134 52 28MB
German Pages 299 Year 2001
PETER REICHENBACH
Der Anspruch behinderter Schülerinnen und Schüler auf Unterricht in der Regelschule
Abhandlungen zu Bildungsforschung und Bildungsrecht Herausgegeben von Frank-Rüdiger Jach und Siegfried Jenkner
Band 8
Der Anspruch behinderter Schülerinnen und Schüler auf Unterricht in der Regelschule Zugleich ein Beitrag zur Interpretation des Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG
Von
Peter Reichenbach
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Reichenbach, Peter:
Der Anspruch behinderter Schiilerinnen und Schüler auf Unterricht in der Regelschule : zugleich ein Beitrag zur Interpretation des Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG I Peter Reichenbach. Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Abhandlungen zu Bildungsforschung und Bildungsrecht ; Bd. 8) Zugl.: Bielefeld, Univ., Diss., 1999/2000 ISBN 3-428-10224-X
Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübemahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany
© 2001 Duncker &
ISSN 1433-0911 ISBN 3-428-10224-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 8
Meinen Eltern Anneliese und Günter Reichenbach
Vorwort Das Vorwort eines Buches zu schreiben, ist ein ebenso angenehmes wie spannendes Unterfangen, gibt es doch zum einen Gelegenheit, mehr oder weniger zufrieden auf das Geschaffte zurückzublicken und all jenen zu danken, die daran unmittelbar und - oft nicht weniger effektiv - mittelbar beteiligt waren, zwingt es zum anderen aber auch, die darin entwickelten Gedanken noch einmal (selbst-)kritisch zu reflektieren. Ich will mit dem Spannenden beginnen: Als ich im Sommer 1998 mit den ersten Vorarbeiten der Untersuchung begann, befand sich die juristische Diskussion um die Eingliederung behinderter Kinder und Jugendlicher in das allgemeine Schulwesen aus Sicht der Rechtsprechung vermeintlich schon im Endstadium. Insbesondere der Beschluss des BVerfG vom 08. Oktober 1997 hatte einen ersten Schlusspunkt hinter die Auseinandersetzung um Inhalt und Reichweite des Art. 3 III 2 GG gesetzt. Bei dessen Lektüre, insbesondere aber auch während der Beschäftigung mit den einschlägigen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte und den literarischen Stellungnahmen, entstand aber bald der Eindruck, dass es damit keinesfalls sein Bewenden haben konnte. Der Dornröschenschlaf, in dem die Diskussion um eine angemessene und gerechte Unterrichtung behinderter Kinder und Jugendlicher seit über einem Jahrhundert geschlummert hatte, und aus dem sie die - in ihren Begleitumständen wohl einmalige - Anfügung des Satzes 2 an Art. 3 III GG kurz gerissen hatte, schien wieder um sich zu greifen, ohne dass sich in der Sache etwas Wesentliches geändert hatte. Insbesondere die wissenschaftliche Begleitung der zum Teil stark auseinanderlaufenden Rechtsprechung war anfangs allenfalls im Ansatz zu erkennen. Und obwohl sich insofern mittlerweile durchaus einiges getan hat, fehlt doch noch ein Beitrag, der diese Problematik ganz grundsätzlich und umfassend angeht. Diese Lücke versucht die vorliegende Untersuchung zu schließen. Sie ist von dem Bestreben geleitet zu verdeutlichen, dass es mit dem überkommenen Verständnis der "Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte", jedenfalls was Art. 3 III 2 GG anbetrifft, sein Bewenden nicht haben kann, sondern dass ein an den Schutzbedürfnissen der modernen Gesellschaft orientiertes Grundrechtsverständnis auch für eine - vorsichtige - Weiterentwicklung offen sein muss. Um der Gefahr vorzubeugen, dass sich die Vorschläge insofern im rein Theoretischen und Akademischen verlieren, wurde versucht, klare Bezüge zur praktischen Umsetzung der zugrunde liegenden Konzeption im Schulrecht herzustellen. So rechtfertigt
8
Vorwort
sich insbesondere die Einbeziehung der sog. Teilleistungsstörungen Legasthenie und Dyskalkulie in die Überlegungen. Die zentrale These meiner Arbeit geht dahin, dass die gerade anhand der Diskussion um Art. 3 III 2 GG wieder aufgeflammte Frage, ob Grundrechte auch "Leistungspflichten" enthalten, oder sich auf ihre "Abwehrfunktion" beschränken, so eigentlich schon nicht richtig gestellt ist. An ihrer Statt wird die Interpretation des Art. 3 III 2 GG als Gebot der "Chancengleichheit" vorgeschlagen, eine Konzeption, die in der klassischen und auch künftig unverzichtbaren, auf Staatsabwehr gerichteten Grundrechtsinterpretation wurzelt, gleichzeitig aber anerkennt, dass der moderne Rechts- und Sozialstaat Freiräume nicht nur schützen, sondern auch schaffen muss. Freiheit und Gleichheit sind eben keine Gegensätze, sondern bloß die beiden Seiten ein und derselben Münze. Dies wird hier für Art. 3 III 2 GG aufgezeigt dass dies bei anderen Grundrechten womöglich ganz ähnlich liegen könnte, ist bislang nur ein (mir nicht völlig entfernt scheinender) Gedanke. Die Abhandlung hat im Wintersemester 1999/2000 der juristischen Fakultät der Universität Bietefeld als Dissertation vorgelegen. Rechtsprechung und Schrifttum sind auf dem Stand von Februar 2000. Ihre Publikation gibt mir die eingangs schon als angenehm gekennzeichnete Gelegenheit all denen zu danken, ohne die die Arbeit so nicht hätte entstehen können: Zu danken habe ich zunächst Herrn Professor Dr. Christoph Gusy, der die Dissertation als Erstgutachter in vorbildlicher Weise betreut hat. In allen Stadien der Arbeit stand er mir mit großem Engagement und zahlreichen Anregungen zur Seite, die Zuverlässigkeit, mit der er die einzelnen Teile zügig und wohl durchdacht kommentierte, hat es mir überhaupt möglich gemacht, sie in verhältnismäßig kurzer Zeit abzuschließen und so ihre gedankliche Geschlossenheit sicherzustellen. Für die umgehende Erstellung des Zweitgutachtens danke ich Frau Professor Dr. Ulrike Davy. Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Otto Backes, an dessen Lehrstuhl ich seit Ende 1998 als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt bin. Er stand mir jederzeit mit Rat und Tat zur Seite und hat auf diese Weise sehr effektiv Beihilfe zum Entstehen der Arbeit geleistet. Herr Professor Dr. Jens Holger Lorenz (Ludwigsburg) hat mir unentbehrliche Hinweise zur Behandlung der Dyskalkulie-Problematik gegeben. Für ihre Unterstützung bei der Literaturrecherche danke ich Stephan Dusil und Claudia Kramer. Ein Extradank geht an meine Kollegin Rechtsanwältin Pamela Siebrasse, ohne deren Unterstützung, Verständnis und Zuverlässigkeit die Arbeit so niemals hätte gelingen können.
9
Vorwort
Gewidmet ist das Buch meinen Eltern Anneliese und Günter Reichenbach. Sie haben mich nicht nur während meiner Promotionsphase in jeder Situation mit Geduld, Optimismus, Fürsorge und Zuneigung begleitet. Meinem Vater bin ich darüber hinaus für zahlreiche Anregungen aus seiner praktischen Tätigkeit als Lehrer zu Dank verpflichtet. Spenge, im April 2000
Peter Reichenbach
Inhaltsverzeichnis Erster Teil
Einleitung und Problemaufriss
A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die einfachrechtlichen Rahmenbedingungen eines gemeinsamen Schulunterrichts für behinderte und nicht behinderte Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen........ . . ................... . .............. . ... . 1. Die Ausgangslage nach §§ 11, 49 NdsSchulG a.F.: Getrennter Unterricht für behinderte Schülerinnen und Schüler . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Schulrechtsreform 1993: Gesetz vom 27. September 1993.. ... . a) Der Hintergrund: Gemeinsame Unterrichtung behinderter und nicht behinderter Kinder als pädagogische Frage . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Ausgangslage: Bildung behinderter Schülerinnen und Schüler in Hilfs- und Sonderschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Entstehung des Hilfsschulwesens . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Wiederaufbau des Sonderschulwesens nach dem Zweiten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Umbruch: Die bildungspolitische Diskussion in den 1970er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Erprobung: Integrativer Unterricht in der pädagogischen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schulversuche in Niedersachsen . . . ....... . .. . .. .... . (a) Schulleistungen.......... .... ........... . . . . . . . (b) Sozialverhalten..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schulversuche in den übrigen Bundesländern . . . . . . . . . (a) Rahmenbedingungen für integrativen Unterricht.. . (b) Schulleistungen......................... ... ... . (c) Sozialverhalten.......... . .... . ........ . . . . . . . . (3) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 6. Mai 1994...... . . . .......... . ........ . ......... . . ......... b) Die Umsetzung durch den Gesetzgeber ... .......... . ........ . aa) Der Ausgangspunkt der Beratungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Gang der Diskussion........ . .................... . . (1) Grundsätzliche Aspekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einzelne Regelungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Ergebnisse............................. . .......... 3. Die Rechtslage nach§§ 4, 68 NdsSchulG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 19 21 21 22 22 22 23 25 27 28 28 29 30 30 31 31 33 34 35 36 36 38 38 39 40 41
12
Inhaltsverzeichnis a) Möglichkeit einer gemeinsamen Unterrichtung behinderter und nicht behinderter Kinder............ . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . aa) Der Grundsatz nach § 4 NdsSchulG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 68 I 2 NdsSchulG als Rechtsgrundlage für integrativen Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vorbehalt des personell und sächlich Möglichen . . . . . . . . . . . b) Getrennte Unterrichtung behinderter und nicht behinderter Schülerinnen und Schüler als praktischer Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen.............. . ..... .
41 41 42 42 43 44 44
B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Zweiter Teil
Die Beurteilung des Unterrichts für behinderte Kinder und Jugendliche 47 in Rechtsprechung und Lehre A. Der Meinungsstand vor der Einführung des Art. 3 III 2 GG.. . . . . . .. ... .. .
Anerkennung der Bildungsfähigkeit und Bildungsbedürftigkeit behinderter Kinder und Jugendlicher - Einordnung der Hilfs- und Sonderschulen als RechtswohltaL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zwei Urteile aus Preußen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entwicklung der Rechtsprechung nach dem Zweiten Weltkrieg . 3. Stellungnahmen in der Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Il. Problematisierung der Ausschulungen und Sonderschuleinweisungen Diskussion des Rechts auf Verbleib in der Regelschule . . . . . . . . . . . . . . . III. Erkenntnis der Grundrechtsrelevanz der Sonderschuleinweisung - Erörterung erster integrativer Ansätze........... . .............. . . . . . . . . 1. Betonung des Parlamentsvorbehalts auch im Sonderschulwesen.... . 2. Erörterung des Problems der integrativen Unterrichtung behinderter Kinder und Jugendlicher.... . ........ . ..... . . . . . ..... ... .... . . . IV. Würdigung .. ........ ... ................................ . ........
47
I.
48 48 49 54 56 59 59 61 67
B. Die Entwicklung seit der Reform des Grundgesetzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 I.
Die Rechtsprechung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung: Die strukturelle Vergleichbarkeit Bayerns und Niedersachsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Integrativer Unterricht in Niedersachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der zugrunde liegende Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ein Beschluss des VG Göttingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ein Beschluss des OVG Lüneburg.... .. .. . . . . ....... .. ..... . d) Eine Kammerentscheidung des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ein neuer Beschluss des OVG Lüneburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Ein weiterer Beschluss des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Die endgültige Entscheidung des BVerfG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70 71 72 72 73 73 74 75 76 76
Inhaltsverzeichnis h) Die Rechtsprechung der niedersächsischen Verwaltungsgerichte vor dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Vorgaben . . . . i) Stellungnahmen im Schriftturn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Besprechung der Rechtsprechung der niedersächsischen Verwaltungsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Besprechung der Entscheidung des BVerfG........ .. .... . 3. Integrativer Unterricht in Bayern..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbemerkung: Zur Rechtslage in Bayern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Rechtsprechung der bayerischen Verwaltungsgerichte. . . . . . . c) Die Rechtsprechung des VGH München. . . . . ...... ... .. . .... . d) Stellungnahmen im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Integrativer Unterricht in den übrigen Bundesländern...... ... .... . a) Integrativer Unterricht in Baden-Württemberg........ . . ... . .. . b) Integrativer Unterricht in Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . c) Integrativer Unterricht in Schleswig-Holstein........... . . . . . . . d) Integrativer Unterricht in Sachsen-Anhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Würdigung..................... . ..... .. ........... .. . . . . .... . II. Die Lehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Einordnung des Art. 3 III 2 GG.. .. . . . .. . . . . . .. . . . . . .. . .. . . . a) Ablehnung einer Rechtsqualität des Art. 3 III 2 GG .... .... . . .. b) Das Verständnis des Art. 3 III 2 GG als reines Abwehrgrundrecht ........ . . . . ... . . ...... . .. ... . .. .. .... . ... . .. .. . . .. .. c) Darüber hinausgehende Funktionen des Art. 3 III 2 GG ........ 2. Auswirkungen des Art. 3 III 2 GG auf das Schulrecht . . . . . . . . . . . . . a) Art. 3 III 2 GG als Bestätigung der bisherigen Schulpolitik . . . . . b) Art. 3 III 2 GG als Recht auf integrativen Unterricht ..... . .....
13 79 85 85 85 86 86 88 89 92 93 93 94 95 96 97 99 100 100 100 101 103 103 104
C. Zusammenfassende Würdigung: Die Beurteilung der bisherigen Diskussion und mögliche Auswirkungen auf das niedersächsische Schulrecht. . . . . . . . . . 105 Dritter Teil
Ausgangspunkt - Die Einschlägigkeit des Art. 3 III 2 GG A. Die Bestimmung des Begriffes "Behinderung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der verfassungsrechtliche Behinderungsbegriff: Stellungnahmen in Rechtsprechung und Schrifttum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Il. Der Behinderungsbegriff im Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Behinderungsbegriff in § 10 SGB I . ................ ... .. ... 2. Der Behinderungsbegriff im Recht der Arbeitsförderung (§§ 19, 97ff. SGB III, §§ 56ff. AFG a.F.) .......... .. .............. .. . . 3. Der Behinderungsbegriff im Krankenversicherungsrecht (§§ 5, 27, 33, 38 SGB V) ...... .. . . ... . .... .. .... . . .. . . . . . . . . . . ..... .. . . 4. Der Behinderungsbegriff im Recht der Rentenversicherung (§§ 9 ff. , 15, 28ff. SGB VI) .. .. .. . .. .. ........ .... .. .............. .. .. .
109 II 0 110 113 114 116 118 119
14
Inhaltsverzeichnis 5. Der Behinderungsbegriff im Recht der sozialen Pflegeversicherung (§ 14 SGB XI)... . .... . .................. .. ............. .. .... 6. Der Behinderungsbegriff im Schwerbehindertenrecht (§ 3 SchwbG). 7. Der Behinderungsbegriff im Recht der Sozial- und Kinder- und Jugendhilfe(§§ 39ff. BSHG, § 35a SGB VIII) ............ .. ..... 8. Analyse: Gemeinsame Grundlinien des sozialrechtlichen Behinderungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Behinderungsbegriff in der Sonderpädagogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Behinderung als personales Phänomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Behinderung als soziales Phänomen .... .. . . .. .. .. . .. ..... .. . ... . 3. Der Behinderungsbegriff in den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz und des Deutschen Bildungsrats .. . . . . .......... . . . .... 4. Analyse: Gemeinsame Grundlinien des sonderpädagogischen Behinderungsbegriffs ........ . .................. . .............. . .. . . IV. Eigener Ansatz: Entwicklung eines verfassungsrechtlichen Behinderungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Schädigung als Grundvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Erheblichkeit der Schädigung als weitere Voraussetzung . . . . . . . 3. Der Behinderungsbegriff. ................ .. ............. .. .. . .. V. Die Erprobung des Behinderungsbegriffs ..... . .. ... . ..... . .. ... .... 1. Wortlaut ....... . ..... .. . . ............................. . . .. ... 2. Regelungszusammenhang .................. . ... . . . ...... . . .. ... a) Berücksichtigung verfassungsimmanenter Gesichtspunkte. . . . . . . b) Berücksichtigung internationaler Aspekte . . ......... . .. ....... c) Zwischenergebnis . ... ....... . .......... . .... . ....... . . ... .. 3. Entstehungsgeschichte . .. ................. .. ............ .. . . .. . 4. Regelungszweck . . .... . ................... . ............. . . . ... 5. Ergebnis ............ .. ....................... . ........ . . . ....
120 121 122 123 125 125 126 127 129 130 130 131 137 137 138 140 140 143 145 145 147 148
B. Die Benachteiligung "wegen" einer Behinderung .... . ... . . . . . .... ... .... 149 I. Das Verständnis als Anknüpfungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Verständnis als Begründungsverbot ......... . ............ . ... . . III. Die Bedeutung der Diskussion für Art. 3 III 2 GG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Vorzugswürdigkeit der Lehre von dem Begründungsverbot .. ... 2. Die Lehre von dem Begründungsverbot und Art. 3 III 2 GG .... ... IV. Ergebnis . .. .. . . . . ... . .. .. . . .. . . . .. ....... . .. . .. ... . . .. .. . . .. ....
149 150 151 151 153 155
C. Anwendung des Behinderungsbegriffs im Schulrecht. . ..... ... . .. . . . .. ... 155 Vorfrage: Die Anwendbarkeit des Art. 3 III 2 GG auf konkrete Behinderungen ......... . .... . ........ . ..... . .... .. . . ......... . . .. .... li. Lese-Rechtschreib-Schwäche und Rechenschwäche als Behinderung .. . 1. Ein Beschluss des VGH München als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . 2. Hintergrund: Wissenschaftliche Erkenntnisse über Legasthenie und Dyskalkulie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Legasthenie ....... .. .... . ...... .. ...... . .... . . . . ....... ...
I.
155 157 157 158 158
Inhaltsverzeichnis
15
b) Dyskalkulie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Behandlung der Legasthenie in der Rechtsprechung ........ ... 4. Stellungnahme: Legasthenie und Dyskalkulie als Behinderungen im Sinne des Art. 3 III 2 GG ................... . .............. .. .. III. Sonderpädagogische Förderungsbedürftigkeit als Behinderung ... . . .. . .
160 162 164 165
Vierter Teil
Eigener Ansatz - Die Gleichbehandlung behinderter Kinder und Jugendlicher im Schulrecht A. Die mögliche Benachteiligung behinderter Kinder und Jugendlicher im
Schulrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Bestimmung des Begriffs "Nachteil" für das Schulwesen ..... . ... 1. Bestandsaufnahme: Die Interpretation der "Benachteiligung" durch Rechtsprechung und Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlender Nachteilscharakter separierenden Unterrichts: Aufrechnung bestehender Vor- und Nachteile . . ............. ... ... b) Die Bestimmung anband allgemeiner Grundsätze: Ungleichbehandlung als Indiz für eine Benachteiligung . . ............ ... .. c) Der Standpunkt des BVerfG ........... ... ............ ... .... 2. Eigene Stellungnahme: Die Auflösung des Problems für den Bereich des Schulwesens ......... . ........ .. ............. .. .... a) Einschätzung der bisher entwickelten Lösungsvorschläge .. . . . .. b) Interpretation für den Bereich des Schulwesens. . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Unterrichtung behinderter Kinder und Jugendlicher in separierenden Einrichtungen: Einschätzungen durch Eltern und pädagogische Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Leistungen der Schule als solche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Auswirkungen der Sonderschuleinweisung auf das Schulumfeld. 3. Sonderschulkarriere und Arbeitsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtliche Würdigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Faktische Beeinträchtigungen als grundrechtlich relevanter Nachteil . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.
167 167 167 168 168 168 169 169 169 170 172 172 172 175 177 178 179 179 179 180
B. Der Gleichheitsbegriff der Art. 3 I, III 2 GG und seine Bedeutung für die Unterrichtung behinderter Kinder und Jugendlicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 I.
Der Meinungsstand: Der Begriff der Gleichheit in Art. 3 GG ....... . . 181 1. Das statische Gleichheitsverständnis: Art. 3 GG als Garantie rein formaler (Rechts-)Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Das dynamische Gleichheitsverständnis: Art. 3 GG als Garantie materieller (tatsächlicher) Gleichheit ... .. . ............ . ...... . .. 183
16
Inhaltsverzeichnis 3. Die vermittelnde Position: Art. 3 GG als Garantie gleicher Allsgangsbedingungen (Chancengleichheit) ..... .. ............... .... II. Stellungnahme: Überlegungen zum Gleichheitsbegriff in Art. 3 GG .. . . 1. Zu dem statischen Gleichheitsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Unverzichtbarkeit grundsätzlicher Rechtsgleichheit Rechtsgleichheit als Grundlage eines gerechten Gerneinwesens. . . . . . . . b) Die Problematik rein formaler Gleichheit . ............. .. . .... aa) Die formale Gleichheit als Mittel zur Verstärkung faktischer Ungleichheit. .. . .. . . .. . ... . . ..... ........ . ...... . bb) Die Unerwünschtheil faktischer Ungleichheit im Hinblick auf die Merkmalsträger der besonderen Gleichheitssätze . . . cc) Die Untauglichkeit eines rein formalen Gleichheitsverständnisses bei Art. 3 III 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis: Die Notwendigkeit einer Durchbrechung des Grundsatzes formaler Gleichheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zu dem dynamischen Gleichheitsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Art. 3 GG als Mittel zur Verwirklichung sozialer Gleichheit: Die Interpretation des allgerneinen Gleichheitssatzes anband des Sozialstaatsprinzips . . . .. . . . . . . . . .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Grenzen materieller Gleichheit .. .. .................. .. .. aa) Faktische Unmöglichkeit der Gewährleistung umfassender Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Gewährleistung der Balance von Freiheit und Gleichheit . . . . . ..... . . ....... . ..... . ............ .... ........ cc) Die Unmöglichkeit der Herstellung materieller Gleichheit im Rahmen des Art. 3 III 2 GG, insbesondere im Schulwesen ......... . .. . ................. .. .............. . . . . c) Zwischenergebnis: Die Unmöglichkeit der Durchsetzung völliger Gleichheit . . . . . . .. .. .. . . . .. . .. . . .. . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . 3. Der Ausweg: Das Verständnis des Art. 3 GG als Garantie gleicher Ausgangsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Diskussion des Begriffs Chancengleichheit in Rechtsprechung und Schriftturn . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . .. . .. . . . . . . .. . . . aa) Parteienrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . .. . . . bb) Zugang zu den Gerichten ......... . . .............. . . .. . . cc) Prüfungsrecht. . .. . . .. . . . . . . .. . . .. . .. . .. . . . .. . . . . . . . . . . dd) Wirtschaftsverwaltungs- und Subventionsrecht . ...... . .. . . b) Analyse: Grundlinien der bisherigen Entwicklung . . ..... . . .. . . c) Ausweg oder Irrweg: Chancengleichheit als entscheidende Perspektive bei der Auslegung des Art. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Auffassungen von Heyrnann/Stein und Reuter . . . . . . . . bb) Die Ansicht Waller Leisners .... .. .. . .... ...... . . .. . . . .. cc) Stellungnahme - Problernaufriss . .. . .... .. . .. . . . ... ..... d) Eigene Anmerkung: Art. 3 GG als Garantie der Chancengleichheit im Bildungswesen - Grundlagen und Grenzen . . . . . . . . . . . .
185 186 187 187 189 189 190 192 193 193 193 194 194 195 196 197 197 197 198 198 199 201 201 202 202 205 207 209
Inhaltsverzeichnis
17
aa) Die Pflicht des Staates zur Wahrung von Chancengleichheit auf den von ihm dominierten Bereichen: Die Herstellung von Chancengleichheit im Bildungswesen als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 bb) Leistungs- und Begabungsprinzip als entscheidende Grenze - Der Unterschied zwischen materieller Gleichheit und Chancengleichheit ........ . ................... . . ... 213 e) Zwischenergebnis: Die Gewährleistung von Chancengleichheit im Bildungswesen als Ausfluss des Art. 3 I GG ............... 215 C. Art. 3 IIl 2 GG als Garantie der Chancengleichheit für behinderte Kinder und Jugendliche im Schulwesen .................... . .................. I. Die Folgerung: Art. 3 I, IIl 2 GG als Garantie chancengleicher Förderung behinderter Kinder und Jugendlicher ....... . ............. . .. . . li. Die Erprobung des Verständnisses des Art. 3 I, III 2 GG als Garantie der Chancengleichheit im Bildungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungszusammenhang . .. .. . ............. . ................ . . a) Art. 3 li GG .... . . .................... . . ............... .. . aa) Art. 3 li GG als DifferenzierungsverboL . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Art. 3 li GG als Verfassungsauftrag ... . ............... ... cc) Art. 3 li GG als kollektives Förderungsgebot .......... .. . dd) Art. 3 li GG als gruppenbezogenes Dominierungsverbot . . . ee) Zwischenergebnis ... . ............. . . ... . . . . . ....... ... b) Art. 3 III 1 GG .. .. ............... .. .. .... ............. ... . c) Art. 6 V GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Landesverfassungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Brandenburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sachsen-Anhalt .... . ............... . . .. .. . .. ....... .. . dd) ~ecklenburg-Vorpommern . . .. .... . . . . .. . ... . .. .. . .. . . . ee) Thüringen ... . .. . .... ... . . . ... ... . .. . .. ...... . .... ... . ff) Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis ..... . .............. ... ..... . ............ . 3. Entstehungsgeschichte ... .. ... ... ... . . . ... . . . . .. . .... .... ... .. . 4. Regelungszweck .. . . . . . . . .. . .. . . .. . ..... .. ..... . .. ........ .. . . 5. Ergebnis .. . ... .. . ......... . ... .. ... .. .... ... . . ... .. .... .. ... . III. Die separierende Unterrichtung behinderter Kinder und Jugendlicher als Nachteil: Ihre Abdrängung in eine Einheits- und Ganztagsschule .. . I. Die Rechtsprechung zur Förderstufe und zu der integrierten Gesamtschule . .. .................... . .............. . ... . ...... .. . ... 2. Folgerungen für die Unterrichtung behinderter Schülerinnen und Schüler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die ungenügende Förderung der Kinder mit Legasthenie und Dyskalkulie .. . ...... . . .. . .. ... . . ....... . ..... ... ........... .. . .... .... 2 Reichenbach
216 216 217 217 218 219 219 221 222 223 226 226 228 229 229 231 231 232 232 233 233 234 236 237 237 238 240 241
Inhaltsverzeichnis
18
1. Legasthenie ..... . ... . ................ . .. ............. .... .... 241 2. Dyskalkulie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 V. Das Ergebnis: Die Auswirkungen des Chancengleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 III 2 GG im Einzelnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
Fünfter Teil
Die Grenzen des Art. 3 III 2 GG
245
A. Der "zwingende Grund" als Legitimation einer Ungleichbehandlung ....... 246 Der Meinungsstand in Rechtsprechung und Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erfordernis eines zwingenden Grundes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unangemessenheil dieses Kriteriums .... .. ..... .. . . ... . ......... 3. Stellungnahme . . .. . .. ...... . ... . . . . . . . . . . ... . .......... .. . .. .. II. Anforderungen an den zwingenden Grund .. ... ............. ... ..... III. Zwischenergebnis ....... . ................ ... ...... . ..... .. . .. ... .
I.
246 246 246 247 247 250
B. Die Begrenzung durch kollidierendes Verfassungsrecht: Die Schulaufsicht des Staates gern. Art. 7 I GG .... . ............. . ....................... 251
I. Der Standpunkt der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kollidierendes Verfassungsrecht als zulässiger Differenzierungsgrund . . 1. Grundsätzliche Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dogmatische Struktur des Art. 3 III 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folgerungen für die Schrankenregelung .. ... ............. .... .... III. Art. 7 I GG als mögliche Schranke des Art. 3 III 2 GG . . . . . . . . . . . . . .
251 252 252 253 254 255
1. Grundfragen zu Art. 7 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorrang des elterlichen Erziehungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gleichordnung von elterlichem und staatlichem Erziehungsrecht. c) Trennung von elterlichem und staatlichem Erziehungsrecht ..... d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Art. 7 I GG und die Ausgestaltung des Schulunterrichts für behinderte Kinder und Jugendliche .. . ......... . ..... .. . . ............. IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
255 255 256 257 259 259 261
C. Die Begrenzung durch kollidierendes Verfassungsrecht Grundrechte der nicht behinderten Schülerinnen und Schüler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
Ergebnisse
264
Literaturverzeichnis
272
Stichwortverzeichnis
296
Erster Teil
Einleitung und Problemaufriss A. Problemstellung "Ich würde mich niemals mit einem behinderten, kränklichen und siechen Kind befassen, sollte es auch achtzig Jahre leben. Ich mag keinen Zögling, der doch niemals sich und anderen nützen kann, der nur immer an sich und seine Gesundheit denken muss, und dessen Leib so die Erziehung der Seele beeinträchtigt. {... ] Ich kann nicht jemanden das Leben lehren, der nur darauf bedacht ist, sein Sterben zu verhindern. " 1 "Mit Recht erblickt das Berufungsgericht in den unter Aufwendung besonderer Kosten errichteten Hilfsschulen eine Wohltat, die der Staat den Kindem angedeihen lässt, die für ihre Entwicklung der Hilfe heilpädagogisch geschulter Lehrkräfte bedürfen und durch diese eine ihrem Wesen entsprechende Ausbildung erhalten. " 2 "Durch die Erfahrungen aus der Vielfalt integrativer Schulen wissen wir heute, dass es keiner besonderen Schulversuche mehr bedarf, um zu belegen, dass gemeinsamer Unterricht und gemeinsame Erziehung von behinderten und nichtbehinderten Kindem möglich und sogar für alle Beteiligten gut ist. (.. .) Auf diesem Wege wird sich die Einstellung zu Behinderten in unserer Gesellschaft insgesamt humanisieren. "3
Diese drei kurzen Zitate mögen einen Eindruck davon vermitteln, inwieweit sich in den vergangenen zweihundert Jahren die Einstellungen gegenüber behinderten Menschen, ihrer Erziehung und ihrem Wert für die Gesellschaft insgesamt gewandelt haben. Für Rousseau war es, bei aller Fortschrittlichkeit seiner Pädagogik im Übrigen, undenkbar, sich überhaupt intensiver mit behinderten Schülerinnen und Schülern zu beschäftigen. Weder könne das behinderte Kind sich selbst, noch überhaupt jemand anderem nützen. Noch annähernd zweihundert Jahre später erkannte das BVerwG in den Hilfsschulen eine Wohltat für behinderte Kinder, wollte ihnen dort eine "ihrem Wesen entsprechende Ausbildung" angedeihen lassen. Die Kultusministerkonferenz stellte zwar 1960 fest, dass, sofern es J. J. Rousseau, Emil oder über die Erziehung, S. 32 f. BVerwG, Beschluss vom 29. Dezember 1958, Az.: VII B 33/58, DÖV 1959, s. 230 (231). 3 J. Muth, RdJB 33 (1985), S. 162 (169). 1
2
2•
20
1. Teil: Einleitung und Problemaufriss
für die Erziehung zur Gemeinschaft als dienlich erscheine, die Gemeinsamkeit zwischen Schülern der Sonderschule und der allgemeinen Schule zu pflegen sei4 . Allerdings: "In den Fällen, in denen der Aufenthalt Sonderschulbedürftiger in allgemeinen Schulen sowohl für diese selbst als auch für die übrigen Schüler einen pädagogischen Gewinn darstellen würde, muss die Frage der Unfallverhütung und -haftung vorsorglich geklärt werden5 ." Erst die in der 1970er Jahren mit Vehemenz einsetzende Diskussion über die Zukunft des Schulsystems im Allgemeinen brachte auch das Thema der Integration behinderter Schülerinnen und Schüler in das Bewusstsein einer interessierten Öffentlichkeit. Grundsätzlich ging es im Rahmen dieser Auseinandersetzung um die Frage, inwieweit die schulische und soziale Förderung behinderter Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Regelschule besser geleistet werden kann, als in separierten Sonderbzw. Förderschulen. Gleichzeitig kam freilich auch der Gedanke auf, dass die Schule auf diese Art und Weise in der Lage ist, in der Gesellschaft insgesamt den Boden für ein erhöhtes Maß an rücksichtsvollem und mitmenschlichem Zusammenleben zu ebnen, dass so auch nicht behinderte Schülerinnen und Schüler von der Integration profitieren können. Eine ähnliche Wirkung erhofft man sich auch von dem 1994 neu in das Grundgesetz eingefügten Art. 3 III 26 . Freilich ist und bleibt gerade das Schulwesen an enge rechtliche Rahmenbedingungen gebunden. Die Rechtsprechung hat mehrfach darauf hingewiesen, dass dem Gesetzesvorbehalt im Bereich des Schulrechts besondere Bedeutung zukommt7 , insbesondere auch bei der Frage nach der Unterrichtung behinderter Schülerinnen und Schüler an der Sonderschule8 . Demnach bewegen sich Lehrkräfte und Verwaltung hier durchweg auf schwierigem Terrain. Um neue pädagogische Konzepte überhaupt erproben zu können, bedarf es klarer rechtlicher Rahmenbedingungen. Diese müssen sich zuallererst daran orientieren, dass allen Schülerinnen und Schülern ein Recht auf möglichst ungehinderte Entfaltung ihrer Persönlichkeit und damit ihrer Anlagen und Bef