffsstufen. Auch in BVerfGE 147, 253 fehlt jeder Hinweis auf die Dreistufentheorie. S. zu dieser Entwicklung Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 141; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 109 f. 628  Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1918; Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (820 f.); Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 1034 ff.; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 68; Fehling, RdJB 2018, 100 (110); Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (165); Klafki, JZ 2018, 541 (547). 629  Fehling, RdJB 2018, 100 (110). 630  Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 141; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 12, Rn. 96; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 44 ff. 631  Zur Ausbildungsfreiheit: s. o. D. I. 2., S. 61 f. Zur Berufsfreiheit: Wieland, in: Dreier, GG, Art. 12, Rn. 75; Breuer, HStR VIII, § 170, Rn. 92; Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 1031. 632  Breuer, HStR VIII, § 170, Rn. 92.



I. Freiheit und Hochschulzulassung103

nicht immer klar einer der Stufen zuordnen, weil eben auch die Ortswahl in objektiver oder subjektiver Weise im Sinne der Dreistufentheorie beschränkt werden kann.633 Ein Beispiel für ersteres ist etwa der Fall der beschränkten Kapazitäten an einer Hochschule. Ein Beispiel für letzteres ist etwa der Fall, dass ein Studium an einer bestimmten Hochschule nur aufgenommen werden kann, wenn der Bewerber bestimmte für das Studium relevante Fähigkeiten nachweist. Dieses Problem der Zuordnung von Beschränkungen zu den verschiedenen Stufen und damit der Gewichtung der Beschränkungsschwere tritt insbesondere im – vom Bundesverfassungsgericht bisher nicht zu entscheidenden – Fall des relativen Numerus clausus auf. Dort werden quantitative Beschränkung und Auswahlregelung teils als subjektive Zulassungsvoraussetzung634, teils als Ausübungsregelung angesehen635. Gegen letztere Auffassung lässt sich anführen, dass die Wahl des Studienortes schon begrifflich eben eine Wahl darstellt. Auch zeitlich befindet sich die Ortswahl vor der „Ausübung“ der Ausbildung, d. h. vor der Ausbildung selbst (, auch wenn sie sich in der Phase der Ausbildung fortsetzt). Gegen erstere Ansicht ist anzuführen, dass die Zahl der Studienplätze an einer bestimmten Hochschule aus Sicht des Bewerbers genauso eine objektive Bedingung ist wie im Fall des absoluten Numerus clausus. Gerade unter diesem Gesichtspunkt spräche deshalb viel dafür, auch für diesen Fall von einer objektiven Zulassungsvoraussetzung auszugehen. An diesem Beispiel ist zu sehen, dass die Dreistufentheorie mit diesem Dualismus von inhaltlicher und örtlicher Wahl nur schwer umgehen kann und sich somit als zu wenig komplex für die Ausbildungsfreiheit erweist. Diese Probleme ließen sich zwar vermeiden, indem die Dreistufentheorie getrennt für den Bereich der Wahl des Studiengangs und der des Studienorts angewandt wird.636 Dies würde aber Fragen der Gewichtung der Beschränkungsstufen der Studiengangwahl im Verhältnis zu solchen der Studienortswahl nach sich ziehen. Wiegt etwa eine Ausübungsregelung der Studiengangwahl mehr als eine objektive Zulassungsvoraussetzung im Hinblick auf die Studienortswahl? Vorzugswürdig ist daher, sich bei der Feststellung der Schwere einer Beschränkung des Teilhaberechts an folgenden vier Leitfragen, die durchaus Anleihen bei der Dreistufentheorie nehmen, zu orientieren: Zunächst ist zu fragen, welche Phase der Ausbildung durch die Beschränkung betroffen ist. Hier kommt entweder die Ausbildungswahl oder der 633  So

auch Schneider, HbGR V, § 113, Rn. 31. Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (821). 635  Klafki, JZ 2018, 541 (547). 636  So Wieland, in: Dreier, GG, Art. 12, Rn. 75 für die Bereiche der Berufs- und Arbeitsplatzwahl im Rahmen der Berufsfreiheit. 634  Deutsch,

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Ausbildungsprozess in Betracht, wobei letzteres analog zur Berufsfreiheit sozusagen die Ausübung der Ausbildungsfreiheit betrifft. Grundsätzlich ist hier davon auszugehen, dass Beschränkungen der Ausbildungswahl schwerer wiegen als Beschränkungen des Ausbildungsprozesses. Genau wie bei der Berufsfreiheit handelt es sich hierbei aber nur um eine Daumenregel. Sehr wohl kann eine Beschränkung des Ausbildungsprozesses nämlich genauso schwer wie oder sogar schwerer als eine Beschränkung der Ausbildungswahl wiegen.637 Sodann ist zu fragen, welcher Gehalt der Ausbildungsfreiheit betroffen ist. Die Beschränkung der Wahl des Studiengangs wiegt dabei schwerer als die Beschränkung der Ortswahl. Grund hierfür ist, dass die Frage nach dem „Ob“ des Studiums der Frage nach dem „Wo“ vorgeht.638 Die Reichweite der Beschränkung und damit verbunden die Freiheitseinbuße auf Grund der Beschränkung ist damit höher, wenn ein bestimmtes Fach nicht studiert werden kann, als wenn das Fach lediglich an einem bestimmten Ort nicht studiert werden kann.639 Erstere Frage hat nämlich einen größeren Einfluss auf das spätere Berufsleben wie auch die weitere Lebensführung und damit die Entfaltung der Persönlichkeit, als die Wahl des Studienorts. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Festsetzung von Kapazitäten – soweit in der Folge Bewerber abgelehnt werden – im Fall des absoluten Numerus clausus als Beschränkung der Wahl des Studiengangs, im Fall des relativen Numerus clausus hingegen als Beschränkung der Wahl des Studienorts dar. Ebenso wiegt der komplette Ausschluss eines Bewerbers von einem bestimmten Studium, wie es beim absoluten Numerus clausus geschieht schwerer als der Ausschluss von einem Studium an einer bestimmten Universität, wie es beim relativen Numerus clausus der Fall ist.640 Bei der Beantwortung dieser Frage können sich Probleme der Abgrenzung zwischen einer Beschränkung der Wahl des Studiengangs und einer solchen der Wahl des Studienorts ergeben. Hier ist nicht auf den Anknüpfungspunkt der Beschränkung an einen der beiden Bereiche, sondern auf ihre diesbezügliche Wirkung abzustellen. Entscheidend ist daher, welcher der beiden im vorherigen Absatz aufgeführten Rechtsgehalte verkürzt wird. Dabei kann es vorkommen, dass eine Beschränkung der Ortswahl die Zulassungschance zu 637  Vgl. zur Berufsfreiheit: Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 141; Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 1046; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 12, Rn. 96. 638  BVerfGE 147, 253, Rn. 137. 639  BVerfGE 147, 253, Rn. 137; Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (821); Klafki, JZ 2018, 541 (547). 640  Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (820 f.); Klafki, JZ 2018, 541 (547).



I. Freiheit und Hochschulzulassung105

einem Studiengang überhaupt verringert. Das ist etwa der Fall, wenn die Zahl der angebbaren Ortswünsche beim absoluten Numerus clausus eingeschränkt wird.641 Die Beschränkung der Ortswahl geht in diesem Fall in der Beschränkung der Wahl des Studiengangs auf. Anders gewendet ist die Freiheitseinbuße im Hinblick auf die Ortswahl in der bezüglich der Wahl des Studiengangs bereits enthalten. Umgekehrt wirkt sich Beschränkung der Studiengangwahlfreiheit regelmäßig gleichzeitig auch auf die Ortswahlfreiheit aus. Das ist etwa der Fall, wenn ein Bewerber um ein Fach, das einem absoluten Numerus clausus unterliegt, abgelehnt wurde. Kann er das Fach nicht studieren, so kann er es logischerweise auch an keinem Ort studieren. Auch in diesem Fall geht die Beschränkung der Ortswahl in der der Wahl des Studiengangs auf. Für solche Situationen ist von einer Spezialität der Freiheit der Wahl des Studiengangs gegenüber der Freiheit der Wahl des Studienorts auszugehen. Die dritte Leitfrage betrifft den Umfang der Beschränkungswirkung. Hier ist festzustellen, in welchem Ausmaß der in Frage stehende Rechtsgehalt des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG beschränkt wird. Dabei ist zum einen relevant, ob ein Bewerber bereits in der in der Vergangenheit von seinem Teilhaberecht Gebrauch machen konnte. So wiegt die Beschränkung der Zulassung zum Erststudium schwerer als eine solche eines (parallelen oder zeitlich nachgeschalteten) Zweit- oder Drittstudiums.642 Zum anderen ist danach zu fragen, ob der Gebrauch des Teilhaberechts ausgeschlossen oder lediglich erschwert wird. Über die denkbar größte Schwere verfügt eine Beschränkung dabei, wenn der Gebrauch des Rechts unmöglich gemacht wird. Wird sie lediglich erschwert, so wiegt die Beschränkung weniger schwer, wobei hier nach dem Ausmaß der Erschwerung feinjustiert werden kann. Bei der Beantwortung dieser Frage ist allerdings danach zu unterscheiden, ob die Beschränkung auf der abstrakt-generellen oder der konkret-individuellen Ebene liegt.643 Innerhalb dieser Ebenen ist stets davon auszugehen, dass der Ausschluss des Freiheitsgebrauchs stets schwerer wiegt als dessen Erschwerung. Für den Bereich der Hochschulzulassung regelt die abstraktgenerelle Ebene die Aufnahmechance der Bewerber für den Fall des Be­ werberüberhangs, wobei die Zahl der Bewerber ebenfalls einen Einfluss auf diese Chance hat. Ein vollständiger Ausschluss ist dabei zwar möglich, dürfte jedoch eher selten vorkommen. Bezieht er sich auf die Wahl des Studiengangs, etwa wenn bestimmte Bewerber pauschal von der Zulassung ausge-

641  Selbmann, NVwZ 2012, 1373 (1374 f.). Dies war der Fall, den BVerfGE 147, 253 zu entscheiden hatte, BVerfGE 147, 253, Rn. 161. 642  BVerfGE 43, 291, Rn. 165 zum Verhältnis von Erst- und Zweitstudium. 643  S. dazu oben D. I. 4. a) bb) (6) (a), S. 93 f.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

schlossen werden, wird er regelmäßig verfassungswidrig sein.644 Bezogen auf die Ortswahl stellt etwa eine zwangsweise Zuteilung zu einem Studienort unabhängig von den Präferenzen der Bewerber einen Ausschluss der Ortswahl dar. Meist werden Beschränkungen auf dieser Ebene jedoch Erschwerungen darstellen. So stellt die quantitative Beschränkung der Festsetzung der Kapazitäten eine Erschwerung der Zulassungsmöglichkeit dar. Freilich nur dann, wenn es mehr Bewerbungen als festgesetzte Studienplätze gibt. Die Auswahlregelungen können hingegen die Zulassungschance einiger Bewerber zu Gunsten oder zu Ungunsten anderer Bewerber verschieben. Die Aufnahmechancen bestimmter Bewerber können dadurch im Verhältnis zu anderen Bewerbern größer oder geringer ausgestaltet sein. In letzterem Fall ist die Schwere der Beschränkung größer als in ersterem Fall. Die konkretindividuelle Ebene vollzieht die abstrakt-generellen Regelungen. Da hier im Fall des Bewerberüberhangs eine Auswahlentscheidung getroffen werden muss, kommen als Möglichkeiten nur die Zulassung oder die Ablehnung in Betracht. Lediglich in Ausnahmefällen kann auch eine Teilzulassung, d. h. eine Zulassung zu einem bestimmten Abschnitt des Studiums möglich sein. Das Bundesverfassungsgericht sprach deshalb zutreffend davon, dass bestimmte Bewerber alles erhielten, andere hingegen – zumindest für eine gewisse Zeit – nichts.645 Dies wirft die Frage auf, in welchem Verhältnis die Schwere der Beschränkung durch eine konkret-individuellen Ablehnung zu der Schwere der Beschränkung durch die abstrakt-generellen Regelungen steht, auf den sie beruht. Ginge man hier wiederum davon aus, dass ein Ausschluss schwerer wiege als eine Erschwerung, so müsste man zu dem Ergebnis gelangen, dass der konkret-individuelle Ausschluss schwerer wiegt als die Beschränkung durch abstrakt-generelle Regelungen, deren Anwendung er darstellt. Folge wäre, dass die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der abstrakt-generellen Regelung als Beschränkung womöglich ihre (ordnungsgemäße) Anwendung im Einzelfall nicht tragen könnte, weil diese eine schwerwiegendere Beschränkung darstellte. Allerdings lassen sich die abstrakt-generelle und die konkret-individuelle Ebene nicht auf diese Weise zueinander in Bezug setzen. Dafür sind ihre Regelungsgehalte zu unterschiedlich. So geht die nach dieser Betrachtung geringere Beschränkungsschwere der abstrakt-generellen Regelungen darauf zurück, dass dort neben der Ablehnungschance auch die Zulassungschance berücksichtigt wird. Unter dem Gesichtspunkt der Schwere der Beschränkung wird bei den abstrakt-generellen Regelungen nämlich die Zulassungschance oder -wahrscheinlichkeit beurteilt. Bei der Beurteilung der konkret-individuellen Zulassung wird hingegen die vorgenommene Entschei644  S.

dazu unten D. II. 4. a) aa) (1) (b), S. 183 ff. 303, Rn. 62.

645  BVerfGE 33,



I. Freiheit und Hochschulzulassung107

dung beurteilt, welche die Realität u. a. in Form der tatsächlichen Bewerberzahlen berücksichtigt. Legte man vor diesem Hintergrund den gleichen Maßstab für die Beurteilung der Schwere der Beschränkung für beide Regelungsebenen an, so würde man diesen grundlegenden Unterschieden der Beschränkung zwischen den beiden Ebenen nicht gerecht. Letztlich vergliche man Äpfel mit Birnen. Daher sind die beiden Ebenen bei der Beurteilung der Schwere der Beschränkung unter Hinzuziehung des hier in Frage stehenden Maßstabs jeweils für sich zu beurteilen und strikt zu trennen. Was das Verhältnis der Schwere der Beschränkung der konkret-individuellen Entscheidung zu den abstrakt-generellen Regelungen anbelangt, so ist davon auszugehen, dass die Schwere der Beschränkung in Form der konkret-individuellen Ablehnungsentscheidung der Schwere der Beschränkung in Form der abstrakt-generellen Regelungen entspricht, auf denen sie (bei ordnungsgemäßer Anwendung dieser Regelungen) beruht. Im Rahmen der letzten Leitfrage ist schließlich zu fragen, inwieweit der Bewerber Einfluss auf die Teilhabeverkürzung hat. Hat er Einfluss darauf, so wiegt die Beschränkung weniger schwer als eine solche, auf die er keinen Einfluss hat. Zwecks Feinabstimmung lässt sich des Weiteren danach unterscheiden, wie weit der Einfluss des Bewerbers reicht. Dabei nimmt die Schwere der Beschränkung umso weiter ab, je größer sein Einfluss ist. Beispiel für eine Beschränkung, auf die der Einzelne keinen Einfluss hat, sind die festgesetzten Kapazitäten an einer bestimmten Hochschule oder für einen bestimmten Studiengang insgesamt. Beispiel für eine Beschränkung, auf die der Einzelne vergleichsweise hohen Einfluss hat, ist etwa die Hochschulzugangsberechtigung. Zwar stellt das Erfordernis einer solchen unter dem Gesichtspunkt der zweiten Leitfrage auf den ersten Blick die denkbar schwerste Beschränkung dar, weil Bewerber ohne Hochschulzugangsberechtigung von jeglichem Studium ausgeschlossen sind. Jedoch zeigt sich ein anderes Bild, wenn man das Ausmaß des Einflusses des Einzelnen auf das Vorliegen einer solchen Qualifikation berücksichtigt. So lässt sich die Hochschulzugangsberechtigung heute auf derart vielfältige Weise erlangen, dass die Rechtslage insoweit kaum noch zu überblicken ist.646 Angesichts dieser Vielzahl der Möglichkeiten, eine Hochschulzugangsberechtigung zu erlangen, ist Einfluss des Einzelnen auf das Vorliegen der für das Studium erforderlichen Qualifikation ist sehr hoch. Dieser Art der Beschränkung wird daher nur mittlere Schwere zuzusprechen sein.

646  Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 67. Wenigstens für die bayerischen Hochschulen findet sich eine Systematisierung der Hochschul­ zugangsberechtigungen in der bayerischen Qualifikationsverordnung.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

(γ) Die Berücksichtigung von sonstigem Verfassungsrecht Anforderungen aus sonstigem Verfassungsrecht können sich insbesondere aus dem Sozialstaats- und dem Rechtsstaatsprinzip ergeben647, die beide über Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG auch die Bundesländer verpflichten. Dem Sozialstaatsprinzip lassen sich zwar grundsätzlich keine konkreten Anforderungen entnehmen.648 Trotzdem können etwa Härtefallregelungen auf Grund des Sozialstaatsprinzips erforderlich sein.649 Darüber hinaus kann das Sozialstaatsprinzip auch im Rahmen der Anwendung des einfachen Rechts zu berücksichtigen sein650 und als gegenüber dem Teilhaberecht abzuwägender Verfassungswert in Anschlag gebracht werden651. Das Rechtsstaatsprinzip wird vor allem in zwei Fällen relevant. Der erste stellt den Fall der nachträglichen Änderung des Hochschulzulassungsrechts dar.652 Der zweite betrifft das rechtsstaatliche Verbot staatlicher Willkür.653 Eine Änderung des Hochschulzulassungsrechts ist am Rechtsstaatsprinzip zu messen, wenn die Änderung der Rechtslage zeitlich zurückwirkt. In diesem Fall ändert sich die Rechtslage für Sachverhalte, die in der Vergangenheit bereits begonnen haben (und gegebenenfalls sogar schon abgeschlossen sind) nachträglich. Dies wirft Probleme unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und daraus folgend des Vertrauens der Bürger in diese Rechts­ sicherheit auf654, wobei beide Aspekte Teile des Rechtsstaatsprinzips sind.655 647  Zum Rechtsstaatsprinzip etwa: BVerfGE 39, 276, Rn. 62 ff.; 43, 291, Rn. 221 ff.; zum Sozialstaatsprinzip etwa: BVerfGE 134, 1, Rn. 42; 147, 253, Rn. 103. 648  BVerfGE 22, 180, Rn. 74; 59, 231, Rn. 67; 100, 271, Rn. 56; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20, VIII., Rn. 18; Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20, Rn. 47. 649  Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 66; Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 140 f.; Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S. 134 ff., 137. Diese Härteklauseln sind allerdings nicht mit denen zu verwechseln, die im Rahmen einer Typisierung durch den Gesetzgeber geboten sein können, s. dazu unten Fn. 1158. 650  BVerfGE 1, 97, Rn. 34; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 169; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 20, Rn. 125. 651  Vgl. Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art.  20, Rn.  126; Wittreck, in: Dreier, GG, Art. 20 (Sozialstaat), Rn. 42. 652  Zu einem Beispiel zu diesem Fall unten D. II. 4. a) aa) (3), S. 201 ff. 653  Zu einem Beispiel zu diesem Fall unten D. I. 4. a) bb) (6) (c) (bb), S. 111 ff. 654  BVerfGE 133, 143, Rn. 41; Degenhart, StR I, Rn. 388; Jarass, in: Jarass/ Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 94. 655  Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, S. 463. Zu den vielfältigen Herleitungsansätzen des Vertrauensschutzes s. Schwarz, Vertrauensschutz als Verfassungs-



I. Freiheit und Hochschulzulassung109

Zwar muss der Bürger grundsätzlich damit rechnen, dass sich die Rechtslage ändert.656 Gleichwohl wäre es aber unter dem Gesichtspunkt der Rechts­ sicherheit sehr bedenklich, wenn der Einzelne ständig mit – womöglich sogar zeitlich zurückwirkenden – Rechtsänderungen rechnen müsste.657 Hinzu kommt zum einen, dass der Bürger gegebenenfalls schon Dispositionen im Vertrauen auf den Bestand einer bestimmten Rechtslage getroffen hat. Zum anderen würde eine Rückwirkung das allgemeine Rechtsvertrauen erschüttern, da sich der Staat nicht an seine eigenen Regeln hielte658. Deshalb sind Regelungen, die sich auf die Vergangenheit auswirken unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes am Rechtsstaatsprinzip zu messen (oft als rechtsstaat­ liches Rückwirkungsverbot bezeichnet)659. Voraussetzungen für die Gewährung von Vertrauensschutz sind dabei, dass eine Vertrauensgrundlage besteht, dass der Einzelne sein auf dieser Grundlage basierendes Vertrauen betätigt hat und dass dieses Vertrauen schutzwürdig ist.660 Liegt ein solches schutzwürdiges Vertrauen vor, so ist eine Übergangslösung geboten, um diesem Vertrauen Rechnung zu tragen.661 Der Gesetzgeber verfügt dabei allerdings über einen großen Spielraum.662 Im Hinblick auf die Frage der Schutzwürdigkeit des Vertrauens ist zwischen der echten Rückwirkung (auch Rückbewirkung der Rechtsfolgen) und der unechten Rückwirkung (auch tatbestandliche Rückanknüpfung) zu unterscheiden. Erstere zeichnet sich dabei dadurch aus, dass ein zeitlich bereits abgeschlossener Sachverhalt geregelt wird, d. h. die rückwirkenden Rechtsfolgen der Norm betreffen einen vollständig in der Vergangenheit liegenden prinzip, S. 145 ff. Freilich ergeben sich aus diesen unterschiedlichen Herleitungsansätzen kaum inhaltliche Unterschiede, v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 340 f. 656  v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 337. Schwarz, Vertrauensschutz als Verfassungsprinzip, S. 43, 296. 657  v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 337. 658  v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 326. 659  So etwa Degenhart, StR I, Rn. 393; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 94; Kunig, HbGR III, § 69. 660  Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, S. 462; Schwarz, Vertrauensschutz als Verfassungsprinzip, S. 295; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20, VII., Rn. 83, 90; vgl. auch Huster/Rux, in: BeckOK, GG, Art. 20, Rn. 186. Die Voraussetzungen für den Vertrauensschutz werden dabei, ohne allzu große inhaltliche Unterschiede sehr unterschiedlich umschrieben: Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, S. 462 f., Fn 21. 661  Degenhart, StR I, Rn. 407; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 108; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 20, Rn. 297; v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 338. 662  BVerfGE 43, 242, Rn. 94; 76, 256, Rn. 194; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 108; Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (186); Schwarz, Vertrauensschutz als Verfassungsprinzip, S. 318.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Sachverhalt.663 Sie ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig.664 Lediglich ausnahmsweise kann sie erlaubt sein, wenn kein schutzwürdiges Vertrauen vorliegt.665 Dies ist der Fall, wenn mit der Regelung zu rechnen war und daher kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen konnte, die Regelung eine unklare Rechtslage klärt, die Beeinträchtigung nur geringfügig ist oder zwingende Gründe des öffentlichen Wohls das schutzwürdige Vertrauen überwiegen.666 Bei der unechten Rückwirkung wird hingegen ein noch andauernder Sachverhalt geregelt, d. h. die Norm entwertet einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt nachträglich, indem sie ihn für die Zukunft anderen Rechtsfolgen unterwirft.667 Sie ist grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig668, in der Vergangenheit begründete und fortdauernde Lebensvorgänge genießen daher grundsätzlich weniger Schutz.669 Aber sie kann ausnahmsweise unzulässig sein, wenn das schutzwürdige Vertrauen der Betroffenen das Interesse des Gesetzgebers überwiegt, gerade auch in der Vergangenheit begonnene Sachverhalte zu erfassen.670 Neben dem Rückwirkungsverbot kann aber auch das rechtsstaatliche Willkürverbot Relevanz erlangen. Zwar werden Fälle der Willkür oftmals von Art. 3 Abs. 1 GG erfasst. Für dessen Anwendung ist jedoch eine Ungleichbehandlung durch denselben Hoheitsträger Voraussetzung.671 Liegt demnach ein Fall der Willkür, aber keine Ungleichbehandlung durch denselben Hoheitsträger vor, so ist Art. 3 Abs. 1 GG nicht anwendbar. Da aber nicht nur Art. 3 Abs. 1 GG, sondern auch das Rechtsstaatsprinzip Willkür 663  BVerfGE 101, 239, Rn. 97; 135, 1, Rn. 41; Degenhart, StR I, Rn. 394; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 96; Schmidt-Aßmann, HStR II, § 26, Rn. 86. 664  BVerfGE 101, 239, Rn. 97; 141, 56, Rn. 43; Degenhart, StR I, Rn. 394, 397; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 99 f.; Schmidt-Aßmann, HStR II, § 26, Rn. 86; Kunig, HbGR III, § 69, Rn. 16. 665  Kunig, HbGR III, § 69, Rn. 42. 666  BVerfGE 135, 1, Rn. 65; Degenhart, StR I, Rn. 397; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 102 f.; Schmidt-Aßmann, HStR II, § 26, Rn. 86; Kunig, HbGR III, § 69, Rn. 43 f. 667  BVerfGE 101, 239, Rn. 96; 123, 186, Rn. 212; 134, 33, Rn. 72; Degenhart, StR I, Rn. 394; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 98; Schmidt-Aßmann, HStR II, § 26, Rn. 86. 668  BVerfGE 101, 239, Rn. 96; 132, 302, Rn. 43; Degenhart, StR I, Rn. 394; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 104; Schmidt-Aßmann, HStR II, § 26, Rn. 86; Kunig, HbGR III, § 69, Rn. 45. 669  v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 337; Schwarz, Vertrauensschutz als Verfassungsprinzip, S. 43. 670  BVerfGE 114, 258, Rn. 153 f.; 132, 302, Rn. 43; 141, 56, Rn. 135; Degenhart, StR I, Rn. 394, 398; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 105; Schmidt-Aßmann, HStR II, § 26, Rn. 86; Kunig, HbGR III, § 69, Rn. 45. 671  Allg. A., statt aller: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 10, 13.



I. Freiheit und Hochschulzulassung111

verbietet672, liegt in diesen Fällen ein Verstoß gegen das rechtsstaatliche Willkürverbot vor.673 (bb) Insbesondere: Die Kapazitätsbestimmung Wie bereits dargestellt, stellt die Festsetzung der Kapazitäten in Form von Zulassungshöchstzahlen in einem Studiengang eine quantitative Beschränkung des Teilhaberechts dar, soweit auf ihrer Basis Bewerber abgelehnt werden. Sie und damit auch die Art und Weise ihrer Berechnung ist daher verfassungsrechtlich zu rechtfertigen. Die Kapazitätsberechnung erfolgt, indem konkrete Kapazitäten für einen Studiengang basierend auf abstrakt-generellen Regelungen berechnet und dann festgesetzt werden. Verfassungsrechtlich zu rechtfertigen sind daher sowohl die Regelungen, nach denen die Kapazität berechnet wird, als auch die konkrete Berechnung selbst. Die abstrakt-generelle Regelung der Kapazitätsberechnung bestimmt den Umfang der jeweils festgesetzten Kapazitäten. Damit entscheidet sie über die Anzahl derer, die ihr Teilhaberecht tatsächlich in Anspruch nehmen können. Insoweit ist dem Bundesverfassungsgericht darin zuzustimmen, dass die „Art und Weise der Kapazitätsermittlung […] zum Kern des Zulassungswesens [gehören]“.674 Vor dem Hintergrund von Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG und der Wesentlichkeitstheorie bedeutet dies, dass der Gesetzgeber die Kriterien für die Ermittlung der Kapazitäten selbst festzulegen hat.675 Die nähere Ausgestaltung darf dann jedoch durch Rechtsverordnung geschehen.676

672  BVerfGE 62, 354, Rn. 46; 86, 148, Rn. 362; 137, 108, Rn. 107 f.; Sachs, in: Stern, StR IV/2, S. 1516 f.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 44; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 20, Rn. 305 f. 673  S. zu einem solchen Fall D. I. 4. a) bb) (6) (c) (bb), S. 111 ff. 674  BVerfGE 33, 303, Rn. 76; inzwischen st. Rspr., s. Fn. 184. 675  BVerfGE 33, 303, Rn. 76; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 69; Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1920. Dies haben die Länder in Form der Hochschulzulassungsgesetze getan, s. etwa § 1 HZG NRW. S. aber auch § 29 f. HRG. Die Lehrverpflichtungen müssen dagegen grundsätzlich nicht vom Gesetzgeber selbst geregelt werden, BVerfGE 54, 173, Rn. 42 ff. Kritisch dazu Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S.  232 ff. 676  BVerfGE 33, 303, Rn. 76; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 69; Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1920. Die Kapazitäten werden dabei basierend auf den Bundes- bzw. Landeskapazitätsverordnungen berechnet. In der Folge setzt das zuständige Ministerium die konkreten Zulassungszahlen in einer Rechtsverordnung fest, Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 832. Für NRW und die Zulassung zum ersten Fachsemester ist dies etwa die Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen im ersten Fachsemester.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Bezüglich der Festlegung der Berechnung steht dem Normgeber grundsätzlich Spielraum zu.677 Es gibt jedoch Grenzen formaler und materieller Natur. So muss die der Berechnung zugrunde liegende Abwägung zunächst rational erfolgen, was insbesondere dann nicht der Fall ist, wenn der Normgeber Irrtümern unterliegt oder offensichtlich einseitig abwägt.678 Außerdem muss die Berechnung der Kapazitäten folgerichtig geschehen.679 Dieses Gebot der Folgerichtigkeit680 erfordert, dass die Berechnung in sich kohärent erfolgen muss. Werden etwa bestimmte Faktoren ohne ersichtlichen Grund doppelt berücksichtigt, so fehlt es an der Folgerichtigkeit.681 Dogmatisch wird das Gebot der Folgerichtigkeit zwar oftmals aus Art. 3 Abs. 1 GG hergeleitet.682 Vorliegend verfängt dieser Ansatz jedoch nicht, da es an einer Ungleichbehandlung fehlt. Das Bundesverfassungsgericht zielt mit seiner Forderung nach folgerichtiger Kapazitätsberechnung nicht etwa darauf ab, dass die Kapazitäten verschiedener Studiengänge gleich zu berechnen seien. Vielmehr müssen die Kapazitäten eines Studiengangs in sich kohärent berechnet werden. Die Anforderungen der Folgerichtigkeit richten 677  Zum Spielraum des Gesetzgebers: Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1920; zum Spielraum des Verordnungsgebers: BVerfGE 85, 36, Rn. 73; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 50; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 111. 678  S. o. Fn.  190. Zum Erfordernis rationaler Abwägung für den Fall der Kapazitätsreduktion ebenso Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (824) und Würtenberger/Fehling, JZ 2000, 173 (176 f.). 679  BVerfGE 85, 36, Rn. 70; BVerfG 1 BvR 413/85, Rn. 47. Kritisch zur Figur der Folgerichtigkeit Lepsius, JZ 2009, 260 (263); ders., German Law Journal 16 (2015), 1191 (1202) unter Hinweis darauf, dass diese Doktrin geschaffen wurde, um verfassungsrechtliche Schutzlücken im Steuerrecht zu schließen. Dagegen spricht jedoch, dass der Gedanke der Folgerichtigkeit älter ist als seine Anwendung im Steuerrecht, Osterloh, FS Bryde, S. 429 (431 ff.). 680  Teilweise wird der Begriff der Systemgerechtigkeit synonym mit dem der Folgerichtigkeit verwendet, etwa Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 95 f.; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 460; Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 98 ff. Teils wird aber auch zwischen Folgerichtigkeit und Systemgerechtigkeit unterschieden, etwa Morgenthaler, Freiheit durch Gesetz, S. 257; Osterloh, FS Bryde, S.  429 (434 f.); Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 34 (wobei er allerdings auf die Ähnlichkeit der Figuren hinweist). 681  Als Beispiel dafür mag etwa die mehrmalige kapazitätsreduzierende Berücksichtigung der Patientenversorgung bei der Berechnung der Studienkapazitäten im Fach Medizin dienen. 682  St. Rspr. zum Steuerrecht seit BVerfGE 23, 242, Rn. 42 f.; so auch BVerfG 2 BvL 1/07, Rn. 56 f.; 1 BvL 7/14, Rn. 70. Aus der Literatur: Lange, Die Verwaltung 4 (1971), 259 (262 ff.); Kirchhof, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 408 (als einen möglichen Anknüpfungspunkt betrachtend); für eine Prüfung anhand von Art. 3 Abs. 1 GG aber gegen das Gebot der Folgerichtigkeit: Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 97.



I. Freiheit und Hochschulzulassung113

sich also an die Variablen der Kapazitätsberechnung. Die auf Grundlage dieser Variablen errechnete Studienkapazität gilt aber für alle betroffenen Bewerber gleichermaßen. Eine Ungleichbehandlung liegt somit nicht vor. Das Gebot der folgerichtigen Berechnung der Kapazitäten kann daher nicht auf Art. 3 Abs. 1 GG gründen. Als Erklärungsansätze verbleiben damit der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz683 und das Rechtsstaatsprinzip684. Hier spricht einiges dafür, den Grundsatz der Folgerichtigkeit aus dem rechtsstaatlichen Willkürverbot und damit aus dem Rechtsstaatsprinzip685 herzuleiten. So mag bei fehlender Folgerichtigkeit häufig auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt sein686, etwa weil eine folgerichtige Regelung ein milderes Mittel wäre oder weil ihr im Rahmen der Angemessenheitsprüfung höheres Gewicht zuzusprechen ist, als wenn sie nicht folgerichtig ist.687 Gleichwohl stellt sich in beiden Fällen zuerst die Frage, ob die Regelung denn nun folgerichtig ist. Da dies von der inneren Kohärenz der Regelung – also von ihrer Widerspruchsfreiheit – abhängig ist, zeigt sich, dass sich die Frage eigentlich darum dreht, ob es einen sachlichen Grund für die Gestaltung der Regelung gibt. Damit zeichnet das Ergebnis des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aber nur das der Willkürprüfung nach. Da die hieraus resultierenden Unterschiede rein theoretischer Natur sind, braucht hier nicht entschieden zu werden, woraus das Gebot der Folgerichtigkeit für den Bereich der Kapazitätsberechnung letztlich folgt. In materieller Hinsicht sind das Recht der bereits Zugelassenen auf eine ordnungsgemäße Ausbildung aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG688 und die Rechte der Hochschule aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG689 bei der Rechtfertigung der Beschränkung zu berücksichtigen. Ursprünglich wurde insbesondere vom Bundesverfassungsgericht sogar ein Vorrang des Zulassungsrechts vor diesen Rechten bis hin zur Grenze der Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Hochschule und der Gewährleistung 683  BVerfGE 121, 317, Rn.  128  ff.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art.  20, Rn. 121a; Kirchhof, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 408; ebenso Bickenbach, Die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, S. 342. 684  Degenhart, Systemgerechtigkeit und Selbstbindung des Gesetzgebers als Verfassungspostulat, S. 68 ff. (Systemgerechtigkeit als Ausfluss des Vertrauensschutzes). 685  Zu dessen Existenz s. o. Fn. 672. 686  Lange, Die Verwaltung 4 (1971), 259 (270). 687  BVerfGE 121, 317, Rn. 135  ff.; wohl auch Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 121a. 688  S. o. Fn.  608. 689  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 111; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 169; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 459; Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (112); Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (165). Zur Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG auf Fachhochschulen s. o. Fn. 609.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

eines ordnungsgemäßen Studiums postuliert.690 Die Annahme eines solchen Vorrangs kann in dieser Pauschalität allerdings schon deshalb nicht sachgerecht sein, weil die Teilhabebeschränkung im Fall eines relativen Numerus clausus über ein geringeres Gewicht verfügt als im Fall des absoluten Numerus clausus und deshalb dort auch weniger gewichtige Gründe zur Rechtfertigung einer Beschränkung ausreichen müssen. Aber auch im Fall eines absoluten Numerus clausus ist zu berücksichtigen, dass diese Grundrechte kollidieren. Im Hinblick auf die zu berechnenden Kapazitäten besteht in jedem Fall eine Kollision zwischen dem Zulassungsrecht einerseits und ­ Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG andererseits, da bereits die Vorgabe an die Hochschule, bestimmte Kapazitäten bereitzustellen, in deren Selbstverwaltungsrecht aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG691 eingreift.692 Mit dem Recht auf ein ordnungsgemäßes Studium aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG kollidiert das Zulassungsrecht hingegen nur, wenn die Kapazitäten einer Hochschule so weit ausgedehnt werden, dass ein ordnungsgemäßes Studium nicht mehr gewährleistet ist. Im Rahmen dieser Grundrechtskollisionen ist grundsätzlich ein schonender Ausgleich im Wege praktischer Konkordanz herzustellen.693 Das Ergebnis dieses Ausgleichs kann sehr wohl sein, dass das Zulassungsrecht gegenüber den anderen Rechten zurücktreten muss. Allerdings verfügt der Gesetzgeber bei der Herstellung der praktischen Konkordanz über Spielraum694, soweit er den aktuellen Kenntnisstand berücksichtigt695 und rational abwägt696. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass inzwischen die Möglichkeit der 690  BVerfGE 33, 303, Rn. 75; aber auch Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 229. 691  BVerfGE 15, 256, Rn. 2; Kempen, in: BeckOK, GG, Art. 5, Rn. 185. 692  Dieses Selbstverwaltungsrecht bezieht sich auf „Forschung, Lehre und Erziehung“, BVerfGE 15, 256, Rn. 2. Von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG werden dabei auch inhaltliche und konzeptionelle Schwerpunkte der Hochschule geschützt, Steinberg/ Müller, NVwZ 2006, 1113 (1119). 693  Zur Notwendigkeit der Herstellung von praktischer Konkordanz zwischen dem Zulassungsanspruch und Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 452; Steinberg/Müller, NVwZ 2006, 1113 (1118). Sowohl die Funktionsfähigkeit der Hochschule und die Freiheit von Forschung und Lehre (BVerfGE 33, 303, Rn. 74; 43, 34, Rn. 25; 54, 173, Rn. 40; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 452, Fn. 1; Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (112 f.)), als auch das Inte­ resse der Zugelassenen an einem ordnungsgemäßen Studium wiegen dabei grundsätzlich schwer genug, um eine Beschränkung des Teilhaberechts der Studienbewerber zu rechtfertigen. Mehr zu den Erfordernissen und dem Hintergrund der praktischen Konkordanz s. u. D. II. 4. a) aa) (1), S. 178 ff. 694  Zur Rspr. s. o. Fn. 189; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 832. 695  Zur Rspr. s. o. Fn. 195; Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 222. 696  Zur Rspr. s. o. Fn. 190; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Art. 12, Rn. 38; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 69.



I. Freiheit und Hochschulzulassung115

Hochschulen zu eigener Schwerpunktsetzung und Profilbildung für wesentlich erachtet wird.697 Deshalb ist davon auszugehen, dass Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG nunmehr ein höheres Gewicht zuzusprechen ist, als es etwa in der älteren Rechtsprechung der Fall war, die nur die Bedrohung der Funk­ tionsfähigkeit der Hochschule als gewichtig genug ansah, um das Teilhaberecht zu „begrenzen“.698 Dies ist auch im Rahmen der Herstellung praktischer Konkordanz zu berücksichtigen. So wird diese im Verhältnis zwischen dem Zulassungsrecht des Bewerbers und Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG zwar im Regelfall zu Gunsten von letzterem erfolgen, wenn die Funktionsfähigkeit der Hochschule gefährdet ist. Vor allem, wenn die Umstände außergewöhnlich sind, kann der Grundsatz der Herstellung praktischer Konkordanz aber auch zu anderen Ergebnissen führen. Dann hätte das Zulassungsrecht trotz Gefahr für die Funktionsfähigkeit der Hochschule Vorrang. Andersherum kann es aber wegen des Gewichts von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG und des Spielraums des Gesetzgebers bei der Herstellung praktischer Konkordanz angebracht sein, das Zulassungsrecht – wenn auch nur in beschränktem Maße – auch dann zurücktreten zu lassen, wenn die Funktionsfähigkeit der Hochschule nicht gefährdet ist. Dies geschieht derzeit etwa dadurch, dass die Landeskapazitätsverordnungen den Hochschulen zugestehen, die Curricularwerte der einzelnen Studiengänge bei Errechnung der Studienkapazität innerhalb einer gewissen Bandbreite selbst festzulegen.699 Soweit eine Kollision zwischen dem Zulassungsrecht und dem Recht auf ein ordnungsgemäßes Studium entstehen sollte, sind auch hier Fälle denkbar, in denen das Gewicht des Zulassungsrechts überwiegt. Dies gilt umso mehr als der Begriff des ordnungsgemäßen Studiums überaus unbestimmt ist und letztlich wohl auch vom jeweils betroffenen Studium abhängt. So können extreme Umstände einerseits einen Vorrang des Zulassungsrechts auch dann rechtfertigen, wenn dies zu einer Beeinträchtigung des ordnungsgemäßen Studiums führt. Umgekehrt kann andererseits auch eine bezweckte Steigerung der Qualität eines Studiums eine Beschränkung des Zulassungsrechts rechtfertigen. In beiden Fällen hängt alles vom Einzelfall und dem Grad der Beeinträchtigung ab.

697  BVerfGE 147, 253, Rn. 120 m.  w. N.; Steinberg/Müller, NVwZ 2006, 1113 (1118). Zur Entwicklung der Stärkung der Rolle der Hochschulen im Zusammenhang mit der Studienplatzvergabe: Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (307). 698  Für die Gleichwertigkeit der Ausbildungsfreiheit und der Wissenschaftsfreiheit schon Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 106 ff. Ebenso Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (833). 699  S. etwa die Anlagen zur KapVO NRW 2017.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Vor diesem Hintergrund ist das Diktum des Bundesverfassungsgerichts, dass Kapazitätsminderungen auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken seien700, in seiner Pauschalität insbesondere auf Grund eines veränderten Hochschulwesens dogmatisch nicht haltbar.701 Schließlich müssen die in der Regelung festgelegten Parameter zur Berechnung der Kapazität auch dem Rechtsstaatsprinzip genügen. Dies schließt ein, dass sie insbesondere willkürfrei sind.702 So müssen sie objektiv und nachprüfbar sein.703 Aber auch die konkrete Berechnung der Kapazitäten anhand der abstraktgenerellen Regelungen zwecks anschließender Festsetzung der vorhandenen Kapazitäten muss den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. So darf sie insbesondere nicht willkürlich sein. Mangels hierbei hervorgerufener Ungleichbehandlung der Bewerber ist hierfür abermals nicht Art. 3 Abs. 1 GG der einschlägige Maßstab, ausschlaggebend ist vielmehr das rechtsstaatliche Willkürverbot. Das bedeutet, dass die jeweiligen Werte, die in die Berechnungsformel eingesetzt werden, nachvollziehbar sein müssen. (cc) Insbesondere: Die Ablehnungsentscheidung Die klassische Art der Beschränkung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG stellt der Ablehnungsbescheid an einen Bewerber dar. Schon auf Grund des Gesetzesvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG setzt dieser die abstrakt-generellen Zulassungsregeln um, auf denen er beruht. Geschieht dies ordnungsgemäß und sind die umgesetzten Zulassungsregeln ihrerseits verfassungsgemäß, so partizipiert die Ablehnungsentscheidung an der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Zulassungsregeln. Die Ablehnungsentscheidung ist als Beschränkung des Teilhaberechts dann genauso gerechtfertigt, wie es die Zulassungsregelung als Beschränkung des Teilhaberechts ist. Beruht daher die Ablehnungsentscheidung ordnungsgemäß auf nicht kapazitätsbezogenen Zulassungsregeln, so trägt die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Zulassungsregel auch die Ablehnungsentscheidung. Als Beispiel mag hierfür die Ablehnung wegen fehlender Hochschulzugangsberechtigung gelten. Häufig wird der Ablehnungsbescheid aber auf die Erschöpfung der vorhandenen Studienkapazitäten gestützt, wobei es sich bei diesen Kapazitäten 700  S. o. Fn.  199. Ebenso Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (824). 701  Steinberg/Müller, NVwZ 2006, 1113 (1115 f., 1117). 702  Zur Existenz des rechtsstaatlichen Willkürverbots s. o. Fn. 672. 703  S. o. Fn.  197.



I. Freiheit und Hochschulzulassung117

in der Regel um die normativ festgelegten Kapazitäten handelt. Sind diese zutreffend nach den einschlägigen Rechtsvorschriften berechnet worden, so trägt auch hier die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Vorschriften zur Kapazitätsberechnung die auf die Kapazitätserschöpfung gestützte Ablehnungsentscheidung. Nicht selten werden die vorhandenen Kapazitäten jedoch falsch berechnet. Ist ihre Anzahl zu gering berechnet worden und gibt es daher noch Kapazi­ täten, so ist die Ablehnungsentscheidung nicht erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und damit verfassungswidrig.704 Eine Ablehnung aus Kapazitätsgründen ist deshalb grundsätzlich nur bei Erschöpfung der vorhandenen Kapazitäten zulässig705, weshalb auch vom Kapazitätserschöpfungsgebot706, von der Pflicht zur Kapazitätserschöpfung707 oder vom Anspruch auf erschöpfende Kapazitätsnutzung708 gesprochen wird. Zu beachten ist aber, dass die Ablehnungsentscheidung in diesem Fall auch eine Auswahlentscheidung ist. Die Rechtfertigung anhand von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG ist daher notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung zur Verfassungsmäßigkeit dieser Entscheidung.709 Darüber hinaus muss die Auswahlentscheidung auch anhand von Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt sein. Wie beim Fall der nicht kapazitätsbezogenen Zulassungsregeln ist auch hier davon auszugehen, dass die Auswahlentscheidung bei ordnungsgemäßer Anwendung der für sie geltenden Auswahlregelungen an deren verfassungsrechtlichen Rechtfertigung partizipiert, soweit diese ihrerseits verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind.710

704  Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (820); Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 142. Vgl. auch Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 207. 705  BVerfGE 33, 303, Rn. 70, 72 ff.; 43, 291, Rn. 83. So auch bereits Barbey, JZ 1971, 473 (476). 706  BVerfGE 66, 155, Rn. 70; Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (820); Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 142; Manssen, StR II, Rn. 664; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 12, Rn. 166; Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1919. Vgl. auch BVerfGE 85, 36, Rn. 69, 71 ff. und Badura, StR, C, Rn. 77: „Gebot erschöpfender Kapazitätsauslastung“. 707  BVerfGE 54, 173, Rn. 47; 66, 155, Rn. 60; Schneider, HbGR V, § 113, Rn. 125. 708  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 110; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Art. 12, Rn. 38; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 161. 709  Zur Auswahlentscheidung als Beschränkung des Teilhaberechts: Malinka, Leistung und Verfassung, S. 83; Berg, Der Staat 15 (1976), 1 (20); Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 335 f.; Groth/Hohnerlein, KJ 2018, 304 (309), die allerdings alle von einem Eingriff sprechen. 710  Dazu s. u. D. II. 4., S. 177 ff.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

cc) Die leistungsrechtliche Dimension Jenseits der Grenzen des Teilhaberechts wurde und wird bisweilen das Leistungsrecht als grundrechtliche Absicherung in Erwägung gezogen.711 Es ist auf eine originäre (d. h. vom jeweiligen Bestand staatlicher Leistung oder Einrichtung unabhängige) Leistung gerichtet und unterscheidet sich vom Abwehrrecht dadurch, dass es – wie das Teilhaberecht – Vorgänge betrifft, die sich in der Sphäre des Staats und nicht in der des Bürgers abspielen. Vom Teilhaberecht grenzt es sich wiederum dadurch ab, dass es erst außerhalb des teilhaberechtlich Vorhandenen712 einschlägig ist.713 Es setzt also dort an, wo das Teilhaberecht noch nicht oder nicht mehr greift. Damit wäre ein Leistungsrecht in der Lage, das teilhaberechtlich Vorhandene auszuweiten. Auch könnte die anhand des Teilhaberechts nicht überprüfbare Grenze des teilhaberechtlich Vorhandenen anhand eines Leistungsrechts überprüft werden. Da das Teilhaberecht einerseits durch das Vorhandensein des Studienziels und andererseits durch die möglichen Kapazitäten in einem vorhandenen Studienziel begrenzt ist714, könnte ein Leistungsrecht auf ein Studienziel oder auf Studienkapazitäten gerichtet sein. Je nachdem, in welchem Bereich die Ausweitung des Teilhaberechts erstrebt wird, würde das Leistungsrecht Auswirkungen auf die Organisation staatlicher Universitäten oder auf die Zuteilung staatlicher Ressourcen haben. In ersterem Fall ließe sich von einem organisationsbezogenen Leistungsrecht sprechen. Um ein solches geht es – zumindest theoretisch715 – dann, wenn die Einrichtung oder Aufrecht­ erhaltung eines Studiengangs (insgesamt oder an einer bestimmten Universität) begehrt wird.716 Im zweiten Fall kann man von einem ressourcenbezoge711  So erwog das BVerfG, in: BVerfGE 33, 303, Rn. 62 noch einen „einklagbare[n] Individualanspruch des Staatsbürgers auf Schaffung von Studienplätzen“. Im Anschluss daran wurde bisweilen von einem Leistungsrecht ausgegangen, das jedoch nur im Falle evidenter Verletzung klagbar sein sollte: Schneider, VVDStRL 43 (1985), 7 (35 f.). Es bleibt abzuwarten, wie sich die Literatur positionieren wird, nachdem das BVerfG den Anspruch auf Schaffung von Studienplätzen nun verworfen hat, BVerfGE 147, 253, Rn. 105. 712  Dazu s. o. D. I. 4. a) bb) (4) (b), S. 86 ff. 713  Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 207; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 829. 714  S. o. D. I. 4. a) bb) (4), S. 85 ff. 715  Die Einführung eines neuen Studiengangs zieht nicht notwendigerweise die Zuweisung zusätzlicher Mittel durch den Haushaltsgesetzgeber nach sich. Vielmehr kann es auch sein, dass die betroffene Hochschule ihre vorhandenen Mittel nunmehr auf mehr Bereiche als zuvor aufteilen muss. Faktisch dürften in diesem Fall jedoch oft zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden. 716  Zur Einrichtung durch die Hochschule: Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 341. Zur Aufhebung: Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 341. Allgemein:



I. Freiheit und Hochschulzulassung119

nen Leistungsrecht sprechen. Hierbei geht es um die Erweiterung der maximal verfügbaren Kapazitäten eines Studiengangs (insgesamt oder an einer bestimmten Universität) oder um ihren Schutz vor einer Reduktion717, letztlich also um Haushaltsmittel für die Bereitstellung von Studienkapazitäten. Zwar wird teilweise die Zulässigkeit einer Kapazitätsreduktion auch anhand des Teilhaberechts überprüft.718 Richtigerweise ist hierbei jedoch zu unterscheiden: betrifft die Reduktion nicht die vom Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung gestellten Mittel, stellt sie eine Beschränkung des Teilhaberechts dar. In diesem Fall werden keine Ressourcen gekürzt, sie werden vielmehr umverteilt, was anhand des Teilhaberechts zu messen ist. Werden jedoch die vom Parlament zugewiesenen Mittel gekürzt, so liegt dies außerhalb des Schutzbereichs des Teilhaberechts. Die derivative Natur des Teilhaberechts lässt in einem solchen Fall keine Überprüfung zu.719 Vielmehr geht es um die Frage, ob nicht eine originäre Leistung des Staates geschuldet ist, weiterhin so viele Mittel wie bisher zur Verfügung zu stellen. In diesen Fällen wäre eine Kapazitätsreduktion nur anhand eines ressourcenbezogenen Leistungsrechts überprüfbar, sofern ein solches anzunehmen ist.720 Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 183 zum Fall, dass ein beruflich erforderlicher Studiengang nicht angeboten wird. Abhängig vom einschlägigen Landesrecht wird dies durch die Hochschule selbst oder unter Mitwirkung des Staats entschieden. Zur Errichtung: Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 179; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 341. 717  BVerfGE 33, 303, Rn. 62 ohne dies als Leistungsrecht zu bezeichnen; Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (21, 25 ff.); Stern, StR III/1 S. 569; Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 5–27. Kritisch zur Differenzierung zwischen „originären und derivativen Leistungsrecht“, Rixen, DVBl. 2018, 906 (911). 718  Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (821 f., 830); Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (117 ff.). 719  S. o. D. I. 4. a) bb) (4) (b), S. 86 ff. Anders aber Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (117 ff.). Deutsch weist auf das Problem der derivativen Natur des Teilhaberechts hin, will den Kapazitätsabbau aber wegen der „zentralen Bedeutung“ von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG für Berufswahl und freie Entfaltung trotzdem anhand des Teilhaberechts überprüfen, Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (821 f.). Erkauft wird diese Ausnahme um den Preis dogmatischer Inkohärenz. Tritt man für die Überprüfung auch der Fälle ein, die nach obigen Ausführungen nicht anhand des Teilhaberechts überprüfbar sind, so wäre es vorzugswürdig, auf Grund dieser „zentralen Bedeutung“ von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG ein bestandsschützendes Leistungsrecht anzunehmen und die Reduktion anhand dessen zu überprüfen. Dagegen sprechen aber die Erwägungen unter D. I. 4. a) cc) (1), S. 120 ff. Diese Erwägungen lassen sich auch nicht einfach dadurch umgehen, dass man als Kontrollmaßstab das Teilhaberecht heranzieht. Vielmehr behalten sie – vielleicht mit Ausnahme des Arguments der Unbestimmtheit – auch gegenüber dieser Herangehensweise ihre Gültigkeit. 720  Daneben käme auch eine Überprüfung anhand einer objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates in Betracht. S. dazu D. I. 4. b) bb), S. 139 ff. Ausführlicher zur Frage der Zulässigkeit der Reduktion von Kapazitäten s. u. D. I. 4. c), S. 161 ff.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Werden neben der Einrichtung oder Aufrechterhaltung des Studiengangs hierfür auch weitere Mittel begehrt, so werden hiermit sowohl eine Einwirkung auf die staatliche Organisation als auch auf die Zuweisung von Ressourcen angestrebt.721 Wie sich zeigen wird, bestehen im Ergebnis weder ein organisationsbezogenes noch ein ressourcenbezogenes Leistungsrecht.722 Obgleich die Frage des Vorhandenseins eines Studienziels der des Vorhandenseins von Kapazitäten in den Studienzielen streng genommen logisch vorangeht, soll im Folgenden auf Grund der höheren praktischen Relevanz zuerst auf die häufiger diskutierte Frage des ressourcenbezogenen Leistungsrechts eingegangen werden. Hieraus lassen sich nämlich Schlüsse für die Frage nach einem organisationebezogenen Leistungsrecht ziehen. (1) Kein Anspruch auf Bereitstellung von Haushaltsmitteln Einfluss auf das Ausmaß der zur Verfügung gestellten Mittel in einem Studienziel kann in zwei Fällen begehrt werden. Dem Grundrechtsträger kann es um die Ausweitung bestehender Studienkapazitäten (Anspruch auf Leistungserweiterung) oder um die Abwehr der Reduktion des teilhabe­ rechtlich Vorhandenen (Anspruch auf Aufrechterhaltung des bisherigen ­Leistungsumfangs) gehen. Ein solches ressourcenbezogenes Leistungsrecht würde den Haushaltsgesetzgeber zwingen, zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Als Rechtsgrundlage hierfür käme womöglich Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in Betracht, gegebenenfalls unter Heranziehung des Sozialstaatsprinzips723.

721  Wird die Einrichtung oder Aufrechterhaltung eines Studiengangs begehrt, so wird in der Regel auch dessen Ausstattung mit Ressourcen erstrebt sein, da der reine Bestand des Studienziels auf dem Papier dem Grundrechtsträger nichts bringen wird. 722  Zur Frage der Bereitstellung von Studienplätzen: BVerfGE 147, 253, Rn. 105; Barbey, JZ 1971, 473 (475, 482 f.); Schmitt, DVBl. 1971, 382 (383, 385); Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (115); Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, S.  401 f.; kritisch Braun, DVBl. 2018, 831 (837). Zur Frage der Einrichtung eines Studiengangs: BVerfG 1 BvR 362/94, Rn. 10 ff. (juris; ein Student erstrebte im Rahmen eines Schwerpunktstudiengangs einen von der Prüfungsordnung nicht vorgesehenen Doppelabschluss in Volkswirtschafts- und Betriebswirtschaftslehre); Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 341; Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 181 ff. im Grundsatz. Allgemein zur Zurückhaltung mit leistungsrechtlichen Organisationspflichten mahnend Krebs, HStR V, § 108, Rn. 80. Ausnahmen können bei der Einstellung eines Studiengangs zugunsten derer, die ihn bereits studieren, aber noch nicht abgeschlossen haben, auf Grund Vertrauensschutzes bestehen, Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 182; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 341. 723  Vgl. Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 377.



I. Freiheit und Hochschulzulassung121

Gegen die Existenz von Leistungsrechten ist zunächst dogmatisch argumentiert worden. Betrachte man den Wortlaut, so seien die „Grundrechte als Rechte zum Schutz bereits vorhandener Güter formuliert“724. Auch die Gesetzgebungsgeschichte spreche gegen solche Rechte.725 Beiden Argumenten liegt dabei ein bestimmtes Verständnis von Freiheit zugrunde, das Leistungsrechte ausschließt. Geht man jedoch davon aus, dass sich die von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG geschützte Freiheit nicht auf rein rechtliche Freiheit beschränkt, sondern notwendigerweise auch die Gewährleistung der faktischen Nutzbarkeit des Rechts beinhaltet726, verliert das Wortlautargument HStR IX, § 192, Rn. 97. HStR IX, § 192, Rn. 98; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 18; Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, S. 379. So wurde der Fokus bei der Beratung über die aufzunehmenden Grundrechte auf die „klassischen[n] Grundrechte“ gelegt (Dr. Bergsträsser, Stenographisches Protokoll der Dritten Sitzung des Grundsatzausschusses vom 21.9.1948, S. 32 und Zinn, Stenographisches Protokoll der Dritten Sitzung des Grundsatz­ ausschusses vom 21.9.1948, S. 34 f. beides in Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. Zu den einzelnen Grundrechten S. 50 ff.). Außerdem sollten die Grundrechte so konkret gefasst werden, dass sie unmittelbar ­geltendes Recht sein könnten (Dr. Bergsträsser, S. 32. Zur unmittelbaren Geltung Dr. v. Mangoldt für den ganzen Ausschuss (S. 43), sowie Heile (S. 43) und Dr. Pfeiffer (S. 48)). Nach Zinn sei die Zeit für die Aufnahme anderer Grundrechte noch nicht reif (S. 36 f.), „gewisse Rechte wirtschafts- oder sozialpolitischer Art“ sollten jedenfalls nicht als Grundrechte in das Grundgesetz aufgenommen werden (S. 37). Diese Idee wurde aber vom Ausschuss nicht weiterverfolgt (Otto, Das Staatsverständnis des Parlamentarischen Rats, S. 70). Schließlich meinte Schrage, es sollten keine Rechte aufgenommen werden, „die schließlich nur zu Illusionen verleiten“ (S. 39). Soziale Grundrechte wurden nur von den KPD-Abgeordneten gefordert (Stenographisches Protokoll der 3. Sitzung des Plenums des Parlamentarischen Rats vom 9.9.1948, S. 136, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948– 1949), die SPD beschloss, nicht für diese einzutreten (Otto, Das Staatsverständnis des Parlamentarischen Rats, S. 76 f.). Zur Ausbildungsfreiheit lässt sich aus der Diskussion um den Ausschluss der Möglichkeit eines Numerus clausus (Stenographisches Protokoll der 44. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19.1.1949, S. 1396–1399, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949) zumindest implizit die Ablehnung eines Rechts auf Ausweitung der Kapazitäten entnehmen. Dr. Greve befürchtete zwar, dass ein Numerus clausus dann ausgeschlossen und jedem Zulassung zu gewähren sei (S. 1396). Bei den begrenzten Ressourcen von Hochschulen, muss dieses Verständnis von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG ein Leistungsrecht einschließen, da ansonsten ab einem bestimmten Punkt rein faktisch nicht jeder zugelassen werden kann. Diese Auffassung lehnten die folgenden Redner aber allesamt ab (s. o. S. 73; zum Abstimmungsergebnis s. o. Fn. 445). 726  Zu diesem Verständnis von Freiheit als „realer“ Freiheit: Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 92. Zur Darstellung dieser Freiheitskonzeption: Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 72 ff. und Böckenförde, NJW 1974, 1529 (1535 f.). Vertreten wird diese Auffassung des Schutzes „realer“ Freiheit etwa von Krebs, HbGR II, § 31, 724  Murswiek, 725  Murswiek,

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

seine Überzeugungskraft. Dann erfasst der Wortlaut nämlich auch Leistungsrechte, weil die Freiheit im Sinne auch der faktischen Nutzbarkeit des Rechts verstanden wird (sogenannte reale Freiheit)727. Dem historischen Argument ließe sich entgegenhalten, dass es vielleicht früher seine Berechtigung gehabt haben mag728, die Inanspruchnahme des Grundrechts aber heutzutage viel stärker von der Inanspruchnahme staatlicher Leistungen abhängt729, weil es heute viel mehr Studenten gibt und die Zahl der Studienplätze relevanter geworden ist.730 Entscheidend für die Annahme eines Leistungsrechts ist vielmehr das Freiheitsverständnis, welches dem Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG (auch in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip) zugrunde liegt. Da die Annahme von ressourcenbezogenen Leistungsrechten damit letztlich vom Verständnis dieser Freiheit abhängt, lassen sich solche Leistungsrechte nicht logisch zwingend ausschließen.731 Nichtsdestotrotz gibt es eine Reihe von Argumenten, die Rn. 97 ff., der allerdings bei der Annahme von Leistungsrechten sehr zurückhaltend ist, Rn.  111 ff. 727  Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 92; Böckenförde, NJW 1974, 1529 (1535 f.); Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S.72. Für ein solches Verständnis etwa Bethge, Der Staat 24 (1985), 351 (376 f.), der allerdings trotzdem Leistungsrechte verneint. 728  Allerdings wurde auch schon im Parlamentarischen Rat darauf hingewiesen, dass „[d]er Mensch […] heute nicht nur dem Staat gegenüber[steht], sondern auch den Bedingtheiten der wirtschaftlichen Entwicklung, denen er unterworfen ist“, Blomeyer, Stenographisches Protokoll der Dritten Sitzung des Grundsatzausschusses vom 21.9.1948, S. 48 f., in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 729  Hufen, StR II, § 5, Rn. 8; Böckenförde, NJW 1974, 1529 (1535 f.). So allerdings schon Blomeyer, Stenographisches Protokoll der Dritten Sitzung des Grundsatzausschusses vom 21.9.1948, S. 49, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. 730  Auf die Zeitgebundenheit der Verfassung wurde auch im Parlamentarischen Rat schon hingewiesen: Paul, Stenographisches Protokoll der Dritten Sitzung des Grundsatzausschusses vom 21.9.1948, S. 47, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. Auch wurde wiederholt erwähnt, dass die Grundrechte für die jeweilige Zeit formuliert seien, Stenographisches Protokoll der 22. Sitzung des Grundsatzausschusses vom 18.11.1948, S. 594 (Dr. v. Mangoldt), 600 und 601 (Dr. Eberhard), in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. Zudem wurde die Formulierung des Art. 1 Abs. 3 GG dahingehend diskutiert, dass die Grundrechte „für unser Volk aus unserer Zeit geformt und niedergelegt [seien]“, Stenographisches Protokoll der 23. Sitzung des Grundsatzausschusses vom 19.11.1948, S. 603, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. Zum diesbezüglichen Verfassungswandel auch Krebs, HbGR II, § 31, Rn. 36. 731  Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 375. Dazu, dass ihre Finanzabhängigkeit Leistungsrechte nicht strukturell ausschließt: Stern, StR III/1, S. 717, 719, 721 f.



I. Freiheit und Hochschulzulassung123

gegen ein solches reales Freiheitsverständnis und die Annahme eines ressourcenbezogenen Leistungsrechts sprechen. Wer ein ressourcenbezogenes Leistungsrecht bejahen will, muss verschiedene Fragen beantworten, nämlich in welchen Fällen eine Leistung verlangt werden kann732, in welchem Umfang sie zu gewähren ist733 und wer Anspruchsgegner des Leistungsrechts ist734. Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG und dem Sozialstaatsprinzip lassen sich bezüglich aller dieser Fragen keine Anhaltspunkte entnehmen.735 Diese Unbestimmtheit736 würde die grundrechtliche Überprüfung einer Maßnahme anhand eines Leistungsrechts denkbar schwierig, wenn nicht gar unmöglich machen. Rechtliche Maßstäbe wären nicht vorhanden und müssten – wenn möglich – entwickelt werden.737 Teilweise wird versucht, der Unbestimmtheit durch die Einführung eines Evidenzkriteriums zu begegnen.738 Danach solle ein Anspruch nur bei evidenter Verletzung einer grundrechtlichen Pflicht, etwa zur Bereitstellung von Stu­ dienplätzen, bestehen. Ein solches Kriterium ließe die Probleme jedoch nicht nur nicht entfallen. Vielmehr würden sich auch dann die Fragen stellen, in JuS 1970, 60 (62); ders., DVBl. 1971, 382 (383). JuS 1981, 237 (241). Braun, DVBl. 2018, 831 (837) spricht sich für „eine angemessene Menge an Studienplätzen, die für eine adäquate Daseinsvorsorge auf einem den deutschen Lebensverhältnissen angemessenen Niveau sorgen“ aus. Das Problem der Unbestimmtheit verschwindet dabei aber nicht, es wird lediglich in den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit verlagert. Es bleibt die Frage, was das den deutschen Lebensverhältnissen (die i. Ü. innerhalb Deutschlands sehr unterschiedlich ausfallen) angemessene Niveau ist. Selbst, wenn diese Frage geklärt würde, wäre im nächsten Schritt unklar, was eine dafür angemessene Menge an Studienplätzen darstellen soll. 734  Schmitt, JuS 1970, 60 (62); Stern, StR III/1, S. 712. Dabei kommen auf legislativer Ebene der Bundestag oder die Landesparlamente infrage. Von letzteren erhalten die Hochschulen die meisten Mittel, Möller, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 15, Rn. 5; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 566. 735  Aus diesem Grund werden Leistungsrechte auch oft als „leges imperfectae“ bezeichnet, Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (30 f.); v. Mutius, VerwArch 64 (1973), 183 (192 f.); Bethge, Der Staat 24 (1985), 351 (376 f.). Friesenhahn, 50. DJT, G 13 f. 736  Allgemein zu Leistungsrechten: Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (30 f.); Friesenhahn, 50. DJT, G14 f.; Bethge, Der Staat 24 (1985), 351 (376 f.); v. Mutius, VerwArch 64 (1973), 183 (192 f.); Brunner, Die Problematik sozialer Grundrechte, S.  17 ff.; Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 100; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1, Rn. 190; Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, S. 376; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 374; Krebs, HbGR II, § 31, Rn. 111, 114; Starck, JuS 1981, 237 (241). 737  Soweit dies unter dem Deckmantel der Verfassungsinterpretation geschehen sollte, ändert das nichts daran, dass die Maßstäbe letztlich erfunden und nicht hergeleitet werden. 738  Etwa noch BVerfGE 33, 303, Rn. 62; Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, S. 376, 402; Schneider, VVDStRL 43 (1985), 7 (35 f.). 732  Schmitt, 733  Starck,

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

welchen Bereichen die evident verletzte Pflicht überhaupt gilt, in welchem Umfang die Leistung geschuldet ist und wer den Anspruch zu erfüllen hat. Hinzu träte außerdem die Frage, wann denn Evidenz vorliege.739 Diese Unbestimmtheit des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG spricht dagegen, ein solches Freiheitsverständnis dem Grundrecht zugrunde zu legen, was entscheidend gegen ein solches Leistungsrecht spricht.740 Zudem wäre ein grundrechtlich gewährleistetes Leistungsrecht von der Bereitstellung staatlicher Finanzmittel abhängig, die dafür überhaupt vorhanden sein müssten.741 Dass dies dem Staat zusätzliche Kosten verursacht742, wäre alleine noch kein schlagendes Argument, denn gleiches gilt auch für andere Gewährleistungsdimensionen743. Jedoch handelt es sich dort um eine Nebenfolge, während ein ressourcenbezogenes Leistungsrecht untrennbar mit der Gewähr von Haushaltsmitteln verbunden ist. Die Kostenintensität und -abhängigkeit befindet sich bei solchen Leistungsrechten daher auf einem qualitativ anderen Niveau. Dies spricht zwar nicht strukturell gegen ein derartiges Leistungsrecht744, jedoch zeigt es die Abhängigkeit und damit die Begrenztheit solcher Rechte. Schon deshalb, insbesondere aber, wenn der Knappheit staatlicher Haushaltsmittel dadurch begegnet wird, dass Leistungsrechte unter den Vorbehalt des Möglichen gestellt werden745, gelten sie nur noch bedingt.746 Das birgt die Gefahr in sich, dass an sich zugestandene Leistungsrechte (gerade bei angespannter Haushaltslage) leerlaufen und damit nicht zuletzt auch die Glaubwürdigkeit der Verfassung in der Bevölkerung schmälern.747 Nicht zuletzt hängt die Frage nach einem ressourcenbezogenen Leistungsrecht eng mit dem Verständnis der Gewaltenteilung zusammen. Je mehr und Mutius, VerwArch 64 (1973), 183 (191 f.). Stern, StR III/1, S. 714 f.; Friesenhahn, 50. DJT, G14 f. 741  Mußgnug, VVDStRL 47 (1989), 113 (116, 120); Dreier, Jura 1994, 505 (508); Staff, NJW 1967, 2234 (2238); Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 99. 742  Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, S. 375; Starck, JuS 1981, 237 (241). 743  Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, S. 380; zu den möglichen Kosten des Abwehrrechts: Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 138, 141. 744  Vgl. Stern, StR III/1, S. 717, 719, 721 f. 745  Zur früheren Rspr. s.  o. S. 56. Aus der Literatur: Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (113 f.); Brunner, Die Problematik sozialer Grundrechte, S. 16; Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 101; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 18; Steinbeiß-Winkelmann, Grundrechtliche Freiheit und staatliche Freiheitsordnung, S. 64. Zu den verschiedenen Ebenen, auf denen dieser ansetzen kann s. Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, S. 384. 746  Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 124. 747  Starck, JuS 1981, 237 (241); Steinbeiß-Winkelmann, Grundrechtliche Freiheit und staatliche Freiheitsordnung, S. 63 f. 739  v.

740  Vgl.



I. Freiheit und Hochschulzulassung125

je weitergehende Rechte sich dem Grundgesetz entnehmen lassen, desto mehr Entscheidungen und andere Maßnahmen sind verfassungsrechtlich und damit auch verfassungsgerichtlich überprüfbar. Im Fall von Leistungsrechten ist dabei wegen ihrer Finanzabhängigkeit insbesondere das Verhältnis der Judikative zur Legislative betroffen. Denn zunächst entscheidet das Parlament kraft seiner Budgethoheit in eigener Verantwortung über die Verteilung von Haushaltsmitteln748, wenngleich es hierbei gem. Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte gebunden ist. Die Existenz eines Leistungsrechts im Zusammenhang mit Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG würde die Haushaltsentscheidung des Parlaments nicht nur weitgehend verfassungsrechtlich überprüfbar machen, sondern der Rechtsprechung auch legislative Befugnisse übertragen. Die politische Entscheidung über die Verteilung der Haushaltsmittel749 würde verrechtlicht und die Letztentscheidung vom Parlament auf das Bundesverfassungsgericht verlagert750. Mögliche Spielräume des Gesetzgebers im Zusammenhang mit dem Vorbehalt des Möglichen751, würden daran nichts ändern. Denn zumindest die Überprüfung der Einhaltung von dessen Grenzen unterliegt weiterhin der gerichtlichen Kontrolle.752 Konsequenz dieser Verlagerung wäre, dass das Bundesverfassungsgericht auch die wegen der Knappheit der Haushaltsmittel notwendigen politischen Prioritäten setzen753 und 748  Jarass, AöR 110 (1985), 363 (389); Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 18; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1, Rn. 189. Für das Grundgesetz ergibt sich das aus Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG, für die Landesparlamente aus: Art. 70 Abs. 2, 73, 78 f. BayLV; Art. 59 Abs. 3, 60 Abs. 6, 79 f. LV BW; Art. 62 Abs. 2, 85 Abs. 1 BerlLV; Art. 76 Abs. 2, 91 Abs. 2, 101 Abs. 3 LV Bbg; Art. 70 Abs. 3, 131, 132 BrLV; Art. 50 Abs. 1, 66 Abs. 2 LV Hbg.; Art. 124 Abs. 1 S. 3, 139 Abs. 1 HessLV; Art. 59 Abs. 3, 60 Abs. 2, 61 LV M-V; Art. 7 S. 2, 48 Abs. 1 S. 3, 65 Abs. 4 LV Nds.; Art. 68 Abs. 1 S. 4, 81 Abs. 3 LV NRW; Art. 79 Abs. 1, 108a Abs. 1 LV R-P; Art. 99 Abs. 1, 105 SaarLV; Art. 73 Abs. 1, 93 Abs. 2  SächsLV; Art. 41 Abs. 1 S. 2, 81 Abs. 1 S. 3 LV S-A; Art. 48 Abs. 2, 58 Abs. 3, 4 LV S-H; Art. 68 Abs. 2, 82 Abs. 2, 99 ThürLV. 749  Wiegand, DVBl. 1974, 657 (660 f.); Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 102; bzgl. der Bereitstellung von Bildung ebenso Wißmann, JöR 65 (2017), 41 (46); zum Hochschulausbau Staff, NJW 1967, 2234 (2238) und Clevinghaus, RdJB 1975, 172 (178). 750  Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (36); Hufen, StR II, § 5, Rn. 8 ff.; SteinbeißWinkelmann, Grundrechtliche Freiheit und staatliche Freiheitsordnung, S. 63. 751  BVerfGE 33, 303, Rn. 63. Allgemein zum Bereich zwischen verfassungsrechtlich gebotenem Minimum und dem möglichen Maximum, Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, S. 457. Zu den verschiedenen Ebenen, an denen der Vorbehalt des Möglichen ansetzen kann s. Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, S. 384. 752  Brunner, Die Problematik sozialer Grundrechte, S. 19; Schneider, VVDStRL 43 (1985), 7 (35 f.). Für die Beschränkung der Überprüfung auf Mindeststandards Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, S. 381 f., 387 f. 753  Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (35); v. Mutius, VerwArch 64 (1973), 183 (191); Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, S. 375 f.; Starck, JuS 1981, 237 (241). A. A. Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

über die daraus folgenden Interessenkonflikte und Verteilungskämpfe entscheiden muss754. Die Probleme hieran liegen auf der Hand. Erstens steht die Entscheidung über die Verteilung von Haushaltsmitteln im engen Zusammenhang mit dem Demokratieprinzip.755 Das parlamentarische Budgetrecht gewährleistet als „zentrales Element der demokratischen Willensbildung“756 die notwendige Verbindung zum Volk757. Trifft jedoch das Bundesverfassungsgericht an seiner Stelle die Letztentscheidung, wird die Budgethoheit des Parlaments massiv geschwächt.758 Das daraus resultierende Minus an demokratischer Legitimation der Haushaltsentscheidung kann das Bundesverfassungsgericht mangels politischer Verantwortlichkeit759 aber nicht ausgleichen. Ein Leistungsrecht hätte daher eine Verringerung der demokratischen Legitimation der Verteilung von Haushaltsmitteln zur Folge. Zweitens würde ein solches Verständnis der Freiheit (in Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG) die Gewaltenteilung maßgeblich beeinflussen. Wenn das Grundgesetz dem parlamentarischen Budgetrecht einerseits so hohes Gewicht zumisst, dass sich das Parlament seiner nicht entäußern darf760 und die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen761 oder ihnen zumindest zustimmen muss762, wäre es widersprüchlich, diese Wertung dadurch auszuhöhlen, dass dem Bundesverfassungsgericht die Letztentscheidung über die Verteilung von Haushaltsmitteln zugesprochen würde. Die Auswirkung eines Leistungsrechts auf die Gewaltenteilung wäre letztlich derart groß, dass sogar von der „Auflösung der verfassungsrecht­ lichen Kompetenzordnung“763 gesprochen werden kann.

Gesellschaft?, S. 76 ff., der jedoch dem Parlament auch einen Gestaltungsraum zuspricht. 754  Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (36); Hufen, StR II, § 5, Rn. 8 ff.; Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (115). 755  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 20; Badura, StR, I, Rn. 26. 756  BVerfGE 130, 318, Rn. 105; 142, 123, Rn. 211. 757  Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 110, Rn. 12. 758  Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1, Rn. 189; Dreier, in: Dreier, GG, Vorb., Rn. 90. 759  Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (36); Friesenhahn, 50. DJT, G 13 f.; v. Mutius, VerwArch 64 (1973), 183 (191). 760  Zum Bundestag: Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 110, Rn. 14a; Badura, StR, I, Rn. 26. 761  Zum Bundestag: BVerfGE 130, 318, Rn. 109 ff. 762  Zum Bundestag: BVerfGE 142, 123, Rn. 212. 763  Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (36), ebenso Friesenhahn, 50. DJT, G 13 f.; Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 46; Brunner, Die Problematik sozialer Grundrechte, S. 19, für den Fall der Leistungsbeschwerde; Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 102.



I. Freiheit und Hochschulzulassung127

Nach alldem ist festzustellen, dass ein Verständnis der Freiheit im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG als reale Freiheit abzulehnen ist. Ressourcenbezogene Leistungsrechte lassen sich daher aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG, auch nicht in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip, herleiten.764 (2) Kein Anspruch auf eine bestimmte Hochschulorganisation Wird etwa die Bereitstellung oder Aufrechterhaltung eines Studiengangs an einer bestimmten Universität erstrebt, so würde dies zunächst entsprechende organisatorische Maßnahmen der betreffenden Universität erfordern.765 Ein hierauf gerichteter grundrechtlicher Anspruch läge jenseits der teilhaberechtlichen Dimension und wäre daher lediglich in Form eines Leistungsrechts denkbar. Ein solches Leistungsrecht würde dabei auf die staat­ liche Organisation einwirken, weshalb in diesem Zusammenhang bisweilen von Organisationspflichten gesprochen wird.766 Ein solches organisationsbezogenes Leistungsrecht gibt es jedoch nicht.767 Es lässt sich weder aus dem Gedanken des Grundrechtsschutzes durch Organisation, noch aus einem Freiheitsverständnis im Sinne faktischer Nutzbarkeit begründen. Der Grundrechtsträger muss sich daher auf die (womöglich an privaten Hochschulen) vorhandenen Studiengänge verweisen lassen, diese gegebenenfalls selbst kombinieren oder sich damit abfinden, dass der erwünschte Studiengang nicht (in der gewünschten Form oder dem gewünschten Umfang) angeboten wird.

764  A. A. ist hier Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 65 für den Extremfall, dass der „Staat keinerlei geeignete Maßnahmen ergreift, um die Ausbildung zu einem anerkannten Beruf sicherzustellen, private Einrichtungen aber nicht in der Lage wären, das entsprechende Defizit aufzufangen, oder wenn die zur Verfügung gestellten Kapazitäten in eklatanter Weise unzureichend sind.“ Leider wird diese These nicht begründet. Mag sie auch prima facie plausibel sein, so dürfte sie nunmehr angesichts von BVerfGE 147, 253, Rn. 105 nicht der Rechtsprechung des BVerfG entsprechen. Gleichwohl kommt in den von ihm beschriebenen Situationen eine objektive Verpflichtung des Staats zur Bereitstellung von Kapazitäten in Betracht, s. dazu unten D. I. 4. b) bb), S. 139 ff. 765  Je nach Landesrecht kann zudem auch die Mitwirkung der Wissenschaftsverwaltung erforderlich sein. Daneben werden aber in der Regel auch Finanzmittel für diesen Studiengang benötigt werden. Zu dieser Situation s. D. I. 4. a) cc) (1), S. 120 ff. 766  Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 183. 767  S. o. Fn.  722 a. E.

128

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

(a) Keine Verankerung im Grundrechtsschutz durch Organisation Zwar können Grundrechte Vorgaben an das Verfahren und die staatliche Organisation machen.768 Jedoch reichen diese nicht so weit, dass der Staat sich so zu organisieren hat, dass die Grundrechtswirkungen allzeit und für alle maximiert werden. Vielmehr dient die Figur des Grundrechtsschutzes durch Organisation lediglich dem Ausgleich von organisationsbedingten Nachteilen.769 Teilweise wird dabei vertreten, dass diese Organisationspflichten nur rationale Kommunikation ermöglichen sollen.770 Folgt man diesem Ansatz, ist bereits kein Raum für ein organisationsbezogenes Leistungsrecht, das zur Bereitstellung oder Aufrechterhaltung eines bestimmten Studiengangs verpflichten würde. Das erstrebte Ziel würde dann nämlich jenseits des Ziels des Grundrechtsschutzes durch Organisation liegen, da das Ergebnis dieses Schutzes immer nur ein kommunikativer Prozess, kein sachliches Ergebnis sein kann.771 Zum gleichen Ergebnis gelangt man aber auch, wenn man den Grundrechtsschutz durch Organisation an bestimmten Fallgruppen festmacht772, etwa wenn Grundrechte von einer bestimmten Organisation des Staates abhängig sind773, wenn die Organisation ein Instrument für die unmittelbare 768  Zur Rspr. etwa: BVerfGE 17, 108, Rn. 28; 46, 325, Rn. 21; 52, 380, Rn. 26 ff.; 120, 378, Rn. 171. Aus der Literatur: Krebs, HStR V, § 108, Rn. 76, 78, 80; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 34; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/ Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 25; Stern, StR III/1, S. 967 ff.; Jarass, HbGR II, § 38, Rn. 55; Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 140. Dabei ist die dogmatische Verortung dieser Grundrechtswirkung umstritten. Teils wird sie als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gesehen (Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 140), teils wird sie aber auch als lediglich objektiv-rechtliche Auswirkung der Grundrechte betrachtet (so etwa Stern, StR III/1, S. 967 ff.; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 34). Daneben wird auch eine eigene Grundrechtsfunktion (status activus processualis) angenommen (so etwa Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43, (86); Hufen, StR II, § 5, Rn. 11; Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S. 143 ff.). Schließlich wird teils davon ausgegangen, dass diese Grundrechtswirkung bei allen Grundrechtsfunktionen auftreten könne (Jarass, HbGR II, § 38, Rn. 55; ders., in: Jarass/Pieroth, GG, Vorb. vor Art. 1, Rn. 10 ff.; Krebs, HStR V, § 108, Rn. 80; Müller-Franken, in: SchmidtBleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 25). 769  Dreier, in: Dreier, GG, Vorb. Rn. 105; Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 4, 48; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 25. Vgl. zum Grundrechtsschutz durch Verfahren: Kloepfer, VerfR II, § 48, Rn. 32. 770  Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 54, 59 ff. 771  Vgl. Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 24 ff., 60, 74 ff. 772  So etwa Stern, StR III/1, S. 974  ff.; Ossenbühl, Grundrechtsschutz im und durch Verfahrensrecht, FS Eichenberger, S. 183 ff. Kritisch zur Fallgruppenbildung: Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 37 ff. 773  Stern, StR III/1, S. 974 f.



I. Freiheit und Hochschulzulassung129

Verwirklichung von Grundrechten ist774 oder wenn eine bestimmte Art der Organisation dem Ausgleich kollidierender Verfassungsrechtspositionen dient775. Danach wäre ein Anspruch auf Bereitstellung oder Aufrechterhaltung eines Studiengangs der ersten der oben aufgeführten Gruppen zuzuordnen, nämlich derjenigen, in welcher Grundrechte von einer bestimmten Organisation abhängig sind. Beispiele für diese Gruppe lassen sich aus dem Bereich der Verfahrensabhängigkeit von Grundrechten entnehmen, die dem der Organisationsabhängigkeit so vergleichbar ist, dass meist schlicht vom Grundrechtsschutz durch Organisation und Verfahren gesprochen wird. Dort werden Art. 4 Abs. 3776, 16a Abs. 1777 und das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG778 als Beispiele für verfahrensabhängige Grundrechte aufgeführt. Verfahrensabhängig sind sie, weil das jeweils garantierte Grundrecht ohne Bereitstellung eines entsprechenden Verfahrens leerlaufen würde.779 Auch bei einem solchen Verständnis des Grundrechtsschutzes durch Verfahren ist aber zu berücksichtigen, dass diese Grundrechtswirkung lediglich bestehende Grundrechtsdimensionen wie das grundrechtliche Teilhabe-, Abwehr oder Leistungsrecht flankiert.780 Dieser Schutz kommt also nur dort zum Tragen, wo eine bestimmte Gewährleistungsdimension der Ausbildungsfreiheit einschlägig ist, aber zugleich leerzulaufen droht.

774  Stern, StR III/1, S. 974 f. Dies betrifft zum Beispiel die Fälle der Organisation des staatlichen Rundfunks (BVerfGE 57, 295, Rn. 88, 92 ff.; 73, 118, Rn. 90 ff.; 83, 238, Rn. 402 ff.; 136, 9, Rn. 33 ff., 38 ff.; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S.  256 f.; Hesse, EuGRZ 1978, 427 (436); Bethge, NJW 1982, 1 (3 f.)) und die der Hochschulen (BVerfGE 35, 79, Rn. 97  ff., 109  ff.; 55, 61, Rn. 105  ff.; 127, 87, Rn.  88 ff.; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 257 f.; Hufen, StR II, § 34, Rn. 41). Kritisch zu dieser Zuteilung aber Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 41. In dieser Fallgruppe ist vor allem Partizipation die Folge des Grundrechtsschutzes durch Organisation, Murswiek, HStR IX, § 192, Rn. 21. Insofern allgemein zum Grundrechtsschutz durch Verfahren Bethge, NJW 1982, 1 (2). 775  Stern, StR III/1, S. 974 ff. 776  BVerfGE 69, 1, Rn. 48; Stern, StR III/1, S. 975; Ossenbühl, Grundrechtsschutz im und durch Verfahrensrecht, FS Eichenberger, S. 185. 777  In diesem Zusammenhang noch zu Art. 16 Abs. 2 S. 2 GG a. F.: BVerfGE 56, 216, Rn. 62; Stern, StR III/1, S. 975; Ossenbühl, Grundrechtsschutz im und durch Verfahrensrecht, FS Eichenberger, S. 185. 778  Dort kann das Recht erst durch Zuteilung eines Platzes in Anspruch genommen werden: Ossenbühl, Grundrechtsschutz im und durch Verfahrensrecht, FS Eichenberger, S. 186; Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 4. 779  Ossenbühl, Grundrechtsschutz im und durch Verfahrensrecht, FS Eichenberger, S. 185. 780  Vgl. Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 4, 32; Krebs, HStR V, § 108, Rn. 80; Jarass, HbGR II, § 38, Rn. 55.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Für den Grundrechtsschutz durch Organisation kann nichts anderes gelten, da er lediglich organisationsbedingte Nachteile ausgleichen soll.781 Ein Recht auf Bereitstellung oder Aufrechterhaltung eines Studiengangs hätte als organisationsbezogenes Leistungsrecht aber nicht den flankierenden Schutz des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG, sondern über die Ausweitung des Vorhandenen die Ausweitung des Teilhaberechts selbst zur Folge. Der Grundrechtsschutz durch Organisation kann also auch nicht zusammen mit dem Teilhaberecht ein organisationsbezogenes Leistungsrecht begründen.782 Da es – wie gezeigt783 – kein ressourcenbezogenes Leistungsrecht gibt, kann auch ein solches nicht als Grundlage für die Begründung eines organisationsbezogenen Leistungsrechts über flankierenden Grundrechtsschutz durch Organisation herangezogen werden. Die organisatorische Absicherung des Rechts auf freie Wahl der Ausbildungsstätte aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG bietet daher keinen Ansatzpunkt für einen Anspruch auf Bereitstellung oder Aufrechterhaltung eines Studiengangs zum Zwecke der Zulassung.784 (b) Keine Verankerung im Freiheitsverständnis als reale Freiheit Scheitert also die Herleitung eines organisationsbezogenen Leistungsrechts mittels des Grundrechtsschutzes durch Verfahren und Organisation, so ließe sich überlegen, ob sich ein solches Recht anderweitig aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG herleiten ließe. Wortlaut- sowie historische Argumente hiergegen unterliegen den gleichen Schwächen wie im Fall des ressourcenbezogenen Leistungsrechts.785 Wie im Fall des ressourcenbezogenen Leistungsrechts entscheidet letztlich das der Ausbildungsfreiheit zugrundezulegende Freiheitsverständnis darüber, ob eine solche Herleitung möglich ist. Dabei ist freilich zu beachten, dass ein Freiheitsverständnis im Sinne der faktischen Nutzbarkeit des Grundrechts (sogenannte reale Freiheit)786 hier noch weiter reichen würde als beim ressourcenbezogenen Leistungsrecht. Dort geht es nämlich „nur“ darum, eine rechtlich vorhandene Möglichkeit tatsächlich nutzbar zu machen. Im Fall des organisationsbezogenen Leistungsrechts soll hingegen die Möglichkeit der Grundrechtsnutzung durch Bereitstellung eines 781  S. o.

782  Vgl.

ren.

Fn.  769. Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 48 zum Grundrechtsschutz durch Verfah-

783  S. D.

I. 4. a) cc) (1), S. 120 ff. mag der Fall liegen, wenn ein Grundrechtsträger zu einem Studiengang bereits zugelassen wurde und dieser nun eingestellt werden soll. 785  S. dazu oben D. I. 4. a) cc) (1), S. 120 ff. 786  Vgl. auch schon oben D. I. 4. a) cc) (1), S. 120 ff. 784  Anders



I. Freiheit und Hochschulzulassung131

erstrebten Studiengangs rechtlich erst geschaffen und in einem zweiten Schritt faktisch nutzbar gemacht werden. Gegen ein solches Verständnis der von der Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG geschützten Freiheit sprechen jedoch zwei Argumente. Zunächst wäre ein solches organisationsbezogenes Leistungsrecht wie ein ressourcenbezogenes Leistungsrecht denkbar unbestimmt. Hier ließen sich der Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG ebenfalls keine Anhaltspunkte zu den Fragen entnehmen, in welchen Fällen eine Leistung verlangt werden kann, in welchem Umfang sie zu gewähren ist und wer Anspruchsgegner eines solchen Rechts sein sollte. Somit wäre auch im Fall des organisationbezogenen Leistungsrechts eine grundrechtliche Überprüfung bestenfalls sehr schwierig. Entscheidender ist jedoch ein zweiter Aspekt. Die organisatorische Bereitstellung eines Studiengangs ist nur der erste Schritt zur Ermöglichung der faktischen Nutzbarkeit der Ausbildungsfreiheit. Damit der Studiengang nämlich nicht nur auf dem Papier besteht, müssen ihm Mittel zugewiesen werden. Erst die Ausstattung mit Personal-, Sach- und Finanzmitteln erweckt den Studiengang gleichsam zum Leben. Die Erreichung des Ziels der faktischen Nutzbarkeit der Ausbildungsfreiheit hängt damit auch in diesem Fall von der Zuweisung von Mitteln ab. Gibt es diese Mittel nicht, so kann die Ausbildungsfreiheit insoweit nicht faktisch nutzbar gemacht werden. Ein Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zugrunde zu legendes Freiheitsverständnis im Sinne faktischer Nutzbarkeit des Grundrechts liefe dann ins Leere. Anders gewendet kann es also kein Recht auf Bereitstellung oder Aufrechterhaltung eines Studiengangs geben, wenn es nicht gleichzeitig ein Recht gibt, welches die finanzielle Ausstattung dieses Studiengangs schützt. Oder kürzer gesagt: Ohne Anspruch auf finanzielle Ausstattung eines Studiengangs kann es keinen Anspruch auf Bereitstellung oder Aufrechterhaltung dieses Studiengangs geben. Einen Anspruch auf originäre Zuweisung staatlicher Mittel für einen solchen Studiengang gibt es jedoch nicht.787 In Betracht kommt daher nur ein Anspruch auf Verteilung der vorhandenen Mittel in der Art, dass auch der bereitzustellende oder aufrechtzuerhaltende Studiengang ausgestattet wird. Da es hier um einen etwaigen Anspruch auf Verteilung vorhandener Mittel geht, ist zu erwägen, ob ein solcher nicht aus dem Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG folgt. Die Überlegung könnte wie folgt lauten: Mit der Bereitstellung eines Studiengangs ist dieser vorhanden und damit teilhaberechtlich geschützt. Soweit diesem Studiengang vorhandene und für ihn verwendbare Mittel aber nicht zugewiesen sind, stellen die entsprechenden 787  S. D.

I. 4. a) cc) (1), S. 120 ff.

132

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Regelungen eine zu rechtfertigende Beschränkung dieses Teilhaberechts dar.788 Ist diese Beschränkung nicht gerechtfertigt, könnte man aus der Verletzung des Teilhaberechts einen Anspruch auf Ausstattung des zu schaffenden oder aufrechtzuerhaltenden Studiengangs folgern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Mittelverteilung eine Vielzahl kollidierender Teilhaberechte beschränkt, weshalb zwischen diesen Rechten praktische Konkordanz herzustellen ist. Dabei verfügt der Normgeber grundsätzlich über einen Spielraum.789 Ein Anspruch auf finanzielle Ausstattung eines Studiengangs kann es vor diesem Hintergrund nur geben, wenn dieser Spielraum soweit reduziert ist, dass sich nur hierduch praktische Konkordanz herstellen lässt. Da es in der Sache um die Bereitstellung oder Aufrechterhaltung dieses Studiengangs geht, ist dies nur dann der Fall, wenn dessen organisatorische Bereitstellung oder Aufrechterhaltung notwendig ist. Teilweise wird dies für den Fall angenommen, dass die Ergreifung eines Berufs rechtlich oder faktisch ein abgeschlossenes Studium erfordert und der hierzu erforderliche Studiengang nicht existiert oder eingestellt werden soll.790 Dann soll es ausnahmsweise eine Organisationspflicht des Staates geben. Hintergrund dieser Ausnahme ist die Befürchtung des Leerlaufs der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 1, 2 GG in solchen Fällen. Richtigerweise ist die Bereitstellung oder Aufrechterhaltung eines Studiengangs jedoch in diesen Fällen nicht notwendig, da entweder kein Leerlauf droht oder ein solcher auch auf andere Weise verhindert werden kann. Ersteres gilt im Fall des faktischen Erfordernisses eines Studienabschlusses. Hierbei handelt es sich nur um eine theoretische Überlegung. Praktisch ist hier keine Leerlaufgefahr gegeben. Denn unter faktischen Gesichtspunkten geht es beim Ergreifen und der Ausübung eines Berufs darum, über das nötige Know-how zur Ausübung des Berufs zu verfügen. Dass anstelle einer Ausbildung, Fortbildung oder intensiven Selbstbefassung ein Abschluss eines (bestimmten) Studiengangs faktisch notwendig sein soll, ist kaum vorstellbar. In diesem Fall ist also keine Reduzierung des Spielraums derart gegeben, dass ein teilhaberechtlicher Anspruch auf Ausstattung des Studiengangs besteht. Letzteres gilt im Fall der rechtlichen Notwendigkeit eines bestimmten Studienabschlusses.791 Hier ist zu berücksichtigen, dass die Regelung, die 788  S. o. 789  S. o.

D. I. 4. a) bb) (6) (b), S. 94 f. Fn.  694. Ausführlicher zur praktischen Konkordanz s. D. II. 4. a) aa) (1),

S. 178 ff. 790  Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 181 ff. 791  Dabei kann ein Abschluss unmittelbar oder mittelbare rechtliche Voraussetzung für das Ergreifen eines Berufs sein. Beispiel für ersteren Fall ist die Befähigung zum Richteramt für Rechtsanwälte nach §§ 4 Nr. 1 BRAO, 5 Abs. 1 DRiG. Beispiel für



I. Freiheit und Hochschulzulassung133

einen solchen Abschluss vorschreibt, an der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 1, 2 GG zu messen ist.792 Denn letztlich wird in diesem Fall die Ausübung eines bestimmten Berufs verboten, soweit ein Grundrechtsträger nicht über den vorgeschriebenen Abschluss verfügt. Trotz des engen Zusammenhangs zwischen dem Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte und der Berufsfreiheit793 liegt der Schwerpunkt der Regelung letztlich bei der Berufsfreiheit. Der in dieser Regelung liegende Eingriff in die Berufsfreiheit muss aber verfassungskonform, insbesondere verhältnismäßig sein. Dabei stellen sich Probleme auf allen Stufen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ein. So ist bereits fraglich, ob die Regelung, die einen Studienabschluss für die Ergreifung eines Berufs verlangt, obwohl dieser Studiengang nicht existiert oder eingestellt werden soll, angesichts fehlender Nachhaltigkeit zum Schutz des legitimen Ziels geeignet ist. Auch könnte die Anerkennung von (womöglich nichtstaatlichen) Ausbildungs- oder Studiengängen oder das Erbringen eines Fähigkeitsnachweises mildere Mittel darstellen. Nicht zuletzt dürfte das Gewicht eines solchen Eingriffs in die Berufsfreiheit dem einer objektiven Berufswahlregelung im Sinne der Stufenlehre des Bundesverfassungsgerichts entsprechen. Damit wäre er nur angemessen, wenn er zum Schutz vor „nach­ weisbare[n] oder höchstwahrscheinliche[n] schwere[n] Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten [ist]“.794 Letztlich stellt eine solche Regelung ein Berufsverbot dar, soweit der geforderte Abschluss mangels entsprechenden Studiengangs nicht erreichbar ist. Dementsprechend wird sie – wenn überhaupt – nur in den seltensten Fällen verhältnismäßig sein. Kommt man im Einzelfall zu dem Ergebnis, dass das Erfordernis eines bestimmten Studienabschlusses für die Aufnahme eines Berufs verfassungswidrig ist, weil ein entsprechender Studiengang staatlicherseits nicht angeboten wird, so stellt sich die Frage, ob der Staat in der Folge den Studiengang bereitzustellen oder aufrechtzuerhalten hat.795 Hierfür mag auf den ersten Blick sprechen, dass das rechtliche Erfordernis einen bestimmten Zweck verfolgt und die Regelung auf diese Weise „gerettet“ werden kann. Nicht die Regelung ist nämlich verfassungswidrig, vielmehr ist der Staat seiner Orgaden zweiten Fall ist, dass ein abgeschlossenes Studium Voraussetzung für die Approbation von Ärzten (§§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 4 BÄO) und Apothekern (§§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 4 BApO, 6 Abs. 3, 4, 5 AAppO) ist. 792  Vgl. BVerfGE 7, 377, Rn. 78; Karpen, Hochschulplanung und Grundgesetz, Bd. 2, S. 627; Heymann/Stein, AöR 97 (1972), 185 (194). 793  BVerfGE 33, 303, Rn. 58; 59, 172, Rn. 65, 71 f.; 134, 1, Rn. 37; 147, 253, Rn. 104. 794  BVerfGE 102, 197, Rn. 69; 126, 112, Rn. 96. 795  So Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 181 ff.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

nisationspflicht nicht nachgekommen. Dies überzeugt jedoch nicht. Denn die Verhältnismäßigkeit knüpft Bedingungen (hier etwa das Vorhandensein eines bestimmten Studiengangs) an die Verfassungskonformität einer Regelung. Solange sie auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann, würde die Annahme einer Organisationspflicht bedeuten, bestimmte Gestaltungsmöglichkeiten seitens des Staates ohne Notwendigkeit auszuschließen. Der Staat kann der Verfassungswidrigkeit einer solchen Regelung aber immer auf mindestens zweierlei Arten vorbeugen beziehungsweise auf sie reagieren. Entweder er belässt es dabei, dass der in Frage stehende Beruf auch ohne Abschluss eines bestimmten Studiums ergriffen werden kann. Dann droht kein Leerlauf der Berufsfreiheit. Dementsprechend kann es auch keinen Anspruch auf Ausstattung des bereitszustellenden oder aufrechtzuerhaltenden Studiengangs geben, weil dieser Studiengang für die Ergreifung des in Frage stehenden Berufs nicht mehr notwendig ist. Oder er sorgt dafür, dass dieser Abschluss erreicht werden kann. Auch in diesem Fall verfügt der Gesetzgeber aber regelmäßig über verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten.796 So kann er etwa selbst den Studiengang anbieten oder aber private Hochschulen dazu veranlassen, dies zu tun. Zudem kommen die bereits erwähnten milderen Mittel wie etwa die Akzeptanz eines Fähigkeitsnachweises durch den Staat als Voraussetzung der Berufsaufnahme als weitere Möglichkeiten in Betracht. Auf Grund der Vielzahl der Vorbeugungs- oder Reaktionsmöglichkeiten droht auch hier kein Leerlauf der Berufsfreiheit für den Fall, dass der Staat einen bestimmten Studiengang nicht bereitstellt oder aufrechterhält. Eine Notwendigkeit, bestimmte Gestaltungsmöglichkeiten auszuschließen, besteht nicht. Da zum einen der Leerlauf der Berufsfreiheit auf verschiedene Weise verhindert werden kann und es zum anderen zur Herstellung praktischer Konkordanz nicht nur eine Möglichkeit gibt797, scheidet eine Reduktion des Spielraumes dahingehend aus, dass es einen teilhaberechtlichen Anspruch auf die Ausstattung eines bestimmten Studiengangs gibt. Daraus folgt aber, dass das Ziel, durch ein organisationsbezogenes Leistungsrecht Freiheit im Sinne einer realen Freiheit zu ermöglichen, nicht erreicht werden kann. Dementsprechend wäre es verfehlt, der Ausbildungsfreiheit zum Zweck der Herleitung eines organisationsbezogenen Leistungsrechts ein solches Freiheitsverständnis zugrunde zu legen. 796  Allgemein: Steinbeiß-Winkelmann, Grundrechtliche Freiheit und staatliche Freiheitsordnung, S.  639 ff.; Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 78. Zur Rundfunkfreiheit: BVerfGE 57, 295, Rn. 92. Zur Wissenschaftsfreiheit: BVerfGE 35, 79, Rn. 99, 109; 47, 327, Rn. 231, 259; 55, 61, Rn. 107. 797  Vgl. Lerche, HStR V (2. Aufl.), § 122, Rn. 5 f.; Jarass, in: AöR 110 (1985), 363 (384); Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 320.



I. Freiheit und Hochschulzulassung135

b) Die objektiv-rechtlichen Dimensionen Neben den bisher behandelten subjektiv-rechtlichen Grundrechtsdimensionen, verfügen die Grundrechte auch über eine objektiv-rechtliche Dimension.798 Von der Vielzahl an möglichen Bestandteilen der objektiv-rechtlichen Grundrechtsdimension799 sind für die Zulassung zu öffentlichen Hochschulen jedoch nur solche relevant, die dem Staat im Hinblick auf das Hochschulsystem Pflichten auferlegen können. Das betrifft zum einen die Anforderungen an die staatliche Organisation und das staatliche Verfahren. Zum anderen geht es um die Bereitstellung von Studienplätzen.

798  Allg. A.: BVerfGE 7, 198, Rn. 26 (Lüth); 127, 87, Rn. 88; Stern, StR III/1, S.  907 ff.; Dreier, in: Dreier, GG, Vorb., Rn. 94; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 1, Rn. 20. Allerdings wird der Begriff der objektivrechtlichen Grundrechtsdimension nicht einheitlich gebraucht. Teils werden darunter alle Grundrechtswirkungen verstanden, die über die des Abwehrrechts hinausgehen (Manssen, StR II, Rn. 57; Jarass, HbGR II, § 38, Rn. 7; ders., AöR 110 (1985), 363 (368); Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 20 (dieser ordnet Teilhabe- und Leistungsrechte jedoch trotzdem den subjektiven Rechten zu, Rn. 18). Andere verstehen darunter die Grundrechtswirkungen, die den Einzelnen keinen klagbaren Anspruch vermitteln (Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 27 ff.; Dreier, in: Dreier, GG, Vorb., Rn. 94; Kloepfer, VerfR II, § 5, Rn. 3; Friesenhahn, Der Wandel des Grundrechtsverständnisses, 50. DJT II, G 5, 13; Häberle, „Leistungsrecht“ im sozialen Rechtsstaat, FS Küchenhoff Band 2, S. 453 (470); in die Richtung tendierend auch Stern, StR III/1, S. 908 ff.; Alexy, Der Staat 29 (1990), 49 (53); Dreier, Jura 1994, 505, (509); viele Anhänger dieser Ansicht schließen jedoch nicht aus, dass die objektiv-rechtlichen Grundrechtsdimensionen subjek­ tiviert werden können (dazu s. u. D. I. 4. b) bb) (4), S. 156 ff.)). Zwischen diesen Polen gibt es weitere Stimmen (etwa Dreier, Jura 1994, 505, (509), der damit die Grundrechtswirkungen bezeichnet, die jenseits der abwehr- und leistungsrechtlichen liegen). Dementsprechend ist auch die Zuordnung bestimmter Grundrechtsgehalte zur objektiv-rechtlichen Dimension oder zu den subjektiv-rechtlichen Dimensionen umstritten. 799  Häufig der objektiv-rechtlichen Dimension zugeordnet werden etwa: grundrechtliche Schutzpflichten (Bethge, Die Grenzen grundrechtlicher Subjektivierung objektiven Verfassungsrechts, FS Isensee, S. 613 (622); Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 35; Stern, StR III/1, S. 931 ff.; Dreier, in: Dreier, GG, Vorb., Rn. 101 ff.; Kloepfer, VerfR II, § 5, Rn. 5 ff.; Herdegen, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 21), die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte (Stern, StR III/1, S. 923  ff; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 21; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 32; Dreier, in: Dreier, GG, Vorb., Rn. 96 ff.) und Einrichtungsgarantien (Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 30; Stern, StR III/1, S. 506; Herdegen, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 19; a. A. Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 27 und Jarass, HbGR II, § 38, Rn. 11 ff. die sie als eigene Kategorie auffassen).

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

aa) Anforderungen an Organisation und Verfahren Nach einhelliger Ansicht können alle Grundrechte Anforderungen an staatliche Verfahren sowie die staatliche Organisation stellen.800 Nicht gemeint sind damit die Fälle, in denen Organisation oder Verfahren Grundrechte gefährden (sogenannter Grundrechtsschutz in Organisation und Verfahren801), da Organisation und Verfahren dort Verkürzungen des Schutzbereichs von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG darstellen und damit anhand von dessen subjektiven Rechten zu rechtfertigen sind. Vielmehr sollen die Grundrechte hier durch Verfahren und Organisation geschützt werden802, um die „Gefahr einer Entwertung der materiellen Grundrechtsposition“803 zu verhindern.804 Zwar ist die dogmatische Verortung dieser Grundrechtswirkung umstritten, mehrheitlich wird jedoch von einer objektiven Gewährleistungsdimension ausgegangen.805 Dabei tritt der Grundrechtsschutz durch Verfahren und Organisation flankierend an die Seite der anderen Grundrechtsdimensionen, weshalb er auch als zu diesen querliegend beschrieben wird.806 Im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG wirkt sich der Grundrechtsschutz durch Verfahren insbesondere im Zusammenhang mit dem Teilhaberecht auf das Verfahren aus.807 Grund dafür ist die Verfahrensabhängigkeit 800  S. o.

Fn.  768.

HbGR II, § 45, Rn. 1. in: Dreier, GG, Vorb., Rn. 105; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1, Rn. 202; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 25; Schmidt-Aßmann, HbGR II, § 45, Rn. 4. 803  BVerfGE 63, 131, Rn. 31. 804  Schmidt-Aßmann, HbGR II, § 45, Rn. 4; Stern, StR III/1, S. 971 f., 977. 805  Mit Unterschieden im Detail: Stern, StR III/1, S. 953 ff.; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 34; Herdegen, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 21; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 246 ff.; Dreier, in: Dreier, GG, Vorb., Rn.  105 ff.; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 25. Daneben werden diese Wirkungen teils aus einer eigenen Gewährleistungsdimension (status activus processualis) hergeleitet: Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (86); Hufen, StR II, § 5, Rn. 11; Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S. 143 ff. Gegen eine solche Herleitung spricht jedoch, dass es laut BVerfG an einer Grundrechtsverletzung fehlt, wenn bei fehlerfreier Verfahrensgestaltung keine günstige Entscheidung getroffen worden wäre oder hätte getroffen werden müssen, BVerfGE 73, 280, Rn. 49. Teils werden die Auswirkungen der Grundrechte auf Organisation und Verfahren auch (inhaltlich weniger umfassend) aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hergeleitet, Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, S. 390 ff. 806  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 11 f.; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 25. Vgl. auch Dreier, in: Dreier, GG, Vorb., Rn. 105 und Schmidt-Aßmann, HbGR II, § 45, Rn. 9. 807  Ossenbühl, Grundrechtsschutz im und durch Verfahrensrecht, FS Eichenberger, S. 186; Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 4; Schmidt-Aßmann, HbGR II, § 45, Rn. 13. 801  Schmidt-Aßmann, 802  Dreier,



I. Freiheit und Hochschulzulassung137

dieses Teilhaberechts808, da über die Möglichkeit seiner Inanspruchnahme in einem Zulassungsverfahren entschieden wird. Für den Bereich der Hochschulzulassung bedeutet diese Grundrechtswirkung besondere Anforderungen. Hinsichtlich ihres Umfangs besteht jedoch keine Einigkeit. So forderten die Bundesverfassungsrichter Simon und Heußner in einem Minderheits­ votum den „bestmöglichen Grundrechtsschutz“809 durch Verfahren. Da der Begriff „bestmöglich“ mehrdeutig ist810 und zudem die Gefahr in sich birgt, durch Verpflichtung auf maximalen Schutz jegliche Gestaltungsspielräume zu verhindern811, wird diese Ansicht heute zu Recht abgelehnt.812 Vielmehr wird davon ausgegangen, dass bei der Ausgestaltung von Organisation und Verfahren grundsätzlich ein weiter Spielraum besteht.813 Umstritten ist hingegen, ob dieser Spielraum bei der Gewährleistung der unabdingbar notwendigen814 oder aber der angemessenen Anforderungen815 an den Schutz durch Verfahren und Organisation endet. Der Verweis auf eine angemessene Gestaltung bringt mehrere Probleme mit sich. Zum einen legt er eine dogmatische Nähe der Anforderungen an Organisation und Verfahren zur Verhältnismäßigkeit nahe, die nach überwiegender Ansicht im Regelfall nicht besteht.816 Daneben ist der Begriff des Angemessenen denkbar unbestimmt, was sich etwa in der Feststellung äußert, dass sich bezüglich der Angemessenheit der Ausgestaltung von Organisation und Verfahren eher negative als positive Feststellungen treffen lie808  Ossenbühl, Grundrechtsschutz im und durch Verfahrensrecht, FS Eichenberger, S. 185 f. Zu Recht weist Denninger aber darauf hin, dass alle Grundrechte verfahrensabhängig seien, HStR IX, § 193, Rn. 39. 809  BVerfGE 53, 88, Rn. 76. 810  Schmidt-Aßmann, HbGR II, § 45, Rn. 30. 811  Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1, Rn. 203. Vgl. auch SchmidtAßmann, HbGR II, § 45, Rn. 30. 812  Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S.179 ff.; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1, Rn. 203; Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 46, 54; Schmidt-Aßmann, HbGR II, § 45, Rn. 30. 813  BVerfGE 60, 253, Rn. 153; 69, 1, Rn. 61; 147, 253, Rn. 126; Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 78; Kloepfer, VerfR II, § 48, Rn. 33; ähnlich Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1, Rn. 203. 814  Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S. 182 f.; Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 54. 815  BVerfGE 73, 280, Rn. 40; 147, 253, Rn. 114; Müller-Franken, in: SchmidtBleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 25; Dreier, in: Dreier, GG, Vorb., Rn. 105. 816  Gleichwohl können im Einzelfall Anforderungen an Organisation und Verfahren aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip folgen. So sind insbesondere im Fall von Grundrechtskollisionen, insbesondere bei Verteilungsentscheidungen, weitere Anforderungen an das Verfahren zu stellen. Mehr dazu s. u. D. II. 4. a) bb), S.  208 ff.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

ßen817. Im Gegensatz hierzu lassen sich Mindestanforderungen besser fest­ legen. Zu beachten ist dabei, dass Organisation und Verfahren nur Mittel zum Zweck sind818, nämlich zum flankierenden Schutz des materiellen Grundrechtsgehalts.819 Dieser Aspekt der Grundrechtsschutzes durch Organisation und Verfahren spricht dafür, die Anforderungen an das Verfahren auf das Notwendige zu beschränken.820 Sinn ergibt somit nicht die Frage, ob das Verfahren für sich genommen angemessen ist, sondern welches Verfahren notwendig ist, um eine Entwertung des materiellen Grundrechtsgehalts zu vermeiden. Die Frage danach, was angemessen ist, steht hingegen in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Zweck des Grundrechtsschutzes durch Verfahren. Die im Folgenden für das Verfahren beschriebenen Minimalanforderungen sind notwendigerweise abstrakt und müssen bezogen auf den jeweiligen Einzelfall konkretisiert werden. Nichtsdestotrotz taugen sie als Leitlinien für die Ausgestaltung des Zulassungsverfahren. Sie lassen sich in negative und positive unterteilen. Soweit sich Verfahren und Organisation strukturell gleichen, gelten diese Anforderungen für eine etwaige Organisation entsprechend. In negativer Hinsicht darf das Verfahren den Grundrechtsträger nicht zum Objekt staatlichen Handelns degradieren821, weshalb ihm eine faire Chance zukommen muss, Einfluss das Ergebnis des Verfahrens zu nehmen.822 Darüber hinaus darf das Verfahren die Verwirklichung des Grundrechts nicht unmöglich machen oder stark erschweren.823 In positiver Hinsicht muss im Verfahren ein „möglichst vollständiger, offener und wechselseitiger Informationsfluss“824 zwischen Grundrechtsträger und Staat gewährleistet sein.825 Dies erfordert ein transparentes Zulassungsverfahren.826 Auch darf das Verfahren eine angemessene Dauer nicht über817  Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 25; Schmidt-Aßmann, HbGR II, § 45, Rn. 39. 818  Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 54. 819  S. o. Fn.  803 f. 820  So auch Goerlich, Grundrechte als Verfahrensgarantien, S. 206. 821  Redeker, NJW 1980, 1593 (1595); Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 65  ff.; Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S. 133 mit stärkerer Betonung der Menschenwürde. 822  Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 55. 823  Schmidt-Aßmann, HbGR II, § 45, Rn. 23, 39. 824  Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 68. 825  Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 68; Redeker, NJW 1980, 1593 (1596); Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S. 183. 826  BVerfGE 33, 303, Rn. 102; 147, 253, Rn. 114; Schmidt-Aßmann, HbGR II, § 45, Rn. 13.



I. Freiheit und Hochschulzulassung139

schreiten.827 Zu berücksichtigen ist dabei die Dringlichkeit der Entscheidung über die Zulassung angesichts der Tatsache, dass die Zulassung zu einem bestimmten Zeitpunkt (dem kommenden Semester) begehrt wird.828 Des Weiteren muss das „Gebot der Tendenz zur Sachrichtigkeit“829 bei der Entscheidung über die Zulassung gewährleistet sein, was insbesondere die Neutralität der entscheidenden Stelle einschließt830. Hier lässt sich auch das Diktum des Bundesverfassungsgerichts verorten, wonach Eignungsprüfungen standardisiert und strukturiert stattzufinden haben831 und diese Prüfungen nur die Eignung testen dürfen832. Schließlich muss das Verfahren einen effektiven Rechtsschutz ermöglichen.833 Insoweit urteilte das Bundesverfassungsgericht für den Fall des absoluten Numerus clausus, dass zur Festsetzung der Studienkapazitäten ein formalisiertes Verfahren nötig sei, u. a. um eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle zu erleichtern.834 Die Feststellung, ob diesen Anforderungen im Einzelfall genügt wurde, ist basierend auf einer Gesamtbetrachtung des zu beurteilenden Verfahrens zu treffen.835 bb) Die Ausbildung an Hochschulen als Staatsziel Grundrechte zeigen dem Staat nicht nur im Sinne negativer Kompetenznormen Grenzen auf836, vielmehr können sie ihm auch positiv Ziele vorgeben.837 Das resultiert aus der Tatsache, dass Grundrechte als objektive Werte 827  Vgl. Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 73; Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S.  170 f. 828  Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S. 139. 829  Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 75. 830  Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 77. 831  BVerfGE 147, 253, Rn. 152 ff., 195. Dieses Erfordernis dient einerseits dazu sachgerechte Ergebnisse zu gewährleisten. Insbesondere erhöht die klare Strukturierung eines Auswahlgesprächs dessen Prognosekraft bezüglich der Eignung des Bewerbers, Haug, WissR 39 (2006), 96 (104). In der Funktion sachgerechte Ergebnisse zu gewährleisten folgt dieses Erfordernis bereits aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG. Daneben dient es aber auch dazu, vergleichbare Ergebnisse sicherzustellen, dazu s. u. D. II. 4. a) bb), S.  208 ff. 832  BVerfGE 147, 253, Rn. 120, 154. 833  BVerfGE 24, 367, Rn. 116; Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 31; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 12, Rn. 154; Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S. 178. 834  BVerfGE 33, 303, Rn. 82. 835  Denninger, HStR IX, § 193, Rn. 78; Schmidt-Aßmann, HbGR II, § 45, Rn. 34. 836  Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 20; Kloepfer, VerfR II, § 48, Rn. 37; Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 122 ff. 837  Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S.  420  f.; Isensee, HStR IV, § 73, Rn. 40; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 117 f., 162 ff. Speziell zu Art. 12: Müller-Franken, HStR VIII, § 172, Rn. 8 ff.; Häberle, VVDStRL 30

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

den Staat in die Pflicht nehmen.838 Die objektiv-rechtliche Dimension des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG kann daher dem Staat zusätzliche Pflichten im Hinblick auf die Bereitstellung von Studienkapazitäten auferlegen. Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang den Staat hierbei Pflichten treffen, ab wann und in welcher Weise er tätig zu werden hat und ob sich diese objektiv-rechtliche Pflicht bei ihrer Verletzung gegebenenfalls in ein subjektives Recht wandelt, ist im Folgenden zu klären. (1) Die Auffangverantwortung des Staates Die freie Wahl der Ausbildungsstätte nach Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG setzt als conditio sine qua non voraus, dass eine Ausbildungsinfrastruktur vorhanden ist. Ohne eine solche ist eine berufliche Ausbildung nicht möglich und das Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstäte kann keinen Schutz bewirken. Auf den Bereich der Hochschulausbildung angewandt bedeutet dies, dass eine ausreichende Hochschulinfrastruktur vorhanden sein muss. Soll das subjektive Recht des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG nicht leerlaufen, so muss die Existenz einer solchen Infrastruktur gewährleistet sein. Eine staatliche Verpflichtung zu deren Gewährleistung lässt sich aus der objektiv-rechtlichen Dimension der Ausbildungsfreiheit herleiten.839 Deren Zweck ist vor allem die Unterstützung der subjektiven Rechte aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG, insbesondere des Teilhaberechts.840 Zu diesem Zweck verpflichtet es den Staat objektiv-rechtlich, auf die Ausbildung der Bürger hinzuwirken841 und nimmt ihn dabei insbesondere in die Verantwortung, für eine ausreichende Ausbildungsinfrastruktur Sorge zu tragen842. Die Termino(1972), 43 (114 f.); ders, „Leistungsrecht“ im sozialen Rechtsstaat, FS Küchenhoff Band 2, S. 453 (460); Schneider, VVDStRL 43 (1985), 7 (29). Freilich ist die Terminologie insoweit uneinheitlich, Isensee, HStR IV, § 73, Rn. 1; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 284. 838  Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S.  420  f.; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 297. 839  Alternativ kann man insoweit auch auf Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip abstellen (s. Fn. 842). Aus der unterschiedlichen Verortung ergeben sich jedoch keinerlei inhaltliche Unterschiede. 840  Allgemein zu dieser Wirkung von Grundrechten als Staatszielen Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 419 ff. 841  Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 491, 496; Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 8. Vgl. auch Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (114 f.). 842  Schimanke, JR 1973, 45 (47); Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 491, 496; Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 8. Möchte man die Bedeutung der Ausbildung für Wirtschaft und Gesellschaft betonen oder erkennt man die Wirkung von Grundrechten als Staatsziele nicht an, so folgt aus Art. 12



I. Freiheit und Hochschulzulassung141

logie ist hier uneinheitlich, es wird von einem Verfassungsauftrag843, einem Statusgewährleistungsauftrag844, einer Staatsaufgabe845, einer Gestaltungsverpflichtung846 oder schlicht einer objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates847 gesprochen. Letztlich ist all diesen Begriffen jedoch gemein, dass der Staat auf die Ausbildung seiner Bürger hinzuwirken hat. Da das dem Staat durch die objektiv-rechtliche Dimension des Art. 12 abs. 1 S. 1 Var. 3 GG vorgegebene positive Ziel die Ausbildung seiner Bürger ist, soll im Folgenden vom „Staatsziel Ausbildung“ die Rede sein. Mit der Verpflichtung des Staats, auf die Ausbildung seiner Bürger hinzuwirken ist aber noch nichts darüber gesagt, ob der Staat die für die Ausbildung nötige Infrastruktur selbst bereitzustellen hat oder ob er die Aufgabenerfüllung auch (privaten) Dritten überlassen kann. Mag ersteres angesichts des „faktische[n], nicht beliebig aufgebbare[n] Monopol[s]“848 des Staats im Hochschulwesen für den Bereich der Hochschulausbildung naheliegen, so ergibt sich bei näherem Hinsehen etwas anderes. Im Bereich der nichtakademischen Ausbildung versorgen sich Wirtschaft und Gesellschaft weitgehend selbst mit Ausbildungsmöglichkeiten, weshalb der Staat dort in wesentlich geringerem Umfang tätig ist, als im Bereich der Hochschulausbildung.849 Hier wäre es fernliegend, vom Staat zu verlangen, selbst Ausbildungsmöglichkeiten bereitzustellen.850 Da Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG aber nicht zwischen der Ausbildung an Hochschulen und sonstiger beruflicher Ausbildung unterscheidet, wäre es fernliegend dem „Staatsziel Ausbildung“ im Hinblick auf die Ausbildung an Hochschulen vom Grundsatz her einen anderen Inhalt zuzuweisen als im Hinblick auf die sonstige berufliche Ausbildung. Daher kann auch im Bereich der Hochschulausbildung nicht pauschal von einer Pflicht des Staats zur Bereitstellung von Hochschulkapazitäten ausgeAbs. 1 S. 1 Var. 3 i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip dasselbe: Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 293 f.; Müller-Franken, HStR VIII, § 172, Rn. 8 ff.; diesen Ansatz erwägend BVerfGE 33, 303, Rn. 62; BVerfG 1 BvL 27/97, Rn. 14 ff.; wohl auch Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (114 f.). Ebenfalls ohne inhaltliche Unterschiede verortet Deutsch dieses verfassungsrechtliche Erfordernis in Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip, Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (819). 843  Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (114 f.); Schimanke, JR 1973, 45 (47); erwägend im Zusammenhang mit dem Sozialstaatsprinzip BVerfGE 33, 303, Rn. 62. 844  Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 496. 845  Müller-Franken, HStR VIII, § 172, Rn. 10 f. 846  Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 294. 847  Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 8; Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (819). 848  BVerfGE 33, 303, Rn. 60. 849  Vgl. Müller-Franken, HStR VIII, § 172, Rn. 12 ff. 850  Anderes kann sich ggf. bei der Ausbildung zu Berufen im Staatsdienst ergeben.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

gangen werden. Vielmehr ist auf die konkreten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umstände abzustellen. Versorgen sich Gesellschaft und Wirtschaft selbst mit ausreichend Studienkapazitäten, so liegt der Fall genauso wie bei der nichtakademischen Ausbildung. Dann braucht der Staat – unter dem Gesichtspunkt des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG – selbst keine Hochschulen zur Verfügung zu stellen.851 Ist die Gesellschaft jedoch – wie derzeit – im Bereich der akademischen Ausbildung weitgehend auf ein staat­ liches Hochschulsystem angewiesen, so muss er selbst tätig werden.852 Zusammenfassend ergibt sich aus dem aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG abgeleiteten „Staatsziel Ausbildung“ eine Auffangverantwortung des Staates. Dieser muss lediglich tätig werden, soweit nicht ausreichend Ausbildungskapazitäten von dritter Seite bereitgestellt werden. Ihm ist es nicht verwehrt, die akademische Ausbildung auch Dritten zu überlassen.853 Lediglich wenn auf diese Weise nicht in ausreichendem Umfang Kapazitäten bereitgestellt werden, verdichtet sich die Auffangverantwortung zu einer Handlungspflicht des Staates.

851  Freilich kann der Staat auf Grund von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gehalten sein, Hochschulen zu unterhalten, de Wall, Der Staat 38 (1999), 377 (389); Kaufhold, Die Lehrfreiheit – ein verlorenes Grundrecht?, S. 244 ff.; Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 338 ff.; Geis, HbGR IV, § 100, Rn. 8. Daneben wird teilweise auch eine kulturstaatliche Pflicht zur Unterhaltung eines Wissenschaftssystems angenommen, Löwer, HbGR IV, § 99, Rn. 46. 852  Heymann/Stein, AöR 97 (1972), 185 (194). Tettinger leitet diese Handlungspflicht bei Unterschreitung des Minimums aus staatlicher Ingerenz her, Tettinger, WissR 23 (1990), 101, (118 f.). Unklar ist jedoch, woran diese Ingerenz anknüpfen soll. Tettinger spricht in diesem Zusammenhang von „staatlich monopolisierte[n] Ausbildungskapazitäten“, was nahelegt, dass er das staatliche Hochschulmonopol als die Ingerenz auslösenden Faktor ansieht. Dann bestehen jedoch keine Ingerenz und somit keine Handlungspflicht, wenn der Staat über kein Monopol (mehr) verfügen oder er sein Monopol aufgeben sollte. Leitet man hingegen die Auffangverantwortung aus dem „Staatsziel Ausbildung“ her, so kann es eine staatliche Handlungsverpflichtung auch ohne Monopolstellung geben. Auch kann ihm seine Auffangverantwortung bereits verbieten, sein Monopol aufzugeben. 853  So Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (819); Müller-Franken, HStR VIII, § 172, Rn. 11; Isensee, HStR IV, § 73, Rn. 27; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 71. Auch wenn zur Begründung dieser Wirkung zusätzlich das Sozialstaatsprinzip herangezogen wird, obliegt dem Staat grundsätzlich nur eine Auffangverantwortung, da der Staat nach dem Sozialstaatsprinzip nur subsidiär tätig wird, speziell zum „Staatsziel Ausbildung“: MüllerFranken, HStR VIII, § 172, Rn. 22. Allgemein zum Sozialstaatsprinzip: Axer, VVDStRL 68 (2009), 177 (185 f.); Zacher, HStR II, § 28, Rn. 27; Isensee, HStR IV, § 73, Rn.  65 ff.; ders., HStR IX, § 190, Rn. 184 ff.; Butzer, HStR IV, § 74, Rn. 44; Rüfner, HStR IV § 96 Rn. 74.



I. Freiheit und Hochschulzulassung143

(2) Die Verdichtung zur staatlichen Handlungspflicht Die Auffangverantwortung verdichtet sich zur Pflicht staatlichen Handelns zu dem Zeitpunkt, in welchem das für die Ausbildungsinfrastruktur erforderliche Minimum an vorhandenen Studienkapazitäten unterschritten wird und nicht absehbar ist, dass es ohne staatliche Intervention wieder erreicht wird. Ob das Minimum erforderlicher Studienkapazitäten unterschritten wird, bemisst sich anhand der vorhandenen Kapazitäten. Ob diese in Relation zum Minimum ausreichend sind, hängt von den Faktoren ab, die ihrerseits dieses Minimum bestimmen. (a) Die Bestimmung der vorhandenen Kapazitäten Ob die vorhandenen Studienkapazitäten ein bestimmtes Minimum unterschreiten, hängt wesentlich davon ab, auf welchen Bereich sich das Minimum vorhandener Studienkapazitäten bezieht. Als Bezugspunkt des Minimums an Studienkapazitäten käme zunächst die Gesamtzahl aller Studienkapazitäten in Betracht. Dann müsste der Staat nur Sorge tragen, dass es insgesamt genug Ausbildungsmöglichkeiten gibt, die dazu befähigen einen Beruf mit akademischen Anforderungen zu ergreifen. Gegen eine solche Betrachtungsweise spricht jedoch eine Reihe von Gründen. Wird nicht zwischen den verschiedenen Bereichen der Hochschulausbildung unterschieden, können nur die Gesamtnachfrage und gegebenenfalls der Gesamtbedarf an Hochschulausbildung Einfluss auf das Minimum an Studienkapazitäten haben. Dies wird jedoch weder den gesellschaftlichen noch individuellen Bedürfnissen gerecht. Studienbewerbern kommt es nämlich regelmäßig nicht darauf an, irgendein Studium ergreifen zu können. Vielmehr geht es ihnen ganz überwiegend darum, Fähigkeiten und Kenntnisse in einem bestimmten fachlichen Bereich zu erwerben. Spiegelbildlich wollen Wirtschaft und Gesellschaft als Arbeitgeber zumeist nicht irgendeinen Hochschulabsolventen einstellen, sondern jemanden, der über die Fähigkeiten und Kenntnisse in dem Bereich verfügt, für den er eingestellt werden soll. Für eine differenziertere Betrachtung spricht aber auch die Zielrichtung des „Staatsziels Ausbildung“. Es soll die subjektiven Rechte aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG absichern854 und damit die Verwirklichung des Zwecks der Ausbildungsfreiheit unterstützen. Deren Zweck erklärt sich von der Berufsfreiheit her, mit der die Ausbildungsfreiheit in engem Zusammenhang 854  Allgemein zu dieser Wirkung von Grundrechten als Staatszielen: Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 419 ff.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

steht855. Der Zweck der Berufsfreiheit besteht darin, dem Einzelnen seine Existenzerhaltung und die freie Entfaltung im beruflichen Bereich zu ermöglichen.856 Die Ausbildungsfreiheit ist damit grundsätzlich auch auf diesen Zweck als Fernziel gerichtet. Der Zweck der Berufsfreiheit soll dadurch erreicht werden, dass die Wahl einer Ausbildung geschützt wird. Damit bezieht sich Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG aber auf einen bestimmten Bereich, den der Grundrechtsträger selbst durch die Wahl eines Studiengangs festlegt. Der Zweck der Ausbildungsfreiheit ist daher auf diesen Bereich beschränkt. Er besteht darin, dem Einzelnen die Möglichkeit zu sichern, die fachlichen Voraussetzungen zur Ergreifung eines Berufs zu erlernen.857 Mit der hierfür vorgesehenen Ausbildung kann dann später dieser Beruf ergriffen werden und die eigene Existenzerhaltung und freie Entfaltung im beruflichen Bereich erstrebt und erreicht werden. Sind die subjektiven Rechte des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG danach auf einen bestimmten Bereich bezogen, so spricht alles dafür, dass sich auch die aus dem Staatsziel resultierende Auffangverantwortung auf einen bestimmten Bereich bezieht. Die Auffangverantwortung anders, nämlich generell und nicht bereichsbezogen zu verstehen, würde die subjektiven Rechte aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in geringerem Umfang unterstützen. Im Ergebnis ist daher das Ausmaß an vorhandenen Studienkapazitäten, welches über die Verdichtung der Auffangverantwortung zur Handlungspflicht entscheidet, bereichsspezifisch zu bestimmen. Bei einer bereichsspezifischen Bestimmung des Minimums ist die Abgrenzung der verschiedenen Bereiche voneinander entscheidend. Diese kann auf zwei Arten geschehen. Einerseits kann an Studienfächer angeknüpft werden.858 Andererseits lassen sich Bereiche aber auch anhand der in den jeweiligen Studiengängen vermittelten Fähigkeiten und Kenntnisse abgrenzen. Vorteil der ersten Herangehensweise ist auf den ersten Blick, dass sich der Bereich des Studiengangs relativ einfach abgrenzen lässt. Diese Abgrenzung taugt aber nur für bestimmte Studienfächer. Abgrenzungsprobleme entstehen auf Grund der Tatsache, dass das „gleiche“ Studium bisweilen unterschiedlich aufgebaut ist oder unterschiedliche Inhalte und Schwerpunkte zulässt. 855  BVerfGE 33, 303, Rn. 58; 43, 291, Rn. 164; Schneider, VVDStRL 43 (1985), 7 (29); Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 43. 856  St. Rspr. BVerfGE 30, 292, Rn. 110; 66, 337, Rn. 59; 103, 172, Rn. 36. Aus der Literatur: Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 14; Kloepfer, VerfR II, § 70, Rn. 4; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 1; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 16. 857  BVerfGE 43, 291, Rn. 83. 858  Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 442; Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (819); Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (117 f.); Tettinger/Widera, WissR 23 (1990), 199 (210 f.).



I. Freiheit und Hochschulzulassung145

Diese Probleme lassen sich zwar dadurch umgehen, dass ein Studienfach anhand des Abschlusses bestimmt wird. Aber auch hier gibt es Studiengänge, die „gleich“ sind, deren Abschlüsse sich aber je nach Bundesland unterscheiden. So besteht derzeit etwa bei Lehramtsstudiengängen in manchen Bundes­ ländern ein Bachelor-Master-System, während in anderen Bundesländern ein Staatsexamen absolviert werden muss. Um etwa Lehramtsstudiengänge dennoch in eine Gruppe einordnen zu können, müssten Kriterien entwickelt werden, um die Vergleichbarkeit festzustellen. Dazu kann zwar auf den Beruf (Lehrer oder Lehrer mit bestimmten Fächern) abgestellt werden, zu dem ausgebildet wird. Es wird aber nicht in allen Studiengängen auf einen bestimmten Beruf vorbereitet. Vielmehr erschließen manche Studiengänge ein ganzes Berufsfeld.859 Vergleicht man etwa Hochschulabsolventen mit einem Bachelor oder Master im Fach Rechtswissenschaften mit solchen, die Staatsexamina abgelegt haben, so stößt die Abgrenzung anhand des Berufs, auf den vorbereitet wird, an ihre Grenzen. So können Juristen zwar in der Justiz oder allgemein im Staatsdienst tätig sein.860 Daneben gibt es aber eine unüberschaubare Vielzahl an möglichen beruflichen Tätigkeitsfeldern, die außer der Beschäftigung mit dem Recht wenig mit Justiz und Staatsdienst gemein haben. Ähnliche Probleme ergeben sich bei Studiengängen, die darauf ausgelegt sind, verschiedene fachliche Bereiche zu verknüpfen oder in verschiedenen Bereichen tätig sein zu können.861 Vorzugswürdiger ist es daher, das vorhandene Maß an Ausbildungsmöglichkeiten anhand eines fachlichen Bereichs mit bestimmten Kenntnissen und Fähigkeiten zu bestimmen. Auf diese Weise wird die Abgrenzung anhand eines Studiums oder Berufsziels auf das entscheidende Merkmal der fach­ lichen Ausbildung reduziert. Zwar sind auch hier Abgrenzungsprobleme und Grauzonen nicht vermeidbar. Eine Abgrenzung anhand dieser Kriterien erweist sich aber als robuster gegenüber dem ständig wechselnden Studien­ angebot. Verschiedene Studiengänge lassen sich zumeist einem fachlichen Bereich zuordnen. Ob innerhalb dieses fachlichen Bereichs neue Studiengänge entwickelt, alte eingestellt oder bestehende umgestaltet werden, wirkt sich dann nicht auf die Pflicht zur Bereitstellung von Studienkapazitäten aus. Zuletzt trägt eine nach fachlichen Kriterien erfolgende Abgrenzung der Tatsache eher Rechnung, dass es in vielen Fällen sowohl den Studienbewerbern, als auch den künftigen Arbeitgebern nicht so sehr auf ein bestimmtes Stu-

Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 327. dieses Berufsfeld auch gerade Juristen, die keine Staatsexamen, sondern eine Bachelor- oder Masterprüfung absolviert haben, in der Regel verwehrt sein wird. 861  Ein Beispiel für ein verknüpfendes Studium ist der Studiengang „Politik und Recht“ an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. 859  Pitschas, 860  Wenn

146

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

dium, sondern darauf ankommt, dass bestimmte Fähigkeiten und Kenntnisse für den Beruf zur Verfügung stehen.862 Zur Ermittlung des Ausmaßes vorhandener Studienkapazitäten und des Umfangs des Minimums an Studienkapazitäten ist daher auf einen fachlichen Bereich abzustellen. Dieser ist anhand der vermittelten fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zu bestimmen. (b) Die Bestimmung des Minimums an Kapazitäten Ist das Minimum bezogen auf einen fachlichen Bereich zu ermitteln, so stellt der nächste Schritt die Bestimmung seines Inhalts, also seiner Größe, dar. Hierzu bieten sich zwei Herangehensweisen an.863 Einerseits kann sie absolut864, andererseits variabel865 bestimmt werden. (aa) Die absolute Bestimmung des Minimums Eine absolute Bestimmung würde bedeuten, dass das Mindestmaß fest bei einem bestimmten Wert liegt, der nicht unterschritten werden darf. Dies ist jedoch unter dem Gesichtspunkt gesellschaftlicher, technischer, wirtschaft­ licher und sonstiger Veränderungen problematisch. Eine absolute Grenze würde eine entwicklungsunabhängige Festlegung erfordern. Dadurch bestünde aber die Gefahr, dass ein einmal so festgelegtes Minimum auf Grund gesellschaftlicher Entwicklung veraltet, ja erstarrt und sich im Laufe der Zeit als zu niedrig oder zu hoch erweisen kann. So wäre ein in den 50er Jahren festgelegtes Minimum heute mit Sicherheit obsolet, weil im Rahmen der Entwicklung in Gesellschaft und Wirtschaft immer mehr Hochschulabsolventen benötigt werden.866 Beim „Staatsziel Ausbildung“ handelt es sich aber um ein permanentes Ziel. Ein solches kann nie als erreicht angesehen wer862  In diesen Fällen bescheinigt der Abschluss lediglich den Erwerb der Fähigkeiten und Kenntnisse. Zwar gibt es auch Bereiche, in denen der Abschluss selbst erforderlich ist, da ein Beruf ohne einen bestimmten Abschluss nicht ergriffen werden darf (etwa Ärzte, §§ 2 Abs. 1 BÄO, 1, 39 Abs. 1 Nr. 7 ÄApprO). Aber auch in diesen Fällen soll letztlich das Vorhandensein von bestimmten Fähigkeiten und Kenntnissen gewährleistet werden. 863  Allgemein zur Festlegung von Mindeststandards: Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 315 ff. 864  Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 324. 865  So etwa Hailbronner, Auswahlrechte der Hochschulen und Zentrale Studienplatzvergabe, FS E. Stein, S. 49 (63), der von „angemessenen Ausbildungsmöglichkeiten“ spricht. Vgl. auch Heinig, Der Sozialstaat im Dienste der Freiheit, S. 383. 866  Neben diesem Fall ist auch der Fall denkbar, dass auf Grund gesellschaftlichen und technologischen Wandels immer weniger Hochschulabsolventen benötigt werden.



I. Freiheit und Hochschulzulassung147

den, da der gesellschaftliche Wandel die Frage der Zielverwirklichung stets erneut stellt.867 Gleiches muss auch für die aus dem Staatsziel resultierende Auffangfunktion des Staates gelten, die der Erfüllung des Staatsziels dient. Zumindest in zeitlicher Hinsicht muss die Grenze daher jeweils bezogen auf die gegebenen Umstände ermittelt werden.868 (bb) Die variable Bestimmung des Minimums Hat die Bestimmung des Minimums demnach variabel zu erfolgen, so kommen hierfür einerseits solche Faktoren in Betracht, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem „Staatsziel Ausbildung“ stehen, andererseits aber auch solche, die mit diesem Staatsziel konkurrieren. Ein Beispiel für letztere Art von Faktoren ist etwa der Finanzierungsbedarf anderer vom Staat zu gewährleistender Aufgaben. Die Einbeziehung konkurrierender Faktoren bei der Bestimmung des Minimums ist aus zwei Gründen abzulehnen. Einerseits würde es das Staatsziel aushöhlen, den Staat auf Grund von konkurrierenden Interessen schon aus seiner Pflicht, überhaupt tätig zu werden, zu entlassen.869 Andererseits zieht die Festlegung des Minimums nicht notwendig Interessenkonflikte nach sich. Dies liegt daran, dass es lediglich etwas über das „Ob“ staatlicher Handlungspflicht aussagt, das „Wie“ aber unberührt lässt. Hat der Staat danach tätig zu werden, so stehen ihm für die Umsetzung eine Vielzahl von Möglichkeiten offen. Diese umfassen zwar auch den Einsatz staatlicher Ressourcen, etwa durch die staatliche Subvention privater Hochschulen, Steuer­ vergünstigungen für diese oder die staatliche Bereitstellung der fehlenden Stu­ dienkapazitäten. Solche Maßnahmen ziehen wegen der Beschränktheit staatlicher Ressourcen regelmäßig Interessenkonflikte nach sich. Daneben kommen aber auch Maßnahmen in Betracht, die nicht notwendig auf den Einsatz zusätzlicher Ressourcen angewiesen sind. Das ist etwa der Fall, wenn bereits vorhandene Infrastrukturen genutzt werden, private Hochschulanbieter politisch unterstützt werden oder der Staat auf verstärkte Information setzt. Diese Maßnahmen ziehen nicht notwendig Interessenkonflikte nach sich. Gleichwohl kann es zu Interessenkonflikten kommen, je nachdem, welche Maßnahme im Falle der staatlichen Handlungspflicht ergriffen werden. Das zeigt, dass konkurrierende Interessen erst bei der Entscheidung über das „Wie“ relevant werden. Bei der Ermittlung des zu gewährleistenden MiniStaatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 380. Der Sozialstaat im Dienste der Freiheit, S. 383 f. zu Leistungsansprü-

867  Sommermann, 868  Heinig,

chen.

869  Vgl.

dazu Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 318.

148

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

mums an Studienkapazitäten – also dem „Ob“ – sind sie daher nicht zu berücksichtigen. Relevant für die Bestimmung des Minimums sind damit nur solche Faktoren, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem „Staatsziel Ausbildung“ stehen. (cc) Nachfrage und Bedarf als Faktoren zur Bestimmung Diese Faktoren bilden die Nachfrage der Studienbewerber und der gesellschaftliche Bedarf.870 Die Nachfrage stellt dabei die prognostizierte Zahl an Studienbewerbern für einen fachlichen Bereich dar. Der Bedarf stellt hingegen die prognostizierte gesellschaftliche Nachfrage für Qualifikationen in einem fachlichen Bereich dar.871 Wesentlicher Bestandteil ist hierbei der wirtschaftliche Bedarf. Daneben kann sich der Bedarf aber auch aus Gesichtspunkten der staatlichen oder sonstigen Infrastruktur und aus kulturellen Gesichtspunkten ergeben. Die Berücksichtigung von Bedarfsgesichtspunkten ist allerdings unter Hinweis auf die Unzulässigkeit der Berufslenkung für verfassungsrechtlich unzulässig gehalten worden.872 Begründet wurde dies damit, dass der gesellschaftliche Bedarf kein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut im Sinne der Stufentheorie darstelle.873 Diese Diskussion fand allerdings unter dem Gesichtspunkt des Teilhaberechts statt und bezog sich auf vorhandene Kapazitäten. Vorliegend geht es jedoch um die Frage, ab wann der Staat zur Tätigkeit verpflichtet ist. Die Bestimmung der Schwelle der staatlichen Handlungs870  Zu den Kriterien von Nachfrage und Bedarf: BVerfGE 33, 303, Rn. 63 (zum Hochschulausbau); Seidler, JuS 1976, 700 (703); Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 91. 871  Vgl. Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (832). 872  Barbey, JZ 1971, 473 (475); Clevinghaus, RdJB 1975, 172 (181); Seidler, JuS 1976, 700 (700); Hammer/Nagel, NJW 1976, 654 (655); Abelein, DÖV 1967, 375 (376); Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 51 ff. sogar mit dem Gedanken, dass der fehlende Ausbau einer Fachrichtung ebenfalls eine unzulässige Berufslenkung darstellte. Zu weiteren Vertretern der älteren Literatur s. Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 352 ff. Dagegen Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 326; ders., WissR 15 (1982), 229 (231 ff.); Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (118 f.); Richter, JZ 1981, 176 (179). 873  BVerfGE 33, 303, Rn. 58; Lüthje, JZ 1977, 577 (582); diesbezüglich für eine Änderung eintretend Oppermann, VVDStRL 27 (1968), 205 (207). A. A.: Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 337. Teils wird aber auf die Vollbeschäftigung bzw. einen hohen Beschäftigungsstand als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut abgestellt: Schneider, VVDStRL 43 (1985), 7 (22); Papier, DVBl. 1984, 801 (811); ähnlich auch Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 96 zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit als sozialstaatliche Pflicht.



I. Freiheit und Hochschulzulassung149

pflicht berührt aber weder Abwehr- noch Teilhaberecht.874 Insoweit ist der – ohnehin höchst unbestimmte875 – Begriff der Berufslenkung in diesem Zusammenhang fehl am Platz. Festzustellen ist vielmehr, ob Bedarfsgesichtspunkte zur Ermittlung des Minimums von Verfassungs wegen zu berücksichtigen sind. Bisweilen wird die Beschränkung von Nachfragegesichtspunkten durch Bedarfsgesichtspunkte auf den Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen gestützt, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft verlangen kann.876 Diesem unterliegt auch die objektiv-rechtliche Grundrechtsdimen­ sion.877 Der Bedarf wäre dann ein Kriterium, das im Rahmen Interessenabwägung zur Ermittlung des Möglichen zu berücksichtigen wäre, um festzustellen, ob eine staatliche Tätigkeit vernünftigerweise von der Gesellschaft verlangt werden kann. Problematisch an diesem Ansatz ist jedoch einerseits, dass sich der Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft verlangen kann, auf die staatliche Bereitstellung von Ressourcen bezieht.878 Wird das Minimum an zu gewährleistenden Studienkapazitäten unterschritten, so folgt daraus jedoch nicht zwangsläufig eine Pflicht zur Bereitstellung von Ressourcen.879 Daher kann die Verortung im Vorbehalt des Möglichen die Berücksichtigung von Bedarfsgesichtspunkten nicht in allen Situationen erklären. Vielmehr wird die Frage des „Ob“ der staatlichen Handlungspflicht hier mit dem „Wie“ vermischt. Dieser Ansatz verortet den Bedarf als einen mit dem „Staatsziel Ausbildung“ konkurrierenden Aspekt. Wie bereits dargelegt ist ein solcher Aspekt aber bei der Bestimmung des Minimums nicht zu berücksichtigen, da die Reichweite der Auffangverantwortung sonst weiter als nötig verringert würde. Diesem Ansatz ist damit nicht zu folgen. Zur Berücksichtigung von Bedarfsgesichtspunkten könnte man aber auch die Kollision mit anderen Staatszielen heranziehen. Müsste der Staat auch jenseits des Bedarfs für die Bereitstellung von Studienkapazitäten sorgen, so 874  Vgl.

Papier, DVBl. 1984, 801 (814). Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 9 ff., 90; Richter, JZ 1981, 176 (177). Zur Vielfalt der Lenkungsarten s. Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S.  188 ff. 876  So etwa Papier, DVBl. 1984, 801 (814); Seidler, JuS 1976, 700 (704); wohl auch BVerfGE 33, 303, Rn. 63. 877  Kirchhof, HStR V, § 99, Rn. 108  f., 106; Sommermann, v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Art. 20, Rn. 122 (zum Sozialstaatsprinzip); ebenso Huster/Rux, in: BeckOK, GG, Art. 20, Rn. 216.1 und Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20, VIII., Rn. 34; Häberle, DÖV 1972, 729 (733). 878  Vgl. Heinig, Der Sozialstaat im Dienste der Freiheit, S. 383 f. 879  Zum Inhalt einer Handlungspflicht s. u. D. I. 4. b) bb) (3), S. 153 ff. 875  Pitschas,

150

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

würde sich bei einer entsprechend hohen Zahl von Absolventen das Risiko der Arbeitslosigkeit erhöhen. So könnte etwa Akademikerarbeitslosigkeit entstehen oder die Akademiker würden als Überqualifizierte in anderen Bereichen arbeiten und dort weniger Qualifizierte in die Arbeitslosigkeit ­ verdrängen.880 Das Sozialstaatsprinzip – seinerseits eine Staatszielbestimmung881 – gebietet dem Staat aber gerade die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit.882 Verlangt das Grundgesetz vom Staat, Arbeitslosigkeit zu verhindern und würde es gleichzeitig verlangen, Menschen in die wahrscheinliche Arbeitslosigkeit ausbilden zu lassen, so wären dem Staat widersprüchliche Pflichten auferlegt. Aus diesem Grund müsste das „Staatsziel Ausbildung“ und damit die daraus folgende staatliche Auffangverantwortung dort enden, wo es mit dem Staatsziel Sozialstaat in Konflikt gerät. Der Bedarf markiert dann den Punkt, an dem diese beiden Staatsziele kollidieren. Jedoch leidet auch dieser Erklärungsansatz an Schwächen: Einerseits stellt die Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips die Berücksichtigung eines konkurrierenden Aspekts dar, sodass insoweit auf die bereits angeführten Einwände gegen eine solche Berücksichtigung verwiesen werden kann.883 Andererseits ist die Entstehung von Arbeitslosigkeit bei der Ausbildung über den Bedarf hinaus zwar wahrscheinlich, jedoch keineswegs sicher. So können gesellschaftliche Umstände dafür sorgen, dass die Ausgebildeten ohne Verdrängungseffekt in Berufen tätig werden, für die sie nicht ausgebildet sind. Auch können diese Menschen durch Umschulungen und Fortbildungen womöglich in Arbeit gebracht werden. Die Kollision der Staatsziele kann also die Berücksichtigung von Bedarfsgesichtspunkten verfassungsrechtlich nur dann erklären, wenn es auch tatsächlich zu einer Kollision kommt. Auch diesem Ansatz ist daher nicht zu folgen. Der vorzugswürdige Erklärungsansatz folgt vielmehr aus dem Zweck des „Staatsziels Ausbildung“. Er zeigt den Zusammenhang von Bedarf und Ausbildungsfreiheit auf. Wie bereits dargelegt, liegt der Zweck der Ausbildungsfreiheit darin, dem Einzelnen die Existenzsicherung und Selbstverwirklichung bezogen auf einen bestimmten fachlichen Bereich zu ermöglichen.884 Sie soll ihn in die Lage versetzen, nicht irgendeinen Beruf, sondern einen zu ergreifen, der die in der Ausbildung erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse benö880  Franzke,

ZRP 1977, 246 (247). Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 36; Kloepfer, VerfR I, § 11,

881  Haverkate,

Rn. 11. 882  BVerfGE 103, 293, Rn. 50; Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 22; Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 96; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 162. 883  S. o. D. I. 4. b) bb) (2) (b) (bb), S. 147 f. 884  S. o. S.  143 f.



I. Freiheit und Hochschulzulassung151

tigt. Die Ausbildungsfreiheit ist damit auf die Ergreifung eines Berufs in einem bestimmten (selbst gewählten) fachlichen Bereich gerichtet. Dieser Zweck wird aber nicht erreicht, soweit Studenten in einem fachlichen Bereich jenseits des gesellschaftlichen Bedarfs ausgebildet werden, da ein Teil der Ausgebildeten keinen Beruf (in diesem „fachlichen Berufsbereich“) wird ergreifen können.885 Der Bedarf ist also insoweit verfassungsrechtlich relevant, als er die Verdichtung der Auffangverantwortung zur Handlungspflicht begrenzt. Die Berücksichtigung von Bedarfsgesichtspunkten für die Frage staatlicher Auffangverantwortung ist neben der Nachfrage demnach das zweite Kriterium zur Messung der Zweckerreichung und somit der Ermittlung des Minimums. (dd) Das Verhältnis von Nachfrage und Bedarf Beeinflussen neben der Nachfrage auch Bedarfsgesichtspunkte die Bestimmung des Minimums, so steht damit noch keinesfalls das Verhältnis oder die Rangordnung von Bedarf und Nachfrage fest. In diesem Zusammenhang sprach das Bundesverfassungsgericht davon, dass es dem Gesetzgeber „nicht verwehrt sein [kann], sich auch am vordringlichen Kräftebedarf für die verschiedenen Berufe zu orientieren, sofern es nicht gelingt, individuelle Nachfrage und gesamtgesellschaftlichen Bedarf […] in Deckung zu bringen“886. Verbreitet wird daher angenommen, dass der Bedarf nur ein Kriterium neben der Nachfrage sein darf.887 Teils wird hingegen sogar vertreten, dass die Nachfrage stets Vorrang haben muss.888 Letzterer Ansicht ist kann jedoch nicht gefolgt werden. Genießt die Nachfrage stets Priorität, so kann dem Bedarf keine Bedeutung zukommen, soweit die Nachfrage den Bedarf überschreitet. Dem steht jedoch nicht nur die zitierte Feststellung des Bundesverfassungsgerichts entgegen. Vielmehr sieht sich diese Auffassung den berechtigten Einwänden aller drei bereits dargelegten Erklärungsansätze zur Berücksichtigung des Bedarfs ausgesetzt. 885  Vgl. Kloepfer, VerfR II, § 70, Rn. 4; Franzke, ZRP 1977, 246 (429); Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 326. 886  BVerfGE 33, 303, Rn. 63. 887  BVerfGE 33, 303, Rn. 63 zum Hochschulausbau; Häberle, DÖV 1972, 729 (733); Seidler, JuS 1976, 700 (702 ff.); Tettinger, NJW 1987, 294 (298); ders., WissR 23 (1990), 101 (107 f.); Pitschas, WissR 15 (1982), 229 (239 f.); ders., Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 20, 322, 325 f., 388, 522; Hoffmann, Berufsfreiheit als Grundrecht der Arbeit, S. 130; Krölls, GewArch 1993, 217 (224); Pitschas, WissR 15 (1982), 229 (245); Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S.  813 (831 f.); Martens, VVDStRL 30 (1972), 7 (37). 888  Pitschas, WissR 15 (1982), 229 (243); ders., Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 269, 273.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Aufschluss über das Verhältnis von Nachfrage und Bedarf liefert der Erklärungsansatz zur Berücksichtigung des Bedarfs, dem hier gefolgt wird. Denkt man ihn zu Ende, so ist die Berücksichtigung des gesellschaftlichen Bedarfs nicht nur zulässig, sondern geboten. Die Bereitstellung von Studienplätzen jenseits des Bedarfs fördert nicht mehr den Zweck des „Staatsziels Ausbildung“, weshalb es ab diesem Punkt keine staatliche Auffangverantwortung und damit auch keine Handlungspflicht mehr gibt. Während die Nachfrage sowohl Auffangverantwortung als auch Handlungspflicht begründet, begrenzt der Bedarf sie. Das zu gewährleistende Minimum vorhandener Studienkapazitäten in einem fachlichen Bereich bemisst sich somit grundsätzlich nach der individuellen Nachfrage, liegt aber nicht jenseits des Bedarfs.889 Das grundsätzlich entscheidende Element zur Bestimmung des Minimums ist daher die Nachfrage. Wenn diese den Bedarf überschreitet, gibt allerdings letzterer den Ausschlag. Ist dies aber mit dem Diktum vom Nebeneinander beider Aspekte verein­ bar?890 Ein wirkliches Nebeneinander beider Faktoren in dem Sinne, dass beide zugleich Einfluss auf die Grenze staatlicher Handlungspflicht haben, ist nur denkbar, wenn die Schwelle zur Handlungspflicht des Staats zwischen Nachfrage (als Maximum) und Bedarf (als Minimum) angesiedelt wird. Anhaltspunkte dafür, wo genau die Schwelle dann liegen soll, lassen sich dem Grundgesetz aber nicht entnehmen. Außerdem sieht sich eine solche Grenzziehung jenseits des Bedarfs zu Recht Einwänden der drei genannten Erklärungsansätze für die Berücksichtigung des Bedarfs ausgesetzt. Vorzugswürdig ist demnach, das Diktum des Bundesverfassungsgerichts891 so zu verstehen, dass neben der Nachfrage auch der Bedarf insoweit berücksichtigt werden darf, als er die Zahl der vom Staat zu gewährleistenden Kapazitäten begrenzt. Ein solches Verständnis würde auch erklären, warum das Bundesverfassungsgericht die Auflösung der pädagogischen Hochschulen des Saarlandes auf Grund eines veränderten Ausbildungsbedarfs für zulässig erachtete.892 Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sich das vom Staat zu gewährleistende Minimum nach der Nachfrage für einen fachlichen Bereich richtet, 889  Unterschreitet hingegen die Nachfrage den Bedarf, so ergibt sich aus dem „Staatsziel Ausbildung“ keine staatliche Verpflichtung, weitere Kapazitäten zur Verfügung zu stellen. In diesem Fall kann der Staat jedoch aus anderen Staatszielen, Schutzpflichten oder ähnlichem gehalten sein, Ausbildungskapazitäten bereitzustellen und die Nachfrage nach dem entsprechenden Studium anzuregen. 890  S. o. Fn.  887 f. 891  S. o. Fn.  886. 892  BVerfGE 51, 369, Rn. 40. Freilich lag der Fokus dieses Falls auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG.



I. Freiheit und Hochschulzulassung153

soweit diese den gesellschaftlichen Bedarf nicht überschreitet. Andernfalls richtet sich die Grenze nach dem Bedarf. Unterschreiten die vorhandenen Kapazitäten diese Grenze, so muss der Staat zur Kapazitätserhöhung tätig werden. Jenseits dieser Grenze kann der Staat tätig sein, er muss es jedoch nicht. Gleichzeitig ist ihm die Reduktion vorhandener Kapazitäten bis auf den Bedarf oder die Nachfrage, sollte sie unterhalb des Bedarfs liegen, nicht verwehrt.893 (3) Die staatliche Handlungspflicht Unterschreiten die vorhandenen Studienkapazitäten in einem fachlichen Bereich das Minimum, so muss der Staat Maßnahmen zur Bereitstellung der fehlenden Studienkapazitäten ergreifen. Da das „Staatsziel Ausbildung“ alle Staatsgewalten bindet894, trifft die daraus folgende Handlungspflicht ebenfalls alle Staatsgewalten. Die Zuordnung der Handlungspflicht zu den einzelnen staatlichen Stellen orientiert sich an den (Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Verbands- und Organ-)Kompetenzen.895 So beschließt etwa der Gesetzgeber auf Grund seiner Etathoheit über die Zuweisung von Ressourcen zum Hochschulsystem. Er entscheidet hierdurch letztlich auch, wie viele Studienplätze der Staat selbst zur Verfügung stellt.896 Die Verwaltung (sowohl die ministerielle als auch die Hochschule selbst) kann ihrerseits über den Einsatz solcher Mittel bestimmen, die ihr vom Gesetzgeber zugeteilt wurden. Freilich muss sie sich dabei innerhalb des Widmungszwecks der Mittel und ihrer jeweiligen sachlichen Zuständigkeit halten. Im Bereich der nicht ressourcenabhängigen Maßnahmen, verfügen Gesetzgeber und Verwaltung über Spielraum, letztere jedoch nur insoweit als ihr der Gesetzgeber keine Vorgaben gemacht hat897. Auch können Bund und Länder nur innerhalb ihrer jeweiligen Kompetenzen tätig werden. Gleichwohl wäre es mit dem Zweck des Staatsziels und der Handlungspflicht nicht vereinbar, wenn die staatliche Kompetenzverteilung 893  Zum Fall, dass die Nachfrage den Bedarf überschreitet: Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 271. Zum Fall der Überkapazitäten Pitschas, WissR 15 (1982), 229 (244). 894  Vgl. allgemein zu Staatszielbestimmungen aus Grundrechten: Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 383; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 289. 895  Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 43; Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 375 f. 896  BVerfGE 147, 253, Rn. 105. 897  Zum Spielraum des Gesetzgebers Seidler, JuS 1976, 700 (703). Vgl. auch Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 574.

154

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Schutzlücken aufweisen oder zu solchen führen würde.898 Daher resultiert aus der Handlungspflicht eine Mitverantwortung aller zuständigen staatlichen Stellen, die Handlungspflicht kooperativ zu erfüllen.899 Zu den Maßnahmen, die der Staat im Rahmen seiner Zuständigkeiten zu ergreifen hat, wird bisweilen vertreten, dass er selbst die fehlenden Studienkapazitäten zur Verfügung zu stellen900 hat. Diese Forderung ist jedoch gleichzeitig zu weit und zu eng. Zu weit ist sie insoweit, als sie den Einsatz beträchtlicher Ressourcen auch in Fällen fordern kann, in denen dieser zur Gewährleistung der notwendigen Kapazitäten trotz Unterschreiten des Minimums gar nicht nötig ist. Zu erwähnen wären etwa Fälle, in denen das Minimum nur um wenige Plätze unterschritten ist (womöglich wegen Schwankungen des Angebots seitens privater Dritter), der Staat jedoch noch über keine Infrastruktur für die Ausbildung in diesem fachlichen Bereich verfügt. Entsprechendes gilt für Kon­ stellationen, in welchen der Staat private Dritte mit anderen Mitteln als seinen Ressourcen dazu bringen könnte, die fehlenden Plätze bereitzustellen. Zu eng ist dieser Ansatz hingegen, soweit er sich auf die Bereitstellung von Studienkapazitäten beschränkt. Neben einer solchen können nämlich weitere Maßnahmen wie staatliche Planung901, Subventionen oder die Veranlassung der Bereitstellung durch Dritte902 möglich oder sogar nötig sein. 898  Vgl.

BVerfGE 33, 303, Rn. 103. BVerfGE 33, 303, Rn. 103; Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 395; Brehm/Zimmerling, WissR 33 (2000), 22 (46 f.). 900  Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (118 f.) spricht von einem Minimum an staatlich monopolisierter Ausbildungskapazität; uneindeutig Hailbronner, Auswahlrechte der Hochschulen und Zentrale Studienplatzvergabe, FS E. Stein, S. 49 (63). 901  Insoweit wird teilweise eine staatliche Planungspflicht angenommen (Häberle, „Leistungsrecht“ im sozialen Rechtsstaat, FS Küchenhoff Band 2, S. 453 (460); ders., FS Küchenhoff, S. 453 (460); Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 8; Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 365; Clevinghaus, RdJB 1975, 172 (177 f.); Hammer/Nagel, NJW 1976, 654 (655); Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (819) für den Fall der Verletzung des Verfassungsauftrags). Eine solche kann aber nur bestehen, wenn und soweit der Staat selbst Studienkapazitäten zur Verfügung zu stellen hat. Aber auch in diesen Fällen eine verfassungsrechtliche Planungspflicht anzunehmen ist problematisch. So ist das Grundgesetz einerseits planungsblind (Karpen, Hochschulplanung und Grundgesetz, Bd. 2, S. 690; Stern, StR I, S. 907 f.). Zwar sprach Art. 91b S. 1 GG a. F. noch von der Bildungsplanung. Art. 91b GG wurde jedoch zum 1. September 2006 geändert und spricht nunmehr nur noch von Zusammenwirkung. Darüber hinaus kann Planung durchaus freiheitsreduzierende Effekte haben (Bachof, VVDStRL 12 (1954), 37 (45); Schmitt Glaeser, DÖV 1980, 1 (5 f.); Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16, Rn. 12. Zum Fall der Totalplanung: Karpen, Hochschulplanung und Grundgesetz, Bd. 1, S. 314; Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 522). Vor899  Vgl.



I. Freiheit und Hochschulzulassung155

Daher ist hier festzustellen, dass der Staat in der Wahl seiner Mittel grundsätzlich frei ist.903 Die gewählten Mittel müssen jedoch insgesamt in der Lage sein, das zu gewährleistende Ausmaß an Studienkapazitäten zu schaffen. Zwar verfügt der Staat auch hier über einen Einschätzungsspielraum.904 Jedoch wird der Einsatz staatlicher Ressourcen und womöglich die staatliche Bereitstellung von Studienplätzen umso eher geboten sein, je stärker das zu gewährleistende Maß an Studienkapazitäten unterschritten wird. Soweit der Einsatz staatlicher Ressourcen erforderlich ist, ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Handlungspflicht als objektiv-rechtliche Pflicht unter dem Vorbehalt des Möglichen steht.905 Danach kann der Einsatz staatlicher Ressourcen dennoch nicht oder nicht in dem erforderlichen Umfang geboten sein, wenn dies der Gemeinschaft nicht zumutbar ist. Die Entscheidung über die Zumutbarkeit obliegt dabei dem Gesetzgeber.906 Da dem Staat bei der Erfüllung seiner Handlungspflicht ein Spielraum zusteht, kommt eine Verletzung der Handlungspflicht nur bei der Überschreitung der Grenzen dieses Spielraums in Betracht. Eine solche Überschreitung kann etwa darauf beruhen, dass die handelnde Stelle den Sachverhalt, d. h. Nachfrage und Bedarf, unzutreffend ermittelt hat.907 Zu beachten ist hierbei zugswürdig ist daher, die staatliche Planung als zulässiges, aber nicht unter allen Umständen gebotenes Mittel anzusehen. 902  Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (819). 903  Allgemein zu Aufgabennormen: Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 359, 377 ff.; Böckenförde, Die sozialen Grundrechte im Verfassungsgefüge, in: Soziale Grundrechte, S. 7 (14 f.). Zur Grundrechtsverwirklichungspflicht: Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 298. Zur objektiv-rechtlichen Staatlichen Pflicht, Ausbildungsplätze zu schaffen: Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (819). Zum Sozialstaatsprinzip: Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 43; Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 324; Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 359, 430; Schneider, VVDStRL 43 (1985), 7 (21 f.). Zu möglichen Mitteln: Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 430 f. und Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 188 ff. 904  Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (118 f.). Allgemein zu Staatszielen: Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 298; Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 377, 428 ff., 437; Morgenthaler, Freiheit durch Gesetz, S. 246 f. Zum Spielraum der Exekutive: Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 391 f., 574; Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 385. 905  Für den Ausbau von Hochschulen: BVerfGE 33, 303, Rn. 63. Häberle, DÖV 1972, 729 (733); Papier, DVBl. 1984, 801 (814); Seidler, JuS 1976, 700 (703). Vgl. auch Kirchhof, HStR V, § 99, Rn. 106, 108 f.; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Art. 20, Rn. 122; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 462. 906  BVerfGE 33, 303, Rn. 63. Wohl auch Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 573. 907  Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (119). Vgl. auch Sannwald, in: SchmidtBleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Art. 72, Rn. 94 und Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 575.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

aber, dass weder der Bedarf, noch die Nachfrage eindeutige Größen darstellen.908 Unzutreffend ist der Sachverhalt aber ermittelt, wenn der Prognose kein angemessenes Prognoseverfahren zugrunde liegt909, die tatsächlichen Annahmen nicht sorgfältig und vollständig ermittelt910 oder sachfremde Erwägungen angestellt wurden.911 Daneben ist der Spielraum auch überschritten, wenn etwa die angestrengten Maßnahmen offenkundig nicht ausreichen, um die nötigen Studienkapazitäten selbst oder durch Dritte zu schaffen.912 Dies wäre etwa der Fall bei der Untätigkeit des Staates, obwohl die Unterschreitung des Minimums an Studienkapazitäten nicht nur auf einer vorübergehenden Schwankung der vorhandenen Studienkapazitäten beruht.913 (4) Keine Subjektivierung bei Verletzung der Handlungspflicht Hat der Staat seine Handlungspflicht verletzt, so bedeutet das noch nicht, dass der Einzelne dies auch rügen kann. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich, dass er in einem subjektiven Recht verletzt wurde. Ein objektiv-recht­ licher Verfassungssatz kann in diesem Zusammenhang auf zweierlei Weise durchgesetzt werden. Zunächst kann die Beeinträchtigung eines subjektiven Rechts schon zu dessen Verletzung führen, wenn dabei gegen objektives Verfassungsrecht verstoßen wird. Auf diese Weise kann ein sonstiges subjektives Recht – etwa des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG – die Durchsetzung objektiven Verfassungsrechts ermöglichen.914 Dieser Ansatz hilft vorliegend jedoch nicht weiter. Staatliche Maßnahmen, die das Ausmaß vorhandener Studienkapazitäten beeinflussen, bewegen sich außerhalb der teilhaberecht­

908  Pitschas,

(247).

Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 528; Franzke, ZRP 1977, 246

909  Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (119). Vgl. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Hennecke, GG, Art. 72, Rn. 94. 910  Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (119). Vgl. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Hennecke, GG, Art. 72, Rn. 94. 911  Vgl. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Art. 72, Rn. 94. 912  Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S.  386, 437, 441; Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (819). Vgl. auch BVerfGE 33, 303, Rn. 62; Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (118 f.); Böckenförde, Die sozialen Grundrechte im Verfassungsgefüge, in: Soziale Grundrechte, S. 7 (14 f.). 913  Vgl. Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 384. 914  Zur Möglichkeit der Subjektivierung objektiven Verfassungsrechts mittels eines Grundrechts: Bethge, Die Grenzen grundrechtlicher Subjektivierung objektiven Verfassungsrechts, FS Isensee, S. 613 (623 f.).



I. Freiheit und Hochschulzulassung157

lichen Dimensionen des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG.915 Dementsprechend ist dieses Teilhaberecht kein taugliches Vehikel zur Durchsetzung der objektiv-rechtlichen Handlungspflicht. Zur Durchsetzung der Handlungspflicht bleibt damit nur noch der zweite Weg, die Subjektivierung objektiven Verfassungsrechts. Eine solche würde dazu führen, dass dem Einzelnen ein subjektives Recht aus der Handlungspflicht zukäme und er dessen Verletzung rügen könnte. Eine solche Subjektivierung objektiven Verfassungsrechts wird verbreitet bei evidenter Verletzung des Verfassungsauftrags – in hiesiger Terminologie der Handlungspflicht – angenommen.916 Manche Stimmen gehen sogar noch darüber hinaus und nehmen stets eine Subjektivierung bei einer Verletzung objektiven Rechts an.917 Ziel dieses Ansatzes zur Subjektivierung ist es, gerichtliche Kontrolle mittels der Verfassungsbeschwerde und damit eine effektivere Durchsetzung des Rechtssatzes zu erreichen.918 Diese Herangehensweise wirft aber verschiedene Probleme auf. Soweit objektives Recht bei seiner Verletzung stets subjektiviert würde, würde sich die Unterscheidung zwischen objektivem und subjektivem Recht erübrigen. Insoweit ist es bemerkenswert, dass diese Unterscheidung auch weiterhin von den Autoren vorgenommen wird, die bei der Verletzung objektiven Rechts für dessen Subjektivierung eintreten.919 Aber auch, wenn lediglich bei evidenter Verletzung von Rechtssätzen ein subjektives Recht aus einer objektiven Pflicht folgen soll920, ergeben sich Schwierigkeiten und vor allem Widersprüche. Einerseits ist das Kriterium der Evidenz schon selbst nicht unproblematisch. Zwar ermöglicht es dem Bundesverfassungsgericht, Zurückhaltung bei der Frage der Subjektivierung objektiven Rechts zu üben. Ist Grund für die Subjektivierung des objektiven Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 365 ff. noch BVerfGE 33, 303, Rn. 62 (verworfen aber von BVerfGE 147, 253, Rn. 105). Allgemein: Bethge, Die Grenzen grundrechtlicher Subjektivierung objektiven Verfassungsrechts, FS Isensee, S. 613 (622); Heinig, Der Sozialstaat im Dienste der Freiheit, S. 402; Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (819); wohl auch Böckenförde, Die sozialen Grundrechte im Verfassungsgefüge, in: Soziale Grundrechte, S. 7 (14 f.). 917  So Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 26; Jarass, HbGR II, § 38, Rn. 36. 918  Aus diesem Grund für die Subjektivierung eintretend: Gostomzyk, JuS 2004, 949 (952). Ebenso Plander, NJW 1972, 1941 (1942); Müller-Franken, in: SchmidtBleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 26; Jarass, HbGR II, § 38, Rn.  34 ff. 919  Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 17, 20; Jarass, HbGR II, § 38, Rn. 5 ff. 920  S. o. Fn.  916. 915  Gellermann, 916  Erwägend

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Rechts aber dessen Durchsetzung, so fragt sich, warum nur gegen evidente Verletzungen vorgegangen werden soll. Es ist nämlich keineswegs ausgemacht, dass evidente Verletzungen immer schwerwiegende und nicht evidente Verletzungen immer weniger schwerwiegende Verletzungen darstellen. Das Kriterium der Evidenz hätte zur Konsequenz, dass in Fällen leichter, offensichtlicher Rechtsverletzung (Evidenz!) durchaus ein subjektives Recht, in Fällen schwerer, aber nicht offensichtlicher Rechtsverletzungen (keine Evidenz!) kein subjektives Recht vorläge. Dies wäre mit dem Ziel der effektiveren Durchsetzung des betroffenen Rechtssatzes schwer vereinbar. Andererseits unterläuft den Vertretern dieser Ansicht ein Zirkelschluss. Steht dem Einzelnen nämlich ein subjektives Recht zu, so ist die (leichtere individuelle) Durchsetzbarkeit des Rechtssatzes die unmittelbare Folge. Die Subjektivierbarkeit objektiven Rechts ist aber Voraussetzung für die Effektivität der Durchsetzung des Rechtssatzes. Wenn vor diesem Hintergrund die Notwendigkeit der Subjektivierung mit der erforderlichen Effektivität der Durchsetzung begründet wird, so wird letztlich die Voraussetzung mit dem gewollten Ergebnis begründet. Hinzu kommt, dass im Fall der Subjektivierung objektiven Rechts bei dessen evidenter Verletzung faktische Elemente, also Tatsachen, zur Auslegung der objektiv-rechtlichen Dimension des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG herangezogen werden.921 Damit wird der Inhalt dieses Rechtssatzes einzelfallbezogen bestimmt. Bei evidenter Verletzung der Handlungspflicht soll ein subjektives Recht vorliegen, bei nicht evidenter Verletzung nicht. Das macht es schwer vorhersehbar, wann ein subjektives Recht vorliegt, zumal der Begriff der Evidenz sich nicht klar umreißen lässt. Die Berücksichtigung faktischer Elemente bei der Subjektivierung objektiven Rechts führt so zu erheblicher Rechtsunsicherheit.922 Vorzugswürdig ist daher, trotz des „besondere[n] Realitätsbezug[s] verfassungs- und speziell grundrechtlicher Bestimmungen“923 das Vorhandensein eines subjektiven Rechts durch die Auslegung des in Frage stehenden Rechtssatzes zu ermitteln.924 Ob ein subjektiv-öffentliches Recht vorliegt, ist daher

921  Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 381. Als weitere faktische Elemente führt er die tatsächliche Betroffenheit von Individuen (S. 356), Realisierungsdefizite (S. 380) und gravierende Verfassungsverletzungen (S. 381) an. 922  Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 Abs. 4, Rn. 130. 923  Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 359. 924  Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 356; Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 354 ff.; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 19 IV, Rn. 62.



I. Freiheit und Hochschulzulassung159

anhand der Schutznormlehre zu ermitteln.925 Ein solches Recht liegt danach vor, wenn ein Rechtssatz bestimmt ist, nicht nur öffentlichen, sondern zumindest auch Individualinteressen zu dienen.926 Ein subjektives Recht liegt also nur dann vor, wenn die Handlungspflicht einen Individualbegünstigungszweck beinhaltet. Da eine Handlungspflicht vorliegend aus dem „Staatsziel Ausbildung“ folgen würde, ist insoweit auf dessen Zweck abzustellen. Bei Grundrechtsnormen wird angenommen, dass sie im Regelfall indivi­ dualbegünstigend seien927 und daher eine Vermutung für ein subjektiv-öffent­ liches Recht spreche928. Allerdings resultiert die Handlungspflicht vorliegend aus einem (aus einer Grundrechtsnorm folgenden) Staatsziel. Staatsziele verfügen ihrerseits aber in der Regel über keinen Individualbezug929, weshalb aus ihnen keine subjektiven Rechte folgen.930 Maßgeblich ist deshalb, ob Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG auch den Einzelnen im Rahmen des „Staatsziels Ausbildung“ begünstigen soll. Für die Annahme einer Individualbegünstigung ließe sich anführen, dass das „Staatsziel Ausbildung“ und damit auch die Handlungspflicht des Staates der Verstärkung der subjektiven Rechte aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG dient. Außerdem profitieren die Grundrechtsträger davon, wenn der Staat seiner Handlungspflicht nachkommt und für ausreichende Studienkapazitäten sorgt. 925  Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 356 ff.; Stern, StR III/1, S. 541 ff., 987; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 39; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 19, Rn. 395 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 Abs. 4, Rn. 127 ff. Dies voraussetzend auch: BVerfGE 31, 33, Rn. 20 ff.; 46, 214, Rn. 22 ff.; BVerfG 1 BvR 2027/02, 27; 1 BvR 1025/07, Rn. 10; 1 BvR 3167/08, Rn. 19; 2 BvR 2349/08, Rn. 39. 926  St. Rspr. BVerfGE 27, 297, Rn. 29; 31, 33, Rn. 20; 83, 182, Rn. 44; 116, 1, Rn. 29. Aus der Literatur: Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 358. Bisweilen wird noch weiter differenziert und angenommen, dass die Norm auch dazu bestimmt sein muss, dass der Einzelne sich darauf berufen kann (Stern, StR III/1 S. 541 ff., 987; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 39 f.). Nach hiesigem Verständnis ist in diesem Fall jedoch die Individualbegünstigung bereits nicht gegeben. 927  Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1, Rn. 39 f. 928  Herdegen, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 29; Alexy, Der Staat 29 (1990), 49 (60 f.); Bachof, VVDStRL 12 (1954), 37 (74 f.) zur Gewährung einfach-rechtlicher Rechte durch den Gesetzgeber. Teils wird diese Vermutung hingegen auf die „klassischen“ Grundrechtsgehalte und Bewirkungsrechte beschränkt und für objektiv-rechtliche Gehalte ausgeschlossen, Stern, StR III/1 S. 978 f. 929  Etwa Bethge, Die Grenzen grundrechtlicher Subjektivierung objektiven Verfassungsrechts, FS Isensee, S. 613 (623); Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 379. 930  Lücke, AöR 107 (1982), 15 (24); Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 427; Bethge, Die Grenzen grundrechtlicher Subjektivierung objektiven Verfassungsrechts, FS Isensee, S. 613 (624).

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Beides kann jedoch zur Begründung einer Individualbegünstigung nicht ausreichen, da sich andernfalls erneut die Trennung zwischen objektivem und subjektivem Recht erübrigen würde.931 Außerdem kann es sich bei der Tatsache, dass Grundrechtsträger von staatlicher Tätigkeit profitieren, auch um einen reinen Rechtsreflex handeln. Hinzu tritt, dass ein subjektives Recht bestimmt genug sein müsste, um Klarheit über seine Rechtsfolge und den Kreis der Begünstigten zu verschaffen. Je offener ein Rechtssatz ist, desto eher ist daher ein subjektives Recht abzulehnen.932 Sowohl das „Staatsziel Ausbildung“ als auch die daraus resultierende Handlungspflicht lassen dem Staat große Spielräume. Welche Maßnahme der Staat zu ergreifen hat, ist daher völlig offen.933 Aber auch wenn man ein solches subjektives Recht nur mit dem Inhalt der Einhaltung der Grenzen des Spielraums anerkennt934, so bezieht sich ein Staatsziel – und damit auch die hiesige Handlungspflicht – auf keinen individualisierbaren Personenkreis.935 Ohne eine solchen personellen Bezug von Staatsziel und Handlungspflicht lassen sich aber Berechtigte nicht von Nichtberechtigten abgrenzen. Der Berechtigte des subjektiven Rechts bleibt damit unklar. Diese Unbestimmtheit der Handlungspflicht steht ihrer Subjektivierung daher entgegen. Hinzu treten im besonders relevanten Bereich der ressourcenabhängigen Tätigkeit des Staates die Gründe, mit denen zuvor Leistungsrechte abgelehnt wurden.936 Die Bereitstellung von Gütern bleibt eine politische Auf­ gabe.937 Das „Staatsziel Ausbildung“ und die Handlungspflicht lassen sich daher nicht subjektivieren. Sie machen dem Staat vielmehr nur objektivrechtliche Vorgaben. Soweit zur Begründung des „Staatsziels Ausbildung“ auch das Sozialstaatsprinzip herangezogen wird, ändert sich an diesem Ergebnis nichts, da das Sozialstaatsprinzip grundsätzlich keine subjektiven Ansprüche verschafft.938 931  Vgl. Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S.  369 zur grundrechtlichen Wertfunktion. 932  Stern, StR III/1 S. 991. 933  Vgl. Stern, StR III/1 S. 991 ff. 934  Etwa Stern, StR III/1 S. 992, 994; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Vorb. v. Art. 1, Rn. 26; Jarass, HbGR II, § 38, Rn. 37; Bethge, Die Grenzen grundrechtlicher Subjektivierung objektiven Verfassungsrechts, FS Isensee, S. 613 (622). 935  Bethge, Die Grenzen grundrechtlicher Subjektivierung objektiven Verfassungsrechts, FS Isensee, S. 613 (622 f.); Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 380. 936  S. o. D. I. 4. a) cc) (1), S. 120 ff. 937  Wiegand, DVBl. 1974, 657 (660). 938  BVerfGE 27, 253, Rn. 83; 82, 60, Rn. 83; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 378; Friesenhahn, Der Wandel des Grundrechtsverständnisses, 50. DJT II, G 17; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 154; Huster/Rux, in: BeckOK, GG, Art. 20, Rn. 209.



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c) Die Reduktion von Studienkapazitäten Die vieldiskutierte Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Reduktion von Studienkapazitäten führt abermals zur Frage nach dem Maßstab, welcher der verfassungsrechtlichen Überprüfung einer solchen Reduktion zugrunde zu legen ist. Unbestritten ist insoweit lediglich, dass eine Reduktion der vorhandenen Kapazitäten grundsätzlich möglich sein muss939, höchst unterschiedlich sind jedoch die Auffassungen hierzu. Insbesondere ist umstritten, anhand welcher Gewährleistungsdimension des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG (als Teilhaberecht, als Abwehrrecht oder an seinem objektivrechtlichen Gehalt) eine solche Reduktion zu überprüfen ist, inwieweit Kapazitätsreduktionen vermieden werden müssen und welche Belange für die verfassungsrechtliche Betrachtung der Kapazitätsreduktion relevant sind. Einigkeit besteht darüber, dass sich eine Kapazitätsreduktion an Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG messen lassen muss.940 Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Kapazitätsreduktion dazu führt, dass nicht mehr alle Bewerber zu dem gewünschten Studiengang überhaupt oder der gewählten Hochschule zugelassen werden.941 Die entscheidende Stellschraube für die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Kapazitätsreduktion ist aber die Gewährleistungsdimension des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG, die im Fall einer Kapazitätsreduktion einschlägig ist. Soweit sich die Stimmen in der Literatur hierzu überhaupt festlegen, wird bisweilen das in Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG enthaltene Abwehrrecht als Prüfungsmaßstab angesehen.942 Dagegen spricht jedoch, dass die abwehrrechtliche Dimension nur einschlägig ist, wenn der Staat in die Sphäre des Bürgers hineinwirkt.943 Bei der Frage der Zulässigkeit der Kapazitätsreduktion geht es jedoch darum, ob der Staat eine Leistung im Hinblick auf die Hochschule, d. h. in seiner Sphäre, weiter bereitstellen muss. Eine Überprüfung anhand der abwehrrechtlichen Dimension des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 939  Kämmerer,

in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 70.

940  Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 19; Ruffert, in: BeckOK,

GG, Art. 12, Rn. 28 (zur Reduktion von Studienkapazitäten); Klöver, DÖD 1997, 153 (157) (zur Schließung von Studiengängen); Dillenburger, in: Pautsch/Dillenburger, Kompendium zum Hochschul- und Wissenschaftsrecht, B. Studium und Lehre, Rn. 95; Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (830); v. Brünneck, DÖV 1984, 993 (993, 996, 1002). 941  Vgl. Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (830); v. Brünneck, DÖV 1984, 993 (993, 996, 1002). 942  Dillenburger, in: Pautsch/Dillenburger, Kompendium zum Hochschul- und Wissenschaftsrecht, B. Studium und Lehre, Rn. 95; Brehm/Zimmerling, WissR 33 (2000), 22 (39). 943  S. o. D. I. 4. a) aa), S. 64 f.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

GG scheidet damit aus. Angesichts dieser Erkenntnis wird die Kapazitäts­ reduktion deshalb verbreitet einer Überprüfung anhand des Teilhaberechts des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG unterworfen.944 Vereinzelt wird aber auch da­rauf hingewiesen, dass Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG keinen Anspruch auf Herstellung von Kapazitäten vermittele und somit eine Kapazitätsreduktion nicht auf Grundlage dieser Norm angreifbar sei.945 Sowohl der Ansatz einer Überprüfung der Reduktion anhand des Teilhaberechts als auch der Einwand des fehlenden Anspruchs auf Schaffung von Kapazitäten haben etwas für sich. Für die Überprüfung anhand des Teilhaberechts spricht, dass die tatsächlich vorhandenen Kapazitäten auf normativen Wertungen beruhen und dementsprechend anhand des Teilhaberechts überprüfbar sind.946 Dementsprechend kann auch eine Kapazitätsreduktion auf solchen Wertungen beruhen, weshalb sie konsequenter Weise ebenfalls anhand des Teilhaberechts zu überprüfen ist. Andererseits ist es aber auch richtig, dass es nicht konsequent wäre, einen Anspruch auf Schaffung von Kapazitäten zu verneinen, einen solchen auf Aufrechterhaltung aber anzunehmen, da sich letzterer den gleichen dogmatischen Einwänden ausgesetzt sieht wie der Anspruch auf Schaffung von Kapazitäten. Die berechtigten Argumente beider Ansätze lassen sich jedoch berücksichtigen, wenn man den Prüfungsmaßstab danach bestimmt, ob sich die Kapazitätsreduktion innerhalb oder außerhalb des Anwendungsbereichs des Teilhaberechts auswirkt. Abgrenzungskriterium hierfür ist wiederum das teilhaberechtlich Vorhandene, d. h. die mit den verfügbaren (Finanz-)Mitteln schaffbaren Studienkapazitäten.947 Ob eine Kapazitätsreduktion also anhand des Teilhaberechts überprüfbar ist, richtet sich danach, ob die Reduktion der Kapazitäten auf eine Verringerung der verfügbaren Finanzmittel, d. h. des teilhaberechtlich Vorhandenen zurückgeht, oder auf anderen Ursachen basiert.948 Beruht die Kapazitätsreduktion demnach auf der Verringerung der Finanzmittel, so kann das Teilhaberecht nicht als Prüfungsmaßstab herangezogen werden, da die Festlegung des teilhaberechtlich Vorhandenen keine Be944  Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (827, 830); Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 28 (zur Reduktion von Studienkapazitäten); Klöver, DÖD 1997, 153 (157) (zur Schließung von Studiengängen); Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (117 ff.). Dazu s. a. S. 119. 945  Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 70, der im Laufe der Randnummer aber doch eine Verletzung von Art. 12 GG annimmt, wenn der Abbau nicht sachlich begründbar ist. 946  Dazu s. o. D. I. 4. a) bb) (4) (b) (aa), S. 87 ff. 947  Dazu s. o. D. I. 4. a) bb) (4) (b), S. 86 ff. 948  Zu den verschiedenen Möglichkeiten der Kapazitätsreduzierung: Tettinger/Widera, WissR 23 (1990), 199 (199 ff.); Brehm/Zimmerling, WissR 33 (2000), 22 (27 ff.).



I. Freiheit und Hochschulzulassung163

schränkung des Teilhaberechts darstellen kann.949 Es bleibt hier – mangels einer leistungsrechtlichen Dimension des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG950 – daher nur die Überprüfung anhand der objektiv-rechtlichen staatlichen Handlungspflicht des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG.951 Beispiele für eine Kapazitätsreduktion, die auf einer Verringerung der Finanzmittel beruht, sind etwa die Streichung oder Umwidmung von Stellen mit Lehrverpflichtung sowie die Schließung von Fachbereichen, Fakultäten oder Hochschulen.952 Beruht die Kapazitätsreduktion jedoch nicht auf der Verringerung der Finanzmittel, so ist sie anhand des Teilhaberechts überprüfbar. Beispiele hierfür sind etwa die Erhöhung des Ausbildungsaufwands pro Student oder die Verringerung der Lehrverpflichtung bestimmter akademischer Stellen.953 Ebenfalls anhand des Teilhaberechts überprüfbar ist der Fall, dass ein bereits vergebener Studienplatz gestrichen werden soll. aa) Die Reduktion außerhalb des Anwendungsbereichs des Teilhaberechts Basiert die Reduktion der Kapazitäten auf der Kürzung der für die Schaffung von Studienkapazitäten verwendbaren Gelder, so kann – wie eben gesehen – diese Entscheidung anhand von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG nur im 949  Dazu

s. o. D. I. 4. a) bb) (4) (b) (aa), S. 87 ff. s. o. D. I. 4. a) cc), S. 118 ff. 951  S. a. BVerfG 1 BvL 27/97, Rn. 14 ff., das allerdings von einem objektiven sozialstaatlichen Auftrag spricht. Anderer Auffassung ist insbesondere die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung: OVG Berlin 7 NC 147.95; OVG Hamburg 3 Nc 34/98; OVG Hamburg 3 Nc 110/99; OVG Lüneburg 2 NB 388/09. Dabei setzt sich das OVG Hamburg in OVG Hamburg 3 Nc 110/99, Rn. 16 ff. mit dieser Entscheidung des BVerfG auseinander. Dieses versteht es ebenfalls so, dass danach die Stellenstreichung nicht anhand des Teilhaberechts überprüfbar ist (Rn. 16). Sodann stellt es fest, dass es an die Entscheidung nicht gebunden ist und ihr nicht folgt (Rn. 17). Begründet wird dies mit dem effektiven Schutz des Teilhaberechts aus Art. 12 GG, mit Art. 19 Abs. 4 GG und der Bindung des Haushaltsgesetzgebers an Grundrechte (Rn. 18 ff.). Diese drei Begründungsansätze verkennen aber allesamt, dass das Teilhaberecht in diesem Fall nicht einschlägig ist, insoweit auch keinen Schutz verschafft, kein subjektives Recht i. S. d. Art. 19 Abs. 4 GG darstellt und der Haushaltsgesetzgeber nicht an es gebunden ist. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ist daher insoweit verfehlt, als sie die Reduktion von Lehrstellen anhand des Teilhaberechts überprüft. Gleiches gilt für die Stimmen der Literatur, die dies vertreten: Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (814, 827, 830); Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 28 (zur Reduktion von Studienkapazitäten); Klöver, DÖD 1997, 153 (157) (zur Schließung von Studiengängen). 952  In diesen Fällen kommt jedoch eine Überprüfung anhand von Art. 5 Abs. 3 GG in Betracht, Hufeld, DÖV 1997, 1025; Klöver, DÖD 1997, 153; v. Brünneck, DÖV 1984, 993 (995 f.). 953  Zum Lehrdeputat BVerfGE 54, 173, Rn. 50 ff.; 66, 155, Rn. 60; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 110. 950  Dazu

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Hinblick auf die Verletzung einer objektiv-rechtlichen Handlungspflicht des Staates überprüft werden. Die Reduktion der Kapazitäten auf diesem Wege ist daher so lange zulässig, wie diese Pflicht nicht verletzt wird.954 Hiergegen mag eingewandt werden, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine staatliche Berufslenkung verfassungsrechtlich unzulässig ist und die Reduktionen von Kapazitäten berufslenkend wirken kann955. In der Tat gehen die ältere Rechtsprechung956 und die ältere Literatur957 von einem Verbot der Berufslenkung – im hiesigen Zusammenhang wohl treffender Ausbildungslenkung958 – aus, das sich durchaus als objektivrechtliche Wirkung des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG verstehen lässt. Das Problem dieses Verbots der Berufslenkung ist aber, dass es höchst unbestimmt ist.959 So ist äußerst unklar, wann eine Maßnahme berufslenkend ist und wo die Grenze der Anwendbarkeit dieses Verbots verläuft. Virulent wird dies angesichts der Tatsache, dass sich eine unüberschaubare Anzahl von Maßnahmen letztlich auf die Berufswahl auswirken kann. Bestes Beispiel dafür ist der Fall der Studienberatung. Diese wirkt sich durchaus berufslenkend aus. Gleichwohl hält das Bundesverfassungsgericht sie trotz des prinzipiellen Verbots der Berufslenkung für zulässig.960 Vor diesem Hintergrund erklärt sich, dass das Verbot der Berufslenkung mit der Zeit immer kritischer gesehen wurde. So wurde zunehmend zwischen verschiedenen Formen der Berufslenkung unterschieden, etwa zwischen der direkten (oder imperativen) und der indirekten (oder mittelbaren) Berufslenkung.961 Das Verbot der Berufslenkung soll dabei nach Ansicht vieler Stimmen nur den Fall direkter Berufslenkung erfassen.962 954  So auch Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (819); Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (118 f.); Tettinger/Widera, WissR 23 (1990), 199 (210 f.). 955  Etwa v. Brünneck, DÖV 1984, 993 (997). 956  BVerfGE 33, 303, Rn. 63. 957  Barbey, JZ 1971, 473 (475); Clevinghaus, RdJB 1975, 172 (181); Seidler, JuS 1976, 700 (700); Hammer/Nagel, NJW 1976, 654 (655); Abelein, DÖV 1967, 375 (376); Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 51 ff. Zu weiteren Vertretern der älteren Literatur s. Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 352 ff. 958  Vgl. Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 325. 959  S. o. Fn.  875. 960  BVerfGE 33, 303, Rn. 63. 961  Etwa Pitschas, WissR 15 (1982), 229 (232); Franzke, ZRP 1977, 246 (249); Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (118 f.); Richter JZ, 1981, 176 (177 ff.); Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (105, 108 f.). 962  Pitschas, WissR 15 (1982), 229 (231 ff.); Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (118 f.); Richter, JZ 1981, 176 (179); Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 171 („dirigistische Berufslenkung“); Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (105).



I. Freiheit und Hochschulzulassung165

Unklar bleibt indes, was unter direkter Berufslenkung verstanden werden soll. Die Absicht des Staates, die Berufswahl zu beeinflussen, stellt kein brauchbares Kriterium zur Abgrenzung der direkten von der indirekten Berufslenkung dar. So wird eine Kapazitätsreduktion auf Grund mangelnden gesellschaftlichen Bedarfs als indirekte Berufslenkung aufgefasst963, obwohl sie von der Absicht der Beeinflussung der Berufswahl getragen ist. Alternativ könnte darauf abgestellt werden, dass von der direkten Berufslenkung nur solche Fälle erfasst werden, in denen der Staat die Berufswahl des Einzelnen unmittelbar zu beeinflussen versucht. Allerdings wird auch der Fall der willkürlichen Berufslenkung, die sich nur an den Wunschvorstellungen des Staates orientiert, unter die direkte Berufslenkung gefasst, auch wenn sie über Kapazitätsreduktionen und damit letztlich mittelbar geschehen sollte.964 Weder Finalität noch Unmittelbarkeit taugen damit als Kriterien zur Abgrenzung der direkten von der indirekten Berufslenkung. Vorzugswürdig ist daher, die verfassungsrechtliche Prüfung des Sachverhalts nicht am Begriff der Berufslenkung, sondern an den allgemeinen Grundsätzen des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zu orientieren.965 Aspekte der Berufslenkung stehen damit einer Kapazitätsreduktion außerhalb des Anwendungsbereichs des Teilhaberechts nicht im Wege. bb) Die Reduktion innerhalb des Anwendungsbereichs des Teilhaberechts Anhand des Teilhaberechts überprüfbar sind hingegen Kapazitätsreduktionen, die nicht auf Veränderungen der verwendbaren (Finanz-)Mittel beruhen.966 Die Reduktion der Kapazitäten stellt sich dann als (weitere) Beschränkung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG dar.967 In der Folge unterliegt die Kapazitätsreduktion insbesondere der Überprüfung anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Das bedeutet etwa, dass Reduktionen, die nicht erforderlich sind, bereits deshalb unzulässig sind.968 Allerdings ist zu beachten, dass dem Normgeber im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Kapazitätsreduktion ein Einschätzungsspielraum zusteht969. Bis963  Etwa

Pitschas, WissR 15 (1982), 229 (232); Franzke, ZRP 1977, 246 (249). in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 171. 965  Schneider, VVDStRL 43 (1985), 7 (29); vgl. auch Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 98. 966  Zur Reduktion der Lehrverpflichtung s. o. Fn. 953. 967  Zu den allgemeinen Anforderungen an die Rechtfertigung einer Beschränkung des Teilhaberechts s. o. D. I. 4. a) bb) (6) (c) (aa), S. 96 ff., zu denen im Falle der Kapazitätsberechnung s. D. I. 4. a) bb) (6) (c) (bb), S. 111 ff. 968  Vgl. BVerfGE 66, 155, Rn. 59. 969  BVerfGE 85, 36, Rn. 73. 964  Mann,

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

weilen wird in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass Kapazitätsreduktionen grundsätzlich zu vermeiden sind.970 Dies kann in der Pauschalität nicht richtig sein, was sich schon daran zeigt, dass der Abbau ungenutzter Kapazitäten mangels Freiheitsverkürzung unproblematisch möglich ist. Vielmehr ist – wie bei jeder Verhältnismäßigkeitsprüfung – in jedem Einzelfall zu prüfen, ob es ein milderes, gleich effektives Mittel als die beabsichtigte Kapazitätskürzung zur Erreichung des Zwecks gibt. Ein solches milderes Mittel kann etwa ein Kapazitätsabbau in einem Fach ohne Numerus clausus anstelle eines solchen in einem Fach mit Numerus clausus darstellen.971 Außerdem ist insbesondere die Schwere der aus einer Reduktion folgenden Beschränkung gegen den erstrebten Zweck abzuwägen, da eine Reduktion nicht außer Verhältnis zum erstrebten Zweck stehen darf.972 Dabei ist stets vom aktuellen Erfahrungs- und Erkenntnisstand auszugehen.973 Nach alledem ist eine Kapazitätsreduktion bei weiterhin bestehender Bewerbernachfrage gerechtfertigt, wenn die aus ihr folgende Beschränkung des Zulassungsrechts zu Gunsten von Gütern mit gleichrangigem oder sogar überwiegendem Gewicht geschieht.974 In Betracht kommen dabei etwa Erwägungen wie die Verbesserung der Ausbildungsqualität975 oder die Berücksichtigung von sonstigen, von Art. 5 Abs. 3 GG geschützten universitären Belangen976. Auch finanzielle Gründe können grundsätzlich eine Kapazitätsreduktion rechtfertigen.977 Allerdings wird das Teilhaberecht in den meisten Fällen, in denen die Kapazitätsreduktion zu finanziellen Einsparungen führt, bereits nicht anwendbar sein, da regelmäßig das teilhaberechtlich Vorhandene dadurch betroffen sein wird. Nicht in Frage kommen hingegen Gründe des Konkurrenzschutzes.978 970  Etwa Dillenburger, in: Pautsch/Dillenburger, Kompendium zum Hochschulund Wissenschaftsrecht, B. Studium und Lehre, Rn. 95. 971  Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 829. 972  Brehm/Zimmerling, WissR 33 (2000), 22 (44 ff.). 973  BVerfGE 85, 36, Rn. 73. 974  Vgl. Karpen, WissR 19 (1986), 47 (57). 975  Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 169; Lindner, in: Hartmer/Detmer, Kapitel 11, Rn. 110. A. A. wohl Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12, Rn. 70, der in Niveaupflege und Betreuungsrelation keinen rechtfertigenden Grund sieht. Allerdings hängt die Betreuungsrelation mit der Qualität der Ausbildung zusammen, die ebenfalls von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG geschützt wird (s. o. Fn. 608) und deren Gewicht geeignet ist, eine Beschränkung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zu rechtfertigen (s. o. D. I. 4. a) bb) (6) (c) (bb), S. 111 ff.). 976  S. o. D. I. 4. a) bb) (6) (c) (bb), S. 111 ff. 977  Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 19. 978  Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1920; vgl. Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 28.



I. Freiheit und Hochschulzulassung167

Umstritten ist insbesondere, ob der Bedarf ein geeignetes Kriterium zur Rechtfertigung einer Kapazitätsreduktion darstellt. Große Teile der Literatur lehnen dies ab.979 Begründet wird diese Ablehnung im Wesentlichen mit dem Hinweis auf die – bereits angesprochene – Unzulässigkeit staatlicher Berufslenkung. Dies dürfe auch nicht dadurch umgangen werden, dass nicht auf den fehlenden gesellschaftlichen Bedarf an Absolventen eines Fachs, sondern auf die aus dem fehlenden Bedarf resultierenden mangelnden Berufsperspektiven abgestellt werde. Diese taugten daher ebenfalls nicht zur Rechtfertigung einer Kapazitätsreduktion.980 Neben den bereits angesprochenen Problemen mit dem Begriff der Berufslenkung981 verkennt diese Ansicht jedoch, dass die Ausbildung im Zusammenhang mit dem Beruf steht. Deshalb ist es zu berücksichtigen, wenn die Chance auf eine ausbildungsadäquate Anstellung nach der Ausbildung sehr gering ist982. Dem lässt sich zwar dadurch begegnen, dass man dem Einzelnen sein Beschäftigungsrisiko nach Abschluss der Ausbildung auferlegt. Jedoch darf dabei nicht übersehen werden, dass der Staat auch verpflichtet ist, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.983 Soll ihm dies möglich sein, so muss er auch in der Lage sein, Studienkapazitäten zu reduzieren, damit nicht in die Arbeitslosigkeit ausgebildet wird. Ist daher davon auszugehen, dass der Bedarf grundsätzlich in der Lage ist, Kapazitätsreduktionen zu rechtfertigen984, so bedeutet das jedoch nicht, dass fehlender Bedarf stets eine Reduktion rechtfertigt. Vielmehr ist in jedem Einzelfall eine Abwägung vorzunehmen, in die fehlender Bedarf aber grundsätzlich als Faktor zu Gunsten einer Reduktion eingestellt werden darf.985 Diese Abwägung kann allerdings durchaus dahingehend ausfallen, dass im konkreten Fall der Bedarf die in Frage stehende Kapazitätsreduktion nicht zu rechtfertigen vermag.

979  Barbey, JZ 1971, 473 (475); Ruffert, in: BeckOK, GG, Art. 12, Rn. 28; Tettinger, NJW 1987, 294 (298); ders., WissR 23 (1990), 101 (108 f.); v. Brünneck, DÖV 1984, 993 (999); Clevinghaus, RdJB 1975, 172 (181); Seidler, JuS 1976, 700 (700); Hammer/Nagel, NJW 1976, 654 (655); Abelein, DÖV 1967, 375 (376); Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 51 ff. 980  Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 19. 981  S. o. D. I. 4. c) aa), S. 163 f. 982  Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 170; Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1921; Krölls, GewArch 1993, 217 (224). 983  S. o. Fn.  882. 984  Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 169 f.; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 464; Dietlein, in: Stern, StR IV/1, S. 1921; Schneider, VVDStRL 43 (1985), 7 (21, 28 f.); wohl auch Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 829. 985  Tettinger, WissR 23 (1990), 101 (108).

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Die Berücksichtigung von Bedarfsgesichtspunkten wird nach hier vertretener Ansicht zum Anwendungsbereich des Teilhaberechts aber nur selten virulent werden, da eine an diesem zu messende Kapazitätsreduktion meist zu keiner finanziellen Einsparung führen wird. Vielmehr wird in solchen Fällen in der Regel lediglich die Verwendung der vorhandenen Gelder geändert, weshalb neben einen reduzierten Bedarf im eingesparten Bereich regelmäßig die Förderung von anderen Zwecken treten wird, denen die eingesparten ­Finanzmittel nunmehr zugewiesen werden. Die Frage der Zulässigkeit der Berücksichtigung von Bedarfsgesichtspunkten wird dann mangels Entscheidungserheblichkeit regelmäßig offenbleiben können. Das jeweilige Gewicht des Zulassungsrechts in dieser Abwägung hängt davon ab, ob die Zulassung zum Studium an einer bestimmten Hochschule oder in einem Studiengang erschwert wird. In ersterem Fall ist nur die Freiheit der Wahl des Studienortes betroffen, die weniger schwer wiegt als die Freiheit der Wahl des Studiengangs.986 Betrifft die Kapazitätsreduktion vor diesem Hintergrund lediglich einen bestimmten Studiengang, so fällt die Bestimmung des Gewichts des Zulassungsrechts in der Abwägung nicht weiter schwer. Dies ist etwa der Fall, wenn sie darauf zurückgeht, dass der Ausbildungsaufwand nur für diesen Studiengang hochgesetzt wurde. Liegt hier vor wie nach dem Kapazitätsabbau ein relativer Numerus clausus vor, so betrifft die Kapazitätsreduktion nur die Ortswahl, weshalb die Anforderungen an die Rechtfertigung nicht allzu hoch sind. So kann etwa ein Gemeinwohlbelang ausreichen.987 Gleiches gilt für den Fall, dass vor dem Abbau im betroffenen Fach kein Numerus clausus vorliegt, danach aber ein relativer. Führt die Kapazitätsreduktion hingegen dazu, dass anstelle eines relativen nunmehr ein absoluter Numerus clausus vorliegt, so ist die freie Wahl des Studiengangs betroffen. In der Folge muss das verfolgte Ziel gewichtig genug sein, um einen absoluten Numerus clausus zu rechtfertigen.988 In diesem Fall sind die Rechtfertigungsanforderungen also wesentlich höher. Wird hingegen die Kapazität für alle Studiengänge reduziert, etwa indem die allgemeine Lehrverpflichtung für Universitätsprofessoren reduziert wird, so betrifft dies alle Studiengänge gleichermaßen, also solche ohne, solche mit relativem und solche mit absolutem Numerus clausus. Das Zulassungsrecht ist daher gleichzeitig in seiner Ausprägung der freien Wahl des Studien­ gangs (Fall des absoluten Numerus clausus) und der freien Wahl des Stu­ 986  S. o.

D. I. 4. a) bb) (6) (c) (aa) (b), S.  100 ff. Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (831). 988  Deutsch, Planung und Abwägung im Kapazitätsrecht, FS Hoppe, S. 813 (827, 832). 987  Deutsch,



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung169

dienortes (Fall des relativen Numerus clausus) betroffen. Dementsprechend ist diese Kapazitätsreduktion auch anhand beider Rechte überprüfbar.989

II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung In der Praxis erfordert die Hochschulzulassung oftmals eine Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern, da in einem Studienziel – in der Regel in einem Studiengang – nicht genügend Studienplätze für alle Bewerber vorhanden sind. In solchen Fällen treten aus grundrechtlicher Sicht gleichheitsrechtliche Aspekte neben Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG, weshalb der verfassungsrechtliche Schutz des Bewerbers gleichsam auf zwei Säulen ruht. Sofern nicht ausnahmsweise spezielle Gleichheitsgrundrechte wie Art. 3 Abs. 3 GG oder Art. 33 Abs. 1 GG einschlägig sind, wird diese Gleichheit von Art. 3 Abs. 1 GG geschützt. Im Gegensatz zu Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG verschafft Art. 3 Abs. 1 GG dabei keinen absoluten, sondern „nur“ einen relativen Schutz.990 Dies liegt daran, dass Voraussetzung für die Anwendung des Gleichheitssatzes eine Ungleichbehandlung ist. Um die verfassungsrechtlichen Anforderungen an solche Auswahlsituationen bestimmen zu können, ist in einem ersten Schritt festzustellen, welches Verständnis von Gleichheit der Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern zu Grunde liegt. Des Weiteren ist zu klären, in welchem Verhältnis das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG und das Gleichheitsrecht stehen. Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, lassen sich die verfassungsrecht­ lichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Auswahl ermitteln. 1. Das Verständnis der Chancengleichheit bei der Auswahl Nach dem Bundesverfassungsgericht ist bei der Auswahl der Studienbewerber die Chancengleichheit zu wahren.991 Gemeinhin meint „Chancen-

989  Dies rührt daher, dass hier verschiedene Personenkreise in den unterschiedlichen Ausprägungen des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG betroffen sind. Auf Grund dieser Tatsache lässt sich kein Vorrang des Teilhaberechts in Form der freien Wahl des Studiengangs gegenüber dem in Form der freien Wahl des Studienorts im Sinne einer Spezialität annehmen. 990  Sachs, in: Stern, StR IV/2, S. 1470 ff.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 2, 10; Britz, NJW 2014, 346 (350); Kirchhof, Objektivität und Willkür FS Geiger, S. 82 (85); Scholler, Die Interpretation des Gleichheitssatzes als Willkürverbot oder als Gebot der Chancengleichheit, S. 14; Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 13–15. 991  BVerfGE 33, 303, Rn. 102; 147, 253, Rn. 105.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

gleichheit“ Startgleichheit.992 Sie verpflichtet den Staat dazu, die tatsäch­ lichen Voraussetzungen für den Grundrechtsgebrauch anzugleichen, damit bei diesem keine faktischen Ungleichheiten bestehen.993 Dies kann durch staatliche Leistungen, eine entsprechende Organisation oder Verfahren erfolgen, soweit sie Einfluss auf die Grundrechtsausübung haben. Zur dogmatischen Begründung wird hierfür in der Regel das Sozialstaatsprinzip herangezogen.994 Im Zusammenhang mit der Hochschulzulassung verwendet das Bundesverfassungsgericht den Begriff der Chancengleichheit jedoch mit einem anderen Inhalt. Hier soll sie gewährleisten, dass die Studienbewerber im Verhältnis zu ihren Mitbewerbern gleichberechtigt sind und die Studienplätze unter ihnen sachgerecht verteilt werden.995 Hierfür sind – anders als bei der erstgenannten Verwendung des Begriffs der Chancengleichheit – keine Staats­ leistungen ­nötig.996 Dogmatisch wird diese Form der Chancengleichheit daraus hergeleitet, dass Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG alle Deutschen gleichermaßen schützt.997 Das ist insoweit missverständlich, als jedes Freiheitsrecht alle Berechtigten gleichermaßen schützt. Der Vergleich zwischen den Grundrechtsträgern zeigt aber, dass die Chancengleichheit aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG resultiert. Wenn das Bundesverfassungsgericht also im Zusammenhang mit der Hochschulzulassung von Chancengleichheit spricht, beschreibt dies lediglich die gleiche Grundrechtsberechtigung der Bewerber und meint damit letztlich nur Rechtsgleichheit.998 Damit besagt die Chancengleichheit im Zusammenhang mit der Hochschulzulassung nichts anderes, als dass unter Geltung von Art. 3 Abs. 1 GG die Studienplätze gleich992  Malinka, Leistung und Verfassung, S. 81; Kloepfer, VerfR I, § 11, Rn. 44 f.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 160. In diesem Sinn etwa verwendet in BVerfGE 134, 1, Rn. 43. 993  Malinka, Leistung und Verfassung, S. 81; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 160. 994  Malinka, Leistung und Verfassung, S. 81; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 160. 995  Malinka, Leistung und Verfassung, S. 82. 996  Malinka, Leistung und Verfassung, S. 82. 997  Barbey, JZ 1971, 473 (475); Malinka, Leistung und Verfassung, S. 81 f. Zwar zitiert das BVerfG in diesem Zusammenhang bisweilen auch das Sozialstaatsprinzip (s. o. Fn 151–153). Soweit es dies tut, liegt das jedoch daran, dass es das Sozialstaatsprinzip als wesentlichen Bestandteil der Herleitung des Teilhaberechts ansieht. Nach hiesiger Auffassung bedarf es des Sozialstaatsprinzips dazu aber nicht (s. o. D. I. 4. a) bb) (1) (c), S. 78 ff.). 998  Malinka, Leistung und Verfassung, S. 82. Für das Prüfungsrecht Kloepfer, VerfR I, § 59, Rn. 112.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung171

heitsgerecht im Sinne eines Rechts auf „gleiche Teilhabe“999 zu verteilen sind.1000 2. Die Ungleichbehandlung Art. 3 Abs. 1 GG verbietet die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem.1001 Um eine Ungleichbehandlung festzustellen, muss in einem ersten Schritt eine Gruppe vergleichbarer Sachverhalte gebildet werden1002, indem diese unter einen gemeinsamen Oberbegriff gefasst werden1003. Die relevante Vergleichsgruppe sind im Fall der Hochschulzulassung alle Bewerber für ein bestimmtes Studienfach, die über die Befähigung zum Hochschulstudium verfügen. In einem zweiten Schritt wird festgestellt, ob Mitglieder dieser Gruppe rechtlich oder tatsächlich unterschiedlich behandelt werden1004 und daraus einen Nachteil erleiden1005. Wie die Beschränkung im Fall des Teilhaberechts kann hier die benachteiligende Ungleichbehandlung auf verschiedenen Ebenen – der Normebene oder der Vollzugsebene – geschehen. Eine Ungleichbehandlung kann bereits durch die abstrakt-generellen Regelungen erfolgen, die den Inhalt des Auswahlverfahrens bestimmen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Regelungen verschiedenen Bewerbern unterschiedliche Zulassungschancen einräumen. Auf der Vollzugsebene stellt der konkret-individuelle Ablehnungsbescheid eine Ungleichbehandlung gegenüber den zugelassenen Bewerbern dar. Obwohl der Gleichheitssatz alle staatlichen Stellen in allen Gewalten bindet1006, kann eine Ungleichbehandlung nur gerügt werden, wenn sie durch 999  BVerfGE 147,

253, Rn. 101. Leistung und Verfassung, S. 82. Anders hingegen die Verwendung in BVerfGE 134, 1, Rn. 43. 1001  BVerfGE 49, 148, Rn. 39; 117, 302, Rn. 70; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 11; Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 590. Zur unterschiedlichen Verortung des Merkmals der wesentlichen Vergleichbarkeit s. o. S. 82 f. 1002  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 10; Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 80; Hufen, StR II, § 39, Rn. 4. 1003  Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 592; Kloepfer, VerfR I, § 59, Rn. 70. 1004  Vgl. Hufen, StR II, § 39, Rn. 12. 1005  BVerfGE 67, 239, Rn. 28; 131, 66, Rn. 48 f.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 14; Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 84. Teilweise wird jedoch auf das Erfordernis eines Nachteils auch verzichtet, Kloepfer, VerfR I, § 59, Rn. 68, m. w. N. 1006  Dies ergibt sich für Exekutive und Judikative (so BVerfGE 58, 369, Rn. 10 ff.) bereits aus dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 GG, der von Gleichheit vor dem Gesetz spricht. Jedoch ist auch die Legislative daran gebunden (st. Rspr.: BVerfGE 1, 14, Rn. 139; 1, 264, Rn. 34; 18, 264, Rn. 25. Aus der Literatur etwa: Jarass, in: Jarass/ Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 3). Das folgt systematisch aus Art. 1 Abs. 3 GG (Kingreen/ 1000  Malinka,

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

denselben Hoheitsträger geschehen ist1007. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit geurteilt, dass dies für den Bereich des Hochschulwesens nicht gelte, wenn ein Landesgesetzgeber Bewerber aus verschiedenen Bundesländern unterschiedlich behandle.1008 Grund hierfür sei, dass es um „einen Lebenssachverhalt [gehe], der seiner Natur nach über die Ländergrenzen hinausgreift und eine für alle Staatsbürger […] gleichermaßen gewährleistete Rechtsposition berühr[e]“1009. Schaut man jedoch genauer hin, so zeigt sich, dass die Ungleichbehandlung hier nicht auf verschiedene Hoheitsträger zurückgeht. Es ist vielmehr ein und derselbe Hoheitsträger, der die Bewerber aus anderen Bundesländern anders behandelt als solche aus seinem eigenen.1010 Das Problem liegt vielmehr bei der Frage, ob die Landesherkunft ein zulässiges Differenzierungskriterium darstellt.1011 Das Erfordernis der Ungleichbehandlung durch denselben Hoheitsträger wird regelmäßig verkannt, etwa wenn die bundesweite Einheitlichkeit der Hochschulzulassung gefordert wird.1012 Vor dem Hintergrund dieses Erfordernisses lässt sich Einheitlichkeit aber nicht direkt über den Gleichheitssatz, sondern nur vermittelt über zentrale Zuständigkeiten zu erreichen.1013 Erst durch eine zentrale und nicht delegierbare Zuständigkeit ist die Behandlung durch denselben Hoheitsträger gewährleistet, sodass der Gleichheitssatz zu größerer Einheitlichkeit beitragen kann. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass eine bundes- oder auch nur landesweite Einheitlichkeit verfassungsrechtlich gar nicht geboten sein kann, soweit das Grundgesetz föderale Unterschiede und die Delegation bestimmter Aspekte der Hochschulzulassung zulässt.

Poscher, StR II, Rn. 587; Epping, Grundrechte, Rn. 769) und teleologisch aus der geringen Schutzintensität des Art. 3 Abs. 1 GG bei fehlender Bindung der Legislativen (Epping, Grundrechte, Rn. 769). 1007  BVerfGE 122, 1, Rn. 95; 134, 1, Rn. 61; Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 81; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 13; Sachs, in: Stern, StR IV/2, S.  1499 ff. 1008  BVerfGE 33, 303, Rn. 96 f. 1009  BVerfGE 33, 303, Rn. 96. 1010  Sachs, in: Stern, StR IV/2, S. 1502 f.; Engels, Chancengleichheit und Bundesstaatsprinzip, S. 204. 1011  So BVerfGE 134, 1, Rn. 60 ff.; Sachs, in: Stern, StR IV/2, S. 1502 f.; Engels, Chancengleichheit und Bundesstaatsprinzip, S. 84 ff., 203 ff. Dazu s. u. D. II. 4. a) aa) (3), S. 201 ff. und D. II. 4. b) aa) (3), S. 221 f. 1012  So Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (333); Rottmann/Breinersdorfer, NVwZ 1988, 879 (881). 1013  Zur Regelungszuständigkeit s. D. II. 4. a) cc), S. 210 ff. und D. II. 4. b) cc), S. 226 ff.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung173

3. Das Verhältnis zwischen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Bewertung der Hochschulzulassung überschneiden sich regelmäßig die Anwendungsbereiche des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG und des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG. So etwa stellt die ablehnende Auswahlentscheidung gleichzeitig eine Ungleichbehandlung des abgelehnten Bewerbers im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG gegenüber den zugelassenen Bewerbern und eine Beschränkung seines Teilhaberechts dar.1014 Dies führt zur Frage, nach welchem Prüfungsmaßstab sich die verfassungsrechtliche Beurteilung dieser Situation richtet. Was das Verhältnis verschiedener Grundrechte zueinander anbelangt, so stellt ihre kumulative Anwendbarkeit den Normalfall, die Verdrängung eines Grundrechts durch ein anderes die Ausnahme dar.1015 Eine solche Ausnahme kommt dabei nur dann in Betracht, wenn ein Grundrecht eine „stärkere sachliche Beziehung zu dem zu prüfenden Sachverhalt“1016 aufweist, als das andere.1017 Dies zeigt, dass sich das Verhältnis von Grundrechtsnormen zuein1014  Malinka, Leistung und Verfassung, S. 83; Berg, Der Staat 15 (1976), 1 (20); Groth/Hohnerlein, KJ 2018, 304 (309), die allerdings alle von einem Eingriff sprechen; Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 219. 1015  Stern, in: Stern, StR III/2, S. 1397 f. Speziell zum Verhältnis von Freiheitsund Gleichheitsrechten: Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 4. Kloepfer, VerfR II, § 52, Rn. 3, geht sogar davon aus, dass Gleichheits- und Freiheitsrechte immer nebeneinanderstehen, anders hingegen ders., VerfR II, § 59, Rn. 170. Zum Verhältnis von Art. 12 und Art. 3 Abs. 1 GG speziell: Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 152. 1016  BVerfGE 65, 104, Rn. 41. 1017  BVerfGE 65, 104, Rn. 41 m.  w. N.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 6; Stern, in: Stern, StR III/2, S. 1407 f.; Engels, Chancengleichheit und Bundesstaatsprinzip, S. 209. Kritisch für den Bereich der Freiheitsrechte insoweit Berg, HbGR III, § 71, Rn. 13, 47. A. A. Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 310 f., die darauf abstellen, ob es dem Grundrechtsträger auf Freiheitsschutz oder Gleichbehandlung ankommt. Die Abgrenzung nach dem Willen zieht jedoch mehrere Probleme nach sich. Zum einen ermöglicht diese Abgrenzung, dass die Grundrechtskonkurrenzen in vergleichbaren Fällen mit verschiedenen Grundrechtsträgern unterschiedlich ausfallen, weil die betroffenen Grundrechtsträger einen unterschiedlichen Willen gefasst haben. Auch läuft diese Abgrenzung Gefahr, womöglich unbedachte Äußerungen eines Grundrechtsträgers vorschnell als Verzicht auf die Rüge eines Grundrechts auszulegen. Schließlich wird ein geschickter Grundrechtsträger stets die Überprüfung anhand von allen in Betracht kommenden Grundrechten wollen. Zumindest für ihn kommt dann aber in keinem Fall ein Spezialitätsverhältnis zwischen verschiedenen Grundrechten in Betracht (wohlgemerkt, für weniger geschickte Grundrechtsträger hingegen schon).

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

ander und damit auch das von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zu Art. 3 Abs. 1 GG nicht abstrakt, sondern nur unter Einbeziehung des jeweiligen Sachverhalts feststellen lässt.1018 Soweit die Ungleichbehandlung darin liegt, dass ein Bewerber sein Teil­ haberecht nutzen kann, ein anderer jedoch nicht, kommen für das Verhältnis von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 GG zwei Lösungen in Betracht. So könnte man annehmen, dass eine Rechtfertigung auf Grund von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in der Regel auch eine Rechtfertigung vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG beinhaltet. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass eine freiheitsrechtliche zwangsläufig auch eine gleichheitsrechtliche Rechtfertigung beinhaltet.1019 Jedoch können die Erwägungen im Rahmen der freiheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung auch zur Rechtfertigung im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG führen.1020 Vorzugswürdig ist hingegen in solchen Fällen den Schwerpunkt bei Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zu sehen, weshalb für Art. 3 Abs. 1 GG hier kein Platz ist.1021 Dafür spricht, dass sich Ungleichbehandlungen nicht nur auf eine Art beseitigen lassen1022, während eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zwangsläufig die Teilhabegewähr zur Folge hat. Auch zeigt die Tatsache, dass die Ungleichbehandlung lediglich in der Gewähr beziehungsweise Nichtgewähr von Teilhabe liegt, dass Art. 3 Abs. 1 GG bezüglich des Zulassungsrechts im Normalfall keinen eigenen Beitrag leistet.1023 Lediglich ausnahmsweise kann hier Art. 3 Abs. 1 GG ein eigener Gehalt zukommen. Beispiel hierfür ist die Verweigerung der Zulassung auf Grund einer landesfremden, materiell mit der landeseigenen vergleichbaren, aber nicht anerkannten Hochschulzugangsberechtigung.1024 In diesem Fall erschöpft sich die Ungleichbehandlung nicht in der Tatsache, dass jemandem Teilhabe gewährt, während sie jemand anderem verweigert wurde. Vielmehr liegt bezüglich des Grundes der Verweigerung, der mangels Anerkennung fehlenden Hochschulzugangsberechtigung, eine Ungleichbehandlung mit eigenständigem Gehalt vor. Hier wird Art. 3 Abs. 1 GG nicht von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG verdrängt. in: Stern, StR III/2, S. 607, 1376 f., 1397; Berg, HbGR III, § 71, Rn. 47. in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 50. 1020  Etwa BVerfG 1 BvR 824/03, Rn. 62. Allgemein: Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 50.1; dies sogar als Regelfall ansehend Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 311. 1021  Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 6. Allgemein zum Vorrang der Freiheitsrechte vor Gleichheitsrechten: Manssen, StR II, Rn. 45; Berg, HbGR III, § 71, Rn. 20. 1022  S. o. Fn.  413. 1023  Dies zugestehend Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 143. 1024  Engels, Chancengleichheit und Bundesstaatsprinzip, S. 210 zur Pflicht der Anerkennung landesfremder Abschlüsse: S. 216 ff. 1018  Stern,

1019  Kischel,



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung175

Ebenfalls ein eigenständiger Wert kommt Art. 3 Abs. 1 GG im Fall der Bewerberauswahl im Rahmen der Verteilung von knappen Studienplätzen zu. Hierbei kann Art. 3 Abs. 1 GG Elemente erfassen, gegen die Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG keinen Schutz bietet. So gewährt das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zwar Schutz gegen die Verringerung von Zulassungschancen. Die ungleiche Verteilung von Zulassungschancen liegt hingegen jenseits des Schutzgehalts des Teilhaberechts. Hier ist ein gleichheitsrecht­ licher Schutz gefragt. Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG sind daher bei der Auswahl der Bewerber nebeneinander anwendbar. In diesem Zusammenhang wird oft davon gesprochen, dass sich das Teilhaberecht bei Kapazitätserschöpfung „umpolt“1025 oder sich in einen Anspruch auf Gleichbehandlung wandelt1026. Das ist jedoch ungenau. Vielmehr tritt in diesem Fall eine Ungleichbehandlung (Vorrang anderer Bewerber) zur Beschränkung des Teilhaberechts (keine Zulassung zum Studium) hinzu. Da die Nichtzulassung jedoch nach obigen Ausführungen nur anhand von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zu prüfen ist, bleiben als relevante Ungleichbehandlungen nur unterschiedliche Zulassungschancen und eine Ungleichbehandlung im Zulassungsverfahren übrig. Anders, als das Diktum von „Wandel des Anspruchs“ nahelegt, besteht in diesen Fällen also eine doppelte Rechtfertigungslast.1027 Auswahlkriterium und Verfahrensgang müssen, soweit benachteiligend, sowohl teilhaberechtlich als auch gleichheitsrechtlich gerechtfertigt werden. Macht also die Kapazitätserschöpfung eine Auswahl unerlässlich, so tritt Art. 3 Abs. 1 GG zu Art. 12 Abs.1 S. 1 Var. 3 GG flankierend hinzu.1028 Hierbei handelt es sich um einen Fall der echten Grundrechtskonkurrenz, da Freiheitsbeschränkung und Ungleichbehandlung zusammenfallen und damit einen einheitlichen Sachverhalt darstellen.1029 Grundsätzlich stehen dabei das Freiheits- und das Gleichheitsrecht als Prüfungsmaßstäbe nebeneinander.1030 Allerdings zieht das Bundesverfassungsgericht die Maßstäbe des Freiheitsund des Gleichheitsrechts dann zusammen, wenn die Ungleichbehandlung 1025  Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 43. 1026  Gallwas, JZ 1969, 320 (321); Ennuschat, RdJB 2005, 193 (198). Letzterer nimmt an, dass das Teilhaberecht erst bei Vorhandensein von Kapazitäten zu einem Zulassungsanspruch erstarkt, also keine Grenze, sondern eine Voraussetzung ist; dagegen Maunz, Der Bildungsanspruch in verfassungsrechtlicher Hinsicht, FS Küchenhoff, S. 605 (606). Beide Auffassungen kommen aber zum gleichen Ergebnis.  1027  Vgl. auch Burgi, WiVerw 2007, 173 (177) zu staatlichen Verteilungsentscheidungen in der Wirtschaft. 1028  Vgl. Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 67. 1029  Vgl. Stern, in: Stern, StR III/2, S. 1382. 1030  Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 12 f., 73–83.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

nicht nur einzelne atypische Sonderfälle, sondern ganze Gruppen betrifft, die stärker belastet werden als andere und typischerweise der Regelung unterfallen.1031 Eine solche stärkere Belastung bestimmter Gruppen (von Bewerbern) findet dabei regelmäßig sowohl durch die Auswahlkriterien, als auch das Auswahlverfahren statt. Inhaltlich rechtfertigt sich diese Kombination von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstäbe für den Bereich der Hochschulzulassung dadurch, dass die jeweils geprüfte Situation beiden Grundrechten genügen muss. Dabei macht Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG – anders als Art. 3 Abs. 1 GG1032 – materielle Vorgaben bezüglich der ordnungsgemäßen Auswahl.1033 Aus diesem Grund ist die Auswahl der Bewerber anhand von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG zu überprüfen. Zwar lässt sich die Prüfung theoretisch in eine Prüfung anhand von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG einerseits und Art. 3 Abs. 1 GG andererseits aufspalten. Angesichts des engen Zusammenhangs von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 GG und der Tatsache, dass Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG letztlich zusätzliche Anforderungen an den Differenzierungsgrund im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG stellt, ist eine Ver­ bindung der Prüfungsmaßstäbe vorzugswürdig. Für die Verbindung der ­Prüfungsmaßstäbe spricht auch, dass eine Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs.  1 GG grundsätzlich auf verschiedenen Wegen behoben werden kann.1034Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG verlangt demgegenüber die Beseitigung der Beeinträchtigung. Er schränkt damit den Spielraum, den Art. 3 Abs. 1 GG bei der Wahl der Differenzierungskriterien gewährt, weiter ein.1035 Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch das Diktum der älteren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Auswahl nach „objektiv sachge­ rechte[n] und individuell zumutbare[n] Kriterien“1036 erfolgen soll. Die Anforderung der Sachgerechtigkeit folgte aus dem Gleichheitssatz, die der individuellen Zumutbarkeit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG.

1031  BVerfGE 25, 236 lediglich im Tenor, nicht aber in den Gründen (s. Rn. 61); BVerfGE 30, 292, Rn. 91; 34, 71, Rn. 27; 48, 376, Rn. 29; Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 121; Kloepfer, VerfR II, § 59 Rn. 168 ff. 1032  Berg, HbGR III, § 71, Rn. 17; Malinka, Leistung und Verfassung, S. 79, 85 f. 1033  Rohloff, Zusammenwirken von allgemeinem Gleichheitssatz und Freiheitsgewährleistungen, S. 219 f. Vgl. auch Malinka, Leistung und Verfassung, S. 82. Ausführlicher dazu unten D. II. 4. a) aa) (1), S. 178 ff. und D. II. 4. a) bb), S. 208 ff. zum absoluten, D. II. 4. b) aa) (1), S. 216 ff. und D. II. 4. b) bb), S. 224 ff. zum relativen Numerus clausus. 1034  Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 647; Kloepfer, VerfR II, § 59, Rn. 98; Manssen, StR II, Rn. 937. 1035  Vgl. BVerfGE 37, 342, Rn. 36; 79, 212, Rn. 18. 1036  BVerfGE 43, 291, Rn. 69. Vgl. auch BVerfGE 59, 1, Rn. 65; 62, 117, Rn. 65. Diese Formulierung klingt in BVerfGE 147, 253, Rn. 170 jedoch noch an.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung177

4. Anforderungen an die Auswahl Da sich die Auswahl gleichzeitig als Beschränkung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG und als Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG darstellt, ist sie hinsichtlich beider Grundrechte rechtfertigungsbedürftig, wobei freilich im Einzelfall ein besonderer Gleichheitssatz den Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ergänzen oder verdrängen kann. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bewerberauswahl lassen sich in Anforderungen an die Auswahlkriterien, Anforderungen an das Auswahlverfahren und Anforderungen an die Regelungszuständigkeit unterteilen, wobei sich die konkreten Anforderungen teilweise danach unterscheiden, ob ein absoluter oder ein relativer Numerus clausus vorliegt. Da die konkret-individuelle Auswahlentscheidung an der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der abstrakt-generellen Regelungen der Bewerberauswahl partizipiert, wenn eine Auswahl auf Grund erschöpfter Kapazitäten überhaupt notwendig und sie das Resultat der ordnungsgemäßen Anwendung dieser Regelungen ist, sind letztlich nur die Anforderungen an die abstrakt-generellen Regelungen der Auswahl maßgeblich. a) Der Fall des absoluten Numerus clausus Wie bereits gezeigt, zeichnet sich die Situation des absoluten Numerus clausus dadurch aus, dass die Kapazitäten bundesweit erschöpft sind.1037 Unter dem Gesichtspunkt des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG ist hier das Recht auf freie Wahl des Studiengangs betroffen, weshalb sich eine Reihe verfassungsrechtlicher Anforderungen an die Auswahlkriterien, das Auswahlverfahren und die Regelungszuständigkeit ergeben. Außerdem stellen Art. 3 Abs. 1 GG sowie das sonstige Verfassungsrecht Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit dieser Bereiche. aa) Die Auswahlkriterien Die Kriterien, auf denen die Auswahl der Bewerber basiert, sind (naturgemäß) abstrakt und entscheiden letztlich darüber, wer zugelassen wird. Insoweit stellen sie einerseits eine Beschränkung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG dar.1038 Andererseits beeinflussen sie über ihren Inhalt und die Gewichtung der einzelnen Kriterien die Zulassungschancen der Bewerber. Soweit verschiedene Bewerber dabei über unterschiedliche Zulas1037  S. o. 1038  S. o.

Fn.  33. D. I. 4. a) bb) (6) (a), S. 93 f.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

sungschancen verfügen, sind die Auswahlkriterien auch an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Zwar steht dem Normgeber auch bei der Festlegung der Auswahlkriterien ein Spielraum zu.1039 Allerdings hat dieser Spielraum seine Grenzen. Ob die Grenzen des Spielraums überschritten sind und eine Regelung daher verfassungswidrig ist, ergibt sich aus der Gesamtbetrachtung der Auswahlkrite­ rien.1040 (1) Ausbildungsfreiheit und praktische Konkordanz Sind die Auswahlkriterien auch an Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG zu messen, so lassen sich aus diesem Teilhaberecht keine konkreten Auswahlkriterien folgern. Bei deren Festlegung hat der Normgeber im Rahmen seines Spielraums1041 allerdings zu berücksichtigen, dass die Teilhaberechte konkurrierender Bewerber miteinander kollidieren. Eine solche echte Grundrechtskollision1042 ist grundsätzlich im Wege der praktischen Konkordanz aufzu­ lösen.1043 Es ist hiernach durch schonenden Ausgleich der kollidierenden Grundrechte eine Lösung zu finden, die eine möglichst weitgehende Teilhabe ermöglicht.1044 Das Erfordernis der praktischen Konkordanz folgt dabei daraus, dass die Regelungen, welche die abstrakten Auswahlkriterien festlegen, gleichzeitig Beschränkungen der Teilhaberechte aller Studienbewerber darstellen und deshalb den Rechtfertigungsanforderungen dieser Teilhaberechte 1039  BVerfGE 147, 253, Rn. 113, 196, 206; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 830. 1040  BVerfGE 147, 253, Rn. 113. Insbesondere können Schwächen eines Kriteriums durch andere ausgeglichen werden, BVerfGE 147, 253, Rn. 112 f. 1041  S. o. Fn.  1039. 1042  Hierbei handelt es sich um eine Kollision von Grundrechten, die so aufeinandertreffen, dass sie jeweils Geltung auf Kosten der anderen Grundrechte beanspruchen, Stern, in: Stern, StR III/2, S. 629. Den Gegenbegriff stellt die unechte Grundrechtskollision dar, bei der ein Grundrecht mit sonstigem Recht von Verfassungsrang kollidiert, Stern, in: Stern, StR III/2, S. 657. 1043  BVerfGE 39, 1, Rn. 155; 93, 1, Rn. 51; 116, 1, Rn. 57; Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S.  152 f.; Stern, in: Stern, StR III/2, S. 625 ff., 634 f.; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 72. Dies ist aber nicht in jedem Fall möglich, Bethge, HbGR III, § 72, Rn. 85; Stern, in: Stern, StR III/2, S. 627 f. 1044  Vgl. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 318; Stern, in: Stern, StR III/2, S. 626. Dies lässt sich je nach Situation entweder dadurch erreichen, dass möglichst vielen Teilhabe gewährt, oder dadurch, dass Einzelnen eine möglichst weitgehende Teilhabe ermöglicht wird. Im Fall der Hochschulzulassung wird möglichst weitgehende Teilhabe jedoch nicht dadurch erreicht, dass nur einem sehr ein­ geschränkten Personenkreis möglichst weitgehende Teilhabe gewährt wird, s. dazu D. II. 4. a) aa) (1) (b), S. 183 ff.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung179

unterliegen. Insbesondere muss sich die Regelung der Auswahlkriterien daher in alle Richtungen als verhältnismäßig erweisen.1045 Mit den Worten Lerches: „Nur das Schonende kann angemessen sein.“1046 Praktische Konkordanz ist daher insbesondere dann nicht hergestellt, wenn die festgelegten Auswahlkriterien im Hinblick auf eines der kollidierenden Teilhaberechte nicht erforderlich oder nicht angemessen sind.1047 Dabei lässt sich praktische Konkordanz regelmäßig nicht auf nur eine Weise herstellen, vielmehr kommen zumeist verschiedene Lösungen zu Herstellung möglichst weitgehender Teilhabe in Betracht.1048 Anders als bei der konkreten Auswahlentscheidung, die eine Alles-oder-Nichts-Entscheidung darstellt1049, lässt sich bei den abstrakten Auswahlkriterien ein schonender Ausgleich nicht nur erreichen, er ist sogar geboten. Besteht bei Grundrechtskollisionen grundsätzlich die Pflicht zur Schaffung praktischer Konkordanz1050, so kommen deshalb nur solche Auswahlkriterien in Betracht, die geeignet sind, einen schonenden Ausgleich zwischen den kollidierenden Teilhaberechten herzustellen. Die praktische Konkordanz wirkt sich somit in zweierlei Richtung aus. Zum einen gebietet sie, dass die Auswahlkriterien insgesamt einen schonenden Ausgleich zwischen den kollidierenden Teilhaberechten herstellen. Zum anderen verbietet sie solche Auswahlregelungen, die eine unverhältnismäßige Beschränkung eines der Teilhaberechte darstellen.1051 (a) Die grundsätzliche Orientierung an der Eignung Sollen die Auswahlkriterien möglichst weitgehende Teilhabe ermöglichen, so ist zu berücksichtigen, dass die Bewerber noch nicht studieren, sondern dies erst künftig tun wollen. Es geht also nicht um die Ermöglichung gegenwärtiger Teilhabe, sondern um die Ermöglichung (möglichst weitgehender) 1045  Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 152 f.; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 72; Stern, in: Stern, StR III/2, S. 626. 1046  Lerche, HStR V (2. Aufl.), § 122, Rn. 15. 1047  Vgl. Lerche, HStR V (2. Aufl.), § 122, Rn. 16 f.; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 72, 318; Stern, in: Stern, StR III/2, S. 626 f. 1048  Vgl. Lerche, HStR V (2. Aufl.), § 122, Rn. 5 f.; Jarass, in: AöR 110 (1985), 363 (384); Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 320. 1049  BVerfGE 43, 291, Rn. 79; 59, 1, Rn. 65. 1050  S. o. Fn.  1043. 1051  So kann etwa eine Landeskinderbegünstigung, die nicht bereits Art. 3 Abs. 3 GG oder Art. 33 Abs. 1 GG unterfällt gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG verfassungswidrig sein, Engels, Chancengleichheit und Bundesstaatsprinzip, S. 203, 208 ff. Als Beispiel dafür wird etwa die Benachteiligung bei landesfremdem Vorbildungsnachweis genannt, wenn dieser materiell dem des benachteiligenden Landes entspricht, Engels, Chancengleichheit und Bundesstaatsprinzip, S. 203, 207.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

künftiger Teilhabe. Die Auswahlkriterien müssen darum eine Prognose bezüglich künftiger Freiheitsverwirklichung leisten.1052 Das führt zur Frage, woran sich künftige Freiheitsverwirklichung festmachen lässt. Hier ist zu berücksichtigen, dass das Zulassungsrecht den Einzelnen in die Lage versetzen soll, ein Studium abzuschließen, um im Anschluss einen Beruf im Zusammenhang mit diesem Studium ausüben zu können. Zentrales Kriterium für die künftige Freiheitsverwirklichung ist daher der prognostizierte Studienerfolg.1053 Studienerfolg erfordert dabei zunächst einen erfolgreichen Abschluss des Studiums. Weitere Faktoren für die Bemessung des Studienerfolgs sind zum einen die Zeit, die zum Abschluss des Studiums benötigt wurde.1054 Bei erheblicher Verzögerung liegt ein verringerter Studienerfolg vor. Zum anderen ist das Ausmaß der sich im Studium angeeigneten Kenntnisse und Fähigkeiten ein Aspekt des Studienerfolgs. So ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass bei einer besseren Studienabschlussnote tendenziell ein höherer Studienerfolg vorliegt, obgleich sich die erlernten Fähigkeiten und Kenntnisse nicht immer vollständig oder absolut zutreffend durch Noten ermitteln lassen. Soweit sich typischerweise ein bestimmter Beruf an das Studium anschließt, wie etwa der des Arztes an das Medizinstudium, kann auch die Prognose über ein erfolgreiches Wirken in diesem Beruf auf Grund des engen Zusammenhangs der Ausbildungs- mit der Berufsfreiheit berücksichtigt werden. Erfolgreiches Wirken im Beruf ist dabei nicht mit beruflicher Kar­ riere gleichzusetzen. Vielmehr liegt ein solches vor, wenn der Betroffene in der Lage ist, den Beruf mit dessen fachlichen und persönlichen Voraussetzungen über längere Zeit de lege artis auszuüben. Diese Arten des Erfolgs lassen sich am ehesten über die jeweilige Eignung prognostizieren. Es ist davon auszugehen, dass für ein Studienfach und gegebenenfalls einen sich typischerweise anschließenden Beruf auch weniger geeignete Bewerber weniger Freiheit realisieren werden, als solche, die dafür geeigneter sind. So besteht bei ersteren ein höheres Risiko des Fehlschlags des Studiums. Insgesamt sinkt dieses Risiko mit zunehmender Eignung und solchermaßen geeignete Studenten können das Studium schneller abschließen oder intensiver nutzen. Schließlich werden geeignetere Absolventen typischerweise von der Ausbildung mehr profitieren und damit besser in der Lage sein, sich anschließend im Beruf – zumindest fachlich – gegen mögliche Wettbewerber zu behaupten. Zur Herstellung praktischer Konkordanz

1052  Vgl.

BVerfGE 147, 253, Rn. 129, 218. BVerfGE 147, 253, Rn. 129, 224. 1054  Vgl. BVerfGE 147, 253, Rn. 224. 1053  Vgl.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung181

zwischen den kollidierenden Teilhaberechten der Bewerber ist daher grundsätzlich nach der Eignung der Bewerber auszuwählen.1055 Dieses Gebot der grundsätzlichen Auswahl nach Eignung ist jedoch nicht so zu verstehen, dass ausschließlich nach der Eignung auszuwählen ist. Vielmehr kann in gewissem Umfang auch nach Kriterien ausgewählt werden, die nicht im Zusammenhang mit der Eignung stehen. Dies folgt zum einen daraus, dass auch sonstiges Verfassungsrecht – wie etwa das Sozialstaatsprinzip – bei der Auswahl zu berücksichtigen ist1056 und deshalb auch Kriterien Einfluss haben können, welche dem Rechnung tragen. Zum anderen gibt es auch nicht eignungsbezogene Faktoren, die auf den Studienerfolg und gegebenenfalls den beruflichen Erfolg Einfluss haben können und anhand derer sich eine Prognose anstellen lässt.1057 Das Gebot der grundsätzlichen Auswahl nach Eignung besagt also nur, dass die Eignung maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl haben muss. Wie dies umgesetzt wird, obliegt grundsätzlich dem Normgeber. So kann etwa entweder das Gros der Plätze nach Eignungsgesichtspunkten vergeben werden, oder der Eignung ein besonderer Stellenwert im Verhältnis zu anderen, auch zu berücksichtigenden Kriterien eingeräumt werden. Eignung – ein unbestimmter Rechtsbegriff1058 – ist dabei denkbar weit zu verstehen. Sie bezeichnet die Möglichkeit des Bewerbers, im Studium beziehungsweise in dem sich gegebenenfalls daran anschließenden Beruf auf Grund schon vorhandener oder noch auszubildender Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten ein bestimmtes Leistungsniveau zu erreichen.1059 Die Eignung lässt sich in verschiedenen Ausprägungen konkretisieren, die im Einzelnen abhängig vom konkreten Studium und dem sich typischerweise an-

1055  BVerfGE 147, 253, Rn. 109 ohne Hinweis auf das Erfordernis praktischer Konkordanz. So i. Erg. auch schon Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S. 112 ff., aber unter Hinweis auf das Erforderlichkeitsprinzip. Die Erforderlichkeit, also ob ein milderes gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des Zwecks vorhanden ist, ist aber vom verfolgten Zweck abhängig. Je nachdem, um welchen Zweck es sich handelt, lässt sich die Auswahl nach Eignung dann aus der Erforderlichkeit folgern. Aber auch wenn die Auswahl nach Eignung kein milderes Mittel ist, ist sie grundsätzlich vorzunehmen (BVerfGE 147, 253, Rn. 109). Aus diesem Grund ist der hiesige Erklärungsansatz vorzugswürdig. Ebenfalls schon so Rottmann/Breinersdorfer, NVwZ 1988, 879 (883). 1056  BVerfGE 147, 253, Rn. 103, 108. Zurückhaltender noch BVerfGE 33, 303, Rn. 87. 1057  So etwa die Motivation, die unter anderem im Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit eines Studienabbruchs oder -wechsels steht. S. dazu unten D. II. 4. a) aa) (1) (b) (aa) (α), S. 187 ff. 1058  Köttgen, Das Grundrecht der deutschen Universität, S. 68. 1059  Vgl. Brockhaus Bd. 7, S. 540.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

schließenden Beruf sind.1060 Der Normgeber hat dabei grundsätzlich bei der Art der Eignungsermittlung sowie bei der Beurteilung Spielraum, ob er neben der Eignung für das Studium auch die für einen sich typischerweise anschließenden Beruf für ausschlaggebend hält.1061 Freilich lässt sich die Eignung bezüglich eines sich typischerweise anschließenden Berufs nur dann berücksichtigen, wenn es überhaupt einen Beruf gibt, der sich typischerweise anschließt und für den sich eine Eignung überhaupt einigermaßen zuverlässig prognostizieren lässt.1062 Obgleich auch die Motivation Einfluss auf den Studienerfolg und den Erfolg im Beruf haben kann, ist sie nicht zur Eignung zu zählen.1063 Anders als die Eignung, welche der Person in einem gewissen Maße anhaftet und damit einigermaßen beständig ist, handelt es sich bei ihr um eine rein innerliche Einstellung, die sich wesentlich schneller ändern kann als die Eignung. Führt die Eignungsermittlung dazu, dass mehrere Bewerber als gleich geeignet eingestuft werden, aber nicht alle zugelassen werden können, so ist die Anwendung von Hilfs- beziehungsweise Sekundärkriterien zulässig, die zwar keine Aussage über die Eignung eines Bewerbers treffen, aber gleichwohl eine Differenzierung rechtfertigen können. Beispiele hierfür sind etwa 1060  In diesem Zusammenhang ist kritisiert worden, dass die Eignung das Teilhaberecht insbesondere im Hinblick auf gesetzlich festgelegte Berufsbilder in ein normgeprägtes Grundrecht verwandelt, Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (177 ff.). Soweit die Kritik darauf abstellt, dass die Ausbildungsfreiheit kein normgeprägtes Grundrecht darstelle (Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (178)), ist schon dieser Ausgangspunkt unzutreffend (s. o. D. I. 4. a) bb) (4) (b) (aa), S. 87 ff., insb. S. 89). Selbst wenn es sich bei der gesetzlichen Festlegung der Berufsbilder um anhand des Teilhaberechts nicht überprüfbare Ausgestaltungen handeln sollte (Wolff/ Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (178 f.), bedeutet dies noch nicht, dass eine Schutzlücke entsteht. Vielmehr stellen die gesetzlichen Berufsbildfixierungen ihrerseits rechtsfertigungsbedürftige Eingriffe in die Berufsfreiheit dar (BVerfGE 59, 302, Rn. 50; 119, 59, Rn. 71; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 12, Rn. 38, 68; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 46; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 287; Schneider, HbGR V, § 113, Rn. 58; Breuer, HStR VIII, § 170, Rn. 63) und können vor diesem Hintergrund überprüft werden. Außerdem ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung der Berufbilder sich an den tatsächlichen Anforderungen eines Berufs orientieren muss (BVerfGE 13, 97, Rn. 49; Breuer, HStR VIII, § 170, Rn. 63). Vor diesem Hintergrund läge zumindest teilweise nur pro forma eine Normprägung, tatsächlich hingegen eine Realitätsprägung vor. 1061  Allerdings hat er das Gebot der Chancenoffenheit zu berücksichtigen, dazu sogleich unter D. II. 4. a) aa) (1) (b), S. 183 ff. 1062  Lüthje, JZ 1977, 577 (584); Rottmann/Breinersdorfer, NVwZ 1988, 879 (883); Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (329); Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (176). 1063  BVerfGE 147, 253, Rn. 219–221. Zwischen Eignung und Motivation differenzierend auch Bode, WissR 46 (2013), 348 (360).



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung183

die Berücksichtigung des Ortswunsches1064 oder die Verlosung1065. Die Berücksichtigung solcher Kriterien darf aber nicht dergestalt erfolgen, dass die Anwendung der Hilfskriterien die grundsätzliche Auswahl nach der Eignung unterläuft.1066 In einem solchen Fall widerspräche die Auswahl der Erreichung möglichst weitgehender Teilhabe, da das Hilfskriterium zum einen selbst keine Freiheitsmaximierung zur Folge hat und zum anderen nicht mehr nach der Eignung ausgewählt wird, die zur Verwirklichung möglichst weitgehender Teilhabe beiträgt.1067 Ganz auf dieser Linie ist eine Vorauswahl basierend auf der Ortswahl, ausnahmsweise dann zulässig, wenn sie zur Vorbereitung eines aufwendigen individuellen Auswahlverfahrens dient und sie sich zudem auf einen beschränkten Anteil der Studienlätze bezieht.1068 In diesem Fall findet nämlich im Anschluss an die Vorauswahl eine sich grundsätzlich anhand der Eignung orientierende Auswahl statt. Zudem ermöglicht die Vorauswahl nach dem Ortswunsch eine Prognose darüber, wie wahrscheinlich die Annahme eines Studienplatzes durch einen zugelassenen Bewerber ist.1069 Sie fungiert daher als Indikator für die Wahrscheinlichkeit des in einer Ablehnung seitens des Bewerbers liegenden Grundrechtsverzichts und trägt daher zur Ermöglichung größtmöglicher Teilhabe bei. Problematisch an der Vorauswahl ist zwar, dass sich die Auswirkungen der Ortswunschangabe für die Bewerber im Fall des absoluten Numerus clausus nur schwer vorhersehen lassen.1070 Dies wird jedoch dadurch abgemildert, dass nur ein beschränkter Anteil der Plätze auf diese Weise vergeben werden darf und auf diese Weise eine komplexere Auswahl ermöglicht wird, die eine sicherere Prognose gestattet. In diesem Fall trägt eine Vorauswahl nach dem Ortswunsch also ausnahmsweise zur Ermöglichung möglichst weitgehender Teilhabe bei und ist daher zulässig. (b) Das Gebot der Chancenoffenheit Der zweite wichtige Ausfluss der praktischen Konkordanz ist das Gebot der Chancenoffenheit.1071 Nach dem Bundesverfassungsgericht folgt daraus, 1064  BVerfGE 147,

253, Rn. 137. in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 474. 1066  BVerfGE 147, 253, Rn. 136, das darin allerdings einen Verstoß gegen die Chancengleichheit sieht. Vgl. auch Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (333). 1067  Vgl. Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (173). 1068  BVerfGE 147, 253, Rn. 167, 169 ff. 1069  Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (173). 1070  BVerfGE 147, 253, Rn. 136, 168. 1071  Vgl. auch Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 476. 1065  Scholz,

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

dass jeder Zulassungsberechtigte über eine Zulassungschance verfügen muss.1072 Dieses Gebot erfordert ebenfalls kein bestimmtes Auswahlkriterium, es richtet sich vielmehr an die Gesamtkonzeption der Auswahlkrite­ rien.1073 Inhaltlich unterlag dieses Gebot allerdings einem Wandel.1074 Ursprünglich sah das Bundesverfassungsgericht es als nicht mehr gewahrt an, wenn eine Gruppe zulassungsberechtigter Bewerber durch die Auswahlregelungen von vornherein ausgeschlossen wurde.1075 Hintergrund dafür war, dass die Studienplätze in Fächern mit absolutem Numerus clausus nach dem Leistungsprinzip, d. h. nach der Abiturdurchschnittsnote vergeben wurden.1076 Zum Ausgleich musste daher ein Teil der Studienplätze nach dem Kriterium der Wartezeit vergeben werden, was aus dem Gebot der Chancenoffenheit gefolgert wurde.1077 Zweifel an der ausgleichenden und chancenöffnenden Wirkung der Wartezeitquote kamen aber schon im zweiten Numerus-claususUrteil auf.1078 Angesichts dauerhaft langer Wartezeiten wirkte die Zulassungsmöglichkeit über die Wartezeitquote letztlich nicht mehr chancenausgleichend. In der Folge hat das Bundesverfassungsgericht eine Vergabe nach Wartezeit als nicht (mehr) geboten bezeichnet.1079 Inhaltlich kompensiert es dies dadurch, dass die Eignung, nach der nunmehr grundsätzlich auszuwählen ist1080, im Rahmen dieser Neubewertung weit zu verstehen ist und eine Auswahl allein nach Abiturdurchschnittsnote nicht mehr genügt.1081 1072  Zur

Rspr. s. Fn. 242. Ebenso Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 834. 1 BvL 13/12, Rn. 31; Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307

1073  BVerfG

(321).

1074  So auch Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (175); Bode, OdW 2018, 173 (179). 1075  BVerfGE 43, 291, Rn. 69; 62, 117, Rn. 74. So auch noch Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (320 f.). 1076  Die Staatsverträge der Länder über die Vergabe der Studienplätze sahen bis 1999 nur eine Vergabe nach Abiturdurchschnittsnote und Wartezeit vor. Erst im Staatsvertrag über die Vergabe der Studienplätze von 1999 wurde zusätzlich eine Vergabe nach einem durch die Hochschule durchzuführenden Auswahlverfahren ermöglicht (Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 lit. b) StaatsV 1999). 1077  BVerfGE 33, 303, Rn. 91 ff. 1078  BVerfGE 43, 291, Rn. 71 f. 1079  BVerfGE 147, 253, Rn. 216. Hintergrund war, dass bei Wartezeiten von 14– 15 Semestern im Fach Medizin (BVerfGE 147, 253, Rn. 42) die Wartezeitzulassung nicht mehr chancenerhaltend wirkte, sondern faktisch ebenfalls Bewerber vom Studium ausschloss. 1080  BVerfGE 147, 253, Rn. 110. Ähnlich bereits Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S. 114. 1081  BVerfGE 147, 253, Rn. 110 ff., 198 ff. Dabei ist nach dem BVerfG die alleinige Auswahl nach der Abiturdurchschnittsnote nur für eine beschränkte Zahl der Bewerber durchaus zulässig, BVerfGE 147, 253, Rn. 197 ff., insb. 209.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung185

Dies beeinflusst das Verständnis des Gebots der Chancenoffenheit allerdings nachhaltig. Der Satz, dass keine Gruppe prinzipiell durch die Auswahlkriterien ausgeschlossen sein dürfe1082, kann in dieser Pauschalität nun nicht mehr gelten.1083 Die Gruppe der „nicht ausreichend Geeigneten“ wird nach der jetzigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nämlich pauschal ausgeschlossen. Trotz der bereits erwähnten Kompensation für den Wegfall einer Notwendigkeit der Auswahl (auch) nach Wartezeit besteht damit für eine kleine Gruppe Zulassungsberechtigter gleichwohl keine Zulassungschance mehr.1084 Die tatsächlichen Gegebenheiten – das Ausmaß der festgesetzten Studienkapazitäten, die Zahl und die Eignung der Bewerber – haben dazu geführt, dass das Gebot der Chancenoffenheit im Bereich der Auswahlkriterien nicht mehr wie bisher zu verstehen ist, vielmehr einen neuen Inhalt bekommen hat. Sieht man die Chancenoffenheit – wie hier – als Ausprägung des Gebots praktischer Konkordanz an, so folgt aus ihr, dass die Belastung durch den Ausschluss vom Studium über die Auswahlkriterien möglichst gering zu halten ist. So hat etwa auch das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem Gebot der Chancenoffenheit stets eine Auswahl nach mehreren Kriterien für notwendig angesehen.1085 Eine Auswahl der Bewerber anhand von zu wenigen Kriterien ist danach unzulässig. Eine solche ist zu Lasten der benachteiligten Bewerber regelmäßig nicht erforderlich oder jedenfalls nicht angemessen. Das – neu verstandene – Gebot der Chancenoffenheit fordert daher, dass die Auswahlkriterien in ihrer Gesamtheit über eine hinreichende Breite verfügen, was regelmäßig das Erfordernis mehrerer nebeneinanderstehender Auswahlkriterien wird nach sich ziehen müssen.1086 Anders gewendet stellt eine zu enge Auswahl keine ausreichende Teilhabemaximierung dar. Die Kriterien, die zur Herstellung der Chancenoffenheit dienen sollen, müssen dabei jedoch auch tatsächlich die Zulassungschancen erhöhen. Dies ist nicht der Fall, wenn etwa nur ein zu vernachlässigender Teil der Studien1082  S. o.

Fn.  1075. auch Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (175); Bode, OdW 2018, 173 (179 f.). Ohnehin war er unter dem Gesichtspunkt problematisch, dass sich Gruppen beliebig definieren lassen. 1084  Bei dieser Gruppe handelt es sich um diejenigen, die sich über die vom BVerfG geforderten notenunabhängigen Kriterien (BVerfGE 147, 253, Rn. 198 ff., insb. 207) keine besseren Chancen erarbeiten können. 1085  BVerfGE 33, 303, Rn. 93; 43, 291, Rn. 71, 79; 147, 253, Rn. 110 ff. 1086  BVerfGE 147, 253, Rn. 110, 197. BVerfGE 43, 291, Rn. 79 spricht in diesem Zusammenhang von Mehrgleisigkeit. Dass ein Kriterium alleine diese Breite gewährleistet dürfte – unabhängig vom Studiengang – eher eine theoretische als eine praktische Möglichkeit sein. 1083  So

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

plätze nach diesen Kriterien vergeben wird1087, wenn die Kriterien die bereits vorhandenen inhaltlich nur wiederholen1088 oder sie einen ungenügenden Einfluss auf die Auswahl haben1089. Soweit diese Anforderungen eingehalten werden, erfordert das Gebot der Chancenoffenheit keine weiteren spezifischen Auswahlkriterien. Wie stets, kommen auch hier verschiedene Wege zur Herstellung praktischer Konkordanz in Betracht.1090 (aa) Die Wartezeit und die Auswahl nach der Motivation Wie bereits erwähnt, leitete das Bundesverfassungsgericht aus dem Erfordernis der Chancenoffenheit ursprünglich her, dass die Bewerber in Fächern mit absolutem Numerus clausus neben Leistungskriterien auch nach ihrer Wartezeit ausgewählt werden müssten.1091 Von dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesverfassungsgericht nunmehr verabschiedet.1092 Zwar betraf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nur das Fach Medizin. Angesichts der Tatsache, dass es in allen Studiengängen verschiedene Wege zur Gewährleistung der Chancenoffenheit gibt und die Auswahl nach Wartezeit die Chancenoffenheit nicht unter allen Umständen gewährleistet, lässt sich die Kernaussage des Urteils jedenfalls auf die Auswahl in allen Fächern mit absolutem Numerus clausus übertragen. Diese neue Sichtweise ist zutreffend. Zum einen ist die Auswahl nach der Wartezeit nur eine von vielen Möglichkeiten, eine chancenöffnende Auswahl zu ermöglichen. Zum anderen verliert sie sogar ihre chancenöffnende Wirkung und trägt damit nicht mehr zur Chancenoffenheit bei, wenn die Wartezeiten zu lang werden, wie es im Fach Medizin zur Zeit des neuesten Urteils des Bundesverfassungsgerichts der Fall war. Als Gegenargument lässt sich auch nicht das Sozialstaatsprinzip heranziehen. Zwar ist es auch im Zusammenhang mit der Auswahl der Bewerber zu berücksichtigen.1093 Soweit es die Auswahl nach der Wartezeit überhaupt zu decken vermag1094, überlässt es dem Normgeber bei seiner Konkretisierung aber einen sehr weiten Spielraum.1095 Die Notwendigkeit 1087  Vgl.

BVerfGE 147, 253, Rn. 209. diesem Grund verlangt das BVerfG in seiner neuesten Entscheidung die Berücksichtigung von mindestens einem schulnotenunabhängigen Aspekt, BVerfGE 147, 253, Rn. 207, s. dazu D. II. 4. a) aa) (1) (b) (bb), S.  193 ff. 1089  BVerfGE 147, 253, Rn. 207, 214. 1090  S. o. Fn.  1048. 1091  S. o. Fn.  1077. 1092  S. o. Fn.  1079. 1093  S. o. Fn.  1056. 1094  Dazu unten D. II. 4. a) aa) (1) (b) (aa) (β), S. 191 ff. 1095  Das gilt sowohl allgemein (BVerfGE 70, 278, Rn. 32; 97, 169, Rn. 54; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 168; Kloepfer, VerfR I, § 11, Rn. 52), als auch 1088  Aus



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der Auswahl nach der Wartezeit lässt sich daher nicht aus dem Sozialstaatsprinzip herleiten. Insbesondere vor dem Hintergrund des Gebots einer Auswahl grundsätzlich nach Eignung stellt sich aber die Frage, ob eine Auswahl auf Grund der Wartezeit überhaupt noch zulässig ist. Da die Wartezeit auch im Zusammenhang mit der Motivation der Bewerber steht, ist zunächst zu klären, ob und inwiefern eine Auswahl nach der Motivation zulässig ist. Sodann ist auf die Zulässigkeit der Auswahl nach der Wartezeit einzugehen. (α) Die Zulässigkeit der Auswahl nach der Motivation Das Gebot der Herstellung praktischer Konkordanz erfordert nach oben gesagtem die grundsätzliche Auswahl nach der Eignung. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Eignung das alleinige Auswahlkriterium sein muss.1096 Demenstprechend hält das Bundesverfassungsgericht eine Auswahl nach der Motivation der Bewerber für grundsätzlich möglich.1097 Andererseits bedeutet die Möglichkeit, neben der Eignung auch andere Faktoren zu berücksichtigen nicht, dass der Normgeber schalten und walten kann, wie er will. Vielmehr muss angesichts der Tatsache, dass jede Auswahl eine Beschränkung der Teilhaberechte der Abgelehnten darstellt, ein verfassungsrechtliches Gut gefunden werden, das diese Auswahl rechtfertigt. Da die Motivation aber keinen Bestandteil der Eignung darstellt1098, fragt sich, worauf sich eine Auswahl nach der Motivation stützen lässt? Bevor diese Frage geklärt werden kann, ist zunächst zu klären, was unter Motivation zu verstehen ist. Wird nach der studiumsbezogenen Motivation ausgewählt, so muss sie das Studium betreffen.1099 Diese Motivation lässt sich aber auf zwei Arten verstehen, was sicherlich zu der Kritik des Krite­ riums als konturenlos beigetragen hat.1100 So kann zum einen die Motivation für das in Frage stehende Studium, also das „Warum“ des Studienwunsches, gemeint sein.1101 Dies betrifft die Motive des Einzelnen, das Studium aufzunehmen. Im Fall Medizin können dies beispielsweise der Wunsch, Menschen zu helfen, gesellschaftlicher Status oder monetärer Verdienst sein. Zum andebezüglich eines zu schaffenden Ausgleichs zwischen Grundrechten und Sozialstaatsprinzip (BVerfGE 52, 264, Rn. 32; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 165; Kloepfer, VerfR I, § 11, Rn. 47). 1096  S. o. D. II. 4. a) aa) (1) (a), S. 179 ff. 1097  BVerfGE 147, 253, Rn. 219. 1098  S. dazu oben S. 182. 1099  Zur berufsbezogenen Motivation auf S. 189. 1100  Becker, RdJB 1986, 288 (293). 1101  Rottmann/Breinersdorfer, NVwZ 1988, 879 (882).

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ren kann die Motivation im Studium gemeint sein.1102 Dann geht es um die Ernsthaftigkeit des Studienwunsches, d. h. das Ausmaß der Motivation, das Studium erfolgreich zu betreiben und abzuschließen.1103 Wird berücksichtigt, dass bei einer Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern auf der Ebene der Auswahlregelungen praktische Konkordanz herzustellen ist, so kann die Motivation für das Studium (also das „Warum“) nicht relevant sein. Sie steht in keinem Zusammenhang mit Studienerfolg.1104 Da die Motivation im Studium, aber großen Einfluss auf den Studienerfolg hat, steht sie mit diesem im Zusammenhang. Dies ist etwa daran zu sehen, dass der Studienerfolg sich im Fall des Studienabbruchs auf null beläuft. Ein solcher Abbruch, bei dem es sich womöglich sogar um die richtige Entscheidung handelt, ist aber in der Regel das Resultat der Abwägung der Vor- und Nachteile der Fortsetzung des Studiums. Ergebnis dieser Abwägung ist, dass die Nachteile die Vorteile überwiegen, weshalb der Abwägende nicht mehr willens ist, das Studium fortzusetzen. Anders gewendet verfügt er über keine Motivation im Studium mehr, zumindest über keine in solchem Ausmaß, dass er das Studium noch fortsetzen möchte. Aber auch abseits von solchen Fällen des Studienabbruchs zeigt sich, dass die Motivation Einfluss auf den Studienerfolg und damit die Teilhabemaximierung hat. So werden motiviertere Studenten regelmäßig einen höheren Studienerfolg erzielen, weil sie das Studium ernsthafter und intensiver betreiben. In einem gewissen Rahmen kann ein weniger geeigneter, aber höher motivierter Student auch einen höheren Studienerfolg erzielen, als ein geeigneterer, aber weniger motivierter Student. Soweit die Motivation im Studium den Studienerfolg also positiv zu beeinflussen und damit zur Teilhabemaximierung beizutragen vermag, ist eine Auswahl nach der Motivation ein geeignetes Mittel zur Herstellung praktischer Konkordanz und daher zulässig.1105 Mit dieser grundsätzlichen Zulässigkeit der Berücksichtigung der Motivation bei der Bewerberauswahl ist jedoch noch nichts darüber gesagt, welche Kriterien dafür infrage kommen. Hier bestehen strukturelle Probleme, die der Auswahl nach der Motivation im Studium Grenzen auferlegen. Bei der Motivation im Studium handelt es sich nämlich um eine künftige Tatsache. Auswahlkriterien, die auf die Ermittlung der Motivation im Studium abzielen, müssen daher eine Prognose über sie ermöglichen. Praktische Schwierig1102  Vgl.

Rottmann/Breinersdorfer, NVwZ 1988, 879 (882). NVwZ 1988, 879 (882). 1104  Vgl. Rottmann/Breinersdorfer, NVwZ 1988, 879 (881 f.). 1105  BVerfGE 147, 253, Rn. 219. Soweit die Motivation sich aber nicht mehr förderlich auf den Studienerfolg auszuwirken vermag, trägt sie nicht mehr zur Ermöglichung möglichst weitgehender Teilhabe bei und ist daher nicht mehr zu berücksichtigen, s. dazu unten D. II. 4. a) aa) (1) (b) (aa) (β), S. 191 ff. 1103  Rottmann/Breinersdorfer,



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung189

keiten einer solchen Prognose resultieren aber daraus, dass es sich bei der Motivation im Studium nicht nur um eine künftige, sondern außerdem um eine rein innere Tatsache handelt, auf die nur auf Grund von äußeren Indizien geschlossen werden kann. Taugliche Indizien sind dabei vor allem formale Kriterien.1106 So lassen sich etwa anhand der Tatsache, dass bestimmte Hürden überwunden oder Nachteile in Kauf genommen wurden, um zum Wunschstudium zugelassen zu werden, Schlüsse auf die Motivation im Studium ziehen. Beispielsweise lässt sich aus der in Kauf genommenen Wartezeit in gewissem Maße durchaus auf die Motivation im Studium schließen.1107 Anders sieht es hingegen mit der Motivationsermittlung in Auswahlgesprächen aus. Diesbezüglich ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass der Wahrheitsgehalt von Aussagen über die eigene Motivation nur schwer überprüfbar ist.1108 Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sich eine künftige Motivation im persönlichen Gespräch allenfalls durch Spezialisten der Persönlichkeitsbeurteilung prognostizieren lässt.1109 Soweit die Prognose nicht durch derart qualifizierte Personen erfolgt, lassen sich aus einem Auswahlgespräch keine ausreichend verlässlichen Indizien für die Prognose der Motivation im Studium erhalten.1110 Das Auswahlgespräch kann dann im Hinblick auf die Motivation im Studium aber nicht zur Teilhabemaximierung beitragen. Ein auf die Prognose der Motivation gerichtetes Auswahlgespräch ist in diesem Fall unzulässig.1111 Dementsprechend urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass bei Auswahlgesprächen nur die Eignung getestet werden dürfe.1112 Neben der Motivation im Studium ist in der Vergangenheit bei der Auswahl auch die „Motivation für den angestrebten Beruf“1113 berücksichtigt worden. Anders als die Motivation im Studium ist die berufsbezogene Motivation jedoch bei der Auswahl aus rechtlichen, jedenfalls aber aus Gründen der fehlenden Prognosefähigkeit grundsätzlich nicht berücksichtigbar. NVwZ 1988, 879 (882). 253, Rn. 219; Becker/Hauck, NVwZ 1983, 204 (208); Wolff/ Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (187); vgl. auch Bode, WissR 46 (2013), 348 (360), wobei sie nicht zwischen den verschiedenen Anknüpfungspunkten der Motivation unterscheiden. 1108  Becker, RdJB 1986, 288 (293). 1109  Rottmann/Breinersdorfer, NVwZ 1988, 879 (880). 1110  Rottmann/Breinersdorfer, NVwZ 1988, 879 (882). Vgl. auch Lüthje, JZ 1977, 577 (584); Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (329). 1111  A. A. wohl Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, S. 134; Dillenburger, in: Pautsch/Dillenburger, Kompendium zum Hochschul- und Wissenschaftsrecht, B. Studium und Lehre, Rn. 108. 1112  BVerfGE 147, 253, Rn. 120, 154. Zur Prüfung der Motivation im Rahmen von Auswahlgesprächen s. D. II. 4. a) aa) (1) (b) (aa) (α), S. 187 ff. 1113  So etwa § 33 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) Hs. 1, Abs. 4 S. 1 HRG 1985. 1106  Rottmann/Breinersdorfer, 1107  BVerfGE 147,

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Im Hinblick auf die dogmatische Ebene stellt sich die Frage, ob die berufsbezogene Motivation überhaupt einen Beitrag zur Erreichung größtmöglicher Teilhabe leisten kann. Entsprechend den obigen Ausführungen dürfen dabei mit der berufsbezogenen Motivation nicht die Motive für die Aufnahme eines Berufs (das „Warum“) gemeint sein. Auch hier kommt allenfalls nur die Motivation im Sinne der Ernsthaftigkeit, d. h. des Ausmaßes der Motivation, in Betracht, in einem bestimmten Bereich beruflich tätig zu werden. Aber auch eine so verstandene Motivation leistet keinen Beitrag zur Teil­ habemaximierung. Zweck der Ausbildungsfreiheit ist es, dem Einzelnen die Berufsausübung zu ermöglichen, ihn also in die Lage zu versetzen, einen Beruf zu ergreifen.1114 Die Motivation, in einem bestimmten Bereich beruflich tätig zu werden, betrifft aber nicht die Möglichkeit, sondern den Willen, einen Beruf zu ergreifen. Dieser Wille unterfällt jedoch nicht der Ausbildungs-, sondern der Berufsfreiheit. Hierin besteht der Unterschied der Berücksichtigung der Motivation zur Berücksichtigung der Eignung für einen sich typischerweise anschließenden Beruf. Diese hat Einfluss auf die Möglichkeit eines Bewerbers, später in einem bestimmten Bereich beruflich tätig zu werden. Während die Eignung für einen sich typischerweise anschließenden Beruf also noch vom Zweck der Ausbildungsfreiheit erfasst ist und auf ihre Erfassung gerichtete Kriterien damit zur Teilhabemaximierung beitragen können, liegt der Wille, einen Beruf zu ergreifen, jenseits dieses Ziels. Dogmatisch ist er nicht mehr der Ausbildungs-, sondern der Berufsfreiheit zu­ zuordnen. Die Motivation, in einem bestimmten Bereich beruflich tätig zu werden, trägt damit nicht zur Teilhabemaximierung bei und darf daher grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.1115 Selbst wenn man trotz dieser dogmatischen Bedenken davon ausgehen sollte, dass die Motivation, in einem bestimmten Bereich beruflich tätig zu werden, zur grundsätzlich zur Teilhabemaximierung beitragen kann, so dürfte aber eine verlässliche Prognose über diese künftige Motivation praktisch nicht möglich sein. Sie krankt zum einen an den oben im Zusammenhang mit der Motivation im Studium aufgeführten Problemen. Hinzu treten aber noch weitere Faktoren, welche die Zuverlässigkeit einer solchen Prognose erheblich beeinträchtigen. So muss für die Prognose über die Entscheidung, in einem Bereich beruflich tätig zu werden, erst einmal einigermaßen klar sein, um welche Tätigkeit es geht. Ein Studium bereitet aber regelmäßig nicht nur auf einen bestimmten Beruf, sondern auf ein ganzes Berufsfeld vor, 1114  S. o.

S.  143 f. können sich hiervon lediglich ergeben, wenn sich die Berücksichtigung dieser Motivation auf andere Güter von Verfassungsrang stützen lässt, etwa auf die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG im Zusammenhang mit der Landarztquote (s. etwa § 2 Landarztgesetz NRW), Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (197). 1115  Ausnahmen



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung191

innerhalb dessen sich die Tätigkeiten teils drastisch unterscheiden können. Dabei können sich die unterschiedlichen Tätigkeiten noch vergleichsweise ähneln wie etwa im Fach Medizin. In anderen Bereichen ist das Spektrum möglicher Tätigkeiten aber denkbar weit, beispielsweise im Fach Psychologie. Die Motivation, einen Beruf zu ergreifen ist jedoch in erheblichem Maß davon abhängig, welche berufliche Tätigkeit Bezugspunkt der Prognose ist. So kann ein Psychologe etwa im Hinblick auf die Grundlagenforschung sehr interessiert, an einer Tätigkeit als Psychotherapeut aber sehr uninteressiert sein oder umgekehrt. Hinzu tritt, dass die Ernsthaftigkeit im Hinblick auf die spätere Tätigkeit in einem Bereich in erheblichem Maß von dem Wissen einer Person über diesen Bereich abhängt. Die zu beurteilenden Studienbewerber haben aber auch in vergleichsweise überschaubaren Berufsfeldern wie der Medizin oftmals nur eine vage Vorstellung von den beruflichen Anforderungen und dem Berufsalltag. Mit der Zunahme an entsprechendem Wissen über einen Tätigkeitsbereich kann sich die Ernsthaftigkeit, dort beruflich tätig zu werden, aber erheblich verändern. Neben diesen Problemen fragt sich aber auch, ob sich Motivation im Hinblick auf einen so weit in der Zukunft liegenden Zeitpunkt überhaupt verlässlich prognostizieren lässt. Hier ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die Prognose vorgenommen wird, und dem, auf den sie sich bezieht, ein ganzes Studium liegt. Sowohl angesichts der im Studium vergangenen Zeit, aber auch auf Grund der in dieser Zeit gemachten (auch fachlichen) Erfahrungen, wird die Person, die im Beruf tätig ist, oftmals eine ganz andere sein als der zu beurteilende Bewerber. Selbst, wenn man also davon ausgeht, dass die Motivation, in einem bestimmten Bereich beruflich tätig zu werden, grundsätzlich berücksichtigt werden darf, so dürfte eine einigermaßen zuverlässige Prognose kaum möglich sein. Solange eine solche aber nicht gesichert ist, trägt die Auswahl nach der berufsbezogenen Motivation nicht zur Herstellung praktischer Konkordanz bei. (β) Die Zulässigkeit der Auswahl nach der Wartezeit An der Zulässigkeit der Auswahl nach der Wartezeit sind vielfältige Zweifel angemeldet worden. So besteht kein Zusammenhang zwischen ihr und der Eignung eines Bewerbers.1116 Darüber hinaus kann sie sich sogar schädlich auf die Eignung auswirken.1117 Insbesondere bei längeren Wartezeiten bestehen aber auch erhebliche Zweifel daran, ob sich die Berücksichtigung 1116  BVerfGE 147, 253, Rn. 216 f.; Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 128 f.; Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (171). 1117  BVerfGE 147, 253, Rn. 224; Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (187).

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

der Wartezeit auf das Sozialstaatsprinzip stützen lässt. So können sich Bewerber aus finanziell schwächeren Familien eine (längere) Wartezeit regelmäßig nicht leisten.1118 Für den speziellen Fall der Medizin lässt sich schließlich auch die Qualität der Patientenversorgung heranziehen.1119 All diesen Einwänden ist zuzustimmen. Gleichwohl lässt sich die Wartezeit nicht lediglich als Hilfskriterium bei der Auswahl zwischen gleich geeigneten Bewerbern heranziehen, wie bisweilen gefolgert wird.1120 Grund dafür ist, dass sich an der Wartezeit – zumindest in gewissem Maß – die Motivation der Bewerber, das Studium aufzugreifen ablesen und damit auf die Ernsthaftigkeit schließen lässt, mit der diese Bewerber das Studium betreiben werden.1121 Hinzu kommt, dass die Auswahl nach Wartezeit auch Schwächen anderer Auswahlkriterien ausgleichen kann1122, da rein eignungsbezogene Auswahlkriterien die Auswirkung der Motivation auf den Studienerfolg nicht zu erfassen vermögen.1123 Die Auswahl nach der Wartezeit kann daher eine Möglichkeit darstellen, die Teilhabe zu maximieren und ist deshalb verfassungsrechtlich zulässig. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass überlange Wartezeiten – trotz prognostizierter hoher Motivation der Bewerber – den Studienerfolg auch gefährden können.1124 Deshalb sind an die Auswahl nach Wartezeit bestimmte Anforderungen zu stellen. Zunächst ergibt sich aus dem Gebot der grundsätzlichen Auswahl nach Eignung, dass der Anteil der nach Wartezeit Ausgewählten nicht zu groß sein darf.1125 Andernfalls wird nicht grundsätzlich nach der Eignung ausgewählt. Grund für diesen Vorrang der Eignung gegenüber der durch die Wartezeit nachgewiesenen Motivation ist, dass die Eignung im Vergleich zur Motivation beständiger ist. Erstere bezieht sich auf die Möglichkeit eines Bewerbers, ein bestimmtes Leistungsniveau zu erreichen, letztere auf seinen Willen, dies zu tun. Dieser Wille kann sich wesentlich schneller ändern als die von den Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten des Bewerbers abhängige Möglichkeit, ein bestimmtes Leistungsniveau zu erreichen. Die Prognose der 1118  BVerfGE 33, 303, Rn. 91; 43, 291, Rn. 73; Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 128 f.; Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (321). 1119  Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (179 f.). 1120  Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (186). 1121  S. o. Fn.  1107. 1122  BVerfGE 147, 253, Rn. 219. 1123  Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass auch andere Kriterien Aufschluss über die Motivation geben können. So etwa eine vorherige berufliche Ausbildung und Tätigkeit in einem fachlich für das Studium relevanten Bereich, Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, S. 134. 1124  BVerfGE 147, 253, Rn. 224 zum Fach Medizin. 1125  BVerfGE 147, 253, Rn. 221.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung193

Eignung und damit auch die Auswahl nach der Eignung stellt damit eine zuverlässigere Auswahl dar. Das Bundesverfassungsgericht sah deshalb nur eine Vergabe von maximal 20 Prozent der in der Hauptquote zu verteilenden Plätzen anhand der Wartezeit als zulässig an.1126 Die Auswahl nach Wartezeit unterliegt aber nicht nur einer quantitativen, sondern auch einer qualitativen Beschränkung. Die chancenöffnende Wirkung der Auswahl nach Wartezeit sinkt nämlich, je länger die Wartezeit dauert.1127 Gleichzeitig gefährdet eine zu lange Wartezeit den Studienerfolg der Bewerber.1128 Sowohl Gesichtspunkte der Chancenoffenheit als auch Eignungsgesichtspunkte sowie die Tatsache, dass die prognostizierte Motivation bei überlangen Wartezeiten wegen Gefährdung des Studienerfolgs nicht mehr zur Erreichung größtmöglicher Teilhabe beiträgt, gebieten daher eine qualitative Begrenzung der zu berücksichtigenden Wartezeit. Das Bundesverfassungsgericht sah folglich eine Wartezeit von acht Semestern als bereits zu lang an.1129 (bb) Die Berücksichtigung schulnotenunabhängiger Kriterien Obgleich grundsätzlich nach Eignung auszuwählen ist, ist regelmäßig kein eignungsbezogenes Kriterium alleine in der Lage, die weit zu verstehende Eignung vollständig zu erfassen. Jedes Auswahlkriterium verfügt insoweit über bestimmte Schwächen, als es bestimmte eignungsbezogene Aspekte außen vor lässt. Das hat zur Folge, dass jedes Kriterium die Teilhabe nur für eine bestimmte Gruppe, nicht aber insgesamt weitestmöglich realisiert. Das Zusammenwirken der Gebote der grundsätzlichen Auswahl nach Eignung und der Chancenoffenheit hat vor diesem Hintergrund zur Folge, dass die Eignung nicht nur auf Basis eines Kriteriums ermittelt werden darf, weil (und sofern) dieses eine Kriterium eben nicht die ganze Breite der Eignungs­ 1126  BVerfGE 147, 253, Rn. 221. Zum Bezugspunkt dieser 20 % s. o. Fn. 253. Konsequenz dieser studiengangabhängigen Berechnung der zulässigen Maximalgröße der Wartezeitquote ist allerdings, dass – gemessen an der Gesamtzahl der verfügbaren Studienplätze – je nach Studiengang unterschiedlich viele Studienplätze nach der Wartezeit verteilt werden dürfen. Dies ist jedoch Folge des Spielraums des Normgebers bei der Festlegung der Größen von Vorab- und Hauptquote. 1127  Vgl. BVerfGE 43, 291, Rn. 71 f. 1128  BVerfGE 147, 253, Rn. 224. 1129  BVerfGE 147, 253, Rn.  225. Kritisch zur Begrenzung der Wartezeit: von ­Coelln, NJW 2018, 361 (380). Er stellt vor allem die Frage, warum es weiterhin möglich sein soll, die Wartezeit zu berücksichtigen, wenn das Abitur länger zurückliegt. Dem ist jedoch mit obigen Ausführungen zu entgegnen, dass auch die Berücksichtigung von (durch die Wartezeit) nachgewiesener Motivation zur Herstellung praktischer Konkordanz beitragen und insoweit nicht unzulässig sein kann.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

aspekte zu erfassen vermag.1130 Dementsprechend ist dann nach mehreren eignungsbezogenen Kriterien auszuwählen, wobei die einzelnen Kriterien die Schwächen der jeweils anderen einigermaßen ausgleichen müssen1131. Wird – wie zur Zeit des neuesten Urteils des Bundesverfassungsgerichts außerhalb der Wartezeitquote1132 – verbreitet nur nach der Abiturdurchschnitts­ note ausgewählt, bedeutet dies, dass die Auswahl um (mindestens) ein schulnotenunabhängiges Kriterium ergänzt werden muss.1133 Die Schulnotenunabhängigkeit dieser Kriterien gewährleistet dabei, dass die Schwächen der Auswahl nach der Abiturdurchschnittsnote durch die hinzutretenden Kriterien tatsächlich ausgleichbar sind. Als solche kommen etwa zusätzliche Eignungstests1134, der Nachweis berufspraktischer Ausbildung oder Tätigkeit1135 oder die Durchführung eines fachorientierten Auswahlgesprächs1136 in Betracht. Die ergänzende Heranziehung von Kriterien solcher Art ermöglicht die Maximierung von Teilhabe und trägt so zur Herstellung praktischer Konkordanz bei.1137 Bei allen diesen Kriterien geschieht dies zum einen über einen breiteren Blickwinkel auf die Eignung.1138 Im Rahmen der oben genannten Gren1130  BVerfGE 147,

253, Rn. 110. 253, Rn. 112. Vgl. aber auch schon BVerfGE 33, 303, Rn. 93. 1132  BVerfGE 147, 253. 1133  BVerfGE 147, 253, Rn. 207, 211. Dabei leitet das BVerfG dieses Erfordernis jedoch aus gleichheitsrechtlichen Aspekten her (BVerfGE 147, 253, Rn. 207). Dies ist grundsätzlich möglich, wenn man davon ausgeht, dass die Auswahl nach der Abiturdurchschnittsnote gleich geeignete Bewerber, die zwar über eine schlechtere Abiturdurchschnittsnote verfügen, sich dafür aber in einem anderen eignungsrelevanten Bereich stärker hervortun, ungerechtfertigt benachteiligt. Dann stellt die Abiturdurchschnittsnote keinen sachlichen Grund für die Differenzierung zwischen diesen Bewerbern mehr dar, wenn im Wesentlichen nur nach ihr ausgewählt wird. Angesichts der Tatsache, dass die Auswahl eines Teils der Bewerber nach der Abiturdurchschnittsnote jedoch zulässig ist (BVerfGE 147, 253, Rn. 211), stellt sich dann jedoch die Frage, warum aus einem sachlichen Grund i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG kein sachlicher Grund mehr wird, wenn ihm zu viel Gewicht zukommt. Dafür liefert der Begründungsansatz über die Chancenoffenheit bzw. die Herstellung praktischer Konkordanz eine Begründung, während der Begründungsansatz über Art. 3 Abs. 1 GG lediglich postulieren kann. Vorzugswürdig ist daher die Herleitung dieses Erfordernisses aus dem Gebot der Chancenoffenheit bzw. der Herstellung praktischer Konkordanz. 1134  Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, S. 134. Zu den Anforderungen an diese Eignungstests: Lindner, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 11, Rn. 85–87. 1135  BVerfGE 43, 291, Rn. 186; Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, S. 134. 1136  Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, S. 134. 1137  So kann die Auswahl durch ein Auswahlgespräch die Wahrscheinlichkeit des Studienabbruchs oder eines Studiengangwechsels senken, Haug, WissR 39 (2006), 96 (97 f.). 1138  Zum Auswahlgespräch vgl. Haug, WissR 39 (2006), 96 (97). 1131  BVerfGE 147,



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung195

zen1139 kann aber auch die Berücksichtigung der Motivation zur Teilhabemaximierung beitragen. (2) Aussagekraft der Auswahlkriterien Soweit die Auswahlkriterien den Bewerbern unterschiedliche Zulassungschancen einräumen, unterliegen sie einer Kontrolle anhand von Art. 3 Abs. 1 GG. Grundsätzlich ist für die Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung ein sachlicher Grund erforderlich1140, sodass die Auswahlkriterien von einem solchen getragen sein müssen. Ein sachlicher Grund liegt dabei etwa vor, wenn ein Auswahlkriterium eine Aussage über die Eignung der Bewerber für das Studium und gegebenenfalls einen sich anschließenden Beruf trifft. Daneben sind jedoch auch andere Differenzierungen zulässig, etwa die Schlechterstellung von Bewerbern um ein Zweitstudium im Verhältnis zu solchen um ein Erststudium.1141 Wie weit der Spielraum des Normgebers bei der Festsetzung der Auswahlkriterien ist1142, wann somit noch ein ausreichender sachlicher Grund vorliegt, hängt davon ab, nach welchem Maßstab sich die Prüfungsintensität im Hinblick auf das Differenzierungskriterium richtet, d. h. wie genau zu überprüfen ist, ob ein ausreichender Sachgrund für die Ungleichbehandlung vorliegt. Zudem kann ein Differenzierungsgrund auch deshalb zulässig sein, weil der Normgeber über eine Typisierungsbefugnis verfügt. (a) Die Prüfungsintensität Die Grenzen, die Art. 3 Abs. 1 GG einer Ungleichbehandlung zieht, sind von seinem Prüfungsmaßstab abhängig. Das Spektrum des Prüfungsmaßstabs reicht dabei vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.1143 Der Prüfungsmaßstab ist allerdings je nach Sachverhalt unterschiedlich und lässt sich nicht allgemein, sondern nur bezüglich des jeweiligen Sach- und Regelungsbereichs bestimmen.1144 Je 1139  S.

D. II. 4. a) aa) (1) (b) (aa), S. 186 ff. 315, Rn. 37; 100, 138, Rn. 129; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 18. 1141  BVerfGE 62, 117, Rn. 65. Zur Gleichbehandlung von Bewerbern um ein Zweitstudium und Fachhochschulabsolventen s. o. Fn. 224. 1142  Zum Spielraum in diesem Zusammenhang s. o. Fn. 1039. 1143  St. Rspr. BVerfGE 124, 199, Rn. 85; 133, 377, Rn. 74; 145, 106, Rn. 98. Kritisch dazu Kirchhof, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 240 ff. 1144  BVerfGE 110, 412, Rn. 64; 126, 400, Rn. 79; Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 527. 1140  BVerfGE 96,

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

nachdem, in welchem Bereich dieses Spektrums sich der anwendbare Prüfungsmaßstab befindet, unterscheidet sich die Prüfungsintensität. Der Prüfungsmaßstab wird umso strenger, die Prüfungsintensität steigt, je näher ein Differenzierungskriterium einem Merkmal aus Art. 3 Abs. 3 GG kommt, je weniger es vom Betroffenen beeinflussbar ist und je stärker die Ungleichbehandlung den Gebrauch von Freiheitsrechten erschwert.1145 Maßstab und Intensität der Prüfung werden letztlich davon beeinflusst, wie stark der Kern menschlicher Individualität betroffen ist.1146 Haben die Bewerber danach beispielsweise stärkeren Einfluss auf die Auswahl, etwa weil nach Leistungskriterien ausgewählt wird, so ist die Prüfung anhand von Art. 3 Abs. 1 GG weniger intensiv. Umgekehrtes gilt, wenn die Bewerber kaum Einfluss auf die Auswahl haben. Obwohl der Prüfungsmaßstab vom jeweiligen Sachverhalt, d. h. insbesondere von den konkreten Auswahlkriterien abhängt, gibt es jedoch eine Reihe von Faktoren, die bei der Auswahl zwischen Bewerbern stets vorliegen und die all diesen Sachverhalten gemein sind. Ausgehend von diesen lässt sich ein Basismaßstab mit der Folge einer für den Bereich der Hochschulzulassung „normalen“ Prüfungsintensität festlegen, von der aus sich die konkrete Prüfungsintensität für einen gegebenen Sachverhalt ermitteln lässt. Für einen strengeren Prüfungsmaßstab und eine höhere Prüfungsintensität spricht dabei, dass die Auswahlkriterien nicht nur über die Ungleichbehandlung der Bewerber, sondern auch über die Zulassung eines Bewerbers entscheiden. Insoweit erschweren sie den Gebrauch des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG. Da die gleichzeitige Beeinträchtigung von Freiheitsrechten – verstanden als Gegenbegriff zu Gleichheitsrechten – in der Regel eine intensivere Prüfung anhand von Art. 3 Abs. 1 GG nach sich zieht1147, ist auch diese Beeinträchtigung des Teilhaberechts in der Lage, eine intensivere Prüfung nach Art. 3 Abs. 1 GG herbeizuführen.1148 Insofern ist zunächst von einem strengeren Prüfungsmaßstab mit der Folge höherer Prüfungsintensität auszugehen, weil die Auswahlkriterien stets Teilhaberechte aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG beeinträchtigen und die Auswahl „eine Verteilung von Lebenschancen“1149 bedeuten kann. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Teilhaberechte der ­Bewerber – wie bereits dargestellt – eigene besondere Anforderungen an die 1145  BVerfGE 79, 212, Rn. 18; 112, 50, Rn. 56; 138, 136, Rn. 122; Kingreen/Poscher, StR II, Rn. 530; Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 45; Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 32 m. w. N. 1146  Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 45. 1147  S. o. Fn.  1145. 1148  Engels, Chancengleichheit und Bundesstaatsprinzip, S. 209. 1149  BVerfGE 33, 303, Rn. 68.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung197

Aus­wahlkriterien stellen, sodass Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG bereits selbst für einen gesteigerten Schutz bei der Festlegung der Auswahlkriterien sorgt. Dadurch ist seine prüfungsintensivierende Wirkung im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 GG teilweise abgegolten. Dennoch verbleibt – auch als Resultat des besonderen Stellenwertes der Ausbildung für die Selbstverwirklichung und persönliche Fortentwicklung – letztlich eine gesteigerte Prüfungsintensität. Eine reine Willkürkontrolle kommt daher nicht in Betracht. Gleichwohl ist aber auch nicht von einer strengen Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auszugehen, wenngleich der Maßstab auch näher an diesem Ende des Spektrums als an dem der Willkürkontrolle liegt. Dieser so entwickelte Basismaßstab führt zu einer gesteigerten Prüfungs­ intensität. Als Folge reicht deshalb nicht jeder sachliche Grund zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung aus. So genügen etwa Gründe der Prakti­ kabilität nicht, um den Vorrang eines Bewerbers zu rechtfertigen. Vielmehr müssen die Auswahlkriterien über eine hinreichende Aussagekraft verfügen, um ausreichende sachliche Gründe zur Differenzierung zwischen den Bewerbern zu liefern.1150 In der Folge ist genau zu überprüfen, ob ein Kriterium – etwa bezüglich der Eignung der Bewerber – über genügend Aussage- beziehungsweise Vorhersagekraft verfügt, um eine Differenzierung zu erlauben. Dies ist etwa nicht der Fall, wenn im Rahmen eines eignungsbezogenen Auswahlkriteriums nach geringen Unterschieden differenziert wird, diese Unterschiede aber gar nicht zuverlässig Unterschiede in der Eignung prognostizieren lassen.1151 In einem solchen Fall kann nicht auf Basis der nicht aussagekräftigen Unterschiede differenziert werden, weshalb die Bewerber insoweit als gleichwertig zu behandeln sind. Gleichwohl kann zwischen ihnen möglicher Weise auf der Basis anderer Kriterien unterschieden werden, sofern diese Kriterien ihrerseits eine hinreichende Aussage- beziehungsweise Vorhersagekraft zur Differenzierung aufweisen. (b) Die Typisierungsbefugnis Einen anderen Aspekt betrifft die Frage der unterschiedlichen Aussagekraft eines Kriteriums bezüglich verschiedener Bewerber. Verfügt ein Auswahlkriterium bezüglich unterschiedlicher Bewerber nicht über dieselbe Aussage-

1150  BVerfGE 43, 291, Rn. 71 ff.; 147, 253, Rn. 207 (zur Aussagekraft), Rn. 132, 202 ff. (zum Bezugspunkt im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen den Bewerbern); Hauck-Scholz/Brauhardt, WissR 41 (2008), 307 (329). 1151  Das BVerfG spricht diese Möglichkeit für die Abiturdurchschnittsnote im Zusammenhang mit einer möglichen Noteninflation an, lässt aber offen, ob ein solcher Fall derzeit schon eingetreten ist, BVerfGE 147, 253, Rn. 132.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

beziehungsweise Vorhersagekraft, so werden dadurch gleiche Bewerber ungleich und ungleiche Bewerber gleichbehandelt.1152 Bestehen etwa föderale Unterschiede im Hinblick auf die Aussagekraft der Abiturdurchschnittsnote1153, so werden Bewerber aus unterschiedlichen Ländern mit der gleichen Abiturdurchschnittsnote gleichbehandelt, auch wenn sich auf Grund der unterschiedlichen Aussagekraft der Abiturdurchschnittsnote nicht die gleiche Prognose über ihre Eignung anstellen lässt.1154 Gleichzeitig werden gleich geeignete Bewerber, die aber auf Grund der föderalen Unterschiede über unterschiedliche Abiturdurchschnittsnoten verfügen, ungleich behandelt. Ein weiteres Beispiel ist die Gleichbehandlung von Langzeit- und Gelegenheitsbewerbern im Rahmen der Wartezeitquote, die dadurch entsteht, dass die Wartezeit gemäß Art. 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StaatsV 2008 nach den Semestern seit Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung und nicht seit der erstmaligen Bewerbung berechnet werden.1155 Der Unterschied zwischen den Bewerbern liegt hier im Bewerbungszeitpunkt. Langzeitbewerber, die sich alsbald nach Erwerb ihrer Hochschulzugangsberechtigung für ein Studium entschließen, bewerben sich rasch und warten sodann längere Zeit auf ihre Zulassung, während Gelegenheitsbewerber erst längere Zeit nach Erwerb ihrer Hochschulzugangsberechtigung den Antrag auf Zulassung zu einem Studium stellen. Das Bundesverfassungsgericht lässt eine Auswahl nach der Wartezeit aber überhaupt nur wegen Prognosekraft dieses Kriteriums bezüglich der künftigen Motivation der Bewerber zu.1156 Bei Gelegenheitsbewerbern ist es jedoch möglich, dass diese nicht auf einen Studienplatz hingelebt und somit „aktiv“ gewartet haben. Vielmehr können sich diese Bewerber erst später zu einem Studium entschlossen haben, sodass die Wartezeit zwar ebenfalls verstrichen ist, sich jedoch eher von einem „passiven“ Warten reden lässt. Ob eine solche Wartezeit überhaupt eine Prognose hin1152  Nach st. Rspr. des BVerfG muss nach Art. 3 Abs. 1 GG auch wesentlich Ungleiches ungleich behandelt werden: BVerfGE 79, 1, Rn. 53; 98, 365, Rn. 63; 121, 108, Rn. 41; 126, 400, Rn. 78. Für die Literatur etwa: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 12; Manssen, StR II, Rn. 887; kritisch insoweit Sachs, in: Stern, StR IV/2, S.  1478 ff. 1153  Zu den derzeitigen föderalen Unterschieden bezüglich der Abiturdurchschnittsnote: BVerfGE 147, 253, Rn. 177 f.; ebenso Haug, WissR 39 (2006), 96 (102). Kritisch zu den Annahmen des BVerfG Bode, OdW 2018, 173 (181 ff.). 1154  BVerfGE 147, 253, Rn. 179. 1155  Dies sollte durch den Art. 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StaatsV 2016 geändert werden, der jedoch nicht von allen Ländern ratifiziert wurde. Damit wurde zum Zeitpunkt von BVerfGE 147, 253 weiterhin auf den Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung abgestellt, um die Wartesemester zu ermitteln. 1156  BVerfGE 147, 253, Rn. 219.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung199

sichtlich der künftigen Motivation dieser Bewerber zulässt, ist äußert fraglich. In beiden Beispielsfällen werden Unterschiede zwischen Bewerbern ausgeblendet und daher – zumindest in einigen Fällen – Gleiches ungleich und Ungleiches gleichbehandelt. Grund dafür ist, dass der Normgeber typisiert. Dies darf er, soweit er über eine Typisierungsbefugnis verfügt1157, wenn er dabei vom typischen Fall als Leitbild ausgeht.1158 In der Folge sind Ungleichbehandlungen hinzunehmen, die darauf zurückgehen, dass einzelne erfasste Fälle nicht diesem Leitbild entsprechen, solange diese Ungleich­ behandlungen nicht besonders intensiv sind1159 und die Zahl der durch die ­Typisierung benachteiligten Bewerber nicht zu groß ist1160. Eine solche Ty­ pisierungsbefugnis kommt vor allem bei komplexen Sachverhalten und Massen­erscheinungen in Betracht.1161 Da es sich bei der Regelung der Bewerberauswahl um die Regelung einer Massenerscheinung handelt1162, steht dem Normgeber daher bei der Aufstellung der Auswahlkriterien grundsätzlich eine Typisierungsbefugnis zu.1163 Zur Vereinfachung der Auswahl dürfen daher Bewerber in Gruppen zusammengefasst werden, auch wenn dies dem Einzelfall nicht immer gerecht wird.1164 Ob die Grenzen zulässiger Typisierung aber überschritten wurden, ist im Einzelfall zu beurteilen. Was die Typisierung im Zusammenhang mit den föderalen Unterschieden bezüglich der Aussagekraft der Abiturdurchschnittsnote betrifft, so sind die 1157  BVerfGE 100, 138, Rn. 130; 103, 310, Rn. 42; Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 104 ff.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 36. 1158  Zum typischen Leitbild: BVerfGE 27, 142, Rn. 26; 112, 268, Rn. 70; 126, 268, Rn. 38; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 37; Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 108. Allerdings können in diesem Zusammenhang Härteklauseln erforderlich sein, BVerfGE 68, 155, Rn. 43 ff.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 38; Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 111. 1159  BVerfGE 100, 138, Rn. 130; 147, 253, Rn. 187; Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 124; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 37; Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 109. 1160  BVerfGE 17, 1, Rn. 61; 68, 155, Rn. 44 ff.; 84, 348, Rn. 40; Jarass, in: Jarass/ Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 38; Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 124; Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 109. 1161  Zu komplexen Sachverhalten im Zusammenhang mit der Bewerberauswahl bei der Hochschulzulassung: BVerfGE 37, 104, Rn. 34 f. Zu Massenerscheinungen: BVerfGE 84, 348, Rn. 40; 126, 268, Rn. 38; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 36; Kischel, in: BeckOK, GG, Art. 3, Rn. 123; Kirchhof, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 402. 1162  BVerfGE 147, 253, Rn. 187; Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S. 139. 1163  So auch Fehling, RdJB 2018, 100 (104). 1164  Vgl. BVerfGE 77, 308, Rn. 109; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 36.

200

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Grenzen der zulässigen Typisierung sowohl im Hinblick auf die Anzahl der Benachteiligten, als auch im Hinblick auf die Schwere der Ungleichbehandlung überschritten, da eine große Zahl von Bewerbern hierdurch bei der Zulassung zum Studium ihrer Wahl benachteiligt wird.1165 In der Folge ist eine Auswahl nach diesem Kriterium unzulässig, wenn sich keine annähernde Vergleichbarkeit herstellen lässt und die fehlende Vergleichbarkeit nicht anderweitig ausgeglichen wird.1166 Möglichkeiten des Ausgleichs sind dabei etwa das umstrittene, aber vom Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit gebilligte1167 Bonus-Malus-System1168, die Errichtung von Länderquoten1169 oder die Einführung von Prozentrangregelungen1170. In diesem Zusammenhang wird teilweise kritisiert, dass es auch innerhalb eines Landes Probleme mit der Vergleichbarkeit der Abiturdurchschnittsnote geben könne, weshalb die Beschränkung auf die länderübergreifende Vergleichbarkeit inkonsequent sei.1171 Solche bundeslandinternen Unterschiede können dabei auf eine Vielzahl von Ursachen zurückzuführen sein. So können sie im Beurteilungsspielraum der Lehrer oder in Einflüssen der Referenzgruppe auf die Bewertung des Einzelnen gründen. Als Beispiele für letzteres führt das Bundesverfassungsgericht die Abhängigkeit der individuellen (Lern-)Leistung und der Bewertung von den Mitschülern und dem 1165  BVerfGE 147,

253, Rn. 179, 187. 253, Rn. 122, 133, 173, 179 ff. Kritisch zur Herstellung annähernder Vergleichbarkeit durch Vereinheitlichung der Prüfungen und Standards: Bode, OdW 2018, 173 (186 f.). 1167  BVerfGE 37, 104; a. A. BayVGH, BayVBl. 1975, 555 (557). Kritisch hierzu wiederum Menger, VerwArch 67 (1976), 419 (425). 1168  Klafki, JZ 2018, 541 (548). Bei diesem System wird für jedes Bundesland eine Durchschnittsnote aus allen Abiturzeugnissen gebildet. Sodann wird eine Gesamtdurchschnittsnote aus allen Durchschnittsnoten der Länder gebildet. Daraufhin werden die Abiturdurchschnittsnoten der Bewerber aus einem Land um einen Bonus verbessert oder um einen Malus verschlechtert. Ob eine solche Korrektur vorgenommen wird und wie hoch sie ist, richtet sich danach, ob bzw. wie weit die Durchschnittsnote des betreffenden Bundeslandes über oder unter der Gesamtdurchschnittsnote liegt. Für die Fachhochschulreife wird entsprechend verfahren. S. zum System insgesamt Art. 11 Abs. 8 StaatsV 1972. 1169  Bode, OdW 2018, 173 (185). Bei der Errichtung von Länderquoten werden für die Auswahl nach der Abiturdurchschnittsnote Unterquoten für jedes Bundesland gebildet, sodass nur die Absolventen eines Bundeslandes miteinander konkurrieren, s. etwa Art. 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3, 4 StaatsV 2008 und Art. 10 Abs. 1 S., 3, 4 StaatsV 2019. 1170  Bode, OdW 2018, 173 (185); Klafki, JZ 2018, 541 (548). Bei einer Prozentrangregelung wird ermittelt, welchen Rang ein Bewerber im Vergleich mit anderen Bewerbern aus dem selben Land hat (Top 1 %, Top 2 % usw.), was den Vorteil hat, dass dieses Verfahren gut mit anderen Kriterien kombiniert werden kann, Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (192). 1171  Mehde, DVBl. 2019, 1025 (1030). 1166  BVerfGE 147,



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung201

Lernumfeld, wie etwa der Klassengröße, Niveauunterschieden und dem sozialen Umfeld auf.1172 Diese Unschärfen wohnen jedoch jeder Auswahlentscheidung inne, die auf Qualifikationsbewertungen beruht1173, und müssen deshalb als in der Natur der Sache liegend hingenommen werden. Vergleichbarkeitsprobleme auf bundeslandinterner Ebene unterscheiden sich daher von den länderübergreifenden, weil bundeslandinterne in der Natur der Sache liegen, im Fall der Abiturdurchschnittsnote teilweise durch die Breite der Erkenntnisgrundlage ausgeglichen und im Übrigen durch die Anforderungen an Prüfungsbewertungen beschränkt werden.1174 Bundeslandübergreifende Vergleichbarkeitsprobleme gehen hingegen nicht auf die Unschärfen der Leistungsbewertung, sondern auf unterschiedliche Bildungs- und Bewertungssysteme zurück.1175 Sie sind also Folge einer bewussten Entscheidung der zuständigen Stelle, liegen nicht in der Natur der Sache und sind damit vermeidbar oder zumindest behebbar. Im Gegensatz dazu lassen sich die in der Natur der Sache liegenden Unschärfen kaum verallgemeinerbar erfassen und ausgleichen.1176 Anders ist hingegen der zweite Fall der Typisierung zu beurteilen, nämlich derjenige der Gleichbehandlung von Langzeit- und Gelegenheitsbewerbern bei der Auswahl nach der Wartezeit. Auch hier spricht für eine Typisierungsbefugnis, dass die Auswahlregelung eine Massenerscheinung betrifft. Ist zudem angesichts der hohen Nachfrage nach einem Studiengang, der einem absoluten Numerus clausus unterliegt, davon auszugehen, dass der typische Wartende ein Langzeitbewerber ist und die Zahl der Gelegenheitsbewerber gering ist, so gewährt die Typisierungsbefugnis dem Normgeber einen Spielraum, der die Gleichbehandlung dieser beiden Gruppen zulässt, zumal sich aus dem Zeitpunkt der Bewerbung nicht zwingend auf die Motivationslage schließen lässt. Für das Fach Medizin ging das Bundesverfassungsgericht anscheinend von der Zulässigkeit einer solchen Typisierung aus.1177 (3) Anforderungen aus sonstigem Verfassungsrecht Weitere inhaltliche Anforderungen an die Auswahlkriterien können sich aus sonstigem Verfassungsrecht ergeben. So verbieten etwa Art. 3 Abs. 3 GG und Art. 33 Abs. 1 GG die Ungleichbehandlung auf Grund bestimmter Merk1172  BVerfGE 147, 1173  Ebd. 1174  Ebd.

1175  BVerfGE 147,

253, Rn. 181.

253, Rn. 182. 253, Rn. 181. 1177  BVerfGE 147, 253, Rn. 222, allerdings ohne Hinweis auf die Typisierungsbefugnis. 1176  BVerfGE 147,

202

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

male. Prägnantestes Beispiel hierfür ist die Begünstigung von Landeskindern. Hierbei handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um eine verfassungswidrige Bevorzugung auf Grund der Herkunft.1178 Außerdem wirkt das Sozialstaatsprinzip in die Festlegung der Auswahlkriterien hinein. Im Rahmen ihrer Festlegung kollidiert dieses Staatsziel ebenfalls mit den Teilhaberechten aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG.1179 Daher ist bei Aufstellung dieser Kriterien auch das Sozialstaatsprinzip zu berücksichtigen.1180 Allerdings verlangt es als Staatsziel grundsätzlich keine bestimmten Maßnahmen.1181 Konkrete Auswahlkriterien lassen sich daher nicht daraus herleiten. Vielmehr wirkt es insbesondere im Hinblick auf die Vorabquote1182 als die Beschränkung des Teilhaberechts aufwiegendes Gut von Verfassungsrang. Gleichwohl können Härteklauseln auf Grund des Sozialstaatsprinzips durchaus geboten sein.1183 1178  BVerfGE 33, 303, Rn. 95 ff.; 134, 1, Rn. 60 ff. Freilich ließ das BVerfG die Frage offen, ob ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG vorgelegen habe, BVerfGE 33, 303, Rn. 100. Richtigerweise lag aber wahlweise ein solcher oder ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 1 GG vor, Häberle, VVDStRL 30 (1972), 43 (116); ders., DÖV 1972, 729 (739 f.) (nur Verletzung von Art. 3 Abs. 3 GG); Clevinghaus, RdJB 1975, 172 (173); Battis, in: Sachs, GG, Art. 33, Rn. 17 (nur Verletzung von Art. 33 Abs. 1 GG); Caspar, RdJB 2003, 48 (55 f.) (nur Verletzung von Art. 33 Abs. 1 GG); Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3, Rn. 298 (nur Verletzung von Art. 33 Abs. 1 GG). 1179  Nach Sterns Terminologie handelt es sich dabei um einen Fall der unechten Grundrechtskollision, Stern, in: Stern, StR III/2, S. 657 ff. 1180  S. o. Fn.  1056. 1181  BVerfGE 22, 180, Rn. 74; 59, 231, Rn. 67; 100, 271, Rn. 56; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20, VIII., Rn. 18; Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20, Rn. 47. 1182  Der Vorabquote unterfallen nach Art. 9 Abs. 1 S. 1 StaatsV 2019: Härtefälle (Nr. 1), Bewerberinnen und Bewerber, die sich verpflichtet haben, ihren Beruf in einem Bereich des besonderen öffentlichen Bedarfs auszuüben (Nr. 2), Ausländer und Staatenlose (Nr. 3) und Zweitstudienbewerber (Nr. 4). Die Härtefallquote wird dabei durch das Sozialstaatsprinzip (Lüthje, JZ 1977, 577 (585)), die Quote des besonderen öffentlichen Bedarfs durch die jeweils relevanten Verfassungsgüter, wie etwa Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG bei einer Landarztquote (s. Fn. 612) und die Quote für Ausländer und Staatenlose durch das Interesse am Internationalen Austausch gedeckt (BVerfGE 33, 303, Rn. 91; Häberle, DÖV 1972, 729 (737); für die Verortung im Sozialstaatsprinzip hingegen Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft?, S. 141 f.). Zu Recht ist darauf hingewiesen worden, dass Sozialstaats- und Gemeinwohlerwägungen die Zweitstudiumsquote nicht decken, Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (180). Diese ist jedoch dadurch gerechtfertigt, dass das Teilhaberecht derjenigen, die zum ersten Mal davon Gebrauch machen, schwerer wiegt als das derjenigen, die bereits in der Vergangenheit davon Gebrauch gemacht haben, BVerfGE 43, 291, Rn. 165; 45, 393, Rn. 16; 62, 117, Rn. 81; s. auch D. I. 4. a) bb) (6) (c) (aa) (β), S. 100 ff., insb. S. 106. 1183  Bastian, Zugangsbeschränkungen zum Studium an wissenschaftlichen Hochschulen, S. 134 ff., 137; Naujoks, Numerus clausus – geschlossene Universität in ei-



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung203

Auch das Rechtsstaatsprinzip kann sich auf die Auswahlregelungen auswirken. So ist eine in die Vergangenheit wirkenden Änderung des Hochschulzulassungsrechts am rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbot zu messen.1184 Dieses kann spezielle Auswahlregelungen für Altfälle erforderlich machen.1185 Dabei wird eine solche Änderung aber in der Regel nur einen Fall der unechten Rückwirkung darstellen, da für eine echte Rückwirkung einem bereits zugelassenen Studenten rückwirkend die Zulassung entzogen werden müsste. Beispiele für solch rückwirkende Änderung des Hochschulzulassungsrechts standen bisher immer im Zusammenhang mit der Auswahl der Bewerber nach der Wartezeit. So stellten sowohl die Einführung der Parkstudiumsklausel als auch die Abschaffung der Auswahl nach der Wartezeit Fälle der unechten Rückwirkung dar.1186 Ersteres liegt schon länger zurück, die Parkstudiumsklausel wurde durch § 32 Abs. 3 Nr. 2 S. 7 Hs. 1 HRG 1976 eingeführt.1187 Letzteres erlangte vor nicht allzu langer Zeit Relevanz, da nach Art. 10, 18 StaatsV 2019 für die Zukunft die Auswahl der Studienbewerber nach der Wartezeit entfällt, wobei in Art. 18 StaatsV 2019 eine Übergangsregelung für „Altwarter“ vorgesehen ist.1188 ner offenen Gesellschaft?, S. 140 f.; Hirtschulz, Numerus clausus und Verfassungsverwirklichung, S. 66. 1184  S. dazu D. I. 4. a) bb) (6) (c) (aa) (χ), S. 108 ff. 1185  S. o. D. I. 4. a) bb) (6) (c) (aa) (χ), S. 108 ff. 1186  Zur Einstufung der Einführung der Parkstudiumsklausel als Fall der unechten Rückwirkung: BVerfGE 43, 291, Rn. 221 ff. Zur Einstufung der Abschaffung der Auswahl nach der Wartezeit als Fall der unechten Rückwirkung: Brehm/Brehm-Kaiser, NVwZ-Extra 2018, 1 (19); Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (184). 1187  Dieser lautete: „Zeiten eines Studiums an einer Hochschule werden auf die Wartezeit nicht angerechnet“. Im Rahmen der Auswahl nach der Wartezeit waren also diejenigen Semester nicht (mehr) zu berücksichtigen, in denen ein Bewerber für einen anderen Studiengang eingeschrieben war. Eine Übergangsregelung für Altfälle war nicht vorgesehen. Dies beeinträchtigte die Bewerber, die sich zum Zeitpunkt der Einführung dieser Klausel bereits in einem Parkstudium befanden. Hier verfügten diejenigen über kein schutzwürdiges Vertrauen, die erst nach dem Beschluss des Bundestags ein Parkstudium aufgenommen hatten (BVerfGE 43, 291, Rn. 224). Hingegen überwog das schutzwürdige Vertrauen derjenigen, die ihr Parkstudium bereits davor aufgenommen hatten, das Regelungsinteresse des Gesetzgebers (BVerfGE 43, 291, Rn.  225 f., 227 ff.). 1188  Hierdurch werden „Altwarter“ benachteiligt, die in Erwartung der Zulassungsmöglichkeit über die Wartezeitquote schon lange Wartezeiten in Kauf genommen haben. Insoweit wird diskutiert, welchen Personen schutzwürdiges Vertrauen zukommt. Ein solches komme nur bei denjenigen in Betracht, die ihre Wartezeit noch vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts begonnen haben (Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (183); Brehm/Brehm-Kaiser, NVwZ-Extra 2018, 1 (19 f.). Der Vorlagebeschluss des VG Gelsenkirchen habe hingegen das womöglich schutzwürdige Vertrauen noch nicht beseitigen können, da damals noch nicht erkennbar war, ob die Vorlage überhaupt zulässig (nur fünf Jahre zuvor nahm das BVerfG eine entsprechende Vorlage nicht zur Entscheidung an, BVerfG 1 BvL 13/12) geschweige denn im Hinblick auf die

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob auch im Fall der Abschaffung einer verfassungswidrigen Regelung Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist. Hintergrund ist, dass die Übergangsregelung des Art. 18 StaatsV 2019 bis zum Wintersemester 2021/22 eine Berücksichtigung der Wartezeit auch jenseits der vom Bundesverfassungsgericht zugelassenen sieben Semester1189 zu berücksichtigen war. Insbesondere wurden diejenigen bevorzugt, die bereits mindestens 15 Semester gewartet haben. Aus diesem Grund wurde die Übergangsregelung insoweit für verfassungswidrig gehalten.1190 Dieses Problem dreht sich um die Frage, ob eine verfassungswidrige Regelung Vertrauensgrundlage im Sinne des rechtsstaatlichen Rückwirkungsgebots sein kann. Hiergegen spricht, dass eine verfassungswidrige Regelung ex tunc und ipso iure rechtsunwirksam ist1191, die Vertrauensgrundlage aber rechtserhebWartezeit begründet war, Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (184), i. Erg. ebenso Brehm, OdW 2019, 35 (38)). Für diesen Fall wird bisweilen davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse das schutzwürdige Vertrauen überwiegt (Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (185)). So bestehe einerseits ein hohes öffentliches Interesse gerade an der rückwirkenden Regelung. Zum einen diene die Neuregelung nämlich der Beseitigung einer verfassungswidrigen Rechtslage (Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (185)), zum anderen gehe die zeitliche Verlängerung der Auswahl nach der Wartezeit zu Lasten von anderen Hochschulbewerbern (Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (185)). Auf der anderen Seite sei das schutzwürdige Vertrauen der „Altwarter“ durch die viersemestrige Übergangszeit herabgesetzt (Wolff/ Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (185)). Dem lässt sich entgegenhalten, dass die Neuregelung, im Hinblick auf die Abschaffung der Wartezeit, keine verfassungswidrige Rechtslage betrifft. Das BVerfG erklärte nur eine Wartezeit von über sieben Semestern für verfassungswidrig (BVerfGE 147, 253, Rn. 225; zur Auswahl nach Wartezeit s. D. II. 4. a) aa) (1) (b) (aa), S. 186 ff.). Außerdem reduziert die Übergangszeit nicht das Vertrauen der Betroffenen, sondern lediglich die Zahl derer, die zum Zeitpunkt der Neuregelung noch nicht auf Grund ihrer Wartezeit ausgewählt wurden und daher noch über schutzwürdiges Vertrauen verfügen (vgl. dazu auch BVerfGE 43, 291, Rn. 225). Die erforderliche Abwägung dreht sich damit um die Frage, ob es den Wartenden zumutbar ist, anders zu disponieren. Zumindest was diejenigen anbelangt, die zum Zeitpunkt der Zulassung noch keine acht Semester gewartet haben, spräche für das Überwiegen des Vertrauens, dass sich die „Altwarter“ bereits auf die Zulassung über die Wartezeit eingestellt und auf die Aufnahme eines anderen Studiums verzichtet haben. Allerdings ist auch die Dauer der Zeit zu berücksichtigen, die bereits gewartet wurde, wobei auf den Zeitpunkt des Urteils des BVerfG abzustellen ist. Da ein Studienwechsel im ersten Jahr nicht unüblich ist, wird denen, die am 19.12.2017 im zweiten Wartesemester waren, ein Umdisponieren noch zumutbar sein. Den anderen dürfte ein Umdisponieren hingegen unzumutbar sein. Letztlich können diese Erwägungen jedoch dahinstehen, da aus den auf S. 204 ff. aufgeführten Gründen schon kein Vertrauenstatbestand gegeben und das Problem unter dem Gesichtspunkt eines Härtefalles zu behandeln ist. 1189  BVerfGE 147, 253, Rn. 225. 1190  Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (184 ff.). 1191  BVerfGE 37, 217, Rn. 127; 61, 149, Rn. 158 f.; Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 379; Klein, in: Benda/Klein/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1442.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung205

lich sein muss.1192 Dementsprechend liegt in einem solchen Fall nur ein Rechtsschein, aber kein ausreichender Vertrauenstatbestand vor.1193 In diesem Zusammenhang wird dem Bundesverfassungsgericht Widersprüchlichkeit vorgeworfen, weil einerseits nicht auf die Gültigkeit einer solchen Norm1194, andererseits aber auch nicht auf ihre Ungültigkeit1195 vertraut werden dürfe.1196 Hier wird aber verkannt, dass Voraussetzung für rechtsstaatlichen Vertrauensschutz in den zu beiden Situationen entschiedenen Fällen schlicht nicht gegeben waren. Wird auf einen bloßen Schein vertraut, so fehlt es an einer rechtserheblichen Vertrauensgrundlage. Daher schied Vertrauensschutz aus. In dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall zum Vertrauen auf die Unwirksamkeit – besser Ungültigkeit – einer Norm, was das konkrete Vertrauen hingegen nicht schutzwürdig.1197 So lange also schlicht geprüft wird, ob die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes vorliegen, kann keine Widersprüchlichkeit entstehen. Gegen das Fehlen eines Vertrauenstatbestandes im Fall verfassungswidriger Normen ließe sich zwar einwenden, dass das Bundesverfassungsgericht – wie im dritten Numerus-clausus-Urteil – die Weitergeltung anordnen kann, sodass die Regelung für einen bestimmten Zeitraum oder bis es durch verfassungskonformes Recht ersetzt wird weitergilt.1198 Daher könnte man überlegen, ob nicht eine verfassungswidrige Regelung wenigstens in diesen Fällen Vertrauensgrundlage sein kann. Grund für diese Ausnahme von oben genanntem Grundsatz der Unwirksamkeit ist jedoch, dass die Weitergeltung der Regelung aus verfassungsrechtlicher Sicht das geringere Übel im Vergleich zu ihrer Unwirksamkeit darstellt.1199 Diese Ratio trägt aber die Erstreckung der Ausnahme auf die Gewährung von Vertrauensschutz nicht. Denn dann müsste die Abwesenheit von Vertrauensschutz verfassungswidriger sein als die Gewährleistung desselben. Die zu beantwortende Frage ist aber gerade, ob denn überhaupt schutzwürdiges Vertrauen, d. h. vor allem eine taugliche Vertrauensgrundlage, besteht. Die vom Bundesverfassungsgericht angeord-

Vertrauensschutz als Verfassungsprinzip, S. 296. 261, Rn. 59;19, 187, Rn. 37 f.; BVerfG 1 BvR 2384/08, Rn. 19; vgl. auch Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (184). 1194  S. o. Fn.  1193. 1195  BVerfGE 22, 330, Rn. 73. 1196  Aschke, Übergangsregelungen als verfassungsrechtliches Problem, S. 271  f.; Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung und Sofortwirkung von Gesetzen, S. 84. 1197  Vgl. BVerfGE 22, 330, Rn. 71 ff. 1198  v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 302. 1199  BVerfGE 37, 217, Rn. 127 ff.; 73, 40, Rn. 180; 111, 191, Rn. 171; Schlaich/ Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 405; Klein, in: Benda/Klein/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1470; v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 300, 302. 1192  Schwarz,

1193  BVerfGE 13,

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

nete Weitergeltung bestimmter Regelungen lässt sich daher nicht zur Begründung eines rechtserheblichen Vertrauenstatbestandes heranziehen.1200 Mangels rechtserheblicher Vertrauensgrundlage ist also kein rechtstaat­ licher Vertrauensschutz geboten, soweit es um die Altwarter geht, die bereits acht Semester oder mehr gewartet haben. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass zumindest die Langzeitwartenden ihre Lebensführung darauf eingestellt haben, über die Wartezeit zugelassen zu werden. Wie Art. 18 StaatsV 2019 zeigt, geht es dabei teilweise um erhebliche Zeiträume. So gab es Bewerber, die über 15 Semester auf die Zulassung gewartet haben. Diese Entscheidung ist vom Staat veranlasst worden, wobei die Bewerber keinen Einfluss auf die vom Staat verfassungswidrig ausgestaltete Auswahlregelung hatten. Die endgültige Nichtzulassung dieser „Altwarter“ würde vor diesem Hintergrund eine erhebliche Härte darstellen. Daher ist davon auszugehen, dass die Zulassung dieser „Altwartern“ auch zu Lasten anderer Bewerber vom Sozialstaatsprinzip gedeckt ist. Dabei fällt auch ins Gewicht, dass es sich um eine beschränkte Anzahl an „Altwartern“ handelt und dass deren Anzahl mit jedem Semester weiter abnimmt. Dagegen lässt sich auch nicht anführen, dass grundsätzlich nach der Eignung auszuwählen ist.1201 Wie bereits gezeigt, ist dies Folge des Gebots der Herstellung praktischer Konkordanz zwischen den kollidierenden Grundrechten der konkurrierenden Bewerber. Im hier relevanten Fall ist diese Kollision aber nicht zweidimensional. Vielmehr kollidiert das Sozialstaatsprinzip ebenfalls mit den Teilhaberechten, sodass auch in dieser Dimension ein Ausgleich zu schaffen ist. Soll in dieser dreidimensionalen Kollision ein Ausgleich hergestellt werden und das Sozialstaatsprinzip dabei nicht leer ausgehen, so müssen die Teilhaberechte der besser geeigneten zwangsläufig ein Stück weichen. Damit gleicht die Situation im Übrigen der der Auswahl für die Vorabquoten, wo nicht nur die Teilhaberechte der Bewerber, sondern auch diese mit weiteren Gütern von Verfassungsrang zum Ausgleich zu bringen sind.1202 Als vorübergehender Ausgleich besonderer Härte ist daher die zeitlich begrenzte Berücksichtigung von „Altwartern“

1200  Dies gilt ebenso wenig für das „Interesse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend schon abgeschlossenen Veranlagung“ (BVerfGE 105, 73, Rn. 222), das der 2. Senat des BVerfG bisweilen für die ausnahmsweise Gewährung von Vertrauensschutz bei verfassungswidrigen Normen heranzieht (etwa BVerfGE 99, 280, Rn. 77 ff.; 105, 73, Rn. 221 ff.). Zum einen sind die Zeiträume im Hinblick auf die Wartezeit bei der Hochschulzulassung regelmäßig wesentlich länger als der kurze Veranlagungszeitraum im Steuerrecht. Zum anderen betrifft die Hochschulzulassung schlicht das Interesse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung nicht. 1201  So aber Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (187). 1202  S. dazu im Detail Fn. 1182.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung207

verfassungsrechtlich zulässig, solange weiterhin ein Großteil der Bewerber grundsätzlich nach der Eignung ausgewählt wird. Neben diesen typischerweise zu berücksichtigenden Anforderungen können je nach konkretem Sachverhalt noch weitere Grundrechte oder Rechtsgüter von Verfassungsrang zu berücksichtigen sein, etwa das Patientenwohl im medizinischen Bereich.1203 Auch zwischen diesen Gütern und den Teilhaberechten der Bewerber ist dann ein Ausgleich zu schaffen. (4) Das Verhältnis der Kriterien zueinander Innerhalb der oben angeführten verfassungsrechtlichen Grenzen ist der Normgeber bei der Auswahl und Ausgestaltung der Auswahlkriterien frei.1204 Sowohl aus praktischen als auch aus rechtlichen Gründen erfolgt die Vergabe der Studienplätze dabei unter Heranziehung verschiedener Kriterien, die nebeneinander stehen. Das Verhältnis der Kriterien zueinander, insbesondere ihre Gewichtung, kann der Normgeber ebenfalls grundsätzlich frei bestimmen. Was etwa die Modalitäten der Berücksichtigung anbelangt, so kann er beispielsweise eine gewichtete Berücksichtigung der einzelnen Kriterien vorsehen. Ebenso kann er die Vergabe der Studienplätze nach verschiedenen Quoten vorsehen, wie es derzeit geschieht. Dabei ist sowohl die Aufteilung in eine Vorab- und eine Hauptquote als auch die weitere Unterteilung der Hauptquote in verschiedene Quoten von Spielraum des Normgebers gedeckt.1205 Bei Nutzung des Spielraums im Hinblick auf die Gewichtung der Kriterien zueinander wie auch der Größe der einzelnen Quoten dürfen allerdings das Gebot der grundsätzlichen Auswahl nach der Eignung und das der Chancenoffenheit nicht unterlaufen werden. So ist etwa die Vorabquote, die der Berücksichtigung öffentlicher und sozialstaatlicher Belange dient1206, mengenmäßig zu begrenzen.1207 Dabei kann mit dem Bundesverfassungsgericht eine Begrenzung auf bis zu 20 Prozent der zu verteilenden Studienplätze als unbedenklich angesehen werden.1208 Gleiches gilt im Rahmen der Hauptquote 1203  Zum

Patientenwohl BVerfGE 147, 253, Rn. 108. 253, Rn. 196, 206, 209; Thieme, Deutsches Hochschulrecht,

1204  BVerfGE 147,

Rn. 830. 1205  Zur Unterteilung in Vorab- und Hauptquote: BVerfGE 147, 253, Rn. 122; zur Unterteilung der Hauptquote: BVerfGE 147, 253, Rn. 126. 1206  S. dazu im Detail Fn. 1182. 1207  BVerfGE 147, 253, Rn. 125. 1208  Vgl. BVerfGE 147, 253, Rn. 125.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

für die Verteilung der Studienplätze nach der Wartezeit. Auch hier würde der Normgeber das Gebot der grundsätzlichen Auswahl nach Eignung missachten, wenn er einen zu großen Anteil der Studienplätze nach der Wartezeit vergibt. Die mengenmäßige Begrenzung dieser Quote hat das Bundesverfassungsgericht ebenfalls auf 20 Prozent festgelegt, wobei sich dieser Anteil nur auf die Hauptquote bezieht.1209 Gemessen an der Gesamtzahl der verfügbaren Studienplätze liegt der Anteil deshalb sogar unterhalb von 20 Prozent.1210 Schließlich darf der Normgeber im Rahmen der Eignungskriterien der Abiturdurchschnittsnote zwar maßgebliches Gewicht einräumen.1211 Jedoch muss – wegen des Gebots der Chancenoffenheit – daneben (mindestens) einem schulnotenunabhängigen Kriterium hinreichendes Gewicht zukommen, sofern nicht ausnahmsweise die ganze Breite der Eignung in der Abiturdurchschnittsnote abgebildet ist.1212 Im Fall der Vergabe nach Quoten äußert sich dies dahingehend, dass ein hinreichender Teil der Studienplätze nach (mindestens) einem solchen Kriterium zu vergeben ist.1213 Dies ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn nur ein zu vernachlässigender Teil der Studienplätze auf diese Weise vergeben wird, sodass die Plätze weiterhin überwiegend nach der Abiturdurchschnittsnote vergeben werden.1214 bb) Das Auswahlverfahren Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG stellen ebenfalls Anforderungen an das Auswahlverfahren, wobei sich manche auf die verschiedenen Gewährleistungsdimensionen des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG und andere auf Art. 3 Abs. 1 GG zurückführen lassen. Zur verfassungsrechtlichen Bewertung des Auswahlverfahrens ist abermals eine Gesamtbetrachtung dieses Verfahrens nötig. Ist das Auswahlverfahren dabei komplexerer Natur, kann eine solche Gesamtbetrachtung durchaus dazu führen, dass lediglich Teile des Verfahrens verfassungswidrig sind. Die Anforderungen des Art 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG an das Auswahlverfahren entspringen drei verschiedenen Ansatzpunkten. 1209  S. o.

Fn.  249. Fn.  1126. 1211  BVerfGE 147, 253, Rn. 211. 1212  S. o. D. II. 4. a) aa) (1) (b) (bb), S.  193 ff. 1213  BVerfGE 147, 253, Rn. 207, 211. Soweit der Normgeber die Berücksichtigung weiterer Eignungskriterien nur bei der Auswahl durch die Hochschulen vorsieht, muss er die Hochschulen dazu verpflichten, die Studienplätze nicht allein oder ganz überwiegend nach der Abiturdurchschnittsnote zu vergeben, BVerfGE 147, 253, Rn. 209. 1214  BVerfGE 147, 253, Rn. 209. 1210  S. o.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung209

Zunächst gelten dessen objektiv-rechtliche Anforderungen an das Zulassungsverfahren auch im Rahmen des Auswahlverfahrens.1215 Dies folgt da­ raus, dass das Auswahlverfahren lediglich ein besonderes Zulassungsverfahren darstellt. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass im Auswahlverfahren – anders als beim reinen Zulassungsverfahren – zwischen verschiedenen Teilhabeberechtigten im Sinne des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG ausgewählt werden muss. Abermals kollidieren hier die Grundrechte der konkurrierenden Bewerber. Insoweit kommt dem Verfahren eine besondere Bedeutung zu, da es ebenfalls zur Herstellung praktischer Konkordanz beitragen muss.1216 Dies resultiert daraus, dass das Verfahren die Auswahlentscheidung vorbereitet und daher die Teilhaberechte bereits bei der Verfahrensgestaltung zu berücksichtigen sind. So ist auch das Verfahren stets chancenoffen zu gestalten.1217 Insbesondere die aus dem Gebot der Chancenoffenheit resultierenden Anforderungen an die Auswahlkriterien1218 dürfen also nicht durch entsprechende Verfahrensgestaltungen unterlaufen werden. Zuletzt können sich je nach Fall besondere Anforderungen an das Auswahlverfahren daraus ergeben, dass es die Teilhaberechte der Bewerber beschränkt. Eine solche Beschränkung kann sich dabei einerseits auf das Recht der freien Wahl des Studiengangs und andererseits auf das der freien Wahl des Studienorts beziehen. Die Anforderungen an die Rechtfertigung dieser Beschränkung richten sich dementsprechend danach, in welcher Ausprägung das Teilhaberecht beschränkt wird.1219 Dabei kann eine Beschränkung auf den ersten Blick durchaus als Beschränkung der freien Wahl des Studienortes erscheinen, obwohl es sich tatsächlich um eine solche der freien Wahl des Studiengangs handelt. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Zahl der bei der Bewerbung für das Auswahlverfahren angebbaren Ortswünsche beschränkt wird und sich dadurch die Zulassungschance für einen Bewerber reduziert.1220 Gleichwohl kann auch eine solche Beschränkung der Ortswünsche gegebenenfalls durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sein, das Auswahlverfahren für die Hochschule praktisch handhabbar zu machen.1221 1215  S. o.

D. I. 4. b) aa), S. 136 ff. StR III/1, S. 975 f.; Schmidt-Aßmann, HbGR II, § 45, Rn. 11; Hufen, StR II, § 5, Rn. 11. 1217  BVerfGE 147, 253, Rn. 114. 1218  Dazu s. o. D. II. 4. a) aa) (1) (b), S. 183 ff. 1219  Dazu s. o. D. I. 4. a) bb) (6) (c), S. 95 ff. 1220  BVerfGE 147, 253, Rn. 161. 1221  BVerfGE 147, 253, Rn. 158 ff. Geschützt wird in diesen Fällen in der Regel einerseits die Funktionsfähigkeit der Universitäten und damit Art. 5 Abs. 3 GG, gleichzeitig aber auch das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG, da so eine schnellere und womöglich bessere Entscheidung über die Zulassung getroffen werden 1216  Stern,

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Was Art. 3 Abs. 1 GG betrifft, so ist auch im Auswahlverfahren die Chancengleichheit der Bewerber im Sinn einer Rechtsgleichheit sicherzustellen.1222 Daraus – wie auch aus der objektiven Dimension des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG – folgt insbesondere, dass Eignungsprüfungen standardisiert und strukturiert stattzufinden haben1223 und die Prüfungsbedingungen auch ansonsten vergleichbar sein müssen1224. Anders als im Fall von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG, in dem durch diese Anforderungen insbesondere Sachrichtigkeit gewährleistet werden soll1225, sollen sie als Ausfluss von Art. 3 Abs. 1 GG demgegenüber vergleichbare Ergebnisse und damit die Gleichbehandlung der Bewerber sicherstellen. cc) Die Regelungszuständigkeit Eine Beschränkung des Teilhaberechts darf gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG nur durch oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen.1226 Da die Festlegung der Auswahlkriterien ebenfalls eine solche Beschränkung darstellt, müssen die hierfür vorgesehenen Kriterien durch oder auf Grundlage eines Gesetzes fest­ gelegt werden. Ob eine Festlegung der Auswahlkriterien durch ein Gesetz erfolgen muss oder ob sie auch lediglich auf Grundlage eines Gesetzes erfolgen kann, hängt von den Grundsätzen ab, die das Bundesverfassungsgericht im Rahmen seiner Wesentlichkeitstheorie entwickelt hat. Nach dessen ständiger Rechtsprechung hat der Gesetzgeber das Wesentliche selbst zu regeln.1227 Orientiert man sich zur Einschätzung der Frage, ob eine Materie wesentlich ist, etwa an der Intensität der Auswirkungen auf den Grundrechtsträkann, vgl. BVerfGE 147, 253, Rn. 163. Solche praktischen Erfordernisse können allerdings nur dann berücksichtigt werden, wenn sie noch aktuell sind. Bestehen ehemals praktische Erfordernisse nicht mehr – etwa auf Grund technischen Fortschritts – so ist das Verfahren anzupassen. Ansonsten ist die Beschränkung des Teilhaberechts nicht zu rechtfertigen, was zu einem Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG führt (vgl. BVerfGE 147, 253, Rn. 138 und 227). Gleichwohl wird man im Fall der Weiterentwicklung von verfahrenstechnischen Möglichkeiten eine Übergangszeit zur Evaluierung der neuen Möglichkeiten und zur Anpassung des Verfahrens zugestehen müssen. 1222  BVerfGE 147, 253, Rn. 106. S. dazu auch D. II. 1., S. 169 f. 1223  BVerfGE 147, 253, Rn. 120, 152 ff., 195. So bereits Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, S. 139. 1224  Vgl. Schnellenbach, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 12, Rn. 37 zu Abschlussprüfungen. 1225  S. dazu D. I. 4. b) aa), S. 136 ff. 1226  S. o. Fn.  175 und 187. 1227  S. o. Fn.  266.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung211

ger1228, so wird der Grad der Intensität über die Auswirkungen der Regelung für den Einzelnen bestimmt.1229 Wesentlich sind hier in jedem Fall intensive oder in ihren Folgen weit reichende Grundrechtsbeschränkungen.1230 Hingegen darf eine Regelung unbedeutender Grundrechtsbeeinträchtigungen delegiert werden.1231 So ist etwa bei oberflächlicher Betroffenheit kein Parlamentsvorbehalt angezeigt.1232 Zusätzliche Anhaltspunkte dafür, ob eine Regelung durch Gesetz notwendig ist, lassen sich auch aus der Zahl der Betroffenen1233 und der Notwendigkeit der Lösung von Grundrechtskollisionen1234 gewinnen. Die Frage der Wesentlichkeit – ein unbestimmter Rechtsbegriff – beantwortet sich aber letztlich im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände des konkreten Falles.1235 Im Fall des absoluten Numerus clausus sind die Auswirkungen der Zulassungsbeschränkung sehr weitreichend. Teilhaberechtlich betroffen ist die Wahl des Studiengangs, weshalb hier die Verweigerung der Zulassung eine sehr schwerwiegende Beschränkung des Teilhaberechts darstellt.1236 Denn es geht hier bei der Auswahl um die zu Recht vielfach zitierte „Verteilung von Lebenschancen“1237. Da im Falle eines Numerus clausus generell zwischen Bewerbern ausgewählt werden muss, kollidieren dort immer auch ihre Teilhaberechte. Im Fall des absoluten Numerus clausus, handelt es sich auf Grund der Intensität der Auswirkungen auf die Grundrechtsträger zudem um eine sehr gewichtige Kollision. Für den Fall von Massenstudiengängen kommt hinzu, dass eine große Zahl von Grundrechtsträgern betroffen ist.1238 1228  Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Vorb. v. Art. 70, Rn. 4; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 113; Staupe, Parlamentsvorbehalt und Delegationsbefugnis, S. 245; Hillgruber, HStR IX, § 201, Rn. 31. 1229  Staupe, Parlamentsvorbehalt und Delegationsbefugnis, S. 245. 1230  Hillgruber, HStR IX, § 201, Rn. 31. 1231  Hillgruber, HStR IX, § 201, Rn. 31. 1232  Staupe, Parlamentsvorbehalt und Delegationsbefugnis, S. 245. 1233  Staupe, Parlamentsvorbehalt und Delegationsbefugnis, S. 251 mit dem Zugeständnis, dass auch seltenere Fälle wesentlich sein können. 1234  BVerfGE 83, 130, Rn. 39 m. w. N.; Bethge, HbGR III, § 72, Rn. 61 f.; Stern, in: Stern, StR III/2, S. 645; Staupe, Parlamentsvorbehalt und Delegationsbefugnis, S. 243. Teilweise wird das Indiz der „Verteilung des Mangels“ als Sonderfall der Lösung von Grundrechtskollisionen als eigenes Indiz behandelt, Staupe, Parlamentsvorbehalt und Delegationsbefugnis, S. 247. 1235  Vgl. Reimer, Juristische Methodenlehre, Rn. 505 ff. 1236  In der älteren Rspr. wird das Gewicht dieser Beschränkung mit einer objektiven Berufswahlregelung im Sinne der Dreistufentheorie gleichgesetzt, BVerfGE 33, 303, Rn. 68. 1237  BVerfGE 33, 303, Rn. 68. 1238  Anders mag das bei bestimmten weiterführenden Studiengängen sein. Dort kann die Intensität der Beeinträchtigung durch die Beschränkung geringer als bei

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

In einem solchen Fall muss der Gesetzgeber daher die Auswahlkriterien selbst festlegen und darf dies nicht den Hochschulen übertragen.1239 Ihnen darf er jedoch die Konkretisierung der gesetzlich festgelegten Kriterien – etwa bei der Ausgestaltung eigener Eignungsprüfungen – überlassen1240 und ein Wahlrecht zwischen verschiedenen, gesetzlich festgelegten Kriterien zugestehen.1241 Dadurch wird dem Recht der Hochschule aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG Rechnung getragen.1242 Zu keinem anderen Ergebnis kommt man im Fall „spezialisierte[r] Stu­ diengänge im Rahmen eines spezifischen Lehr- und Forschungsprofils“1243, was das Bundesverfassungsgericht gleichwohl in Erwägung zieht, letztlich aber offenlässt. Was die Folgen eines absoluten Numerus clausus anbelangt, unterscheiden sich die genannten Studiengänge von den Massenstudiengängen regelmäßig nur durch die Zahl der betroffenen Grundrechtsträger. Die mit der Bewerberauswahl einhergehende gewichtige Grundrechtskollision ist insbesondere mit Blick auf die Verteilung von Lebenschancen auch hier zu lösen. Mag vor diesem Hintergrund zwar eine hohe Anzahl betroffener Grundrechtsträger ein Indikator für die Wesentlichkeit einer Regelung sein, so lässt sich doch umgekehrt aus einer geringeren Anzahl Betroffener nicht notwendig ein Schluss auf eine fehlende Wesentlichkeit der Materie ziehen.1244 Angesichts der auch bei spezialisierten Studiengängen hohen Auswirkungen der Auswahlkriterien auf die Grundrechtsträger und des Gewichts der zu lösenden Grundrechtskollision ist vielmehr davon auszugehen, dass auch im Fall spezialisierter Studiengänge bei absolutem Numerus clausus der Gesetzgeber die Auswahlkriterien selbst festlegen muss. Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, dass die betroffene Hochschule durch die Aufstellung des spezialisierten Studiengangs von ihrem Recht aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG Gebrauch gemacht hat und es daher alleine in ihre Zuständigkeit fällt, die Auswahlkriterien hierfür festzulegen. Zuzugeben grundständigen Studiengängen sein. Allerdings ist auch insoweit zu berücksichtigen, wie wichtig der Abschluss eines solchen weiterführenden Studiengangs für das Ergreifen eines Berufs ist. Je nach Fall kann die Beschränkung des Teilhaberechts im Hinblick auf ein weiterführendes Studium ähnlich gewichtig sein, wie eine solche im Hinblick auf ein grundständiges Studium. 1239  Zur st. Rspr. s. o. C. I. 3. c) aa), S. 45 f. Aus der Literatur etwa: Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 12, Rn. 458; a. A. wohl Steinberg/Müller, NVwZ 2006, 1113 (1119). 1240  BVerfGE 147, 253, Rn. 120, 154. 1241  BVerfGE 147, 253, Rn. 143. Teilweise wird diesbezüglich sogar ein Mitbestimmungsrecht der Hochschulen angenommen, Bode, WissR 46 (2003), 348 (372 ff.). 1242  BVerfGE 147, 253, Rn. 120; Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (169). 1243  BVerfGE 147, 253, Rn. 119. 1244  Staupe, Parlamentsvorbehalt und Delegationsbefugnis, S. 251.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung213

ist zwar, dass diese von der Hochschule angestrebte Spezialisierung und Profilbildung konterkariert werden kann, wenn die Hochschule keine passenden Bewerber für den Studiengang aussuchen kann. Das gilt aber auch für Massenstudiengänge. So merkt das Bundesverfassungsgericht für den Fall von Massenstudiengängen an, dass die Hochschule auf Grund von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG einen von ihr angebotenen Studiengang nach „eigenen wissenschaftlichen Kriterien prägen und dabei eigene Schwerpunkte […] setzen [kann]“1245. Nicht anders als bei spezialisierten Studiengängen besteht somit auch bei Massenstudiengängen die Gefahr, dass diese von der Hochschule angestrebte Prägung durch die Vorgabe von Auswahlkriterien konterkariert wird. Im Fall der Massenstudiengänge wird dieser Gefahr durch die Möglichkeit einer Konkretisierungsbefugnis einzelner Auswahlkriterien und eines Wahlrechts der Hochschule Rechnung getragen. Diese Möglichkeit besteht allerdings auch im Fall spezialisierter Studiengänge und ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Massenstudiengängen als ausreichend anzusehen. Daher muss der Gesetzgeber auch im Fall des absoluten Numerus clausus in spezialisierten Studiengängen der Gesetzgeber die Auswahlkriterien selbst festlegen. Wie bei den Massenstudiengängen darf er hier den Hochschulen ebenfalls die Konkretisierung dieser Kriterien überlassen und ihnen ein Wahlrecht zwischen den verschiedenen Kriterien zugestehen. Über dieses auf die Festlegung der Auswahlkriterien bezogene Delegations­ verbot hinaus wird bisweilen davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber auch die Gewichtung des Verhältnisses der Kriterien zueinander selbst zu regeln hat.1246 In diesem Zusammenhang ist zu klären, ob auch die Gewichtung der Kriterien zueinander einen grundrechtswesentlichen Belang darstellt.1247 Für die Wesentlichkeit dieses Aspekts werden zwei Gesichtspunkte angeführt. So sei zum einen aus Gründen der Chancengleichheit eine bundesweit 1245  BVerfGE 147,

253, Rn. 120. Brehm, OdW 2019, 35 (40); Brehm/Brehm-Kaiser, NVwZ-Extra 2018, 1 (11) zur Gewichtung des Medizinereignungstests. Diese Ansicht lässt sich an das erste Numerus-clausus-Urteil des Bundesverfassungsgerichts anknüpfen, sofern man Rangverhältnis und Gewichtung als Synonyme auffasst (BVerfGE 33, 303, Rn. 85). Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass das dritte Numerus-clausus-Urteil nicht mehr erwähnt, dass der Gesetzgeber das Rangverhältnis der Kriterien selbst zu bestimmen hat (s. BVerfGE 147, 253, Rn. 117 ff.). Vielmehr bleibt es im Hinblick auf die Gewichtung der Kriterien zueinander wage und verlangt nur, dass schulnotenunabhängigen Kriterien hinreichendes Gewicht zukommt (BVerfGE 147, 253, Rn. 209). 1247  Diese Frage stellt sich beim Auswahlverfahren durch die Hochschulen insoweit, als die schulnotenbasierte Eignungsermittlung durch die Berücksichtigung außerschulischer Aspekte korrigiert wird, wie sie in Art. 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 StaatsV 2019 geregelt ist (vgl. Brehm, OdW 2019, 35 (40)). 1246  So

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

einheitliche Regelung erforderlich.1248 Dieses Argument ist vom Ende her gedacht. Ein bestimmtes Ziel – die bundesweite Chancengleichheit der Bewerber – wird vorausgesetzt und ist zu erreichen. Aus diesem Grund soll ein wesentlicher Belang vorliegen. Bei dieser Argumentation wird jedoch verkannt, dass Chancengleichheit1249 nur unter den Voraussetzungen und im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG oder speziellerer Gleichheitsrechte zu gewährleisten ist. Diese Rechte greifen aber gerade nicht, wenn unterschiedliche Hoheitsträger verschieden handeln.1250 Konsequenter Weise ist in solchen Fällen auch keine Chancengleichheit geschuldet, soweit das Handeln unterschiedlicher Hoheitsträger und damit eine dezentrale Regelung zulässig ist. Soweit eine solche Dezentralität zulässig ist, erweist sich daher die zentrale Prämisse des Arguments als unzutreffend. Für die Frage, ob eine dezentrale Regelung zulässig ist, entpuppt sich das Argument hingegen als Zirkelschluss. Damit bleibt zur Begründung der Wesentlichkeit der Gewichtung der Kriterien nur der zweite in der Literatur angeführte Gesichtspunkt. Danach soll die Gewichtung der Kriterien von so großer Bedeutung für die Auswahl sein, dass ein wesentlicher Belang vorliegt.1251 Dem ist zunächst zuzugeben, dass die Gewichtung der Kriterien selbstverständlich die Entscheidung über die Zulassung oder Ablehnung eines Bewerbers beeinflusst. Gleichwohl ist das Ausmaß dieses Einflusses im Vergleich zu der Frage der Festlegung der Auswahlkriterien von erheblich geringerem Gewicht. Sie stellt lediglich eine Anschlussfrage an die Festlegung der Auswahlkriterien dar. Während die Festlegung der Kriterien darüber entscheidet, ob ein bestimmter (Eignungs-) Aspekt überhaupt bei der Auswahl berücksichtigt wird, beeinflusst die Gewichtung der Kriterien lediglich das Ausmaß der Berücksichtigung dieses Aspekts. In diesem Zusammenhang ist – anders als im Fall der Festsetzung der Auswahlkriterien – zudem das Recht der Hochschule aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG zu berücksichtigen. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Delegation der Auswahl der konkret anzuwendenden Kriterien an die Hochschulen dient dazu, diesem Recht Rechnung zu tragen und der Hochschule Einfluss auf die Bewerberauswahl im Hinblick auf ihre Profilbildung zu ermöglichen. Hier zeigt sich ein gewichtiger Unterschied zum Fall der Festlegung der Auswahlkriterien durch die Hochschulen. Dort ist eine Delegation nicht erforderlich, um die von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG gedeckte Profilbildung der Hochschule im Hinblick auf die Bewerberauswahl zu unOdW 2019, 35 (40). Begriff der Chancengleichheit bei der Hochschulzulassung s. o. D. II. 1.,

1248  Brehm, 1249  Zum

S. 169 f. 1250  S. o. D. II. 2., S. 171 ff. 1251  Brehm, OdW 2019, 35 (40).



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung215

terstützen. Was die Gewichtung der Auswahlkriterien anbelangt, so würde die Berücksichtigung des Hochschulprofils bei der Bewerberauswahl aber inhaltlich weitgehend entleert, wenn die Hochschule zwar die Kriterien auswählen, aber nicht deren Gewichtung festlegen könnte. Von der Berücksichtigung des Hochschulprofils bei der Auswahl der Bewerber bliebe dann nicht mehr viel übrig, eine Feinabstimmung der Auswahl auf die Hochschule wäre kaum möglich.1252 Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass es sich bei der Gewichtung der Kriterien um keinen wesentlichen Belang handelt und eine Delegation der Gewichtung der Kriterien auf die Hochschulen zulässig ist.1253 Neben der Festlegung der Art der Auswahlkriterien hat auch das Auswahlverfahren maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl und Zulassung der Bewerber. Die im Rahmen des Auswahlverfahrens vorgenommene „Verteilung von Lebenschancen“1254 sowie die Menge der von ihm betroffenen Bewerber haben zur Folge, dass auch die Ausgestaltung des Auswahlverfahrens zum „Kern des Zulassungswesens [gehört]“1255. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die wesentlichen Fragen auch des Auswahlverfahrens selbst festzulegen.1256 So dürfen bei eignungsbezogenen Tests und Auswahlgesprächen die Hochschulen zwar „selbst [deren] Standardisierung und Strukturierung […] transparent vornehmen“1257. Der Gesetzgeber muss sie aber auch dazu verpflichten.1258 Da bei eignungsbezogenen Tests und Auswahlgesprächen nur die Eignung geprüft werden darf, muss der Gesetzgeber dies nach dem Bundesverfassungsgericht ebenfalls festlegen.1259 Dem ist nur teilweise zuzustimmen. Soweit die Berücksichtigung der Motivation zulässig ist, weil sie zur Herstellung praktischer Konkordanz beiträgt und eine Differenzierung zwischen den Bewerbern zulässt1260 muss der Gesetzgeber auch dies festlegen und die Universität insoweit zu einer möglichst transparenten und standardisierten Erfassung verpflichten können. Entscheidet er sich dabei für die Berücksichtigung der Motivation, so sind diese Festlegung und Verpflichtung aber auch erforderlich. Diese Anforderungen gelten ebenfalls unabhängig davon, ob Massenstudiengänge oder spezialisierte Studiengänge vorliegen.

1252  Vgl.

Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (191). auch Wolff/Zimmermann, WissR 51 (2018), 159 (191 f.). 1254  BVerfGE 33, 303, Rn. 68. 1255  S. o. Fn.  265. 1256  BVerfGE 147, 253, Rn. 107, 115 f., 152 ff. 1257  BVerfGE 147, 253, Rn. 154. 1258  Ebd. 1259  Ebd. 1260  D. II. 4. a) aa) (1) (b) (aa), S. 186 ff. 1253  So

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

b) Der Fall des relativen Numerus clausus Anders als beim absoluten Numerus clausus, sind die Studienkapazitäten beim relativen Numerus clausus nur örtlich begrenzt.1261 Hier ist unter dem Gesichtspunkt des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG regelmäßig nur das Recht auf freie Wahl des Studienortes betroffen.1262 Dieser Unterschied gegenüber dem absoluten Numerus clausus kann sich durchaus auf die Anforderungen an die Rechtfertigung der Auswahl sowie auf den staatlichen Gestaltungsspielraum im Bereich der Auswahlkriterien, des Auswahlverfahrens und der Regelungszuständigkeit auswirken. aa) Die Auswahlkriterien Was die Anforderungen an die Auswahlkriterien im Fall des relativen Numerus clausus anbelangt, so bestehen zunächst eine ganze Reihe von Parallelen zu dem Fall des absoluten Numerus clausus. Unterschiede ergeben sich aber dort, wo sich das geringere Gewicht des Teilhaberechts in seiner Ausprägung als Recht auf freie Wahl des Studienorts auswirkt. Das betrifft insbesondere Fallkonstellationen, in denen eine Abwägung zwischen dem beim relativen Numerus clausus weniger gewichtigen Teilhaberecht und sonstigen öffentlichen Interessen und Rechtsgütern erforderlich ist. (1) Ausbildungsfreiheit und praktische Konkordanz Auch im Fall des relativen Numerus clausus kollidieren die Teilhaberechte der konkurrierenden Bewerber aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG. Diese sind im Wege praktischer Konkordanz zum Ausgleich zu bringen. Zwar kollidieren sie beim relativen Numerus clausus mit einem anderen Inhalt als im Fall des absoluten Numerus clausus, nämlich in ihrer Ausprägung als Recht auf freie Wahl des Studienorts. Dieses Recht wiegt weniger schwer als das Recht auf freie Wahl des Studiengangs1263, jedoch ergibt sich hieraus zunächst kein Unterschied zum Fall des absoluten Numerus clausus. Denn beide kollidierenden Teilhaberechte haben in gleichem Maße weniger Gewicht, weshalb das Verhältnis ihres Gewichts zueinander das gleiche wie im Fall des absoluten Numerus clausus ist. Das geringere Gewicht der kollidierenden Teilhabe1261  S. o.

Fn.  33. JZ 1969, 320 (321); Bode/Weber, HbWissR Bd. 1, S. 673 (688); Fehling, RdJB 2018, 100 (110). 1263  S. o. D. I. 4. a) bb) (6) (c) (aa) (β), S. 100 ff. 1262  Gallwas,



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung217

rechte wirkt sich anders gesagt deshalb nicht aus, weil die kollidierenden Teilhaberechte der Bewerber stets gleich gewichtig sind. Anderes kann jedoch gelten, wenn ein Ausgleich nicht nur zwischen den Teilhaberechten der Bewerber, sondern zusätzlich zwischen diesen und sonstigen Rechten herzustellen ist. Hier kann sich das geringere Gewicht des Rechts auf freie Wahl des Studienortes durchaus dahingehend auswirken, dass sich die sonstigen Rechte im Rahmen der Abwägung weitergehend durchsetzen können als im Fall des absoluten Numerus clausus. Der notwendige Ausgleich zwischen den Teilhaberechten der Bewerber hat zur Folge, dass auch im Fall des relativen Numerus clausus zum einen grundsätzlich nach der Eignung auszuwählen ist.1264 In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Lehrfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG Spielraum zur Änderung des Bezugspunkts der Eignung gewährt. So ist es im Fall des relativen Numerus clausus stets möglich, wenn auch nicht geboten, die Eignung nicht auf einen Studiengang generell, sondern auf ihn in seiner konkreten Ausprägung an der auswählenden Hochschule zu beziehen.1265 Zum anderen sind die Auswahlkriterien ebenfalls chancenoffen auszugestalten. Aus diesem Grund lassen sich die Ausführungen zum absoluten Numerus clausus zur Berücksichtigung der Motivation, Wartezeit und schulnotenunabhängiger Kriterien grundsätzlich auf den Fall des relativen Numerus clausus übertragen.1266 Allerdings kann die Berücksichtigung gerade schulnotenunabhängiger Kriterien den einzelnen Hochschulen einen erheblichen Mehraufwand mit der Konsequenz verursachen, für jeden angebotenen Studiengang, der einem relativen Numerus clausus unterliegt, einen Eignungstest erstellen und durchführen zu müssen. In solchen Fällen ist das Teilhaberecht der Bewerber mit dem Grundrecht der Hochschule aus Art. 5 Abs. 3 S. 1  Var. 2 GG1267 abzuwägen. Hier unterscheidet sich die Situation nicht von der des absoluten Numerus clausus, soweit dort die Hochschulen selbst auswählen. Kommt aber beim absoluten Numerus clausus angesichts des dortigen Gewichts der Ausbildungsfreiheit ein Überwiegen des Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG allenfalls in Extremfällen in Betracht, so kann das Grundrecht der Hochschule beim relativen Numerus clausus bei derart erheblichem Mehraufwand das Teilhaberecht in Form des Rechts auf freie Wahl des Studienortes durchaus überwiegen. In diesem Fall ist die Chancenoffenheit der 1264  So

auch Klafki, JZ 2018, 541 (548). Unterschied dazu kommt dies beim absoluten Numerus clausus allenfalls insoweit in Betracht, als die Hochschulen die Bewerber selbst auswählen. 1266  Klafki, JZ 2018, 541 (548); v. Coelln, NJW 2018, 361 (380). 1267  Zum Streit um die Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 3 GG auf Fachhochschulen s. o. Fn.  609. 1265  Im

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

Auswahl nur innerhalb der Möglichkeiten, die nicht diesen erheblichen Mehr­ aufwand verursachen, zu gewährleisten. (2) Aussagekraft der Auswahlkriterien Unterschiede zum absoluten Numerus clausus können sich auch im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG an die Aussagekraft der Auswahlkriterien ergeben. (a) Die Prüfungsintensität Auch für den Fall des relativen Numerus clausus lässt sich ein Basismaßstab mit der Folge einer bestimmten Prüfungsintensität im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG festlegen. Hier ergeben sich aber Unterschiede zum Fall des absoluten Numerus clausus. So sind zwar auch im Fall des relativen Numerus clausus neben Art. 3 Abs. 1 GG gleichzeitig Freiheitsrechte (in Form des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG) betroffen. Jedoch spricht dies nicht im gleichen Maß für eine strengere Prüfung wie beim absoluten Numerus clausus. Das liegt daran, dass die Auswahl im Fall des relativen Numerus clausus in der Regel nur eine Beschränkung des Rechts auf freie Wahl des Studienortes darstellt. Dieses Recht der freien Ortswahl ist aber weniger gewichtig als das Recht auf freie Wahl des Studiengangs. Die mit der Ungleichbehandlung der Bewerber zusammenfallende Beeinträchtigung von Freiheitsrechten ist hier also weniger intensiv als im Fall des absoluten Numerus clausus, wie man insbesondere daran sieht, dass hier keine „Verteilung von Lebenschancen“1268 vorliegt. Berücksichtigt man zudem, dass die prüfungsintensivierende Wirkung der Beeinträchtigung von Freiheitsrechten auch hier teilweise schon dadurch abgegolten ist, dass die betroffenen Teilhaberechte eigene, besondere Anforderungen an die Auswahlkriterien stellen, fällt die prüfungsintensivierende Wirkung durch Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG hier abermals schwächer aus. Der Kern menschlicher Individualität ist im Fall des relativen Numerus clausus deshalb nicht in dem Maß betroffen, wie das in der Situation des absoluten Numerus clausus der Fall ist. Daher unterscheidet sich der Basismaßstab im Fall des relativen Numerus clausus insoweit von demjenigen beim absoluten Numerus clausus, als er stärker in Richtung der Willkürkontrolle tendiert. Die Prüfungsintensität beim relativen Numerus clausus ist somit schwächer, weshalb der Normge1268  BVerfGE 33,

303, Rn. 68.



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung219

ber vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG über größeren Spielraum verfügt. Dieser wirkt sich insbesondere bei den Anforderungen an die Aussage- beziehungsweise Vorhersagekraft der einzelnen Auswahlkriterien aus. Deren Anforderungen sind nicht so hoch wie beim absoluten Numerus clausus. So reicht es etwa bei der Eignungsermittlung aus, wenn die Annahme einer unterschiedlichen Eignung basierend auf einem Kriterium vertretbar ist. Ist jedoch selbst diese Vertretbarkeit nicht gegeben, so kann wie im Fall des absoluten Numerus clausus auf Basis der Unterschiede nach dem in Frage stehenden Kriterium nicht differenziert werden. Die Bewerber sind vielmehr als gleichwertig zu behandeln, sofern nicht nach anderen Kriterien zwischen ihnen differenziert werden darf. (b) Die Typisierungsbefugnis Hinsichtlich der Anforderung an die Vergleichbarkeit der Aussagekraft eines Kriteriums (bezüglich verschiedener Bewerber) und somit der Frage der Typisierungsbefugnis ergeben sich keine Unterschiede zum absoluten Numerus clausus. So stellt die Auswahl auch im Fall des relativen Numerus clausus eine Massenerscheinung dar. Zwar kann der relative Numerus clausus durchaus auch kleinere Studiengänge betreffen. Jedoch ist dies auch beim absoluten Numerus clausus möglich. Zudem ist bei der Beurteilung, ob eine Massen­ erscheinung vorliegt, eben nicht auf den jeweiligen Studiengang, sondern auf die Hochschulzulassung insgesamt abzustellen.1269 Denn auch beim relativen Numerus clausus werden die abstrakten Auswahlkriterien meist nicht studien­ gangspezifisch, sondern allgemein festgelegt. Die geschieht allein schon deshalb, weil sich das Studienangebot regelmäßig verändert. Stellt somit die Auswahl auch im Fall des relativen Numerus clausus eine Massenerscheinung dar, darf hier ebenfalls typisiert werden. Die Grenze zulässiger Typisierung ist jedoch auch hier überschritten, wenn die aus ihr resultierende Ungleichbehandlung zu intensiv ist oder zu viele Bewerber benachteiligt werden.1270 Was die unterschiedliche Aussagekraft der Abiturdurchschnittsnote anbelangt, so ist die Grenze zulässiger Typisierung auch im Fall des relativen Numerus clausus überschritten.1271 Zwar ist die aus der Typisierung folgende Ungleichbehandlung, die aus der Heranziehung der Abiturdurchschnittsnote zur Prognose der künftigen Eignung folgt, nicht besonders intensiv, zumal 1269  Vgl.

BVerfGE 147, 253, Rn. 187. Fn.  1159 f. 1271  Bode, OdW 2018, 173 (187). 1270  S. o.

220

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

keine „Verteilung von Lebenschancen“1272 vorliegt. Allerdings spricht alles dafür, dass auch im Fall des relativen Numerus clausus eine zu große Zahl von Bewerbern durch eine solche Typisierung benachteiligt wird. So wurden an deutschen Hochschulen im Wintersemester 2021/22 für zwischen 19,8 (Mecklenburg-Vorpommern) und 65,2 (Hamburg) Prozent der Studiengänge an deutschen Hochschulen Zulassungshöchstzahlen festgesetzt.1273 Zwar wird hierbei nicht zwischen bundesweiter und lediglich örtlicher Festsetzung von Zulassungshöchstzahlen unterschieden.1274 Außerdem geben sie keinen Ausschluss darüber, wie viele Bewerber auf Grund dieser Zulassungshöchstzahlen abgewiesen wurden.1275 Angesichts der Tatsache, dass sich a­ lleine im Wintersemester 2020/2021 684.332 Studienanfängerinnen und Studienanfänger im ersten Fachsemester ihres jeweiligen Studiengangs befanden1276, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch im Fall des relativen Numerus clausus eine zu große Zahl an Studienbewerbern durch die fehlende länderübergreifende Vergleichbarkeit der Abiturdurchschnittsnote benachteiligt wird. Eine Typisierung auf Grundlage der Abiturdurchschnittsnote würde also dazu führen, dass zu viele Bewerber infolge föderaler Unterschiede im Hinblick auf die Aussagekraft der Abiturdurchschnittsnote entweder gleichbehandelt werden, obwohl sie unterschiedlich geeignet sind, oder ungleichbehandelt werden, obwohl sie gleich geeignet sind. Daher sind die gleichen Anforderungen an die Vergleichbarkeit der Abiturdurchschnittsnote zu stellen wie im Fall des absoluten Numerus clausus. Auch beim relativen Numerus clausus ist deshalb eine Auswahl nach der Abiturdurchschnittsnote unzulässig, wenn sich keine annähernde Vergleich1272  BVerfGE 33,

303, Rn. 68.

Numerus Clausus an deutschen Hochschulen 2021/22, S. 6. Diese Studie stellt allerdings nicht klar, ob sie nur staatliche oder auch staatlich anerkannte Hochschulen einschließt. Vorgängerstudien des Centrums für Hochschulentwicklung haben allerdings staatlich anerkannte Hochschulen mit einbezogen, Gehlke/Hachmeister/Hüning, Der CHE Numerus Clausus Check 2019/20, S. 7. 1274  Hachmeister/Himbert/Gehlke/Seitter, Numerus Clausus an deutschen Hochschulen 2021/22, S. 6, ausführlicher zur Darstellung der Methodik noch die Vorgängerstudie des Centrums für Hochschulentwicklung von Gehlke/Hachmeister/Hüning, Der CHE Numerus Clausus Check 2019/20, S. 7 f. 1275  Dies folgt daraus, dass anders als hier (s. o. B. II., S. 19 ff.) ein Numerus clausus schon angenommen wird, sobald für ein Fach Zulassungshöchstzahlen festgesetzt wurden. Insoweit ausführlich zur Darstellung der Methodik die Vorgängerstudie des Centrums für Hochschulentwicklung von Gehlke/Hachmeister/Hüning, Der CHE Numerus Clausus Check 2019/20, S. 6. In der Folge ist für die Studie irrelevant, ob auf Grund dieser festgesetzten Zahlen Bewerber tatsächlich nicht zugelassen wurden, weil es mehr Bewerber als verfügbare Studienkapazitäten gab. 1276  Hochschulrektorenkonferenz, Statistische Daten zu Studienangeboten an Hochschulen in Deutschland, S. 26. 1273  Hachmeister/Himbert/Gehlke/Seitter,



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung221

barkeit herstellen lässt und die fehlende Vergleichbarkeit nicht anderweitig ausgeglichen wird.1277 Auf welche Weise ein Ausgleich erreicht wird, liegt dabei im Ermessen des Normgebers, der insoweit über einen Spielraum verfügt. Dabei sind unter der Vielfalt möglicher Ausgleichsmechanismen zweifellos auch solche vorhanden, die nicht nur sachgerecht, sondern für die Hochschulen auch praktikabel sind.1278 Als ein solcher Ausgleichsmechanismus bietet sich etwa das in der Vergangenheit praktizierte Bonus-Malus-Sys­ tem1279 oder eine Prozentrangregel an1280, wie es derzeit in Art. 10 Abs. 1, S. 2, S. 3 StaatsV 2019 vorgesehen ist. Probleme mit der Vergleichbarkeit der Abiturdurchschnittsnote innerhalb eines Bundeslandes sind in gleicher Weise wie beim absoluten Numerus clausus hinzunehmen.1281 Zuletzt ergeben sich auch keine Unterschiede zum absoluten Numerus clausus im Hinblick auf die Typisierungsbefugnis im Zusammenhang mit der Gleichbehandlung unterschiedlicher Arten wartender Bewerber, soweit beim relativen Numerus clausus nach der Wartezeit ausgewählt wird.1282 (3) Anforderungen aus sonstigem Verfassungsrecht Auch beim relativen Numerus clausus können sich Anforderungen aus sonstigem Verfassungsrecht ergeben, etwa aus speziellen Gleichheitssätzen, dem Sozialstaatsprinzip oder dem Rechtsstaatsprinzip. In diesem Zusammenhang kann eine Abwägung zwischen einem sonstigen Verfassungsrechtsgut und dem Teilhaberecht der Bewerber nötig werden. Hier ist abermals zu berücksichtigen, dass das Teilhaberecht nur in seiner Form der freien Wahl des Studienorts betroffen ist. Es verfügt daher im Rahmen einer erforderlichen Abwägung beim relativen Numerus clausus über weniger Gewicht als im Fall des absoluten Numerus clausus.1283 Gleichwohl ist die Bevorzugung von Landeskindern auch im Fall des relativen Numerus clausus grundsätzlich ausgeschlossen. Zwar ließ das Bundes1277  Klafki, JZ 2018, 541 (548). Kritisch zur Anwendung der Landesquotenregelung für jede Hochschule Bode, WissR 46 (2013), 348 (365). 1278  BVerfGE 147, 253, Rn. 188. 1279  Klafki, JZ 2018, 541 (548). Zum Verfahren beim Bonus-Malus-System s. o. Fn. 1168. 1280  Klafki, JZ 2018, 541 (548). Zum Verfahren bei einer Prozentrangregel s. o. Fn. 1170. 1281  S. o. D. II. 4. a) aa) (2) (b), S. 197 ff. 1282  S. o. D. II. 4. a) aa) (2) (b), S. 197 ff. 1283  S. dazu auch oben D. I. 4. a) bb) (6) (c) (aa) (β), S. 100 ff.

222

D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

verfassungsgericht diese Frage in der Vergangenheit noch offen.1284 Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass das Gericht damals einen Verstoß gegen die Wertentscheidung aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG erwog und auf einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG gar nicht weiter einging1285. Zutreffender Weise sind allgemeine Landeskinderbegünstigungen jedoch an Art. 3 Abs. 3 und Art. 33 Abs. 1 GG zu messen.1286 Für die Anwendbarkeit dieser Diskriminierungsverbote ist es einerlei, ob eine bundesweite oder eine örtlich begrenzte Kapazitätserschöpfung vorliegt. Unterschiede zwischen diesen Arten der Kapazitätserschöpfung wirken sich nicht auf die Schwere der zu rechtfertigenden Grundrechtsbeeinträchtigung aus und sind auch nicht geeignet, eine Differenzierung zu begründen. Landeskinderklauseln sind damit im Fall des relativen Numerus clausus genauso unzulässig wie im Fall des absoluten Numerus clausus. Darüber hinaus wirkt das Sozialstaatsprinzip auch in die Festlegung der Auswahlkriterien beim relativen Numerus clausus hinein. Verlangt es auch hier grundsätzlich keine konkreten Maßnahmen, so können gleichwohl Härteklauseln geboten sein. Darüber hinaus können auf Grund des im Vergleich zum absoluten Numerus clausus geringeren Gewichts des Teilhaberechts beim relativen Numerus clausus sozialstaatliche Belange in weitergehendem Umfang berücksichtigt werden als beim absoluten Numerus clausus. Soweit das auf den Fall des relativen Numerus clausus anwendbare Zulassungsrecht rückwirkend geändert wird, ist ebenfalls das rechtsstaatliche Rückwirkgungsgebot zu berücksichtigen. Auch hier können Übergangsregelungen für Altfälle erforderlich sein. Wie beim absoluten Numerus clausus zudem können je nach konkretem Sachverhalt auch weitere Grundrechte oder Rechtsgüter von Verfassungsrang zu berücksichtigen sein, die dann mit dem Teilhaberecht zum Ausgleich zu bringen sind. (4) Das Verhältnis der Kriterien zueinander Auch im Fall des relativen Numerus clausus ist der Normgeber innerhalb der genannten Grenzen bei der Festlegung und Ausgestaltung der Auswahlkriterien frei. Dabei kann er grundsätzlich auch das Verhältnis der Kriterien zueinander frei bestimmen. So kann er die Vergabe der Studienplätze beispielsweise über verschiedene Quoten oder über die Gewichtung der einzelnen Kriterien vornehmen. Auch bezüglich der weiteren Unterteilung einer 1284  BVerfGE 33,

303, Rn. 97. 303, Rn. 97, 100. 1286  S. o. D. II. 4. a) aa) (3), S. 201 ff. 1285  BVerfGE 33,



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung223

(Haupt-)Quote bestehen keine Unterschiede zur Situation des absoluten Numerus clausus.1287 Dabei dürfen jedoch weder die Gewichtung der verschiedenen Kriterien zueinander, noch ihre jeweilige Größe das Gebot der grundsätzlichen Auswahl nach Eignung oder das Gebot der Chancenoffenheit unterlaufen. Konsequenter Weise ist eine vorgesehene Vorabquote zur Berücksichtigung öffentlicher und sozialstaatlicher Belange ebenfalls mengenmäßig zu begrenzen.1288 Allerdings ist hierbei zu beachten, dass öffentliche und sozialstaat­ liche Belange gegenüber dem Teilhaberecht in Form des Rechts auf freie Wahl des Studienorts in größerem Umfang Geltung erlangen können als gegenüber dem Recht auf freie Wahl des Studiengangs. Grund hierfür ist wiederum, dass ersteres Recht weniger schwer wiegt als letzteres, während die öffent­lichen und sozialstaatlichen Belange über ebenso viel Gewicht wie im Fall des absoluten Numerus clausus verfügen können. Dies führt zu dem Schluss, dass der Spielraum des Normgebers bei der Festlegung einer solchen Vorabquote größer ist als im Fall des absoluten Numerus clausus, jedenfalls was ihre zulässige Maximalgröße betrifft. Soweit im Fall des relativen Numerus clausus Bewerber nach der Wartezeit ausgewählt werden, ist der Anteil der Studienplätze, die nach diesem Kriterium vergeben werden, ebenfalls zu beschränken, damit das Gebot der grundsätzlichen Auswahl nach Eignung nicht umgangen wird. Hier lässt sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum absoluten Numerus clausus übertragen1289, da dem Normgeber in diesem Zusammenhang kein größerer Spielraum auf Grund des geringeren Gewichts des Teilhaberechts in Form des Rechts auf freie Wahl des Studienorts zukommt. Dessen geringeres Gewicht wirkt sich insoweit nicht aus, da das mit dem Teilhaberecht des einen Bewerbers kollidierende Teilhaberecht eines anderen Bewerbers in gleicher Weise über geringeres Gewicht verfügt.1290 Im Fall des relativen Numerus clausus gilt daher das gleiche Maximum für die Wartezeitquote wie im Fall des absoluten Numerus clausus. Wie bei diesem bemisst sich diese Größe an der Hauptquote des jeweils in Frage stehenden Studiengangs.1291 Soweit dies beim Vergleich verschiedener Studiengänge dazu führt, dass gemessen an der Gesamtzahl der verfügbaren Studienplätze dieses Maximum der Wartezeitquote unterschiedlich ausfällt, so ist dies hinzunehmen, solange 1287  S. o.

D. II. 4. a) aa) (4), S. 207 f. zu den Gütern, auf die sich eine Vorabquote stützen lässt oben,

1288  Vertiefend

Fn. 1182. 1289  Klafki, JZ 2018 541 (548). Zum absoluten Numerus clausus in diesem Zusammenhang s. D. II. 4. a) aa) (4), S. 207 f. 1290  S. dazu auch oben D. II. 4. b) aa) (1), S. 216 ff. 1291  S. dazu oben Fn. 1126.

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

die Größe der Vorabquote den Spielraum des Normgebers nicht überschreitet.1292 Schließlich darf auch im Fall des relativen Numerus clausus der Abiturdurchschnittsnote im Rahmen der Eignungskriterien maßgebliches Gewicht zukommen.1293 Auch hier darf aber das Gebot der Chancenoffenheit nicht umgangen werden. Aus diesem Grund muss beim relativen Numerus clausus ebenfalls (mindestens) einem schulnotenunabhängigen Kriterium neben der Abiturdurchschnittsnote hinreichendes Gewicht zukommen, sofern die Chancenoffenheit die Hinzuziehung eines solchen Kriteriums gebietet.1294 Soweit die Studienplätze nach Quoten vergeben werden, muss also ein hinreichender Teil der Studienplätze nach (mindestens) einem solchen Kriterium vergeben werden. Diesem Erfordernis ist wiederum dann nicht genügt, wenn nur ein zu vernachlässigender Teil der Studienplätze auf diese Weise vergeben wird, sodass weiterhin überwiegend die Abiturdurchschnittsnote über die Studienplatzvergabe entscheidet. bb) Das Auswahlverfahren Was das Auswahlverfahren anbelangt, so entsprechen die Anforderungen hier denen beim absoluten Numerus clausus. Unterschiede ergeben sich hier nicht im Grundsatz, sondern lediglich in der Bewertung einzelner Fälle. Wie im Fall des absoluten Numerus clausus erfordert die verfassungsrechtliche Beurteilung auch hier eine Gesamtbetrachtung, wobei diese auch zum Ergebnis haben kann, dass lediglich Teile des Verfahrens den verfassungsrecht­ lichen Anforderungen nicht genügen. Auch hier lassen sich bestimmte Anforderungen auf Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG, andere auf Art. 3 Abs. 1 GG zurückführen, wobei die Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG wiederum aus drei Ansatzpunkten entspringen. So sind beim relativen Numerus clausus ebenfalls die objektiv-rechtlichen Anforderungen an das Zulassungsverfahren1295 zu berücksichtigen, da das Auswahlverfahren auch in diesem Fall nichts anderes als ein besonderes Zulassungsverfahren darstellt. Weder die Art des Numerus clausus noch der unterschiedliche Inhalt des Teilhaberechts in diesen Fällen ändert etwas an der Verfahrensabhängigkeit des Zulassungsrechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG. 1292  S. dazu

ebenfalls Fn. 1126. absoluten Numerus clausus in diesem Zusammenhang s. D. II. 4. a) aa) (4), S. 207 f. 1294  Klafki, JZ 2018 541 (548); wohl auch v. Coelln, NJW 2018, 361 (380). 1295  S. o. D. I. 4. b) aa), S. 136 ff. 1293  Zum



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung225

Zudem ist die Kollision zwischen den Teilhaberechten der Bewerber im Auswahlverfahren auch hier im Wege praktischer Konkordanz zu lösen. Ob ein absoluter oder ein relativer Numerus clausus vorliegt, ändert nichts an der Bedeutung der Verfahrensgestaltung für die Herstellung praktischer Konkordanz. Daher muss auch im Fall des relativen Numerus clausus das Auswahlverfahren chancenoffen gestaltet sein, weshalb das Verfahren die Wertungen bezüglich der Auswahlkriterien – insbesondere das Gebot der Chancenoffenheit – nicht unterlaufen darf. Auch soweit die Gestaltung des Auswahlverfahrens eine Beschränkung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG darstellt, ergeben sich im Grundsatz keine Unterschiede zum Fall des absoluten Numerus clausus. Auch hier sind die Anforderungen an die Rechtfertigung einer solchen Beschränkung des Teilhaberechts davon abhängig, welche Ausprägung des Zulassungsrechts beschränkt wird. Eine Rechtfertigung der Beschränkung der freien Wahl des Studiengangs erfordert schwerwiegendere Gründe als die Beschränkung der freien Wahl des Studienorts.1296 Obwohl im Fall des relativen Numerus clausus eine Beschränkung der Wahl des Studiengangs nicht denklogisch ausgeschlossen ist, etwa wenn das Auswahlverfahren die Zu­ sicherung des Bewerbers erfordert, das Studium dieses Fachs an keiner anderen Hochschule anzustreben oder aufzunehmen, so werden die allermeisten Beschränkungen doch die Wahl des Studienorts betreffen. Als Beispiel für einen solchen Fall lässt sich die Beschränkung der angebbaren Studienorte im Serviceverfahren der Stiftung für Hochschulzulassung anführen.1297 Solange nur ein relativer Numerus clausus vorliegt, kann sich die Beschränkung der Ortswünsche aber nicht als Beschränkung der freien Wahl des Studiengangs darstellen und ist dementsprechend leichter zu rechtfertigen als die Beschränkung der Ortswünsche im Fall eines absoluten Numerus clausus. Zuletzt folgt auch hier aus Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Chancengleichheit der Bewerber im Sinn einer Rechtsgleichheit sicherzustellen ist. Soweit also Eignungsprüfungen stattfinden, haben diese ebenfalls standardisiert und strukturiert stattzufinden.1298 Außerdem sind auch ansonsten vergleichbare Prüfungsbedingungen zu gewährleisten.1299 1296  S. o.

D. I. 4. a) bb) (6) (c) (aa) (β), S. 100 ff. JZ 2018, 541 (549). In diesem Verfahren kann die Hochschule die Stiftung für Hochschulzulassung gegen Übernahme der Kosten etwa damit beauftragen, in ihrem Namen Zulassungsanträge zu prüfen, Mehrfachzulassungsangebote abzugleichen (sog. dialogorientiertes Serviceverfahren) sowie Zulassungs- und Ablehnungsbescheide zu erlassen, s. etwa § 32 Abs. 1 VergabeVO NRW 2020. 1298  Ebenso Klafki, JZ 2018, 541 (548). 1299  Vgl. Schnellenbach, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kapitel 12, Rn. 37 zu Abschlussprüfungen. 1297  Klafki,

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D. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Hochschulzulassung

cc) Die Regelungszuständigkeit Der wesentliche Unterschied zwischen dem Fall des absoluten und dem des relativen Numerus clausus betrifft die Regelungszuständigkeit im Hinblick auf die Auswahlkriterien und das Auswahlverfahren. Der Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG lässt eine Delegation der Normsetzung beim relativen Numerus clausus im Regelfall zu, da die im Zusammenhang mit dem absoluten Numerus clausus aufgeführten Indizien – die Intensität der Auswirkungen einer Maßnahme, die Zahl der Betroffenen und die Notwendigkeit der Lösung von Grundrechtskollisionen – gegen die Annahme einer wesentlichen Materie im Sinne der Wesentlichkeitstheorie sprechen.1300 Zwar ist auch beim relativen Numerus clausus davon auszugehen, dass eine erhebliche Zahl von Bewerbern betroffen ist.1301 Allerdings sind die Auswirkungen der die Auswahl betreffenden Regelungen auf die Betroffenen nicht so intensiv wie im Fall des absoluten Numerus clausus, da nicht die Wahl des Studiengangs, sondern lediglich die des Studienortes betroffen ist.1302 Daher hat die Auswahl keine „Verteilung von Lebenschancen“1303 zur Folge. Diese deutlich geringere Intensität der Auswirkungen auf die betroffenen Grundrechtsträger spricht gegen das Vorliegen einer wesentlichen Materie. Außerdem sind auch im Fall eines relativen Numerus clausus die kollidierenden Teilhaberechte der Bewerber zum Ausgleich zu bringen. Insoweit liegt auch hier eine Grundrechtskollision vor. Nach dem Diktum, dass der Gesetzgeber bei Grundrechtskollisionen die praktische Konkordanz immer selbst herzustellen habe1304, läge die Regelungszuständigkeit beim Gesetzgeber, weshalb der Ausgleich nicht auf anderer als auf formell-gesetzlicher Ebene hergestellt werden könnte. Dies kann aber – vor allem in dieser Pauschalität – nicht richtig sein. So werden Grundrechtskollisionen durchaus auch auf untergesetzlicher Ebene gelöst. Das ist etwa im Bauplanungsrecht der Fall, wo Konflikte zwischen privaten Interessen beispielsweise nach § 15 Abs. 1 BauNVO oder allgemein durch Bebauungspläne zu lösen sind.1305 Im 1300  Eine Ausnahme ist aber etwa dann gegeben, wenn – wie in D. II. 4. b) bb), S. 224 ff. angesprochen – das Auswahlverfahren so geregelt wird, dass eine Beschränkung der freien Wahl des Studiengangs vorliegt. 1301  S. dazu o. S. 219. 1302  S. o. Fn.  640. 1303  BVerfGE 33, 303, Rn. 68. 1304  S. o. Fn.  1234. 1305  Zu § 15 Abs. 1 BauNVO: BVerwG 4 C 96/79, Rn. 26; Roeser, in: König/­ Roeser/Stock, BauNVO, § 15, Rn. 9; Pützenbacher, in: Bönker/Bischopink, BauNVO,



II. Die Gleichheit bei der Hochschulzulassung227

Fall des relativen Numerus clausus erfasst die Lösung der Grundrechtskollision zudem nicht das „Ob“ oder das „Inwieweit“ der Teilhabe an staatlichen Leistungen, sondern letztlich nur die (örtlichen) Modalitäten des Studiums. Auch dies spricht gegen das Vorliegen einer wesentlichen Materie. Bisweilen wird die Wesentlichkeit der Regelungen der Auswahlkriterien beim relativen Numerus clausus damit begründet, dass der Übergang zwischen den Beschränkungsintensitäten der verschiedenen Arten von Numerus clausus fließend sei.1306 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es bei hiesigem Verständnis des Begriffs des Numerus clausus1307 ein zutreffendes und klares Kriterium zur Abgrenzung des absolutem vom relativen Numerus clausus und damit auch der Beschränkungsintensität der zu beurteilenden Situation gibt, nämlich die Feststellung, ob ein Bewerber seinen Wunschstudiengang aus Kapazitätsgründen an keinem Studienort antreten kann.1308 Ein fließender Übergang zwischen den Beschränkungsintensitäten der beiden Fälle des Numerus clausus lässt sich daher nicht feststellen. Deshalb kann dieses Argument nichts zur Annahme beitragen, dass der Gesetzgeber auch die Auswahlkriterien beim relativen Numerus clausus selbst regeln muss. Angesichts der erheblich geringeren Grundrechtsbeeinträchtigung ist die Regelung der Auswahlkriterien im Fall eines relativen Numerus clausus daher grundsätzlich delegierbar.1309 Delegierbar ist aus den oben genannten Erwägungen auch die Regelung des Auswahlverfahrens. Dementsprechend muss er die Hochschulen auch nicht zur standardisierten und transparenten Durchführung von Eignungstests und Auswahlgesprächen verpflichten. Das ändert aber nichts daran, dass die Hochschulen diese Anforderungen sowie an die ausschließliche Prüfung der Eignung und gegebenenfalls der Motivation aus verfassungsrechtlichen Grün­ den erfüllen müssen. Zuzugestehen ist allerdings, dass es auf Grund der Gesichtspunkte der Praktikabilität und Übersichtlichkeit oftmals zweckmäßiger sein wird, insbesondere die Auswahlregelungen für absoluten und relativen Numerus clausus einheitlich in einem formellen Gesetz festzulegen. § 15, Rn. 3; Biedermann, in: Rixner/Biedermann/Charlier, BauGB/BauNVO, § 15 BauNVO, Rn. 2  f. Zur Konfliktlösung im Rahmen von Bebauungsplänen etwa: BVerwG 4 C 96/79, Rn. 26. 1306  Klafki, JZ 2018, 541 (548). Sie spricht in diesem Zusammenhang vom fließenden Übergang zwischen Berufsausübung und Berufswahl [sic!]. 1307  Dazu s. o. B. II., S. 19 ff. 1308  Freilich können dabei Schwierigkeiten bei der Frage auftreten, ob zwei „verwandte“ Studiengänge vergleichbar sind, Fehling, RdJB 2018, 100 (110). Vgl. auch Klafki, JZ 2018, 541 (547 f.). 1309  Hailbronner, WissR 29 (1996), 1 (30); Fehling, RdJB 2018, 100 (110).

E. Zusammenfassung 1. Das Teilhaberecht, das dem Einzelnen ein Recht auf Zulassung zum Studium seiner Wahl an der Hochschule seiner Wahl gewährt, folgt aus der Ausbildungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG. Aus diesem Grund stellt das Zulassungsrecht ein absolutes und kein relatives Recht dar. Die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen stellen sich vor diesem Hintergrund nicht als quasi-tatbestandliche Begrenzung des Zulassungsrechts aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG dar, vielmehr handelt es sich bei ihnen um zu rechtfertigende Beschränkungen des Zulassungsrechts. 2.  Das Teilhaberecht gewährt einen Anspruch auf Zulassung nur im Rahmen des Vorhandenen, welches sich einerseits auf das Studienziel (in sachlicher Hinsicht ein bestimmter Studiengang, in örtlicher Hinsicht ein bestimmter Studienort) und andererseits auf die Studienkapazitäten bezieht. Im Hinblick auf die vorhandenen Kapazitäten ist dabei aber zwischen den tatsächlich vorhandenen und den maximal möglichen Kapazitäten zu unterscheiden, wobei nur letztere das Teilhaberecht begrenzen. Erstere stellt eine zu rechtfertigende Beschränkung desselben dar. Angesichts dieses Verständnisses der definitorischen Grenze des Teilhaberechts, ist der Vorbehalt des Möglichen im Zusammenhang mit dem Teilhaberecht weitgehend überflüssig. 3.  Verkürzungen des Schutzbereichs des Teilhaberechts sind als Beschränkungen zu bezeichnen. Sie können auf abstrakt-genereller Ebene oder durch den konkreten Vollzugsakt geschehen. Solche Beschränkungen sind von bloßen Ausgestaltungen des Teilhaberechts abzugrenzen, die das teilhaberechtlich Vorhandene prägen und deshalb nicht anhand des Teilhaberechts überprüfbar sind. Die Rechtfertigung einer solchen Beschränkung hängt maßgeblich von dem Ergebnis der Verhältnismäßigkeitsprüfung ab. Neben dem aus der Prüfung der Erforderlichkeit resultierenden Kapazitätserschöpfungsgebot ist hier insbesondere das Gewicht der abzuwägenden Güter maßgeblich. Zur Ermittlung des Gewichts des beschränkten Teilhaberechts wird sich verbreitet noch an der Dreistufentheorie des Bundesverfassungsgerichts orientiert. Diese hat jedoch Probleme, den bei der Ausbildungsfreiheit besonders relevanten Dualismus von inhaltlicher und örtlicher Wahl zu bewältigen. Daher ist es vorzugswürdig, sich bei der Beurteilung des Gewichts einer Beschränkung an vier Leitfragen zu orientieren. Zunächst ist zu fragen, welche Phase der Ausbildung durch die Beschränkung betroffen ist. Beschränkungen der Ausbildungswahl werden dabei regelmäßig schwerer wiegen als



E. Zusammenfassung229

solche des Ausbildungsprozesses. Wie bei der Berufswahl kann es aber auch hier Ausnahmen geben. Sodann ist zu fragen welcher Gehalt der Ausbildungsfreiheit betroffen ist. Die Beschränkung der Wahl des Studiengangs wiegt dabei schwerer als die Beschränkung der Ortswahl. Die dritte Frage betrifft das Ausmaß der Beschränkungswirkung. Hier wiegt eine Beschränkung weniger schwer, wenn der Grundrechtsträger in der Vergangenheit bereits von seinem Teilhaberecht Gebrauch machen konnte. Auch wiegt eine Erschwerung des Rechtsgebrauchs leichter als ein Ausschluss desselben. Die letzte Frage betrifft schließlich das Ausmaß des Einflusses des Betroffenen auf die Beschränkung. Danach wiegt eine Beschränkung des Teilhaberechts, auf die der Grundrechtsträger Einfluss hat weniger schwer als eine solche, die seinem Einfluss entzogen ist. Die Schwere der Beschränkung nimmt dabei weiter ab, je größer der Einfluss ist. 4. Da aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG – auch in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip – kein Leistungsrecht folgt, ist das teilhaberechtlich Vorhandene nur anhand der objektiv-rechtlichen Dimension des Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG überprüfbar. Diese erlegt dem Staat eine Auffangverantwortung für das Vorhandensein einer Ausbildungsinfrastruktur auf, da die Ausbildungsfreiheit ohne eine solche leerlaufen würde. Bezogen auf die akademische Ausbildung bedeutet dies, dass der Staat dafür zu sorgen hat, dass ein Minimum an Studienkapazitäten vorhanden ist. Dieses Minimum ist unter Berücksichtigung von Nachfrage und Bedarf für den jeweiligen fachlichen Bereich zu bestimmen. Wird dieses Minimum unterschritten, so verdichtet sich die Auffangverantwortung zu einer Handlungspflicht. Diese verpflichtet ihn zwar nicht zu konkreten Maßnahmen, jedoch ist er eher gehalten, selbst Studienkapazitäten zur Verfügung zu stellen, je weiter diese Grenze unterschritten wird. Verletzt er gleichwohl seine Handlungspflicht und kann sich dabei nicht auf den in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden Vorbehalt des Möglichen berufen, so bedeutet dies jedoch lediglich die Verletzung objektiven Verfassungsrechts. Eine Subjektivierung dieses Rechts findet auch in Extremfällen nicht statt. 5. Die für die Bewerberauswahl relevante Chancengleichheit folgt aus dem allgemeinen Gleichheitssatz und ist im Sinne von Rechtsgleichheit zu verstehen. Da im Rahmen der Auswahl einerseits eine Ungleichbehandlung verschiedener Bewerber notwendig wird, andererseits die Ablehnung eines Bewerbers aber auch eine Beschränkung seines Teilhaberechts darstellt, sind die Auswahl und die sie betreffenden Regelungen anhand von Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG zu überprüfen. Die aus diesem Prüfungsmaßstab resultierenden Anforderungen lassen sich für den Bereich der abstrakt-generellen Regelungen in solche an die Auswahlkriterien, solche an das Auswahlverfahren und solche an die Regelungszuständigkeit unterteilen. Dabei gibt es Unterschiede zwischen dem Fall des absoluten

230

E. Zusammenfassung

und dem des relativen Numerus clausus, die sich darin äußern, dass der Staat im Fall des relativen Numerus clausus teilweise über größere Spielräume verfügt als im Fall des absoluten Numerus clausus. 6. Die Auswahl der Bewerber unterliegt dem Gebot der grundsätzlichen Auswahl nach Eignung und dem Gebot der Chancenoffenheit. Beide Gebote entstammen Art. 12 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG und sind Ausfluss der Pflicht zur Herstellung praktischer Konkordanz zwischen den kollidierenden Teilhaberechten der konkurrierenden Bewerber. Eignung ist dabei weit zu verstehen. Sie meint die Möglichkeit des Bewerbers, im Studium beziehungsweise in dem sich gegebenenfalls daran anschließenden Beruf auf Grund schon vorhandener oder noch auszubildender Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten ein bestimmtes Leistungsniveau zu erreichen. Chancenoffenheit bedeutet, dass die Auswahlkriterien hinreichend breit angelegt sein müssen. Das Zusammenspiel beider Gebote bewirkt, dass die anhand der Kriterien zu messende Eignung hinreichend breit erfasst werden muss. In diesem Zusammenhang ist die Auswahl nach schulnotenunabhängigen Kriterien neben der Auswahl nach der Abiturdurchschnittsnote regelmäßig geboten. 7. Unter Gleichheitsgesichtspunkten müssen die Auswahlkriterien über genügend Vorhersagekraft bezüglich der künftigen Eignung der Bewerber verfügen, um eine Differenzierung zwischen den Bewerbern zu rechtfertigen. Dies ist nicht gesichert, wenn auf Grundlage eines Kriteriums anhand so geringer Unterschiede ausgewählt wird, die nicht mehr auf Eignungsunterschiede schließen lassen. Im Fall des relativen Numerus clausus liegen die Anforderungen an die Aussagekraft unterhalb von denen beim absoluten Numerus clausus. Soweit im Rahmen der Auswahlkriterien typisiert wird, dürfen die aus dieser Typisierung resultierenden Nachteile nicht zu intensiv sein und es darf auch keine zu große Zahl an Bewerbern dadurch benachteiligt werden. 8.  Das Auswahlverfahren als besonderes Zulassungsverfahren muss unter dem Gesichtspunkt der Ausbildungsfreiheit bestimmten Anforderungen genügen. So muss dem Bewerber eine faire Chance zukommen, das Ergebnis beeinflussen zu können. Außerdem darf ihm das Verfahren einerseits die Ausübung der Ausbildungsfreiheit nicht übermäßig erschweren und muss andererseits einen möglichst vollständigen und offenen Informationsfluss zwischen Bewerber und dem Staat ermöglichen. Daneben hat auch das Auswahlverfahren zur Herstellung praktischer Konkordanz beizutragen. Daher müssen auch hier die Erfordernisse der Chancenoffenheit berücksichtigt werden. Soweit das Verfahren eine Beschränkung des Teilhaberechts darstellt, muss die seine Gestaltung verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Schließlich muss die Chancengleichheit im Sinne der Rechtsgleichheit auch im Verfahren gewährleistet sein.



E. Zusammenfassung231

9.  Die Festsetzung der Auswahlkriterien und die Regelung des Verfahrens muss auf Grund der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts im Fall des absoluten Numerus clausus durch den Gesetzgeber geschehen. Ein Kriterienfindungsrecht durch die Hochschulen ist unzulässig. Diesen darf jedoch die Möglichkeit eingeräumt werden, Kriterien aus einem gesetzlichen Katalog auszuwählen und zu konkretisieren. Das gilt unabhängig davon, ob der absolute Numerus clausus einen Massenstudiengang oder einen spezialisierten Studiengang im Rahmen eines bestimmten Lehr- und Forschungsprofils betrifft. Im Fall des relativen Numerus clausus ist eine Delegation dieser Aspekte hingegen zulässig.

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Sachverzeichnis Abiturdurchschnittsnote  20, 40, 42, 48, 50, 184, 194, 198 ff., 208, 219, 224 –– föderale Unterschiede  42, 201 –– Vergleichbarkeit  220 Ablehnungsentscheidung  116 f. Abschluss  –– berufsqualifizierender  62 Abwehrrecht  53, 64 f., 72, 77, 129, 161 Allgemeinheit  –– Interessen der  48 Anciennitätsprinzip  43 Angemessenheit  138 Anspruch  –– auf Hochschulzulassung  33, 53 Arbeitslosigkeit  150, 167 Arbeitsplatz  –– freie Wahl  102 Aufbaustudium  81 Auffangverantwortung  142, 144, 152 Ausbildung  –– berufspraktische  194 Ausbildungsaufwand  168 Ausbildungsfreiheit  33, 77 f., 97, 99, 102, 150, 178, 190, 217 –– Gewährleistungsdimension  129 Ausbildungsinfrastruktur  140 Ausbildungskapazitäten  36 Ausbildungslenkung  164 Ausbildungsmonopol  68 Ausbildungsort  26 Ausbildungsprozess  104 Ausbildungsqualität  166 Ausbildungsstätte  5 –– freie Wahl  33, 58, 133, 140 Ausbildungswahl  104 Ausland  48

Auswahl  57 –– Eignung  50 –– Entscheidung  117, 173, 177, 179 –– Gespräche  45 f., 189, 194, 215 –– Standardisierung und Strukturierung  215 –– unter Bewerbern  31 Auswahlkriterien  25, 40, 45 f., 50, 57, 176 ff., 188, 196, 216 ff. –– Art  215 –– Ausgleich von Schwächen anderer A.  192, 194 –– Aussagekraft  195, 197 f., 218 –– Berücksichtigung des Hochschul­ profils  215 –– Delegationsverbot  213 –– Festlegung  197, 214, 215 –– Gesamtkonzeption  184 –– Gewichtung  207, 214 f. –– Hilfskriterien  182 –– Konkretisierung  213 –– nebeneinander stehende A.  185 –– Profilbildung  214 –– Prognose  188 f., 198, 219 –– schulnotenunabhängige A.  193, 217 –– Sekundärkriterien  182 –– Typisierungsbefugnis  195, 197, 199 f., 219, 221 –– Vorhersagekraft  197 f., 219 –– Wahlrecht zwischen A.  213 Auswahlregelungen  106, 117 Auswahlverfahren  30, 39 ff., 44, 46, 177, 183, 208, 224 –– Delegierbarkeit der Regelung des A.  227 –– objektiv-rechtliche Anforderungen  209

248 Sachverzeichnis Basismaßstab  197, 218 Bedarf  148 ff., 156, 167 f. Bedarfsorientierung  39 Bedürfnisprüfung  39 Befähigung  –– zum Hochschulstudium  171 Begünstigung  –– von Landeskindern  40, 44, 202, 221 f. Belange  –– universitäre B.  166 Berufe  60 Berufsausübung  97, 190 Berufsfeld  190 Berufsfreiheit  33, 77 f., 133 f., 144 Berufslenkung  39, 149, 164, 165, 167 Berufspraktische Ausbildung  194 Berufsverbot  133 Berufsvorbereitung  62 Berufswahl  97, 165 Beschäftigungsrisiko  167 Beschränkungsschwere  103, 106 Beschränkungswirkung  105 Bewerber  21 –– Auswahl  31, 45, 49, 57, 177, 188 –– Gelegenheitsbewerber  198, 201 –– Langzeitbewerber  198, 201 Bonus-Malus-System  200, 221 Budgetrecht  126 Bund und Länder  153 Chancengleichheit  169 f., 213 f., 225 Chancenoffenheit  43, 51, 183 ff., 193, 207 ff., 217, 223, 225 Curricularwerte  115 Delegationsbefugnis  48 Demokratieprinzip  126 Deutsche  62 Differenzierungsgrund  195 Differenzierungskriterium  195 f. Dreistufentheorie  36, 55, 96, 101 ff., 133

Drittstudium  105 Durchschnittsnote  43 Eignung  30, 40, 44 f., 179 ff., 187, 191, 193 ff., 207, 215, 217 –– Ermittlung  219 –– Prognose  51, 180 f., 193 Eignungskriterien  208 Eignungsprüfung  45, 94, 211 –– standardisiert  210, 225 –– strukturiert  210, 225 Einklagbarkeit  –– ungenutzter Studienplätze  35 Einschätzungsspielraum  40, 165 Erststudium  34, 105, 195 EU-Ausländer  62 Evidenz  124, 157 f., Evidenzkriterium  123 Existenzsicherung  150 Fähigkeitsnachweis  134 Finanzierungsbedarf  147 Finanzmittel  88, 162 f. föderale Unterschiede  199 Folgerichtigkeit  112 ff. Freiheit  122, 124, 130 Freiheitsbeschränkung  175 Freiheitsgebrauch  105 Freiheitsrecht  55, 196, 218 Funktionsfähigkeit  –– der Hochschule  115 Gelegenheitsbewerber  198, 201 Gemeinschaftsgut, überragend wichtiges  102, 133 Gemeinwohlbelange  44 gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht  90 f. Gesetzesvorbehalt  96 Gesetzgeber  46, 83, 87, 99, 111, 134, 153, 212 Gesetzgebungskompetenz  153

Sachverzeichnis249 Gestaltungsfreiraum  –– des Normgebers  37 Gestaltungsmöglichkeiten  134 Gestaltungsspielraum  40, 45, 48, 50 Gestaltungsverpflichtung  141 Gewährleistungsdimension  59, 63, 124, 161, 208 Gewaltenteilung  124, 126 Gleichheitsgrundrechte  169 Gleichheitsrecht/Gleichheitssatz  55, 169, 173, 221 Grundrecht  –– faktische Nutzbarkeit des G.  130 –– Grundrechtsschutz durch Verfahren und Organisation  136 Grundrechtsbeeinträchtigung  21 Grundrechtsdimensionen  32, 135 Grundrechtskollisionen  114, 179 Grundstudium  81 Gruppenbildung  199 Handlungsplicht  152, 155 ff. –– staatliche  142 f. Härteklausel  202 Hauptquote  43, 193, 207, 223 Haushaltsgesetz  89 Haushaltsgesetzgeber  87 Haushaltsmittel  119, 120 ff., 124 ff. heimatnahe Universität  44 Hochschulausbildung  –– Gesamtbedarf an  143 Hochschule  –– pädagogische  59, 152 Hochschulformen  59 Hochschulinfrastruktur  140 Hochschulkapazitäten  s. Kapazität und Studienkapazitäten –– Überprüfbarkeit  55 Hochschulrahmengesetz  49 Hochschulstudium  –– Befähigung  171 Hochschulzugang  18 f. –– Begrenzung  18, 116, 174 –– Berechtigung  99

Hochschulzugangsrecht  18 f. Hochschulzulassung  31, 84, 101, 171, 176, 196 –– Begriffe  18 ff. –– Einheitlichkeit, bundesweite  172 –– Einheitlichkeit, landesweite  172 –– Geschichte  18 ff., 22 ff. Hoheitsträger, derselbe  172 Immatrikulation  65 –– Versagung  19 Individualbegünstigung  160 Jahrgangsprinzip  26 Juristen  145 Kapazität  21, 36, 47, 50, 89 –– Minimum  143 –– normativ festgelegte  117 Kapazitätsausschöpfung  47 Kapazitätsberechnung  38, 111, 117 Kapazitätsbestimmung  33, 36 ff., 111 Kapazitätsengpässe  21 Kapazitätserhöhung  153 Kapazitätsermittlung  37, 111 Kapazitätserschöpfung  21, 35 117, 175, 222 Kapazitätserschöpfungsgebot  35, 37, 117 Kapazitätserweiterung  119 Kapazitätsfestlegung  –– Überprüfung  56 Kapazitätsfestsetzung  21 Kapazitätsminderung  116 Kapazitätsnutzung  –– erschöpfende  117 Kapazitätsrecht  33, 37, 38 Kapazitätsreduktion  63, 119, 153, 161, 164 ff. Kapazitätsverordnung  37, 89, 94 –– Landeskapazitätsverordnung  115 Klagbarkeit  53 Kompetenzen  153

250 Sachverzeichnis Kompetenzordnung  126 Konkurrenzschutz  166 Kriterienfindungsrecht  46 Kriterienkatalog  46 Länderquote  200 Landesgesetze  83 Landeskapazitätsverordnung  115 Landeskinder  40, 44, 202, 221 f. Langzeitbewerber  198, 201 Lebenschancen  196, 218 f., 226 Leistungskriterien  196 Leistungsprinzip  42 f. Leistungsrecht  32 f., 49, 56 f., 118, 121 f., 129 –– organisationsbezogenes L.  127 ff., 130 ff. –– ressourcenbezogenes L.  119, 123 f., 130 f. leistungsrechtliche Dimension  118 ff. Lehramtsstudiengänge  145 Lehrdeputat  47 Lehrfreiheit  217 Lehrverpflichtung  163 Losverfahren  183 Massenerscheinung  199, 219 Massenstudiengang  211, 213 Masterstudium  81 Medizin  24, 26, 28 f., 31, 48 f. 85, 100, 186 f. 191 f., 201, 207 Mehraufwand  218 Mehrfachbewerbungen  25 Minimum  152, 154 Mittelverwendung  88 Mittelzuweisung  88 Mitverantwortung  –– zuständiger staatlicher Stellen  154 Motivation  182, 186 f., 189, 215, 217 –– berufsbezogene M.  191 –– für den angestrebten Beruf  189 –– für die Aufnahme eines Berufs  190 –– im Studium  189

–– Prognose über künftige M.  189 Nachfrage  148 ff., 156 Nachrücken  49 naturwissenschaftliche Fächer  24 Nicht-EU-Ausländer  63 normative Kraft des Faktischen  90 Numerus Clausus  19 ff., 168, 177, 216, 218, 221, 226 –– absoluter  21, 26, 31, 44, 52, 70, 103 f., 114, 139, 168, 184, 201, 211 –– relativer  21, 52, 104, 168 f. objektiv-rechtliche Dimension  135. 140 f., objektiv-rechtliche Pflicht  33, 52, 57, 140 f., 157 Organisation  128, 130, 136 Organisationspflicht  127, 132, 134 Organkompetenz  153 Ortswahl  36, 103 f., 183, 218 Ortswünsche  42, 183, 209 Parallelstudium  35 f. Parkstudiumsklausel  203 Parlamentarischer Rat  53, 60, 72 ff. Parlamentsvorbehalt  211 Patientenwohl  207 persönliche Fortentwicklung  197 Pharmazie  24, 29 Planung, staatliche  154 praktische Konkordanz  114 f., 178 ff., 185 ff., 209, 225 private Hochschulen  147 Prognose  52, 156, 188 f., 198 –– Prognosefähigkeit  189 Prozentrangregel  200, 221 Prozessrecht  35 Prüfungsbedingungen  225 Prüfungsintensität  195 ff., 218 Prüfungsmaßstab  195 f. Psychologie  28 f., 191 Qualifikation  19, 99

Sachverzeichnis251 Qualifikationsbewertung  201 Qualifikationsnachweis  81, 94 Qualifikationsrecht  18 Qualität  –– der Ausbildung  166 –– eines Studiums  115 Quereinstieg  34, 94 Quoten  40, 207, 222, 223 Rangstelle  47 Rangziffer  35 Rechtfertigungsanforderungen  54 Rechtsschutz  –– effektiver  35 Rechtsstaatsprinzip  108 f., 113, 116, 203, 221 Rechtsverordnung  111 Rechtswissenschaft  145 Referenzgruppe  200 Regelungszuständigkeit  45, 210 f., 226 Risiko des Fehlschlags  43 Rückwirkung  109 f., 203 f. Sachrichtigkeit  –– Gebot der Tendenz zur S.  139 Schutz  –– freiheitsrechtlicher  58 –– gleichheitsrechtlicher  58 Schutzbereich  69 –– Begrenzung  82 Schutzlücken  69 Schutzniveau  53 Schutznormlehre  159 Selbstverwirklichung  150, 197 Sozialstaat  33, 44, 53 f., 66, 78, 90, 108, 120, 122 f., 150, 160, 170, 187, 192, 202, 221 f. Spielraum  155 f., 186, 195, 207 Staatsaufgabe  141 Staatsvertrag  27 f., 30, 204 Staatsziel  139 ff., 147, 150, 153, 159 f., 202 Startgleichheit  170

Statusgewährleistungsauftrag  141 Studienabbruch  188 Studienangebot  –– Veränderung  219 Studienbewerber  21 Studienerfolg  180, 188, 192 f. Studiengang  –– Aufrechterhaltung  129, 132 f. –– Ausstattung mit Personal-, Sach- und Finanzmitteln  131 –– Bereitstellung  129, 132 f. –– Beschränkung und Rechtfertigung  225 –– spezialisierter S.  212 f. –– Wahlfreiheit  105, 209, 223 Studienkapazitäten  20, 31, 47, 51, 142 –– Berechnung  27 –– Bereitstellung  38, 145 –– Bereitstellung durch Dritte  154 –– Erschöpfung  35, 175, 222 –– kein Anspruch auf Bereitstellung  39 –– Minimum  143, 146 ff., 156 –– Reduktion  63, 119, 153, 161, 164 ff. –– Vorhandensein  83 Studienort  –– Wahl  35, 104, 168, 209, 217 f., 223, 225 Studienplätze  –– Schaffung  38, 162 –– Vergabestelle  47 –– Verteilung  19, 53 Studienwechsel  35 Studium  61 f. –– Studienabschluss  132 subjektives Recht  156 Subjektivierung  157 Subventionen  154 Teilhabe  –– Recht auf gleiche T.  171 –– staatliche Leistungen  227 Teilhaberecht  32 ff., 52 ff., 65 ff., 74 ff., 84 ff., 92 ff., 115 f., 118, 129 f., 132 f.,

252 Sachverzeichnis 148, 157, 162, 165, 172, 175, 196, 206, 221, 224 f. –– absolutes Recht  71 –– Beschränkbarkeit  55 –– Beschränkung  93, 95 f., 187, 202, 209, 211 –– Beschränkungsintensitäten  227 –– derivative Natur  119 –– Grenze  56 –– kollidierendes T.  216 f. –– Mitbewerber  100 –– Schutzgehalt/Schutzbereich  80 f., 119 –– Verfahrensabhängigkeit  136 f. Teilhabemaximierung  188 Teilzulassung  81 Tiermedizin  29 Typisierungsbefugnis  195, 197, 199 f., 219, 221 Übergangsregelung  204 ff. Ungleichbehandlung  169, 171, 173 ff., 195, 199 f. –– benachteiligende U.  171 –– Differenzierungsgrund  195 Universität  59, 61 –– Belange  166 Verbandskompetenz  153 Verfahren  138 f. –– formalisiertes  139 –– Gestaltung  225 Verfassungsauftrag  39, 141, 157 Verfassungsrecht  99 –– kollidierendes  99 Vergleichbarkeit  200 –– bundeslandübergreifende Vergleichbarkeitsprobleme  201 Verhältnismäßigkeit  100 ff., 113, 117, 165, 195, 197 –– Prüfung  70 f., 133, 174 Verlosung  183 Versagung der Immatrikulation  19 Verteilung der Studienplätze  19

Verteilungsrecht  18 Vertrauensschutz  204 ff. Verwaltungsgerichtliche Kontrolle  38 Verwaltungskompetenz  153 Vorabquote  44, 100, 202, 206 f., 223 f., 206 f., 224 –– Maximalgröße  223 Vorauswahl  42 Vorbehalt des Möglichen  56, 125 Vorhandene, das  33, 55, 85 ff., 118, 120, 162, 166 –– Bestimmung  87 –– möglich V.  88 –– tatsächlich V.  88 –– Vorbehalt des Möglichen  89 f. –– Vorbehalt des rechtlich Möglichen  90 –– Vorbehalt des Zumutbaren  90 Wartezeit  29 f., 42 ff., 51, 184 ff., 191 ff., 198, 201 f., 208, 217 Wartezeitquote  51, 194, 198, 223 Wesentlichkeitstheorie  45, 99, 210, 226 Wille  190 Willkürkontrolle  197, 218 Willkürverbot  110, 116 Zahnmedizin  24, 26, 29 Zugang  –– zu staatlichen Hochschulen  32 Zulassung  –– Anspruch auf/Recht auf  34, 47, 66 –– pauschaler Ausschluss  105 f. –– Quereinstieg  80 –– Teilzulassung  81 –– Wechsel der Hochschule  80 –– Wechsel von Studiengang  80 –– weiterführende Studiengänge  80 –– zu höheren Semestern  80 –– zu weiteren Studien  80 –– zum ersten Semester  80 –– zum Erststudium  80 –– zum Hochschulstudium  32 Zulassungsanspruch  47

Sachverzeichnis253 Zulassungsberechtigte  184 Zulassungsbeschränkung  19, 35 Zulassungschancen  171, 175, 184 Zulassungshöchstzahl  94 Zulassungspraxis  25 Zulassungsrichtlinien  26 Zulassungsrecht  66, 115, 168, 224 Zulassungsverfahren  18, 67 f., 175, 224 –– objektiv-rechtliche Anforderungen  209

Zulassungsvoraussetzungen  –– objektive  101 –– subjektive  34, 81, 84, 94, 101 Zulassungswesen  25 –– Kern  45 Zulassungszahl  19 f. Zulassungszuständigkeit  92 Zumutbarkeit  176 Zuständigkeitsordnung  92 Zweitstudium  35 f., 105, 195