Aktiengesetz vom 6. September 1965: Band 1+2 §§ 1–178. §§ 179–410 [Reprint 2019 ed.] 9783110903096, 9783110037845


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German Pages 2220 [1104] Year 1971

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VORWORT ZUR 4. AUFLAGE
INHALTSÜBERSICHT
LITERATURVERZEICHNIS
BAND I
ERSTES BUCH. Aktiengesellschaft
ERSTER TEIL. Allgemeine Vorschriften
ZWEITER TEIL. Gründung der Gesellschaft
DRITTER TEIL. Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter
VIERTER TEIL. Verfassung der Aktiengesellschaft
Erster Abschnitt. Vorstand
Zweiter Abschnitt. Aufsichtsrat
Dritter Abschnitt. Benutzung des Einflusses auf die Gesellschaft
Vierter Abschnitt. Hauptversammlung
FÜNFTER TEIL. Rechnungslegung. Gewinnverwendung
Erster Abschnitt. Aufstellung des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichts
Zweiter Abschnitt. Prüfung des Jahresabschlusses
Dritter Abschnitt. Feststellung des Jahresabschlusses Gewinnverwendung
Vierter Abschnitt. Bekanntmachung des Jahresabschlusses
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Aktiengesetz vom 6. September 1965: Band 1+2 §§ 1–178. §§ 179–410 [Reprint 2019 ed.]
 9783110903096, 9783110037845

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AKTIENGESETZ

Sammlung

Guttentag

Aktiengesetz vom 6. September 1965 Kommentar begründet von Freiherr von Godin und Dr. Hans Wilhelmi 4. Auflage neubearbeitet von Sylvester W I L H E L M I Rechtsanwalt, Frankfurt a. M.

Band I §§ 1 - 1 7 8

W DE

_G 19 7 1

WALTER DE GRUYTER

BERLIN . NEW YORK

ISBN 3110038579 ©

Copyright 1971 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit & Comp., Berlin 30. — Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Ubersetzung, vorbehalten. — Printed in Germany. — Satz und Drude: Thormann & Goetsch, 1 Berlin 44

Dem Andenken an

Dr. Hans Wilhelmi meinen Vater und Ratgeber

V O R W O R T Z U R 4. A U F L A G E Die Entwicklung im Aktienrecht hat es mit sich gebracht, daß verschiedene Erweiterungen gegenüber der Vorauflage vorgenommen werden mußten. Einige inzwischen eingetretene Gesetzesänderungen bedurften ebenfalls der Einarbeitung. Die seit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes erschienene, zum Teil recht umfangreiche Literatur und Rechtsprechung ist bis Januar 1971 berücksichtigt. Bereits bei der dritten Auflage konnte einer der Mitbegründer des Kommentars — Freiherr von Godin — nicht mehr mitwirken. Vor der eigentlichen Ausarbeitung der 4. Auflage ist auch der zweite Mitbegründer — mein Vater Dr. Hans Wilhelmi — gestorben. Trotz seiner Krankheit hatte er sich bei seinen Ärzten die Erlaubnis erwirkt, Arbeiten für den Kommentar durchzuführen. Es war ihm aber nur noch vergönnt, einige Vorarbeiten zu leisten. Ich habe mich bemüht, auch sein Gedankengut im Kommentar zu erhalten. Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die sich bemüht haben, uns in unserer Arbeit zu unterstützen und diese zu erleichtern, insbesondere Fräulein Ulrike Brauer. Frankfurt am Main, im März 1971 Sylvester Wilhelmi

INHALTSÜBERSICHT

BAND I Erstes Buch Aktiengesellschaft (§§ 1—277) §§ Erster Teil

1—22

Seite Allgemeine Vorschriften

1

Zweiter Teil

23—53

G r ü n d u n g der G e s e l l s c h a f t

118

Dritter Teil

54—75

R e c h t s v e r h ä l t n i s s e der Gesellschaft und der G e s e l l s c h a f t e r

276

Vierter Teil 1. Abschnitt 2. Abschnitt 3. Abschnitt 4. Abschnitt 1. Unterabschnitt 2. Unterabschnitt 3. Unterabschnitt 4. Unterabschnitt 5. Unterabschnitt 6. Unterabschnitt 7. Unterabschnitt

76—147 76—94 95—116 117 118—147 118—120 121—128 129—132 133—137 138 139—141 142—147

V e r f a s s u n g der A k t i e n g e s e l l s c h a f t Vorstand Aufsichtsrat Benutzung des Einflusses auf die Gesellschaft Hauptversammlung Rechte der Hauptversammlung Einberufung der Hauptversammlung Verhandlungsniederschrift. Auskunftsrecht.... Stimmrecht Sonderbeschluß Vorzugsaktien ohne Stimmrecht Sonderprüfung. Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Fünfter Teil 1. Abschnitt

148—178 R e c h n u n g s l e g u n g . G e w i n n v e r w e n d u n g 868 148—161 Aufstellung des Jahresabschlusses und des Ge-Jjíí schäftsberichts 868 162—171 Prüfung des Jahresabschlusses 992 162—169 Prüfung durch Abschlußprüfer 992 170—171 Prüfung durch den Aufsichtsrat 1032 172—176 Feststellung des Jahresabschlusses. Gewinnverwendung 1042 172—173 Feststellung des Jahresabschlusses 1042 174 Gewinnverwendung 1053 175—176 Ordentliche Hauptversammlung 1060 177—178 Bekanntmachung des Jahresabschlusses 1072

2. Abschnitt 1. Unterabschnitt 2. Unterabschnitt 3. Abschnitt 1. Unterabschnitt 2. Unterabschnitt 3. Unterabschnitt 4. Abschnitt

401 401 511 651 660 660 685 736 770 818 821 834

IX

Inhaltsübersicht

B A N D II §§ Seite 179—240 S a t z u n g s ä n d e r u n g . M a ß n a h m e n d e r Kapitalbeschaffung und Kapitalherabsetzung 1083

Sechster Teil

1. Abschnitt 2. Abschnitt 1. Unterabschnitt 2. Unterabschnitt 3. Unterabschnitt 4. Unterabschnitt 5. Unterabschnitt

179—181 182—221 182—191 192—201 202—206 207—220 221

3. Abschnitt 1. Unterabschnitt 2. Unterabschnitt 3. Unterabschnitt

222—240 222—228 229—236 237—239

4. Unterabschnitt Siebenter Teil

240

Satzungsänderung Maßnahmen der Kapitalbeschaffung Kapitalerhöhung gegen Einlagen Bedingte Kapitalerhöhung Genehmigtes Kapital Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln Wandelsdiuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen Maßnahmen der Kapitalherabsetzung Ordentliche Kapitalherabsetzung Vereinfachte Kapitalherabsetzung Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien Ausweis der Kapitalherabsetzung

1083 1098 1098 1137 1166 1193 1246 1252 1252 1286 1310 1333

241—261 N i c h t i g k e i t von Haupt Versamml u n g s b e s c h l ü s s e n u n d des f e s t g e stellten Jahresabschlusses. Sonderprüfung wegen unzulässiger Unterbewertung 1336

1.Absdinitt 241—255 Nichtigkeit von HauptVersammlungsbeschlüssen 1. Unterabschnitt 241—249 Allgemeines 2. Unterabschnitt 250—255 Nichtigkeit bestimmter Hauptversammlungsbeschlüsse 2. Abschnitt 256—257 Nichtigkeit des festgestellten Jahresabschlusses 3. Abschnitt 258—261 Sonderprüfung wegen unzulässiger Unterbewertung

1336 1336 1393 1413 1428

Achter Teil

262—277 A u f l ö s u n g u n d Nichtigerklärung der Gesellschaft 1454

1. Abschnitt 1. Unterabschnitt 2. Unterabschnitt 2. Abschnitt

262—274 262—263 264—274 275—277

X

Auflösung AuflösungsgrUnde und Anmeldung Abwicklung Nichtigerklärung der Gesellschaft

1454 1454 1465 1509

Zweites Buch Kommanditgesellschaft auf Aktien (SS 278—290)

1526

Inhaltsübersicht Drittes Budi Verbundene Unternehmen (§§ 2 9 1 — 3 3 8 ) §§

Seite

Erster T e i l 1. Abschnitt 2. Abschnitt

291—307 U n t e r n e h m e n s v e r t r a g e 1575 1575 291—292 Arten von Unternehmensverträgen 293—299 Abschluß, Änderung und Beendigung von U n ternehmensverträgen 1604

3. Absdinitt 4. Abschnitt

300—309 304—307

Sicherung der Gesellschaft und der Gläubiger 1636 Sicherung der außenstehenden Aktionäre bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen 1657

Zweiter T e i l

308—318

1. Absdinitt

308—310

2. Abschnitt

311—318

Leitungsmacht und Verantwortlichkeit bei A b h ä n g i g k e i t von U n t e r nehmen 1695 Leitungsmacht und Verantwortlichkeit bei Bestehen eines Beherrschungs Vertrags 1695 Verantwortlichkeit bei Fehlen eines Beherrschungsvertrags 1705

Dritter T e i l

319—327

Vierter Teil

328

Fünfter T e i l

329—338

Eingegliederte Wechselseitig men

Gesellschaften beteiligte

Rechnungslegung

1757

Unterneh1797

im

Konzern

....

1805

Viertes Budi Verschmelzung. Vermögensübertragung. Umwandlung (§§ 339—393) Erster T e i l 339—358 V e r s c h m e l z u n g 1. Absdinitt 339—353 Verschmelzung von Aktiengesellschaften 1. Unterabschnitt 340—352 Verschmelzung durch Aufnahme 2. Unterabschnitt 353 Verschmelzung durch Neubildung 2. Abschnitt

3. Abschnitt

4. Abschnitt

Zweiter Teil

....

1854 1854 1861 1919

354

Verschmelzung von Kommanditgesellschaften auf Aktien sowie von Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellschaften 1933 355—356 Verschmelzung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien . . . . 1935 357—358 Verschmelzung einer bergrechtlichen Gewerkschaft mit einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien 1939 359—361

Vermögensübertragung

1948

XI

Inhaltsübersicht SS Dritter Teil 1. Abschnitt 2. Abschnitt 3. Abschnitt 4. Abschnitt 5. Abschnitt 6. Abschnitt 7. Abschnitt 8. Abschnitt 9. Abschnitt

10. Abschnitt 11. Abschnitt

Seite

362—393 U m w a n d l u n g 362—365 Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien 366—368 Umwandlung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien in eine Aktiengesellschaft 369—375 Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung . . . . 376—383 Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine Aktiengesellschaft 384—385 Umwandlung einer bergrechtlichen Gewerkschaft in eine Aktiengesellschaft 385a—385c Umwandlung einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts in eine Aktiengesellschaft 385d—3851 Umwandlung eines Versicherungsverems auf Gegenseitigkeit in eine Aktiengesellschaft.. 385m—385q Umwandlung einer Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft 386—388 Umwandlung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung 389—392 Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien 393 Umwandlung einer bergrechtlichen Gewerkschaft in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien

1958 1958 1967 1971 2004 2031 2035 2038 2049 2054

2056 2058

Fünftes Buch Sonder-, Straf- und Schlußvorschriften (§§ 394—410) Erster Teil

394—395

Sondervorschriften

bei

Beteili-

von Gebietskörperschaften Zweiter Teil

396—398

Gerichtliche

Dritter Teil

399—410 S t r a f -

und

....

Auflösung

2059 2065

B u ß g e l d v o r s c h r i f ten.

Schlußvorschriften

2071

Einführungsgesetz zum Aktiengesetz

2099

Sachverzeichnis

2133

XII

LITERATURVERZEICHNIS Adler-Düring-Schmaltz Arch. ziv. Pr. Arb. u. Recht BA Baiser Ballerstedt Bankbetrieb Bartholomeyczik Baumbach HGB Baumbach-Hueck (B.-H.) BB Bergwerkszeitschrift BGH Benkhard BllntPr Böttcher-Meilicke Boldt Brandt-Marowski Brodmann Brönner Crisolli-GrosdiuffKämmel Coing-Kronstein DB

Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft 4. Auflage, Stuttgart 1968 Archiv für zivilistische Praxis (Band und Seite) Arbeit und Recht Bankarchiv, Zeitschrift für Bank und Börsenwesen (Jahr und Seite) Die Aktiengesellschaft, Band 1, Baden-Baden 1966 Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, 1949 (Jahr und Seite) Die Stimmabgabe im System unserer Rechtshandlungen Baumbach — Duden — Kuzkommentar zu HGB, 13. Auflage 1959 Kurzkommentar zum Aktiengesetz 13. Auflage 1968 und Ergänzungsband 1970 Betriebsberater (Jahr und Seite) Bundesgerichtshof und Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (Band und Seite) Patentgesetz, Kurzkommentar, 3. Auflage 1953 Blatt für internationale Praxis Umwandlung und Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, 5. Auflage 1958 Kommentar zum Mitbestimmungsgesetz Eisen und Kohle, München und Berlin 1952 Registersachen Kommentar zum Aktienrecht, 1928 Die Bilanz nach Handels- und Steuerrecht, 7. Auflage Stuttgart 1968 Umwandlung und Löschung von Kapitalgesellschaften 1937 Die nennwertlose Aktie als Rechtsproblem, Frankfurt 1959 Der Betrieb (Jahr und Seite)

XIII

Literaturverzeichnis Deuss

Das Auskunftsredit des Aktionärs in der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft nach § 112 AktG und das Problem der Aktienrechtsform, München und Berlin 1962

DFG

Deutsche freiwillige Gerichtsbarkeit (Jahr und Seite) Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht (Jahr und Seite)

DGemWR Die AktGes. Dietz DJ DJZ DNZ Dose DR DRW DRZ

Düringer-Hachenburg Ebenroth Eckart Enneccerus-Nipperdey Falkenhausen Filbinger Fitting-Kraegelo-Auffahrt Friedländer Georgakopoulos Gessler, Jörg Gierke GmbH-R.

XIV

Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen (Jahr und Seite) Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, 1953 Deutsche Justiz (Jahr und Seite) Deutsche Juristenzeitung (Jahr und Seite) Zeitschrift des deutschen Notarvereins (Jahr und Seite) Die Rechtsstellung der Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft, 2. Auflage Hamburg 1968 Deutsches Recht (Jahr und Seite) Deutsche Rechtswissenschaft (Jahr und Seite) bis 1935 Deutsche Richterzeitung (Jahr und Seite; Nr. des Rechtssprediungsteiles ab 1946 Deutsche Rechtszeitschrift Kommentar zum HGB, 3. Auflage 1932 Das Auskunftsrecht des Aktionärs und seine Durchsetzung im Prozeß, Bielefeld 1970 Die Substanzerhaltung industrieller Betriebe, Köln und Opladen 1963 Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 15. Auflage 1960 Verfassungsrechtliche Grenzen der Mehrheitsherrschaft nach dem Recht der Kapitalgesellschaften, 1967 Schranken der Mehrheitsherrschaft im Aktienrecht und Konzernrecht 1942 Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 7. Auflage Berlin und Frankfurt 1966 Das Konzernrecht Die Gründung der Aktiengesellschaft, Diss. 1959 Kommentar zum Aktiengesetz, Frankfurt am Main 1969 Handelsrecht und SchifFahrtsrecht, 7. Auflage 1955 GmbH-Rundschau, Monatsschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Handelsrecht (Jahr und Seite)

Literaturverzeidinis Golling

Grossfeld Großkomm. GRUR Hachenburg-Schilling Handbuch für den Aufsichtsrat HansRGZ HRR Hueck Huedc Hueck Jahr und Stützel Iherjahrb JR jw jz KGJ Klausing Klausing Kölner-Komm. Krieger-Lenz Kronstein-Claussen Kropff Küster Lehmann Lehmann (Dresdner Bank) Lehmann-Hirsdi

Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder für ihre Geschäftsführung innerhalb der nicht-konzerngebundenen Aktiengesellschaft Bad Schwartau 1969 Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär 1968 Großkommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage 1961 und teilweise 3. Auflage 1970 und 1971 Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Jahr und Seite) Kommentar zum GmbH-Gesetz, 6. Auflage 1956 München 1971 Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitung (Jahr und Seite) Höchstrichterliche Rechtsprechung (Band und Nummer) Der Treue-Gedanke im modernen Privatrecht 1947 Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen bei Aktiengesellschaften 1924 Das Recht der oHG Aktien ohne Nennbetrag, 1963 Jehrimlas-Jahrbücher (Jahr und Seite) Juristische Rundschau (Jahr und Seite) Juristische Wochenschrift (Jahr und Seite) Juristenzeitung (Jahr und Seite) Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts (Band und Seite) Reform des Aktienrechts Aktiengesetz 1937 Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Köln, Berlin, Bonn, München 1970 und 1971 Firma und Handelsregister Publizität und Gewinnverteilung im neuen Aktienrecht, Frankfurt am Main 1960 Aktiengesetz 1965 Inhalt und Grenzen der Rechte der Gesellschafter 1954 Heinrich Lehmann, Gesellschaftsrecht, 2. Auflage 1959 Karlheinz Lehmann, Aktiengesetz 1965 Handelsgesetzbuch

XV

Literaturverzeidinis Lind.-Möhr.

Lindenmeyer-Möhring, Nachschlagewerk der Entscheidungen des Bundesgeriditshofes (Gesetzesstelle und Nummer)

Lobedanz

Der Einfluß von Willensmängeln auf Gründungs- und Beitrittsgesdiäfte 1938 Leipziger Zeitschrift (Jahr und Seite) Monatsschrift für deutsches Redit (Jahr und Seite) Verwaltung, Konzerngewalt und Recht der Aktionäre, 1958

LZ MDR Mestmäcker Möhr.-Schw.

Möhring-Schwartz, Die Aktiengesellschaft und ihre Satzung, 2. Auflage 1966

Möhr.-Tank

Möhring-Tank, Handbuch der Aktiengesellschaft

Das private Recht der Mitgliedschaft als Prüfstein eines kausalen Rechtsdenkens, 1948 NJW Neue Juristische Wochenschrift (Jahr und Seite) NB Neue Betriebswirtschaft (Jahr und Seite) Neumann-Duesberg, Betriebsverfassungsrecht, 1960 Neum.-D. Obermüller-Werner-Winden Aktiengesetz 1965, 1965 Obermüller-Werner-Winden In die HV der AG — die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, Düsseldorf 1967 Müller-Erzbadi

OGH OLGR Neuhaus Rasch Rath Raudi Reimer RG RGR-Komm. RFH Ritter

XVI

Entscheidungssammlung des obersten Gerichtshofes der britischen Zone (Band und Seite) Entscheidungshandlung der Oberlandesgerichte (Band und Seite) Die Hafttung des Vorstandes einer beherrschten Aktiengesellschaft, S. 1970 Deutsches Konzernrecht, 2. Auflage 1966 Die Schwierigkeiten bei der Ausübung der Gesamtvertretung beim Vorstand der Aktiengesellschaft, Diss. Köln 1965 Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, 3. Auflage 1947 Patentgesetz und Gesetz betreffend den Schutz von Gebrauchtmustern, 2. Auflage 1947 Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Band und Seite) Kommentar der Reichsgerichtsräte zum HGB, 2. Auflage Entscheidungen des Reichsfinanzhofes (Band und Seite) Kommentar zum Aktiengesetz, 1939

Literaturverzeichnis RJA RStBl. RuW Scheu Schlegelberger Sdil.-Qu.

Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchredits Reichssteuerblatt Rechts- und Wirtschaftspraxis Das Auskunftsredit des Aktionärs, Diss. Köln 1959 Kommentar zum Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit, 6. Auflage 1952 Schlegelberger-Quassowski-Herbig-Gessler-Hafermehl, Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage 1939

Schmal tz-Sauding-Forster Sdimolder-Geßler-Merkel Sdiolz Scholz Sengelmann Serik Seuff.Ardi.

Formblätter für den Jahresabschluß, 1955 Kommentar zum GMBilG, 1950 Ausschließung und Austritt aus der GmbH, 1950 Kommentar zum GmbH-Gesetz 2./3. Auflage 1950 Die Sachübernahme im Aktienrecht, Diss. 1965 Rechtsform und Realität juristischer Personen Seufferts Archiv für Entscheidungen oberster Gerichte (Band und Seite)

SJZ Soz.Pr. Staub

Süddeutsche Juristenzeitung (Jahr und Seite) Sozialistische Praxis (Band und Seite) Staub-Pinner, Kommentar zum HGB, 14. Auflage Stein-Jonas-Schönke, Kommentar zum ZPO, 18. Auflage Steuer und Wirtschaft Aktiengesetz, 3. Auflage 1950 Die Bilanz der Aktiengesellschaft 1937 Der Volkswirt (Jahr und Seite)

Stein-Jonas StuW Teidimann-Köhler Trumpler Volkswirt Warm.Rspr. W Wiedemann

Wiesenhöfer

Wilhelmi-Friedrich Wirtz WM Wp Würdinger

Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts (Jahr und Nummer) Das Wertpapier Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, München und Berlin 1965 Die Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Aufsiditsrat der deutschen Aktiengesellschaft, Diss. Köln 1960 Kleine Aktienrechtsreform 1960 Der Wirtschaftstreuhänder 1938 Wertpapiermitteilungen (Jahr und Seite) Die Wirtschaftsprüfung (Jahr und Seite) Aktienrecht und Konzernrecht, 2. Auflage 1966

XVII

Literaturverzeidinis ZAK ZGHR (ZHR) Zöllner

XVIII

Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Konkursredit Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privaten Personenverbänden, München und Berlin 1963

AKTIENGESETZ

vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089 ff.) Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: ERSTES B U C H

Aktiengesellschaft ERSTER TEIL

Allgemeine Vorschriften S

i

Wesen der Aktiengesellschaft (1) Die Aktiengesellschaft ist eine Gesellsdiaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen. (2) Die Aktiengesellschaft hat ein in Aktien zerlegtes Grundkapital. I. Ubersicht (Anm. 1) II. Die AG als Gesellschaft 1. Begriffsbestimmung (Anm. 2) 2. Die Treupflicht des Aktionärs (Anm. 3—5) 3. Die eigene Rechtspersönlichkeit (Anm. 6—12) 4. Die Einmanngesellschaft (Anm. 13) I I I . Das Grundkapital 1. Begriffsbestimmung (Anm. 14)

2. Zerlegung in Aktien a) Nennbetrag (Anm. 15) b) Rechtliche Selbständigkeit der Aktie (Anm. 16) IV. Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft 1. Grundsätzlicher Ausschluß der Haftung (Anm. 17) 2. Die Durchgriffstheorie (Anm. 18)

I. Übersicht Anm. 1: Wie schon im bisherigen Recht, hat der Gesetzgeber auf eine umfassende Begriffsbestimmung verzichtet und nur einige typische Merkmale als Wesen der Aktiengesellschaft im § 1 aufgeführt. Man kann darüber streiten, ob es die wichtigsten Merkmale sind, denn es gehört keineswegs 1

§ 1

Allgemeine Vorschriften

Anm. 1,2 begrifflich zum Wesen einer Aktiengesellschaft, daß sie ein in Aktien zerlegtes Grundkapital hat, und daß das Mitgliedschaftsrecht, das in den Aktien verkörpert wird, auf das Grundkapital bezogen wird. Die Vorschrift weicht in verschiedenen Punkten von dem früheren § 1 AktG 37 ab. Die wichtigste Änderung ist der Wegfall des Erfordernisses der Beteiligung mit Einlagen. Die jetzt zugelassene Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln hat zur Folge, daß Aktionäre Aktien erhalten, auf die Einlagen auf das erhöhte Grundkapital nicht geleistet worden sind (§§ 207 ff.). Es handelt sich hierbei um den gleichen Vorgang wie bei dem sogenannten Splitting (im amerikanischen Recht). Die negative Bestimmung, daß die Gesellschafter nicht persönlich f ü r die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften, ist positiv ausgedrückt worden, womit inhaltlich das Glciche zum Ausdruck kommt. Damit ist die alte Vorschrift des § 48 II AktG 37 überflüssig geworden. Abs. 2 ist an dieser Stelle neu eingefügt. Es handelt sich um die alte Vorschrift des § 6 I AktG 37. II. Die AG als Gesellschaft 1. Begriffsbestimmung Anm. 2: Die Aktiengesellschaft ist ihrem Wesen nach eine Personenvereinigung. Ob sie als Verein oder Gesellschaft im Sinne des BGB anzusehen ist, war und bleibt streitig. Von besonderer praktischer Bedeutung ist dieser Streit allerdings nicht, denn § 1 bezeidinet die AG zwar als eine „Gesellschaft", legt aber gleichzeitig fest, daß sie eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit ist, also keineswegs eine Gesellschaft des BGB nach §§ 705 ff. Indem das Gesetz die Aktiengesellschaft ausdrücklich als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit bezeichnet, hat es die Anwendung der Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Gesellschaft auch hilfsweise abgelehnt, weil es offensichtlich den Rechtsstoff erschöpfend regeln wollte. Eine wichtige, aus der Rechtsnatur als Gesellschaft abzuleitende Folge, die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, ist sogar ausdrüdklidi ausgeschlossen. Die Bestimmungen des BGB über die Gesellschaft sind allenfalls im Gründungszustand vor Eintragung der Gesellschaft anwendbar. Die §§ 26, 30, 31, 35, 43 BGB über Vereine dagegen sind anwendbar. (Meyer-Landrut in Großkomm. § 1 Anm. 4; Kölner Komm. Anm. 3). Die Anwendung insbesondere der §§ 30, 31 BGB ergibt sich aus der Fassung des Gesetzes, da die Bestimmungen nicht von der Rechtsnatur, sondern von der Struktur der juristischen Person bedingt sind. Bei der Haftung der AG nach § 31 BGB kommen jedoch nicht nur Personen in Betradit, die kraft Satzung für die AG tätig sind. Wenn dem Vertreter der juristischen Person wesensmäßige Funktionen zur eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen worden sind, ist der Begriff des

Wesen der Aktiengesellschaft

§ 1 Anm. 2 , 3

Vertreters nach § 31 BGB erfüllt. (BGH 49, 21; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 4). Vom Verein wird die Aktiengesellschaft durch Versachlichung der Mitglieder unterschieden. Anstelle der §§ 29 und 43 BGB s. §§ 85 und 396. Wichtiger war die Streitfrage für den Gründungsabschnitt (vgl. Huth JW 34, 2687; Anm. 4 zu § 29). 2. Die Treupflicht des Aktionärs Anm. 3: Ein Teil der Rechtsprechung (RG 146, 71; 158, 25) und der Rechtslehre (Hueck, Der Treuegedanke im modernen Privatrecht Anm. 38; Küster, Inhalt und Grenzen der Rechte der Gesellschafter; Schl.-Qu. § 4 Anm. 1) will in der Bezeichnung „Gesellschaft" eine gesetzliche Anerkennung der sogenannten Treupflicht im Aktienrecht sehen. Aus der gesellschaftlichen Natur müsse sich ein Anspruch unter den Aktionären gegeneinander ergeben, den Gesellschaftszweck nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages zu fördern. Dieser Anspruch der Aktionäre untereinander besteht nicht. Sie stehen untereinander in keiner rechtlichen Beziehung (RG 158, 254; BGH 18, 365; Geßler Soz.Pr. 1938, 1450). Rechtsbeziehungen bestehen lediglich zwischen dem Aktionär und der Gesellschaft. Es kann daher auch bei der AG nicht wie bei den Personalgesellschaften ein Gesellschafter aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden (BGH 9,163). Dagegen haben an anderer Stelle RG und BGH (BGH 14, 38) eine Treupflicht des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft anerkannt und leiten hieraus das Verbot des Stimmenmißbrauchs ab. Gerade bei diesem ist aber u. E. der Gesichtspunkt einer aus der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft abzuleitenden Treupflicht entbehrlich, weil hier ein anderer Gesichtspunkt eingreift. Die Aktiengesellschaft ist vom Recht als ein besonderes Lebewesen anerkannt, aber ein solches eigener Art, ohne eigenen Willen und eigene Handlungen. Sie ist darauf angewiesen, daß natürliche Personen an seiner Statt handeln und wollen. Um eine dem Interesse der Aktiengesellschaft dienenden vernünftigen Willensbildung der Aktiengesellschaft willen ist das Stimmrecht gegeben. Aus diesem Grunde heraus muß deshalb gefordert werden, daß die an ihrer Stelle wollenden und handelnden physischen Personen so wollen und handeln, wie sie selbst in der Lage der Aktiengesellschaft wollen und handeln würden. Dies gilt für alle Willensorgane der Aktiengesellschaft: Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung, bzw. die natürlichen Personen, aus denen sie sich zusammensetzen, ohne daß sich daran durch die Verteilung der Zuständigkeit etwas ändern würde. Mit Treue hat diese Forderung nichts zu tun. Sie ist vielmehr unmittelbar eine Folgerung aus der Anerkennung der Rechtspersönlichkeit und der Willensfähigkeit der Aktiengesellschaft. Durch sie wird das Stimmrecht inhaltlich bestimmt. Wer anders stimmt, sein Stimmrecht zu anderen Zwecken verwendet, handelt ohne Recht und mißbraucht es. Dieses 3

§ 1 Allgemeine Vorschriften Anm. 3,4 Handeln ohne Redit mag, auch wenn es eigensüchtig ist, hingehen, solange das Interesse der Aktiengesellschaft und der übrigen Gesellschafter dadurch nicht beeinträchtigt wird. Von dieser Grenze an wird der Mißbraudi aber unerträglich. Es ergibt sich deshalb nicht unter dem Gesichtspunkt der guten Sitten, sondern als aktienrechtliche Norm, daß ein Beschluß anfechtbar ist, wenn ein Aktionär bei der Abstimmung vorsätzlich gesellschaftsfremde Vorteile zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre verfolgt (§ 243 II). Es wäre nicht denknotwendig und ist audi mit der Annahme einer Treupflicht unvereinbar, daß das Gesetz dabei H a l t gemacht und grundsätzlich eine Schadenersatzpflicht ausgeschlossen hat (§ 117 VII). Abweichend von diesem Grundsatz ist in den konzernrechtlichen Haftungsvorschriften der §§311, 317 das herrschende Unternehmen nicht von der Haftung für die Ausübung des Stimmrechts befreit. Hiervon abgesehen, besteht eine Schadenersatzpflicht aufgrund Abstimmung, wenn keine Schutzvorschrift (§ 405 III N r . 2 und 3, Stimmenkauf, und § 405 III N r . 1, strafbarer Stimmrechtsmißbrauch) verletzt ist, weder gegenüber der Gesellschaft noch gegenüber einem Minderheitsaktionär. Sie kann sich nur aus besonderen rechtlichen Beziehungen ergeben, wie Abstimmungsvereinbarungen (RG 119, 386; 133, 90) oder aus besonderer echter Treupflicht des Legitimationsaktionärs (§ 129 Anm. 4) gegenüber dem Legitimationsgeber. Nur ausnahmsweise bei schrankenloser Ausbeutung durch die Mehrheit, nämlich wenn diese sich Vorteile unmittelbar auf Kosten der anderen Gesellschafter verschafft und hierin ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden liegt, wird zugunsten der Minderheit § 826 BGB trotz § 117 VII für anwendbar gehalten (so auch Schmidt in Großkomm. § 1 Anm. 8 b). Anm. 4: Das Recht jedes Aktionärs auf Gleichbehandlung, die Geltung des Grundsatzes gleiches Recht für alle, wird gleichfalls oft aus der Treupflicht und aus Treu und Glauben abgeleitet oder als ein rechtspolitisches und rechtsethisches aktienrechtliches Prinzip anerkannt, das ohne weiteres zu gelten habe, denn die Treupflicht habe auch das Verhalten der Gesellschaft zu den Gesellschaftern zu bestimmen. Andere (Gierke § 63, 47; Raiser Z G H R 111, 84 ff.) begründen es mit dem genossenschaftlichen Ordnungsprinzip oder führen dafür gar den der Rechtsidee eigenen Gerechtigkeitsgrundsatz selbst an. Indessen ist das Recht auf Gleichbehandlung entsprechend seiner begrenzten Funktion starrer als das gleiche Recht der Geborenen nach § 1 BGB. Es bedeutet nicht, daß alle Aktionäre schlechthin gleich zu behandeln seien (vgl. BGH 33, 175 ff.), sondern daß die Gesellschafter bei gleichen Voraussetzungen nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen. Der Gleichheitsgrundsatz ist von der Rechtsprechung (RG 132, 165; 149, 300; O H G BrZ N J W 1950, 427; BGH in Lind.-Möhr. § 35 BGB N r . 1; BGH 20, 369; 21, 354; 33, 175 ff.; BVG im BB 62, 900 = Feldmühle-Urteil) und Rechtslehre (Enneccerus-Nip4

Wesen der Aktiengesellschaft

§1 Anm. 4,5

perdey S. 445; Meyer-Landrut in Großkomm. § 1 Anm. 36) als ein das gesamte Korporationsrecht und damit auch das Aktienrecht beherrschender Grundsatz anerkannt worden. Unter Umständen ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag (auch Raiser a.a.O. unterwirft ja den Gleichheitsgrundsatz der Vertragsautonomie), daß die Aktionäre, wenn nicht im Gesellschaftsvertrag selbst eine unterschiedliche Behandlung vorgesehen ist, gleichmäßig zu behandeln sind, so daß der Aktiengesellschaft diese Pflicht durch die Satzung — das für sie maßgebende autonome Gesetz — in die Wiege gelegt ist. Diese Erkenntnis liegt wohl auch — vielleidit unbewußt — § 2371 S. 2 über die Zwangseinziehung zugrunde, wo der Schutz gegen ungleiche Behandlung noch gesteigert wird (vgl. Anm. 8 zu § 237). Die Gesellschaft muß sonach nadi ihrem Lebensgesetz gleiches Recht für alle wollen und wer an ihrer Willensbildung beteiligt ist, muß ebenso wollen und dieses Gesetz beachten. Wer anders stimmt, handelt daher ohne Recht, auch wenn er nicht eine Treupflicht gegenüber dem Mitaktionär verletzt. Ein selbständiges zum Aktieninhalt gehörendes Recht (wie das Stimmrecht, Gewinnrecht usw.) ist das Recht auf Gleichbehandlung übrigens wohl nicht, sondern der Reflex der nach dem Gesellschaftsvertrag gleichen Rechtsstellung aller. Erst recht ist es kein selbständiges Sonderrecht. Ein Beschluß, der einen Teil der Aktionäre benachteiligt, bedarf nicht deren Einzelzustimmung und ist ohne diese nicht ihnen gegenüber unwirksam (Anm. 5 zu § 119; Anm. 2 zu § 179), sondern anfechtbar (§§ 243 II, 245 N r . 3; jetzt auch Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 36 entgegen ihrer Voraufl.). Sonderfälle siehe Anm. 8 zu § 237 und Anm. 7 zu § 222. D a ß das Verhalten des Aktionärs außerhalb der Abstimmung sich nach einer allgemeinen Treupflicht zu richten habe, läßt sich auch nicht aus § 117 nachweisen (s. hierüber dort), da dort als Täter kein Aktionär vorausgesetzt wird. Anm. 5: Aus dem Dargelegten ergibt sich, daß Fälle, für deren Lösung von verschiedenen Seiten die besondere Treupflicht im Aktienrecht eingeführt wurde, auch ohne diese Treupflicht gelöst werden können. Der allgemeine Rechtsgedanke, daß jede Rechtsausübung den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht widersprechen darf, gilt selbstverständlich auch im Aktienrecht. Er ist u. E. völlig ausreichend. Es darf nicht übersehen werden, daß die Aktiengesellschaft die Gesellschaftsform ist, die ihrem ganzen Zuschnitt nach am meisten auf einen Wechsel der Gesellschafter eingestellt ist; dieser gehört geradezu zu ihrem Wesen. In aller Regel wollen Personen, die Aktien erwerben, nicht mit ihren Mitaktionären in irgendwelche Rechtsbeziehungen treten. Sie wollen auch keine Treupflicht gegenüber der Gesellschaft eingehen, sondern sie behalten sich ganz selbstverständlich vor, durch Verkauf ihrer Aktien aus der Gesellschaft wieder auszuscheiden. Die rechtlidie Konstruktion 5

§1

Allgemeine Vorschriften

Anm. 5,6 einer Treupflicht, sowohl der Gesellschafter untereinander, wie auch gegenüber der Gesellschaft erscheint uns deshalb eine dem Wesen der Aktiengesellschaft völlig fremde Konstruktion (im Ergebnis ähnlich Meyer-Landrut in Großkomm. § 1 Anm. 34; Möhring-Tank Rz. 178; Würdinger S. 50). Das schließt nicht aus, daß durch positive Bestimmung im Aktiengesetz die Aktionäre gegen vorsätzliches Handeln zum Schaden der Gesellschaft geschützt werden, wie in § 117 und im Konzernrecht in den Bestimmungen über den Schutz der außenstehenden Aktionäre.

3. Die eigene Rechtspersönlichkeit Anm. 6: Die Gesellschaft hat eigene Rechtspersönlichkeit. Auf die in Lehre und Schrifttum auseinandergehenden Meinungen darüber, was unter Rechtspersönlichkeit zu verstehen ist, braucht hier nicht eingegangen zu werden. Was gemeint ist, ist für die Praxis hinreichend klar: Die AG ist nicht nur Gegenstand von Rechten ihrer Gesellschafter, sondern auch selbständiger Träger eigener Rechte und eigener Pflichten. Sie hat ihr eigenes, von jedem der Aktionäre getrenntes Vermögen. Die Einlagen dieser scheiden aus deren Vermögen gänzlich aus. Die Gesellschaft tritt zwischen die Aktionäre und das Gesellschaftsvermögen, von dem letzteren besitzergreifend und erstere davon abhaltend. Die Aktionäre sind an dem Gesellschaftsvermögen in keiner Form des Miteigentums beteiligt. Sie haben nur Ansprudi auf anteilmäßige Berücksichtigung, wenn es zu Ausschüttungen aus dem Gesellschaftsvermögen kommt. Das gilt auch vom Einmannaktionär. Deshalb ist zur Übertragung von Gesellschaftsvermögen auf ihn ein besonderes schuldrechtliches bzw. dingliches Rechtsgeschäft erforderlich, und zwar gilt Sonderrechtsnachfolge, Gesamtrechtsnachfolge nur, wenn das Vermögen im ganzen durch Umwandlung nach § 15 UmwG übertragen wird. Der Gläubiger des Einmannaktionärs kann nicht in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken (vgl. Anm. 17). Audi im strafrechtlichen Sinn ist das Vermögen der Gesellschaft für die Aktionäre ein fremdes und sind ihre Interessen, wenn der Aktionär Vorstand ist, ihm anvertraute fremde Interessen, selbst wenn er zugleich Einmanngesellschafter ist (RG St 42, 383 über Untreue). Über Abmilderungen dieses Grundsatzes in der Rechtsprechung und Rechtslehre siehe Anm. 18. Der Reichsfinanzhof hat die Unterscheidung, welche die Grundlage für den Aufbau der Körperscbaßs- und Kapitalverkehrssteuer ist, immer streng durchgeführt, auch bei Einmanngesellschaften trotz der sonst im Steuerrecht vorherrschenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise (RFH 19, 139; 27, 89; RSt Bl. 30, 440; 31, 741; 35, 615). Indes wurde das Mißbrauchsverbot des § 6 Steueranpassungsgesetz vom Reichsfinanzhof vom 21.10. 36 (StuW 1937 Nr. 75) für anwendbar gehalten in einem Falle, in dem eine AG, die des Schachtelprivilegs aus § 9 Körperschaftssteuergesetz 6

Wesen der Aktiengesellschaft

§1 Anm. 6,7 teilhaftig wurde, gegründet wurde, um in ihr die Dividenden einer anderen AG aufzufangen und aufzuspeichern, welche anderenfalls einkommenssteuerpflichtig gewesen wäre. Verpflichtungen des Aktionärs sind niemals Verpflichtungen der AG, auch solche des Mehrheitsaktionärs nicht, etwa aus einem Wettbewerbsverbot, selbst dann nicht, wenn er die AG zur Umgehung gegründet hat (RG 142,119). Der schlechte Glaube eines Aktionärs, eine von ihm ausgehende Täuschung oder verübte unerlaubte Handlung ist der Gesellschaft nicht zuzurechnen, wohl aber in ihren Angelegenheiten, wenn er Alleinaktionär ist (RG 129, 53; 156,27). Anm. 7: Wo es auf persönliche Eigenschaften ankommt, sind niemals diejenigen der Aktionäre, auch nicht des Einmanns, entscheidend (anders für die Anfechtung wegen Irrtums über die Kreditwürdigkeit RG 143, 431), schon deshalb nicht, weil er jederzeit den Besitz ganz oder teilweise veräußern kann. Eine AG mit Sitz im Inland hat Inländereigenschaft, auch wenn alle Aktionäre Ausländer sind, desgl. umgekehrt; vgl. RG 159,133. Ein Darlehen an eine AG ist auch dann kein Kommunalkredit im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 Körperschaftssteuergesetz, wenn eine öffentlich rechtliche Körperschaft alle Aktien besitzt (RFH 29.10.1935 JW 1936, 531). Die AG wird weder dadurch zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (RFH 29, 464; 38, 271), noch dadurch, daß sie staatlichen Aufgaben dient und dabei Hoheitsrechte ausübt (RG 158, 262—265). Dann haben aber Ansprüche gegen sie aus dieser Betätigung öffentlich rechtliche Natur und unterstehen hier nicht der bürgerlichen Gerichtsbarkeit, insbesondere kann diese Betätigung nicht durch Unterlassungsklage gehindert werden (RG a.a.O. S. 264). Sucht sie diese Aufgaben durch privatwirtschaftliche Leistungen im bürgerlichen Verkehr zu erreichen, sind Ansprüche aus dieser Betätigung bürgerlichrechtlich. Es kann beides zutreffen, wie bei den Kriegsgesellschaften (RG in GRUR 1937, 73). In allen Fällen bleibt die AG aber selbst eine Rechtsperson des Privatrechts, so daß bezüglich ihrer Schadenshaftung die §§ 31, 831 BGB, nicht § 839 BGB, gelten (RG a.a.O. S. 265), weil sie eine Organisationsform des Privatrechts ist. Da die AG eigene Rechtspersönlichkeiten hat, ist sie mit der Fähigkeit ausgestattet, durch ihre eigenen Organe unmittelbar eigene Rechtshandlungen wirksam vorzunehmen und an jedem Rechtsvorgang unmittelbar teilzunehmen. Auf den Streit über das Wesen einer juristischen Person geht das Gesetz nicht ein. Wenn es auch diesen Ausdrude vermeidet, spricht es eben der AG doch den Charakter eines besonderen Rechtssubjekts zu. Nach ihrer eigenen Natur könnte die AG jedes Recht haben und auch jede Rechtshandlung vornehmen, ebenso an jedem Rechtsvorgang teilnehmen. Eine Einschränkung ergibt sich nur daraus, daß es Rechte, Rechtshandlungen und Rechtsvorgänge gibt, welche nach ihrer Natur nur auf natürliche Personen passen. 7

§1

Anm.8,9

Allgemeine Vorschriften

Anm. 8: Die AG kann jedes Vermögensrecht erwerben, also auch Grundstücke. Die sich früher aus Art. 86 EGBGB in Zusammenhang mit landesgesetzlichen Vorschriften ergebenden Beschränkungen beim Erwerb von Rechten durch juristische Personen sind gegenstandslos geworden, da Art. 86 und die entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften durch das Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 5. 3.1953 (BGBl. Seite 33) insoweit aufgehoben worden sind, als sie den Erwerb von Rechten durch juristische Personen mit Sitz im Inland von einer staatlichen Genehmigung abhängig machten. Die AG kann auch Mitgliedschaftsrechte bei anderen Gesellschaften erwerben, sogar persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft sein (RG 105, 101; 123, 289), kann immaterielle Rechte erwerben und genießt insbesondere Firmen- und Namensschutz (BGH in WM 55,1250). Sogar der strafrechtliche Schutz der Ehre wird ihr nach neuerer Rechtsprechung (RG Str 70, 140, BGH Str 6, 186) zuerkannt, ihr wird strafrechtlicher Schutz zuerkannt, soweit sie Inhaberin geschützter Rechtsgüter ist (vgl. OLG Braunschweig in NJW 66, 263). Sie kann Urheber- und Erfinderrechte erwerben, und zwar auf abgeleitetem Weg schlechthin. Ob auf ursprünglichem Wege, hängt von der betreffenden Schöpfung ab, kann aber nicht allgemein verneint werden. Warum sollte eine Großbank kein ursprüngliches Urheberrecht an den Veröffentlichungen ihres Archivs haben (a. A. Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 10). Anm. 9: Die Gesellschaft kann erben, aber nicht Erblasser sein, da der Erbgang von einem Rechtssubjekt auf ein anderes den Tod einer Person voraussetzt (§ 1922 BGB). Ebenso sind ihr alle familienrechtlichen Verhältnisse verschlossen. Daß sie Vormund sein könnte, wird allgemein verneint, weil die Vormundschaft nach ihrem hauptsächlichen Inhalte dem elterlichen Verhältnis nachgebildet ist und vor allem das Recht und die Pflicht begründet, für die Person des Mündels zu sorgen. Dagegen kann die AG Treuhänder, Vertreter nach § 1189 BGB, Vermögensverwalter, auch Testamentsvollstrecker, Nachlaßverwalter und Nachlaßpfleger sein (ebenso Kölner Komm., Anm. 10; Meyer-Landrut, Anm. 8), ebenso Abwickler (vgl. § 265) und Prüfer (§§ 33; 164 usw.). Ob sie Konkursverwalter sein kann, ist streitig. Dagegen kann sie Mitglied eines Gläubigeraussdiusses oder Gläubigerbeirats sein (Jaeger, § 87 Anm. 5), sie kann unbeschränkt Vollmachten ausüben, nur nicht nadi geltendem Recht Prokura haben (a. A. nur Ritter § 48 Anm. 2 a), weil diese an eine bestimmte Person geknüpft ist (§ 52 II HGB), auch die Vorschrift des § 53 II HGB nicht erfüllt werden könnte. Auch als Kommanditistin kann ihr u. E. eine Prokura nicht erteilt werden, wie Meyer-Landrut (in Großkomm. Anm. 9) zu Unrecht der Entscheidung in BGH 17, 392 ff. entnehmen möchte. Es können also immer nur Angestellte einer AG unter deren Haftung Prokura 8

Wesen der Aktiengesellschaft

§1

Anm. 9—11

für einen Dritten annehmen. Sie kann ferner nicht Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied sein. Ihr kann auch keine Handlungsvollmacht erteilt werden (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 9; a. A. Kölner Komm. Anm. 11 und wohl audi B.-H. Rn. 6). Anm. 10: Die AG ist im Zivil- und Strafprozeß parteifähig (nidit prozeßfähig), so daß nur sie und kein Aktionär Partei ist. Das schließt nicht aus, daß bei entsprechend großer Beteiligung an der AG ein Aktionär als Zeuge als am Ausgang des Rechtsstreits interessiert oder als Richter befangen erscheinen kann. Als Nebenintervenient kann der Aktionär dem Rechtsstreit der AG nach RG 83, 182 nicht beitreten (so auch B.-H. Rn. 9; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 13), anders im Anfechtungsprozeß wegen § 248. In anderen Fällen hat ein für oder gegen die AG ergangenes Urteil keine Rechtskraft für oder gegen einen Aktionär. Anm. 11: Strafrechtlich kann die AG nach geltendem Recht nur in Ausnahmefällen zur Rechenschaft gezogen werden. Wirtschaftliche und steuerrechtliche Vorschriften sehen Geldbußen vor (vgl. § 5 WiStG von 1954; § 59 KWG u. a.). Grundsätzlich besteht auch keine strafrechtliche Haftung für Organe der AG (vgl. OLG Hamm in MDR 52, 567; OLG Köln in N J W 61, 422). Dagegen ist aufgrund ausdrücklicher Bestimmungen die Haftung der AG für Geldstrafen oder Geldbußen ihrer Vertreter möglich (§§ 416, 417,103,107 AO u. a.). Dagegen ist sie allgemein fähig, bürgerlichrechtliche unerlaubte Handlungen zu begehen und dadurch schadenersatzpflichtig zu werden. §§ 31, 831 BGB sind für sie anwendbar. Ob eine unerlaubte Handlung einer Organperson in Ausführung der ihr zustehenden Verrichtungen begangen ist, ist oft zweifelhaft, wenn die Organperson ihre Befugnisse überschreitet oder mißbraucht. Die Haftung besteht dann, wenn die Handlung nach Maßgabe aller Umstände von außen gesehen als Handlung der Gesellschaft, personifiziert durch ihre Organpersonen, erscheint. Verrichtungen bedeutet nicht Befugnisse oder gar Möglichkeiten. Beispiele: Ein Vorstandsmitglied läßt die Aktien der AG zweimal drucken oder die ihr gehörigen Wertpapiere nachdrucken und verkauft oder lombardiert die Duplikate. Handelt er im eigenen Namen, so liegt ein Delikt der AG nicht vor. Wohl aber haftet sie nicht nur rechtsgeschäftlich, sondern auch deliktisch, wenn er in ihrem Namen handelt. Ebensowenig haftet die AG, wenn ein Vorstandsmitglied aus Behältnissen der AG Wertpapiere entnimmt oder sonst Eigentum der Gesellschaft entwendet und für sich veräußert oder verpfändet. In gleicher Weise, wie für die Handlungen des Vorstandes, haftet die Gesellschaft für Handlungen besonderer satzungsmäßiger Vertreter im Sinne des § 30 BGB (siehe Anm. 13 zu § 76). Es genügt für die Haftung der Gesellschaft aus §§ 30, 31 BGB, wenn ihre Vor9

§1 Anm. 11—13

Allgemeine Vorschriften

aussetzungen nur bei einer der für sie handelnden Personen zutrifft, auch wenn Gesamtvertretung besteht. Im Falle der Verkehrssicherungspflicht muß nicht immer die verantwortliche Person festgestellt werden. Nach der Rechtsprechung genügt zur Begründung der Haftung der Gesellschaft häufig mangelnde Aufsicht oder mangelnde Organisation (vgl. BGH 24, 213; 27, 280; 39, 130). Die Gesellschaft kann ihre Haftung aus §§ 31, 30 BGB weder durch die Satzung (§ 40 BGB) noch überhaupt allgemein, noch für Vorsatz (§ 276 II BGB), sondern nur im Einzelfall f ü r Fahrlässigkeit abdingen. Anderes gilt von der Haftung für Angestellte nach § 831 BGB. Hier ist unabdinglidi nur die Haftung f ü r Vorsatz bei der Auswahl oder Aufsicht. Anm. 12: Die eigene Rechtspersönlichkeit erlangt die Gesellscbafl erst mit der Eintragung in das Handelsregister, da sie bis dahin als AG nicht besteht (§41 I 1) und die eigene Rechtspersönlichkeit eine Eigentümlichkeit der AG ist. Vor Erlangung der eigenen Rechtspersönlichkeit ist sie als Gesellschaft errichtet, sobald die Gründer alle Aktien übernommen haben (§ 29). Die Rechtspersönlichkeit der AG geht nidit ohne weiteres unter, wenn sie vermögenslos wird. Sie kann dann aufgrund des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften vom 9.10. 34 (RGBl. 914) auf Antrag der amtlichen Berufsvertretung des Handelsstandes, der Steuerbehörde oder auch von amtswegen vom Registergericht gelöscht werden. Erst aufgrund dieser Löschung endet die Rechtspersönlichkeit der AG. Stellt sich aber heraus, daß die Löschung zu Unrecht erfolgt ist und daß noch Vermögen vorhanden war, können die Gläubiger sie trotz Löschung als Rechtspersönlichkeit belangen (RG 149, 296). Es sind allerdings nur noch die notwendigen Abwicklungsmaßnahmen zulässig (RG 156, 27). Die sehr umstrittene Frage, inwieweit eine vermögenslos gewordene AG als sogenannter Mantel weiter existiert und durch Satzungsänderung neu belebt werden kann, hat damit stark an Bedeutung verloren. Wir sind der Auffassung, daß die Forterhaltung und Wiederverwendung solcher leerer Mäntel in Widerspruch zu dem Gesetzeszweck stehen und deshalb als unzulässig angesehen werden müssen. 4. Die Einmanngesellschafl Anm. 13: Die Rechtspersönlichkeit geht auch nicht unter bei einer Einmanngesellschafl, d.h., wenn alle Aktien in der H a n d eines einzigen Gesellschafters vereinigt sind. Denn § 262 kennt unter den Auflösungsgründen die Vereinigung aller Aktien in einer Hand, selbst der AG selbst, nicht, es kann ja auch sein, daß sie bloß vorübergehend ist. Daraus ergibt sich auch, daß die Gesellschaft als Aktiengesellschaft fortbesteht, d. h., sie allein ist Subjekt des Gesellschaftsvermögens, nicht der Aktionär. Er haftet grundsätzlich nicht für die Schulden der Gesellschaft (vgl. aber Anm. 18). Niemals aber sind die Verpflichtungen des Einmannaktionärs Verpflichtungen der Gesellschaft. Er kann 10

Wesen der Aktiengesellschaft

§1 Anm. 13,14

Rechtsgeschäfte mit ihr abschließen, audi Unternehmensverträge nach §§ 291, 292 (vgl. Leo in Die AktGes 1965, 352 ff.), Schuldner und Gläubiger der Aktiengesellschaft sein und darf seine Forderungen auch sicherstellen lassen, es sei denn, daß mißbräuchlich von vornherein das Eigenkapital der Gesellschaft so niedrig bemessen wurde, daß sie auf Kredit des Gesellschafters oder der Gesellschafter angewiesen war. Auch der Einmann kann nach § 118 Rechte in den Angelegenheiten der Aktiengesellschaft nur in der Hauptversammlung ausüben, übt sie aber in dieser allein aus, kann sich selbst zum Mitglied des Aufsichtsrates oder mittelbar durch letzteren zum Vorstand bestellen und sein Gehalt bestimmen. So wenig wie sonst ein Aktionär kann der Einmann seine Rechte willkürlich nur unter Beachtung eigener Wünsche und Belange ausüben. Audi für ihn ist die Wahrung der Interessen der Gesellschaft Voraussetzung der Rechtsausübung (vgl. RG JW 36, 3611). Bei seinen Bezügen und Gewinnausschüttungen hat er § 58, §§ 86, 87 zu beachten. Für den Einmann hat § 117 besondere Bedeutung. § 117 VII N r . 1 gilt für ihn nicht. Die Veräußerung sämtlicher Aktien durch den Einmannaktionär an einen anderen kann eine Veräußerung des Unternehmens sein, was von der Auslegung der Vereinbarung abhängt. Ggf. finden die Gewährleistungsbestimmungen des Kaufrechts Anwendung (vgl. Loos in N J W 62, 519; NeumannDuesberg in WM 68, 494 ff. und in WM 69,1002). Früher vorgebrachte Bedenken gegen die Zulässigkeit brauchen hier nicht weiter erörtert zu werden, da diese heute nicht mehr erhoben werden (vgl. für viele Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 30; BGH 22,229; 26, 33). III. Das Grundkapital 1. Begriffbestimmung Anm. 14: Unter Verzicht auf eine gesetzliche Definition des Begriffs Grundkapital stellt das Gesetz lediglich fest, daß die Aktiengesellschaft ein in Aktien zerlegtes Grundkapital hat. Eine Begriffsbestimmung des Grundkapitals kann nur aus seinen Funktionen gewonnen werden. Diese sind dreierlei. Die wichtigste unter ihnen ist die Gläubigerschutzfunktion. Durch die Einstellung der Grundkapitalsziffer auf der Passivseite der Jahresbilanz in Verbindung mit der Bestimmung des § 57, daß den Aktionären die Einlagen nicht zurückgewährt werden dürfen und sie nur Anspruch auf den Bilanzgewinn haben, wird erreicht, daß das auf der Aktivseite ausgewiesene Vermögen der Gesellschaft in H ö h e der Grundkapitalsziffer für eine Ausschüttung an die Aktionäre gesperrt wird. Bei der Gründung der Gesellschaft, §§23 ff., ist das Grundkapital der Mindestbetrag des Anfangsvermögens. Aber schon in diesem Stadium braucht das Grundkapital nicht mit dem Anfangsvermögen übereinzustimmen. Es kann durchaus kleiner sein, denn die Einlagen der Aktionäre können von vornherein mit einem Aufgeld vorgenommen werden (§ 9 II). 11

§1 Anm. 14—16

Allgemeine Vorschriften

Grundsätzlich hat das Grundkapital mit dem Vermögen der Gesellschaft nichts zu tun. Es ist weder ein Fond, aus dem sich die Gläubiger befriedigen können, noch sind am Grundkapital die Aktionäre beteiligt. Den Gläubigern haftet das gesamte Vermögen der Gesellschaft ohne Rücksicht auf die Höhe des Grundkapitals. Die Aktionäre sind am Gesamtvermögen der Gesellschaft beteiligt und nicht an dem Grundkapital. Allerdings gibt es eine zweite Funktion des Grundkapitals. Es dient als Bezugsgröße für die Ermittlung der Beteiligung der Gesellschafter an einer Aktiengesellschaft, die — wie in unserem Recht — nur die Nennwertäktie kennt. Die Summe des Nennwertes aller Aktien ist gleich dem Grundkapital. Es ergibt sich alsdann, mit welchem Prozentsatz der einzelne Aktionär am tatsächlichen Vermögen der Gesellschaft und nicht etwa am Grundkapital beteiligt ist. Auch im Verhältnis zu den Gesellschaftern hat die Grundkapitalziffer eine gewisse Sperrfunktion, da sie nicht ohne Innehaltung der gesetzlichen Vorsdiriften (Mindestmehrheiten usw.) durch gesellschaftliche Maßnahmen verändert werden kann und dadurch, daß es im Fall eines derartigen Verlustes wieder aufgefüllt werden muß, bevor Ausschüttungen stattfinden. 2. Zerlegung in Aktien a) Nennbetrag Anm. 15: Das Grundkapital ist in Aktien zerlegt. Daraus ergibt sich, daß auch diese auf einen ziffernmäßigen Betrag — Nennwert — lauten müssen (§ 6). Da es mindestens 5 Gründer sein müssen, die Aktien übernehmen (§ 2), müssen es mindestens 5 Aktien sein. Der Nennbetrag ist nach oben unbegrenzt. Die Nennbeträge können also auch ungleich sein, was aber bei Aktien, zu deren Wesen die ungehinderte freie Veräußerlichkeit gehört, nur in der Weise vorkommt, daß wenigstens ganze Reihen auf den gleichen Nennbetrag lauten. Es läßt sich jedoch daraus nicht ableiten,' daß ungleiche Nennbeträge unzulässig sind. Nichtsdestoweniger ist den Aktien gerade infolge der Regel, daß sie wenigstens reihenweise gleichen Nennbetrag haben, die Vertretbarkeit und gegenseitige Austauschbarkeit eigentümlich, denn sie sind inhaltlich einander gleich und durch den gleichen Nennbetrag auch mengenmäßig. Da das Grundkapital einen bestimmten Nennbetrag hat und in Aktien zerlegt wird, die auch einen bestimmten Nennbetrag haben, muß die Summe der Aktiennennwerte gleich der Ziffer des Grundkapitals sein. b) Rechtliche Selbständigkeit der Aktie Anm. 16: Die rechtliche Selbständigkeit der Aktien als solche ist der Widerschein zu der eigenen Rechtspersönlichkeit der AG. Die Aktie ist der Inbegriff aller mit der Beteiligung an der Gesellschaft verbundenen Vermögens- und Mitgliedschaftsrechte (über diese s. Anm. 3 zu § 11). 12

Wesen der Aktiengesellschaft

§1

Anm. 16,17

Sie ist dadurch befähigt, selbständig Gegenstand des Rechtsverkehrs zu sein. Sie ist hierzu besonders als Inhaberaktie geeignet, weil sie, von einem für diese niemals zutreffenden Ausnahmefall (§ 55) abgesehen, nach Leistung der Einlage mit vermögensrechtlichen Verpflichtungen nicht mehr verbunden ist. Diese rechtliche Selbständigkeit der Aktie bedeutet, daß eine Veräußerung und Belastung des Gesellschaftsvermögens ebensowenig eine Veräußerung und Belastung der Aktie ist, wie umgekehrt. Der auf Erwerb aller Aktien einer Aktiengesellschaft, der nichts als ein Grundstück gehört, gerichtete Vertrag bedarf nach JW 1925, 1109 nicht der Form des §313 BGB. Der Aktienerwerber ist nicht der Erwerber des Grundstücks (RG 118, 185; 119, 126), wenigstens nidit für das Anwendungsgebiet des § 892 BGB. Über die Haftung f ü r Rechts- und Sachmängel der Gesellschaft beim Verkauf von Aktien vgl. Loos in N J W 62, 519 ff. Die Selbständigkeit der Aktien wird auch von Bedeutung, wenn nach dem Verkauf der Aktien vor Erfüllung des Kaufvertrages die AG in Konkurs gerät, wodurch sie zwar aufgelöst wird (§ 262), aber zunächst doch nicht untergeht, so daß das verkaufte selbständige Aktienrecht bestehen bleibt. Der von Schlüter in D J Z 1936, 866 vertretenen Auffassung, daß in diesem Falle eine Unmöglichkeit der Erfüllung vorliege, weil der Verkäufer dem Käufer die Reditsstellung nicht mehr gewähren kann, die der Aktionär einer nicht in Konkurs befindlichen Gesellschaft hat, kann nicht gefolgt werden, zumal das nicht gelten sollte, wenn nach Verkauf, aber vor Erfüllung der Gesellschaft beschlossen wird. In allen Fällen, in denen die Gesellschaft aufgelöst wird, tritt sie in Liquidation. Der Erwerber erhält stets die gleiche rechtliche Stellung. Daß in dem einen Fall, dem Konkurs, sein Anspruch am Reinerlös nach der Beendigung der Liquidation vermutlidi Null sein wird, ist hierbei belanglos. Das ist das Risiko, welches jeder Aktionär zu tragen hat. Es liegt demnach in beiden Fällen keine Unmöglichkeit vor. IV. Haftung f ü r die Verbindlichkeiten der Gesellschaft 1. Grundsätzlicher Ausschluß der Haftung Anm. 17: Das Gesetz sagt, daß für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet. Daraus ergibt sidi, daß der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht haftet, auch nicht mit seiner Einlage oder seiner Verpflichtung zur Einlage, denn diese ist Gesellschaftsvermögen und letzteres ist das, was ausschließlich haftet. Der Ausschluß der Haftung des jeweiligen Aktionärs als solchen für die Schuld der AG gehört nach deutschem Recht zum Wesen der AG. Natürlich kann der einzelne Aktionär, aber nicht als solcher, sondern nur für seine Person durch besonderen bürgerlichreditlichen Verpflichtungsgrund die H a f 13

§1 Anm. 17,18

Allgemeine Vorschriften

tung übernehmen, aber der Sonderrechtsnadifolger tritt nicht ohne neuen, in seiner Person hergestellten Rechtsgrund in die Verpflichtung ein. Der Ausschluß der Haftung der Gesellschafter ist im Gesetz immer wieder hervorgehoben. Er ist der Aktiengesellschaft, wenn man sie mit dem Gesetz als Gesellschaft auffaßt, gegenüber anderen Gesellschaften eigentümlich, ergibt sich aber keineswegs zwingend (Schl.-Qu. § 1 Anm. 3) aus ihrer eigenen Rechtspersönlichkeit und der damit zusammenhängenden eigenen Haftung der Gesellschaft für ihre Verbindlichkeiten und Scheidung des Gesellschaftsvermögens, mußte vielmehr angesichts der vom Gesetz betonten Gesellschaftsnatur der AG, um zweifellos zu gelten, besonders bestimmt werden. 2. Die Durchgriffstheorie Anm. 18: Von dieser Regel gibt es jedoch Ausnahmen, da es Fälle gibt, in denen der sogenannte Durchgriff auf die Aktionäre und deren Vermögen zugelassen werden muß. Eine ausführliche Behandlung dieser Frage ist in der Schrift von Serik „Rechtsform und Realität juristischer Personen" enthalten. Der Gesetzgeber hat dieser Möglichkeit im Steuerrecht bereits Rechnung getragen: vgl. § 6Steueranpassungsgesetz (RGBl. 1936 I, 925); § 1 IIIGrunderwerbssteuergesetz (RGBl. 1940 I, 585); § 19 KörperschaftsSt. DVO (BGBl. 1955 I, 102). Die Rechtssätze des Steuerrechts sind jedoch deshalb nicht ohne weiteres auf das Zivilrecht übertragbar, weil das Steuerrecht von der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage ausgeht und sich nicht an die Rechtslage hält. Rechtsprechung und Rechtslehre haben den Durchgriff für den sogenannten Mißbrauchstatbestand anerkannt; d. h. in den Fällen, in denen die Form der juristischen Person dazu benutzt wird, Gesetze zu umgehen, Verträge zu verletzen oder Dritte zu schädigen. Daß derjenige, der so handelt, keinen Rechtsschutz verdient, ergibt sich aus § 226 BGB. Derartige Durchgriffe müssen jedoch immer die Ausnahme bilden, wenn nicht die eigene Rechtspersönlichkeit der juristischen Person verleugnet werden soll (BGH in BB 70, 1024; BGH 20, 4; 10, 240; Beitzke N J W 1956, 49). In der Zulassung eines Durchgriffes geht u. E. der BGH zu weit (BGH 20, 4), indem er einen Durchgriff in allen Fällen zuläßt, in denen es an einer rechtsordnungsmäßigen Verwendung der juristischen Person fehlt. Er stellt allein auf objektive Zweckmomente ab. Dieser Rechtsprechung kann nicht zugestimmt werden. Lediglich der subjektive Mißbrauch der Gestaltungsform macht den Durchgriff zulässig (Möhring N J W 1956, 1791; Meyer-Landrut in Großkomm. § 1 Anm. 25; Landessozialgericht Hamburg, GmbH-Rundschau 64, 95 ff.). Auch der BGH hat nunmehr die objektive Mißbrauchslehre aufgegeben (vgl. BGH 29, 392; BGH in WM 68, 891; BGH in BB 58, 169; BGH 45, 204). Die Lösung der Mißbrauchstatbestände dürfte daher über § 826 BGB und § 823 II BGB in Verbindung mit § 263 StGB zufindensein. Bei den sogenannten Kriegsgesellschaften wurden insbesondere hinsicht14

Gründerzahl

§§1/2

Anm. 1 8 / 1 , 2

lieh der Aufrechnung Durchgriffstatbestände entwickelt. Diese dürfen keinesfalls auf Gesellschaften angewandt werden, die ihre Entstehung den Bedürfnissen des Erwerbslebens verdanken (BGH 26, 31).

§ 2 Gründerzahl An der Feststellung des Gesellschaftsvertrags (der Satzung) müssen sich mindestens fünf Personen beteiligen, welche die Aktien gegen Einlagen übernehmen. I. Übersicht (Anm. 1) II. Gesellschaft vertrag; Satzung (Anm. 2) III. Feststellung der Satzung und Übernahme der Aktien (Anm. 3)

IV. Gründer 1. Zahl (Anm. 4) 2. Gründerfähigkeit (Anm. 5) 3. Übernahme von Aktien (Anm. 6) 4. Einlageforderung (Anm. 7, 8) V. Verstoß (Anm. 9)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift ist gegenüber dem alten Gesetz in zwei Punkten geändert worden. Während bislang jeder Gründer lediglich eine Aktie übernehmen mußte, sind nunmehr sämtliche Aktien von den Gründern zu übernehmen. Ferner ist bestimmt, daß die Übernahme der Aktien gegen Einlagen ¿u erfolgen hat. Dies ergab sich früher bereits aus § 1, in dem gesagt war, daß die Gesellschafter mit Einlagen am Grundkapital beteiligt seien. Da § 1 insoweit geändert worden ist (siehe dort Anm. 1), ist jetzt die Pflicht zur Einlageleistung in § 2 festgelegt. II. Gesellschaftsvertrag; Satzung Anm. 2: Das Gesetz gibt dem Gesellschaftsvertrag der Aktiengesellschaft die Bezeichnung Satzung (über Rechtsnatur des Vorvertrags vergleiche Anm. 2 zu § 23; über Willensmängel bei Feststellung der Sazung Anm. 7 vor § 23; über Vertretung bei Feststellung Anm. 4 zu § 23). Grund hierfür sind verschiedene Gesichtspunkte. Es ist eine alte Streitfrage, ob Satzungsfeststellung und Aktienübernahme Verträge seien. Die Frage ist jedoch ohne große praktische Bedeutung, es sei denn für die Anwendung des § 181 BGB bei nicht rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht. Zweifellos wäre es, wenn das geltende Recht es zuließe, denkbar, daß eine einzige Person die Satzung feststellt, alle Aktien übernimmt und die Eintragung des Aktienunternehmens im Handelsregister herbeiführt. Von einem Vertrag könnte dann nicht gesprochen werden, da nur eine einzige Person handelt. Aber man kann sich schwer vorstellen, daß kein 15

§2

Allgemeine Vorsdiriften

Anm. 2

Vertrag vorliegen soll, wenn eine Mehrzahl von Personen an der Feststellung der Satzung mitwirkt und die Aktien unter sich aufteilt. In einem solchen Fall können langwierige Verhandlungen vorausgehen, deren Ergebnis dann die Feststellung der Satzung und die Aktienaufteilung ist. Dann noch von ebenso vielen einseitigen, wenn auch übereinstimmenden Erklärungen zu sprechen, als Personen an der Gründung mitgewirkt haben, tut der Sache Gewalt an (vgl. Georgakopoulos, S. 100). Es darf nicht irre machen, daß auch Punkte — übereinstimmend — zu regeln sind, welche, wie die Vertretung der AG nadi außen, Firma, Sitz, Berufung der H V und dgl., für das künftige rechtliche Verhältnis der Gründer zur AG bedeutungslos sind und mitunter auch ihre Belange nicht berühren. Das gleiche gilt für die Besonderheit, daß das Gesetz an die gefundene Einigung nach der Eintragung der AG ins Handelsregister Folgen knüpft, die über das Verhältnis der Vertragsteilnehmer untereinander hinausgehen. Denn wenn man davon absieht, daß die Rechtsprechung Willensmängel nach der Eintragung nicht mehr berücksichtigen will, beruht auch diese vom Gesetz zugelassene Wirkung auf der vorangegangenen Einigung. Weil die Gründer sich geeinigt haben, treten sie zusammen und lassen über das, worüber die Einigung zustande gekommen ist, eine öffentliche Urkunde aufnehmen; nicht weil sie festgestellt haben, daß die einseitigen Erklärungen, die sie abzugeben willens sind, übereinstimmen. Wenn somit die Feststellung der Satzung als Abschluß eines Vertrages anzusehen ist, so kann auf der anderen Seite nicht verkannt werden, daß diese Satzung außer der vertraglichen Regelung der Beziehungen der Gesellschafter untereinander außervertragliche Momente dadurch enthält, daß eine selbständige Rechtspersönlichkeit entsteht (§ 1), die als solche im Rechtsverkehr auftritt. Dies ist einer der Gründe, aus denen das Gesetz es nicht einfach bei dem Begriff des Gesellschaftsvertrages beläßt, sondern ihn als „Satzung" bezeichnet. Tatsächlich unterscheidet sich die Satzung von einem Vertrag nach der Entstehung der AG in mancherlei Hinsicht. Kann ein Vertrag von allen Vertragsschließenden ohne weiteres geändert werden, so können dies die Gründer nicht ohne weiteres, vielmehr ist die Änderung nur noch in einer Hauptversammlung möglich, bei der allerdings nicht alle Aktionäre der Änderung zustimmen müssen, sondern nur eine qualifizierte Mehrheit, während die Änderung eines gewöhnlichen Vertrages die Einstimmigkeit aller am Vertrag Beteiligten voraussetzt. Willensmängel bei Feststellung in der Satzung sind nach Eintragung der AG unbeachtlich. Aus dem Dargelegten ergibt sich, daß der Gesellschaftsvertrag kein Vertrag im üblichen Sinne ist, so daß die Bezeichnung „Gesellschaftsvertrag" sachlich unrichtig wäre. Da die AG einem Verein verwandt ist, hat der Gesetzgeber die Bezeichnung „Satzung" normiert. 16

Gründerzahl

§2

Anm. 3—5

III. Feststellung der Satzung und Übernahme der Aktien Anm. 3: Die auf technischen Gründen beruhende gesetzliche Scheidung zwischen Feststellung der Satzung und Aktienübernahme kann den Zusammenhang nicht zerreißen. Die Vorstellung einer Aktienübernahme ohne Bezug auf eine festgestellte Satzung, der vielmehr geradezu Bestandteil der Aktienübernahmeerklärung ist, läuft, mag sie auch einmal mißbräuchlich im Schwange gewesen sein, den Denkgesetzen zuwider. Es ist Spielerei, die Satzungsfeststellung, Unterwerfung unter die Satzung, Aktienübernahme und Aktienzuteilung, obwohl sie nur nach Einigung einer Mehrzahl von Personen möglich sind und in einem durch diese Einigung hergestellten rechtlichen Zusammenhang stehen, in lauter einseitige Rechtsgeschäfte aufzulösen. IV. Gründer 1. Zahl Anm. 4: Es müssen wenigstens fünf Personen die Satzung feststellen, welche alle Aktien übernehmen und die volle strafrechtliche (§ 399 I N r . 1 u. 2) und vermögensrechtliche (§ 46) Verantwortung für die Gründung tragen. Diese Personen nennt der Gesetzgeber Gründer (§ 28). Zulässig ist, daß sich Personen an der Feststellung der Satzung beteiligen, welche keine Aktien übernehmen; diese sind jedoch keine Gründer, da sie nicht Aktionäre sind (§ 28; anders die Vorauflage). Ihre Mitwirkung ist aber rechtlich irrelevant, da ihre Erklärungen keine Bedeutung haben können. Nach Wegfall des § 30 AktG 37 ist es nicht mehr möglich, daß Personen Aktien übernehmen, welche bei der Feststellung des Gesellschaftsvertrages nicht mitgewirkt haben. 2. Gründerfähigkeit Anm. 5: Nur die Mindestzahl der Gründer ist vorgeschrieben. Das Gesetz sagt aber nichts über die Gründerfähigkeit. Da es damit — wie audi schon das Gesetz von 1937 — die Klärung einiger seit jeher vorhandener Zweifel nicht für erforderlich erachtet hat, muß angenommen werden, daß es sich hier überall der herrschenden Lehre und Rechtssprechung anschließen wollte. Danach können Gründer sein und bei der Fünfzahl mitgezählt werden: alle natürlichen Personen, gleichgültig ob geschäftsfähig oder nicht, juristische Personen, auch wenn in Abwicklung befindlich, auch offene Handelsgesellschaften können Gründer sein, jedoch neben ihnen nicht noch deren Gesellschafter, da sie ohnedies als Gesellschafter der oHG bereits voll haften. Dagegen kann auch der Kommanditist neben der KG Gründer sein, weil seine Haftung mit ihrer Haftung nicht zusammenfällt. Dagegen kann eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts überhaupt nicht Gründer sein. Die Gemeinmeinung (Kölner Komm. Anm. 46; Schnorr v. 17

§2 Anm. 5,6

Allgemeine Vorschriften

Carolsfeld in DNZ 63, 416; Ritter Anm. 36) verkennt, daß die BGB-Gesellschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt und deshalb jeder Gesellschafter als Gründer auftreten muß (ebenso Meyer-Landrut Anm. 9 und 10). Ebenfalls kann ein Verein ohne Rechtsfähigkeit, eine Erbengemeinschaft, ein Testamentsvollstrecker (a. A. Ritter aaO.) nicht Gründer sein. Dagegen ist die Übernahme von Aktien durch mehrere Personen in Bruchteilsgemeinschaft möglich (ebenso Kölner Komm. Anm. 40; B.-H. § 8 Rn. 10; a. A. MeyerLandrut in Großkomm. Anm. 10; sowie die Vorauflage). Alle Gemeinschafter zählen jedoch nur als ein Gründer. In Fällen gesetzlicher Vertretung ist der Vertretene der Gründer und trägt er die vermögensrechtliche Gründerhaftung, wird Gesellschafter und als solcher berechtigt und verpflichtet. Die strafrechtliche Gründerhaftung aber trägt der Vertreter, da dieser und nicht der Vertretene sich insoweit strafbar machen kann. Es kann aber auch für fremde Rechnung durch einen Strohmann gehandelt werden, dann muß dieser die Gründerfähigkeit haben und wird er echter Gründer, der die vermögensrechtliche und strafrechtliche Haftung trägt. Erstere trägt aber neben ihm auch sein Auftraggeber (§ 46). Herwig (DNZ 37, 195) will den Strohmann bei Errechnung der Mindestzahl nicht mitrechnen. Dagegen ist Meyer-Landrut (Großkomm. Anm. 16) nunmehr unserer Meinung beigetreten. Das OLG Celle (NJW 1951, 847) hat in dem Fall von einem Scheingeschäft gesprochen und Nichtigkeit des Vertrages angenommen, in dem zwei Strohmänner eine GmbH gegründet und ihre Geschäftsanteile noch am Tage der Gründung einem Dritten übertragen haben. Der BGH hat dieser Rechtssprechung ausdrücklich widersprochen (BB 1956, 1118). Er hat die Gründung durch Strohmänner ausdrücklich zugelassen, wenn diese die Gründung selbst wollen. Im Augenblick der Eintragung der Gesellschaft sind Gesellschafter vorhanden und die erforderliche Gründerzahl gegeben, da die Abtretung der Geschäftsanteile erst mit der Eintragung der Gesellschaft wirksam wird (BGH 21, 242). Lediglich, wenn vor der Eintragung ein Verstoß gegen das Gesetz oder die guten Sitten offenkundig ist, kann die Eintragung abgelehnt werden. Steuerrechtlich wird nicht der Strohmann, sondern dessen Auftraggeber als Erwerber der Aktien angesehen (RFH 14, 228). Diese Auslegung erfolgt jedoch aus rein steuerrechtlichen Erwägungen und ist daher für das Aktienrecht bedeutungslos. 3. Übernahme von Aktien Anm. 6: Die Gründer haben sämtliche Aktien zu übernehmen. Dies erfolgt durch die Übernahmeerklärung, die zusammen mit der Feststellung der Sat18

Gründerzahl

§2

Anm. 6—8

zung erfolgt (vgl. Anm. 3 und im einzelnen Anm. 19—22 zu § 23 und Anm. 2 zu § 29). 4. Einlageforderung Anm. 7: Die Verpflichtung des Gesellschafters zu Leistungen von Vermögenswerten erschöpft sich in der Einlage. Sie besteht auch nur der Gesellschaft gegenüber. Zur Einlage eignen sich nur Geld oder Güter mit Verkehrswert. Die Einlagen müssen wenigstens den Aktienwert erreichen (§ 9), brauchen aber nicht, auch nicht nur verhältnismäßig, gleich zu sein und auch nicht notwendig aus dem Vermögen des Aktionärs zu stammen, mindestens nicht unmittelbar, aber wohl auch nicht mittelbar. Über den möglichen Gegenstand der Einlage außer Geld siehe Anm. 11—14 zu § 27. Der Aktionär ist verpflichtet, diese Einlage einzuzahlen, da es erstes Ziel der Aktiengesellschaft sein muß, das gesamte Grundkapital voll zu erhalten. Um dies zu erreichen, sind in den Vorschriften über die Gründung, §§ 23 ff., eine Reihe von Sondervorschriften enthalten. Anm. 8: Die in der Rechtslehre und Rechtsprechung umstrittene Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Anspruch der Gesellschaft gegen den Aktionär auf die Einlage abtretbar ist, spielt praktisch nur insofern eine Rolle, als die Abtretbarkeit Voraussetzung der Pfändbarkeit ist. Die Abtretbarkeit könnte aus zwei Gesichtspunkten unzulässig sein: aus a) § 399 BGB, wonach eine Forderung nicht abgetreten werden kann, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann; b) aus dem aktienrechtlichen Gesichtspunkt des § 66, nach dem die Aufbringung des Grundkapitals unter allen Umständen sichergestellt sein soll. Eine Veränderung des Inhalts der Leistung würde eintreten, wenn man sich auf den Standpunkt der älteren Rechtsprechung des Reichsgerichts stellen würde, daß die Fälligkeit der abgetretenen Einlageforderung nicht von der Aufforderung zur Einzahlung nach § 63 Absatz 1 abhängig sei. Die Rechtsprechung ist inzwischen überholt. Es liegt keine Veranlassung vor, aus der Abtretung allein eine Veränderung des Inhalts der Einlageforderung zu folgern. Nach wie vor wird die Forderung erst nach Einforderung der Einlage unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes gegenüber allen Aktionären fällig. Die Bestimmung des § 399 BGB steht der Abtretbarkeit also nicht entgegen. Wohl aber schränkt der in § 66 zum Ausdruck kommende Grundsatz die Abtretbarkeit praktisch erheblich ein. Es ist allgemeine Auffassung, daß sie nur dann zulässig ist, wenn die Gesellschaft als Gegenleistung ein vollwertiges Entgelt erhält (RG 133, 83; 135, 57; 156, 25; JW 1936, 445). Auch das gesamte Schrifttum hat sich dieser Auffassung angeschlossen (vgl. Großkomm. Fischer § 60 Anm. 21; Schl.-Qu. § 60 Anm. 3; B.-H. § 66 Rn. 7). 19

§§ 2/3 Anm. 9 / 1 , 2

Allgemeine Vorschriften

V. Verstoß Anm. 9: Sind an der Feststellung der Satzung nicht fünf Personen beteiligt, so darf nicht eingetragen werden, vgl. im einzelnen Vorbemerkungen vor § 23 Anm. 9.

S 3

Die Aktiengesellschaft als Handelsgesellschaft Die Aktiengesellschaft gilt als Handelsgesellschaft, audi wenn der Gegenstand des Unternehmens nicht im Betrieb eines Handelsgewerbes besteht. Anm. 1: Die dem bisherigen Recht entsprechende Bestimmung besagt, daß die AG jeden gesetzlich nidit verbotenen Zweck verfolgen kann, nicht etwa nur ein Handelsgewerbe, also auch einen sozialen (Konsumverein), idealen (studentisches Verbindungshaus), oder auch einen wirtschaftlichen, der kein Handelsgewerbe voraussetzt (landwirtschaftlicher, bergbaulicher Betrieb, Hausbesitz oder -Verwaltung, Verwaltung von Beteiligungen, z. B. „Holding", Geschäftsstelle für Syndikat oder Interessengemeinschaft). Welchen Zweck sie auch betreiben mag, immer sind die Vorschriften der Vollkaufleute (§ 6 HGB) anzuwenden, und zwar von der Eintragung der AG in das Handelsregister ab (§ 41 Abs. 1 S. 1). Anm. 2: Daraus folgt, daß der Name der AG immer eine Firma ist ( § 1 7 HGB) und ferner folgende Bestimmungen auf sie Anwendung finden: § 22 HGB (Fortführung der Firma bei Erwerb des Handelsgeschäfts); §§ 38 ff. HGB (Handelsbücher), soweit nicht besondere Vorschriften bestehen; §§ 48 ff. HGB (Porkura); § 343 HGB (Begriff der Handelsgeschäfte) immer, obwohl er nach seinem Wortlaut ein Handelsgewerbe voraussetzt, da die Lebensbetätigungen einer AG nicht unterschieden werden können, wie die einer natürlichen Person, so daß ihre ganze Lebenstätigkeit die Ausübung eines Gewerbebetriebes darstellt, auch wenn sie keinen solchen hat, d. h., alle ihre Geschäfte sind Handelsgeschäfte; § 348 HGB (keine Herabsetzung der Vertragsstrafe); § 349 HGB (selbstschuldnerische Bürgschaft); §§ 352 bis 354 HGB (gesetzliche Zinsen); § 363 HGB (kaufmännische Orderpapiere); § 366 HGB (erweiterter Schutz des guten Glaubens); § 368 HGB (kürzere Frist bei Pfandverkauf); §§ 369 ff. HGB (kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht); 20

Firma

§§3/4 Anm. 2—5

§ 377 HGB (Mängelrüge); § 196 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB (Verjährung). Ansprüche gegen die Gesellschaft gem. § 196 Ziff. 1 BGB verjähren nicht in zwei, sondern in vier Jahren (§ 196 Abs. 2 BGB) (B.-H. Rn. 2; a. A. Schl.-Qu. Anm. 3). § 59 H G B (Handlungsgehilfe). Betreibt sie ein eigentliches Handelsgewerbe, so findet § 59 direkt Anwendung. Es sind also alle die Angestellten Handlungsgehilfen, die Dienste leisten, die kaufmännische Vorbildung und Fähigkeit verlangen. Betreibt sie kein eigentliches Handelsgewerbe und ist nur kraft der Vorschrift des § 3 eine Handelsgesellschaft, so sind die als Handlungsgehilfen anzusehen, deren Fähigkeit den kaufmännischen Diensten entspricht, so bei einer Hausverwaltung der Buchhalter, nicht dagegen die sogenannten Gewerbegehilfen, wie der Bote oder die Schreibkraft.

Anm. 3: Steuerrechtlich sind alle Einkünfte der AG nach den einschlägigen Bestimmungen der Steuergesetze gewerbliches Einkommen, so audi Einkünfte von Gesellschaften, deren ganzes Vermögen in einem einzigen Grundstück besteht (trotz § 1 Steueranpassungsgesetz, R F H 39, 211, auch für die Aufbringungspflicht R F H 23, 309 ff., insbesondere 345 u. 346). Dies gilt auch bei Aktiengesellsdiaften, die rein idealen Zwecken dienen, ferner bei Verwaltungs-(Holding)gesellschaften. Die frühere Ausnahme für Aktiengesellschaften, die im Besitz der öffentlichen Hand sind oder staatlich geförderte Zwecke erfüllen, ist durch das Steueranpassungsgesetz 1961 (BGBl I 981) wieder aufgehoben worden. Gem. § 56 Abs. 1 Ziffer 1 Bewertungsgesetz ist bestimmt, daß alle Gegenstände, die der AG gehören, deren Betriebsvermögen bilden. Anm. 4: § 3 gilt auch für die nach § 44 eingetragenen Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften. Im übrigen sind die Folgerungen aus § 3 auf Rechtsverhältnisse für ausländische Aktiengesellsdiaften nur anwendbar, insoweit auf diese Rechtsverhältnisse nadi deutschem internationalen Privatrecht das Deutsche Recht anwendbar ist. Anm. i: Die Bestimmung des § 3 greift jedoch nidit in alle Reditsgebiete ein. So gilt z. B. eine AG im Sinne der Gewerbeordnung nur dann als gewerbetreibend, wenn sie audi tatsächlich ein Gewerbe betreibt. S 4 Firma (1) Die Firma der Aktiengesellschaft ist in der Regel dem Gegenstand des Unternehmens zu entnehmen. Sie muß die Bezeichnung „Aktiengesellschaft" enthalten. 21

§ 4 Anm. 1—3

Allgemeine Vorschriften

(2) Führt die Aktiengesellschaft die Firma eines auf sie übergegangenen Handelsgeschäfts fort (§ 22 des Handelsgesetzbuchs), so muß sie die Bezeichnung „Aktiengesellschaft" in die Firma aufnehmen. I. Übersicht (Anm. 1) II. Firma 1. Notwendiger Bestandteil der Satzung (Anm. 2) 2. Schutz (Anm. 3) 3. Unterscheidungskraft (Anm. 4) 4. Sachfirmen (Anm. 5)

5. Zusatz „Aktiengesellschaft" (Anm. 6) 6. Firmenänderung (Anm. 7) III. Übernahme eines Handelsgeschäftes (Anm. 8) IV. Veräußerung und Verpachtung (Anm. 9) V. Unzulässige Firma (Anm. 10)

I. Obersicht Anm. 1: Die Vorschrift hat gegenüber dem früheren § 4 AktG 37 in Absatz 2 insofern eine Änderung erfahren, als nicht mehr von einem von der AG „erworbenen", sondern von einem auf sie „übergegangenen" Handelsgeschäft: die Rede ist. Damit ist der Wortlaut des Gesetzes lediglich der Rechtslage angepaßt worden, ohne daß eine rechtliche Änderung herbeigeführt worden wäre, da auch der alte § 4 AktG 37 durch die Verweisung auf § 22 HGB nicht nur den Erwerb, sondern auch die Übernahme eines Handelsgeschäftes mit umfaßt hat. II. Firma 1. Notwendiger Bestandteil der Satzung Anm. 2: Die Firma ist notwendiger Bestandteil der Satzung (§ 23 I I I Nr. 1), kann also nur durch Satzungsänderung geändert werden. Sie ist der Name der AG schlechthin, nicht nur wie beim natürlichen Kaufmann der Name, unter dem er „im Handel seine Geschäfte betreibt und seine Unterschrift abgibt" (§ 17 HGB). Deshalb kann die AG für alle Unternehmungen und Niederlassungen nur eine Firma haben, doch sind Zusätze zur Unterscheidung statthaft. Stets muß die Firma die Bezeichnung „Aktiengesellschaft" enthalten. Nach Artikel 22 Einführungsgesetz zum HGB können jedoch auch heute noch die vor Inkrafttreten des HGB eingetragenen Gesellschaften die nach damaligem Recht zulässigen Firmenbezeichnungen beibehalten. 2. Schutz Anm. 3: Aus der Anführung des § 22 HGB durch Absatz 2 ergibt sich, daß die Firmenvorschriften des HGB auch für die Aktiengesellschaft gelten. Die Firma wird nicht nur durch § 30 HGB, sondern gegen Verwechslungsgefahr auch durch § 16 UWG geschützt (Prioritätsgrundsatz), ferner durch die §§ 1, 3, 4 UWG (täuschende Nachahmung) sowie durch § 12 BGB (Na22

Firma

§4

Anm. 3—5

mensschutz). Nach diesen Bestimmungen ist Unterlassungsklage, bei Verschulden des Verletzers Schadenersatzklage gegeben. Über die Firma der Zweigniederlassung siehe Anm. 4 zu § 42. 3. Unterscheidungskraft Anm. 4: Als Name muß die Firma Unterscheidungskraft haben, nidit nur im Sinne des § 30 HGB, wonach sie sich von allen an demselben Ort bereits bestehenden und eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden muß, sondern sie muß auch, obwohl dem Gegenstand entnommen, doch eine eigentümliche Namensbezeichnung sein (KGJ 37, 172). Unter Umständen ist dies schon durch Verbindung mit einem Ortsnamen möglich, nicht aber durch den Zusatz „Aktiengesellschaft" allein (RG 133, 318 und 325). Kein Bestandteil der Firma, am wenigstens der dem Gegenstand des Unternehmens entnommene, darf zu einer Täuschung geeignet sein (§ 18 Abs. 2 HGB, §§ 1, 3, 4 UWG). „Fabrik", „Werk" oder gar „Fabriken", „Werke", ferner „Industrie", „Zentrale", „Haus" erwecken die Vorstellung großer Betriebe, die sich heute jedenfalls nicht ohne weiteres schon aus dem Mindestgrundkapital der AG nach § 7 von 100 000,— DM ergeben. Erstere Bezeichnungen sind außerdem nur für Erzeugnisstätten, nicht für Handelsbetriebe erlaubt. Auch die Zusätze „Deutsch", „Europäisch" gelten nach allgemeiner Rechtsauffassung nicht mehr als farblos. Es entscheidet vielmehr die Stellung des Unternehmens innerhalb der Gesamtwirtschaft und seiner Bedeutung für diese, nicht so sehr sein Umfang, sein Personal oder die Herkunft seines Materials, als die Unterscheidung von ausländischen Unternehmungen gleicher Art. Wird die Firma nachträglich wegen veränderter Verhältnisse oder Verkehrsauffassung irreführend, so ist sie nach § 142 FGG von Amts wegen zu löschen, wenn sie nicht geändert wird. Besonderen Schutz genießen nach §§ 39—43 des Kreditwesengesetzes vom 10. 7. 61 die Bezeichnungen „Bank" und „Sparkasse", welche nur unter den daselbst angeführten Voraussetzungen geführt werden dürfen. 4. Sachfirmen Anm. 5: Die Firma soll dem Gegenstand des Unternehmens entnommen werden, also eine Sachfirma sein. Danach muß sie deutsch, zumindest aber für Deutsche verständlich sein. Die Meinung, daß sie nicht deutsch zu sein braucht, kann nur für Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften als richtig anerkannt werden. Nach der von der herrschenden Ansicht mißbilligten Rechtsprechung des Reichsgerichts, welche Sachfirmen wie „Kosmopharm" (kosmotechnisch-pharmazeutisch) und „Aeriola" zuläßt, ist auch die Sachfirma nur Unterscheidungszeichen und nicht bestimmt, über den Gegenstand aufzuklären. Die Vorschrift, daß die Firma in der Regel dem Gegenstand des Unternehmens entnommen sein soll, entspricht zwar Denkgesetzen, weil es an einem 23

§4 Anm. 5,6

Allgemeine Vorschriften

physischen Inhaber fehlt, auf den ein Personenname hinweisen würde, schließt aber nicht aus, daß die Firma daneben auch Bestandteile enthält, welche Personennamen oder Phantasieworte sind. Durch Artikel 22 des EG zum HGB ist es sogar möglich, daß die Firma ausschließlich aus einem Personennamen besteht, wobei allerdings dann der Zusatz „Aktiengesellschaft" erforderlich ist. Ausschließlich aus einem Phantasiewort darf die Firma dann bestehen, wenn dieses Wort zugleich der wahre Name für das Fabrikat der AG ist und sich dieser schon durchgesetzt hat (Schl.-Qu. § 4 Anm. 4; Meyer Landrut in Großkomm. § 4 Anm. 2; speziell für Warenzeichen Wessel in N J W 68, 733). Phantasieworte mit der für die Aktiengesellschaft üblich gewordenen Abkürzung „AG" am Ende (INDROHAG) sind nach § 18 Abs. 2 HGB unzulässig auch als Zusatz, wenn sie eine Firma bezeichnen soll, die nicht AG ist (BGH 22, 88 bis 90). Es spielt hierbei keine Rolle, daß aus der Gesamtheit der Firma zu erkennen ist, daß es sich nicht um eine AG handelt, (INDROHAG, Industrie-Rohstoffe Handlungsgesellschaft mit beschränkter Haftung). Die Firma der AG muß wie die nach § 17 HGB Kennzeichnungskraft haben. Daher sind Firmen wie „Transportbeton Aktiengesellschaft" (OLG Hamm in NJW 61, 2018) oder „Mineralöl-Vertrieb Aktiengesellschaft" (LG Hannover in BB 69, Beilage 10,14) unzulässig. In der Firma darf keine Täuschung liegen, z. B. über die Größe des Unternehmens mit der Bezeichnung „Werk". Diese ist nur Großunternehmen der Industrie vorbehalten (vgl. OLG Frankfurt in BB 65, 803; OLG Hamm in BB 68, 311; Wessel in BB 69, 1195 in einer Anmerkung zu der zu Recht abgelehnten Entscheidung des OLG Stuttgart). Nur in Ausnahmefällen ist eine reine Personenfirma zulässig. Hierzu muß ein besonderes Interesse vorliegen. § 24 II HGB ist dann nicht anwendbar (vgl. BGH in BB 69,1410). Ein Anspruch auf ein bestimmtes Schriftbild bei der Eintragung der Firma im Handelsregister besteht grundsätzlich nicht (vgl. OLG Karlsruhe in NJW 70, 1379; Bay. ObLG in NJW 68, 364). Die Schreibweise liegt vielmehr im Bereich der Ermessensentscheidung des Registergerichtes. 5. Zusatz „Aktiengesellschaft" Anm. 6: Die Firma muß die Bezeichnung „Aktiengesellschaft" enthalten, und zwar nach Absatz 2 auch im Falle des § 22 HGB. Der Zusatz muß im allgemeinen ausgeschrieben sein, doch hat sich im Verkehr die Abkürzung „AG" durchgesetzt (vgl. B.-H. Rn. 7). Unzulässig ist zum Beispiel „Aktienbrauerei", zulässig „Berliner Droschken Aktiengesellschaft" (RJA 11, 25; K G J 41 A 263; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 3 zu § 4). Eine Sachfirma, die von einer am 1. Januar 1900 bestanden habenden AG aufgrund § 22 EGHGB ohne Zusatz „Aktiengesellschaft" geführt werden kann, kann ohne 24

Firma

§4

Anm. 6—8

diesen bestehen bleiben, auch wenn unwesentliche Firmenbestandteile geändert werden (KG J W 38, 1171) oder die Firma eines übernommenen Unternehmens fortgeführt wird. 6. Firmenänderung Anm. 7: Die Änderung oder Erweiterung des Gegenstandes der AG erfordert nicht ohne weiteres die Firmenänderung (allgemeine Ansicht). Nur wenn wettbewerbsrechtliche Bestimmungen eine Änderung verlangen oder eine Täuschung über die Art der Geschäfte vorliegt, muß auch die Firma geändert werden. Wird eine Firma geändert, muß sie den Anforderungen an eine neue Firma entsprechen (KG J W 1937, 47 Nr. 32), auch wenn sie bisher zulässigerweise keine Sachfirma gewesen war. Änderung der Firma ist Satzungsänderung, bedarf also eines Hauptversammlungsbeschlusses (§ 179 Abs. 1) mit der dazu erforderlichen Mehrheit (§ 179 Abs. 2 und 3) und der Eintragung ins Handelsregister (§ 181). Wenn es die Übersichtlichkeit erfordert, ist ein neues Registerblatt anzulegen, auf welches die AG mit allen noch gültigen Eintragungen unter der neuen Firma einzutragen ist; dabei ist jeweils auf das andere Blatt zu verweisen ( § 1 3 I I I Handelsregisterverfügung vom 12. 8. 1937). Zusätze bei der Firma einer Zweigniederlassung bedürfen keiner Satzungsänderung und können vom Vorstand vorgenommen werden. III. Übernahme eines Handelsgeschäftes Anm. 8: Bei Übernahme eines Handelsgeschäftes ist die Fortführung der bisherigen Firma statthaft, auch wenn die bisherige Firma des übernommenen Geschäftes keine Sachfirma ist. Es genügt auch in diesem Fall der Zusatz „Aktiengesellschaft", wenn es sich um das einzige Unternehmen der AG handelt, sei es, daß sie zwecks Übernahme des Geschäftes gegründet worden ist oder daß sie es mit ihrem bestehenden Unternehmen vereinigt und ihre Firma durch Satzungsänderung ändert. Dagegen kann sie die übernommene Firma, wenn sie diese nur für eine von mehreren Unternehmungen oder Zweigniederlassungen fortführt, im übrigen aber ihre bisherige Firma weiterführen will, nur als Zusatz zur letzteren (ohne Satzungsänderung) bei der Zweigniederlassung annehmen. Es muß erkennbar bleiben, daß es sich um die Zweigniederlassung einer AG handelt und welche Firma diese führt (RG 113, 213). Eine wesentliche Veränderung der fortzuführenden Firma ist nicht statthaft, es sei denn, daß die AG die veränderte Firma audi als ursprüngliche führen könnte. Wird zunächst die eigene Firma beibehalten, so kann die erworbene auch noch nach einiger (Dresden ZHR 37, 350), immerhin begrenzter Zeit angenommen werden, aber nicht mehr, wenn schon eine neue Firma angemeldet ist. Die Fortführung der erworbenen Firma bringt die unbeschränkte Haftung für die Schulden des übernommenen Geschäftes mit sich 25

§§4/5 Anm. 8—10

Allgemeine Vorschriften

(§ 25 HGB). Ohne Fortführung der Firma gilt § 419 BGB. Sämtliche vorstehende Grundsätze gelten auch im Falle einer Pacht oder Verpachtung eines Unternehmens, die wie der Erwerb bzw. die Veräußerung zu behandeln sind. IV. Veräußerung und Verpachtung Anm. 9: Veräußert oder verpachtet die AG ihr Unternehmen und gestattet sie dem Erwerber oder Pächter die Fortführung ihrer bisherigen Firma, so muß sie, um ihm dies zu ermöglichen, durch Satzungsänderung eine neue Firma annehmen und ist gegenüber dem Vertragsgegner dazu verpflichtet. V. Unzulässige Firma Anm. 10: Die Eintragung einer unzulässigen Firma ist vom Registergeridit abzulehnen. Bei trotzdem erfolgter Eintragung kann auf folgenden Wegen dagegen vorgegangen werden: Die Gesellschaft kann aufgefordert werden, durch Satzungsänderung den Mangel zu beheben; mit den Vorsdiriften wegen Firmenmißbrauchs gemäß § 37 HGB; schließlich kann die Gesellschaft nach § 142 FGG von Amts wegen gelöscht werden. Das gleiche gilt, wenn die Firma nachträglich unzulässig wird. Eine Nichtigkeitsklage nach § 275 und ein Amtslöschungsverfahren nach § 144 FGG sind nicht mehr möglich. Das Nichtigkeitsrecht der AG ist durch das Gesetz zur Durchführung der ersten Richtlinien des Rates der europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (BGBl 1969 I, 1146) mit Wirkung vom 1. 9. 1969 erheblich geändert worden. Die Unzulässigkeit der Firma zählt danach nicht mehr zu den Nichtigkeiten des § 275. Ein Auflösungsverfahren kann nach § 114 a FGG vom Registergericht eingeleitet werden in Verbindung mit den neu geschaffenen §§ 262 I Nr. 5, 289 II Nr. 2 (vgl. zu Vereinbarung dieser Bestimmungen mit den Richtlinien Einmahl in Die AktGes. 69, 210 ff.). S 5 Sitz (1) Sitz der Gesellschaft ist der Ort, den die Satzung bestimmt. (2) Die Satzung hat als Sitz in der Regel den Ort, wo die Gesellschaft einen Betrieb hat, oder den Ort zu bestimmen, wo sich die Geschäftsleitung befindet oder die Verwaltung gefChrt wird. I. Übersicht (Anm. 1) II. Begriffsbestimmung 1. Allgemeine Regel (Anm. 2) 2. Ausnahmen (Anm. 3)

26

I I I . Doppelsitz (Anm. 4) IV. Ausländische Gesellschaften (Anm. 5) V. Rechtswirkung des Sitzes (Anm. 6) V I . Sitzverlegung (Anm. 7)

Sitz

§5 Anm. 1—3

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift ist sprachlich geändert worden, damit klargestellt ist, daß der in der Satzung festgelegte Sitz maßgebend ist, wenn er nicht mit dem tatsächlichen Sitz übereinstimmt. Daß der Sitz in der Satzung festgelegt sein muß, ergab sich schon aus § 16 III AktG 1937 — heute § 23 III. IL Begriffsbestimmung 1. Allgemeine Regel Anm. 2: Sitz ist der von der Satzung unter Beachtung der vorliegenden Vorschriften bestimmte Ort. Das Gesetz geht von der häufigen Erscheinung aus, daß der gewerbliche Betrieb sich an einem anderen Ort befindet als der kaufmännische und die Geschäftsleitung, ja daß sogar diese an einem Ort ist, wo weder ein gewerblicher noch ein kaufmännischer Betrieb ist. Nicht selten auch — bei ganz großen Unternehmungen — befindet sich ein vielköpfiger Vorstand verstreut an mehreren Orten. Das Gesetz stellt alle diese Orte zur Wahl. Notwendigerweise bestimmt die Wahl gleichzeitig die Hauptniederlassung. An dem Sitz muß sich a) entweder ein Betrieb der Gesellschaft befinden, ein gewerblicher oder ein kaufmännischer, wenn Fabrikation und Geschäftsverkehr an getrennten Orten ausgeübt werden, oder einer von mehreren gewerblichen oder mehreren kaufmännischen Betrieben, aber nicht nur eine Betriebsstätte, welches der weiteste Begriff ist und auch bloße Warenlager und dergleichen mit umfaßt; b) oder die Geschäftsleitung oder Verwaltung befinden. Die Bestimmung stammt aus dem Steueranpassungsgesetz (§ 15 III). Geschäftsleitung ist der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung; Verwaltung wird meist dasselbe sein. Da aber die AG nicht notwendig einen gewerblichen oder kaufmännischen Zweck haben muß (siehe Anm. 1 zu § 3), gibt es auch Gesellschaften, die keine Geschäftsleitung, sondern eine Verwaltung haben. 2. Ausnahmen Anm. 3: Vorstehendes gilt nur in der Regel. Ausnahmen davon kann das Registergericht zulassen, indem es aufgrund pflichtmäßiger Erwägung einen davon abweichenden Sitz einträgt. Es dürfte sonach bei schon eingetragenen Gesellschaften, auch wenn die Bestimmung der Satzung über den Sitz der Vorschrift des § 5 nicht entspricht, nicht erst Heilung des Mangels durch Satzungsänderungsbeschluß nach § 276 notwendig sein, wohl aber bleibt es dem Registerrichter unbenommen, der AG nach § 144 a FGG eine Frist zu setzen, um den Mangel durch Satzungsänderung zu beseitigen und nach 27

§5 Anm. 3,4

Allgemeine Vorschriften

fruchtlosem Ablauf der Frist ein Auflösungsverfahren einzuleiten (vgl. § 4 Anm. 10). Dasselbe gilt, wenn am ursprünglichen Sitz die Sitzvoraussetzung wegfällt. Das Registergericht kann die Bewilligung der Ausnahme unter gleichgebliebenen Verhältnissen nicht zurücknehmen. Heilung des Mangels kann, wenn gegen § 5 verstoßen wird, demnach auch durch Duldung des Registerrichters eintreten, doch kann dieser bei nur versehentlicher Eintragung nach §§ 144 III, 142 II FGG vorgehen. III. Doppelsitz Anm. 4: Bis 1945 war es einhellige Ansicht, daß eine AG begriffsnotwendig nur einen Sitz haben könne. Die Teilung Deutschlands und die politische Sonderstellung West-Berlins haben die Frage der Zulässigkeit der Begründung eines zweiten Sitzes aufkommen lassen (Bernau in N J W 1949, 86; Consbrudi in N J W 1949, 375; Springer N J W 1949, 561; W. Schmidt in J R 1949, 208; Geßler in SJZ 1949, 342). Gegen die Zulässigkeit haben sich manche auf verschiedene Bestimmungen des Aktiengesetzes berufen (§§ 5, 14, 23, 36, 45, 245 Abs. 3). Dies ist nicht stichhaltig. In diesen Bestimmungen wird der Sitz zwar lediglich im Singular verwandt, dies kann jedoch nicht gegen die Zulässigkeit eines Doppelsitzes sprechen, da auf die Bestimmungen über den Wohnsitz natürlicher Personen nur von „dem" Wohnsitz sprechen, mehrere Wohnsitze aber zulässig sind. Die analoge Anwendung der Wohnsitzbestimmungen auf juristische Personen ergibt sich bereits aus den Protokollen zum BGB (vgl. auch Bernau in BB 49, 89; Kölner Kommentar Anm. 12). Auch die sich evtl. aus einer Zulässigkeit ergebenden Schwierigkeiten können nicht als Argument angeführt werden, insbesondere, da die Rechtsprechung diese Schwierigkeiten einer Lösung zugeführt hat (vgl. OLG Stuttgart in N J W 53, 748; Bay. ObLG in BB 62, 497 = Die AktGes 62, 280 = N J W 62, 101). Eine abschließende Regelung hinsichtlich des Doppelsitzes enthält das Gesetz nicht, so daß auch § 23 V 2 AktGes. nicht gegen die Zulässigkeit spricht. Die neuerlich aufgestellte Behauptung (vgl. Kölner Kommentar Anm. 12), es entstünde in der Öffentlichkeit der falsche Eindruck, es würden zwei verschiedene Gesellschaften bestehen, leuchtet nicht ein. Die Gesellschaft kann insbesondere nach § 80 nur als eine Gesellschaft mit zwei Sitzorten auftreten, so daß ein derartiger Eindruck in der Öffentlichkeit gar nicht entstehen kann. Von der herrschenden Lehre ist daher in den Fällen die Errichtung eines zweiten Sitzes zugelassen, in denen durch die Teilung Deutschlands eine besondere Notlage entstanden ist (AG Bonn in BB 1948, 462; AG Heidelberg in SJZ 1949, 342; LG Köln in N J W 1950, 352; AG München in Versicherungswirtschaft 1948, 380; AG Hamburg und Wuppertal in Versicherungswirt28

Sitz

§5

Anm. 4,5

schaft 1949, 210; B.-H. Rn 3; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 5 a; Haberlandt in Möhring-Schwartz, S. 20). Die Begrenzung auf die sich aus der Teilung Deutschlands ergebende Notlage ist nicht gerechtfertigt. Die amtliche Begründung läßt einen Doppelsitz bei Vorliegen eines Ausnahmezustandes zu, ohne diesen Begriff näher zu definieren. Es ist oben festgestellt worden, daß es ein Verbot eines Doppelsitzes nicht gibt. Es ist auch keine Bestimmung zu erkennen, die das Vorliegen eines Ausnahmezustandes zur Voraussetzung zur Begründung eines Doppelsitzes macht. Der Doppelsitz muß daher als allgemein zulässig angesehen werden. Da er Kosten und Schwierigkeiten für die betreffende Gesellschaft mit sich bringt, wird er die Ausnahme bleiben. Der Gesetzgeber selbst hat die Tatsache des Bestehens von Doppelsitzen schon mehrfach berücksichtigt: § 5 der 3. DVO, § 2 der 35. DVO, § 1 der 43. D V O zum UmStG; § 62 des Wertpapierbereinigungsgesetzes; § 5 DMBilErgG; § DMBilG Berlin. Die Anerkennung einer doppelten Staatsangehörigkeit ergibt sich aus Artikel 84 Anlage 29 des Saarstaatsvertrages vom 27. 10. 1956 (BGBl II, 1589 ff.; vgl. hierzu Bärmann in N J W 57, 613 ff.). Die Errichtung eines zweiten Sitzes hat zur Folge, daß zwei Registergerichte federführend sind. Sämtliche Eintragungsanträge müssen an beide Gerichte gerichtet werden; von beiden Gerichten müssen den Handelsregistern der Zweigniederlassungen Eintragungsnachrichten zugehen. Beide Gerichte haben daher gleiche Rechte. Jedes kann selbständig die Erfüllung handelsrechtlicher Verpflichtungen überwachen (Bayerisches oberstes Landesgericht, a. a. O.; OLG Stuttgart in N J W 53, 748). IV. Ausländische Gesellschaften Anm. 5: Ausländische AG ist AG mit dem Sitz im Ausland. Ob sie AG im Sinne des deutschen Rechts ist, bestimmt sich nach diesem insofern, als zwar bei ihrer Gründung nicht die deutschen Vorschriften beachtet worden sein müssen (§ 44), als sie aber doch nach ausländischem Recht diejenigen Merkmale aufweisen muß, welche nach deutschem Recht einer AG wesenseigentümlich sind. Demnach ist eigene Rechtspersönlichkeit, geschlossene Zahl der Beteiligungen, deren Selbständigkeit notwendig (vgl. Anm. 15 zu § 1). Nicht erforderlich ist Ausschluß der Haftung der Gesellschafter (Anm. 17 zu § 1), ein Nennbetrag der Beteiligung, ebenso nicht ein Grundkapital im Sinne des deutschen Rechts. Auch ausländische Gesellschaften mit nennwertlosen Anteilscheinen können AG sein. Wo eine derartige Gesellschaft im Ausland ihren Sitz, also auch ihren Heimatstaat hat, bestimmt sich dagegen ausschließlich nach ausländischem Recht. Regelmäßig wird die Satzung maßgebend sein. Würde aber eine solche AG mit satzungsmäßigem Sitz im Ausland nur diesen

29

Allgemeine Vorschriften §§5/6 Anm.5—7/1,2 im Ausland, dagegen dort gar keinen Betrieb, sondern Betriebe nur im Inland haben, so würde nach § 5 weder die streitigen Gerichte sie anerkennen können, noch könnten die inländischen Betriebe als Zweigniederlassungen gem. § 44 eingetragen werden (vgl. dort).

V. Rechtswirkung des Sitzes Anm. 6: Durch den Sitz wird bestimmt: die Zuständigkeit des Registergerichts (§ 14) und der allgemeine Gerichtsstand (§ 17 ZPO, vgl. hierzu OGH Köln DRZ 49,469 = MDR 49, 615), woneben besonders der Gerichtsstand der gewerblichen Niederlassung (§ 21 ZPO), sofern er nicht mit ersterem zusammenfällt, also für Zweigniederlassungen Bedeutung hat und die Satzung einen Gerichtsstand wählen kann (§ 17 III ZPO). Der Sitz ist nach deutscher Sitztheorie auch entscheidend für die Staatszugehörigkeit (Personalstatut) einer AG und neben der Geschäftsleitung für die Steuerpflicht (§ 1 Körpersdiaftsteuergesetz) im Inland. VI. Sitzverlegung Anm. 7: Über Sitzverlegung siehe § 45. Uber die Frage des Sitzes einer in der Ostzone enteigneten AG, die Vermögen in Westdeutschland oder West-Berlin hatte, vgl. § 45 Anm. 6. § 6

Grundkapital Das Grundkapital und die Aktien müssen auf einen Nennbetrag in Deutscher Mark lauten. I. Übersicht (Anm. 1 u. 2) II. Aktien und Grundkapital 1. Nennbetrag (Anm. 3)

2. Ausnahmen (Anm. 4) 3. Aktienrecht und Aktienurkunde (Anm. 5)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift stimmt mit dem alten § 6 II im wesentlichen überein. Absatz 1 ist nicht mehr aufgenommen worden, da bereits im § 1 II normiert ist, daß die AG ein in Aktien zerlegtes Grundkapital hat. Anm. 2: Der Gesetzgeber hat daran festgehalten, daß es auch im neuen Recht nur Aktien geben kann, die auf einen Nennbetrag in DM lauten. Die Versuche, neben diesen die nennwertlose Aktie oder Stückeaktien einzuführen und den einzelnen Gesellschaften die Wahl zwisdien den beiden Aktienarten zu überlassen, ist gescheitert trotz der sehr eingehenden Arbeit der Professoren Jahr und Stützel, die vollständige Gesetzentwürfe für die Einführung 30

Grundkapital

§6 Anm. 2,3

der Aktienart vorgesehen haben (Aktien ohne Nennbetrag). Die Arbeit hat jedenfalls gezeigt, daß es möglich ist, unter Beibehaltung der für das deutsche Aktienrecht wichtigen Haftungsfunktionen des Grundkapitals eine echte nennwertlose Aktie zu schaffen (siehe auch Coing-Kronstein, Die nennwertlose Aktie als Rechtsproblem). Bei dieser wäre allerdings der falsche Bezug der Aktien auf das Grundkapital beseitigt worden. Damit hätte man nicht nur eine saubere rechtliche Konstruktion schaffen können, es wäre auch das wirtschaftspolitische Ergebnis erreicht worden, die irreführenden Vergleiche hinsichtlich der Höhe der Kurse und der Dividende unmöglich zu machen. Da die nennwertlose Aktie den Vorteil hat, daß sie leichter als die Nennbetragsaktie zerlegt werden kann, ist sie für die Erreichung des weiteren wirtschaftspolitischen Ziels, das der Gesetzgeber sich gesetzt hat, nämlich breite Streuung der Aktien, besonders geeignet. Die Mehrheit in den Ausschüssen hat sich jedoch auf den Standpunkt gestellt, daß ein Nebeneinander beider Aktientypen zu einer Verwirrung des Publikums führen könne. Man wird die Weiterentwicklung nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch im Ausland in dieser Richtung beobachten müssen (KompromißVorschläge de lege ferenda im Interesse der Harmonisierung des EWG-Rechts macht Geßler in DB 66, 215). In der Bundesrepublik ist durch die VO über die Feststellung des Börsenpreises von Wertpapieren vom 17. 4. 1967 (BGBl. 479) die Stückenotierung für Aktien im Nennbetrag von DM 50,— vorgesehen und inzwischen auch eingeführt worden. II. Aktien und Grundkapital 1. Nennbetrag Anm. 3: Die Summe der Nennbeträge aller Aktien in DM ergibt das Grundkapital der AG in DM. Der Nennbetrag bezieht sich sowohl auf die Aktie wie auf das Grundkapital. Letzteres ist jedoch keineswegs gleichzusetzen mit dem wahren Wert des Gesellschaftsvermögens. Dies mag allenfalls im Augenblick der Gründung zutreffen, es sei denn, daß schon Auslagen aufgrund der Satzung gemacht wurden. Der wahre Wert der Gesellschaft ergibt sich aus deren Aktiven nadi Abzug der Passiven. Dabei kann keineswegs von dem Jahresabschluß ausgegangen werden, vielmehr müßten jeweils die Aktiven nach den Tageswerten oder das gesamte Unternehmen nach seinem Wert durch Sachverständige geschätzt werden. Auch der Börsenkurs ist nicht immer mit dem wahren Wert der Aktie gleichzusetzen, da der Kurs unter anderem von Umständen beeinflußt wird, die mit dem Wert in keinem Zusammenhang stehen, wie z. B. Spekulationsgeschäfte oder politische Gründe. Vgl. hinsichtlich der Ermittlung des Wertes einer Aktie Klinger in DB 65, 1709 ff.; Flohr in DB 64, 705). 31

Allgemeine Vorschriften Anm. 3—5 Wertbeständigkeitsklauseln zur Erhaltung des Wertes der Aktie sind aus diesem Grunde undurchführbar. Sie wären darüber hinaus ohne Genehmigung der Bundesbank gemäß § 3 Währungsgesetz nichtig.

§6

2. Ausnahmen Anm. 4: Ausnahmen von dem Grundsatz, daß der Nennbetrag in DM ausgedrückt sein muß, sind nadi § 1 EG möglich. Danach wird unterschieden zwischen Aktiengesellschaften, deren Grundkapital und Aktien bei Inkrafttreten des Aktiengesetzes nicht auf einen Nennbetrag in DM lauteten, und zwischen solchen Aktiengesellschaften, die nach Inkrafttreten des Aktiengesetzes nach Maßgabe des § 2 DMBilErgG vom 28. 12. 1950 (BGBl. 811) ihren Sitz in den Geltungsbereich des Aktiengesetzes verlegen. Zur ersten Gruppe gehören Aktiengesellschaften, die sich in Abwicklung befinden, weil sie ihr Grundkapital nicht nach den Vorschriften des DMBilG in DM neu festgesetzt haben (§ 80 DMBilG vom 21. August 1949, BGBl. 279 und § 56 I DMBilG für das Saarland vom 30. Juni 1959 BGBl. 372). Ferner gehören in diese Gruppe Kreditinstitute in der Form einer Aktiengesellschaft, die keinen Sitz im Rechtssinn in der Bundesrepublik haben und deshalb ihr Grundkapital nicht in DM neu festsetzen können (§ 4 der 42. DVO zum Umstellungsgesetz, §1 des Berliner Altbankenbilanzgesetzes vom 10. 12. 1953 — Gesetz und Verordnungsbl. für Berlin, 1483), die gleichwohl aber eine Geschäftstätigkeit im Bundesgebiet ausüben, weil sie nach der 35. DVO zum Umstellungsgesetz als „Verlagerte Geldinstitute" anerkannt oder als „Berliner Altbanken zum Neugeschäft" zugelassen worden sind. Auch Berliner Altbanken mit Sitz in Berlin sind zur Neufestsetzung ihres Grundkapitals in DM erst verpflichtet, wenn sie zum Neugeschäft zugelassen werden (§§ 11,22 der Berliner Altbankenbilanzgesetze). Zur zweiten Gruppe gehören Aktiengesellschaften mit Sitz außerhalb des Bundesgebietes, die mit einem Grundkapital in Reichsmark gegründet worden sind und künftig noch nach Maßgabe des § 2 DMBilErgG vom 28. 12. 1950 ihren Sitz in die Bundesrepublik verlegen. In diesem Fall haben sie ihr Grundkapital nach § 2 III DMBilErgG innerhalb der durch das Gericht zu bestimmenden Frist in DM neu festzusetzen. 3. Aktienrecht und Aktienurkunde Anm. 5: Aktienrecht und Aktienurkunde sind nicht das gleiche. Leider unterscheidet das Gesetz beide nicht. Das Aktienrecht kann auch ohne Aktienurkunde bestehen, wenn letztere von keiner Seite verlangt wird. Jeder Aktionär hat allerdings ein Recht auf eine Aktienurkunde. Das Gesetz geht in den §§ 10, 13, 64 III und IV, §§ 68, 72, 226 von der Urkunde aus, muß diese also auch gewollt haben. Tatsächlich entspricht die Ausgabe von Aktienurkunden auch der Regel. Trotzdem ist die Urkunde nicht so wesentlich, daß es unzu32

Grundkapital

§6

Anm. 5

lässig wäre, von der Ausgabe von Urkunden abzusehen, solange kein Aktionär eine Urkunde verlangt. Daß der Anspruch des Aktionärs auf eine Urkunde durch die Satzung nicht ausgesdilossen werden kann, wird von der herrschenden Ansidit angenommen. Der Ansprudi auf Ausstellung der Urkunde ist nach § 888 ZPO zu vollstrecken. Hat die AG die Urkunde ausgestellt und verweigert sie die Aushändigung, so ist diese durch Wegnahme nach §§ 883, 897 ZPO und die weiter erforderliche Übereignungserklärung nadi § 894 ZPO zu vollstrecken. Die Ausstellung einer Gesamturkunde für mehrere Einzelurkunden kann der Aktionär nicht verlangen, umgekehrt aber den Umtausch einer Gesamturkunde in Einzelurkunden. Sind Urkunden ausgegeben, so sind diese Träger und Verkörperung der Aktienrechte, Wertpapiere (vgl. Anm. 1 zu § 10) in dem Sinne, daß zur Übertragung und Verpfändung des Rechtes, das durch die Urkunde verkörpert wird, die Übergabe, zur Pfändung die Wegnahme des Papiers notwendig ist. Dies gilt von der Inhaberaktie wie von der Namensaktie (JW 32, 2599). Erstere wird durch Übergabe der Aktie, letztere durch Abtretungsvertrag oder Indossament (§ 68) in Verbindung mit der Übergabe der Urkunde übertragen, wenn eine solche vorhanden ist. Unbeurkundete Aktienrechte werden durch Abtretungsvertrag übertragen, der keiner besonderen Form bedarf. Freie Übertragbarkeit wird nach § 65 vorausgesetzt. Auf Inhaberaktien ist § 935 BGB über den Schutz des gutgläubigen Erwerbs selbst gestohlener und verloren gegangener Papiere anzuwenden (vgl. aber § 367 HGB, wo praktisch die Umlauffähigkeit gestohlener Aktien zugunsten des Eigentümers aufgehoben wird). Der durdi eine zusammenhängende, bis auf ihn führende Reihe von Indossamenten ausgewiesene gutgläubige Erwerber einer Namensaktie ist nadi Art. 16 II WG geschützt. Es findet also ein Wechsel der Gesellschafter durch Wanderung der Aktie von Hand zu Hand statt. Mitglied ist, wer eine Aktie erworben hat. Durch Erwerb und Veräußerung der Aktie wird ohne Vertrag mit der Gesellschaft die Mitgliedschaft erworben und verloren. Trotz dieser Bedeutung der Aktienurkunde bei der Übertragung des Aktienrechtes geht letzteres mit der Zerstörung der Urkunde nicht etwa unter. Es darf darum aus der Verkörperung des Rechtes durch die Urkunde auch nicht etwa gefolgert werden, daß in vollem Umfange diese auch topographisch bestimmt würde (so Petersen, Godesberger Juristentagung 1947). Dies ist z. B. für eine Beschlagnahme in der Zone von Bedeutung. Diese ist durch die Grenzen der Gebietshoheit begrenzt. Freilich reicht sie bis zu dieser und ist dieses schwer zu begründen. Man darf vielleicht sagen, daß die Mitgliedsrechte, wenn schon nicht da, wo das Mitglied ist, sich dort befinden, wo immer Vermögen ist, auf das sie sich beziehen, herrschaftsrechtlich da, wo Herrschaftsrechte auszuüben sind, am Sitze der Gesellschaft.

33

§7

Anm. 1—4

Allgemeine Vorschriften

§ 7 Mindestnennbetrag des Grundkapitals Der Mindestnennbetrag des Grundkapitals ist einhunderttausend Deutsche Mark. Anm. 1: Das neue Gesetz hält an dem seit dem DMBilGes. geltenden Mindestnennbetrag des Grundkapitals von 100 000,— DM fest. Während bisher der Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister Ausnahmen zulassen konnte, ist das jetzt nicht mehr der Fall. Anm. 2: Bei der Bestimmung des Grundkapitals bei der Gründung darf ein zu diesem Zeitpunkt schon vorgesehenes genehmigtes Kapital (§ 202) nicht mitgezählt werden. Ein Verstoß gegen § 7 macht die Gesellschaft und Satzung nichtig. Im Falle einer Kapitalherabsetzung, die ein Absinken des Grundkapitals auf weniger als 100 000,— DM zur Folge haben würde, ist der entsprechende Hauptversammlungsbeschluß nichtig, es sei denn, der Mindestnennbetrag wird durch eine gleichzeitig beschlossene Kapitalerhöhung wieder erreicht (§ 228). Eine Gesellschaft mit geringerem Grundkapital kann nicht eingetragen werden und daher nicht entstehen. Versehentlidi eingetragen wäre sie unheilbar nichtig mit der Folge des § 275 und des § 144 FGG. Anm. 3: Da nach dem Aktiengesetz von 1937 das Mindestgrundkapital 500 000,— Reidismark betrug und durch die Bestimmungen des DMBilGes. das Grundkapital auf Deutsche Mark im Verhältnis 1 : 1 0 umgestellt wurde, bestehen nodi Gesellschaften mit einem Grundkapital von weniger als 100 000,— DM bis herab zu 50000,— DM. Für diese gilt § 2 EG, wonach das für sie durch das DMBilGes. neu festgesetzte Grundkapital als Mindestgrundkapital im Sinne des § 7 gilt. Ändern solche Gesellschaften ihre Verhältnisse wesentlich, insbesondere durch Änderung des Gegenstandes des Unternehmens oder ihrer Verfassung, so können derartige Veränderungen nur dann in das Handelsregister eingetragen werden, wenn das Grundkapital spätestens gleichzeitig mit der Änderung auf einhunderttausend Deutsche Mark erhöht wird. Ist durch eine Kapitalerhöhung das Grundkapital von einhunderttausend Deutsche Mark erreicht, so ist das das Mindestgrundkapital der Gesellsdiaft, und sie kann nicht mehr durch Kapitalherabsetzung auf das ihr durch das DMBilGes. im § 2 EG zugebilligte geringere Grundkapital herabgehen. Anm. 4: Nidit geregelt ist der Mindestnennbetrag des Grundkapitals der Gesellschaften, deren Grundkapital auf Grund ministerieller Genehmigung 34

Mindestnennbetrag der Aktien

§§7/8 Anm. 4/1

geringer als einhunderttausend Deutsche Mark ist. Die Nichterwähnung dieser Fälle könnte den Schluß zulassen, daß diese Gesellsdiaften ihr Grundkapital den Vorschriften des § 7 anpassen oder als AG gelöscht werden müßten. Wäre dies der Wille des Gesetzgebers gewesen, so hätte er diesen Gesellschaften eine Frist zur Durchführung der erforderlichen Kapitalerhöhung gesetzt. Da er dies nidit getan hat und die Festsetzung des neuen Grundkapitals durch das DMBilGes. eine Art der Ausnahmegenehmigung darstellt — und zwar eine generelle anstatt einer Einzelgenehmigung — kann davon ausgegangen werden, daß § 2 EG auch für die Gesellschaft angewandt werden kann, deren Grundkapital auf Grund ministerieller Genehmigung unter 100 000,— DM liegt.

§ 8 Mindestnennbetrag der Aktien (1) Der Mindestnennbetrag der Aktien ist fünfzig Deutsche Mark. Aktien über einen geringeren Nennbetrag sind nichtig. Für den Schaden aus der Ausgabe sind die Ausgeber den Inhabern als Gesamtschuldner verantwortlich. (2) Höhere Aktiennennbeträge müssen auf volle hundert Deutsche Mark lauten. (3) Die Aktien sind unteilbar. (4) Diese Vorschriften gelten auch für Anteilscheine, die den Aktionären vor der Ausgabe der Aktien erteilt werden (Zwischenscheine). I. Nennbetrag der Aktie 1. Mindestnennbetrag (Anm. 1) 2. Über den Mindestnennbetrag hinausgehende Nennbeträge (Anm. 2) 3. Obergangsbestimmungen (Anm. 3)

II. Verstoß gegen § 8 1. Arten (Anm. 4) 2. Folgen (Anm. 5 u. 6) III. Unteilbarkeit der Aktie (Anm. 7—9) IV. Zwischenscheine (Anm. 10)

I. Nennbetrag der Aktie 1. Mindestnennbetrag Anm. 1: Gegenüber dem geltenden Recht ist der Mindestnennbetrag der Aktie von bisher 100,— DM auf 50,— DM herabgesetzt worden. Es ist dies eine der Maßnahmen, die eine breite Streuung der Aktien ermöglichen soll, insbesondere auch in weniger kapitalkräftigen Kreisen. Vom Unternehmen her gesehen wird damit die Möglichkeit geschaffen, Personenkreise anzusprechen, die sonst nicht erreicht werden können. Vom einzelnen Kapitalanleger her betrachtet ist ihm die Möglichkeit gegeben, das in jedem Aktien35

§8

Anm. 1—3

Allgemeine Vorschriften

kauf steckende Risiko dadurch zu verringern, daß er die zur Verfügung stehenden Mittel auf Aktien verschiedener Gesellschaften verteilt. Ferner sollte durch Aktien zum Nennbetrag von DM 50,— ein gewisser Ersatz für die Niditeinführung der nennwertlosen Aktie geschaffen werden, in der Erwartung, daß sich dadurch ein Handel in Stücken entwickelt. Diese Erwartung hat sich inzwischen erfüllt (s. § 6 Anm. 2). 2. Über den Mindestnennbetrag hinausgehende Nennbeträge Anm. 2: Das Gesetz bestimmt lediglich die untere Grenze des Nennbetrages. Nach oben ist eine Grenze nicht gezogen. Nach Abs. 2 müssen über den Mindestnennbetrag hinausgehende Nennbeträge durch 100 teilbar sein. Nennbeträge über 60,—, 80,— oder 150,— DM sind daher unzulässig. 3. Übergangsbestimmungen Anm. 3: Nach § 44 DMBilGes. waren Ausnahmen von § 8 möglich, indem Nennbeträge von 20,—, 50,— und ein Vielfaches hiervon zugelassen wurden — also auch von 40,—, 60,—, 150,— DM —. Nach § 3 III 1 EG bleiben diese Aktien, deren Nennbetrag mit § 8 nicht übereinstimmt, weiter in Kraft. § 3 III 2 EG läßt die Möglichkeit zu, eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln durch Erhöhung des Nennbetrages dieser Aktien durchzuführen. Eine derartige Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ist im Gesetz (§ 215 II) nur bei teileingezahlten Aktien vorgesehen. Bei einer solchen Kapitalerhöhung können Aktien auf jeden durch 10 teilbaren Nennbetrag gestellt werden; der Nennbetrag darf jedoch — es sei denn, es handelt sich um teileingezahlte Aktien (§ 3 IV 3 EG) — nicht über den nächsten durch 100 teilbaren Betrag oder bei unter 50,— DM liegenden Nennbeträgen nicht über 50,— DM hinaus erhöht werden. § 3 II EG läßt darüber hinaus die Möglichkeit zu, daß nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Aktien mit einem dem § 6 des Gesetzes über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln entsprechenden Nennbetrag ausgegeben werden können. Voraussetzung hierfür ist, daß der Beschluß über eine solche Kapitalerhöhung vor Inkrafttreten des Gesetzes in das Handelsregister eingetragen worden ist. § 3 V EG bestimmt, daß bei Aktiengesellschaften, die Aktien mit Nennbeträgen unter 50,— DM ausgegeben haben, der Nennbetrag dieser Aktien als ihr Mindestnennbetrag im Sinne der Vorschriften über die Kapitalherabsetzung gilt. § 4 EG gibt es den Gesellschaften an die Hand, Aktien, deren Nennbetrag den Erfordernissen des § 8 nicht entsprechen, mit Zustimmung der Aktionäre zu vereinigen. Die Vorschriften über die Kraftloserklärung von Aktien (§§ 73, 226) finden hierbei keine Anwendung. 36

Mindestnennbetrag der Aktien

§8

Anm. 3,4

Über den Zeitpunkt der Satzungsänderung und der Ausgabe der Aktienurkunden siehe § 4 II und III EG. Dem allgemeinen Grundsatz, daß zu Recht ausgegebene Aktien nicht dadurch ungültig werden, daß sie dem neuen Mindestnennbetrag nicht angepaßt sind, steht der Grundsatz des § 3 I EG gegenüber, daß künftig Aktien nur nodi unter Berücksichtigung des Mindestnennbetrages nach § 8 ausgegeben werden dürfen. II. Verstoß gegen § 8 1. Arten Anm. 4: Ein Verstoß gegen die Vorschriften über den Mindestnennbetrag kann in dreifacher Weise vorliegen: a) die Übernahmeerklärung entspricht nicht § 8 I; dann kann das Aktienrecht nicht entstehen, b) in der Satzung sind Aktien vorgesehen, die unter dem Mindestnennbetrag liegen; dann ist die Eintragung unzulässig. Im Falle der Eintragung entsteht jedoch nidit eine unheilbar nichtige AG, da in § 275 neuer Fassung dieser Verstoß nicht mehr als Niditigkeitsgrund aufgeführt wird, vielmehr der Gesellschaft nur die Auflösung nach § 144 a FGG in Verbindung mit §23 Abs. 3 und 4 droht. Der Fall ist daher ebenso zu behandeln wie unten unter c (ebenso Meyer-Landrut Anm. 5). Ebenso wäre ein Satzungsänderungs-, z. B. Kapitalerhöhungs- oder Kapitalherabsetzungsbeschluß nichtig und würde nicht eingetragen werden, durch den ein zu geringer Nennbetrag für die neuen Aktien festgesetzt würde. Ein gewisser Unterschied besteht insofern, als bei Festsetzung eines zu geringen Nennbetrages in der ursprünglichen Satzung nach § 277 III die Einlageforderungen in gewissem Umfange entstehen, wenn die AG unzulässigerweise eingetragen wird, während die Eintragung eines wegen des Verstoßes nichtigen Satzungsänderungsbeschlusses unmittelbare Folgen überhaupt nicht hat, also nidit etwa die Nichtigkeit des Beschlusses unmittelbar heilt, wohl aber nach drei Jahren, wenn sie bis dahin nicht geltend gemacht wurde (§ 242 II), vorbehaltlich der Löschung von Amts wegen. Ein nichtiger Kapitalherabsetzungsbeschluß läßt die Rechte unberührt. Audi hier gilt bei Eintragung das gleiche. c) Schließlich kann die Satzung den Bestimmungen des § 8 I entsprechen, die Aktienurkunde jedoch auf einen geringeren Nennbetrag lauten. In diesem Fall ist zwar das Aktienrecht entstanden, die Aktienurkunde ist jedoch nichtig und stellt keine Verkörperung des Aktienrechts dar. Sie ist besonders bei Inhaberaktien ungeeignet, ihre auf die Übertragbarkeit des Rechtes durch die Übergabe der Urkunde und auf den Ausweis des Berechtigten abzielende Bestimmung zu erfüllen. Sie vermittelt demnach nidit den Übergang des 37

§8

Anm. 4—7

Allgemeine Vorschriften

Rechtes, gewährt keinen Anspruch auf den Anteil am Bilanzgewinn oder am Abwicklungserlös und weist den Aktionär nicht als stimm- und teilnahmeberechtigt in der Hauptversammlung aus. Die Gesellschaft bleibt verpflichtet, dem Inhaber des Rechtes eine ordnungsmäßige Urkunde auszustellen. Bis dahin ist das Recht unbeurkundet. Ein Verstoß gegen § 8 II hat die Nichtigkeit nicht zur Folge, da die Nichtigkeitsfolge lediglich hinsichtlich des Verstoßes gegen die Bestimmungen des Mindestnennbetrages festgelegt worden ist (so auch B.-H. Rn. 4). Der Beschluß, durch den eine dem § 8 II nicht entsprechende Aktie geschaffen worden ist, ist jedoch anfechtbar. 2. Folgen Anm. 5: Das Kauf- oder andere Veräußerungsgeschäft ist gültig. Der Veräußerer haftet für Beschaffung des Rechts nach den §§ 437 ff. BGB mittels Übergabe einer rechtsgültigen Urkunde, die er sich von der AG beschaffen kann. Anm. 6: Die Ausgeber der Urkunde handeln ordnungswidrig (§ 405 I Nr. 3) und sind dem Inhaber der Urkunde schadenersatzpflichtig auch ohne Verschulden (h. A., a. M. Schl.-Qu. Anm. 12). Der ursprüngliche Zeichner bei der Gründung hat meist keinen Schaden, da ihm der Anspruch auf Lieferung einer ordnungsgemäßen Urkunde zusteht. Er kann nur wegen verzögerter Ausgabe geschädigt sein. Für den Umfang des Schadenersatzes gelten die §§ 249 ff. BGB, also auch § 252 BGB hinsichtlich des entgangenen Gewinns (Kölner Komm. Anm. 20) und § 254 bezüglich des Mitverschuldens (MeyerLandrut in Großkomm. Anm. 6). Für die Verjährung gilt § 852 BGB. Um derart wichtige Urkunden aus dem Verkehr zu ziehen, wird man § 73 entsprechend anwenden können. Ausgeber der Aktienurkunden ist nicht die Gesellschaft, sondern die für sie handelnden Personen, also die Mitglieder des Vorstandes, des Aufsichtsrats oder Abwickler. Wer die Aktienurkunde unterzeichnet hat, ist nicht deshalb Ausgeber. Unter Ausgeben ist jedes absichtliche In-den-Verkehr-Bringen, die Ausreichung der Urkunde, nicht nur an den Zeichner, sondern an irgend jemand zu verstehen, womit sich der Ausgeber der ausschließlichen eigenen Verfügungsmacht begibt, auch die Verpfändung. Unter Inhabern der Aktie versteht das Gesetz den Inhaber im Sinne des § 793 BGB. Das Gesetz hat die irreführende Bezeichnung „Besitzer" fallengelassen, da hierunter immer schon der Inhaber im Sinne des § 793 BGB und nicht der Besitzer im Sinne des § 854 BGB zu verstehen war. m . Unteilbarkeit der Aktie Anm. 7: Uber die Tragweite des Grundsatzes der Unteilbarkeit der Aktie herrscht nicht volle Klarheit. Unzweifelhaft unstatthaft ist die Teilung der 38

Mindestnennbetrag der Aktien

§8

Anm.7—9 Aktie durch den Aktionär. Er kann sie nicht nur ziffernmäßig nidit teilen, sondern auch inhaltlich nichts davon abspalten. So ist der Anspruch auf den Anteil am Abwicklungsreinvermögen — auf das Auseinandersetzungsguthaben anders als nach § 135 HGB bei der oHG — nicht für sich allein abtretbar oder verpfändbar (was von Bedeutung ist, wenn die Übertragbarkeit der Aktie von der Zustimmung der AG abhängt), noch pfändbar (RG 132, 159; a. A. Teichmann-Köhler Anm. 2 c). Der Aktionär kann ferner zwar die Aktie mit einem Nießbrauch belasten, wobei das gesamte Redit belastet wird, aber er kann nicht das Gewinnstammrecht von der Aktie trennen und gesondert abtreten. Ebenso unzweifelhaft statthaft kann der Aktionär den Anspruch auf die beschlossene Dividende, auch die künftigen Ansprüche auf etwa künftig beschlossene Dividenden, selbständig veräußern, besonders, wenn darüber Dividendensdieine ausgegeben sind, denn es ist anerkannt, daß durch den Gewinnverwendungsbeschluß rechtlich selbständige Forderungsrechte begründet werden, die zwar für den Aktionär als solchen entstehen, dann aber eigener Schicksale fähig sind. Anm. 8: Der Grundsatz der Unteilbarkeit richtet sich aber nur gegen den Aktionär, nicht gegen die Gesellschaft. Diese kann im Wege der Satzungsänderung die Stückelung der Aktien ändern. Sie könnte also z. B. in Anpassung an den neuen Mindestnennbetrag je Aktie für 100,— DM zwei Aktien für 50,— DM setzen. Damit würde keine materielle Änderung der durch die Aktie verkörperten Mitgliedschaft entstehen. Dasselbe geschieht letztlich auch dann, wenn eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erfolgt, und zwar entstehen hier neue Aktienrechte; diese fließen aber aus den bestehenden Aktienrechten zwangsläufig, so daß auch hier eine Teilung des bisherigen Aktienrechts stattfindet. Eine Zustimmung der betroffenen Aktionäre ist zu einer derartigen Teilung der Aktie aus diesen Gründen nicht erforderlich (a. A. nur Baiser, S. 104). In der Schaffung von Genußrechten liegt nicht die Teilung des Aktienrechts. Nicht jede Beeinträchtigung des materiellen Inhalts der Aktien ist eine Teilung, sonst müßte man jede Kapitalerhöhung als eine solche Teilung ansehen. Anm. 9: Die Unteilbarkeit der Aktien schließt nicht eine Rechtsgemeinschaft an der Aktie aus (zum Teil a. A. Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 12). Die Möglichkeit einer solchen ist in § 69 anerkannt. Möglich ist die Gemeinschaft zur gesamten Hand (Gesellschaft, Erbengemeinschaft, Gesamtgut), wie auch Miteigentum nach Bruchteilen (§ 741 BGB), wobei es sich um eine Gemeinschaft nach Bruchteilen an einem unteilbaren Gegenstand handelt (§ 753 BGB). Es entstehen dadurch nicht mehrere Teilmitgliedschaften. Ebenso schließt die Vorsdirift nicht aus, daß die Aktie Gegenstand einer rein forderungsrechtlichen Teilungsvereinbarung sein kann, insbesondere Gegenstand 39

§§ 8/9 Anm. 9,10/1

Allgemeine Vorschriften

einer Unterbeteiligung. Es besteht dann eine Gesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen mit rein forderungsrechtlichen Vereinbarungen, welche die nur im Eigentum eines einzigen Gesellschafters stehende, aber für Rechnung aller Gesellschafter gekaufte, verwaltete, zu verwertende Aktie, insbesondere Art und Zeitpunkt der Verwertung und Teilung des Gewinnes, betreifen. Handelt es sich um ein Aktienpaket, so wird freilich regelmäßig dieses unter die Gesellschafter anteilig aufgeteilt und tritt nur nadi außen, insbesondere gegenüber der Gesellschaft und bei Verwertung einer der Gesellschafter für Rechnung aller als Eigentümer der Aktien auf. IV. Zwischenscheine Anm. 10: Zwischenscheine (früher Interimscheine genannt) sind vorläufige Urkunden, welche als vorläufiger Ersatz für die endgültige Aktienurkunde ausgegeben werden. Sie müssen nach § 10 III und IV auf Namen lauten. Sie werden meist gerade dann ausgegeben, wenn die Ausgabe von Inhaberaktien beabsichtigt und vorgesehen ist, aber noch nicht erfolgen kann, weil die Vollzahlung noch nicht geleistet ist (§ 10 II). Es ist für solchen Fall nicht vorgeschrieben, daß sie die Teilleistung angeben müssen. Sie sind zu unterscheiden von bloßen Quittungen über Teilzahlungen, sie stellen vielmehr richtige Verkörperungen des Aktienrechts dar, genau wie die Aktienurkunde, so daß also die für diese geltenden Vorschriften und Grundsätze auch für sie gelten. Der Aktionär braucht sich mit einem Zwischenschein nicht zu begnügen, weil er einen Anspruch auf eine Urkunde hat, den ihm auch die Satzung nicht nehmen kann. § 9 Ausgabebetrag der Aktien (1) Für einen geringeren Betrag als den Nennbetrag dürfen Aktien nicht ausgegeben werden. (2) Für einen höheren Betrag ist die Ausgabe zulässig. Anm. 1: Die unveränderte Vorschrift enthält das Verbot der sogenannten Unternennwertausgabe. Damit richtet sie sich gegen die Leeraktie, der kein Aktivwert in Höhe ihres Nennbetrages gegenübersteht. Es ist daher unzulässig, den Nennwert des Grundkapitals höher als die Summe der geleisteten Einlagen festzusetzen und demgemäß Aktien zu gewähren und auszugeben, deren Nennbetrag die für sie geleistete Einlage übersteigt. Das schließt nicht aus, daß die Gesellschaft ihrerseits bereits im Gründungsstadium über die Einlagen verfügt, indem sie den Gründungsaufwand trägt, wozu auch die Kosten der Beurkundung der Satzung, der Eintragung und der Kapitalverkehrssteuer gehören (s. § 26). 40

Ausgabebetrag der Aktien

§9

Anm. 1—3

Die Gefahr, daß die Vorschrift umgangen wird, besteht hauptsächlich bei Sadieinlagen. Über die Verhütung der Umgehung s. Anm. 7 zu § 2, § 1 Anm. 1 über Aktien aus Kapitalerhöhung aus Gesellsdiaftsmitteln. Die Ausgabe von Aktien unter pari ist verboten. Das Verbot gilt auch bei Kapitalerhöhungen. Unter Ausgabe ist nur die erste Hingabe von Aktien zu verstehen. Der Verkauf bereits früher ausgegebener Aktien, die sich im Besitz der Gesellschaft befinden, fällt nicht unter § 9. Ein strafrechtlicher Schutz der Vorschrift befindet sich in § 405 I Nr. 1—3. Anm. 2: § 9 äußert sich nicht über die Herkunft der für die Aktien verlangten Deckung. Diese kann mithin aus Gesellschaftsmitteln erfolgen. Darum steht die Vorschrift auch einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff.) nicht entgegen. Das Grundkapital wird durch die Auflösung von Rücklagen erhöht. Die so aufgelösten und dem Grundkapital zugeführten Reserven müssen mindestens den Betrag des Nennwertes der neu geschaffenen Aktie erreichen. Andernfalls ist der Kapitalerhöhungsbesdiluß nichtig (s. Anm. 3). Anm. 3: Ein Verstoß macht die Satzung, weldie Ausgabe unter dem Nennwert vorsieht, nichtig. Die Gesellschaft kann auch dann nicht eingetragen werden, wenn die vereinbarten Einlagen voll geleistet worden sind. Erfolgt die Eintragung dennoch, so entsteht die Gesellschaft trotz des Verstoßes, da § 275 die Nichtigkeit der Bestimmung über den Ausgabebetrag nicht als Grund für die Nichtigkeit der Gesellschaft aufführt. Analog zu § 27 II bleibt der Aktionär verpflichtet, den Unterschiedsbetrag einzuzahlen. Gleiches gilt für den Fall, daß zwar der Nennbetrag richtig festgesetzt, diese Festsetzung jedoch aufgrund einer Abrede nicht eingehalten wird; denn § 9 betrifft einmal die Festsetzung, die den Nennbetrag des Grundkapitals darstellen muß und zum anderen die Ausgabe und die damit verbundene Einlage der Aktionäre. Nur so wird der Zweck erreicht, die Aufbringung des Grundkapitals zu sichern, was im Interesse der Öffentlichkeit Ziel des Gesetzgebers ist. Sondervereinbarungen, wonach dem Aktionär in irgendeiner Form Rückvergütungen oder Rabatte gewährt werden sollen, sind nach §§ 66, 57 mit den Folgen aus den §§ 62, 93 nichtig. Als einen Sonderfall der Unternennwertausgabe kann man die Überbewertung von Sacheinlagen ansehen, wenn der objektive Wert der Sacheinlage den Nennbetrag der dafür hingegebenen Aktien nicht deckt. Für ihn gilt § 46 II. Es haftet daneben der Einleger aufgrund einer Wertdeckungszusage auf Zahlung bis zur Parideckung, siehe Anm. 15 zu § 27 (vgl. auch M.-L. in Großkomm. Anm. 5; B.-H. Rn. 2 u. Klette in BB 68, 1101). Deckt der Wert der Sacheinlage den über Nennwert liegenden Ausgabebetrag, nur das Auf41

§9 Anm. 3—i

Allgemeine Vorschriften

geld nidit, so kann von einer Unternennwertausgabe nicht gesprochen werden. Ein Fall des § 46 II kann aber auch dieser Fall sein. Die Beachtung des Verbots hat das Registergericht nach § 38 zu prüfen. Soweit es sich um Sacheinlagen bei der Gründung handelt, hat sich darauf die Gründungsprüfung nach § 33 II zu erstrecken (vgl. auch B G H 29, 300). Eine Bestrafung der Unterpariausgabe ergibt sich aus § 399 I N r . 1 und evtl. nach § 266 StGB. Anm. 4: Übernennwertausgabe ist sowohl bei der Gründung als auch bei der Kapitalerhöhung statthaft. Das sogenannte Agio (Aufgeld), das ist der über den Nennbetrag hinausgehende Teil der Einlage, ist in der Urkunde über die Feststellung der Satzung (§ 23 II) festzusetzen. Bei der Kapitalerhöhung, wenn neue Aktien für einen höheren Betrag als den Nennbetrag ausgegeben werden, ist der Mindestbetrag, unter dem sie nicht ausgegeben werden sollen, im Kapitalerhöhungsbeschluß festzusetzen (§ 182 III). Das Aufgeld braucht nicht f ü r alle Aktien, auch nicht derselben Emission, gleich hoch zu sein. Ohne Festsetzung des Aufgeldes in der Urkunde über die Feststellung der Satzung bzw. im Beschluß über die Kapitalerhöhung ist der Aktienübernehmer nicht verpflichtet, ein Aufgeld zu entrichten, auch dann nicht, wenn es in der Übernahmeerklärung angegeben wird; ebensowenig, wenn letztere Angabe fehlt. Endlich muß das Aufgeld vor der Anmeldung der Gesellschaft oder der Durchführung der Kapitalerhöhung zur Eintragung (§ 36 II, § 188 II) eingezahlt sein und sich in der freien Verfügung des Vorstandes befinden (§§ 36 und 188 II). Dies ist bei der Anmeldung zu erklären und nachzuweisen. Übernennwertausgabe bei Sacheinlagen siehe § 10 Anm. 2. Eine nachträgliche Änderung des Aufgeldes ist bei der Gründung bis zur Eintragung der A G möglich. Hierzu ist Einigung der daran beteiligten Personen und öffentliche Beurkundung erforderlich (§ 23). Von einer Erhöhung kann aber ohne seine Zustimmung derjenige nicht mehr betroffen werden, dem Aktien schon zugeteilt waren. Bei der Kapitalerhöhung ist eine Herabsetzung des Aufgeldes nicht in der Weise möglich, daß sie bereits ausgeübten Zeichnungen zustatten kommt, denn hierin liegt ein Erlaß der Einlageverpflichtung (§ 66), wenn der Kapitalerhöhungsbeschluß schon eingetragen ist. Außerdem muß sie f ü r die bezugsberechtigten Aktionäre, weil diese Anspruch auf Gleichbehandlung haben, gleichmäßig, im übrigen kann sie auch ungleichmäßig sein. Sie ist Sache des Vorstandes, wenn im Erhöhungsbeschluß kein fester, sondern ein Mindestausgabebetrag vorgesehen ist. Andernfalls und f ü r den Fall, daß der Vorstand unter ersteren bzw. letzteren heruntergehen will, bedarf es eines neuen Hauptversammlungsbeschlusses, f ü r den dieselbe Mehrheit wie f ü r den Kapitalerhöhungsbeschluß zu fordern ist — ungeachtet dessen, daß ein solcher bis zur Eintragung der durchgeführten Kapitalerhöhung mit einfacher Mehrheit aufgehoben werden kann —, weil es andernfalls der einfachen Mehrheit 42

Aktien und Zwischenscheine

§§9/10

Anm. 4/1

mit Hilfe eines willfährigen Vorstandes möglich -wäre, sich einen günstigeren Kurs für junge Aktien festzusetzen, als die qualifizierte Mehrheit zulassen •wollte, überdies solchenfalls -wohl auch über den Ausschluß des gesetzlichen Bezugsrechtes der Aktionäre neu beschlossen werden müßte. Eine (Teil-) Rückzahlung des bereits entrichteten Aufgeldes ist nach Eintragung der AG nicht nur gemäß §§ 66, 222,226, sondern nach § 150 gänzlich ausgeschlossen. § 10 Aktien und Zwischenscheine (1) Die Aktien können auf den Inhaber oder auf Namen lauten. (2) Sie müssen auf Namen lauten, wenn sie vor der vollen Leistung des Nennbetrags oder des höheren Ausgabebetrags ausgegeben werden. Der Betrag der Teilleistungen ist in der Aktie anzugeben. (3) Zwischenscheine müssen auf Namen lauten. (4) Zwisdienscheine auf den Inhaber sind nichtig. Für den Schaden aus der Ausgabe sind die Ausgeber den Inhabern als Gesamtschuldner verantwortlich. Anm. 1: Die Bestimmung der Aktienurkunde ist, das Recht zu verbriefen. Dieses entsteht durch die Eintragung (§ 41). Folgerichtig können vor der Eintragung der Aktiengesellschaft Urkunden nicht ausgegeben werden; sie sind nichtig, wenn diesem Verbot zuwider gehandelt wird (§ 41 IV). Für den Schaden sind die Ausgeber (s. Anm. 6 zu § 8) den Inhabern als Gesamtschuldner haftbar. Außerdem werden die dem Verbot zuwiderhandelnden Vorstandsmitglieder bestraft (§ 405 I Nr. 1—3). Dasselbe gilt entsprechend im Fall der Kapitalerhöhung. Das Recht entsteht durch die Eintragung, also unabhängig von der Ausgabe der Urkunde. Es ist zwar die Gesellschaft den Aktionären zur Ausgabe von Aktienurkunden verpflichtet (s. Anm. 5 zu § 6), die Urkunde aber demnach nicht wesentlich für das Recht (vgl. Hans, OLG Hamburg in die AktGes 1970, 230). Der Aktionär erwirbt es unabhängig von der Aushändigung einer Urkunde durch die Eintragung der Gesellschaft. Die Urkunde hat sonach keinen rechtsbegründenden Charakter. Nach ihrer Ausgabe aber stellt sie die Verkörperung des Rechts dar, das durch sie versachlicht wird. Die Vereinigung des Rechts mit der Urkunde und seine Verkörperung in dieser geht vor sich, sobald und indem die Gesellschaft die Urkunde an den in diesem Zeitpunkt legitimierten Aktionär begibt. Dazu ist Übergabe- und Übereignungsvertrag erforderlich; § 952 BGB ist in diesem Stadium nicht anwendbar. Gibt die Gesellschaft die Urkunde an einen Falschen, oder wird ihr die Urkunde gestohlen, so geht die Vereinigung des Rechtes mit der Urkunde nicht vor sich. Das Recht verbleibt vielmehr unbeurkundet dem bisherigen Aktionär. Gutgläubiger Erwerb des unbeurkun43

§10 Anm. 1,2

Allgemeine Vorschriften

deten Rechtes ist nach den Regeln über die Abtretung von Rechten ebenso ausgeschlossen, wie gutgläubiger Erwerb des Eigentums an dem abhanden gekommenen Papier, für das § 935 II BGB nicht gilt, weil er sich nur auf begebene Wertpapiere bezieht und deren Umlauffähigkeit gewährleisten soll, wie endlich des Rechts durch gutgläubigen Erwerb des Papiers (s. Anm. 5 über Unanwendbarkeit des § 794 BGB). Nur wenn die abhanden gekommene Urkunde in den Besitz des Aktionärs kommen sollte, wird ausnahmsweise anzuerkennen sein, daß Recht und Urkunde sich auch dann vereinigen. Über die Form und den sonstigen Inhalt der Aktienurkunde vergleiche § 13. Anm. 2: Inhaberaktien und Namensaktien und unbeurkundete Aktien bedeuten verschiedene Aktienarten, aber keine verschiedenen Aktiengattungen im Sinne des Gesetzes, weil sie keine inhaltlich verschiedenen Gesellschaftsrechte darstellen. Der Unterschied hat mit dem Aktienrecht als Beteiligung und Mitherrschaftsrecht überhaupt nichts zu tun, sondern besteht nur in der Urkunde, ihrer Eignung, ihren Besitzer als solchen auch als Aktionär auszuweisen und — damit zusammenhängend — in der Übertragung des Rechtes (vergl. § 6 Anm. 5). Das Gesetz schreibt, umgekehrt wie bisher, Inhaberaktien vor, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt (§ 24). Die Satzung kann die Bestimmung auch dem Vorstand überlassen, sie steht ihm im Fall des § 204 sogar gesetzlich gemäß eigener Entschließung zu, wenn die Ermächtigung zur Kapitalerhöhung nichts anderes vorsieht, und zwar auch, wenn die Satzung eine Bestimmung gemäß Abs. I enthält. In der Satzung kann auch eine Umwandlungsmöglichkeit vorgesehen werden (§ 24 II), auch, daß bestimmte Aktien oder Aktienreihen oder Gattungen als Namens- oder als Inhaberaktien ausgegeben werden sollen. Die Satzung kann dagegen nach herrschender Ansicht nicht bestimmen, daß keine Urkunde ausgegeben werden soll. Bei Sacheinlagen hat man bisher unterschieden, ob der den Nominalbetrag der Aktie übersteigende Sachwert im Gesellschaftsvertrag festgestellt wird oder ob dies nicht geschieht. Im ersteren Fall, der auch heute durchaus noch möglich ist, liegt echte Überpariemission vor. Der zweite Fall ist heute nicht mehr zulässig, er würde zur Bildung einer stillen Rücklage führen, die grundsätzlich das Gesetz nicht mehr zuläßt. Da die Sacheinlagen in der Jahresbilanz als Aktivposten erscheinen, wird man davon ausgehen müssen, daß bei ihrer Bewertung die Grundsätze für die Wertansätze in der Jahresbilanz (§§ 153—156) sinngemäß Anwendung zu finden haben. Aktien, die nicht beurkundet sind, sind weder Namensaktien noch Inhaberaktien. Umgekehrt hören aber beurkundete Aktien nicht deshalb auf, beurkundete zu sein, weil die Urkunde nach ordnungsgemäßer Ausgabe unter- oder verlorengeht, was zur Folge hat, daß gutgläubiger Erwerb nach § 935 II BGB möglich ist. 44

Aktien und Zwischenscheine

§10 Anm. 2—5

In Ausnahmefällen ist die gebundene Namensaktie gesetzlidi vorgesdirieben, wie z. B. bei Nebenleistungsaktiengesellschaften (§ 55 I) und für Kapitalanlagegesellschaften nach § 1 des Gesetzes vom 16. 4.1957 in der Fassung vom 28. 7.1969 (BGBl 1 1986). Anm. 3: Mit Rücksicht auf die Haftung für ausstehende Einzahlungen und das Rückgriffsrecht der Gesellschaft gegen die Vormänner eines Aktionärs dürfen vor der Vollzahlung nur Namensaktien ausgegeben werden. Zuwiderhandlung macht die Vorstandsmitglieder haftbar (§ 93 III N r . 4) und strafbar (§ 405 I Nr. 1). Vor der Vollzahlung ausgegebene Namensaktien müssen Angaben über die gemachten Teilleistungen enthalten, damit der Erwerber die Verpflichtungen erkennen kann, welche er übernimmt. Zuwiderhandlungen ziehen dieselben Folgen nach sich. Dagegen sind die Urkunden, welche dieser Vorschrift nicht entsprechen, nicht niditig (anders bei den Zwischenscheinen, vergl. Anm. 4). Es kann also auch das Aktienrecht durch Übergabe einer solchen Urkunde übertragen werden. Über gutgläubigen Erwerb siehe Anm. 5 zu § 54. Vor Bewirkung einer Sacheinlage dürfen Aktienurkunden dem Einlagepflichtigen überhaupt nicht ausgehändigt werden, auch dann nicht, wenn die AG eingetragen und die Einlagepflicht gestundet ist. Ist sie zum Teil erfüllt, z. B., wenn von mehreren Sacheinlagen eine einzelne geleistet ist, so hat die AG ein Zurückbehaltungsrecht auch an den durch die Teileinlage belegten Aktienurkunden. Anm. 4: Zwischenscheine (§ 8 Anm. 10), welche auf den Inhaber lauten, sind nichtig; sie können nur auf den Namen lauten. Das hängt damit zusammen, daß der Zwischenschein die geleistete Teilzahlung nicht anzugeben braucht, also ebenso teil- wie vollgezahlt sein kann. Die Niditigkeitsfolge ergibt sidi aus Absatz 4. Audi hier besteht gesamtschuldnerische Haftung der Ausgeber für den den Inhabern entstandenen Schaden; Strafbarkeit ist dagegen nicht vorgesehen. Anm. 5: Die Aktie ist keine rechtsbegründende Urkunde (s. Anm. 1), weil das Aktienredit auch ohne sie schon durch die Eintragung der AG entsteht (§41). Von den Vorschriften über die Schuldverschreibungen auf den Inhaber sind deshalb und auch, weil es sich nicht um Schuldverschreibungen handelt, auf Inhaberaktien nur anwendbar § 793 I und §§ 799, 800 BGB nach § 72, nicht §§ 794, 796 BGB (weil über den Inhalt des Aktienrechts die Urkunde überhaupt nidits enthält) sowie § 797 BGB hinsichtlich der Aktienurkunde. Auf Gewinnanteilscheine ist § 797 BGB anwendbar. Ebenso sind auf Gewinnanteilscheine anwendbar die ausdrücklich davon handelnden Vorschriften über Vorlegungsfrist und Verjährung (§ 801 BGB). 45

§ § 10/11

Anm. 6/1,2

Allgemeine Vorschriften

Anm. 6: Nach § 9 EG können Gesellschaften, die ohne entsprechende Satzungsbestimmung Namensaktien ausgegeben haben, durch ihren Aufsichtsrat (§ 179) eine entsprechende Satzungsergänzung beschließen lassen. Eine Frist ist nicht bestimmt, aber bevor diese Satzungsänderung nicht eingetragen ist, dürfen andere Satzungsänderungen nicht eingetragen werden. § 11 Aktien besonderer Gattung Die Aktien können verschiedene Rechte gewähren, namentlich bei der Verteilung des Gewinns und des Gesellsdiaftsvermögens. Aktien mit gleichen Rechten bilden eine Gattung. I. Übersicht (Anm. 1) II. Grundsatz der Gleichbehandlung (Anm. 2) III. Verschiedene Gattungen 1. Inhalt des Aktienrechts (Anm. 3)

2. Unterscheidungsmöglichkeiten (Anm. 4—6) 3. Schaffung (Anm. 7 u. 8) 4. Änderung und Beendigung (Anm. 9)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift stimmt sinngemäß mit dem früheren § 11 überein, ist aber sprachlich geändert worden. Der Sinn der Vorschrift, daß Aktien mit verschiedenen Rechten bestehen können und dadurch Aktien besonderer Gattungen geschaffen werden, kommt durch die neue Formulierung besser zum Ausdruck. II. Grundsatz der Gleidibchandlung Anm. 2: Auch für die AG gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung (vgl. Anm. 4 zu § 1). Dies besagt nicht, daß sämtliche Aktionäre gleich zu behandeln seien (insoweit bedenklich RG 119, 252), sondern die Aktionäre sind bei Vorliegen gleicher Voraussetzungen gleich zu behandeln. Die Rechtsprechung hat hiervon eine Ausnahme zugelassen, wenn nämlich eine ungleiche Behandlung aus besonderen Umständen heraus sachlich berechtigt ist und damit nidit den Charakter der Willkür trägt (BGH 33, 175 = Die AktGes. 1960, 329). Daß verschiedene Voraussetzungen dadurch geschaffen werden können, daß Aktien, die ihren Inhabern verschiedene Rechte gewähren, ausgegeben werden können, ist Gegenstand der vorliegenden Bestimmung. Die Verschiedenheit der Rechte muß sich aus der ursprünglichen Satzung ergeben oder durch Satzungsänderung in diese aufgenommen werden. Damit werden verschiedene Gattungen von Aktien geschaffen. Der Gleichheitsgrundsatz gilt nunmehr nur noch innerhalb der einzelnen Gattungen. 46

Aktien besonderer Gattung

H Anm.§3,4

III. Verschiedene Gattungen 1. Inhalt des Aktienrechts Anm. 3: Die Schaffung von Aktien verschiedener Gattungen ist aber nur möglich, soweit der Inhalt des Aktienrechts überhaupt dispositiv ist, d. h. durch die Satzung abweichend vom Gesetz bestimmt werden kann. Er besteht aus den sogenannten allgemeinen Mitgliedschaftsrechten, Vermögens- und Herrschaftsrechten. Die Vermögensrechte sind: das Gewinnrecht (§ 58 IV), die Beteiligung am Abwicklungsreinvermögen (§ 271 I) und das Bezugsrecht (5 186 I). Davon kann nur das letztere satzungsmäßig nicht, wohl aber von Fall zu Fall ausgeschlossen werden (§ 186 III). Die Herrschaftsrechte sind: Recht der Teilnahme an der Hauptversammlung, Rederecht, Stimmrecht, Recht auf Auskunft, Widerspruchs- und Anfechtungsrecht; letzteres ist eigentlich nur ein Hilfsrecht. Die Herrschaftsrechte sind mit Ausnahme des Stimmrechts überhaupt nicht dispositiv, auch letzteres nur bei bestimmten Gesellschaften (vergl. § 12). Gänzlich fehlen darf es nur bei der Hälfte der Aktien in Verbindung mit einem bevorzugten Gewinnrecht (§ 139 II). Vorstehendes ist nur der typische Aktieninhalt. Zum Aktieninhalt können aber auch noch andere allgemeine Mitgliedsrechte gehören, z. B. Gebrauchsrechte. Soweit der Aktieninhalt nicht zwingend gesetzlich bestimmt ist, unterliegen die allgemeinen Mitgliedsrechte der Verbandsgewalt (Gesellschaftsautonomie). Diese ist begrenzt durch § 23 V (s. Anm. dort). In diesem Umfang ist keine Aktie gegen eine Änderung ihres Inhalts durch Satzungsänderung gefeit (§ 179). Dies gilt sogar von dem Bestand des Rechts (Ausnahme § 237 Abs. 1 Satz 2). Eine Grenze gegen Willkür zieht nur der Grundsatz der Gleichbehandlung (siehe Anm. 4 zu § 1). Sind in der Satzung verschiedene Aktiengattungen vorgesehen, so ist es denkbar, daß zunächst nur Aktien der Gattung ausgegeben werden, die gewisse Vorrechte den Inhabern einräumt. Dann besteht zunächst nur eine Gattung, in der sämtliche Aktionäre Vorrechte haben. Werden im Wege der Kapitalerhöhung Aktien mit dem gesetzlichen Inhalt geschaffen, so entstehen dadurch verschiedene Aktiengattungen. 2. Unterscheidungsmöglichkeiten Anm. 4: Zur Bildung verschiedener Aktiengattungen sind nur Unterschiede geeignet, welche den Inhalt des Aktienrechts betreffen, gleichgültig, ob sie sich auf eine Mehrzahl von Aktien oder nur eine einzelne beziehen, ob sie dauernd oder von vornherein vorübergehend und zeitlich begrenzt sind. Eine Gattungsverschiedenheit begründet daher zum Beispiel nicht die Stellung auf Inhaber oder Namen, unterschiedliche Stückelung, die Ein47

§11

Anm. 4,5

Allgemeine Vorschriften

schränkung der Veräußerlichkeit (RG 132, 161), nach besonderer Vorschrift auch nicht das Entsendungsrecht zum Aufsichtsrat (§ 1011) oder die Beschränkung der Ausübung des Stimmrechts für einen Aktionär, dem mehrere Aktien gehören. Die gegenteilige Ansicht von Grussendorf (Die AktGes. 59, 152 ff.) übersieht, daß der Unterschied in der Aktie begründet sein muß, also an der Aktie ein solcher haftet und demnach audi bei einer Veräußerung bestehen bleiben muß. Die Beschränkung nach § 134 trifft ausdrücklich den Aktionär und nicht die Aktie, schafft daher niemals eine Gattungsverschiedenheit. Anm. 5: Gattungsversdiiedenheiten werden begründet durch Verschiedenheiten im Herrschaftsrecht, wie die freilich nicht allein, sondern nur in Verbindung mit vermögensrechtlichen Vorzügen statthafte Stimmrechtslosigkeit (§ 139) und das Mehrstimmrecht (a. M. nicht überzeugend nur Schl.-Qu. Anm. 4); dieses ist in Zukunft nach § 12 nur noch für bestimmte Gesellschaften zulässig, hat aber nicht mehr wie früher zur Voraussetzung, daß daneben noch andere Gattungsunterschiede bestehen. Die aus der Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes vorhandenen Mehrstimmrechtsaktien bleiben erhalten (§ 5 EG); bei einer Kapitalerhöhung kann jedoch auf die neuen Aktien kein Mehrstimmrecht mehr gewährt werden. Die Schaffung einer besonderen Gattung durch Einräumung eines Einspruchs-(Veto-)rechts halten wir nicht für zulässig. Ein solches Recht paßt nicht zu dem Grundsatz, daß Hauptversammlungsbeschlüsse, abgesehen von der Geltendmachung einer etwa vorhandenen Nichtigkeit, nur durch Anfechtung beseitigt werden können. Daß praktisch der Erfolg eines Einspruchsrechts dadurch erzielt werden kann, daß es zulässig ist, zu bestimmen, daß Beschlüsse bestimmter Art oder auch alle Beschlüsse einstimmig gefaßt werden müssen oder daß durch Sdiaffung einer Gattung durch ein weiteres Sondermerkmal praktisch die Inhaber dieser Aktien in allen Fällen, in denen Sonderbesdiluß der Aktiengattung vorgeschrieben ist, ein Einspruchsrecht haben, spricht nicht für die Zulässigkeit eines Einspruchsrechts als Gattungsmerkmal. Der Gattungsunterschied braucht nicht nur in der Ausstattung der Aktie mit verschiedenen Rechten, sondern kann auch in der Verpflichtung zu Nebenleistungen bestehen. Die Gattungsverschiedenheit kann ferner in Unterschieden vermögensrechtlichen Inhalts bestehen. So können Aktien einer Gattung von der Teilnahme am Bilanzgewinn oder Abwicklungsreinvermögen ausgeschlossen sein. Aber am beliebtesten und am weitesten verbreitet ist der Vorrang bei der Verteilung des Schlußvermögens. Hauptsächlich wird eine Vorwegberücksichtigung mit oder ohne Aufgeld, mit oder ohne Teilnahme an dem nach Rückzahlung der übrigen Aktien noch verbleibenden Reinvermögens garantiert. Dadurch trägt die eine Gattung das Risiko stärker als die andere. 48

Aktien besonderer Gattung

§ 11 Anm. 6,7

Anm. 6: Eine weitere Gattungsverschiedenheit wird durch das Vorzugsrecht bei der Verteilung des Bilanzgewinnes begründet. Auch hier sind zahlreiche Abwandlungen möglich. Gewöhnlich wird der einen Gattung ein Vorzugsgewinnanteil eingeräumt und sie entweder auf diesen beschränkt oder ihr daneben auch ein Anteil an dem weiteren Bilanzgewinn oder dem nach Ausschüttung auf die übrigen Aktien in bestimmter Höhe verbleibenden Anteil des Bilanzgewinns eingeräumt. Bei diesen Aktien mit Vorzugsgewinnanteil spielt das Nachbezugsrecht eine große Rolle. Es besteht darin, daß die Vorzugsaktionäre den Ausfall des ihnen zustehenden Vorzugsgewinnes in gewinnlosen Jahren in späteren Gewinnjahren nachgezahlt erhalten, sofern in diesen eine Gewinnausschüttung beschlossen wird. Dieses Nachbezugsrecht ist gesetzlich Voraussetzung einer stimmrechtslosen Aktie und für diese in §§ 139 ff. besonders geregelt. Auch bei stimmberechtigten Vorzugsaktien mit Vorzugsgewinnanteilen ist das Nachbezugsrecht zulässig und kann in diesem Fall dieselbe Regelung wie in §§ 139 ff. für die stimmrechtslose Vorzugsaktie oder eine andere erfahren. Letzterenfalls kann das Nachbezugsrecht mit der Aktie verbunden unselbständg sein (wie nach § 140 III) und durch bloßen Satzungsänderungsbeschluß mit Sonderabstimmung nach § 179 III beseitigt werden, ohne daß der einzelne Aktionär ein Widerspruchsrecht hat. Beides ist, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu bejahen (RG 82, 144). Das Nachbezugsrecht (vgl. BGH 7, 263; 9, 279 und WM 1956, 87) kann aber auch selbständig, d. h. mit dem Dividendenschein des Ausfalljahres verbunden sein. In diesem Fall wird in dem Dividendenschein versprochen, daß auf ihn gegen Vorlegung ein Gewinnanteil von X vom Hundert bezahlt und evtl. aus dem Gewinn folgender Jahre die Zahlung erfolgen werde. Dann kann dieses Nachbezugsrecht aus dem Dividendenschein eines eingetretenen Ausfalljahres nicht mehr nachträglich mit Wirkung für den bereits entstandenen Nachbezugsanspruch beseitigt werden (RG 82, 138; sowie fast das gesamte Schrifttum), bleibt aber trotzdem abhängig von dem Jahresabschluß und der Verteilung vom Gewinn. Der Vorzugsdividendenschein des Gewinnjahres geht im Zweifel dem des Ausfalljahres vor (RG 39, 30). Für das gesetzliche Nadibezugsrecht der Vorzugsaktien ohne Stimmrecht ist in § 140 III diese Streitfrage für diesen Fall dahin geregelt, daß das Nachbezugsrecht ein unselbständiges Recht ist, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt. Man wird diesen Grundsatz auch auf die vertraglich vereinbarten Vorzugsaktien mit Stimmredit und Nachbezugsrecht anwenden müssen. 3. Schaffung Anm. 7: Die Schaffung von Aktien besonderer Gattung erfolgt, wenn sie nicht schon in der ursprünglichen Satzung vorgesehen ist, durch Satzungsänderungsbeschluß (§§ 179 ff.). Abgesehen von den stürmisdien Jahren 1914 bis 1933 bildete gewöhnlich eine Sanierung den Anlaß der Schaffung von beson49

§11 Anm. 7—9

Allgemeine Vorschriften

deren Aktiengattungen. Man suchte neues Geld und war gezwungen, Vorzugsbedingungen einzuräumen; dies tat man, indem man mittels Kapitalerhöhung Aktien als Vorzugsaktien ausgab oder, indem man den Aktionären nahelegte, Zuzahlungen (vgl. zu § 182) auf ihre Aktien zu leisten und diejenigen Aktien, auf welche Zuzahlungen geleistet wurden, in Vorzugsaktien umwandelte. Die früher angezweifelte grundsätzliche Zulässigkeit ist seit 1937 durch § 130 II Nr. 4 und jetzt durch § 150 II Nr. 4 gesetzlich anerkannt. Da der Aktionär grundsätzlich zu Nachschüssen nicht verpflichtet ist, kann kein Zwang ausgeübt werden, es kann auch nicht die Androhung von Nachteilen erfolgen, wenn er das Recht nicht ausübt. Andererseits wirkt sidi ein Vorrecht, das die Aktionäre erhalten, die die Zuzahlung leisten, als Nachteil der anderen aus. Deshalb ist es umstritten, in welchem Umfang in Zuzahlung ein Vorzugsrecht begründet werden darf. Die Grenze ist hier das wohlverstandene Interesse der Gesellschaft, welches allen Aktionären gemeinschaftlich ist. Darüber hinaus Äquivalenz der Vorteile mit den Zuzahlungen zu verlangen (Ritter 2 c), besteht kein Anlaß. Dieselbe Frage tritt auch auf bei der Zuzahlung zwecks Vermeidung der Zusammenlegung. Es kann vorkommen, daß alle Zuzahlungen leisten und nur noch Vorzugsaktien bestehen. In diesem Falle ist die Gattungsverschiedenheit zunächst gegenstandslos, aber vorhanden und tritt hervor, sobald neue Stammaktien geschaffen werden. Vorzugsaktien können auch aufschiebend befristet oder bedingt geschaffen, nicht nur, wie erwähnt, von Zuzahlungen, sondern auch anderen Voraussetzungen, z. B. der Umwandlung von Inhaber- in Namensaktien, abhängig gemacht werden. Dagegen wäre es unzulässig — abgesehen etwa von der Ausgabe aufgrund genehmigter Kapitalerhöhung (§§ 202 ff.) entsprechend dem Erhöhungsbeschluß —, den Vorstand zu ermächtigen, Aktien in Vorzugsaktien umzuwandeln und die Bedingungen der Umwandlung zu bestimmen, weil hierin eine Verschiebung der gesetzlich geordneten Zuständigkeiten läge. Anm. 8: Unter bestehenden Aktienrechten nachträglich durch Satzungsänderung Unterschiede zu schaffen, ohne daß diese auf Voraussetzungen abgestellt sind, die jeder Aktionär erfüllen kann, ist nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung nur mit Zustimmung der benachteiligten Aktionäre zulässig (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 2; a.A.Schl.-Qu. Anm. 3). Ohne sie wäre ein solcher Beschluß anfechtbar, nicht nichtig. 4. Änderung und Beendigung Anm. 9: Nachträgliche Änderung und Beendigung der Gattungsverschiedenheiten bis zur Gleichstellung der Aktien ist statthaft durch Satzungsänderungsbeschluß mit besonderer Abstimmung (§ 179 III). Ist eine Aktie mit einem als unentziehbar bezeichneten Vorrecht ausgestattet, so ist die Zustimmung ihres Inhabers zur Aufhebung des Rechts schon deshalb erforder50

Stimmrecht. Keine Mehrstimmrechte

§§11/12

Anm.9

lidi, weil dadurdi im Verhältnis zu allen Aktien, bei denen das Vorzugsrecht nicht als unentziehbar bezeichnet ist, eine besondere Gattung gegeben ist. Der damit erforderliche Sonderbeschluß besteht in der Zustimmung des einzigen Inhabers dieser Aktie; (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 8; Schl.-Qu. Anm. 3). Sind mehrere Aktien mit unentziehbaren Rediten ausgestattet, so können ihre Inhaber einen Beschluß über die Aufhebung oder Beschränkung dieses Rechtes nach § 179 fassen. Es ist nicht die Zustimmung jedes einzelnen notwendig, vielmehr können einzelne überstimmt werden (a. A. Meyer-Landrut in Großkomm. § 11 Anm. 8). Ein Sonderbeschluß ist entbehrlich, wenn von vornherein die Vorrechte so begründet sind, daß sie von der AG mit oder ohne Abfindung beseitigt werden können, denn in diesem Fall liegt in der Beseitigung der Vorrechte oder gar der Aktien keine Änderung des bisherigen Verhältnisses der Gattungen zum Nachteil der einen. Ein satzungsändernder Beschluß ist überhaupt entbehrlidi, wenn die AG sich die Befugnisse vorbehalten hat, das Vorredit durdi einfachen Hauptversammlungsbesdiluß ohne Sonderbeschluß aufzuheben. Auch ein solcher ist nicht nötig, wenn von vornherein das Vorrecht oder der Bestand der Aktie auflösend bedingt oder befristet ist, womit gleichfalls die Gewährung einer Entschädigung nach der Satzung verbunden sein kann. Dagegen kann es nicht dem Ermessen des Vorstandes überlassen werden, die Vorzugsaktien in Stammaktien umzuwandeln, weil hierin ein Einbruch in die gesetzlich geregelte Zuständigkeit der Hauptversammlung zur Satzungsänderung läge. Wohl aber kann dem Vorzugsaktionär das Recht eingeräumt werden, ohne weiteres zu verlangen, daß die Vorzugsaktie in eine Stammaktie umgewandelt werde. Es handelt sich auch in diesem Falle um ein auflösend bedingtes Vorredit, da die conditio sine voluero als echte Bedingung anerkannt ist und die Frage der Zuständigkeit der AG hier nicht auftaucht. Desgleichen kann mit der Umwandlung einer Namens- in eine Inhaberaktie der Wegfall des Vorredits (Mehrstimmrecht) verbunden und dem Aktionär nach § 24 das Recht eingeräumt werden, den Umtausch zu verlangen. Wenn nach Vorstehendem ein Vorzugsrecht durch Eintritt einer auflösenden Bedingung oder eines auflösenden Termins wegfällt, muß gleichwohl die Fassung der Satzungsbestimmung über Einteilung des Grundkapitals (evtl. durch Aufsichtsratsbeschluß nach § 179 I 2) geändert und diese Änderung zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. S 12 Stimmrecht. Keine Mehrstimmrechte (1) Jede Aktie gewährt das Stimmrecht. Vorzugsaktien können nach den Vorschriften dieses Gesetzes als Aktien ohne Stimmrecht ausgegeben werden. 51

§12 Anm. 1

Allgemeine Vorschriften

(2) Mehrstimmrechte sind unzulässig. Die für Wirtschaft zuständige oberste Behörde des Landes, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, kann Ausnahmen zulassen, soweit es zur Wahrung überwiegender gesamtwirtschaftlicher Belange erforderlich ist. I. Übersicht (Anm. 1) II. Grundsatz für das Stimmrecht (Anm. 2)

III. Vorzugsaktien (Anm. 3) IV. Die Mehrstimmrechtsaktie (Anm. 4) V. Obergangsbestimmungen (Anm. 5)

I. Übersicht Anm. 1: Abs. 1 und S a t z 1 von Abs. 2 entsprechen wörtlich dem bisherigen § 12 A k t G 37. Nachdem zuerst der Grundsatz zwingend ausgesprochen wird, daß jede Aktie das Stimmrecht gewährt, nämlich das gleiche Stimmrecht im Verhältnis der Aktiennennbeträge (§ 134 Abs. 1), führt § 12 im Anschluß an § 1 1 zwei besondere Fälle von Gattungsverschiedenheiten an, bei denen der Gattungsunterschied in einem Herrschaftsrecht besteht, dem Stimmrecht. D i e stimmrechtslose Vorzugsaktie ist der eine, sie wird in § 139 eingehend behandelt, die Mehrstimmrechtsaktie ist der andere Fall. Wie bisher schon ist sie auch jetzt grundsätzlich unzulässig. Während bisher die zuständigen Minister Ausnahmen zulassen konnten, wenn das Wohl der Gesellschaft oder gesamtwirtschaftliche Belange es erforderten, so kann jetzt die f ü r die Wirtschaft zuständige oberste Behörde des Landes, in dem die Gesellschaft ihren S a t z hat, Ausnahmen zulassen, soweit es zur Wahrung überwiegender gesamtwirtschaftlicher Belange erforderlich ist. Weggefallen ist also „ d a s Wohl der Gesellschaft". N e u hinzugekommen ist, daß nur dann eine Ausnahme gewährt werden kann, wenn die gesamtwirtschaftlichen Belange überwiegend sind und nur soweit es zur Wahrung dieser Belange erforderlich ist. D i e Bestimmung w a r sehr umstritten. N a c h dem Regierungsentwurf sollten Mehrstimmrechtsaktien unzulässig sein. Bestehende Mehrstimmrechtsaktien sollten drei J a h r e nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes erlöschen. Bei der Beratung in den Ausschüssen hat sich ergeben, daß es Fälle gibt, in denen ein öffentliches Interesse daran besteht, daß die in einer Gesellschaft bestehenden Herrschaftsverhältnisse erhalten bleiben. In solchen Fällen sollte es erlaubt werden, als Mittel zur Herrschaftssicherung auch das Mehrstimmrecht zu benutzen. D i e Entscheidung darüber, ob ein solches öffentliches Interesse besteht oder nicht, kann nicht jeder einzelnen Gesellschaft überlassen bleiben. Dies muß vielmehr von einer Behörde beurteilt werden. A u f g r u n d dieser Erwägungen k a m m a n zu dem Ergebnis, daß Mehrstimmrechte z w a r grundsätzlich f ü r unzulässig erklärt werden sollten, jedoch Ausnahmen durch die für Wirtschaft zuständige oberste Landesbehörde zugelassen werden könnten, soweit es zur Wahrung überwiegender gesamtwirtschaftlicher Belange erforderlich ist. Bei dieser Formulierung ging es in erster Linie darum, das Interesse der öffentlichen H a n d 52

Stimmrecht. Keine Mehrstimmrechte

§ 12

Anm. 1—3

an einer Sicherung ihres Einflusses in Versorgungsunternehmen zu berücksichtigen. Audi gegen die im Regierungsentwurf zum Einführungsgesetz vorgeschlagene Abschaffung der Mehrstimmreditsaktien innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes wurden Bedenken dahingehend erhoben, daß ein solcher Eingriff in den gegenwärtigen Besitzstand und bestehende Rechtspositionen rechtspolitisdi unerwünscht und möglicherweise verfassungsrechtlich unzulässig sei. Die Übergangsbestimmung des § 5 EG ist völlig neu gefaßt. Dies war schon mit Rücksicht auf die Änderung des § 12 II notwendig. Vgl. zu diesem Fragenkomplex auch Dempewolf in DB 1959, 131; Uhlenbrock in DB 1967,1927; Hamann in Die AktGes. 1962, 287.

II. Grundsatz für das Stimmrecht Anm. 2: Der Grundsatz, daß jede Aktie das Stimmrecht gewährt, wird in §134 dahin ergänzt, daß es nach Aktiennennbeträgen ausgeübt wird. Der Grundsatz gilt nicht unbeschränkt. Abgesehen von den Ausnahmen in der vorliegenden Bestimmung kann nach § 134 I 2 durch die Satzung ein Höchststimmrecht in der Weise eingeführt werden, daß ein Aktionär, dem mehrere Aktien gehören, nur bis zu einem bestimmten Betrag stimmberechtigt ist. Ferner bestimmt § 134 II, daß das Stimmrecht erst mit der vollständigen Leistung der Einlage beginnt. Die Satzung kann allerdings Abweichendes bestimmen. Im einzelnen vgl. Anmerkung dort.

III. Vorzugsaktien Anm. 3: Nach der Bestimmung des § 11, wonach einzelne Gruppen von Aktien mit verschiedenen Rechten geschaffen werden können, ist es möglich, eine ganze Skala von verschiedenen Aktien mit einem Vorzug gegenüber anderen Aktien zu schaffen. In der vorliegenden Bestimmung wird nur eine ganz bestimmte Art der Vorzugsaktie angesprochen, nämlich die ohne Stimmrecht. Für diese gelten im einzelnen die Bestimmungen der §§ 139 bis 141. Im Zusammenhang mit der Einschränkung der Zulässigkeit von Mehrstimmrechtsaktien ist in § 139 II nunmehr zugelassen, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht bis zu einem Gesamtnennbetrag in Höhe des Gesamtnennbetrages der anderen Aktien auszugeben. Bisher konnte dies nach § 115 II AktG 1937 nur in Höhe der Hälfte des Gesamtnennbetrages der anderen Aktien geschehen. Die Möglichkeit zur Ausgabe von Vorzugsaktien ist also verdoppelt worden. Das bedeutet, wenn man berücksichtigt, daß nunmehr das Splitting von Aktien durch Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln möglich ist, daß Familiengesellschaften, die vor allem von der Möglichkeit, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht auszugeben, Gebrauch machen, nunmehr ihre Herrschafts53

§12 Allgemeine Vorschriften Anm. 3,4 rechte auch dann länger beibehalten können, wenn sie durch Ausgabe von Aktien den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen wollen (im einzelnen vgl. hierzu §§ 139,141 und Anm. dort). IV. Die Mehrstimmreditsaktie Anm. 4: Die an sich in die ganze Konstruktion des Aktiengesetzes nicht hineinpassende Mehrstimmrechtsaktie wird, wie schon im bisherigen Recht, grundsätzlich für unzulässig erklärt. Sie läuft in zweierlei Hinsicht aktienrechtlichen Grundsätzen zuwider. Zunächst einmal wird durch ein Mehrstimmrecht der allgemeine Grundsatz verletzt, daß sich der Einfluß der Aktionäre auf die Gesellschaft nach der Größe ihrer Kapitalbeteiligung bestimmt. Ferner wird der im Absatz 1 Satz 1 zum Ausdruck kommende Gesichtspunkt verletzt, daß grundsätzlich jede Aktie das Stimmrecht, und zwar gleiches Stimmrecht, gewährt. Das ist zwar auch bei befugter Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht der Fall. Es besteht aber insoweit ein Unterschied, als derjenige, der eine solche Vorzugsaktie erwirbt, beim Erwerb weiß, daß er kein seinem Kapitaleinsatz entsprechendes Stimmrecht hat, während derjenige, der eine mit normalem Stimmrecht ausgestattete Aktie einer Gesellschaft, in der Mehrstimmrechtsaktien vorhanden sind, erwirbt, nicht ohne weiteres sehen kann, daß durch das Mehrstimmrecht der ihm nicht bekannten Aktien sein an sich aus der erworbenen Aktie sich ergebendes Herrschaftsrecht eingeschränkt wird. Sicherlich ist es leicht, diese Tatsache festzustellen. Immerhin sind besondere Erkundigungen notwendig, die bei einem Papier, bei dem der ungehinderte Umsatz eine entscheidende Rolle spielt, nicht notwendig sein sollten. Dennoch kann von dem grundsätzlichen Verbot eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden, allerdings ist diese gegenüber dem bisherigen Recht erheblich eingeschränkt (vgl. Anm. 1). Es kommt unter keinen Umständen mehr auf das Wohl der Gesellschaft an. Eine Ausnahme kann auch nicht schlechthin dann zugelassen werden, wenn gesamtwirtschaftliche Belange es erfordern, sondern es müssen diese gegenüber anderen Erwägungen überwiegend sein. Es scheint uns deshalb auch nicht sicher, ob der in den Beratungen erörterte Fall zutrifft, ob zur Abwehr einer drohenden Überfremdung die Zulassung von Mehrstimmrechtsaktien erfolgen kann. Ganz sicherlich ist es nicht zulässig, wenn die Abwehr der Überfremdung nur dem Wohl der Gesellschaft dienen würde. Darauf kann keine Rücksicht genommen werden (offenbar a. A. B.-H. Rn. 5). Es müssen schon überwiegende Belange der Gesamtwirtschaft im Spiele sein. Das kann bei der wachsenden internationalen Verflechtung der Wirtschaft, die durchaus erwünscht ist, nur in ganz besonderen Fällen in Frage kommen (vgl. auch Peupelmann in DB 65, 1507). Entschließt sich die Behörde, die Ausnahmegenehmigung zu erteilen, so kann sie auch unter Auflagen erteilt werden, soweit die Auflagen in einem 54

Stimmrecht. Keine Mehrstimmrechte

§12

Anm. 4 , 5

sachlichen Zusammenhang mit dem Mehrstimmrecht stehen. Die Zuständigkeit der obersten Behörde f ü r die Wirtschaft des Landes ist insofern unerfreulich, weil das Aktiengesetz ein Bundesgesetz ist und es deshalb sachlich richtiger wäre, wenn eine Bundesbehörde über Anträge auf Ausnahmegenehmigung zu entscheiden hätte, zumal damit auch eine Einheitlichkeit f ü r die Auslegung der Bestimmungen im ganzen Bundesgebiet gesichert wäre. Dies w a r aber nicht möglich, da verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstanden. Eine Zuständigkeit des Bundes auf diesem Gebiet ist nicht gegeben. Die Bedeutung des Mehrstimmrechts wird teilweise überschätzt. In der Hauptsache kommt es nur bei der Beschlußfassung rein organisatorischer Art in Frage, nämlidi den Aufsichtsratswahlen und hier nur insoweit, als die Hauptversammlung an Wahlvorschläge nicht gebunden ist und überhaupt berechtigt ist, Aufsichtsratsmitglieder zu wählen. Dagegen fällt seine Bedeutung für vermögensrechtliche und finanzielle Maßnahmen von irgendwelcher Tragweite dadurch aus, daß das Gesetz für das Zustandekommen eines Beschlusses außer der Stimmenmehrheit auch eine Kapitalmehrheit verlangt, bei der nach R G 125, 356 das erhöhte Stimmrecht nicht berücksichtigt werden darf. Es kommt außerdem hinzu, daß das Mehrstimmrecht selbst einen Unterschied im Recht begründet, also verschiedene Aktiengattungen schafft, obwohl es nach dem Gesetz, wenn die Ausnahmegenehmigung erteilt wird, auch für Aktien begründet werden kann, die keine weiteren Gattungsunterschiede gegenüber den übrigen Aktien aufweisen. V . Obergangsbestimmungen

Anm. 5: Nach § 5 E G bleiben Mehrstimmrechte, die vor dem 1 . 1 . 66 — dem Inkrafttreten des Aktiengesetzes — rechtmäßig geschaffen worden sind, aufrechterhalten. D a m i t wird zunächst der oben in Anm. 1 bereits erwähnte bedenkliche Eingriff gegen wohlerworbene Rechte vermieden. Daneben hat man berücksichtigt, daß die alten Mehrstimmredite bei dem starken K a p i t a l bedarf der Wirtschaft sich selbst langsam verbrauchen, weil kaum eine Gesellschaft ohne Kapitalerhöhung auskommt und die Ausgabe von Mehrstimmrechtsaktien bei der Kapitalerhöhung nur nach Maßgabe des Abs. I I erfolgen kann. J e mehr das Kapital erhöht wird, um so geringer wird die Bedeutung der bestehenbleibenden alten Mehrstimmrechte. Hinzu kommen die Unbequemlichkeiten, die sich nach Anm. 4 aus den Mehrstimmrechten ergeben können. Soweit die Gesellschaft, bzw. die Mehrheit der Hauptversammlung selbst, die Beseitigung des Mehrstimmrechtes wünscht, soll dies dadurch erleichtert werden, daß sie dies durch einen Beschluß tun kann, der eine Mehrheit von mindestens 3 U des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals bedarf, aber nicht der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. D a s bedeutet, daß sich die Mehrstimmrechte bei dieser Abstimmung der Hauptversammlung nicht auswirken. Weiterhin bedarf es zum Wirksamwerden einer solchen Sat55

§§12/13 Allgemeine Vorsdiriften Anm. 5 Zungsänderung — denn das ist die Abschaffung der Mehrstimmrechte, die ja nur durch die Satzung begründet werden können — nicht eines Sonderbeschlusses der Aktionäre mit Mehrstimmrechten, was sonst nicht möglich wäre, da die Aktien mit Mehrstimmrechten eine besondere Gattung darstellen und durch den Beschluß das Verhältnis zwisdien den Mehrstimmrechtsaktien zu den Stammaktien im Sinne des § 179 III geändert wird. Es kann also auch durch einen Hauptversammlungsbeschluß mit qualifizierter Kapitalmehrheit dem einzelnen Inhaber einer Mehrstimmrechtsaktie dessen Recht entzogen werden, ohne daß es seiner Zustimmung bedarf. Es kommt vor, daß einem Aktionär mehr Stimmrechte eingeräumt worden sind, weil dieser über seine Einlage hinaus der Gesellschaft eine besondere Leistung erbracht hat, z. B., wenn eine Gebietskörperschaft als Aktionärin einer Elektrizitätsgesellschaft das Recht, ihre Leitung über ihr Gelände zu legen, eingeräumt hat. Wenn in einem solchen Fall das Mehrstimmrecht einen Ausgleich für diese Sonderleistung darstellen soll, so hat der Aktionär einen Anspruch auf ein angemessenes Entgelt (§ 5 II S. 4 EG). Die Sonderleistung muß sich im Verhältnis zu den Leistungen der anderen Aktionäre als Sonderleistung darstellen. Es ist also nicht möglich, etwa allen Aktien Mehrstimmrechte beizulegen, wenn alle Aktionäre ähnliche „Sonderleistungen" über die Einlage hinaus erbracht haben. Der Anspruch des Aktionärs richtet sich gegen die Gesellschaft. Durch Zahlungen zur Abgeltung des Anspruches wird das Grundkapital nicht gefährdet, da ja die Leistungen neben der Einlage auf die Aktie gemacht sein müssen. Um möglidist rasch klare Rechtsverhältnisse herzustellen, ist die Geltendmachung des Anspruches an eine Ausschlußfrist von 2 Monaten gebunden (§ 5 II S. 5 EG). Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Eintragung der Satzungsänderungen in das Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs als bekanntgemacht gilt, d. h. nach dem Erscheinen des letzten Blattes, in dem das Registergericht seine Eintragung bekanntzumachen hat (§5 II S. 6 EG). Ist gegen den Beschluß der Hauptversammlung eine Anfechtungsklage erhoben, so beginnt die Frist erst mit der rechtskräftigen Abweisung oder Zurücknahme der Anfechtungsklage (§ 5 II S. 7 EG). Diese zweite Frist ist nur dann sinnvoll, wenn trotz der Anfechtungsklage die Satzungsänderung bereits eingetragen und bekanntgemacht worden war. Sie ist also dahin auszulegen, daß der Anspruch binnen 2 Monaten nach Beendigung der zweiten Frist noch geltend gemacht werden kann, auch wenn die erste Frist schon abgelaufen sein sollte. S 13 Unterzeichnung der Aktien Zur Unterzeichnung von Aktien und Zwisdienscheinen genügt eine vervielfältigte Unterschrift. Die Gültigkeit der Unterzeichnung kann von der 56

Unterzeidinung der Aktien

§13

Anm. 1,2 Beachtung einer besonderen Form abhängig gemacht werden. Die Formvorschrift muß in der Urkunde enthalten sein. Anm. 1: Über die Form der Aktienurkunde ergibt sich aus ihrem Begriff, daß sie eine schriftliche Erklärung der Gesellschaft ist. Das Gesetz sagt nur, daß handschriftliche Unterzeidinung, wie aus § 126 BGB zu folgern wäre, nicht erforderlich ist, daß vielmehr eine vervielfältigte Unterschrift (Faksimile, nicht Druckschrift) genügt. Die Urkunde muß von den gesetzlichen Vertretern oder einem Sonderbevollmächtigten unterzeichnet werden; Prokura genügt nicht. Die Gültigkeit der Unterzeichnung kann von der Erfüllung von Vorschriften abhängig gemacht werden, welche in die Urkunden selbst aufgenommen sind. Eine solche Formvorschrift, wie etwa die Mitunterzeichnung durch einen Kontrollbeamten oder ein Aufsichtsratsmitglied, soll die Gefahr von Fälschungen verringern, die gerade bei bloß vervielfältigter Unterschrift nicht unerheblich ist. Das Formerfordernis kann gerade auch in der vom Gesetz nachgelassenen Eigenhändigkeit bestehen (a.A. nur Ritter). Urkunden, welche der gesetzlichen oder nach Satz 2 und 3 besonders vorgeschriebenen Form nicht entsprechen, desgleichen gefälschte Urkunden, sind nichtig, verbriefen das Aktienrecht nicht und sind nicht geeignet, es zu übertragen, auch dann nicht, wenn der Erwerber gutgläubig ist. Da die Ausgabe der Urkunden auf die Entstehung der Anteilsrechte ohne Einfluß ist (siehe § 6 Anm. 5), ist ein Verstoß gegen § 13 für die Entstehung bedeutungslos. Die Satzung braucht über die äußere Form der Urkunde nichts zu bestimmen, auch keine Vorschrift nach Satz 2 zu treffen. Schweigt sie, ist die Bestimmung der Form Sache des Vorstandes. Sie kann es aber natürlich, insbesondere den Vorstand anweisen, die Zustimmung des Aufsichtsrates einzuholen. Bei Börsenpapieren sind die Forderungen der Zulassungsstellen zu beachten. Anm. 2: Über den Inhalt der Urkunde enthält das Gesetz, abgesehen von einigen Sondervorschriften (z. B. § 10 II), nichts. Hierüber kann die Satzung Näheres bestimmen, auch den Aufsichtsrat dazu ermächtigen. In die Urkunde braucht eine solche Bestimmung nicht aufgenommen zu werden. Ein Mindestinhalt ergibt sich aus der Bestimmung der Urkunde. Hiernach muß sie a) den Namen der AG angeben; wenn die Urkunde sich auch nicht als Aktie zu bezeichnen braucht, so muß sie doch b) erkennen lassen, daß sie eine Beteiligung, und zwar von der Natur des Aktienrechtes, verbrieft. Sie muß ferner c) den Nennbetrag angeben. Letzteres wird durch die Ausdrucksweise des Gesetzes in §§ 8 und 405 I Nr. 1 und 3 vorausgesetzt. Die Urkunde muß ferner, weil jedes Aktienrecht, wenn auch vertretbar, ein individuelles Recht ist, d) die Unterscheidungsmerkmale gegenüber den anderen Aktienrechten derselben Gesellschaft (Nummer od. dgl.) enthalten. Fehlen die nach Vorstehendem 57

§§13—15 Anm. 2

Allgemeine Vorschriften

wesentlichen Angaben, so ist die Aktienurkunde nichtig. Zum Inhalt der Urkunde gehört auch die Angabe, ob sie Inhaber- oder Namensaktie ist. Fehlt eine Angabe, so ist sie Inhaberaktie (§ 24). Bei der Namensaktie ist es kein Erfordernis ihrer Gültigkeit, daß sie den Namen des ersten Aktionärs angibt (a. A. B.-H. Rn. 4). Man kann mit dem Eintrag im Aktienbuch auskommen, aber dann muß die Aktie auf dieses verweisen. Urkunden, die sonstigen Satzungsvorschriften nicht entsprechen, sind nicht ordnungsgemäß und nicht „lieferbar", so daß ihr Umtausch verlangt werden kann, aber nicht nichtig. Über Genußscheine als Urkunden enthält das Gesetz ebensowenig eine Vorschrift wie über den möglichen Inhalt eines Genußscheines, siehe hierüber §221. Über die Form ergibt sich auch hier das Wesentliche aus dem Begriff der Urkunde. Hier ist handschriftliche Unterzeichnung unerläßlich, wenn die Ausstellung einer Urkunde vorgeschrieben ist (§ 126 BGB). Über Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen siehe

§221.

§ 14 Zuständigkeit Gericht im Sinne dieses Gesetzes ist, wenn nichts anderes bestimmt ist, das Gericht des Sitzes der Gesellschaft. Vorstehende Generalklausel bezieht sich nur auf das Registergericht (§ 8 HGB, § 125 FGG) und das Gericht des § 145 FGG und regelt die örtliche Zuständigkeit der nach diesen Bestimmungen sachlich zuständigen Amtsgerichte. Der Sitz der Gesellschaft muß sich nach § 23 III Ziffer 1 aus der Satzung ergeben. Darüber, wo der Sitz sein kann, siehe § 5 und Anm. dort. Das für die Bestellung eines Notvorstandes nach § 85 zuständige Gericht kann in entsprechender Anwendung von § 5 I S. 2 FGG vom BGH zu bestimmen sein (BGH in Die AktGes. 1963, 215; BGH 19,102 ff.).

§ 15 Verbundene Unternehmen Verbundene Unternehmen sind rechtlich selbständige Unternehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17), Konzernunternehmen (§ 18), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrags (§§ 291, 292) sind. 58

Verbundene Unternehmen I. Übersicht (Anm. 1) II. Unternehmen 1. Begriff (Anm. 2) 2. Abgrenzung a) freie Berufe (Anm. 3) b) Gebietskörperschaften (Anm. 4 c) Stimmenpool (Anm. 5)

§15

Anm. 1

III. Die rechtliche Selbständigkeit (Anm. 6) IV. Die verschiedenen Unternehmensverbindungen (Anm. 7—11) V. Verwendung des Begriffs „verbundene Unternehmen" im Gesetz (Anm. 12)

I. Übersicht Anm. 1: Der Begriff verbundene Unternehmen ist aus gesetzestechnisdien Gründen neu eingeführt worden. Er ist nidit als materielle Umschreibung einer besonderen Gruppe von Unternehmen zu verstehen (Reg.Begr., 99), sondern er hat lediglich den Zweck, die Gruppen von Unternehmensverbindungen, die das Gesetz behandelt, zusammenzufassen, damit überall dort, wo das Gesetz Vorschriften bringt, die für alle Unternehmensverbindungen gültig sind, ein einheitlicher Begriff benutzt werden kann, ohne daß die Aufzählung der verschiedenen Arten von Unternehmensverbindungen oder Verweisungen erforderlich sind. Das bisherige Recht kannte als Unternehmensverbindung nur den Konzern. Dieser war einmal gegeben, wenn rechtlich selbständige Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt waren (§15 1 AktG. 37), zum anderen, wenn ein rechtlich selbständiges Unternehmen unter dem beherrschenden Einfluß eines anderen Unternehmens stand (§ 15 II AktG. 37). Während der Grundsatz des § 15 I AktG 37 heute im § 18 I wiederkehrt, ist die im § 15 II AktG 37 enthaltene Fiktion, daß ein herrschendes und abhängiges Unternehmen zusammen einen Konzern bilden, aufgegeben. Der Begriff dieser Unternehmensverbindung wird jetzt gesondert im § 17 gegeben. Ein Konzern liegt immer nur dann vor, wenn mehrere Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt sind. Fehlt diese, so kann zwar eine Unternehmensverbindung, wie sie in den §§ 16, 17 und 19 behandelt ist, vorliegen, nicht aber ein Konzern. Die verbundenen Unternehmen werden zunächst in 5 Gruppen eingeteilt, deren Begriffsbestimmung im einzelnen in den folgenden §§ 16—19 und in denen des 3. Buches §§ 291 und 292 gegeben wird. Berücksichtigt man dies, so behandelt das Gesetz folgende Unternehmensverbindungen: A. In Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16). B. Abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17). C. Konzernunternehmen (§ 18). Dabei wird unterschieden zwischen der Zusammenfassung selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung 59

§15 Anm. 1,2

Allgemeine Vorschriften

1. als herrschendes und abhängiges Unternehmen {Unterordnungskonzern § 18 I), wobei wiederum zu unterscheiden ist, ob die einheitliche Leitung beruht auf a) einem Beherrschungsvertrag (§291) oder der Eingliederung eines Unternehmens (§§ 319, 320) b) einer tatsächlichen Beherrschungsmacht (faktischer Konzern), die vermutet wird, wenn ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des § 17 besteht ( § 1 8 1 Satz 3); 2. ohne daß ein Unternehmen von dem anderen Unternehmen abhängig ist (Gleichordnungskonzern) § 18 II. D. Wechselseitig beteiligte Unternehmen, und zwar: a) unabhängige (§ 19 I) b) abhängige (§ 19 II und III). E. Vertragsteile eines Unternehmensvertrags der in den §§291 u. 292 einzeln aufgeführten Art: 1. Beherrschungsvertrag. Er schafft stets ein Konzern Verhältnis, und zwar einen Unterordnungskonzern, da eine einheitliche Leitung (§18 I S. 2) begrifflich stets gegeben ist. 2. Gewinnabführungsvertrag (§ 291). 3. Gewinngemeinschaft (§ 292 Nr. 1). 4. Teilgewinnabführungsvertrag (§ 292 Nr. 2). 5. Betriebspachtvertrag (§ 292 Nr. 3). 6. Betriebsüberlassungsvertrag (§ 292 Nr. 3). Die im Gesetz behandelten verschiedenen Unternehmensverbindungen sind nicht streng voneinander abzugrenzen. So gilt für die Gruppe A — in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen nach § 17 II — die widerlegliche Vermutung, daß sie in die Gruppe B — abhängige und herrschende Unternehmen — fallen. Herrschende und abhängige Unternehmen (B) können gleichzeitig Konzernunternehmen (C), wechselseitig beteiligte Unternehmen (D) und Vertragsteil eines Unternehmensvertrags (E) sein. II. Unternehmen 1. Begriff Anm. 2: Eine gesetzliche Definition des Unternehmensbegriffes erschien nicht notwendig, da bereits das Gesetz von 1937 den Begriff des Unternehmens im Zusammenhang mit der Definition des Konzerns in seinem § 15 gebrauchte. Man glaubte sich mit der in der Rechtslehre hierzu entwickelten Definition begnügen zu können, daß im Rahmen des Aktiengesetzes der Begriff „Unternehmen" als rechtlich neutraler Begriff die Wirtschaftseinheit bezeichnen soll, 60

Verbundene Unternehmen

§15

Anm. 2

mit der eine Person, sei es eine natürliche oder juristische, oder eine Personengruppe am Wirtschaftsleben teilnimmt (vgl. im einzelnen Rasch, S. 24 ff.; Friedländer, S. 31 ff.). Das hat sich jedoch nicht als ausreichend erwiesen, denn an verschiedenen Stellen des Gesetzes kommt es entscheidend darauf an, ob es sich um ein Unternehmen handelt. So kommt es hierauf schon bei den gesetzlichen Definitionen nach den §§ 16—19 an, dann aber auch vor allem bei der Mitteilungspflicht der §§ 20 und 21 und endlich finden die gesamten Bestimmungen des dritten Buches nur Anwendung, wenn es sich um die Verbindung von Unternehmen handelt. In der umfangreichen Literatur, die inzwischen über den Unternehmensbegriff entstanden ist, besteht Einvernehmen darüber, daß es für die gesamte Rechtsordnung einen einheitlich verbindlichen Begriff des „Unternehmens" nicht gibt, sondern daß dieser nach der Zweckbestimmung des betreffenden Gesetzes jeweils zu bestimmen ist (so K G in WuW 60, 446; Möhring in N J W 6 7 , 1 ; Kropff in BB 6 5 , 1 2 8 5 ; MüllerRieker in WP 67, 198). D a der wichtigste Fall der verbundenen Unternehmen der des Konzerns ist, wird die Zweckbestimmung des Unternehmensbegriffes vielfach von daher bestimmt. Danach komme es entscheidend auf den Schutz der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger bei einem Konflikt mit den Interessen des herrschenden Unternehmens an. Dabei sei es bedeutungslos, ob derjenige, der Eigeninteressen gegen die Gesellschaft verfolge, in seiner Person bestimmte Merkmale aufweise. Vielmehr sei die Art der von ihm verfolgten Interessen entscheidend. Das Unternehmen dürfe deshalb nicht als Inbegriff von Sachen und Rechten verstanden werden, sondern als Funktion (sogenannte Funktionstheorie, siehe Kropff, a . a . O . ) . Folgt man dieser Auffassung, so würde ein Großaktionär, der kein Unternehmen betreibt, dann selbst zum Unternehmen werden, wenn er gewissermaßen marktstrategisch das Ziel seiner Gesellschaft mitzubestimmen bereit und in der Lage ist und sich nicht lediglich auf die Verfolgung der Interessen eines reinen Anlageaktionärs beschränkt (so Möhring in N J W 67, 1). Nach Brauksiepe (BB 66, 872) ist Unternehmer im Sinne des Aktiengesetzes der Aktionär, von dem man erwarten kann, daß er seine Beteiligung an der Gesellschaft für eigene unternehmerische Interessen ausnutzen wird. Gessler (BB 65, 678) geht von einer gewerblichen Betätigung des Großaktionärs aus. Wir halten diese Auffassung für nicht zutreffend. Bei einem Privataktionär, der eine Aktiengesellschaft, sei es durch Beteiligung oder auf andere Weise beherrscht und keine anderen gewerblichen Interessen hat, besteht nicht die Konfliktslage, auf die Kropff hingewiesen hat; denn es ist anzunehmen, daß sich die Interessen dieses Privataktionärs mit denen der Gesellschaft decken (ebenso Würdinger, S. 263; B.-H. Rn. 4). Am deutlichsten wird dies bei der Einmanngesellschaft (vgl. Leo in Die AktGes. 65, 352). Anders ist es, wenn ein privater Großaktionär mehrere Aktiengesellschaften beherrscht. Wenn er in dieser tatsächlich die Leitung ausübt, so hat nach Würdinger (S. 263, 61

§15

Allgemeine Vorschriften

Anm. 2

264) die Ausübung der einheitlichen Leitungsmacht durdbt den herrschenden Aktionär zur Folge, daß dieser als Unternehmen anzusehen ist (im Ergebnis ebenso B.-H. Rn. 4). Wir halten diese Auffassung schon mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 18 II nicht für zutreffend, weil im Gleichordnungskonzern die Leitung auch von einem Aktionär, der nicht ein Unternehmen ist, ausgeübt werden kann (Regierungsbegründung § 18). Das Gesetz geht also davon aus, daß durch die Ausübung der Leitung mehrerer Gesellschaften ein Privataktionär nicht bereits zu einem „Unternehmen" wird. Der Wortlaut des Gesetzes steht auch an anderen Stellen der funktionellen Unternehmenstheorie entgegen, denn das Gesetz spricht stets von einem „Unternehmen" und nicht etwa von einem „unternehmerisch" handelnden Aktionär. Vor allem läßt sich die Funktionstheorie aber nicht mit § 17 vereinen. Dort wird nicht auf die Ausübung eines beherrschenden Einflusses, sondern auf die Möglichkeit abgestellt, ob ein Unternehmen einen beherrschenden Einfluß ausüben kann. Die Vertreter der Funktionstheorie müßten hier also zu dem Ergebnis kommen, daß nach § 17 I ein Großaktionär, der einen beherrschenden Einfluß ausüben kann, dies aber nicht tut, nicht als Unternehmen anzusehen ist, daß er sich aber zu einem Unternehmen verwandelt, wenn er den beherrschenden Einfluß tatsächlich ausübt. Darin scheint uns eine unzulässige Spaltung des Unternehmensbegriffes zu liegen. Der Unternehmensbegriff kann zwar für verschiedene Gesetze verschieden sein, nicht aber für verschiedene Bestimmungen des gleichen Gesetzes. Endlich ist zu beachten, daß bei konsequenter Anwendung der Funktionstheorie umgekehrt jede natürliche oder juristische Person, auch wenn sie eindeutig am Erwerbsleben in Form eines Unternehmens teilnimmt, dann als Unternehmen im Sinne des Aktienrechts ausscheidet, wenn sie den infragekommenden Aktienbesitz nur verwaltet und sich als Anlegeraktionär verhält, das in der Praxis zur Ausnutzung des steuerlichen Schachtelprivilegs geschieht (Habermann, Beiträge zum neuen Aktienrecht S. 190). Diese Auffsssung wird aber auch nicht von den Anhängern der Funktionstheorie vertreten. Wir sind der Auffassung, daß der Begriff „Unternehmen" neben einer gewerblichen Betätigung im Wirtschaftsleben ein gewisses Mindestmaß von institutioneller Einrichtung voraussetzt. Wenn diese fehlt, liegt nur die unternehmerische Tätigkeit einer Einzelpersönlichkeit vor, nicht aber ein „Unternehmen". Wir kommen damit zu dem Ergebnis, daß ein privater Großaktionär, auch wenn er Einfluß auf die Aktiengesellschaft nimmt, niemals als Unternehmen anzusehen ist, auch dann nicht, wenn er mehrere Aktiengesellschaften beherrscht, obwohl in diesem Fall eine Interessenkollision gegeben sein kann (ebenso Müller-Rieker in WP 67, 201). Übt der Großaktionär bei beiden Aktiengesellschaften die Leitung aus, so kann der Fall des § 18 II vorliegen. Er wird aber auch dann nicht zum Unternehmen (ebenso Bolsenkötter 62

Verbundene Unternehmen

§15

Anm, 2—4

in DB 67, 1098). Anders ist es, wenn ein privater Großaktionär, der beherrschenden Einfluß auf zwei verschiedene Aktiengesellschaften ausüben kann, sich hierzu eine Institution schafft, einen eigenen Geschäftsbetrieb. Dann kann dieser Geschäftsbetrieb ein Unternehmen im Sinne des Gesetzes sein, insbesondere dann, wenn der Großaktionär mit diesem Geschäftsbetrieb am Wirtschaftsleben teilnimmt, etwa dadurch, daß in seinem Namen Verhandlungen geführt werden (Müller-Rieker a. a. O.). Durch die von uns vertretene Auffassung entsteht keine Lücke im Gesetz. Im Fall des § 18 II werden die unter der gemeinschaftlichen Leitung eines privaten Großaktionärs stehenden Gesellschaften verbundene Unternehmen, ohne daß der Privataktionär selbst ein Unternehmen zu sein braucht. In allen übrigen Fällen fällt der Großaktionär jedenfalls unter die Bestimmung des § 17, wenn er seinen Einfluß auf die Gesellschaft zu deren Schaden ausnutzt. In welcher Rechtsform das Unternehmen betrieben wird, ist gleichgültig. Es kann sich sowohl um einen Einzelkaufmann, als auch um eine Personengesellschaft oder juristische Person handeln. Auch in der Form einer BGBGesellschaft kann ein Unternehmen betrieben werden (vgl. Kropff in BB 65, 1285; Habermann in WP 66, 30; B.-H. Rn. 3). Ebenso kann ein Gesamthandsvermögen oder ein Sondervermögen ein Unternehmen sein. Voraussetzung ist lediglich, daß sie nach dem Gesetz oder nach der Satzung unter ihrem Namen handein und Rechte erwerben, bzw. Verbindlichkeiten begründen können (so auch Müller-Rieker a. a. O.). 2. Abgrenzung a) freie Berufe Anm. 3: Man wird nicht sagen können, daß jede Teilnahme am Wirtschaftsleben die Beteiligten zu einem Unternehmen im aktienrechtlichen Sinne werden läßt. Im allgemeinen werden Angehörige der freien Berufe, wie Rechtsanwälte, Architekten, Ärzte usw., auch wenn sie z. B. als eine Sozietät von Rechtsanwälten in Form einer BGB-Gesellschaft am Wirtschaftsleben teilnehmen, nicht als Unternehmen im aktienrechtlichen Sinne angesehen werden können. Müller-Rieker (a. a. O.) weisen mit Recht darauf hin, daß das Berufsbild in diesen Fällen nicht in erster Linie durch die Absicht, Gewinne zu erzielen, sondern durch anderweitige Zielvorstellung, die ideeller Art sind, bestimmt wird. Nicht von der Hand zu weisen ist aber, daß sich die betreffenden Personen oder Personenvereinigungen neben der Berufsausübung im freien Beruf auch wirtschaftlich betätigen und einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten können. Dann werden sie zum Unternehmen im aktienrechtlichen Sinne, so wenn z. B. ein Architektenbüro eine Aktiengesellschaft beherrscht, die ein Baugeschäft betreibt. b) Gebietskörperschaften Anm. 4: Weitgehende Übereinstimmung besteht darin, daß Gebietskörper63

§ 15 Anm.4,5

Allgemeine Vorschriften

schaften, wie Bund, Länder und Gemeinden, im Verhältnis zu ihren eigenen Betrieben nicht als Unternehmen anzusehen sind. Leo (Die AktGes. 65, 352) und Schäfer (BB 66, 431) gehen davon aus, daß Gebietskörpersdiaften nur dann als Unternehmen anzusprechen sind, wenn sie eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit entfalten. Kropff (BB 65, 1285) meint, vom Bund könne nicht gesagt werden, daß er für die Bundesgesellschaft unternehmerisch plant und sie lenkt. Von seinem funktionellen Unternehmensbegriff ausgehend ist für ihn jedenfalls der Bund kein Unternehmen. Brauksiepe (BB 66, 872) erblickt in den Gebietskörpersdiaften deshalb kein Unternehmen, weil ihre Einflußnahme auf die Gesellsdiaft nicht unter Ausnutzung unternehmerischer Interessen, sondern in Erfüllung öffentlich rechtlicher Verpflichtungen geschieht, die in gleicher Weise den Zweck der Gesellschaft bestimmen. MüllerRieker (a. a. O.) weisen zutreffend darauf hin, daß die Beteiligungsverwaltung durch die öffentlich rechtlichen Stellen in aller Regel nur den Charakter einer bloßen Vermögensverwaltung haben. Insoweit können die öffentlich rechtlichen Gebietskörpersdiaften hinsichtlich der von ihnen gehaltenen Beteiligung, etwa einem Großaktionär, der selbst einen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält, gleichgestellt werden. Die Begründung, daß die Gebietskörperschaften deshalb nicht als Unternehmen anzusehen sind, weil sie keine unternehmerischen Ziele mit ihrem Einfluß auf von ihnen beherrschte Gesellschaften ausüben, ist nicht zutreffend. Der Bund hat insofern wiederholt Einfluß ausgeübt, als er beispielsweise die Fusion von bundeseigenen Gesellschaften betrieben hat. Es ist auch durchaus denkbar, daß eine Gemeinde, die eine Straßenbahn in Form einer AG betreibt, in unternehmerischer Konkurrenz mit Privatunternehmen eine Linie ausbaut oder sonst unternehmerische Entscheidungen trifft. Audi die ganz regelmäßig erfolgende Entscheidung über den Tarif ist letzten Endes eine unternehmerische Entscheidung, wenn sie auch unter sozialen oder gemeindepolitischen Gesichtspunkten geschieht. Das sind Motive, die das Handeln beeinflussen, aber nicht von Bedeutung für die Frage sein können, ob der Handelnde als „Unternehmen" im aktienrechtlidien Sinne anzusehen ist. Wir sind der Auffassung, daß die Gebietskörperschaften im allgemeinen nicht als Unternehmen anzusehen sind, auch wenn sie im Einzelfall auf ein oder mehrere Aktiengesellschaften in unternehmerischer Weise einwirken. Sie werden nur dann Unternehmen, wenn sie eine Verwaltung einrichten mit dem Auftrag, unternehmerisch tätig zu werden. Dann ist diese Verwaltung eine Institution, die die unternehmerische Eigenschaft der Gebietskörperschaft begründet. c) Stimmenpool Anm. 5: Da es nicht darauf ankommt, in welcher Form das Unternehmen betrieben wird, ist zu prüfen, inwieweit der Zusammenschluß mehrerer Aktionäre eine Gesellschaft zur Ausübung des Stimmrechts (Stimmenpool) in der 64

Verbundene Unternehmen

§15

Anm. 5,6

Form einer BGB-Gesellschaft dazu führt, daß diese als Unternehmen anzusehen ist. Setzt sich der Stimmenpool nur aus Privataktionären zusammen, die sich nicht am gewerblichen Leben beteiligen, und beteiligt sich der Pool als solcher in der Einflußnahme auf die Gesellschaft, deren Aktien im Pool sind, so wird er nicht zum Unternehmen. Es wird behauptet (vgl. Kropff in BB 65, 1285; Haberlandt in Möhring-Schwartz, S. 284; Würdinger in Großkomm, vor § 15 II, 5; ders. in Festschrift für Kunze 1969, S. 183), daß dann, wenn sich zwei Unternehmen, die an einer Aktiengesellschaft je zu 4 0 % beteiligt sind, zur gemeinsamen Ausübung von Beherrschungsmadit zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen, diese als Unternehmen anzusehen sei. Das ist so nicht zutreffend (ebenso Bolsenkötter in DB 67, 1098). Es kommt nicht darauf an, wer Gesellschafter der BGB-Gesellschaft ist, sondern ob diese im Sinne der Ausführungen in Anm. 2 als Unternehmen anzusehen ist. Ist sie dies nicht, so sind „Unternehmen" nur die in der bürgerlichen Gesellschaft zusammengeschlossenen Unternehmen, nicht aber die bürgerliche Gesellschaft selbst als reines Abstimmungspool. Es wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob die Unternehmen als herrschende in bezug auf die Gesellschaft, um deren Aktien es sich handelt, anzusehen sind. Dabei sei verwiesen auf die Entscheidung des Reichsgerichts (RG 167, 49), wonach von einem herrschenden Einfluß nicht gesprochen werden kann, wenn das Unternehmen auf die Mitwirkung eines Dritten angewiesen ist, um seinen Willen durchzusetzen und es nicht mit Sicherheit auf deren Unterstützung rechnen kann (im Ergebnis ebenso Müller-Rieker in WP 67, 197). Über die Bedeutung eines Konsortialvertrages zur Schaffung eines Abhängigkeitsverhältnisses vgl. § 17 Anm. 3. III. Die rechtliche Selbständigkeit Anm. 6: Das Gesetz setzt die rechtliche — nicht wirtschaftliche — Selbständigkeit voraus. Es stellt im übrigen darauf ab, in welchem Verhältnis die einzelnen Unternehmen zueinander stehen. Das bedeutet, daß wenn 2 Unternehmen miteinander verbunden sind und eines davon mit einem Dritten, dieses Dritte noch nicht mit demjenigen Unternehmen, zu dem keine unmittelbare Verbindung besteht, im Sinne des § 15 verbunden ist. Von allzu großer Bedeutung ist dies allerdings nicht, da die wichtigste Unternehmensverbindung, der Konzern, insofern besonders behandelt wird, als verbundene Unternehmen sämtliche Konzernunternehmen sind. Wenn also ein herrschendes Unternehmen mehrere abhängige Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt hat (§18 I), so sind die abhängigen Unternehmen auch untereinander verbundene Unternehmen im Sinne des § 15, ohne daß es einer anderen Beziehung bedarf als der Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung. Das gleiche gilt, wenn mehrere nicht abhängige Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt sind (§18 II). 65

§15 Anm. 7—9

Allgemeine Vorschriften

IV. Die verschiedenen Unternehmensverbindungen Anm. 7: Die Notwendigkeit, für verbundene Unternehmen besondere Bestimmungen zu erlassen, ergibt sich daraus, daß je nach der Intensität der Verbindung die ordnungsgemäße Funktion der Organe der Gesellschaft oder/und ihres Grundkapitals in Frage gestellt wird. Besteht die Verbindung in einer Mehrheitsbeteiligung im Sinne des § 16, so ist die ordnungsgemäße Funktion der Organe des in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens noch nicht eingeschränkt, wohl aber gefährdet. Dem trägt die Bestimmung des § 17 II Rechnung, wonach die allerdings widerlegliche Vermutung besteht, daß ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen ein abhängiges Unternehmen ist. Wird die Vermutung widerlegt, so bleibt dennoch die Gefährdung des Grundkapitals. Gehören einer in Mehrheitsbesitz stehenden Gesellschaft Aktien der mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft, so gehören zu den Vermögenswerten die in der Beteiligung verkörpert werden, eigene Aktien der mehrheitsbeteiligten Gesellschaft. Insoweit steht kein selbständiger Vermögenswert hinter dem Wert der Beteiligung. Deshalb werden Aktien, die einer in Mehrheitsbesitz befindlichen Gesellschaft gehören, wie eigene Aktien der mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft behandelt (§§ 56 und 71). Anm. 8: Bei herrschenden und abhängigen Unternehmen besteht die Unternehmensverbindung darin, daß das herrschende Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß auf das abhängige Unternehmen ausüben kann. Da dieser nicht auf einer Beteiligung beruhen muß, sondern auch andere Ursachen haben kann, steht die Gefährdung der Funktion des Grundkapitals nicht an erster Stelle, obwohl sie genauso gegeben ist wie bei einer Mehrheitsbeteiligung; deshalb finden auch alle Bestimmungen, die auf das Verhältnis des mehrheitsbeteiligten Unternehmens zum im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen gelten, Anwendung auf das Verhältnis zwisdien herrschendem und abhängigem Unternehmen. Darüber hinaus muß der Möglichkeit der Ausübung eines herrschenden Einflusses Rechnung getragen werden. Deshalb gibt es eine Reihe von Bestimmungen, die allein für herrschende und abhängige Unternehmen gelten, nicht aber für den Fall einer Mehrheitsbeteiligung, wenn diese nicht gleichzeitig einen herrschenden Einfluß ermöglicht. Zu beachten ist, daß ein Abhängigkeitsverhältnis bereits dann vorliegt, wenn nach der Gesamtsituation ein herrschender Einfluß ausgeübt werden kann. Es ist nicht notwendig, daß er tatsächlich ausgeübt wird. Anm. 9: Bei allen Konzernunternehmen gehört es zum Wesen dieser Unternehmensverbindung, daß mehrere Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt sind. Beim Gleichordnungskonzern (§18 II) ist dies das einzige Merkmal der Verbindung. Alle beteiligten Unternehmen haben einen mehr oder weniger großen Teil der Funktionen ihrer Organe dadurch, daß sie 66

Verbundene Unternehmen

§15

Anm. 9—12

sich unter eine einheitliche Leitung gestellt haben, aufgegeben. Bei dem Unterordnungskonzern (§18 I) tritt ein zweites, wesentliches Merkmal für die Unternehmensverbindung hinzu. Hier müssen ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt sein. Alle Konzernunternehmen, auch wenn sie nicht unmittelbar miteinander verbunden sind, gelten als verbundene Unternehmen, vgl. oben Anm. 6. Es werden die Funktionen der Organe des herrschenden Unternehmens nicht von außen eingeschränkt, sie erhalten nur eine zusätzliche Funktion, indem unter ihrer Leitung nunmehr die abhängigen Unternehmen zusammengefaßt werden. Nur Letztere bedürfen des besonderen Schutzes. Anm. 10: Besteht eine wechselseitige Beteiligung, ohne daß ein Unternehmen von dem anderen abhängig ist (§ 19 I), so besteht keine Gefährdung der Funktion der Organe der Gesellschaft, wohl aber eine Gefährdung der Funktion des Grundkapitals. Wenn zwei Gesellschaften wechselseitig in einer gewissen Höhe aneinander beteiligt sind — das Gesetz geht von mehr als 25 %> aus —, so besteht ein nicht mehr unerheblicher Anteil des Aktivvermögens aus dieser Beteiligung nicht mehr aus echten Vermögenswerten. Dies läuft darauf hinaus, daß das Kapital in Höhe der Beteiligung doppelt erscheint. Darin liegt eine Beeinträchtigung der Funktion des Grundkapitals, die unerwünscht ist. Deshalb sieht § 328 eine Beschränkung der Rechte aus solchen wechselseitigen Beteiligungen vor. Ist bei wechselseitig beteiligten Unternehmen ein Unternehmen von dem anderen abhängig ( § 1 9 II) oder sind beide wechselseitig voneinander abhängig (§ 19 III), so finden auf sie alle Vorschriften über verbundene Unternehmen und abhängige Unternehmen Anwendung, nicht aber die Vorschriften über wechselseitig beteiligte Unternehmen, bei denen kein Abhängigkeitsverhältnis besteht, also nicht der § 328 (§ 19 IV). Anm. 11: Sind die einzelnen Unternehmen Vertragsteile eines Unternehmensvertrags, so ist zunächst einmal zu unterscheiden, ob durch die Art des Vertrages ein Konzern entsteht, was allein davon abhängt, ob mehrere Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt werden. Das ist nach der Begriffsbestimmung des Beherrschungsvertrages bei diesen immer der Fall (§ 291), in der Regel auch beim Gewinnabführungsvertrag (§ 291), in vielen Fällen aber keineswegs zwingend, stets bei den „anderen Unternehmensverträgen" im Sinne des § 292. Soweit durch die Unternehmensverträge weder ein Abhängigkeits- noch ein Konzernverhältnis begründet wird, unterliegen sie ausschließlich den Bestimmungen des 3. Buches. V. Verwendung des Begriffs „verbundene Unternehmen" im Gesetz Anm. 12: Die Zusammenfassung von teilweise ihrer Natur nach sehr unterschiedlichen Unternehmensverbindungen unter einen neu geschaffenen Ober67

§§ 15/16 Anm. 12

Allgemeine Vorschriften

begriff ist aus dem Bedürfnis heraus erfolgt, gewisse Folgen, die sich aus der Verbindung von Unternehmen ergeben, gesetzlich einheitlich zu regeln. Das ist an folgenden Stellen des Gesetzes geschehen: 1. §§ 33 V ; 143 II Nr. 2 und 3, III Nr. 1; 164 II Nr. 2 und 3, III Nr. 1. Gründungsprüfer, Sonderprüfer, Abschlußprüfer kann nicht sein, wer gesetzlicher Vertreter, Aufsiditsratsmitglied, Gesellschafter, Inhaber oder Mitinhaber oder Angestellter eines Unternehmens ist, das mit der zu prüfenden Gesellschaft verbunden ist. Das gleiche gilt für eine Prüfungsgesellschaft, wenn sie oder ein mit ihr verbundenes Unternehmen mit der zu prüfenden Gesellschaft verbunden ist. 2. § 90 — Bericht des Vorstands an den Aufsichtsrat — vgl. dort Anm. 6 u. 9. 3. Nach den §§ 89 und 115 — Beschränkung der Kreditgewährung an den dort genannten Personenkreis — vgl. § 89 Anm. 6, § 115 Anm. 2 u. 3. 4. § 131 I — das Auskunftsrecht des Aktionärs in der Hauptversammlung — vgl. dort Anm. 5. 5. § 143 II und III, Auswahl der Sonderprüfer, vgl. dort Anm. 4 und 5. 6. § 145 IV — Prüfungsbericht der Sonderprüfer — vgl. dort Anm. 4. 7. § 151 I — Gliederung der Jahresbilanz, Aktivseite unter III B Ziff. 10, Passivseite unter VI Ziff. 5 — vgl. dort Anm. 28 u. 42. 8. § 160 III Nr. 8—10 — Inhalt des Geschäftsberichts — vgl. dort Anm. 12—14. 9. § 164 Auswahl der Abschlußprüfer, vgl. dort Anm. 3. 10. § 400 Strafvorschrift. Abgesehen von diesen im Gesetz verstreuten Bestimmungen über verbundene Unternehmen, steht das 3. Buch des Gesetzes unter der Uberschrift „Verbundene Unternehmen". Hier sind alle Bestimmungen zusammengefaßt, die notwendig sind bei einer Unternehmensverbindung, an der eine Aktiengesellschaft beteiligt ist, um diese selbst, ihre Aktionäre und Gläubiger vor unangemessenen Nachteilen zu schützen. § 16 In Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (1) Gehört die Mehrheit der Anteile eines rechtlich selbständigen Unternehmens einem anderen Unternehmen oder steht einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu (Mehrheitsbeteiligung), so ist das Unternehmen ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen, das andere Unternehmen ein an ihm mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen. (2) Welcher Teil der Anteile einem Unternehmen gehört, bestimmt sich bei Kapitalgesellschaften nach dem Verhältnis des Gesamtnennbetrags der 68

Mehrheusbesitz

§ 16 Anm. 1

ihm gehörenden Anteile zum Nennkapital, bei bergrechtlichen Gewerkschaften nach der Zahl der Kuxe. Eigene Anteile sind bei Kapitalgesellschaften vom Nennkapital, bei bergredhtlidien Gewerkschaften von der Zahl der Kuxe abzusetzen. Eigenen Anteilen des Unternehmens stehen Anteile gleich, die einem anderen für Rechnung des Unternehmens gehören. (3) Welcher Teil der Stimmrechte einem Unternehmen zusteht, bestimmt sich nach dem Verhältnis der Zahl der Stimmrechte, die es aus den ihm gehörenden Anteilen ausüben kann, zur Gesamtzahl aller Stimmredite. Von der Gesamtzahl aller Stimmredite sind die Stimmredite aus eigenen Anteilen sowie aus Anteilen, die nach Absatz 2 Satz 3 eigenen Anteilen gleichstehen, abzusetzen. (4) Als Anteile, die einem Unternehmen gehören, gelten auch die Anteile, die einem von ihm abhängigen Unternehmen oder einem anderen für Rechnung des Unternehmens oder eines von diesem abhängigen Unternehmens gehören und, wenn der Inhaber des Unternehmens ein Einzelkaufmann ist, auch die Anteile, die sonstiges Vermögen des Inhabers sind. I. Übersicht (Anm. 1) II. Die Rechtsnatur der Mehrheitsbeteiligung 1. Die verschiedenen Arten (Anm. 2) 2. Rechtsform der beteiligten Unter-

nehmen (Anm. 3) 3. Berechnung der Mehrheit (Anm. 4—6) III. Bezugnahme auf Mehrheitsbeteiligung im Gesetz (Anm. 7)

I. Übersicht Anm. 1: Der Reg.-Entwurf hatte die Probleme, die aus einer Mehrheitsbeteiligung entstehen, dadurch gelöst, daß er ein Unternehmen, dem die Mehrheit der Anteile eines anderen Unternehmens gehört oder dem die Mehrheit der Stimmrechte zusteht, als das herrschende, das andere als das abhängige Unternehmen ansah. Die Ausschüsse sind nach Anhörung von Sachverständigen zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Mehrheitsbeteiligung zwar in aller Regel, aber nicht schlechthin in allen Fällen einen beherrschenden Einfluß zur Folge hat. So ist z. B. eine Kapitalmehrheit, die deshalb nicht zu einer Stimmenmehrheit führt, weil ein erheblicher Teil aus Vorzugsaktien ohne Stimmrecht besteht, allein nicht geeignet, einen beherrschenden Einfluß zu begründen. Entscheidend war aber, daß Fälle nachgewiesen wurden, in denen ein mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen sich im Verhältnis zu anderen Gesellschaftern vertraglidi verpflichtet hat, die Stimmredite nur aus einem Teil seiner Aktien auszuüben. Das kommt vor bei internationalen Gemeinschaflsgründungen sowie beim Übergang der Kapitalmehrheit einer Familiengesellschaft an ein familienfremdes Unternehmen oder in ähnlich gelagerten Situationen. Die Ausschüsse sind deshalb zu dem Ergebnis gekommen, daß die im Reg.-E. vorgesehene unwiderlegliche Vermutung in eine widerlegliche umgewandelt werden muß. Das ist in § 17 II mit der Folge geschehen, daß für 69

§16

Allgemeine Vorschriften

Anm. 1,2 die durch Mehrheitsbeteiligung verbundenen Unternehmen, denen es gelingt, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, die Bestimmungen für abhängige Unternehmen keine Gültigkeit haben. Man hätte es sich dann ersparen können, den Begriff der Mehrheitsbeteiligung überhaupt in das Gesetz unter „Verbundene Unternehmen" aufzunehmen. Tatsächlich wurde dieses Ergebnis auch von denjenigen, die die Umwandlung der unwiderleglichen Vermutung in eine widerlegliche beantragten, angestrebt. Dagegen bestanden jedoch Bedenken, die sidi im Endergebnis durchgesetzt haben, und zwar deshalb, weil ein Teil der für abhängige Unternehmen geltenden Vorschriften dazu dienen, die Gefahren abzuwehren oder doch zu mindern, die sich aus einer vermögensmäßigen Verflechtung zweier Unternehmen ergeben. Das sind die Bestimmungen, die zur Erhaltung der Funktion des Grundkapitals und damit zum Schutze der Gläubiger geschaffen sind. Diese werden durch eine Mehrheitsbeteiligung auch dann gefährdet, wenn sidi aus ihr kein herrschender Einfluß ergibt. Andererseits brauchten die für abhängige Unternehmen gegebenen Vorschriften, die deren Aktionäre und Gläubiger gegen Benachteiligungen schützen sollen, die durch den Einfluß des herrschenden Unternehmens auf die Willensbildung der Organe der abhängigen Gesellschaft entstehen können, dann keine Anwendung zu finden, wenn die gesetzliche Vermutung des § 17 II widerlegt ist und es sidi um eine Mehrheitsbeteiligung handelt, durch die kein herrschender Einfluß ausgeübt werden kann.

IL Die Reditsnatur der Mehrheitsbeteiligung 1. Die verschiedenen Arten Anm. 2: Eine Mehrheitsbeteiligung kann einmal auf einer Kapitalmehrheit und zum anderen auf einer Stimmenmehrheit beruhen. Meist wird beides zusammenfallen. Es ist jedoch denkbar, daß eine Kapitalmehrheit ohne Stimmenmehrheit vorhanden ist, z. B. dann, wenn ein Teil der Anteile, die die Kapitalmehrheit ausmachen, Aktien ohne Stimmrecht sind, und es ist umgekehrt möglich, daß eine Mehrheit der Stimmrechte vorhanden ist, ohne daß eine Kapitalmehrheit vorliegt. Dazu bedarf es nicht einmal Mehrstimmrechtsaktien (§ 12), sondern es ist auch der Fall denkbar, daß, wenn eine größere Zahl von stimmrechtslosen Vorzugsaktien vorhanden ist, eine kapitalmäßige Minderheit eine Mehrheit der Stimmrechte besitzt. Hat eine AG, wie es nach § 139 II möglich ist, ebensoviel Vorzugsaktien ohne Stimmrecht wie Stammaktien, so hat ein Unternehmen, dem z. B. vom gesamten Grundkapital 40 % in stimmrechtslosen Vorzugsaktien und 20 % in Stammaktien gehören, zwar die Kapital- nicht aber die Stimmenmehrheit. Da nach § 5 Einführungsgesetz alte Mehrstimmrechtsaktien erhalten bleiben, ist es je nach der Ausstattung dieser Aktien mit Stimmrechten auch in Zukunft noch möglich, daß einige wenige Aktien die Stimmenmehrheit schaffen. Dann sind die Voraussetzungen des § 16 gegeben, mag ihr Kapitalanteil auch noch so klein sein. 70

Mehrheitsbesitz

§16

Anm. 3

2. Recbtsform der beteiligten Unternehmen Anm. 3: Über den Begriff „rechtlich selbständige Unternehmen" vgl. § 15 Anm. 6. Welche Rechtsformen die beteiligten Unternehmen haben, ist gleichgültig. Sie können eine AG, KGaA oder andere Kapitalgesellschaft, eine bergrechtlidie Gewerkschaft, eine Personengesellschaft oder das Unternehmen eines Einzelkaufmannes sein. Das ergibt sich daraus, daß im Gesetz, wenn nur die Bezeichnung „Unternehmen" gebraucht wird, die Reditsform, in der sie betrieben werden, keine Rolle spielt, andernfalls wird die Rechtsform bezeichnet, so z. B. im § 19; dort heißt es, daß wechselseitig beteiligte Unternehmen solche in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft sind. Eine derartige Einschränkung ist hier nicht gegeben. Es kann deshalb das Unternehmen, das die Mehrheitsbeteiligung eines anderen Unternehmens besitzt, in jeder Rechtsform geführt werden. Gewisse Bedenken könnten für das in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen deshalb entstehen, weil das Gesetz davon ausgeht, daß die Mehrheitsbeteiligung darauf beruht, daß einem Unternehmen „die Mehrheit der Anteile" eines anderen Unternehmens gehört. Von einer Mehrheit der Anteile kann man jedoch, genau genommen, nur bei Unternehmen sprechen, die in der Form einer Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft geführt werden. Es gibt zwar auch bei den Personengesellschaften einen Kapitalanteil des einzelnen Gesellschafters (§ 120 II HGB). Dieser ist aber ein Anteil an dem nach Gesamthandsprinzip gebundenen Vermögen. Eine selbständige Verfügung über ihn ist grundsätzlich nicht möglich (dies sind Ausführungen zum Kapitalanteil und nicht die Begründung, warum Personengesellschaften „beteiligte Unternehmen" sein können, wie es fälschlich vom Kölner Komm. Anm. 7 interpretiert wird). Er spielt lediglich eine Rolle im Verhältnis der Gesellschafter untereinander insoweit, als sich nach der Höhe des Kapitalanteils die Gewinnansprüche und im Falle der Liquidation des Unternehmens der Auseinandersetzungsanspruch beredinet (vgl. Friedländer, Konzernrecht 2. Aufl. 64, sowie Kommentare zu §§ 105 und 120 HGB). Bei einer Personengesellschaft kann man nidit von einer „Mehrheit der Anteile" sprechen, sondern allenfalls von einer verschiedenen Größe der Kapitalanteile der einzelnen Gesellschafter. Dasselbe gilt für andere Beteiligungen, also an einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und bei einer stillen Beteiligung, etwa an dem Unternehmen eines Einzelkaufmanns. In allen diesen Fällen ist eine Mehrheit der Anteile nicht gegeben. Hinzu kommt, daß im Abs. 2 die Frage, welcher Teil der Anteile einem Unternehmen gehört, nur in bezug auf die Kapitalgesellschaft und die bergrechtlidie Gewerkschaft behandelt wird. Es liegt der Gedanke nahe, daß der Gesetzgeber eine besondere Berechnung für den Mehrheitsanteil gegeben hätte, wenn er in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen, die in der Rechtsform einer Personengesellschaft oder als Unternehmen eines Einzelkaufmannes betrieben werden, in die Bestimmung hätte 71

§16

Anm. 3

Allgemeine Vorschriften

einbeziehen wollen. Denn im Grunde genommen sind diese Fälle schwieriger als die, bei denen das in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen eine Kapitalgesellschaft oder bergrechtliche Gewerkschaft ist. In der amtlichen Begründung zum Reg.-E., der in § 16 II und I I I , soweit es hier interessiert, die gleichen Bestimmungen enthielt, werden zwei Gründe dafür genannt, daß besondere Bestimmungen für die Berechnung der Mehrheitsbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft und einer bergrechtlichen Gewerkschaft für notwendig gehalten wurden. Einmal wollte man bei der Berechnung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft vermeiden, daß von deren Zahl ausgegangen wird und nicht von dem Verhältnis des Gesamtnennbetrages der Beteiligung zum Nennkapital, was man besonders bei einer Mehrheitsbeteiligung an einer GmbH für möglich hielt, und zum anderen sollte geklärt werden, wie eigene Anteile einer in Mehrheitsbesitz stehenden Kapitalgesellschaft zu behandeln sind. Man kann also daraus, daß der Gesetzgeber glaubte, zwei bestimmte Fragen besonders regeln zu müssen, die sich auf Kapitalgesellschaften beziehen, nicht die Folgerung ziehen, daß er damit zum Ausdrudk bringen wollte, daß ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen nur eine Kapitalgesellschaft oder bergrechtliche Gewerkschaft sein könnte. Der gegenteilige Standpunkt würde auch zu einem unbefriedigenden Ergebnis führen. Die Berechnung der Beteiligung bei Personengesellschaften ist bei Vorhandensein fester Kapitalkonten einfach. Sind solche nicht vorhanden, so ist die Höhe des Kapitalanteils immer neu festzusetzen, und zwar für den jeweils relevanten Stichtag (ebenso WP — Handbuch 1968,1104; Kölner Komm. Anm. 7). Insoweit die Mehrheitsbeteiligung darauf beruht, daß einem Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte eines anderen Unternehmens zusteht, werden allerdings in der Praxis meist nur Kapitalgesellschaften und bergrechtliche Gewerkschaften als in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen in Frage kommen, denn nur dort gibt es grundsätzlich eine „Mehrheit der Stimmrechte". Immerhin ist es auch bei Personengesellschaften denkbar, daß durch Vertrag ein gewisses Stimmrecht in bestimmter Höhe für die einzelnen Gesellschafter eingeräumt wird. Sollte sich aus einem solchen Stimmrecht ein Ubergewicht eines Gesellschafters ergeben, der ein Unternehmen ist, so wird man nicht von einer in der Mehrheit der Stimmrechte liegenden Mehrheitsbeteiligung sprechen, sondern dann ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag unmittelbar das Verhältnis eines herrschenden und eines abhängigen Unternehmens. Überhaupt nicht hierher gehört der Fall, wenn etwa bei einer O H G durch Ausschluß der übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung einem anderen Unternehmen diese allein zusteht, denn dann handelt es sich in der Regel nicht um ein in Mehrheitsbesitz befindliches Unternehmen, sondern um ein abhängiges (vgl. § 17 I I ; ebenso B.-H. Rn. 3). Bei dem Unternehmen eines Einzelkaufmanns kann es begrifflich keine Mehrheitsbeteiligung, die auf einem Mehrstimmrecht beruht, geben. 72

Mehrheitsbesitz

§16 Anm. 3—5

Eines der beteiligten Unternehmen muß allerdings eine AG oder KGaA sein, weil sonst das Aktiengesetz keine Anwendung findet. 3. Berechnung der Mehrheit Anm. 4: Wenn es in Abs.l heißt, daß eine Mehrheitsbeteiligung dann vorliegt, wenn einem Unternehmen die Mehrheit der Anteile eines anderen Unternehmens gehört, so trifft dies wörtlich genommen nur auf einen einzigen Fall zu, nämlich wenn es sich bei dem in Mehrheitsbesitz befindlichen Unternehmen um eine bergreditliche Gewerkschaft handelt. Dann ist in der Tat eine Mehrheitsbeteiligung gegeben, wenn die Mehrheit aller Anteile, d. h. in diesem Falle aller Kuxe, dem anderen Unternehmen gehört. In allen anderen Fällen kommt es nicht auf die Mehrheit der Anteile, sondern auf ihren Kapitalwert an. Dies gilt sowohl für die Unternehmen, die in der Form einer Personengesellschaft oder als Unternehmen eines Einzelkaufmannes geführt werden, wie audi für diejenigen, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft bestehen. N u r für Kapitalgesellschaften wird dies in Abs. 2 insoweit ausdrücklich bestimmt, als dort der Gesamtnennbetrag der zur Mehrheitsbeteiligung gehörigen Anteile in Verhältnis gesetzt wird zum Nennkapital der Kapitalgesellschaft. Diese ausdrückliche Bestimmung ist notwendig, weil vor allem bei der GmbH die Anteile verschieden hoch zu sein pflegen. Es kann also für die Berechnung, ob es sich um eine Mehrheitsbeteiligung handelt, nicht die Zahl der Anteile maßgebend sein, sondern deren Gesamtnennwert. Aber auch bei der AG sind sehr häufig die Nennwerte der Aktien verschieden. Daß im Abs. 2 noch einmal die bergreditliche Gewerkschaft in diesem Zusammenhang aufgeführt wird, ist nur dadurch verständlich, daß die Frage, wie eigene Anteile des in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens zu behandeln sind, für Kapitalgesellschaften und bergrechtliche Gewerkschaften einheitlich entschieden wird. Grundsätzlich sind eigene Anteile und solche, die ihnen gleichstehen, von dem Nennkapital, d.h. also bei der AG und der KGaA vom Grundkapital, bei der GmbH vom Stammkapital, abzuziehen. Auf das so verminderte Kapital wird dann der Gesamtnennbetrag, den das andere Unternehmen als Beteiligung besitzt, in Bezug gebracht, um festzustellen, ob die Beteiligung eine kapitalmäßige Mehrheitsbeteiligung ist. Da es bei einer bergrechtlichen Gewerkschaft kein Nennkapital gibt, ist hier die Bezugsgröße die Zahl aller Kuxe, vermindert um die Zahl eigener Kuxe. Anm. 5: Beruht die Mehrheitsbeteiligung nicht auf einer Mehrheit an Anteilen, sondern auf der Mehrheit der Stimmrechte, so ist die Regelung insofern einfacher, weil es dann nicht auf die Zahl der Anteile ankommt, sondern auf die der Stimmrechte, die stets gesondert geregelt sind und nur in besonderen Fällen zufällig mit der Zahl der Anteile übereinstimmen können. Maßgebend ist deshalb hier auf der einen Seite die Gesamtzahl der Stimmen, die sich aus 73

§ 16 Allgemeine Vorschriften Anm. 5,6 der Beteiligung ergeben, im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Stimmrechte. Von dieser Gesamtzahl der Stimmrechte sind dann die Stimmrechte aus eigenen Anteilen abzuziehen. Es handelt sidi also um die gleiche Berechnungsweise wie bei der auf einer Mehrheit von Anteilen beruhenden Mehrheitsbeteiligung nach Abs. 2. In beiden Fällen stehen eigenen Anteilen des Unternehmens solche gleich, die ein anderer für Rechnung des Unternehmens hält. Das ist dann der Fall, wenn einerseits der Besitzer der Anteile verpflichtet ist, diese dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen und den Weisungen des Unternehmens insoweit unterworfen ist, auf der anderen Seite das Unternehmen das Risiko für den Besitz der Aktien trägt (ebenso Fischer in Großkomm. § 51 Anm. 2). Darauf, wie derjenige, der die Anteile für Rechnung des Unternehmens besitzt, zu diesen Anteilen gekommen ist, kommt es hier nicht an, die Bestimmung gilt sowohl für einen originären (§ 56) wie audi für einen abgeleiteten (§ 71) Erwerb. Nicht abzusetzen vom Nennkapital der Gesellschaft oder von der Gesamtzahl aller Stimmrechte sind die Anteile, die einem abhängigen Unternehmen des in Mehrheitsbesitz befindlichen Unternehmens gehören oder die für Rechnung des abhängigen Unternehmens von Dritten gehalten werden. Das ist dann, wenn das in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen eine AG ist, deshalb nicht selbstverständlich, weil aus Aktien, die einem abhängigen Unternehmen gehören oder von einem Dritten für dessen Redinung gehalten werden, nach § 136 II das Stimmrecht ebensowenig ausgeübt werden kann wie für eigene Aktien und solche, die anderen für Rechnung der Gesellschaft gehören. Es spräche manches dafür, nicht nur — wie geschehen — für einen Teil dieser Aktien des mit Mehrheit beteiligten Unternehmens, sondern für alle Aktien das Stimmrecht von der Gesamtzahl aller Stimmrechte abzuziehen. Anm. 6: Bei der Berechnung der Beteiligung des mit Mehrheit beteiligten Unternehmens sind die Anteile mitzurechnen, die einem abhängigen Unternehmen oder einem anderen für Rechnung des Unternehmens oder einem von diesem abhängigen Unternehmens gehören. Hier ist man also nicht vom Eigentum ausgegangen, sondern von der wirtschaftlichen Machtstellung. Man wollte, wie die Regierungsbegründung ausführt, die Umgehungstatbestände erfassen. Es wäre in der Tat für ein Unternehmen nichts einfadier, eine Mehrheitsbeteiligung dadurch zu verschleiern, daß es nicht selbst alle Anteile besitzt, sondern diese auf eine oder mehrere abhängige Unternehmen verteilt. Bei der Feststellung der Gesamtzahl der Anteile oder Stimmrechte des Unternehmens, an dem die Beteiligung besteht, brauchen die Umgehungstatbestände nicht erfaßt zu werden. Wenn nämlich das mit Mehrheit beteiligte Unternehmen, das allein interessiert sein kann, in der Lage ist, das andere Unternehmen zu einer Umgehung zu bestimmen, wird damit deutlich, daß es ein herrschendes und das andere ein abhängiges Unternehmen ist und mithin nicht 74

Mehrheitsbesitz

§16

Anm. 6

§16, sondern § 17 auf das Unternehmen anzuwenden ist. Immerhin bleibt die Möglichkeit bestehen, daß eine Mehrheitsbeteiligung an einer Gesellschaft, deren Aktien zum Teil bei von ihr abhängigen Gesellschaften liegen, leichter zu erreichen ist, als bei einer Gesellschaft, bei der dies nicht der Fall ist. Besitzt ein Unternehmen 10 % eigene Anteile, liegt eine Mehrheitsbeteiligung vor, wenn ein Unternehmen mehr als 45 °/o Anteile besitzt. Hat das Unternehmen 4 °/o eigene Anteile und besitzen von ihm abhängige Unternehmen insgesamt 6°/o Anteile, so muß ein mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen mehr als 48 °/o haben. Sind die Verhältnisse umgekehrt, d. h., hat das Unternehmen 6 % im Eigenbesitz, während sich 4°/o in den Händen von abhängigen Unternehmen befinden, so besteht die Mehrheitsbeteiligung bereits, wenn mehr als 47 %> in ihr vertreten sind. Das Ergebnis befriedigt insofern nidit, als Anteile, aus denen das Stimmrecht nicht ausgeübt werden kann, verschieden behandelt werden, je nachdem, ob es sich um eigene Anteile oder um solche handelt, die bei abhängigen Unternehmen liegen. Zu einem anderen Ergebnis könnte man nur gelangen, wenn man den Abs. 4 auf die Absätze 2 und 3 bezieht und nicht, wie hier geschehen, nur auf den Abs. 1. Eine soldie Auslegung scheint uns aber nicht möglich, denn der Abs. 4 knüpft zunächst schon einmal rein sprachlich an den Abs. 1 an. Dort heißt es „gehört die Mehrheit der Anteile . . i m Abs. 4 heißt es „als Anteile, die einem Unternehmen gehören, gelten . . . " . Ferner ist zu beaditen, daß, wenn man den Abs. 4 auch auf die Abs. 2 und 3 beziehen will, ein Fall, der dort bereits geregelt ist, im Abs. 4 noch einmal wiederholt würde. Nach Abs. 2 Satz 3 stehen eigenen Anteilen Anteile gleich, die einem anderen für Rechnung des Unternehmens gehören. Nach Abs. 4 gelten u. a. Anteile, die einem anderen für Rechnung des Unternehmens gehören, als dem Unternehmen selbst gehörig. Dazu kommt, daß im Abs. 4 noch ein Fall geregelt wird, der überhaupt nicht in den Abs. 2 hineinpaßt, nämlich daß dann, wenn der Inhaber des Unternehmens ein Einzelkaufmann ist, auch die Anteile, die sonstiges Vermögen des Inhabers sind, als dem Unternehmen gehörende Anteile gelten. Anteile, die einem abhängigen Unternehmen gehören, gelten audi dann als Anteile des herrschenden Unternehmens, wenn dieses selbst keine Anteile besitzt (ebenso Adler-Düring-Schmaltz Vorbem. zu §§ 311—313 Tz 22; Habermann in WP 66, 34; Bernhard in BB 66, 68; Müller in Die AktGes. 68, 277; a. A. Würdinger, S. 269 und 273; ders. in Großkomm. Anm. 5; Schäfer in BB 66, 229). Das Gleiche muß auch für die Zurechnung von Anteilen gelten, die einem Einzelkaufmann gehören. Diese sind auch dann zu einem Unternehmen zuzurechnen, wenn sie sich alle in seinem Privatvermögen befinden (ebenso B.-H. Rn. 8; Habermann in WP 66, 30 ff.). Die von Müller (a. a. O.) vertretene gegenteile Auffassung stützt sich im wesentlichen auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise und eine weitgehende Auslegung des Gesetzes. Eine 75

§ § 16/17

Allgemeine Vorschriften

Anm. 6/1 solche scheint uns aber nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht zulässig zu sein. m . Bezugnahme auf Mehrheitsbeteiligung im Gesetz Anm. 7: Im Gesetz wird die Mehrheitsbeteiligung niemals allein, sondern nur im Zusammenhang mit dem Begriff der Abhängigkeit behandelt, weil stets dann, wenn Gefahren einer Mehrheitsbeteiligung begegnet werden muß, diese ganz sicher auch dann bestehen, wenn ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt. Das sind folgende Fälle: a) § 20 IV, Mitteilungspflicht einer Mehrheit (vgl. dort Anm. 6); b) § 56, die Aktienübernahme durch ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen sowie für Rechnung solcher Unternehmen (vgl. Anm. dort); c) § 71, Erwerb eigener Aktien (vgl. Anm. dort); d) § 151, Vorschriften über die Gliederung der Jahresbilanz (s. dort Anm. 27); e) § 160 III Ziff. 1 + 2, Geschäftsbericht, s. dort Anm. 5, 6 u. 11; alle diese Vorschriften beziehen sich auf die vermögensmäßige Verflechtung von Unternehmen. § 17 Abhängige und herrsdiende Unternehmen (1) Abhängige Unternehmen sind rechtlich selbständige Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen (herrschendes Unternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß ausüben kann. (2) Von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, daß es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist. I. Übersicht (Anm. 1) II. Grundlagen des Beherrschungs- und Abhängigkeitsverhältnisses 1. Allgemeine Grundlagen (Anm. 2) 2. Konsortialverträge (Anm. 3)

3. Die Einmann-Gesellsdiaft (Anm. 4) 4. Nichtigkeit des Abhängigkeitsverhältnisses (Anm. 5) III. Bezugnahme auf abhängige Unternehmen im Gesetz (Anm. 6)

I. Übersicht Anm. 1: Die Begriffsbestimmung des abhängigen und herrschenden Unternehmens ist die gleiche wie im bisherigen Recht. Uber den Unternehmensbegriff vgl. § 15 Anm. 2 u. 3, über die rechtliche Selbständigkeit dort Anm. 6. Nach bisherigem Recht galten abhängige und herrschende Unternehmen zu76

Abhängige und herrschende Unternehmen

§ 17

Anm. 1,2

sammen als Konzern und einzeln als Konzernunternehmen (§ 15 II AktG 37), und zwar auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 15 I AktG 37 nicht vorlagen, nämlidi wenn die Unternehmen nidit unter einheitlidier Leitung zu wirtschaftlichen Zwecken zusammengefaßt waren. Diese Fiktion des alten Rechts, wonach ein Abhängigkeitsverhältnis immer auch ein Konzernverhältnis war, ist weggefallen, weil sie den wirtschaftlichen Tatsachen nicht entspricht. Es gibt Abhängigkeitsverhältnisse, die deshalb keine Konzerne sind, weil es an einer einheitlichen Leitung fehlt, die nadi § 18 das entscheidende Merkmal eines Konzerns ist. Nach bisherigem Recht wurden als Grund für ein Beherrschungs- und Abhängigkeitsverhältnis Beteiligungen genannt. Diese Hervorhebung einer besonderen Grundlage für das Verhältnis war bereits im Reg.-E. weggefallen. Dafür war aber in einem besonderen Absatz der heute in § 16 enthaltene Begriff der Mehrheitsbeteiligung definiert und die unwiderlegliche Vermutung festgelegt, daß bei Vorliegen einer Mehrheitsbeteiligung dieses Unternehmen als herrschendes und das andere als abhängiges Unternehmen anzusehen sei. Das Gesetz hat diese Konzeption nicht übernommen, vielmehr die mehrheitsbeteiligten Unternehmen nunmehr in einer besonderen Bestimmung (§ 16) behandelt und die unwiderlegliche Vermutung in eine widerleglidie umgewandelt. Uber die Gründe, die zu dieser Änderung führten, vgl. § 16 Anm. 1. Klargestellt ist, daß ein Abhängigkeitsverhältnis bereits dann vorliegt, wenn der beherrschende Einfluß ausgeübt werden kann. Es ist nicht notwendig, daß er tatsächlidi ausgeübt wird. Damit folgt das Gesetz der bisher schon überwiegend herrschenden Meinung. Anders ist es bei einem Konzern insoweit, als dort das entscheidende Kriterium, nämlich die einheitliche Leitung, nicht nur möglich sein kann, sondern sie muß tatsächlich ausgeübt werden, sonst liegt kein Konzern vor. II. Grundlagen des Beherrsdiungs- und Abhängigkeitsverhältnisses 1. Allgemeine Grundlagen Anm. 2: In der Begriffsbestimmung verzichtet das Gesetz auf die Aufzählung der möglichen Grundlagen eines Abhängigkeitsverhältnisses. Es setzt lediglich den herrschenden Einfluß des einen Unternehmens auf das andere voraus und folgt damit dem Gedankengang in R G 167, 49 ff. Ein beherrschender Einfluß liegt vor, wenn ein Unternehmen ein anderes veranlassen kann, sich seinem Willen zu fügen. Wie dies im einzelnen zustande kommt, ob dadurch, daß auf die Willensbildung innerhalb der Gesellschaft oder von außen her die Einwirkung möglich ist, ob sie auf rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen beruht, ist gleichgültig (h. M. und RG a.a.O.; ebenso Kölner Komm. Anm. 10, obwohl unsere Ansicht in Anm. 8 als „unspezifiziert" bezeichnet wird; a. M. Klausing, Reform des Aktienrechts). Beide 77

§17

Anm. 2

Allgemeine Vorschriften

werden sidi häufig überschneiden, auch ist die Grenze nicht immer sicher zu ziehen. Im Grunde ist audi eine Abhängigkeit infolge Beteiligung des herrschenden Unternehmens vom rechtlichen Standpunkt aus eine tatsächliche, weil eine rechtliche Bindung daraus nicht hervorgeht. Von einem Abhängigkeitsverhältnis kann aber nur gesprochen werden, wenn das eine Unternehmen selbständig beherrschenden Einfluß auf das andere ausüben kann; dies ist nicht der Fall, wenn es auf Dritte angewiesen ist, um seinen Willen durchzusetzen, auf die es nicht mit Sicherheit rechnen kann (RG a.a.O.; B.-H. Rn. 4). Wenn das Gesetz heute nicht mehr die Beteiligung beispielhaft anführt, so wird diese nach wie vor sehr häufig die Grundlage für die Ausübung eines herrschenden Einflusses sein. Dabei kommt es keineswegs auf die Höhe an. So wie eine Mehrheitsbeteiligung im Sinne des § 16 nicht zwingend ein Abhängigkeitsverhältnis schaffen muß, sondern dies nur widerlegbar vermutet wird, so kann umgekehrt eine Minderheitsbeteiligung durchaus die Grundlage für ein Beherrschungsverhältnis sein, wenn sie nur, sei es für sich allein, etwa weil der übrige Beteiligungsbesitz zersplittert ist, oder zusammen mit anderen Einwirkungsmöglichkeiten einen beherrschenden Einfluß geben. Dieser kann z. B. dann angenommen werden, wenn bei einer Minderheitsbeteiligung im Zusammenhang mit Abstimmungsverträgen die Möglichkeit besteht, den Aufsichtsrat zu besetzen, insbesondere wenn auch zur vorzeitigen Abberufung nach der Satzung einfache Mehrheit genügt. In einem solchen Fall kann mittelbar auf die Zusammensetzung des Vorstandes Einfluß genommen werden. Im übrigen kommen neben der Beteiligung in Betracht die Kreditgewährung, Übernahme von Schuld-, Wandelschuldverschreibungen, ausnahmsweise selbst stimmrechtslose Vorzugsaktien und Genußrechte, das Entsendungsrecht zum Aufsichtsrat (§ 101 II), ein Konsortialvertrag, Abhängigkeit in der Frage der Rohstoffversorgung oder des Absatzes (ebenso Schl.Qu. § 15 Anm. 21; Breska Bankarchiv X X X V I I S. 2). Nach allem kommt es auf die sämtlichen Umstände des Falles an. Das bringt eine beträchtliche Unsicherheit mit sich. Diese wollte der Reg.-E. wenigstens auf dem Gebiet der Mehrheitsbeteiligung durch die von ihm vorgesehene Fiktion eines Abhängigkeitsverhältnisses ausschalten. Das ist durch die jetzige Gesetzesfassung nicht voll erreicht. Zwar ist eine gesetzliche Vermutung bestehen geblieben, diese ist aber widerlegbar. Wie diese Widerlegung zu erfolgen hat, ist im Gesetz nicht geregelt (vgl. hierzu Habermann in WP 66, 34 und Beiträge zum neuen Aktienrecht S. 196 ff.; Birkholz in BB 66, 678). Geßler (BB 65, 1696) verlangt einen Vertrag. Es ist erwogen worden, die Widerlegbarkeit der Vermutung nur zuzulassen, wenn die Ausübung des herrschenden Einflusses aus einer Mehrheitsbeteiligung durch die Satzung der Gesellschaft oder durch einen beim Registergericht hinterlegten Vertrag ausgeschlossen ist. Man hat jedoch von einer solchen Bestimmung abgesehen, weil man die eventuelle Folge befürchtete, daß bei Hinterlegung solcher Verträge, die Scheinverträge sein 78

Abhängige und herrschende Unternehmen

§17 Ann». 2,3

könnten, ein beherrschender Einfluß stets als ausgeschlossen angesehen würde. Es kann aber nicht vom Vorhandensein solcher Verträge, sondern nur von dem Gesamtbild der Beziehungen zwischen den Unternehmen abhängen, ob eine Mehrheitsbeteiligung ausnahmsweise keinen beherrschenden Einfluß einräumt. Bei dessen Beurteilung besteht die Schwierigkeit, daß ein Abhängigkeitsverhältnis bereits dann gegeben ist, wenn der herrschende Einfluß ausgeübt werden kann, es also nicht notwendig ist, daß tatsächlich ein herrschender Einfluß ausgeübt wird. Es muß also zunächst festgestellt werden, ob die gesetzliche Vermutung, daß bei Vorliegen einer Mehrheitsbeteiligung ein herrschender Einfluß ausgeübt werden kann, widerlegt ist. Das ist z. B. dann der Fall, wenn das Unternehmen, das die Mehrheitsbeteiligung besitzt, auf die Geltendmachung der Mehrheitsbeteiligung in irgendeiner Form, sei es durch Satzungsbestimmungen — z. B. qualifizierte Mehrheit bei allen Abstimmungen —, sei es durdi Vertrag, verzichtet hat. Wenn dieser Nachweis als erbracht anzusehen ist, so muß als zweites geprüft werden, ob das mit Mehrheit beteiligte Unternehmen nicht im Zusammenhang mit anderen Umständen trotz der Einschränkung seiner Rechte aus der Mehrheitsbeteiligung einen herrschenden Einfluß ausüben kann. Nur wenn auch das zu verneinen ist, liegt trotz Mehrheitsbeteiligung kein Abhängigkeitsverhältnis vor. Es sind auch Fälle denkbar, bei denen sich aus der ganzen Situation heraus ergibt, daß ein beherrschender Einfluß nicht ausgeübt werden soll und auch tatsächlich nicht ausgeübt werden kann. Etwa dann, wenn ein Bankenkonsortium oder auch eine einzelne Bank zum Zweck der Sanierung eines Großaktionärs dessen Aktienpaket übernimmt, um es anderweitig zu verwerten. Ob ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt, ist letztlich vom Abschlußprüfer festzustellen, da dieser in seinem Bestätigungsvermerk auch zu bestätigen hat, daß der Geschäftsbericht entsprechend Gesetz und Satzung aufgestellt ist (§ 167). Nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 160 III Z. 10 hat der Vorstand im Geschäftsbericht Angaben über die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen mit Sitz im Inland zu machen. Das bedeutet vor allem, daß die rechtliche Grundlage der Verbundenheit mit dem anderen Unternehmen anzugeben ist (vgl. § 160 Anm. 14). Der Abschlußprüfer ist verpflichtet, diese Angaben nachzuprüfen. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten mit dem Vorstand, so helfen ihm mehrere gesetzliche Vermutungen: die des § 18 1 2 , wonach von einem abhängigen Unternehmen vermutet wird, daß es mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern bildet, und die hier behandelte des § 17 II. In beiden Fällen hat der Vorstand die Beweislast für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung. 2. Konsortialverträge Anm. 3: Grundlage für Beherrschung eines Unternehmens kann auch ein Konsortialvertrag sein. Konsortialverträge können verschiedenen Inhalt ha79

§ 17

Anm. 3 , 4

Allgemeine Vorschriften

ben. Oft beschränken diese sich auf gemeinsame Interessen wahrende Anschaffung, Verwertung und Verwaltung von Aktien. Häufig sehen sie aber auch den Ausschluß des Verkaufs von mehreren Aktienpaketen verschiedener Eigentümer während einer bestimmten Zeit vor. In diesem Fall bezwecken sie eine Befestigung und Erhöhung des gemeinsamen Einflusses auf das Unternehmen. Ein Minderheitenbesitzer kann auf diese Weise mit Hilfe eines anderen, den er innerhalb des Konsortiums beherrscht, weil seine Minderheit größer als die der Konsorten ist, in der Hauptversammlung die Mehrheit der Stimmen beherrschen. Meist enthalten diese Verträge auch Vereinbarungen über die Ausübung des Stimmrechts nach bestimmten Grundsätzen (vgl. über die Vollstreckbarkeit der Stimmrechtsbindung bei der GmbH BGH 48, 163). Solche Vereinbarungen sind, wenn nicht ein verbotener Stimmenkauf (§ 405 II Nr. 6 u. 7) anzunehmen ist, in ständiger Rechtsprechung vom Reichsgericht (HRR 36 Nr. 347, RG 161, 300, s. daselbst auch über Abstimmungsvereinbarungen deutscher Aktionäre einer ausländischen AG, sowie RG 156, 139; 160, 257; 165, 78) als zulässig und verbindlich anerkannt. Es ist unerheblich, ob die Bindung gegenüber der AG oder unter Aktionären eingegangen ist (HRR 36 Nr. 347), soweit damit nicht gegen § 136 III verstoßen wird (s. dort Anm. 7 u. 8). Nichtig ist ferner die Abrede, wenn sie einen Grundsatz des Aktienrechts umgeht oder zu einer Schädigung der AG führen kann oder die Treupflidit (hierüber s. Anm. 3—5 zu § 1) des beteiligten Aktionärs verletzt (DRW 40, 244; RG 131, 183; 133, 94, vgl. über Abstimmungsverträge im einzelnen Anm. 7 u. 8 zu § 136; Rasch. S. 65 ff.). Zur Frage, inwieweit aus einem Konsortialvertrag ein Unternehmen im Sinne des § 15 entstehen kann, siehe dort Anm. 5. 3. Die Einmann-Gesellschafl Anm. 4: Über die rechtliche Gestaltung und Zulässigkeit der EinmannGesellschaft vgl. § 1 Anm. 13. Wenn sich alle Anteile eines Unternehmens in einer Hand befinden, so ist sicherlich ein besonders hoher Grad von Abhängigkeit gegeben. Dennoch finden die Vorschriften über abhängige Unternehmen nur dann Anwendung, wenn sie einem Unternehmen und nicht etwa einer Privatperson gehören (vgl. § 16 Anm. 2 u. 3; Leo in Die AktGes. 65, 352 ff.). Dabei ist § 16 IV zu beachten, wonach Anteile, die einem anderen für Rechnung eines Unternehmens gehören, sowie Anteile eines Einzelkaufmannes, der ein Unternehmen betreibt, auch dann, wenn sie zu seinem sonstigen Vermögen gehören, als Anteile eines Unternehmens gelten. Liegen die in § 16 IV behandelten Fälle nicht vor, so ist ein Unternehmen, dessen sämtlidie Anteile einer Privatperson gehören, nicht als abhängiges Unternehmen im Sinne der vorliegenden Bestimmungen zu behandeln, es gelten vielmehr die für eine Einmann-Gesellschaft allgemein herausgearbeiteten Grundsätze (s. § 1 Anm. 13). Sind beide Unternehmen Aktiengesellschaften, so kann diejenige, der alle 80

Abhängige und herrsdiende Unternehmen

§ 17 Anna. 4—6

Aktien der anderen gehören, diese sich eingliedern. Das geschieht durch Hauptversammlungsbeschluß beider Gesellschaften nach §§ 319 u. 320. Es gibt mithin Einmann-Gesellschaften, die nicht unter den Begriff des abhängigen Unternehmens fallen, weil alle ihre Anteile nicht einem anderen Unternehmen, sondern einer Privatperson gehören. Ferner solche, die als abhängige Unternehmen anzusehen sind, weil alle ihre Anteile einem anderen Unternehmen gehören, die aber nicht als Konzernunternehmen anzusehen sind, weil es an einer einheitlichen Leitung fehlt. Endlich gibt es solche, die als Konzernunternehmen im Sinn des § 18 I S. 1 anzusehen sind, weil sie unter der einheitlichen Leitung des Unternehmens stehen, dem alle Anteile gehören. Das gleiche gilt nach § 18 I S. 2 im Fall der Eingliederung nach §§ 319 u. 320, jedoch wird man dann in Zukunft nicht mehr von einer Einmann-Gesellschaft sprechen, sondern von einer eingegliederten Gesellschaft. Für diese gelten dann auch die neuen besonderen Bestimmungen der §§ 321 bis 326. 4. Nichtigkeit des Abhängigkeitsverhältnisses Anm. 5: Unter Umständen kann das Abhängigkeitsverhältnis gegen die guten Sitten verstoßen und, wenn es auf Vertrag beruht, nichtig sein oder, wenn es bloß tatsächlich begründet ist, Schadenersatzansprüche nach § 826 BGB erzeugen. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle dürfte das Abhängigkeitsverhältnis auf einem von vornherein schon bei der Gründung des abhängigen Unternehmens vorhandenen organischen Plan beruhen. Häufig werden reine Organgesellschaften gegründet zu dem Zweck, bestimmte Geschäfte des herrschenden Unternehmens nach dessen Weisungen wie dessen Angestellter zu führen. Dann kann von einer Unsittlichkeit keine Rede sein; auch nicht bei einer Einmann-Gesellschaft. Es kann aber auch nachträglich ein ursprünglich freies Unternehmen durch tatsächliche Verhältnisse in völlige Abhängigkeit von einem anderen Unternehmen geraten; alsdann greifen die Vorschriften der §§ 311 ff. ein. Wird ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen, so kommen die Bestimmungen der §§ 300—307 zur Anwendung. Die Rechtsprechung über Knebelungsverträge ist praktisch nicht mehr von Bedeutung. Dagegen kann ein Schadenersatzanspruch nach § 117 begründet sein, daneben in einem solchen Ausnahmefall auch aus § 826 BGB. III. Bezugnahme auf abhängige Unternehmen im Gesetz Anm. 6: Der Begriif der abhängigen und herrschenden Unternehmen wird im wesentlichen in drei Gruppen von Vorschriften benutzt: 1. Über die Offenlegung von Unternehmensverbindungen. Diese gelten nicht nur für herrschende und abhängige Unternehmen, sondern für alle verbundenen Unternehmen im Sinn des § 15, vgl. im einzelnen dort Anm. 12. 81

§17 Anm. 6

Allgemeine Vorschriften

2. Zur Sicherung des Grundkapitals und der Gläubiger. Audi diese Gruppe von Vorschriften gilt nidit allein für herrschende und abhängige Unternehmen, sondern ebenso für mit Mehrheit beteiligte und in Mehrheitsbesitz befindliche Unternehmen im Sinne des § 16 (vgl. im einzelnen Anm. 7 zu 3. Zur Sicherung gegen Benachteiligung durch den beherrschenden Einfluß eines anderen Unternehmens auf die Willensbildung der abhängigen Gesellschaft, die dieser selbst, ihren Aktionären und ihren Gläubigern entstehen kann. Diese Bestimmungen finden allein auf herrschende und abhängige Unternehmen Anwendung. Es sind die folgenden: a) §§ 89 II; 115 I — Beschränkung der Kreditgewährung an den dort genannten Personenkreis (s. §89 Anm. 6, §115 Anm. 2 und 3 und §15 Anm. 9). b) § 136 — Verbot der Ausübung des Stimmrechts (s. dort Anm. 6). c) H a t eine abhängige Gesellschaft einen Betriebspacht- oder Betriebsüberlassungsvertrag im Sinn des § 292 I N r . 3 abgeschlossen, bei dem die vereinbarte Gegenleistung das angemessene Entgelt nicht erreicht, so muß die herrschende Gesellschaft einen bei der abhängigen Gesellschaft entstehenden Jahresfehlbetrag während der Vertragsdauer ausgleichen (§ 302 II). Daneben gibt es eine Reihe von Bestimmungen, deren Zweck in der gleichen Richtung liegt, die sich aber nicht nur auf abhängige Gesellschaften beziehen, sondern gleichzeitig auch auf Konzerngesellschaften. Es sind dies: a) § 134 I 4 — Beschränkt die Satzung das Stimmrecht durch Festsetzung eines Höchstbetrages, so kann bestimmt werden, daß zu den Aktien, die einem Aktionär gehören, der ein Unternehmen ist, auch die Aktien rechnen, die einem von ihm abhängigen oder ihn beherrschenden oder einem mit ihm konzernverbundenen Unternehmen oder für Rechnung solcher Unternehmen einem Dritten gehören. b) §§ 145 III und 165 IV — Die Rechte der Prüfer auf Auskunftserteilung gegenüber den Mitgliedern des Vorstandes und Aufsichtsrates erstrecken sich auch auf Konzernunternehmen sowie abhängige und herrschende Unternehmen. c) §§ 49, 53, 144 und 168 — Gründungs-, Sonder- und Abschlußprüfer, die vorsätzlich oder fahrlässig ihre Pflichten verletzen, sind nicht nur der Gesellschaft selbst, sondern, wenn ein Konzernunternehmen oder ein herrschendes oder abhängiges Unternehmen geschädigt wird, auch diesem zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Von besonderer Bedeutung sind die Bestimmungen des 2. Teils des 3. Buches, die sich mit der Leitungsmacht und Verantwortlichkeit bei Abhängigkeit von Unternehmen befassen (§§ 308—318). Dabei wird im ersten Abschnitt die Leitungsmacht und die Verantwortlichkeit bei Abhängigkeit von Unternehmen, die in einem Konzernverband stehen, behandelt. Dort 82

Konzern und Konzernunternehmen

§§17/18 Anm. 6 / 1

wird das Bestehen eines Beherrschungsvertrages vorausgesetzt, der seinerseits begrifflich beinhaltet, daß eine Aktiengesellschaft oder KGaA die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt. Der zweite Abschnitt behandelt die Verantwortlichkeit bei Fehlen eines Beherrsdiungsvertrages. Grundsätzlich finden die Bestimmungen auf jedes Abhängigkeitsverhältnis Anwendung, d. h. also insbesondere auch dann, wenn die abhängigen Unternehmen nicht unter einer einheitlichen Leitung stehen. In den weitaus meisten Fällen wird allerdings ein Konzernverhältnis vorliegen, das aber nicht auf einem Beherrschungsvertrag, sondern auf einem anderen Unternehmensvertrag oder auch in anderer Weise begründet sein kann. § 18 Konzern und Konzernunternehmen (1) Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefaßt, so bilden sie einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen. Unternehmen, zwischen denen ein Beherrschungsvertrag (§ 291) besteht oder von denen das eine in das andere eingegliedert ist (§ 319), sind als unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt anzusehen. Von einem abhängigen Unternehmen wird vermutet, daß es mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern bildet. (2) Sind rechtlich selbständige Unternehmen, ohne daß das eine Unternehmen von dem anderen abhängig ist, unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt, so bilden sie auch einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen. I. Übersidit (Anm. 1 u. 2) II. Wesen der Konzerne 1. Rechtlich selbständige Unternehmen (Anm. 3) 2. Einheitliche Leitung (Anm. 4) 3. Zusammenfassung (Anm. 5 — 8 ) III. Abgrenzung des Konzernbegriffes 1. Kartelle (Anm. 9) 2. Interessengemeinschaften (Anm. 10)

3. Gewinngemeinschaften (Anm. 11) 4. Führung für Rechnung eines anderen Unternehmens (Anm. 12) 5. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträge (Anm. 13) IV. Formen von Konzernen 1. Allgemeines (Anm. 14) 2. Einzelne Arten (Anm. 15) V. Bezugnahme auf Konzerne und Konzernunternehmen im Gesetz (Anm. 16)

I. Übersicht Anm. 1: Die Begriffe Konzern- und Konzernunternehmen sind im neuen Gesetz straffer bestimmt. Wie im bisherigen Recht sind Konzernunternehmen rechtlidi selbständige Unternehmen (hierüber vgl. § 15 Anm. 6), die sich zu einem Konzern zusammenschließen. Dies kommt in Abs. 1 dadurch 83

§18 Anm. 1—4

Allgemeine Vorsdiriften

zum Ausdruck, daß das Gesetz von einem herrschenden und einem oder mehreren abhängigen Unternehmen spricht, die sich zusammenschließen. Das bedeutet aber, daß es sich nach der Definition in § 17 I S. 1 um rechtlich selbständige Unternehmungen handeln muß. In Abs. 2 des vorliegenden Paragraphen heißt es ausdrücklich, daß reditlkh selbständige Unternehmen, ohne daß ein Unternehmen von dem anderen abhängig ist, sich zusammenschließen. Abs. 1 ist der sogenannte Unterordnungskonzern, Abs. 2 der sogenannte Gleidiordnungskonzern. Anm. 2: Ein Bedürfnis, für seine Zwecke eine eigene Begriffsbestimmung aufzustellen, hat zuerst der RFH empfunden und in der Entscheidung vom 30. 1. 1930 (STuW 1930 Nr. 321) für das Steuerrecht eine von ihm seitdem festgehaltene Begriffsbestimmung aufgestellt. RFH verstand unter Konzern ein „Gesamtunternehmen, welches unter einheitlicher Leitung steht und dessen einzelne Teile als autonome Einheiten aus sich selbst nicht mehr begriffen werden können, so daß zur Erklärung ihrer Stellung in der Gesamtwirtschaft eine Bezugnahme auf den planmäßig aufgebauten Konzern notwendig ist". Die Begriffsbestimmung des Gesetzes ist insoweit vereinfacht, als es ausschließlich auf die einheitliche Leitung abstellt und sowohl die Worte „zu wirtschaftlichen Zwecken" des § 15 AktG 37, als audidie Definition des RFH nicht übernommen hat (vgl. unten Anm. 5). II. Wesen der Konzerne 1. Rechtlich selbständige Unternehmen Anm. 3: Das Gesetz geht zunächst von Unternehmen aus, d. h., es ist gleichgültig, weldie Rechtsform die einzelnen Teile eines Konzerns haben (vgl. hierzu § 15 Anm. 2). Es muß aber eine AG oder KGaA darunter sein, weil sonst das Aktiengesetz nicht gilt. Es muß sich weiterhin um rechtlich selbständige Unternehmen handeln, vgl. hierzu § 15 Anm. 3 sowie oben Anm. 1. Die Zusammenfassung zu einem Konzern ändert die rechtliche Selbständigkeit der Unternehmen nicht (BGH 15, 389; 22,234). 2. Einheitliche Leitung Anm. 4: Das Wesen eines Konzerns ist sowohl beim Unterordnungs- als auch beim Gleidiordnungskonzern ausschließlich die einheitlidie Leitung, und zwar beim Unterordnungskonzern des herrschenden Unternehmens, beim Gleidiordnungskonzern die von den gleichgeordneten selbständigen Unternehmen geschaffene einheitliche Leitung. Es ist deshalb folgerichtig, wenn in § 18 I S. 2 Unternehmen, zwischen denen ein Beherrschungsvertrag besteht oder von denen das eine in das andere eingegliedert ist, als unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt anzusehen sind und als Konzernunternehmen gel84

Konzern und Konzernunternehmen

§18 Amn.4

ten. Der Gedanke ist in Abs. 1 S. 3 allerdings nicht mehr durchgeführt. Es wäre vielleicht zweckmäßiger gewesen, dahin zu formulieren, daß von einem abhängigen Unternehmen vermutet wird, daß es unter der Leitung des herrschenden Unternehmens steht. Dann hätte sich im Zusammenhang mit Satz 1 ohne weiteres ergeben, daß beide Unternehmen einen Konzern bilden. Es wäre aber von dem einzigen entscheidenden Merkmal des Konzerns abhängig gemacht worden, nämlich von dem, daß eine einheitliche Leitung vorhanden ist. Was unter einheitlicher Leitung zu verstehen ist, sagt das Gesetz nicht, weil die möglichen Formen zu mannigfaltig sind. In der bereits recht umfangreichen Literatur ist man sich darüber einig, daß die einheitliche Leitung nicht ein Weisungsrecht verlangt (Geßler in DB 65, 695; Kropff in BB 65, 1285; Wallich in Die AktGes. 67, 41; B.-H. Rn. 5). Nach der Begründung des Regierungsentwurfes liegt eine einheitliche Leitung bereits dann vor, wenn die Geschäftspolitik der Konzerngesellschaften und sonstige grundsätzliche Fragen der Geschäftsführung durch die Konzernleitung aufeinander abgestimmt werden (Kropff S. 33 und BB 65, 1284). Aalbadi (NB 66, 30 ff.) hält diese Formulierung für zu wenig präzise. Er meint, man könne von einer einheitlichen Leitung außer in den vom Gesetz besonders geregelten Fällen des Beherrschungsvertrages und der Eingliederung nur sprechen, wenn die Obergesellschaft mindestens einen Entscheidungsbereich, z. B. Investitionspolitik, Personalpolitik, Absatzpolitik, Finanzpolitik, des Konzernunternehmens bearbeitet oder die Kontrolle über das Konzernunternehmen ausübt. Rasch (S. 53) meint, die einheitliche Leitung müsse so weit gehen, daß von einer wirtschaftlichen Selbständigkeit der einzelnen Unternehmen nicht mehr gesprochen werden könne. Einmütigkeit besteht auf der anderen Seite darüber, daß es nicht genügt, wenn die Leitung ausgeübt werden kann — wie der herrschende Einfluß auf das abhängige Unternehmen —, sie muß tatsächlich ausgeübt werden. Umstritten ist weiterhin die Frage, ob die einheitliche Leitung in einem Konzern von einer Seite ausgehen muß, oder ob mehrere Stellen innerhalb des gleichen Konzerns eine einheitliche Leitung ausüben können. Am einfachsten liegt der Fall, wenn in einem Unterordnungskonzern eine unter einheitlicher Leitung stehende Gesellschaft ihrerseits abhängige Gesellschaften hat, bei denen sie eine einheitliche Leitung ausübt. Dann sind alle Gesellschaften Konzerngesellschaften, und es handelt sich auch um einen einheitlichen Konzern mit einer obersten Spitze, die zwar nicht unmittelbar die Leitung aller Konzerngesellschaften übernommen hat, aber indirekt durch die Tochtergesellschaft die „Enkel" leitet. Aber auch im Gleichordnungskonzern ist es durchaus denkbar und widerspricht es nicht dem Gesetz, wenn die Gesellschaften, die im Gleichordnungskonzern als nicht abhängige Unternehmen zusammengeschlossen sind, ihrerseits auf von ihnen abhängige Unternehmen eine Leitung ausüben. 85

§18 Anm. 4,5

Allgemeine Vorschriften

Habermann in Wp 66, 30 und in Beiträgen zum neuen Aktiengesetz S. 220 ff. vertritt den Standpunkt, daß wenn mehrere Leitungszentren in einem Konzern vorhanden sind, dies nichts mehr daran ändert, daß es sich um einen einheitlidien Konzern handelt, selbst wenn die Leitung vielleicht in der Spitze schwach und in den unteren Zentren scharf ausgeübt wird. Er läßt es dahingestellt, ob ein Unternehmen überhaupt zwei Konzernen angehören kann, stellt aber zutreffend fest, daß dies in der Begründung zum Regierungsentwurf bejaht wird (Kropff S. 439 zu § 329). Es heißt dort: „Sind an einem Unternehmen bei Obergesellschaften verschiedene Konzerne beteiligt, so ist es in den Konzernabschluß des Konzerns einzubeziehen, unter dessen Leitung es wirklich steht. Es wird kaum vorkommen können, daß ein Unternehmen unter der einheitlichen Leitung der Obergesellschaften zweier verschiedener Konzerne steht. Sollte es aber doch vorkommen, so ist das Unternehmen in jeden der beiden Konzernabschlüsse einzubeziehen, wobei jeweils die Beteiligung der anderen Obergesellschaft in der Konzernbilanz in den ,Ausgleichsposten für Anteile im Fremdbesitz' in der Konzerngewinn- und Verlustrechnung in den Posten ,konzernfremde Gesellschaften zustehender Gewinn' Berücksichtigung findet. Außerdem empfiehlt sich in solchen Fällen ein Hinweis im Konzerngeschäftsbereich darauf, daß das Konzernunternehmen auch in dem Konzernabschluß eines anderen Konzerns einbezogen ist." Wir sind der Ansicht, daß die Zusammenfassung mehrerer selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung es ausschließt, daß die gleichen Unternehmen mehreren solchen Zusammenschlüssen unter einheitlicher Leitung angehören können (im Ergebnis wohl ebenso Möhring-Tank I Rz. 718). Die Feststellung, ob eine einheitliche Leitung ausgeübt wird, hat auch hier (vgl. § 17 Anm. 2) der Abschlußprüfer. Der Vorstand muß sich nach § 160 III Ziff. 10 über die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen äußern. Er muß also erklären, ob die Gesellschaft Teil eines Konzerns ist und welche Stellung sie im Konzern einnimmt. Die Ordnungsmäßigkeit des Geschäftsberichtes muß der Abschlußprüfer in seinem Bestätigungsvermerk bescheinigen. Er muß also unter eigener Verantwortung die Richtigkeit der Angaben des Vorstandes prüfen. Dabei wird ihm die Arbeit durch die doppelte Vermutung nach § 18 I 2 und des § 17 II erleichtert. Wenn festgestellt ist, daß es sich um ein herrschendes oder abhängiges Unternehmen handelt, so muß der Vorstand die Vermutung des § 18 I und wenn festgestellt wird, daß es sich um ein mit Mehrheit beteiligtes oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen handelt, die Vermutung des § 17 widerlegen. 3. Zusammenfassung Anm. 5: Ein weiteres Erfordernis ist die Zusammenfassung mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen. Das Gesetz verzichtet darauf, eine Zusammenfassung zu wirtschaftlichen Zwecken vorzuschreiben, wie das bisher der 86

Konzern und Konzernunternehmen

§18

Anm. 5 , 6

Fall war. Damit ist keine Änderung der Rechtslage beabsichtigt, vielmehr war die Überlegung maßgebend, daß schon nach dem bisherigen Recht das Erfordernis vielfach als nichtssagend beanstandet wurde, da kaum eine Zusammenfassung von Unternehmen unter einheitlicher Leitung denkbar ist, die nicht auch wirtschaftliche Zwecke verfolgt. Durch die neue vereinfachte Formulierung sollen die entscheidenden Merkmale des Konzerns, die Zusammenfassung rechtlich selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung, klarer zum Ausdruck kommen (Reg.-Begründung S. 101). Man darf die einheitliche Leitung nicht mit der Zusammenfassung verwechseln. Es muß, auch wenn eine einheitliche Leitung besteht, daneben ein die Unternehmen zusammenhaltendes Band gegeben sein, welches den Bestand der einheitlichen Leitung gewährleistet und ihren Zusammenbruch durch ein Auseinandergehen der Unternehmen dauernd verhindert. Dies wird meist in einer Beteiligung bestehen. Ob es dann an einer Zusammenfassung fehlt, wenn die Geschäfte der beiden Unternehmen keine Berührungspunkte zeigen (so Clausen in Volkswirt 1966, 52), kann nur im Einzelfall entschieden werden. Anm. 6: Für den Unterordnungskonzern nach Abs. 1 ist dies durch das Gesetz selbst dahin geklärt, daß es sich stets um ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen handeln muß. Damit ist die Art der Zusammenfassung für diesen Fall ausdrücklich bestimmt. Zu beachten ist, daß das Abhängigkeitsverhältnis nach § 17 bereits dann vorliegt, wenn ein anderes Unternehmen einen beherrschenden Einfluß ausüben kann. Damit ist aber noch nicht ein Konzern gegeben, vielmehr liegt ein Konzernverhältnis nur dann vor, wenn dieser Einfluß tatsächlich ausgeübt wird, allerdings wird dies nach Abs. 1 Satz 3 vermutet. Es handelt sich aber um eine widerlegliche Vermutung. Zur Widerlegung muß nachgewiesen werden, daß beide Unternehmen nicht unter einer einheitlichen Leitung stehen. Praktisch läuft dies in den meisten Fällen darauf hinaus, daß mit Rücksicht auf das bestehende Abhängigkeitsverhältnis zwar eine Weisungsmöglichkeit und damit auch eine einheitliche Leitung durch das herrschende Unternehmen gegeben sein kann, daß diese aber nicht ausgeübt wird. Besteht eine Mehrheitsbeteiligung, so gibt es zwei Stufen von widerlegbaren Vermutungen. Zunächst einmal wird nach § 16 vermutet, daß ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen von dem mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist, alsdann wird nach § 181 S. 3 vermutet, daß beide Unternehmen einen Konzern bilden. Die letztere Vermutung entfällt naturgemäß von selbst, wenn die erste widerlegt wird, d. h. bewiesen werden kann, daß das in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen trotz dieser Tatsache kein abhängiges Unternehmen ist. Wird nur die Vermutung des § 18 I S. 3 widerlegt, so bleibt es ein abhängiges Unternehmen, denn dann würde feststehen, daß ein herrschender Einfluß ausgeübt werden kann, wenn er auch nicht ausgeübt wird (vgl. auch Birkholz in BB 66, 678). 87

§18 Anm. 7—9

Allgemeine Vorschriften

Anm. 7: Beim Gleichordnungskonzern (Abs. 2) gibt das Gesetz keine Vorschrift, in welcher Form die Unternehmen zusammengefaßt sind, aber audi hier ist die Zusammenfassung Voraussetzung. Nicht erforderlich ist es, daß die einheitliche Leitung von einem Unternehmen erfolgt. Sie kann audbi von einer Privatperson ausgehen (vgl. § 15 Anm. 2). Ausdrücklich ausgeschlossen wird hier das Abhängigkeitsverhältnis, denn wenn dieses vorliegt, handelt es sich nicht mehr um einen Gleichordnungskonzern, sondern um einen Unterordnungskonzern nach Abs. 1. Die Zusammenfassung muß also hier auf andere Weise geschehen. Nur obligatorische Bindungen selbständig geleiteter Unternehmen zu einem gewissen Verhalten stellen ebensowenig eine Zusammenfassung dar, wie eine gemeinsame Leitung in Einzelfragen eine einheitliche Leitung im Sinn des Gesetzes ist, welches vielmehr eine Leitung mit sachlich unbegrenzter Zuständigkeit voraussetzt (vgl. hierzu Rasch, S. 51 fiF.). Anm. 8: Die typischen Fälle schuldrechtlicher über- und untergeordneter Zusammenfassung erwähnt § 292. Audi die durch einen der in § 292 aufgeführten Unternehmensverträge oder durch einen Gewinnabführungsvertrag nach § 291 zusammengefaßten Unternehmen bilden jedoch nur dann einen Konzern, wenn eine einheitliche Leitung besteht, was nicht unbedingt notwendig ist. Lediglich wenn die Unternehmensverbindung auf einem Beherrschungsvertrag (§ 291) beruht, liegt stets ein Konzern vor, weil ein solcher seinem Wesen nadi darin besteht, daß sich eine AG oder KGaA der Leitung eines anderen Unternehmens unterstellt. Hier ist also stets eine einheitliche Leitung vorhanden. In diesem Fall kommt es nicht einmal darauf an, ob die Leitung tatsächlich ausgeübt wird, denn die vertragliche Unterstellung ist so weitgehend, daß damit allein die Unfreiheit des sich unterstellenden Unternehmens begründet wird mit allen Folgen, die sich aus den gesetzlichen Bestimmungen des 3. Buches für diesen Fall ergeben. Dasselbe gilt für den Fall der Eingliederung. Hier ist die Verbindung der beiden Unternehmen noch enger. Es bleibt zwar auch in diesem Fall die rechtliche Selbständigkeit des eingegliederten Unternehmens erhalten, wirtschaftlich ist aber die Selbständigkeit völlig beseitigt. Es ist wirtschaftlich nichts anderes als eine Abteilung der sogenannten Hauptgesellschaft. III. Abgrenzung des Konzernbegriffes 1. Kartelle Anm. 9: Es rechnen nicht zu Konzernen die Kartelle, deren Mitglieder zum Zweck der Marktbeherrschung sich zwar obligatorisch mehr oder weniger binden und eine einheitliche Leitung mit mehr oder weniger umfassender Zuständigkeit einsetzen, aber doch nur eine solche mit beschränkter sachlicher Zuständigkeit, wobei aber bei nur obligatorischer Bindung trotz der einheit88

Konzern und Konzernunternehmen

§18 Anm. 9—13

liehen Leitung weder eine Abhängigkeit von dieser noch der Mitglieder untereinander hergestellt noch sonst ein Zusammenschluß eingegangen wird, der die Freiheit des einzelnen Unternehmens aufhebt (vgl. im einzelnen Dehringer-Hermann in BB 66,1157). 2. Interessengemeinschaften Anm. 10: Interessengemeinschaften können ein Konzernverhältnis begründen, brauchen es aber nidit. Audi hier gibt es viele Formen. Interessengemeinschaften sind nach § 723 BGB mindestens aus wichtigem Grund kündbar, aber diese Garantie rechtlicher Freiheit schließt doch nicht aus, daß der tatsächliche Zusammenschluß die Möglichkeit aufhebt, von der rechtlichen Freiheit Gebrauch zu machen. Es gibt auch Interessengemeinsdiaften mit gegenseitigem Aktienaustausch und gemeinsamer einheitlicher Leitung, sei es durch eine Dachgesellschaft mit gleicher Beteiligung der Gemeinschaftsmitglieder, sei es durch einen gleichheitlich besetzten Ausschuß ihrer Verwaltung. Dies ist der typische Fall des Gleichordnungskonzerns im Sinn des Abs. 2. Bei genügend starker Befestigung der einheitlichen Leitung wird sogar in dieser allein die Zusammenfassung erblickt und auch ohne jeden Aktienaustausch ein Konzernverhältnis anerkannt werden können. 3. Gewinngemeinschaften Anm. 11: Die Gewinngemeinschaften, insbesondere wenn ein Gewinnabführungsvertrag nadi § 291 vorliegt, wonach eine Gesellschaft sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen oder es übernimmt, ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen, aber auch die Gewinngemeinschaft (§ 292 I Nr. 1) und der Teilgewinnabführungsvertrag (§ 292 Nr. 2) werden meist auf einer Zusammenfassung beruhen und eine einheitliche Leitung haben. Dann sind sie ein Konzern. Haben sie dies nicht, so wird meist ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegen, aber auch das ist nicht zwingend. 4. Führung für Rechnung eines anderen Unternehmens Anm. 12: Führt ein Unternehmen seinen Betrieb für Rechnung eines anderen Unternehmens, so wird es regelmäßig den Weisungen des letzteren unterstehen, und es wird meist ein Zusammensdiluß unter einheitlicher Leitung gegeben sein, im allgemeinen audi ein Abhängigkeitsverhältnis. 5. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträge Anm. 13: Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträge können, wenn eine einheitliche Leitung besteht, ein Konzernverhältnis begründen. Sie werden es aber häufig nicht tun. Wenn eine Gesellschaft ihren Betrieb überhaupt aufgibt und ihre Fabrik verpachtet oder ihre Quote an einem Syndikat einem 89

§18

Allgemeine Vorschriften

Anm. 13—15 anderen Unternehmen für dauernd oder einem gewissen Zeitraum überläßt, so kann es trotzdem sein, daß weder eine über die Pachtung hinausgehende Unternehmensverbindung und damit keine Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung noch auch nur ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Besonders bei Überlassung der Quote mit Stillegung der Fabrik, bei der der Erwerber der Quote nicht einmal den Besitz der stillgelegten Anlagen erhält, wird eine Abhängigkeit odei eine Zusammenfassung nicht bestehen, auch keine einheitliche Leitung; denn der stillgelegte Betrieb bedarf keiner Leitung mehr; im übrigen bleibt die Leitung der stillgelegten Gesellschaft selbständig.

IV. Formen von Konzernen 1. Allgemeines Anm. 14: Die Wirtschaft hat so viele Formen von Konzernen entwickelt, daß es unmöglich ist, alle im einzelnen im Gesetz zu definieren. Allenfalls wäre es möglich gewesen, das entscheidende Merkmal eines jeden Konzerns, nämlich die einheitliche Leitung, gesetzgeberisch im einzelnen zu fixieren und das Bestehen eines Konzerns von dem Vorhandensein einer der gesetzlichen Gestalt entsprechenden einheitlichen Leitung abhängig zu machen. Hierzu hätte Anlaß bestanden, weil die bisherige Rechtslehre Weisungsbefugnis als Voraussetzung einer einheitlichen Leitung ansah. Diese Auffassung wird in der Reg.-Begr. (S. 101) als Einengung des Konzernbegriffes angesehen. Nadi der dort vertretenen Auffassung muß es als Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung bereits angesehen werden, wenn die Konzernleitung die Geschäftspolitik der Konzerngesellschaften und sonstige grundsätzliche Fragen ihrer Geschäftsführung aufeinander abstimmt. Diese Abstimmung setzt kein Weisungsrecht voraus. Sie kann sich vielmehr auch in der lockeren Form gemeinsamer Beratung vollziehen oder aus einer personellen Verflechtung der Verwaltungen oder durch bestimmte Personalpolitik ergeben. 2. Einzelne Arten Anm. 15: Einzelne Arten von Konzernen werden im Gesetz voneinander abgegrenzt. Maßgebend für die Unterscheidung ist allerdings nicht das Ausmaß und die Form der Leitung, sondern die Unternehmensverbindung, d. h. also die Art, in der die Konzernunternehmen zusammengefaßt sind. Danach werden unterschieden: 1. Der Unterordnungskonzern (§181) Hier werden unter einheitlicher Leitung eines herrschenden Unternehmens dieses und ein oder mehrere abhängige Unternehmen zusammengefaßt. Die Zusammenfassung kann auf einem Vertrag beruhen, muß aber nicht. 90

Konzern und Konzernunternehmen

§ 18

Anm. 15,16

2. Der Gleichordnungskonzern (§18 II) Hier ist die Zusammenfassung durch jede Unternehmensverbindung möglich, ausgeschlossen ist nur die durch Abhängigkeit von einem Unternehmen gegebene. Audi hier kann die einheitliche Leitung auf Vertrag beruhen, muß es aber nicht. Sie muß nicht notwendig von einem Unternehmen im Sinne des § 15 ausgeübt werden ( § 1 5 Anm. 2). Beide Formen des Konzerns können auch in einem Konzern in Erscheinung treten, wenn ein Unternehmen eines Gleichordnungskonzerns seinerseits herrschendes Unternehmen eines Unterordnungskonzerns ist (B.-H. Rn. 7). 3. Der Vertragskonzern Ein solcher liegt vor, wenn die Zusammenfassung der Unternehmen auf einem Vertrag beruht. Ist dabei ein Unternehmen das herrschende und ein oder mehrere Unternehmen von ihm abhängig, so liegt ein vertraglicher Unterordnungskonzern vor; sind sämtliche zusammengefaßten Unternehmen nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich selbständig, so spricht man von einem vertraglichen Gleichordnungskonzern. Von den in den §§ 291 und 292 aufgeführten Unternehmensverträgen führt der Beherrschungsvertrag (§291) stets zu einem vertraglichen Unterordnungskonzern. Die anderen Verträge können, müssen aber nicht dazu führen (vgl. oben Anm. 11—13). 4. Der faktische Konzern Er ist stets dann gegeben, wenn die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung nicht auf einem Vertrag beruht, sondern auf anderen rechtlichen oder auch nur tatsächlichen Grundlagen. Er unterliegt insbesondere den Bestimmungen der §§ 311—318, allerdings beziehen sich diese auch auf Vertragskonzerne, soweit der Vertrag, auf den der Zusammenschluß unter einheitlicher Leitung beruht, nicht ein Beherrschungsvertrag im Sinn des § 291 ist. Eine strenge Unterscheidung zwischen Vertrags- und faktischem Konzern gibt es also in der gesetzlichen Regelung nicht (zur Abgrenzung vom Vertragskonzern vgl. auch Geßler in DB 65, 1692; Obermüller-Werner-Winden. Das Aktiengesetz 1965, S. 199; Rasch, S. 139; B.-H. Rn. 8). V. Bezugnahme auf Konzerne und Konzernunternehmen im Gesetz Anm. 16: a) Konzernunternehmen sind stets verbundene Unternehmen im Sinn des § 15. Sie fallen also unter alle gesetzlichen Bestimmungen, die sidi auf diese beziehen (vgl. im einzelnen § 15 Anm. 12). Liegt ein Unterordnungskonzern vor, so gelten für die abhängigen Konzernunternehmen die Bestimmungen für abhängige Unternehmen (§ 17 Anm. 6). b) § 97 I; Die Bekanntmachung des Aufsichtsrates hat auch in den Konzerngesellschaften zu erfolgen. 91

§§18/19

Allgemeine Vorschriften

Anm. 16

c) § 100 II; auf die Höchstzahl der Aufsiditsratssitze sind solche der Konzerngesellsdiaften nur beschränkt anzurechnen. d) Nadi § 104 hat das Gericht, wenn es ein Aufsiditsratsmitglied zu bestellen hat, das durch Wahlmänner zu wählen wäre, die gemeinsamen Vorschläge der Betriebsräte und Konzernunternehmen zu berücksichtigen, in denen Wahlmänner zu wählen sind. e) § 134; mögliche Anrechnung von Aktien im Besitz von Konzernunternehmen bei Höchststimmrecht. f) §§ 145 III und 165 IV; Rechte der Sonder- und Abschlußprüfer gegenüber Konzernunternehmen. g) §§ 168 I, 49, 53, 144; Verantwortlichkeit der Abschluß-, Gründungsund Sonderprüfer. Im übrigen sind die entscheidenden Bestimmungen für Konzerne und Konzernunternehmen im 3. Buch zusammengefaßt. Diese gelten zwar nicht nur für Konzerne, deshalb die Bezeichnung dieses Buches „Verbundene Unternehmen", sie gelten aber jedenfalls auch für Konzernunternehmen, d. h. für Unternehmen, die durch eine einheitliche Leitung zusammengefaßt sind. Der 5. Teil dieses Buches, Rechnungslegung im Konzern (§§ 329—338) gilt, wie die Uberschrift bereits erkennen läßt, nur für Konzerne und Konzerngesellschaften. § 19 Wechselseitig beteiligte Unternehmen (1) Wechselseitig beteiligte Unternehmen sind Unternehmen mit Sitz im Inland in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder bergrechtlidien Gewerkschaft, die dadurch verbunden sind, daß jedem Unternehmen mehr als der vierte Teil der Anteile des anderen Unternehmens gehört. Für die Feststellung, ob einem Unternehmen mehr als der vierte Teil der Anteile des anderen Unternehmens gehört, gilt § 16 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4. (2) Gehört einem wediselseitig beteiligten Unternehmen an dem anderen Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung oder kann das eine auf das andere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrsdienden Einfluß ausüben, so ist das eine als herrschendes, das andere als abhängiges Unternehmen anzusehen. (3) Gehört jedem der wediselseitig beteiligten Unternehmen an dem anderen Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung oder kann jedes auf das andere unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß ausüben, so gelten beide Unternehmen als herrschend und als abhängig. (4) § 328 ist auf Unternehmen, die nach Absatz 2 oder 3 herrschende oder abhängige Unternehmen sind, nicht anzuwenden. 92

Wechselseitig beteiligte Unternehmen I. Übersicht (Anm. 1 u. 2) II. Begriffsbestimmung 1. Rechtsformen (Anm. 3) 2. Sitz im Inland (Anm. 4) 3. Art der Beteiligung (Anm. 5) 4. Höhe der Beteiligung (Anm. 6)

III. Wirtschaftlich selbständige und abhängige Unternehmen (Anm. 7) IV. Folgen der wechselseitigen Beteiligung (Anm. 8)

I. Übersicht Anm. 1: Die wechselseitige Beteiligung zweier Unternehmen war im bisherigen Recht nicht ausdrücklich geregelt. In der 2. Auflage wurde unter Bezugnahme auf die amtliche Begründung zum Gesetz von 1937 die Auffassung vertreten, daß eine wechselseitige, etwa gleichmäßige Beteiligung zweier Unternehmen keine Abhängigkeit begründe. Für diese Auffassung war der Gedanke maßgebend, daß jede Beteiligung für sich betrachtet einen beherrschenden Einfluß vermitteln könne, aber deshalb nicht zu einem Abhängigkeitsverhältnis führe, weil aus ihrer Wechselseitigkeit der mögliche beherrschende Einfluß sich gegenseitig aufhebt. Diese Auffassung konnte sich auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts, insbesondere auf Band 149, 305 ff., auch J W 1936, 919 und 1530 mit Anm. von Boesebeck stützen. Gegen diese Auffassung hat besonders Haefermehl (DB 1955, 304 ff.) Stellung genommen und sich auf den Standpunkt gestellt, daß in diesen Fällen in der Regel ein zweiseitiges Abhängigkeitsverhältnis anzunehmen sei, und daß deshalb beide Gesellschaften mit den in ihrem Besitz befindlichen Aktien kein Stimmrecht in der Hauptversammlung der anderen Gesellschaft haben könnten (so auch Rasch S. 116; a. A. Boesebeck in DB 1955, S. 401 ff.). Die Streitfrage ist nunmehr dahin entschieden, daß wenn bei wechselseitig beteiligten Unternehmen das eine Unternehmen einen beherrschenden Einfluß auf das andere ausüben kann, dieses als herrschendes und das andere als abhängiges Unternehmen anzusehen ist. Können beide Unternehmen einen beherrschenden Einfluß ausüben, so sind beide als herrschende und abhängige Unternehmen anzusehen. Eine Aufhebung durch die Wechselseitigkeit der Möglichkeit der Einflußnahme gibt es also künftig nicht mehr. Es ist auch gleichgültig, worauf der herrschende Einfluß beruht, ob auf dem Beteiligungsverhältnis selbst oder auf anderer Grundlage. Ist die Beteiligung eine Mehrheitsbeteiligung, so begründet diese unwiderlegbar einen herrschenden Einfluß und damit ein Abhängigkeitsverhältnis des anderen Unternehmens. Das gilt auch dann, wenn die wechselseitige Beteiligung bei jedem Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung ist mit der Folge, daß beide Unternehmen auch als abhängige Unternehmen jeweils vom anderen gelten. Anm. 2: Damit sind die sich aus einer wechselseitigen Beteiligung ergebenden Probleme jedoch nicht erschöpfend geregelt. Es gibt auch wechselseitige 93

§19 Anm. 2

Allgemeine Vorschriften

Beteiligungen, die nicht zu einem Abhängigkeitsverhältnis führen. Grundsätzlich wird durch eine solche wechselseitige Beteiligung die Struktur der Unternehmen zunächst einmal nicht irgendwie verändert, genausowenig wie eine nicht wechselseitige Beteiligung eines Unternehmens an einem anderen die Struktur des anderen Unternehmens berührt, solange dadurch nicht die Möglichkeit einer Einflußnahme geschaffen wird. Erst wenn die wechselseitige Beteiligung zweier Unternehmen eine gewisse Höhe erreicht, treten neue Probleme auf. Es wird dann die Funktion des Grundkapitals gefährdet. Bei dem in der bereits erwähnten Entscheidung des RG (149, 305 ff.) behandelten Fall betrug die wechselseitige Beteiligung zweier Aktiengesellschaften über 90 Vo ihres Grundkapitals. Ein erheblicher Teil des Aktivvermögens bestand mithin in einer Beteiligung an einer anderen Gesellschaft. Das hat zur Folge, daß bei beiden Gesellschaften keine echten Vermögenswerte gegenüberstehen, sondern jeweils nur die Beteiligung an der anderen Gesellschaft, d. h., dasselbe Kapital erscheint zweimal. Ebenso liegen die Dinge bei einer Kapitalerhöhung, wenn zwei Aktiengesellschaften wechselseitig ihre Aktien zeichnen, so kann die gleiche, zwischen den beiden Gesellschaften hin- und herwandernde Einlage mehrfach verwandt werden. Eine weitere unerwünschte Wirkung einer wechselseitigen Beteiligung liegt darin, daß die Rechte aus den wechselseitigen Beteiligungen von den jeweiligen Verwaltungen der Gesellschaften ausgeübt werden und damit in den Gesellschaftsversammlungen ein Ubergewicht dieser Verwaltungen entsteht, wenn die Beteiligung entsprechend hoch ist. Zwar sind die Verwaltungen im gewissen Sinn auf Verständigung angewiesen, praktisch ist diese aber unschwer möglich und führt zu einer gegenseitigen Kooption in den Aufsichtsräten und damit auch letztlich in den Vorständen. Die außenstehenden Aktionäre verlieren jede Einflußmöglichkeit. Da eine wechselseitige Beteiligung sich im wesentlichen in der Hauptversammlung auswirkt, mußte damit gerechnet werden, daß durch die Verstärkung der Rechte der Hauptversammlung sich ein Trend zur stärkeren Einführung der wechselseitigen Beteiligung heranbilden könnte. In der gleichen Richtung wirkt die weitere Einschränkung der Möglichkeit, Mehrstimmrechtsaktien zu schaffen. Die Bildung von wechselseitigen Beteiligungen ist deshalb unerwünscht. Um ihr entgegenzuwirken, sind in § 328 gewisse Beschränkungen der Rechte aus wechselseitigen Beteiligungen neu eingeführt worden. Dies macht es notwendig, den Begriff der wechselseitig beteiligten Unternehmen, soweit sie nicht zum Kreis der herrschenden oder abhängigen Unternehmen gehören, allgemein festzulegen. Da eine wechselseitige Beteiligung nur von einer gewissen Höhe an die geschilderten Gefahren mit sich bringt, hat man den Begriff der wechselseitigen Beteiligung im Sinn des Gesetzes dahin definiert, daß sie erst bei einer Beteiligung von mehr als 25 % gegeben ist. Übergangsbestimmungen s. § 328 Anm. 5. 94

Wechselseitig beteiligte Unternehmen

§ 19

Anm. 3,4

II. Begriffsbestimmung 1. Rechtsformen Anm. 3: Das Gesetz spricht von wechselseitig beteiligten Unternehmen, schränkt diesen allgemeinen Begriff aber insofern ein, als nicht — wie in den §§ 15—18 — alle Unternehmen, gleidigültig in weldier Rechtsform sie betrieben werden, in Frage kommen. Nur solche Unternehmen, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft geführt werden, kommen hier in Frage; ferner ist ein Erfordernis, daß sie ihren Sitz im Inland haben. Die Beschränkung auf Kapitalgesellschaften, d. h. Aktiengesellschaft, KGaA und GmbH (vgl. Gesetzesdefinition im Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften vom 12. 11. 1956 BGBl I 844) und bergrechtlichen Gewerkschaften ergibt sich aus dem Wesen der Bestimmung selbst. Eine wechselseitige Beteiligung kann nur dann Gefahren mit sich bringen, wenn es sich um Unternehmen handelt, die nach ihrer Rechtsform eine Gesellschafterversammlung haben, in der die Rechte der Gesellschafter aufgrund von Anteilen wahrgenommen werden können (a. A. Kölner Komm. Anm. 6). Begrifflich wäre eine wechselseitige Beteiligung zwischen Kapitalgesellschaft und bergrechtlichen Gewerkschaften auf der einen Seite und Personengesellschaften oder einem Einzelkaufmann auf der anderen Seite durchaus möglich. Es käme aber dann bei diesen Personengesellschaften oder beim Einzelkaufmann nicht die Wirkung zum Tragen, in der gerade die Gefahr der wechselseitigen Beteiligung erblickt wird. Die Beteiligung einer Aktiengesellschaft an einer Personengesellschaft kann diese zum abhängigen Unternehmen im Sinn des § 17 machen, nicht aber zu einem wechselseitig beteiligten Unternehmen im Sinn des § 19. 2. Sitz im Inland Anm. 4: Weitere Voraussetzung ist, daß beide wechselseitig beteiligten Unternehmen ihren Sitz im Inland haben. Die Beteiligung eines ausländischen Unternehmens an einem inländischen wird grundsätzlich wie die Beteiligung eines inländischen Unternehmens behandelt, und zwar um deswillen, weil die Auswirkung dieser Beteiligung sich ausschließlich auf die diesem Gesetz unterworfene inländische Gesellschaft bezieht. Bei einer wechselseitigen Beteiligung zwischen einer ausländischen und einer inländischen Gesellschaft kann jedoch ein solcher Bezug auf die Beteiligung nicht hergestellt werden, denn die Beteiligung der inländischen Gesellschaft an der ausländischen Gesellschaft richtet sich nach ausländischem Recht und kann nicht vom deutschen Recht erfaßt werden. Es würde also dem Wesen einer wechselseitigen Beteiligung widersprechen, wenn diese auch bei Beteiligung eines ausländischen Unternehmens als bestehend angesehen würde (ebenso WP-Handbuch 68, 1134; z.T. a. A. Kölner Komm. Anm. 7). 95

§19 Anm. 5,6

Allgemeine Vorsdiriften

3. Art der Beteiligung Anm. 5: Die wechselseitige Beteiligung muß darin bestehen, daß jedem Unternehmen Anteile des anderen Unternehmens gehören. Hier handelt es sidi um die Art der Beteiligung. Nicht jede Beteiligung wird erfaßt. So könnte es z. B. möglich sein, daß wechselseitige stille Beteiligungen bestehen. Diese hätten keinerlei Bedeutung. Die Unternehmen würden nicht zu wechselseitig beteiligten Unternehmen im Sinn dieser Vorschrift. Denn die Beteiligung würde weder das Grundkapital bzw. das Stammkapital der Gesellschaft in irgendeiner Weise berühren, noch würde dadurch der Einfluß der Aktionäre in der Hauptversammlung in irgendeiner Weise eingeschränkt. Möglich wäre lediglich, daß durch derartige Beteiligungen ein Abhängigkeitsverhältnis geschaffen wird; dann gelten die Bestimmungen für abhängige Unternehmen. Allenfalls ist es theoretisch denkbar, daß ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis eintritt, dann müßte man den Grundgedanken des § 19 II und IV analog auf in dieser Weise beteiligte Unternehmen anwenden. Dagegen bestehen auch keinerlei Bedenken, denn die Bestimmungen des § 19 II u. III bringen nur einen allgemeinen Gesichtspunkt zum Ausdruck, der bisher streitig war, der nunmehr aber, wenn er für wechselseitig beteiligte Unternehmen im Sinn des Abs. 1 vom Gesetz ausdrücklich in einer bestimmten Richtung geklärt wird, auch dann gilt, wenn es sich um Beteiligungen handelt, die nicht unter Abs. 1 fallen, mithin nicht um Unternehmen, die wechselseitig beteiligte Unternehmen im Sinn des § 19 sind. 4. Höhe der Beteiligung Anm. 6: Der Höhe nadi muß die Beteiligung mehr als den 4. Teil der Anteile des anderen Unternehmens betragen. Es ist bereits oben darauf hingewiesen, daß nicht jede wechselseitige Beteiligung die Gefahren mit sich bringt, die in Anm. 2 erörtert wurden. Es ist deshalb grundsätzlich richtig, eine Grenze zu setzen und nicht jede geringfügige wechselseitige Beteiligung unter diesen Begriff fallen zu lassen mit den sich daraus ergebenden Folgen. Welche Grenze man nimmt, ist bis zu einem gewissen Grade willkürlich. Der Referentenentwurf sah eine Grenze von 20 % vor. Die zum Gesetz gewordene Grenze von 25 °/o bot sich aus zweierlei Gründen an. Zunächst einmal ist sie die Sperrminorität bei Satzungsänderungen, zum anderen ist es der Betrag, der das Schatelprivileg im steuerlichen Sinn schafft. Es sollte möglich bleiben, nach wie vor Kapital in Form eines steuerlichen Schachtelprivilegs anlegen zu können, ohne daß dies gesellschaftsrechtliche Folgen auslöst (vgl. auch Münch in BB 66,1579; WP-Handbuch 68, 1136). Für die Feststellung, ob einem Unternehmen mehr als der vierte Teil der Anteile eines anderen Unternehmens gehört, wird auf die Bestimmungen verwiesen, die für die Berechnung einer Mehrheitsbeteiligung gelten, allerdings mit zwei wichtigen Ausnahmen. Zunächst einmal kommt es bei § 19 I nur 96

Wechselseitig beteiligte Unternehmen

§ 19 Anm. 6,7

auf die kapitalmäßige und nidit auf die stimmenmäßige Beteiligung an. Infolgedessen gilt hier nidit die Bestimmung des § 16 III, die sich auf die Berechnung der Stimmenmehrheit bezieht. Keine Anwendung findet weiterhin die Bestimmung des § 16 I I 2, wonach eigene Anteile und solche, die ein Dritter für Rechnung des in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens besitzt, vom Nennkapital dieses Unternehmens abgezogen werden (h. A.; a. A. nur Obermüller-Werner-Winden, S. 72; auch Würdinger, S. 279 und in Großkomm. Anm. 6 vertritt die h. A., obwohl sich der Kölner Komm, in Anm. 11 mit einer angeblich anderen Ansicht Würdingers auseinandersetzt). Hier kommt es also auf der einen Seite auf den Nennbetrag bzw. bei den Kuxen auf die Anzahl der Anteile an, die das eine Unternehmen vom anderen besitzt, auf der anderen Seite auf den Gesamtnennbetrag des Grundkapitals bzw. Stammkapitals oder die Gesamtzahl aller Kuxe. Diese beiden Größen sind in Verhältnis zu bringen und danach zu bestimmen, ob die Beteiligung mehr als 25 °/o beträgt. Dagegen findet der § 16 Abs. 4 Anwendung, d. h., daß zu den Anteilen, die einem Unternehmen gehören, auch die Anteile hinzugerechnet werden, die einem von ihm abhängigen Unternehmen oder einem anderen für Rechnung des Unternehmens oder einem von diesem abhängigen Unternehmen gehören. Im einzelnen vgl. hierzu § 16 Anm. 4—6. Dabei ist zu beaditen, daß der letzte Halbsatz des Abs. 4, wonach dann, wenn der Inhaber des Unternehmens ein Einzelkaufmann ist, auch die Anteile seines Privatvermögens mitzählen, hier nicht zur Anwendung gelangen kann, da das Unternehmen eines Einzelkaufmanns kein Teil einer wechselseitigen Beteiligung sein kann.

III. Wirtschaftlich selbständige und abhängige Unternehmen Anm. 7: Das Gesetz unterscheidet zwischen wechselseitig beteiligten Unternehmen, die nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich unabhängig sind, und solchen wechselseitig beteiligten Unternehmen, die zwar rechtlich selbständige Unternehmen sind, bei denen aber ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Daß nur rechtlich selbständige Unternehmen unter den Begriff wechselseitig beteiligter Unternehmen fallen können, ergibt sich aus der Aufzählung der wechselseitig beteiligten Unternehmen in § 15. Sie sind verbundene Unternehmen, diese aber müssen nach § 15 I 1 rechtlich selbständige Unternehmen sein. Soweit es sich um wirtschaftlich selbständige wechselseitig beteiligte Unternehmen handelt, gilt für sie insbesondere die Bestimmung des § 328 über die Beschränkung der Rechte. Danach hat das Unternehmen, das zuerst dem anderen seine Beteiligung mitteilt, ohne Kenntnis von der Beteiligung des anderen Unternehmens zu haben, keine Beschränkung seiner Rechte zu 97

§19 Anm. 7

Allgemeine Vorschriften

befürchten. Wohl aber kann das andere Unternehmen aus den in seinem Besitz befindlichen Anteilen an der Gesellschaft, die die Mitteilung gemacht hat, nur bis zu 25 % der Anteile dieser Gesellschaft Rechte geltend machen, und zwar sowohl Vermögensrechte wie auch die Mitgliedschaftsrechte, z. B. insbesondere Stimmrechte. Es kann aber das Unternehmen, das zuerst die Mitteilung dem anderen Unternehmen hat zugehen lassen, weiter Rechte auch aus den Anteilen geltend machen, die die Grenze von 25 % übersteigen. Es kann auch neue Anteile erwerben und aus diesen in vollem Umfange die sich daraus ergebenden Rechte geltend machen bis zur Grenze von 50 % . Hier entsteht einmal eine neue Mitteilungspflicht nach § 20, außerdem hören nunmehr die Gesellschaften auf, wirtschaftlich selbständige wechselseitig beteiligte Unternehmen zu sein, sie werden nunmehr zu herrschenden und abhängigen Unternehmen, und zwar auch dann, wenn ein beherrschender Einfluß trotz einer Beteiligung von über 50 °/o, d. h. also trotz einer Mehrheitsbeteiligung, nicht ausgeübt werden kann. Hier gilt nicht die widerlegliche Vermutung des § 17 II, sondern die unwiderlegliche Vermutung in Abs. 2 des § 19. Ursprünglich waren die Bestimmungen des § 16 II und des § 19 II gleichlautend. In der Regierungsbegründung (S. 103) heißt es hierzu, das Gesetz wiederhole hier die Merkmale des Abhängigkeitsverhältnisses nach § 17 I und II, um jeden Zweifel darüber zu beseitigen, daß ein wechselseitig beherrschender Einfluß sich nicht aufhebe. Um eine solche völlige Wiederholung handelt es sich jetzt nicht mehr, weil in § 17 II für Mehrheitsbeteiligungen nur die widerleglidie Vermutung dafür besteht, daß ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt, während in § 19 II die unwiderlegliche Vermutung, wie im Reg.-Entwurf vorgesehen, im Gesetz erhalten geblieben ist. Diese unterschiedliche Behandlung war deshalb geboten, weil es bei den Bestimmungen über die Abhängigkeit wechselseitig beteiligter Unternehmen im Grunde allein um die Frage ging, inwieweit die Tatsache der wechselseitigen Beteiligung eine sonst gegebene Abhängigkeit aufhebt. Dabei mußte gerade die Frage, inwieweit eine Beteiligung als solche eine Abhängigkeit schafft, von festen Normen ausgegangen werden, anderenfalls wäre die Bestimmung nicht praktikabel gewesen. Insbesondere wäre bei jeder wechselseitigen Mehrheitsbeteiligung, wenn diese nur eine widerlegbare Vermutung der Abhängigkeit begründen würde, erneut der Einwand gekommen, daß die Wechselseitigkeit der Mehrheitsbeteiligung sich aufhebe, und daß tatsächlich ein beherrschender Einfluß im konkreten Fall nicht ausgeübt werde (abw. Kölner Komm. Anm. 18). Auf letzteres kommt es nicht an, da ein Abhängigkeitsverhältnis schon dann besteht, wenn ein solcher beherrschender Einfluß ausgeübt werden kann und nicht erst dann, wenn er tatsächlich ausgeübt wird. Den ersten Einwand will aber gerade das Gesetz ausschließen. Bei wechselseitiger Mehrheitsbeteiligung gilt mit Rücksicht auf die unwiderlegliche Vermutung des § 19 II die widerlegliche des § 18 I, daß beide 98

Wechselseitig beteiligte Unternehmen

§19

Anm. 7

Unternehmen einen Konzern bilden. Es ist deshalb möglich, daß beide einen Konzernabschluß aufzustellen haben (vgl. Havermann in Wp 66, 66 und Beiträge zum neuen Aktienrecht, S. 231). Die in Abs. 1 gegebenen Definitionen der wechselseitig beteiligten Unternehmen gelten unverändert für die Abs. 2 und 3. Es kommen also nur solche Unternehmen in Frage, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft betrieben werden, und die ihren Sitz im Inland haben. Auch das, was über die Art der Beteiligung in Anm. 5 gesagt ist, gilt hier. Dagegen ist die Frage, wann eine Mehrheitsbeteiligung vorliegt, nach § 16 zu entscheiden. Das bedeutet einmal, daß die Abs. 2 und 3 sich nicht nur auf eine Kapitalmehrheit beziehen, sondern auch auf eine Mehrheit der Stimmrechte (§16 I) und zum anderen, daß bei der Berechnung, ob eine Kapitalmehrheit vorliegt, eigene Anteile und solche, die für Rechnung der in Mehrheitsbesitz stehenden Gesellschaft vom Nennkapital abzuziehen sind. Daraus ergibt sich folgendes: Haben eine AG und GmbH mit einem Nennkapital von je 800 000,— DM je Anteile im Nennbetrag von 250 000,— DM und hat die GmbH eigene Geschäftsanteile im Nennwert von 400 000,— DM in ihrem Besitz, so sind beide Gesellschaften wechselseitig beteiligte Unternehmen im Sinn des Abs. 1, weil hier die Berechnung des § 16 II S. 1 Platz greift. Weiterhin ist aber die AG die herrschende und die GmbH eine abhängige Gesellschaft, weil bei der Berechnung, ob eine Mehrheitsbeteiligung im Sinne des § 19 II vorliegt, die 400 000,— DM Anteile vom Grundkapital der GmbH abzuziehen sind. Es wird also der Betrag von Geschäftsanteilen, den die AG besitzt, in Höhe von 250 000,— DM in Bezug gebracht mit dem Betrag von 400 000,— DM. Die AG hat also eine Mehrheitsbeteiligung; es findet § 19 Abs. 2, nicht Abs. 1 Anwendung. Dagegen ist der Fall denkbar, daß eine wechselseitige Beteiligung im Sinne des Abs. 1 nicht vorliegt, wohl aber eine Mehrheitsbeteiligung nach Abs. 2. Beispiel: Wenn eine AG und eine GmbH mit einem Nennkapital von je 800 000,— DM je 100 000,— DM Nennwertanteile besitzen und die GmbH 700 000,— DM eigene Geschäftsanteile in Besitz hat, so ist zwar die AG mit ihren Anteilen von 100 000,— DM mehrheitsbeteiligt, es handelt sich aber nicht um wechselseitig beteiligte Unternehmen. Infolgedessen findet nicht der § 19 II, sondern der § 17 II Anwendung. Die Gesellschaften könnten mithin den Nachweis führen, daß die Vermutung nicht vorliegt, und beide Unternehmen selbständig sind, was zur Folge hätte, daß die GmbH mit ihren Aktien in der Hauptversammlung der AG stimmberechtigt bleibt, während sie das im ersten Beispiel nicht wäre (vgl. § 136 Anm. 6). 99

§§ 19/Vorbem. 20—22 Anm. 8/1

Allgemeine Vorschriften

IV. Folgen der wechselseitigen Beteiligung Anm. 8: Es gibt nur eine gesetzliche Bestimmung, die sich ausschließlich auf alle wechselseitigen Beteiligungen bezieht, das ist die des § 160 II Nr. 3. Danach muß im Geschäftsbericht das Bestehen einer -wechselseitigen Beteiligung unter Angabe des Unternehmens aufgeführt werden. Im übrigen gelten ebenfalls für alle wechselseitig beteiligten Unternehmen die Bestimmungen, die für verbundene Unternehmen gelten, denn die wechselseitig beteiligten Unternehmen sind verbundene Unternehmen im Sinne des § 15. Es gelten also alle die in § 15, Anm. 12 aufgeführten Bestimmungen auch für alle wechselseitig beteiligten Unternehmen. Im übrigen wird ein Unterschied gemacht, ob es sich um wirtschaftlich selbständige wechselseitig beteiligte Unternehmen handelt oder um abhängige. Für die ersteren gilt allein die Bestimmung des § 328 über die Beschränkung der Rechte. Für die letztere gelten allein die Bestimmungen für abhängige Unternehmen, vgl. hierzu Anm. 6 zu § 17. Vorbemerkung zu §§ 20 bis 22 Anm. 1: Die Einführung einer Mitteilungspflicht für Beteiligungen an einer Aktiengesellschaft und für Beteiligungen von Aktiengesellschaften an einer anderen Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft war eine der umstrittensten Fragen bei der Gestaltung des neuen Gesetzes. Im Regierungsentwurf war sie mit der Begründung (S. 104) aufgenommen worden: „ . . . um die Aktionäre, die Gläubiger und die Öffentlichkeit über geplante und bestehende Konzernverbindungen besser zu unterrichten und die vielfadi auch für die Unternehmensleitung selbst nicht erkennbaren wahren Machtverhältnisse in der Gesellschaft deutlicher hervortreten zu lassen." Das bedeutet, daß die Mitteilungspflicht in erster Linie unter dem Gesichtspunkt einer verbesserten Publizität gesehen wird. Daß sie zumindest auch diese Wirkung hat, ist nicht zu verkennen. Andererseits kann aber auch nicht bestritten werden, daß die Mitteilungspflicht in ihren Auswirkungen Einfluß auf die Wirtschaftskonzentration haben wird. Durch sie wird jede Paketbildung frühzeitig bekannt. Das führt sicherlich auf der einen Seite dazu, daß die bisherigen Aktionäre davor bewahrt werden, zu einem ungerechtfertigt billigen Preis ihre Aktien abzugeben. Auf der anderen Seite darf doch wohl nicht verkannt werden, daß bei Bekanntwerden von Paketbildungen der Börsenkurs nicht dem inneren Wert des Papiers entspricht, sondern daß er wegen der Paketbildung weit über den wahren Wert hinausgeht. Den Aktionären fällt so ein Spekulationsgewinn zu, auf den sie keinen Anspruch haben. Auf der anderen Seite wird aber die Bildung einer wirtschaftlich erwünschten Konzentration ebenso erschwert wie die Bildung einer unerwünschten. Darüber, ob eine solche allgemeine Erschwerung der Konzentration Sache des Aktienrechts ist, kann man durchaus verschiedener Ansicht sein. Das Aktiengesetz ist seiner 100

Vorbemerkung zu §§ 20 bis 22

Vorbem. §§ 20—22 Anm. 1,2

Natur nach ein Organisationsgesetz, zunächst einmal für die Unternehmen, die in der Form einer AG oder KGaA betrieben werden und darüber hinaus für Unternehmensverbindungen, an denen solche Gesellschaften beteiligt sind. Ein solches Gesetz sollte nicht den Versuch machen, zu entscheiden, ob Konzentration erwünscht oder unerwünscht ist. Es müßte konzentrationsneutral sein. Vorschriften gegen die Unternehmenskonzentration gehören in das Kartellrecht. Anm. 2: Es wurde geltend gemacht, die Mitteilungspflidit sei nicht mit den Grundsätzen der Anonymität der Aktie zu vereinbaren. Sie verstoße nicht nur gegen das berechtigte Interesse des Aktionärs, unbekannt zu bleiben, sondern auch gegen den Grundsatz des deutschen Rechts, daß niemand zur Offenlegung seines Vermögens gezwungen werden könne. Eine Reihe anderer Einwendungen richtete sich im wesentlichen gegen die Zweckmäßigkeit einer solchen Mitteilungspflicht. Sie können, nachdem die Vorschriften Gesetz geworden sind, nicht mehr interessieren. Aber auch die beiden geschilderten Einwendungen sind nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der gesetzlichen Regelung in Frage zu stellen. Obwohl die Bestimmungen geeignet sind, die Konzentration zu erschweren und deshalb grundsätzlich nicht in dieses Gesetz gehören, so bleibt es doch dem Gesetzgeber überlassen, in welchen Gesetzen er ihm richtig erscheinende Regelungen trifft, sofern die Regelung als solche nicht gegen Verfassungsgrundsätze verstößt. Davon kann aber hier nicht die Rede sein. Insbesondere kann eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht angenommen werden. Es wird nicht gleiches ungleich behandelt, sondern es wird nur an den Besitz eines gewissen Betrages von Aktien oder sonstigen Anteilen eine Mitteilungspflicht geknüpft. Die Verbindung mit der weiteren unterscheidenden Bedingung, daß diese nur solche Aktionäre trifft, die Unternehmen oder Inhaber von Unternehmen sind, auch die besondere Bestimmung, wonach die Aktien eines Einzelkaufmanns als Teile seines Unternehmens gelten, auch wenn sie zu seinem Privatvermögen gehören, kann diesen Gleichheitsgrundsatz nicht verletzen, denn das Unternehmen eines Einzelkaufmanns bildet kein rechtlich selbständiges Unternehmen, sondern es ist rechtlich eine Einheit im Gesamtvermögen des Einzelkaufmannes. Dieser wird deshalb mit seinem ganzen Vermögen als Inhaber eines Unternehmens behandelt. Ebensowenig können rechtliche Bedenken daraus hergeleitet werden, daß der Aktionär zur Mitteilung seines Aktienbesitzes verpflichtet wird. Es gibt in unserem Rechtssystem keinen allgemeinen Anspruch eines Gesellschafters auf Anonymität. Die Gesellschafter einer Personengesellschaft sind durch ihre Eintragung in das Handelsregister, die Gesellschafter einer GmbH durch die nach § 40 GmbH-Gesetz zum Handelsregister einzureichende Liste bekannt. Wenn es einen solchen allgemeinen Grundsatz aber nicht gibt, so können keine 101

Vorbem. §§ 20—22/§ 20 Anm. 2—i

Allgemeine Vorschriften

Bedenken dagegen bestehen, eine bisher aus der Inhaberaktie sich ergebende Anonymität des Aktionärs einzuschränken. Anm. 3: Die Mitteilungspflicht der§§ 20 und 21 unterscheiden sich wie folgt: § 20 enthält die Mitteilungspflicht eines Unternehmens als Aktionär der Aktiengesellschaft gegenüber; § 21 enthält die Mitteilungspflidit der Aktiengesellschaft für Beteiligungen, die ihr an einer Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft gehören, gegenüber diesen Gesellschaften. Die Vorschrift des § 21 ist notwendig wegen der Bestimmungen über wechselseitig beteiligte Unternehmen (§§ 19, 328). Wenn nur eine Mitteilungspflidit des Aktionärs einer Aktiengesellschaft gegenüber bestünde, so könnte ein Unternehmen, das in der Rechtsform einer anderen Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft geführt wird, keine Kenntnis davon bekommen, daß eine Aktiengesellschaft an ihm beteiligt ist. Anm. 4: Die für beide Mitteilungspflichten gültige Bestimmung, daß das Unternehmen, dem die Mitteilung gemacht worden ist, jederzeit verlangen kann, daß ihm das Bestehen der Beteiligung nachgewiesen wird, ist in einem besonderen Paragraphen geregelt (§ 22), der sich auf die §§ 20, 21 gleichmäßig bezieht (vgl. auch Bernhardt im BB 66, 778 ff.).

§ 20 Mitteilungspflichten (1) Sobald einem Unternehmen mehr als der vierte Teil der Aktien einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland gehört, hat es dies der Gesellschaft unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Für die Feststellung, ob dem Unternehmen mehr als der vierte Teil der Aktien gehört, gilt § 16 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4. (2) Für die Mitteilungspflidit nach Absatz 1 rechnen zu den Aktien, die dem Unternehmen gehören, audi Aktien, 1. deren Übereignung das Unternehmen, ein von ihm abhängiges Unternehmen oder ein anderer für Rechnung des Unternehmens oder eines von diesem abhängigen Unternehmens verlangen kann; 2. zu deren Abnahme das Unternehmen, ein von ihm abhängiges Unternehmen oder ein anderer für Rechnung des Unternehmens oder eines von diesem abhängigen Unternehmens verpflichtet ist. (3) Ist das Unternehmen eine Kapitalgesellschaft oder bergreditlidie Gewerkschaft, so hat es, sobald ihm ohne Hinzurechnung der Aktien nach 102

Mitteilungspfliditen

§20 Anm. 1

Absatz 2 mehr als der vierte Teil der Aktien gehört, auch dies der Gesellschaft unverzüglich schriftlich mitzuteilen. (4) Sobald dem Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung ( $ 1 6 Abs. 1) gehört, hat es auch dies der Gesellschaft unverzüglich schriftlich mitzuteilen. (5) Besteht die Beteiligung in der nadi Absatz 1, 3 oder 4 mitteilungspflichtigen Höhe nicht mehr, so ist dies der Gesellschaft unverzüglich schriftlich mitzuteilen. (6) Die Gesellschaft hat das Bestehen einer Beteiligung, die ihr nach Absatz 1 oder 4 mitgeteilt worden ist, unverzüglich in den Gesellsdiaftsblättern bekanntzumachen; dabei ist das Unternehmen anzugeben, dem die Beteiligung gehört. Wird der Gesellschaft mitgeteilt, daß die Beteiligung in der nach Absatz 1 oder 4 mitteilungspflichtigen Höhe nicht mehr besteht, so ist auch dies unverzüglich in den Gesellsdiaftsblättern bekanntzumachen. (7) Rechte aus Aktien, die einem nach Absatz 1 oder 4 mitteilungspflichtigen Unternehmen gehören, können für die Zeit, für die das Unternehmen die Mitteilung nicht gemacht hat, durch das Unternehmen, ein von ihm abhängiges Unternehmen oder einen anderen für Rechnung des Unternehmens oder eines von diesem abhängigen Unternehmens nicht ausgeübt werden. I. Obersicht (Anm. 1) II. Mitteilungspflicht nach Abs. 1 u. 2 1. Mitteilungspflichtiger (Anm. 2) 2. Mitteilungsempfänger (Anm. 3) 3. Gegenstand der Mitteilungspflicht (Anm. 4) I I I . Mitteilungspflidit nach Abs. 3 (Anm. 5)

IV. Mitteilungspflidit nadi Abs. 4 (Anm. 6) V. Mitteilungspflidit nadi Abs. 5 (Anm. 7) VI. Form der Bekanntmachung (Anm. 8) VII. Bekanntmachung (Anm. 9) V I I I . Folgen der Unterlassung der Mitteilung (Anm. 10) I X . Übergangsbestimmungen (Anm. 11)

I. Übersicht Anm. 1: Die Behandlung der Mitteilungspfliditen in zwei verschiedenen Paragraphen führt unvermeidlich zu gewissen Überschneidungen. Zu den nadi § 20 mitteilungspflichtigen Unternehmen gehören naturgemäß auch die Aktiengesellschaften, denn der Begriff des Unternehmens (vgl. § 15 Anm. 2) ist ein sehr weitgehender. Er umfaßt alle Unternehmen, gleichgültig, in welcher Reditsform sie geführt werden. Da der § 21 unter der Gesellschaft — wie immer in diesem Gesetz — die Aktiengesellschaft und KGaA versteht, ist eine Aktiengesellschaft, die an einer anderen Aktiengesellschaft in mitteilungspflichtiger Höhe beteiligt ist, nadi beiden Bestimmungen zur Mitteilung verpflichtet. Das bedeutet, daß sie allen in den § § 2 0 und 21 enthaltenen Be103

§20

Anm. 1 , 2

Allgemeine Vorsdiriften

Stimmungen nachzukommen hat (B.-H. Rn. 2) und nicht etwa, daß sie sich der für sie bequemsten Art der Mitteilungspflicht bedienen könnte. Dies hat insofern eine praktische Bedeutung, als nach § 20 die Mitteilungspflicht bereits gegeben ist, wenn dem Unternehmen zwar noch nicht mehr als 25 % der Aktien gehören, es aber einen Anspruch auf Übereignung weiterer Aktien hat oder eine Verpflichtung zur Abnahme weiterer Aktien eingegangen ist, die zusammen mit den in seinem Besitz befindlichen Aktien die 25 %-Grenze übersteigt, während die Mitteilungspflicht nach § 21 erst gegeben ist, wenn tatsächlich dem Unternehmen mehr als 25 % der Anteile gehören. Vgl. im übrigen Vorbem. vor § 20. II. Mitteilungspflicht nach Abs. 1 und 2 1. Mitteilungspflichtiger Anm. 2: Nicht jeder Aktionär ist mitteilungspflichtig, sondern nur ein Unternehmen als Aktionär (s. aber Anm. 4). Über den Begriff des Unternehmens vgl. § 15 Anm. 2. Das Gesetz spricht nicht wie in den §§ 15—17 und § 18 II von rechtlich selbständigen Unternehmen. Es ergibt sich aber aus der Sache, daß jedenfalls nur ein Unternehmen in Frage kommt, das geeignet ist, als solches Träger von Rechten zu sein. Praktisch läuft das auf dasselbe hinaus, wie der Begriff des rechtlich selbständigen Unternehmens. Es soll lediglich zum Ausdruck kommen, daß es auf die Rechtsform, in der das Unternehmen geführt wird, nicht ankommt. Der besondere Hinweis auf die rechtliche Selbständigkeit hat nur dann Sinn, wenn diese in einen Gegensatz gestellt werden soll zur wirtschaftlichen Unselbständigkeit des Unternehmens. Deshalb ist in § 15 ausdrücklich bestimmt, daß verbundene Unternehmen im Sinne des Gesetzes stets rechtlich selbständige Unternehmen sein müssen. Die Wiederholung der rechtlichen Selbständigkeit in den §§ 16,17 und 18 I I war im Grunde genommen nicht notwendig, denn auch dort, wo dies nicht erfolgt ist, nämlich in § 18 I und § 19, kann es sich immer nur um rechtlich selbständige Unternehmen handeln, weil diese in § 15 als verbundene Unternehmen ausdrücklich aufgeführt sind. Das gilt aber nicht mehr für die Bestimmungen der §§ 20, 21, denn hier handelt es sich zwar teilweise um verbundene Unternehmen, z. B. wenn eine Mehrheitsbeteiligung (§ 20 I V ; § 21 II) oder eine wechselseitige Beteiligung im Sinn des § 19 vorliegt, es ist aber keine Voraussetzung. Vielmehr ist die Mitteilungspflicht auch gegeben, wenn ohne wechselseitige Beteiligung ein Unternehmen mit mehr als 25 ®/o an einer Aktiengesellschaft beteiligt ist; dann braucht keine Unternehmensverbindung vorzuliegen, trotzdem besteht die Mitteilungspflicht. Ausländische Unternehmen sind wie inländische ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform für ihre Beteiligung an einer Aktiengesellschaft mit dem Sitz im Inland mitteilungspflichtig. 104

Mitteilungspflichten

§20

Anm. 2 , 3

Da für die Berechnung der mitteilungspflichtigen Höhe auf § 16 IV (siehe im einzelnen dort Anm. 4) verwiesen worden ist, ist es zu einigen Streitfragen gekommen, welches Unternehmen im einzelnen bei Vorhandensein eines oder mehrerer Abhängigkeitsverhältnisse zur Mitteilung verpflichtet ist. Von Falkenhausen (BB 1966, 875 ff.) folgert aus dem Wort „auch", daß dem herrschenden Unternehmen nur dann der Aktienbesitz des abhängigen Unternehmens zugerechnet werden könne, wenn es selbst Aktien besitze. Er hält das in der Abhängigkeitskette am höchsten stehende noch selbst unmittelbar beteiligte Unternehmen für mitteilungspflichtig (ähnlich auch Würdinger in Großkomm. Anm. 7). Die h.L. (vgl. u.a. Schäfer in BB 66, 1004 f.; Bernhard in BB 66, 678; B.-H. Rn. 7) hält dagegen das in der Kette von Abhängigkeiten absolut am höchsten stehende Unternehmen für mitteilungspflichtig, ohne Rücksicht darauf, ob es selbst Aktien besitzt. Wir stimmen der herrschenden Lehre zu, da es Sinn und Zweck der Mitteilungspflichten ist, die Machtverhältnisse erkenntlich zu madien. Die Macht geht aber grundsätzlich von dem absolut am höchsten stehenden Unternehmen aus. Darüberhinaus würde die Gegenansicht einer Umgehung der §§20, 21 Tür und Tor öffnen, weil das Unternehmen nichts anderes zur Vermeidung der Mitteilungspflichten zu tun hätte, als ihren Aktienbesitz derart auf ihre Töchter zu verteilen, daß keine von ihnen mehr als 25 °/o erhält (ebenso Schäfer in BB 66, 1004 f.). Die weitere Frage ist, ob eine doppelte Mitteilungspflicht entsteht: einmal für das herrschende Unternehmen und z. a. für das abhängige Unternehmen selbst, wenn dessen Aktienbesitz alleine die Voraussetzungen des § 20 erfüllt. Es darf wohl als inzwischen herrschende Ansicht angenommen werden, daß eine doppelte Mitteilungspflicht nicht besteht. Es kommt dabei nicht darauf an, ob man aus § 16 IV den Schluß zieht, daß der Aktienbesitz bei dem abhängigen Unternehmen negiert wird (Schäfer in BB 66, 230; Haberlandt in Möhring-Sdiwartz S. 289; B.-H. Rn. 8) oder ob man es auf den Sinn und Zweck der §§ 20, 21 abstellt (Bernhard in BB 66, 678 ff.). Eine doppelte Mitteilungspflicht wird nur vom Kölner Komm. (Anm. 19) unter teilweiser Berufung auf Ballerstedt (JZ 1968, 397) vertreten, ohne jedoch überzeugen zu können. 2. Mitteiltmgsempfänger Anm. 3: Die Mitteilungspflidit nach § 20 besteht ausschließlich gegenüber einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland. Das bedeutet zunächst einmal, daß die Mitteilungspflicht nicht gegenüber jedem Unternehmen ohne Rücksicht auf die Rechtsform, in dem es betrieben wird, und damit auch nicht gegenüber anderen Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften besteht, wie in § 21. Die Beschränkung auf inländische Gesellschaften ist in 105

§ 20 Anm. 3,4

Allgemeine Vorschriften

den Absätzen 3—5 nicht erwähnt. Eine Änderung gegenüber Abs. 1 ist aber lediglich hinsichtlidi der Mitteilungspflichten enthalten, nidit aber bezüglich des Mitteilungsempfängers. Die in Abs. 1 genannte Beschränkung gilt deshalb für den ganzen § 20 (B.-H. Rn. 5; Würdinger S. 264). 3. Gegenstand der Mitteilungspflicht Anm. 4: Nidit jede Beteiligung ist Gegenstand der Mitteilungspflidit. Diese beginnt erst, wenn die Beteiligung mehr als 25 °/o beträgt. Bei der Berechnung sind zunächst die eigenen Aktien des mitteilungspflichtigen Unternehmens zu berücksichtigen. Ferner gelten als Aktien, die dem mitteilungspflichtigen Unternehmen gehören, auch solche, die einem von ihm abhängigen Unternehmen oder einem anderen für Rechnung des Unternehmens oder eines von diesem abhängigen Unternehmens gehören (§ 16IV), darüber hinaus nach Abs. 2 solche Aktien, die zwar weder dem Unternehmen selbst nodi einem von ihm abhängigen Unternehmen nodi einem anderen für Rechnung dieser Unternehmen gehören, deren Ubereignung aber verlangt werden kann (Nr. 1) oder zu deren Abnahme eine Verpflichtung besteht (Nr. 2). Durch diese Bestimmung des Abs. 2 wird ein Tatbestand erfaßt, der im Zuge der Paketbildung vorkommt. Es ist denkbar, daß ein Unternehmen sich Aktien — ohne sie bereits zu erwerben — in der Weise anhand geben läßt, daß es deren Ubereignung verlangen kann. Dann verschiebt sich der Zeitpunkt der Mitteilungspflidit gewissermaßen nach vorne. Es muß bereits dann, wenn das Unternehmen ein solches Recht auf Übereignung erlangt oder sich zur Abnahme der Aktien verpflichtet hat, die Mitteilung erfolgen, wenn damit zusammen mit den Aktien, die ihm bereits gehören — oder nach § 16 IV als ihm gehörig gelten —, mehr als der vierte Teil der Aktien der anderen Gesellschaft erfaßt sind. Vor allem aber soll durch die in Abs. 2 erfaßten Tatbestände jede Umgehung verhindert werden. Wenn ein Unternehmen Aktien bereits erworben hat und nur die Übereignung unterbleibt (Nr. 1) oder sich zur Abnahme verpflichtet hat (Nr. 2), hat es praktisch die Verfügungsmacht über diese Aktien, so daß ihre Zurechnung gerechtfertigt erscheint. Die von B.-H. (Rn. 9) angeschnittene Frage, daß der Inhaber der Aktie bis zur endgültigen Übereignung selbst mitteilungspflichtig ist, sofern im übrigen die Voraussetzungen hierzu vorliegen, stellt sich hier u. E. nicht. Dieser war durch seinen Aktienbesitz schon vorher zur Mitteilung verpflichtet. Es erhebt sich vielmehr die Frage, zu welchem Zeitpunkt ihn die Mitteilungspflidit nach Abs. 5 trifft. Wir sind der Ansicht, daß die Mitteilungspflidit nach Abs. 5 des bisherigen Inhabers zu dem Zeitpunkt ausgelöst wird, zu dem die Aktien dem anderen Unternehmen nach § 20 II zugerechnet werden. Die Gegenmeinung (B.-H. Rn. 9; Obermüller-Werner-Winden S. 232) weist darauf hin, daß die Aktionärsredite bis zur Übereignung frei ausgeübt werden könnten. Da durch die Mitteilungspfliditen Paketbildungen rechtzeitig offen106

Mitteilungspfliditen

§20 Anm. 4

gelegt und die Beteiligungen geklärt, nicht aber verworren werden sollen, kann es auf die von der Gegenmeinung vorgebrachten Argumente nidit ankommen. Anders ist es, wenn dem Unternehmen die Aktien nur zum Erwerb angeboten sind, ohne daß das Angebot bereits angenommen ist. Dieser Fall wird von Abs. 2 nicht erfaßt. Der Auffassung von Schäfer in BB 66, 229 ff., daß ein solcher Fall den in Abs. 2 aufgeführten Tatbeständen gleichzustellen sei (ebenso Kölner Komm. Anm. 13), können wir nicht zustimmen, da die weitgehende Folge einer Verletzung der gesetzlichen Bestimmungen (Abs. 7; vgl. Anm. 10) eine Ergänzung des Gesetzes durch Gleichstellung darin nicht behandelter Fälle nicht zugelassen werden kann (ebenso Würdinger in Großkomm. Anm. 3; B.-H. Rn. 4; Werner in Die AktGes 67, 105). Die Einbeziehung von Aktien, die dem mitteilungspflichtigen Unternehmen noch nicht gehören, auf die es aber Anspruch hat, gibt es nur bei der Mitteilungspflicht nach Abs. 1, nicht aber bei der nach Abs. 3 und 4 und auch nicht bei der des § 21 I und II. Das erklärt sich daraus, daß es sich bei der Mitteilungspflicht nach Abs. 1 darum handelt, eine Paketbildung rechtzeitig bekanntwerden zu lassen. Dabei ist es von Bedeutung, ob der Aktionär, der die Paketbildung anstrebt, bereits Redite auf Erweiterung seines Besitzes erworben hat. Bei den Mitteilungspflichten nach Abs. 3 und § 21 I handelt es sich darum, die Unterlagen zu gewinnen, ob eine wechselseitige Beteiligung besteht. Dabei kommt es, ebenso wie in den Fällen, bei denen es sich um eine Mehrheitsbeteiligung handelt — Mitteilungspflicht nach Abs. 4 und § 21 II —, nicht darauf an, wieviel Anteile dem Unternehmen unter Berücksichtigung des Abs. 2, sondern darauf, wieviel ihm tatsächlich gehören (vgl. Anm. 5 und 6). Zur Feststellung, ob die nach Vorstehendem den mitteilungspflichtigen Unternehmen zuzurechnenden Aktien mehr als der vierte Teil der Aktien der Gesellschaft sind, ist der Nennbetrag der Aktien, die dem mitteilungspflichtigen Unternehmen gehören, mit dem Nennbetrag des Grundkapitals der Gesellschaft zu vergleichen (§ 16 II S. 1). Ergibt sich, daß der Nennwert aller dem mitteilungspflichtigen Unternehmen zuzurechnenden Aktien mehr als 25 °/o des Grundkapitals der Gesellschaft beträgt, so besteht die Mitteilungspflicht. Die Bestimmung des § 16 II S. 2 und 3, wonach eigene Aktien der Gesellschaft vom Grundkapital abzuziehen sind, findet hier keine Anwendung, denn § 20 nimmt nur Bezug auf § 16 II 1. Das mitteilungspflichtige Unternehmen könnte auch gar nicht wissen, wieviel eigene Aktien die Gesellschaft im mitteilungspflichtigen Augenblick besitzt. Ein Anhaltspunkt könnte sich lediglich aus dem letzten Geschäftsbericht ergeben. Auch hier gilt die Sonderbestimmung, daß bei einem Einzelkaufmann als Inhaber des mitteilungspflichtigen Unternehmens auch die Aktien mitzählen, die sonstiges Vermögen des Inhabers sind ( § 1 6 IV). Mitteilungspflichtig ist lediglich die Tatsache, daß eine Beteiligung von mehr als 25 % besteht. Es ist also nicht die Höhe — z. B. 30 % oder 40 ®/o — 107

Allgemeine Vorschriften §20 Anm.4,5 anzugeben. Auch wenn der Nachweis nach § 22 verlangt wird, ist nur nachzuweisen, daß die Beteiligung mehr als 25 % beträgt, nicht wieviel genau. Nur bei einer wechselseitigen Beteiligung haben die Unternehmen nach § 328 III einander unverzüglich die Höhe ihrer Beteiligung mitzuteilen. IH. Mitteilungspflicht nadi Abs. 3 Anm. 5: Die Mitteilungspflicht nach Abs. 3 entspricht derjenigen des § 21 I. Beide dienen dazu, das Vorhandensein einer wechselseitigen Beteiligung im Sinne des § 19 den beteiligten Unternehmen bekanntzumachen. Da eine wechselseitige Beteiligung nur zwischen Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft vorkommen kann (§ 19 I), sind hier nur solche Unternehmen mitteilungspflichtig, die in der vorbezeichneten Rechtsform betrieben werden. Unternehmen, die ihren Sitz im Ausland haben, sind hier nicht mitteilungspflichtig. Insoweit besteht ein Unterschied gegenüber der Mitteilungspflicht nach Abs. 1. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar an dieser Stelle des Gesetzes, wohl aber aus § 19, denn wechselseitig beteiligte Unternehmen sind nur solche mit Sitz im Inland. Da aber die Mitteilungspflidit des Abs. 3 nur wegen der Feststellung des Bestehens einer wechselseitigen Beteiligung im Sinn des § 19 normiert ist, kann sie auch keinen weiteren Umfang haben, als es zu einer derartigen Feststellung notwendig ist. Zu beachten ist aber, daß ausländische Gesellschaften den Mitteilungspflichten nach den Abs. I, IV und V unterliegen. Für die Frage, ob einem Unternehmen mehr als der vierte Teil der Anteile des Unternehmens gehört, gilt auch hier § 16 II 1 und IV. Dagegen ist hier nicht § 20 II anzuwenden, so daß die Aktien nicht mitzurechnen sind, auf deren Erwerb das Unternehmen Anspruch hat oder zu deren Abnahme es verpflichtet ist, denn diese gehören noch nicht dem Unternehmen. Sie können mithin keine Rolle bei der Frage spielen, ob die Voraussetzungen des § 19 gegeben sind. Bei der Berechnung, ob die Grenze von 25 % überschritten ist, muß auch hier vom Grundkapital ohne Abzug eigener Aktien ausgegangen werden. Aus der Mitteilung muß sich ergeben, daß der mitteilenden Gesellschaft tatsächlich mehr als 25 °/o der Aktien nach § 16 II S. 1 und IV gehören — also ohne Hinzurechnung der Aktien nach Abs. 2 —. Das ist deshalb wichtig, weil nur dann die Beschränkung der Rechte nach § 328 verhindert werden kann, wenn aus der Mitteilung selbst ersichtlich ist, daß es sich um eine solche nach Abs. 3 handelt. Eine Mitteilung nach Abs. 1 ist hierfür unzureichend. Praktisch läuft es darauf hinaus, daß mitunter ein Unternehmen doppelt meldepflichtig ist, nämlich einmal, wenn es nach Abs. 1 unter Berücksichtigung der Aktien nach Abs. 2 mitteilungspflichtig wird, und zum zweitenmal dann, wenn seine Beteiligung so gestiegen ist, daß ihm nunmehr tatsächlich mehr als 25 /o ohne die Aktien nach Abs. 2 gehören. 108

Mitteilungspfliditen

§20 Anm. 5,6

Wird die Mitteilungspflidit nach Abs. 3 unterlassen, so hat dies nicht die Folgen des Abs. 7, denn dort werden nur die Folgen für das Unterlassen der Mitteilungspfliditen nach Abs. 1 und 4 geregelt. Die besonderen Folgen einer Verletzung der Mitteilungspflicht nadi Abs. 3 ergeben sich aus § 328 (vgl. Anm. dort). Dabei ist aber zu beachten, daß eine Kapitalgesellschaft oder bergrechtliche Gewerkschaft, der mehr als der vierte Teil der Aktien einer Aktiengesellschaft mit dem Sitz im Inland gehört, unabhängig von Abs. 3 nach Abs. 1 mitteilungspflichtig ist und bei Unterlassen dieser Mitteilungen die Folgen aus Abs. 7 eintreten.

IV. Mitteilungspflidit nach Abs. 4 Anm. 6: Mitteilungspflichtig nach Abs. 4 sind alle Unternehmen, gleichgültig welcher Rechtsform und gleichgültig, ob sie ihren Sitz im Inland oder Ausland haben. Die Mitteilungspflicht wird ausgelöst durch die Entstehung einer Mehrheitsbeteiligung im Sinn des § 16 I. Eine solche liegt vor, wenn einem Unternehmen die Mehrheit der Aktien einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland gehört oder wenn ihm die Mehrheit der Stimmrechte zustehen. Die Mitteilungspflidit aus Abs. 4 ist also nicht etwa eine gewissermaßen quantitativ verstärkte Mitteilungspflidit, sondern es tritt hier noch ein anderes Moment hinzu, nämlich die Stimmenmehrheit. Es ist denkbar, daß bei einer Aktiengesellschaft, in der es Aktien mit Mehrstimmrechten gibt, eine Mitteilungspflidit nach Abs. 1 nicht besteht, weil kapitalmäßig das Unternehmen nodi nidit mehr als den vierten Teil der Aktien besitzt, wohl aber eine Mitteilungspflicht nach Abs. 4, weil ihm die Stimmenmehrheit zusteht. Für die Berechnung, ob die Voraussetzungen einer Mehrheitsbeteiligung vorliegen, gelten die Bestimmungen des § 16 in vollem Umfang (Schäfer in BB 1966, 229 ff.; Bernhard in BB 1966, 678 ff.; B.-H. Rn. 11). Der Klammerverweis nur auf § 16 I ist lediglich dahin auszulegen, daß in Abs. 4 darauf hingewiesen werden sollte, daß der Begriff der Mehrheitsbeteiligung in § 16 I enthalten ist, nicht aber, daß die weiteren Bestimmungen des § 16, die die Berechnung der Mehrheitsbeteiligung zum Inhalt haben und daher den Abs. 1 des § 16 erst ausfüllen, keine Geltung haben sollen. Daraus folgt, daß nach Abs. 4 als einem Unternehmen gehörend auch die Aktien gelten, die einem von ihm abhängigen Unternehmen oder einem anderen für Rechnung des Unternehmens oder eines von diesem abhängigen Unternehmens gehören und wenn der Inhaber des Unternehmens ein Einzelkaufmann ist, auch die Aktien des sonstigen Vermögens des Inhabers. Dagegen sind nicht mitzurechnen Aktien nach Abs. 2, da dieser nach seinem eigenen Wortlaut lediglich für die Mitteilungspflidit nach Abs. 1 gilt. Bei der Feststellung, ob die so dem Unternehmen gehörenden Aktien eine Mehrheitsbeteiligung ausmachen, ist nicht wie in den anderen Fällen 109

§20 Aiun. 6—8

Allgemeine Vorschriften

der Mitteilungspflicht nach Abs. 1 und 3 vom Grundkapital auszugehen, sondern hier findet § 16 II S. 2 und 3 sowie Abs. 3 Anwendung; d. h., eigene Aktien und ihnen gleichstehende sind vom Grundkapital abzuziehen, ebenso die Stimmrechte eigener und diesen gleichstehender Aktien von der Gesamtstimmenzahl. Mitteilungspflichtig sind nur Mehrheitsbeteiligungen an Aktien* gesellschaften mit Sitz im Inland. Die Mitteilungspflicht einer Mehrheitsbeteiligung ist deshalb von besonderer Bedeutung, da bei Bestehen einer Mehrheitsbeteiligung ein Abhängigkeitsverhältnis nach § 17 II vermutet wird (über die Folgen vgl. § 17 Anm. 6). Über die Folgen einer Unterlassung der Mitteilungspflicht nach Abs. 4 vgl. Anm. 9. V. Mitteilungspflicht nach Abs. 5 Anm. 7: Unternehmen, die nach Abs. 1, 3 oder 4 einer Gesellschaft eine entsprechende Mitteilung gemacht haben, sind nach Abs. 5 verpflichtet, unverzüglich der Gesellschaft schriftlich mitzuteilen, wenn die Beteiligung in der mitteilungspflichtigen Höhe nicht mehr besteht. Das Gesetz bestimmt nicht, daß anzugeben ist, in welcher Höhe etwa noch die Beteiligung fortbesteht. Das entspricht der Regelung in den Abs. 1, 3 und 4, wonach auch bei der Mitteilung der Beteiligung nicht deren Höhe anzugeben ist, sondern nur die Tatsache, daß eine Beteiligung im Sinn des Abs. 1, also über 25 fl/o, vorliegt oder eine Mehrheitsbeteiligung nach Abs. 4 und gegebenenfalls, ob der Sonderfall des Abs. 3 vorliegt, also eine Beteiligung von mehr als 25 °/o ohne Aktien nach Abs. 2. Es bleibt die Frage offen, ob ein Unternehmen, das eine Mehrheitsbeteiligung hatte und nach deren Verlust noch mehr als 25 °/o der Aktien hält, diese Tatsache bei der Mitteilung, daß es nicht mehr eine Mehrheitsbeteiligung hat, ebenfalls mitteilen muß. U. E. ist das nicht erforderlich; wohl aber müßte es mitteilen, wenn seine Restbeteiligung nicht mehr über 25 % beträgt. Teilt ein Unternehmen ohne weiteren Zusatz mit, daß es keine Mehrheitsbeteiligung mehr besitzt, so bedeutet das, daß es noch mit mehr als 25 % beteiligt ist. Nur wenn es gleichzeitig mitteilt, daß es auch nicht mehr über 25 °/o besitzt, ist klargestellt, daß es überhaupt keine mitteilungspflichtige Beteiligung mehr besitzt. Wegen der Frage, wann die Mitteilungspflicht nach Abs. 5 ausgelöst wird, vgl. Anm. 4. VI. Form der Mitteilung Anm. 8: Die Mitteilung muß schriftlich erfolgen (vgl. im einzelnen § 126 BGB). Demnach genügt telegrafische Anzeige nicht (BGH 24, 297; Kölner Komm. Anm. 11; Würdinger in Großkomm. Anm. 8). Ebensowenig genügt der 110

Mitteilungspflichten

§20 Anm. 8,9

Antrag auf Eintragung im Aktienbuch (ebenso Kölner Komm. Anm. 11; a. A. Würdinger S. 264 und in Großkomm. Anm. 8; B.-H. Rn. 13). Es kann nicht dem Mitteilungsempfänger zugemutet werden, anhand des Aktienbuches festzustellen, ob in dem Antrag auf Eintragung nunmehr auch aufgrund bisherigen Besitzes ein mitteilungspflichtiger Besitz besteht. Es kann insbesondere auch nicht festgestellt werden, welche Aktien beispielsweise nach Abs. 2 dem mitteilenden Unternehmen zugerechnet werden müssen. Es muß daher ganz allgemein eine gesonderte Mitteilung gefordert werden, selbst wenn sich aus dem Eintragungsantrag allein ein mitteilungspflichtiger Besitz ergibt. VII. Bekanntmachung Anm. 9: Die Gesellschaft der eine Mitteilung nach Abs. 1, 4 oder 5 zugeht, hat dies unverzüglich bekanntzumachen. Die Mitteilung nach Abs. 3 wird in Abs. 6 nicht ausdrücklich genannt. Das ist deshalb überflüssig, weil dann, wenn einer Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft mehr als der vierte Teil der Aktien einer Gesellschaft gehört, sie dies nach Abs. 1 mitzuteilen hat, und bereits deshalb nach Abs. 6 bekanntzumachen ist. Nur in einem Fall entfällt die Bekanntmachung, nämlich dann, wenn die Mitteilung aufgrund des Abs. 1 erfolgt ist, weil zu den dem mitteilungspflichtigen Unternehmen gehörenden Aktien nach Abs. 2 weitere ihm noch nicht gehörende Aktien hinzuzurechnen waren und die Grenze von 25 °/o nur durch diese zuzurechnenden Aktien überschritten wurde; wenn dann dieses Unternehmen weitere Aktien tatsächlich erwirbt, die ihm also gehören, so daß damit allein mit den ihm bereits vorher gehörenden Aktien die 25 °/o-Grenze überschritten wird, so muß noch einmal eine Mitteilung nach Abs. 3 erfolgen; diese bedarf dann nicht der Bekanntmachung, wenn die Beteiligung von über 25 °/o schon früher bei der ersten Mitteilung nach Abs. 1 bekanntgemacht worden ist. Bei der Mitteilungspflicht nach Abs. 3 handelt es sich nur um die Grundlage zur Feststellung, ob eine wechselseitige Beteiligung vorliegt. Deshalb gibt es auch bei der Mitteilungspflicht nach § 21 I, die demselben Zweck dient, keine Bekanntmachungspflicht für die Gesellschaften, die die Mitteilung erhalten. Zu beachten ist aber, daß eine Mitteilungspflicht nach Abs. 3 bestehen kann, ohne daß eine Mitteilung nach Abs. 1 vorangegangen sein muß. In diesem Fall liegt in der Mitteilung nach Abs. 3 gleichzeitig eine solche nach Abs. 1, so daß sie aus diesem Grunde bekanntzumachen ist. Die Bekanntmachung hat in den Gesellschaftsblättern der Gesellschaft (§ 25), der die Mitteilung zugeht, zu erfolgen. In der Bekanntmachung ist das Unternehmen, dem die Beteiligung gehört, so anzugeben, daß eine Verwechslung ausgeschlossen ist, also stets die volle Firma und in der Regel auch der Sitz, bei ausländischen Unternehmen zweckmäßigerweise auch das Land, in dem es seinen Sitz hat. Ferner ist anzugeben, daß eine Beteiligung über 111

§20 Anm. 9,10

Allgemeine Vorschriften

25 °/o oder eine Mehrheitsbeteiligung besteht, nicht aber deren genaue Höhe, selbst wenn diese mitgeteilt wurde. Auch die Mitteilung nach Abs. 5, daß die Beteiligung nicht mehr in der mitteilungspflichtigen Höhe besteht, ist in der gleichen Weise bekanntzumachen. Audi hier ist nur anzugeben, daß dem noch einmal zu nennenden Unternehmen nicht mehr eine Mehrheitsbeteiligung oder eine Beteiligung von mehr als 25 °/o gehört. Die Höhe einer etwa noch bestehenden Restbeteiligung ist nicht anzugeben, auch nicht, ob etwa noch eine Beteiligung nach Abs. 1 besteht. Es ist also, wenn ein mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen einen Teil seiner Beteiligung abgestoßen hat und nach wie vor mit über 25 o/o beteiligt bleibt, nur die erste Tatsache bekanntzumachen. Man kann daraus ersehen, daß sich die Beteiligung nunmehr zwischen über 25 °/o und unter 50 °/o hält. Nur wenn gleichzeitig bekanntgemacht wird, daß auch keine Beteiligung von über 25 % mehr besteht, weiß man, daß die Beteiligung entweder überhaupt nicht mehr besteht oder jedenfalls 25 % nicht übersteigt. Der Vorstand ist nur dann zur Bekanntmachung verpflichtet, wenn ihm eine Mitteilung zugegangen ist, nicht wenn er auf andere Weise Kenntnis erlangt (für die Einmanngesellschaft abw. Leo in Die AktGes 65, 352). Für die Übergangszeit s. Anm. 10. Zu beachten ist, daß Beteiligungen i. S. von Abs. I und IV nach § 160 III Nr. 11 auch im Geschäftsbericht angegeben werden müssen. Auch hierbei darf nicht übersehen werden, daß eine Beteiligung i. S. des Abs. III stets auch die Voraussetzungen einer Beteiligung nach Abs. 1 erfüllt. VIII. Folgen der Unterlassung der Mitteilung Anm. 10: Hat ein nach den Abs. 1 und 4 mitteilungspflichtiges Unternehmen die Mitteilung unterlassen, so kann weder das Unternehmen selbst noch ein von ihm abhängiges Unternehmen noch ein anderer, dem Aktien für Rechnung des Unternehmens oder eines von diesem abhängigen Unternehmens gehören, aus den Aktien Rechte geltendmachen. Betroffen sind die Rechte aus den Aktien, die das mitteilungspflichtige Unternehmen selbst, ein von diesem abhängiges Unternehmen oder ein Dritter für Rechnung dieser Unternehmen innehat. Aktien, die dem Unternehmen lediglich nach Abs. 2 zugerechnet werden, fallen nicht hierunter. Die Rechte stehen noch dem Dritten zu, der zur Ubereignung der Aktien verpflichtet ist oder der einen Anspruch auf Abnahme der Aktien hat. Er hat auf die Erfüllung der Mitteilungspflicht durch das Unternehmen keinen Einfluß. Er kann deshalb die Rechte aus seinen Aktien weiter ausüben (vgl. Möhring-Tank Rz 730). Bei Unterlassen der Mitteilung dürfen die Rechte nicht ausgeübt werden. Eine analoge Anwendung der anerkannten Grundsätze zu § 71 VI (so, wenn auch mit Einschränkung, Schäfer in BB 66, 1004 ff.) kommt u. E. nicht in Betracht. Bei eigenen Aktien der Gesellschaft stehen dieser die Rechte hieraus 112

Mitteilungspflichten

§20

Anm. 10

nicht zu, während bei unterlassener Mitteilungspflicht die Rechte nidit ausgeübt werden können (Schmidt in ZfdK 66,1081 ff.). Es können weder Herrsdiaftsrechte — Stimmrecht — noch Vermögensrechte ausgeübt werden, insbesondere keine auf Dividende. Wird dennoch das Stimmrecht aus solchen Aktien ausgeübt, so ist der darauf beruhende Beschluß anfechtbar (Vgl. allgemein für die Ausübung des Stimmrechts trotz bestehenden Verbots: R G 18, 328, sowie Anm. zu § 2 4 3 ; B.-H. Anm. 7; Schäfer in BB 66, 1005; Tiling in Die AktGes 68, 96). Außerdem ist die Umgehung des Stimmrechtsverbots eine Ordnungswidrigkeit. Nach § 405 I I I Nr. 5 handelt ordnungswidrig, wer Aktien, für die er oder der von ihm Vertretene das Stimmrecht nach § 20 V I I nicht ausüben darf, einem anderen zum Zweck der Ausübung des Stimmrechts überläßt oder solche ihm so überlassenen Aktien zur Ausübung des Stimmrechts benutzt. Wird während des Ruhens der Rechte eine Kapitalerhöhung beschlossen, so kann das Bezugsrecht nicht ausgeübt werden (vgl. sehr ausführlich Schäfer in BB 66, 1004 ff.). Es steht dem Unternehmen natürlich frei, vor Ablauf der Bezugsfrist eine ordnungsmäßige Mitteilung zu machen, um dann von seinem Bezugsrecht Gebrauch zu machen (a. A. Kölner Komm. Anm. 33). Geschieht dies nicht, gehen die Bezugsrechte unter (Möhring-Tank Rz 731). Ein Anspruch auf Dividenden kann nicht geltend gemadit werden, solange die Mitteilung nicht erfolgt. Wird aber mitgeteilt, so kann der Anspruch auf Auszahlung der Dividende erhoben werden, sofern er nicht in der Zwischenzeit verjährt ist (Schmidt a . a . O . ; Schäfer a . a . O . ; Möhring-Tank Tz 331; Rasch, S. 81; a. A. Kölner Komm. Anm. 34). Hieraus folgt, daß die Rechte, die noch wirksam nachgeholt werden können — Auszahlung von Dividenden, Aushändigung junger Aktien bei Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln usw. —, durch das Unterlassen der Mitteilung nicht erlöschen, sondern lediglich ruhen. Nur durch Fristablauf (Bezugsfrist), Verjährung oder Erledigung (Beendigung der Hauptversammlung hinsichtlich des Stimmrechts) gehen die Rechte endgültig verloren. Wer Dividenden auf Aktien entgegennimmt, die nach Abs. 7 nicht dividendenbereditigt sind, macht sich, wenn die subjektiven Voraussetzungen gegeben sind, des Betrugs schuldig. Er ist zur Rückgewähr an die Gesellschaft verpflichtet. Hat die Gesellschaft Kenntnis davon erlangt, daß ein Unternehmen eine mitteilungspflichtige Beteiligung an ihr besitzt, obwohl das Unternehmen eine Mitteilung noch nicht gemacht hat, so muß dies sowohl in der Hauptversammlung bei der Ausübung des Stimmrechts, als auch bei der Auszahlung der Dividende berücksichtigt werden. Es muß klargestellt werden, ob die Aktien stimmberechtigt sind und ob sie gewinnberechtigt sind. Wieweit die Gesellschaftsorgane, Vorstand und Aufsichtsrat, ihre Kenntnisse auswerten müssen, um Nachforschungen anzustellen, mag im Einzelfall zweifelhaft sein. Wenn es sich um einigermaßen zuverlässige Mitteilungen handelt, 113

§§20/21

Anm. 10,11

Allgemeine Vorschriften

wird man von ihnen verlangen können, daß sie in Erfüllung ihrer allgemeinen Obliegenheitspflichten (§§93, 116) verpflichtet sind, den Dingen nachzugehen. Allgemeinen Gerüchten oder Börsengeflüster braudien sie keine Aufmerksamkeit zu schenken. Grundsätzlich können sie sich darauf verlassen, daß mitteilungspflichtige Unternehmen diese ihre Pflicht erfüllen. Während das Unterlassen der Mitteilung weitgehende Folgen hat, bleibt das Unterlassen der Bekanntmachung ohne jede Folgen. Dies wird aber spätestens im nächsten Geschäftsbericht offenkundig (§ 160 I I I Nr. 11), so daß es im allgemeinen — wenn nicht gerade der Zeitpunkt des Bekanntwerdens von Bedeutung ist — für die Verwaltung zwecklos ist, offensichtlich gegen eine gesetzliche Bestimmung zu verstoßen und damit das Odium der Unkorrektheit auf sich zu nehmen. Schweigt sie auch im Geschäftsbericht, so machen sich die Mitglieder des Vorstandes und Aufsiditsrats nach § 400 Nr. 4, die Abschlußprüfer u. U. nach § 403 strafbar. Daneben haften Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder aus §§93, 116, wenn aus dem Unterlassen der Bekanntmachung der Gesellschaft ein Schaden entsteht. IX. Übergangsbestimmungen Anm. 11: Nach § 7 EG gelten die Mitteilungspflichten nach §§ 20, 21 auch für Beteiligungen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen. Die Beteiligungen waren binnen eines Monats nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, also bis 1. 2. 1966 mitzuteilen und alsdann unverzüglich bekanntzumachen. Wenn diese Beteiligungen zwischen den Unternehmen eindeutig bekannt waren, so ist eine solche Mitteilung formell dann nicht mehr notwendig, wenn die Bekanntmachung unverzüglich nach dem 1. 2.1966 erfolgt ist (Abs. 6). Ist beides nicht geschehen, so treten die Folgen des Abs. 7 ein. Für wechselseitige Beteiligungen vgl. § 328 und Anm. dort. § 21 Mitteilungspflichten der Gesellschaft (1) Sobald der Gesellschaft mehr als der vierte Teil der Anteile einer anderen Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft mit Sitz im Inland gehört, hat sie dies dem Unternehmen, an dem die Beteiligung besteht, unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Für die Feststellung, ob der Gesellschaft mehr als der vierte Teil der Anteile gehört, gilt § 16 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 sinngemäß. (2) Sobald der Gesellschaft eine Mehrheitsbeteiligung (§ 16 Abs. 1) an einem anderen Unternehmen gehört, hat sie dies dem Unternehmen, an dem die Mehrheitsbeteiligung besteht, unverzüglich schriftlich mitzuteilen. 114

§21 Anm. 1—3 (3) Besteht die Beteiligung in der nach Absatz 1 oder 2 mitteilungspflichtigen Höhe nicht mehr, hat die Gesellschaft dies dem anderen Unternehmen unverzüglich schriftlich mitzuteilen. (4) Rechte aus Anteilen, die einer nadi Absatz 1 oder 2 mitteilungspflichtigen Gesellschaft gehören, können für die Zeit, für die sie die Mitteilung nicht gemacht hat, nicht ausgeübt werden. Mitteilungspfliditen der Gesellschaft

Anm. 1: Während § 20 die Mitteilungspflicht von Unternehmen, die an einer Aktiengesellschaft beteiligt sind, gleichgültig, welche Rechtsform sie haben, regelt, befaßt sich die vorliegende Vorschrift mit der Mitteilungspflicht der Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft a. A., die sie gegenüber anderen Unternehmen hat, wenn sie an solchen beteiligt ist. Ist eine Aktiengesellschaft an einer anderen Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft a. A. beteiligt, so überschneiden sich beide Bestimmungen, vgl. hierzu Anm. 3 vor § 20. Anm. 2: Die Mitteilungspflicht nach Abs. 1 korrespondiert unmittelbar mit der Mitteilungspflicht nach § 20 III (vgl. dort Anm. 5). Sie bildet die Grundlage für die Feststellung, ob eine wechselseitige Beteiligung zwischen einer Aktiengesellschaft und einer anderen Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft besteht. Eine wechselseitige Beteiligung setzt voraus, daß jedem der beiden Unternehmen mehr als der vierte Teil der Anteile des anderen Unternehmens gehört. Ferner, daß beide Unternehmen den Sitz im Inland haben. Demgemäß besteht die Mitteilungspflidit einer Aktiengesellschaft nur dann, wenn ihr mehr als der vierte Teil der Anteile einer anderen Kapitalgesellschaft oder einer bergrechtlichen Gewerkschaft mit Sitz im Inland gehört. Was darunter zu verstehen ist, bestimmt im einzelnen § 16 II S. 1 und IV, d. h. zu den Anteilen, die der meldepflichtigen Aktiengesellschaft selbst gehören, werden die Anteile gerechnet, die einem von ihr abhängigen Unternehmen oder einem anderen für Rechnung der Aktiengesellschaft oder eines von ihr abhängigen Unternehmens gehören (§16 IV). Der sich so ergebende Nennbetrag der Anteile, bzw. Zahl der Kuxe ist zu vergleichen mit dem Gesamtnennbetrag bzw. Gesamtzahl aller Kuxe, ohne daß eigene Anteile des Unternehmens, an dem die Beteiligung besteht oder solche Anteile, die wie eigene zu behandeln sind, etwa abzusetzen wären. § 16 II S. 2 u. 3 findet keine Anwendung (offenbar a. A. Bernhardt in BB 66, 681). Eine Mitteilungspflicht aus Abs. 1 besteht nicht gegenüber Unternehmen, die in anderer Rechtsform als als Kapitalgesellschaft oder bergrechtliche Gewerkschaft betrieben werden, also beispielsweise nicht, wenn es sich um eine Personengesellschaft handelt. Anm. 3: Die Mitteilungspflicht nach Abs. 2 korrespondiert unmittelbar mit der Mitteilungspflicht des § 20 IV. Sie unterscheidet sich von der des § 2 1 1 115

§21 Anm. 3—6

Allgemeine Vorschriften

dadurch, daß sie stets besteht, gleichgültig, in welcher Rechtsform das Unternehmen, an dem die Mehrheitsbeteiligung besteht, geführt wird (ebenso Kölner Komm. Anm. 6; B.-H. Rn. 4; a. A. Würdinger S. 266 und in Großkomm. Anm. 3). Also auch, wenn es sich um eine Mehrheitsbeteiligung z. B. an einer Personengesellschaft handelt. Es ist die Frage aufgeworfen worden (Werner in Die AktGes 1967, 103), ob die Mitteilungspflicht nach § 21 II auch dann besteht, wenn der Gesellschaft eine Mehrheitsbeteiligung an einem anderen Unternehmen mit Sitz im Inland gehört, weil eine Beschränkung auf inländische Unternehmen fehle. Dies ist zu verneinen. Die gesamte Mitteilungspflicht dient der Offenlegung der Beteiligungen an inländischen Unternehmen. Der Zweck des § 21 II speziell ist die Sichtbarmachung wechselseitiger Beteiligungen. Diese sind nach § 19 nur bei inländischen Unternehmen denkbar, so daß schon aus diesem Grunde Beteiligungen an ausländischen Unternehmen nicht mitteilungspflichtig sind (ebenso Werner a. a. O.). Weiterhin ist zu beachten, daß eine Mehrheitsbeteiligung im Sinne des § 16 I, auf den ausdrücklich verwiesen ist, nicht nur bei einer Mehrheit der Anteile eines anderen Unternehmens besteht, sondern auch bei einer Stimmenmehrheit (vgl. hierzu § 20 Anm. 6). Anm. 4: Die Mitteilungspflicht nadi Abs. 3 korrespondiert mit der des § 20 V, vgl. dort Anm. 7. Anm. 5: Ein wesentlicher Unterschied aller drei Mitteilungspflichten nach § 21 zu denen des § 20 ist der, daß das Unternehmen, das die Mitteilung erhält, nicht verpflichtet ist, sie bekanntzumachen. § 21 wiederholt nicht den Abs. 6 des § 20, der die Bekanntmachungspflidit normiert, und verweist auch nicht auf ihn. Dennoch ist eine Bekanntmachung dann notwendig, wenn gleichzeitig neben der Mitteilungspflicht des § 21 auch eine Mitteilungspflicht nach § 20 besteht. Das ist dann der Fall, wenn bei der sich aus Abs. 1 ergebenden Mitteilungspflicht des § 21 die Beteiligung an einer anderen Aktiengesellschaft besteht. Dann ist zwar die Aktiengesellschaft, der die Beteiligung gehört, nach § 21 I mitteilungspflichtig, sie ist aber auch mitteilungspflichtig § 20 I, und auf diese zweite Mitteilung, die naturgemäß in der Praxis identisch ist mit der nach § 211, findet die Verpflichtung zur Bekanntmachung nach Abs. 6 des § 20 Anwendung. Die Bekanntmachungspflicht besteht immer nur für eine Aktiengesellschaft und für eine Kommanditgesellschaft a. A., niemals für ein Unternehmen, das in einer anderen Rechtsform betrieben wird. Anm. 6: Nach Abs. 4 können ebenso wie nach § 20 VII Rechte aus Anteilen, die einer mitteilungspflichtigen Gesellschaft gehören, für die Zeit, für die sie die Mitteilung nicht gemacht hat, nicht ausgeübt werden, vgl. hierzu Anm. 10 zu § 20. 116

Nachweis mitgeteilter Beteiligungen

§22

§ 22 Nachweis mitgeteilter Beteiligungen Ein Unternehmen, dem eine Mitteilung nach § 20 Abs. 1, 3 oder 4, § 2 1 Abs. 1 oder 2 gemacht worden ist, kann jederzeit verlangen, daß ihm das Bestehen der Beteiligung nachgewiesen wird. Die Unternehmen, denen die Mitteilung zugeht, daß ein anderes Unternehmen im Sinne der §§ 20, 21 an ihnen beteiligt ist, können jederzeit verlangen, daß ihnen das Bestehen der Beteiligung nachgewiesen wird. Wie dies im einzelnen zu geschehen hat, sagt das Gesetz nicht. Auf die Erklärung der Geschäftsleitung braucht sich das andere Unternehmen jedenfalls nicht zu verlassen, denn das ist kein Nachweis, sondern nur eine Behauptung. Es kann also Vorlage der Anteile, wenn sie verbrieft sind, verlangt werden, gegebenenfalls bei GmbH-Anteilen durch Vorlage der Abtretungsurkunde. Dabei ist es möglich, daß sich beim Nachweis nicht vermeiden läßt, die Höhe der Anteile, die dem mitteilungspflichtigen Unternehmen gehören, dem anderen Unternehmen zu offenbaren. Das Unternehmen, an dem die Beteiligung besteht, hat aber keinen Anspruch darauf, daß dies geschieht. Wenn es sich beispielsweise um Aktien handelt, so genügt es, wenn die Geschäftsleitung des Unternehmens, dem die Beteiligung gehört, eine Bankbescheinigung vorlegt, aus der sich ergibt, daß dem Unternehmen mehr als 25 °/o der Aktien gehören. Die Bankbescheinigung braucht aber nichts darüber zu enthalten, wieviel Aktien nun genau dem mitteilungspflichtigen Unternehmen gehören. Das gleiche gilt für den Fall der Mehrheitsbeteiligung. Nur im Falle des § 328, d. h., wenn eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft a. A. und ein anderes Unternehmen wechselseitig beteiligte Unternehmen sind, haben diese einander unverzüglich die Höhe ihrer Beteiligung und jede Änderung schriftlich mitzuteilen.

117

Vorbem. § 23 Anm. 1,2

Gründung der Gesellschaft ZWEITER TEIL

Gründung der Gesellschaft Vorbemerkung zu § 23 I. Übersicht (Anm. 1) II. Gang der Gründung A. Bis zur Errichtung der Gesellschaft 1. Feststellung der Satzung (Anm. 2) 2. Übernahme der Aktien (Anm. 3) B. Nach Errichtung der Gesellschaft (Anm. 4)

C. Eintragung (Anm. 5) III. Die fehlerhafte Gründung 1. Mängel des Gründungsvertrages (Anm. 6) 2. Willensfehler (Anm. 7) 3. Fehlender Wille (Anm. 8) 4. Folgen der Nichtigkeit einer Beitrittserklärung (Anm. 9)

I. Obersicht Anm. 1: Der zweite Teil des ersten Buches behandelt im wesentlichen: 1. Das Gründungsgeschäft im engeren Sinne (§ 23), den notwendigen Inhalt der Satzung (§§ 23 bis 27) und die Gesellschaft im Gründungsstadium (§§ 29, 30,31,41). 2. Die Haftung der an der Gründung beteiligten Personen (Gründer, Gründungsgenossen, Vorstand und Aufsichtsrat, Gründungsprüfer — §§ 46 bis 51); über die Haftung des Registerrichters vgl. § 839 BGB und des Staates Art. 34 GG. II. Gang der Gründung A. Bis zur Errichtung der Gesellschaft Über Vorverträge siehe Anm. 2 zu § 23. 1. Feststellung der Satzung Anm. 2: Das Gesetz fordert zunächst die Feststellung der Satzung (des Gesellschaftsvertrages), des Gesetzes, unter dem die Gesellschaft ins Leben treten und nach dem sie leben will. Wie auch ein sonstiger Gesellschaftsvertrag gilt sie für alle Mitglieder; aber infolge der Umlauffähigkeit der Mitgliedschaft — ihres Erwerbes durch Erwerb der Aktie ohne Vertrag mit der AG oder den übrigen Aktionären — ist der Kreis der Mitglieder nicht von vornherein geschlossen. Darum besteht auch keine Möglichkeit, durch Sondervertrag zwischen der Gesellschaft und einem (neuen) Mitglied dessen Rechte und Pflichten abweichend von der Satzung festzusetzen, was schon deswegen dem Wesen der Aktie widerspräche, weil diese ständig den Besitzer wechseln kann. Es muß deshalb im Gesellschaftsvertrag eine Schemati118

Vorbemerkung zu § 23

Vorbem. § 23 Anm. 2—i

sierung der Rechte und Pflichten der Aktionäre erfolgen. Die Satzung stellt somit zunächst eine Art Punktation zu notarieller Urkunde dar (ebenso Schl.Qu. Anm. 7 vor § 16 und Würdinger Seite 35), die einen sogenannten notwendigen gesetzlichen Inhalt hat, dessen Fehlen die Satzung und damit die Gesellschaft nichtig macht (§ 23 I I I ; siehe Anm. 14 zu § 23). Gegenstand der Festsetzung in der Satzung müssen auch die Sacheinlagen und Sachübernahmen (§ 27), besondere für einen Gesellschafter bedungene Vorteile und der Gründungsaufwand sein (§ 26). 2. Ubernahme der Aktien Anm. 3: Ferner verlangt das Gesetz den Abschluß des festgestellten Vertrages unter gleichzeitiger Übernahme der Aktienbeteiligung aufgrund dieser festgesetzten Satzung (§ 23 II, § 29; siehe Anm. 18—22 zu § 23). (Über den rechtlichen Zusammenhang der Feststellung der Satzung mit der Übernahme von Aktien ebenso Lobedanz, Der Einfluß von Willensmängeln auf Griindungs- und Beitrittsgeschäfte, S. 139 f.). Es ist nicht anders denkbar, als daß dieser Übernahme der Aktienbeteiligung eine schuldrechtliche Vereinbarung mit den Gründern vorangeht, die AG aufgrund der festzustellenden Satzung ins Leben zu rufen und zu diesem Zweck das Grundkapital im bestimmten Verhältnis aufbringen zu wollen. Diese Elemente der Gründung kommen indes im Gesetz nirgends zum Vorschein (vgl. auch Würdinger S. 102). Die Personen, welche die Satzung festgestellt und dabei sämtliche Aktien übernommen haben, sind die Gründer (§ 28) und haben vermögensrechtlich und strafrechtlich die Verantwortung für die Gesetzmäßigkeit der Gründung zu tragen (siehe Anm. 4 zu § 2; über Mindestzahl der Gründer und Gründerfähigkeit Anm. 4 u. 5 zu § 2; gesetzl. Vertretung Anm. 5 zu § 2). Nach bisherigem Recht konnten die Gründer einen Teil der Aktien noch nach der Feststellung der Satzung übernehmen (§ 22 II AktG 37) oder, wenn sie nicht alle Aktien übernehmen konnten oder wollten, so konnten die restlichen Aktien durch Dritte gezeichnet werden (§ 30 AktG 37 Stufengründung). Beides ist jetzt weggefallen, da diese Formen der Gründung praktisch nicht vorkommen. Die Gründer müssen jetzt stets gleichzeitig mit der Feststellung der Satzung alle Aktien übernehmen. Mit der Übernahme aller Aktien durch die Gründer ist die Gesellschaft errichtet (§ 29), aber noch nicht als AG gegründet und nodi nidit mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet; hierzu muß noch die Eintragung in das Handelsregister kommen (§41). B. Nach Errichtung der Gesellschaft Anm. 4: Bevor die errichtete Gesellschaft als Aktiengesellschaft eingetragen werden kann, bedarf es jedoch noch a) der Bestellung des ersten Aufsichtsrates durch die Gründer (§§ 30 und 31); 119

Vorbem. § 23 Gründung der Gesellschaft Anm. 4—6 b) der Bestellung des ersten Vorstandes, und zwar nidit durch die Gründer, sondern durch den ersten Aufsichtsrat (§ 30IV); c) einer eingehenden Prüfung, die dem Gesetzgeber angebracht erscheint, bevor die Gesellschaft eingetragen wird und sich damit an die Öffentlichkeit wendet und bevor durch ihre Eintragung den Gesellschaftern, welche sich beteiligen wollen, endgültig die Möglichkeit abgeschnitten wird, aus Rechtsgründen ihre Beteiligung rückgängig zu machen oder auszutreten. Das Prüfungsstadium beginnt mit dem Gründungsbericht der Gründer (§ 32), es folgt die Prüfung der Gründung durch Vorstand und Aufsichtsrat (§ 33), die darüber einen Prüfungsbericht zu erstatten haben (§ 34). Die Gefahr einer unsoliden Gründung erscheint größer, wenn eines der Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsrates zu den Gründern gehört oder an der Gründung interessiert ist oder wenn eine Gründung mit Sacheinlage oder Sachübernahme vorliegt. In allen diesen Fällen hat neben der Prüfung durch Vorstand und Aufsichtsrat eine Prüfung durch besondere Prüfer stattzufinden, welche das Gericht ernennt (§ 33 II). d) vor der Anmeldung zur Eintragung ist die Einzahlung auf die Bareinlagen in Höhe von wenigstens 1U und in Höhe des etwaigen Aufgeldes zu leisten (§ 36 II). e) der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister (§ 36 I; § 37). Diese ist als ein Rechtsgeschäft von großer Tragweite und mit entsprechender Verantwortlichkeit ausgestaltet. Alle Gründer, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder haben sie zu bewirken; jeder Anmeldungspflichtige trägt die volle Vermögens- und strafrechtliche Verantwortung. C. Eintragung Anm. 5: Vor der Eintragung prüft das Gericht nicht nur formell, sondern auch materiell die Ordnungsmäßigkeit der Errichtung und die Anmeldung der Gesellschaft. Wenn alle etwaigen Anstände behoben sind, trägt das Gericht die Gesellschaft in das Handelsregister ein. Damit entsteht die Aktiengesellschaft als solche, die neue Rechtsperson, und damit entstehen Aktienrechte (§41). Die Eintragung ist nach § 20 HGB bekanntzumachen. Über den Inhalt der Eintragung und der Bekanntmachung siehe §§ 39, 40. Der Registerrichter haftet für die Erfüllung seiner Amtspflichten nach § 839 BGB, an seiner Stelle nach außen der Staat nach Art. 34 GG. Nunmehr ist die Begebung der Aktienurkunde zulässig, vgl. hierzu Anm. 1 zu § 10. III. Die fehlerhafte Gründung 1. Mängel des Gründungsvertrages Anm. 6: Die Rechtsfolgen der Mängel, die den Gründungsvertrag als solchen und damit den Bestand der AG im Ganzen betreffen, werden im zweiten 120

Vorbemerkung zu § 23

Vorbem. § 23 Anm. 6,7

Abschnitt des 8. Teiles des 1. Buches (§§ 275 bis 277) behandelt. Gewisse Mängel machen die eingetragene Gesellschaft nichtig (§ 275 — ein Teil davon ist heilbar, § 276). Doch ist die Nichtigkeit der Gesellschaft nur eine besondere Art der Auflösung (§ 277). Unheilbare Nichtigkeit verursachen fehlende notarielle Beurkundung (ebenso Schl.-Qu. § 16 Anm. 4; a. A. Barz in Großkomm. Anm. 21), einschließlich einer Formverletzung bei der Beurkundung, und das Fehlen oder Nichtigkeit einer Satzungsbestimmung über die Höhe des Grundkapitals. Über bürgerlich-rechtliche Formmängel bei der Sacheinlage und Sachübernahme siehe Anm. 9 zu § 27. 2. Willensfehler Anm. 7: Über die Bedeutung von Willensfehlern, die den Erklärungen der einzelnen am Gründungsgeschäft mitbeteiligten Personen anhaften und deren Beteiligung betreffen (vgl. Würdinger S. 107) schweigt das Gesetz. Es handelt sich hier darum, inwieweit die Vorschriften des bürgerlichen Rechts vor den Bestimmungen des Aktienrechts zurückzutreten haben, insbesondere auch solche Vorschriften, welche nicht gesellschaftsrechtlich sind. Das Schweigen des Gesetzes fällt um so mehr auf, als die Rechtsprechung auf diesem Gebiet nicht immer widerspruchslos und nicht immer unwidersprochen war. Immerhin nötigt es, anzunehmen, daß die feststehenden Ergebnisse der Rechtsprechung gebilligt werden sollten. In feststehender Rechtsprechung (RG 145, 155; 148, 98; 149, 25) erklärte das Reichsgericht, daß im Gründungsstadium zwar die allgemein bürgerlich-rechtlichen Grundsätze über die Anfechtung wegen Irrtum, Drohung, Betrug, über Nichtigkeit wegen Wuchers oder Verstoßes gegen die guten Sitten gelten. Dieser Grundsatz unterliegt jedoch zwei wesentlichen Beschränkungen: a) Tritt die Gesellschaft bereits vor ihrer Eintragung in das Handelsregister ins Leben — etwa durch Abschluß von Geschäften —, so kommen die für die faktische Gesellschaft bestehenden Grundsätze zur Anwendung (ebenso B.-H. Rn. 2 vor §23; Kölner Komm. § 2 Anm. 11), so daß die Gesellschaft nur noch mit Wirkung für die Zukunft aufgelöst werden kann. Das gilt für alle Anfechtungsgründe. Der Bundesgerichtshof hat es ausdrücklich für die arglistige Täuschung festgestellt (vgl. BGH 13,320); b) die Geltung dieser bürgerlich-rechtlichen Grundsätze hört ganz auf, sobald die Gesellschaft eingetragen worden ist, und zwar auch dann, wenn die Anfechtung schon vor der Eintragung erklärt wurde und sonach Wirkung gehabt hätte, wenn es gelungen wäre — durch einstweilige Verfügung oder dgl. — die Eintragung zu verhindern. Die Anfechtung ist von der Eintragung ab beiden Teilen verwehrt (h. L., vgl. B.-H. Rn. 3 vor § 23; Kölner Komm. § 2 Anm. 16 m. w. Nachweisen). Die Gesellschaft selbst kann auch mit der Begründung, daß ihr Vorstand oder daß die Gründer getäuscht worden seien oder dgl. nicht anfechten, weil sie ihre eigenen Grundlagen, auf die der 121

Vorbem. § 2 3 Anm. 7, S

Gründung der Gesellschaft

Verkehr vertraut hat, nicht selbst zerstören darf; sie ist auf Schadenersatzansprüche angewiesen. Ebensowenig können Gründer ihre Erklärung wegen solcher Mängel anfechten, die nur in den Beziehungen des Gründers zu den Mitgründern oder zu dritten Personen wurzeln, so auch den Einwand der Nichtigkeit ihres Beitritts wegen einer aus solcher Beziehung hergeleiteten Sittenwidrigkeit (vgl. RG 127, 199; 142, 103), z.B. Übervorteilung § 138 BGB (vgl. RG 124, 287; BGH 21, 381) nicht erheben. Audi aus Versdiulden der Vorstandsmitglieder kann nicht etwa eine Haftung der Gesellschaft aus § 31 BGB abgeleitet werden (vgl. audi Anm. 22 zu § 41), die auf diesem Wege zu einer unzulässigen Rückgewähr der Einlage führen und die Erhaltung des Grundkapitals in Frage stellen würde. Die Leistung von Schadenersatz und die Rückzahlung der Einlage sind nach RG 88, 187 auch nicht zulässig, soweit sie aus Rücklagen oder auszuschüttendem Gewinn aufgebracht werden könnten. Auch aus dem nach Befriedigung der Gläubiger im Falle des Konkurses oder der Auflösung verbleibenden Reinvermögens kann der Anfechtungsberechtigte nicht vorzugsweise Berücksichtigung vor den anderen Aktionären, auch nicht zu diesem Zweck die Auflösung der Gesellschaft oder Kapitalherabsetzung verlangen. Andere Ansicht vertreten Moos in ZHR 70, 184; Wielandt in ZHR 64, 95; sowie Lobedanz S. 170. 3. Fehlender Wille Anm. 8: Den vorstehend erörterten Fällen ist allen gemeinsam, daß der Übernehmer von Aktien die Aktienübernahme gewollt hat, wenn auch sein Wille unzulässig beeinflußt gewesen ist. Davon verschieden ist der Fall, daß ein Wille des Übernehmers, Aktien zu übernehmen, überhaupt nicht vorgelegen hat. Hierher gehört zunächst der Fall des Scheins oder der mangelnden Ernsthaftigkeit. Beinahe von selbst versteht sich, daß eine Berufung hierauf ausgeschlossen ist (BGH 21, 381; B.-H. Rn. 3 vor § 23). Dagegen macht Geschäftsunfähigkeit unter den Voraussetzungen der §§ 104, 105 II BGB die abgegebene Willenserklärung auch dann nichtig, wenn sie die Übernahme von Aktien zum Inhalt hat und die Gesellschaft eingetragen worden ist (ebenso Würdinger S. 108; Meyer-Landrut in Großkomm. § 2 Anm. 4; Möhring-Tank Rz 54; BGH 17, 166 ff.). Der Vormund bedarf zur Gründung und zur Übernahme von Aktien der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes regelmäßig nicht (herrschende Meinung; Baumbach-Hueck, § 2 Rn. 4; Meyer-Landrut in Großkomm. § 2 Anm. 12), wohl aber zur Sacheinlage, welche in einem Grundstück ober in einem Erwerbsgeschäft oder im Vermögen des Mündels im Ganzen besteht (§1821 Nr. 1 u. 2; § 1822 Nr. 2 und 3 BGB). Wird die Genehmigung verweigert, so ist der Vertrag unwirksam; ist die Eintragung versehentlich erfolgt, so ist § 27 II Satz 2 nicht etwa entsprechend anwendbar. Die Mitgründer werden nach § 46 II einzutreten 122

Vorbemerkung zu § 23

Vorbem. § 23 Anm.8,9

haben. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß die AG ohne die Sacheinlage meist ihren Zweck nicht erreichen kann, so daß sie in der Regel aufzulösen sein wird. 4. Folgen der Nichtigkeit einer Beitrittserklärung Anm. 9: Die unmittelbare Folge der Nichtigkeit einer Beteiligungserklärung, deren wichtigster Fall die verborgene Geisteskrankheit sein dürfte, ist: a) daß ein Gründer weniger — vielleicht nach § 2 zu wenig — vorhanden ist; dies ist nach § 275 unschädlich; b) daß das satzungsmäßige Grundkapital nicht übernommen ist. Hier greift die Haftung der Gründer, Gründergenossen und sonst nach §§ 46, 51, 93 I I I Nr. 4, 116 haftenden Personen ein, die freilich ausfallen oder wertlos sein kann; c) daß der Ansprudi auf die Sacheinlage entfällt, wenn die nichtige Erklärung eine solche zum Gegenstand hatte. Auch die unter b) und c) genannten Folgen begründen nach § 275 nicht die Nichtigkeit der Gesellschaft; die Folge b) auch dann nicht, wenn die Haftung nicht besteht oder wertlos ist. Insbesondere hat die Nichtigkeit der Erklärung auch nicht zur Folge, daß einer der übrigen Gründer Nichtigkeit des ganzen Gesellschaftsvertrages, also auch seiner Erklärung, geltend machen könnte; denn dem steht gerade § 275 entgegen. Da sonach die Gesellschaft mit dem satzungsmäßigen Grundkapital ins Leben getreten ist, sind auch die der nichtigen Übernahmeerklärung entsprechenden Aktien entstanden. Sie stehen aber nicht, wie nach bisherigem Recht angenommen werden konnte (vgl. Würdinger S. 108; Meyer-Landrut in Großkomm. § 2 Anm. 4), der AG zu. Gem. § 2 sind sämtliche Aktien von den Gründern zu übernehmen. Daraus ergibt sich, daß auch diese Aktien von den Gründern übernommen werden müssen. Es kann natürlich ein neuer Gründer gesucht werden, mit dem jedoch der gesamte Gründungsvorgang neu vorgenommen werden muß. Gelingt es weder auf dem einen noch auf dem anderen Weg, das Grundkapital zu decken, so muß es herabgesetzt werden (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. § 2 Anm. 4). Was die Rückzahlung der von der Nichtigkeit betroffenen Einlage angeht, so ist auch hier zu beachten, daß es sich nicht um die Rückgabe der Einlage im eigentlichen Sinne handelt, daß vielmehr der Erklärende, dessen Erklärung nichtig war, nicht Gesellschafter, sondern Gläubiger ist, daß sonach im Falle einer Kapitalherabsetzung seine Rückgabeforderung während der Sperrfrist zu erfüllen ist. Bei der Kapitalherabsetzung sind die Urkunden der Aktien zu vernichten, welche durch die nichtige Erklärung übernommen worden waren. Besteht doch auch bei einer gewöhnlichen Kapitalherabsetzung nicht die Notwendigkeit, daß alle Aktienurkunden gleichmäßig vernichtet werden, wenn der Vernichtung bloß eines Teiles der Aktienurkunden die davon Betroffenen 123

Vorbem. § 23/§ 23 Anm. 9,10

Gründung der Gesellschaft

zustimmen. Sinkt infolge der Kapitalherabsetzung das Grundkapital unter DM 100 000,—, ohne daß gleichzeitig Wiedererhöhung nach § 235 durchgeführt werden kann, so wird die AG aufgelöst. Die Auflösung ist auch zu beschließen, wenn die AG ohne die nichtige Einlage nicht lebensfähig erscheint. Hat der Geschäftsunfähige nach Bewirkung seiner Einlage die Aktien weiterveräußert, so ergibt sich daraus keine von Vorstehendem abweichende Folgerung. Das von ihm vorgenommene Veräußerungsgeschäft ist unwirksam, das nächste Veräußerungsgeschäft ist zwar wirksam, in beiden Fällen erwirbt der Erwerber aber ein Nichts, auch der Zweite. Letzterer kann aus dem Veräußerungsvertrag gegen seinen Vormann Rückgriff nehmen, da dieser für den Bestand des Rechtes haftet. Dem Abnehmer des Geschäftsunfähigen verbleibt nur ein Bereicherungsanspruch. Der Geisteskranke selbst aber kann in dem einen wie in dem anderen Falle das von ihm an die Gesellschaft Geleistete zurückverlangen. Er kann zwar den Wegfall seiner Bereicherung seinem Abnehmer gegenüber einwenden, obwohl er den Anspruch gegen die Gesellschaft noch hat, denn um diesen war er niemals auf Kosten seines Abnehmers bereichert. Es kann aber niemals die Gesellschaft dem Geisteskranken gegenüber einwenden, daß sie nicht auf seine Kosten bereichert sei, weil er für die Aktien einen Gegenwert durch ihre Veräußerung bekommen habe; denn wenn er diesen selbst noch hat, ist er verpflichtet, ihn herauszugeben. Anm. 10: Über bürgerlich-rechtliche Formmängel bei der Sacheinlage und Sachübernahme siehe § 27 Anm. 9.

S 23 Feststellung der Satzung (1) Die Satzung muß durdi notarielle Beurkundung festgestellt werden. Bevollmächtigte bedürfen einer notariell beglaubigten Vollmacht. (2) In der Urkunde sind der Nennbetrag, der Ausgabebetrag und, wenn mehrere Gattungen bestehen, die Gattung der Aktien anzugeben, die jeder Gründer übernimmt. (3) Die Satzung muß bestimmen 1. die Firma und den Sitz der Gesellschaft; 2. den Gegenstand des Unternehmens; namentlich ist bei Industrie- und Handelsunternehmen die Art der Erzeugnisse und Waren, die hergestellt und gehandelt werden sollen, näher anzugeben; 3. die Höhe des Grundkapitals; 4. die Nennbeträge der einzelnen Aktien und die Zahl der Aktien jeden Nennbetrags sowie, wenn mehrere Gattungen bestehen, die Gattung der einzelnen Aktien. 124

Feststellung der Satzung

§23

Anm. 1

(4) Die Satzung muß ferner Bestimmungen über die Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft enthalten. (5) Die Satzung kann von den Vorschriften dieses Gesetzes nur abweichen, wenn es ausdrücklich zugelassen ist. Ergänzende Bestimmungen der Satzung sind zulässig, es sei denn, daß dieses Gesetz eine abschließende Regelung enthält. I. Übersidit (Anm. 1) II. Vorgründungsvertrag (Anm. 2) III. Feststellung der Satzung 1. Form für die Feststellung (Anm. 3) 2. Feststellung durdi Bevollmächtigte (Anm. 4) IV. Notwendiger Satzungsinhalt 1. Allgemeines (Anm. 5) 2. Firma (Anm. 6) 3. Sitz (Anm. 7) 4. Gegenstand des Unternehmens (Anm. 8) 5. Höhe des Grundkapitals (Anm. 9) 6. Zerlegung des Grundkapitals a) Verschiedene Nennbeträge (Anm. 10)

b) Verschiedene Aktiengattungen (Anm. 11) 7. Form der Bekanntmachung (Anm. 12) V. Gesetzeswidrige Satzungsbestimmung (Anm. 13) VI. Ergänzende Satzungsbestimmungen (Anm. 14) VII. Möglichkeit der Satzungsänderung (Anm. 15) VIII. Auslegung der Satzung (Anm. 16) IX. Obernahme der Aktien 1. Übernehmer (Gründer) (Anm. 17) 2. Übernahmeerklärung (Anm. 18—21)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift stimmt im wesentlichen mit dem § 16 AktG 37 überein. In Absatz 2 heißt es „Gründer" und nidit mehr „Beteiligte", da gem. § 2 die Gründer nunmehr alle Aktien bei der Gründung übernehmen müssen, die Stufengründung also fallengelassen worden ist. Absatz 3 Nr. 2 ist genauer gefaßt worden, da in der Praxis die ungenaue Formulierung in § 16 AktG 37 dazu benutzt wurde, durch ganz allgemeine, farblose Bezeichnungen den Gegenstand des Unternehmens zu bestimmen. Abs. 3 Nr. 4 bestimmt neu, daß nicht nur die verschiedenen Gattungen, sondern audi die Stückzahl der Aktien, die mit verschiedenen Nennbeträgen ausgegeben werden, in der Satzung angegeben sein müssen. Neu eingefügt ist Abs. 5 (vgl. hierzu Anm. 13 und 14). Aufgrund des Gesetzes zur Durchführung der ersten Richtlinie des Rates der europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellsdiaftsrechtes vom 15. 8.1969 (BGBl I S. 1146) gehört die Zusammensetzung des Vorstandes (bisher Nr. 5) nicht mehr zum notwendigen Satzungsinhalt. Angaben über die Form der Bekanntmachungen sind nunmehr in einem besonderen Absatz (4) erwähnt, ohne daß sich dadurch etwas geändert hätte. Eine Änderung ergibt sich lediglich aus § 275. 125

§23

Gründung der Gesellschaft

Anm. 2

II. Vorgründungsvertrag Anm. 2: Von dem Gründungsvertrag ist zu unterscheiden der Vorgründungsvertrag, durch den eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nach § 723 BGB bei •wichtigem Grunde kündbar ist, eingegangen wird mit dem Zweck, die Gründung einer AG herbeizuführen. Der Vertrag richtet sidi nach den allgemeinen Vorschriften. Culpa in contrahendo begründet unbeschränkte Haftung auch gegenüber einem nachträglich Beitretenden (B.-H. Rn. 18); gleiches gilt für Verschulden eines Erfüllungsgehilfen (BGH 15, 204). Er ist hauptsächlich üblich bei Sacheinlagen (bestehendes Erwerbsgeschäft). Dieser Vorvertrag muß genügend bestimmbar sein (vgl. RG 156, 138; BGH LindMöhr § 705 BGB Nr. 3). Nach RG 156, 138 genügt Bestimmbarkeit evtl. durch Richterspruch, sogar für die Höhe des Grundkapitals, z. B., wenn dafür die der Gründung vorangehende Bilanz des einzubringenden Geschäftes für maßgebend erklärt wird. Bestimmungen von unwesentlicher Bedeutung können einem Mehrheitsbeschluß der Gründer vorbehalten werden. Ob dieser Vorvertrag der notariellen Beurkundung bedarf, hängt vom Inhalt und Zweck der für den Hauptvertrag normierten Formvorschrift ab. Soll das Formerfordernis für den Hauptvertrag eine formlose Bindung unmöglich machen und einen der Beteiligten vor unbedachten Vertragsabschlüssen schützen, so bedarf auch der Vorvertrag, der die Verpflichtung zum Abschluß des formbedürftigen Hauptvertrages beinhaltet, der für diesen Hauptvertrag normierten Form. Wäre das nicht der Fall, so könnte aufgrund eines formlos abgeschlossenen Vorvertrages der Abschluß des formbedürftigen Hauptvertrages auf dem Klagewege erzwungen werden. Der Zweck der Formvorschrift könnte mithin nicht erreicht werden. Es kommt daher auf den Zweck an, der durch das Formerfordernis für den Gründungsvertrag erreicht werden soll. Die Gründer sollen geschützt werden, indem ihnen die Bedeutsamkeit der abzugebenden Willenserklärungen klar vor Augen geführt werden soll. Nach herrschender Meinung (Barz in Großkomm. Anm. 26; Würdinger S. 94; B.-H. Rn. 18; Robert Fischer in G.m.b.H.-Rundsch. 1954, 129; a. A. Ritter § 2 Anm. 5) und der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG 102, 276; 106, 124; 130, 70; 156,129) bedarf daher auch der Vorvertrag der notariellen Beurkundung. Die Vollmacht zum Abschluß eines Vorvertrages bedarf dagegen nicht der Beurkundung, da ihr Zwedc nur der Legitimation gilt (vgl. BGH in DB 1969,1336). Von den Vorverträgen zu unterscheiden sind Konsortialverträge (gleichfalls Gesellschaftsverträge), welche den Vertrieb der Aktien nach Eintragung der AG zum Gegenstand haben, wie alle Arten von Verträgen, welche ohne Mitwirkung bei der Gründung für den Fall geschlossen werden, daß die AG gegründet und eingetragen wird (z. B. Kauf und Verkauf von Aktien). Diese Verträge bedürfen keiner Form. 126

Feststellung der Satzung

§23 Anm. 3—5

HI. Feststellung der Satzung 1. Form für die Feststellung Anm. 3: Das Gesetz schreibt Feststellung der Satzung in notarieller Urkunde vor. Die Beurkundungsmöglichkeit durch das Gericht, die bisher bestand, ist durch das Beurkundungsgesetz vom 28. 8.1969 weggefallen. Maßgebend sind die Bestimmungen des Beurkundungsgesetzes (§§ 6 ff.). Das Fehlen der Form macht die Gesellschaft nichtig (§ 125 BGB). Die Gesellschaft kann nicht eingetragen werden, bleibt auch trotz Eintragung unheilbar nichtig (§ 275 — bestritten —; so auch Schl.-Qu. § 16 Anm. 4, §216 Anm. 3; a. A. Barz in Großkomm. Anm. 21). 2. Feststellung durch Bevollmächtigte Anm. 4: Für die Vollmacht schreibt das Gesetz notarielle Beglaubigung vor. Es ist eine Formvorschrift, von deren Erfüllung die Gültigkeit der Vollmacht abhängt. Liegt bei Abschluß des Vertrages eine formgültige Vollmadit nicht vor, so ist ein Handeln eines vollmachtlosen Vertreters gegeben, das genehmigt werden kann, wobei allerdings die Genehmigung entgegen § 182 II BGB der öffentlichen Beglaubigung bedarf (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 6; Ritter § 16 Anm. 3; a. A. Möhring-Tank Rz. 44). Die Genehmigung des Handelns eines vollmachtlosen Vertreters hat deshalb keinen Einfluß auf die Einheitlichkeit des Rechtsaktes, weil sie gem. § 184 I BGB auf den Zeitpunkt der Vornahme des Geschäftes zurückwirkt. Derselbe Bevollmächtigte kann mehrere Gründer vertreten. Es werden alle seine Vollmachtgeber als Gründer gezählt. Diese tragen die vermögensund strafrechtliche Haftung. Im Zweifel wird man annehmen, daß der Bevollmächtigte von § 181 BGB befreit ist und mit sich selbst abschließen darf (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 6). Prokuristen bedürfen nach herrschender Meinung keiner besonderen Vollmacht (B.-H. § 2 Rn. 6; a. A. Kölner Komm. Anm. 18). Der gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen bedarf keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung (vgl. Vorbem. vor § 23 Anm. 8; über Strohmann vgl. § 2 Anm. 5). IV. Notwendiger Satzungsinhalt 1. Allgemeines Anm. 5: Der notwendige Satzungsinhalt ergibt sich aus Abs. 3; fehlt eine Bestimmung über einen der nachfolgenden Punkte (Anm. 6 bis 11), so war die Gesellschaft bisher nach § 275 nichtig, d. h., es konnte Nichtigkeitsklage erhoben oder die Gesellschaft von Amts wegen gelöscht werden. Aufgrund des Gesetzes vom 15.8.1969, das u.a. §275 wesentlich geändert hat, ist nunmehr zu unterscheiden. Fehlen oder Nichtigkeit der Bestimmung nach Ziff. 2 sowie das Fehlen — nicht die Nichtigkeit — einer Bestimmung nach Ziff. 3 127

§23 Anm. S—9

Gründung der Gesellschaft

haben nach wie vor die Nichtigkeit nach § 275 zur Folge (Heilung nach § 276). Fehlen oder Nichtigkeit anderer Bestimmungen verpflichtet nach § 144a FGG das Registergeridit zur Feststellung eines Satzungsmangels. Ist ein solcher rechtskräftig festgestellt, so liegt ein Auflösungsgrund nach § 262 II Ziff. 5 vor. 2. Firma Anm. 6: Über Firma vgl. Erläuterungen zu § 4. 3. Sitz Anm. 7:

Über Sitz vgl. Erläuterungen zu § 5 — Sitzverlegung § 42.

4. Gegenstand des Unternehmens Anm. 8: Über den Gegenstand siehe § 3 Anm. 1. Die Angabe eines falschen Gegenstandes macht die Satzung (heilbar) nichtig; daraus entspringt auch das Erfordernis der Bestimmtheit der Satzungsangabe. Gegenüber der früheren Bestimmung ist in § 23 III Nr. 2 zum Ausdruck gekommen, daß eine genaue Bezeichnung verlangt wird, so daß jeder Dritte weiß, womit sich die Gesellschaft befaßt. Die im Gesetz nunmehr normierte Bestimmtheit der Angabe ist bereits zur früheren Vorschrift von Literatur und Rechtssprechung verlangt worden. Der Gesetzgeber hat die Aufnahme einer besonderen Bestimmung für notwendig gehalten, weil in der Praxis häufig hiergegen verstoßen worden ist. Bestehende Satzungen sind der neuen Vorschrift anzupassen. § 8 EG bestimmt hierfür keine Frist, jedoch das gleiche wie § 9 EG, vgl. daher § 10 Anm. 6. Wenn die Art der Erzeugnisse und Waren, die hergestellt und gehandelt werden sollen, anzugeben ist, so bedeutet das nicht, daß die Erzeugnisse und Waren einzeln aufzuführen sind. Veränderungen innerhalb der Art bedürfen deshalb auch keiner Satzungsänderung. Diese ist nur erforderlich, wenn Erzeugnisse oder Waren ganz anderer als in der Satzung angegebenen Art erzeugt oder gehandelt werden. Mangelnde Bestimmtheit macht die Satzung und trotz Eintragung die Gesellschaft nicht niditig. Diese strenge Folge betrifft lediglich das Fehlen von Angaben oder falsche Angaben (Barz in Großkomm. Anm. 11; Werner in Die AktGes 68,181). 5. Höhe des Grundkapitals Anm. 9: Uber Grundkapital siehe § 6 Anm. 3 u. 4; über Mindesthöhe § 7. Der Nennbetrag des Grundkapitals muß angegeben sein; es genügt nidit, daß er aus Zahl und Nennbetrag der Aktien errechnet werden kann. 6. Zerlegung des Grundkapitals a) Verschiedene Nennbeträge 128

Feststellung der Satzung

§23

Anm. 10—13

Anm. 10: Uber Zerlegung des Grundkapitals in Aktien sowie über den Nennbetrag siehe § 6 Anm. 2; Mindestnennbetrag siehe § 8. Es ist nidit erforderlich, daß alle Aktien gleichen Nennbetrag haben, es ist aber nunmehr kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung die Angabe erforderlich, wieviel insgesamt von Aktien des einen und von Aktien eines anderen Nennbetrages ausgegeben worden sind. Damit ist die frühere Streitfrage geklärt worden. b) Verschiedene Aktiengattungen Anm. 11: Ober Aktiengattungen vgl. §11. Es müssen nicht nur die Aktiengattungen nach ihren untersdiiedlidien Merkmalen bestimmt, sondern auch die Beträge angegeben sein, in denen die einzelnen Gattungen ausgegeben werden. Versdiiedene Nennbeträge allein schaffen keine Aktiengattungen. 7. Form der Bekanntmachung Anm. 12: Unter Form der Bekanntmachung sind die Mittel der Bekanntmachung, ob Einzelmitteilung (durch eingesdiriebenen Brief, Zustellung) oder Bekanntmachung in Gesellschaftsblättern zu verstehen. Letzteres ist für viele Fälle gesetzlich vorgeschrieben. Eine Satzungsbestimmung, weldie den Vorstand oder Aufsiditsrat ermächtigt, die Form der Bekanntmachung zu bestimmen, genügt der gesetzlichen Vorschrift nicht. Dagegen kann es Vorstand und Aufsiditsrat überlassen werden, darüber zu befinden, wie oft eine Bekanntmachung zu wiederholen ist. Darüber braucht sich die Satzung nicht zu äußern, weil es nicht zur Form gehört (vgl. Haberlandt in MöhringSchwartz S. 24). Über die Gesellsdiaftsblätter siehe § 25. V. Gesetzeswidrige Satzungsbestimmung Anm. 13: Gesetzeswidrige Satzungsbestimmungen sind nichtig, ohne die ganze Satzung nichtig zu machen, wenn es sidi nicht um eine Nr. des Absatzes 3 handelt (vgl. insoweit Anm. 5). Während das AktG 37 der Gesellschaftsautonomie weitestgehend den Vortritt überließ, bestimmt nunmehr Abs. 5 S. 1, daß die Satzung von den Vorschriften dieses Gesetzes nur dann abweidien darf, wenn dies ausdrücklich zugelassen ist. Nichtig ist eine Satzungsbestimmung auch dann, wenn sie zwar nicht im Widerspruch zu einer Norm dieses Gesetzes, wohl aber zum Wesen der Aktiengesellschaft steht. So ist es beispielsweise nicht möglich, in der Satzung Bestimmungen dahingehend zu treffen, daß der Vorsitzende des Aufsichtsrates die Gesellschaft alleine Vorstandsmitgliedern gegenüber vertreten kann (OLG Stuttgart in Die AktGes 1967, 237 f.; a. A. Rowedder in Möhring-Schwartz S. 143). Das Gesetz gibt die Vertretungsmacht dem Aufsichtsrat als Organ (§ 112) und 129

§23

Ann». 13—17

Gründung der Gesellschaft

nur dieses Organ kann durdi Beschluß nach § 108 (s. d.) ihre Macht deligieren, nicht aber die Hauptversammlung, durch welche die Satzung festgestellt wird. Auch eine Satzungsbestimmung, die es dem Aufsichtsrat freistellt, seinen Mitgliedern eine besondere Vergütung für außerordentliche Tätigkeiten im Interesse der Gesellschaft zu bewilligen, verstößt gegen das Gesetz und ist nach § 23 I 1 nichtig (vgl. AG Hamburg in Die AktGes 1967, 203; S. Wilhelmi in BB 1966, 1172; Fischer in BB 67, 859; OLG Düsseldorf in Die AktGes 1968,19 ff.; a. A. Lehmann in BB 66,1757). VI. Ergänzende Satzungsbestimmungen Anm. 14: Zu der bisher strittigen Frage, inwieweit ergänzende Bestimmungen der Satzung möglich sind, bestimmt Abs. 5 Satz 2, daß sie dann zulässig sind, wenn die Materie nicht bereits durdi dieses Gesetz abschließend geregelt ist. Ob das der Fall ist, muß jeweils geprüft werden. So sind z. B. die Nichtigkeitsgründe des § 241 oder des § 275 erschöpfend aufgezählt, so daß weitere Gründe in der Satzung nicht genannt werden können (B.-H. Rn. 16). Dagegen ist eine Satzungsbestimmung, wonach im Falle einer Universalversammlung auf die Einhaltung aller Form- und Fristvorschriften bezüglich der Einberufung einer Hauptversammlung verzichtet werden kann, zulässig, weil das Gesetz keine abschließende Regelung enthält und eine solche Bestimmung nicht dem Sinn des Aktiengesetzes widerspricht (vgl. LG Koblenz in Die AktGes 1967,138). VII. Möglichkeit der Satzungsänderung Anm. 15: Die bei der Gründung festgestellte Satzung ist nicht unabänderlich. Die Möglichkeit der Satzungsänderung kann nicht einmal ausgeschlossen werden (vgl. Anm. 1 zu § 179), jedoch können gewisse Bestimmungen nur in der ursprünglichen Satzung getroffen werden, wie die Zwangseinziehung (§ 237) und die Sacheinlage (§ 27). VIII. Auslegung der Satzung Anm. 17: Die Auslegung der Satzung erfolgt nach den §§ 133, 157 BGB (RG 159, 326; 164, 140; 165, 73), doch müssen, wie immer, bürgerlich-reditliche Vorschriften hinter aktienrechtlichen Grundsätzen zurücktreten. Zu beachten ist daher in erster Linie die Formvorschrift. Auch unter den Gründern gelten daher die §§ 133, 157 BGB nur insoweit, als das Ergebnis einer solchen Auslegung noch durch die vorhandene urkundlidie Form gedeckt ist. Die Satzung gilt aber auch für einen unbegrenzten, an der Gründung nicht be-

130

Feststellung der Satzung

§23 Anm. 17

teiligten Personenkreis, deshalb sind zu ihrer Auslegung Umstände, welche aus der Satzung selbst nicht hervorgehen, nur verwertbar, wenn sie der Öffentlichkeit zugänglich sind, wie die Registerakten, aber im allgemeinen nicht Erklärungen der Parteien bei der Gründungsverhandlung, noch weniger die Absicht des Verfassers der Satzung (Hans. OLG Hamburg in Die AktGes 1970, 231; Barz in Großkomm. Anm. 19). RG 159, 326 hat von dem Grundsatz, daß Deutungen einer Satzungsvorsdirift, die für den Außenstehenden nicht erkennbar sein konnten, nicht möglich sind (obwohl dieser Grundsatz in der angegebenen Entscheidung noch einmal ausdrücklich Erwähnung gefunden hat), eine Ausnahme zugelassen: Bei unklaren Satzungsvorschriften, die einer mehrfachen Auslegung fähig sind und eine endgültige Auslegung erfordern, soll es zulässig sein, alle Behelfe heranzuziehen, auch wenn sie nicht im Gesellschaftsvertrag selbst oder wenigstens im Handelsregister oder den zugehörigen Akten enthalten sind. Diese Ansicht ist aber jedenfalls dann bedenklich, wenn die Auslegung unter Verwertung solcher Dritter nicht zugänglichen Behelfe zu einer Minderung der Pflichten gegenüber der AG oder zu Ansprüchen gegen die AG führt. Nach RG 164,140 können zur Auslegung von Satzungsbestimmungen, welche nicht für die Gläubiger und künftigen Gesellschafter von Bedeutung sind, auch Umstände mitberücksichtigt werden, die nicht gerade aus der Satzung, aus dem Handelsregister und den zugehörigen Akten hervorgehen. Inwieweit derartige Satzungsvorschriften, deren Inhalt nicht wenigstens aus anderen Satzungsbestimmungen oder allgemein zugänglichen Auslegungsbehelfen eindeutig bestimmt werden kann, als nichtig anzusehen sind, so daß u. U., wenn sie den wesentlichen Satzungsinhalt betreffen, die ganze AG nach Maßgabe des § 275 der Nichtigkeit (Auflösung) anheimfallen kann, entscheidet die Interessenlage. Aus der Dogmatik sich ergebende, in jedem Fall befriedigende Grundsätze aufzustellen, ist um deswillen nicht möglich, weil eben die Satzung ursprünglich ein Vertrag unter den Gründern, gleichzeitig aber dazu bestimmt ist, ein neues rechtliches Wesen ins Leben zu rufen, welches in den allgemeinen Verkehr eintreten soll (ähnlich Ritter § 16 Anm. 8). Wie sich das Reichsgericht nach dem oben ausgeführten in RG 159, 326 in zwei aufeinanderfolgenden Sätzen widerspricht, weil jeder dieser Sätze einen allgemeinen Grundsatz aufstellt, so erscheint auch die vorangegangene Rechtsprechung des Reichsgerichtes nicht einheitlich (siehe hierüber Ritter a.a.O.). Die Auslegung darf schon wegen des Formerfordernisses nie zu einer Ergänzung der Satzung führen. In ständiger Rechtsprechung nimmt das Reichsgericht für die Revisionsinstanz in Anspruch, die Auslegung der Satzung nachzuprüfen (vgl. RG 159, 326). Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Bundesgerichtshof angeschlossen (BGH 9, 281; 14, 36; 15, 328; 36, 296). 131

§ 23

Anm. 18—20

Gründung der Gesellschaft

IX. Übernahme der Aktien 1. Übernehmer (Gründer) Anm. 18: Die Feststellung einer Satzung allein begründet keine AG. Es müssen aufgrund der Satzung Aktien übernommen werden, und zwar bestimmt das Gesetz (§ 2), daß wenigstens 5 Personen sich sowohl an der Feststellung der Satzung beteiligen, als auch sämtliche Aktien übernehmen müssen. Diese bezeichnet es als Gründer und macht sie Vermögens- und strafrechtlich für die Ordnungsmäßigkeit der Gründung verantwortlich. Es ist nicht notwendig, daß alle Personen Aktien übernehmen, welche die Satzung festgestellt haben. Haben mehr als 5 Personen dabei mitgewirkt, genügt es dennoch, wenn nur 5 davon sämtliche Aktien übernehmen. Die Mitwirkung weiterer Personen, die keine Aktien übernehmen, ist aber völlig bedeutungslos, da sie weder Gründer noch Aktionär werden (vgl. § 2 Anm. 4). 2. Übernahmeerklärung Anm. 19: Uber den Inhalt der Aktienübernahmeerklärung bestimmt Abs. 2, daß daraus der Nennbetrag, der Ausgabebetrag und, wenn mehrere Gattungen bestehen, die Gattung der Aktien hervorgehen müssen, die jeder Gründer übernimmt. Es genügt, wenn im Wege der Auslegung sich der gesetzliche Inhalt der Ubernahmeerklärung ermitteln läßt. Würde das nicht möglich sein, würde es an einer rechtswirksamen Übernahmeerklärung fehlen und es müßte insoweit die Ubernahmeerklärung wiederholt werden, da sämtliche Aktien von den Gründern übernommen werden müssen. Es müssen daher bezüglich sämtlicher Aktien rechtswirksame Übernahmeerklärungen vorliegen. Über Nennbetrag und Mindestnennbetrag siehe Anm. 3 u. 4 zu § 6, § 8, Ausgabebetrag § 9, über Aktiengattung § 11. Anm. 20: Bezüglich der Natur der Übernahmeerklärung bestand früher Streit. Dieser ist heute hinsichtlich der Gründung der Gesellschaft gegenstandslos geworden, da es mit dem Wegfall der §§ 22 II und 30 AktG 37 sowohl die nachträgliche Aktienübernahme durch die Gründer als auch die Stufengründung nicht mehr gibt; gemäß § 2 sind vielmehr alle Aktien von vornherein von den Gründern zu übernehmen. Ein Eingehen auf den Theorienstreit ist daher hier entbehrlich; anderes gilt für die Zeichnung von Aktien bei der Kapitalerhöhung. Hier handelt es sich um Ubernahmeerklärungen gegenüber der bereits bestehenden Aktiengesellschaft, also um einen der früheren Stufengründung ähnlichen Vorgang (vgl. Anm. 2 zu § 185). Auch die Frage, ob die Erklärung den anderen Mitgründern zugegangen sein muß, hat deswegen keine Bedeutung, da die Feststellung der Satzung und die Übernahme der Aktien durch die Gründer in einem einheitlichen Akt in derselben Urkunde bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Beteiligten oder deren 132

Feststellung der Satzung

§23 Anm. 20—22

Vertreter zu erfolgen hat (a. A. B.-H. Rn. 6; Barz in Großkomm. Anm. 2), so daß alle abgegebenen Erklärungen begriffsnotwendig auch zugehen. Es bedarf auch keiner ausdrücklichen Zuteilung der Aktien (s. § 29 Anm. 3), da sämtliche Aktien gleichzeitig übernommen werden. Damit steht auch ihre Aufteilung auf die Gründer fest. Sind — versehentlich — mehr Aktien übernommen als zur Entstehung gelangen, sind sämtliche Obernahmeerklärungen und damit der ganze Gründungsakt ebenso nichtig, wie wenn nicht sämtlidie Aktien übernommen sind. Anm. 21: Über die Vorbehaltlosigkeit und Unbedingtheit der Übernahmeerklärungen war früher nur bei der Stufengründung (§ 30 AktG 37) die Rede, die nunmehr weggefallen ist. Aber auch die Übernahmeerklärungen der Gründer bei der Feststellung der Satzung müssen vorbehaltlos und unbedingt sein. Das ergibt sich schon daraus, daß der gesetzlichen Vorschrift, daß wenigstens 5 an der Feststellung der Satzung beteiligte Personen sämtliche Aktien übernehmen müssen, nicht genügt wäre, wenn ihre Übernahme bedingt oder mit Vorbehalten versehen wäre. Anm. 22: Über die Form der Übernahmeerklärung ist im Gesetz unmittelbar nichts gesagt. Aus dem Wortlaut des § 2, wie aus demjenigen des Abs. 2 der vorliegenden Gesetzesstelle ist ansdiaulich zu entnehmen, daß nach der Vorstellung des Gesetzes die Feststellung der Satzung und die Übernahme sämtlicher Aktien durch wenigstens 5 Personen, die bei der Feststellung der Satzung mitgewirkt haben, in einem einheitlichen Akt in derselben Urkunde durch alle Gründer — die sich durch Bevollmächtigte vertreten lassen können — zu erfolgen hat (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 2; a. A. Schl.-Qu. § 16 Anm. 6). Die Übernahmeerklärung darf der Feststellung der Satzung niemals vorangehen; dies ist eine gesetzliche Vorkehrung gegen den Gründungsschwindel; sie darf aber audi der Feststellung der Satzung nicht nachfolgen, da die Errichtungsurkunde neben der Feststellung der Satzung (Abs. 1) die Bestimmung enthalten muß, wer welche Aktien übernimmt (Abs. 2). Daraus folgt, daß die Übernahme der Aktien gleichzeitig mit der Feststellung der Satzung zu erfolgen hat und daß die Formvorschrift des Abs. 1 auch für die AktienÜbernahmeerklärung des Abs. 2 gilt. Es erhebt sich die Frage, ob der laut Vollmachtsurkunde lediglich zur Feststellung der Satzung Bevollmächtigte audi im Namen des Vertretenen die Übernahmeerklärung abgeben kann. Die Übernahmeerklärung gehört begriifsnotwendig zur Feststellung der Satzung (siehe oben). Wird daher jemand zur Feststellung der Satzung bevollmächtigt, so liegt darin gleichzeitig die Vollmacht, die Übernahme der Aktien zu erklären. Sollte in der Vollmachtsurkunde die Vertretung hinsichtlich der Übernahmeerklärung aus133

§§ 23/24 Anm. 22/1—4

Gründung der Gesellschaft

geschlossen sein, so liegt auch für die Feststellung der Satzung keine gültige Vollmacht vor; denn es können keine zur Feststellung gehörenden Vorgänge ausgenommen werden, da anderenfalls die Feststellung nicht erfolgen kann. In diesem Fall hat daher ein vollmaditloser Vertreter gehandelt, dessen Erklärungen genehmigt werden müssen (siehe Anm. 4). § 24 Inhaber- und Namensaktien (1) Die Aktien sind als Inhaberaktien auszustellen, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt. § 10 Abs. 2 bleibt unberührt. (2) Die Satzung kann bestimmen, daß auf Verlangen eines Aktionärs seine Inhaberaktie in eine Namensaktie oder seine Namensaktie in eine Inhaberaktie umzuwandeln ist. Anm. 1: Die neugefaßte Bestimmung des § 24 geht nicht mehr — wie § 17 AktG 37 — von der Namensaktie als Regelfall aus. Die Inhaberaktie hat sich in der Praxis so eindeutig gegenüber der Namensaktie durchgesetzt, daß auch das Gesetz nunmehr von ihr als Regelfall ausgeht — Abs. 1 — (vgl. über die beiden Arten § 10 Anm. 2). Anm. 2: Wenn auch Aktien als Inhaberaktien auszugeben sind, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, so bleibt die ausdrückliche gesetzlidie Bestimmung des § 10 Abs. 2 unberührt. Das bedeutet, daß, auch wenn die Satzung keine Angaben über die Art der auszugebenden Aktien enthält, entgegen § 24 Abs. 1 nur auf den Namen lautende Aktien ausgegeben werden dürfen, wenn die Ausgabe vor der vollen Leistung des Nennbetrages erfolgt (s. im einzelnen, insbesondere über die Folgen eines Verstoßes, § 10 Anm. 3). Anm. 3: Das Gesetz überläßt die Bestimmung der Aktienart grundsätzlich der Gesellschaftsautonomie und regelt nur den Fall, daß die Satzung eine Bestimmung hierüber nicht enthält. Die Satzung kann daher auch Namensaktien vorsehen oder die Bestimmung dem Vorstand überlassen (h.A.; abweichend Kölner Komm. Anm. 3; Ritter § 17 Anm. 1). Da sich das Nebeneinanderbestehen beider Arten bei derselben AG als mögliche Folge des Abs. 2 ergibt, kann die Satzung auch von vornherein beide Arten nebeneinander vorsehen. Anm. 4: Daß nachträglich ein Wechsel durch Satzungsänderungsbeschluß bestimmt werden kann (Zwangsumwandlung), so daß alle Inhaber- oder alle Namensaktien umgetauscht werden können oder müssen, wird von der herrschenden Meinung für den Fall angenommen, daß bei Schaffung der Aktien ein entsprechender Vorbehalt in der Satzung gemacht wurde, und ist im übrigen bestritten, aber zu bejahen, weil das Gesetz nicht wie in anderen 134

Inhaber- und Namensaktien

§24 Anm. 4—6

Fällen vorschreibt, daß die Bestimmung in der ursprünglichen Satzung getroffen sein müsse und ein zwingender Grundsatz des Aktienrechts dem nicht entgegensteht (a. A. Schl.-Qu. § 17 Anm. 6 bis 8; Rowedder in MöhringSchwarz S. 33, hat sich nunmehr auch der hier vertretenen Ansicht angeschlossen; Hans. OLG Hamburg in Die AktGes 1970, 230); uns scheint § 73 anwendbar (so auch Dietrich in Soz.-Prax. 40, 303; Barz in Großkomm. Anm. 7; Ritter § 17 Anm. 3; a. A. Teichmann-Köhler unter Berufung auf OLGR 43, 298, welche zur Voraussetzung machen, daß die Satzung die Zwangsumwandlung zuläßt). Anm. 5: Die Bedeutung der Satzungsbestimmung liegt darin, daß Urkunden, die der Satzung nicht entsprechen, keine ordnungsgemäßen Verbriefungen des Aktienrechts sind. Der Aktionär kann ihre Entgegennahme ablehnen und eine der Satzung entsprechende Urkunde verlangen. Das Gesetz schweigt über die Folgen eines Verstoßes gegen die Satzung für die Gültigkeit der Urkunde und ihre Fähigkeit, ihre Bestimmung — Verbriefung des Rechts, Rechtsausweis, Übertragung des Rechts — zu erfüllen. Die Frage ist bestritten. Daraus, daß das Gesetz auf die Gesellschaftsautonomie verweist, ist an sich zu folgern, daß es diese in vollem Umfange als maßgebend für alle einschlägigen Fragen erklärt. Daraus würde sich folgerichtig ergeben, daß die in Widerspruch zur Satzung ausgegebenen Inhaber- und Namensaktien ungeeignet sind, das Recht zu verkörpern und weder den Berechtigten ausweisen, noch durch ihre Übergabe den Rechtsübergang bewirken können, also ungültig sind (ebenso Ritter § 17 Anm. 1; a. A. Barz in Großkomm. Anm. 4; Schl.Qu. § 17 Anm. 2; Baumbach-Hueck Rn. 3; Hans. OLG Hamburg in Die AktGes 1970, 230). Die Gegenmeinung hält die unrichtig ausgegebene Aktie deswegen für gültig, weil die Verkehrssicherheit bei einem anderen Ergebnis zu sehr gefährdet würde. Dies ist zwar richtig. Die von Barz (a. a. O.) vorgenommene Abwägung zwischen Folgerichtigkeit und Verkehrssicherheit halten wir jedoch nicht für richtig. Das Ergebnis der rechtlichen Folge darf nicht deswegen als weniger beachtlich angesehen werden, weil die sich hieraus ergebenden Folgen eventuell unerwünscht sind. Die Folgerichtigkeit spricht für die Ungültigkeit der Urkunde. Anm. 6: Der Umtausch der Inhaber- in die Namensaktie und umgekehrt ist auf Verlangen des Aktionärs statthaft:, wenn die Satzung es dem Vorstand überlassen hat, welche Aktienart er ausgeben will (Anm. 4), und vorzunehmen, wenn das Recht des Umtausches in der Satzung vorgesehen ist. Auch ein Zwangsumtausch ohne Verlangen des Aktionärs ist zulässig, sei es durch Mehrheitsbeschluß, wenn die Satzung es vorsieht, oder durch Bekanntmachung des Vorstandes, wenn diesem in der Satzung die Bestimmung überlassen wurde. Dieser Fall des Zwangsumtausches unterscheidet sich von dem zu erörternden 135

§§24/25 Anm. 6—9

Gründung der Gesellschaft

Fall der Satzungsänderung dadurch, daß in letzterem eine mit dem Satzungsänderungsbeschluß nicht mehr übereinstimmende Aktie nadi der Eintragung des Beschlusses gem. der unter Anm. 5 vertretenen Ansicht nidit mehr gültig ist, daß dagegen im ersteren Falle eine Abweichung von der Satzung nicht vorliegt, wenn eine Aktie nicht zum Umtausch eingereicht wird. Anm. 7: Der Umtausch auf Verlangen des Aktionärs besteht in einer reinen Verwaltungshandlung des Vorstandes — wenn nicht etwa durch Satzungsänderung alle Namensaktien zu Inhaberaktien werden — setzt aber eine solche voraus und vollzieht sich nicht etwa selbst durch das Verlangen des Aktionärs. Sie liegt zumeist in der Änderung der Urkunde oder in der Vernichtung der alten Urkunde und Ausgabe einer neuen. Da über jedes Recht nur eine einzige Urkunde umlaufen darf, kann eine neue Urkunde nicht ausgegeben werden, wenn nicht die alte zurückgegeben oder nach § 73 für kraftlos erklärt ist. Außerdem ist ein Eintrag im Aktienbuch erforderlich, da ja an jedem der beiden Umtausdifälle eine Namensaktie beteiligt ist. Entweder ist ein Name einzutragen (Umtausch in eine Namensaktie) oder zu tilgen (Umtausch in eine Inhaberaktie); unterbleibt der Umtausch in diesem Falle, so verliert trotzdem nach Kraftloserklärung der Aktie der Namenseintrag im Aktienbuch seine Bedeutung. Das Umtauschbegehren zu erheben, ist qur der eingetragene Aktionär, bzw. nur der Inhaber der Inhaberaktie ausgewiesen. Natürlich kann nicht er selbst den Wortlaut der Urkunde ändern und sie auf seinen Namen bzw. auf den Inhaber stellen. Anm. 8: Eine Kapitalverkehrssteuer entsteht durch den Umtausch in keinem Fall, die Kosten des Umtauschs trägt die Gesellschaft. Anm. 9: Da Gesellschaften bisher Namensaktien haben ausgeben können, ohne dies in der Satzung erwähnt zu haben, bestimmt § 9 EG, daß diese Gesellschaften ihre Satzung dahin zu ergänzen haben, daß die Aktien Namensaktien sind. Es handelt sich hierbei nicht um eine Satzungsänderung, sondern lediglich um eine Ergänzung. Sie kann vom Aufsichtsrat durchgeführt werden. Werden Satzungsänderungen beschlossen, so dürfen diese erst im Handelsregister eingetragen werden, wenn die oben dargelegte Ergänzung eingetragen worden ist. § 25 Bekanntmachungen der Gesellschaft Bestimmt das Gesetz oder die Satzung, daß eine Bekanntmachung der Gesellschaft durch die Gesellschaftsblätter erfolgen soll, so ist sie in den Bundesanzeiger einzurücken. Daneben kann die Satzung andere Blätter als Gesellschaftsblätter bezeichnen. 136

Sondervorteile. Gründungsaufwand

§§25/26

Die Vorschrift übernimmt wörtlich die Bestimmung des § 18 AktG 37. Anstelle des Reichsanzeigers ist der Bundesanzeiger getreten. Der Bundesanzeiger ist zwangsläufig aufgrund zwingender gesetzlicher Bestimmungen Gesellschaftsblatt für alle Bekanntmachungen der Gesellschaft, also insbesondere für die Einberufung der Hauptversammlung, auch wenn dies in der Satzung nicht gesagt ist. Andere Blätter sind nur dann Gesellschaftsblätter, wenn sie in der Satzung ausdrüdklidi als solche bezeichnet sind, nicht schon dann, wenn es den Organen der AG überlassen ist, die Bekanntmachungen in anderen Blättern neben dem Bundesanzeiger erscheinen zu lassen. Da in vielen Fällen die Bekanntmachung zwingend vorgeschrieben ist, eine Bekanntmachung aber nur dann, wenn sie in allen Pflichtgesellschaftsblättern erfolgt, ordnungsgemäß ist, empfiehlt es sich, zur Vermeidung von Fehlern, die eine Anfechtbarkeit der gefaßten Beschlüsse begründen können, ohne besonders zwingende Gründe kein weiteres Pflichtgesellschaftsblatt neben dem Bundesanzeiger vorzusehen. § 25 handelt von den Bekanntmachungen der Gesellschaft, nicht des Registergerichtes. Dieses hat nach § 10 HGB alle Eintragungen im Handelsregister im Bundesanzeiger bekanntzumachen.

§ 26

Sondervorteile. Gründungsaufwand (1) Jeder einem einzelnen Aktionär eingeräumte besondere Vorteil muß in der Satzung unter Bezeichnung des Berechtigten festgesetzt werden. (2) Der Gesamtaufwand, der zu Lasten der Gesellschaft an Aktionäre oder an andere Personen als Entschädigung oder als Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung gewährt wird, ist in der Satzung gesondert festzusetzen. (3) Ohne diese Festsetzung sind die Verträge und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung der Gesellschaft gegenüber unwirksam. Nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister kann die Unwirksamkeit nicht durch Satzungsänderung geheilt werden. (4) Die Festsetzungen können erst geändert werden, wenn die Gesellschaft fünf Jahre im Handelsregister eingetragen ist. (5) Die Satzungsbestimungen über die Festsetzungen können durch Satzungsänderung erst beseitigt werden, wenn die Gesellschaft dreißig Jahre im Handelsregister eingetragen ist und wenn die Rechtsverhältnisse, die den Festsetzungen zugrunde liegen, seit mindestens fünf Jahren abgewickelt sind. 137

§26

Anm. 1,2

Gründung der Gesellschaft

I. Oberblick (Anm. 1) II. Sondervorteile (Anm. 2) III. Gründungsaufwand (Anm. 3 — 5 ) IV. Folgen des Fehlens der Festsetzung (Anm. 6)

V. Änderungen der Festsetzungen (Anm. 7) VI. Beseitigung der Festsetzungen (Anm. 8) VII. Verschleierter Gründungsaufwand (Anm. 9)

I. Überblick Anm. 1: Die Vorschrift stimmt in den Absätzen 1 bis 3 überein mit dem früheren § 19. Wegen des sachlichen Zusammenhangs ist in Abs. 4 mit einigen sprachlichen Änderungen die frühere Vorschrift des § 145 I I I AktG 37 aufgenommen und in Abs. 5 die Vorschrift des § 12 der 3. DVO z.AktG eingefügt worden. Gegenstand der Vorschrift sind zwei voneinander verschiedene Tatbestände: a) das Bedingen eines besonderen Vorteils bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages zugunsten eines einzelnen Aktionärs als Entlohnung für seine Beteiligung (Anm. 2), b) die Gewährung einer Entschädigung und Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung zu Lasten der Gesellschaft an Aktionäre oder an andere Personen (Anm. 3—5). Für beide Tatbestände schreibt das Gesetz die Festsetzung in der Satzung vor, und zwar muß zu a) jeder besondere Vorteil unter Bezeichnung des Berechtigten, zu b) der Gesamtaufwand festgesetzt werden. Zu b) ist die Aufführung der Personen, der Empfänger und der einzelnen Beträge nicht erforderlich, doch ist diese Angabe im Gründungsbericht nach § 32 zu machen, weil ohne sie die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben im Gründungsbericht durch die Prüfer (Vorstand, Aufsichtsrat, besondere Gründungsprüfer §§ 33, 34) nicht nachgeprüft werden könnte. Außerdem ist diese Angabe für die Anmeldung ausdrücklich vorgeschrieben (§ 37). Daß zu b) nur der Gesamtaufwand anzugeben ist, besagt nicht, daß die Vergütung oder Entschädigung von vornherein ziffernmäßig berechenbar sein muß. Ist die ziffernmäßige Berechnung nicht möglich, so ist der Aufwandsposten gesondert aufzuführen. Im Handelsregister einzutragen sind, obwohl Satzungsbestandteil, weder die Festsetzung der Sondervorteile und des Gründungsaufwandes, noch die Änderung oder Beseitigung durdi Satzungsänderung (siehe Anm. 8). ü . Sondervorteile Anm. 2: Sondervorteile können Aktionären auf Grund der vorliegenden Bestimmung und durch Ausgabe von Vorzugsaktien eingeräumt werden. Der Unterschied besteht darin, daß Sondervorteile nach § 26 einzelnen Aktionären 138

Sondervorteile. Gründungsaufwand

§ 26 Anm. 2

als bestimmten Personen eingeräumt werden, während die Sondervorteile aus Vorzugsaktien mit der Aktie unlösbar verbunden sind und daher mit dieser notwendigerweise übertragen werden. Werden Sondervorteile nach § 26 zugesagt, so muß der Berechtigte zwar Mitglied der Gesellschaft, also Aktionär, sein, er verliert die Sondervorteile aber nidit, wenn er seine Aktien überträgt. Daraus ergibt sich, daß der Sondervorteil nicht zum Inhalt des Mitgliedschaftsredites gehört, auch nicht als Sondervorteil im Sinne des § 35 BGB. Der Sondervorteil ist vielmehr ein reines Gläubigerrecht (h. A., vgl. Barz in Großkomm. Anm. 3). Es bedarf zur Begründung dieses Rechtes keines besonderen schriftlichen Vertrages (Baumbach-Hueck Rn. 4). Es ist auch zulässig, allen Aktionären solche Vorteile zuzusagen. Verzichtet ein Berechtigter auf seine Sondervorteile, so erlischt sein Recht, ohne daß es einer Satzungsänderung bedarf (h. A.; R G in J W 1917, 468). Als Sondervorteile kommen solche rein vermögensrechtlicher Art in Betracht, die sowohl zu Lasten der Gesellschaft, als auch zu Lasten der anderen Aktionäre gehen können. Die Formulierung „einzelner Aktionär" in Abs. 1 soll aber nicht bedeuten, daß er nur zu Lasten der anderen Aktionäre begünstigt wird, sondern nur, daß er hervorgehoben wird. Es können also für die Sondervorteile noch immer beide Möglichkeiten in Frage kommen, auch wenn der Grünaungsaufwand ausdrücklich nur zu Lasten der Gesellschaft gehen kann (vgl. Barz in Großkomm. Anm. 5). Dagegen halten wir trotz der Ausführung von Barz a. a. O. an der Auffassung fest, daß Sondervorteile nicht in Herrschaftsrechten bestehen können (a. A. Barz a. a. O.; B.-H. Rn. 3). Wir stützen unsere Meinung nicht, wie Barz meint, auf den Wortlaut des Abs. 1, sondern darauf, daß Sondervorteile begrifflich nur in ihrer Entstehung, nicht in ihrem Fortbestand davon abhängig sind, daß der Berechtigte Mitglied der Gesellschaft ist (so auch Barz § 19 Anm. 3). Herrschaftsrechte können aber nur in der Weise eingeräumt werden, daß sie erlöschen, wenn die Mitgliedschaft des Berechtigten erlischt. Das einzige Herrschaftsrecht, das durch die Satzung einem bestimmten Aktionär eingeräumt werden kann, ist das Entsendungsrecht in den Aufsiditsrat nach § 101 II. Dieses Recht beruht aber nicht auf der vorliegenden Bestimmung, sondern auf der Sonderbestimmung des § 101 II. Nach allgemeiner Ansicht erlischt das Entsendungsrecht, wenn der Entsendungsberechtigte seine Aktionärseigenschaft verliert. Aus dieser Sonderregelung kann nicht gefolgert werden, daß nach § 26 allgemein Herrschaftsrechte als Sonderrechte eingeräumt werden können. Darum scheidet es aus, ein Recht auf Büchereinsicht u. dgl. zu gewähren, es kommen vielmehr lediglich Vermögensrechte infrage, etwa ein Sonderanteil am Bilanzgewinn, oder an dem bei der Abwicklung nach Befriedigung der Gläubiger verbleibenden Reinvermögen oder in Gebrauchsrechten oder dem Recht, Vermögensgegenstände der AG käuflich zu erwerben. Darüber hinaus würde ein Sondervorteil eines Aktio139

§26

Gründung der Gesellschaft

Anm. 2,3 närs, der zu Lasten des Grundkapitals ginge, eine verbotene Rückzahlung der Einlage sein. Unzulässig sind auch Sondervorteile, die zu einem gesetzlich unzulässigen Erfolg, etwa zu einer zusätzlichen Verpflichtung der anderen Aktionäre gegenüber dem Begünstigten führen würden, weil dem Wesen der AG eine individuelle gesellschaftsrechtliche Verbindung der einzelnen Aktionäre untereinander fremd ist. Es kann über den Sondervorteil eine Urkunde, ein Genußschein, ausgestellt werden. Aus dem Begriff der Sondervorteile ergibt sich, daß sie nicht an die Aktie geknüpft sind. Überträgt daher der Berechtigte seine Aktie auf einen Dritten, so gehen die Sondervorteile nicht ohne weiteres mit auf diesen über, es müssen vielmehr diese Sondervorteile gesondert übertragen werden. Andererseits kann der Berechtigte auch die Sondervorteile alleine übertragen, ohne seine Aktien zu veräußern. Etwas anderes kann sich aber aus dem Inhalt der Sondervorteile ergeben; handelt es sich z. B. um ein hödist persönliches Recht, so ist eine Übertragung ausgeschlossen. Die Zulässigkeit von Sondervorteilen ist von den zwingenden aktienrechtlichen Vorschriften begrenzt. Darum können Sondervorteile beispielsweise nicht in einer Rückzahlung der Einlage bestehen (§57 I; s. d.), Zusage von Zinsen außer Bankzinsen (§ 57 II und III), Zusicherung von Vorstandsposten (§ 84) oder das Recht, leitende Angestellte zu bestellen. Dagegen kann ein Entsendungsrecht in den Aufsichtsrat (§ 101) gewährt werden. III. Grundungsaufwand Anm. 3: Für den Gründungsaufwand ist entscheidend, daß die Entschädigung oder Entlohnung eine Verbindlichkeit der Gesellschaft darstellt, mit der sie schon aus dem Gründungszustand hervorgeht. Es ist nicht Voraussetzung, daß der Empfänger der Entschädigung ein Aktionär oder ein Gründer ist, er kann auch ein Dritter sein, aber weil sich die Gesellschaft noch im Gründungszustand befindet, setzt die Zulässigkeit einer solchen Verbindlichkeit voraus, daß es sich um eine Entschädigung oder Entlohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung handelt. Die Gesellschaft hat, wenn auch nur in Gestalt von Dienstleistungen, etwas empfangen. Es interessiert daher nicht der Empfänger, sondern nur der Gesamtaufwand, mit dem sie von vornherein belastet ist. Natürlich darf diese Entlohnung nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen, etwa in Freiaktien bestehen (ebenso Sdil.-Qu. § 19, Anm. 7; Barz in Großkomm. Anm. 10). Sie darf nicht, wenn sie an einen Aktionär gewährt wird, in versteckter Form durch Übermäßigkeit auf eine Teilrückzahlung seiner Einlage hinauslaufen. Da sowohl Sondervorteile, als auch Belohnung auch in einem bevorzugten Gebrauch des Gesellschaftsvermögens bestehen können, mag die Entscheidung in einem solchen Falle schwer sein (Beisp. 140

Sondervorteile. Gründungsaufwand

§26 Anm. 4—6

RG 165, 129 betreffend die GmbH), ob es sich um einen Fall des Abs. 1 oder 2 handelt. Ersterer setzt voraus, daß das Recht einem Aktionär für seine Beteiligung, letzterer, daß der Vorteil für die Gründung oder ihre Vorbereitung gewährt wird. Trifft eines von beiden zu, so ist Abs. 1, 2 und 3 auch anzuwenden, wenn der Vorteil dem Begünstigten auch als einem Dritten aus anderem Anlaß formlos eingeräumt werden könnte (RG a.a.O. und Anm. 9). Anm. 4: Sondervorteile und Entlohnungen für die Beteiligung bzw. Teilnahme an der Gründungstätigkeit und Vorbereitung der Gründung, welche einem Mitglied des Vorstandes oder Aufsichtsrates gewährt werden, bedürfen besonderer Erwähnung im Gründungsbericht (§ 32 III) und machen eine besondere Gründungsprüfung durch unabhängige Prüfer notwendig (§ 33 I I Nr. 3). Anm. 5: In der Vorauflage wurde die Ansicht vertreten, daß der Gründungsaufwand nicht der Festsetzung in der Satzung bedürfe, der nicht auf Abkommen, sondern auf Gesetz beruht und kraft Gesetzes von der AG zu tragen ist. Dies sollte von der Kapitalverkehrssteuer ( § 1 0 Kapital verkehrssteuergesetz) und auch von den gerichtlichen Kosten der Eintragung gelten. Diese Ansicht wird aufgegeben. Für die Gerichtskosten haften die Gründer gesamtschuldnerisch und für die Gesellschaftssteuern besteht zwischen Gesellschaft und den einzelnen Gründern Gesamtschuldnerschaft. Im Falle der Zahlung durch die Gründer kann § 426 BGB nicht herangezogen werden, weil das Aktiengesetz „ein anderes" bestimmt. Die Steuern und Gerichtskosten sind daher ebenfalls festzusetzen (vgl. Kölner Komm. Anm. 22 und 23; B.-H. Rn. 6; Schl.-Qu. § 16 Anm. 35; Barz in Großkomm. Anm. 10). Die den Gründungsprüfern nach § 35 zu gewährende Vergütung und die Notargebühren, der Druck der Aktienurkunden, wenn er vor der Eintragung der AG in Auftrag gegeben wird, fallen dagegen zunächst (nach außen) den Gründern zur Last, ohne daß ein gesetzlicher Gesichtspunkt gegeben wäre, wonach sie diese Kosten auf die AG abwälzen könnten. Soll dies geschehen, handelt es sich um eine Entschädigung nadi Abs. 2, die in der Satzung festgestellt werden muß. Verschieden vom Gründungsaufwand sind die vorweggenommenen Kosten und Unkosten des künftigen Betriebes der AG. Für sie kommt die Festsetzung in der Satzung nicht in Betracht, weil für sie § 41 gilt. Was ihren künftigen Betrieb betrifft, so kann der Gesellschaft im Gründungszustand mit Wirkung für sie überhaupt nicht, auch nicht durch Festsetzung in der Satzung, vorgegriffen werden. Audi Anstellungsverträge, Miet- oder Pachtverträge können nur im Rahmen und nach Maßgabe des § 41 als verbindlich angesehen werden. IV. Folgen des Fehlens der Festsetzung Anm. 6: Die Abkommen und alle zu ihrer Ausführung vorgenommenen Rechtshandlungen, also insbesondere die geleisteten Zahlungen oder sonstigen 141

§ 26 Gründung der Gesellschaft Anm. 6,7 dinglichen Rechtsgeschäfte, sind der Gesellschaft gegenüber unwirksam, wenn sie nicht in der Satzung festgesetzt worden sind, auch dann, wenn es sich um Aufwendungen handelt, die zur Gründung erforderlich waren, denn es gibt keine Rechtsnorm, aus der man folgern könnte, daß die Gesellschaft schlechthin verpflichtet sei, die Kosten ihrer Entstehung zu tragen. Nur dort, wo kraft Gesetzes die Gesellschaft Schuldnerin wird, wie z. B. bei den Steuern und Gerichtskosten, ist es anders (vgl. Anm. 5). Empfangene Vergütungen sind alle zurückzuzahlen. Ubersteigt der Gesamtaufwand für Entschädigung oder Belohnung den in der Satzung festgesetzten Betrag, so darf von der Gesellschaft nach dessen Erschöpfung nicht weitergezahlt werden. Unberührt bleiben selbstverständlich etwaige Ansprüche gegen die Gründer. V. Änderungen der Festsetzungen Anm. 7: Die vom § 145 III AktG 37 übernommene Bestimmung, wonach die in der Satzung enthaltenen Festsetzungen erst nach 5 Jahren seit der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister geändert werden können, war bisher in ihrer Bedeutung bestritten. Wir sahen in der 2. Aufl. (§ 145 Anm. 5) den Zweck der Bestimmung darin, zu verhindern, daß Ersatzansprüche der AG aus der Gründung durch Veränderung ihrer Unterlagen beseitigt oder beeinträchtigt werden (Sdil.-Qu. § 145 Anm. 6) und wiesen darauf hin, daß die Bedeutung der Vorschrift nidit auf materiellem Gebiet liegen könne, weil eine Veränderung zuungunsten der AG auch nach 5 Jahren nicht ohne weiteres möglich sei, eine frühere Veränderung zu ihren Gunsten aber vernünftigerweise nicht ausgeschlossen werden könne. Es ist nicht zu verkennen, daß diese Beurteilung einer Uberprüfung bedarf, nachdem nunmehr im Abs. 5 die bisherige Bestimmung des § 12 der 3. DVO zum Aktiengesetz übernommen wurde. Diese Bestimmung, die sich mit der Satzungsänderung, also der formellen Seite, ausschließlich befaßt, erfüllt den Zweck, den wir der bisher in § 145 III AktG 37 jetzt in Abs. 4 des vorliegenden Paragraphen enthaltenen Bestimmung unterstellt haben. Zur Änderung von Sondervorteilen ist zu sagen, daß eine nachträgliche Vermehrung der Sondervorteile unzulässig ist, und zwar zunächst einmal schlechthin für den Zeitraum von 5 Jahren nach der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister, denn vorher kann nach Abs. 4 die Festsetzung in der Satzung nicht geändert werden. Da aber Sondervergütungen materiell nur wirksam sind, wenn die Festsetzung in der Satzung erfolgt, ist auch eine Vermehrung der Sondervorteile innerhalb dieses Zeitraumes nidit möglich. Aber auch nach Ablauf der 5 Jahre ist eine Änderung nicht schlechthin zulässig, vielmehr kann sich die Unzulässigkeit aus anderen Gesichtspunkten ergeben (vgl. KG JW 38, 2754). So ist eine nachträgliche Vermehrung der 142

Sondervorteile. Gründungsaufwand

§26 Anm. 7—9

Sondervorteile schon deshalb unzulässig, weil dadurch einem Aktionär entgegen den Grundsätzen der Gleichberechtigung nachträglich eine Sondervergünstigung zuteil würde (ebenso Ritter § 19 Anm. 3 f ) ; weiterhin aber auch schon um deswillen, weil jedenfalls dann, wenn die nachträgliche Vermehrung der Sondervorteile nach Abschluß der Gründungsprüfung nach § 34 ausbedungen wird, eine entsprechende Prüfung mangels ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung nicht möglich ist und damit der § 26 ohne weiteres illusorisch würde. Eine Herabsetzung der Sondervergütungen ist jedoch möglich, und zwar sowohl innerhalb der Fünfjahresfrist als auch später. Selbstverständlich genügt dazu nicht ein Hauptversammlungsbeschluß, vielmehr ist die Zustimmung des Gläubigers erforderlich, z. B. ein Erlaßvertrag zwischen ihm und der Gesellschaft (B.-H. Rn. 9). Auch die Anfechtung des Abkommens nach allgemeinen Grundsätzen (Irrtum, Täuschung, Drohung) sowohl durch die Gründer als auch die Gesellschaft ist zulässig. Ebenso kann eine etwaige Nichtigkeit aus allggemeinen Gründen unbeschränkt geltend gemacht werden. VI. Beseitigung der Festsetzungen Anm. 8: Die Beseitigung der Festsetzungen in der Satzung ist auch dann nicht ohne weiteres möglich, wenn diese gegenstandslos geworden sind, d. h., wenn die Rechtsverhältnisse, die den Festsetzungen zugrunde lagen, abgewickelt sind. Auch dann muß noch eine Frist von mindestens 5 Jahren abgewartet werden, außerdem kann die Beseitigung durch Satzungsänderung erst erfolgen, wenn die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt 30 Jahre im Handelsregister eingetragen ist. Nur wenn beide Voraussetzungen vorliegen, kann durch Satzungsänderung die Festsetzung beseitigt werden. Auch eine völlige Neufassung der Satzungen muß, wenn die Frist nicht abgelaufen ist, immer wieder die Gründungsfestsetzungen übernehmen. VII. Versdileierter Grundungsaufwand Anm. 9: Wird der Gegenstand einer Sacheinlage oder Sachübernahme überbewertet und verpflichtet sich der einbringende Aktionär oder der Empfänger des Gegenwerts der Sachübernahme eine zum Gründungsaufwand der Gesellschaft gehörende Verpflichtung von sich aus zu tilgen, so muß dies in der Satzung klargestellt werden, denn wirtschaftlich geht auch dieser Teil des Gründungsaufwandes zu Lasten der Gesellschaft, da er in der Überbewertung der Sacheinlage bzw. Sachübernahme enthalten ist (RG LZ 1912, 393; BGH Urteil vom 28. 5.1956 AZ II ZR 251/55). Die Festsetzung in der Satzung muß unabhängig von der nach § 27 schon wegen der Bestimmung des Abs. 5 erfolgen. 143

§ 27

Anm. 1

Gründang der Gesellschaft § 27

Sacfaeinlagen. Sachübernahmen (1) Sollen Aktionäre Einlagen machen, die nicht durch Einzahlung des Nennbetrags oder des höheren Ausgabebetrags der Aktien zu leisten sind (Sacheinlagen), oder soll die Gesellschaft vorhandene oder herzustellende Anlagen oder andere Vermögensgegenstände übernehmen (Sachübernahmen), so müssen in der Satzung festgesetzt werden der Gegenstand der Sacheinlage oder der Sadiübernahme, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und der Nennbetrag der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien oder die bei der Sachübernahme zu gewährende Vergütung. (2) Ohne diese Festsetzung sind Verträge über Sacheinlagen und Sachübernahmen und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung der Gesellschaft gegenüber unwirksam. Ist die Gesellschaft eingetragen, so wird die Gültigkeit der Satzung durch diese Unwirksamkeit nicht berührt. Ist die Vereinbarung einer Sacheinlage unwirksam, so ist der Aktionär verpflichtet, den Nennbetrag oder den höheren Ausgabebetrag der Aktie einzuzahlen. (3) Nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister kann die Unwirksamkeit nicht durch Satzungsänderung geheilt werden. (4) Für die Änderung rechtswirksam getroffener Festsetzungen gilt § 26 Abs. 4, für die Beseitigung der Satzungsbestimmungen § 26 Abs. 5. I. Übersicht (Anm. 1) II. Sacheinlagen und Sachübernahmen 1. Gemeinsames (Anm. 2) 2. Unterschiede (Anm. 3) 3. Mängel: a) Willensmängel (Anm. 4) b) Anwendung der Mängelvorschriften des BGB u. H G B (Anm. 5) c) Die anfängliche Unmöglichkeit (Anm. 6) d) Die nachträgliche Unmöglichkeit (Anm. 7) e) Verzug des Einlegers (Anm. 8) f) Formmängel (Anm. 9)

4. Gemischte Sacheinlagen (Anm. 10) 5. Gegenstand der Sacheinlage oder Sadiübernahme (Anm. 11—14) III. Verstoß gegen Abs. 1 1. Folgen des Verstoßes (Anm. 15) 2. Heilung des Verstoßes (Anm. 16) IV. Änderung der Festsetzung und Beseitigung der Satzungsbestimmung (Anm. 17) V. Nachträgliche Umwandlung 1. einer Bar- in eine Sadieinlage (Anm. 18) 2. einer Sadi- in eine Bareinlage (Anm. 19) VI. Andere Verpflichtungen der Gesellschaft im Gründungsstadium (Anm. 20)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift stimmt wörtlich mit dem § 20 AktG 37 überein. Neu hinzugekommen ist Abs. 4, der inhaltlich den Vorschriften der früheren §§ 145 III AktG 37 u. 12 der 3. DVO z. AktG 37 entspricht. 144

Sadieinlagen. Sachübernahmen

§27 Anm. 1,2

Die Gründung mit Sacheinlage oder Sachübernahme ist durchaus die Regel, da das von der AG zu betreibende Unternehmen meist nicht erst mit neu zu besdiaffenden Barmitteln ins Leben gerufen wird, sondern schon vorhanden ist. Der Sacheinlage und Sachübernahme hat schon der Gesetzgeber von 1884 seine besondere Aufmerksamkeit geschenkt, um Vorkehrungen gegen die Gefahren des Gründungsschwindels zu treffen. Sie sind im späteren Verlauf noch verstärkt und ausgebaut worden. Sacheinlagen und Sachübernahmen sind zwei grundsätzlich verschiedene Rechtsgeschäfte, denen aber gemeinsam ist, daß schon im Gründungszustand der Gesellschaft bei den Gründern die Absicht besteht, Vermögenswerte, welche nicht in Geld bestehen, von der Gesellschaft übernehmen zu lassen. Sie werden deshalb auch der gleichen Regelung unterworfen; diese besteht darin, daß 1. der Gegenstand der Sacheinlage oder -Übernahme, 2. die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt und 3. in dem Fall der Sacheinlage der Nennbetrag, der dagegen zu gewährenden Aktien, in dem Fall der Sachübernahme die dafür zu gewährende Vergütung in der Satzung festgesetzt werden müssen. II. Sadieinlagen und Sachübernahmen 1. Gemeinsames Anm. 2: Gemeinsam ist der Sacheinlage und Sachübernahme die Festsetzung, die ein vom Gesetz geforderter gesellschaftsrechtlicher Akt ist. Sie tritt bei der Sachübernahme neben das rein bürgerlich-rechtliche Sachübernahmegeschäft, bei der Sacheinlage neben die Aktienübernahmeerklärung, die inhaltlich dieselben wesentlichen Bestandteile hat, und Aktienzuteilung und die Ausführungsgeschäfte. Da sie nicht nur für die Gläubiger, sondern auch für die Übernehmer von Aktien bedeutungsvoll ist, wird die Verbindung dieses Aktes mit der Feststellung der Satzung gefordert. Den Gläubigern ist dadurch die Möglichkeit gegeben, von Sacheinlagen und -übernahmen Kenntnis zu erhalten. Natürlich müssen die drei verlangten Angaben so verbunden werden, daß aus ihnen ersichtlich ist, daß eine Sacheinlage oder Sachübernahme gemacht wird. Aber es ist unrichtig, daß die gesamten Vereinbarungen in der Satzung festgesetzt werden müssen (ebenso Ritter § 20 Anm. 2 und RG in JW 33, 52; a.A. Geiler JW 33 S. 52; Schl.-Qu. § 20 Anm. 8 und die älteren Reichsgerichtsentscheidungen: RG 81, 104; 114, 82; 118, 117). Dazu sind die nach § 37 Nr. 2 dem Registergericht einzureichenden Verträge da. Eine Formvorschrift schafft übrigens § 37 Nr. 2 nicht, wenn diese Gesetzstelle auch praktisch zu schriftlicher Niederlegung nach bürgerlichem Recht auch mündlich gültiger Vereinbarungen führen muß (vgl. Anm. 4 zu § 37). 145

§27 Anm.2,3

Gründung der Gesellschaft

Beiden ist weiter gemeinsam eine ganze Reihe von Sicherheitsvorschriften, durch welche einem Gründungsschwindel wirksam vorgebeugt werden soll: Hierzu gehört, daß neben dem Vorstand und Aufsichtsrat besondere von ihnen unabhängige Gründungsprüfer eine Prüfung vorzunehmen haben (§§ 33, 34) und das Gericht die Eintragung ablehnen kann, wenn offensichtlich ist, daß die Gegenleistung für die eingelegten oder übernommenen Gegenstände unangemessen hoch ist; siehe § 38. Gemeinsam ist der Sacheinlage und Sachübernahme, daß es sidi um Vereinbarungen im Lebensabschnitt der Gesellschaft vor ihrer Eintragung, und zwar unter oder mit den Gründern handelt. Letzteres ist bei der Sacheinlage selbstverständlich, da sie ein Bestandteil des Gründungsvertrages ist. Für die Sachübernahme ist diese Abgrenzung wichtig wegen § 41 Abs. 3 (vgl. hierzu Godin in AZP 27,26). Auch für die Sachübernahme ergibt sie sich daraus, daß sie in der Satzung festzusetzen ist, diese aber von den Gründern festgestellt wird. Demnach kann nur eine solche Maßnahme gemeint sein, welche von oder mit den Gründern abgesprochen war. Die Übernahme von Vermögensgegenständen von Dritten durch die Gesellschaft auf Grund einer Verabredung mit dem Vorstand, welcher keine auch nur formlose Verabredung mit den Gründern vorangegangen ist, fällt unter § 41 Abs. 1 und 2. Dies ergibt sidi aus der praktischen Erwägung, daß es sich hierbei wohl meist nur um Dienst- oder Lieferverträge handelt und aus der rechtlichen Erwägung, daß die Verantwortlichkeit des Vorstandes nach § 93 über diejenige der Gründer nach § 46 hinausgeht, außerdem auch die Verpflichtung des Vorstandes und Aufsichtsrates, die Gründung zu prüfen und einen wahrheitsmäßigen Beridit über die Gründung zu erstatten, eine Gewähr dafür bietet, daß nicht auf dem Umweg über § 41 II Vermögensgegenstände ohne Festsetzung in der Satzung übernommen werden, deren Übernahme, weil sie schon mit den Gründern verabredet war, in der Satzung hätte festgesetzt werden müssen. 2. Unterschiede Anm. 3: Der innere Unterschied zwischen den beiden Tatbeständen ist erheblich. Sacheinlage ist jede Einlage, welche von einem Gesellschafter zwecks Beteiligung — sei es auf das Grundkapital (Nennbetrag einer Aktie) oder auf die gesetzliche Rücklage (der höhere Ausgabebetrag — das Aufgeld —) gemacht wird und nicht in Geld besteht. Sie ist ein körperschaftlicher Rechtsakt, ein Teil des Gründungsgeschäftes und eine Voraussetzung für die Entstehung der Gesellschaft (Sengelmann S. 16; Würdinger S. 37). Die Sachübernahme dagegen ist ein gewöhnlicher, bürgerlich-rechtlicher zweiseitiger Veräußerungsvertrag (Umsatzgeschäft), bei welchem notwendigerweise auch die Leistung der Gesellschaft in Geld besteht. Daraus ergeben sich wichtige Folgerungen, insbesondere in der Frage der Willensmängel. 146

Sacheinlagen. Sachübernahmen

§27 Anm. 3—5

Zu beachten ist, daß zur Vergütung einer Sadiübernahme nicht nadi Absicht des Einlageschuldners dessen Einlage alsbald an ihn zurückgezahlt werden darf. Darin liegt eine unzulässige Umgehung des Aufredinungsverbots (BGH 28, 314 ff. für die GmbH). 3. Mängel a) Willensmängel Anm. 4: Für die Willensmängel bei der Sacheinlage gelten uneingeschränkt die Ausführungen in Anm. 7 vor § 23, dagegen ist die Sachübernahme beiderseits beim Vorliegen der bürgerlich-rechtlichen Voraussetzungen unbeschränkt anfechtbar, bei Verstoß gegen die guten Sitten oder Wucher nichtig. b) Anwendung der Mängelvorschriften des BGB und HGB Anm. 5: Auf die Sadiübernahme finden die Vorschriften über den Kauf wegen Mängelhaftung unmittelbar und unbeschränkt Anwendung. Nach § 493 BGB sind die Vorschriften über Sachmängel auch auf Sacheinlagen entsprechend anwendbar, wenn sie auch teilweise Schwierigkeiten bereiten (einschränkend BGH 45, 338 ff.). Mängelrüge nach §377 HGB ist nicht erforderlidi (a. A. Ritter § 20 Anm. 1 f). Voll anwendbar sind die Vorschriften über Schadenersatz wegen Nichterfüllung bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft, arglistiges Verschweigen eines Mangels und Vorhandenseins eines Mangels, dessen Abwesenheit zugesichert war (§ 463 BGB), sowie über Ersatzleistung bei vertretbaren Sachen (§ 480 BGB). Unanwendbar ist die die Gewährleistungsansprüche der Gesellschaft u. U. ausschließende Vorschrift des § 464 BGB (a. A. RG 159 S. 33; wie hier BGH 45, 338 ff.; Boesebeck in DR 1939,135). Die Wandlung ist mit einer Rückgabe der Einlage verbunden und deshalb als solche unzulässig. Durch einen absoluten Ausschluß der Möglidikeit einer Wandlung wäre die Gesellschaft verpflichtet, die mangelhafte Sacheinlage zu behalten, wodurch die Kapitalgrundlage erheblich beeinträchtigt werden kann. Es ist daher der herrschenden Lehre zu folgen (vgl. Boesebeck a. a. O.; B.-H. Rn. 7; Barz in Großkomm. Anm. 20), wonadi die im Abschluß des Einbringungsvertrages enthaltene Erklärung des Sacheinlegers, eine mangelfreie Sache zu liefern, als Deckungszusage in Höhe des angenommenen Wertes der einzubringenden Sache anzusehen ist. Demzufolge ist bei Lieferung einer mangelhaften Sache der Sacheinleger auf Verlangen der Gesellschaft verpflichtet, die mangelhafte Sache zurückzunehmen und in Höhe seiner Deckungszusage eine Bareinlage zu leisten. Audi der Anspruch auf Minderung kann geltend gemacht werden; er geht jedoch nicht auf Rückgabe eines Teils der für die Sacheinlage hingegebenen Aktien, sondern auf Bareinzahlung der Wertdifferenz; anderenfalls würde es an der vollständigen Übernahme der Aktien durch die Gründer fehlen. 147

§27 Anm. 6—8

Gründung der Gesellschaft

c) Die anfängliche Unmöglichkeit Anm. 6: Bei anfänglicher Unmöglichkeit der Sacheinlage wurde früher die Ansicht vertreten, daß die Gesellschaft nicht ohne weiteres einen Geldanspruch erwerbe, der Einbringungsvertrag vielmehr nach § 306 BGB nichtig sei (vgl. 2. Aufl. Seite 77; RG 68 S.276; Sdil.-Qu. § 2 0 Anm. 15; Teichmann-Köhler § 20 Anm. 6). Nach dieser Ansicht würde die Gesellschaft, wenn ihr nicht ein Schadenersatzanspruch nach § 307 BGB zusteht, mit einer Unterbilanz ins Leben treten. Dieser Ansicht kann wegen des aktienrechtlichen Grundsatzes, daß die Kapitalgrundlage erhalten bleiben muß, nicht zugestimmt werden. Der einlagepflichtige Aktionär kann zwar die Einlage nicht erbringen, er muß aber an seiner Erklärung festgehalten werden, daß er Mitglied der Gesellschaft werden und dafür eine Einlage von bestimmtem Wert machen wollte (Deckungszusage). Daraus ergibt sidi, daß dieser Aktionär nunmehr eine Bareinlage zu erbringen hat, deren Höhe dem Wert der ursprünglich zugesagten Einlage entspridit (so auch Barz in Großkomm. Anm. 16; Baumbach-Huedk Rn. 7; Würdinger S. 65). d) Die nachträgliche Unmöglichkeit Anm. 7: Bei nachträglicher Unmöglichkeit ist zu unterscheiden, ob sie von dem einlagepflichtigen Aktionär zu vertreten ist oder nicht. Ist sie nicht zu vertreten, kann er nicht nach § 275 BGB völlig freigestellt werden, da auch eine solche Folge mit dem Grundsatz der Erhaltung der Kapitalgrundlage unvereinbar wäre. Aus dem gleichen Grunde wie bei der anfänglichen Unmöglichkeit tritt daher an Stelle der Sacheinlage eine Bareinlage in Höhe des Wertes der versprochenen Sacheinlage. Ist die Unmöglichkeit aber von dem Aktionär zu vertreten, so steht der Gesellschaft nach allgemeiner Ansicht das Rücktrittsrecht (§ 325 BGB) nicht zu. Durch einen solchen Rüdktritt bliebe die Kapitalgrundlage ebenfalls nicht erhalten und zum anderen würde auf diese Weise dem Vorstand eine unzulässige Möglichkeit gegeben, einen Aktionär auszuschließen. Die Gesellschaft kann aber Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 325 BGB) verlangen (RG 68, 277; Baumbach-Hueck Rn. 7; Barz in Großkomm. Anm. 16; a. A. Ritter § 20 Anm. 1 f.). Der Anspruch der Gesellschaft auf Einzahlung einer Bareinlage in Höhe des Wertes der zugesagten Sacheinlage bleibt daneben noch bestehen. In diesem Fall bedarf es keines Nachweises eines der Gesellschaft entstandenen Schadens. e) Verzug des Einlegers Anm. 8: Bei Leistungsverzug ist nur der Anspruch auf Leistung und Schadenersatz wegen verzögerter Erfüllung gegeben, desgleichen nach erfolgloser Fristsetzung Schadenersatz wegen Nichterfüllung, kein Rücktrittsrecht der Gesellschaft. 148

Sadieinlagen. Sachübernahmen

§27 Anm. 8—10

Besteht Streit über eine Sacheinlage aus rein bürgerlich-reditlidien Gesichtspunkten und sollten nicht aktienrechtliche Vorschriften umgangen werden, so kann er auch vom Vorstand durch Vergleich bereinigt werden. f) Formmängel Anm. 9: Notwendiger Inhalt der Festsetzung in der Satzung ist nur der Gegenstand der Sacheinlage oder Sachübernahme, die Person des Einlegers bzw. Veräußerers und der Nennbetrag der gewährten Aktien bzw. die Höhe der Vergütung. Er deckt sich also nicht mit allen Einzelheiten des Einbringungs- bzw. Veräußerungsgeschäftes. Wegen der Einzelheiten des Geschäftes genügt der Hinweis auf den mit der Anmeldung nach § 37 Abs. 2 Nr. 2 zu überreichenden Einlage- oder Ubernahmevertrag. Dieser bedarf seinerseits der Form, welche bürgerlich-rechtlich dafür vorgeschrieben ist; ihr ist durch Aufnahme in die Satzung nur dann genügt, wenn diese alle Einzelheiten enthält. Ist das nicht der Fall, so kann nicht etwa bei einem Grundstücksüberlassungsvertrag der Mangel der bürgerlich-rechtlichen Form durch Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister geheilt werden, sondern nur durch die Auflassung und deren Eintragung im Grundbuch. Umgekehrt heilt die Erfüllung der bürgerlich-rechtlichen Formvorschriften eine mangelhafte Festsetzung in der Satzung nicht, doch kann eine neben der Satzung aufgenommene, den bürgerlich-rechtlichen Formvorschriften entsprechende Urkunde herangezogen werden, um eine Unklarheit der Festsetzung in der Satzung zu beheben. Bestandteile der Vereinbarung, weldie nicht in der Satzung aufgenommen zu werden brauchen, sind wirksam, wenn sie ohne diese Aufnahme in die Satzung der bürgerlich-rechtlichen Formvorschrift entsprechen, also auch formlos, wenn sie nach bürgerlichem Recht nicht formbedürftig sind. Sie können nach Maßgabe der Vorsdiriften des bürgerlichen Rechts (z. B. § 313 BGB) auch durch das Erfüllungsgeschäft geheilt werden. Während bei der Sachübernahme regelmäßig eine besondere Vertragsurkunde über das Veräußerungs- (Übernahme) Geschäft neben der Satzung bestehen wird (§ 37 II Nr. 2), wird bei der Sacheinlage regelmäßig die satzungsmäßige Festsetzung selbst alle Vereinbarungen enthalten, welche bürgerlich-rechtlich beurkundet werden müssen. Wenn dies nicht der Fall ist und eine den bürgerlidi-rechtlichen Vorschriften entsprechende vollständige Vertragsurkunde neben der notwendigen Festsetzung in der Satzung errichtet wird, ändert dies an der gesellschaftsrechtlichen Natur des Vertrages als eines Einbringungsvertrages selbstverständlich nichts. Der Sachübernahmevertrag wird namens der künftigen AG abgeschlossen, dasselbe gilt für die Sacheinlage mindestens von dem Erfüllungsgeschäft. 4. Gemischte Sacheinlagen Anm. 10: Auf eine gemischte Sacheinlage (richtiger: mit Sachübernahme kombinierte Sacheinlage), d. h. den Fall, daß eine Sache teils — bis zu einem 149

§27 Anm. 10—12

Gründung der Gesellschaft

gewissen Wert — eingelegt, teils — darüber hinaus — von der Gesellschaft übernommen (bezahlt) wird, sind ausschließlich die für die Sacheinlage geltenden Grundsätze anzuwenden (vgl. KG in JW 28,18; Boesebeck in D R 39, 435; B.-H. Rn. 5). Bei Überbewertung der Sacheinlage (ohne Mängel oder Willensmängel) gilt § 46 Abs. 2. 5. Gegenstand der Sacheinlage oder Übernahme Anm. 11: Gegenstand der Sadieinlage und der Sadiübernahme können, vorausgesetzt, daß sie übertragbar und bilanzfähig sind, körperliche oder unkörperliche Gegenstände, also auch Rechte und Befugnisse (Lizenzen, Gebrauchsund Nutzungsrecht, Konzessionen und Urheberrechte — BGH in BB 59, 353) sein, mag auch ihre Bewertung schwierig sein (Scholz § 5 GmbHG Anm. 15). Es ist nicht erforderlich, daß sie dem Einleger bzw. Veräußerer schon gehören, sondern es genügt, daß sie von ihm der AG zu verschaffen sind; das Erfordernis der Bilanzierungsfähigkeit rührt daher, daß dem für die Sacheinlage gewährten Aktienposten, der als Teil des Grundkapitals auf der Passivseite der Bilanz zu stehen kommt, der Gegenstand der Sacheinlagen als Gegenposten auf ihrer Aktivseite muß gegenübergestellt werden können (insoweit unklar BGH 29, 304). Anm. 12: Fraglich ist, inwieweit Dienstleistungen Gegenstand von Sacheinlagen oder Sachübernahmen sein können. Es scheiden aus Dienstleistungen, welche etwa bei der Gründung der AG geleistet worden sind, denn diese Dienstleistungen sind bereits verbraucht, wenn die Aktiengesellschaft entsteht, die Gewährung von Aktien für sie liefe auf die verbotene Gewährung von Freiaktien hinaus. Belohnung in Gestalt von Aktien kann nur von den Gründern aus den von ihnen übernommenen Aktien gegeben werden, wenn sie diese voll belegt haben. Desgleichen scheidet der Ansprudi auf Dienstleistungen aus, welche der Einleger oder ein Dritter in Person zu leisten hat, nach überwiegender Meinung aber der Ansprudi auf künftige Dienstleistung schlechthin. Doch ist dies nur mit Einschränkung richtig. Kann ein Anspruch auf Verschaffung einer Sache Gegenstand der Sacheinlage oder Sachübernahme sein, so ist es nicht schlüssig, daß ein Anspruch auf Verschaffung von Diensten (etwas ähnliches ist der Anspruch auf Lieferung von elektrischem Strom oder auf Bereitstellung von Wasserkraft) nicht Gegenstand der Einlage sein können, sofern die Dienste vertretbar, d. h., nicht von den Verpflichteten notwendigerweise in Person zu leisten sind. Hinter einer solchcn Einlage steht ebenso das haftende Vermögen des Einlegers, wie hinter jeder Sacheinlage, die ja auch nicht sofort bewirkt zu werden braucht. Es ist auch nicht einzusehen, warum der Anspruch auf Dienstleistungen nicht bilanzfähig sein soll (vgl. Barz in Großkomm. Anm. 7), wenn die Gesellschaft einen Gegenwert in Gestalt von Aktien oder in bar hingegeben hat. Werden die Dienste 150

Sacheinlagen. Sadiübernahmen

§ 27 Anm. 12,13

geleistet, ist der gebildete Aktivposten in entsprechender Höhe zu Lasten des Gewinn- und Verlustkontons (dem ja die Bezahlung der Dienste erspart bleibt) abzuschreiben (ähnlich Ritter § 20, Anm. 1 b). Gegenstand der Sacbäbernahme kann eine Dienstleistung auch dann sein, wenn sie von einer bestimmten Person zu leisten und nicht vertretbar ist. Bei Sadiübernahme besteht keine Notwendigkeit, einem Passivposten einen Aktivposten gegenüberzustellen, wie bei der Sacheinlage den dafür gewährten Aktien, solange die Dienstleistung nicht erfüllt ist. Ihre Unmöglichkeit bei Wegfall des Verpflichteten schafft daher keine Schwierigkeit und bedeutet im übrigen kein besonderes Risiko für die AG, weil sie die Gegenleistung spart. Als Sadieinlage aber müßten derartige unvertretbare Dienstleistungen aus dem angegebenen Grunde in der Gegenwart aktiviert werden, was schwierig sein dürfte (siehe unten). Außerdem würde eine Gründung, bei der unvertretbare Dienstleistungen gegen Aktien aktiviert würden, wohl recht unsolide sein und der Gewährung von Freiaktien sehr nahe kommen. Anm. 13: Daß herzustellende Anlagen und Gegenstände Gegenstand der Sadiübernahme sein können, ist ausdrücklich gesagt. Daraus allein kann nicht geschlossen werden, daß Gegenstand von Sacheinlagen erst herzustellende Anlagen nicht sein können. Wenn ein noch im Eigentum eines Dritten befindliches, der Gesellschaft vom Einleger zu verschaffendes, im Augenblick ihrer Begründung aber nodi nicht in ihr Eigentum übergehendes Hausgrundstück unbestrittenermaßen Gegenstand einer Sacheinlage sein kann, obwohl die AG zunächst als bilanzfähiges Aktivum nur den Verschaffungsanspruch gegen den Einleger erwirbt, muß auch ein Grundstück und ein darauf erst herzustellendes Haus Gegenstand der Sacheinlage sein können. Der Anspruch auf Herstellung unterscheidet sich wesentlich nicht von dem Anspruch auf Verschaffung (ebenso Ritter § 20, Anm. 1 b; Schl.-Qu. § 20 Anm. 4). Gegenstand der Einlage ist das herzustellende Werk, nicht die Ansprüche auf Herstellung des Werkes, also Ansprüche aus einem Werkvertrag, wie Fischer in Großkomm, zu § 20 AktG 37 Anm. 7 annimmt. Forderungen gegen die Gesellschaft selbst können bei der Gründung (anders bei der Kapitalerhöhung) nidit Gegenstand der Sacheinlage sein, weil vor ihrer Entstehung keine Forderungen gegen sie entstehen können. Dagegen können Forderungen eingelegt werden, welche den Gegenstand einer Sacheinlage belasten und erst durdi deren Bewirkung zu Forderungen gegen die Gesellschaft werden, z. B. eine Hypothek auf einem eingelegten Haus oder Forderungen gegen ein eingebrachtes Erwerbsgeschäft. Ein soldies ist eine Sadigesamtheit mit wechselndem Bestände und wird meist aufgrund einer zurückliegenden Bilanz mit der Abrede eingebracht oder an die Gesellschaft veräußert, daß es vom Bilanzstichtag an als für Rechnung der AG geführt gilt. Inzwischen eingetretene Vermögensmehrungen sind dann nicht 151

§27 Gründung der Gesellschaft Anm. 13,14 Gewinn der Gesellschaft, vielmehr eine Mehrung des Wertes der von ihr empfangenen Sacheinlage bzw. Kaufsache. Nach richtiger Ansicht (Boesebeck Soz. Pr. 39, 609) ist deshalb auch der Tag der Eintragung der Gesellschaft der Stichtag für ihre Eröffnungsbilanz. Vermögensminderungen würden aber bei der Sadieinlage bedeuten können, daß die Gesellschaft ein hinter dem Betrag der von ihr gewährten Aktien zurückbleibendes Firmenreinvermögen empfängt. Das wäre dann eine Unternennwertausgabe, die nicht statthaft ist. Trotz der Gefahr, daß sich eine solche ergeben kann, stößt sich die Rechtsübung an einer derartigen Abrede nicht (so auch Barz in Großkomm. Anm. 7; B.-H. Rn. 3). Wir sehen es jedoch als unerläßlich an, daß bei der Sacheinlage bei einer solchen Verabredung auch die Verpflichtung des Einlegers begründet wird, Gewähr zu leisten: a) daß in der Zeit zwischen Bilanzstichtag und Eintragung der Gesellschaft (bzw. Einbringung, wenn das Geschäft vor der Eintragung übergeben und eingebracht wird) keine Verluste entstanden sind, welche etwa vorhandene und durch Aktiengewährung nicht ausgeglichene Reserven überschreiten; b) für die Güte und Einbringlichkeit der z. 2. der Eintragung (bzw. Einbringung siehe oben) vorhandene Außenstände evtl. auch hier unter Beschränkung auf diejenigen Ausfälle, die ein etwa vorhandenes, bei der Aktiengewährung nicht ausgeglichenes Dubiosenkonto übersteigen; c) daß keine aus der Bilanz nicht ersichtliche Verbindlichkeiten vorhanden sind. Wertminderungen, die seit dem Übernahmestichtag entstanden sind, können freilich auch als Sachmängel gewertet werden (vgl. Boesebeck DR 1939, 437; auch RG 159, 333). Damit ist aber u. E. der Gesellschaft nur bei Sachübernahmen geholfen, bei der Sacheinlage nur nach Maßgabe dieser Anmerkung oder des § 46 II, siehe dort Anm. 11. Anm. 14: Der Firmen- oder Gesch'dflswert kann bei der Einbringung eines Erwerbsgeschäftes nach fast einstimmiger Meinung gleichfalls Gegenstand sowohl einer Sadieinlage, als auch einer Sachübernahme sein in dem Sinn, daß er bei der Sacheinlage durch Gewährung eines Mehr von Aktien, bei der Sachübernahme durch höhere Barleistungen ausgeglichen wird. Der Firmehwert kann immer erbracht werden, wenn eine Gegenleistung dafür erbracht ist, es sich also nicht um die originäre Bildung dieses Vermögenswertes handelt. Über den Betrieb des Geschäftes auf den Namen der Gesellschaft vor Eintragung siehe § 41 Anm. 5—8. Da bei Sacheinlagen von Ansdiaifungskosten nicht gesprochen werden kann (vgl. Boesebeck Soz. Prax. 39, Seite 610), so herrscht für die Eröffnungsbilanz Bewertungsfreiheit. Die aktienrechtlichen Bewertungsvorschriften gelten hierfür nicht. Untere Grenze ist der Nenn152

Sacheinlagen. Sachübernahmen

§ 27 Anm. 14,15

betrag der hingegebenen Aktien, weil sonst Unternennwertausgabe vorliegen könnte, obere Grenze der wahre Wert. N u r soweit der innerhalb dieses Rahmens freigewählte Bilanzansatz den Nennbetrag der für die Sacheinlagen gewährten Aktien übersteigt, ist der Mehrbetrag der gesetzlichen Rücklage zuzuführen (Boesebeck a.a.O.).

III. Verstoß gegen Abs. 1 1. Folgen des Verstoßes Anm. 15: Die Folgen des Verstoßes gegen die Bestimmung über die Festsetzung bestehen in beiden Fällen darin, daß die Vereinbarungen der Gesellschaft gegenüber unwirksam sind, nidit nur die schuldrechtlichen Vereinbarungen, sondern auch die dinglichen Ausführungsgeschäfte. Darüber kann nach der ausdrücklichen Vorschrift des Abs. 2 Satz 1 kein Zweifel bestehen (B.-H. Rn. 11). Das Grundbuch ist also, wenn es sich um ein Grundstück handelt, trotz Auflassung zu berichtigen. Gutgläubiger Erwerb eines Dritten an einem solchen Grundstück ist natürlich möglich. Für den wichtigen Fall der Fusion ist jedoch zu beachten, daß § 892 BGB ein Rechtsgeschäft voraussetzt, welches sich auf das Grundstück besonders bezieht und insbesondere darunter die dingliche Einigung versteht, die bei der Fusion fehlt, weil sich aufgrund des Verschmelzungsvertrages eine Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes ergibt. „Der Gesellschaft gegenüber" heißt nicht zugunsten der Gesellschaft, welche vielmehr ihrerseits die Ausführung der Vereinbarungen nicht fordern kann und verpflichtet ist, sie als ungeschehen gelten zu lassen. „Der Gesellschaft gegenüber" heißt vielmehr im Verhältnis zur Gesellschaft, daß von der Vorschrift die Rechtsbeziehungen der Gründer untereinander oder zu den Dritten nicht betroffen werden (so auch Barz in Großkomm. Anm. 28). Auch die notarielle Beurkundung des ÜberlassungsVertrages außerhalb der Satzung, die Auflassung des Grundstücks und Eintragung des Eigentumsüberganges im Grundbuch, welche nach § 313 BGB die Verletzung der bürgerlich-rechtlichen Formvorschriften heilen würde, oder die bürgerlich-rechtliche Gültigkeit eines formlosen Veräußerungs- oder Erfüllungsgeschäftes (z.B. bei Veräußerung und Abtretung eines Patentes oder der Rechte aus einem Lieferungsvertrag) vermögen nichts an der Unwirksamkeit der Vereinbarung im Verhältnis zur Gesellschaft zu ändern, sind aber geeignet, eine Bindung im Verhältnis zu den Gründern herzustellen. Im Einzelfall wird zu prüfen sein, ob eine solche Bindung nicht durch Wegfall der Geschäftsgrundlage gegenstandslos wird (so auch Barz im Großkomm. Anm. 28). Dies ist wichtig, weil bei der Sachübernahme der Veräußerer keine Einwirkung auf die Festsetzung in der Satzung hat. Weichen Festsetzung in der Satzung und bürgerlich-rechtliche Urkunde voneinander ab, so kann gegenüber der Gesellschaft nur gelten, was in der Satzung festgesetzt ist, aber auch 153

§27 Anm. 15,16

Gründung der Gesellschaft

dieses nur, wenn es sich mit der Vereinbarung deckt und für diese trotz der abweichend bürgerlich-rechtlich vorgeschriebenen Form erfüllt oder der Mangel der Urkunde geheilt ist. Deckt sich die Festsetzung mit der Vereinbarung nicht, so ist die Festsetzung unverbindlich, aber auch die Vereinbarung gegenüber der Gesellschaft nicht wirksam. Im Verhältnis unter oder zu den Gründern oder zum Dritten kann auch nur das Vereinbarte gelten, sofern die erforderliche bürgerlich-rechtliche Form gewahrt oder der Formmangel geheilt ist. Die Sachübernahme, die nicht in der Satzungsurkunde festgesetzt wurde, ist im Verhältnis zwischen Veräußerer und Gesellschaft gänzlich wirkungslos. Dagegen bleibt der Einleger in Fällen der unwirksamen, weil in der Satzung nicht oder nicht ordnungsgemäß beurkundeten Vereinbarung einer Sadieinlage verpflichtet, den Ausgabebetrag der Aktien als Bareinlage zu entrichten. Wenn die Sacheinlage nicht in der Satzung beurkundet ist, so hat doch, da das Grundkapital übernommen sein muß, regelmäßig der Einleger die Verpflichtung übernommen, eine Einlage in Höhe des Wertes der versprochenen Sadieinlage zu machen (vgl. auch Anm. 5). Aber es kommt darauf nicht an. Wenn z. B. das Grundkapital als belegt ausgegeben würde, indem auf den Veräußerungsvertrag, der eine Sacheinlage betrifft, als Beilage verwiesen wird, aber übersehen würde, den Gegenstand der Sacheinlage, die Person des Einlegers und den Betrag der dafür gewährten Aktien in der Haupturkunde der Satzung aufzunehmen, so würde zwar eine Bareinlage nicht ausdrücklich übernommen, aber der Vorschrift des § 27 nicht genügt, und deshalb kraft Gesetzes die Verpflichtung entstanden sein, die Einlage in Gestalt der Bareinlage in Höhe des Ausgabebetrages der Aktien zu entrichten. Dies gilt aber nur, wenn die Gesellschaft eingetragen wird. Diese Verpflichtung bleibt bestehen, auch wenn nachträglich durch Nachgründung nach § 52 an Stelle der nicht geglückten Sacheinlage eine Sachübernahme zwischen AG und dem Aktionär vereinbart wird. Eine Aufrechnung findet nicht statt. Es kann sein, daß der Mangel der Festsetzung zugleich einen Verstoß gegen § 23 III bedeutet, dann ist Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 nicht anwendbar, wohl aber die §§ 275, 276. Bis zur Erfüllung der Geldeinlage hat die Gesellschaft ein Zurückbehaltungsrecht an einer etwa schon erfüllten Sacheinlage. Abs. 2 bestimmt eine Rechtsfolge, die sich aus der Haftung des Aktionärs für seine Deckungszusage ergibt (vgl. Anm. 5—7). Abs. 2 bringt somit den allgemeinen aktienrechtlichen Grundsatz der Erhaltung der Kapitalgrundlage zum Ausdruck und ist daher keine Ausnahmevorschrift. 2. Heilung des Verstoßes Anm. 16: Eine Heilung des Verstoßes ist vor Eintragung der Gesellschaft durch entsprechende Ergänzung der Satzung möglich. Unterbleibt diese, so macht die Eintragung der Gesellschaft die Vereinbarung nicht wirksam. Die Gesellschaft als solche entsteht zwar durch die Eintragung, sie hat aber keinen 154

SacheLnlagen. Sachübernahmen

§27 Anm. 16—20

Anspruch auf die Sacheinlage, sondern statt dessen einen Anspruch auf Barzahlung des Ausgabebetrages der entsprechenden Aktien. Eine Heilung durch Satzungsänderung nach Eintragung der Gesellschaft ist durch ausdrückliche Gesetzesvorschrift ausgeschlossen. Sie würde auch nicht in das System der gesetzlichen Vorschriften über diese Materie gepaßt haben. Es ist damit auch die Heilung durch Fusion nicht mehr möglich, welche das Kammergericht angenommen hat, indem es Heilung durch Satzungsänderung als möglich ansah und eine solche in den von der aufnehmenden Gesellschaft gefaßten Beschlüsse erblicken wollte. Vielmehr ist Heilung nur durch Nachgründung möglich, § 52 Abs. 10. IV. Änderung der Festsetzung und Beseitigung der Satzungsbestimmung Anm. 17: Bezüglich der Änderung rechtswirksam getroffener Festsetzungen, vgl. § 23 Anm. 8. V. Nachträgliche Umwandlung 1. einer Bar- in eine Sacheinlage Anm. 18: Nachträgliche Umwandlung einer Bar- in eine Sacheinlage ist grundsätzlich nicht möglich, denn dem Übernehmer von Aktien kann nicht eine Leistung an Erfüllungs Statt gestattet werden. Es bleibt nur der Weg der Nachgründung (vgl. hierzu § 52), wobei festzuhalten ist, daß eine Aufrechnung der Einlageschuld mit der Forderung auf die Gegenleistung für den an die Gesellschaft veräußerten Gegenstand nicht stattfinden kann (BGH 28, 314 ff.). 2. einer Sacb- in eine Bareinlage Anm. 19: Eine nachträgliche Umwandlung der Sacheinlage in eine Bareinlage ist nach § 2 6 I V möglich. VI. Andere Verpflichtungen der Gesellschaft im Gründungsstadium Anm. 20: Weder § 26 noch § 27 befassen sidi mit der Frage, ob die Gesellschaft durdi Festsetzung in der Satzung im Gründungszustande mit anderen Verbindlichkeiten belastet werden kann, welche nicht in einer Vergütung oder Entschädigung für den Arbeits- oder Geldaufwand bei der Gründung oder ihrer Vorbereitung oder für Sachübernahmen bestehen, ob z. B. gegenseitige Verträge geschlossen werden können, welche nicht mit Gründern, sondern mit Vorstandsmitgliedern geschlossen werden, oder welche nicht die Überlassung von Vermögensgegenständen an die Gesellschaft, sondern etwa umgekehrt Sach-, Lieferungs- oder Dienstverpflichtungen der Gesellschaft, 155

§§ 27/28

Anm. 20/1—3

Gründung der Gesellschaft

Darlehensverpflichtungen oder dergl. (s. hierüber Godin Arch. Ziv.Pr. 27, 26 ff.) zum Inhalt haben. Hierfür ist nach unserer Ansicht ausschließlich einschlägig § 41. Wir halten es nicht für möglich, im Gründungszustand der künftigen Geschäftsführung vorzugreifen und die Gesellschaft mit anderen als den erwähnten Verbindlichkeiten zu belasten, auch nicht durch Festsetzung in der Satzung. Was nicht nach § 27 in der Satzung festzustellen ist, weil es keine Sachübernahme ist, ist in der Satzung auch nicht wirksam festsetzbar (ebenso Fischer Großkomm, zu § 34 AktG 37 Anm. 12; im einzelnen vgl. zu § 38). Dem Anwendungsgebiet des § 27 ist die Grenze gezogen, daß — vom Fall der Einlage abgesehen — für die Gesellschaft nur Geldverpflichtungen zwecks Erwerbs von Sachen oder Rechten, insbesondere Gebrauchsrechten, begründet werden können. Ein Vertrag, der eine Sachübernahme mit einer Sachveräußerung verbindet (Tausch) kann nicht nur als erstere gewertet und durch Festsetzung in der Satzung wirksam werden. Auch für ihn gilt § 41. § 28 Gründer Die Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben, sind die Gründer der Gesellschaft. Anm. 1: Die Vorschrift stimmt mit § 21 Satz 1 AktG 1937 überein; sie bezweckt, den Kreis der Personen abzugrenzen, denen die Vermögens- und strafrechtliche Gründerhaftung und Gründerpflichten (Bestellung des ersten Aufsiditsrates, Erstattung des Gründerberichtes, Anmeldung zum Handelsregister) obliegen. Die Gründereigenschaft wird an zwei Voraussetzungen geknüpft: a) die Übernahme von Aktien und b) die Mitwirkung bei der Feststellung der Satzung. Da sowohl die nachträgliche Aktienübernahme durch die Gründer als auch die Stufengründung weggefallen sind, sind beide Voraussetzungen für jeden, der Aktien bei der Gründung übernimmt, gegeben, denn er kann dies nur bei Feststellung der Satzung tun. Anm. 2: Über die Gründerfähigkeit vgl. Anm. 5 zu § 2; über gesetzliche Vertretung ebenda, desgl. über Strohmann. Wenn ein Gründer für fremde Rechnung aber im eigenen Namen tätig wird, ist er selbst Gründer, jedoch haftet neben ihm vermögensrechtlich derjenige, für dessen Rechnung er gehandelt hat (§ 46 Abs. 5). Anm. 3: Bei nachträglicher, vor Beendigung aller Gründergeschäfte, insbesondere vor der Anmeldung eintretender Geschäftsunfähigkeit, scheidet der 156

Errichtung der Gesellschaft

§ § 28/29 Anm. 3/1—3

Gründer als solcher aus, denn dem gesetzlichen Vertreter kann nicht zugemutet werden, die strafrechtliche Gründerhaftung auf sich zu nehmen. Dadurch kann sich ergeben, daß die erforderliche Gründerzahl (5) nicht mehr vorhanden ist, dagegen bleibt die Übernahmeerklärung des Gründers bestehen. Über den Tod eines Gründers vgl. Anm. 5 zu § 29 u. Anm. 4 und 5 zu§ 36. § 29 Errichtung der Gesellschaft Mit der Übernahme aller Aktien durch die Gründer ist die Gesellschaft errichtet. I. Übersicht (Anm. 1) II. Übernahme der Aktien 1. Natur der Übernahmeerklärung (Anm. 2)

2. Rechte aus der Übernahmeerklärung (Anm. 3) III. Reditsnatur der errichteten Gesellschaft (Anm. 4) IV. Tod eines Gründers (Anm. 5)

I. Übersicht Anm. 1: Diese Vorschrift hat den § 22 Abs. 1 AktG 37 übernommen. § 22 Abs. 2 AktG 37 behandelte die nachträgliche Übernahme der Aktien. Diese Vorschrift ist, ebenso wie die Stufengründung (§ 30 AktG 37), nunmehr weggefallen, da von den Gründern gem. § 2 bei der Feststellung der Satzung sämtliche Aktien zu übernehmen sind. Damit ist die Gesellschaft errichtet. II. Übernahme der Aktien 1. Natur der Übernahmeerklärung Anm. 2: Die Aktienübernahmeerklärung (s. Anm. 19—22 zu § 23) kann ihrer Natur nach nicht an Bedingungen oder Beschränkungen geknüpft werden, andernfalls ist sie nichtig. Dagegen ist es statthaft und zweckmäßig, die Verbindung der Erklärung zu befristen. Die Übernahmeerklärung ist empfangsbedürftig, sie hat an die übrigen Gründer zu erfolgen. Dies geschieht automatisch, da sämtliche Gründer bei der Festsetzung der Satzung die sämtlichen Aktien übernehmen, mithin die Übernahmeerklärungen in Anwesenheit aller Beteiligten abgegeben und in Empfang genommen werden (streitig; vgl. § 23 Anm. 19). Der Inhalt der Übernahmeerklärung bestimmt sich nach § 23 II (vgl. dort Anm. 19). 2. Rechte aus der Übernahmeerklärung Anm. 3: Rechte aus der Übernahmeerklärung (s. Anm. 20 zu § 23) werden erst durch die Zuteilung (so § 186 Abs. 1 bei der Kapitalerhöhung) von 157

§29 Anm. 3,4

Gründung der Gesellschaft

Aktien erworben, oder wie das Gesetz (§ 46 Abs. 4 bei der Gründung) sich ausdrückt, durch die Annahme der Beteiligung. Diese ist Sache der Gründer und setzt Zustimmung aller Gründer voraus, da diese für die Zahlungsunfähigkeit des Aktionärs aufzukommen haben, wenn sie die Übernahmeerklärung in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit annehmen (§ 46 Abs. 4). Danach müssen sie das Recht haben, Ubernahmeerklärungen zurückzuweisen oder auszuscheiden; dasselbe gilt, wenn das Grundkapital überzeichnet wurde. Da nach dem neuen Gesetz alle Aktien bei der Festsetzung der Satzung übernommen werden, muß eine Einigung bei dem Gründungsvorgang zwischen allen Gründern erzielt werden. Mit der Zulassung der Aktienübernahmeerklärung ist damit praktisch auch die Zuteilung erfolgt und das Recht aus der Übernahmeerklärung entstanden. m . Reditsnatur der errichteten Gesellschaft Anm. 4: Zwar gibt es auch heute noch eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts der Gründer, die die Feststellung der Satzung, die Aufbringung des Grundkapitals durch Werbung für Beteiligungen und die weitere Vorbereitung zum Gegenstand hat, sie endet aber in dem Augenblick, in dem die Feststellung der Satzung erfolgt, denn gleichzeitig mit dieser müssen auch sämtliche Aktien übernommen werden und es tritt nunmehr die errichtete Gesellschaft ins Leben. Deren Rechtsnatur ist stark umstritten. Es werden im wesentlichen drei Meinungen vertreten, die wiederum in sich Unterschiede aufweisen: 1. Die einen nehmen eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts an, wobei als gemeinsamer Zweck der Gesellschafter (Gründer) die Entstehung einer AG angenommen wird (so R G 58, 55; 83, 373; 87, 249; 121, 21; 143, 373; 144, 356; 151, 91; OLG Tübingen in DRZ 1950, 18; Teichmann-Köhler § 16 Anm. 2; Sdil.-Qu. § 22 Anm. 4); 2. andere gehen aus von dem Wesen der errichteten Gesellschaft als einer werdenden Korporation und sehen sie als einen nicht rechtsfähigen Verein an (so Baumbach-Hueck Rn. 4; Lehmann, Gesellschaftsrecht S. 220; Bauer DRZ 1950, S. 10; Müller-Erzbach, S. 189; Bauer in J Z 1952, S. 552; Haberkorn in BB 62,1408); 3. schließlich wird die Ansicht vertreten, die Gesellschaft könne nicht einer bestimmten Vereinigungsform des bürgerlichen Rechts oder Handelsrechts zugeordnet werden, sie sei vielmehr als eine Aktiengesellschaft zu behandeln, mit Ausnahme der erst durch die Eintragung zu erwerbenden Eigenschaften (so BGH 20, 281; 21, 242; Würdinger S. 104, Barz in Großkomm. Anm. 4; Hachenburg-Schilling § 11 Anm. 2; Ganssmüller in GmbH-Rundschau 1953, 116 ff.; 1955, 210; Kuhn in WM Sonderbeilage 5 1956 Seite 3; WM 61, 930; BAG in BB 63, 283 u. Die AktGes 63, 189). 158

Errichtung der Gesellschaft

§29 Anm. 4

Wir haben uns in der 2. Auflage zwar auf den Standpunkt gestellt, daß die erriditete Gesellschaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, daß sie aufgrund ihrer sich der Vollendung nähernden Übergangsnatur in manchen Beziehungen schon aktienrechtlichen Grundsätzen untersteht. Die sich aus der Übergangsnatur der errichteten Gesellschaft ergebenden Unterschiede von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind in der Tat so groß, daß sie sidi nicht mehr unter diese einordnen läßt. Wir schließen uns deshalb nunmehr der unter 3) geschilderten Ansicht an. Behandelt man demzufolge die „errichtete Gesellschaft" als AG, so muß doch beachtet werden, daß sie in der Tat noch keine AG ist, solange die Eintragung nicht erfolgt ist. Sie ist vor der Eintragung nicht rechtsfähig und deshalb auch nicht parteifähig (teilweise abweichend Barz Großkomm. Anm. 8, unter Berufung auf teilweise nicht zutreffende Rechtsprechung, der sie unter analoger Anwendung des § 50 Abs. 2 ZPO für passiv parteifähig hält) und mangels besonderer Vorschrift auch nicht konkursfähig (a. A. Barz in Großkomm. Anm. 8; B.-H. Rn. 6; ähnlich wie hier Würdinger S. 109). Darüber, inwieweit die Gesellschaftsorgane die Gesellschaft als solche verpflichten können, siehe Anm. zu § 41. Voraussetzung zur Anwendung dieser Grundsätze ist aber, daß die Eintragung als Aktiengesellschaft ins Auge gefaßt ist (BGH in Lind.-Möhr. § 105 H G B Nr. 12). Betreiben die „Gründer" ein vollkaufmännisches Handelsgewerbe, ohne die Eintragung zu planen, so ist ein auf den Betrieb einer oHG gerichteter Gesellschaftsvertrag abgeschlossen worden (BGH a. a. O. mit Anm. von Fischer). Die bisher im Schrifttum fast allgemein vertretene Auffassung, daß bis zur Eintragung der AG Willensmängel oder sonstige Nichtigkeitsgründe bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts geltend gemacht werden können, ist nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes in Band 13, 320 ff. nicht mehr aufrechtzuerhalten, jedenfalls dann nidit, wenn die Gründer mindestens im Innenverhältnis die Gesellschaft dadurch vollzogen haben, daß sie ihre Einlagen geleistet und auf diese Weise Gesamthandsvermögen gebildet haben, selbstverständlich auch dann nicht, wenn die Gesellschaft Rechtsgeschäfte mit Dritten abgeschlossen hat. Es sind alsdann auf diese Gesellschaft die Grundsätze für eine faktische Gesellschaft anzuwenden. Die Auflösung der Gesellschaft ist bis zur Eintragung mit Zustimmung aller Gesellschafter und auch nach der Anmeldung formlos möglich. Es hat zur Folge, daß die Anmeldung zurückgenommen werden muß (s. i. übr. § 41 Anm. 25). Wird die Gesellschaft im Gründungsstadium aufgelöst, so findet eine Abwicklung statt, wenn die Einlagen schon bezahlt sind, und zwar durch die 159

§§ 29/30 Anm. 4,5

Gründung der Gesellschaft

Abwickler, wie nadi vorhergehenden aktienrechtlichen Grundsätzen anzunehmen ist. IV. Tod eines Grunders Anm. 5: Der Tod eines Gründers hat auf den Bestand der Gesellschaft keinen Einfluß mehr. Gründer ist, wer an der Feststellung der Satzung mitwirkt. Bei dieser Feststellung werden jedoch bereits sämtliche Aktien von den Gründern übernommen. Sobald daher jemand Gründer ist, besteht auch bereits eine „errichtete Gesellschaft'', und nur wenn eine solche noch nicht bestehen würde, könnte der Tod des Gründers einen Einfluß auf die Gesellschaft haben. Wenn audi das anonyme, von den Gesellschaftern gelöste Aktienredit erst durch die Eintragung der AG im Handelsregister entsteht, so tragen wir doch kein Bedenken, auf die errichtete Gesellschaft bereits den aktienrechtlichen Grundsatz anzuwenden, daß die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters nicht betroffen wird. Niditsdestoweniger ist die Mitgliedschaft in der errichteten Gesellschaft höchstpersönlich und vererbt sich nicht. Der Erbe bleibt aber, wenn die Gesellschaft nach dem Vorgesagten durch den Tod des Gründers nicht aufgelöst wurde, an die Übernahmeerklärung gebunden. Durch diese Bindung wird aber der Erbe nicht persönlich selbst zum Gründer, da nicht etwa er, vielmehr sein Erblasser die Satzung festgestellt hat. Er ist weder verpflichtet noch berufen, an der weiteren Gründung, etwa im Gründerbericht oder bei der Anmeldung, persönlich mitzuwirken (vgl. Anm. 3 a. E. zu § 3 6 ; zu weitgehend daher: Sch.-Qu. § 2 1 Anm. 2; Ritter § 2 1 Anm. 2; Baumbach-Hueck § 28 Rn. 3). Die Gründerhaftung trägt er erbrechtlich, allerdings mit der Befugnis, sie auf den Nachlaß zu besdiränken, soweit diese durch Handlungen des verstorbenen Gründers schon begründet war, aber nicht persönlich, auch nicht strafrechtlich. Die Unterschreitung der Fünfzahl durch den Tod des Gründers bedeutet hier — nach Feststellung der Satzung — nichts, denn sie ist nur für die Feststellung der Satzung vorgesehen, während für Gründerbericht und Anmeldung nur vorgeschrieben ist (§§31, 36), daß daran alle Gründer mitzuwirken haben, aber selbstverständlich nicht die verstorbenen. § 30 Bestellung des Aufsichtsrats, des Vorstands und der Abschlußprüfer (1) Die Gründer haben den ersten Aufsichtsrat der Gesellschaft und die Abschlußprüfer für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr zu bestellen. Die Bestellung bedarf notarieller Beurkundung. (2) Auf die Zusammensetzung und die Bestellung des ersten Aufsichtsrats sind die Vorschriften über die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer nicht anzuwenden. 160

Bestellung des Aufsicbtsrats, des Vorstands und der Abschlußprüfer § 30 Anm. 1 , 2

(3) Die Mitglieder des ersten Aufsicbtsrats können nicht für längere Zeit als bis zur Beendigung der Hauptversammlung bestellt werden, die über die Entlastung für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr beschließt. Der Vorstand hat rechtzeitig vor Ablauf der Amtszeit des ersten Aufsicbtsrats bekanntzumachen, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der nächste Aufsichtsrat nach seiner Ansicht zusammenzusetzen ist; §§ 96 bis 99 sind anzuwenden. (4) Der Aufsichtsrat bestellt den ersten Vorstand. I. Übersicht (Anm. 1) II. Bestellung des ersten Aufsichtsrates 1. Bestellungsakt (Anm. 2) 2. Protokollierung der Bestellung (Anm. 3) 3. Beteiligung der Arbeitnehmer am ersten Aufsichtsrat (Anm. 4) 4. Aufgabe des ersten Aufsichtsrates (Anm. 5 u. 6)

5. Amtsdauer (Anm. 7) 6. Widerruf der Bestellung (Anm. 8) 7. Niederlegung des Amtes (Anm. 9) III. Bestellung der Abschlußprüfer (Anm. 10) IV. Bestellung des ersten Vorstandes (Anm. 11 u. 12) V. Vergütung (Anm. 13)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift ist gegenüber dem § 23 AktG 37 erweitert worden. In Abs. 1 ist neben der Bestellung des ersten Aufsichtsrates nun auch die Bestellung der Abschlußprüfer für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr gesetzlich festgelegt worden, die nach bisherigem Recht durch die Hauptversammlung zu wählen waren (siehe Anm. 10). Neu sind die Bestimmungen in Abs. 2 und 3, die sich mit der Bestellung von Aufsiditsratsmitgliedern der Arbeitnehmer befassen. Danach gehören dem ersten Aufsichtsrat keine Arbeitnehmervertreter an, es sei denn, daß ein Unternehmen eingebracht oder übernommen wird (§31). Die Bestellung seiner Mitglieder endet mit der Beendigung der Hauptversammlung für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr. Der Vorstand hat die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer rechtzeitig für den dann zu bildenden Aufsichtsrat vorzubereiten (siehe Anm. 4). II. Bestellung des ersten Aufsichtsrates 1. Bestellungsakt Anm. 2: Die Bestellung des ersten Aufsichtsrates durch die Gründer erfolgte bisher schon meist bei der Festsetzung der Satzung. Da jetzt eine nachträgliche Aktienübernahme nicht mehr möglich ist, wird in aller Regel die Bestellung des ersten Aufsichtsrates mit der Festsetzung der Satzung zusammenfallen. Sollte dies ausnahmsweise nicht der Fall sein, so bedarf die Bestellung des Aufsichtsrates nur der Mehrheit, nicht der Einstimmigkeit (ebenso Baumbadi161

Gründung der Gesellschaft Anm. 2—i Hueck Rn. 4; Kölner Komm. Anm. 7; Möhring-Tank I Rz. 57; Sdil.-Qu. Anm. 3; Barz in Großkomm. Anm. 4; a. A. Ritter Anm. 3 c; Brox in Die AktGes 66, 348). Dies ergibt sich aus der Rechtsnatur der errichteten Gesellschaft (siehe § 29 Anm. 4), die bereits jetzt als eine Aktiengesellschaft zu behandeln ist. Deshalb erfolgt auch die Abstimmung nach Anteilen und nicht nach Köpfen; § 709 Abs. 2 BGB muß hinter den aktienrechtlichen Grundsätzen zurücktreten. Die Beteiligung aller Gründer an der Wahl, wie es in der Vorauflage gefordert wurde, ist nicht erforderlich, da sich hierfür keine Stütze im Gesetz findet (h. L.;vgl. Barz in Großkomm. Anm. 5). Jeder Gründer kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht bedarf nicht der notariellen Beglaubigung, muß aber schriftlich sein (vgl. § 134 III; so auch Kölner Komm. Anm. 8). Wählbar ist jeder, der auch nach der Entstehung der AG Aufsichtsratsmitglied sein kann (vgl. § 100). Das Entsendungsrecht (§ 101) kann einem Gründer zustehen und findet daher bereits bei der Bestellung des ersten Aufsichtsrats Anwendung (B.-H. Rn. 3; Möhring-Tank I Rz. 57). Die Zahl der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder richtet sich nach Satzung und §95.

§30

2. Protokollierung der Bestellung Anm. 3: Über die Bestellung ist eine notarielle Urkunde zu errichten. Aus ihr muß hervorgehen, wer gewählt ist, ferner, welche Gründer anwesend oder vertreten waren und wieviel Stimmen jeder Gewählte erhalten hat. Denn es muß an Hand der Urkunde nachprüfbar sein, daß die Wahl zustande gekommen ist. Die Feststellung des Ergebnisses der Wahl durch einen etwa aus der Versammlung herausgewählten Versammlungsleiter ist nicht maßgebend und ersetzt nicht das Erfordernis der Nachprüfbarkeit des ordnungsgemäßen Zustandekommens der Wahl. Ein satzungsmäßiges Entsendungsrecht gilt auch für den ersten Aufsichtsrat; ebenso § 95 über die Mindest- und Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder. 3. Beteiligung der Arbeitnehmer am ersten Aufsichtsrat Anm. 4: Nachdem das Mitbestimmungsrecht und § 76 BetrVerfG in Kraft getreten sind, wurde streitig, ob bereits dem ersten Aufsichtsrat Arbeitnehmer angehören müssen. Die Meinungen waren geteilt; die einen (Baumbach-Hueck 12. Aufl. § 23 Anm. 1; Dietz § 76 BetrVerfG Anm. 4; Kötter in JZ 53, 203; Schmatz in DNZ 53, 93) hielten § 76 BetrVerfG deshalb für nicht anwendbar, weil die Aktiengesellschaft vor ihrer Entstehung noch kein Unternehmen betreiben und somit auch keinen Arbeitnehmer beschäftigen kann. Die anderen (Fischer in Großkomm. § 23 AktG 37 Anm. 4 a; Fitting-Kraegelo § 31 WO Anm. 3; Schnorr in Arbeit und Recht 1953, 68) hielten einen Arbeitnehmervertreter im ersten Aufsichtsrat nur dann für erforderlich, wenn ein Handels162

Bestellung des Aufsichtsrats, des Vorstands und der Abschlußprüfer

§ 30

Anm. 4,5

geschäft als Sacheinlage in die Aktiengesellschaft eingebracht oder als Sachübernahme übernommen worden ist. Das Gesetz hat diese Frage nunmehr abschließend in den §§ 30 und 31 geregelt. § 30 regelt die Gründungen mit baren Einzahlungen oder solchen Sadieinlagen oder Sachübernahmen, welche nicht in der Einbringung eines Unternehmens oder Unternehmensteils bestehen. Solche Gesellschaften beschäftigen meist zunächst nur wenig Arbeitnehmer. Die Hauptzahl der Arbeitnehmer wird erst nach der Gründung eintreten. Aber gerade diese Arbeitnehmer müssen Gelegenheit haben, die Auswahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zu beeinflussen. Daher erscheint es zweckmäßig, diese Wahlen erst durchführen zu lassen, wenn sich bei der Gesellschaft ein fester Arbeitnehmerstamm gebildet hat, der imstande ist, eine wirklich repräsentative Wahl vorzunehmen (gegen die gesetzliche Regelung wendet sich Ballmer in RdA 1959, 415). Der erste Aufsiditsrat wird daher bei diesen Gesellschaften allein von den Gründern bestellt; jedoch wird die Amtszeit dieses ersten Aufsichtsrates gem. § 30 III S. 1 beschränkt, damit die Arbeitnehmer bald nach Entstehung der Gesellschaft die Möglichkeit haben, nach den gesetzlichen Bestimmungen des Mitbestimmungsrechtes und Betriebsverfassungsgesetzes am Aufsichtsrat beteiligt zu werden. Die Gesellschaft wird somit gezwungen, alsbald nach ihrer Gründung einen neuen Aufsichtsrat zu bestellen. Dieser Neuwahl hat die Bekanntmachung des Vorstandes nach § 30 III S. 2 vorauszugehen. Diese Vorschrift soll sicherstellen, daß die Arbeitnehmer nach den für die Gesellschaft maßgebenden Bestimmungen an diesem Aufsichtsrat beteiligt werden. Hält ein Beteiligter nicht die Vorschriften für maßgebend, die sich aus der Bekanntmachung des Vorstandes ergeben, so hat er die Möglichkeit, das in § 98 I bestimmte Gericht anzurufen, um eine Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrates herbeizuführen. Hierbei ist die in § 97 II S. 1 bestimmte Frist von einem Monat zu beachten (vgl. im einzelnen §§ 96—99 mit Anm.). Der zweite Aufsichtsrat ist nach der Bekanntmachung des Vorstandes zu wählen, wenn das Gericht nicht angerufen wird. Die Zusammensetzung nach der Bekanntmachung des Vorstandes bleibt maßgebend, solange weder der Vorstand eine neue Bekanntmachung erläßt (§ 97 I) oder das Gericht auf Antrag eines Beteiligten andere Vorschriften für maßgebend erklärt. 4. Aufgabe des ersten Aufsichtsrates Anm. 5: Aufgabe des ersten Aufsichtsrates ist, wie die eines jeden anderen, die Gesellschaft zu betreuen, und zwar während der Gründung nicht weniger als nach der Eintragung. Seine vermögensrechtliche und strafrechtliche Haftung ist dieselbe wie die jedes späteren Aufsichtsrates, auch in der Zeit vor der Eintragung. Gewisse in dieser Zeit zu erfüllende Pflichten wer163

§30

Anm.5—8

Gründung der Gesellschaft

den ihm noch durdi besondere Androhung vermögensrechtlicher und strafrechtlicher Haftung eingeschärft. Für die Zeit vor der Eintragung macht ihm das Gesetz im einzelnen zur Pflicht: die Bestellung des ersten Vorstandes (Abs. 4), die Prüfung des Gründungsherganges (§ 33) und die Anmeldung der Gesellschaft (§ 36). Er hat die Verantwortlichkeit für die Ordnungsmäßigkeit der Gründung mitzutragen, insbesondere dafür, daß die bei der Anmeldung gemaditen Angaben der Wahrheit entsprechen, daß eine zur Annahme von Einzahlungen auf Aktien bestimmte Stelle hierzu geeignet ist und daß die eingezahlten Beträge zur freien Verfügung des Vorstandes stehen (§ 48). Über die besondere Überwachungspflicht während der Gründung vgl. RG 144, 352. Anm. 6: Die Bestellung durch die Gründer bedarf der Annahme der Bestellten. Diese kann formlos erfolgen, muß aber dem Registergericht nachgewiesen werden. Es empfiehlt sich deshalb, in der Urkunde über die Wahl die Erklärung des Gewählten über die Annahme oder Ablehnung aufzunehmen. Ist der Gewählte nicht anwesend, was keineswegs der Fall zu sein braucht, so kann sich auch die Annahme der Wahl aus der Unterzeichnung der Anmeldung oder des Prüfungsberichtes ergeben. In diesem Fall ist ein besonderer Nachweis dem Registergeridit über die Annahme der Wahl nicht erforderlich. 5. Amtsdauer Anm. 7: Bisher (§ 87 III AktG 37) galt die Bestellung des ersten Aufsichtsrates bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die nach Ablauf eines Jahres seit Eintragung der Gesellschaft zur Beschlußfassung über die Entlastung stattfand. Die Hauptversammlung kann nunmehr schon früher stattfinden, um über die Entlastung für das Rumpfgeschäftsjahr zu beschließen. Die gesetzliche Frist ist eine Höchstfrist, kann daher auch verkürzt werden (anders das frühere Recht, vgl. B.-H. Rn. 6), auch ohne satzungsmäßige Ermächtigung durch die Gründer beim Bestellungsakt (Brauksiepe in BB 67, 485). Eine Beschlußfassung über die Entlastung ist aber nach dem Wortlaut des Gesetzes im Gegensatz zu früher erforderlich (ebenso B.-H. Rn. 6; Barz in Großkom. Anm. 7; a. A. Brauksiepe in BB 67,485). 6. Widerruf der Bestellung Anm. 8: Nach früherem Recht konnte nach herrschender Meinung gem. § 87 III S. 2 AktG 37 die Bestellung des ersten Aufsichtsrates vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister mit einfacher Mehrheit widerrufen werden (a. A. Schl.-Qu. § 23 Anm. 4). Die Vorschrift des § 87 I I I AktG 37, die für den ersten Aufsichtsrat für die Zeit nach der Eintragung der Gesellschaft galt, ist in § 30 III S. 1 aufgenommen worden, jedoch ohne den 164

Bestellung des Aufsiditsrats, des Vorstands und der Abschlußprüfer

§ 30

Anm. 8—10

hier in Frage stehenden Satz 2. Daraus ergibt sich, daß auch für den Widerruf der Bestellung des ersten Aufsiditsrates die allgemein für den Aufsichtsrat geltende Vorschrift des § 103 I anzuwenden ist, wonach für den Widerruf eine tyi-Mehrheit erforderlidi ist. Da die Wahl des ersten Aufsiditsrates nach aktienrechtlidien Gesichtspunkten erfolgt, so sind die Vorschriften, die nach der Eintragung gelten, auch bereits vor der Eintragung auf die errichtete Gesellschaft anzuwenden (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 5; Kölner Komm. Anm. 19; a. A. B.-H. Rn. 7, der nur für die Zeit nach der Eintragung § 103 I für anwendbar erklärt). Der Widerruf erfolgt in derselben Form wie die Bestellung, d. h. in einer Gesellschafterversammlung der Gründer, die der notariellen Beurkundung bedarf. 7. Niederlegung des Amtes Anm. 9: Auch vor der Eintragung kann ein Aufsichtsratsmitglied sein Amt nur unter den gleichen Voraussetzungen niederlegen, wie nach der Eintragung (siehe Anm. zu § 103; ebenso Baumbach-Hueck Rn. 7; jetzt auch Barz in Großkomm. § 23 Anm. 4). Wie oben bereits ausgeführt, gelten für die Bestellung und deren Widerruf allein aktienrechtliche Grundsätze. Aus diesem Grunde kann auch für die Frage der Amtsniederlegung eines Aufsichtsratsmitgliedes nichts anderes gelten. Hat daher ein Gewählter das Amt eines Aufsichtsratsmitgliedes angenommen, so kann er es audi vor der Eintragung der Gesellschaft nicht ohne wichtigen Grund niederlegen. Er kann es nur unter den in Anm. 9 zu § 103 aufgeführten Voraussetzungen; allerdings tritt an Stelle der Hauptversammlung hier die Gründerversammlung. III. Bestellung der Abschlußprüfer Anm. 10: Neben dem ersten Aufsichtsrat sind von den Gründern auch die Abschlußprüfer für das erste Voll- und Rumpfgeschäftsjahr zu bestellen, die nach früherem Recht (§ 136 I AktG 37) durch die Hauptversammlung zu bestellen waren. Für die Bestellung gilt das gleiche, wie für die Bestellung des ersten Aufsichtsrates (siehe Anm. 2 und 3). Fraglich ist, ob bereits in diesem Stadium der Gesellschaft die Vorschriften des § 163 über den Prüfungsauftrag (Abs. 1), das Widerspruchsrecht (Abs. 2), die Bestellung durch das Gericht (Abs. 3) angewandt werden können, die ihrem Inhalt nach erst nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister gelten. Auch hier gilt der Grundsatz, daß die errichtete Gesellschaft bereits als AG zu behandeln ist. Daraus ergibt sich, daß § 163 entsprechend auch vor der Eintragung anwendbar ist. Das bedeutet, daß der Vorstand den gewählten Prüfern unverzüglich den Prüfungsauftrag zu erteilen hat, daß Vorstand, Aufsichtsrat und eine bestimmte Minderheit (der Gründer) Widerspruch erheben können, daß das Gericht auf Antrag des Vorstandes, des Aufsichtsrates, oder eines Gründers die Abschlußprüfer zu bestellen hat, wenn die Gründerversammlung 165

§30

Anm. 10—13

Gründung der Gesellschaft

diese nicht gleichzeitig mit dem ersten Aufsiditsrat bestellt hat. Der Widerruf der Bestellung kann durch einfachen Mehrheitsbeschluß der Gesellschafterversammlung der Gründer in sinngemäßer Anwendung des § 163 V erfolgen (ebenso B.-H. Rn. 9). Neu gegenüber dem früheren Recht ist die Bestimmung, daß den Abschlußprüfern vor dem Widerruf Gelegenheit gegeben werden muß, ihre Stellungnahme vor der Gründerversammlung abzugeben (i. einzelnen § 163 mit Anm.). IV. Bestellung des ersten Vorstandes Anm. 11: Grundsätzlich ist die Bestellung des Vorstandes überhaupt, auch des ersten, nach zwingender Gesetzesvorschrift Sache des Aufsiditsrates. Dieser trägt sonach auch für die Eignung des Bestellten die Verantwortung aus etwaigem Verschulden. Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, aber nur aus wichtigem Grunde (§ 84 III). Eine Form für die Bestellung ist nidit vorgeschrieben. Aber eine Urkunde wird in § 37 II Nr. 3 vorausgesetzt, weil eine solche der Anmeldung beizufügen ist. Ebenso gilt § 107 II, wonach über die Beschlüsse des Aufsichtsrates eine Niedersdirift aufzunehmen ist. Ist der Aufsichtsrat nicht vollzählig zugegen, so kann mit allgemeiner Zustimmung über die Bestellung auch schriftlich abgestimmt werden, dann sind der Anmeldung alle diese schriftlichen Stimmabgabeerklärungen beizufügen. Die Bestellung des Vorstandes erfolgt nach dem Grundsatz der Stimmenmehrheit, wenn auch nirgends ausdrücklich ausgesprochen ist, daß für die Beschlüsse des Aufsichtsrates der Mehrheitsgrundsatz gilt. Anm. 12: Die Aufgabe des Vorstandes ist vom Tage seiner Bestellung an immer die gleiche. Er hat die Gesellschaft auch schon im Zustand vor ihrer Eintragung sorgfältig zu betreuen und ihre Geschäfte zu führen (Barz in Großkomm. Anm. 12); insbesondere hat er den Gründungsvorgang unter eigener Verantwortung zu prüfen, die Einlagen einzufordern, sie bei einer dazu geeigneten Stelle einzahlen zu lassen, bei der Anmeldung mitzuwirken und die vermögensrechtliche und strafrechtliche Verantwortung für diese Tätigkeit, insbesondere die Richtigkeit der Angaben bei der Anmeldung, zu tragen. V. Vergütung Anm. 13: Eine Vergütung kann den Mitgliedern des ersten Aufsiditsrates nur durch die Hauptversammlung zugebilligt werden, die über die Entlastung des ersten Aufsichtsrates beschließt (§113 II). Es handelt sich hier um die Vergütung für die Tätigkeit des Aufsichtsrates als solchen. Daß eine Entschädigung oder Entlohnung für die Gründung oder deren Vorbereitung auch einem Mitglied des ersten Aufsichtsrates durch Festsetzung in der Satzung nach § 26 II gewährt werden kann, ergibt sich aus § 32 III und 166

Bestellung des Aufsiditsrats bei Sadigründung

§ § 30/31 Anm. 13

§ 33 II Nr. 3. Auch den Vorstandsmitgliedern kann für die Zeit vor der Eintragung eine Vergütung nur als Entlohnung für die Tätigkeit bei der Gründung oder für ihre Vorbereitung nach § 26 II gewährt werden, weil vor der Eintragung die Gesellschaft mit anderen Verpflichtungen nicht belastet werden kann (vgl. Anm. zu § 41; ebenso Barz in Großkomm. Anm. 12; B.-H. Rn. 10). Diese an Vorstand und Aufsiditsrat als Entlohnung für ihre Tätigkeit bei der Gründung oder ihrer Vorbereitung gewährte Vergütung ist in den Gesamtgründungsaufwand im Sinne des § 26 II einzubeziehen (B.-H. Rn. 10).

§ 31 Bestellung des Aufsiditsrats bei Sadigründung (1) Ist in der Satzung als Gegenstand einer Sacheinlage oder Sadiübernahme die Einbringung oder Übernahme eines Unternehmens oder eines Teils eines Unternehmens festgesetzt worden, so haben die Gründer nur so viele Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen, wie nach den gesetzlichen Vorschriften, die nach ihrer Ansicht nach der Einbringung oder Übernahme für die Zusammensetzung des Aufsiditsrats maßgebend sind, von der Hauptversammlung ohne Bindung an Wahlvorschläge zu wählen sind. Sie haben jedoch, wenn dies nur zwei Aufsiditsratsmitglieder sind, drei Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen. (2) Der nadi Absatz 1 Satz 1 bestellte Aufsichtsrat ist, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt, beschlußfähig, wenn die Hälfte, mindestens jedoch drei seiner Mitglieder an der Beschlußfassung teilnehmen. (3) Unverzüglich nach der Einbringung oder Übernahme des Unternehmens oder des Unternehmensteils hat der Vorstand bekanntzumadien, nach welchen gesetzlichen Vorschriften nach seiner Ansicht der Aufsiditsrat zusammengesetzt sein muß. §§ 97 bis 99 gelten sinngemäß. Das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder erlischt nur, wenn der Aufsichtsrat nach anderen als den von den Gründern für maßgebend gehaltenen Vorschriften zusammenzusetzen ist oder wenn die Gründer drei Aufsiditsratsmitglieder bestellt haben, der Aufsichtsrat aber auch aus Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu bestehen hat. (4) Absatz 3 gilt nicht, wenn das Unternehmen oder der Unternehmensteil erst nach der Bekanntmachung des Vorstands nadi § 30 Abs. 3 Satz 2 eingebracht oder übernommen wird. (5) § 30 Abs. 3 Satz 1 gilt auch für die nach Absatz 3 bestellten Aufsiditsratsmitglieder. 167

§31 Anm. 1,2

Gründung der Gesellschaft

I. Übersicht (Anm. 1) II. Bestellung des Aufsiditsrates 1. Die von den Gründern zu bestellenden Mitglieder (Anm. 2 u. 3)

2. Vervollständigung des Aufsiditsrats (Anm. 4) III. Amtsdauer des ersten Aufsiditsrats (Anm. 5 u. 6) IV. Aufgabe des ersten Aufsiditsrats u. Vorstandes (Anm. 7)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift ist neu; sie ergänzt den § 30, der die Beteiligung der Arbeitnehmer am Aufsichtsrat nur für die Gründungen mit baren Einlagen oder solchen Sacheinlagen und Sachübernahmen regelt, die nicht in der Einbringung eines Unternehmens oder Unternehmensteils bestehen (vgl. § 30 Anm. 4). § 31 regelt die Zusammensetzung und die Bestellung des ersten Aufsichtsrates für die von § 30 nicht erfaßten Gesellschaften. Insoweit ist daher die Oberschrift zu § 31 ungenau, denn nicht alle Sachgründungen fallen hierunter. Für Gesellschaften, die bei der Gründung ein bestehendes Unternehmen übernehmen, gelten die in Anm. 4 zu § 30 angestellten Erwägungen nicht. Bei diesen Gesellschaften ist bereits bei Übernahme des Unternehmens ein fester Arbeitnehmerstamm vorhanden, der geeignete Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat wählen kann, genauso wie bei bereits länger bestehenden Gesellschaften. Aus diesem Grund sollen die Arbeitnehmer bei diesen Gesellschaften schon früher als im Fall des § 30 die Möglichkeit der Beteiligung im Aufsichtsrat erhalten. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Arbeitnehmer bisher bereits eine Beteiligung am Aufsichtsrat gehabt haben. Zu beachten ist jedoch § 76 VI BetrVG, wonach bei Familiengesellschaften mit weniger als 500 Arbeitnehmern kein Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat sein muß. II. Bestellung des Aufsiditsrates 1. Die von den Gründern zu bestellenden Mitglieder Anm. 2: Der von den Gründern zu bestellende Aufsichtsrat ist nach § 3 1 1 bereits unter Berücksichtigung der Vorschriften über die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu wählen. Das bedeutet, daß, wenn die Gründer z. B. der Ansicht sind, daß die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes zur Anwendung kommen, sie nur 2/s der im Gesetz oder der Satzung vorgesehenen Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern bestellen können. Bei dieser Regelung kann der Fall eintreten, daß lediglich zwei Aufsichtsratsmitglieder von den Gründern zu bestellen sind, nämlich dann, wenn der Aufsichtsrat aus drei Mitgliedern bestehen soll. Für diesen Fall bestimmt § 31 I S. 2 ausdrücklich, daß dennoch drei Mitglieder zu bestimmen sind, da der Aufsichtsrat sofort aktionsfähig sein muß. Bei nur 168

Bestellung des Aufsiditsrats bei Sadigründung

§ 31 Anm. 2—4

zwei Mitgliedern ist das jedoch bei Meinungsverschiedenheiten dieser beiden nicht möglich. Anm. 3: Obwohl der nach Abs. 1 gebildete Aufsichtsrat solange ein unvollständiger ist, bis die Arbeitnehmervertreter hinzugetreten sind, soll er in der Lage sein, die vollen Funktionen eines vollständigen Aufsichtsrates zu übernehmen, denn es erscheint nicht tragbar, den Fortgang der Gründung der Gesellschaft solange aufzuschieben, bis das Unternehmen übernommen und die Arbeitnehmer in der Lage sind, ihre Vertreter für den Aufsichtsrat zu wählen. Deshalb bestimmt Abs. 2, daß auch der unvollständige Aufsichtsrat unter den gleichen Voraussetzungen beschlußfähig ist, wie allgemein der Aufsichtsrat, denn die Bestimmung des Abs. 2 lehnt sich eng an die des § 108 III an. Ob diese besondere Bestimmung notwendig war, erscheint recht zweifelhaft, denn wenn im Abs. 1 die Bildung eines Aufsichtsrats für ein gewisses Stadium der Gesellschaft ausdrücklich vorgeschrieben wird, so ist eben der nach dieser Bestimmung gebildete Aufsichtsrat derjenige, dem alle Funktionen obliegen. Die Frage, wann er beschlußfähig ist, ist durchaus eine andere Frage, die sich, auch ohne daß es einer besonderen Bestimmung an dieser Stelle bedurft hätte, nach den allgemeinen Bestimmungen, also nach § 108 II zu richten hat. Gerade die Schwierigkeit, die bei einem solchen unvollständigen Aufsichtsrat auftreten kann, hat das Gesetz nicht geregelt. Es ist denkbar, daß Satzungsbestimmungen über die Beschlußfähigkeit des Aufsichtsrates deshalb Schwierigkeiten bereiten, weil in der Satzung von einer höheren Zahl der Aufsichtsratsmitglieder ausgegangen wird. Gerade die Satzungsbestimmungen über die Beschlußfähigkeit des Aufsichtsrats werden aber durch Abs. 2 nicht aufgehoben, denn die darin enthaltene Regelung über die Beschlußfähigkeit gilt nur, „soweit die Satzung nichts anderes bestimmt". Dagegen geht die Regelung des Abs. 2 derjenigen des § 10 des Mitbestimmungsgesetzes und des § 11 des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes vor, solange der Aufsichtsrat noch nicht vollständig nach diesen Gesetzen zusammengesetzt ist (so RegBegr.). Auch das folgt aber nicht aus der Vorschrift des § 31 II, sondern aus der Tatsache, daß eben nach Abs. 1 ein Aufsichtsrat zu bilden ist, dem Arbeitnehmervertreter nicht angehören. 2. Vervollständigung des Aufsichtsrats Anm. 4: Wird ein Unternehmen als Sacheinlage eingebracht, so hat der Vorstand unmittelbar nach seiner Ernennung dadurch für die Vervollständigung des Aufsichtsrats zu sorgen, daß er bekanntmacht, nach welchen gesetzlichen Vorschriften nach seiner Ansicht der Aufsichtsrat zusammengesetzt sein muß. Dasselbe hat zu geschehen, wenn ein Unternehmen im Wege der Sachübernahme, die an keine Frist gebunden ist, also noch nach Eintragung 169

§31

Anm. 4

Gründung der Gesellschaft

der Gesellschaft durchgeführt werden kann, übernommen wird, sobald diese Übernahme erfolgt ist. Die Bekanntmachung hat den Zweck, für alle Beteiligten verbindlich festzustellen, welche gesetzlichen Vorschriften für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats bindend sind. Sie hat deshalb auch dann zu erfolgen, wenn der Vorstand mit den Gründern in bezug auf die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen gleicher Ansicht ist. Mit dieser Bekanntmachung wird das Verfahren nach §§ 96—99 in Gang gesetzt. Im einzelnen vgl. die Anmerkungen dort. Ergibt sich, daß der Aufsichtsrat nach den gesetzlichen Vorschriften zusammenzusetzen ist, die von den Gründern bei Durchführung der Bestellung nach Abs. 1 zugrunde gelegt wurden — gleichgültig, ob dies die Ansicht des Vorstandes war oder etwa das Gericht abweichend von der Ansicht des Vorstandes sich der der Gründer angeschlossen hat —, so bleiben die von den Gründern bestellten Aufsichtsratsmitglieder so lange im Amt, bis nach § 30 III Satz 1 ihre Amtsdauer abgelaufen ist, d. h. bis zum Ende der Hauptversammlung, die über die Entlastung für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr beschließt. Die zwischenzeitlich gewählten Vertreter der Arbeitnehmer treten zu den von den Gründern bestellten Aufsichtsratsmitgliedern hinzu. Der nunmehr vollständige Aufsichtsrat übernimmt die Funktionen, die der bisherige unvollständige Aufsichtsrat hatte. Dies ist dann nicht möglich, wenn die Gründer aufgrund der Bestimmung des Abs. 1 Satz 2 an Stelle von zwei Aufsichtsratsmitgliedern drei Aufsiditsratsmitglieder bestellt haben, dann wäre ein Aufsichtsratsmitglied zuviel. Im Abs. 3 ist deshalb ausdrücklich bestimmt, daß in diesem Fall das Amt der von den Gründern bestellten Aufsichtsratsmitglieder auch dann erlischt, wenn der Aufsichtsrat an sich nach den von den Gründern für maßgebend gehaltenen Vorschriften zusammenzusetzen ist. In diesem Fall muß eine Neubestellung auch der Mitglieder, die von den Gründern zu bestellen sind, erfolgen, denn es scheiden sämtliche drei Mitglieder aus; auch eine freiwillige Amtsniederlegung eines Mitglieds ändert hieran nichts. Es kann auch nicht etwa nur einer von den Gründern bestimmt werden, auszuscheiden (a. A. Brox in Die AktGes 66, 349; B.-H. Rn. 5; Barz in Großkomm. Anm. 5). Eine solche Erklärung würde dahin auszulegen sein, daß die Gründer sich auf die Bestellung der übrigen beiden neu einigen. Auch eine Einigung der 3 Aufsichtsratsmitglieder, welcher von ihnen ausscheiden soll, ist nicht möglich, weil es der Hauptversammlung obliegt, darüber zu entscheiden, wen sie als Aufsichtsratsmitglied wünscht (ebenso Brox a. a. O.). Das Amt dieser Aufsichtsratsmitglieder endet nicht etwa mit der Benennung der Vertreter der Arbeitnehmer, sondern nach § 97 II, d. h. mit der Beendigung der ersten Hauptversammlung, die nach Ablauf der Anrufungsfrist einberufen wird. Hierunter ist zu verstehen die Frist von einem Monat, innerhalb der das zuständige Gericht nach der Veröffentlichung der Bekanntmachung des Vorstandes im Bundesanzeiger anzurufen ist (§ 97 I). Haben dagegen die Grün170

Bestellung des Aufsiditsrats bei Sacfagründung

§31

Anm. 4—6

der die von ihnen zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder nicht vollständig bestellt — z,B. 3 statt 4 eines 6-köpfigen, dem § 76 BetrVG unterliegenden Aufsiditsrates —, so hat lediglich die Zuwahl des fehlenden Mitgliedes zu erfolgen, das Amt der drei bereits gewählten Mitglieder erlischt nicht. Dies ergibt sich aus dem oben dargelegten Sinn des Abs. 3 S. 3 (ebenso Brauksiepe in BB 67, 484; Barz in Großkomm. Anm. 5). Ergibt sich, daß die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach anderen gesetzlichen Vorschriften zu erfolgen hat, als die Gründer bei der Bestellung des Aufsichtsrats angenommen haben, so erlischt das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder ebenfalls nach Beendigung der ersten Hauptversammlung, die nadi Ablauf der Anrufungsfrist einberufen wird (§ 97 I I und I). III. Amtsdauer des ersten Aufsiditsrates Anm. 5: Wenn auch im allgemeinen die Übernahme des Unternehmens während der Amtszeit des ersten Aufsiditsrats, die sidi nach § 30 I I I bestimmt, erfolgen wird, so ist es doch auch denkbar, daß sie erst später erfolgt. Hierfür bestimmt Abs. 4, daß die Bestimmungen des Abs. 3 keine Anwendung finden. Das hat aber keineswegs zur Folge, daß etwa die im Abs. 3 vorgesehene Bekanntmachung des Vorstandes zu unterbleiben hat, denn es bleibt die Bestimmung des § 30 I I I wirksam, die insoweit mit der des § 31 I I I identisch ist. Wenn die Sachübernahme nodi nicht erfolgt ist, so hat der Vorstand rechtzeitig vor Ablauf der Amtszeit des ersten Aufsichtsrats bekanntzumachen, nach welchen gesetzlichen Vorschriften seiner Ansicht nach der nächste Aufsiditsrat zusammenzusetzen ist. In diesem Fall gilt vor allem die Bestimmung des § 96; daneben wird wie in § 31 I I I audi auf die Bestimmungen der §§ 97—99 Bezug genommen. Da der Zeitpunkt der Übernahme des Unternehmens u. U. nicht mit Sicherheit bestimmt werden kann, stellt die Bestimmung des Abs. 4 nicht auf die Beendigung der Amtszeit des ersten Aufsichtsrats ab, sondern auf die Bekanntmachung des Vorstandes, die rechtzeitig vor Ablauf der Amtszeit erfolgen muß. Wenn die Bekanntmadiung des Vorstandes nadi § 30 I I I S. 2 erfolgt ist, kann nicht mehr nach § 31 I I I verfahren werden, d.h., es muß der Aufsiditsrat neu bestellt werden. Erweist sich nach Übernahme des Unternehmens, daß der zweite nunmehr vollständige Aufsichtsrat unrichtig zusammengesetzt ist, so hat der Vorstand in unmittelbarer Anwendung des § 97 eine Bekanntmadiung zu erlassen, welche gesetzlichen Bestimmungen nadi seiner Ansicht für die Zusammensetzung des Aufsiditsrats maßgebend sind. Für die Dauer der Amtszeit des Aufsiditsrats vgl. § 97 I I ; § 98 IV. Anm. 6: Auch der nach § 31 I I I bestellte Aufsichtsrat kann nach der ausdrücklichen Bestimmung des Abs. 5 nur bis zur Beendigung der Hauptver171

§§31/32 Anm. 6,7

Gründung der Gesellschaft

Sammlung bestellt werden, die über die Entlastung für das erste Voll- und Rumpfgeschäftsjahr beschließt (h. L.; für viele Barz in Großkomm. Anm. 6). Eine erneute Bekanntmachung des Vorstands über diese Zusammensetzung des Aufsichtsrates ist jedoch entbehrlich. IV. Aufgabe des ersten Aufsichtsrates und Vorstandes Anm. 7: Uber die Aufgabe des ersten Aufsichtsrates, die Wahl des ersten Vorstandes und dessen Aufgaben gilt das gleiche, wie bei § 30 Anm. 5—12 gesagt ist, so daß insoweit darauf verwiesen werden kann (s. auch Kölner Komm. Anm. 14).

§ 32 Gründungsberidit (1) Die Gründer haben einen schriftlichen Bericht über den Hergang der Gründung zu erstatten (Gründungsbericht). (2) Im Gründungsberidit sind die wesentlichen Umstände darzulegen, von denen die Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen oder Sachübernahmen abhängt. Dabei sind anzugeben 1. die vorausgegangenen Rechtsgeschäfte, die auf den Erwerb durch die Gesellschaft hingezielt haben; 2. die Anschaffungs- und Herstellungskosten aus den letzten beiden Jahren; 3. beim Übergang eines Unternehmens auf die Gesellschaft die Betriebserträge aus den letzten beiden Geschäftsjahren. (3) Im Gründungsbericht ist ferner anzugeben, ob und in welchem Umfang bei der Gründung für Rechnung eines Mitglieds des Vorstands oder des Aufsichtsrats Aktien übernommen worden sind und ob und in welcher Weise ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats sich einen besonderen Vorteil oder für die Gründung oder ihre Vorbereitung eine Entschädigung oder Belohnung ausbedungen hat. I. Übersicht (Anm. 1) II. Form des Gründungsberichtes (Anm. 2) III. Inhalt des Gründungsberichtes 1. Hergang der Gründung (Anm. 3) 2. Angemessenheit der Leistung für Sachübernahme oder Sacheinlage (Anm. 4) 3. Vorausgegangene Rechtsgeschäfte (Anm. 5) 172

4. Anschaffungs- und Herstellungskosten (Anm. 6) 5. Betriebserträge der letzten beiden Geschäftsjahre (Anm. 7) 6. Aktienbeteiligung der Organe (Anm. 8) 7. Organpersonen gewährte Vorteile (Anm. 9) 8. Organpersonen gewährte Entschädigungen für Gründung (Anm. 10)

Gründungsberidit

§32 Anm. 1,2

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschriften des § 24 AktG 37 sind im wesentlichen unverändert übernommen worden. Zweck des vorgeschriebenen Gründungsberichtes der Gründer (§28), mit dem das Prüfungsstadium beginnt, ist, eine Grundlage für die Prüfung der Gründung durch Vorstand, Aufsichtsrat und Gründungsprüfer sowie durch das Registergericht herzustellen. Er ist für alle Gründungen angeordnet, also auch für eine Bargründung. Die besonderen Bestimmungen im Abs. 2 bei Gründungen mit Sacheinlagen oder Sachübernahme sollen die Überprüfbarkeit der Angemessenheit der Leistungen sicherstellen und insbesondere einen von den Gründern daran etwa erzielten Zwischengewinn offenlegen. Der Gründungsbericht hat dreierlei darzulegen: Den Hergang der Gründung, die Angemessenheit der Leistung der Gesellschaft für den Gegenstand einer Sacheinlage oder Sachübernahme, schließlich den Zwischengewinn der Gründer und das Interesse der Organpersonen an der Gründung. Ein vollständiger Gründungsbericht deckt daher auch aus der Satzung nicht erkennbare Gründe auf, die nach § 33 eine Gründungsprüfung erforderlich machen. Dieselben Angaben kehren ins Einzelne gehend noch einmal bei der Anmeldung wieder (§ 37 II Nr. 2). Mit Rücksicht auf Abs. 3 kann der Gründungsbericht erst nach der Bestellung des Vorstandes erstattet werden. Der Gründungsbericht ist Voraussetzung der Eintragung und damit der Entstehung der Gesellschaft, aber auch gesellschaftliche, durch Klage erzwingbare Pflicht aller Gründer in ihrem Verhältnis untereinander, nach herrschender Meinung eine höchstpersönliche Pflicht (Kölner Komm. Anm. 4; B.-H. Rn. 3). Im Gegensatz zur Gründung ist beim Gründungsberidit eine gewillkürte Vertretung unzulässig (KGJ 28 A 235). Stirbt ein Gründer, so kann mit Einwilligung der Überlebenden der Erbe an seine Stelle als Gründer treten und die Gründertätigkeit fortsetzen. Strafrechtlich haftet er nur für seine eigenen Gründerhandlungen, vermögensrechtlich auch für jede seines Erblassers. Sonach kann er an dessen Stelle den Gründungsbericht miterstatten. Keinesfalls kann er aber dazu gezwungen werden, evtl. muß ein neuer Gründer gefunden werden, wenn anderenfalls die erforderliche Zahl von 5 Gründern nicht mehr voll wäre, und das Gründungsgeschäft wiederholt werden. IL Form des Grundungsberichtes Anm. 2: Der Gründungsbericht muß schriftlich abgefaßt, also von jedem Gründer unterschrieben sein (§ 126 BGB). Jeder Gründer trägt die volle Verantwortung für die Richtigkeit der eigenen Angaben, aber auch für die Richtigkeit der Angaben der Mitgründer, wenn er diesen nicht widersprochen hat (§ 46). Es muß also jedem Gründer gestattet sein, den Bericht für seine 173

§32 Anm. 2—6

Gründung der Gesellschaft

Person selbst abzufassen oder Zusätze zu dem gemeinsamen Bericht zu machen. III. Inhalt des GrSndungsberidites 1. Hergang der Gründung Anm. 3: Der Bericht muß den Hergang der Gründung ergeben: also die Personen der Gründer, den Tag der Feststellung der Satzung, Sacheinlage und Sachübernahme, die Übernahme aller Aktien, die Wahl des Aufsichtsrates und Bestellung des Vorstandes (Barz in Großkomm. Anm. 2 und 6; B.-H. Rn. 4; Kölner Komm. Anm. 8; a. A. nur Ritter Anm. 2, wonach Abs. 2 und 3 den notwendigen Inhalt des Gründungsberichtes erschöpfend regeln sollen). Die Pflicht der Gründer, über die Gründung zu berichten, wird ergänzt durch ihre Verpflichtung zu Aufklärungen und Nachweisen, welche den Mitgliedern des Vorstandes und Aufsichtsrates und den Gründungsprüfern anläßlich der Prüfung des Gründungsherganges durch diese Personen zu machen sind. 2. Angemessenheit der Leistung für Sachübernahme oder Sacheinlage Anm. 4: Der Gründungsbericht soll die Angemessenheit der Leistung ergeben, welche die Gesellschaft für den Gegenstand einer Sacheinlage oder Sachübernahme zu vollbringen hat. Er hat die wesentlichen Punkte, die dafür maßgebend sind, auszuführen, z. B. die Größe und Lage eines Grundstückes, die Fundamentierung, bebaute Fläche und Bauausführung eines Gebäudes (evtl. die Mieterträgnisse), den technischen Stand und die Kapazität einer maschinellen Anlage, Vergleichspreise usw. Am besten läßt sich die Angemessenheit beurteilen, wenn die bisherigen Preise und Anschaffungskosten und die bisherige Rentabilität bekannt sind. Deshalb bestimmt das Gesetz: 3. Vorausgegangene Rechtsgeschäfte Anm. 5: Ohne zeitliche Beschränkung sind alle vorausgegangenen Rechtsgeschäfte anzugeben, die sich mit dem Gegenstand der Sacheinlage oder Sachübernahme befassen, also z. B. Konsortialverträge, die den Zweck haben, eine Sache gemeinsam zu erwerben, um sie dann einzubringen. Maßgebend ist, ob eine ursächliche Verbindung zwischen Einlage bzw. Übernahme und dem vorausgegangenen Rechtsgeschäft besteht. 4. Anschaffungs- und Herstellungskosten Anm. 6: Ist der Erwerb oder die Herstellung der Gegenstände innerhalb der letzten beiden Jahre vor der Feststellung der Satzung (§ 23) erfolgt, so sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten stets anzugeben, gleich174

Gründungsberidit

§32 Anm.6—8

gültig, ob dabei auf das spätere Einbringen oder die Übernahme hingezielt wurde. Der Sinn dieser Bestimmung ist, einen etwaigen Zwisdiengewinn der Gründer offenzulegen, was nicht bedeutet, daß ein solcher Gewinn verboten wäre. Er muß sich nur in angemessenen Grenzen halten und gezeigt werden. 5. Betriebserträge der letzten beiden Geschäftsjahre Anm. 7: Auch wenn ein Unternehmen auf die Gesellschaft übergeht, gelten die Anm. 5 und 6. Daneben sind die Betriebserträge aus den letzten beiden Geschäftsjahren anzugeben; in § 24 AktG 37 hieß es: „Der Betriebsertrag aus den letzten beiden Geschäftsjahren." Nach der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs soll in dieser Veränderung eine Verschärfung des bisherigen Rechts liegen, da nach diesem der Ertrag aus den beiden letzten Geschäftsjahren zusammengefaßt hätte angegeben werden können. Dies ist jedoch nicht richtig. Sowohl nach dem bisherigen Recht als auch nach dem neuen muß diese Angabe für jedes Jahr gesondert gemacht werden, da sie sonst keinerlei Aussagewert hätte. Die Geschäftsjahre müssen bei der Festsetzung der Satzung bereits abgelaufen sein. Angaben über das laufende Geschäftsjahr sind außerdem zweckmäßig. Besteht das Unternehmen noch nicht zwei Jahre, braucht ihr Ablauf nicht abgewartet zu werden, es genügen vielmehr die vorliegenden Betriebsergebnisse (Kölner Komm. Anm. 13). 6. Aktienbeteiligung der Organe Anm. 8: Die Forderungen voller Offenheit, die an den Gründungsbericht zu stellen sind, ergeben, daß er nicht nur den von den Gründern erzielten Zwischengewinn ersehen lassen muß, sondern auch, daß er volle Auskunft über das Interesse der Gesellschaftsorgane an der Gründung zu geben hat. Denn dies muß berücksichtigt werden, wenn es gilt, den Wert ihrer Angaben abzuschätzen und Vertrauen zu haben, daß sie bei der Gründung pflichtmäßige Sorgfalt geübt haben. Darum muß der Gründungsbericht weiter ergeben: Die mittelbare und unmittelbare Aktienbeteiligung der Organe. Es braucht weder ein Name angegeben zu werden noch, ob ein oder mehrere Mitglieder der Verwaltung Aktien übernommen haben. Es ist auch nicht erforderlich, die Beträge der Vorstandsmitglieder getrennt von denen anzugeben, die von Aufsichtsratsmitgliedern übernommen sind. Die Angabe kann z. B. lauten: „Es sind nominal 10 000,— DM Vorzugsaktien von Mitgliedern des Vorstandes und Aufsichtsrates übernommen." A. A. Barz in Großkomm. Anm. 5: er verlangt, daß die Namen der beteiligten Mitglieder anzugeben sind sowie der Umfang der Aktienübernahme, des Vorteils usw. für jeden einzelnen. Diese Ansicht findet im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze und kann auch nicht damit begründet werden, daß die einzelnen Mitglieder des 175

§§ 32/33 Gründung der Gesellschaft Anm. 8—10 Vorstandes und Aufsichtsrates möglicherweise im Prüfungsbericht voneinander abweichen und dann das Interesse des einzelnen klarliegen muß. Abweichende Prüfungsberichte kommen in der Praxis nicht vor. Sollte es doch einmal der Fall sein, so würde auch die von uns verlangte, dem Gesetzeswortlaut entsprechende Angabe genügen, um die besondere Prüfung aus § 33 II auszulösen und diese die besondere Auskunilspflicht der Vorstandsund Aufsiditsratsmitglieder gegenüber den Prüfern. Damit ist die Klarstellung aller Einzelheiten sichergestellt. 7. Organpersonen gewährte Vorteile Anm. 9: Besondere, einer Organperson gewährte Vorteile hat der Gründungsbericht anzugeben, mögen sie gleichzeitig unter § 26 I fallen, weil er der Organperson um einer Aktienbeteiligung willen gewährt worden ist oder nicht. Im Gründungsbericht braucht die Person des Empfängers nicht genannt zu werden (wohl aber im Fall des § 26 I in der Satzung) (a. A. auch hier Barz in Großkomm. Anm. 5). 8. Organpersonen gewährte Entschädigungen für Gründung Anm. 10: Schließlich ist die einer Organperson gewährte Entschädigung oder Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung (vgl. hierzu § 26 II) anzugeben. Zu beachten ist, daß die Satzung (§ 26) die Belastung der Aktiengesellschaft mit Verbindlichkeiten ergeben soll; diesem Zweck genügt eine summarische Angabe des Gesamtaufwandes. Die Angabe im Gründungsbericht dagegen hat den in Anm. 8 angegebenen Zweck; deshalb sind hier die auf die Organperson entfallenden Beträge auszuweisen. Namen brauchen auch im Gründungsbericht nicht angegeben zu werden (a. A. auch hier Barz in Großkomm. Anm. 5; vgl. hier Anm. 8). § 33 Gründungsprüfung. Allgemeines (1) Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsiditsrats haben den Hergang der Gründung zu prüfen. (2) Außerdem hat eine Prüfung durch einen oder mehrere Prüfer (Gründungsprüfer) stattzufinden, wenn 1. ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsiditsrats zu den Gründern gehört oder 2. bei der Gründung für Redinung eines Mitglieds des Vorstands oder des Aufsiditsrats Aktien übernommen worden sind oder 3. ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsiditsrats sich einen besonderen Vorteil oder für die Gründung oder ihre Vorbereitung eine Entschädigung oder Belohnung ausbedungen hat oder 176

Gründungsprüfung. Allgemeines

§ 33

Anm. 1,2

4. eine Gründung mit Sacfaeinlagen oder Sachübernahmen vorliegt. (3) Die Gründungsprüfer bestellt das Gericht nach Anhörung der Industrie- und Handelskammer. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. (4) Als Gründungsprüfer sollen, wenn die Prüfung keine anderen Kenntnisse fordert, nur bestellt werden 1. Personen, die in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren sind; 2. Prüfungsgesellschaften, von deren gesetzlichen Vertretern mindestens einer in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren ist. (5) Als Gründungsprüfer darf nicht bestellt werden, wer nach § 143 Abs. 2 und 3 nicht Sonderprüfer sein kann. Gleiches gilt für Personen und Prüfungsgesellschaften, auf deren Geschäftsführung die Gründer oder Personen, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben, maßgebenden Einfluß haben. I. Obersicht (Anm. 1) II. Gründungsprüfung 1. durdi Vorstand und Aufsichtsrat (Anm. 2) 2. durch Gründungsprüfer (Anm. 3)

III. Bestellung besonderer Gründungsprüfer (Anm. 4) IV. Eignung zum Gründungsprüfer (Anm. 5 u. 6) V. Verstoß gegen die Vorschriften über die Eignung (Anm. 7)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift des § 25 AktG 37 ist, soweit sie die Gründungsprüfung betrifft, übernommen worden; die Vorschriften über die sachliche und persönliche Eignung der Gründungsprüfer (§ 33 Abs. 4 und 5) dagegen sind geändert (siehe Anm. 5 und 6). II. Gründungsprufung 1. durch Vorstand und Aufsichtsrat Anm. 2: Ist der Bericht der Gründer erstattet, so wird der Hergang der Gründung geprüft. Die Gründungsprüfung ist eine höchstpersönliche Pflicht der einzelnen Mitglieder der Gesellschaftsorgane. Die Prüfung durch die Mitglieder der Gesellschaftsorgane hat stets zu erfolgen, und zwar durch alle vorhandenen Mitglieder. Auch die nach Abs. 2 Nr. 1 bis 3 wirtschaftlich interessierten Mitglieder haben die Prüfung vorzunehmen. Eine rechtsgeschäftliche Vertretung bei der Unterzeichnung des Berichtes ist ausgeschlossen. Läßt ein Mitglied der Verwaltung tatsächlich die Prüfung durch einen Dritten durchführen, so muß es das Ergebnis doch selbst unterzeichnen, es gilt als seine eigene Prüfung. Jedes Verwaltungsmitglied trägt für die Richtigkeit des von ihm erstatteten Berichts bei Verschulden die vermögensrechtliche 177

§33

Anm. 2—i

Gründung der Gesellschaft

(§ 48) und strafrechtliche (§ 399 I Nr. 2) Verantwortung, erstere neben, nicht nur hilfsweise nach den Gründern. Deshalb kann jedes Mitglied für sich allein von den Gründern Aufklärungen und Nachweise fordern. Die Prüfung muß durch jedes Mitglied des Vorstandes und des Aufsichtsrats stattfinden. Wird nachträglich vor der Eintragung ein weiteres Mitglied bestellt, so hat auch dieses die Gründung zu prüfen. Weigert sich ein Mitglied, so kann es von dem dazu zuständigen Organ abberufen werden, jedoch muß die Weigerung und der hierzu angegebene Grund im Prüfungsbericht vermerkt werden (B.-H. Rn. 2; Barz in Großkomm. Anm. 2). 2. durch Gründungsprüfer Anm. 3: Neben der stets notwendigen Prüfung durch die Mitglieder der Gesellschaftsorgane ist für bestimmte Fälle, nämlich dann, wenn das Gesetz die Gefahr einer Parteilichkeit der Mitglieder des Vorstandes und Aufsichtsrats für möglich erachtet und außerdem in den besonders wichtigen Fällen der Sacheinlage und Sachübernahme, eine weitere besondere Prüfung durch unabhängige Gründungsprüfer vorgeschrieben. Die erstere Gefahr hält das Gesetz für gegeben, wenn ein Mitglied der Verwaltungsorgane zu den Gründern gehört oder für seine Rechnung Aktien übernommen worden sind oder wenn für ein Mitglied der Verwaltung besondere Vorteile oder eine Belohnung oder Entschädigung für die Gründung oder ihre Vorbereitung, gleichgültig auf wessen Kosten, bedungen worden ist. Ist eine Gesellschaft Gründerin, so darf keine Person, die zu ihrer Geschäftsführung ermächtigt ist (Vorstandsmitglied. Geschäftsführer) oder bei Personengesellschaften zu ihren Gesellschaftern gehört, ein Mitglied der Verwaltung der Gesellschaft sein, wenn die Bestellung von Prüfern vermieden werden soll. Daß Prüfung durch besondere Prüfer erforderlich sei, wenn ein Gründer mittels Vollmacht bei der Gründung durch eine später zum Mitglied eines Organs bestellte Person vertreten war (so Schl.-Qu. § 25 Anm. 3; Dienst S. 70 f.), läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 4, Ziff. 1; unentschieden RG 154, 283). Dasselbe ist für den Fall zu sagen, daß der Gründer (physische oder juristische Person), dessen gesetzlicher Vertreter dem Vorstand oder Aufsichtsrat angehört, bei der Gründung aufgrund einer von diesem erteilten Vollmacht vertreten war. Dagegen ist Gründungsprüfung erforderlich, wenn ein solcher gesetzlicher Vertreter eines Gründers selbst in dessen Namen bei der Gründung mitgewirkt hat (B.-H. Rn. 3). III. Bestellung besonderer Gründungsprfifer Anm. 4: Die Bestellung der Gründungsprüfer erfolgt durch das zuständige Gericht des § 14, das die Industrie- und Handelskammer zu hören hat. Auch 178

Gründungsprüfung. Allgemeines

§33 Anm. 4—6

diese Gründungsprüfer tragen eine beschränkte vermögensrechtliche (§ 49) und strafrechtliche (§ 403) Verantwortlichkeit für die Richtigkeit ihres Berichtes. Sie üben ein Amt aus und stehen weder mit den Gründern noch mit der künftigen Aktiengesellschaft in einem Vertragsverhältnis (so Ritter § 25 Anm. 4 c). IV. Eignung zum Grundungsprufer Anm. 5: Die Bestimmungen, wer als Gründungsprüfer bestellt werden kann, weichen von denen über die Auswahl der Abschlußprüfer (§ 164) insofern ab, als die Gründungsprüfer nicht Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu sein brauchen. Das Gesetz hat an Stelle der früheren Worte „in der Regel" nunmehr die Formulierung „wenn die Prüfung keine anderen Kenntnisse fordert" erhalten. Damit kommt das deutlicher zum Ausdruck, was schon früher unstreitig war, nämlich, daß es manchmal bei der Gründungsprüfung mehr auf Spezialkenntnisse als auf Kenntnis der Buchführung ankommen kann und daß in einem solchen Fall ein Prüfer bestellt werden kann, der diese Spezialkenntnisse besitzt. Ob im Einzelfall der Gründungsprüfer die notwendigen Kenntnisse besitzt, hat der Richter nach freiem Ermessen zu entscheiden. Er wird sich dabei auf Empfehlungen der Handelskammer verlassen dürfen. An die Richtlinien, die für Wirtschaftsprüfer aufgestellt sind, ist er nicht gebunden. Grundsätzlich können hier, ebenso wie in anderen Fällen, in denen das Gesetz von Prüfern spricht, sowohl einzelne Personen als auch Gesellschaften mit der Prüfung betraut werden. Eine Erschwerung für die Prüfungsgesellschaft enthält die Änderung der Nr. 2 des Abs. 4, wo es an Stelle von „Inhaber, Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer" nunmehr „gesetzliche Vertreter" heißt. Das bedeutet, daß es nach jetzigem Recht nicht mehr genügt, wenn ein Gesellschafter in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren ist, vielmehr muß diese Voraussetzung bei einem vertretungsberechtigten Gesellschafter vorliegen. Die im bisherigen Recht in § 47 Nr. 1 AktG 37 enthaltene Ermächtigung für den Reichsminister der Justiz, die auf den Bundesminister der Justiz übergegangen war, ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht mehr mit aufgenommen worden. Die Regelung des § 33 IV stellt sich mithin als eine abschließende dar. Anm. 6: Wer vom Gericht nicht als Prüfer bestellt werden kann, ist nunmehr durch Verweisung auf die Bestimmungen des § 143 II und III über die Sonderprüfer sehr viel eingehender als bisher geregelt; vgl. im einzelnen die Anmerkungen dort. Darüber hinaus hat das Gericht selbstverständlich von sich die Geeignetheit der zu bestellenden Prüfer zu untersuchen, insbesondere hat es darauf zu achten, daß über die Ausschließungsgründe hinaus 179

§§ 33/34 Gründung der Gesellschaft Anm. 6,7 keine Personen bestellt werden, die irgendwie interessiert sind oder von den Hauptbeteiligten, also Gründern und Verwaltungsmitgliedern der zu prüfenden Gesellschaft, beeinflußt werden könnten. Da es Zweck dieser Bestimmung ist, eine möglichst unparteiische Prüfung zu gewährleisten, ist die Bestimmung weit auszulegen (B.-H. Rn. 6). Auf die Möglichkeit des Einflusses ist abzustellen und nicht darauf, ob der Einfluß wirklich ausgeübt wird. V. Verstoß gegen die Vorschriften Gber die Eignung Anm. 7: Werden Prüfer unter Verstoß gegen die Bestimmungen des § 143 II und III bestellt, so sind sie nicht als Gründungsprüfer anzusehen. Die von ihnen vorgenommene Prüfung ist keine Prüfung, so daß die Eintragung der Gesellsdiaft abzulehnen und eine neue Prüfung vorzunehmen ist. Ist die Gesellschaft bereits eingetragen, so liegt in der Tatsache, daß eine ordnungsgemäße Prüfung nicht stattgefunden hat, kein Nichtigkeitsgrund (§ 275); sie kann aber für die Hauptversammlung Veranlassung sein, Sonderprüfer gem. § 142 zu bestellen (so auch Barz in Großkomm. Anm. 9). Rechtlich unbeachtlich ist es, wenn jemand zum Gründungsprüfer bestellt wird, auf den zwar nicht die Ausschließungsgründe passen, der aber sonst befangen und deshalb besser nidit bestellt worden wäre. Seine Bestellung ist unschädlich. Dies folgt aus der jetzigen kasuistisdien Aufzählung der Ausschließungsgründe, so daß die nadi der bisherigen Rechtslage vorhanden gewesenen Zweifel nicht mehr auftreten können. § 34 Umfang der Gründungsprüfung (1) Die Prüfung durch die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie die Prüfung durch die Gründungsprüfer haben sich namentlich darauf zu erstrecken, 1. ob die Angaben der Gründer über die Übernahme der Aktien, über die Einlagen auf das Grundkapital und über die Festsetzungen nach §§ 26 und 27 richtig und vollständig sind; 2. ob der Wert der Sacheinlagen oder Sachübernahmen den Nennbetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder den Wert der dafür zu gewährenden Leistungen erreicht. (2) Über jede Prüfung ist unter Darlegung dieser Umstände schriftlich zu berichten. (3) Je ein Stück des Berichts der Gründungsprüfer ist dem Gericht, dem Vorstand und der Industrie- und Handelskammer einzureichen. Jedermann kann den Bericht bei dem Gericht und bei der Industrie- und Handelskammer einsehen. 180

Umfang der Gründungsprüfung I. Obersicht (Anm. 1) II. Gegenstand der Prüfung und Inhalt des Prüfungsberichtes (Anm. 2) I I I . Unterlagen für den Prüfungsbericht (Anm. 3)

§34

Anm. 1,2

IV. Form des Prüfungsberichtes (Anm. 4) V. Einreichung des Prüfungsberichtes (Anm. 5)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt mit wenigen sprachlichen Änderungen die bisherige Bestimmung des § 26 AktG 37 und regelt Inhalt, Form und Niederlegung des Prüfungsberichtes. II. Gegenstand der Prüfung und Inhalt des Prüfungsberichtes Anm. 2: Gegenstand der Prüfung und Inhalt des Prüfungsberichtes ist der Hergang der gesamten Gründung. Namentlich führt das Gesetz an: Die Richtigkeit der Angaben der Gründer über die Übernahme der Aktien, über die Einlagen auf das Grundkapital, die freilich in diesem Stande der Gründung noch nicht gemacht zu sein pflegen, und über die nach §§ 26, 27 in die Satzung aufgenommene Festsetzung der Sondervorteile, Gründerentlohnungen, Sacheinlagen und Sachübernahmen sowie die Angemessenheit der Gegenleistungen für letztere. Das Gesetz beschränkt jedoch den Inhalt des Gründungsberichtes nicht auf diese Gegenstände, vielmehr ist alles in den Prüfungsbericht aufzunehmen, was (§§ 48,49, 168) als Ergebnis einer eingehenden Prüfung nach sorgfältigem Ermessen des Prüfers einer Berichterstattung bedürftig erscheint. Zu prüfen ist also auch die Satzung, die Ordnungsmäßigkeit einer Vollmacht, die Belegung des Grundkapitals, die Wahl des Aufsichtsrates und Bestellung des Vorstandes. Die Zahlungsfähigkeit der Aktienübernehmer ist nicht zu prüfen (h. A., a. A. Ritter § 26 Anm. 3), wohl aber ist bekannten Bedenken nachzugehen und evtl. darüber zu berichten. In gleichem Umfange ist auch die Prüfung auszudehnen. Obwohl die Pflicht zur Nachprüfung der Angaben im Gründungsberidit, die sich aus § 32 I I ergeben, nicht ausdrücklich erwähnt ist, ist diese jedoch selbstverständlich. Sonach steht nichts entgegen, audi die Angemessenheit der etwa gewährten Sondervorteile oder Gründerentlohnungen zu prüfen und darüber zu berichten. Indessen haben die Gründungsprüfer sich vor Augen zu halten, daß der Bericht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, so daß darin, ungeachtet einer etwa weitergehenden Prüfung, über deren Ergebnis nicht mehr zu sagen ist, als was die Öffentlichkeit wissen muß und für diese „erheblich" ist (s. § 403). Angaben nach § 32 I I I sind auch im Prüfungsbericht nicht aufzuteilen. Gegenstand des Prüfungsberichtes der Gründungsprüfer ist auch der Prüfungsbericht des Vorstandes und des Aufsichtsrates (§ 38 I I ; Schl.-Qu. § 26 Anm. 2; Baumbach-Hueck Rn. 3), der also zuerst abzufassen ist. Das Maß der aufzuwendenden Sorgfalt richtet sich nach § 93 I, bzw. § 116, bzw. § 276 BGB, bzw. 181

§§ 34/35 Anm. 2—5

Gründung der Gesellsdiaft

§ 347 HGB. Falsche oder unvollständige Berichterstattung machen den Vorstand und Aufsichtsrat nach § 399 II Nr. 2 strafbar und nach § 823 II BGB Aktionären und Dritten, nach § 48 der Gesellschaft gegenüber haftbar. III. Unterlagen für den Prüfungsbericht Anm. 3: Für den Prüfungsbericht sind alle zugänglichen Unterlagen und alle eigenen Sachkenntnisse der Prüfer zu verwenden, insbesondere aber der Gründungsbericht, der also nicht nur Gegenstand, sondern auch die Hauptprüfungsunterlage bildet. Außerdem haben die Gründer den Prüfern mit Aufklärungen zur Seite zu stehen (§ 35 I). Die Nachprüfung, ob die für Sacheinlagen und Sachübernahmen gewährten Leistungen angemessen sind, spielt eine besondere Rolle für die Prüfung des Registerrichters bei der Eintragung; dieser kann die Eintragung ablehnen, wenn die Gründungsprüfer die Gegenleistung als unangemessen hoch bezeichnen (vgl. § 38 II). IV. Form des Prüfungsberidites Anm. 4: Die Berichte sind schriftlich zu erstatten, und zwar der Bericht der Verwaltungsmitglieder getrennt von dem Bericht der Gründungsprüfer, wenn solche bestellt sind (vgl. Anm. 2 zu § 32). Was dort für die Berichte der Mitglieder vom Aufsichtsrat und Vorstand gesagt ist, gilt entsprechend auch für die Gründungsprüfer. Die Abberufung eines Gründungsprüfers, der sich weigert, überhaupt einen Bericht zu machen, erfolgt durch das Gericht. V. Einreichung des Prüfungsberichtes Anm. 5: Je ein Stüde des Prüfungsberichtes ist dem Vorstand, dem Gericht und der Handelskammer einzureichen. Eine Bescheinigung darüber ist nach § 37 I I Nr. 4 der Anmeldung beizufügen. Jedermann kann den Prüfungsbericht der Gründungsprüfer (nicht den der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder und nicht den Gründerbericht) einsehen, ohne ein rechtliches Interesse glaubhaft machen zu müssen. § 35 Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern. Vergütung und Auslagen der Gründungsprüfer (1) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gründern und den Gründungsprüfern über den Umfang der Aufklärungen und Nachweise, die von den Gründern zu gewähren sind, entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Solange sich die Gründer weigern, der Entscheidung nachzukommen, wird der Prüfungsbericht nicht erstattet. 182

Meinungsverschiedenheiten / Vergütung und Auslagen

§ 35 Anm. 1—3

(2) Die GründungsprSfer haben Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und auf Vergütung fGr ihre Tätigkeit. Die Auslagen und die Vergütung setzt das Gericht fest. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. Aus der rechtskräftigen Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozeßordnung statt. Anm. 1: Die Vorschrift entspricht dem § 27 AktG 37. Ohne Aufklärung und Nachweis durch die Gründer würden die Gründungsprüfer ihre Aufgaben nicht erfüllen können. Erstere können aber nicht dazu gezwungen werden, aber nicht zum Ziele kommen, wenn sie sie verweigern. Die Prüfer sind zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, sidi die Auskünfte und Nachweise anderweitig zu beschaffen (B.-H. Rn. 2; Barz in Großkomm. Anm. 2), was eine Stellungnahme der Gründer übrigens nicht entbehrlich zu machen braucht. Die Strafbestimmung § 339 I Nr. 2 dürfte sowohl wahrheitswidrige Angaben umfassen als auch das Verschweigen von wesentlichen Vorgängen, deren die Gründer sich gegenüber den Prüfern schuldig machen. Anm. 2; Ergeben sich über den Umfang der von den Gründern zu gewährenden Aufklärungen und Nachweise Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen und den Gründungsprüfern, so entscheidet endgültig das Registergericht. Dessen Entscheidung hat davon auszugehen, daß dem Gründungsprüfer nicht vorenthalten werden kann, was zur Prüfung der Gründung erforderlich ist, auch nicht ein zu wahrendes Geschäftsgeheimnis, weil der Prüfer selbst zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, ebenso versagt der Hinweis auf die Möglichkeit anderweitiger Beschaffung (siehe Anm. 1). Anm. 3: Vorschriften über das Verfahren bestehen nicht. In der Regel wird das Gericht die Beteiligten hören, aber auch wenn das nicht geschieht, ist die Entscheidung unanfechtbar. Beugen sich die Gründer der Entscheidung nicht, so unterbleiben Bericht und Eintragung der Gesellschaft. Umgekehrt muß sich der Prüfer der Entscheidung fügen und ist zur Berichterstattung verpflichtet, kann aber im Bericht erwähnen, daß ihm zufolge der Entscheidung eine ihm wesentlich erscheinende Aufklärung nicht erhältlich gewesen sei. Natürlich kann er so auch ohne Entscheidung verfahren, aber nicht, wenn diese in seinem Sinne ergangen ist; denn in diesem Fall ist durch ausdrückliche Vorschrift der Bericht verboten, wenn die Gründer die Auskunft trotz der Entscheidung nicht geben. Für Meinungsverschiedenheiten über den Umfang und den Gang der Prüfung als auch für Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gründern und den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern über von diesen gewünschte Aufklärungen und Nachweise gilt § 35 nicht. Im ersteren 183

§ 35 Anm. 3,4

Gründung der Gesellschaft

Falle wird das Geridit jedoch vermittelnd eingreifen, evtl. neue Gründungsprüfer zu bestellen haben, im anderen Falle kann eine Abberufung des Aufsichtsrats durch die 3 / 4 - M e h r h e i t einer Versammlung der Gründer erfolgen; den Vorstand kann nur der Aufsichtsrat abberufen und nur aus wichtigem Grunde (§ 84 Abs. 3). Natürlich können auch die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates in einem solchen Falle ihre Ämter niederlegen, wenn sie sich mit den Gründern nicht einigen können (§ 30 Anm. 9); sie können aber auch den Bericht erstatten und darin die Meinungsverschiedenheiten erwähnen. Anm. 4: Die Vergütung der Gründungsprüfer — Vorstand und Aufsichtsrat haben einen solchen Anspruch nicht — und der Ersatz ihrer Auslagen gehören zum Gründungsaufwand (§ 26 II) und sind vom Gericht festzusetzen. Vertragliche Abmachungen zwischen den Parteien sind nach überwiegender Meinung ungültig (a. A. besonders Ritter § 27 Anm. 3 und Brodmann Anm. 4; wie hier Sdil.-Qu. §27 Anm. 3; B.-H. Rn. 3; Kölner Komm. Anm. 15), da es die Unabhängigkeit des Gründungsprüfers beeinträchtigen könnte, wenn die Gründer die Möglichkeit hätten, den Prüfern ein besonders hohes Honorar zu zahlen. Folgerichtig muß man auch § 814 BGB ausschließen und ein Rückforderungsrecht wegen einer die festgesetzte Vergütung übersteigenden Zahlung anerkennen; andernfalls wäre der Zweck der Vorschrift illusorisch. Aus der rechtskräftigen Festsetzung findet die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der ZPO statt, d. h., im Parteibetrieb durch einen Gerichtsvollzieher, der durch den Berechtigten zu beauftragen ist. Es muß also im Vollstreckungstitel der Vollstreckungsschuldner genannt werden. Das ist die Aktiengesellschaft, wenn sie eingetragen wird. In diesem Fall entsteht keine Schwierigkeit. Das Gericht wird also vor der Festsetzung abwarten, ob die Aktiengesellschaft eingetragen wird. Wird sie nicht eingetragen, so muß sie doch zur Zeit des Berichtes der Gründungsprüfer schon „errichtet" gewesen sein. Diese „errichtete Gesellschaft" ist dann die Schuldnerin (so auch Kölner Komm. Anm. 10; nach dem übrigen Schrifttum sollen die Gründer Gesamtschuldner der Vergütung sein; so auch Barz in Großkomm. Anm. 5 trotz seiner Ausführungen über die Rechtsnatur der errichteten Gesellschaft zu § 29 Anm. 3 ff.). Wir bleiben bei der von uns vertretenen Auffassung, daß auf die errichtete Gesellschaft auch insoweit aktienrechtliche Grundsätze anzuwenden sind, als der Vollstreckungstitel gegen sie, vertreten durch den Vorstand, zu richten ist. Die Gesellschaft hat entweder Vermögen in den Händen ihres Vorstandes oder ein Bank- oder Postscheckkonto auf eigenen Namen oder auf den Namen ihres Vorstandes, welches als Forderung der Gesellschaft gilt (§ 54 III). Das sind die Vermögensobjekte, in die vollstreckt werden kann. Sind die Einlagen noch nicht bewirkt, so fehlt es am eigenen 184

Anmeldung der Gesellschaft

§§ 35/36 Anm. 4/1

Vermögen der errichteten Gesellschaft. Haben die Gründer vor Bestellung der Prüfer freiwillig oder auf Veranlassung des Gerichtes erklärt, daß sie für die Kosten aufkommen, sehen wir keine Bedenken dagegen, die Gründer als Kosten- und Vollstreckungsschuldner zu bezeichnen. Eine solche Erklärung macht die Gründer im Verhältnis zur Gesellschaft zu Alleinschuldnern, im Verhältnis zu den Prüfern aber zu Gesamtschuldnern, zu Alleinschuldnern nur, wenn es so vereinbart ist. Ebenso ist zu verfahren, wenn die Gründungsprüfer einen Arrest ausbringen wollen, weil sie sehen, daß die Gesellschaft vor Eintragung in die Brüche geht.

§ 36 Anmeldung der Gesellschaft (1) Die Gesellschaft ist bei dem Gericht von allen Gründern und Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. (2) Die Anmeldung darf erst erfolgen, wenn auf jede Aktie, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind, der eingeforderte Betrag ordnungsgemäß eingezahlt worden ist (§ 54 Abs. 3) und, soweit er nicht bereits zur Bezahlung der bei der Gründung angefallenen Steuern und Gebühren verwandt wurde, endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht. Der eingeforderte Betrag muß mindestens ein Viertel des Nennbetrags und bei Ausgabe der Aktien für einen höheren als den Nennbetrag auch den Mehrbetrag umfassen. I. Übersicht (Anm. 1) II. Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister 1. Gericht und Zeitpunkt der Anmeldung (Anm. 2) 2. Die anmeldenden Personen a) Pflicht zur Anmeldung (Anm. 3) b) Behinderung oder Wegfall vor der Anmeldung (Anm. 4) c) Wegfall nach der Anmeldung (Anm. 5) 3. Widerruf der Anmeldung (Anm. 6)

4. Vertretung bei der Anmeldung (Anm. 7) 5. Form der Anmeldung (Anm. 8) III. Voraussetzungen für die Anmeldung 1. Einforderung der Einlage (Anm. 9) 2. Ordnungsmäßige Einzahlung der Einlage (Anm. 10) 3. Höhe der Einzahlung (Anm. 11) 4. Erfüllung der Sacheinlage (Anm. 12) 5. Die freie Verfügung des Vorstandes (Anm. 13)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift stimmt mit dem bisherigen § 28 AktG 37 fast wörtlich überein. Lediglich der Nebensatz in Abs. 1 „in dessen Bezirk sie 185

§ 36 Anm. 1—3

Gründung der Gesellschaft

ihren Sitz hat" ist weggefallen. Diese nähere Bezeichnung ist durch § 14 entbehrlich. Sind die Prüfungen alle vorgenommen und ist der eingeforderte Betrag der Bareinlage, wenigstens aber ein Viertel des Nennbetrages und das etwaige Aufgeld geleistet (Abs. 2), ist nächste Voraussetzung der Entstehung der Gesellschaft, daß alle Gründer und alle Mitglieder des Vorstandes und Aufsichtsrates sie zur Eintragung ins Handelsregister anmelden (Abs. 1). Durch die Anmeldung übernimmt jeder der Anmeldepflichtigen eine besondere vermögensrechtliche und strafrechtliche Haftung. Nun setzt die Tätigkeit und Überprüfung des Gerichtes ein. Es hat vor der Eintragung nidit nur formell, sondern auch materiell die ordnungsmäßige Errichtung der Gesellschaft zu prüfen und beschließt über die Eintragung je nach dem Ergebnis der Prüfung. Wenn alle etwaigen Anstände behoben sind, trägt es die Gesellschaft ein. Damit erst entsteht die Aktiengesellschaft als solche und mit selbständiger Rechtspersönlichkeit (§ 41). Mit der Eintragung entstehen auch die einzelnen Aktienrechte. Die Eintragung ist nach § 10 HGB bekanntzumachen. II. Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister 1. Gericht und Zeitpunkt der Anmeldung Anm. 2: Die Gesellsdiafl — nicht der Gesellschaftsvertrag — ist zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden, und zwar bei dem Amtsgericht ihres in der Satzung nach §§23 und 5 bestimmten Sitzes (§ 14). Die Gesellschaft ist anzumelden, sobald bei gleichzeitiger Übernahme aller Aktien die Satzung festgestellt ist, Aufsichtsrat und Vorstand bestellt sind, der Gründungsbericht erstattet, die Gründungsprüfung beendet und durch den Prüfungsbericht abgeschlossen ist und die eingeforderten Bareinlagen eingezahlt sind. 2. Die anmeldenden Personen a) Pflicht zur Anmeldung Anm. 3: Die zur Anmeldung verpflichteten Personen sind grundsätzlich alle Gründer (siehe § 28), alle Mitglieder des Vorstandes, einschließlich der stellvertretenden Mitglieder, und des Aufsichtsrates. Es ist nicht erforderlich, bei einer Gründung gem. § 31 abzuwarten, bis die Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat gewählt sind; es kommt vielmehr darauf an, wer im Zeitpunkt der Anmeldung Mitglied des Aufsichtsrates oder des Vorstandes ist. H a t nur ein Teil der Gründer, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder angemeldet, so ist eine trotzdem vorgenommene Eintragung nichtig und zu löschen (§ 142 FGG), kann aber durch nachträgliche Anmeldung durch den bisher fehlenden Anmeldepflichtigen geheilt werden (a. A. Baumbach-Hueck Rn. 3, der die fehlende Anmeldung eines Teiles der Verpflichteten durch 186

Anmeldung der Gesellschaft

§36

Anm. 3

die Eintragung schlechthin heilen lassen will). Ober den Wegfall einer dieser Personen siehe Anm. 4. Voraussetzung der Eintragung ist, daß die Anmeldung von allen Gründern und Mitgliedern des Vorstandes und Aufsichtsrates ausgeht. Dies ist mit den Worten „ist anzumelden" gemeint. Die Pflidit zur Anmeldung ist keinesfalls eine sogenannte publizistische, weil die Gesellschaft erst durch die Eintragung entsteht und niemand eine publizistische Pflicht hat, Aktiengesellschaften zur Entstehung zu bringen. Aus diesem Grunde kann die Anmeldung nicht durch Ordnungsstrafen erzwungen werden. Ob eine bürgerlich-rechtliche Verpflichtung zur Anmeldung besteht, ist streitig. Für den Vorstand und Aufsichtsrat haben wir in der 2. Auflage diese Pflicht verneint, diese Ansicht jedoch in der Voraufl. aufgegeben. Ihrer Bestellung zum Organmitglied liegt ein bürgerlich-rechtliches Rechtsverhältnis zugrunde, aus dem sich die Verpflichtung ergibt, alles zu tun, was zur Entstehung der Aktiengesellschaft erforderlich ist; hierzu gehört auch die Mitwirkung bei der Anmeldung der Gesellschaft (ebenso die herrschende Lehre, insbesondere Barz in Großkomm. Anm. 5). Eine grundlose Verweigerung der Anmeldung durch ein Vorstandsmitglied kann zu Schadenersatzansprüchen führen, allerdings kann das Vorstandsmitglied nicht zur Anmeldung gezwungen werden, wohl aber kann die Weigerung als wichtiger Grund zur Abberufung angesehen werden (§ 84 III). Ist aber die Weigerung begründet, so kann das Vorstandsmitglied nicht ohne weiteres abberufen und ersetzt werden, nachdem es einmal bestellt ist, da eine begründete Weigerung kein wichtiger Grund zur Abberufung ist. Es müssen alsdann die Gründe seiner Weigerung behoben werden (a. A. Ritter § 28 Anm. 3; Schl.-Qu. § 28 Anm. 3). Die Gegenmeinung läßt dem Vorstandsmitglied lediglich die Wahl, trotz seiner begründeten Weigerung bei der Anmeldung mitzuwirken oder fristlos zu kündigen. Eine Begründung ist für diese Ansicht nicht gegeben; sie ist auch nicht haltbar. Liegt ein Grund zur Weigerung vor — und nur von diesem Fall gehen wir aus —, so ist die Anmeldung nicht ordnungsgemäß, da entweder unriditige oder strafbare Erklärungen in ihr enthalten sind. In diesem Fall muß das Organmitglied das Recht haben, auf die Behebung der Gründe seiner Weigerung zu dringen (im Endergebnis ebenso Barz in Großkomm. Anm. 5). Verweigert ein Aufsichtsratsmitglied seine Mitwirkung bei der Anmeldung, so kann auch dies, wenn kein Grund vorliegt, zu Schadenersatzansprüchen führen. Eine Abberufung aus wichtigem Grunde gibt es nicht. Es muß die Abberufung durch die Gründerversammlung in analoger Anwendung des § 103 erfolgen, d. h., soweit es sich um von der Gründerversammlung gewählte Mitglieder handelt, mit 3 / 4 -Mehrheit. Auch die Gründer sind zur Anmeldung verpflichtet. Dies ergibt sidti aus dem zwischen ihnen bestehenden Gesellschaftsverhältnis. Auch sie machen 187

§ 36 Anm. 3,4

Gründung der Gesellschaft

sidi schadenersatzpflichtig, wenn sie sich grundlos weigern; andererseits können sie wegen der strafrechtlichen Bedeutung der Anmeldung nicht zu deren Abgabe gezwungen werden, weder nach § 888 ZPO noch nach dem an Stelle des § 894 ZPO infrage kommenden § 16 HGB (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 5). Die Gegenmeinung (Baumbach-Hueck Rn. 2; Kölner Komm. Anm. 6; Schi.-Qu. § 28 Anm. 3; Teichmann-Köhler § 28 Anm. 1) will die Möglichkeit gelten lassen, den Gründer auf dem Klagewege über § 16 HGB zur Anmeldung anzuhalten. Die Vertreter dieser Meinung übersehen, daß mit einer Verurteilung nach § 16 HGB nicht auch die nach § 37 I erforderliche Erklärung des Gründers ersetzt werden kann. Daneben kann eine strafrechtliche Haftung des Gründers durch eine Verurteilung nicht ausgelöst werden. Daher kann auf dem Klagewege eine alle Voraussetzungen erfüllende Erklärung des Gründers nicht herbeigeführt werden. Übrig bleibt nur eine Schadenersatzverpflichtung (Barz in Großkomm. Anm. 5; Kölner Komm. Anm. 6). Der Schaden wird meist nicht feststellbar sein (Schätzungsrecht des Richters § 287 ZPO), nur in den Kosten einer neuen Gründung oder der nach Anm. 4 zu treffenden Maßnahmen. Uber Widerruf vgl. Anm. 6. Da die Verpflichtung der Gründer zur Anmeldung eine höchstpersönliche ist, geht sie nicht auf den Erben über, wenn der Gründer stirbt, da von dem Erben nicht verlangt werden kann, daß er eine persönliche Handlung vornimmt, welche für ihn selbst eine strafrechtliche und eine über den Bestand des Nachlasses hinausgehende vermögensrechtliche Bedeutung hat (a. A. Kölner Komm. Anm. 9; Barz in Großkomm. Anm. 5). Denn wenn er selbst anmeldet, kann er seine Haftung nicht mehr auf den Nachlaß beschränken. b) Behinderung oder Wegfall vor der Anmeldung Anm. 4: Behinderung (Krankheit, Abwesenheit) oder Wegfall vor der Anmeldung einer der Personen, von denen die Anmeldung unterzeichnet sein muß, um zur Eintragung zu führen, macht, wenn es sidi um ein Mitglied des Vorstandes oder Aufsiditsrates handelt, Abberufung und Ersatzbestellung notwendig. Da der Neubestellte die Gründung prüfen muß, empfiehlt sich eine Neubestellung nur, wenn sie unumgänglich, etwa ein Alleinvorstand bestellt ist oder durch den Ausfall des Verhinderten die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder unter drei sinkt. Wenn aber ein Gründer verhindert ist (über Tod eines Gründers vgl. Anm. 5 zu § 29) oder sich weigert anzumelden, so würde er an sich an seiner Aktienübernahmeerklärung festgehalten werden können, auch wenn er infolge Kündigung aus der Gründergesellschaft ausscheidet. Dies würde aber zu der Schwierigkeit führen, daß sein Ausscheiden seine Mitwirkung an der Feststellung der Satzung und Aktienübernahme nicht aus der Welt schafft, so daß er nichtsdestoweniger Gründer bliebe und auf seine Teilnahme an der 188

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§36

Anm. 4—6

Anmeldung nicht verzichtet -werden könnte. Es würde dann die gleidie Situation gegeben sein, wie in dem in Anm. 9 vor § 23 erörterten Fall, daß die Ubernahmeerklärung eines Gründers wegfällt. Für einen bloß behinderten Gründer muß ein Pfleger bestellt werden, was aber voraussetzt, daß dieser bereit ist, die strafrechtliche Haftung einzugehen. c) Wegfall nach der Anmeldung Anm. 5: Der Wegfall einer dieser Personen nach der Anmeldung ist unschädlich, denn es muß als unerheblich erachtet werden, ob eine dieser Personen, nachdem sie die Anmeldung bewirkt und die Vermögens- und strafrechtlidie Haftung übernommen hat, alsbald oder erst nach einiger Zeit, etwa nach der Eintragung der Gesellschaft, fortfällt. Die zivil- und strafrechtliche Haftung bleibt trotz dieses Fortfalles bestehen. Wegfall eines Gründers dadurch, daß er stirbt oder geschäftsunfähig wird, nadidem er angemeldet hat, ist nach dem Gesagten auch dann unschädlich, wenn die Zahl dadurdi unter 5 sinkt; im ersteren Falle hat der Erbe des Gründers mit Beschränkung auf den Nachlaß, im letzteren Falle der geschäftsunfähige Gründer selbst die Vermögenshaftung weiter zu tragen. Bei Wegfall des einzigen Vorstandsmitglieds nach der Anmeldung muß, weil die Gesellschaft nicht ohne Vorstand ins Leben treten kann, ein neuer bestellt werden. Die erfolgte Anmeldung bleibt wirksam und braucht von dem neuen Vorstandsmitglied nicht wiederholt zu werden. Fällt von mehreren Vorstandsmitgliedern eines nach der Anmeldung weg, so ist dies unschädlich (a. A. B.-H. Rn. 4). Die Bestellung eines Ersatzmannes vor der Eintragung ist nicht notwendig (vgl. Anm. 1). Immer haftet daneben auch noch der Erbe des Weggefallenen vermögensrechtlich, jedoch nur nach erbrechtlichen Regeln. Sinkt durch Wegfall eines Aufsichtsratsmitgliedes die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder unter die gesetzliche Mindestzahl, so bleibt die Gesellschaft handlungsfähig, sie kann also auch eingetragen werden. Die Neuwahl hat nach allgemeinen Grundsätzen zu erfolgen. Audi hier ist die Nadiholung der Anmeldung durdi den Neugewählten nicht erforderlich. Die Vermögenshaftung bleibt bestehen, sie beschränkt sich bei Wegfall durch Tod nach erbrechtlichen Grundsätzen auf den Nachlaß. Strafrechtliche Haftung fällt in diesem Falle fort. 3. Widerruf der Anmeldung Anm. 6: Daß der Widerruf der Anmeldung statthaft ist, wird allgemein angenommen. Er ist bis zur Eintragung zulässig nadi den auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit herrschenden Grundsätzen, daß ein Antrag zurückgenommen werden kann, der die Anmeldung zum Handelsregister auf eine Eintragung enthält. Verschieden von der Zulässigkeit ist die Bedeutung des Widerrufs, sowohl für den Fortgang des Verfahrens als für den 189

§36 Anm. 6—8

Gründung der Gesellschaft

Widerrufenden. Nach herrschender Meinung darf der Richter nach einem Widerruf die Gesellschaft nicht eintragen. Dies ist unzutreffend, wenn der Widerrufende gleichzeitig aus dem Kreis der Anmeldepflichtigen ausscheidet (siehe oben) und die gesetzliche Mindestzahl in jeder der drei anmeldepflichtigen Gruppen (Gründer, Vorstand, Aufsichtsrat) erhalten bleibt. Anderenfalls ist der herrschenden Meinung zuzustimmen. Die Vermögens- und strafrechtliche H a f t u n g kann nach unserer Ansicht, nachdem sie bereits entstanden ist, durch den Widerruf nicht mehr beseitigt werden, wenn trotz des Widerrufs (unter den oben angeführten Umständen) die Gesellschaft eingetragen wird; es sei denn, daß der Widerrufende gleichzeitig mit dem Widerruf die Voraussetzungen einer etwaigen H a f t u n g ändert, also seine früheren Angaben richtigstellt oder ergänzt. Gegenüber den übrigen Gründungsbeteiligten wird durch Widerruf eine Schadensersatzpflicht nur begründet, wenn er ohne hinreichenden Grund erfolgt. 4. Vertretung bei der Anmeldung Anm. 7: Die Zulässigkeit der Vertretung bei der Anmeldung wird ziemlich allgemein f ü r gesetzliche Vertretung, die wohl nur bei den Gründern in Frage kommt, bejaht, f ü r gewillkürte verneint (ebenso Baumbach-Hueck Rn. 4; Schl.-Qu. § 2 8 Anm. 1; Barz in Großkomm. Anm. 8; R G 144, 328; K G J 28, 228; dahingestellt R G 154, 282); letzteres wegen der mit der Anmeldung zu verbindenden Versicherung und der strafrechtlichen Verantwortung, die anderenfalls umgangen werden könnte (Barz in Großkomm. a. a. O.). Die gewillkürte Vertretung eines Mitglieds des Aufsichtsrats erklärt f ü r unzulässig K G in K G J 28 A 228, 29 A 235; nur mit Einschränkung für ein Mitglied des Aufsichtsrates zustimmend, weil dessen Verpflichtungen unübertragbar seien, K G in J W 26,26, wo jedoch (bei der GmbH) die Vertretung eines Geschäftsführers durch einen anderen f ü r zulässig angesehen wird, sogar unter Hinweis auf R G 81, 325. Diese nicht zu billigende Ansicht würde zur Folge haben, daß entgegen der ausdrücklichen Vorschrift (§ 36) die Anmeldung statt von sämtlichen Vorstandsmitgliedern, mit Zustimmung der übrigen von einem einzigen vorgenommen werden könnte (in R G 144, 348 in der Tat nicht beanstandet, obwohl der gemeinsame Bevollmächtigte nicht einmal Mitglied des Aufsichtsrates war). Die gewillkürte Vertretung der Gründer halten f ü r zulässig Teichmann-Köhler § 28 Anm. 1, der Gründer und Vorstandsmitglieder Ritter § 28 Anm. 4; Kölner Komm. Anm. 20 und 21. 5. Form der Anmeldung Anm. 8: Für die Form der Anmeldung bestimmt § 12 HGB, daß die U n t e r schriften persönlich bei dem Gericht zu bewirken oder in öffentlich beglaubigter Form einzureichen sind. In letzterem Fall ist zu beachten, daß bei der Zeichnung der Unterschrift, die meist gleichzeitig mit der Anmeldung erfolgt, 190

Anmeldung der Gesellschaft

§36 Anm. 8—10

der Notar bescheinigen muß, daß die Unterschriften vor ihm vollzogen sind. Die Anerkennung einer bereits vollzogenen Unterschrift und die Bescheinigung durch den Notar genügt nicht. Eines besonderen Antrages auf Eintragung bedarf es nicht, nur die Anmeldung ist erforderlich. Diese wird in der Regel auf einer Urkunde von allen Beteiligten unterzeichnet, jedoch können auch mehrere getrennte Urkunden eingereicht werden. III. Voraussetzungen für die Anmeldung 1. Einforderung der Einlage Anm. 9: Die Einforderung und Einzahlung der Einlage in der gesetzlichen (Abs. 2) oder darüber hinausgehenden satzungsmäßigen Mindesthöhe hat schon vor der Anmeldung zu geschehen. Bleibt die Einforderung nicht unter der gesetzlichen, aber unter der satzungsmäßigen Mindesthöhe zurück, so kann die Gesellschaft gleichwohl eingetragen werden, wenn die eingeforderten Beträge bezahlt sind. Die Einforderung kann auch über die gesetzlidie und satzungsmäßige Mindesthöhe hinausgehen, wenn die Satzung es zuläßt. Die eingeforderten Beträge müssen, auch wenn mehr als die gesetzlichen oder satzungsmäßigen Mindestbeträge eingefordert worden sein sollten, im Zeitpunkt der Anmeldung ordnungsmäßig eingezahlt sein und endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes stehen (siehe auch Anm. 11). 2. Ordnungsmäßige Einzahlung der Einlage Anm. 10: Ordnungsmäßig eingezahlt sind Einlagen dann, wenn sie entweder in gesetzlichen Zahlungsmitteln (Banknoten, Münzgeld) dem Vorstand übergeben oder auf ein inländisches Bankkonto oder Postscheckkonto überwiesen sind (siehe § 54 III). Nach der Ausdrucksweise des Gesetzes („kann" § 54) wird durch eine andere Art der Einzahlung die Einzahlungspflicht nicht getilgt und die Voraussetzung für die Zulässigkeit der Anmeldung nicht hergestellt. Gründer, Aufsichtsrat und Vorstand haften dafür, daß die zur Annahme von Einzahlungen bestimmte Stelle dazu geeignet ist (§ 46 I, §48). Es ist nicht anzunehmen, daß unter dieser Stelle der Vorstand selbst gemeint ist, an den die Einzahlung selbst in gesetzlichen Zahlungsmitteln geleistet werden kann. Für dessen sorgfältige Auswahl haftet wenigstens der Aufsichtsrat ohnedies. Die Eignung der Post ist zweifelsfrei. Gemeint kann also nur die Bank sein, wenn eine solche zur Annahme bestimmt wird. Angesichts der gemeinsamen Haftung muß die Bestimmung der Bank auch gemeinsame Sache der Haftenden sein. Hier gibt das Gesetz ein Rätsel auf; ist die Einforderung im Gründungsabschnitt so, wie nach der Eintragung nach außen Sache des Vorstandes allein, so ist die Haftung der Gründer und des Aufsichtsrates unbillig, wenn der Vorstand über ihren Kopf hinweg gehandelt hat, da sie keine Mittel haben, das zu hindern. Die Erwäh191

§ 36 Anm. 10—12

Gründung der Gesellschaft

nung im Prüfungsbericht, der übrigens regelmäßig vor der Einzahlung erstattet wird, kann ein Unglück nicht abwenden. 3. Höhe der Einzahlung Anm. 11: Eingefordert und eingezahlt muß mindestens ein Viertel des Nennbetrages und ein etwa in der Satzung festgesetztes Aufgeld sein, und zwar auf jede einzelne Aktie. Es genügt nicht, daß auf die eine Hälfte der Aktien die Hälfte des Nennbetrages eingezahlt ist, auf die andere Hälfte der Aktien nichts. Ein Bedenken, schon vor der Eintragung mehr einzufordern, besteht nicht, sofern nach Satzung und Übernahmeerklärung von den Übernehmern höhere Einzahlungen in diesem Stadium verlangt werden können. Ohne entsprechende Satzungsbestimmung dürfte der Vorstand nicht ermächtigt sein, vor der Eintragung der Gesellschaft Zahlungen über die gesetzliche oder satzungsmäßige Mindesthöhe entgegenzunehmen (anders bei der Kapitalerhöhung; hier entscheidet neben Satzung und Zeichnung der Kapitalerhöhungsbeschluß). Wenn nur die gesetzliche, aber nicht die höhere satzungsmäßige Mindesteinzahlung eingefordert wurde, darf im Verhältnis nach innen die Gesellschaft nicht zur Eintragung angemeldet werden. Das Registergericht hat aber nur darauf zu achten, daß die eingeforderten Beträge ordnungsmäßig einbezahlt sind und die gesetzliche Mindesthöhe erreichen. Über die Einzahlung der restlichen Einlage siehe Anm. 2—5 zu § 63. 4. Erfüllung der Sacheinlage Anm. 12: Die Erfüllung von Sacheinlagen ist nicht Voraussetzung der Anmeldung. Daß sie, obwohl die Gesellschaft erst durch die Eintragung Rechtspersönlichkeit erlangt, auch vor der Eintragung z. Hd. des Vorstandes ebensogut erfolgen kann, wie die Leistung von Bargeld oder die Einrichtung eines Bankkontos für die Gesellschaft (§ 54) ist nicht zweifelhaft (Schl.-Qu. § 28 Anm. 5; Baumbach-Hueck Rn. 5; Boesebeck in Soz.-Prax. 39, 607; a. A. Ritter § 20 Anm. 2 d). Es ist also insbesondere auch die Auflassung eines Grundstückes auf die künftige Aktiengesellschaft möglich (RG in JW 1925, 1109; OLG 6, 488; Barz in Großkomm. Anm. 16; Siegelmann in DB 64,1179). Bislang hielten wir die Eintragung der Auflassung im Grundbuch nicht für möglich, auch nicht eine Vormerkung zugunsten der AG; es sollte, um die AG noch besser zu sichern, nur eine Vormerkung zugunsten der Vorstandsmitglieder möglich sein, obwohl für diese ein Auflassungsanspruch nicht besteht, weil das Grundbuchamt den Bestand des vorzumerkenden Anspruchs nicht zu prüfen hat (vgl. KG in JW 1937, 46, 31). Neuerdings hat der BGH (45, 348) die Grundbuchfähigkeit der werdenden GmbH anerkannt. Dem ist die Rechtslehre gefolgt (Barz in Großkomm. Anm. 16; Ganssmüller in GmbH Rundschau 67, 25 ff.).

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Anmeldung der Gesellschaft

§36

Anm. 12,13

Gemischte Einlagen können bei der AG nicht vorkommen; es kann nur sein, daß auf mehrere von einer Person übernommene Aktien teils Barteils Sadieinlagen zu leisten sind. 5. Die freie Verfügung des Vorstandes Anm. 13: Die eingeforderten Beträge müssen endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes stehen. Darin liegt ein Mehrfaches: einmal, daß sie noch in voller Höhe zu seiner freien Verfügung stehen müssen; nur die Beträge, welche zur Bezahlung der durch die Gründung anfallenden Gebühren auch der Gründungsprüfer (Baumbach-Hueck Rn. 6; Barz in Großkomm. Anm. 15) und Steuern erforderlich sind, sind vom Gesetz ausgenommen und brauchen nicht mehr vorhanden zu sein, jedoch nur soweit sie gem. § 26 endgültig von der Aktiengesellschaft zu tragen sind (Sdil.-Qu. §28 Anm. 6; Baumbach-Hueck a.a.O.); andere Ausgaben, auch wenn notwendig, dürfen vor Eintragung aus den Einzahlungen nicht bestritten werden. Außerdem liegt darin, daß die Einzahlung ernsthaft und vorbehaltlos, ohne Nebenabrede sein muß, welche sie als Scheinzahlung kennzeichnet oder die Verfügungsfreiheit des Vorstandes in irgendeiner Weise aufhebt, aufschiebt oder mindert. Ein solcher Sachverhalt liegt z. B. vor, wenn die Gesellschaft über das empfangene Geld (Scheck), sei es im Verhältnis zum Zahler (Aussteller gleich Bank), sei es zum Aktienübernehmer, zu dessen Lasten der Zahler (Scheckaussteller) das Geld gezahlt (den Scheck ausgestellt) hat, nicht verfügen darf, vielmehr verpflichtet ist, das Empfangene alsbald nach Anmeldung zurückzugeben oder in bestimmtem Sinn, insbesondere zum Erwerb von Sachgütern vom Aktienübernehmer oder von einem Dritten zu verwenden (RG 144, 138, 148 ff.; 157, 225; 159, 222 ff.). In diesem Fall sind auch §§27, 183, 399 I Nr. 1 verletzt (RG a.a.O.). Solche Vorbehalte und Nebenabreden sind nicht als solche ungültig, haben aber den Erfolg, daß die Einzahlung nicht den aktienrechtlichen Vorschriften entspricht, also weder die Verpflichtung zur Einzahlung tilgt, noch die Anmeldung der Gesellschaft zulässig macht. Besonderes Gewicht legt das Gesetz auch auf die Feststellung, daß der Vorstand in der Verfügungsmacht über den eingezahlten Betrag nicht durch Gegenforderungen beschränkt ist. Dies könnte nur bei Einzahlungen auf Bankkonto möglich sein, wenn die Einzahlung auf seinen Namen erfolgt. Denn Verpflichtungen der Gesellschaft an die Bank können strenggenommen nicht bestehen. Gedacht ist wohl hauptsächlich, wie § 37 I S. 2 erkennen läßt, an die Sachlage, daß die Bank schon im Gründungsabschnitt in Erwartung der Einzahlungen zunächst auf den Namen des Vorstandes, aber für Rechnung der Gesellschaft Vorlagen macht, mit der Abrede, daß die Einzahlungen bei ihr erfolgen müssen. RG a.a.O. spannt übrigens den Begriff „Gegenforderung" mit Recht weit und versteht darunter auch eine 193

§§36/37 Anm. 13

Gründung der Gesellschaft

Verpflichtung zur Rückgewährung. Selbstverständlich ist die freie Verfügung nicht gegeben, wenn Sperren auf dem Einzahlungskonto liegen (BGH in GmbH Rundsdi. 62, 233). Endlich bringt das Gesetz zum Ausdruck, daß auch Einzahlungen auf ein Bardepot genügen, wenn dieses Depot wirklich zur Verfügung des Vorstandes steht und er nicht praktisch und faktisch daran gehindert ist, darüber zu verfügen, nicht aber an einen Treuhänder (Notar), wenn die Treuhänderbestellung die freie Verfügung des Vorstandes ausschließen soll (Schl.-Qu. § 49 Anm. 17; a. A. Bambadi-Hueck Rn. 5; Barz in Großkomm. Anm. 15). Die Vorschrift, daß ein eingezahlter Betrag zur freien Verfügung des Vorstandes eingezahlt sein muß, gilt mit allen hier und oben (Anm. 9 u. 10) gezogenen Folgerungen für alle eingeforderten Beträge, auch wenn sie über die gesetzliche (oder satzungsmäßige) Mindesthöhe hinausgehen.

§ 37 Inhalt der Anmeldung (1) In der Anmeldung ist zu erklären, daß die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 erfüllt sind; dabei sind der Betrag, zu dem die Aktien ausgegeben werden, und der darauf eingezahlte Betrag anzugeben. Es ist nachzuweisen, daß der eingezahlte Betrag endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht. Ist der Betrag durch Gutschrift auf ein Konto der Gesellsdiaft oder des Vorstands bei der Deutsdien Bundesbank oder einem Kreditinstitut (§ 54 Abs. 3) eingezahlt worden, so ist der Nachweis durdi eine schriftliche Bestätigung des Instituts zu führen. Für die Richtigkeit der Bestätigung ist das Institut der Gesellschaft verantwortlich. Sind von dem eingezahlten Betrag Steuern und Gebühren bezahlt worden, so ist dies nach Art und Höhe der Beträge nachzuweisen. (2) In der Anmeldung ist ferner anzugeben, welche Vertretungsbefugnis die Vorstandsmitglieder haben. (3) Der Anmeldung sind beizufügen 1. die Satzung und die Urkunden, in denen die Satzung festgestellt worden ist und die Aktien von den Gründern übernommen worden sind; 2. im Fall der §§ 26 und 27 die Verträge, die den Festsetzungen zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen worden sind, und eine Berechnung des der Gesellschaft zur Last fallenden Gründungsaufwands; in der Berechnung sind die Vergütungen nach Art und Höhe und die Empfänger einzeln anzuführen; 3. die Urkunden über die Bestellung des Vorstands und des Aufsichtsrats; 4. der Gründungsbericht und die Prüfungsberidite der Mitglieder des Vorstands und des Aufsiditsrats sowie der Gründungsprüfer nebst ihren 194

Inhalt der Anmeldung

§37

Anm. 1 , 2

urkundlichen Unterlagen; ferner die Bescheinigung, daß der Bericht der Gründungsprüfer der Industrie- und Handelskammer eingereicht worden ist; 5. wenn der Gegenstand des Unternehmens oder eine andere Satzungsbestimmung der staatlichen Genehmigung bedarf, die Genehmigungsurkunde. (4) Die Vorstandsmitglieder haben ihre Namensunterschrift zur Aufbewahrung beim Gericht zu zeichnen. (5) Die eingereichten Schriftstücke werden beim Gericht in Urschrift, Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift aufbewahrt. I. Übersicht (Anm. 1) II. Inhalt der abzugebenden Erklärung (Anm. 2) III. Nachweis der freien Verfügungsgewalt (Anm. 3)

IV. Angabe über Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder (Anm. 4) V. Anlagen der Anmeldung (Anm. 5) VI. Anmeldepflicht (Anm. 6) VII. Recht auf Einsieht (Anm. 7)

I. Übersicht Anm. 1: Das bisherige Recht (§ 29 AktG 37) wird im wesentlichen übernommen. Durch Gesetz vom 15. 8.1969 ist der Absatz 2 neu hinzugekommen. Die Bestimmung gibt nicht den vollständigen Inhalt der Anmeldung wieder. Diese enthält zunächst einmal den Antrag, die Gesellschaft im Handelsregister einzutragen. Dabei wird man im allgemeinen auf das, was Inhalt der Eintragung nach § 39 ist, hinweisen. Zwingend notwendig ist es nicht, es genügt eine Bezugnahme auf die Satzung, die diese Angaben enthalten muß. Außer diesem selbstverständlichen Inhalt der Anmeldung ist nach der vorstehenden Gesetzesbestimmung eine Erklärung abzugeben, die nicht unbedingt in derselben Urkunde enthalten sein muß (Kölner Komm. Anm. 36), wie die eigentliche Anmeldung; jedoch muß die Form des § 12 HGB auch für sie gewahrt sein, weil sie nach dem klaren Gesetzeswortlaut ein Teil der Anmeldung ist. Sie ist demnach persönlich bei Gericht zu unterzeichnen oder in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Über die anmeldenden Personen vgl. § 36 Anm. 3 bis 5, über die Form der Anmeldung § 36 Anm. 8, über die Voraussetzungen des § 36 dort die Anm. 9 bis 13. II. Inhalt der abzugebenden Erklärung Anm. 2: Notwendiger Inhalt der Erklärung ist die Angabe der Höhe des Ausgabebetrages und der Einzahlung. Dabei sind lediglich die Bar-, nicht aber die Sacheinlagen anzugeben. Weiterhin ist die Erklärung abzugeben, 195

§ 37 Anm. 2,3

Gründung der Gesellschaft

daß, soweit nicht Sacheinlagen wirksam vereinbart sind, 1/t — oder mehr — des Nennbetrages der Aktien und das etwaige Aufgeld ordnungsgemäß (§ 54) eingezahlt sind und — soweit sie nicht für Steuern und Gebühren ausgegeben wurden — noch in voller Höhe endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes stehen. Diese Erklärung muß wegen des Nachweises gem. § 37 I auch erkennen lassen, in weldier Form die Einzahlung erfolgt ist. Der Anmelder muß selbst prüfen, ob die gesetzliche Mindestzahlung (§ 36) geleistet ist und zur freien Verfügung des Vorstandes steht. Er darf sich nicht auf dessen Versicherung, auch wenn Prüfer bestellt sind, nicht unter allen Umständen auf deren Bericht verlassen (RG 144, 348 ff.). Die Richtigkeit der Erklärung steht unter Strafschutz (§ 399 I Nr. 1) und ist von dem Anmeldenden selbstverständlich auch zivilrechtlich (§ 823 Abs. 2 BGB, §§ 46, 48) zu gewährleisten. Aus diesem allen ergibt sich, daß der Anmeldende sich bei der Abgabe der Erklärung nicht vertreten lassen kann. III. Nachweis der freien Verfügungsgewalt Anm. 3: Wie der Nachweis zu führen ist, daß der Vorstand in der Verfügung über den eingezahlten Betrag nicht beschränkt ist, sagt das Gesetz nur für den Fall der Einzahlung durdi Gutschrift auf ein Bankkonto. Bei Barzahlung wird praktisch neben der Versicherung der Mitglieder des Vorstandes, daß sie in der Verfügung nicht beschränkt seien, dieser Nachweis wegfallen, weil nidit einmal das Vorzeigen einer Barsumme ein Nachweis für ihre Identität mit den eingezahlten Beträgen erbringen würde. Im Falle der Zahlung durch Gutschrift auf ein Postscheckkonto ergibt sidi zwar von selbst, daß keine Gegenforderung besteht; der Betrag könnte aber gepfändet sein, so daß der Nachweis, daß dies nicht der Fall ist, nur durch eine Erklärung des Postscheckamtes erbringlich wäre, die aber nur mit Schwierigkeiten beizubringen sein wird, so daß die Registerrichter auf diesen Nachweis im Hinblick auf die Unwahrsdieinlichkeit einer Pfändung absehen können (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 3); im übrigen kann nicht einmal ein Konto-Auszug vom selben Tag ergeben, daß nicht von diesem Beträge abverfügt worden sind. Der Betrag muß im Zeitpunkt der Anmeldung zur freien Verfügung stehen, also, wenn die Anmeldung bei Gericht eingeht. Es ist mithin zulässig, daß die Erklärung vor dem Notar bereits unterschrieben wird, bevor der Betrag zur Verfügung steht, mit der Maßgabe, daß der Notar die Anmeldung erst weiterleiten soll, wenn er besondere Anweisung erhält. Ist die Anmeldung erfolgt, so kann vom Vorstand über das Geld verfügt werden; es braudit nicht etwa bis zur Eintragung gewartet zu werden. Ferner sind nach Art und Höhe die geleisteten Zahlungen der Steuern, die bei der Gründung anfallen, nachzuweisen, da hierdurch der Gesamtbetrag der auf die Aktien eingezahlten Beträge gemindert worden ist. Sind 196

Inhalt der Anmeldung

§37 Anm. 3—5

keine Steuern gezahlt worden, so ist eine Negativerklärung nidit erforderlich, zur Vermeidung von Rückfragen jedoch empfehlenswert. Ist der Betrag auf einem Konto des Vorstandes bei der Deutschen Bundesbank oder einem Kreditinstitut eingezahlt worden, so muß dieses Konto für den Vorstand als solchen, also für alle Mitglieder namentlich zusammen als Vorstand der in Gründung befindlichen Gesellschaft angelegt sein. Die Bank muß sich die Satzung vorlegen lassen, den Beschluß des Aufsichtsrats, durch den der Vorstand bestellt ist, und eine Bestätigung des Vorsitzenden, daß nicht noch spätere Beschlüsse vorliegen. Den Schutz des § 15 HGB genießt die Bank noch nidit. Die Eignung der Bank hat und braucht das Registergericht grundsätzlich nicht zu prüfen, auch nicht, ob die ihm vorgelegten Erklärungen und Bestätigungen richtig sind, es sei denn, daß Verdacht der Unrichtigkeit vorliegt. Hat die Bank schriftlich bestätigt, daß die Einzahlungen gutgeschrieben sind und zur freien Verfügung des Vorstandes stehen, so muß sie dafür einstehen, daß dies auch der Fall ist. Sie kann also etwaige Gegenforderungen nicht geltend machen und muß etwa fehlende Beträge gutbringen (Kölner Komm. Anm. 38; Barz in Großkomm. Anm. 3; a. A. Schnorr vonCarolsfeld in DNotZ 63, 413). Ob die Bank ein Verschulden an der unrichtigen Bestätigung trifft, ist unerheblidi. IV. Angaben über Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder Anm. 4: Nach dem durch das Gesetz zur Durchführung der ersten Richtlinie des Rates der europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechtes vom 15. 8.1969 neu eingefügten Abs. 2 sind nunmehr audi Angaben über die Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder zu machen. Bisher waren lediglich die von der gesetzlichen Regelung abweichenden Satzungsbestimmungen einzutragen. Durch die neue Regelung ist die besondere Eintragung der Satzungsbestimmung hinfällig geworden. Anzugeben ist, welche Vertretungsbefugnis die Vorstandsmitglieder im einzelnen haben. Eine namentliche Angabe ist aber nur dann erforderlich, wenn die Vertretungsbefugnis je nach der Person verschieden gestaltet ist (Barz in Großkomm. Anm. 4). Eine Satzungsermächtigung für den Aufsichtsrat, Gesamtvertretungsbefugnis anzuordnen, ist nach dem Zweck der Vorschrift ebenfalls einzutragen (Kölner Komm. Anm. 39). V. Anlagen der Anmeldung Anm. 5: a) D a s P r o t o k o l l über die Errichtung der Gesellschaft (§ 23) ist beizufügen. Dieses enthält die Satzung und die Übernahmeerklärung aller Aktien durch die Gründer. b) In den Fällen der Sacheinlage und Sachübernahme, der Gewährung besonderer Vorteile an die Aktionäre oder einer Belohnung oder Entsdiädi197

§37

Anm. 5

Gründung der Gesellschaft

gung für die Gründung oder ihre Vorbereitung sind die Verträge beizufügen, welche den Festsetzungen darüber in der Satzung zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen sind. Hiermit können begriffsnotwendig nur die schriftlich abgeschlossenen Verträge gemeint sein, da die Vorschrift des § 37 II Nr. 2 nicht für alle in den Fällen der §§ 26 und 27 geschlossenen Verträge die Schriftform vorschreiben kann. Nicht sdiriftlidi abgeschlossene Verträge sind daher lediglich anzugeben (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 4; Schl.-Qu. § 29 Anm. 5; Baumbach-Hueck Rn. 4; a. A. Ritter Anm. 3). Während in der Satzung der Gründungsaufwand nur in einer Summe angegeben zu werden braucht, ist hier Einzelanführung — soweit üblich — erforderlich. Manche Posten, z. B. die Vergütung für den Gründungsprüfer, müssen geschätzt werden. Die in der Satzung festgesetzte Summe darf nicht überschritten werden, weil der Aufwand insoweit nicht zu Lasten der Gesellschaft geht (B.-H. Rn. 4). Die Vorlage von Belegen ist nicht erforderlich. Neben der Berechnung des Gründungsaufwands sind die Belege über die aus dem eingezahlten Betrag entrichteten Steuern und Gebühren vorzulegen. c) Die notarielle Urkunde über die Wahl des Aufsichtsrats ist beizufügen (§ 30 I) — in der Regel wird dies das Protokoll über die Errichtung der Gesellschaft sein (§ 27) — und die Niederschrift über die Bestellung des Vorstandes (§ 30 IV). Das Geridit muß die Ordnungsmäßigkeit der Bestellung nachprüfen. Der Nachweis der Annahme der Wahl ist entbehrlich, da diese jedenfalls in der Mitwirkung bei der Anmeldung zu sehen ist (B.-H. Rn. 4). d) Der Gründungsbericht und die Prüfungsberichte nebst ihren urkundlichen Unterlagen sind beizufügen. Unter den urkundlichen Unterlagen sind z. B. Taxen, Gutachten, Rentabilitätsberedlungen und dergleichen zu verstehen. Der Prüfungsbericht ist nach § 34 III von dem Gründungsprüfer der Handelskammer einzureichen. Eine Bescheinigung hierüber ist der Erklärung beizufügen. e) Die Genehmigungsurkunde muß mit eingereicht werden, wenn es einer staatlichen Genehmigung bedarf. Die Genehmigungspflicht muß sich auf das Unternehmen als solches, nicht einzelne Anlagen, beziehen. Die Entscheidung, ob das Unternehmen genehmigungspflichtig ist, steht nicht dem Registergericht, sondern ausschließlich der Verwaltungsbehörde zu. Erteilt diese eine Bescheinigung, daß eine Genehmigungspflicht nicht besteht, so ist das Registergericht daran gebunden. Dagegen hat das Registergericht die Genehmigungspflidit zu prüfen, wenn weder eine derartige Bescheinigung der Verwaltungsbehörde, noch eine Genehmigungsurkunde vorliegt. Der Fall liegt anders als nach § 7 HGB beim Einzelkaufmann oder einer Personengesellschaft des Handelsrechts, weil die AG erst durch die Eintragung entsteht, also durch das Registergericht ihre widerrechtliche Entstehung verhindert werden kann, wenn sie — obwohl genehmigungspflichtig — nicht genehmigt ist. Ist die Gesellschaft eingetragen 198

Prüfung durch das Gericht

§ § 37/38 Anm. 5—7

worden, ohne die vorgeschriebene Genehmigung vorgelegt zu haben, so liegt ein Nichtigkeitsgrund nicht vor. Die Gesellschaft ist vielmehr nadi § 14 HGB anzuhalten, diese Genehmigung nachzubringen. f) Die Namenszeichnung der Vorstandsmitglieder muß eingereicht werden. Hierzu gehören auch die stellvertretenden Vorstandsmitglieder. Die Unterzeichnung der Anmeldeschrift ist nicht ausreichend, vielmehr muß die Namenszeichnung — nicht die Firmenzeichnung — in der Anmeldung selbst oder in einem besonderen Schriftstück gesondert erfolgen. Sie kann auch nachträglich beigefügt werden. Eine Voraussetzung für die Eintragung ist sie nicht (ebenso Ritter Anm. 5; a. A. Baumbach-Hueck Rn. 2; Schl.-Qu. § 29 Anm. 6). Alle Unterschriften unter der Anmeldung und auch diese vorgeschriebenen besonderen Namenszeichnungen sind öffentlich zu beglaubigen. Sie müssen in Gegenwart des Notars geleistet — nicht bloß anerkannt — werden; dies muß aus dem Beglaubigungsvermerk hervorgehen. g) Weiter ist die Bescheinigung der Bank vorzulegen, wenn die Einzahlung auf ein Bankkonto erfolgt, vgl. Anm. 3. h) Schließlich ist die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für die Kapitalverkehrssteuer der Anmeldung beizufügen. Ohne eine solche Bescheinigung darf die Eintragung nicht erfolgen. VI. Anmeldepflicht Anm. 6: Die Anmeldung selbst kann vom Registergericht mit Ordnungsstrafe nach § 14 HGB nicht erzwungen werden (vgl. § 407 II). Nur wenn die Eintragung erfolgt ist, die Anmeldung aber lückenhaft war, etwa die Anlagen nach Abs. 2 fehlten, kann die Ergänzung durch Ordnungsstrafen erzwungen werden. Über die Erzwingung der Anmeldung durch die übrigen Gründungsbeteiligten vgl. § 36 Anm. 3. VII. Recht auf Einsicht Anm. 7: Nach § 9 HGB ist die Einsicht in die Anmeldung jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, er kann sogar Abschrift verlangen. § 38 Prüfung durch das Gericht (1) Das Gericht hat zu prüfen, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist. Ist dies nicht der Fall, so hat es die Eintragung abzulehnen. (2) Das Gericht kann die Eintragung auch ablehnen, wenn die Gründungsprüfer erklären oder es offensichtlich ist, daß der Gründungsbericht 199

§38

Anm. 1—3

Gründung der Gesellschaft

oder der Prüfungsbericht der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats unrichtig oder unvollständig ist oder den gesetzlichen Vorschriften nicht entspricht. Gleiches gilt, wenn die Gründungsprüfer erklären oder das Gericht der Auffassung ist, daß der Wert der Sacheinlagen oder Sachübernahmen nicht unwesentlich hinter dem Nennbetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder dem Wert der dafür zu gewährenden Leistungen zurückbleibt. Anm. 1: Die Bestimmung übernimmt fast wörtlich das bisherige Redit (§ 31 AktG 37). Das Registergericht hat die förmliche Ordnungsmäßigkeit und äußerliche Gesetzmäßigkeit der Gründung einschl. der Vollständigkeit und Zulässigkeit der Bestimmungen der Satzung, sowie die Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Anmeldung nebst Begleiterklärung und Unterlagen zu prüfen. Stellt es Fehler fest, so hat es die Eintragung abzulehnen, auch wenn es sich nur um teilweise ordnungswidrige Gründungsvorgänge handelt (BayObLG in OLG 2, 516; AG Hamburg in Die AktGes 67, 203). Anm. 2: Nadi Abs. 2 kann das Registergericht die Eintragung auch ablehnen, wenn der Gründungsbericht oder der Prüfungsbericht der Mitglieder des Vorstandes und des Aufsiditsrats unrichtig oder unvollständig ist oder den gesetzlichen Vorschriften nicht entspricht oder wenn die für eingelegte oder übernommene Gegenstände gewährten Leistungen unangemessen hoch sind, sofern entweder diese Tatsachen offensichtlich sind oder die Gründungsprüfer dies erklären. Darin liegt das Recht und die Pflicht, in begrenztem Umfange in die Prüfung der sachlichen Ordnungsmäßigkeit der Gründung einzutreten. Der Gründungsbericht und der Prüfungsbericht der Organe werden nicht nur auf gesetzliche Ordnungsmäßigkeit, sondern auf inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Insbesondere aber ist das Registergericht berechtigt und verpflichtet, die Angemessenheit der Gegenleistung für die Gegenstände der Sacheinlagen und Sachübernahmen zu prüfen. Diese Prüfung beschränkt sich auf die erklärte Stellungnahme der Gründungsprüfer (Prüfungsbericht) und auf das, was offensichtlich ist, was also ohne weitere Nachprüfung von dem Richter aus den ihm vorgelegten Unterlagen entnommen werden kann (abw. Barz in Großkomm. Anm. 7). Zu einer darüber hinausgehenden Untersuchung ist das Gericht nicht berechtigt und noch weniger verpflichtet (etwas abw. B.-H. Rn. 5). Nicht erwähnt wird die Begleiterklärung zur Anmeldung, auf deren Richtigkeit die richterliche Prüfung indessen zweifellos zu erstrecken ist. Anm. 3: Ergeben sich aus der Prüfung nach Abs. 2 Bedenken, so muß das Gericht diese zunächst den Beteiligten mitteilen und ihnen Gelegenheit geben, diesen abzuhelfen. Beteiligte sind die Gründer und die werdende, errichtete 200

Inhalt der Eintragung

§§38/39

Anm. 3 , 4 / 1

Gesellschaft, vertreten durch ihre Organe. Werden die Bedenken nicht erhoben, so liegt es im Ermessen des Richters, ob er die Eintragung ablehnen will (abw. B.-H. Rn. 4). Insoweit unterscheidet sich die Prüfung nach Abs. 2 von der Prüfung nach Abs. 1. Dort muß die Ablehnung erfolgen, wenn sich ergibt, daß die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet oder angemeldet ist. Dabei ist allerdings zu beachten, daß das Ermessen selbstverständlich ein pflichtgemäßes sein muß. Mit dem Ausdruck „kann" will das Gesetz offenbar nur sagen, daß der Richter nicht an die Erklärung der Gründungsprüfer gebunden ist, sondern auch dieser gegenüber frei entscheidet. Dagegen wird bei Offensichtlichkeit der Spielraum seines Ermessens nur sehr eng sein, denn das richterliche Recht ist auch eine riditerlidie Pflicht, deren Verletzung die Haftung nach § 839 BGB begründet. Das Registergericht hat lediglich die rechtlichen Fragen der Gründung und Anmeldung zu überprüfen, nicht aber die wirtschaftlichen. Die Frage der Lebensfähigkeit der einzutragenden Gesellschaft ist deshalb vom Registerrichter nicht zu untersuchen (vgl. für viele Barz in Großkomm. Anm. 5). Anm. 4: Gegen die Ablehnung der Eintragung steht den Anmeldern gem. § 20 FGG das Rechtsmittel der einfachen Beschwerde zu. Es ist von allen Anmeldern zusammen einzulegen. Wird diese zurückgewiesen, so ist gem. § 27 FGG eine weitere Beschwerde möglich. Diese kann jedoch lediglich auf Verletzung des Gesetzes gestützt werden. § 39 Inhalt der Eintragung (1) Bei der Eintragung der Gesellschaft sind die Firma und der Sitz der Gesellschaft, der Gegenstand des Unternehmens, die Höhe des Grundkapitals, der Tag der Feststellung der Satzung und die Vorstandsmitglieder anzugeben. Ferner ist einzutragen, welche Vertretungsbefugnis die Vorstandsmitglieder haben. (2) Enthält die Satzung Bestimmungen über die Dauer der Gesellschaft oder über das genehmigte Kapital, so sind auch diese Bestimmungen einzutragen. Anm. 1: Die Vorschrift entspricht § 32 AktG 37. Durch das Gesetz vom 15. 8.1969 ist der Satz 2 in Abs. 1 neu eingefügt und dementsprechend die in Abs. 2 enthaltene Verpflichtung, Satzungsbestimmungen über die Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder und Abwickler einzutragen, gestrichen worden. Gegenstand der Eintragung ist die Gesellschaft. Der Inhalt der nach dieser Vorschrift durchzuführenden Eintragung ist in 2 Teile aufzugliedern: 201

§§39/40 Anm. 1—i

Gründung der Gesellschaft

a) Die Eintragungen, deren Fehlen das Entstehen der Gesellschaft verhindern würde. Hierzu gehören Firma und Sitz. Der Gegenstand des Unternehmens ist für die Entscheidungskraft nicht wesentlich, so daß das Fehlen dieser Angabe das Entstehen nicht verhindert (anders die Voraufl.). Da Gegenstand der Eintragung die Gesellschaft ist, erweist sich die Eintragung dieser zu ihrer Unterscheidung dienenden Merkmale als wesentlich, so daß eine Eintragung, die eines dieser Merkmale nicht enthält, nichtig ist. Da eine Gesellschaft erst durch die Eintragung entsteht, ist eine derartige mangelhafte Eintragung nicht geeignet, die Gesellschaft als solche ins Leben zu rufen. b) Die Eintragungen, deren Fehlen auf das Entstehen der Gesellschaft ohne Einfluß sind. Hierzu zählen alle anderen Eintragungen, Grundkapital, Tag der Feststellung der Satzung und Vertretungsbefugnis des Vorstandes, Gegenstand des Unternehmens sowie die nach Abs. 2 vorgeschriebenen Eintragungen. Anm. 2: Ohne eine gültige Eintragung besteht die Gesellschaft überhaupt nicht. Für den Fall der Nichteintragung ist daher § 15 HGB unanwendbar. Fehlerhafte Eintragungen sind von Amts wegen oder auf Antrag zu berichtigen. Anm. 3: Nach § 130 FGG ist die Eintragung mit Datum zu versehen und vom zuständigen Beamten zu unterzeichnen und der Gesellschaft zu Händen ihres Vorstandes bekanntzumachen. Anm. 4: Eine Haftung des Richters für eine unrichtige oder unvollkommene Eintragung nach § 839 BGB besteht in jedem Falle einer Verletzung der Vorschrift; aber der Umfang des Schadens wird ein ganz verschiedener sein, je nachdem, ob ein wesentlicher Eintragungsbestandteil unrichtig ist oder fehlt und demnach die Gesellschaft nicht entsteht, oder ein anderer. § 40 Bekanntmachung der Eintragung (1) In die Bekanntmachung der Eintragung sind außer deren Inhalt aufzunehmen 1. die Festsetzungen nach § 23 Abs. 3 und 4, §§ 24, 25 Satz 2, §§ 26 und 27 sowie Bestimmungen der Satzung über die Zusammensetzung des Vorstandes; 2. der Ausgabebetrag der Aktien; 3. Name, Beruf und Wohnort der Gründer; 4. Name, Beruf und Wohnort der Mitglieder des ersten Aufsiditsrats. 202

Handeln im Namen der Gesellschaft. Verbotene Aktienausgabe

§§40/41

(2) Zugleich ist bekanntzumachen, daß die mit der Anmeldung eingereichten Schriftstücke, namentlich die Prüfungsberichte der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie der Gründungsprüfer, bei dem Gericht, der Prüfungsbericht der Gründungsprüfer auch bei der Industrie- und Handelskammer eingesehen werden können. Die Vorschrift entspricht § 33 AktG 37 und ist durch das Gesetz vom 15. 8 . 1 9 6 9 an die neuen Bestimmungen des § 23 angepaßt worden. Die Entstehung der Aktiengesellschaft setzt die Eintragung voraus ( § 4 1 ) . Aber erst die Bekanntmachung durch das Registergericht nach § 10 H G B löst zusammen mit der Eintragung die sogenannte Publizitätswirkung des Handelsregisters aus ( § 1 5 H G B ) . Der Inhalt der Eintragung muß stets vollständig bekannt gemacht werden. Dies bestimmt schon § 10 H G B . Jedoch erstrebt § 40 eine noch weitergehende Publizität, insbesondere durch Bekanntmachung der Festsetzung der Höhe des Grundkapitals und seiner Stückelung, Gründungsaufwand und Sondervorteile, Sacheinlagen und Sachübernahmen und den Ausgabekurs der Aktien, sowie in persönlicher Hinsicht die Angabe der Personen der Gründer und des ersten Aufsichtsrates. Die Mitglieder des Vorstandes und ihre Vertretungsbefugnis sind gemäß § 39 einzutragen und demgemäß nach § 10 H G B aus diesem Grunde bereits bekanntzumachen. Die Bekanntmachung hat im Bundesanzeiger und mindestens in einem anderen Blatt, das nach § 11 H G B alljährlich vom Registergericht bestimmt wird, zu erfolgen (§ 10 H G B ) . Die Satzung kann bestimmen, daß die Bekanntmachung auch in weiteren Blättern zu erfolgen hat — vgl. hierzu die Anmerkung zu § 25—.

§ 41 Handeln im Namen der Gesellschaft vor der Eintragung. Verbotene Aktienausgabe (1) Vor der Eintragung in das Handelsregister besteht die Aktiengesellschaft als solche nicht. Wer vor der Eintragung der Gesellschaft in ihrem Namen handelt, haftet persönlich; handeln mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner. (2) Übernimmt die Gesellschaft eine vor ihrer Eintragung in ihrem Namen eingegangene Verpflichtung durch Vertrag mit dem Schuldner in der Weise, daß sie an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt, so bedarf es zur Wirksamkeit der Schuldübernahme der Zustimmung des Gläubigers nicht, wenn die Schuldübernahme binnen drei Monaten nach der Eintragung der Gesellschaft vereinbart und dem Gläubiger von der Gesellschaft oder dem Schuldner mitgeteilt wird. 203

§ 41 Anm. 1

Gründung der Gesellschaft

(3) Verpflichtungen aus nidit in der Satzung festgesetzten Verträgen über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sadieinlagen oder Sachübernahmen kann die Gesellschaft nidit übernehmen. (4) Vor der Eintragung der Gesellschaft können Anteilsredite nidit übertragen, Aktien oder Zwischenscheine nidit ausgegeben werden. Die vorher ausgegebenen Aktien oder Zwischenscheine sind nichtig. Für den Schaden aus der Ausgabe sind die Ausgeber den Inhabern als Gesamtschuldner verantwortlich. I. Übersicht (Anm. 1) II. Verhältnis der AG zu der vorher bestehenden Gesellschaft 1. Zusammenhang beider Gesellschaften (Anm. 2) 2. Die einzelnen Theorien (Anm. 3) 3. Eigene Stellungnahme (Anm. 4) I I I . Handeln im Namen der AG 1. Erwerb von Vermögenswerten a) Einlagen und Sachübernahmen (Anm. 5) b) Sonstiger Erwerb (Anm. 6—8) 2. Eingehen von Verbindlichkeiten a) Verpflichtung des Handelnden (Anm. 9—13)

b) Verpflichtung der AG (Anm. 14—16) 3. Fortführung eines Erwerbsgeschäfts (Anm. 17) 4. Einseitige Rechtsgeschäfte (Anm. 18) 5. Dingliche Verfügungen (Anm. 19) IV. Handeln nidit im Namen der AG (Anm. 20 u. 21) V. Unerlaubte Handlungen (Anm. 22) VI. Übertragung von Aktienrechten (Anm. 23) V I I . Aktienausgabe vor Eintragung (Anm. 24) V I I I . Abwicklung der errichteten Gesellschaft (Anm. 25)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt sachlich die Bestimmungen des § 34 AktG 37 unter Verschärfung und Erweiterung der Bestimmungen des Abs. 3 (s. Anm. 5). Satz 1 der Vorschrift stellt den Grundsatz auf, daß die AG als solche, d. h. mit eigener Rechtspersönlichkeit und mit der ihr eigentümlichen Zergliederung der Beteiligung in selbständige, einzelne und untereinander isolierte Mitgliedschaften (Aktienrechte), insbesondere aber mit eigener Rechtsfähigkeit, erst dadurch entsteht, daß sie ins Handelsregister eingetragen (aber nicht erst dadurch, daß die Eintragung bekanntgemacht) wird. Es entsteht die Frage, welche rechtlichen Wirkungen Handlungen für und gegen die Gesellschaft haben, welche in ihren früheren Lebensabschnitten mit Rücksicht auf ihre künftige Entstehung in ihrem Namen vorgenommen worden sind, bevor sie Rechtsfähigkeit erlangt hatte. Dies beantwortet Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 (dieser eingeschränkt durch Abs. 3) nur in einzelnen Beziehungen und sehr lückenhaft. Während das Gesetz die geschäftlichen Belange der künftigen AG in ihrem Zustand vor der Eintragung unter dem Gesichtspunkt 204

Handeln im Namen der Gesellschaft. Verbotene Aktienausgabe

§ 41

Anm. 1,2

einer soliden Gründung eingehend wahrt und regelt, stellt es für die Anfänge ihres werbenden Auftretens in dieser Zeit nur einige wenige Bestimmungen auf, welche den in Satz 1 aufgestellten Grundsatz, daß sie vor der Eintragung ins Handelsregister nicht besteht, teils ergänzen, teils abschwächen Es erheben sich daher in dieser Hinsicht zahlreiche Zweifelsfragen, über welche die Meinungen vielfach weit auseinandergehen. Abs. 4 zieht aus dem Grundsatz, daß die AG als solche erst durch die Eintragung entsteht, mehr oder weniger selbstverständliche Folgerungen für die Übertragung von Anteilsrechten vor der Eintragung. Für Handlungen namens einer zu gründenden ausländischen AG ist die Vorschrift unanwendbar, selbst dann, wenn die Rechtshandlung im Inland vorgenommen worden ist (RG 159, 43); jedoch ist dies zweifelhaft, wenn auf das durch sie begründete Rechtsverhältnis deutsches Recht anzuwenden ist (RG a. a. O.). Über die Rechtsnatur der Vorgesellschaft vgl. § 29 Anm. 4. II. Verhältnis der AG zu der vorher bestehenden Gesellschaft 1. Zusammenhang beider Gesellschaften Anm. 2: Der rechtliche Zusammenhang der durch die Eintragung entstandenen AG mit der bis dahin vorhandenen Gesellschaft wird durch das Gesetz nicht geklärt. Die Meinungen hierüber waren im Schrifttum von jeher geteilt. Die einen leugnen jeden rechtlichen Zusammenhang, die anderen sehen Identität als gegeben an. Die Ergebnisse der verschiedenen Meinungen weichen jedoch nicht allzusehr voneinander ab. Unverkennbar ist der Einschnitt, den die Eintragung macht. Ein neues Rechtswesen entsteht, das vorher nicht vorhanden war; wo Rechte an geleisteten Einlagen und gesellschaftliche Rechte auf die Herbeiführung der Eintragung bestanden hatten, entstehen Aktien. Unverkennbar ist trotzdem der Zusammenhang, auch der rechtliche. Dieser tritt klar in personeller Hinsicht hervor: Mitglieder (Aktionäre) werden die Gründer und nur diese, weil sie alle Aktien übernommen haben müssen (§ 2). Auch die vermögensrechtliche Beteiligung der Mitglieder, nunmehr in Gestalt von Aktien, geht unmittelbar aus ihren vor der Eintragung vollbrachten Einlageleistungen hervor. Doch fehlen klare gesetzliche Vorschriften, welche erschöpfend regeln, ob und wie die eingetragene AG Subjekt des vor der Eintragung begründeten aktiven und passiven Vermögensstandes wird. Nur in einzelnen Beziehungen läßt das Gesetz dies erkennen. Daraus ergeben sich einige Streitfragen, die auch im neuen Aktiengesetz nicht gelöst worden sind. Diese Fragen sind — wie sich aus der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfes ergibt — bewußt offengelassen worden, um die Lösung der Rechtsprechung und dem Schrifttum zu überlassen. 205

§41 Anm. 3,4

Gründung der Gesellschaft

2. Die einzelnen Theorien Anm. 3: In enger Anlehnung an das Vereinsredit ist die sogenannte Einheitstheorie entstanden (vgl. Müller/Erzbach S. 188 ff.; Scholz in GmbH Rundschau 1956, 3 ff.; u. a.). Danach ist die AG die Fortsetzung der Gründergesellschaft, so daß beide Gesellschaften identisch sein sollen. Die Eintragung gibt danach der Gründergesellschaft die Rechtsfähigkeit, die gesellschaftsrechtliche Vereinigung ist aber die gleiche geblieben. Das Reichsgericht (143, 372; 141, 91; 154, 286) und auch der BGH (NJW 55, 1228 für GmbH und AG; Bd. 20, 281 = N J W 56, 946 für Genossenschaft; Bd. 21, 242 = N J W 56, 1435 für GmbH) stehen grundsätzlich auch auf dem Boden der Einheitstheorie, jedoch mit einer erheblichen Einschränkung. Das Reichsgericht und der BGH stellen es auf die Vertretungsmacht der Organe der errichteten Gesellschaft ab. Diese seien lediglich zu solchen Rechtsgeschäften befugt, die für die Entstehung der AG als solche unumgänglich notwendig sind. Alle anderen Rechtsgeschäfte richten sich danach nach den Vorschriften über die Vertretung ohne Vertretungsmacht (§§ 177 ff. BGB). Dieser Ansicht hat sich ein Teil des Schrifttums angeschlossen (von Gierke § 4 1 IV 2; Teichmann/Köhler § 3 4 Anm. 2 und 3; Schl.-Qu. § 3 4 Anm. 2 und 3). Die Gegner der Einheitstheorie lassen sich nicht unter einer einheitlichen Bezeichnung zusammenfassen. Sie lehnen die Einheitstheorie mit dem Hinweis auf Abs. 2 ab. Wenn die AG erst durch eine notwendig erklärte Schuldübernahme Schuldnerin der Verbindlichkeiten wird, die zwar in ihrem Namen, aber vor ihrer Eintragung begründet worden sind, so kann von einer Identität der entstandenen AG und der Gründergesellschaft nicht mehr die Rede sein (Brodmann § 200 HGB Anm. 1 a; Gadow Iher Jahrb. 87, 251 ff.; BaumbachHueck Anm. 1). Eine Anwendung der § 177 ff. BGB scheidet ebenfalls aus, wenn eine Schuldübernahme — also keine Genehmigung — gemäß Abs. 2 zu erfolgen hat. 3. Eigene Stellungnahme Anm. 4: Im Endergebnis weichen die Anhänger der verschiedenen Ansichten nicht wesentlich voneinander ab. Lediglich in der konstruktiven Begründung dieser Ergebnisse liegen grundlegende Unterschiede. Hieraus ergibt sich, daß dem Streit um die Einheitstheorie heute keine Bedeutung mehr zukommt (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 6; Schl.-Qu. § 34 Anm. 2; BaumbachHueck Rn. 2). Nach unserer Meinung ist der Wille des Gesetzgebers aus dem Aktiengesetz selbst zu erforschen, unter Beachtung der Besonderheit der Sachlage und der zu wahrenden öffentlichen und privaten Belange. Man muß sich hier vor Begriffen, insbesondere solchen, welche anderen Rechtsgebieten entnommen sind, und Folgerungen daraus hüten. Es muß vielmehr der Wille des Gesetzgebers auf dem aktienrechtlichen Sondergebiet erforscht und ange206

§ 41 Anm. 4,5 wendet werden. Handelt es sich darum, zu ermitteln, welche Wirkung Rechtshandlungen, die vor der Eintragung der AG vorgenommen worden sind, unmittelbar für die eingetragene AG haben, insbesondere, ob Rechte oder Verpflichtungen unmittelbar für sie vor der Eintragung begründet werden können (siehe hierüber Anm. 14 ff.), ist es durchaus nicht nötig, daß ausgehend von einem Begriff eine einheitliche Antwort gefunden wird. Vielmehr hat das Gesetz erkennbar unterschiedliche Zweckmäßigkeitslösungen gesucht. Rechtsgeschäfte, die im Namen der noch nicht eingetragenen Gesellschaft vorgenommen werden, sind nach der Absicht der Parteien Rechtsgeschäfte der Gesellschaft, so daß, wenn sie eingetragen wird, deren Eigenschaften (z. B. die Kaufmannseigenschaft), nicht die Eigenschaften derjenigen entscheiden, welche das Geschäft vorgenommen haben. Audi bei Warenlieferungen wurde in RG 75, 205 anerkannt, daß sich die Verjährungsfrist nach § 196 II BGB bemißt, weil die Ware für den Gewerbebetrieb der AG bestimmt war (das Urteil ist für eine GmbH ergangen, so daß Sachübernahme von einem Nichtgesellschafter keine Rolle spielte). Handeln im Namen der Gesellschaft. Verbotene Aktienausgabe

m . Handeln im Namen der AG 1. Erwerb von Vermögenswerten a) Einlagen und Sachübernahmen Anm. ß: Daß Rechte für die AG schon vor der Eintragung begründet werden können, welche nach aktienrechtlidien Grundsätzen durch die Eintragung unmittelbar Vermögen der AG werden, ist nicht zweifelhaft. Insbesondere erwirbt die Gesellschaft die Rechte aus den vor ihrer Entstehung ordnungsmäßig in der Satzung festgesetzten Verträgen, aus den Aktienübernahmeerklärungen das Eigentum an den geleisteten Einlagen, die durch deren Einzahlung entstandenen Forderungen gegen Dritte (Banken) durch die Eintragung kraft Gesetzes (RG 87, 249), ohne daß es erforderlich ist, daß der Vorstand dieses Vermögen auf sie überträgt. Dasselbe gilt von den Gegenständen einer Sachübernahme, wenn diese schon vor der Eintragung geleistet war. Dieser gesetzgeberische Wille kommt u. a. zum Ausdruck darin, daß die Bareinlage von vornherein auf Bank- oder Postscheckkonto für die Gesellschaft überwiesen werden kann (§ 54 III). Da der Vorstand gar nicht Gläubiger der Einlageforderung ist und somit nicht Eigentümer des Gegenstandes der Einlage geworden ist, kann er der AG kein Eigentum übertragen. Daß er Vertreter oder Geschäftsführer der Vorgesellschaft wäre, ist nicht erkennbar (vgl. jedoch RG 144, 356; a. A. Kölner Komm. Anm. 17), um so weniger, als er nicht einmal von den Gründern, sondern von dem von den Gründern gewählten Aufsichtsrat bestellt wird, der auch aus dritten Personen bestehen kann und kein Organ der Vorgesellschaft ist. Wenn man entgegen unserer 207

§41 Anm. 5—7

Gründung der Gesellschaft

Auffassung annimmt, die Einlage sei Gesamthandsvermögen der Vorgesellschaft, hat jedenfalls der Vorstand keine Sachbefugnis, sie zu übertragen. Er hat diese'Einlage nur als Vertreter der künftigen AG erhalten, für die er allein bestellt ist und für sie in Empfang genommen. Diese in Vertretung der künftigen AG vorgenommenen Rechtsgeschäfte werden durch die Eintragung kraft Gesetzes für sie wirksam. Auch wer die Einlage nicht an den Vorstand, sondern an die Gründer leistet, denkt nicht daran, diese zu Eigentümern machen zu wollen, auch nicht zu Treuhändern, will vielmehr der künftigen AG Eigentum übertragen. Die Konstruktion der Treuhänderschaft ist deshalb lebensfremd. Audi die Gründer können daher Eigentum nicht erwerben und nicht in die Lage kommen, es der künftigen AG nach ihrer Eintragung weiter zu übertragen. Dies schon deshalb nicht, weil sie mindestens die Bareinlagen vor der Eintragung an den Vorstand als solchen abzuführen haben, da er anderenfalls nicht versichern könnte, daß sie zu seiner freien Verfügung stehen (§ 37). (In welchem Umfange der Aktionär durch Leistungen an die noch nicht eingetragene AG von seiner Verpflichtung nach § 54 frei wird, siehe dort.) b) Sonstiger Erwerb Anm. 6: Dasselbe gilt von allen Rechten, welche für die AG vor der Eintragung begründet werden, auch wenn sie nicht auf Einlage oder Sachübernahme beruhen. Macht man sich von bürgerlich-rechtlichen Vorstellungen frei, so ergibt sich die Richtigkeit dieser Meinung aus dem Gesetz selbst. Denn für eine Reihe von Ansprüchen aus Tatbeständen, welche unerlaubten Handlungen ähneln, ist dies vom Gesetz bestimmt; so ausdrücklidi in sämtlichen Vorschriften über die Haftung der Gründer (§ 46) und gewisser Personen neben ihnen (§§ 47 und 48) — siehe RG 144, 356 —, der Gründungsprüfer ( S $ 49; 168) in Verbindung mit der für diese Haftungen gemeinsamen Vorschrift des § 50. Mit Recht hat darum das Patentamt die Erteilung des Patents unmittelbar für die z. Z. der Patentanmeldung noch nicht eingetragene AG als möglich angesehen (DJZ 1912, 1132), desgl. RG a. a. O. der AG Schadenersatzansprüche aus dem Verhalten eines Gründers vor der Eintragung zuerkannt. Anm. 7: Dies gilt auch, wenn vor der Eintragung namens der AG — insbesondere durch den Vorstand — ein Erwerb gemacht wird, der nicht in der Satzung festgesetzt ist, weil er der Festsetzung in der Satzung nicht bedurfte (Anm. 20 zu § 27). Audi hier erwirbt die AG durch ihre Eintragung entweder den schon an den Vorstand geleisteten Gegenstand oder den Anspruch auf seine noch ausstehende Leistung. Der namens der AG Handelnde besitzt den Anspruch in keinem Stadium, auch nicht den Anspruch auf Leistung an die AG, wohl aber gegenüber seiner Haftung aus Abs. 1 die Einrede des nicht 208

Handeln im Namen der Gesellschaft. Verbotene Aktienausgabe

§ 41 Anm. 7

erfüllten Vertrags oder ein Zurückbehaltungsrecht, solange nicht an die AG geleistet ist. Umgekehrt steht natürlich dem Schuldner des Gegenstandes die Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu, solange weder der nach Abs. 1 Haftende, noch die Gesellschaft aufgrund Sdiuldübernahme (Abs. 2) leistet. Macht er vor oder nach der Eintragung eine Vorausleistung, so hat er nur den Anspruch gegen denjenigen, der namens der AG gehandelt hat oder gegen diese, wenn sie die Schuld gem. Abs. 2 übernimmt. Diese Lösung entspricht den gesetzlichen Bestimmungen und dem Willen der Vertragsschließenden. Beide Parteien wollen letzten Endes der — zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht entstandenen — AG die durch den Vertrag entstandenen Rechte zubilligen, ohne sie jedoch verpflichten zu können. Der Gläubiger muß aber einen Schuldner haben, der ihm durch das Gesetz in dem für die AG Handelnden gegeben wird. Wenn die AG mit der Eintragung in den Genuß der Rechte kommt, die aus dem Vertrag sich ergebenden Verpflichtungen aber nicht im Wege der Schuldübernahme übernimmt, entsteht dem Handelnden dennoch kein unzumutbarer Nachteil, denn ihm bleibt der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die AG, wenn er von dem Gläubiger in Anspruch genommen worden ist. Die von Barz (in Großkomm. Anm. 17) vertretene Auffassung, gegenseitige Verträge könnten nicht derart aufgespalten werden, daß die Begründung von Rechten als Vertrag zugunsten der AG anzusehen sei und damit die AG unmittelbar berechtigt werde, während die Begründung von Verbindlichkeiten die AG nur trifft, wenn sie in diese durch eine Schuldübernahme selbst eintritt, kann nicht überzeugen. Wenn das Gesetz der Einheitstheorie nicht folgt, sondern eine Verpflichtung der AG nur nach Schuldübernahme annimmt, so geschieht das nur deshalb, weil es als der überragende Gesichtspunkt angesehen wird, damit unter keinen Umständen die AG vor ihrer Entstehung von ihren Organen (diese bestehen vor der Eintragung der AG als solche noch nicht) nicht in unkontrollierte Verbindlichkeiten verstrickt wird. Die Vertreter der Gegenmeinung, Barz a. a. O., Teichmann/Köhler (Anm. 5 a), Heim (ZGHR 108, 267), B.-H. (Rn. 4) u. a., wollen den Eintritt der AG in die in ihrem Namen begründeten Rechte nur unter entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Vertretung ohne Vertretungsmacht (§§ 177 ff. BGB) erfolgen lassen. Sie verkennen, daß der Gesetzgeber davon ausgeht, daß der im Namen der AG Handelnde Schuldner wird. Dies ergibt sich eindeutig aus Abs. 2, wonach die Schuldübernahme in einem Vertrag zwischen AG und Schuldner — also dem Handelnden — zu erfolgen hat. Der falsus procurator wird jedoch erst Schuldner, wenn der Vertretene den Vertrag nicht genehmigt und der Gläubiger von dem falsus procurator Erfüllung verlangt. Da der Handelnde jedoch bereits mit Vertragsabschluß Schuldner wird, kommt die Anwendung der §§ 177 ff. BGB begrifflich nicht in Frage. Darüber hinaus ist hier der Tatbestand grundverschieden von dem bürgerlich209

§ 41 Anm. 7,8

Gründung der Gesellschaft

rechtlichen Tatbestand der Vertretung ohne Vertretungsmacht. Der Vorstand einer nodi nicht eingetragenen AG ist — anders als der machtlose Vertreter — zum gesetzlichen Vertreter bestellt, also zur Vertretung befugt, während aber der Vertretene noch nicht existiert, den er vertreten will; es fehlt nicht an der Vertretungsmacht, sondern — vorläufig — am Vertretenen. Der Fall ähnelt vielmehr der Vertretung einer ungeborenen Leibesfrucht nach § 1912 BGB. Niemand wird sagen, daß die Eltern als gesetzliche Vertreter der Leibesfrucht Vertreter ohne Vertretungsmacht seien, aber sie können sie nur vertreten im Rahmen des § 1912, nämlich soweit ihre künftigen Rechte einer Fürsorge bedürfen. In diesem Umfang ist er nicht Vertreter ohne Vertretungsmacht; überschreitet er aber diesen Rahmen, ist sein Geschäft ein Nullum. Hält man die Vertretung eines noch nicht Bestehenden überhaupt für möglich, so ist es nicht einzusehen, warum der vom Aufsichtsrat zum Vertreter bestellte Vorstand ein Vertreter ohne Vertretungsmacht sein soll. Wir halten es auch für unzulässig, auf die Geschäfte, welche vor Eintragung der AG in ihrem Namen abgeschlossen werden, die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Geschäftsführung ohne Auftrag heranzuziehen, um auf diesem Umweg zum Ziel zu gelangen, daß praktisch die AG doch die vor der Eintragung eingegangenen Geschäfte (insbesondere Verpflichtungen) nicht nach freiem Entschluß ablehnen kann, sondern anerkennen muß, wenn sie ihrem mutmaßlichen Willen entsprochen haben. Dies widerspricht dem der Vorschrift zugrunde liegenden Zweckgedanken, daß die Gesellschaft vor ihrer Eintragung eben nicht mit einer Vorgeschichte belastet werden soll. Auch ist nicht einzusehen, warum es möglich sein soll, für eine noch nicht bestehende Persönlichkeit Geschäfte ihrem (mutmaßlichen) Willen entsprechend zu führen, wenn es nicht möglich ist, sie im Willen zu vertreten. Anm. 8: Wenn Entstehung oder Erwerb des Rechts die Eintragung im Grundbuch voraussetzt, ist natürlich der Rechtserwerb der AG nicht vor der Eintragung im Grundbuch möglich. Dieser aber muß die Eintragung der AG im Handelsregister vorausgehen, so daß in diesem Fall letztere mit dem Rechtserwerb der AG nicht zusammenfallen kann. Eine der AG vor ihrer Eintragung im Handelsregister unter Übergabe des Briefes abgetretene Briefhypothek oder Grundschuld erwirbt sie sonach mit der Eintragung ins Handelsregister ohne weiteres. Eine ihr abgetretene Buchhypothek oder Grundschuld oder das Eigentum an einem Grundstück oder ein ihr neu bestelltes Recht an einem Grundstück erwirbt sie erst durch die ihrer Eintragung ins Handelsregister nachfolgenden Eintragung des Rechts bzw. Rechtserwerbs im Grundbuch. Dies gilt, wenn das Recht unmittelbar für die AG auf ihren Namen erworben (z. B. das Grundstück auf sie aufgelassen) worden ist. War aber im Einverständnis mit dem Veräußerer das Recht auf den Namen eines Vorstandsmitglieds oder eines Gründers erworben worden, so wird natürlich 210

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§ 41 Anm.8,9 nadi der Eintragung der AG eine Rechtsübertragung auf sie notwendig; eine bloße Grundbuchberichtigung kommt hier nicht in Frage, weil eben der Erwerb nicht namens der AG, sondern von einer Zwischenperson gemadit war. Dies übersieht offenbar Gadow in Jher. Jahrb. 87,245. 2. Eingehen von Verbindlichkeiten a) Verpflichtung des Handelnden Anm. 9: Für Verbindlichkeiten aus vor der Eintragung der Gesellschaft in deren Namen vorgenommenen Rechtsgeschäften haften der Gegenpartei nur die Handelnden, nicht auch die AG, und zwar mehrere als Gesamtschuldner. Die Handelnden sind nicht nur die unmittelbar Tätigwerdenden, sondern alle, mit deren Einwilligung und Einverständnis gehandelt wird (RG 55, 302; BGH in NJW 61,1016; vergl. Riedel in NJW 66,1004; BGH in Lind.Möhr. § 11 GmbHG Nr. 6). Dies braucht nicht die Gründergesellschaft als solche zu sein. Das Einverständnis muß sich aber auf die spezielle Handlung beziehen. Die allgemeine Einwilligung in die Eröffnung des Geschäftsbetriebes löst eine Haftung noch nicht aus (BGH in BB 67, 348; B.-H. Rn. 5; a. A. unter Einfluß der früher weitergehenden Reditspr. des BGH Reinecke in Die AktGes 62, 69 f.; Riedel-Rabe in NJW 68, 873 ff.; BSG in NJW 67, 2031). Es ist durchaus möglich, daß der Vorstand in diesem Lebensabschnitt der Gesellschaft für die Gründergesellschaft, z. B. Miet- oder Anstellungsverträge, Käufe oder Verkäufe abschließt; doch wird vielfach die Einwilligung der Gründer vorliegen. Eine nur nachträgliche Genehmigung genügt nicht (RG 70, 296; RAG in JW 1930, 3790; OLG Stettin in JW 1924, 214). Auf den Lebensabschnitt der Gesellschaft kommt es nicht an. Das Reichsgericht hat in RG 122, 174 und 151, 91 die Haftung der Handelnden in einem Falle angenommen, in welchem schon vor Abschluß des Gesellschaftsvertrages gehandelt worden war. Immerhin soll nach dieser Entscheidung die Gesellschaft schon im Keim vorhanden sein. Unerheblich ist die Kenntnis der Gegenseite davon, ob die Gesellschaft eingetragen ist oder nicht (BGH in Lind.-Möhr. § 11 GmbHG Nr. 10; B.-H. Rn. 5), doch kann durch Vereinbarung die Haftung ausgeschlossen werden, auch von der Gegenseite kann darauf verzichtet werden. Auch kann die künftige Eintragung und Übernahme durch die AG zur Bedingung des Geschäfts gemacht werden; jedodi ist eine derartige Vereinbarung auch dann als eine stillschweigende nicht zu unterstellen, wenn die Gegenseite weiß, daß die Gesellschaft nocht nicht eingetragen ist, wenigstens nicht regelmäßig, denn in der Mehrzahl der Fälle wird die Gegenseite sich auf einen Schwebezustand gar nicht einlassen können (man denke an Vorverkäufe namens der AG, die, namentlich wenn sie ein Erwerbsgeschäft übernimmt, doch eine große Rolle spielen). 211

Gründung der Gesellschaft §41 Anm. 10,11 Anm. 10: Die Haftung des Handelnden für Verbindlichkeiten, welche namens der AG vor ihrer Eintragung eingegangen worden sind, besteht nadi der Rechtsprechung des Reichsgerichts und Bundesgerichtshofes neben derjenigen der AG weiter, wenn diese nach ihrer Eintragung in das Geschäft eintritt (BGH in Lind.-Möhr. § 11 GmbHG Nr. 6). Der Haftende hat die Einrede, die der AG zustehen würde, insbesondere des nichterfüllten Vertrages, der bedungenen Vorausleistungen des Vertragsgegners, des Zurückbehaltungsrechts. Ebenso dürfte er auch Einwendungen, welche sich gegen den Bestand des Vertrages richten, z. B. der geänderten Geschäftsgrundlage, geltend machen können, auch wenn die AG selbst am Vertrag festgehalten und etwa die Leistung empfangen hat. Vereinbarungen zwischen AG und Gläubiger, welche die Verpflichtungen des letzteren ändern, ohne die Gegenleistung zu betreifen, berühren die Haftung nicht, es sei denn, daß es sich um Aufhebung des alten und Abschluß eines neuen Vertrages handelt. Es ist selbstverständlich, daß die AG nach ihrer Eintragung jederzeit durch Vertrag mit dem Gläubiger sowohl neben dem bisher Haftenden als auch mit befreiender Wirkung an seine Stelle treten kann. Anm. 11: § 41 II läßt außerdem eine befreiende Schuldübernahme auch durch Vertrag zwischen der AG und demjenigen zu, der in ihrem Namen für sie gehandelt hat und haftet, und zwar durch bloße Mitteilung an den Gläubiger, ohne daß seine Genehmigung zu diesem Schuldneraustausch erforderlich wäre. Um eine Schuldübernahme im Sinne des BGB handelt es sich nicht, nicht nur weil letzteres immer einen neuen Vertrag mit dem Gläubiger oder doch dessen Genehmigung verlangt, sondern auch, weil der Sachverhalt hier anders ist als das BGB voraussetzt. Bei der Schuldübernahme im bürgerlichrechtlichen Sinne ist die zu übernehmende Schuld im Namen des ursprünglichen Schuldners eingegangen worden. Darum ist dessen Ausscheiden aus dem Rechtsverhältnis ohne Genehmigung des Gläubigers undenkbar. Dagegen ist hier der Handelnde gegen seinen (und auch des Gläubigers) Willen aufgrund Gesetzes Schuldner an Stelle der AG geworden, in deren Namen von ihm gehandelt worden war. Weil von vornherein im Einverständnis mit dem Gläubiger in ihrem Namen gehandelt worden war, geschieht diesem kein Unredit, wenn der Schuldner ohne seine Genehmigung wechselt. Dies gilt aber nur, wenn die AG in den ersten drei Monaten nach ihrer Eintragung „übernimmt" (richtiger: anerkennt) und die Schuldübernahme dem Gläubiger noch innerhalb derselben Frist von der AG oder dem früheren Schuldner mitgeteilt wird. Eine Verpflichtung zu dieser Schuldübernahme besteht nicht (a. A. B.-H. Rn. 5 mit weiteren Literaturangaben unter Bezugnahme auf Geschäftsführung ohne Auftrag, was u. E. nicht zulässig ist — s. Anm. 7). Sie kann in jeder Form mitgeteilt werden, die dem Gläubiger erkennbar 212

Handeln im Namen der Gesellschaft. Verbotene Aktienausgabe § 41 Anm. 11—14 macht, daß die AG die Schuld übernehme und das Geschäft für sich gelten lassen wolle. Nach Ablauf der Frist von 3 Monaten ist zur Schuldübernahme, zur befreienden sowohl als auch zur häufenden, die Genehmigung des Gläubigers erforderlidi. Warum ein Vertrag mit dem Haftenden und damit seine Zustimmung zur Schuldübernahme erforderlich ist, da er auch von vornherein im Namen der AG gehandelt und zu erkennen gegeben hat, daß nach seinem Willen diese und nicht er Schuldner werden solle, ist nicht ersichtlich. Aber § 41 schreibt ausdrücklich vor, daß zur Schuldübernahme ohne Befragung des Gläubigers in den ersten drei Monaten nach Eintragung ein Vertrag mit dem bis dahin Haftenden erforderlich sei. Wie die Schuldübernahme formlos auch durch schlüssige Handlungen mitgeteilt werden kann, können auch die zur Vereinbarung mit dem zunächst Haftenden erforderlichen beiderseitigen Willenserklärungen in schlüssigem Verhalten liegen, selbst in Stillschweigen, wenn dieses sidi als schlüssig darstellt. Die Vereinbarung ist, wenn der Vorstand selbst von der Schuld befreit werden soll, weil er es war, der im Namen der AG gehandelt hat, zwischen ihm und dem Aufsichtsrat (§ 112, für den schlüssiges Verhalten ausscheidet, der vielmehr Beschluß fassen muß) zu schließen. Eine Vertretung der Gesellschaft durch andere Vorstandsmitglieder oder Prokuristen ist durch die Neufassung des § 112 (§ 97 AktG 37) nicht mehr möglich (s. Anm. 2 zu § 112). Anm. 12: Hat der Aufsichtsrat im Namen der Gesellschaft einen Vertrag mit dem Gesamtvorstand abgeschlossen, so ist es der Aufsichtsrat selbst, der haftet, weil bei solchen Verträgen nur er die AG vertreten kann. Der Aufsiditsrat kann sich aber nicht selbst von der Haftung befreien, so daß nichts anderes übrig bleibt, als derartige Verträge nach Eintragung der Gesellschaft neu abzuschließen. Anm. 13: Besonderes gilt für die Bestellung des Vorstands. Diese wird mit Eintragung der Gesellschaft ohne weiteres wirksam. Laut ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmungen (§ 30) hat der Aufsichtsrat den ersten Vorstand zu bestellen, und zwar vor der Eintragung der Gesellschaft. Dieser Vorstand soll zu diesem Zeitpunkt für die eingetragene Gesellschaft gelten und muß daher mit der Eintragung wirksam werden. Die Tatsache, daß Abs. 1 Satz 2 keinen Vorbehalt hinsichtlich der notwendigen Verpflichtungen macht, spricht nicht gegen diese Ansicht. Die Vorschrift des § 30 schreibt die Bestellung vor der Eintragung vor, ohne eine Einschränkung hinsichtlich der Vorschrift des § 41 zu machen. Sie ist daher als Ausnahmevorschrift anzusehen. b) Verpflichtung der AG Anm. 14: Verpflichtungen der Gesellschaft können im Rahmen der §§ 26, 27, aber keineswegs allgemein in der Satzung mit der Folge festgesetzt werden, 213

§41 Anm. 14,15

Gründung der Gesellschaft

daß sie die AG ohne weiteres belasten. Regelmäßig wird, von den Fällen der §§ 26, 27 abgesehen, die AG von Verpfliditungen, die vor ihrer Eintragung in ihrem Namen eingegangen sind, nur belastet, wenn sie diese nach ihrer Eintragung übernimmt. Wir sehen diesen Grundsatz in Abs. 1 ausgedrückt und in den §§ 26, 27 nicht nur beispielhafte Anwendungsfälle eines abweichenden Grundsatzes, vielmehr Ausnahmen von dem Grundsatz des Abs. 1, für welche außerdem noch die besondere Vorschrift besteht, daß sie in der Satzung festgesetzt werden müssen. Der Fall liegt hier nach rechtspolitischen Erwägungen ganz anders, als wenn Rechte für die AG begründet werden sollen. Daß bei der Sacheinlage und Sachübernahme gleichzeitig Verpflichtungen gegen Dritte mit übernommen werden können, welche damit in Verbindung stehen, wird allerdings aufgrund dieser Vorschriften anzunehmen sein. Darum wird unter entsprechender Festsetzung in der Satzung ein Grundstück mit der Hypothekenlast, ein Erwerbsgeschäft mit den bestehenden und bis zur Eintragung noch entstehenden Verpflichtungen aus dem laufenden Geschäftsbetrieb übernommen werden können. Über die Möglichkeit, den Übergang der Schuld schon vor der Eintragung nach § 25 HGB auszuschließen, s. RG 131, 307. Das folgt aus dem Zweck jener Vorschriften, wie bei der Sachübernahme selbstverständlich ist und sich bei der Sacheinlage daraus ergibt, daß die Übernahme solcher Verpflichtungen der AG sich als Gegenleistung darstellt, die den Charakter des Geschäftes ändert und es zu einer gemischten Sacheinlage und Sachübernahme macht. Darum darf dies nicht zu Verallgemeinerungen und zu begrifflichen Ableitungen verführen. Vor letzteren muß man sich bei Fragen, die sich aus dem Gründungszustand ergeben, ohnedies besonders hüten. Die Festsetzung von Verpflichtungen für die AG ist, von diesen beiden Ausnahmefällen abgesehen, im Zustand vor der Eintragung daher auch durch Festsetzung im Gesellschaftsvertrag nicht möglich. Die hier vertretene Ansicht kann sidi auch darauf berufen, daß es angesidits der Ausführlichkeit des § 41 auffallen würde, wenn die grundsätzliche Zulässigkeit, Verpflichtungen in der Satzung zu begründen, nicht in § 26 und § 27 ausgesprochen wäre, wenn sie bestünde. Es ist sonach nicht möglich, vor der Eintragung der AG in ihrem Namen verbindlich für sie ein Darlehen oder einen Bankkredit aufzunehmen, Obligationen auszugeben, Grundschulden zu bestellen, Dienst- oder Lieferungsverpflichtungen einzugehen (ebenso Scholz in JW 38, 3152); derartige Verpflichtungen können für die AG lediglich durch Schuldübernahme nach Abs. 2 verbindlich werden. Anm. 15: Wird die Gesellschaft als AG nicht eingetragen, so ging die Geschäftsführung für Rechnung der Vorgesellschaft (errichtete Gesellschaft); es ist auch möglich, daß der Vorstand die Geschäfte im Namen der AG und aufgrund erteilter Vollmacht zugleich im Namen der Mitglieder der Vor214

Handeln im Namen der Gesellschaft. Verbotene Aktienausgabe § 41 Anm. 15—17 gesellschaft (Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen) führt. Anm. 16: Bei Sacheinlagen scheidet die Möglichkeit einer Schuldübernahme der AG aus, da keine Schulden entstehen. Sie ist ein Teil des Gründungsgeschäfts. Der Einleger erwirbt keine Forderung, sondern eine Beteiligung, die natürlich niemand an Stelle der AG gewähren und für die niemand haften kann, weil kein Dritter diese Haftung erfüllen könnte. Der Zweck der besonderen Vorschrift des Absatzes 3 war deshalb im bisherigen Schrifttum umstritten. Nach der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf besteht er darin, eine Umgehung der Vorschrift über die Sachgründung und die Nachgründung zu verhindern. Die Bestimmung ist gegenüber dem bisherigen Wortlaut neu gefaßt. Es ist nunmehr klargestellt, daß sie sich nur auf Verpflichtungen aus nicht in der Satzung festgesetzten Verträgen über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sadieinlage oder Sachübernahme bezieht. Sie besagt, daß die Gesellschaft nicht oder nicht ordnungsgemäß in der Satzung festgesetzte Sacheinlagen oder Sachübernahmen nicht durch Vertrag mit einem Dritten übernehmen kann. Weiterhin wird die Bestimmung neu auf den Gründungsaufwand erstreckt und damit eine bisher bestehende Streitfrage geklärt. 3. Fortführung eines Erwerbsgescbäfls Anm. 17: Ein besonderes juristisches Problem ist die Fortführung eines Erwerbsgesdiäftes namens der AG vor ihrer Eintragung. Das Gesetz geht davon aus, daß die Bargründung der Regelfall sei. In Wirklichkeit ist jedoch die Gründung einer AG mit Sacheinlage durch Einbringung eines bestehenden Unternehmens der am häufigsten vorkommende Fall. § 41 enthält keine Bestimmung für die Führung des zu übernehmenden Unternehmens namens der AG vor Eintragung. Zweifellos können im Handelsregister zwischenzeitlich die Vorstandsmitglieder oder Gründer als Inhaber eingetragen werden (oder letztere eingetragen bleiben). Aber dies ist nicht praktisch, mitunter unerwünscht, entspricht auch nicht der durch die Übergabe des Unternehmens hergestellten Sachlage. Denn es wird übergeben, um einen Einbringungs- oder Übernahmevertrag gegenüber der AG zu erfüllen, also nicht den Vorstandsmitgliedern oder Gründern persönlich oder als Treuhänder, sondern der künftigen AG. Darum kann auch im Innenverhältnis nicht eine offene Handelsgesellschaft angenommen werden (a. A. OLG Frankfurt in NJW 48, 429 und Paul in NJW 1948, 416). Jede andere Annahme tut den Dingen Gewalt an. Die Gründergesellschaft als solche würde nicht ins Handelsregister eingetragen werden können. Auch kommt die Annahme der Übergabe an die Gründergesellschaft der wirklichen Parteiabsicht vor Eintragung der AG nicht näher, als die Annahme der Übergabe an die einzelnen Vorstandsmit215

§41

Anm. 17

Gründung der Gesellsdiaft

glieder oder Gründer persönlich. Ebensowenig kann die ins Handelsregister noch nidit eingetragene AG selbst als Inhaber des Unternehmens eingetragen werden. Trotzdem kann u. E. bei ordnungsmäßiger Festsetzung der Sacheinlage oder Sadiübernahme in der Satzung im Rahmen des § 41 das Geschäft schon vor Eintragung der AG in ihrem Namen geführt werden. Zwar bleibt zunächst der bisherige Inhaber als solcher im Handelsregister eingetragen; er kann sich gegen die Haftung der Geschäftsführung nach außen, die im Innenverhältnis ihm gegenüber die AG aufgrund des Einbringungs-(Übernahme-) Vertrags und der Festsetzung gemäß § 27 zu tragen hat, im Hinblick auf § 15 H G B durdi Rundschreiben an die Kunden, Lieferanten, Banken usw. schützen. Die bisherigen Prokuren erlöschen, denn für die AG bestehen sie noch nicht, im Namen des bisherigen Inhabers aber, der sie erteilt hat und kraft ihrer vertreten werden sollte, soll nicht mehr gehandelt werden. Das Vermögen, welches zu dem Unternehmen gehört, das gemäß einer Festsetzung nach § 27 eingelegt oder übernommen werden soll und vor der Eintragung übergeben wird, erwirbt die AG mit der Eintragung ins Handelsregister von selbst (vgl. R G 87, 249), unter der selbstverständlichen Voraussetzung, daß alle zu ihrer (Einzel-)Rechtsnachfolge erforderlichen Rechtsakte vorgenommen worden sind. Verfügungen über dieses Vermögen, z. B. Verkäufe vom Lager, sind wirksam, wenn diese nach der Eintragung (ausdrücklich oder schlüssig) genehmigt werden (s. Anm. 20); der Handelnde hat dies zu gewährleisten. Forderungen oder sonstige Vermögensstücke, welche an die Stelle so veräußerter Vermögensgegenstände getreten und in ihrem Namen erworben sind, erwirbt sie ohne weiteres mit ihrer Eintragung ins Handelsregister. Verpflichtungen, welche bei der Übergabe vorhanden waren, belasten die AG, wenn die Übernahme in der Satzung festgesetzt ist. Für Verpflichtungen, welche nach der Übergabe in ihrem Namen neu eingegangen worden sind, sei es aus Verkäufen oder Einkäufen, Anstellungs- oder Dienstleistungsverträgen, haftet sie nur, wenn sie diese nach der Eintragung übernimmt, im übrigen haftet der Handelnde. Auf diese Weise und mit dieser Maßgabe können namens der AG Rohstoffe gekauft werden, ohne daß nach Abs. 3 oder § 27 eine Sachübernahme infrage käme, welche in der Satzung festgesetzt werden muß. Es kann eine Mühle, die im Frühjahr gegründet wird, aus der zu erwartenden Ernte Termingetreide kaufen. Es kann eine Reifenfabrik, welche im Herbst gegründet wird, vor ihrer Eintragung Orders annehmen, welche zu Beginn der Saison im Frühjahr zu erfüllen sind, ja ihre Produktion für diesen Zeitpunkt ausverkaufen und den dazu benötigten Rohgummi per sofort oder Termin eindecken. Einseitige Rechtsgeschäfte sind wirksam, wenn sie nach der Eintragung genehmigt werden (s. Anm. 19); es kann also, wenn bei einem eingebrachten Handelsunternehmen, das nach der Festsetzung gem. § 27 in der Satzung mit alten laufenden Dienstverträgen übernommen wird, in die hier behandelte Übergangszeit ein Zeitpunkt fällt, 216

Handeln im Namen der Gesellschaft. Verbotene Aktienausgabe § 41 Anm. 17,18 in welchem ein langjähriger Anstellungsvertrag gekündigt werden muß, wenn er sich nicht ohne weiteres um Jahre verlängern soll, die Kündigung namens der AG ausgesprochen werden. Natürlich ist auch die Führung für Rechnung der AG in einem fremden Namen (des bisherigen Inhabers, eines Gründers oder Vorstandsmitgliedes) denkbar. Dann entstehen für die AG zunächst nur schuldrechtliche Beziehungen, welche nach ihrer Eintragung ins Handelsregister durch Übertragung der erworbenen Rechte auf sie und durdi Übernahme der eingegangenen Verpflichtungen durch sie zu verwirklichen sind. Die AG ist aber nicht dazu verpflichtet, audi nicht nach den Regeln über auftragslose Geschäftsführung, und audi nicht dazu, Verfügungen zu genehmigen, welche über ihr gehörige Vermögensstücke im fremden Namen getroffen worden sind. Die von Paul a. a. O. befürwortete Anwendbarkeit der Vorschriften über die oHG (z. B. des § 142 HGB) auf das Innenverhältnis (ähnlidi für die GmbH im Vorstadium OLG Frankfurt/M. in NJW 48, 429) ist mit der Ansicht, daß die errichtete Gesellschaft mit der Aktiengesellschaft identisch ist — die Paul teilt —, nicht vereinbar, im besonderen nicht die Möglichkeit des Anschlusses, etwa gar des Gründers, der das Unternehmen einbringt, denn die Eigenschaften der Mitaktionäre interessieren die Aktionäre nicht. Ihre Interessen werden genügend gewahrt werden durdi die Veräußerlichkeit ihrer Aktien. 4. Einseitige Rechtsgeschäfte Anm. 18: Auch einseitige Rechtsgeschäfte können vor Eintragung der AG ins Handelsregister mit sofortiger Wirkung weder von ihr noch ihr gegenüber vorgenommen werden, soweit nicht im Aktiengesetz vorgesehen ist, daß sie in diesem Stand ihrer Entwicklung möglich sind (z. B. Widerruf einer Wahl oder Bestellung). Wenngleich es im allgemeinen eine Genehmigung einseitiger Rechtsgeschäfte nicht gibt (vgl. § 180 BGB), so läßt sich doch nicht sagen, das sei denkgesetzlidi ausgeschlossen. Man wird daher, wenn namens einer nodi nicht ins Handelsregister eingetragenen AG ein einseitiges Rechtsgeschäft vor- oder entgegengenommen wird, audi hier Genehmigung nach Eintragung zulassen können, deren Wirksamkeit bis zur Eintragung der AG ins Handelsregister zurückreicht. Problematisch ist freilich das Zugehen einer an die AG gerichteten Erklärung vor ihrer Eintragung, wenn ihr Empfänger sie nicht namens der AG empfangen will; und kann in einem soldien Fall die AG das Zugehen genehmigen? Frühestens geht ihr die Erklärung nadi ihrer Eintragung zu, wenn entweder der Empfänger jetzt Vertreter ist oder wenn nur für sie die Möglichkeit besteht, davon Kenntnis zu nehmen. Die Haftung des Handelnden besteht auch hier darin, daß er Gewähr dafür zu leisten hat, daß die AG die namens ihrer von ihm vorgenommenen Rechtshandlungen gelten läßt. 217

Gründung der Gesellschaft §41 Anm. 19 5. Dingliche Verfügungen Anm. 19: Audi dingliche Verfügungen im Namen der AG über Vermögen, das sie mit der Eintragung aufgrund einer vor dieser stattgehabten Übertragung auf sie erwirbt, sind denkbar. Es fragt sich: a) ob diese Verfügungen nach der Eintragung wiederholt werden müssen, ähnlich wie nach Abs. 2 eine Vereinbarung gefordert wird, oder ob eine Genehmigung der Verfügung genügt. Es sind zwei Gesichtspunkte festzuhalten. Die AG erwirbt das Recht selbst erst mit ihrer Eintragung ins Handelsregister; bis dahin besteht ein Zwischenzustand, in welchem der Veräußerer noch als Berechtigter ausgewiesen ist. Bis zu ihrer Eintragung ist also die noch nicht bestehende AG nicht berechtigt und die in ihrem Namen vorgenommene Verfügung die Verfügung eines Nichtberechtigten. Als solche wird die Verfügung nach § 185 BGB durch die Eintragung der AG ins Handelsregister wirksam. Dieser Gesichtspunkt betrifft die Sachbefugnis. Außerdem besteht aber die AG bis zur Eintragung nicht. Sie kann also — nach aktienrechtlichen Gesichtspunkten — bis dahin auch nicht vertreten werden, weder durch einen Vertreter mit noch ohne Vertretungsmacht. Der Rechtshandlung eines Vertreters haftet also (von deren vorläufigem Mangel der Sachbefugnis abgesehen) ein Mangel an. Dieser Gesichtspunkt betrifft die Rechtshandlung als solche. Man kann die Verfügung des Handelnden aber nicht als eine Verfügung ansehen, welche durch ihn als einen sachlich Unberechtigten vorgenommen wäre, weil er nicht im eigenen Namen handelt (dies übersehen Teichmann/ Köhler), vielmehr im Namen der erst durch ihre Eintragung sachberechtigten AG gehandelt wird. Man hat es mit einem aktienrechtlichen Sondertatbestand zu tun. Wir sind der Meinung, daß unter diesem Gesichtspunkt die Verfügung durch eine nach der Eintragung (ausdrücklich oder nur schlüssig) erklärte Genehmigung der AG wirksam wird, also eine Wiederholung der Verfügung nicht erforderlich ist. Diese Genehmigung wirkt aber nur bis zu dem Zeitpunkt der Eintragung zurück, weil die AG bis dahin selbst nicht berechtigt war und deshalb ihre Genehmigung unter dem Gesichtspunkt des Erwerbs der AG nach § 185 BGB nicht weiter zurückwirken kann. Es besteht kein Bedenken anzunehmen, daß die AG ihre Genehmigung sowohl gegenüber dem Handelnden als auch dem Geschäftsgegner erklären kann. Gehört der Handelnde dem Vorstand an, so kann wegen § 181 BGB ihm gegenüber die Erklärung nur durch den Aufsichtsrat abgegeben werden (§ 112). Die Frage ist, ob die Vorstandsperson, die gehandelt hat, gegenüber dem Geschäftsgegner die Verfügung selbst genehmigen kann. § 181 BGB steht nicht im Wege. Da der Aufsichtsrat gegenüber dem Dritten keinesfalls die AG vertreten kann, so wäre unter Umständen die Genehmigung durch Erklärung gegenüber dem Geschäftsgegner überhaupt nicht möglich, wenn man die Genehmigung durch die Vorstandsperson selbst nicht zuließe, etwa weil sie sich dadurch von ihrer 218

Handeln im Namen der Gesellschaft. Verbotene Aktienausgabe § 41 Anm. 19,20 Haftung befreit. Doch halten wir diese Bedenken schon um deswillen nicht für durchgreifend, weil die Vorstandsperson nur ihre Haftung gegenüber dem Geschäftsgegner mit einer Haftung gegenüber der AG vertauscht (§ 93). Die Verfügung kann bewegliche, auch verbrauchbare Sachen (z. B. Waren) betreffen, welche im Zeitpunkt der Genehmigung u. U. nicht mehr vorhanden sind. Das tut der Möglichkeit der Genehmigung der Verfügung ebensowenig Abbruch, wie deren rechtliche Bedeutung, daß die Verfügung wirksam wird und daß der Handelnde seiner Haftung nach Abs. 1 ledig wird. Betraf die Verfügung unbewegliche Sachen oder Rechte an solchen, so genügt gleichfalls die Genehmigung, aber sie muß hier, wenn eine Eintragung im Grundbuch herbeigeführt werden muß, öffentlich beglaubigt sein. Vollzog sich der Rechtserwerb der AG selbst erst durch ihrer Eintragung ins Handelsregister notwendig nachfolgende Eintragung im Grundbuch, so kann auch ihre Verfügung frühestens in diesem Zeitpunkt wirksam werden, auch wenn sie diese schon unmittelbar nach ihrer Eintragung ins Handelsregister genehmigt. Auch die nach § 19 GBO erforderliche formelle Eintragungsbewilligung bedarf, wenn vor der Eintragung der AG ins Handelsregister in deren Namen erklärt, ihrer Genehmigung nach ihrer Eintragung, die ihrerseits der für den Grundbuchverkehr erforderlichen Form bedürfen. Die Genehmigung der Eintragungsbewilligung kommt praktisch ihrer Wiederholung gleich. Mit der notariellen Genehmigung nach der Eintragung ins Handelsregister wird also immer auch die formelle Eintragungsbewilligung zu verbinden sein. Beide sind aber auseinanderzuhalten. Die formlose materielle Genehmigung gibt den klagbaren (Grundbudiberichtigungs-)Anspruch auf Erteilung der formellen Eintragungsbewilligung. b) Auch bei Verfügungen namens der AG vor ihrer Eintragung ins Handelsregister haftet der Handelnde. Seine Haftung besteht in der Gewährleistung dafür, daß die AG nach ihrer Eintragung die Verfügung (ausdrücklich oder schlüssig) gelten lassen, d. h. genehmigen wird. IV. Handeln nidit im Namen der AG Anm. 20: Vom Handeln im Namen der Gesellschaft vor der Eintragimg sind auszuscheiden Rechtshandlungen, welche nicht im Namen der AG, sondern des Handelnden selbst (etwa eines künftigen Vorstandsmitgliedes oder eines Gründers oder der Gesamtheit der Gründer) vorgenommen werden. Für diese kann nicht fraglich werden, daß sie diejenigen verpflichten und berechtigen, in deren Namen gehandelt worden ist. Wird im Namen der Gründungsgesellschaft als solcher (nicht eines einzelnen Gründers) gehandelt, so kann ihre Haftung vertraglich auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt werden. Diese Beschränkung kann sich auch aus der Vollmacht des Handelnden ergeben. Ob die Gründungsgesellschaft Vermögen hat, dürfte freilich meist fraglidi sein, da ihr die Einlagen nicht gehören. Gibt der Handelnde nicht zu erkennen, 219

§41 Anm. 20—23

Gründung der Gesellschaft

daß ihm der Wille fehlt, im eigenen Namen zu handeln, so haftet er persönlich (§ 164 II BGB). Auszuscheiden sind auch die Verträge, -wenn sie nicht zwischen der AG und einem Dritten, sondern zwischen ihr und einem Gesellschafter als solchem gelten sollen; für solche ist die Satzung der einzige Platz (RG 105,134). Anm. 21: Werden auf den Namen des Handelnden Vermögensgegenstände erworben, so bedarf es natürlich auch eines Übertragungsgeschäfts. Ein Anspruch der AG, die Übertragung zu verlangen, besteht dann ebensowenig, wie eine Verpflichtung, das vorausgegangene Erwerbsgeschäft als für ihre Rechnung gemacht gelten zu lassen. V. Unerlaubte Handlungen Anm. 22: Das Reichsgericht hat in RG 151, 86 und 154, 286 angenommen, daß die AG nach ihrer Eintragung nicht nur Verpflichtungen aus unerlaubten Handlungen der Gründer gem. § 415 BGB übernehmen, sondern sogar sich unerlaubte Handlungen der Gründer zu eigen machen und daraus schadenersatzpflichtig werden könne. Von einem solchen Verhalten nach ihrer Eintragung abgesehen, haftet die AG aber für unerlaubte Handlungen der Gründer, ihrer eigenen Organe, namentlich des Vorstandes, vor ihrer Eintragung nicht. Es ist daher auch nicht möglich, sich gegenüber der AG auf mitwirkendes Verschulden des Vorstandes zu berufen, wenn er vor der Eintragung gehandelt hat. VI. Übertragung von Aktienrechten Anm. 23: Die Übertragung von Aktienrechten vor der Eintragung in dem Sinne, daß der Erwerber durch den Übergangsakt an die Stelle des Gründers treten und Anteile erwerben könnte, die jener selbst noch gar nicht besitzt, weil sie noch nicht bestehen, ist unmöglich. Unbeschränkt zulässig ist ein schuldrechtliches Veräußerungsgeschäft bezüglich künftig entstehender Aktien. Wird die Gesellschaft nicht eingetragen, so sind auf sie die Vorschriften über die Unmöglichkeit der Erfüllung gegenseitiger Verträge (§§ 320 ff. BGB) unmittelbar anzuwenden (vgl. RG 123, 404). Verschieden ist davon die weitere Frage, ob nicht eine dingliche Übertragung des künftigen Aktienrechts in der Weise möglich ist, daß der Ubernehmer ohne weiteres, sobald die Gesellschaft eingetragen wird, das Recht erwirbt. Bis zur Eintragung der Gesellschaft haben die Gründer ein Anwartschaftsrecht auf die mit der Eintragung der Gesellschaft zur Entstehung gelangenden Aktien. Es bestehen keine Bedenken, die Übertragung dieses Anwartschaftsrechts zulässig zu erachten (a. A. B.-H. Rn. 12), wobei das Aktienrecht nicht etwa zunächst in der Person des ersten Aktionärs (Übertragenden) entsteht und mit der Eintragung der Rechtsüber220

Handeln im Namen der Gesellschaft. Verbotene Aktienausgabe § 41 Anm. 23—25 gang auf den Erwerber rechtswirksam wird, vielmehr erwirbt derjenige, dem das Anwartschaftsrecht übertragen ist, das Aktienrecht unmittelbar mit seiner Entstehung, also mit der Eintragung der Gesellschaft. Daß die Übertragung des Anwartschaftsrechts zulässig ist, ist aus überwiegenden Gründen zu bejahen, denn es steht weder irgendein Schutzbedürfnis der Gesellschaft noch des Erwerbers einem solchen Erwerb entgegen. Erstere kann sidi nach wie vor an den Gründer für die noch fehlende Einlage halten und erhält sogar, wenn die Umschreibung im Aktienbuch vorgenommen wird, eine zusätzliche Haftung. Auch konstruktive Bedenken bestehen nicht, würden auch gegenüber dem Verkehrsbedürfnis nidit den Ausschlag geben. Dies geht dahin, zu verhindern, daß der Gründer mit dem möglicherweise erheblichen Betrag seiner Einlage in jedem Fall längere Zeit festliegt. Im Interesse seiner Gläubiger, denen mit der Pfändung der nur sehr bedingten Forderung auf Rückgabe der Einlage, wenn die Gesellschaft nicht eingetragen wird, nicht gedient ist, muß sogar die Zulässigkeit der Pfändung dieses künftigen Rechtes anerkannt werden (vgl. auch OLG Frankfurt in N J W 48, 429). VII. Aktienausgabe vor Eintragung Anm. 24: Auch die Entstehung der Aktien als solche ist erst eine Folge der Eintragung. Darum erklärt der Schlußsatz des Abs. 4 die Ausgabe von Urkunden über die Aktienrechte vor der Eintragung als unstatthaft und eine trotzdem ausgegebene Urkunde für nichtig. Die Ausgeber sind für den Schaden haftbar und machen sich einer Ordnungswidrigkeit nach § 405 I Nr. 2 schuldig. Eintragung heilt nicht. Die Gesellschaft kann die ausgegebenen Urkunden aber dadurch wirksam werden lassen, daß sie diese nachträglich als Aktienurkunden bezeichnet (B.-H. Rn. 13). Ausgestellt und datiert dürfen die Aktienurkunden auch vor Eintragung werden, nur die Ausgabe ist untersagt. VIII. Abwicklung der errichteten Gesellschaft Anm. 25: Kommt es aus irgendeinem Grunde nicht zur Eintragung der AG und damit nicht zur Entstehung der Aktiengesellschaft als selbständige Rechtspersönlichkeit, so ist die vorhandene Gesellschaft aufgelöst, weil ihr Zweck unerreichbar geworden ist. Es ist streitig, welche Bestimmungen für die Liquidation, insbesondere hinsichtlich des Abwicklers zur Anwendung kommen. Wir vertreten die Ansicht (s. § 29 Anm. 4), die errichtete Gesellschaft sei als AG zu behandeln, soweit die Anwendung der aktienrechtlichen Bestimmungen nicht begriffsnotwendig die Eintragung der Gesellschaft voraussetzt. Unter Beachtung dieser Ansicht halten wir § 265 für entsprechend 221

§41 Anm. 25

Gründung der Gesellschaft

anwendbar (ebenso BAG in GmbH Rundsch. 1963, 109; a. A. B G H in GmbH Rundsch. 63, 107; BayObLG in N J W 1965, 2254). Es entsteht ferner die Frage, was mit den geleisteten Einlagen zu geschehen hat. Selbstverständlich ist, daß sie zurückzugeben sind. Man wird annehmen müssen, von dem Vorstand, dem sie anvertraut wurden. Es wird aber nichts im Wege stehen, statt seiner Abwickler zu wählen. Sind die Einlagen in Natur zurückzugeben oder sind sie, soweit Sacheinlagen geleistet wurden, für gemeinsame Rechnung zu veräußern und der Erlös zu verteilen? Bei Grundstücken ist letzteres schon aus dem Grunde nicht möglich, weil im Grundbuch als Eigentümer noch der Einleger eingetragen ist; aber es könnte eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Vorstandes eingetragen sein. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob die geleistete Einlage schon aus dem Eigentum des Einlegers ausscheidet, indem sie endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes gestellt wird. In wessen Eigentum geht sie bejahendenfalls über? Die Einlage ist ein körperschaftlicher Akt, der den Gegenstand, wenn sie eingetragen wird, zum Eigentum der Gesellschaft machen soll. Die Bareinlagen sind sogar möglicherweise von vornherein auf deren Bankkonto oder Postscheckkonto eingezahlt. Es liegt nahe, daraus zu schließen, daß sie nicht etwa Gesamthandsvermögen der errichteten Gesellschaft wird; auch dann nicht, wenn sie als Bar- oder Sacheinlage an den Vorstand geleistet wurde. Zwingend ist der Schluß nicht, aber schon weil kein Einleger willens sein dürfte, auf die anderen Einleger Eigentum zu übertragen, liegt es näher als die Annahme, daß durch die Einlagen ein solches Gesamthandsvermögen der errichteten Gesellschaft zustande kommt. Man kann auch hier nicht mit bürgerlich-rechtlichen Gesichtspunkten allein arbeiten. Der Abwickler hat die Einlagen demnach in Natur zurückzugeben, allerdings müssen gemeinsame Verbindlichkeiten erfüllt werden; aber nicht solche, für welche nicht alle Gründer haften, also nur solche, welche nach dem Gesellschaftsvertrag von der eingetragenen AG hätten erfüllt werden sollen. Diese sind von jedem Gründer anerkannt. Hinsichtlich eines Teiles wird aber die Eintragung der AG stillschweigend vorausgesetzt sein. Der kleinere Teil, wie etwa Anwaltshonorare, wird in jedem Fall gezahlt werden müssen. Dem Gläubiger gegenüber werden meist die Gründer Schuldner sein. Andere Kosten, wie Notariatsgebühren, sind kraft Gesetzes mit den Rechtsakten verbunden gewesen, welche dazu bestimmt gewesen sind, die Gesellschaft ins Leben zu rufen. Ihnen ähnlich sind die mit der Leistung der Einlagen zusammenhängenden Kosten (Bankprovision, Kosten anläßlich der Leistung der Sacheinlagen, wie Auflassungsgebühren und dgl.). Der Vorstand kann für seine Tätigkeit Ansprüche zu erheben haben, und Angestellte können bereits in Erwartung der Eintragung verpflichtet worden sein. Wenn auch solche Verpflichtungen gegenüber dem Vertragspartner keine Haftung der künftigen AG, sondern nur desjenigen, der in ihrem Namen gehandelt hat, mit sich bringt, so schließt das doch nicht aus, 222

Errichtung einer Zweigniederlassung

§§41/42 Anm. 25

daß sie, ohne im Namen der errichteten Gesellschaft eingegangen worden zu sein, doch für deren Rechnung gehen. Derartige Kosten und Verbindlichkeiten wären anteilig von jedem Gründer zu tragen. Sachübernahmen können unter der Bedingung, daß die Gesellschaft eingetragen wird, bereits ausgeführt worden sein. Wo dies der Fall war, ist die Sachübernahme wegen Ausfalls der Bedingung rückgängig zu machen. Wo aber diese Bedingung nicht gesetzt wurde, wäre der Gegenstand der Sachübernahme zu versilbern und der Erlös zur Deckung des Kaufpreises zu verwenden. Bringt die Versilberung Verlust, so bleibt eine Restverbindlichkeit übrig. Auch eine solche wird anteilig von allen Gründern zu tragen sein. Der einen Gründer an solchen Kosten und Verbindlichkeiten treffende Anteil ist von der Bareinlage zu kürzen. Ein Zurückbehaltungsrecht an einer Sacheinlage im eigentliche Sinne kommt nicht in Frage, weil der Einleger zu Nachschußleistungen nicht verpflichtet ist. Man wird aber annehmen müssen, daß er die Versilberung der Einlage zu dulden hat, wenn er den ihn treffenden Anteil nicht bezahlt, damit dieser aus dem Erlös gedeckt werde. Nur wird die Versilberung ohne seine Mitwirkung, z. B. bei einem Grundstück, nicht immer möglich sein. Hat er die Sacheinlage noch nicht bewirkt, fehlt es an jeder Handhabe, ihn heranzuziehen. Rechtsprechung und früheres Schrifttum haben sich mit vorstehenden Fragen nicht eingehend befaßt, doch läßt ein Teil des letzteren in anderem Zusammenhang erkennen, daß es die Einlagen vor der Eintragung als gesamthänderisches Gesellschaftsvermögen ansieht (vgl. RG 87, 249). Das würde dazu führen, daß eine Sacheinlage zu versilbern und der Erlös zu verteilen ist (§ 733 BGB), wenn man nicht doch für die Abwicklung dieses Gesellschaftsvermögens abweichende aktienrechtliche Grundsätze anwendet oder von einer stillschweigenden Vereinbarung ausgeht (§ 731 BGB). Schulden sind nach dieser Auffassung aus dem Gesellschaftsvermögen vor Verteilung des Erlöses zu tilgen. Der verbleibende Rest ist anteilsmäßig an die Gründer zu verteilen. § 42 Errichtung einer Zweigniederlassung (1) Die Errichtung einer Zweigniederlassung hat der Vorstand beim Gericht des Sitzes der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister des Gerichts der Zweigniederlassung anzumelden; der Anmeldung ist eine öffentlich beglaubigte Abschrift der Satzung beizufügen. Das Gericht des Sitzes hat die Anmeldung unverzüglich mit einer beglaubigten Abschrift seiner Eintragungen, soweit sie nicht ausschließlich die Verhältnisse anderer Zweigniederlassung betreffen, an das Gericht der Zweigniederlassung weiterzugeben. (2) Die Vorstandsmitglieder sowie die Prokuristen, deren Prokura nicht ausschließlich auf den Betrieb einer anderen Niederlassung beschränkt ist, 223

§42

Anm. 1

Gründung der Gesellschaft

haben ihre Namensuntersdhrift, die Prokuristen auch die Firma, zur Aufbewahrung beim Geridit der Zweigniederlassung zu zeichnen. (3) Das Gericht der Zweigniederlassung hat zu prüfen, ob die Zweigniederlassung errichtet und § 30 des Handelsgesetzbuchs beachtet ist. Ist dies der Fall, so hat es die Zweigniederlassung einzutragen und dabei die ihm mitgeteilten Tatsadien nicht zu prüfen, soweit sie im Handelsregister des Sitzes eingetragen sind. Die Eintragung hat die Angaben nach § 39 und den Ort der Zweigniederlassung zu enthalten; ist der Firma für die Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt, so ist auch dieser einzutragen. (4) In die Bekanntmachung der Eintragung sind außer deren Inhalt die in § 23 Abs. 3 und 4, §§ 24, 25 Satz 2 vorgesehenen Bestimmungen sowie Bestimmungen der Satzung über die Zusammensetzung des Vorstands aufzunehmen. Wird die Errichtung einer Zweigniederlassung in das Handelsregister des Gerichts der Zweigniederlassung in den ersten zwei Jahren eingetragen, nadi dem die Gesellschaft in das Handelsregister ihres Sitzes eingetragen worden ist, so sind in der Bekanntmadiung der Eintragung alle Angaben nadi § 40 zu veröffentlichen; in diesem Fall hat das Gericht des Sitzes bei der Weitergabe der Anmeldung ein Stück der für den Sitz der Gesellschaft ergangenen gerichtlichen Bekanntmachung beizufügen. (5) Die Eintragung der Zweigniederlassung ist von Amts wegen dem Gericht des Sitzes mitzuteilen und in dessen Register zu vermerken; ist der Firma für die Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt, so ist audi dieser zu vermerken. Der Vermerk wird nicht veröffentlicht. (6) Die vorstehenden Vorschriften gelten sinngemäß für die Aufhebung einer Zweigniederlassung. I. Übersidit (Anm. 1) II. Begriff und Rechtsnatur (Anm. 2) III. Errichtung (Anm. 3) IV. Firma (Anm. 4) V. Anmeldung (Anm. 5) VI. Zeichnung der Vorstandsmitglieder (Anm. 6)

V I I . Prüfung und Eintragung (Anm. 7) V I I I . Bekanntmadiung (Anm. 8) I X . Vertretung der Zweigniederlassung (Anm. 9) X . Aufhebung der Zweigniederlassung (Anm. 10)

I. Obersicht Anm. 1: Die Vorschrift entspricht sachlich dem § 35 AktG 37 und ist in Abs. 4 durch das Gesetz vom 15. 8.1969 der Neufassung des § 23 angepaßt worden. Hat eine AG mehrere Niederlassungen, so ist diejenige am Ort des Sitzes der Gesellschaft (§ 5), und zwar, wenn sich dort ausnahmsweise mehrere finden sollten, diejenige, bei der die Oberleitung des gesamten Betriebes ist, die Hauptniederlassung; alle anderen, auch die am gleichen Ort, sind Zweig224

Errichtung einer Zweigniederlassung

§42 Anm. 1—3

niederlassungen. Gewisse Ausnahmen von diesem Grundsatz haben Rechtslehre und Rechtsprechung für bestimmte Fälle zugelassen, die sich aus der Nachkriegssituation ergeben, vgl. im einzelnen Anm. zu § 5. II. Begriff und Reditsnatur Anm. 2: Die Zweigniederlassung ist ein selbständiges Glied des Gesamtbetriebes mit einer eigenen, nach außen und wenigstens in einem gewissen Umfang auch nach innen selbständigen Leitung. Fehlt es hieran, so handelt es sich nur um eine Fabrikations-, Auslieferungs- oder Versandstelle (Barz in Großkomm. Anm. 3). Andererseits kann die Zweigniederlassung niemals Träger eigenen Vermögens sein, denn sie besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit. Träger der von der Zweigniederlassung benutzten Vermögensgegenstände bleibt die Aktiengesellschaft als solche. Dieser gehören ihre Betriebe und alle ihre Niederlassungen, gleichgültig, ob sie Hauptniederlassungen oder Zweigniederlassungen sind. Die AG wird im Rechtsverkehr tätig, indem sie diese Niederlassungen betreibt. Sie wird Träger aller durch den Betrieb dieser Niederlassungen erworbenen Rechte und Schuldner aller eingegangenen Verpflichtungen. Rechtsbeziehungen unter den mehreren Niederlassungen derselben Aktiengesellschaft sind undenkbar, sowohl weil jene nicht selbst Träger von Rechten sein können, als auch weil hinter jeder der gleidie Rechtsträger, die Aktiengesellschaft, steht. Daran, daß die Zweigniederlassung kein Rechtssubjekt ist, ändert auch die Tatsache nichts, daß die Zweigniederlassungen unter ihrer Firma im Grundbuch eingetragen werden (RG 62, 8) und im eigenen Namen klagen und verklagt werden können (BGH 4, 65). Die AG als solche bleibt ebenso Trägerin des eingegangenen Rechts, wie sie im Rechtsstreit Partei bleibt, mit der Folge, daß Vorstandsmitglieder Parteivertreter sind und nicht als Zeugen gehört werden können. Daraus ergibt sich weiter, daß mit einem Urteil gegen die Zweigniederlassung in das Vermögen der Hauptniederlassung vollstreckt werden kann, ohne daß es einer Umschreibung des Titels bedarf. III. Errichtung Anm. 3: Die Errichtung einer Zweigniederlassung ist reiner Akt der Geschäftsführung. Es bedarf dazu weder der Ermächtigung in der Satzung noch eines Hauptversammlungsbeschlusses. Nicht zu verwechseln ist die Zweigniederlassung mit einem selbständigen Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, deren sämtliche Anteile dem Hauptunternehmen gehören oder das nach §§ 319 ff. eingegliedert ist. Hier kann wirtschaftlich und steuerlich eine Zweigniederlassung vorliegen. Handelsrechtlich handelt es sich um zwei rechtlich selbständige Unternehmen. 225

§42 Anm. 4—6

Gründung der Gesellsduft

IV. Firma Anm. 4: Der § 30 HGB bestimmt, daß sich die Firma von allen an demselben Ort bestehenden deutlich unterscheiden muß, und daß evtl. ein unterscheidender Zusatz beigefügt werden muß. Bei gleicher Firma genügt allein der Zusatz „Zweigniederlassung" nicht als Unterscheidung. Es müßte dann also die Zweigniederlassung einen weiteren Firmenzusatz erhalten. Zu beachten ist auch § 16 UWG und § 12 BGB. Die Zweigniederlassung kann eine besondere eigene Firma führen, welche sie aber als Zweigniederlassung der Gesellschaft kennzeichnen und deren Firma erkennen lassen muß. Ein satzungsändernder Beschluß ist dazu nicht erforderlich. V. Anmeldung Anm. 5: Die Errichtung einer Zweigniederlassung ist beim Gericht des Sitzes der Gesellschaft anzumelden. Die Anmeldung ist durch Ordnungsstrafen erzwingbar (§ 14 HGB). Zuständig für Androhung und Verhängung der Ordnungsstrafe ist das Gericht des Sitzes, obwohl dieses von der Eröffnung des Geschäftsbetriebes der Zweigniederlassung nur durch das Gericht des Ortes der letzteren Kenntnis erhalten kann. Nicht die sämtlichen Vorstandsmitglieder haben anzumelden, sondern der Vorstand, d. h. in der Zusammensetzung, wie er nach Gesetz oder Satzung die Gesellschaft vertritt. Die Anmeldung kann, wenn die Satzung diese Vertretung vorsieht, auch durch ein Vorstandsmitglied und einen Prokuristen, nicht aber allein durch Prokuristen, erfolgen. Die Form der Anmeldung ergibt sich aus § 12 HGB. Sie muß die Erklärung enthalten, daß eine Zweigniederlassung errichtet ist und den Ort, wo sie sich befindet, und für den Fall, daß die Firma der Zweigniederlassung einen Zusatz führt, auch diesen. Der Anmeldung ist eine öffentlich beglaubigte Abschrift der Satzung für jede Zweigniederlassung beizufügen. Im Handelsregister anderer Zweigniederlassungen wird die Errichtung einer neuen Zweigniederlassung nicht eingetragen (§ 43 IV). VI. Zeichnung der Vorstandsmitglieder Anm. 6: Alle Vorstandsmitglieder haben ihre Unterschrift nach § 12 HGB in öffentlich beglaubigter Form zu zeichnen, und zwar für jede Zweigniederlassung beim Gericht der Hauptniederlassung. Dasselbe gilt von allen Prokuristen, es sei denn, daß sie ausschließlich für den Betrieb einer einzelnen Zweigniederlassung bestellt sind. Dies ist nach § 50 Abs. 3 HGB zulässig, wenn eine Zweigniederlassung unter einer von den Firmen der übrigen Niederlassungen, wenn auch nur durch einen sie als Firma einer Zweigniederlassung kennzeichnenden Zusatz verschiedenen Firma betrieben wird. Die Prokuristen haben neben der Namensunterschrift die Firma mit ProkuraZusatz zu zeichnen. Ordnungsstrafrecht hat auch hier nur das Gericht der 226

Errichtung einer Zweigniederlassung

§ 42

Anm. 6—8

Hauptniederlassung. Sind einer Anmeldung nicht sofort alle erforderlichen Zeichnungen beigefügt, so darf die Bearbeitung der Anmeldung nicht bis zur Beibringung des Fehlenden ausgesetzt werden. VII. Prüfung und Eintragung Anm. 7: Das Geridit des Sitzes der Gesellschaft hat die Anmeldung auf evtl. Formmängel zu überprüfen und gegebenenfalls deren Behebung zu veranlassen, alsdann ist die Anmeldung unverzüglich an das Geridit des Ortes der Zweigniederlassung zu übersenden. Dieses hat zu prüfen, ob die Zweigniederlassung errichtet und ob sie eine von den bereits am Orte eingetragenen Finnen verschiedene Firma hat. Diese Fragen können vom Gericht des Sitzes der Gesellschaft nicht überprüft werden, so daß aus diesem Grunde diese Prüfungen dem Gericht der Zweigniederlassung auferlegt wurden. Sodann ist die Zweigniederlassung einzutragen, und zwar zunächst beim Gericht am Ort der Zweigniederlassung. Diese teilt dem Gericht des Sitzes der Gesellschaft die erfolgte Eintragung mit, das seinerseis die Errichtung der Zweigniederlassung im Register vermerkt. Es ist die einzige Ausnahme zu der Regel, daß alle Eintragungen zunächst beim Gericht des Sitzes zu bewirken sind (§ 43). Für eine Zweigniederlassung, auch wenn sie sich im Gerithtsbezirk der Hauptniederlassung oder des Sitzes befindet, ist stets ein besonderes Registerblatt zu verwenden — § 13 IV Handelsregisterverfügung vom 12. 8.1937 —. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Firma der Zweigniederlassung von derjenigen der Hauptniederlassung oder der Niederlassung am Sitz abweicht oder nicht. Die Registerblätter sind mit gegenseitigen Verweisungsvermerken zu versehen, und für die Zweigniederlassung sind besondere Akten anzulegen. Jedes Gericht kann die Eintragung aus einem Grunde ablehnen, der seiner Prüfung untersteht. Die in dem Handelsregister des Sitzes bereits bestehenden Eintragungen, insbesondere die Eintragung der Gesellschaft, hat das Registergericht der Zweigniederlassung ohne Prüfung, insbesondere auch ohne Prüfung der Gründung, einzutragen, kann aber Bedenken beim Gericht der Hauptniederlassung geltend machen. Soweit aber nach Vorstehendem das Geridit der Zweigniederlassung ein selbständiges Prüfungsrecht hat, hat es auch das Recht selbständigen Verkehrs mit den Beteiligten und eigene Entscheidung. V m . Bekanntmachung Anm. 8: Alle Bekanntmachungen veranlaßt das Geridit der Hauptniederlassung, und zwar nach § 10 HGB im Bundesanzeiger und außerdem in den 227

§ 42

Anm.8,9

Gründung der Gesellschaft

alljährlich nach § 11 HGB bestimmten Blättern. Betrifft die Eintragung nur eine Zweigniederlassung, so erläßt das Gericht der Hauptniederlassung die Bekanntmachung im Bundesanzeiger. Ebenso wird auch die Eintragung in das Handelsregister der Zweigniederlassung durch das für diese zuständige Gericht bekanntgemacht, aber nur in den für seinen Bezirk nach § 11 HGB bestimmten Blättern, weil die Bekanntmachung im Bundesanzeiger ja schon durch das Gericht der Hauptniederlassung erfolgt. Eine Ausnahme gilt auch hier für Errichtung und Aufhebung einer Zweigniederlassung; deren Eintragung wird nur durch das Gericht der Zweigniederlassung im Bundesanzeiger (§ 10 HGB) und in den für seinen Bezirk alljährlich bestimmten Blättern ( § 1 1 HGB) bekanntgemacht. Der Vermerk im Handelsregister des Sitzes durch das Gericht des letzteren wird nicht bekanntgemacht, weil Eintragungen, die nur eine einzelne Niederlassung betreffen, nach § 43 IV von dem Gericht der Hauptniederlassung nur im Bundesanzeiger bekanntgemacht werden und dort schon das Gericht der Zweigniederlassung die Eintragung bekanntgemacht hat. Bekanntzumachen ist der Inhalt der Eintragung, der notwendige Satzungsinhalt gem. § 23 III u. IV, ferner, ob die Aktien auf den Inhaber oder auf den Namen lauten (§ 24), eine Satzungsbestimmung über neben dem Bundesanzeiger bestehende Gesellschaftsblätter (§ 25), schließlich Satzungsbestimmungen über die Zusammensetzung des Vorstandes. Wird die Zweigniederlassung in den ersten zwei Jahren nach Eintragung der AG erriditet, müssen auch die Festsetzungen gem. §§ 26, 27 über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sacheinlagen und Sachübernahmen, ferner der Ausgabebetrag der Aktien, Personalien der Gründer und der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats (auch wenn sie schon ausgeschieden sind) bekanntgemadit werden; es ist in der Bekanntmachung darauf hinzuweisen, daß die mit der Anmeldung der AG beim Gericht des Sitzortes eingereichten Schriftstücke (§ 37 II) bei diesem eingesehen werden können (§ 40 II). IX. Vertretung der Zweigniederlassung Anm. 9: Vertreter der Zweigniederlassung ist zunächst der Vorstand der Gesellschaft; eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes derart, daß er nicht für die eine oder andere Zweigniederlassung handeln kann, ist ausgeschlossen. Die Geschäftsleiter der Zweigniederlassung können Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigte sein. Die Prokura kann derartig erteilt sein, daß sie auf den Betrieb der Zweigniederlassung beschränkt ist. Voraussetzung hierfür ist, daß sich die Firma der Zweigniederlassung von der der Hauptniederlassung unterscheidet; hierfür ist die Beifügung eines Filialzusatzes zu der Firma der Hauptniederlassung ausreichend. Für die Vertretungsmacht der Handlungsbevollmächtigten gilt § 54 HGB. 228

Behandlung bestehender Zweigniederlassungen

§ § 42/43

Anm. 9,10

Die Vollmacht der Geschäftsleiter von Zweigniederlassungen beruht nicht auf Gesetz, sondern auf Rechtsgeschäft. Sie sind besondere Vertreter im Sinne des § 30 BGB. Die Einschränkung von Barz (Großkomm. Anm. 7), der dies nur dann bejaht, wenn die Errichtung der Zweigniederlassung in der Satzung vorgesehen ist, ist durch nichts begründet und daher abzulehnen, denn nicht die Errichtung der Zweigniederlassung, sondern die Stellung des Vertreters muß sich nach § 30 BGB aus der Satzung ergeben. Die den Geschäftsleitern erteilte Vollmacht berechtigt in der Regel nur zum Abschluß von Geschäften, die im örtlichen Bereich und Betrieb der von ihnen geleiteten Niederlassung anfallen, das heißt aber nicht, daß daraus die Aktiengesellschaft nicht auch zu einem Tun oder Unterlassen durch eine andere Zweigniederlassung verpflichtet werden könnte. Für dieses Tun oder Unterlassen durch eine Zweigniederlassung ist auch deren Sitz Erfüllungsort, meist wird dies audi rechtsgeschäftlich vereinbart. Geht eine Zweigniederlassung unter, oder wird sie von der Gesellschaft oder durch höhere Gewalt geschlossen, so bleibt davon der Bestand der Verpflichtung unberührt; sie ist nach Maßgabe des § 242 BGB durch eine andere Niederlassung, regelmäßig die Hauptniederlassung, zu erfüllen. X. Aufhebung der Zweigniederlassung Anm. 10: Für die Aufhebung einer Zweigniederlassung gilt das gleiche wie für ihre Errichtung und Eintragung. Der Vorstand hat die Aufhebung beim Gericht des Sitzes der Gesellschaft anzumelden. Die Eintragung der Löschung erfolgt zunächst beim Gericht der Zweigniederlassung, das dem Gericht des Sitzes hiervon Mitteilung zu machen hat. § 43 Behandlung bestehender Zweigniederlassungen (1) Ist eine Zweigniederlassung in das Handelsregister eingetragen, so sind alle Anmeldungen, welche die Niederlassung am Sitz der Gesellschaft oder eine eingetragene Zweigniederlassung betreffen, beim Gericht des Sitzes zu bewirken; es sind so viel Stücke einzureichen, wie Niederlassungen bestehen. (2) Das Gericht des Sitzes hat in der Bekanntmachung seiner Eintragung im Bundesanzeiger anzugeben, daß die gleiche Eintragung für die Zweigniederlassungen bei den namentlich zu bezeichnenden Gerichten der Zweigniederlassungen erfolgen wird; ist der Firma für eine Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt, so ist auch dieser anzugeben. (3) Das Gericht des Sitzes hat sodann seine Eintragung unter Angabe der Nummer des Bundesanzeigers, in der sie bekanntgemacht ist, von Amts 229

§43

Anm. 1

Gründung der Gesellschaft

wegen den Gerichten der Zweigniederlassungen mitzuteilen; der Mitteilung ist ein Stück der Anmeldung beizufügen. Die Gerichte der Zweigniederlassungen haben die Eintragung ohne Nachprüfung in ihr Handelsregister zu übernehmen. In der Bekanntmachung der Eintragung im Register der Zweigniederlassung ist anzugeben, daß die Eintragung im Handelsregister des Gerichts des Sitzes erfolgt und in welcher Nummer des Bundesanzeigers sie bekanntgemacht ist. Im Bundesanzeiger wird die Eintragung im Handelsregister der Zweigniederlassung nicht bekanntgemacht. (4) Betrifft die Anmeldung ausschließlich die Verhältnisse einzelner Zweigniederlassungen, so sind außer dem für das Gericht des Sitzes bestimmten Stück nur so viel Stücke einzureichen, wie Zweigniederlassungen betroffen sind. Das Gericht des Sitzes teilt seine Eintragung nur den Gerichten der Zweigniederlassungen mit, deren Verhältnisse sie betrifft. Die Eintragung im Register des Sitzes wird in diesem Fall nur im Bundesanzeiger bekanntgemacht. (5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten sinngemäß für die Einreichung von Schriftstücken und die Zeichnung von Namensunterschriften. Anm. 1: Der Verkehr der Aktiengesellschaft mit den Registergerichten spielt sich ausschließlich und allein unmittelbar mit dem Registergericht der Hauptniederlassung und durdi dessen Vermittlung ab. Alle Anmeldungen und Einreichungen, auch soweit sie für die Handelsregister der Zweigniederlassungen bestimmt sind (§§ 43 I, 42 I, 43 V), sind bei dem Gericht der Hauptniederlassung vorzunehmen. Dieses hat die Eintragung bei dem Gericht der Zweigniederlassung herbeizuführen, von Amts wegen diesem die erforderlichen Mitteilungen zu machen und ihm die für das Handelsregister der Zweigniederlassung bestimmten Anmeldungen und Einreidiungen zuzuleiten. Von allen Anmeldungen und Einreidiungen sind daher bei dem Registergeridit der Hauptniederlassungen soviel Stücke einzureichen, wie Niederlassungen bestehen, bzw. wie Niederlassungen hiervon betroffen worden sind. Dies gilt von der Zeichnung von Unterschriften und sonstigen Schriftstücken (z. B. Niederschrift und Hauptversammlungsbeschluß § 130 V; Ausnahme siehe Anmerkung dort), sowie vom Belegblatt für die Bekanntmachung einer Änderung in der Zusammensetzung des Aufsichtsrats (§ 106). Betrifft die Anmeldung oder Einreichung nur einzelne Niederlassungen, so genügt je ein Stück für das Gericht der Haupt- und jeder beteiligten Zweigniederlassung. Handelt es sich um eine Unterlage für eine Prüfung durch das Registergeridit, so ist diese nur einmal einzureichen, weil eine Prüfung nur einmal von dem Registergericht der Hauptniederlassung vorgenommen wird (z. B. Vollmachten und sonstige Ausweise, Genehmigungen, Zeichnungsscheine, Versicherungen; Groschuff in J W 37, 2428). Außerdem sind gewisse Einreichungen kraft Sonderbestimmung nur beim Gericht des Sitzes zu machen 230

Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit ausländischem Sitz

§ § 43/44 Anm. 1,2

(§§81; 145 I V ; 177 I I ; 266 II). Für jedes Stück gilt die Vorschrift des § 1 2 HGB der öffentlichen Beglaubigung. Unvereinbar mit dem unmißverständlichen Gesetzeswortlaut erklärt das Kammergericht in ständiger Rechtsprechung, ohne im übrigen Widerspruch im Schrifttum zu finden (mit Ausnahme von Groschuff a. a. O.), beglaubigte Abschrift der Anmeldung zur Hauptniederlassung für ausreichend, wenn es sich nicht um die Hinterlegung von Unterschriften handelt. Da nur eine Ausfertigung der Urschrift gleichsteht, nicht aber auch eine beglaubigte Abschrift, wird diese Ansicht dem Gesetzeswortlaut nicht gerecht, bedeutet vielmehr seine nachträgliche Änderung. Anm. 2: Alle Eintragungen nimmt zuerst das Gericht der Hauptniederlassung vor, auch jene, welche nur die Niederlassungen und nur einzelne von ihnen betreifen. Sein Register wird also zum Zentralhandelsregister. Es verständigt die Gerichte der Zweigniederlassung von die Zweigniederlassung mitbetreffenden Eintragung. Die Gerichte der Zweigniederlassungen haben die Eintragung des Gerichtes der Hauptniederlassung zu übernehmen, ohne sie zu prüfen. Die Prüfung und Eintragung des Gerichts des Sitzortes ist für die Gerichte der Zweigniederlassung bindend. Eine Ausnahme besteht für die Eintragung der Errichtung oder der Aufhebung einer Zweigniederlassung, siehe hierzu § 42 Anm. 7 und 10.

§ 44 Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit ausländischem Sitz (1) Befindet sich der Sitz der Gesellschaft im Ausland, so ist die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister des Gerichts, in dessen Bezirk sie eine Zweigniederlassung besitzt, durch alle Vorstandsmitglieder anzumelden. Der Anmeldung ist die Satzung in öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen. § 37 Abs. 1 und 3 ist nicht anzuwenden. (2) Bei der Anmeldung ist das Bestehen der Aktiengesellschaft als solcher und, wenn der Gegenstand des Unternehmens oder die Zulassung zum Gewerbebetrieb im Inland der staatlichen Genehmigung bedarf, auch diese nachzuweisen. Soweit nicht das ausländische Recht eine Abweichung nötig macht, sind in die Anmeldung die in § 23 Abs. 3 und 4, §§ 24, 25 Satz 2 vorgesehenen Bestimmungen, Bestimmungen des Gesetzes über die Zusammensetzung des Vorstandes und, wenn die Anmeldung in den ersten zwei Jahren nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ihres Sitzes erfolgt, auch die weiteren Angaben nach § 40 Abs. 1 aufzunehmen. Der Anmeldung ist die für den Sitz der Gesellschaft ergangene gerichtliche Bekanntmachung beizufügen. 231

§44 Anm. 1

Gründung der Gesellschaft

(3) Die Eintragung hat die Angaben nach $ 39 und den Ort der Zweigniederlassung zu enthalten; ist der Firma für die Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt, so ist auch dieser einzutragen. (4) In die Bekanntmachung der Eintragung sind außer deren Inhalt auch die Angaben nach § 40 Abs. 1 aufzunehmen, soweit sie nadi den vorstehenden Vorschriften in die Anmeldung aufzunehmen sind. (5) Im übrigen gelten für die Anmeldungen, Zeichnungen und Eintragungen, soweit nicht das ausländische Recht Abweichungen nötig macht, sinngemäß die Vorschriften für Niederlassungen am Sitz der Gesellschaft. I. Uberblick (Anm. 1) II. Anmeldung (Anm. 2)

I I I . Eintragung (Anm. 3) IV. Anzuwendende Rechtsnormen (Anm. 4)

I. Oberblick Anm. 1: Die Vorsdirift entspricht im wesentlichen dem § 37 AktG 37 und regelt die Behandlung inländischer Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften. In Abs. 1 und 2 ist die Bestimmung durch das Gesetz vom 15. 8.1969 der Neufassung der §§ 23 und 37 angepaßt worden. Betreibt ein Unternehmen, das seinen Sitz im Ausland hat, im Inland ein Handelsgewerbe, so ist es nach den §§ 1 und 2 HGB in das Handelsregister einzutragen. Dieser Tatbestand wirft die Frage auf, als was das Unternehmen einzutragen ist, als solches eines Einzelkaufmannes, einer offenen Handelsoder einer Kommanditgesellschaft, einer GmbH, einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, ferner ob als Haupt- oder Zweigniederlassung. Hierüber muß man im klaren sein, um zu erkennen, daß bei der nach deutsdien Rechtsvorschriften erforderlichen Eintragung, bei der Klassifizierung des einzutragenden Unternehmens zwar zu ermitteln ist, ob es die nach deutschem Recht für die eine oder andere Rechtsform charakteristischen Merkmale hat, daß aber bei der Eintragung von Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen nicht so weit gegangen werden kann, zu verlangen, daß es neben den Eigentümlichkeiten einer Rechtsform auch allen sonstigen für eine solche nach deutschem Recht gegebenen Vorschriften genügt. Ob es sich um eine ausländische Gesellschaft handelt, richtet sich grundsätzlich danach, ob der satzungsmäßige Sitz der Gesellschaft im Ausland liegt. Wenn auch grundsätzlich für ausländische Gesellschaften das ausländische Recht maßgebend ist (BGH 25, 144), so muß doch geprüft werden, ob es sich nicht um einen Scheinsitz handelt, denn sonst muß nach inländischem Recht das Unternehmen, wenn an keinem Ort des Auslandes ein Betrieb besteht oder die Geschäftsleitung oder die Verwaltung geführt wird (§ 5 II), als inländisches Unternehmen behandelt werden und nicht als Zweignieder232

Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit ausländischem Sitz

§ 44 Anm. 1,2

lassung eines ausländischen Unternehmens (OLG Frankfurt in NJW 64, 2355; OLG Nürnberg in Die AktGes. 67, 362). II. Anmeldung Anm. 2: Die Anmeldung hat hier von sämtlichen Vorstandsmitgliedern zu erfolgen. Wer Vorstandsmitglied ist, richtet sich nach ausländischem Redit. Dies wird nicht immer klar sein, da nidit jedes ausländische Recht zwischen Vorstand und Aufsichtsrat unterscheidet. Es sind die Mitglieder des Gesellschaftsorgans zur Anmeldung verpflichtet, denen nach dem ausländischen Recht die Leitung der Gesellschaft obliegt. Das ist dem Registerrichter u. U. durch Nachweis des ausländischen Rechts darzulegen. Ebenso ist ihm ein Auszug aus dem ausländischen Register oder, wenn ein solches nicht geführt wird, evtl. eine konsularische Bescheinigung vorzulegen, aus der sich ergibt, welche Personen Mitglieder des Gremiums sind, das dem Vorstand gleichsteht, damit das Registergericht prüfen kann, ob alle diese Personen die Anmeldung vorgenommen haben. Eine Vertretung bei der Anmeldung, insbesondere durch ein anderes Vorstandsmitglied, halten wir trotz der Entscheidung des Kammergerichts in JW 1932, 2626, die dies für unbedenklich hält, nicht für zulässig (a. A. Kölner Komm. Anm. 15). Wenn auch hier die Anmeldenden im Gegensatz zu § 36 keine Versicherung abzugeben haben, so daß vielleicht keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Vertretung bestehen, so würde doch die Zulassung der Vertretung dazu führen, entgegen dem Gesetzeswortlaut die Anmeldung durch ein einziges Vorstandsmitglied an Stelle sämtlicher für ausreichend anzusehen. Der Anmeldung ist die Satzung im Originaltext beizufügen, außerdem kann der Registerrichter amtlich beglaubigte Übersetzung verlangen. Bei der Anmeldung ist der Nachweis zu führen, daß die Gesellschaft als AG mit eigener Rechtspersönlichkeit „besteht". Dazu bedarf es zwar nicht des Nachweises, ob die Gesellschaft nach deutschem oder ausländischem Recht ordnungsgemäß gegründet ist, wohl aber ist die Gesetzesbestimmung des ausländischen Rechts vorzulegen, aus der die Tatsache des Bestehens der AG als solcher ersichtlich ist. Es genügt die Vorlage einer Abhandlung über das ausländische Recht, sofern sie neu ist, und eine amtliche Urkunde oder Bescheinigung darüber, daß diese Gesetzesbestimmungen erfüllt sind. Die Tatsache, daß nach ausländischem Recht keine Eintragung in ein Register erfolgt oder daß die hier geforderten Angaben nach dortigem Recht nicht zu machen sind, befreit nicht von deren Angabe in der Anmeldung. Die verlangten Angaben sind zur Bequemlichkeit des Richters nach ausdrücklicher Vorschrift in der Anmeldung selbst zu machen. Ferner ist die Genehmigung vorzulegen, wenn der Gegenstand des Unternehmens oder die Zulassung zum Gewerbebetrieb eine solche erfordert. 233

§44

Gründung der Gesellschaft

Anm. 2,3 In der Anmeldung sind ferner die Angaben zu machen, die nadi § 42 IV in der Bekanntmachung der Errichtung einer Zweigniederlassung enthalten sein müssen, vgl. daher § 42 Anm. 8. Ist nach ausländischem Recht eine Bekanntmachung über die Eintragung der Gesellschaft erfolgt, so ist diese beizufügen. Außerdem ist anzugeben, an welchem Ort die Zweigniederlassung errichtet wurde und wo sich ihr Geschäftslokal befindet. III. Eintragung Anm. 3: Es ist zu beachten, daß die Eintragung hier keine rechtsbegründende Bedeutung hat, daß es sich insbesondere nicht darum handelt, zu verhindern, daß das fragliche ausländische Unternehmen in Deutschland in den Rechtsverkehr eintritt, bevor den deutschen Normativbestimmungen genügt ist, daß die Zweigniederlassung vielmehr auch ohne Eintragung schon da ist und daß ihre Eintragung nur erfolgt, weil diese nach deutschem Recht erforderlich ist. Daraus ergibt sich für die Eintragung der Zweigniederlassung einer ausländischen Aktiengesellschaft, daß vom Registerrichter nicht mehr zu prüfen ist, als daß sie neben der inländischen Niederlassung einen Betrieb oder den Ort der Leitung im Ausland hat und daß nach ihrem Willen mit Zustimmung des ausländischen Redits an diesem oder einem anderen Ort des Auslandes ihr Sitz ist und daß sie als eine einer Aktiengesellschaft ähnlichen Gesellschaft gemäß ausländischem Recht besteht und daß der Betrieb eines Gewerbes im Inland genehmigt ist und alle sonst eventuell erforderlichen Genehmigungen vorliegen. Ob es notwendig ist, daß die Firma einen Zusatz hat, der erkennen läßt, daß es sich um eine AG (z. B. société anonyme, limited, N.V.) handelt, ist streitig, aber zu verneinen. Im Rahmen des Art. 30 EGBGB ist jede nach ausländischem Recht statthafte Firma genügend. Der Sitz muß begrifflich im Ausland sein; für seine Bestimmung ist allein ausländisches Recht maßgebend. Der Gegenstand des Unternehmens muß nach deutschem Recht erlaubt sein. Die Höhe des Grundkapitals ist in ausländischer Währung anzugeben. Umrechnung ist nicht erforderlich. Der Mindestbetrag des § 7 kann nicht verlangt werden, da nur das ausländische Recht maßgebend ist, ebenso nicht ein Mindestnennbetrag, ja ein Nennbetrag der Aktien überhaupt nicht, wenn die Aktien nach dem einschlägigen ausländischen Recht keinen Nennwert haben. Wer Mitglied des Vorstandes ist, bestimmt sich nach ausländischem Recht. Für die Form der Berufung der Hauptversammlung und der Bekanntmachungen der Gesellschaft gilt nur ausländisches Recht. Der Registerrichter kann nicht die Anwendung der Grundsätze des deutschen Rechts fordern. Ob die Aktien auf den Inhaber oder den Namen lauten und ob verschiedene Gattungen vorhanden sind, ist durdi Anwendung deutscher Rechtsbegriffe 234

Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit ausländischem Sitz

§ 44 Anm. 3,4

auf die Bestimmungen des ausländischen Rechts oder der Satzung festzustellen. Eingetragen wird auch hier die Gesellschaft. Demnach hat die Eintragung gem. Abs. 3 den Inhalt des § 39. Außerdem ist der Ort der Zweigniederlassung und ihre von der Firma der Gesellschaft abweichende Firma einzutragen. Die Bekanntmachung der Eintragung erfolgt gem. § 10 HGB im Bundesanzeiger und in den nach § 11 HGB vom Registergericht bestimmten Blättern. IV. Anzuwendende Rechtsnormen Anm. 4: Jede von mehreren Zweigniederlassungen eines ausländischen Unternehmens wird als Hauptniederlassung behandelt. § 43 gilt also nicht. Alle Anmeldungen sind bei jeder Zweigniederlassung gesondert vorzunehmen (Schl.-Qu. § 37 Anm. 6; B.-H. Rn. 6). Was anzumelden ist, bestimmt im allgemeinen das ausländische Recht, doch wird ein Wechsel der für die Gesellschaft oder eine Zweigniederlassung zeichnungsberechtigten Person immer anzumelden sein. Ebenso kann verlangt werden, daß sie ihre Unterschrift hinterlegt. Einreichungen (z.B. des Jahresabschlusses oder der Niederschrift über die Beschlüsse einer Hauptversammlung), die das ausländische Recht nicht kennt, können nicht verlangt werden (Schl.-Qu. § 37, Anm. 8; Krüger-Lenz, 71). Ebensowenig kann bei Anmeldungen zum Handelsregister der Zweigniederlassung, die nach deutschem Recht die Eintragung ins Handelsregister der Hauptniederlassung voraussetzen, deren Nachweis verlangt werden (RG 3. 10. 40, in DR 40, 2507), auch damit nicht, wenn sie, wie bei Satzungsänderung, nach deutschem Recht rechtsbewirkend und Voraussetzung der ins Handelsregister der Zweigniederlassung einzutragenden Satzungsänderung wäre (RG a. a. O.). Die Sitzverlegung vollzieht sich auch hier nicht durch Satzungsänderung, sondern, da auf das bloße Bestehen einer Niederlassung abgestellt ist, durch Neubegründung einer solchen mit oder ohne Aufhebung einer älteren. Für den Fortbestand, den Untergang, die Nichtigkeit und die sich daraus etwa ergebende Löschung ist ausländisches Recht maßgebend, denn die Gesellschaft wird in aktienrechtlicher Beziehung durch ihre Eintragung nicht deutschem Recht unterworfen, vorbehaltlich Art. 30 EGBGB (vgl. hierzu RG 60, 296; 73, 366; 93, 182; 110, 175; DJZ 04, 355; L Z 1913, 552; Kühlwein BlIntPR 1930, 193). Eine Satzungsänderung, die nach dem maßgebenden ausländischen Recht ohne Eintragung in ein ausländisches öffentliches Register wirksam ist, kann ohne solche in das Handelsregister eingetragen werden (B.-H. Rn. 6). 235

§45 Anm. 1

Gründung der Gesellschaft

§45 Sitzverlegung (1) Wird der Sitz der Gesellsdiaft im Inland verlegt, so ist die Verlegung beim Geridit des bisherigen Sitzes anzumelden. (2) Wird der Sitz aus dem Bezirk des Gerichts des bisherigen Sitzes verlegt, so hat dieses unverzüglich von Amts wegen die Verlegung dem Geridit des neuen Sitzes mitzuteilen. Der Mitteilung sind die Eintragungen für den bisherigen Sitz sowie die bei dem bisher zuständigen Gericht aufbewahrten Urkunden beizufügen. Das Geridit des neuen Sitzes hat zu prüfen, ob die Verlegung ordnungsgemäß beschlossen und § 30 des Handelsgesetzbuchs beachtet ist. Ist dies der Fall, so hat es die Sitzverlegung einzutragen und hierbei die ihm mitgeteilten Eintragungen ohne weitere Nachprüfung in sein Handelsregister zu übernehmen. Mit der Eintragung wird die Sitzverlegung wirksam. Die Eintragung ist dem Geridit des bisherigen Sitzes mitzuteilen. Dieses hat die erforderlichen Löschungen von Amts wegen vorzunehmen. (3) Wird in den ersten zwei Jahren nach der Eintragung der Gesellsdiaft in das Handelsregister des ursprünglichen Sitzes eine Sitzverlegung aus dem Bezirk des Gerichts des bisherigen Sitzes eingetragen, so sind in der Bekanntmachung der Eintragung alle Angaben nach § 40 Abs. 1 zu veröffentlichen. (4) Wird der Sitz an einen anderen Ort innerhalb des Bezirks des Gerichts des bisherigen Sitzes verlegt, so hat das Gericht zu prüfen, ob die Sitzverlegung ordnungsgemäß beschlossen und § 30 des Handelsgesetzbuchs beachtet ist. Ist dies der Fall, so hat es die Sitzverlegung einzutragen. Mit der Eintragung wird die Sitzverlegung wirksam. I. Obersicht (Anm. 1) II. Eintragung ins Handelsregister (Anm. 2—5)

I I I . Mitwirkung des bisherigen Sitzgerichts (Anm. 6) IV. Sitzverlegung vom Ausland ins Inland (Anm. 7)

I. Obersicht Anm. 1: Die Vorschrift entspricht in ihren Abs. 1—3 dem § 38 AktG 37. Neu ist die Bestimmung des Abs. 4. In diesem wird die Frage geregelt, wie die Sitzverlegung einer Aktiengesellschaft innerhalb des Bezirks des Gerichtes des bisherigen Sitzes zu erfolgen hat. Wenn auch schon nach dem alten Gesetz die jetzt gesetzlich getroffene Regelung zu erkennen war, so stellt der neue Abs. 4 doch eine begrüßenswerte Klarstellung dar. 236

Sitzverlegung

§45 Anm. 2—4

II. Eintragung ins Handelsregister Anm. 2: Die Sitzverlegung ist eine Satzungsänderung, bedarf also eines die Satzung abändernden Hauptversammlungsbeschlusses und der Eintragung in das Handelsregister, ohne die die Änderung nicht wirksam wird. Nach allgemeiner Regel hätte diese Eintragung daher in das Handelsregister des Sitzes stattzufinden. So war es nach dem HGB; dies hatte zur Folge, daß für die Gesellschaft nach Eintragung der Satzungsänderung zunächst überhaupt kein Handelsregister mehr bestand. Deshalb läßt das Gesetz die Satzungsänderung wirksam werden, wenn sie in das Handelsregister des neuen Sitzes eingetragen ist, doch ist sie noch bei dem Gericht des alten Sitzes zur Eintragung anzumelden. Dieses hat die Anmeldung zu behandeln, wie nach § 42 die Anmeldung der Errichtung einer neuen Zweigniederlassung, d. h. ohne selbst einzutragen leitet es die Anmeldung, nachdem es deren Ordnungsmäßigkeit, nicht diejenige der Sitzverlegung geprüft hat, an das Registergeridit des neuen Sitzes weiter, dem es die Akten und eine alle Eintragungen, auch die geröteten, enthaltende Registerabschrift zuleitet und nimmt die Löschung in seinem Register vor, nachdem es die Mitteilung empfangen hat, daß die Eintragung in das Handelsregister des neuen Sitzes erfolgt ist. Die Sitzverlegung ist in die Spalte „Rechtsverhältnisse" unter gleichzeitiger Rötung der dort befindlichen Eintragungen zu vermerken und in die Spalte „Bemerkungen" auf das neue Blatt zu verweisen; letzteres gilt auch umgekehrt. Zu prüfen, ob die Sitzverlegung ordnungsgemäß beschlossen ist, also auch ob die Hauptversammlung nach §§ 121 ff. ordnungsgemäß berufen und der Beschluß zustandegekommen war und ob die Firma am neuen Sitz frei ist, obliegt dem Gericht des neuen Sitzes. Ergeben sich keine Anstände, so hat es die Verlegung einzutragen und alle bisherigen Eintragungen zu übernehmen. Das Gericht des alten Sitzes hat sich in seiner Prüfung auf die Ordnungsmäßigkeit der Anmeldung als solche zu beschränken (LG Düsseldorf in BB 66,1036). Anm. 3: Werden zusammen mit der Sitzverlegung andere Rechtsvorgänge zur Eintragung angemeldet, so kann in der Anmeldung die Reihenfolge der Eintragungen bestimmt werden. Mangels einer solchen Bestimmung hat das Registergericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob es diese anderen Anmeldungen noch selbst erledigen oder die Erledigung dem Gericht des neuen Sitzes überlassen will. Soweit die Eintragung Voraussetzung der Änderung ist, ist letztenfalls die Eintragung in das neue Register entscheidend. Anm. 4: Die Sitzverlegung ist in das Handelsregister aller Zweigniederlassungen einzutragen, demnach in sovielen Stücken anzumelden, als Nieder23 7

§45 Anm. 4—6

Gründung der Gesellschaft

lassungen bestehen. Die Gerichte der Zweigniederlassungen haben die Verlegung in den örtlichen Blättern bekanntzumachen. Anm. 5: Wird eine bisherige Zweig- zur Hauptniederlassung, so liegt darin die Aufgabe der ersteren, so daß für die Hauptniederlassung ein neues Blatt anzulegen ist. Wird eine Haupt- zur Zweigniederlassung, so ist sie als solche besonders anzumelden und ein neues Blatt für sie anzulegen. § 45 betrifft nicht Zweigniederlassungen für sich. Diese können nicht verlegt, sondern nur aufgelöst und neu begründet werden. Eine Ausnahme gilt für Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen, da diese wie Hauptniederlassungen behandelt werden (§ 44 Anm. 4), § 45 ist daher äuf diese anwendbar (B.-H. Rn. 3). 111. Mitwirkung des bisherigen Sitzgerichts Anm. 6: Da die Mitwirkung des bisherigen Sitzgerichtes nur formeller Natur, die materiellrechtliche Prüfung nach Abs. 2 Sache des neuen Sitzgerichtes ist, kann in Ausnahmefällen auf erstere verzichtet werden, z. B. wenn die der gesetzlichen Regelung zugrundeliegende einheitliche Registerführung für ganz Deutschland nicht mehr besteht. So ist die Mitwirkung eines in der sowjetischen Besatzungszone gelegenen Sitzgerichtes nicht erforderlich, da bekannt ist, daß diese Mitwirkung in solchen Fällen versagt wird (herrschende Ansicht OLG Düsseldorf in N J W 1950, 470; BGH in Lind.-Möhr. Nr. 1 zu § 38; Barz in Großkomm. Anm. 11). Abzulehnen ist sowohl die Ansicht, daß der Beschwerdeweg ausgeschöpft sein müßte bei versagter Mitwirkung des sowjetzonalen Sitzgerichtes (OLG Celle in MDR 1948, 360), als auch die Meinung, die den Nachweis verlangt, daß das sowjetzonale Registergericht die Mitwirkung versagt hat (Drobning in N J W 1953, 465). Voraussetzung ist, daß die AG in der Bundesrepublik oder West-Berlin als fortbestehend angesehen wird. Hierzu ist erforderlich, daß irgendwelche Vermögenswerte — und seien es auch nur kleine Forderungen — im Gebiet der Bundesrepublik oder West-Berlin vorhanden sind (vgl. BGH 12, 84; 13, 106; N J W 59, 673), denn wenn durch die Beschlagnahme oder die Enteignung eine vollständige Vermögenslosigkeit eingetreten ist, so ist die Gesellschaft untergegangen und kann auch in der Bundesrepublik nicht mehr als fortbestehend angesehen werden (ebenso Beitzke in N J W 1952, 842; Barz in Großkomm. Anm. 11). Fraglich ist, ob eine Sitzverlegung in diesem Sinne auch dann noch erfolgen kann, wenn die Gesellschaft beschlagnahmt oder enteignet und im Handelsregister der Sowjetzone gelöscht worden ist. Die herrschende Ansicht (Fischer in Großkomm. § 38 AktG 37 Anm. 1; Würdinger im RGR-Komm. zum HGB, allgemeine Einleitung Anm. 80) sieht hier für eine Sitzverlegung keinen Raum und verlangt die Begründung eines neuen Sitzes durch Satzungsänderung. 238

Sitzverlegung

§45 Anm. 6,7

Andere (wie Schmidt in J R 49, 553; B.-H. R n . 6) halten eine Satzungsänderung f ü r nicht erforderlich, weil automatisch ein Sitz in Westdeutschland entstehen würde. Wir sind der Ansicht, daß auch hier eine Sitzverlegung im oben dargelegten Rahmen durchgeführt werden kann (BGH in N J W 58, 671). Zunächst sei klargestellt, daß eine Sitzverlegung nichts anderes ist als eine N e u griindung eines Sitzes unter Aufhebung des alten Sitzes durch Satzungsänderung. Geht die herrschende Lehre davon aus, daß die Aufhebung des alten Sitzes bei einer in der Sowjetzone bereits gelöschten Aktiengesellschaft nicht mehr möglich sei, so geht sie insoweit von einer allgemein wirksamen Löschung aus (gegen die frühere Rechtsprechung B G H 5, 35; 17, 209; 20, 4; 25, 134) und könnte dann begrifflich auch keine Satzungsänderung mehr f ü r zulässig ansehen, sondern müßte logisch zur Forderung einer Neugründung der A G kommen. Wir sind jedoch der Ansicht, d a ß hier aus denselben Gründen wie bei einer noch nicht gelöschten A G im sowjetzonalen Gebiet die Sitzverlegung zulässig ist, da f ü r die Bundesrepublik die Gesellschaft als fortbestehend gilt und insoweit naturgemäß mit ihrem alten Sitz. Für die Sitzverlegung ist daher auch in diesem Falle R a u m (ebenso jetzt Barz in Großkomm. Anm. 11). I m übrigen handelt es sich hierbei um einen Streit um Worte, da es f ü r die Praxis ohne Bedeutung ist, wie der Vorgang juristisch gekennzeichnet wird. Das Endergebnis ist in beiden Fällen das gleiche. Die frühere A G erhält einen neuen Sitz in der Bundesrepublik oder West-Berlin, ohne daß das sowjetzonale Handelsregister mitzuwirken braucht.

TV. Sitzverlegung vom Ausland ins Inland Anm. 7: Eine Sitzverlegung vom Ausland ins Inland m u ß als Neugründung vor sich gehen (herrschende Ansicht, f ü r viele Schl.-Qu. § 38 Anm. 8). Eine Ausnahme ist f ü r Sitzverlegungen von Aktiengesellschaften anzunehmen, die ihren Sitz in von Deutschland nach dem Kriege abgetrennten Gebieten haben. Das Reichsgericht hat nach dem ersten Weltkrieg f ü r Sitzverlegung auf solchen Gebieten entschieden (RG 107, 97; 108, 265; K G in J W 1926, 1351), daß die Anmeldung und Eintragung der Sitzverlegung lediglich beim Handelsregister des neuen Sitzes zu erfolgen hat, da die Mitwirkung des Handelsregisters des alten Sitzes nicht mehr möglich war. Diese Grundsätze sind auch nach dem zweiten Weltkrieg f ü r die von Deutschland abgetrennten Gebiete anzuwenden, was der Gesetzgeber in § 14 Zuständigkeitsergänzungsgesetz (BGBl. 52 Seite 407 ff.) ausdrücklich geregelt hat. Eine Sitzverlegung vom Inland ins Ausland ist nicht denkbar. Die Gesellschaft wird im Inland aufgelöst (a. A. Kölner Komm. Anm. 18). In dieser Frage wird eine Änderung eintreten, insbesondere im Rahmen der E W G (vgl. Geßler in BB 67, 324; Drobnik in BB 67, 1207). 239

Vorbem. §§ 46—49 Anm. 1,2

Gründung der Gesellschaft

Vorbemerkungen zu §§ 46—49 Anm. 1: Das Gesetz hat den Schutz des Verkehrs vor Gründungsschwindel durch die Vorschriften der §§ 46—49 gesichert, welche die bei der Gründung mitwirkenden Personen in verschiedenem Umfang und unter verschiedenem Gesichtspunkt vermögensrechtlidi für die Ordnungsmäßigkeit der Gründung haftbar macht. Der im Gesetz ausdrücklich genannte Personenkreis erschöpft die für eine Haftung Infragekommenden nicht, vielmehr gelten daneben auch die allgemeinen Bestimmungen des BGB über unerlaubte Handlungen, da die §§ 46—49 die Möglichkeit der Sdiädigung der Aktiengesellschaft mit Recht anerkennen, obwohl sie in dem Zeitpunkt noch nicht besteht, zu welchem Gründungsverfehlungen sich ereignen können. Beispiel: Die Gründer sind bei Bemessung der Gegenleistung für Sacheinlage oder Sachübernahme arglistig getäuscht worden; der Registerrichter verletzt seine Amtspflicht oder ein Amtsversehen des Notars ist mit ursächlich für einen Fehlbetrag am Grundkapital (vgl. RG 154,284); deshalb ist audi Beihilfe nadi § 830 BGB denkbar. Dabei ist zu beachten, daß die Gesellschaft durch Handlungen allein nicht geschädigt ist, deren Erfolg sich darauf beschränkt, sie vorschriftswidrig ins Leben zu rufen. Hier können wohl u. U. Schadenersatzansprüche Dritter entstehen, wenn diese dadurch geschädigt sind und die allgemeinen Voraussetzungen (ursächlicher Zusammenhang, Verschulden) vorliegen (vgl. RG a.a.O.). Die Gesellschaft selbst aber kann durch ihre Entstehung allein nicht geschädigt sein. Diese Einschränkung bedeutet jedoch nicht, daß nicht durch die Verletzung von Schutzvorschriften für die Gesellschaft ein Schaden entstehen kann, welcher mittelbar auf der Verletzung der Vorschrift beruht, auch wenn die Verletzungshandlung unmittelbar einen anderen Inhalt nicht hatte, als die Gesellschaft vorschriftswidrig ins Leben zu rufen. Ein mitwirkendes Verschulden der Gesellschaft durch Teilnahme der zum Vorstand bestellten Personen an der Verletzungshandlung ist nicht denkbar (so RG a.a.O.), wohl aber nach der Eintragung, soweit der Vorstand es unterläßt, den Schaden abzuwenden oder zu verringern. Anm. 2: Verschieden von dieser Frage ist das Problem, ob eine Haftung der in den §§ 46—49 genannten Personen aus allgemeinen Vorschriften neben der Haftung aus diesen Gesetzesstellen bestehen kann oder ob die Haftung dieser Personen durch das Aktiengesetz erschöpfend geregelt ist. Grundsätzlich haben die aktienrechtlichen Vorschriften den Vorrang, wenn sie erkennbar eine erschöpfende Regelung haben treffen wollen oder im Widerspruch mit der bürgerlich-rechtlichen Vorschrift stehen. Wo der in objektiver und subjektiver Hinsicht völlig gleiche Tatbestand sowohl unter die Vorschriften dieses Gesetzes als auch unter die Vorschriften eines anderen Gesetzes — insbesondere des BGB — gebracht werden kann, ist die ausschließliche Geltung des Aktien240

Vorbemerkungen zu §§ 46—49

V o r b e m . §§ 46—49

Anm. 2—4

gesetzes anzunehmen. Wo aber zusätzliche Tatbestandsmerkmale vorliegen, die den Tatbeständen der §§ 46—49 nicht zuzuzählen sind und neben den Tatbestand dieser Vorschriften auch den Tatbestand eines anderen Gesetzes herstellen oder wo der Tatbestand des anderen Gesetzes vorliegt, aber ein Tatbestandsmerkmal der §§ 46—49 fehlt, halten wir unbedenklich im ersteren Fall die Bestimmungen beider Gesetze, in letzterem Fall jene des anderen Gesetzes für anwendbar (ebenso Kölner Komm. Anm. 4 ; abw. Barz in Großkomm. Anm. 3). Die Frage hat nicht nur für die Verjährung Bedeutung, weil nach § 852 BGB, erst recht nach § 812 BGB, die Verjährung eine ganz andere sein kann als nach § 51. Klarheit über diese Frage ist vielmehr auch wichtig im Hinbiidt auf die Haftung aus Beihilfehandlungen. Wenn nur der Tatbestand dieses Gesetzes vorliegt, kann eine Haftung aus Beihilfehandlungen nur entstehen, wenn das Gesetz eine solche vorsdireibt, nicht aber aus § 830 BGB. Widitig bleibt zu erkennen, daß die Mehrzahl der Tatbestände dieses Gesetzes ungeeignet sind, mit bürgerlich-rechtlichen Tatbeständen zusammenzufallen, wie die Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der zwecks Gründung gemachten Angaben (weil es, solange die Gesellschaft nicht eingetragen ist, an der Person eines Getäuschten fehlt) und wie die Fälle einer nur fahrlässigen Vermögensschädigung (z. B. durch Einlagen, § 46 II). Aktienrechtliche Vorschriften, wie die §§ 26 und 27, können die Bedeutung haben, daß gerade ihre Verletzung den Tatbestand einer bürgerlich-rechtlichen Vorschrift herstellt, z. B. Empfang eines nicht beurkundeten Gründungsaufwandes oder der Gegenleistung einer nicht beurkundeten Sachübernahme (§§ 812 ff. BGB). Ebenso kann im Einzelfall zugunsten der Gesellschaft eine Vertragshaftung begründet sein, so z. B., wenn eine ordnungsmäßige Festsetzung in der Satzung vorliegt, bei Empfängen von Gründungsaufwand und insbesondere bei der Sacheinlage und Sachübernahme; es ist kein Grund ersichtlich, warum in einem solchen Fall eine Schadenersatzpflicht aus Verschulden bei Vertragsschluß oder bei Vertragserfüllung zugunsten der Gesellschaft nicht Platz greifen sollte. Anm. 3: Ansprudisbereditigt ist nur die Gesellschaft, soweit die in den §§ 46—49 geregelte Haftung in Betracht kommt. Diese Vorschriften betreffen daher ausschließlich diesen Anspruch und setzen voraus, daß die Gesellschaft eingetragen wird, da sie erst damit entsteht. Voraussetzung ist nicht, daß die Gesellschaft nicht nadi § 275 nichtig ist. Anm. 4: Indessen können sich die Vorschriften, deren Verletzung diese Haftung gegenüber der Gesellschaft begründet, als Schutzvorschriften gegenüber anderen Personen darstellen, insbesondere, aber nicht nur, soweit sie nach den Bestimmungen dieses Gesetzes mit Strafe bedroht sind oder sich als eine Ord241

V o r b e m . §§ 46—49

Gründung der Gesellschaft

Anm. 4,5 nungswidrigkeit erweisen. Es kann im Einzelfall auch ein Dritter geschädigt sein und, sei es auch nur unter dem Gesichtspunkt mittelbaren Schadens, § 826 BGB anwendbar sein; solche Ansprüche Dritter nach §§ 823 II; 826 BGB sind natürlich unabhängig davon, ob die Gesellschaft eingetragen wird. Als Schutzvorschriften sind alle Vorschriften über die Gründung anzusehen, welche ihre Ordnungsmäßigkeit gewährleisten sollen. Der Kreis der Personen, zu deren Gunsten diese Vorschriften als gegeben anzusehen sind, bedarf einer Begrenzung; nicht jeder, der irgendwann Aktionär oder Gläubiger der Aktiengesellschaft werden wird, kann darunter fallen. Doch erscheint es uns zu eng, nur die Gründer darunter zu verstehen. Die Grenze dürfte jeweils unter dem Gesichtspunkt des adäquaten ursächlichen Zusammenhangs zu ziehen sein. Zu beachten ist, daß regelmäßig durch den der Gesellschaft gewährten Schadenersatz der einem Aktionär oder Gläubiger entstandene Schaden mit beseitigt wird. Anm. 5: Gesamtschuldnerische Haftung der Ersatzpflichtigen ist bezüglich der Gründer und aller Personen, für deren Rechnung ein Gründer gehandelt hat und auch für die sogenannten Gründergenossen ausdrücklich vorgesehen. Aber auch die Haftung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder und Gründungsprüfer wird regelmäßig gesamtschuldnerisch neben jenen sein. Der Ausgleich unter mehreren Haftpflichtigen hängt davon ab, ob unter ihnen ein echtes Gesamtschuldverhältnis nach § 421 BGB besteht. Ein solches setzt nicht einen gemeinsamen Entstehungsgrund der Verpflichtung voraus, sondern die Gleichartigkeit der Leistung (wenn auch vielleicht nur bis zu einer gewissen Höhe), die in der Gleichartigkeit des Zwecks begründet sein muß, um dessen Erreichung es sich handelt. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so besteht kein Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB. — Beispiel: Der Aufsichtsrat bestellt fahrlässig einen ungeeigneten Vorstand. Dieser veranlaßt die Einzahlung der Einlage auf sein Bankkonto (§ 54 III), entnimmt den gleichen Betrag auf separates Konto und zeigt die Bankgutschrift und eine gefälschte Erklärung der Bank nach § 37 I vor. Hier besteht trotz Gleichartigkeit der Schadensersatzleistung kein echtes Gesamtschuldverhältnis und kein Ausgleich. Nur der Aufsichtsrat kann gegen Schadensersatzleistung Abtretung des Ersatzanspruchs der Gesellschaft gegenüber dem treulosen Vorstand verlangen. — Ebensowenig besteht ein echtes Gesamtschuldverhältnis, wenn ein Gründer unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung für die Richtigkeit von Angaben (§ 46 I) Zahlung leisten muß, die eigentlich ein anderer zu leisten gehabt hätte; hier ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Gewährleistung selbst, inwiefern die Leistungspflicht begrenzt ist und daß der aus Gewähr Verpflichtete nur gegen Abtretung der Ansprüche der Gesellschaft gegen die eigentlich Verpflichteten leisten muß. In der Mehrzahl der Fälle wird ein echtes Gesamtschuldverhältnis vorliegen und ein Ausgleichsanspruch gegeben 242

Verantwortlichkeit der Gründer V o r b e m . § § 4 6 — 4 9 / 4 6

Ann. 5

sein. Dieser bemißt sich nadi § 426 BGB, der aber seinerseits nur eine Hilfsvorschrift ist und nur Platz greift, wenn nicht nadi anderen gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen oder selbst Treu und Glauben eine andere Regelung stattzufinden hat. Eine erhebliche Rolle spielt beim Ausgleich § 254 BGB (BGH 17, 214 ff.).

§ 46 Verantwortlichkeit der Gründer (1) Die Gründer sind der Gesellschaft als Gesamtschuldner verantwortlich für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben, die zum Zwecke der Gründung der Gesellschaft über Übernahme der Aktien, Einzahlung auf die Aktien, Verwendung eingezahlter Beträge, Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sacheinlagen und Sadiübernahmen gemacht worden sind. Sie sind ferner dafür verantwortlidi, daß eine zur Annahme von Einzahlungen auf das Grundkapital bestimmte Stelle (§ 54 Abs. 3) hierzu geeignet ist und daß die eingezahlten Beträge zur freien Verfügung des Vorstands stehen. Sie haben, unbeschadet der Verpflichtung zum Ersatz des sonst entstehenden Schadens, fehlende Einzahlungen zu leisten und eine Vergütung, die nicht unter den Gründungsaufwand aufgenommen ist, zu ersetzen. (2) Wird die Gesellschaft von Gründern durch Einlagen, Sadiübernahmen oder Gründungsaufwand vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit geschädigt, so sind ihr alle Gründer als Gesamtschuldner zum Ersatz verpflichtet. (3) Von diesen Verpflichtungen ist ein Gründer befreit, wenn er die die Ersatzpflicht begründenden Tatsachen weder kannte noch bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes kennen mußte. (4) Entsteht der Gesellschaft ein Ausfall, weil ein Aktionär zahlungsunfähig oder unfähig ist, eine Sacheinlage zu leisten, so sind ihr zum Ersatz als Gesamtschuldner die Gründer verpflichtet, welche die Beteiligung des Aktionärs in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit oder Leistungsunfähigkeit angenommen haben. (5) Neben den Gründern sind in gleicher Weise Personen verantwortlich, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben. Sie können sich auf ihre eigene Unkenntnis nicht wegen solcher Umstände berufen, die ein für ihre Rechnung handelnder Gründer kannte oder kennen mußte. 243

§46 Anm. 1,2

Gründung der Gesellschaft

I. Übersicht (Anm. 1) II. Haftungstatbestände 1. Unrichtigkeit und Unvollständigkeit von Angaben (Anm. 2) a) Übernahme von Aktien (Anm. 3) b) Einzahlung auf Aktien (Anm. 4) c) Verwendung eingezahlter Beträge (Anm. 5) d) Sondervorteile, Gründungsaufwand (Anm. 6)

e) Sacheinlagen und Sachübernahmen (Anm. 7) 2. Auswahl der Einzahlungsstelle und freie Verfügbarkeit der Einlagen (Anm. 8) 3. Schäden durch Einlagen, Sachübernahmen oder Gründungsaufwand (Anm. 9) 4. Ausfall von Einlagen (Anm. 10) III. Person des Haftenden und zu vertretendes Versdiulden (Anm. 11 u. 12) IV. Umfang der Haftung (Anm. 13—17)

L Obersicht Anm. 1: Die Vorschrift entspricht, abgesehen von sprachlichen Abweichungen, dem § 39 AktG 37. Gründer sind die Personen, welche die Satzung festgestellt und alle Aktien übernommen haben (§ 28). Ihnen gleichgestellt sind nach Abs. 5 diejenigen Personen, für deren Rechnung Gründer Aktien übernommen haben. Neben ihnen können als Gesamtschuldner noch andere Personen haften, insbesondere die in den §§ 47, 48 und 49 genannten, u. U. auch Dritte (s. insow. Vorbem. zu §§ 46—49 Anm. 1). II. Haftungstatbestande 1. Unrichtigkeit und UnVollständigkeit von Angaben Anm. 2: Das Gesetz führt eine Reihe von Tatbeständen auf, die eine Haftung auslösen können. Danach tritt zunächst eine Haftung ein für unrichtige oder unvollständige Angaben, die zum Zwecke der Gründung gemacht werden. Zu diesem Zweck sind Angaben gemacht, die in der Satzung, im Gründungsbericht oder in der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister gemacht werden. Empfänger der Angaben kann der Vorstand und Aufsichtsrat sein (im Gründungsbericht), aber auch der Gründungsprüfer und vor allem das Registergericht; auch einer Behörde gegenüber kann die Angabe zu machen sein, um eine erforderliche Genehmigung zu erlangen (h. A.). Ob die Angabe für die Gründung erforderlich oder ursädilich war, ist belanglos, aber sie muß im Gründungsstadium gemacht worden sein (vgl. Schl.-Qu. § 39 Anm. 2; Barz in Großkomm. Anm. 5). RG 127, 185 und die herrschende Lehre lassen bis zur Eintragung die Berichtigung einer Angabe zu, verneinen insbesondere das Vorliegen des hier erörterten Haftungstatbestandes, wenn sich die Unrichtigkeit einer Angabe aus richtigen anderen Anmeldungsunterlagen ergibt (ebenso Düringer-Hachenburg § 202 Anm. 11; Pinner in JW 30, 3734). Dem kann nicht ohne Einschränkung zugestimmt werden. Da es sich regelmäßig um die Gewähr244

Verantwortlichkeit der Gründer

§46

Anm. 2—5

leistung für die Richtigkeit einer Angabe handelt, kann diese nicht dadurch ausgeschlossen oder gemindert sein, daß sich aus einer anderen Angabe der richtige Tatbestand ergibt. Letzteres kann u. U. dazu führen, daß der der unrichtigen Angabe entsprechende Sachverhalt, den ihr Urheber zu gewährleisten hat, eintritt. Dann ist der Anspruch auf Gewährleistung gegenstandslos (s. Anm. 13). Ganz etwas anderes ist es, wenn die unrichtige Angabe selbst ausdrücklidi klar und unzweideutig berichtigt wird. Insoweit kann man Barz (in Großkomm. Anm. 7) zustimmen. In einem solchen Fall liegt aber praktisch keine unrichtige Angabe mehr vor, sondern eine berichtigte Angabe. Der Sachverhalt ist alsdann ein wesentlich anderer als der, der der Entscheidung in RG 127,185 zugrunde lag. Die Gegenstände, die von den Angaben betroffen werden können, sind im Gesetz abschließend aufgezählt, so daß unrichtige oder unvollständige Angaben über andere Dinge nicht die Haftung aus § 46 auslöst; unberührt bleibt allerdings insoweit eine Haftung aus anderen Gründen, z. B. aus § 823 BGB. Das Gesetz zählt als möglichen Gegenstand der Angaben auf: a) Übernahme von Aktien Anm. 3: Alle Aktien sind von den Gründern zu übernehmen (§ 2), was durch die Obernahmeerklärung erfolgt (vgl. im einzelnen § 23 Anm. 19—22 und § 29 Anm. 2). Angaben hierüber sind im Gründungsbericht zu machen (§ 32 I), worauf sich auch die Gründungsprüfung erstreckt (§ 34 I Nr. 1). Die Angabe betrifft auch besondere Angaben über die Übernahme von Aktien seitens der Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder oder für deren Rechnung (§ 32 III), da dies eine Gründungsprüfung auslösen kann (§ 33 II Nr. 1 und 2). b) Einzahlung auf Aktien Anm. 4: Vor der Anmeldung müssen die eingeforderten Beträge eingezahlt sein. Dies ist in der Anmeldung ausdrücklich zu erklären (§ 37 I). Die Angabe muß enthalten, daß auf jede einzelne Aktie der eingeforderte Betrag geleistet worden ist. Begrifflich gehört hierher auch die Angabe, daß die Beträge zur freien Verfügung des Vorstands stehen (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 6 b); der Gesetzgeber hat dies jedoch gesondert geregelt (s. Anm. 8). c) Verwendung eingezahlter Beträge Anm. 5: Nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung dürfen Gebühren und Steuern vor Anmeldung der Gesellschaft von den auf das Grundkapital eingezahlten Beträgen bezahlt werden (§ 36 II; § 37 I S. 5). In der Anmeldung sind Angaben zu machen, welche Beträge hierfür aufgewendet worden sind, und zwar nach Art und Höhe — § 37 I S. 5 — (vgl. § 36 Anm. 13; § 37 Anm. 3). 245

§46

Anm. 6—8

Gründung der Gesellschaft

d) Sondervorteile, Gründungsauf wand Anm. 6: Vereinbarungen hierüber bedürfen der Festsetzung in der Satzung (§ 26 I und II). Angaben hierüber sind zu machen im Gründungsberidit (§ 32) und in der Anmeldung (§ 37 II Nr. 2), der eine Berechnung über den der Gesellschaft zur Last fallenden Gründungsaufwand beizufügen ist. Fraglich ist, ob Angaben über Sondervorteile im Gründungsberidit und in der Anmeldung nicht gemadit werden müssen, wenn sie in der Satzung nidit festgesetzt worden sind, weil die darüber getroffenen Vereinbarungen dann der Gesellschaft gegenüber unwirksam sind (so Barz in Großkomm. Anm. 11). Dem ist zuzustimmen. Sind sie der Gesellschaft gegenüber unwirksam, so bestehen für diese die Vereinbarungen nicht. Werden demnach hierüber keine Angaben gemacht, so entspridit die darin liegende Negativerklärung der bestehenden Rechtslage, es kann auch die Gesellschaft von niemandem in Anspruch genommen werden. Anderes gilt kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung (Abs. 1 letzter Satz) für den Gründungsaufwand. Hier tritt eine Haftung für Vergütungen ein, sofern sie nicht in der Satzung festgesetzt ist. Grund hierfür ist, daß ein Dritter, der gutgläubig derartige Vergütungen entgegengenommen hat, geschützt werden soll (Barz in Großkomm. Anm. 11). e) Sacheinlagen und Sachübernahmen Anm. 7: Vereinbarungen hierüber bedürfen ebenfalls der Festsetzung in der Satzung (§ 27). Unterbleibt dies, so ist die Vereinbarung der Gesellschaft gegenüber unwirksam. Uber fernerhin unterlassene Angaben über in der Satzung nicht festgesetzte Sacheinlagen und Sachübernahmen gilt daher das gleiche, wie in Anm. 6 über die Sondervorteile Gesagte. Im übrigen sind Angaben über Sadieinlagen und Sachübernahmen ebenfalls im Gründungsbericht und in der Anmeldung zu machen. Hierunter fallen insbesondere auch die Angaben über die Angemessenheit der Leistung und Gegenleistung. Ebenso fallen Angaben hierunter, ob die Gesellschaft an Stelle einer Sacheinlage nach § 27 II nur eine Geldeinlage erhalten hat (Barz in Großkomm. Anm. 11). 2. Auswahl der Einzahlungsstelle und freie Verfügbarkeit der Einlagen Anm. 8: Neben der Haftung für Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben besteht eine Haftung für die Auswahl der Einzahlungsstelle und die freie Verfügbarkeit der Einlagen für den Vorstand. Aus dieser Vorschrift ergibt sich indirekt, daß die Haftenden (s. Anm. 11 und 12) bei der Auswahl der Einzahlungsstelle mitzuwirken haben, denn es handelt sich insoweit lediglich um die Haftung für die richtige Auswahl. Angaben über die Eignung dieser Stelle sind mangels entsprechender gesetzlicher Bestimmung nirgends zu machen. Es ist bei der Auswahl darauf zu achten, daß die Stelle zahlungsfähig ist. 246

Verantwortlichkeit der Gründer

§46 Anm.8,9

Die Haftung dafür, daß die Beträge zur freien Verfügung des Vorstandes stehen, ist inhaltlich eine Haftung für die Richtigkeit der Angaben (s. Anm. 4), daß die eingezahlten Beträge zur freien Verfügung des Vorstands stehen. Hier handelt es sich also um die Richtigkeit der diesbezüglich nach § 37 bei der Anmeldung zu madienden Angaben. Die Haftung besteht insbesondere auch dann, wenn die eingezahlten Beträge zwar wohl soweit vorhanden, aber nicht mehr in der vollen Höhe der ursprünglichen Einzahlung zur freien Verfügung des Vorstands stehen, weil sie inzwischen unzulässigerweise ausgegeben worden sind und dies wahrheitswidrig verschwiegen, statt angegeben worden ist, was freilich die Eintragung hätte vereiteln müssen. Eine Unklarheit hat der Gesetzgeber durch eine Neuformulierung beseitigt, indem er bei der Aufzählung der Tatbestände in Satz 2 das Wort „namentlich" durch die Worte „und das" ersetzt und damit zum Ausdrude gebracht hat, daß hier zwei selbständige Tatbestände nebeneinander stehen. Eine Unebenheit ist allerdings erhalten geblieben, die Verantwortlichkeit dafür, daß eine zur Annahme von Einzahlungen auf das Grundkapital bestimmte Stelle hierzu geeignet ist, stellt einen besonderen Tatbestand dar, während Verantwortlichkeit dafür, daß die eingezahlten Beträge zur freien Verfügung des Vorstands stehen, einer der in Abs. 1 S. 1 aufgestellten Fälle von Gewährleistungspflicht für die Richtigkeit und Vollständigkeit der zwedes Gründung gemachten Angaben darstellt. 3. Schäden durch Einlagen, Sachübernahmen oder Gründungsaufwand Anm. 9: Ferner besteht eine Haftung für Schäden durch Bar- oder Sacheinlagen, Sadiübernahmen oder Gründungsaufwand. Sondervorteile sind nicht genannt, da durch diese nicht der Gesellschaft, sondern nur Aktionären Schaden entstehen kann. Schaden kann zugefügt werden durch Uberbewertung eingelegter oder übernommener Vermögensgegenstände oder unangemessen hohen Gründungsaufwand oder in anderer Weise. — Zum Beispiel kann durch Übernahme eines Warenlagers, das nicht versichert wird und nach der Ubergabe abbrennt, ein Schaden entstehen. Es hätte entweder die Übergabe und damit der Gefahrenübergang (§§ 446, 447 BGB) bis zur Eintragung vermieden oder eine Versicherung abgeschlossen werden müssen. Die Haftenden können sich nicht etwa dadurch gegen eine Haftung für diesen Schaden schützen, daß sie nach § 27 entsprechende Festsetzungen in der Satzung treffen und insbesondere im Gründungsbericht erschöpfende richtige Angaben machen, welche diese Schäden offenlegen und eine Haftung nach Abs. 1 ausschalten. Ohne Rücksicht auf Festsetzung in der Satzung, Offenlegung oder Verheimlichung tritt in einem solchen Fall die Haftung nach § 46 II ein. Ob der Bareinleger als solcher, bei der Sachübernahme der Veräußerer, der Empfänger zu hohen Gründungsaufwandes schadenersatzpflichtig ist, regelt nicht § 46, sondern § 47 Nr. 1 und 2. 247

§46

Anm. 10,11

Gründung der Gesellschaft

4. Ausfall von Einlagen Anm. 10: Schließlich besteht eine Haftung für den Ausfall von Einlagen, d. h. für die Zahlungsunfähigkeit eines Aktionärs oder die Unfähigkeit, eine Sadieinlage zu leisten. Die bisher strittige Frage, ob die Bestimmung auch für Sacheinlagen gilt, ist nunmehr vom Gesetzgeber dahin entschieden, daß die Haftung auch dann eintritt, wenn ein Aktionär unfähig ist, eine Sacheinlage zu leisten. Der Zahlungsunfähigkeit des zu einer Geldleistung verpflichteten Aktionärs steht die Leistungsunfähigkeit des zu einer Sadieinlage verpflichteten Aktionärs gleich. Der Zweck der Vorschrift läßt nicht zu, ihre Anwendbarkeit auf Zahlungsunfähigkeit im konkursrechtlichen Sinne zu beschränken. Zahlungsunfähigkeit ist vielmehr das Unvermögen, die übernommene Bareinlage zu leisten. Da die Haftung der Gründer voraussetzt, daß sie diese zur Zeit der Annahme der Beteiligung gekannt, nicht nur vorausgesehen haben, muß die Zahlungsunfähigkeit damals bestanden haben. Für Bestehen und Kenntnis entscheidet also der Zeitpunkt der Annahme der Beteiligung. Es ist ein Gebot der Vernunft, den Haftenden bis zur Eintragung das Recht einzuräumen, die Annahme rückgängig zu machen, wenn sie nachträglich die Zahlungsunfähigkeit erfahren, und zwar ohne die zeitliche Beschränkung des § 121 BGB. Die Haftung muß demzufolge auch angenommen werden, wenn sie diese Rückgängigmachung unterlassen (h. A.; für viele Barz in Großkomm. Anm. 15). ED. Person des Haftenden und zu vertretendes Versdiulden Anm. 11: Eine Haftung nach § 46 besteht lediglich für die Gründer (§ 28). Diesen gleichgestellt werden die Personen, für deren Rechnung von Gründern Aktien übernommen worden sind (Abs. 5; s. Anm. 12). Das Verschulden ist verschieden für die Haftung nach Abs. 1 und 2 einerseits und des aus Abs. 4 andererseits. Für das Verschulden für eine Haftung aus Abs. 1 oder 2 bestimmt Abs. 3, daß der Gründer die die Ersatzpflicht begründenden Tatsachen kennen mußte oder bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes hätte kennen müssen. Es ist hierbei gleichgültig, ob es sich bei dem Haftenden um einen Geschäftsmann handelt oder nicht, der Maßstab seiner Sorgfalt richtet sich immer nach dem eines ordentlichen Geschäftsmannes. Für die Haftung für richtige und vollständige Angaben heißt das, daß der Gründer alle Angaben, die gemacht werden, sorgfältig zu überprüfen hat. Dies bezieht sich auch auf Angaben anderer Personen, was nicht ausschließt, daß ihm nach Abs. 3 die Haftung erlassen wird, wenn er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der eigenen oder der fremden Angaben weder kannte noch bei der Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes kennen mußte. Hinsichtlich der Verschuldensfrage ist jedoch die Beweislast 248

Verantwortlichkeit der Gründer

§46

Anm. 11

zuungunsten des Gründers umgekehrt. Den objektiven Tatbestand, insbesondere die Unrichtigkeit der Angaben, wie alle sonstigen Voraussetzungen für Bestand und Höhe des Anspruchs hat die Gesellschaft darzulegen und zu beweisen. Der Gründer hat zu beweisen, daß ihn kein Verschulden trifft. Hinsichtlich der Haftung für die Eignung der Einzahlungsstelle will Barz (in Großkomm. Anm. 12) dem Gründer der Pflicht zur Nachprüfung der Bestätigung der Bank aufbürden, die die freie Verfügung des Vorstands über die eingezahlten Beträge bestätigt. Dies kann u. E. den Gründern nicht aufgebürdet werden. Ist die Stelle an sich geeignet, so kann der Gründer darauf vertrauen, daß die von dieser Stelle abgegebene Bestätigung richtig ist. Gibt die Stelle wahrheitswidrig eine solche Bestätigung, so haftet sie der Gesellschaft ohnedies für einen eventuell eintretenden Schaden (vgl. § 3 7 Anm. 3 a. E.). Grundsätzlich haften alle Gründer für Vorsatz und jede auch nur leichte Fahrlässigkeit, wenn sie die die Ersatzpflicht begründenden Tatsachen bei Aufwendung der Sorgfalt eines ordentlidien Geschäftsmanns erkennen mußten. Daß er letzteres nicht konnte, hat jeder Gründer von sich zu beweisen, wenn er von der Haftung loskommen will. Aber die Haftung aller hat bei der Haftung nach Abs. 2 — der insoweit eine Besonderheit aufweist — die von der Gesellschaft zu beweisende Voraussetzung, daß der Schaden wenigstens durdi einen der Gründer allein oder mitverursacht ist und daß diesen Gründer der Vorwurf des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit trifft. Hierbei ist es gleichgültig, ob er Bar- oder Sacheinleger ist, Veräußerer, Empfänger des zu hohen Gründungsaufwandes, Teilnehmer an den darüber getroffenen Vereinbarungen, Empfänger der der Gesellschaft gemachten Leistung, und ob er mittelbar oder unmittelbar den Schaden verursacht hat. Wenn diesem eigentlidien Schädiger unter den Gründern nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, so haftet keiner der Gründer, auch der Schädiger nidit, es sei denn vertraglich. Der Sacheinleger gehört, wenn die Gesellschaft durch eine Sacheinlage geschädigt wurde, natürlich immer zu denjenigen Gründern, welche den Schaden verursacht haben. Wenn ihn der Vorwurf des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit trifft, haftet er und haften alle. Es kann aber sehr wohl sein, daß ihn nur leichte, einen anderen Gründer aber, der mehr als er von dem Wert der Sadieinlage, insbesondere für die Gesellschaft verstand und die Vereinbarung mit ihm getroffen hat, grobe Fahrlässigkeit traf. Auch dann haften alle Gründer und dementsprechend audi der Sacheinleger mit. Wenn aber weder ihm noch einem anderen Gründer, der die Schäden mitverursacht hat, schweres Verschulden zur Last fällt, haftet außervertraglich aktienrechtlich weder Sacheinleger noch sonst ein Gründer. Boesebeck (DR 39, 436) und Barz (in Großkomm. Anm. 13) neigen dazu, den Sacheinleger ohne Rücksicht auf sein oder eines anderen Gründers Verschulden für den vollen Wert der 249

§46 Anm. 11,12

Gründung der Gesellschaft

Sacheinlage nach § 27 II Schlußsatz einstehen zu lassen und § 46 II nicht auf ihn, sondern nur auf andere Gründer anzuwenden, d. h., bei mindestens leichter eigener Fahrlässigkeit haften zu lassen. Die Annahme einer so weitT gehenden Werthaftung des Sacheinlegers ist gesetzlich nicht begründet. Eine Ausdehnung des § 27 II halten wir nicht für zulässig (vgl. § 27 Anm. 1), auch könnte es nadi Lage des Falles u. U. ganz unmöglich sein, den Sacheinleger schadenersatzpflichtig zu machen, auch wenn er grober Fahrlässigkeit schuldig ist, wenn man nicht die aktienrechtliche Bestimmung des § 46 auf ihn anwendet. Das Verschulden der Haftung nadi Abs. 4 erfordert positive Kenntnis der Unfähigkeit, die Bar- oder Sacheinlage zu erbringen. Zu beachten ist jedoch, daß späteres Kennenlernen ebenfalls ein Verschulden sein kann (s. Anm. 10). Anm. 12: Personen, für deren Redinung Gründer Aktien übernommen haben, haften wie wenn sie Gründer wären. Sie haften neben den Gründern gesamtschuldnerisch in allen Fällen, in welchen aus der Gründerhaftung Ansprüdie entstehen, also für die zwecks Gründung gemachten Angaben, ohne selbst welche gemacht zu haben, und für alle anderen Haftungstatbestände des § 46. Auf unverschuldete Unkenntnis können sie sich nur berufen, wenn sowohl sie selbst sich in solcher befunden haben, als auch die für ihre Rechnung handelnden Gründer. Dies gilt auch für die Fälle des Abs. 2. Sie haften nicht nur neben, sondern auch in gleicher Weise wie ein Gründer, also auch für ihre eigenen Angaben. Beispiel: Ein Bankier versucht ein bei ihm verschuldetes Unternehmen in seinem eigenen Interesse zu entschulden, indem er eine Aktiengesellschaft gründen läßt, an der er sich in mäßigem Umfang durch einen Strohmann beteiligt und welche nach ordnungsmäßiger Festsetzung in der Satzung das Unternehmen durch Sachübernahme übernimmt. Dabei unterläuft ihm grob fahrlässig eine Überbewertung. Würde die Haftung auf diesen Fall nicht ausgedehnt werden, so hätte der Bankier nicht für den Schaden einzustehen, weil es im bürgerlichen Redit eine Haftung für nur fahrlässige Vermögensschädigung nicht gibt. — Oder: Ein Vorstand bedient sidi zwecks Übernahme von Aktien eines Strohmannes, welcher nicht weiß, daß sein Auftraggeber nur Zwischenmann ist. Infolgedessen unterbleibt die Angabe der Beteiligung des Vorstandsmitglieds im Gründungsbericht und demnach findet auch keine Gründungsprüfung statt. Entstehen aus dieser Beteiligung der Gesellschaft Schäden, so haftet der Zwischenstrohmann. Auf Vollmacht und gesetzliche Vertretung ist Abs. 5 entsprechend anwendbar (herrschende Ansicht). Der Vertreter haftet nach § 47 und § 823 BGB, der Vertretene unter dieser Voraussetzung nach § 831 (u. U. § 278 BGB). 250

Verantwortlichkeit der Gründer

§ 46 Anm. 13,14

IV. Umfang der Haftung Anm. 13: Der Umfang der Haftung ist verschieden, je nachdem, welcher Haftungstatbestand zugrunde liegt. Die vom Gesetz aufgestellte Verantwortlichkeit für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Gründerangaben, wozu auch die Angabe über die freie Verfügung des Vorstands über die eingezahlten Beträge gehört, ist inhaltlich eine Gewährleistung. Im allgemeinen ist es nicht denkbar, daß die Gesellschaft dadurch geschädigt wird, daß sie unter ungesetzlichen Bedingungen ins Leben tritt, ohne welche sie überhaupt nicht entstanden wäre. Die Tatsache ihrer Entstehung als solche allein kann niemals als ein ihr zugefügter Schaden angesehen werden. U m eine Schadenersatzpflicht handelt es sich hier also nicht. Vielmehr haben die Gründer den Zustand herzustellen, welcher bestehen müßte, wenn man die Angaben, für welche sie aufzukommen haben, für richtig und vollständig setzt (vgl. R G 144, 356; B G H 29, 306; ebenso Boesebeck in D R 39, 320); z. B. die Gründer haben im Gründungsbereich verschwiegen, daß Aktien für Rechnung eines Vorstandsmitglieds übernommen worden sind. Eine Gründungsprüfung hat deshalb nicht stattgefunden. Aus dieser Beteiligung entwickelt sich später ein Vermögensschaden für die Gesellschaft. Er wäre auch entstanden, wenn die Gründer die verschwiegene Beteiligung angegeben hätten, aber er wäre nicht entstanden, wenn die Beteiligung nicht bestanden hätte, wie nach dem Gründungsbericht anzunehmen war. Deshalb haben die Gründer dafür aufzukommen. — Oder: Die Gründer haben die vorausgegangenen Rechtsgeschäfte, die auf den Erwerb von Sacheinlagen durch die Gesellschaft hingezielt haben, unrichtig und demnach ihren Zwischengewinn zu niedrig angegeben. Die Gesellschaft ist durch die unrichtige Angabe nicht geschädigt worden. Die Gegenleistung wäre in der Satzung ebenso festgesetzt worden, wenn der wahre Zwischengewinn aus dem Gründungsbericht ersichtlich gewesen wäre. Der Zwischengewinn braucht die Gegenleistung nicht unangemessen zu machen. Es besteht die Möglichkeit, daß auch bei richtigen Angaben die Gesellschaft eingetragen worden wäre. Trotzdem haben die Gründer zu gewährleisten, daß die Angaben richtig sind, demnach auch, daß sie keinen höheren Zwischengewinn gemacht haben, als aus den Angaben hervorging und demnach den Mehrgewinn herauszugeben (ebenso für den Aufsichtsrat R G 144, 348; 154, 276 ff.). Anm. 14: Der Inhalt der Gewährleistungspflicht ist Herstellung des Zustands, der den unrichtigen und unvollständigen Angaben entspricht (s. Anm. 13), einschließlich aller Schäden, die die Gesellschaft im Vergleich mit diesem Zustand dadurch erlitten hat, daß die Wirklichkeit diesen Angaben nicht entsprach. Dazu gehört auch ein dadurch entgangener Gewinn. Dieser Inhalt zeigt sich in nachstehenden Folgerungen, und zwar in der Verpflichtung, fehlende Einlagen zu leisten und eine Vergütung zu ersetzen, die nicht 251

§ 46 Anm. 14,15

Gründung der Gesellschaft

unter dem Gründungsaufwand aufgenommen ist. Es braucht sich hier nicht um einen Schaden zu handeln (Wolany in Die AktGes. 66, 121; Barz in Großkomm. Anm. 12). Der Gründer, der die auf die Aktie eingeforderte Einzahlung nidit geleistet hat, kann durchaus zahlungsfähig sein, desgl. der Empfänger eines in der Satzung nicht aufgenommenen oder unwirksamen Gründungsaufwandes war, der entweder nach § 47 I oder nach den Grundsätzen über ungerechtfertigte Bereicherung der Gesellschaft zurückzugeben ist. Unabhängig vom Schaden haften jedoch alle Gründer für die Einzahlung und die Rückzahlung des ungesetzlichen Gründungsaufwands nicht nur hilfsweise, aber doch nur gegen Abtretung des Anspruchs der Gesellschaft gegen den Aktionär, weil die Gewährleistung nicht zu einer Besserstellung der Gesellschaft führen darf. Ebenso wie auf Ersatz fehlender Einzahlung haften die Gründer auch auf Vollübernahme, wenn nicht alle Aktien übernommen sind. Das ist auch nach dem jetzigen Gesetz trotz Abschaffung der Stufengründung möglich, nämlich stets dann, wenn eine Aktienübernahme nichtig ist, beispielsweise, weil der Übernehmer geisteskrank war. Der Fall liegt anders als bei der Haftung für falsche Angaben über geleistete Einlagen, in welchem die Aktie als Redit für den Ubernehmer entstanden ist und der Übernehmer Aktionär bleibt, auch wenn die Einzahlung von Dritten aus der Gründerhaftung erfolgt; die Zahlenden können nidit einmal von ihm die Übertragung des Aktienrechts, sondern nur Ersatz ihrer Zahlung verlangen. Bei falschen Angaben über die Übernahme von Aktien dagegen werden die Gründer, die die nicht übernommenen Aktien übernehmen, auch insoweit selbst Aktionäre. Bei fehlender Übernahme von Aktien können zwar die Aktien unter die Haftenden verteilt werden, aber alle Haftenden haben nach der Verteilung für die Erfüllung der Einzahlungspflicht eines jeden voll zu haften. Die Verpflichtungen ergeben sich von selbst aus der in Satz 1 vorgeschriebenen Verantwortlichkeit, ebenso wie die weitergehende, vom Gesetz gleichfalls besonders erwähnte Verpflichtung zum Ersatz des „sonst entstandenen Schadens", denn aus der Gewährleistung ergibt sich, daß die Gründer den Zustand herbeiführen müssen, der den zum Zweck der Gründung gemachten Angaben entspricht, wenn sie für wahr und vollständig gesetzt werden. Man kann darüber streiten, ob die Formulierung des Gesetzestextes insofern zweckmäßig ist, als im letzten Satz des Abs. 1 die Verpflichtungen, die sich aus der Verantwortung der Gründer ergeben, nur teilweise aufgeführt und hervorgehoben sind. Anm. 15: Die Verantwortlichkeit der Gründer für Eignung der zur Annahme der Zahlung bestimmten Stelle ist eine reine Schadenersatzpflicht für Verschulden bei der Auswahl. Eine reine Gewährleistung für die Eignung oder Bürgschaft oder Haftung für die Stelle, was denkbar wäre, ist nicht 252

Verantwortlichkeit anderer Personen neben den Gründern

§§

46/47

Anm. 16,17

bestimmt, weil die Entschuldigung nach Abs. 3 bei einer solchen Rechtsnatur dieser Verantwortlichkeit sinnlos wäre. Demnadi bleibt nur übrig, anzunehmen, daß die Gründer bei der Auswahl dieser Stelle mitzubestimmen und dabei für die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes aufzukommen haben. Eignung hat zur Voraussetzung, daß Gewißheit besteht, daß der Vorstand über die eingezahlten Beträge verfügen kann. Anm. 16: Die Schadenersatzpflicht wegen Schäden durch Einlagen, Sachübernahmen oder Gründungsaufwand besteht zunächst aufgrund des der Gesellschaft zugefügten Schadens als solchen schon. Der Sdiaden kann auch auf Sachmängel oder Unmöglichkeit der Erfüllung beruhen, dann gilt gegenüber den Gründern § 46 I I und I I I , gegenüber dem Einleger, da er nach § 28 immer Gründer ist, ebenfalls gegenüber dem Veräußerer bei der Sachübernahme Vertragsrecht und § 47 Nr. 2. Der Inhalt des Haftungsanspruchs der Gesellschaft gegenüber dem Gründer besteht im Ersatz des Schadens, also meist wohl in dem Ausgleich des Minderwertes des Gegenstandes der Sacheinlage oder Sadiübernahme oder in der Erstattung des zu hohen Gründungsaufwandes gegen Abtretung der der Gesellschaft etwa zustehenden Ansprüche. Anm. 17: Die Haftung für den Ausfall der Leistung ist eine Ausfallhaftung und keine Schadenersatzpflicht. Sie besteht nur hilfsweise. Der aus ihr Inanspruchgenommene kann die vorherige Durchführung des Aussdilußverfahrens nach § 64 verlangen (bestr.; ebenso Barz in Großkomm. Anm. 17; auch B.-H. Rn. 8 haben sich jetzt dieser Ansicht angeschlossen. S 47 Verantwortlichkeit anderer Personen neben den Gründern Neben den Gründern und den Personen, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben, ist als Gesamtschuldner der Gesellschaft zum Schadenersatz verpflichtet, 1. wer bei Empfang einer Vergütung, die entgegen den Vorschriften nicht in den Gründungsaufwand aufgenommen ist, wußte oder nach den Umständen annehmen mußte, daß die Verheimlichung beabsichtigt oder erfolgt war, oder wer zur Verheimlichung wissentlich mitgewirkt hat; 2. wer im Fall einer vorsätzlichen oder grobfahrlässigen Schädigung der Gesellschaft durch Einlagen oder Sachübernahmen an der Schädigung wissentlich mitgewirkt hat; 3. wer vor Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister oder in den ersten zwei Jahren nach der Eintragung die Aktien öffentlich ankündigt, um sie in den Verkehr einzuführen, wenn er die Unrichtigkeit oder 253

§ 47

Anm. 1,2

Gründung der Gesellschaft

Unvollständigkeit der Angaben, die zum Zwecke der Gründung der Gesellschaft gemacht worden sind (§ 46 Abs. 1), oder die Schädigung der Gesellschaft durch Einlagen oder Sachübernahmen kannte oder bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes kennen mußte. I. Obersicht (Anm. 1) II. Haftung wegen Verheimlichung im Gründungsaufwand 1. Haftungstatbestände (Anm. 2) 2. Haftungsumfang (Anm. 3) 3. Verhältnis zu anderen Vorsdiriften (Anm. 4)

III. Haftung für Schäden durch Einlagen oder Sachübernahmen (Anm. 5) IV. Haftung wegen Ankündigens von Aktien 1. Haftungstatbestand (Anm. 6 u. 7) 2. Anspruchsberechtigter (Anm. 8)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift entspricht im wesentlichen § 40 AktG 37. Sie behandelt die Haftung der Gründergenossen und faßt eine Reihe von Verantwortlichkeiten ganz verschiedener Art zusammen. Nach den einleitenden Worten handelt es sich hierbei um Schadenersatzverpflichtungen gegenüber der Gesellschaft, welche sonadi voraussetzen würden, daß die Gesellschaft einen Vermögensschaden erlitten hat. In Wahrheit ist dieser aber nur bei Nr. 2 Voraussetzung des Ersatzanspruches, während nach Nr. 1 ein Gewährleistungsanspruch (a. A. Kölner Komm. Anm. 6) ohne Rücksicht darauf besteht, ob der in dem Gründungsaufwand vorschriftswidrig nicht aufgenommenen Vergütung eine vollwertige Gegenleistung gegenüberstand und bei Nr. 3 für gewisse gegen die Gründer, teils aus Gewährleistung, teils aus Schädigung der Gesellschaft herzuleitende Ansprüche, eine gesamtschuldnerische Haftung neben den Gründern aufgestellt wird. Neben der Haftung gegenüber der Gesellschaft kann aus besonderen Gründen eine Haftung gegenüber den einzelnen Aktionären oder Gläubigern bestehen. Das ist stets der Fall, wenn Vorschriften verletzt werden, die sich als Schutzvorschrift gegenüber anderen Personen darstellen (vgl. Vorbem. zu §§ 46—49). II. Haftung wegen Verheimlichung im Gründungsaufwand 1. Haftungstatbestände Anm. 2: Nr. 1 setzt den folgenden sachlichen Tatbestand voraus: Eine Vergütung, welche nach § 26 in den durch die Satzung festzusetzenden Gesamtgründungsaufwand aufzunehmen war, ist ohne diese Aufnahme gewährt und entgegen § 32 I I I im Gründungsbericht nicht erwähnt und in die der Anmeldung nach § 37 I I Nr. 2 beizufügende Berechnung nicht aufgenommen worden. Es haften neben den Gründern als Gesamtschuldner 254

Verantwortlichkeit anderer Personen neben den Gründern

§ 47

Anna. 2 , 3

a) der Empfänger der Vergütung, wenn er wußte oder den Umständen nach bei Empfang der Vergütung annehmen mußte, daß beabsichtigt oder bereits unternommen war, die Vergütung zu verheimlichen; b) wer wissentlich, d. h. vorsätzlich (es genügt Eventualvorsatz) zur Verheimlichung mitgewirkt hat. Es muß angenommen werden, daß der Tatbestand der Verheimlichung mit den Worten „die entgegen den Vorschriften nicht in den Gründungsaufwand aufgenommen ist" voll beschrieben ist und keine weiteren objektiven und subjektiven Merkmale erfordert. Dies ergibt sich aus dem Gesetzestext, der den objektiven Tatbestand im weiteren mit „Verheimlichung" bezeichnet. Es fragt sich aber, ob die Vergütung schon dann entgegen den Vorschriften in dem Gründungsaufwand nicht aufgenommen ist, wenn sie entweder in den in der Satzung festgesetzten Gesamtaufwand nicht einbegriffen, im Gründungsberidit oder in der Beilage zu der Anmeldung nicht erwähnt ist oder erst, wenn alles dies unterblieben ist. Festsetzung in der Satzung und die der Anmeldung beizufügende Berechnung können nicht wohl voneinander abweichen. U. E. kann von einer Verheimlichung nicht mehr gesprochen werden, wenn die Vergütung in der Berechnung oder im Gründungsbericht erwähnt wird. Darüberhinaus heißt es im Gesetz „entgegen den Vorschriften" und nicht etwa „entgegen einer der Vorschriften". Ist die Vergütung in einer der drei möglichen Unterlagen — Satzung, Gründungsbericht, Beilage zur Anmeldung — aufgenommen worden, so ist die Unrichtigkeit der anderen offensichtlich, so daß von einer Verheimlichung nicht mehr die Rede sein kann. Der Registerriditer wird und muß bis zur Beseitigung dieses Mangels die Eintragung ablehnen; trägt er trotzdem ein, so trifft ihn die Haftung. Nicht erforderlich ist, daß die Verheimlichung von den Gründern beabsichtigt war. Es genügt die tatsächliche entgegen den Vorschriften unterbliebene Aufnahme der Vergütung im Gründungsaufwand. Das subjektive Erfordernis „oder den Umständen nach annehmen mußte" beurteilt sich nach bürgerlichem Recht (§ 122 II BGB) und nicht nach strafrechtlichen Gesichtspunkten. Hierbei trifft die Empfänger, die nicht Gründer sind, im Gegensatz zu den Gründern selbst keine besondere Nachprüfungspflicht (h. L.). 2. Haftungsumfang Anm. 3: Auf Seiten der Gründer liegt in einem solchen Fall eine unrichtige Angabe über die Höhe des Gründungsaufwandes und über die Verwendung der Einlage vor. Sie sind nach § 46 verpflichtet, den Zustand herzustellen, der bestehen müßte, wenn ihre Angabe richtig und vollständig gewesen wäre. „Neben ihnen haften" kann nichts anderes heißen, als daß auch der Empfänger der Vergütung unter den angegebenen Umständen oder derjenige, der zur Verheimlichung wissentlich mitgewirkt hat, verpflichtet ist, diesen Zu255

§47 Anm. 3—5

Gründung der Gesellschaft

stand herzustellen. Das hat mit Schadenersatz nichts zu tun, denn die Gesellschaft braucht nicht geschädigt zu sein. Es kann sein, daß die Verpflichtung über die bloße Rückerstattung der Vergütung hinausgeht, daß insbesondere Zinsen zu bezahlen sind, weil eben die Gesellschaft, wenn der Gründungsaufwand nicht höher als angegeben gewesen wäre, nicht nur den aufgewendeten Mehrbetrag, sondern auch Zinsen davon und vielleicht auch weitere Vorteile von ihm gehabt hätte. 3. Verhältnis zu anderen Vorschriften Anm. 4: Ist die Gesellschaft geschädigt, so ist auch eine Haftung aus § 826 BGB möglich. Man wird aber in diesem Fall § 47 als die Sonderregelung anzusehen haben, die auch diesen Fall tatbestandsmäßig erschöpft, so daß also insbesondere § 852 BGB (Dreijährige Verjährung) angesichts § 51 ausscheidet. Ebenso ist eine etwaige Unterbrechung des ursächlichen Zusammenhanges unbeachtlich, weil die Haftung aus § 47 über die Schadenersatzpflicht hinaus eine Gewährleistungspflicht begründet. Dasselbe kann für den Empfänger der Vergütung zutreffen. Für ihn ergibt sich aber aus der Unwirksamkeit der Abrede, aufgrund deren er die Vergütung empfangen hat, nach § 26 gegenüber der Gesellschaft die weitere Frage, ob er nach § 812 BGB zur Rückzahlung verpflichtet ist. Eine Anwendung der Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung kommt jedoch nicht in Frage, da es sich bei § 47 um eine Spezialvorschrift handelt. Die Haftung des Empfängers der im Gründungsaufwand nidit aufgenommenen Vergütung ist in § 47 gegenüber § 812 BGB wesentlich eingeschränkt, da der Empfänger nidit immer wissen kann, inwieweit seine Vergütung im Gründungsaufwand aufgenommen worden ist. Diese Kenntnis, bzw. das Kennenmüssen ist aber Voraussetzung einer Haftung nach § 47, während es bei einer solchen aus § 812 BGB unbeachtlich ist. m . Haftung für Schäden durdi Einlagen oder Sadiubernahmen Anm. 5: Nr. 2 setzt eine Schädigung der Gesellschaft durch Sacheinlage oder durch Sachübernahme voraus. Die Stelle handelt nicht etwa von dem Fall, daß eine Sacheinlage oder Sachübernahme nicht ordnungsgemäß festgesetzt wurde, sondern begründet eine reine Schadenersatzhaftung für ein Delikt vorsätzlicher Mitwirkung bei einer Schädigung der Gesellschaft durch Sacheinlage oder Sachübernahme, welche auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit eines Gründers oder Einlegers beruht. Der wissentlich Mitwirkende kann selbstverständlich auch der Einleger oder Veräußerer des Gegenstandes der Sachübernahme sein, der nach dieser Gesetzesstelle — anders als nach § 46 II — ohne Rücksicht darauf haftet, ob er Gründer ist. Voraussetzung ist aber, daß vorsätzliche oder grob fahrlässige Schädigung durch mindestens einen 256

Verantwortlichkeit anderer Personen neben den Gründern

§ 47 Anm. 5—7

Gründer vorliegt, der gem. § 46 II oder V haftet. Wie in § 46 spricht das Gesetz auch hier mit Bedacht nicht nur von der Sach-, sondern von jeder Einlage. IV. Haftung wegen Ankündigen« von Aktien 1. Haftungstatbestand Anm. 6: Nr. 3 betrifft die Haftung aus Ankündigung von Aktien vor Eintragung der Gesellschaft (also auch vor Entstehen der Aktien) in das Handelsregister oder in den darauf folgenden zwei Jahren. Die Ankündigung von Aktien der Gesellschaft aus einer Kapitalerhöhung fällt nicht unter die Vorschrift, wenn die Kapitalerhöhung nicht innerhalb zweier Jahre nach Eintragung ins Handelsregister durchgeführt ist (bestritten; a. A. B.-H. Rn. 6; Barz in Großkomm. Anm. 10); auch dann kann sie höchstens sinngemäß angewandt werden. Es handelt sich auch hier wieder um eine reine Gewährleistungspflicht, welche mittelbar zum Schutz der Erwerber der Aktien für den Ankündiger, jedoch gegenüber der Gesellschaft aufgestellt ist. Er hat wie ein Gründer der Gesellschaft dafür einzustehen, daß die Angaben, welche zum Zweck der Gründung gemacht worden sind, richtig und vollständig sind, also für den Zustand, der bestehen würde, wenn sie es wären, sowie außerdem dafür, daß die Gesellschaft durch Einlagen oder Sachübernahmen nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig geschädigt ist. Jedodi hat die Gesellschaft, wenn sie den Ankündiger der Aktien in Ansprudi nehmen will, zu beweisen, daß er die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der zwecks Gründung gemaditen Angaben, bzw. die Schädigung der Gesellschaft kannte oder bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes kennen mußte. Auch hier zeigt sidi aber die Anknüpfung an die Gründerhaftung. Selbst Kenntnis der Schädigung begründet keine Haftung, wenn keinem der Gründer ein in Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bestehendes Verschulden an der Schädigung trifft. Diese Einschränkung muß gemacht werden, weil kein Grund besteht, die Haftung der Ankündiger der Aktien über die Gründerhaftung hinaus auszudehnen; sie ergibt sich aus dem Wortlaut der Gesetzesstelle („neben den Gründern", „als Gesamtschuldner" usw.) (a. A. B.-H. Rn. 6; Kölner Komm. Anm. 21). Anm. 7: öffentlich ist eine Ankündigung, wenn ein unbegrenzter Personenkreis von ihr Kenntnis nehmen kann. Dazu kann die Versendung eines Rundschreibens an den gesamten Kundenkreis einer Großbank genügen, nicht aber ein an einzelne Kunden versandtes vertrauliches Rundschreiben. Eine Ankündigung ist weder ein bloßes Angebot noch eine Besprechung. Es muß daraus der Zweck hervorgehen, die Aktien insgesamt oder in größerer Menge in den Verkehr einzuführen, d. h., einen Markt dafür zu eröffnen — die Ankündigung muß also der Einführung vorausgehen. Nach herrschender 257

§§47/48

Anm. 7,8/1

Gründung der Gesellschaft

Meinung fällt auch bei einer Kapitalerhöhung innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Eintragung der Gesellschaft die Aufforderung zur Zeichnung darunter. Sie braucht nicht schriftlidi zu sein, muß aber erkennen lassen, von wem sie ausgeht. Nicht hierher gehört demnach die öffentliche Ankündigung des Verkaufs gepfändeter Aktien durch den Gerichtsvollzieher (B.-H. Rn. 6), weil es sidi um bereits eingeführte Aktien handelt. Von der Haftung nach § 47 Ziff. 3 zu unterscheiden ist die sogenannte Prospekthaftung, die sich nach den §§ 45 bis 49 Börsengesetz richtet. Sie besteht gegenüber dem Wertpapierbesitzer für die Richtigkeit der Angaben im Prospekt. Die Haftung aus § 47 dagegen besteht unabhängig von der Richtigkeit der eigenen Angaben des Ankündigers. Die Prospekthaftung greift ein, wenn gem. § 38 Börsengesetz zum Zwecke der Einführung der Aktien an der Börse ein Prospekt veröffentlicht und auf diesen Prospekt hin die Einführung erfolgt ist. 2. Anspruchsberechtigter Anm. 8: Die Haftung besteht gegenüber der Gesellschaft und erreicht daher nur mittelbar einen Schutz derjenigen, an die sidi die Ankündigung wendet. Eine unmittelbare Haftung gegenüber diesen kann nur aus den allgemeinen Vorschriften hergeleitet werden, wenn deren Tatbestand vorliegt, insbesondere aus § 399 I Nr. 3 in Verbindung mit § 823 BGB, Raterteilung, Treueverpflichtung, ständige Bankverbindung und dergleichen. Der Ankündiger hat daher die zwecks Gründung gemachten Angaben und die Verträge über die Sacheinlage und Sachübernahme auf eigene Verantwortung zu prüfen.

§ 48 Verantwortlichkeit des Vorstands und des Aufsiditsrats Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, die bei der Gründung ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet; sie sind namentlich dafür verantwortlich, daß eine zur Annahme von Einzahlungen auf die Aktien bestimmte Stelle (§ 54 Abs. 3) hierzu geeignet ist, und daß die eingezahlten Beträge zur freien Verfügung des Vorstands stehen. Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Mitglieder des Vorstands und des Aufsiditsrats bei der Gründung gelten im übrigen §§ 93 und 116 mit Ausnahme von § 93 Abs. 4 Satz 3 und 4 und Abs. 6. Anm. 1: Die Vorschrift entspricht im wesentlichen dem § 41 AktG 37. Die aufgrund dieser Bestimmung aufgekommene Streitfrage, ob die § 84 Abs. 5 258

Verantwortlichkeit des Vorstands und des Aufsichtsrats

§ 48 Anm. 1—i

und § 99 A k t G 37 zugunsten der Gesellschaftsgläubiger Anwendung finden können, ist durch den neuen § 48 durch den Gesetzgeber in bejahendem Sinne geklärt worden.

Anm. 2: Die Bedeutung der Vorschrift liegt darin, daß den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern unabdingbar schon im Gründungsabschnitt die gleiche Verpflichtung auferlegt wird wie nach der Eintragung, nämlich die Gesellschaft zu betreuen, und zwar dem Aufsichtsrat hauptsächlich durch Überwachung des Vorstandes ( R G 144, 348 ff.), und daß seine Mitglieder der Gesellschaft für den Schaden haften, der durch eine Verletzung dieser Verpflichtung entsteht. Im besonderen liegt ihnen die Prüfung der Gründung und Mitwirkung bei der Anmeldung ob, außerdem die Sorge für die Einzahlung. Die Mitglieder der Gesellschaftsorgane haften aber nicht nur wegen Verletzung dieser besonderen Verpflichtungen, sondern schlechthin bei Verletzung ihrer Pflichten bei Wahrung der Belange der Gesellschaft in diesem Vorlebensabschnitt. Besonders hervor hebt das Gesetz ihre H a f tung einmal, wenn die zur Annahme der Einzahlungen bestehende Stelle dazu ungeeignet ist und zum anderen, wenn die eingezahlten Beträge nicht zur freien Verfügung des Vorstandes stehen. In beiden Fällen handelt es sich um eine Verschuldenshaftung, wenngleich das Gesetz nicht von Verschulden spricht. Es geht dies daraus hervor, daß sich dieser Sonderfall als Halbsatz von dem vorausgehenden Satz nicht trennen läßt und daraus, daß die H a f t u n g dieser Organe nicht weiter als die der Gründer gehen kann. Anm. 3: Vorstand und Aufsichtsrat haben nicht nur die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer eigenen Angaben im Prüfungsbericht, in der Anmeldung und der Gründungsversammlung, sondern auch jene der Gründer mit aller Sorgfalt zu prüfen ( R G 144, 348), desgleichen die ordnungsmäßige Erfüllung aller gesetzlichen Vorschriften, insbesondere über die Einzahlung. Einen entschuldbaren Rechtsirrtum über diese Vorschriften hat das Reichsgericht (a. a. O.) bei einem nichtrechtskundigen Teil der Beteiligten als entlastend angesehen. D a m i t bringen wir nicht zum Ausdruck, daß alle Rechtsirrtümer entlastend sein können. Es muß sich vielmehr um einen entschuldbaren handeln, was sich wiederum aus den gesamten Umständen ergeben muß. Der Bericht der Gründungsprüfer ist nach § 34 I I I dem Vorstand vorzulegen. Dieser und auch der Aufsichtsrat haben seinen Inhalt bei der Prüfung des Hergangs der Gründung (§ 33) zu berücksichtigen. Doch dürfen sie sich auf ihn nur soweit verlassen, als sie nicht selbst die gleiche Möglichkeit haben, den Sachverhalt festzustellen und ersichtlich ist, daß die Gründungsprüfer alle Sorgfalt angewendet haben (vgl. R G a. a. O.). Anm. 4: Die Beweislast dafür, daß der Gesellschaft ein Schaden entstanden ist, trifft die Gesellschaft. Die Organmitglieder haben darzutun, daß sie der 259

§§ 48/49 Anm. 4—8

Gründung der Gesellschaft

Sorgfaltspflicht genügt haben oder warum sie entschuldigt sind (vgl. im einzelnen Anm. 10 zu § 93 und Anm. 5 zu § 116). Anm. 5: Neben der Haftung gegenüber der Gesellschaft kann aus besonderen Gründen eine Haftung gegenüber den einzelnen Aktionären oder Gläubigern bestehen. Das ist stets dann der Fall, wenn Vorschriften verletzt werden, die sidi als Schutzvorschriften gegenüber anderen Personen darstellen, insbesondere, aber nicht nur, soweit sie eine Strafe androhen. Anm. 6: Der Inhalt der Schadenersatzpflicht ist nicht von bürgerlichrechtlichen, sondern von aktienrechtlichen Grundsätzen bestimmt. Die Haftenden können nicht etwa geltend machen, daß die Aktiengesellschaft ohne ihr Verschulden nicht eingetragen worden wäre. Sie haben vielmehr den Zustand herzustellen, der den gesetzlichen Voraussetzungen der Eintragung entspricht, wenn durch ihr Verschulden ihr Fehlen nicht erkannt wurde, z. B. die Einzahlungen zu leisten, wenn diese nicht geleistet waren (RG 144, 348). Anm. 7: Wenn auch nach § 54 die Einzahlungen nur in bestimmter Form in befreiender Weise geleistet werden können, so werden Vorstand und Aufsichtsrat sich doch darauf berufen können, daß die Gesellschaft die Einlagen in anderer Weise wirklich erhalten hat, wenn nicht gerade dadurch, daß die Einzahlungen nicht in der Weise des § 54 I I I gemacht wurden, der Gesellschaft ein Schaden entstanden ist. Vorstand und Aufsichtsrat haften nur für einen durch ihr Verschulden entstandenen Schaden (anders die Gründer für fehlende Einzahlungen § 46). Hierzu ist überdies zu beachten, daß sich der Schaden durch die fortbestehende Einlageforderung verringert. Dagegen ist nach bürgerlich- und aktienrechtlichen Grundsätzen unbeachtlich, daß der Schaden trotz Anwendung aller Sorgfalt und Abwendung des verschuldeten schadenverursachenden Sachverhalts dennoch infolge eines anderen nachträglichen Ereignisses eingetreten wäre (RG 144, 348). Anm. 8: Sind mehrere Mitglieder der Organe verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner. Darüber hinaus besteht unter den nach §§ 46, 47 und den nach § 48 haftenden Personen ein Gesamtschuldverhältnis, was sich durch die Einheitlichkeit der durch die Haftung bestimmten Zwecke ergibt (BGH in Lindenmeier-Möring § 426 BGB Nr. 9). Der Ausgleich unter den Haftenden bestimmt sich nach § 426 BGB.

§ 49 Verantwortlichkeit der Gründungsprüfer $ 168 Abs. 1 bis 4 über die Verantwortlichkeit der Abschlußprüfer gilt sinngemäß. 260

Verzicht und Vergleidi

§§49/50 Anm. 1

Hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Gründungsprüfer gilt das gleiche wie nach § 42 AktG 37. Aus Vereinfadiungsgründen ist jedodi auf § 168 I—IV verwiesen worden, wo die Verantwortlichkeit der Abschlußprüfer geregelt ist. Schon nach § 42 AktG 37 hafteten die Gründungsprüfer unter den gleichen Voraussetzungen und in demselben Umfange wie die Abschlußprüfer. Wegen des Haftungstatbestandes und des Umfanges der Haftung vgl. die Anmerkungen zu § 168. Nicht verwiesen wurde auf Abs. 5 des § 168, soweit gilt § 51. § 50 Verzicht und Vergleich Die Gesellschaft kann auf Ersatzansprüche gegen die Gründer, die neben diesen haftenden Personen und gegen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats (§§ 46 bis 48) erst drei Jahre nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister und nur dann verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung oder Beseitigung des Konkursverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht. I. Übersicht (Anm. 1 u. 2) II. Verzicht (Anm. 3) III. Vergleich (Anm. 4)

IV. Verfügungsmacht über den Anspruch (Anm. 5) V. Widerspruchsrecht (Anm. 6) VI. Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (Anm. 7)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift befaßt sich mit dem Verzicht und einem Vergleich hinsichtlich der in den § 46—48 (nicht aber in § 49) genannten Ansprüche der Gesellschaft. Durch diese Vorschrift sollen die Gründer, die unmittelbar nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister diese noch beherrschen werden, daran gehindert werden, die zum großen Teil gegen sie bestehenden Ersatzansprüche zu beseitigen. Von der früheren Vorschrift des § 43 AktG 37 weicht der § 50 in drei wichtigen Punkten ab: a) Die Frist ist von 5 auf 3 Jahre verringert worden. Die frühere Frist von 5 Jahren erforderte immer die prozessuale Geltendmachung des Anspruches, auch wenn später auf ihn verzichtet wurde, weil der Anspruch nach 5 Jahren verjährte. 3 Jahre ist auch als ausreichend anzusehen, da die Grün261

§50

Anm. 1—4

Gründung der Gesellsdiaft

der, wenn sie die Gesellsdiaft nach 3 Jahren noch beherrschen, dies vermutlich auch noch nach Ablauf von 5 Jahren tun werden. b) Dem Verzicht oder Vergleich kann durch eine Minderheit von 10 % wirksam widersprochen werden. Bisher war eine Minderheit von 20 % erforderlich, Die Minderheitsrechte sind im neuen Gesetz unterschiedlich neu geregelt. Bei den einzelnen in Frage kommenden Gesetzesstellen wird das von uns jeweils hervorgehoben. c) Der Widerspruch der Minderheit muß zur Niederschrift erklärt werden. Damit ist diese nadi § 43 AktG 37 bestehende Streitfrage geklärt worden. Anm. 2: Ein Verzicht auf Ansprüche der Gesellschaft gegen die Gründer, die sogenannten Gründergenossen des § 47 und die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats aufgrund des § 48 und ein Vergleich über solche ist nichtig, wenn er vor Ablauf von 3 Jahren seit der Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister erklärt wird. Maßgebender Zeitpunkt für die Dreijahresfrist ist der Abschluß der Vereinbarung, nicht etwa die Zustimmung der Hauptversammlung. Deshalb ist es nicht möglich, die Vereinbarung mit dem Vorbehalt zu treffen, daß die Zustimmung der Hauptversammlung nach Ablauf von 3 Jahren eingeholt werden solle. Eine solche Vereinbarung bleibt nichtig, auch wenn die Zustimmung tatsächlich nach Ablauf von 3 Jahren durch die Hauptversammlung erteilt wird (RG 133, 33). Zulässig ist, daß ein Großaktionär die Gewähr dafür übernimmt, daß keine Ansprüche aus der Gründung erhoben werden. Geschieht dies in untrennbarem Zusammenhang mit einem mit der Gesellschaft vor Ablauf von 3 Jahren geschlossenen Vergleich, ist § 139 BGB zu beachten. n . Verzicht Anm. 3: Verzicht im Sinne der Vorschrift und der vorstehenden Ausführungen ist der Erlaß des § 397 BGB. Auch Stundung fällt unter die Bestimmung. Über Versäumnisurteil siehe Anm. 5. Für ein Tatsachengeständnis gilt die Vorschrift nicht. Ein negatives Anerkenntnis kann unter die Vorschrift fallen, wenn es einen Verzicht auf einen nicht offenbar unbegründeten Anspruch darstellt. Dagegen muß die Gesellschaft anerkennen können, daß ein offenbar unbegründeter Anspruch nicht besteht. i n . Vergleich Anm. 4: Der Begriff Vergleich ergibt sich aus § 779 BGB. Ein Vergleich wird regelmäßig auch Ansprüche umfassen, die etwa von der Gesellschaft nach allgemeiner Bestimmung gegen den Vergleichspartner hergeleitet werden könnten. Die Nichtigkeit des Vergleiches wird meist nach § 139 BGB auch den Vergleich über letztere erfassen. 262

Verzidit und Vergleich

§50 Anm. 5—7

IV. Verfügungsmacht über den Anspruch Anm. 5: Wie vor Ablauf von 3 Jahren die unbeschränkte Vertretungsmacht nicht ausreicht, um den verbotenen Erlaß oder Vergleich zu vereinbaren, so bedeutet das Erfordernis der Zustimmung der Hauptversammlung nach Ablauf der 3 Jahre gleichfalls eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes, die nach außen gilt. Auch in einem Rechtsstreit gilt diese Beschränkung der Vertretungsmacht, wenn es sich nicht um reine Prozeßhandlungen, sondern zugleich auch um ein privatrechtliches Rechtsgeschäft handelt, wie Vergleich und Verzidit. Liegt aber eine reine Prozeßhandlung vor, läßt z. B. der Vorstand durch Anweisung an seinen Prozeßbevollmächtigten Versäumnisurteil ergehen, so kommt nur eine Haftung aus allgemeinen Gesichtspunkten des Vorstands in Frage. Die allgemeinen Wirkungen der Prozeßhandlung treten ein. Unzulässig ist auch die Abtretung des Anspruchs, wenn die Gesellschaft nicht einen entsprechenden Gegenwert erhält, oder die Annahme einer Sachleistung an Erfüllungs Statt, weil darin eine Umgehung des § 50 insofern gesehen werden muß, als die Gesellschaft dadurch an der jederzeitigen Geltendmadiung der Ansprüche gehindert wird (RG 133, 38). V. Widersprudisrecht Anm. 6: Neben der Zustimmung der Hauptversammlung muß noch eine weitere Voraussetzung erfüllt sein: Es darf keine Minderheit, deren Aktien zusammen ein Zehntel des Grundkapitals darstellen, widersprochen haben. Auf die Vollzahlung kommt es nicht an, vielmehr werden nicht vollbezahlte Aktien der Widersprechenden ganz mitgezählt. Stimmhäufungsverbote nach § 134 haben keine Geltung. Zum Widerspruch berechtigen auch stimmrechtslose Aktien. Ein Widerspruch ist zur Niederschrift zu erklären. VI. Zahlungsunfähigkeit des Schuldners Anm. 7: Wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist oder einen allgemeinen Vergleich mit seinen Gläubigern schließt, so kann die Gesellschaft auch vor Ablauf von 3 Jahren auf den Anspruch verzichten oder sich darüber vergleichen (Barz in Großkomm. Anm. 18; B.-H. Rn. 6). Auch dann muß aber die Hauptversammlung zustimmen und es darf keine Minderheit widersprechen (h. L.; a. A. Barz in Großkomm. Anm. 18). Dagegen ist umgekehrt der Konkursverwalter der AG' an die Zustimmung der Hauptversammlung nicht gebunden. 263

§§51/52

Gründung der Gesellschaft

S 51 Verjährung der Ersatzansprüche Ersatzansprüche der Gesellschaft nach den §§ 46 bis 49 verjähren in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister oder, wenn die zum Ersatz verpflichtende Handlung später begangen worden ist, mit der Vornahme der Handlung. Für die Verjährung der Ansprüche aus § § 4 6 bis 49 gilt die allgemeine Vorschrift des § 198 BGB nur dann, wenn die zum Ersatz verpflichtende Handlung nach Eintragung der Gesellschaft begangen worden ist. Sonst beginnt die Verjährung nach der positiven gesetzlichen Bestimmung erst mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Im übrigen finden aber die allgemeinen Verjährungsvorschriften Anwendung, so diejenigen über Hemmung und Unterbrechung der Verjährung. Ansprüche aus anderem Rechtsgrund (s. Vorbemerkungen zu §§ 46 bis 49) als dem der §§ 46—49 verjähren nach allgemeinen Grundsätzen (z. B. § 852 BGB). Die Vorschrift des § 51 geht dem § 852 BGB und anderen speziellen Verjährungsvorschriften nidit vor (a. A. Barz in Großkomm. Anm. 2). Wenn eine H a f t u n g auch aus unerlaubter Handlung besteht, so kann dieser Anspruch im Zeitraum der hierfür geltenden Verjährungsfrist geltend gemacht werden. Bei dieser Ansicht ist eine umständliche Auslegung und Ausdehnung des § 51, wie es Barz (a. a. O.) tut, überflüssig.

§ 52 Nadigründung (1) Verträge der Gesellschaft, nach denen sie vorhandene oder herzustellende Anlagen oder andere Vermögensgegenstände für eine den zehnten Teil des Grundkapitals übersteigende Vergütung erwerben soll, und die in den ersten zwei Jahren seit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister geschlossen werden, werden nur mit Zustimmung der Hauptversammlung und durch Eintragung in das Handelsregister wirksam. Ohne die Zustimmung der Hauptversammlung oder die Eintragung im Handelsregister sind auch die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung unwirksam. (2) Ein Vertrag nach Absatz 1 bedarf der schriftlichen Form, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist. Er ist von der Einberufung der Hauptversammlung an, die über die Zustimmung beschließen soll, in dem Geschäftsraum der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre auszulegen. Auf Verlangen ist jedem Aktionär unverzüglich eine Abschrift zu erteilen. In der Hauptversammlung ist der Vertrag auszulegen. Der Vorstand hat ihn 264

Nachgründung

§52

zu Beginn der Verhandlung zu erläutern. Der Niederschrift ist er als Anlage beizufügen. (3) Vor der Beschlußfassung der Hauptversammlung hat der Aufsichtsrat den Vertrag zu prüfen und einen schriftlichen Bericht zu erstatten (Nachgründungsbericht). Für den Nachgründungsbericht gilt sinngemäß § 32 Abs. 2 und 3 über den Gründungsbericht. (4) Außerdem hat vor der Beschlußfassung eine Prüfung durch einen oder mehrere Gründungsprüfer stattzufinden. § 33 Abs. 3 bis 5, §§ 34, 35 über die Gründungsprüfung gelten sinngemäß. (5) Der Beschluß der Hauptversammlung bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. Wird der Vertrag im ersten Jahre nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister geschlossen, so müssen außerdem die Anteile der zustimmenden Mehrheit mindestens ein Viertel des gesamten Grundkapitals erreichen. Die Satzung kann an Stelle dieser Mehrheiten größere Kapitalmehrheiten und weitere Erfordernisse bestimmen. (6) Nach Zustimmung der Hauptversammlung hat der Vorstand den Vertrag zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung ist der Vertrag in Urschrift, Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift mit dem Nachgründungsbericht und dem Bericht der Gründungsprüfer mit den urkundlichen Unterlagen beizufügen. (7) Bestehen gegen die Eintragung Bedenken, weil die Gründungsprüfer erklären oder weil es offensichtlich ist, daß der Nachgründungsbericht unrichtig oder unvollständig ist oder den gesetzlichen Vorschriften nidit entspricht oder daß die für die zu erwerbenden Vermögensgegenstände gewährte Vergütung unangemessen hoch ist, so kann das Gericht die Eintragung ablehnen. (8) Bei der Eintragung genügt die Bezugnahme auf die eingereichten Urkunden. In die Bekanntmachung der Eintragung sind aufzunehmen der Tag des Vertragsabschlusses und der Zustimmung der Hauptversammlung sowie der zu erwerbende Vermögensgegenstand, die Person, von der die Gesellschaft ihn erwirbt, und die zu gewährende Vergütung. (9) Vorstehende Vorschriften gelten nicht, wenn der Erwerb der Vermögensgegenstände den Gegenstand des Unternehmens bildet oder wenn sie in der Zwangsvollstreckung erworben werden. (10) Ein Vertrag nach Absatz 1 ist, gleichviel ob er vor oder nach Ablauf von zwei Jahren seit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister geschlossen ist, nicht deshalb unwirksam, weil ein Vertrag der Gründer über denselben Gegenstand nach § 27 Abs. 2 der Gesellschaft gegenüber unwirksam ist. 265

§52 Anm. 1,2

Gründung der Gesellschaft

I. Ubersicht (Anm. 1) II. Voraussetzungen für die Anwendung der Bestimmungen über die Nachgründung (Anm. 2—4) III. Form der Verträge (Anm. 5) IV. Der Nachgründungsbericht (Anm. 6) V. Prüfung durch Gründungsprüfer (Anm. 7)

VI. Der Beschluß der Hauptversammlung (Anm. 8) VII. Folge der Verletzung der Bestimmungen (Anm. 9 u. 10) VIII. Eintragung des Vertrages (Anm. 11) IX. Ausnahmen von den Bestimmungen (Anm. 12) X. Nachgründung zur Nachholung von Gründervereinbarungen (Anm. 13)

I. Übersicht Anm. 1: Im wesentlichen sind die Bestimmungen des § 45 AktG 37 übernommen worden. Neu sind die Bestimmungen in Abs. 2 über die Form der Verträge, ihre Auslegung und ihre Behandlung in der Hauptversammlung (vgl. hierzu im einzelnen Anm. 5). Abs. 6 Satz 2 des § 45 AktG 37 ist nicht mitübernommen worden, da diese Bestimmung neben § 26 II der Handelsregisterverfügung überflüssig ist. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Gründung mit Sacheinlagen und Sachübernahmen sollen nicht dadurch umgangen werden können, daß nach Eintragung der Gesellschaft Vereinbarungen, welche schon im Gründungsabschnitt ins Auge gefaßt worden sind und die Übernahme von Vermögensgegenständen durch die Gesellschaft betreffen, ausgeführt werden. Aber auch von diesem Umgehungszweck abgesehen, sollen in den ersten zwei Jahren nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister, Geschäfte von so großer Tragweite, wie die Übernahme von Vermögensgegenständen erheblichen Wertes, nicht ohne die Erfüllung besonderer Vorschriften ausgeführt werden, welche den Schutz der Gesellschaft vor Übervorteilung bezwecken. Die Abhängigkeit, in der sich in diesem Zeitraum die Gesellschaft von dem Kreis der Gründer noch zu befinden pflegt, legt diese Regelung nahe (vgl. auch Möhring-Tank I S. 42). II. Voraussetzungen für die Anwendung der Bestimmungen über die Nadigründung Anm. 2: Verträge der Gesellschaft, nach denen sie vorhandene oder herzustellende Anlagen oder sonstige Vermögensgegenstände jeder Art für einen den zehnten Teil des zur Zeit des Vertragsabschlusses bestehenden (nicht etwa später erhöhten) Grundkapitals übersteigende Vergütung erwerben soll, werden, wenn sie in den ersten zwei Jahren seit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister abgeschlossen werden, behandelt wie eine Sachübernahme oder Sacheinlage bei der Gründung. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit sowohl der Zustimmung der Hauptversammlung, der ein Nachgründungsbericht des Aufsichtsrats und eine Prüfung durch gerichtlich 266

Nachgründung

§52 Anm.2,3

bestimmte Prüfer voranzugehen hat, als auch der Eintragung in das Handelsregister. Solange diesen Erfordernissen nicht genügt ist, ist der Vertrag schwebend unwirksam. Unterbleiben Zustimmung oder Eintragung, bleibt er es, und zwar überhaupt. Die bei der Gründung in den Worten: „der Gesellschaft gegenüber" liegende Einschränkung, welche eine Wirksamkeit im Verhältnis zu den Gründern offenläßt, gilt hier nicht, weil der Vertragsgegner hier die Gesellschaft selbst und nicht neben ihr oder statt ihrer eine sie gründende Person ist, die ungeachtet der Unwirksamkeit gegenüber der Gesellschaft aus dem Geschäft verpflichtet sein könnte. Die Vorschrift gilt audi bei Schuldübernahme gem. § 41 II und ferner auch bei der Sacheinlage auf Kapitalerhöhungen innerhalb des zweijährigen Zeitraumes seit Eintragung der Gesellschaft und hat audi hier ihren selbständigen Inhalt, obwohl die Kapitalerhöhung als solche schon einen Hauptversammlungsbeschluß wie auch die Eintragung voraussetzt. Denn bei einer Sacheinlage innerhalb des zweijährigen Zeitraums von dem angegebenen Ausmaß ist außer diesen beiden Erfordernissen zusätzlich der Nachgründungsbericht des Aufsichtsrates und die Prüfung der Prüfer erforderlich. Schließlich kann, was noch wichtiger ist, die Eintragung aus den Gründen des § 38 abgelehnt werden, aus denen die Eintragung einer Kapitalerhöhung als solche nach Ablauf der zweijährigen Frist nicht abgelehnt werden kann, auch nicht wenn Sacheinlagen gemacht werden. Auf dem Wege ordnungsgemäßer Nachgründung können auch schon zur Zeit der Gründung getroffene oder beabsichtigte Vereinbarungen über Sacheinlagen und -übernahmen erneuert und ausgeführt werden, die wegen nicht ordnungsmäßiger Festsetzung in der Satzung (§ 27) nichtig waren (vgl. Abs. 10). Auf nachträgliche Beachtung der Bestimmungen über Sondervorteile und Gründungsaufwand bezieht sich dies nicht. Anm.3: Die Bestimmungen setzen den Erwerb von Vermögensgegenständen irgendwelcher Art, nicht nur Anlagen oder unbewegliche Gegenstände voraus, gleichviel, ob sie schon vorhanden, herzustellen oder zu verschaffen sind, für welche eine Vergütung von mehr als 10 % des Grundkapitals gezahlt werden soll. Ausgenommen sind von der Gesellschaft herzustellende Anlagen (Dienst in WP 64,150; Barz in Großkomm. Anm. 2). Maßgebend ist die Höhe des Grundkapitals zur Zeit des Vertragsschlusses. Ist das Grundkapital nach der Gründung erhöht worden, so ist das erhöhte Grundkapital maßgebend, sofern die Kapitalerhöhung vor Vertragsabschluß eingetragen worden ist. Mehrere Verträge sind unseres Erachtens zusammenzurechnen, auch wenn sie selbständig sind und keine wirtschaftliche Einheit vorliegt, sofern von vornherein mehrere Verträge gleichzeitig beabsichtigt werden oder sie eine gemeinsame Beziehung namentlich zu den Gründern 267

§52 Anm. 3—5

Gründung der Gesellschaft

haben. Denn die Gesellschaft soll vor Mißbrauch des Gründereinflusses bewahrt werden. Einem solchen wäre der Weg freigegeben, wenn es zulässig wäre, daß die Gesellschaft Vermögensgegenstände in der von der Gesetzesstelle bezeichneten Art von zwei verschiedenen Gründern ohne Beachtung der Vorschrift erwerben könnte, obwohl die Vergütung für beide zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals übersteigt (a. A. Barz in Großkomm. Anm. 2; Geßler in Soz.Pr. 42, 418; teilweise auch Baumbach-Hueck Rn. 3). Grundsätzlich sind jedenfalls alle irgendwie unter Umgehung des Gesetzes geschlossenen Verträge unwirksam. Dies ist auch anzunehmen, wenn etwa, um den Vorschriften über Sacheinlagen und Sachübernahmen und über Nachgründung aus dem Wege zu gehen, ein hohes Grundkapital mit niedriger Einzahlung festgesetzt werden sollte, ungeachtet der fortdauernden Haftung auf Vollzahlung, da diese im Wege der Kapitalherabsetzung beseitigt werden kann. Von einem solchen Fall der Umgehung abgesehen, ist jedoch die Höhe des Grundkapitals, nicht des eingezahlten Kapitals maßgebend. Anm. 4: Nur auf solche Verträge findet § 52 Anwendung, die in den ersten zwei Jahren nach der Eintragung der Gesellschaft geschlossen werden. Der maßgebende Zeitpunkt ist der Vertragsabschluß selbst, also die rechtswirksame Annahme des Angebots. Wann die Wirkungen eintreten (Bedingung, Befristung) ist gleichgültig. Ein innerhalb der Zweijahresfrist abgeschlossener Vertrag wird nicht etwa durch Ablauf dieser Frist wirksam. Es würde ein Neuabschluß erforderlich sein, dem jede rückwirkende Kraft fehlt. III. Form der Verträge Anm. 5: Der Abs. 2 bestimmt neu für Nachgründungsverträge die Schriftform, sofern nach anderen gesetzlichen Bestimmungen nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist (z. B. § 313 BGB). Damit ist die früher bestehende Streitfrage geklärt. Um dem Aktionär die Möglichkeit zu verschaffen, sich über den Inhalt der Verträge genau zu informieren, müssen diese vor der Hauptversammlung in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsicht ausgelegt werden. Auf Verlangen ist jedem Aktionär unverzüglich eine Abschrift zu erteilen. Beide Verpflichtungen können durch Ordnungsstrafen erzwungen werden (§ 407 I). In der Hauptversammlung ist der Vertrag zu erläutern, nicht etwa zu verlesen, wie es ursprünglich im Regierungsentwurf hieß. Die Verlesung würde die Hauptversammlung unnötig belasten, sie wäre auch unverständlicher für den nicht rechtskundigen Aktionär, als eine Erläuterung, die vollständig und verständlich sein muß. Verletzung der Bestimmung macht den Hauptversammlungsbeschluß anfechtbar. Der Vertrag ist der Niederschrift über die Hauptversammlung als Anlage beizufügen, um dem Registerrichter die Möglichkeit zu geben, zu überprüfen, ob der zur Anmeldung eingereichte Vertrag dem Vertrag entspricht, den die 268

Nachgründung

§52 Anm. 5—7

Hauptversammlung genehmigt hat (amtliche Begründung zum Reg.-Entwurf). IV. Der Nadigründungsbericht Anm. 6: Die Verträge sind durch den Aufsichtsrat zu prüfen, nicht etwa durch den Vorstand, der sie ja abschließt und damit die Verantwortung übernimmt. Über das Ergebnis der Prüfung ist ein Bericht zu erstatten, und zwar vom Aufsichtsrat als Kollegium auch dann, wenn er nur von einzelnen seiner Mitglieder abgefaßt ist. Er muß mithin zum Gegenstand einer Beratung und Beschlußfassung des gesamten Aufsichtsrats gemadit werden. Zu unterschreiben ist er vom Vorsitzenden (§ 107 II). Wie im Gründungsbericht bei der Sachübernahme sind die Umstände darzulegen, von welchen die Angemessenheit der Gegenleistung abhängt, ferner die vorausgegangenen Rechtsgeschäfte, die auf den Erwerb durch die Gesellschaft hingezielt haben, die Anschaffungs- und Herstellungskosten aus den letzten beiden Jahren und im Falle des Überganges eines Unternehmens der Betriebsertrag aus den letzten beiden Geschäftsjahren. Ferner hat der Nadigründungsbericht anzugeben, ob und in welcher Weise ein Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrates sich einen Vorteil, eine Belohnung oder Entlohnung für die Vorbereitung oder Durchführung des Erwerbs ausbedungen hat. Ebensowenig wie entsprechend § 34 II ein Bericht des Vorstandes, ist ein Gründerbericht für Sacheinlage bei Kapitalerhöhung vorgesehen. Bei Fehlen des Berichts vgl. Anm. 7 und 9. V. Prüfung durdi Gründungsprüfer Anm. 7: Vor der Beschlußfassung durdi die Hauptversammlung hat eine Prüfung durch vom Gericht bestellte (§ 33 III) unabhängige Prüfer stattzufinden, auf welche die Vorschriften über den Bericht der Gründungsprüfer (§ 34) und die Aufklärungspflicht der Gründer (§ 35), hier des Vorstandes, entsprechend anzuwenden sind. Vor der Beschlußfassung der Hauptversammlung sind der Nachgründungsbericht und Prüfungsbericht zu erstatten. Aus dieser Vorschrift geht, da der Nadigründungs- und Prüfungsbericht den Nachgründungsvertrag zum Gegenstand haben, also voraussetzen, des weiteren hervor, daß die Zustimmung der Hauptversammlung dem Nadigründungsvertrag nicht vorausgehen, sondern nur nachfolgen kann (Barz in Großkomm. Anm. 8; jetzt auch B.-H. Rn. 7). Die herrschende Meinung erklärt den Hauptversammlungsbeschluß für anfechtbar, wenn er ohne Nadigründungsbericht des Aufsichtsrates (B.-H. Rn. 7; für niditig hält ihn Barz in Großkomm. Anm. 11), dagegen für nichtig, wenn er ohne Prüfungsbericht gefaßt war (B.-H. a. a. O.; Sdil-Qu. § 45 Anm. 8; u.a.). Unseres Eraditens ist der Beschluß anfechtbar in dem einen wie in dem anderen Falle, mag er positiv oder negativ sein (Kölner Komm. 269

§52 Anm. 7—9

Gründung der Gesellschaft

Anm. 28). Der zwischen den beiden Berichten gemachte Unterschied scheint uns innerlich unbegründet. Man kann von dem einen wie von dem anderen sagen, daß er im öffentlichen Interesse vorgeschrieben sei, nicht aber, daß der Hauptversammlungsbeschluß durch seinen Inhalt gegen die Bestimmung verstoße, wenn er ohne die Berichte oder einen von ihnen gefaßt war. Trägt auch das Registergericht ohne die Berichte ein, so ist die Nachgründung wirksam. Eine Löschung der Eintragung von Amts wegen nach § 144 FGG kommt ebensowenig in Frage, wie eine Nichtigkeit des Beschlusses nach § 241 Abs. 3. Nach Ritter soll der Beschluß, wenn der Bericht des Aufsichtsrates unterblieben ist, nicht einmal anfechtbar sein. Seine Gründe passen ebenso auf den anderen Fall, daß kein Prüfungsbericht erstattet worden ist, und würden überzeugen, wenn es erträglich wäre, in einem solchen Fall der Minderheit kein anderes Mittel an Hand zu geben, um die Beibringung des Berichtes zu erzwingen, als eine Eingabe an das Gericht. VI. Der Beschluß der Hauptversammlung Anm. 8: Die Verträge bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptversammlung. Der Beschluß bedarf vorbehaltlich erschwerender Bestimmungen der Satzung einer Mehrheit von wenigstens SA des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals. Über die Berechnung dieser Mehrheit vgl. Anm. 5 zu § 179 und Anm. 2 zu § 133. Diese muß Vi des Grundkapitals überhaupt umfassen, wenn der Vertrag im ersten Jahr nach der Eintragung der Gesellschaft geschlossen worden ist. Es kommt sonach auf den Zeitpunkt d^s Vertragsabschlusses, nicht der Beschlußfassung an. Der Vertragsgegner kann mitstimmen, § 136 I. Die Satzung kann eine höhere Stimmenmehrheit vorschreiben (§ 133), desgleichen eine höhere Kapitalmehrheit. Diese braucht sich aber nicht nach dem in der Hauptversammlung vertretenen Grundkapital zu richten, vielmehr kann sie sich auf das Grundkapital schlechthin beziehen. Die Kapitalmehrheit darf niemals kleiner als SU des vertretenen Grundkapitals sein. Eine Satzungsbestimmung, wonach die Zustimmung der Hälfte des Grundkapitals verlangt wird, ist mithin nur gültig, wenn sie den Zusatz enthält: „mindestens aber 3A des in der Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals". Die Satzung kann zusätzlich noch andere Erfordernisse aufstellen, z. B., daß ein bestimmter Bruchteil des Grundkapitals in der Hauptversammlung vertreten ist. VII. Folge der Verletzung der Bestimmungen Anm. 9: Anders als bei den Verträgen bei der Gründung, welche mangels Festsetzung in der Satzung der Gesellschaft gegenüber schlechthin unwirksam 270

Nachgründung

§52 Anm. 9,10

sind (und nur durch Neugriindungsverträge, auf welche die vorstehenden Bestimmungen anzuwenden sind, noch in die Wirklichkeit umgesetzt werden können), handelt es sich hier um eine schwebende Unwirksamkeit. Nicht ganz klar ist die Bindung des Vertragsgegners an den Vertrag. Abzulehnen ist die Vorstellung, daß kein Vertragsteil an den Vertrag überhaupt gebunden ist, bevor die Entscheidung der Hauptversammlung gefallen ist. Dies würde zur Folge haben, daß der Vertragsgegner über den Gegenstand des Vertrages zwischenzeitlich anders verfügen könnte. Vielmehr ist er an den Vertrag mangels Vereinbarung einer Frist während einer angemessenen Frist gebunden entsprechend dem Rechtsgedanken des § 147 I I BGB. Er kann nidit weniger gebunden sein, als wenn er der Gesellschaft einen Antrag gemacht hätte. Es ist daher auch, wenn es sich um ein Grundstück handelt, möglich, aufgrund Bewilligung oder einstweiliger Verfügung, wenn die Voraussetzung für eine solche vorliegt, eine Vormerkung zur Sicherung des Auflassungsanspruches im Grundbuch eintragen zu lassen. Nach Ablauf einer angemessenen Frist wird der Vertragsgegner ohne weiteres frei (RG 121,105; a. A. Schl.-Qu. § 45 Anm. 11; Baumbach-Hueck Rn. 6, welche fruchtlose Fristsetzung voraussetzen; ähnlich Barz in Großkomm. Anm. 4; Ritter § 4 5 Anm. 2 b will §§ 177, 178 BGB, R G J W 29, 2944 § 178 sinngemäß anwenden). Da die Bindung der Gesellschaft nur durch die Zustimmung der Hauptversammlung und Eintragung des Vertrages in das Handelsregister eintreten soll, hat der Vertragsgegner in der Schwebezeit gegen die Gesellschaft keinerlei Rechte. Er kann nicht einmal eine Vertragsstrafe bedingen für den Fall, daß der Vorstand es unterläßt, die Beschlußfassung der Hauptversammlung und die Eintragung in das Handelsregister während der vereinbarten oder einer angemessenen Frist zu betreiben. Er kann nur von den Vorstandsmitgliedern persönlidi sich für diesen Fall eine Strafe (Vertragsstrafe kann man eine solche nicht nennen, weil die Vorstandsmitglieder nicht Vertragspartei sind) oder eine Gewährleistung versprechen lassen. Anm. 10: Schwebend unwirksam sind nach ausdrücklicher Gesetzes Vorschrift auch die Ausführungsgeschäfte, insbesondere die dinglichen. Der Wortlaut des Gesetzes zwingt nicht zu der Deutung, daß sie, wenn sie vor Zustimmung der Hauptversammlung und vor Eintragung stattfinden, schlechthin unwirksam sind und nach Zustimmung und Eintragung wiederholt werden müssen. Audi die in das Grundbuch eingetragene Auflassung eines Grundstücks ist unwirksam, wenn nicht die Hauptversammlung nachträglich zustimmt und der Vertrag nicht nachträglich eingetragen wird. Daß in einem soldien Falle, wenn diese Voraussetzung nicht eintritt, Grundbuchberichtigung verlangt werden könne, hat das K G ( H R R 33, Nr. 59 nach HGB) zwar verneint, ist aber die unabweisbare Folge. Verfügt die Gesellschaft über das Grundstück zugunsten eines Gutgläubigen, so greift § 892 BGB ein. Zahlt 271

§52 Anm. 10,11

Gründung der Gesellschaft

die Gesellschaft eine Hypothek zurück, so zahlt sie eine Nichtsdiuld, da sie eine eigene und keine fremde Schuld zahlen will. Der Hypothekengläubiger ist zur Rückzahlung verpflichtet, doch ist der Gesellschaft § 814 BGB gefährlich. Ist die Gesellschaft zur Heraus- oder Rückgabe des Empfangenen nicht in der Lage, so wird sie nur als verpflichtet angesehen werden können, einen in ihrem Vermögen noch vorhandenen Ersatz herauszugeben. Eine weitergehende Verpflichtung würde den Zweck der Vorschrift gefährden. Stimmt die Hauptversammlung dem schuldrechtlichen Nachgründungsvertrag zu und wird dieser ins Handelsregister eingetragen, so werden auch die Ausführungsgeschäfte voll wirksam, ohne daß die Hauptversammlung ihnen besonders zuzustimmen und es besonders eingetragen zu werden braucht. Dies ergibt der Wortlaut: „ohne die Zustimmung". Durch den Zustimmungsbeschluß und die nachfolgende Eintragung werden sowohl die schuldrechtlichen als auch die dinglichen Geschäfte mit dem Zeitpunkt ihres Abschlusses wirksam. VIII. Eintragung des Vertrages Anm. 11: Der Vertrag ist vom Vorstand, d. h. von soviel Vorstandsmitgliedern als zur Vertretung der Gesellschaft notwendig sind, nicht von sämtlichen Mitgliedern des Vorstandes, dem Gericht zur Eintragung einzureichen. Zusätzliche Erklärungen sind nicht vorgeschrieben. Ein Zwang kann nicht ausgeübt werden (§ 407 I). Die beizufügenden urkundlichen Unterlagen der Berichte sind: Gutachten, Schätzungen, Rentabilitätsberechnungen usw. Die Eintragung in das Handelsregister kann vom Registerrichter unter denselben Voraussetzungen abgelehnt werden, wie die Eintragung der Gesellschaft selbst nach der Gründung, nämlich, wenn offensichtlich ist, d. h. aus den Akten hervorgeht, daß der Nachgründungsbericht unrichtig oder unvollständig ist oder den gesetzlichen Vorschriften nicht entspricht oder daß die gewährte Gegenleistung unangemessen hoch ist oder wenn etwas von diesem allen von den Gründungsprüfern erklärt wird. Im Falle der Offensichtlichkeit ist für ein Ermessen des Richters kein Platz, vielmehr muß er in diesem Falle die Eintragung ablehnen. Die Erklärung der Prüfer bindet ihn dagegen nicht und läßt seinem pflichtgemäßen Ermessen Spielraum, vgl. im einzelnen § 38 u. Anm. Die Eintragung ist eine Voraussetzung der Wirksamkeit des Vertrages. Auch im Handelsregister einer Zweigniederlassung, wenn eine solche besteht, ist der Vertrag einzutragen. Es genügen Datum und Gegenstand des Vertrages, im übrigen Bezugnahme auf die Urkunde. Die gleichzeitige Erwähnung (Eintragung) des Zustimmungsbeschlusses ist auch ohne Kapitalerhöhung erforderlich, weil anderenfalls dem Handelsregister die Wirksamkeit des Vertrages nicht zu entnehmen wäre. 272

Nachgründung

§ 52 Anm. 11—13

Die nach § 10 HGB notwendige Bekanntmachung ist nach Abs. 8 eingehender als die Eintragung und hat auch den Vermögensgegenstand, den Veräußerer und die Vergütung anzugeben. Die Ausführungsgeschäfte werden weder eingetragen noch bekanntgemacht. IX. Ausnahmen von den Bestimmungen Anm. 12: Die Vorschriften über die Nachgriindung gelten nidit für den Fall, daß der Erwerb des Vermögensgegenstandes in den Rahmen des Gegenstandes des Unternehmens fällt. Gemeint ist der Fall, daß die Gesellschaft, welche den Handel mit bestimmten Gütern, z. B. den Grundstückshandel, die Siedlung usw. betreibt, zum Erwerb dieser den Gegenstand ihres Handels bildenden Güter nicht die Form der Nachgründung erfüllen muß. Die Auslegung dieser Vorschrift muß sehr streng erfolgen und darf in keiner Weise ausgedehnt werden (Voss in WP 64, 440; Barz in Großkomm. Anm. 15). Es ist nicht zu verkennen, daß hierin eine Schädigungsgefahr für die Gesellschaft liegen kann, wenn sie solche Gegenstände von Aktionären erwirbt. Hier greift der Schutz des § 117 ein. Es ist ferner zu beachten, daß Abs. 9 keine Ausnahme davon bestimmt, daß Verträge, die schon im Gründungsstadium beabsichtigt waren, immer nur durch Nachgründung ausgeführt werden können, auch wenn der Gegenstand der Verträge (Waren) unter den Unternehmensgegenstand fällt. Eine weitere Ausnahme besteht für den Erwerb in der Zwangsvollstreckung. Damit soll auch nicht gesagt sein, daß es auf die Form des Erwerbs ankomme, entscheidend ist die Ursache. X. Nachgründung zur Nachholung von Gründervereinbarungen Anm. 13: Die Nachgründung kann auch stattfinden, um Vereinbarungen auszuführen, welche schon zur Zeit der Gründung beabsichtigt waren, ohne in der Satzung festgesetzt worden zu sein. Ein solcher Fall liegt auch vor, wenn nach einem bei der Gründung geschlossenen Vertrag die Gesellschaft zur Sadiübernahme nur berechtigt, nicht verpflichtet war (HRR 40 Nr. 1354). Diese Absicht des Gesetzes würde nicht voll erreicht werden, wenn die Nachgründung für den Erwerb von Vermögensgegenständen ausgeschlossen wäre, für welche eine Vergütung von weniger als dem zehnten Teil des Grundkapitals zu gewähren ist. Es kann nicht angenommen werden, daß für einen solchen Erwerb auf die Sicherheitsvorkehrungen der Nachgründung verzichtet werden sollte, und daß sonach ein solcher statthaft sein soll, auch wenn er schon im Gründungszustande beabsichtigt war (a. A. Kölner Komm. Anm. 57, worin unsere oben gegebene Erklärung als „ohne Begründung" bezeichnet wird). Andererseits muß auch für einen solchen Erwerb die Möglichkeit offenstehen, ihn nachträglich unter Befolgung der gesetzlichen Vorschriften durchzuführen (a. A. Schl.-Qu. § 45 Anm. 13, Herbig in DNZ 37, 273

§§52/53 Anm. 13/1

Gründung der Gesellschaft

202, der § 20 Abs. 2 AktG 37 in Verbindung mit § 60 AktG 37 hier als ausreichende Sicherung ansieht; ebenso Baumbach-Hueck Rn. 11). Der Weg der Nachgründung ist auch dann zu gehen, wenn schon mehr als zwei Jahre seit der Eintragung der Gesellschaft verstrichen sind und es sich um die Ausführung von Vereinbarungen handelt, die schon im Gründungszustand vorgesehen waren. Abs. 9 bestimmt keine Ausnahme von § 27. Der Wortlaut des Gesetzes schließt auch heute nicht ganz den Zweifel aus, ob es sich um bindende Vereinbarungen unter den Gründern handeln muß oder ob überhaupt für jeden Erwerb, welcher im Gründungszustande schon in Aussicht genommen war, ohne daß für ihn die Festsetzung in der Satzung vorgenommen worden ist, nach Eintragung der Gesellschaft der Weg der Nachgründung ausschließlich offensteht. Wir sdiließen uns der strengeren letzteren Auffassung an (ebenso RG 167, 99); Abs. 10 läßt auch nur die Heilung von Verstößen gegen § 27, nicht auch gegen § 26, durch Hauptversammlungsbeschluß und Eintragung ins Handelsregister zu (RG 167,117). Einseitig kann jedoch die Gesellschaft den Weg der Nadigründung nicht gehen, wenn die bei der Gründung ins Auge gefaßten oder getroffenen Vereinbarungen nicht in der Satzung festgesetzt worden sind, denn es handelt sich nicht um eine nur schwebende Unwirksamkeit, welche sich in eine Vollwirksamkeit durch eine ausstehende, aber beizubringende Genehmigung umwandeln könnte. Nach Abs. 10 setzt die Nachgründung ausdrücklich einen neuen Vertrag voraus. Es wird auch durch die Nachgründung nicht etwa der ursprüngliche nach § 27 nichtige Vertrag geheilt. Betraf dieser eine Sacheinlage, so bleibt es dabei, daß statt ihrer eine Bareinlage zu leisten ist (§ 27 II S. 2). Ob dagegen mit dem Zahlungsanspruch aus dem Nachgründungsvertrag aufgerechnet werden kann, beurteilt sich nach § 66. § 53 Ersatzansprüche bei der Nadigründung Für die Nachgründung gelten die §§ 46, 47, 49 bis 51 über die Ersatzansprüche der Gesellschaft sinngemäß. An die Stelle der Gründer treten die Mitglieder des Vorstands und des Aufsiditsrats. Sie haben die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Soweit Fristen mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister beginnen, tritt an deren Stelle die Eintragung des Vertrags über die Nachgründung. Anm. 1: Die Vorschrift stimmt im wesentlichen mit § 46 AktG 37 überein. Neu ist Satz 4, mit dem klargestellt wird, daß die Fristen der §§ 50 und 51 im Fall der Nachgründung erst mit der Eintragung des Vertrags über die Nachgründung beginnen und nicht bereits mit Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister. 274

Ersatzansprüche bei der Nadigründung

§53 Anm. 2

Anm. 2: Die Vorsdirift besagt, daß für die bei einer Nadigründung beteiligten Personen die gleiche Haftung besteht, wie bei der Gründung. Dies betrifft sowohl den Haftungstatbestand, als auch den Umfang der Haftung, die Voraussetzungen für Verzicht oder Vergleich hinsichtlich der Forderung durch die Gesellschaft und die Verjährung. Der Fall liegt nicht mehr so wie bei der Gründung, da die Gesellschaft nicht mehr unvertreten den Gründern preisgegeben ist, solche vielmehr nicht mehr auftreten, die Gesellschaft dagegen in Vorstand und Aufsichtsrat eigene zur Wahrnehmung ihrer Interessen berufene Organe hat, die als solche bei der Nachgründung tätig werden. An Stelle der Gründer haften daher hier die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats. Deren Haftung überschneidet sich mit ihrer allgemeinen Haftung aus § 93 bzw. § 116, geht aber nicht restlos in dieser auf. So haften z. B. die Mitglieder des Vorstandes für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in dem vom Aufsichtsrat erstatteten Nachgründungsbericht. Das Umgekehrte gilt nicht, weil bei der Nachgründung ein Vorstandsbericht, wie bei der Gründung (§ 33 II), nicht vorgeschrieben ist. Vor allem aber ist die Haftung nach § 46 eine Gewährleistung, die über Schadenersatz hinausgeht. Meist wird die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder audi nach § 116 bestehen. Der Grad der anzuwendenden Sorgfalt, für welche Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder .einzustehen haben, ist — anders als bei der Gründerhaftung — derselbe, den sie nach den §§93 und 116 aufwenden müssen, nämlich Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Neben ihnen haften die Nachgründungsprüfer, aber auch die Gründergenossen des § 47 Nr. 1 und 2, also insbesondere die Sacheinleger (bei Kapitalerhöhung) und Sachüberlasser, wenn sie die Gesellschaft dabei vorsätzlich oder grobfahrlässig schädigen. Zweifelhaft ist, ob die Hintermänner von Sacheinlegern und Sachüberlassern nach § 46 V in Verb, mit § 53 haften, weil nicht letztere, sondern die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder den Gründern gleichgestellt sind. Dies kann aber nicht für diese Hintermänner gelten, da diese nur in Beziehungen zu dem Nachgründer stehen und deshalb in sinngemäßer Anwendung des § 46 V haften. Endlich haftet auch ein Emittent, welcher in den ersten zwei Jahren nach Eintragung der Gesellschaft (auch nodi nach Eintragung der Nachgründung) die Aktien öffentlich ankündigt, um sie in den Verkehr einzuführen, wenn er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben, die «um Zwecke der Nachgründung gemacht worden sind, oder die Schädigung der Gesellschaft durch Sacheinlage oder Sachübernahme kennt oder bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes kennen muß. Die strafrechtliche Haftung ergibt sich aus §§ 399 I 1—3, § 400 Nr. 1, §403.

275

§ 54

Anm. 1

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter DRITTER TEIL

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter S 54 Hauptverpflichtung der Aktionäre (1) Die Verpflichtung der Aktionäre zur Leistung der Einlagen wird durch den Nennbetrag oder den höheren Ausgabebetrag der Aktien begrenzt. (2) Soweit nicht in der Satzung Sacheinlagen festgesetzt sind, haben die Aktionäre den Nennbetrag oder den höheren Ausgabebetrag der Aktien einzuzahlen. (3) Der vor der Anmeldung der Gesellschaft eingeforderte Betrag kann nur in gesetzlichen Zahlungsmitteln, in von der Deutschen Bundesbank bestätigten Schecks, durch Gutschrift auf ein Konto im Inland bei der Deutschen Bundesbank oder einem Kreditinstitut oder auf ein Postscheckkonto der Gesellschaft oder des Vorstands zu seiner freien Verfügung eingezahlt werden. Forderungen des Vorstands aus diesen Einzahlungen gelten als Forderungen der Gesellschaft. I. Überblick (Anm. 1) II. Verpflichtungen des Aktionärs 1. Einlagepflicht (Anm. 2—8) 2. Weitere Verpflichtungen a) Ausschluß weiterer Verpflichtungen im allgemeinen (Anm. 9)

b) Persönliche Verpflichtungen der Aktionäre (Anm. 10) c) Verpflichtungen im Fall des Verzugs des Aktionärs (Anm. 11) d) Freiwillige Leistungen des Aktionärs (Anm. 12) e) Sogenannte Hilfspflichten (Anm. 13)

I. Überblick Anm. 1: Die Vorschrift entspricht im wesentlichen der des § 49 AktG 37; in Abs. 3 sind die Möglichkeiten der Zahlungsweise erweitert worden. Abs. 1 spricht die einseitige körperschaftsreditlidie Verpflichtung der Aktionäre aus, die Einlage zu leisten. Abs. 2 desgleichen und daneben den Grundsatz, daß die Einlageschuld immer eine Geldschuld ist, wenn nicht gemäß § 27 wirksam in der Satzung ein anderer zulässiger Gegenstand der Einlage bedungen worden ist. Absatz 3 bestimmt die ausschließlich möglichen Arten der Leistung der Geldeinlagen. Absatz 1 spricht daneben die Unmöglichkeit aus, die Einlageschuld nachträglich zu erhöhen und die grundsätzliche Unzulässigkeit weiterer Verpflichtungen der Aktionäre als solcher neben der 276

Hauptverpflichtung der Aktionäre

§54

Anm. 1—3

Einlage. Damit wird das Maß der Verpfliditung der Aktionäre nach innen unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten begrenzt. § 54 ist in vollem Umfange zwingend. II. Verpflichtungen des Aktionärs 1. Einlagepflicht Anm. 2: Die Verpflichtung der Aktionäre, die Einlage zu leisten, ergibt sich aus der angenommenen vorbehaltlosen Übernahme von Aktien, die Höhe ergibt sich aus dem sich aus der Satzung ergebenden Nennwert und dem festgesetzten Ausgabebetrag. Zu klären ist das Verhältnis dieser Verpflichtung zur Verbandsgewalt. Größtenteils ist dies durch Absatz 1 in dem Sinn geschehen, daß die Verpflichtung nicht nachträglich durch Beschluß vergrößert oder erweitert werden kann. Innerhalb des Ausmaßes der Verpflichtung kann ein Spielraum für die Verbandsgewalt bestehen, z. B. hinsichtlich einer Vorverlegung der EinZahlungstermine, die bei der Gründung festgesetz waren. Grundsätzlich hat jeder Aktionär ein Recht auf gleichmäßige Ausübung der Verbandsgewalt gegenüber allen Aktionären (vgl. Anm. 4 zu § 1), demnach auch darauf, daß die Einzahlungen, sei es weil Termine nicht festgesetzt waren, sei es in Abweichung von den festgesetzten Terminen, gleichmäßig eingefordert werden (RG, JW 36, 446). Dies gilt auch vor der Eintragung (vgl. § 29 Anm. 4). Die Fälligkeit der Einlageverpfliditung ergibt sich aus Vorstehendem, doch schreibt § 36 zwingend vor, daß bei Geldeinlagen XU des Nennbetrages und das Aufgeld schon vor der Anmeldung der Gesellschaft zu leisten ist. Grundsätzlich ist die EinZahlungsverpflichtung eine Barzahlungsverpflichtung, soweit nicht entsprechend § 27 in der Satzung eine Sacheinlage bedungen ist. Aus Abs. 2 ergibt sich zusätzlich, daß der Nennbetrag immer zu zahlen ist, auch wenn unzulässigerweise eine Ausgabe unter dem Nennbetrag festgesetzt und die Gesellschaft eingetragen worden ist (Anm. 3 zu § 9). Anm. 3: Schuldner der Einlagepflicht sind diejenigen, die bei der Gründung Aktien übernommen oder bei der Kapitalerhöhung Aktien gezeichnet haben. Werden — zulässig oder unzulässig — Aktien ausgegeben, bevor die Einlagepflicht voll erfüllt ist, so ist zu unterscheiden, ob eine Geldeinlage oder eine Sacheinlage zu bewirken ist. Die Verpflichtung, die Geldeinlage in Höhe des Nennbetrages oder des höheren Ausgabebetrags zu leisten, hat der Aktionär als solcher, d. h. der jeweilige Aktionär. Dies ergibt sich aus Abs. 2. 277

§ 54 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 3—5 Veräußert der Übernehmer seine nicht voll eingezahlte Aktie, so haftet infolgedessen der Erwerber. Der Veräußerer haftet nur hilfsweise, nämlich erst dann, wenn vom Erwerber die Leistung nicht zu erlangen ist (§ 65). Der Erwerber ist ohne besondere Ubernahmeerklärung allein durch den Erwerb und durch seine Eigenschaft als Aktionär zur Entrichtung der Einlage verpflichtet, auch wenn keine Urkunden ausgegeben sind (KG in J W 1927, 2423), denn die Verpflichtung ist für den Aktionär, also den jeweiligen Inhaber des Aktienrechts, festgesetzt worden, nicht etwa nur für die Gründer. Anm. 4: Die Verpflichtung, die Sacheinlage zu leisten, hat nur der ursprüngliche Aktionär. Ihm dürfen Aktien nicht ausgehändigt werden, bevor er die Sacheinlage bewirkt hat (Anm. 3 zu § 10). Veräußert er die Aktien, sei es durch Abtretungsvertrag, sei es durch Ubergabe der Urkunde, wenn ihm eine soldie unzulässigerweise gegeben wurde, so bleibt er doch verpflichtet, die Sacheinlage zu bewirken. Das Gesetz befaßt sich mit den Rechten eines solchen Aktionärs vor Bewirkung der Sacheinlage nidit. Zweifellos entstehen auch seine Aktienrechte durch die Eintragung der AG, aber es muß angenomen werden, daß sie bis zur Bewirkung der Sacheinlage ruhen, gewissermaßen, daß ihnen die Einrede des nichterfüllten Vertrages entgegenstehen. Im Falle der Abtretung des Aktienrechtes würde sich anderenfalls, wenn der ursprüngliche Aktionär seine Verpflichtung nicht erfüllt und auch nicht Schadensersatz leistet, ergeben, daß der Erwerber der Aktie teil hat an dem eingezahlten Grundkapital und dem Bilanzgewinn, ohne daß sein Rechtsvorgänger eine Einlage bewirkt hätte. Aber auch das Stimmrecht ruht (vgl. § 134 II S. 1). Ist die Sacheinlage nicht wirksam vereinbart, weil sie nicht in der Satzung festgelegt wurde (§ 27), so ist die Einlage in Geld zu leisten (Abs. 2 und § 27 II), und zwar in Höhe des Nennbetrages der übernommenen Aktien und des Aufgeldes, welches sich aus dem Ausgabebetrag der anderen Aktien oder dem Wert der gescheiterten Sacheinlage ergibt. Außer durch Nachgründung (§ 52) kann die unterbliebene wirksame Festsetzung in der Satzung nach der Eintragung nicht mehr nachgeholt werden. Über Mangel der bürgerlich-rechtlichen Form und Unmöglichkeit vgl. Anm. 5—7 zu §27. Anm. 5: Wenn der Erwerber von Zwisdienscheinen (§ 10), welche zwar die Höhe der Einzahlung nicht angeben, aber sich schon äußerlich nur als vorläufige Urkunden darstellen, oder von nicht beurkundeten Aktienrechten davon keine Kenntnis hat, daß die Einlage nicht erfüllt ist, so ist er doch zur Erfüllung verpflichtet, weil die Einlageschuld den Aktionär als solchen trifft (KG in J W 1927, 2434; Kölner Komm. Anm. 7). Wenn aber eine Namensaktie die geleistete Einzahlung zu hoch angibt oder wenn von der Gesell278

Hauptverpfliditung der Aktionäre

§54 Anm. 5,6

schaft unzulässigerweise Inhaberaktien vor der Vollzahlung ausgegeben werden (§10 II), so kann die Gesellschaft die Zahlung von dem gutgläubigen Erwerber nicht verlangen, der sich ersterenfalls auf die Angabe in der Urkunde, letzterenfalls auf die Erfüllung der gesetzlichen Vorschrift durch die Gesellschaft verlassen hat (KG a.a.O.; RG 144, 145; B.-H. § 10 Rn. 5; Kölner Komm. Anm. 7). Dabei handelt es sidi nicht um eine grundsätzliche Abweichung für die Inhaberaktie, sondern um eine Ausnahme zugunsten des gutgläubigen Erwerbers einer solchen, weldie sich gleichfalls aus aktienrechtlichen Grundsätzen ergibt, denn die Inhaberaktie ist als soldie zugelassen, um die Verkehrs- und Umlauffähigkeit der Aktie zu sidiern, welche erheblich behindert wäre, wenn der Erwerber einer Inhaberaktie sich darum kümmern müßte, ob sie voll bezahlt ist. Abgeschwächt muß dasselbe für Namensaktien gelten, die die geleistete Einzahlung zu hoch angeben. In beiden Fällen haftet der Gesellschaft der Vorstand (§ 93 III Nr. 4), wo freilich der zweite Fall nicht ausdrücklich erwähnt ist. Weniger unzweifelhaft ist die Fortdauer der Haftung des schlechtgläubigen Veräußerers; zwar besteht für ihn, wenn er ein Entgelt erhalten hat, eine Herausgabepflicht gegenüber der Gesellschaft nach § 816 BGB oder eine Schadenersatzpflidit nach § 826 BGB. Davon verschieden ist aber die Frage, ob er die aktienrechtliche Verpflichtung weiter trägt, die Einlageschuld zu erfüllen, weldie sich regelmäßig durch die Veräußerung der Aktie für den Veräußerer in eine zeitlich und inhaltlich begrenzte Haftung verwandelt. Trotz der Veräußerung kann diese Verpflichtung deshalb weiter bestehen, weil infolge des guten Glaubens des Erwerbers die Veräußerung nicht den Erfolg gehabt hat, daß an die Stelle des ausscheidenden Schuldners (Veräußerers) der neue Erwerber tritt. Man wird aus dem Grundsatz der §§ 64, 65 die Bejahung der Frage ableiten müssen (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. § 10 Anm. 11). Grundsätzlidi gilt aber auch für die Inhaberaktie, daß der jeweilige Aktionär Einlagesdiuldner ist, dies ergibt sidi ohne weiteres, wenn dem Erwerber bekannt ist, daß die Einlage noch aussteht. Ober Erlaß, befreiende Schuldübernahme, Abtretung, Pfändung s. § 66. Uber die vor der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister einzufordernden Mindest- und einforderbaren Höchstbeträge siehe Anm. 9 zu § 36. Abs. 3 gilt für jeden vor der Anmeldung eingeforderten Betrag, auch wenn er über dem gesetzlichen oder satzungsmäßigen Mindestbetrag hinausgeht. Anm. 6: Die Erfüllung der Einlagesdiuld erfolgt bei der Sadieinlage durch Ubereignung einzulegender Sachen oder Abtretung einzulegender Rechte. Bei Geldeinlagen ist die Zeit vor und nach der Eintragung zu unterscheiden. Nach der Eintragung kann die Geldeinlage wie jede andere Schuld erfüllt werden, nur besteht nach § 66 ein Verbot des Erlasses und der einseitigen Aufrechnung durch den Einlageschuldner. Die Aufrechnung durch die Gesell279

§ 54 Anm. 6

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

sdiaft ist zulässig, soweit sie nicht gegen besondere aktienrechtliche Bestimmungen verstößt, also darin etwa ein nach § 66 I S. 1 verbotener Erlaß liegt. Das gleiche gilt von der Annahme an Erfüllung statt (a. A. Teichmann-Köhler § 49 Anm. 1), die aber außerdem nidit zur Umgehung der Vorschriften über die Sacheinlagen führen darf. Die Zahlung kann — was nunmehr ausdrücklich im Gesetz aufgeführt worden ist — auch durch bestätigten Bundesbanksdieck erfolgen oder durch Ausführung einer Zahlung aufgrund einer Anweisung der Gesellschaft für ihre Rechnung. Kundenwechsel und eigene Akzepte des Aktionärs oder Schecks auf eigenes Bankkonto des Aktionärs dürfen nicht an Erfüllung statt, sondern nur erfüllungshalber angenommen werden. Die Einlage ist in solchem Fall erst geleistet (auch im Sinne von § 134 II) bei Eingang, nicht schon bei Weiterverwertung und Empfang der vorläufigen Gutschrift des Verwertungserlöses. Auch wenn die Gesellschaft ein Kundenpapier des Aktionärs erfüllungshalber entgegengenommen hat und mangels Wahrung der Protest- bzw. Vorlegungsfrist der Regreß gegen den Aktionär und seine Vorleute verlorengeht, ist ersterer von seiner Einlageschuld nidit befreit. Vor der Eintragung und Anmeldung jedoch bestehen sehr viel formalere Grundsätze. Hier erkennt das Gesetz nur ganz bestimmte Zahlungsweisen als geeignet an, die Einlageschuld zu erfüllen, ohne daß jedoch die Ergebnisse der getroffenen Regelung immer einem sachlichen inneren Grund entsprächen. Es wird anerkannt die Überweisung oder Einzahlung auf Postscheckkonto oder ein Konto eines inländischen Kreditinstituts, einschließlich Bundesbankgirokonto. Ein solches Konto kann auch bei einem etwa als Gründerin beteiligten Kreditinstituts bestehen und ist dort für den Vorstand der Gesellschaft als solchen in seiner jeweiligen Zusammensetzung — nicht etwa für eine einzelne Vorstandsperson — oder für die Gesellschaft als solche zu errichten. Ferner kann die Zahlung an den Vorstand in gesetzlichen Zahlungsmitteln (Banknoten) oder in von der Deutschen Bundesbank — nicht Landeszentralbank — bestätigten Schecks erfolgen. Erfolgt die Zahlung auf Postscheckkonto des Vorstands oder der Gesellschaft, so kann sie natürlich auch durch Postschecküberweisung geschehen, denn es kommt auf die Gutschrift durch das Postscheckamt an. Letzteres gilt auch für Eingänge auf einem Konto des Vorstands oder der Gesellschaft. Hier eröffnen sich alle Möglichkeiten, die zu einer Gutschrift führen, also Überweisung eines nach Eingang gutgeschriebenen Schecks auf ein anderes Kreditinstitut eines Landeszentralbanksdiecks, Einzahlung anderer als gesetzlicher Zahlungsmittel, wenn das Kreditinstitut sie annimmt und gutschreibt. Es ist gleichgültig, ob der Einlageschuldner Einzahlung auf das Konto selbst vornimmt oder ob er etwa den Vorstand der Gesellschaft dadurch zwischenschaltet, daß er ihm einen Bankscheck oder Postscheck aushändigt und dieser ihn weitergibt. Von seiner Einlagesdiuld befreit wird er stets nur dann, wenn die Gutschrift auf dem 280

Hauptvcrpfliditung der Aktionäre

§ 54 Anra. 6,7

Konto erfolgt ist. Gibt der Vorstand die Schecks nicht oder nicht ordnungsgemäß weiter und unterschlägt er die Beträge, so ist die Einlage nicht erfolgt (ebenso Kölner Komm. Anm. 31, der uns unverständlich als andere Ansidit bezeichnet). Der zur Einlage Verpflichtete trägt insoweit das Risiko. Er kann sidi jedoch davon befreien, indem er die Zahlung durdi Banknoten oder einen bestätigten Bundesbankscheck leistet. Unterschlägt der Vorstand das Geld oder den Scheck, so ist trotzdem die Einlage ordnungsgemäß geleistet. Es ist eine Konsequenz daraus, daß der zur Einlage Verpflichtete grundsätzlich selbst ohne Einschaltung Dritter, auch nicht des Vorstandes, seine Leistung so zu bewirken hat, wie es § 54 III im einzelnen vorschreibt, d. h., die Barzahlung oder die Zahlung durch bestätigten Bundesbankscheck erfolgt an den Vorstand als Vertreter der Gesellschaft. Damit hat die Gesellschaft den Einlagebetrag erhalten. Unterschlägt der Vorstand die Beträge, so unterschlägt er Gelder der Gesellschaft. Anders, wenn sich der Einlageverpflichtete des Vorstandes zur Erfüllung bedient, dann untersdilägt bis zur Gutschrift auf dem entsprechenden Konto der Vorstand Beträge des Einlageverpflichteten. Hat der Aktionär seine Einlageverpflichtung erfüllt, so kann die Zahlungspflidit nidit dadurch Wiederaufleben, daß der Vorstand schon vor der Eintragung der Gesellschaft die eingezahlten Gelder zur Aufnahme des Geschäftsbetriebes verwendet (BGH 15, 66 ff.; vgl. auch Wolany in die Akt.Ges. 66,121 ff.). Wie die Legitimation des Vorstandes für das Konto zu führen ist, solange er noch nicht im Handelsregister eingetragen ist, der Schutz des § 15 HGB also noch nidit besteht, ist unklar. Die Bestellungsurkunde gibt keine Gewähr dagegen, daß der Vorstand nicht inzwischen wieder abberufen ist. Der Vorstand dürfte vor Eintragung der Gesellschaft nur dann ermächtigt sein, Einzahlungen über den gesetzlichen oder satzungsmäßigen Mindestbetrag hinaus entgegenzunehmen, wenn es die Satzung besonders gestattet. Anm. 7: In allen Fällen müssen die Einzahlungen zur freien Verfügung des Vorstandes stehen, audi soweit sie erst nach der Eintragung geleistet werden. Zur Frage, wann Einzahlungen zur freien Verfügung des Vorstandes geleistet sind, siehe § 36 Anm. 13. Daß die Beträge zur freien Verfügung des Vorstandes stehen, haben die Gründer, die Vorstands- und die Aufsichtsratsmitglieder zu verantworten. Die Erfüllung dieser Voraussetzung ist bei der Anmeldung zu erklären und durch schriftliche Bestätigung des Kreditinstituts nachzuweisen (§ 37). Demnach müssen Gründer und Aufsichtsrat bei der Bestimmung der Einzahlungsstelle mitwirken. Unklar ist, wie sich der Einlageschuldner selbst bei Zahlung auf ein Konto dessen versichern soll, daß der eingezahlte Betrag zur freien Verfügung des Vorstandes steht. Das Gesetz mutet ihm dies zu, in dem es durch das Wort „kann" zum Aus281

§ 54

Anm. 7,8

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

druck bringt, daß die Einlageschuld nicht getilgt ist, wenn diese Voraussetzung nicht besteht. Wenn der Schuldner nicht die Barzahlung an den Vorstand oder die Einzahlung oder Überweisung auf Postscheckkonto, sondern Einzahlung oder Uberweisung auf ein für den Vorstand oder die Gesellschaft eingerichtetes Konto wählt, muß er sich demnach ausdrücklich von dem Kreditinstitut bestätigen lassen, daß seine Einlage zur freien Verfügung des Vorstandes steht (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 17; Kölner Komm. Anm. 32; a. A. Schl.-Qu. § 49 Anm. 8). Er kann sich auch dadurch sichern, daß er die Einzahlung auf das Konto unter der Bedingung tätigt, daß der Betrag zur freien Verfügung des Vorstandes steht. Die durch Einzahlung entstandenen Guthaben auf den Konten, die auf den Namen der Gesellschaft lauten, sind Forderungen. Lauten die Konten auf den Vorstand, so gelten sie kraft ausdrücklicher Bestimmung des Gesetzes als Forderungen der Gesellschaft. In beiden Fällen sind die Konten Gesellschaftsvermögen der errichteten Gesellschaft (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 18; a. A. Ritter § 49 Anm. 6) und werden Vermögen der Gesellschaft durch deren Eintragung. Sie gehören also im Konkurs des Vorstandes nicht zur Masse, seine Gläubiger können sie nicht pfänden. Er macht sich einer Untreue oder Unterschlagung schuldig, wenn er darüber zu seinen eigenen Gunsten verfügt, andererseits unterliegen sie dem Zugriff der Gläubiger der Gesellschaft und vor der Eintragung, soweit es in diesem Zeitabschnitt Verpflichtungen der Gesellschaft geben kann (z. B. gegen die Gründungsprüfer), dem Zugriff der Gläubiger dieser Verpflichtungen. Auch soweit dem Vorstand Bargeld übergeben ist, ist es Vermögen der Gesellschaft, solange er es nicht verwendet. Auch wenn das Konto auf seinen Namen errichtet ist, ist es Treugut und Vermögen der Gesellschaft. Das wäre nur anders, wenn er mit dem übergebenen Geld Einzahlungen auf ein für ihn schon bestehendes Privatkonto macht, etwa um eine Bankschuld zu tilgen; hierin läge eine Unterschlagung, durch welche eine Forderung für die Gesellschaft gegen die Bank nicht entstehen kann. Obwohl die Einzahlung zur freien Verfügung des Vorstandes stehen muß, darf er nach § 36 II vor der Anmeldung nur in beschränktem Umfang darüber verfügen, aber er darf bares Geld, das er empfangen hat, auf ein Konto der Gesellschaft oder des Vorstandes einzahlen, vorausgesetzt, daß er über dieses künftig frei verfügen kann. Anm. 8: Wenn die Einzahlung vor der Eintragung die Voraussetzungen des Abs. 3 nicht erfüllt, bleibt die Schuld bestehen, d. h., der Einlageschuldner hat noch einmal zu zahlen (RG 144, 138 und 348). Die Gründer haften für die fehlende Einzahlung (§ 46), der Aufsichtsrat und Vorstand haften auf Schadenersatz (§ 48). Da aktienreditliche Grundsätze den bürgerlich-rechtlichen vorgehen, kann auch nicht nach § 819 BGB geholfen werden. Wohl aber 282

Hauptverpflichtung der Aktionäre

§ 54

Anm.8,9

wird der auf nochmalige Zahlung belangte Aktionär aus seiner ersten Zuwendung einen Bereicherungsanspruch gegen die Gesellschaft in der Höhe besitzen, in welcher zur Zeit der Geltendmachung dieses Anspruchs seine Zuwendung noch im Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, jedoch ohne daß es möglich wäre, den Einwand der Bereicherungsminderung durch Hinweis auf sdilechten Glauben der Gesellschaft auszuschließen. Zu einer einseitigen Aufrechnung dieses Bereicherungsanspruchs ist der Aktionär jedoch nicht berechtigt (§ 66). Vorstehendes gilt nur, wenn der Aktionär die Einlage nicht richtig oder nicht zur freien Verfügung des Vorstandes geleistet hatte. Hatte er dies getan und somit die Einlagesdiuld erfüllt, kann natürlich von ihm nicht nochmalige Erfüllung verlangt werden, etwa weil der Vorstand vor der Eintragung der Gesellschaft den Betrag der Einlage bereits ausgegeben hat und deshalb bei der Anmeldung die erforderliche Versicherung nicht abgeben und die Eintragung der Gesellschaft nicht herbeiführen kann (BGH 15,66 ff.). 2. Weitere Verpflichtungen a) Ausschluß weiterer Verpflichtungen im allgemeinen Anm. 9: Der Ausschluß weiterer Verpflichtungen der Aktionäre ist im Gesetz nidit ganz eindeutig ausgesprochen. Der Wortlaut würde nidit ausschließen, daß die Aktionäre zu Nebenleistungen, die keine Einlagen sind (z. B. fortdauernden Dienstleistungen) verpflichtet werden können. Dann würde aber § 55 überflüssig sein, welcher bestimmte Nebenleistungsverpflichtungen unter bestimmten Voraussetzungen zuläßt. Aber auch Abs. 1 selbst wäre überflüssig, denn daß die Verpflichtung zur Einlage nidit auf der Verbandsgewalt beruht, sondern auf der Ubernahmeerklärung bei der Gründung oder der Zeichnung der neuen Aktien (Zeichnungsschein § 185), für deren Inhalt nur diese selbst maßgebend sein kann, ergeben die Vorschriften über die Gründung und die Kapitalerhöhung. Absatz 1 sagt daher, daß weder durch Satzung noch durch Ausübung der Verbandsgewalt noch durch Verträge irgendwelche Verpflichtungen der Aktionäre als solche neben der Verpflichtung zur Entrichtung der Einlage begründet werden können, von den gesetzlich besonders zugelassenen Ausnahmen (§§ 55, 63 II) abgesehen. Es handelt sich dabei sogar um einen das Wesen der deutschen Aktiengesellschaft mitbestimmenden zwingenden Reditsgi'undsatz. Demnach ist es insbesondere ausgeschlossen, in der Satzung vorzusehen, daß die Aktionäre verpflichtet sind, der Gesellschaft darlehens- oder nachschußweise Mittel zur Verfügung zu stellen oder daß sie für Verpflichtungen der Gesellschaft haften, ferner daß sie verpflichtet sind, der Gesellschaft Dienste zu leisten, insbesondere als Mitglied des Aufsichtsrates oder Vorstandes oder durch Annahme der Wahl oder der Bestellung zum Mitglied des Aufsichtsrates oder Vorstandes einer anderen Gesellschaft, sich der Verfügung über die Aktien ganz oder unter gewissen Voraussetzungen zu ent283

§ 54 Anm. 9,10

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

halten oder nur mit Zustimmung der Gesellschaft darüber zu verfügen (Ausnahme § 68) oder die Aktien vor Verkauf anderen Aktionären oder Dritten zum Vorkauf anzubieten oder unter gewissen Voraussetzungen der Gesellschaft oder Dritten entgeltlich oder unentgeltlich zu überlassen (entgeltlich verboten durch §§ 57 u. 71; a. A. RG 120, 177 und dieser Entscheidung folgend B.-H. § 237 Rn. 6) oder bei der Veräußerung Beschränkungen zu beobachten, ferner sich dauernd in bestimmter Weise zu verhalten, insbesondere keinen Wettbewerb zu üben oder Stillschweigen zu wahren, einem Verein anzugehören, Geschäfte nur mit der Gesellschaft oder bestimmten Dritten zu machen usw. (ebenso h. L.; für viele Kölner Komm. Anm. 11). Es ist auch nicht zulässig, die Einziehung (Verwirkung) der Aktien für den Fall eines bestimmten Verhaltens anzudrohen; auch nicht für den Fall, daß ein bestimmter Aktienhöchstbesitz überschritten wird. Davon verschieden ist die Frage, ob die Einziehung der Aktien für einen Fall vorgesehen werden kann, der in der Person eines Aktionärs ohne sein Zutun unwillkürlich eintritt. Dies ist für die Inhaberaktie zu verneinen, weil es mit dieser unvereinbar ist, daß persönliche Eigenschaften des Aktionärs eine Rolle spielen. Dagegen ist es bei vinkulierten Namensaktien unseres Erachtens wenigstens für den Fall außerrechtsgeschäftlidien Erwerbs zu bejahen, weil bei diesen das Interesse der Gesellschaft an der Person des Aktionärs gesetzlich verankert ist. Darüber hinaus dürfte bei diesen auch ohne Aktionärswechsel an den Eintritt oder Verlust bestimmter persönlicher Voraussetzungen die Einziehbarkeit der Aktien geknüpft werden können. Anderes gilt für Vereinbarungen der Aktionäre untereinander (Poolvertrag; vgl. Anm. 10 a. E.). b) Persönliche Verpflichtung der Aktionäre Anm. 10: Nur die Aktionäre als solche können zu Leistungen über die Einlage hinaus weder durch Satzung, noch Verbandsgewalt, noch vertraglich verpflichtet werden. Wohl aber können alle oder einzelne Aktionäre persönliche Verpflichtungen über die Einlage hinaus übernehmen, die nicht mit der Aktie verknüpft sind (ebenso die herrschende Lehre für viele Kölner Komm. Anm. 16 ff.). Diese Verpflichtung geht aber bei Veräußerung der Aktie nur dann auf den Erwerber über, wenn er sie besonders übernimmt. Sie können in der Satzung vorgesehen sein (B.-H. Rn. 6); dies bedeutet nicht, daß ein Erwerber der Aktie ohne eigene Verpflichtungserklärung in die Verpflichtung eintritt. Man wird sich bei einem Verkehrspapier auch hüten müssen, zu weit zu gehen, etwa zu sagen, daß der Erwerber von der Satzung Kenntnis nehmen und ohne weiteres nach § 157 BGB die darin vorgesehene persönliche Verpflichtung als eigene anerkennen müsse. Die Gesellschaft hat eine Übernahme der Verpflichtung durch den Erwerber der Aktie zu beweisen (a. A. Goldschmidt in J W 1928, 2619); bei Kenntnis des Erwerbers von der Aufnahme der Verpflichtung in der Satzung gibt der Kölner Komm. 284

Hauptverpfliditung der Aktionäre

§54

Anm. 10

(Anm. 19) dem Erwerber die Beweislast für seine Behauptung, die Verpflichtung nicht übernommen zu haben, da in diesem Falle Übernahme konkludent erfolgt sei. Auf diesem Wege kann mit dem derzeitigen Aktionär alles, diesen persönlich verpflichtend, vereinbart werden, was zu Lasten des jeweiligen Aktionärs nicht bestimmt werden kann. Bei Namensaktien kann nach § 68 II die Zustimmung der Gesellschaft zur Übertragung vorbehalten und diese davon abhängig gemacht werden, daß der Erwerber in die Verpflichtung eintritt. Es kann in der Satzung sogar vorgesehen werden, unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung erteilt werden kann. Nicht nur die persönliche, also in der Person jedes Aktienerwerbers zu erneuernde Verpflichtung zu persönlichen Leistungen, kann auf diesem Wege bei Namensaktien verankert werden, sondern auch die persönliche Verpflichtung, bei der Übertragung bestimmte Beschränkungen zu beaditen (z. B. die Aktie nicht an einen Ausländer oder an jemand zu übertragen, dessen Aktienbesitz dadurch eine satzungsmäßige Höchstzahl übersdireiten würde). Bei der Pfändung und im Konkurse des Verpflichteten versagen solche Verpflichtungen, auch der Vorbehalt der Zustimmung zur Übertragung (RG 70, 641; 142, 373; a. A. Mügel in Soz.Pr. 1939, 991). Für einen solchen Fall kann in der Satzung die Zulässigkeit der Zwangseinziehung vorgesehen werden. Natürlich aber sind solche Bestimmungen für Aktien unerträglich, die zum Börsenhandel zugelassen werden sollen. Die Zulassungsstelle würde die Zulassung verweigern. Aber für den Aufbau der Kartelle waren sie sehr wichtig. Bei Inhaberaktien ist ein solcher Schutz einer nur persönlichen Verpflichtung nicht möglich, sie sind daher bei diesen selten, obwohl es häufig vorkommt, daß der Obernehmer von Aktien sich verpflichtet (sogenanntes mittelbares Bezugsrecht). In einer vielbesprochenen und mit Recht viel widersprochenen Entscheidung hat das Reichsgericht (RG 120, 177, JW 28, 1556) unter den Voraussetzungen des § 192 I S. 2 AktG 37 die Zwangseinziehung durch Auslosung zugunsten eines Dritten als zulässig anerkannt, weil der Aktionär dadurch nicht verpflichtet werde, sein Aktienrecht einem Dritten zu übertragen, sondern die Gesellschaft ihm das Aktienrecht nehme, aber in angeblich zulässiger Ausgestaltung des Aktienrechts, nicht um das Recht zu vernichten, sondern um es einem Dritten zu übertragen. Wir schließen uns der Mehrzahl (Barz in Großkomm. Anm. 7; Ritter Anm. 14 zu § 92) an, welche die Zulässigkeit dieser Ausgestaltung bestreitet, denn sie liefe günstigstenfalls darauf hinaus, daß in zulässigen Formen, nämlich wenn man in freier Ausgestaltung die Zwangseinziehung zu anderen als zu Zwecken der Vernichtung als zulässig erachtet, der materiell von dem Gesetz verpönte Erfolg herbeigeführt wird, daß einem Aktionär zu gesellschaftsfremden Zwecken das Redit genommen wird, um es seitens der Gesellschaft einem Dritten zu übertragen, dem es unmittelbar zu übertragen er nach ausdrücklicher Vorschrift des § 54 I weder durch Satzung noch durch Verbandsgewalt nodi auch in seiner Eigen285

§ 54 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 10—12 schafl als Aktionär durch Vertrag verpflichtet werden kann. Die Ausgestaltung muß da innehalten, wo sie im Ergebnis einen Erfolg herbeiführen würde, welcher einem vom Gesetz ausdrücklich untersagten Erfolg völlig gleichkommt. Auch im Wege eines Sondervorteils nach § 26, wenn der Dritte zugleich Aktionär ist, kann ein solches Recht nidit bedungen werden. Von den persönlichen Verpflichtungen der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft zu unterscheiden sind Verpflichtungen, die die Aktionäre gegenseitig vereinbaren, die sogenannten Poolverträge. Hier ist jede Art von Bindung, einschließlich der Ausübung des Stimmrechtes, zulässig (vgl. Anm. 7 u. 8 zu § 136). c) Verpflichtungen im Fall des Verzugs des Aktionärs Anm. 11: Absatz 1 wird durch die §§ 63 ff. ergänzt. Daraus ergibt sich, daß die Einlagepflicht für den Fall erhöht werden kann, in dem sich der zahlungspflichtige Aktionär in Verzug befindet. Absatz 1 schließt daher nicht aus, daß der Aktionär verpflichtet sein kann, Verzugszinsen oder eine Vertragsstrafe zu zahlen oder Schadenersatz zu leisten. Diese Bestimmungen bilden andererseits jedoch die äußerste Grenze der Verpflichtung des Aktionärs zu Geldleistungen. d) Freiwillige Leistungen des Aktionärs Anm. 12: Begrenzt wird nur die Verpflichtung der Aktionäre. Freiwillige Leistungen sind unbegrenzt zulässig. Inwieweit ein wirtschaftlicher Zwang zu rechtlich freiwilligen Leistungen, insbesondere Zuzahlungen (zwecks Vermeidung stärkerer Zusammenlegung oder zwecks Umwandlung in Vorzugsaktien) durch einen mit der Unterlassung der Leistung verbundenen Nachteil ausgeübt werden darf, ist in Anm. 7 zu § 11 dargelegt. Ein rechtlicher Zwang, etva. durch Androhung der Zwangseinziehung in der ursprünglichen Satzung und deren Vornahme ist jedenfalls mit Abs. 1 unvereinbar (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 9 und 11; Kölner Komm. Anm. 16). Die Zulässigkeit freiwilliger Leistungen schließt aber nicht die freiwillige Übernahme von Verpflichtungen ein, welche die Aktionäre als solche treffen. Abs. 1 schließt zufolge der ihm nach Anm. 9 zu gebenden Tragweite auch jede Ausgestaltung der Gesellschaft in dem Sinne aus, daß der Aktionär in der Satzung verpflichtet werden kann, sein jeweiliges Verhalten als Aktionär, insbesondere bei Ausübung der gesellschaftlichen Rechte, dem anzupassen, daß er Gesellschafter ist und dabei die Rücksicht auf das Wohl der Gesellschaft zur Richtschnur zu nehmen. Noch mehr gilt dies von Verpflichtungen des Aktionärs als solchem gegenüber Mitaktionären als solchen. So ist die freie Stimmrechtsausübung auch zur Verfolgung gesellschaftsfremder Vorteile gewährleistet (§117 VII Anm. 6) und nur im eingeschränkten Maße auf Grund solcher Stimmrechtsausübung die Anfechtbarkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses zugelassen (vgl. § 243 II Anm. 3). 286

Nebenverpflichtungen der Aktionäre

§§54/55 Anm. 13

e) Sogenannte Hilfspflicbten Anm. 13: Daß die Hauptverpflichtung sich auf die Einlage begrenzt, schließt nicht aus, daß den Aktionären Verpflichtungen zur Sicherung dieser Hauptverpflichtung auferlegt werden können, welche auf deren Erfüllung abzielen und — davon abgesehen — keinen eigenen vermögensrechtlichen Inhalt haben. Derartige Hilfspflichten können nach dem Gesagten nur bei nicht vollbezahlten Aktien vorkommen. Hierher gehört die Hinterlegung von Wechseln in Höhe der Resteinzahlung (namentlich bei Versicherungsaktien in Gebrauch), die Verpflichtung, sowohl eine Verlegung des Wohnsitzes, als auch die Übertragung der Aktien und den Tod des Aktionärs anzuzeigen. Unzulässig sind Satzungsbestimmungen, wonach die Gesellschaft berechtigt sein soll, die Aktie unter Umständen, welche die Hauptverpflichtung gefährdet erscheinen lassen, auf einen Dritten zu übertragen, denn es wird als Hilfsverpflichtung nicht statthaft, was aus anderen aktienrechtlichen Gesichtspunkten unstatthaft ist. Dazu gehört aber die Verpflichtung, die Aktie zu übertragen, weil ein Aktionär wegen Nichterfüllung der Hauptverpflichtung des Aktienrechts nur gemäß § 64 verlustig erklärt werden kann (jetzt auch Rowedder in Möhr Schw. S. 45). § 55 Nebenverpfliditungen der Aktionäre (1) Ist die Übertragung der Aktien an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden, so kann die Satzung Aktionären die Verpflichtung auferlegen, neben den Einlagen auf das Grundkapital wiederkehrende, nicht in Geld bestehende Leistungen zu erbringen. Dabei hat sie zu bestimmen, ob die Leistungen entgeltlich oder unentgeltlich zu erbringen sind. Die Verpflichtung und der Umfang der Leistungen sind in den Aktien und Zwischenscheinen anzugeben. (2) Die Satzung kann Vertragsstrafen für den Fall festsetzen, daß die Verpflichtung nicht oder nicht gehörig erfüllt wird. I. Übersicht (Anm. 1) II. Die Nebenleistungspflidit 1. Voraussetzungen (Anm. 2) 2. Festsetzung in der Satzung (Anm. 3) 3. Inhalt der Nebenleistungspflicht (Anm. 4 bis 6) 4. Entgelt für Nebenleistungen (Anm. 7) 5. Anzuwendende Vorschriften (Anm. 8)

6. Beendigung der Nebenleistungspflicht (Anm. 9) 7. Abtretung und Pfändung (Anm. 10) III. Nebenleistungsrecht (Anm. 11) IV. Nebenleistungs-AG und Kartell (Anm. 12) V. Angabe in der Aktienurkunde (Anm. 13) VI. Vertragsstrafe (Anm. 14)

287

§ 55

Anm. 1,2

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt im wesentlichen § 50 AktG 37 und erweitert den notwendigen Satzungsinhalt dahin, daß anzugeben ist, ob die Nebenleistung entgeltlich oder unentgeltlich zu erbringen ist. Sie macht den Bedürfnissen der Zuckerindustrie zuliebe eine Ausnahme von dem unpersönlichen, rein sachlichen Charakter der Aktiengesellschaft und der Aktienrechte und von dem Grundsatz des § 54 I, daß die Verpflichtungen des Aktionärs als solchem ein für allemal ziffernmäßig begrenzt sind. Sie gestattet, ein individuelles Moment dadurch zu begründen, daß den Aktionären — und zwar als solchen — persönliche Leistungen neben der Einlage körperschaftsrechtlich aufgebürdet werden. Immer aber muß daneben das Mindestgrundkapital gezeichnet und müssen darauf Einlagen als Hauptverpflichtung übernommen und wenigstens mit 2 5 % eingezahlt werden. Zum Grundkapital selbst gehören aber die Nebenleistungen nicht. Die für dessen Bindung und Erhaltung gegebenen Vorschriften gelten also nicht auch für sie, sie können daher z. B. erlassen werden. Die Besonderheit der Verpflichtung zu Nebenleistungen liegt darin, daß sie die Aktionäre körperschaftsrechtlich als solche belastet. Sie geht deshalb durch die Veräußerung der Aktien nach zwingendem Recht auf den Erwerber über, auch wenn er sie durch Pfandversteigerung oder vom Konkursverwalter erwirbt. Der Erwerber haftet jedoch nicht für Rückstände, diese hat nach herrschender Ansicht der Veräußerer zu erfüllen. Der Veräußerer scheidet im übrigen aus der Verpflichtung aus (s. aber Anm. 13). Es ist nicht zulässig, in der Satzung seine Forthaftung vorzusehen, schon deshalb nicht, weil sich daraus eine Geldverpflichtung ergeben würde. Wohl aber kann die Gesellschaft die Forthaftung des Veräußerers persönlich herbeiführen, indem sie mit ihm einen gesonderten dahingehenden Vertrag schließt. II. Die Nebenleistungspilicht 1. Voraussetzungen Anm. 2: Voraussetzung für die Zulässigkeit der Nebenleistungsverpflichtung ist, daß es sich um Namensaktien handelt (§ 67) und daß die Übertragung der Aktien an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden ist (§ 68 II). Die Verpflichtung und das Interesse an ihrer Erfüllung, die für den Geschäftsbetrieb der Aktiengesellschaft bedeutungsvoll ist, rückt die Aktie aus der der Inhaberaktie anhaftenden Entpersönlichung heraus. Die Aktiengesellschaft ist hier interessiert an der Person des Aktionärs, seiner Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit und an der Erhaltung eines leistungsfähigen Mitgliederbestandes. Sie muß auch wissen, wer Aktionär ist, um ihren Anspruch auf die Nebenleistung verfolgen zu können. Die Verpflichtung setzt deshalb auch eine stärkere gesellschaftliche Verbindung des jewei288

Neben Verpflichtungen der Aktionäre

§ 55

Anm.2,3

ligen Aktionärs mit der Gesellschaft voraus. Die Gesellschaft kommt dadurch in die Lage, einen Rechtsübergang zu verhindern, der die Gefahr der Nichterfüllung der Verpflichtung mit sich bringt, auch Sicherheiten für die Erfüllung zu schaffen, indem sie ihre Zustimmung von der Gewährleistung des Veräußerers der Aktien oder auch davon abhängig macht, daß der Erwerber etwaige Rückstände übernimmt (§ 68 II). Hierbei ist zu beachten, daß nur bei rechtsgeschäftlicher Übertragung die Zustimmung der Gesellschaft erforderlich ist. Der Erbe benötigt daher keine Zustimmung und haftet mit der Annahme der Erbschaft auch für die Nebenleistungspflicht. Aktien einer AG, in der Erzeugnisse des Hofes verarbeitet oder verwertet werden, gehören dann zum Hof, wenn die Aktien mit einer Lieferpflicht nebst Lieferrecht und Vergütungsanspruch verbunden sind (BGH in Die AktGes 1966, 221). Wird eine Erbengemeinschaft in eine Personengesellschaft, eine Personengesellschaft in eine andere Gesellschaft umgewandelt oder eine Erbengemeinschaft auseinandergesetzt, so liegt unseres Erachtens eine rechtsgeschäftliche Übertragung vor, so daß die Zustimmung der Gesellschaft erforderlich ist (vgl. für den Problemkreis im einzelnen Rob. Fischer in JZ 1956, 363). 2. Festsetzung in der Satzung Anm.3: Die Verpflichtung zur Leistung muß in der ursprünglichen Satzung festgesetzt sein, nachträglich kann sie nur mit Zustimmung der betroffenen Aktionäre eingeführt, erhöht oder verschärft werden (§ 179 III u. dort Anm. 7—10). Eine Verschärfung oder Erhöhung liegt auch in der Einführung oder Erhöhung einer Vertragsstrafe (RG 121, 238) oder in einer Verringerung des Entgeltes oder in einer Verlängerung der Dauer (RG 136, 185). In der Einführung, Erhöhung oder Verschärfung liegt immer eine Satzungsänderung. Es ist also ein Beschluß der Hauptversammlung erforderlich, zu dem als zusätzliches weiteres Erfordernis die Zustimmung aller betroffenen Aktionäre hinzutreten muß. Diese kann in der Hauptversammlung erklärt werden, wenn alle Aktionäre an dieser teilnehmen oder auch nachträglich und formlos durch schlüssige Handlungen (ebenso Würdinger S. 44). Bis zur Zustimmung ist der Beschluß schwebend unwirksam (RG 136, 189; 148, 186). Fehlt es aber auch nur an der Zustimmung eines einzigen Aktionärs, ist der Beschluß für alle wirkungslos (nicht nichtig oder anfechtbar), auch für jene, die zugestimmt haben (vgl. RG 121, 238; 136, 185). Die Zustimmung aller ist dem Registergericht vor Eintragung des Beschlusses, der eine Satzungsänderung enthält und deshalb eingetragen werden muß (RG 136,192), öffentlich beglaubigt oder beurkundet nachzuweisen. Soll der Beschluß für diejenigen, welche zugestimmt haben, auch dann wirksam sein, wenn einzelne die Zustimmung ablehnen, so muß dies in dem Beschluß und in der Zustimmung 289

§ 55

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Anm. 3—5 zum Ausdruck kommen (RG 136, 313), es entstehen dann verschiedene Aktiengattungen. Nadi dem neu eingefügten Satz 2 in Absatz 1 muß die Satzung bestimmen, ob die Leistungen entgeltlidi oder unentgeltlich zu erbringen sind. Im übrigen genügt es, wenn die Satzung den Rahmen für die Art der übernommenen Verpflichtungen feststellt, innerhalb dessen dann die im einzelnen genauere Ausgestaltung der übernommenen Verpflichtungen in einer bestimmt vorgeschriebenen Weise stattfinden kann und soll (RG 136, 318; HRR 1937 Nr. 1450). Die Satzung kann auch einen Dritten zur Bestimmung berufen, dann ist § 315 ff. BGB entsprechend anwendbar. Innerhalb dieses bestimmten Rahmens kann auch schon in der Satzung eine Vermehrung oder Verschärfung der Nebenleistungspflichten nach bestimmter Richtung vorgesehen werden; dann kann diese durch Mehrheitsbeschluß oder in einer von der Satzung vorgeschriebenen Weise erfolgen (RG 131,243). Die Nebenleistungen brauchen nicht allen Aktionären, auch nicht allen gleich obzuliegen, denn die Satzung kann verschiedene Aktien schaffen und damit einen Gattungsuntersdiied herstellen. Ein solcher besteht nicht nur bei unterschiedlichen Rechten, sondern kann auch in unterschiedlichen Lasten begründet sein (h. L.; für viele Baumbach-Hueck § 50 Rn. 4). 3. Inhalt der Nebenleistungspflicht Anm. 4: Die Leistung muß eine wiederkehrende sein, darf also keine einmalige Leistung sein; darum kann auch nicht auf diesem Wege eine Verpflichtung festgesetzt werden, die Aktien der Gesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen zu überlassen oder irgendeine dauernde Leistung zu vollbringen, auch nicht ein bestimmtes Verhalten dauernd zu üben. Unzulässig ist also die Festsetzung eines Wettbewerbs Verbotes (bestritten). Wiederkehrend ist aber weder gleichbedeutend mit „in regelmäßigen Zeitabschnitten wiederkehrend" noch mit „gleichbleibend". Anm. 5: Der Inhalt der Nebenleistung darf nicht in Geld bestehen. Darum scheiden alle gegenseitigen Verträge aus, bei welchen der Aktionär zu einer Gegenleistung in Geld verpflichtet ist. Doch ist es zulässig, die Nebenleistungspflicht durch Hilfspflichten zu ergänzen oder so zu spezialisieren, daß z. B. gesagt wird, die von den Aktionären zu liefernden Rüben müßten aus Samen gezogen sein, den die Gesellschaft geliefert hat, oder von Feldern stammen, welche mit Dünger gedüngt sind, den die Gesellschaft geliefert hat (Ritter § 49 Anm. 3 b). Mittelbar ergibt sich daraus wohl die Notwendigkeit für den Aktionär, Samen und Dünger von der Gesellschaft zu beziehen und an sie zu bezahlen, aber dies ist keine — geschweige gesellschaftsrechtliche — Verpflichtung. Die Gesellschaft würde von ihm nicht Schadenersatz wegen Nichterfüllung einer Bezugspflicht verlangen können, wenn der Aktionär den 290

Neben Verpflichtungen der Aktionäre

§55 Anm. 5—7

Samen bei ihr nicht kauft, vielmehr nur evtl. wegen Lieferung nicht richtiger Rüben. Der Aktionär kann sich von der Gesellschaft gelieferten Samen oder Dünger von einem Dritten verschaffen. Ferner scheiden Verpflichtungen zu Leistungen aus, die nur ein bestimmter Aktionär in eigener Person leisten kann, da die Verpflichtung den Aktionär als solchen treffen und daher von jedem Erwerber der Aktien erfüllt werden können muß. Anm. 6: Die Verpflichtung ist ebenso wie die Leistung der Einlage, welche sie an Wichtigkeit nicht selten übertrifft, eine der Grundlagen, auf weither die Gesellschaft aufgebaut ist. Es ist daher auch hier nach Eintragung der Gesellschaft eine Berufung auf Anfechtbarkeit, selbst wegen Betruges der Gesellschaft, ausgeschlossen und die Berufung auf Nichtigkeit nur wegen Geschäftsunfähigkeit möglich (bestritten; wie hier Schl.-Qu. § 5 0 Anm. 7; Ritter Anm. 4 a, Fischer in Großkomm. Anm. 11; Robert Fischer J Z 1954, 428; Ganßmüller in GmbH-Rdsch. 1955,172 ff.; a. A. Lobedanz, 172). Ein Ausschluß eines säumigen Aktionärs nach § 64 ist nicht zulässig (vgl. Anm. 3 zu § 64), ebensowenig eines Aktionärs, wenn die Leistung durch sein Verschulden dauernd unmöglich wird. Es bleibt nur die Klage auf Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung. Sind in der Satzung, was nach Abs. 2 ausdrücklich zulässig ist, Vertragsstrafen vorgesehen, so können selbstverständlich auch diese an Stelle der Ansprüche auf Erfüllung oder Schadenersatz geltend gemacht werden. Vormänner haften für Rückstände nicht (vgl. aber Anm. 1), Sonderrechtsnachfolger nur, wenn sie sich verpflichtet haben, die Rückstände zu übernehmen, etwa um zu erreichen, daß die Gesellschaft der Übertragung der Aktie auf sie zustimmte. Im Konkurs des Aktionärs hat die Gesellschaft eine Konkursforderung. 4. Entgelt für Nebenleistungen Anm. 7: Die gesellschaftsrechtlidie Natur der Nebenleistungspflicht schließt nicht aus, daß die Gesellschaft eine Gegenleistung in Geld gewähren kann, und zwar auch ohne Rücksicht darauf, ob die Jahresbilanz einen Bilanzgewinn ergibt (§61). Abs. 1 S. 2 schreibt neu vor, daß die Satzung zu bestimmen hat, ob die Leistungen entgeltlich oder unentgeltlich zu erbringen sind. Für Gesellschaften, die bereits bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes Nebenverpflichtungen in der Satzung festgesetzt haben, gilt diese Bestimmung gem. § 10 EG nicht. Änderungen des Gegenstandes des Unternehmens oder der Satzungsbestimmungen der Nebenleistungspflicht dürfen aber nur eingetragen werden, wenn zugleich bestimmt wird, ob die Leistung entgeltlich oder unentgeltlich zu erbringen ist. Die Höhe des Entgelts bestimmt § 61. Das Entgelt darf den Wert der Leistung nicht übersteigen. Mit dieser Einschränkung kann sie der jewei291

§ 55 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 7—9 ligen Festsetzung durch die Gesellschaftsorgane oder der Bestimmung nach § 315 BGB überlassen sein, auch § 316 BGB (Bestimmung durch den nebenleistungspfliditigen Aktionär nach billigem Ermessen) ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, kommt aber wohl nirgends vor; es könnte dabei der Grundsatz der Gleichmäßigkeit verletzt werden. Die Bestimmung der Gegenleistung ist, wenn sie durch die Gesellschaft erfolgt, ein gesellschaftlicher Akt und nicht ein solcher der Geschäftsführung. Man wird deshalb nicht sagen können, daß sie der Zuständigkeit der Hauptversammlung grundsätzlich entzogen ist (§ 119 II). Der Aufsichtsrat kann bestimmen, daß die Festsetzung der Gegenleistung nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden soll, dies kann auch die Satzung'vorschreiben (§111 IV S. 2). Es ist außerdem zulässig (§ 60 III) und nicht ungewöhnlich, daß der Bilanzgewinn nach der Höhe der vollbrachten Nebenleistungen verteilt wird. 5. Anzuwendende Vorschriften Anm. 8: Ebensowenig wie ein Entgelt schließt die gesellschaftliche Natur der Nebenleistungspflicht aus, daß auf sie die §§ 242, 423 BGB (wenn es sich nicht, wie beim Rübenbau, um die eigene Ernte handelt), §§ 278, 283, 284, 249 BGB, ferner die Vorschriften über die Mängelhaftung, soweit diese nicht schon durch die aktienrechtliche Norm des § 61 (Wertaustausch) ersetzt sind, endlich auch, wenn ein Entgelt gewährt wird, aber auch nur sinngemäß §§ 320 ff. BGB anzuwenden sind (vgl. Barz in Großkomm. § 50 Anm. 13; a. A. Müller-Erzbach, S. 323). Jedoch gehen aktienrechtliche Gesichtspunkte vor. Rücktritt, Ablehnung der Erfüllung und — die verzichtbare (§ 66) — Forderung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (abstrakt oder nach Deckungskauf) kann sich immer nur auf die einzelne fällige Forderung beziehen. Das trifft auch auf die Befreiung wegen nicht zu vertretender Unmöglidikeit zu. Ein Fall nicht zu vertretender dauernder Unmöglichkeit der Nebenleistung des einzelnen Aktionärs ist schwer vorstellbar, mit der Ausnahme, daß sie eine Folge der Spaltung Deutschlands und der Enteignungsmaßnahmen der Sowjetzone ist (s. insow. GmbH-Rundsch. 1955,131). 6. Beendigung der Nebenleistungspflicht Anm. 9: Eine Beendigung der Nebenleistungspflicht kann durch Satzungsänderung erfolgen, bei der lediglich ein Beschluß der Hauptversammlung nach § 179 erforderlich ist, nicht aber auch die Zustimmung aller betroffenen Aktionäre (Barz in Großkomm. Anm. 21). Eine Beendigung wird ferner herbeigeführt durch allgemeine Unmöglichkeit der Nebenleistung (RG 104, 349) — das hat keinen Einfluß auf den Bestand der Gesellschaft selbst (vgl. RG a. a. O.) — ferner durch Auflösung der Gesellschaft (RG 125,114), nicht durch Fusion (RG 136, 136). 292

Nebenverpfliditungen der Aktionäre

§55 Anm. 9—11

Von diesen allgemeinen Beendigungsgründen abgesehen, besteht die Frage, wodurch die Beendigung der mit der einzelnen Aktie verbundenen Nebenleistungspflicht herbeigeführt werden kann. Dies kann nicht durch ihre Veräußerung geschehen, nicht durdi Abandon, auch nicht durch zu vertretendes subjektives Unvermögen, insbesondere nicht durch Veräußerung der Grundlage für ihre Erfüllung (z. B. des Rübengutes), ohne gleichzeitige Mitveräußerung der Aktie, nicht durch Konkurs des Aktionärs (aber die Lieferschuld ist nicht etwa Masseschuld). Ist die Aktie mit einer Lieferpflicht nebst Lieferrecht und Vergütungsanspruch verbunden, so gehört die Aktie zum Rübengut, so daß die Aktie beim Verkauf des Gutes mit übergeht (BGH in Die AktGes 1966, 221). Die Beendigung der Nebenleistungspflicht kann audh selbstverständlich nicht durch den Tod des Aktionärs eintreten (über die Haftung der Erben s. Anm. 2, sowie Anm. 17 zu § 68). Da der Aktionär ohne Zustimmung der Gesellschaft nicht veräußern kann und, solange er die Aktie besitzt, zur Nebenleistung verpflichtet ist, ist besonders wichtig die Frage, ob er diesem Zustand durch Kündigung ein Ende bereiten kann. Rechtsprechung (RG 128, 17; BGH 9, 162, 163) und Literatur (Scholz, Ausschließung und Austritt aus der GmbH 1950, 10 ff.; Baumbach-Huedk Rn. 13; Barz in Großkomm. Anm. 27) gewähren ein solches Kündigungsrecht als letzten und äußersten Notbehelf (a. A. Ritter § 50 Anm. 4; Schl.-Qu. § 50 Anm. 7). Die Folge würde die Zulässigkeit der Zwangseinziehung und das Ruhen der Mitgliedschaftsrechte bis dahin sein. 7. Abtretung und Pfändung Anm. 10: Abtretung und Pfändung der Forderung der Gesellschaft auf die Nebenleistung ist ausgeschlossen, weil die Leistung nicht ohne Veränderung ihres Inhalts an einen anderen bewirkt werden kann (§ 399 BGB; ebenso RG 136, 315; a. A. Ritter § 50 Anm. 3 a). Das schließt die Abtretung mit Zustimmung des davon betroffenen Aktionärs nicht aus, sie ist auch in diesem Fall nur nach aktienrechtlichen Grundsätzen zulässig. In Wirklichkeit geschieht sie häufig (s. den Fall RG 149, 395 ff.). Über Verschmelzung s. RG 136, 313. III. Nebenleistungsrecht Anm. 11: Der Nebenleistungspflicht entspricht meist ein Nebenleistungsrecht. Dieses ist aber nicht etwa aus ersterer abzuleiten, selbst dann nicht, wenn die Gesellschaft eine Gegenleistung zu erbringen hat, denn auch dann liegt ein gegenseitiger Vertrag nicht vor, wenn auch die Bestimmungen über gegenseitige Verträge in gewissem Umfang anwendbar sind. Das Nebenleistungsrecht muß sich vielmehr aus der Satzung ergeben oder doch ableiten lassen. Es besteht in dem Anspruch auf Entgegennahme der Leistung, Abnahme ihres Gegenstandes (z. B. der Rüben), Gewährung der Gegenleistung 293

§ 55

Anm. 11—12

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

und des ihr entsprechenden satzungsmäßigen Gewinnanteils. Es können auch Ausstrahlungen dieses Rechts bestehen, wie der Anspruch auf Lieferung des Rübensamens zum Selbstkostenpreis, letzterem Anspruch steht meistens eine Abnahmepflidit gegenüber (s. Anm. 5). Wo das Redit — wie meist — besteht, ist es ebenso unentziehbar (zweifelnd RG 104, 348), wie der Aktionär sidi seiner Verpflichtung nicht entziehen kann. Bei Nichterfüllung stehen ihm die Rechte aus Gläubiger- und Sdiuldnerverzug der Gesellschaft zu, etwa auch aus den §§ 320 ff. BGB (s. Anm. 4 zu § 61; ebenso Barz im Großkomm. Anm. 15). Dieses Recht endigt nur durch die Undurchführbarkeit der Nebenleistung und ihrer Verwertung durch die Gesellschaft (RG 104, 349) oder durch Auflösung der Gesellschaft. Die Möglichkeit einer Beendigung durch Satzungsänderung bleibt auch hier gegeben. IV. Nebenleistungs-AG und Kartell Anm. 12: Die der Zulässigkeit von Nebenleistungen gezogenen, im Vergleich zu § 3 II GmbH-Gesetz engen Schranken machte die NebenleistungsAG im allgemeinen ungeeignet für Kartellzwecke. Für solche wurde daher wenig von ihr Gebrauch gemacht. Ob im einzelnen Fall ein Kartell vorliegt, hängt davon ab, ob von der Gesellschaft gesagt werden kann, daß sie einen Zusammenschluß ihrer nebenleistungspflichtigen Aktionäre darstellt, mit dem beabsichtigt ist, den Markt zu beherrschen oder doch zu beeinflussen; regelmäßig wird diese Voraussetzung nicht zutreffen. Wo sie ausnahmsweise zutrifft, ist das Kartellgesetz anzuwenden. V. Angabe in der Aktienurkunde Anm. 13: Angabe der Nebenleistung als einer gesellschaftlichen und daher auf den Erwerber übergehenden Verpflichtung und des Umfanges der Leistung in den Aktienurkunden und Zwischenscheinen ist vorgeschrieben. Unterbleibt die Angabe, so hat dies auf den Bestand der Verpflichtung keinen Einfluß, sie geht aber nicht auf den gutgläubigen Erwerber über (h. L.; für viele Kölner Komm. Anm. 24; a. A. nur Ritter § 50 Anm. 3 a), sondern sie verbleibt bei dem Veräußerer (s. Anm. 4 zu § 54). Andere Ansidit vertritt die herrschende Meinung, weil der Veräußerer nicht mehr Aktionär ist. Allein dies ist nicht stichhaltig, denn der Aktionär haftet, ohne noch Aktionär zu sein, auch für die Erfüllung der Einlageverpflichtung, und es wird auch bei unrichtiger Angabe der Teilleistung in der Aktienurkunde (§ 10 II) angenommen, daß der schlechtgläubige Veräußerer zur Erfüllung in dem Umfang verpflichtet ist, in welchem der gutgläubige Erwerber ausscheidet (vgl. Meyer-Landrut in Großkomm. § 10 Anm. 11). Der Fall wird im Hinblick auf das Erfordernis der Zustimmung der Gesellschaft kaum eintreten können. 294

Aktienübernahme

§§

55/56

Anm. 14

VI. Vertragsstrafe Anm. 14: Die Satzung kann vorschreiben, daß die Strafe in jedem Falle der Nicht- oder Schlediterfüllung zu verhängen ist. Ohne soldie Vorschrift kann die Strafe nur festgesetzt werden, wenn den Aktionär ein Verschulden trifft. Auch Reditsirrtum kann ein Verschulden ausschließen. Für die Strafen gelten die §§ 339—354 BGB, §§ 348, 351 HGB. Der Ausschluß kann als Vertragsstrafe nidit vorgesehen werden, weil dieser in § 64 erschöpfend geregelt ist, wohl aber die Zwangseinziehung (streitig, wie hier B.-H. Rn. 14).

§ 56 Aktienübernahme für Rechnung der Gesellschaft oder durch ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen (1) Wer als Gründer oder Zeichner oder in Ausübung eines bei einer bedingten Kapitalerhöhung eingeräumten Umtausdi- oder Bezugsredits eine Aktie für Rechnung der Gesellschaft oder eines abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens übernommen hat, kann sich nicht darauf berufen, daß er die Aktie nicht für eigene Rechnung übernommen hat. Er haftet ohne Rücksicht auf Vereinbarungen mit der Gesellsdiaft oder dem abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen auf die volle Einlage. Bevor er die Aktie für eigene Rechnung übernommen hat, stehen ihm keine Redite aus der Aktie zu. (2) Ein abhängiges Unternehmen darf keine Aktien der herrschenden Gesellsdiaft, ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen keine Aktien der an ihm mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft als Gründer oder Zeichner oder in Ausübung eines bei einer bedingten Kapitalerhöhung eingeräumten Umtausch- oder Bezugsrechts übernehmen. Durch einen Verstoß gegen diese Vorschrift wird die Übernahme nicht unwirksam. I. Übersicht (Anm. 1) II. Übernahme für Rechnung der Gesellschaft 1. Haftung für die Einlage (Anm. 2) 2. Aktie ohne Redite (Anm. 3) 3. Übernahme auf eigene Rechnung (Anm. 4) III. Schuldrechtliche Vereinbarungen mit der Gesellschaft (Anm. 5) IV. Strohmänner (Anm. 6) V. Übernahme für Rechnung eines abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens (Anm. 7)

VI. Zeichnung eines abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens 1. für sich selbst (Anm. 8) 2. für Rechnung des herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmens (Anm. 9) VII. Ausübung des Bezugsredites (Anm. 10) VIII. Zeichnung innerhalb eines Konzerns (Anm. 11)

295

§ 56

Anm. 1,2

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt ohne große Änderungen die Bestimmungen des § 51 AktG 37. Eine Änderung ist insofern vorgenommen worden, als der frühere Streit, ob die Ausübung eines Umtauschrechtes aus Wandelschuldverschreibungen der Ausübung eines Bezugsrechts nach § 165 AktG 37 gleichsteht, ausgeräumt worden ist. Das neue Gesetz schreibt diese Gleichstellung nunmehr ausdrücklich vor. Der in § 16 neu geschaffene Begriff eines in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens wird hier in dem Sinne behandelt, daß diese Unternehmen abhängigen Unternehmen gleichgestellt sind. Das sich aus der Natur der Dinge ergebende Verbot der Aktienzeichnung durch die Gesellschaft, selbst bei einer Kapitalerhöhung, wird als selbstverständlich nicht besonders ausgesprochen, jedoch geht das Gesetz von diesem Grundsatz aus. Die Vorschrift handelt nur von Aktien, welche bei Gründung oder Kapitalerhöhung von einem Gründer, also ursprünglich für Rechnung der Gesellschaft oder von einem von ihr abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen übernommen worden sind. Das sind die sogenannten Vorratsaktien. Dieser Ausdruck, der sich im Schrifttum eingebürgert hat, wird im Nachstehenden beibehalten, wobei aber betont sei, daß die auf abgeleitetem Wege erworbenen eigenen Aktien (§71) nicht darunter fallen und daß der Verkehr im allgemeinen nicht von einer „Übernahme für Rechnung der Gesellschaft" gesprochen hat, sondern meist von der Verpflichtung, die Aktien „zur Verfügung der Gesellschaft zu halten" oder „mit ihnen nach Weisung der Gesellschaft zu verfahren". Das ist deshalb wichtig, weil eine Übernahme für Rechnung der Gesellschaft im streng juristischen Sinn mit den daraus herzuleitenden bürgerlich-rechtlichen Folgen wohl niemals gewollt war, sondern nur der wirtschaftliche Erfolg, daß diese Vorratsaktien zur Verfügung der Gesellschaft stehen. Die Vorschrift handelt von der Zeichnung, darunter fällt nicht die Ausübung eines mittelbaren Bezugsrechtes (vgl. Anm. zu § 186), dieses ist abgeleiteter Erwerb, für sie gilt § 71 (siehe Anm. dort). II. Übernahme für Rechnung der Gesellschaft 1. Haftung für die Einlage Anm. 2: Die Übernahmeerklärung und die Zeichnung sind gültig, desgleichen kommt das Aktienrecht selbst wirksam zur Entstehung. Daher kann das Registergericht die Eintragung nicht ablehnen. Auch das der Übernahme oder der Zeichnung usw. für Rechnung der Gesellschaft oder eines abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens oder durch ein solches zugrunde liegende Rechtsverhältnis ist, da eine § 71 II S. 2 entsprechende Vorschrift fehlt, rechtsbeständig. Der Ubernehmer kann sich aber nicht darauf 296

Aktienübernahme

§56 Anm. 2—4

stützen, da er sich nicht darauf berufen kann, daß er die Aktien nicht für eigene Rechnung übernommen habe. Er muß die Aktien daher voll bezahlen und hat keinen Erstattungsanspruch. Er ist verpflichtet, an die Gesellschaft zurückzuzahlen, was diese entgegen § 57 etwa zahlt und haftet nach § 62, wenn er Zahlungen von der Gesellschaft auf die Einlage zurückempfängt. Verkauft er die Aktien, so kann er sich aus dem Erlös wegen der von ihm geleisteten Zahlung befriedigen, ebenso im Falle der Auflösung der Gesellschaft aus dem Abwicklungsreinerlös, denn damit beruft er sich nicht darauf, daß er die Aktien nicht für eigene Rechnung gezeidinet hat. Den Uberschuß aber hat er an die Gesellschaft aufgrund des mit ihr bestehenden Rechtsverhältnisses vorbehaltlich der Anm. 4 herauszugeben (über das Agio bei Vorratsaktien vgl. Klussmann in BB 1965,182). 2. Aktie ohne Rechte Anm. 3: Derjenige, der für Rechnung der Gesellschaft Aktien übernommen hat, hat keine Rechte aus der Aktie, also kein Stimmrecht, kein Anfechtungsrecht, kein Recht, an der Hauptversammlung teilzunehmen, das Wort zu nehmen oder Anträge zu stellen, Auskunft zu verlangen. Bei Berechnung des vertretenen Grundkapitals werden seine Aktien nicht mitgezählt. Wie kein Stimmrecht usw., hat er, wenn er für Rechnung der Gesellschaft übernommen hat, solange er sie nicht für eigene Rechnung übernimmt, auch kein Recht auf den Bilanzgewinn und kein Redit auf den Bezug neuer Aktien im Falle einer Kapitalerhöhung, es sei denn es handelt sich um eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 210 Anm. 2). Auch ein Recht, am Liquidationserlös teilzunehmen, steht ihm nicht zu. Dagegen kann er gegenüber der in Liquidation befindlichen Gesellschaft einen Auslagenanspruch geltend machen. Die Frage ist aber unerheblich, weil der Aktionär in der Abwicklung immer noch erklären kann, daß er die Aktie für eigene Rechnung übernimmt, wenn er sieht, daß er dadurch seine Einzahlung rettet. Ein mittelbares Bezugsrecht kann er ausüben, da es kein „Recht aus der Aktie" ist (s. § 71 Anm. 23). 3. Übernahme auf eigene Redinung Anm. 4: Der Obernehmer muß das Recht aus der Aktie nur solange entbehren, bis er die Aktie für eigene Rechnung übernimmt. Er kann dies einseitig (a. A. Schi.-Qu. § 51 Anm. 8; B.-H. Rn. 7; z. T. auch Barz in Großkomm. Anm. 5) und willkürlich erklären, weil er anderenfalls verurteilt wäre, unbeschränkt stillezuhalten und Risiken zu tragen, ohne Rechte genießen und ohne sich durch die Veräußerung der Aktie von diesem Zustand befreien zu können. Anderes kann sich jedoch aus dem zwischen dem Übernehmer und der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnis ergeben. Über die Behandlung des Erlöses durch die Gesellschaft vgl. § 150 Anm. 4. 297

§ 56 Anm. 5,6

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

III. Schuldreditlidie Vereinbarungen mit der Gesellschaft Anm. 5: Beaditlidi ist die Voraussetzung, daß der Übernehmer für Rechnung der Gesellschaft, also für deren Risiko, gehandelt haben will. Dies trifft nicht zu, wo er lediglich verpflichtet ist, der Gesellschaft einen Mehrerlös ganz oder teilweise zu überlassen (etwa wenn er nur zu pari gezeichnet hat) oder lediglich die Verpflichtung eingeht, die Aktien zur Verfügung der Gesellschaft zu halten oder nach ihren Weisungen zu verfahren. Derartige Vereinbarungen, bei denen der Übernehmer das Risiko seiner Übernahme selbst trägt, sind unbedenklich statthaft. Sie hindern die volle Ausübung aller Rechte aus der Aktie durch ihn nicht (ebenso Schl.-Qu. § 51 Anm. 4 u. 5; Kölner Komm. Anm. 10). Unstatthaft wäre lediglich, das Stimmrecht nicht nach eigenem Entschluß, sondern nach dem der AG auszuüben. Hierzu kann sich der Aktionär nicht verpflichten (§ 136 III). IV. Strohmänner Anm. 6: Es kann aber vorkommen, daß ein Strohmann (gutgläubig) für Rechnung von Mitgliedern der Verwaltung Aktien übernimmt, und daß zwischen diesen und der Gesellschaft Vereinbarungen bestehen, so daß er mittelbar für Rechnung der Gesellschaft übernommen hat. Auch in diesem Fall gilt § 56. Der Strohmann ist der Gesellschaft zur Einlage verpflichtet und kann die Rechte aus der Aktie nicht ausüben. Seine Ansprüche gegen seine Auftraggeber bestehen zu Recht, wie umgekehrt deren Ansprüche gegen ihn. Für deren Verhältnis zur Gesellschaft aber gilt das in Anm. 2—5 Gesagte. Es ist auch die sofortige Weitergabe der Aktien an den Auftraggeber durch den Strohmann denkbar, dann ist für letzteren das Verhältnis beendet, es sei denn, daß er nicht voll bezahlt hat und deshalb für die Vollzahlung forthaftet. Andernfalls kann er sich für seine Vollzahlung von seinem Auftraggeber befriedigen lassen, es sei denn, daß er weiß, daß dessen Mittel von der Gesellschaft stammen. In diesem Falle würde nach unserer Ansicht § 57 Platz greifen, nicht § 71 I I S. 2, andernfalls wären einer Umgehung die Tore weit geöffnet. Wir halten dies auch in dem Fall für richtig, daß der Auftraggeber die Mittel nur darlehensweise von der Gesellschaft erhalten hat, es sei denn, daß dessen Zahlungsfähigkeit über jeden Zweifel erhaben ist. In diesem Falle und wenn er aus eigenen Mitteln gezahlt hat, ist die Übertragung der Aktie durch den Strohmann auf den Auftraggeber und die Befriedigung des ersteren wegen seiner Einlageforderung aus der Zahlung des Auftraggebers nicht zu beanstanden und ersterer aus der Angelegenheit endgültig ausgeschieden. Zwischen dem Auftraggeber und der Gesellschaft gilt in solchem Falle § 71 I I S. 2, d. h., das schuldrechtliche Geschäft ist nichtig, wonach die Gesellschaft verpflichtet ist, dem Treuhänder die Aktien abzunehmen und umgekehrt. 298

Aktienübernahme

§56 Anm. 7,8

V. Übernahme für Rechnung eines abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens Anm. 7: Die Übernahme für Rechnung eines abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens, gleichgültig welcher Rechtsform, wird der Zeichnung für Redmung der Gesellschaft selbst gleichgestellt, da nach Absatz 2 abhängige Unternehmen keine Aktien der herrschenden Gesellschaft und ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen keine Aktien der an ihm mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft übernehmen darf. Das abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen, weldies selbst übernimmt, hat mehr Rechte (s. Anm. 8) als hiernach derjenige, der für ihre Rechnung übernimmt (s. Anm. 3). Letzterer kann sich auch dem abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen gegenüber, für deren Rechnung er Aktien der herrschenden bzw. mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft gezeichnet hat, nicht darauf berufen, daß er diese nicht für eigene Rechnung übernommen habe, also nicht Erstattung der von ihm geleisteten Einlagen von ihnen verlangen. VI. Zeichnung eines abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens 1. für sich selbst Anm. 8: Wie ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen, gleichgültig welcher Rechtsform, durch abgeleiteten Erwerb Aktien der herrschenden bzw. mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft nicht erwerben darf (§ 71 IV), darf es auch bei dessen Kapitalerhöhung keine Aktien ursprünglich durch Zeichnung erwerben, und zwar ohne die für abgeleiteten Erwerb nach § 71 IV und I S. 1 geltenden Ausnahmen, die freilich bei einer Kapitalerhöhung nur zu Abwehrzwecken vorstellbar sind. Nach dem HGB alter Fassung hat das Reichsgericht geschwankt zwischen der wirtschaftlichen Auffassung und der formalrechtlichen. In RG 108, 41 erklärte es die Übernahme von Aktien des konzernführenden Unternehmers durch ein anderes Konzernunternehmen für unzulässig, da eine Erhöhung des Grundkapitals, wie das Gesetz es vor Augen habe, nur ihrem Namen nach stattgefunden habe, denn es fehle daran, daß durch Ausgabe der Aktien neue Aktiven der Gesellschaft zugeführt werden, weil das Vermögen der Ubernehmer der Aktien wirtschaftlich mit dem der Beklagten zusammenfalle. Derselbe Senat hat in seiner Entscheidung (RG 115, 253) mehr der formalrechtlichen Auffassung zugeneigt, welche in dem abhängigen Unternehmen das Wesen mit eigener Rechtspersönlichkeit sieht und hat in seiner Entscheidung die oben erwähnte Entscheidung ausdrücklich aufgehoben. Wie schon die Novelle von 1931 (HGB §226 III Satz 2) und das Gesetz von 1937 bewegt sich das neue Aktiengesetz auf der Mitte. Die wirtschaftliche Auffas299

§ 56 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 8—11 sung veranlaßt es, die Aktienübernahme durch ein abhängiges oder ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen zu verbieten, die formalrechtliche und wohl auch die Rücksicht auf die Verkehrssicherheit, die Wirksamkeit der trotzdem erfolgten Zeidinung anzuerkennen. Aber es schränkt diese Wirksamkeit auf den rechtlichen Bestand der Zeichnung ein, die Rechte aus der Aktie werden dem abhängigen Unternehmen größtenteils vorenthalten. Es hat zwar einen Gewinnanteil und einen Anteil am Abwicklungsreinvermögen, kann aber ein Bezugsrecht nur verwerten, nicht ausüben, wie Abs. 1 S. 3 unmittelbar ergibt. Das Stimmrecht steht nur dem abhängigen Unternehmen nicht zu, wohl aber dem in Mehrheitsbesitz stehenden (§ 136 II). 2. für Rechnung des herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmens Anm. 9: Nach herrschender Ansicht kann ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen Aktien für Rechnung der herrschenden bzw. an ihm mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft übernehmen. Es gilt alsdann der Absatz 1 im gleichen Umfang wie bei jeder Übernahme von Aktien für Rechnung der Gesellschaft. Der Wortlaut des Verbots deckt übrigens auch die Übernahme durch Zeichnung und Bezugserklärung für Rechnung eines Dritten. VII. Ausübung des Bezugsrechtes Anm. 10: Die Ausübung des gesetzlichen Bezugsrechtes für Aktien, die jemand für Redinung der Gesellschaft oder eines von ihr abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens besitzt, scheidet schon deswegen aus, weil sie Ausübung der Rechte aus einer solchen Aktie wäre, welche nach Abs. 1 S. 3 dem Aktionär nicht zustehen. Soweit es sich um die Ausübung des gesetzlichen Bezugsrechts durch einen Dritten aufgrund eigener Aktien, aber für Rechnung der Gesellschaft, oder durch ein von ihr abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens aufgrund eigener Aktien und für eigene Rechnung handelt, ist sie schon als Zeichnung durch Abs. 2 verboten. Durch die neu eingefügte Bestimmung ist ebenso verboten, Aktien in Ausübung eines bei einer bedingten Kapitalerhöhung eingeräumten Umtausch- oder Bezugsrechts zu übernehmen. Diese sind keine Rechte „aus der Aktie", sondern aus Vertrag, weswegen das Verbot einer besonderen Normierung bedurfte. Für seine Ausübung gelten die Vorschriften über abgeleiteten Erwerb (§ 71). Bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln entsteht kein Bezugsrecht. Das Recht fällt dem Aktionär kraft Gesetzes an (§212 Anm. 2). VIII. Zeichnung innerhalb eines Konzerns Anm. 11: Nicht betroffen wird von Abs. 2 die Zeichnung von Aktien eines Konzernunternehmens durch ein über- oder gleichgeordnetes Konzernunter300

Keine Rüdegewähr, keine Verzinsung der Einlagen

§§ 56/57

Anm. 11/1,2

nehmen. Hier ist angesichts des in dieser Hinsicht eindeutigen Gesetzeswortlautes der Änderung der Kapitalverteilung innerhalb des Konzerns völlig freier Spielraum gegeben.

Keine Rüdegewähr, (1) Den Aktionären dürfen Als Rüdkgewähr von Einlagen beim zulässigen Erwerb eigener

§ 57 keine Verzinsung der Einlagen die Einlagen nicht zurückgewährt werden. gilt nicht die Zahlung des Erwerbspreises Aktien.

(2) Den Aktionären dürfen Zinsen weder zugesagt noch ausgezahlt werden. (3) Für den Zeitraum, den zum Anfang des vollen Betriebs ursprünglichen Satzung Zinsen Die Satzung muß den Zeitpunkt Zinsen spätestens aufhört.

die Vorbereitung des Unternehmens bis erfordert, können den Aktionären in der von bestimmter Höhe zugesagt werden. bezeidinen, mit dem die Entrichtung von

I. Übersicht (Anm. 1 u. 2) II. Begriff der Einlage (Anm. 3) HI. Verbot der Rückgewähr der Einlagen 1. Das Verbot allgemein (Anm. 4) 2. Ausnahmen (Anm. 5 u. 6)

IV. Ansprüche der Gesellschaft (Anm. 7) V. Zulässiger Erwerb eigener Aktien der Gesellschaft (Anm. 8) VI. Verbot von Zinszahlungen 1. Das Verbot allgemein (Anm. 9) 2. Ausnahmen (Anm. 10)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt die Bestimmungen des § 52 erster Halbsatz, sowie des Satzes 2 AktG 37 im Absatz 1 und des § 54 I zweiter Halbsatz AktG 37 in seinem Absatz 2 und des § 54 II AktG 37 in seinem Absatz 3. Der Aufbau des Gesetzes ist damit klarer geworden, indem die Schutz Vorschriften hinsichtlich der Einlagen in einer Vorschrift zusammengefaßt sind, während die früher im § 52 AktG 37 aufgenommene Bestimmung über den Anspruch auf den sich aus der Jahresbilanz ergebenden Reingewinn gesondert bei der Vorschrift über die Gewinnverwendung (§ 58 IV) aufgenommen wurde. Anm. 2: Das Verbot der Rückgewähr von Einlagen an Aktionäre stellt einen unabänderlichen aktienrechtlichen Grundsatz auf und ist daher zwingend. Die Vorschrift ist das Gegenstück zu den Vorschriften über die Sicherung der Leistung der Einlagen bei der Gründung. Keinerlei Einlage darf anders als im Wege ordentlicher Kapitalherabsetzung (§ 222 I I I ) zurückgewährt werden. 301

§ 57

Anm. 3,4

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

II. Begriff der Einlage Anm. 3: Unter Einlage sind alle Leistungen zu verstehen, die der Aktionär zur Erlangung der Mitgliedschaft erbradit hat. Es spielt demnach keine Rolle, ob es sich um eine Geld- oder Sadieinlage gehandelt hat. Es fällt weiter hierunter das über den Nennbetrag geleistete Aufgeld, Zuzahlungen zwecks Erlangung eines Vorzugs und auch freiwillige Leistungen, wenn der Aktionär sie als Gesellschafter erbracht hat. Zu Recht weist der Kölner Kommentar (Anm. 3) darauf hin, daß letztlich das gesamte Vermögen der AG der Bindung aus Abs. 1 Satz 1 entspricht, da jede über die Ausschüttung des Gewinns an den Aktionär erbrachte Leistung ohne entsprechenden Gegenwert nach der vorliegenden Vorschrift verboten sein soll. Die Meinungen gehen jedoch insoweit im Endergebnis nicht auseinander, sondern lediglich in der Begründung dahin, daß alle Leistungen, die gegen das Verbot des § 57 verstoßen, als Rückgewähr der Einlagen angesehen werden müssen, und zwar der Einlagen, wie sie als solche verstanden und oben erläutert worden sind, während offenbar der Kölner Kommentar unter Einlagerückgewähr nur eine Zahlung verstehen will, die als solche deklariert ist. Das Ganze ist lediglich ein Streit um Worte, inhaltlich wird das Gleiche zum Ausdruck gebracht. III. Verbot der Rückgewähr der Einlagen 1. Das Verbot allgemein Anm. 4: Verboten ist jede, auch jede versteckte Form der Rückgewähr oder Gewinnausschüttung, wie z. B. übermäßige Vergütung für angebliche Gegenleistungen des Aktionärs (§ 61), Provisionen, Leistung über das Einziehungsentgelt hinaus (RG 150, 28), Bezahlung oder darlehensmäßige Bereitstellung (RG 146, 93), überhaupt Leistungen für Rechnung des Aktionärs (vgl. R G 146, 84; 149, 385), wenn die Leistung nicht aufgrund Hauptversammlungsbeschlusses aus dem nach dem festgestellten Jahresabschluß sich ergebenden Bilanzgewinn erfolgt. Doch wird auch letzterenfalls gewöhnlich unzulässige Bevorzugung eines Aktionärs vorliegen, wenn eine Leistung an einen einzelnen Aktionär oder für Rechnung eines einzelnen Aktionärs stattfindet. Das Verbot schließt nur die freiwillige Rückgewähr der Einlageleistung aus, nicht auch eine solche aufgrund Anfechtung der Einlageleistung durch Gläubiger oder Konkursverwalter. Es betrifft auch nicht den Gegenstand der Einlage, z. B. nicht die Rüdeveräußerung einer Sacheinlage an den Einleger gegen vollwertiges Entgelt. Auch der Vorbehalt der Rüdeforderung bei Leistung der Einlage und das Versprechen der Rückgewähr und jedes andere Versprechen ist, sei es nach § 134 BGB, sei es nach § 306 BGB, unstatthaft und nichtig, dessen Erfüllung dem Erfolge nach auf eine Rückleistung der Einlage an den Aktionär 302

Keine Rückgewähr, keine Verzinsung der Einlagen

§ 57

Anm. 4—7

hinausliefe, so die Zusage, die Aktie unter gewissen Voraussetzungen und gar zu einem bestimmten Kurs zurückzunehmen oder die Garantie eines Veräußerungskurses (vgl. § 71, Anm. 20), die Zusage fester Zinsen (vorbehaltlich Absatz 2) oder einer Dividende. Nichtig ist auch ein Hauptversammlungsbeschluß, der eine solche Zusage enthält. 2. Ausnahmen Anm. 5: Die rückgewährte Einlage ist von der Gewährung eines Darlehens sehr verschieden, denn letzteres hat nicht die unmittelbare Haftung des Aktionärs (§ 62) oder der Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder (§§ 93, 116) zur Folge. Audi ist sie keine Zahlung auf die Aktie als solche, wie etwa eine Abschlagszahlung auf die Liquidationsrate. Auch die Auszahlung, besonders der Erlaß eines Darlehens, kann unzulässig sein und eine unmittelbare Haftung über § 31 BGB aus § 826 BGB, wie auch Strafbarkeit des Vorstandes begründen. Schenkungen, auch eines Aktionärs, können zurückgewährt und auch widerruflich vereinbart werden, doch darf auf diesem Wege die Bestimmung nicht umgangen werden, deshalb ist es solchenfalls mit dem Begriff der Schenkung genau zu nehmen. Man kann an Gläubiger denken, die zugleich Aktionäre sind, die gegen Besserungsschein ä fonds perdu Mittel bereitstellen. Anm. 6: Nur die Rückgewähr der Einlage durch die Gesellschaft ist verboten, nicht aber die Rückgewähr durch einen Dritten, es sei denn, es geschieht für Rechnung der Gesellschaft, da diese durch eine solche Leistung letzten Endes belastet werden würde (Schl.-Qu. § 5 2 Anm. 8; TeichmannKoehler § 52 Anm. 1; BGH in WM 1955, 1251; B.-H. Rn. 6; Kölner Komm. Anm. 15). Der Rückkauf muß natürlich gegen angemessenes Entgelt erfolgen, da andernfalls eine Umgehung des § 57 gegeben wäre. Bei angemessenem Entgelt bleibt jedoch das Gesellschaftsvermögen im Wert erhalten, und es ist nirgends bestimmt, daß die erbrachte Sacheinlage der Gesellschaft erhalten werden müßte. Nicht hierher gehören schließlich Umsatzgeschäfte, die der Aktionär mit der Gesellschaft tätigt. Das von der Gesellschaft zu gewährende Entgelt wird aufgrund des getätigten Geschäfts und nicht dem Aktionär als solchem bezahlt (vgl. aber Anm. 10). IV. Ansprüche der Gesellschaft Anm. 7: Durch die Rückzahlung der Einlage entsteht für die Gesellschaft unmittelbar kraft Aktienrechtes (vgl. RG in JW 30, 3730; KG in J W 32, 957) eine Forderung auf Wiedereinzahlung, welche aktienrechtlichen Grundsätzen folgt, also nicht erlassen und nicht durch einseitige Aufrechnung des Pflichtigen getilgt (§ 66), auch nicht ohne Empfang des vollen Gegenwertes abge303

§ 57 Anm. 7—9

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

treten oder für eine nicht gleichwertige Forderung gepfändet werden kann. Das Gesetz hat nunmehr in § 62 I S. 1 den Anspruch in obigem Sinn normiert, so daß der bisherige Meinungsstreit hinfällig geworden ist (vgl. auch Barz in Großkomm. Anm. 14). Soweit die Rückgewähr Erfüllungshandlung eines Umsatzgeschäftes war, braucht sie auch nicht dieses und seine Erfüllung nichtig zu machen (a. A. Schi.-Qu. § 52 Anm. 7). Soweit dem Aktionär anläßlich eines solchen ein zu hoher Kaufpreis gewährt oder von ihm ein zu niedriger bezahlt worden ist, ergibt sich aus § 62 I S. 1 in Verb, mit § 57 die absolute Verpflichtung zur Teilrückzahlung bzw. Zuzahlung, denn mit dem Aktionär als solchem wurde nicht das Umsatzgeschäft abgeschlossen, sondern die Vereinbarung eines Vorteiles in Gestalt zu hohen oder zu niedrigen Preises getroffen. Über die Haftung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft und ihren Gläubigern vgl. §§93 und 116, des Aktionärs gegenüber den Gläubigern vgl. § 62, der Organpersonen und des Aktionärs gegenüber den anderen Aktionären § 117, §§ 823, 826 BGB. Eine Haftung der Gesellschaft gegenüber den anderen Aktionären auf Gewährung gleicher Vorteile kann weder aus dem Grundsatz der Gleichberechtigung noch etwa über § 31 BGB aus § 826 BGB abgeleitet werden. V. Zulässiger Erwerb eigener Aktien der Gesellschaft Anm. 8: Abs. 1 S. 2 klärt das Verhältnis des Verbotes der Rückgewähr der Einlage zum Verbot des Erwerbes eigener Aktien. Beim Erwerb eigener Aktien erhält der Aktionär praktisch seine Einlage von der Gesellschaft zurück. Das Verbot ist nach Abs. 1 S. 2 insoweit nicht durchgreifend, als es sich um einen nach § 71 erlaubten Erwerb eigener Aktien handelt. Aufgrund Umkehrschlusses muß aber im übrigen das Verbot des § 57 bestehenbleiben, also Anwendung finden bei nichterlaubtem Erwerb eigener Aktien. Weitere Ausnahmen enthalten § 291 III für Leistungen der Gesellschaft aufgrund eines Beherrsdiungs- oder Gewinnabführungsvertrages und § 323 II für Leistungen einer eingegliederten Gesellschaft an die Hauptgesellsdiaft. VI. Verbot von Zinszahlungen 1. Das Verbot allgemein Anm. 9: Der zweite Absatz betont Selbstverständliches: Zinsen können weder ausgezahlt noch zugesagt werden. Da das Recht aus der Aktie keine Forderung ist, ergibt sich dies von selbst. Die herrschende Ansicht vertrat bisher schon den Standpunkt, daß Bauzinsen nur für das ursprünglich bei der Gründung schon vorgesehene Stammunternehmen zulässig waren (anderer Ansicht Ritter § 54 Anm. 3 a; Teichmann-Koehler § 54 Anm. 3). Die Frage war zweifelhaft, insbesondere durch eine Entscheidung des Reichsgerichts in Bd. 77, 255; danach sollten Bauzinsen auch zugelassen sein, wenn junge Aktien 304

Verwendung des Jahresübersdiusses

§§57/58 Anm. 9,10

durdi Kapitalerhöhung zwecks Erweiterung des Unternehmens ausgegeben werden. Der Gesetzgeber hat diese Frage dahin entschieden, daß er ausdrücklich bestimmt hat, daß nur in der ursprünglichen Satzung Zinsen zugesagt werden können. Eine spätere Einführung einer solchen Zusage durdi Satzungsänderung zusätzlich mit einer Kapitalerhöhung ist nicht möglich. Dagegen wäre es denkbar, daß für junge Aktien eine Verzinsung zugesagt würde, wenn dies in der ursprünglichen Satzung vorgesehen war, im übrigen die Voraussetzungen des Abs. 3 vorliegen. Auch aus dem Bilanzgewinn können feste Zinsen nicht zugesagt werden. Unter Zinsen sind nur feste laufende Erträgnisse zu verstehen, die dem Aktionär gezahlt werden und nicht andere Zahlungen, die oft fälschlicherweise Zinsen genannt werden. Vorwegzahlungen aus dem Bilanzgewinn an Vorzugsaktionäre sind nicht Zinszahlungen, sondern Gewinnanteile. Das gleidie gilt für das Nachbezugsrecht (BGH 7,264). 2. Ausnahmen Anm. 10: Eine Ausnahme von dem Verbot der Zinszahlungen wird in Absatz 3 geregelt, es handelt sidi hierbei um die sogenannten „Bauzinsen". Der Anspruch hierauf ist, wie der beschlossene Gewinnanteil, eine echte Forderung, welche, soweit rückständig, auch im Konkurs geltend gemacht werden kann. Er kann auch nachträglich nicht durch Satzungsänderung beseitigt werden. Ohne Festsetzung in der ursprünglichen Satzung verstoßen Bauzinsen gegen Abs. 2. Bilanzmäßig bringt die Zahlung der Bauzinsen nur eine Verschiebung auf die Aktivseite mit sich. Die Ausschüttung wird den Selbstkosten der Anlagekonten zugeschlagen, während sich die Posten, aus denen sie entnommen wurden (Kasse, Bank, Guthaben usw.) im gleichen Maße mindern. Die Gewinn- und Verlustredinung beeinflussen sie nicht. Steuerrechtlich können die Anlagekonten aber auf den niedrigeren Teilwert heruntergeschrieben werden. Da es sich um eine echte Forderung handelt, ist der Anspruch abtretbar, pfändbar und verpfändbar. Die Zahlungen, die aufgrund des Absatzes 3 erfolgen dürfen, müssen von vornherein ihrem Höchstbetrag nach satzungsmäßig genau feststehen, das bedeutet Höchstsatz und Zeitraum, für den Zinsen gegeben werden. Hiervon unabhängig fällt die Zulässigkeit weiterer Bauzinsen fort, wenn der volle Betrieb angefangen hat oder der Vorbereitungszweck aufhört, insbesondere feststeht, daß der volle Betrieb nie aufgenommen werden wird (z. B. weil Konkurs eröffnet wird). Über den Schutz des Gutgläubigen s. § 62. § 58 Verwendung des Jahresüberschusses (1) Die Satzung kann nur für den Fall, daß die Hauptversammlung den Jahresabschluß feststellt, bestimmen, daß Beträge aus dem Jahresüberschuß 305

§ 58

Anm. 1

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

in freie Rüdilagen einzustellen sind. Auf Grund einer solchen Satzungsbestimmung kann höchstens die Hälfte des Jahresüberschusses in freie Rücklagen eingestellt werden. Dabei sind Beträge, die in die gesetzliche Rücklage einzustellen sind, und ein Verlustvortrag vorab vom Jahresüberschuß abzuziehen. (2) Stellen Vorstand und Aufsichtsrat den Jahresabschluß fest, so können sie einen Teil des Jahresüberschusses, höchsten jedoch die Hälfte, in freie Rücklagen einstellen. Die Satzung kann Vorstand und Aufsichtsrat zur Einstellung eines größeren Teils als der Hälfte des Jahresüberschusses ermächtigen. Auf Grund einer solchen Satzungsbestimmung dürfen Vorstand und Aufsiditsrat keine Beträge in freie Rücklagen einstellen, wenn die freien Rücklagen die Hälfte des Grundkapitals übersteigen oder soweit sie nach der Einstellung die Hälfte übersteigen würden. Absatz 1 Satz 3 gilt sinngemäß. (3) Die Hauptversammlung kann im Beschluß über die Verwendung des Bilanzgewinns weitere Beträge in offene Rücklagen einstellen oder als Gewinn vortragen. Sie kann ferner, wenn die Satzung sie hierzu ermächtigt, auch eine andere Verwendung als nach Satz 1 oder als die Verteilung unter die Aktionäre beschließen. (4) Die Aktionäre haben Anspruch auf den Bilanzgewinn, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung, durch Hauptversammlungsbesdiluß nach Absatz 3 oder als zusätzlicher Aufwand auf Grund des Gewinnverwendungsbeschlusses von der Verteilung unter die Aktionäre ausgeschlossen ist. (5) Vor Auflösung der Gesellschaft darf unter die Aktionäre nur der Bilanzgewinn verteilt werden. I. Ubersicht (Anm. 1) II. Einstellung in freie Rücklagen bei Feststellung des Jahresüberschusses 1. durch Vorstand und Aufsichtsrat (Anm. 2 u. 3) 2. durch die Hauptversammlung (Anm. 4) III. Gewinnverwendungsbeschluß (Anm. 5) 1. Einstellung in freie Rüdilagen (Anm. 6) 2. Der Gewinnvortrag (Anm. 7)

3. Gewinnausschüttung an Dritte (Anm. 8) 4. Folgen der Verletzung (Anm. 9) IV. Anspruch des Aktionärs auf Bilanzgewinn (Anm. 10) V. Dividendengarantie (Anm. 11) VT. Dividenden- und Erneuerungsschein (Anm. 12) VII. Verbot weiterer Ausschüttungen (Anm. 13) VIII. Übergangsbestimmungen (Anm. 14)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift regelt den grundsätzlich aufrechterhaltenen Anspruch der Aktionäre auf den Bilanzgewinn (bisher Reingewinn) abweichend vom bisherigen Recht. Bisher hatte einerseits der Aktionär einen Anspruch 306

Verwendung des Jahresübersdiusses

§58 Anrn. 1

auf den Reingewinn, der sich aus der Jahresbilanz ergibt, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung von der Verteilung ausgeschlossen w a r , während jetzt (Abs. 3) der Anspruch zusätzlich durch den Gewinnverwendungsbeschluß der Hauptversammlung und den dadurch entstehenden zusätzlichen A u f w a n d verringert werden kann. Andererseits erstreckt sich der Gewinnverwendungsbeschluß nicht wie bisher auf das, was nach Einstellung beliebig hoher Beträge in die Rücklage durch die Verwaltung verbleibt, sondern es ist eingehend geregelt, unter welchen Voraussetzungen und bis zu welchem Höchstbetrag Rücklagen von der Verwaltung gebildet werden können. D a m i t ist die bisher in der Praxis weitgehend herrschende Übung unmöglich gemacht worden, daß der Reingewinn nach Dotierung der Rücklagen so bemessen wurde, daß er gerade ausreichte, um die Verteilung der von der Verwaltung gewünschten Dividende zu ermöglichen. Grundsätzlich darf nicht mehr als höchstens die H ä l f t e des Jahresüberschusses in freie Rücklagen eingestellt werden. Die Hauptversammlung kann ihrerseits auch ohne besondere Satzungsermächtigung weitere Beträge aus dem Bilanzgewinn in offene Rücklagen einstellen oder als Gewinn vortragen (Abs. 3). Aus dem bisherigen Gewinnz>erfe//«wgsbeschluß ist durch die neue Bestimmung ein echter Gewinm>era>e«c/«»gibeschluß geworden. Die gesetzliche Lösung bemüht sich, zwei etwa gleichwertigen Anliegen in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Auf der einen Seite gehört die Rücklagenbildung zu den Geschäftsführungsmaßnahmen, die von der für die Geschicke des Unternehmens verantwortlichen Stelle entschieden werden müssen. Kein Unternehmen kann in der heutigen Zeit ohne angemessene Rücklagen bestehen. Auf der anderen Seite besteht der Anspruch des Aktionärs, darüber entscheiden zu können, ob er durch Einbehaltung eines Teils des auf seinen Anteil fallenden Gewinns seine bisherige Beteiligung an dem Unternehmen wirtschaftlich — nicht rechtlich — und damit gleichzeitig das mit ihr verbundene Risiko erhöhen, oder ob er die Ausschüttung des erzielten Gewinns wünscht, über den er alsdann frei verfügen kann. Wenn der Gesetzgeber sich dahin entschieden hat, der Verwaltung bis zu 50 °/o des jeweiligen Jahresüberschusses zur Rücklagenbildung zur Verfügung zu stellen, so ist er einmal davon ausgegangen, daß vermutlich dieser Betrag für eine angemessene Rücklagenbildung ausreicht, zum anderen bringt er auch die Gleichwertigkeit der beiden sich gegenüberstehenden Interessen damit zum Ausdruck. Die letzten Endes mehr oder weniger willkürlich festgesetzte H ö h e schien auch deshalb unbedenklich, weil die Verwaltung stets an ihre Hauptversammlung mit dem Antrag herantreten kann, weitere Rücklagen zu bilden. Sie muß dann allerdings ihren Antrag begründen. D a s führt zu einer besseren Information der Aktionäre und dient damit einem wichtigen Anliegen des Gesetzgebers. 307

§ 58 Anm. 1—3

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Kritische Stellungnahmen sind von Jagenburg in Die AktGes 1965, 156 und 1967,1399 sowie im Kölner Komm. Anm. 16 f. enthalten. II. Einstellung in freie Rücklagen bei Feststellung des Jahresüberschusses 1. durch Vorstand und Aufsichtsrat Anm. 2: Wie im bisherigen Recht erfolgt die Feststellung des Jahresabschlusses grundsätzlich durdi Vorstand und Aufsichtsrat (§ 172). Nur wenn Vorstand und Aufsichtsrat beschließen, die Feststellung des Jahresabschlusses der Hauptversammlung zu überlassen, oder der Aufsichtsrat den vom Vorstand aufgestellten Jahresabschluß nicht billigt, stellt ihn die Hauptversammlung fest (§ 173). Nur der Vorstand und Aufsichtsrat können bei Feststellung des Jahresabschlusses aus dem Jahresüberschuß Beträge in freie Rücklagen einstellen, auch dann, wenn die Satzung keine Bestimmung darüber enthält. Diese Einstellung in die Jahresbilanz hat an der nach den Gliederungsvorschriften des § 151 I vorgesehenen Stelle auf der Passivseite unter II Posten 2 zu erfolgen. Die Höhe ist begrenzt. Der zulässige Höchstbetrag ist aus der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 157), und zwar aus dem Posten Nr. 28 „Jahresüberschuß" zu beredinen. Von diesem Jahresüberschuß ist nach Abs. 1 S. 3 zunächst ein etwa vorhandener Verlustvortrag (§ 157 Posten 29) abzuziehen. Von dem sich dann ergebenden Betrag sind nach § 150 II Nr. 1 5 % in die gesetzliche Rücklage (§ 151 I Passivseite II Posten 2 und § 157 Posten 30 a) so lange einzustellen, bis diese den zehnten oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals erreicht hat (vgl. Anm. 3 zu § 150). Audi dieser Betrag ist von dem um einen etwaigen Verlustvortrag vom Vorjahr verringerten Jahresüberschuß abzuziehen. Von dem sidi dann ergebenden Betrag dürfen Vorstand und Aufsichtsrat Beträge bis zur Hälfte in freie Rüdciagen einstellen. Anm. 3: Da nach dem bisherigen Recht Vorstand und Aufsiditsrat bei der Aufstellung des Jahresabschlusses für die Rücklagenbildung freie Hand hatten (vgl. für das bisherige Recht Saage in Die AktGes 1959, 183 und 209) spielten Satzungsbestimmungen, die sich mit der Rücklage befaßten, keine Rolle. Das ist jetzt anders geworden. Das Gesetz regelt abschließend, welche Satzungsbestimmungen für die Rücklagenbildung getroffen werden können. Abweichungen von der gesetzlichen Regelung ist mit Rücksicht auf § 23 V nidit zulässig. Wir halten deshalb die in der Voraufl. in Anm. 3 vertretene Auffassung, daß eine Satzungsbestimmung zulässig sei, wonach weniger als die Hälfte des Jahresüberschusses in freie Rüdciagen eingestellt werden dürften, nicht aufrecht (ebenso Rohwedder in Möhring/Schwartz S. 230; Kölner Komm. Anm. 22). Bei Feststellung des Jahresüberschusses durch Vorstand und Aufsiditsrat kann die Satzung lediglich nach Abs. 2 S. 2 den Vorstand und Aufsichtsrat zur Einstellung eines größeren Teils als die Hälfte des Jahresüberschusses ermächtigen. 308

Verwendung des Jahresüberschusses

§58

Anm. 3

Darüber, wie weit eine solche Satzungsbestimmung dies erlauben kann, ist ein erheblicher Meinungsstreit entstanden. Die Frage ist deshalb von besonderer Wichtigkeit, weil die Rücklagepolitik für die Verwaltung eine der wesentlichsten Entscheidungen für die Fortentwicklung des Unternehmens ist. Auf der anderen Seite steht die Nichtigkeitsdrohung für den festgestellten Jahresabschluß nach § 256 I Ziff. IV, wenn bei der Feststellung die Bestimmung des Gesetzes oder der Satzung durch die Einstellung von Beträgen in offene Rücklagen verletzt worden sind. Der Streit geht einmal darum, ob inhaltlich eine solche Satzungsbestimmung anordnen kann, daß der gesamte Jahresüberschuß in freie Rücklagen einzustellen ist. Geßler (DB 65, 250 und 1966, 216) hält eine solche Auslegung für völlig abwegig. Er ist der Ansicht, daß der Wortlaut des Gesetzes, wenn es von einem größeren Teil spricht, eine Satzungsbestimmung unzulässig macht, die Vorstand und Aufsiditsrat über die im Gesetz festgelegte Hälfte des Jahresüberschusses ermächtigt, den ganzen Jahresüberschuß in freie Rücklagen einzustellen. Eckhardt (NJW 67, 369) hält darüberhinaus auch eine Satzungsbestimmung für unzulässig, welche es der Verwaltung erlaubt, bis zu 98 % des Jahresüberschusses in die freie Rücklage einzustellen, weil die verbleibenden 2 % wirtschaftlich nicht mehr als „Teil", sondern höchstens als „Rest" des Jahresüberschusses bezeichnet werden können. Alles was über 9 0 % hinausgeht, dürfte bei wirtschaftlicher Betrachtung kein Teil mehr sein, und zwar auch dann nicht, wenn im Einzelfall der Jahresüberschuß sehr hoch sein sollte (im Ergebnis ebenso Eckhardt in BB 1966, 765; Doellerer in BB 1965, 1415; Schreib in Das Wertpapier 1966, 506 und 1967, 136; von Gleichenstein in BB 1966, 1047; Staber in BB 1966, 1254; Schäfer in BB 1966, 2333, der darauf abstellt, daß die Grenze des § 254 beachtet werden sollte). Wir können uns dieser Auffassung nicht anschließen. Nach unserer Ansicht kann trotz der zugegebenermaßen mißglückten Formulierung „eines größeren Teils" dieser auch in den 50 °/o des Jahresüberschusses bestehen, den die gesetzliche Bestimmung des Abs. 2 S. 1 nicht berührt. Die Interessen der Aktionäre, die auf Ausschüttung der Dividende Wert legen, sind dadurch hinreichend geschützt, daß die Satzungsbestimmungen dann nicht mehr Platz greifen, wenn die freien Rücklagen die Hälfte des freien Grundkapitals übersteigen. Bei der Abwägung der beiden Interessenstandpunkte — Stärkung des Unternehmens durch Rücklagenbildung einerseits und hohe Dividende andererseits — geht der Gesetzgeber allerdings davon aus, daß bis zur Erreichung der Grenze — die Hälfte des Grundkapitals — der erste Gesichtspunkt Vorrang haben müßte. Wohin die Gegenmeinung führt, zeigt sich aus den Ausführungen Eckhardts, der doch wohl reichlich willkürlich eine Grenze von 90 % aufstellen will. Diese wichtige Frage kann man aber nicht der mehr oder weniger willkürlichen Festsetzung überlassen. Es müssen klare Verhältnisse herrschen. Das kann nur dann der Fall sein, wenn 309

§ 58

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Anm. 3

man in den noch manipulierbaren Teil des Jahresüberschusses durdi Satzungsbestimmung die vollen noch offenen 50 °/o erblickt (ebenso B.-H. Rn. 4; Barz in Die AktGes 1966, 43; Obermüller-Werner-Winden, S. 130 und in Die HV der AG S. 198; G. Schäfer in ZFK 1966, 278; Nauss in Die AktGes 1967, 130; Werner in Die AktGes 67, 103 und 68, 182; Barz in Großkomm. Anm. 17; Kölner Komm. Anm. 24). Die ferner umstrittene Frage, ob eine Satzungsbestimmung genügt, die weder einen bestimmten Prozentsatz über 5 0 % noch einen bestimmten Betrag enthält, zulässig ist, hängt in gewissem Sinne mit der Entscheidung der vorstehend behandelten Fragen zusammen. Wenn man wie wir auf dem Standpunkt steht, daß die Ermächtigung bis zur Verfügung über den ganzen Jahresüberschuß gehen kann, so ist kein vernünftiger Grund einzusehen, warum man eine Höchstgrenze festsetzen sollte. Es muß dann die ganz allgemeine, dem Gesetzeswortlaut angepaßte Bestimmung genügen, zumal diese im Gegensatz zum Regierungsentwurf nicht mehr von einem „bestimmten" Teil spricht (B.-H. R n . 4 ; Obermüller-Werner-Winden in Die HV der AG S. 199; Nauss in Die AktGes 1967, 129; LG Hamburg in Die AktGes 1969, 152; Kölner Komm. Anm. 25; a. A. Geßler in DB 1966, 216; Tiefenbacher in BB 65, 1168; Doellerer in BB 1965, 1405; Kropff in Der Rechtspfleger 1966, 35; von Gleichenstein in BB 1966, 1047; Barz in Die AktGes 1966,43; Schreib in Das Wertpapier 1966, 506 und 1967,136; Eckhardt in N J W 67,369; AdlerDüring-Schmaltz § 150 Tz 96; Barz in Großkomm. Anm. 16). Nach dem Wortlaut des Gesetzes kann eine solche Satzungsbestimmung die Verwaltung nur ermächtigen, nicht verpflichten. Die abweichende Meinung in der Voraufl. kann nicht aufrechterhalten werden (ebenso Rowedder in Möhring-Schwartz S. 230; Adler-Düring-Schmaltz § 150 Tz 98). Eine solche Satzungsbestimmung gewinnt allerdings nur dann praktische Bedeutung, wenn die freien Rücklagen geringer sind als die Hälfte des Grundkapitals. Denn nur für diesen Fall läßt das Gesetz — das der Satzungsbestimmung hier vorgeht — eine über die Hälfte des Jahresüberschusses hinausgehende Einstellung in freie Rücklagen durch die Verwaltung zu (Abs. II S. 2). Ubersteigen die freien Rücklagen die Hälfte des Grundkapitals, so kann trotz Satzungsbestimmung dann nicht mehr als die Hälfte des Jahresüberschusses in freie Rüdciagen eingestellt werden. Dadurch wird die Satzungsbestimmung aber nicht ungültig. Bei einer Kapitalerhöhung kann durchaus wieder die Ermächtigung, die in der Satzungsbestimmung liegt, praktisch werden. Der Vorstand kann dann wieder solange mehr als die Hälfte des Jahresüberschusses in freie Rüdilagen einstellen, bis diese die Hälfte des neuen Grundkapitals erreichen. Da die betreffende Bestimmung der Satzung nicht etwa wegfällt, wenn sie nicht mehr verwendet werden kann, bedarf es in einem solchen Fall auch keiner Neu310

Verwendung des Jahresüberschusses

§ 58

Anm. 3,4 festsetzung in der Satzung. Damit ist die Möglichkeit gegeben, z. B. durch Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, eine neue Möglichkeit für Rücklagenbildung zu schaffen (vgl. Sage in Neue Betriebswirtschaft 1966, 71 ft.-, Kölner Komm. Anm. 26; Barz in Großkomm. Anm. 18). Ein Verstoß gegen die Bestimmungen macht nadi § 256 I Nr. 4 den festgestellten Jahresabschluß nichtig. Die Nichtigkeit kann aber nach § 256 IV nicht mehr geltend gemacht werden, wenn seit der Bekanntmachung des Jahresabschlusses sechs Monate verstrichen sind. Anfechtbar ist ein vom Vorstand und Aufsichtsrat festgestellter Jahresabschluß nicht. 2. durch die Hauptversammlung Anm. 4: Stellt die Hauptversammlung den Jahresabschluß fest (§ 173), so kann sie nur dann Beträge in freie Rücklagen einstellen, wenn die Satzung dies bestimmt. Insoweit entspricht die gesetzliche Regelung dem bisherigen Recht und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (in NJW 55, 588). Die Streitfrage, inwieweit der Aktionär Anspruch auf Ausschüttung des Bilanzgewinns hat (§ 52 AktG 37), ist durch die neue Bestimmung des Abs. 4 nunmehr geklärt (s. Anm. 10). Obwohl das Gesetz nur davon spricht, daß die Satzung die Einstellung von Beträgen in freie Rücklagen bestimmen kann, so besteht — wie schon bisher — auch die Möglichkeit, daß die Satzung der Hauptversammlung hierzu eine Ermächtigung erteilt (wie hier Rowedder in MöhringSchwartz, S. 232; a. A. Barz in Die AktGes 1966, 43 u. in Großkomm. Anm. 11; Obermüller-Werner-Winden S. 290 und in Die HV der AG, S. 195; B.-H. Rn. 8; Adler-Düring-Sdimaltz § 150 Tz 102). In beiden Fällen ist die Wirkung einer solchen Satzungsbestimmung der Höhe nach begrenzt; es kann bei der Feststellung des Jahresabschlusses audi die Hauptversammlung keine höheren Beträge in freie Rücklagen einstellen, als dies der Verwaltung bei Feststellung des Jahresabschlusses erlaubt ist, d. h., es ist vom Jahresabschluß ein etwaiger Verlustvortrag und die Einstellung in die gesetzliche Rücklage abzuziehen. Von dem dann verbleibenden Betrag kann bis zur Hälfte in freie Rüdslagen eingestellt werden. Hält die Hauptversammlung die Einstellung höherer Beträge in die freie Rücklage für richtig, so kann sie dies im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses (s. Anm. 5) tun. Während die Satzung Vorstand und Aufsichtsrat ermächtigen kann, einen größeren Teil als die Hälfte des Jahresüberschusses in freie Rücklagen einzustellen, und eine solche Satzungsbestimmung dann zum Zuge kommt, wenn die freien Rücklagen die Hälfte des Grundkapitals nicht übersteigen, hat eine entsprechende Ermächtigung für die Hauptversammlung eine solche Wirkung nicht. Diese kann nur an die Höchstgrenze der Hälfte des Jahresüberschusses gebunden werden. Eine solche Bestimmung ist auch entbehrlich 311

§ 58 Anm. 4,5

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

gewesen, denn es hängt vom Willen der Mehrheit ab, ob durch den Gewinnverwendungsbeschluß eine etwa der Bestimmung des Abs. II S. 3 entsprechende Stärkung der freien Rücklagen erfolgen soll. Auch hier führt ein Verstoß gegen die Bestimmung zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses (§ 256 I N r . 4; s. oben Anm. 3). Da hier ein Hauptversammlungsbeschluß vorliegt, ist dieser nach § 243 möglicherweise auch wegen Verletzung anderer gesetzlicher oder satzungsmäßiger Vorschriften, z. B. fehlerhafte Einberufung der Hauptversammlung, anfechtbar. Die Anfechtung kann aber nicht darauf gestützt werden, daß der Inhalt des Jahresabschlusses gegen Gesetz oder Satzung verstößt (§ 2571). III. Gewinnverwendungsbesdiluß Anm. 5: Unabhängig von der Feststellung des Jahresabschlusses durch Vorstand und Auf sichtsrat (§ 172) oder durch die Hauptversammlung (§ 173) hat die Hauptversammlung über die Verwendung des aus dem festgestellten Jahresabschlusses sich ergebenden Bilanzgewinns zu beschließen. Der notwendige Inhalt und die Wirkung dieses Beschlusses sind in § 174 geregelt; hier wird festgestellt, inwieweit die Hauptversammlung über den Bilanzgewinn anders als durch Ausschüttung an die Aktionäre verfügen kann. Grundsätzlich ist die Hauptversammlung bezüglich der Verwendung des Bilanzgewinns frei. Eine Beschränkung besteht insofern, als sie einen zusätzlichen Posten (zusätzlicher Aufwand aufgrund des Beschlusses — vgl. hierzu Risse in BB 1970, 372 ff. —) zu berücksichtigen hat, sofern sie Beträge in offene Rücklage stellt. Daneben ist die Hauptversammlung an Satzungsbestimmungen gebunden, durch die im Rahmen des § 23 V Teile des Bilanzgewinns von der Verteilung an die Aktionäre ausgeschlossen werden können. So ist es möglich, jeden über 4 °/o hinausgehenden Gewinn von der Verteilung auszuschließen, was hinsichtlich der Gemeinnützigkeit (z. B. § 9 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes) wichtig sein kann. Was die Hauptversammlung mit dem verbleibenden Betrag macht, steht in ihrem Ermessen; sie kann ihn in freie Rücklage einstellen, als Gewinn vortragen oder aber auch eine andere Verwendung beschließen, sofern die Satzung eine derartige Ermächtigung enthält. Niemals aber kann die Satzung die Hauptversammlung verpflichten, Teile des Bilanzgewinnes in offene Rücklagen zu stellen (a. A. ObermüllerWerner-Winden in Die H V der AG, S. 203). Zu Unrecht geht die Gegenmeinung davon aus, die Abs. 1 und 2 des § 58 hätten keinen Einfluß auf den Gewinnverwendungsbeschluß. Abs. 1 Satz 1 bestimmt abschließend, wann die Satzung zwingende Bestimmungen hinsichtlich der Bildung freier Rück312

Verwendung des Jahresübersdiusses

§58 Anm. 5—8

lagen enthalten darf. Es handelt sich insoweit um eine abschließende Regelung im Sinne des § 23 IV S. 2 (ebenso Adler-Düring-Schmaltz § 150 Tz 104; Geßler in BB 59, 235; Kölner Komm. Anm. 34; a. A. Müller in W P 1969, 247; Barz in Großkomm. Anm. 21). Anders ist es hinsichtlich eines Gewinnvortrags hinsichtlich dessen zwingende Satzungsbestimmungen denkbar sind. Die unterschiedliche Behandlung von Rücklagenbildung und Gewinnvortrag ist auch nicht willkürlich, da der vorgetragene Gewinn unter der Verfügungsgewalt der Hauptversammlung bleibt, sofern er nicht durch einen Verlust verbraucht ist, während die Hauptversammlung zur Auflösung von offenen Rücklagen nicht berechtigt ist. 1. Einstellung in freie Rücklagen Anm. 6: Während bei der Feststellung, welche Beträge bei Feststellung des Jahresabschlusses in freie Rücklagen eingestellt werden dürfen, vom Jahresüberschuß (§ 157 I Posten 28) auszugehen ist, handelt es sich hier um die Zuweisung aus dem Bilanzgewinn (§ 157 I Posten 32). Bei der Verwendung des Bilanzgewinns ist die Hauptversammlung grundsätzlich frei. Sie könnte also beschließen, den ganzen Bilanzgewinn in freie Rücklagen einzustellen, dann muß sie allerdings beachten, ob dadurch ein zusätzlicher Aufwand entsteht — was z. Z. jedenfalls wegen des gespaltenen Körperschaftsteuersatzes der Fall sein wird — und diesen zunächst vom Bilanzgewinn abziehen (vgl. § 174 Anm. 4). Zu beachten ist dabei, daß dann, wenn die Einstellung von Beträgen in freie Rücklagen bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nicht notwendig ist, um die Lebens- und Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft f ü r einen übersehbaren Zeitraum zu sichern (§254 I), der Gewinnverwendungsbeschluß angefochten werden kann, wenn nicht gleichzeitig eine Dividende von mindestens 4 o/o an die Aktionäre verteilt wird. 2. Der Gewinnvortrag Anm. 7: Die Hauptversammlung kann den Bilanzgewinn ganz oder teilweise auf neue Rechnung vortragen. Alles, was zur Einstellung in freie Rücklagen über die zulässige Höhe gesagt ist, gilt auch hier. Fraglich kann nur sein, inwieweit § 254 gilt, der den Gewinnvortrag nicht ausdrücklich erwähnt. D a wirtschaftlich der Gewinnvortrag von der freien Rücklage sich nicht unterscheidet, möchten wir annehmen, daß er jedenfalls dann anzuwenden ist, wenn der Gewinnvortrag ungewöhnlich hoch ist, und die Einstellung des Betrages in freie Rücklagen die Anwendung des § 254 zur Folge haben würde (s. auch Barz in Großkomm. Anm. 23). 3. Gewinnausschüttung an Dritte Anm. 8: Insoweit der Bilanzgewinn nicht in freie Rücklagen eingestellt oder als Gewinn vorgetragen wird, ist er an die Aktionäre zu verteilen, 313

§ 58 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 8—10 jedodi kann die Satzung die Hauptversammlung zu einer anderen Verwendung ermächtigen. Es könnte dann die Hauptversammlung einen Teil des Gewinns an die Arbeitnehmer ausschütten oder gemeinnützigen Unternehmen oder auch zur Förderung spezieller Aufgaben, wie der wissenschaftlichen Forschung, einer bestimmten Forschungsstelle zuteilen. Eine Verpflichtung zu einer derartigen Verwendung darf nicht in der Satzung enthalten sein (vgl. § 174 Anm. 3 u. oben Anm. 3). 4. Folgen Tier Verletzung Anm. 9: Ist der Gewinnverwendungsbeschluß fehlerhaft, so kann er, wie jeder Hauptversammlungsbeschluß, nach § 241 nichtig oder nach § 243 anfechtbar sein; darüber hinaus gilt f ü r ihn der oben in Anm. 6 behandelte besondere Anfechtungsgrund des § 254. IV. Anspruch des Aktionärs auf Bilanzgewinn Anm. 10: Vom Jahresüberschuß (§ 157 Abs. 1 Posten 28) ist zu unterscheiden der Bilanzgewinn (dort Posten 32). Dieser entwickelt sich aus dem Jahresabschluß unter Berücksichtigung des Gewinn- oder Verlustvortrags aus dem Vorjahr, den Entnahmen aus und den Einstellungen in offene Rücklagen. Er ergibt sich endgültig erst aus dem Gewinnverwendungsbeschluß der Hauptversammlung. Nicht auf diesen Bilanzgewinn, sondern nur auf den auszuschüttenden Betrag, der sich aus dem Gewinnverwendungsbeschluß ergibt (§ 174), haben die Aktionäre einen Anspruch auf Ausschüttung. Hierbei ist insbesondere der sogenannte zusätzliche Aufwand zu berücksichtigen. Ein solcher entsteht insbesondere dann, wenn die Hauptversammlung im Gewinnverwendungsbeschluß zusätzliche Rücklagen macht, und zwar in erster Linie auf steuerlichem Gebiet wegen des gespaltenen Körperschaftssteuersatzes (siehe im einzelnen Risse in BB 1970, 372 ff.; oben Anm. 6). Der Gewinnansprudi des Aktionärs entsteht nur im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses. Im Grunde genommen ist die Vorschrift des Absatzes 4 heute überflüssig, weil nicht mehr wie bisher der Vorstand und Aufsichtsrat, wenn dieser den Jahresabschluß feststellt, den „Reingewinn" feststellen und damit die Zuweisung zu freien Rücklagen bereits vorher erfolgt war, vielmehr ist es heute so, daß die Verwaltung in der Einstellung von Beträgen in freie Rücklagen beschränkt ist und die Hauptversammlung in dem Gewinnverwendungsbeschluß den zur Verteilung an die Aktionäre zur Verfügung stehenden Betrag ihrerseits noch zu verändern vermag, indem sie weitere Beträge in freie Rücklagen einstellt oder als Gewinn vorträgt oder aufgrund einer Satzungsbestimmung anderweitig verwendet. Das vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung in N J W 55, 588 behandelte Problem, daß der Aktionär einen unabdingbaren Ansprudi auf 314

Verwendung des Jahresüberschusses

§58 Anm. 10,11

Ausschüttung des Reingewinns habe, wenn die Satzung nicht ausdrücklich die Hauptversammlung ermächtigt, anders als durch Ausschüttung über den Reingewinn zu verfügen, kann heute gar nicht mehr auftreten, weil die Hauptversammlung gesetzlich berechtigt ist, im Beschluß über die Gewinnverwendung über den sich aus dem aufgestellten Jahresabschluß ergebenden Bilanzgewinn zu verfügen. Es ist jetzt Sache der Hauptversammlung, den endgültigen Bilanzgewinn, früher als „Reingewinn" bezeichnet, auf alle Fälle festzustellen, da diese immer entscheiden muß, wie der Bilanzgewinn, wie er sich nach dem festgestellten Jahresabschluß ergibt, zu verwenden ist (über den Anspruch des Aktionärs auf den Reingewinn nach altem Recht vgl. Meileke in Die AktGes 1959, 13 ff.). Dazu gehört auch der eigentliche Ausschüttungsbeschluß (§ 174 II Nr. 2). Es ist schon bisher unbestritten gewesen, daß aufgrund dieses Ausschüttungsbeschlusses ein individuelles einklagbares Recht des Aktionärs entsteht. Das ist unverändert so geblieben. Geändert hat sidi nur, daß für den Einzelaktionär und dessen Anspruch auf Ausschüttung der ursprünglich im Jahresabschluß festgestellte Bilanzgewinn bedeutungslos ist. Da eine Ausschüttung nur aus dem Bilanzgewinn erfolgen darf, ist Voraussetzung für jede Ausschüttung, daß ein Jahresabschluß vorliegt. Das bedeutet aber nicht, daß das Geschäftsjahr, dessen Ergebnis verteilt werden soll, ein volles Kalenderjahr umfassen muß. Es kann sich vielmehr für das erste Geschäftsjahr ergeben, daß dies kürzer als ein Kalenderjahr ist und ebenso durch Verlegung des Geschäftsjahres durch Satzungsänderung (nicht rückwirkend, also nicht auf einen Zeitpunkt, der z. Z. der Satzungsänderung bereits verstrichen war). Der Gewinn des bei der Auflösung einer Gesellschaft bis dahin abgelaufenen Teils des neuen Geschäftsjahres kann nicht ausgeschüttet werden, weil anläßlich der Abwicklung zwar eine Abwicklungseröffnungsbilanz aber keine Jahresbilanz, auch nicht für das Rumpfgeschäftsjahr, festgestellt wird. Während es nach dem bisherigen Recht überhaupt keine Möglichkeit zur Ausschüttung gab, ohne daß eine festgestellte Jahresbilanz vorlag, ist dies jetzt geändert; in § 59 wird eine Abschlagszahlung auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn unter gewissen Voraussetzungen für zulässig erachtet, s. im einzelnen dort. V. Dividendengarantie Anm. 11: Dividenden können nicht zugesagt werden, weder feste noch schwankende, noch Mindestdividenden, weil immer ein Bilanzgewinn Voraussetzung für jede Dividendenzahlung ist. Dagegen können gewisse Gattungen von Aktien einen Vorzugsanspruch auf Dividende vor anderen Aktiengattungen haben, aber auch dann muß immer ein Bilanzgewinn, aus dem die Zahlung erfolgen kann, vorhanden sein. Die Gesellschaft kann auch 315

§ 58 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anra. 11,12 nidit anläßlich der Veräußerung eigener Aktien mittels Umsatzgeschäftes, etwa als Gegenleistung für übernommene Vermögensgegenstände ( R G 121, 105), Dividenden zusagen. Von der Zusage einer Dividende ist zu unterscheiden die Abrede über eine Gewinnbeteiligung. Diese ist, wie in § 292 II ausdrücklich festgestellt wird, im Rahmen von Verträgen des laufenden Geschäftsverkehrs oder im Rahmen von Lizenzverträgen zulässig. Selbstverständlich ist auch der Vertrag über eine Gewinnbeteiligung mit Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat zulässig. Das war bisher schon völlig unstreitig. Auch mit einzelnen Arbeitnehmern der Gesellschaft ist eine Abrede über eine Gewinnbeteiligung ganz allgemein zulässig (§ 292 II). Dagegen würde eine allgemeine Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer unter die besonderen Bestimmungen, die für Unternehmensverträge gelten, fallen. VI. Dividenden- und Erneuerungsschein Anm. 12: Regelmäßig werden, ohne daß ein gesellschaftsrechtlicher Anspruch darauf besteht, über die Gewinnanteile der einzelnen Jahre besondere, auch bei Namensaktien auf den Inhaber leutende Urkunden, Dividendenscheine, ausgestellt, welche den aufgrund des Hauptversammlungsbeschlusses entstandenen Gewinnanspruch jedweden Jahres, nicht etwa das von der Aktie untrennbare (s. Anm. 7 zu § 8 und Anm. 5 zu § 75) Gewinnrecht verkörpern und in diesem Sinne Wertpapiere sind, Inhaberpapiere in einem weiteren Sinn (RG 77, 235), ohne Unterscheidung, ob der Dividendenschein auf die Dividende eines bestimmten Geschäftsjahres lautet oder nur eine Unterscheidungsnummer trägt, wie allgemein üblich. Der Inhaber ist nicht nur legitimiert, sondern auch forderungsberechtigt, freilich erst, wenn ein Verteilungsbeschluß gefaßt ist (h. L.: vgl. B.-H. Rn. 25; Kölner Komm. Anm. 65). Bis dahin verkörpert der Schein überhaupt kein Recht, da es zweifelhaft ist, ob überhaupt ein Gewinn darauf entfallen wird, bei nur numerierten Scheinen auch, ob sie nicht nur als Legitimation für andere Zwecke dienen werden. Die Forderung wird durch Übergabe des Papiers übertragen. Es besteht erweiterter Schutz des guten Glaubens. § 796 BGB ist indessen nicht unbeschränkt anwendbar, z. B. kann seitens der Gesellschaft geltend gemacht werden: ursprüngliche oder durch Anfechtung herbeigeführte Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses, Nichtigkeit oder Einziehung (§ 72) der Aktie, mangelnde Einzahlung (§ 60), Zugehörigkeit zu einer eigenen Aktie. Hierin erweist sich die Herkunft der Forderung aus der Aktie, aber sie ist im übrigen von ihr unabhängig. Selbst ein noch nicht an der Reihe befindlicher Dividendenschein oder der an der Reihe befindliche vor dem Verteilungsbeschluß kann seinen eigenen Weg gehen, nicht nur obligatorisch, sondern auch dinglich veräußert und verpfändet werden. Bei Veräußerung, Verpfändung und Nießbrauchbestellung besteht für den Mantel 316

Verwendung des Jahresübersdiusses

§58 Anm. 12

(Aktienurkunde) und die Scheine (Bögen) je für sich das Erfordernis der Übergabe: Aktie und Dividendenscheine können an verschiedene Personen verkauft und verpfändet werden. Der Dividendensdiein ist daher nur mitveräußert, -verpfändet oder sonst -belastet, wenn er mitübergeben wird (RG 77, 335). Nicht wohl kann nach der Natur der Sache zweierlei Nießbrauch an Aktie und Dividendenschein für den gleichen Zeitraum bestellt werden, andererseits ist Veräußerung des Dividendenscheins und Bestellung eines zeitlich begrenzten Nießbrauchs an der Aktie zu unterscheiden. In allen Fällen der Veräußerung, Verpfändung, Nießbrauchbestellung vor dem Verwendungsbeschluß, der für den Dividendenschein gelten wird, kommt es auf die Vereinbarung dafür an, was gelten soll, wenn darauf ein Gewinnanspruch von anderer Höhe entfällt, als vorausgesetzt wurde. Beim Kauf dürfte es sich im allgemeinen um einen Hoffnungskauf, und zwar eines Gewinnansprudis handeln, so daß der Käufer nicht etwa ein Bezugsrecht ausüben kann, wenn der Schein für ein solches legitimiert. Ist der Dividendenschein verpfändet, so dürfte das Pfandrecht jedes darauf entfallende Vermögensrecht ergreifen. Ist ein Nießbrauch darauf bestellt, so ist umgekehrt ohne dahingehende Vereinbarung nicht anzunehmen, daß ein Bezugsrecht darunter fallen soll (s. Anm. 2 zu § 186). Wenn kein Dividendenschein ausgestellt ist, so kann zwar der Anspruch auf den Gewinnanteil, auch auf den nodi nicht beschlossenen, gleichfalls durch Abtretung oder Pfändung vom Aktienrecht getrennt werden. Zur Geltendmachung ist aber bei der Inhaberaktie und, wenn der Aussteller der Abtretungsurkunde nicht im Aktienbuch eingetragen ist, auch bei der Namensaktie die Vorlegung der Aktienurkunde notwendig. Es muß deshalb eine Legitimationsübertragung hinzukommen. Der Erwerber eines Dividendenscheins und der Zessionar eines Gewinnanspruchs bleibt, solange der maßgebliche Gewinnverwendungsbeschluß nicht gefaßt ist, hinsichtlich seiner künftigen Rechte der Verbandsgewalt unterworfen (bes. einem Auflösungsoder Satzungsänderungsbeschluß ausgesetzt); er wird audi von jedem Schicksal des Aktienrechts mitbetroffen, nicht auch der Urkunde; wird diese für kraftlos erklärt, kann er von dem Aktionär Aushändigung des Ersatzbogens verlangen, § 952 BGB. Er hat keine Möglichkeit, ihm nachteilige Beschlüsse anzufediten, auch nicht, wenn der Aktionär einen Anfechtungsgrund hätte und dazu befugt wäre. Es wird deshalb wohl niemand entgeltlich einen solchen Dividendensdiein oder Gewinnanspruch erwerben, es sei denn unter entsprechender Gewährleistung eines solventen Veräußerers; immerhin sind Schenkungen und Vermächtnisse solcher Art denkbar, auch können bei Vermögensauseinandersetzungen derartige Ausgleiche vorkommen. Der Gewinnanspruch erlischt, wenn ein Dividendenschein gebildet ist, nach § 801 II BGB, sofern er nicht innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem er fällig geworden ist, vorgelegt wird; von der Vorlegung 317

§ 58

Anm. 12,13

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschaften

ab verjährt der Anspruch in zwei Jahren nach § 801 II BGB; in dem Dividendensdiein selbst können andere Vorlegungs- und Verjährungsfristen vorgesehen werden (§ 801 I BGB). Ein Aufgebot zwecks Kraftloserklärung des Dividendenscheines ist nidit möglich (§ 799 BGB). Jedoch kann sein Verlust angezeigt werden (§ 804 BGB). Ist kein Dividendenschein ausgegeben, so besteht auch keine Vorlegungsfrist. Der Dividendenanspruch verjährt in diesem Falle in dreißig Jahren. Den Aktien pflegen audi Erneuerungsscheine beigegeben zu werden, aufgrund deren neue Dividendenscheinbogen, welche die Gewinnanteilscheine für eine begrenzte Anzahl von etwa 10 Jahren enthalten, ausgegeben werden, wenn alle Scheine abgelaufen sind. Ein solcher Erneuerungsschein ist kein Inhaberpapier, sondern Legitimationspapier (s. aber § 75), das seine Empfangsberechtigung nachweist, solange der Aktionär nicht widerspricht. Die Gesellschaft ist solange berechtigt, an den Inhaber des Erneuerungsscheines (auch Talon genannt) den Bogen auszugeben. Dieser hat jedoch aus dem Erneuerungssdiein keine Forderung auf Aushändigung des Bogens. Deshalb kann die Gesellschaft die Ausgabe des Bogens an den Inhaber des Aktienmantels nicht verweigern, wenn dieser ihn ohne den Erneuerungsschein oder statt seiner vorlegt. Der Erwerber der Aktie hat aber im Zweifel aufgrund des Veräußerungsgeschäftes (auch aufgrund Eigentums nach § 952 BGB) einen Anspruch gegen den Veräußerer auf Mitübergabe des Talons und der Gewinnanteilscheine (RG 77, 335). Auch der Aktionär hat als solcher gegen die Gesellschaft einen Anspruch auf Aushändigung des Dividendenscheinbogens mit Talon und nach Ablauf des ersteren auf einen neuen Bogen mit Talon. Der Schein wird durch die Einziehung, Kraftloserklärung, Kaduzierung der Aktie ungültig. Da er selbst kein Recht verkörpert oder gewährt, wäre seine Kraftloserklärung gegenstandslos und ist daher unzulässig. Seine Veräußerung oder Verpfändung kann aus dem gleichen Grund nur als ergänzendes Durchführungsgeschäft zur Veräußerung oder der Verpfändung der Dividendenscheine in Betracht kommen, zu deren Entgegennahme er legitimiert. VII. Verbot weiterer Ausschüttungen Anm. 13: Das Verbot, vor Auflösung der Gesellschaft mehr als den Bilanzgewinn unter die Aktionäre zu verteilen, steht in engem Zusammenhang mit der Bestimmung des § 57 I S. 1, denn jede Verteilung von mehr als dem Bilanzgewinn würde eine Rückzahlung der Einlage bedeuten. Die Bestimmung kann nur im Zusammenhang mit der Verwendung des Jahresüberschusses richtig verstanden werden, denn es ist keineswegs so, daß ganz generell keine Zahlungen an die Aktionäre erfolgen dürfen. Nach § 59 sind Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn zulässig, ferner ist nach wie vor 318

Verwendung des Jahresüberschusses

§ 58

Anm. 13,14

eine Auszahlung an die Aktionäre im Wege der ordnungsgemäßen Kapitalherabsetzung zulässig. Ferner fallen nicht unter das Verbot Leistungen aufgrund eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 III) und Leistungen einer eingegliederten Gesellschaft an die Hauptgesellschaft (§ 323 II). Die geringfügige Änderung im Gesetzestext — es wird jetzt von der Auflösung der Gesellschaft gesprodien, während es früher hieß „solange die Gesellschaft besteht" — bedeutet keine Änderung des bisherigen Rechts. Es war schon im bisherigen Recht unstreitig, daß das Verbot des § 52 AktG 37 im Stand der Abwicklung galt (RG 149, 297) und damit auch Abschlagszahlungen auf den Abwicklungserlös vor Befriedigung der Gläubiger und Ablauf des Sperrjahres nicht erlaubt waren. Wenn jetzt von der Auflösung der Gesellschaft ausgegangen wird, so ändert das sachlich insofern nichts, als auf die Auflösung die Abwicklung folgt und nunmehr die dortigen Schutzbestimmungen, die dem vorliegenden Paragraphen insoweit entsprechen, gelten. VIII. Übergangsbestimmungen Anm. 14: Die Vorschriften über die Verwendung des Jahresüberschusses und die Gewinnverwendung gelten erstmals für das nach dem 31. Dezember 1966 beginnende Geschäftsjahr (§ 15 I EG). Das bedeutet, daß sie erstmals in der Hauptversammlung 1968 anzuwenden sind. Wenn Satzungsänderungen als notwendig oder zweckmäßig erscheinen, so können diese in derselben Hauptversammlung vorgenommen werden, in der die Gewinnverwendung nach den neuen Vorschriften erstmals zu erfolgen hat. Solche Satzungsänderungen sind z. B. dann notwendig, wenn die Hauptversammlung ermächtigt werden soll, die Verwendung des Bilanzgewinns zu beschließen, die nicht in einer Zuweisung von Beträgen in offene Rücklage oder in einem Gewinnvortrag besteht (Abs. 3). Ferner ist zu prüfen, ob nidit eine Satzungsänderung im Sinne des Abs. 1 notwendig ist, die dahin geht, daß die Hauptversammlung, wenn sie selbst den Jahresabschluß feststellt, Beträge aus dem Jahresüberschuß in freie Rücklagen einstellen kann oder muß. Endlich kann sich auch eine Satzungsbestimmung als zweckmäßig erweisen, die den Vorstand und Aufsichtsrat, wenn er den Jahresabschluß feststellt, zur Einstellung eines größeren Teils als die Hälfte des Jahresüberschusses in die freien Rücklagen ermächtigt (Abs. 2). Wird die Satzungsänderung in der Hauptversammlung vorgenommen, die über das nach dem 31. Dezember 1966 beginnende Geschäftsjahr, das ist also im allgemeinen die Hauptversammlung, die im Jahre 1968 stattfindet, beschlossen, so muß die Beschlußfassung vor der Beschlußfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns erfolgen. Dies sollte sich schon aus der 319

§ 58/59

Anm. 14

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschaften

Tagesordnung ergeben, evtl. muß eine unrichtige Tagesordnung durch Beschluß der Hauptversammlung entsprechend umgestellt werden. Da eine Satzungsänderung erst mit ihrer Eintragung wirksam wird, kann auch der Gewinnverwendungsbeschluß nidit wirksam werden, bevor nicht die Eintragung der Satzungsänderung erfolgt ist. Es bleibt aber den Gesellschaften überlassen, die ihnen notwendig erscheinenden Satzungsbestimmungen schon in einer früheren Hauptversammlung beschließen zu lassen. Dem steht auch der Wortlaut des § 15 I I E G nicht entgegen. Dieser besagt nur, daß, wenn keine Satzungsänderungen erfolgen, für die früheren Geschäftsjahre es bei den bisherigen gesetzlichen Vorschriften und Satzungsbestimmungen verbleibt. Dagegen haben die Gesellschaften keine freie Hand in der Richtung, den Gewinnverwendungsbeschluß nach den neuen Vorschriften schon auf ein früheres Geschäftsjahr anzuwenden. Im Gegensatz zu den Übergangsbestimmungen für die Rechnungslegung, wo es ausdrücklich heißt, daß diese zwar auch erstmals für das nach dem 31. Dezember 1966 beginnende Geschäftsjahr gelten, sie aber auf ein früheres Geschäftsjahr angewandt werden können, fehlt es bei der Bestimmung über die Gewinnverwendung an dieser ausdrücklichen Bestimmung. Man muß also davon ausgehen, daß auch für eine Gesellschaft, die die Vorschriften über die Redinungslegung bereits für ein früheres Geschäftsjahr eingeführt hat, die Vorschriften über die Verwendung des Jahresüberschusses und die Gewinnverwendung nach zwingender gesetzlicher Vorschrift erst für das nach dem 31. Dezember 1966 beginnende Geschäftsjahr erstmals gelten. Das gilt allerdings nidit für zwischenzeitlich beschlossene und wirksam gewordene Satzungsänderungen, soweit diese nach AktG 37 zulässig waren (vgl. Werner in Die AktGes 1967, 104).

§ 59 Abschlagszahlung auf den Bilanzgewinn (1) Die Satzung kann den Vorstand ermächtigen, nadi Ablauf des Geschäftsjahrs auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn einen Absdilag an die Aktionäre zu zahlen. (2) Der Vorstand darf einen Abschlag nur zahlen, wenn ein vorläuiiger Absdiluß für das vergangene Geschäftsjahr einen Jahresüberschuß ergibt. Als Absdilag darf höchstens die Hälfte des Betrags gezahlt werden, der von dem Jahresüberschuß nach Abzug der Beträge verbleibt, die nadi Gesetz oder Satzung in offene Rüdilagen einzustellen sind. Außerdem darf der Absdilag nicht die Hälfte des vorjährigen Bilanzgewinns übersteigen. (3) Die Zahlung eines Abschlags bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats. 320

Abschlagszahlung auf den Bilanzgewinn

§ 59

Anm. 1—3

Anm. 1: Aus dem Gedanken heraus, die Aktie auch für ein Publikum einzuführen, das bisher gewohnt ist, sein Geld gegen Verzinsung anzulegen, hat man sich entschlossen, die Möglichkeit zu schaffen, auf die Aktie nicht wie bisher nur einmal einen Ertrag auszuschütten, sondern eine gewisse Anpassung an die Anlagepapiere vorzusehen, die mehrfach im Jahr Zinsen ausschütten. Das ist bei der Aktie ihrer Natur nach nur in sehr beschränktem Umfang möglich. Es muß an dem Grundsatz festgehalten werden, daß irgendwelche Zahlungen an die Aktionäre nur aus dem Bilanzgewinn gemacht werden können. Dieser Bilanzgewinn steht erst fest, wenn die Hauptversammlung den Gewinnverwendungsbeschluß gefaßt hat. Es ist also immer bedenklich, wenn vor diesem Zeitpunkt irgendwelche Abschlagszahlungen an die Aktionäre auf einen überhaupt noch nicht festgestellten Bilanzgewinn geleistet werden sollen. Die Vorschrift war deshalb auch bis zuletzt umstritten, teilweise auch deshalb, weil befürchtet wurde, man würde hier Hoffnungen bei Aktionären wecken, die von der Wirtschaft nicht erfüllt werden. Endlich wurde gegen die Vorschrift nicht zu Unrecht eingewandt, daß zumindest im Augenblick die Entwicklung auch bei den festverzinslichen Werten dahin geht, die Zinszahlungen möglichst nur einmal im Jahr vorzunehmen, einfach aus Gründen der Arbeitsersparnis. Wenn man sich trotz dieser Bedenken zur Einführung der Bestimmungen entschloß, so muß bei ihrer Auslegung davon ausgegangen werden, daß unter keinen Umständen dies ein Weg sein darf, auf dem die Bestimmung des § 58 I V umgangen werden könnte. Anm. 2: Eine Abschlagszahlung setzt zunächst voraus, daß die Satzung den Vorstand zu einer solchen Abschlagszahlung ermächtigt. Es kann also nicht etwa eine Hauptversammlung beschließen, daß im folgenden Geschäftsjahr eine solche Abschlagszahlung stattfindet. Es müßte, wenn die Satzung darüber nichts besagt, zunächst ein satzungsändernder Beschluß gefaßt und wirksam werden. Auch dann hat die Hauptversammlung mit der Abschlagszahlung nichts zu tun, sie kann keinen Beschluß fassen, der eine Anweisung an den Vorstand enthält, vielmehr steht die Abschlagszahlung in der Verantwortung des Vorstands und des Aufsichtsrats, denn nur mit dessen Zustimmung kann eine Abschlagszahlung stattfinden (Abs. 3). Anm. 3: Niemals darf eine Abschlagszahlung auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn eines noch laufenden Geschäftsjahres geleistet werden. Es ist also nicht denkbar, daß, wenn die Satzung den Vorstand ermächtigt hat, etwa in einer Hauptversammlung einmal eine Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr ausgeworfen wird und dann noch eine weitere Abschlagszahlung für das zum Zeitpunkt der Hauptversammlung laufende Geschäftsjahr. Nur wenn das Geschäftsjahr, für das die Abschlagszahlung auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn gezahlt werden soll, abgeschlossen ist, sich

321

§ 59

Anm. 3—6

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

also in seinem ganzen Verlauf übersehen läßt, kann eine solche Abschlagszahlung in Frage kommen. Anm. 4: Audi dann kann sich der Vorstand nidit auf eine allgemeine Schätzung verlassen, sondern es muß ein vorläufiger Abschluß für das vergangene Geschäftsjahr vorliegen. Das Gesetz sagt nichts darüber, wie ein solcher aussehen muß. Es ist selbstverständlich, daß er ordnungsgemäß aufgestellt sein muß. Es genügt also sicher nicht, wenn lediglich das Betriebsergebnis des abgelaufenen Jahres angegeben wird, sondern es muß die Aufstellung des vorläufigen Abschlusses nach den Bestimmungen der §§ 149—159 erfolgt sein. Der Geschäftsbericht gehört begrifflich nicht zum Jahresabschluß. Er dient dazu, ihn zu erläutern. Infolgedessen braucht er noch nicht vorzuliegen, wenn eine Abschlagszahlung erfolgen soll. Ebenso braudit der Jahresabschluß noch nicht von den Abschlußprüfern geprüft zu sein. Gerade dieser notwendige Zeitraum soll durch die Abschlagszahlung überbrückt werden. Dieser Abschluß muß einen Jahresüberschuß ergeben. Anm. 5: Von dem sich aus dem vorläufigen Abschluß nach § 157 Ziff. 28, also ohne Gewinnvortrag und Entnahme aus offener Rücklage (B.-H. Rn. 4) ergebenden Uberschuß sind zunächst einmal die Beträge abzuziehen, die nach Gesetz oder Satzung in offene Rücklagen einzustellen sind. Von dem sich dann ergebenden Betrag darf höchstens die Hälfte als Abschlagszahlung verwandt werden. Ganz selbstverständlich haben Vorstand und Aufsichtsrat auch die Beträge zu berücksichtigen, die sie über das, was nadi Gesetz oder Satzung in offene Rücklagen einzustellen ist, in diese einzustellen beabsichtigen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sie dazu nach § 58 II durch die Satzung ermächtigt sind oder beabsichtigen, der Hauptversammlung einen entsprechenden Vorschlag zu machen. Allerdings brauchen sie das nicht zu tun, um zu beredinen, wie groß der Betrag ist, von dem sie die Hälfte als Abschlagszahlung verwenden können. Sie können also beispielsweise bei der Berechnung der Abschlagszahlung davon ausgehen, daß sie die Beträge, die sie freiwillig offenen Rücklagen zuführen wollen, zu Lasten des Teils des Bilanzgewinns gehen lassen, über den die Hauptversammlung verfügt. Das sind aber rein theoretische Erwägungen. Sicherlich wird, wenn man sich überhaupt zur Abschlagszahlung entschließt, eine Verwaltung davon ausgehen, daß sie nicht mehr als die Hälfte des Betrages ausschüttet, der vermutlich im Gewinnverwendungsbeschluß von der Hauptversammlung als Gesamtdividende erklärt wird (ebnso Barz in Großkomm. Anm. 7). Anm. 6: Endlich ist noch eine weitere Vorsichtsmaßnahme getroffen worden. Der Absdilag darf nicht die Hälfte des vorjährigen Bilanzgewinns übersteigen. Hier handelt es sich also nicht etwa um den vorjährigen Jahresüberschuß (§ 1571 Posten 28), sondern um den Bilanzgewinn, dort Posten 32. 322

Gewinnverteilung

§§59/60 Anm. 6,7/1

Diese Bestimmung ist recht problematisch, denn sie geht einmal davon aus, daß die Ertragslage der Gesellschaft in gewissem Umfange konstant ist, zum anderen davon, daß die Rücklagenpolitik und damit die Feststellung des Bilanzgewinns eine grundsätzlich gleichbleibende ist. Diese Voraussetzungen scheint Lutter (in Kölner Komm. Anm. 11) als bei den Gesellschaften immer gegeben anzusehen, da er sich gegen unsere Formulierung, die Bestimmung sei problematisch, wendet. Gerade diese letztere ist ein Übel bei den deutschen Gesellschaften, da sie der Tatsache widerspricht, daß die Aktie eine Beteiligung an der Gesellschaft vermittelt und daß infolgedessen der Aktionär das Auf und Ab am Schicksal seiner Gesellschaft mitzutragen hat. Dennoch hat man sich entschlossen, diese im Regierungsentwurf vorgeschlagene Bestimmung beizubehalten, weil sie wohl in der Praxis tatsächlich eine weitere Sicherung gegen leichtsinnige Abschlagszahlung darstellt. Anm. 7: Bei Verstoß haften Vorstand und Aufsichtsrat nach §§ 93, 116, der Aktionär nach § 62. Ein gutgläubiger Aktionär ist durch § 62 I S. 2 auch dann geschützt, wenn sich später herausstellt, daß der verteilungsfähige Bilanzgewinn die Abschlagszahlung nicht erreicht (B.-H. Rn. 8). § 60 Gewinnverteilung (1) Die Anteile der Aktionäre am Gewinn bestimmen sich nach dem Verhältnis der Aktiennennbeträge. (2) Sind die Einlagen auf das Grundkapital nicht auf alle Aktien in demselben Verhältnis geleistet, so erhalten die Aktionäre aus dem verteilbaren Gewinn vorweg einen Betrag von vier vom Hundert der geleisteten Einlagen. Reidit der Gewinn dazu nicht aus, so bestimmt sich der Betrag nach einem entsprechend niedrigeren Satz. Einlagen, die im Laufe des Geschäftsjahrs geleistet wurden, werden nach dem Verhältnis der Zeit berücksichtigt, die seit der Leistung verstrichen ist. (3) Die Satzung kann eine andere Art der Gewinnverteilung bestimmen. Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt die Bestimmungen des § 53 AktG 37 mit der Maßgabe, daß sie klarstellt, daß es sich um die Anteile „der Aktionäre" am Gewinn handelt. Es gibt auch noch andere am Gewinn beteiligte Personen, deren Rechte werden hier nicht geregelt (vgl. hierüber § 58 Anm. 8). Da nach Absatz 3 die Satzung eine andere Art der Gewinnverteilung bestimmen kann und dies vielfach geschieht, haben die Bestimmungen der Absätze 1 und 2 nur die Bedeutung, daß sie gültig sind, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt. Wichtig ist jedoch, daß nur die Satzung etwas anderes bestimmen kann, nicht etwa die Hauptversammlung. Diese ist an 323

§§ 60/61

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Anm. 1—5 Satzung und, wenn diese nidits besonderes bestimmt, an das Gesetz gebunden. Abweichendes kann sie nicht beschließen. Bestritten ist, ob durch eine nachträgliche Satzungsänderung der Verteilungsmaßstab für bereits ausgegebene Aktien verändert werden kann. Wir sind der Auffassung, daß dies nur möglich ist, wenn es gleichmäßig für alle oder anläßlich einer Kapitalerhöhung für das Verhältnis der neuen zu den alten Aktien geschieht. Im übrigen würde die mit einer solchen Änderung notwendig verbundene Benachteiligung eines Teils der Aktionäre den Beschluß anfechtbar machen. Anm. 2: Die Satzung kann verschiedene Aktiengattungen (§ 11), z. B. Vorzugsaktien, schaffen, indem sie der einen Gattungsart Vorzugsrechte einräumt oder ihre Rechte beschränkt oder mit dem Vorzug eine Beschränkung verbindet, auch von dem Nennbetrag als Verteilungsgrundlage abgehen, wie es vielfach bei den Nebenleistungsgesellschaften geschieht. Sie kann voll und nicht voll eingezahlte Aktien wegen des gleichen Risikos einander gleichstellen oder statt von den Nennbeträgen oder den Einlagen (Einzahlungen) auf diese von der gesamten Einlage (Nennbetrag plus Aufgeld) ausgehen. Anm. 3: Kommen, weil die Satzung nichts anderes bestimmt, die Absätze 1 und 2 zum Zuge, so ist der Nennbetrag maßgebend, nicht die Höhe der Einlage (auf den Nennbetrag eingezahlter Betrag zuzüglich Aufgeld). Die einzelnen Emissionen sind einander also gleichgestellt, auch wenn der Ausgabebetrag verschieden hoch war. Sind aber nicht alle Einlagen voll eingezahlt, so wird auf die Einzahlungen, welche auf das Grundkapital (nicht auf das Aufgeld) geleistet worden sind, eine Vordividende von 4 °/o nach Maßgabe der Höhe und des Zeitpunktes der Zahlung vorweg ausgeschüttet. Anm. 4: Absatz 2 greift bereits Platz, wenn nur ein Aktionär die Einlage nicht voll eingezahlt hat. Unter Einlagen sind auch Sacheinlagen zu verstehen, bei denen sich der Hundertsatz nach der Bewertung der Sacheinlage richtet. Anm. 5: Junge, vollbezahlte Aktien, die im Laufe des Geschäftsjahres ausgegeben wurden, nehmen am Gewinn voll teil. Das ist Auslegungsfrage, aber zu bejahen, sofern der Kapitalerhöhungsbeschluß nidits bestimmt (a. A. die h. L.; vgl. Barz in Großkomm. Anm. 5). Im übrigen hat diese Frage infolge der im allgemeinen erfolgenden Regelung im Kapitalerhöhungsbeschluß nur theoretische Bedeutung. § 61 Vergütung von Nebenleistungen Für wiederkehrende Leistungen, zu denen Aktionäre nach der Satzung neben den Einlagen auf das Grundkapital verpflichtet sind, darf eine den 324

Vergütung von Nebenleistungen

§61 Anm. 1—4

Wert der Leistungen nicht übersteigende Vergütung ohne Rücksicht darauf gezahlt werden, ob ein Bilanzgewinn ausgewiesen wird.

Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt sachlich die Bestimmung des § 55 AktG 37 mit der Maßgabe, daß entsprechend der neuen Terminologie des neuen Gesetzes nicht mehr von einem sich aus der Jahresbilanz ergebenden Reingewinn die Rede ist, sondern von dem Bilanzgewinn. Anm. 2: Grundsätzlich (§ 58 IV) darf an die Aktionäre, außer nach Beendigung der Abwicklung und Ablauf des Sperrjahres (§ 272), nur der Bilanzgewinn ausgezahlt werden. Eine echte Ausnahme enthält § 57 III, der Zahlung von Zinsen im Vorbereitungszeitraum unter gewissen Voraussetzungen zuläßt. Schließlich kann man noch in gewissem Umfang als Ausnahme die neue Bestimmung des § 59 ansehen, die Abschlagszahlungen auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn zuläßt. Bei der Bestimmung des § 61 handelt es sich aber um Zahlungen, die auch dann geleistet werden dürfen, wenn ein Bilanzgewinn nicht ausgewiesen wird. Es handelt sich auch in der Tat nicht um irgendwelche Gewinnausschüttung, sondern um einen Leistungsaustausch. Zwischen A G und Aktionär als Drittem nach allgemein bürgerlichrechtlichen Vorschriften ist das selbstverständlich. Aber auch soweit ausnahmsweise Aktionäre als solche zu Nebenleistungen über die Einlage hinaus verpflichtet werden (§ 55), darf ihnen die A G dafür eine Vergütung zahlen und auch zusagen. Eine eigentliche Ausnahme von dem Grundsatz ist dies nicht, denn die Vergütung darf nicht mehr betragen, als den Wert der Aktionärsleistung im Zeitpunkt ihrer Entrichtung, nicht mehr als den Marktpreis oder was die Gesellschaft auch einem Dritten bezahlen würde. Die bedingungslose Zusage einer bestimmten Vergütung ist daher unzulässig oder richtiger, u. U. unerfüllbar. Eine Überzahlung der Gesellschaft hat die Folge des § 62. Über die Bestimmung der Vergütung s. Anm. 7 zu § 55. Anm. 3: Es handelt sich hier um einen Leistungsaustausch im Rahmen gesellschaftlicher Pflichten und Rechte, nicht um Kauf und Verkauf. Der Anspruch auf die Vergütung ist daher ein gesellschaftliches Recht, wird aber nach herrschender Ansicht, wenn der Aktionär seine Leistung vollbracht hat, zum Gläubigerrecht, das der Verbandsgewalt entzogen ist und im Konkurs der Gesellschaft geltend gemacht werden kann, auch nicht mehr an der Aktie haftet, sondern dem Aktionär, der seinerseits geleistet hat, persönlich zusteht. Audi für den Anspruch auf zusätzliche Vergütung aus dem Bilanzgewinn nehmen wir dies an, jedoch entsteht dieser Anspruch erst nach dem Gewinnverwendungsbeschluß und ist bis dahin nur eine Anwartschaft. Anm. 4: D a es sich nicht um einen Anspruch aus gegenseitigem Vertrag, sondern um ein Mitgliedschaftsrecht handelt, welches um der Erfüllung einer 325

§§ 61/62 Anm. 4 , 5

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Mitgliedsdiaftspflicht willen gewährt wird, sind die Vorschriften der §§ 320 ff. BGB nicht unmittelbar, immerhin aber teilweise entsprechend anwendbar. So ist entsprechend anwendbar § 320 BGB, wenn nicht die Satzung eine Vorleistungspflicht des Aktionärs begründet. Letzteres wird immer auf eine Fruchtanbaupflicht zutreffen. Schadenersatzansprüche des Aktionärs bei Nichtannahme seiner Lieferung und Nichtbewirkung der Gegenleistung (obwohl z. B. er der Anbaupflicht genügt hat) können wegen Mindererlöses nur dann bestehen, wenn er beim Deckungsverkauf weniger als den Marktpreis erzielt, weil die Gesellschaft mehr als diesen nicht hätte bezahlen dürfen. Dagegen kann der Aktionär, davon abgesehen, jeden Schaden geltend machen, obwohl die Gesellschaft dadurch eine Leistung bewirken muß, für welche sie keine Gegenleistung erhalten hat, denn aus der gesellschaftlichen Natur des Aktionärsansprudies folgt nicht, daß er wegen dessen Verletzung nicht Schadenersatz fordern dürfte. Ebenso verbleibt ihm der Anspruch auf zusätzliche Vergütung aus dem Bilanzgewinn auch wegen einer solchen infolge Gläubiger- oder Schuldnerverzugs der Gesellschaft nicht bewirkten Leistung (vgl. auch Barz in Großkomm. Anm. 6). Anm. 5: Eine zusätzliche Vergütung aus dem Bilanzgewinn kann gezahlt werden (§ 60 III), aber nur nach den Vorschriften über die Verteilung des Bilanzgewinns, setzt also einen geprüften Abschluß und einen Beschluß der Hauptversammlung voraus, ohne den der Anspruch nicht entsteht.

§ 62 Haftung der Aktionäre beim Empfang verbotener Leistungen (1) Die Aktionäre haben der Gesellschaft Leistungen, die sie entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes von ihr empfangen haben, zurückzugewähren. Haben sie Beträge als Gewinnanteile oder Zinsen bezogen, so besteht die Verpflichtung nur, wenn sie wußten oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wußten, daß sie zum Bezüge nicht berechtigt waren. Ist streitig, ob die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen, so trifft die Beweislast die Aktionäre. (2) Der Anspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Konkursverwalter das Recht der Gesellschaftsgläubiger gegen die Aktionäre aus. (3) Die Ansprüche nach diesen Vorschriften verjähren in fünf Jahren seit dem Empfang der Leistung. 326

Haftung der Aktionäre beim Empfang verbotener Leistungen I. Übersicht (Anm. 1) II. Der Rückgewähranspruch 1. Haftungstatbestand (Anm. 2) 2. Anspruchsberechtigte (Anm. 3)

§ 62

Anm. 1,2

3. Der Haftende (Anm. 4) 4. Haftungsumfang (Anm. 5) 5. Einwendungen und Einreden (Anm. 6 u. 7)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift regelt die Haftung der Aktionäre beim Empfang verbotener Zahlungen im Endergebnis so, wie es im bisherigen Recht § 56 AktG 37 tat. Der Aufbau der Bestimmungen ist aber ein grundsätzlich anderer. Während im bisherigen § 56 die primäre Pflicht der Aktionäre, das zu Unredit Empfangene der Gesellschaft zurückzugewähren, überhaupt nicht ausdrücklich ausgesprochen war, geschieht dies jetzt in der neuen Bestimmung in Absatz 1 Satz 1. Dieser Satz 1 bezieht sich auf alle Leistungen, die Aktionäre von der Gesellschaft entgegen gesetzlichen Vorschriften empfangen haben. Der Aktionär kann sich im allgemeinen nicht auf guten Glauben beim Erwerb berufen. N u r in einem Ausnahmefall ist dies möglich, nämlich dann, wenn die Beträge, die er erhalten hat, aus Gewinnanteilen oder Zinsen bezogen wurden. Dann entfällt die Verpflichtung zur Rückgewähr, wenn der Aktionär beim Empfang gutgläubig war. Für diesen seinen guten Glauben ist er jedoch beweispflichtig. Diese Regelung entspricht der bisherigen Rechtslage, kam aber im § 56 AktG 37 nicht recht zum Ausdruck, da lediglich im Absatz 3 bestimmt war, daß die Gesellschaft Beträge nicht zurückfordern kann, die Aktionäre in gutem Glauben als Gewinnanteile oder Zinsen bezogen haben. Es war weder geregelt, wie es mit den Beträgen sein sollte, die nicht als Gewinnanteile oder Zinsen bezogen wurden, noch die Frage, wer die Beweislast dafür trägt, daß die Aktionäre die Beträge in gutem Glauben als Gewinnanteile oder Zinsen bezogen haben. Das ist jetzt im Absatz 1 der neuen Vorschrift eindeutig klargestellt. II. Der Rückgewähranspruch 1. Haftungstatbestand Anm. 2: Tatbestand ist, daß entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes eine Leistung — das kann eine Zahlung oder etwas anderes sein — aus dem Vermögen der Gesellschaft empfangen worden ist. Unter diesen Vorschriften sind zu verstehen §§ 58, 60, 61, 71 II S. 2; §§ 150, 225 II; §§ 230,232, 233, 271 und 272 (vgl. die Erläuterungen hierzu). Auch eine übermäßige Vergütung an einen Großaktionär als Vorstandsmitglied fällt unter das Verbot, wenn die Vergütung an einen anderen, der nicht Großaktionär ist, nicht in gleicher Höhe gewährt worden wäre (B.-H. Rn. 1; Kölner Komm. Anm. 11). Daß die Gesetzesverletzung die KapitalzifFer angreife, ist nicht Voraussetzung der Folge des § 62. Daher werden audi Zahlungen aus Gewinn be327

§ 62

Anm. 2,3

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

troffen, wenn sie nicht von der Hauptversammlung beschlossen wurden, z. B. versteckter Gewinn, ebenso die vorzeitige Auszahlung des das Grundkapital übersteigenden Teils des Abwicklungsüberschusses. Der Anspruch der Gesellschaft auf Rückgewähr des Empfangenen besteht nur, wenn zwingende Gesetzesvorsdiriften verletzt sind. Das entspricht der bereits nach dem bisherigen Recht herrschenden Ansicht. Die Auffassung, daß auch die Verletzung von nachgiebigem Gesetzesrecht und von Satzungsbestimmungen zu einem Anspruch der Gesellschaft auf Rückgewähr des Empfangenen führen kann, ist nach der neuen Formulierung nicht mehr aufrechtzuerhalten (i. Ergebnis ebenso Barz in Großkomm. Anm. 4). Lediglich wenn die Leistung auf einer Satzungsbestimmung beruht, die ihrerseits gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt und damit nichtig ist, kann ein Anspruch auf Rückgewähr der Leistung entstehen. Unerheblich ist, ob es den Gesellschaftsorganen bewußt war, durch die Leistung gegen Vorschriften des Gesetzes verstoßen zu haben. 2.

Ansprucbsberechtigte

Anm. 3: Der Ersatzanspruch kann nicht nur von der Gesellschaft, sondern auch von den Gesellschaftsgläubigern geltend gemacht werden, von letzteren jedoch nur subsidiär, d. h., wenn und soweit sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen. Die Vorschrift ist der des § 93, der sich mit den Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder befaßt, nachgebildet. Der Gläubiger muß beweisen, daß er von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen kann. Dazu braucht er jedoch nicht fruchtlose Zwangsvollstreckung oder nur Klageerhebung nachzuweisen. Da der Gläubiger einen Anspruch der Gesellschaft nicht etwa aus einer gegen ihn gerichteten unerlaubten Handlung auf Schadenersatz geltend macht, kommt es nicht darauf an, wann seine Forderung entstanden ist, ob vor oder nach der gesetzeswidrigen Leistung an den Aktionär. Die Sachlegitimation des Gläubigers wird durch die Höhe seiner Forderung begrenzt. Außerdem kann er nicht mehr geltend machen, als die gesetzwidrige Leistung der Gesellschaft an den Aktionär ausmacht. Die Haftung gegenüber den Gläubigern wird hier einzigartig ausgestaltet, in der Form einer auch dem Umfang nach bedingten Sachbefugnis der Gläubiger selbst, den Anspruch der Gesellschaft geltend zu machen, um sich daraus zu befriedigen, indem der Gläubiger Zahlung an sich verlangt (ebenso B.-H. Rn. 11; a. A. Kölner Komm. Anm. 28). Dadurch wird vermieden, daß die Gesellschaft den Anspruch unter den Tisch fallen lassen kann. Da dabei ein Anspruch der Gesellschaft geltend gemacht wird, hat diese Befugnis jeder Gläubiger, da jedem das Gesellschaftsvermögen haftet, auch ein späterer. Bei mehreren Gläubigern handelt es sich um eine Sachbefugnis mehrerer Einzelgläubiger, nicht um eine Gesamtgläubigerschaft nach §§428 ff. BGB (falsch, aber nur beiläufig R G 74, 472; 328

Haftung der Aktionäre beim Empfang verbotener Leistungen

§ 62 Anm. 3,4

Schi.-Qu. § 56 Anm. 19, 22; wie hier B.-H. Rn. 11; Ritter § 56 Anm. 9). Audi die Gesellschaft selbst bleibt aktiv legitimiert. Folgerichtig kann zwar bis zur Tilgung an die Gesellschaft selbst — dies kann der Gläubiger verhindern, indem er den Anspruch pfändet und sich überweisen läßt — und jeden Gläubiger — an einen solchen jedoch nur, wenn die Voraussetzung seiner Legitimation, Insolvenz der Gesellschaft, vorliegt (weitergehend B.-H. Rn. 11) — gezahlt werden (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 9), begründet aber die Erhebung der Klage durch die Gesellschaft oder einen Gläubiger für den Beklagten gegen jede weitere Klage die Einrede der Rechtshängigkeit (bzw. rechtskräftig entschiedene Sache). Im Konkurs der Gesellschaft übt der Konkursverwalter das Recht der Gesellschaftsgläubiger an deren Stelle aus. Diese sind während der Dauer des Verfahrens von der Geltendmachung ausgeschlossen, auch wenn der Konkursverwalter den Anspruch aus der Haftung nicht erhebt. Die Meinung, daß der Konkursverwalter das zur Masse gehörige Recht der Gesellschaft ausübe, ist unbedenklich. Nach RG in J W 35, 3301 kann aber der Konkursverwalter auch in den schwebenden Rechtsstreit eines Gläubigers eintreten und wird dann dessen Rechtsnachfolger im Sinne des § 325 ZPO (ebenso Kölner Komm. Anm. 33). 3. Der Haftende Anm. 4: Der Anspruch auf Rüdkgewähr der empfangenen Leistung richtet sich gegen den Aktionär als solchen, also nicht, wenn er etwa der Gesellschaft beim Empfang der Leistung als Dritter gegenüberstand. Der Anspruch ist deshalb gesellschaftsrechtlicher Natur, er ist ein Ausfluß des Grundgedankens, daß unter allen Umständen das Grundkapital erhalten bleiben muß und keine Zahlungen irgendwelcher Art an die Aktionäre als solche geleistet werden dürfen, soweit dies nicht vom Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Gegenüber dem Anspruch der Gesellschaft kann nicht etwa eingewendet werden, der Empfänger sei nicht mehr bereichert. Außer dem gesellschaftsrechtlichen Charakter des Anspruches wurde schon nach dem bisherigen Recht gefolgert, daß eine Befreiung der Aktionäre von ihrer Leistungspflicht auch in diesem Falle nach dem § 60 AktG 37 nicht möglich sei. Heute ist im § 66 II dies ausdrücklich bestimmt. Es kann weder eine Befreiung der Aktionäre von ihren Leistungspflichten stattfinden, noch können die Aktionäre gegen eine Forderung der Gesellschaft auf Rückgewähr des verbotswidrig Empfangenen aufrechnen. Die Verpflichtung zur Rückgewähr trifft nicht den jeweiligen Aktionär, also nicht den späteren Erwerber der Aktie, sondern nur den Empfänger der unstatthaften Leistung (Kölner Komm. Anm. 7). Ist der Aktionär eine juristische Person, deren Anteile sämtlich einer Person zustehen, so ist diese mit dem Aktionär zu identifizieren. 329

§ 62 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 4—6 Die bisher umstrittene Frage, ob der Inhaber eines Dividendenscheines als solcher haftet, ist nunmehr durch die Neuformulierung, die dahingeht, daß die Aktionäre die zu Unrecht empfangenen Leistungen der Gesellschaft zurückzugewähren haben, dahin geklärt, daß diese ausschließlich nach der Sonderbestimmung des § 62 haften, nicht aber Dividendenscheininhaber, soweit diese nicht Aktionäre sind (B.-H. Rn. 8; Barz in Großkomm. Anm. 2). Gewinnanteilsberechtigte Vorstandsmitglieder oder Angestellte, welche zu Unrecht einen Gewinnanteil empfangen haben, sind ausschließlich nach den §§ 812 ff. BGB, evtl. § 826 BGB rückgabepflichtig und haften den Gläubigern wegen ihrer eigenen Empfänge nicht, jedenfalls nicht aus § 62, evtl. aber aus § 93. 4. Haftungsumfang Anm. 5: Der Umfang der Haftung wird begrenzt durch das Empfangene. Was mit den empfangenen Leistungen geschieht, ist gleichgültig. Es kommt demnach nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme noch eine Bereicherung vorliegt. Es handelt sich praktisch um eine Werthaftung. 5. Einwendungen und Einreden Anm. 6: Der Empfänger haftet nur für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, er kann daher seine Haftung mit allen Einwendungen und Einreden bekämpfen, welche die Gesellschaft der Forderung entgegensetzen könnte. Man wird dem Empfänger auch wie dem Bürgen (§ 770 BGB) eine Einrede aus einer Anfechtungs- oHer Aufrechnungsbefugnis der Gesellschaft zugestehen müssen. Auch die Einrede der Verjährung der Forderung, derentwillen seine Haftung in Anspruch genommen wird, kann der Empfänger geltend machen. Da der Gläubiger mit der Klage einerseits den Anspruch der Gesellschaft andererseits auch seinen Anspruch gegenüber der Gesellschaft geltend macht, wird durch die Erhebung der Klage die Verjährung auch zu Gunsten der Gesellschaft unterbrochen (ebenso Kölner Komm. Anm. 36; a. A. die Voraufl.; Barz in Großkomm. Anm. 12). Die Verjährung tritt nach 5 Jahren seit dem unzulässigen Empfang ein. Die bisher im Schrifttum vielfach vertretene Meinung, daß diese Verjährungsfrist nicht für den Anspruch der Gesellschaft auf Rückgewähr der empfangenen Leistung gilt, kann nach der jetzigen Formulierung der Vorschrift nicht mehr aufrechterhalten werden, denn es ist klargestellt, daß es sich immer um einen Anspruch der Gesellschaft auf Rückgewähr der empfangenen Leistung handelt, auch wenn dieser entsprechend der Bestimmung des Abs. 2 von einem Gläubiger geltend gemacht wird. Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß die Verjährungsbestimmung des Abs. 3 sich auf diesen Anspruch der Gesellschaft bezieht, gleichgültig, ob er von der Gesellschaft selbst oder einem Gläubiger geltend gemacht wird. 330

Folgen nicht rechtzeitiger Einzahlung

§§

62/63

Anm.7/1

Anm. 7: Der Rückgewähranspruch gelangt nicht zur Entstehung, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 S. 2 vorliegen, d. h., wenn das Empfangene als Gewinnanteil oder Zinsen bezogen wurde und der Aktionär gutgläubig war. Im Einzelfall kann es zweifelhaft sein, ob die Beträge, die die Aktionäre empfangen haben, aus Gewinnanteilscheinen oder Zinsen bezogen wurden oder ob es sich um Leistungen der Gesellschaft anderer Art handelt. Für diese Fälle trifft den Aktionär die Beweislast ebenso wie dafür, daß er nicht wußte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wußte, daß er zum Bezug der Beträge nicht berechtigt war. Leichte Fahrlässigkeit schadet nichts. § 63 Folgen nidit rechtzeitiger Einzahlung (1) Die Aktionäre haben die Einlagen nach Aufforderung durch den Vorstand einzuzahlen. Die Aufforderung ist, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, in den Gesellsdiaftsblättern bekanntzumachen. (2) Aktionäre, die den eingeforderten Betrag nidit rechtzeitig einzahlen, haben ihn vom Eintritt der Fälligkeit an mit fünf vom Hundert für das Jahr zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. (3) Für den Fall nicht rechtzeitiger Einzahlung kann die Satzung Vertragsstrafen festsetzen. I. Ubersicht (Anm. 1) II. Einiageforderung 1. Voraussetzungen (Anm. 2) 2. Gleichmäßige Einforderung gleicher Gattungen (Anm. 3) 3. A r t der Einforderung (Anm. 4) III. Der aufzufordernde Aktionär (Anm. 5) IV. Verpflichtungen neben der Einlage 1. Arten der Verpflichtungen

a) Zinsen (Anm. 6) b) Weiterer Schadensersatz (Anm. 7) c) Vertragsstrafe (Anm. 8) 2. Behandlung der Ansprüche durch die Gesellschaft (Anm. 9) 3. Schuldner der Verpflichtungen (Anm. 10) V. Die Ansprüche im Konkurs (Anm. 11)

I. Übersicht Anm. 1: § 63 übernimmt die Vorschrift des § 57 AktG 37 mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß die Einforderung durch den Vorstand zu erfolgen hat. Damit ist eine nach früherem Recht bestehende Zweifelsfrage geklärt. Eine sprachliche Änderung ist in Absatz 2 vorgenommen worden, um diesen dem § 288 II BGB anzupassen. Die §§ 63 und 64 behandeln die Einforderung der Geldeinlagen und die Folgen der Säumnis. § 64 setzt die Haftung des Rechtsvorgängers, Voraussetzungen und Art und Weise ihrer Geltendmachung fest. 331

§ 63

Anm. 2—5

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

II. Einlageforderung 1. Voraussetzungen Anm. 2: Voraussetzung der Fälligkeit der Einzahlung ist die Einforderung. Bis dahin hat der Aktionär auch kein Recht zu leisten. Die Einforderung muß ausdrücklich erfolgen und kann nicht durch Festsetzung bestimmter Kalendertage in der Satzung ersetzt werden (h. A.; B.-H. Rn. 8 und 9; Kölner Komm. Anm. 11). Das hindert nicht, daß die Satzung bestimmen kann, zu •welchem Zeitpunkt einzufordern ist. Die Einforderung muß jedoch trotzdem ausdrücklich durch den Vorstand erfolgen. Der Gesetzgeber hat dies nunmehr in Abs. 1 S. 1 ausdrücklich angeordnet. 2. Gleichmäßige Einforderung gleicher Gattungen Anm. 3: Die Einforderung muß auf alle Aktien derselben Emission auch verschiedener Aktiengattungen, wenn der Gattungsunterschied nicht gerade darin besteht, gleichmäßig ergehen, anderenfalls der einzelne Aktionär ein Zahlungsverweigerungsrecht hat. Die abweichende Ansicht des RG 85, 366 wird einhellig abgelehnt. Wird die Einlageforderung abgetreten, ver- oder gepfändet, verbleibt die Zuständigkeit zur Einforderung der Gesellschaft. Der eingeforderte Betrag kann nur ein Geldbetrag sein. Auf Sachleistungen findet § 63 keine Anwendung. 3. Art der Einforderung Anm. 4: Maßgebend für die Art der Einforderung ist die Satzung. Das braucht nicht die ursprüngliche Satzung zu sein, auch Abänderungen sind zulässig. Enthält die Satzung keine Bestimmungen, so geschieht die Einforderung wie die Bekanntmachungen der Gesellschaft. Darüber muß die Satzung nach § 23 IV Bestimmungen enthalten. Regelmäßig erfolgt sie durch Einrücken in die Gesellschaftsblätter, insbesondere den Bundesanzeiger (§ 25). Die Aufforderung, die Einzahlung der Einlage zu leisten, ist keine Mahnung im Sinne des § 284 I BGB, deshalb muß in allen Fällen, in denen Verzug des Aktionärs Voraussetzung des Anspruchs ist (vgl. Anm. 7 und 8), eine individuelle Mahnung hinzukommen, wenn sie nicht nach § 284 BGB überflüssig ist. III. Der aufzufordernde Aktionär Anm. i: Da nicht vollbezahlte Aktien nicht als Inhaberaktien ausgegeben werden dürfen, kommen für die §§ 63 bis 65 nur auf den Namen lautende Aktien oder Interimsscheine in Frage, aus denen zu ersehen ist, daß die Urkunden vor der vollen Zahlung der Einlage ausgegeben wurden. In allen Fällen gilt derjenige als Aktionär, der an dem Tag, an dem die Einzahlung gemäß der Einforderung fällig wird, im Aktienbuch als solcher eingetragen 332

Folgen nicht rechtzeitiger Einzahlung

§63

Anm. 5—8

ist. Sind trotz des Verbots nicht vollbezahlte Inhaberaktien ausgegeben worden, so haftet der Inhaber nicht nach den Bestimmungen der §§ 63 bis 65 (KG in J W 27, 2434; s. Anm. 5 zu § 54). Eine Einschränkung gilt allerdings insoweit, als der Erwerber bösgläubig war, d. h. wußte, daß Inhaberaktien entgegen dem Verbot ausgegeben waren und die Aktien noch nicht voll bezahlt waren (ebenso B.-H. Rn. 4; Kölner Komm. Anm. 10). Das gleiche gilt bei Namensaktien, bei denen der Betrag der Teilleistung nidit auf der Urkunde vermerkt ist (§ 10 II S. 2). IV. Verpflichtungen neben der Einlage 1. Arten der Verpflichtungen a) Zinsen Anm. 6: Die Zinsen, die der säumige Aktionär zu zahlen hat, sind gesetzliche Zinsen, nicht aber Verzugszinsen. Ein Verschulden des Aktionärs wird ebensowenig vorausgesetzt wie eine Mahnung. Die Höhe der Zinsen beträgt 5 % . In Abweichung von der Voraufl. ist mit der h. L. (B.-H. Rn. 11; Kölner Komm. Anm. 18; Barz in Großkomm. Anm. 8) festzustellen, daß in der Satzung ein anderer Zinssatz nicht bestimmt werden kann, weil Abs. 2 die Frage abschließend regelt und gemäß § 23 V abweichende Satzungsbestimmungen dann nicht zulässig sind. Dies gilt uneingeschränkt für einen etwa in der Satzung vorhandenen niedrigeren Zinssatz. Ein höherer kann jedenfalls nicht mit der Wirkung vereinbart werden, daß er auch ohne Verzug des Aktionärs geltend gemacht werden könnte. Vielmehr ist eine solche Bestimmung allenfalls als Vertragsstrafe aufrechtzuerhalten, die Verzug voraussetzt. Die Zinsen laufen bis zur Zahlung oder bis zum Ausschluß (siehe §§ 64 und 65). b) Weiterer Schadenersatz Anm. 7: Während der säumige Aktionär 5 °/o Zinsen auch ohne Mahnung und ohne Verschulden vom Fälligkeitstage an zahlen muß, kann ein weiterer Schadensersatz von ihm nur verlangt werden, wenn die allgemeinen Voraussetzungen des Verzugs vorliegen (s. Anm. 4). Liegen diese vor, so kann der weitergehende Schaden geltend gemacht werden, ohne daß es einer besonderen Satzungsbestimmung bedarf. c) Vertragsstrafe Anm. 8: Die Satzung, und zwar die ursprüngliche oder diejenige, die zur Zeit der Aktienzeichnung gültig war (im Ergebnis ebenso Barz in Großkomm. Anm. 9; a. A. Teichmann-Köhler Anm. 3), kann für den Fall unpünktlicher Einzahlung der Einlage eine Vertragsstrafe festsetzen. Es ist anzunehmen, daß das Gesetz eine solche im Sinne des BGB im Auge hat, so daß die §§ 339 ff. BGB, §§ 348, 351 HGB anzuwenden sind. Auch hier ist deshalb Verzug (s. Anm. 4) des säumigen Aktionärs Voraussetzung der Vertrags333

§ 63

Anm. 8—11

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

strafe (§ 339 BGB). Daneben können Zinsen nadi Abs. 2 und Schadenersatz verlangt werden, ohne daß die Satzung beides nebeneinander vorsehen müßte (ebenso B G H in N J W 1963,1197; Kölner Komm. Anm. 25; jetzt auch Barz in Großkomm. Anm. 10; a. A. Schlegelberger-Qu. § 57 Anm. 7; B.-H, Rn. 13). Nidit zulässig ist es, anstelle der Einzahlung f ü r den Fall der Nichtzahlung eine Vertragsstrafe vorzusehen, weil dies einen Verzicht auf die Einlage bedeuten würde. Die Vertragsstrafe kann nach § 339 BGB in einer bestimmten Geldsumme, aber auch nach § 342 BGB in jeder anderen Leistung bestehen, welche nicht mit zwingenden aktienrechtlichen Vorschriften unvereinbar ist (wie etwa eine Schmälerung der Mitgliedsrechte, z. B. Stimmrecht, Gewinnrecht). 2. Behandlung der Ansprüche durch die Gesellschaft Anm. 9: Zinsen, Schadenersatzanspruch und Vertragsstrafe gehören nicht zur Einlage, also nicht zum gebundenen Vermögen, sind daher als Gewinn verteilbar, verzieht- und erlaßbar und ohne Einschränkung abtretbar, p f ä n d bar und verpfändbar. § 66 ist darauf nach seinem eigenen Wortlaut nicht anzuwenden. Ebenso ist unter dem rüdeständigen Betrag, f ü r den nach § 65 der Rechtsvorgänger haftet, wie aus § 64 IV und I I I ersichtlich, nur die nicht entrichtete eingeforderte Einzahlung, also nicht der Betrag des Anspruchs auf Zinsen, Schadenersatz, Vertragsstrafe zu verstehen. D a f ü r haftet also der Rechtsvorgänger nicht. 3. Schuldner der Verpflichtungen Anm. 10: Einzahlungspflichtig ist der jeweilige Aktionär, nicht nur bei Inhaber- und Namensaktien, sondern auch unbeurkundeten Aktien (über gutgläubigen Erwerb anscheinend voll bezahlter Aktien s. Anm. 5 zu § 54). Der jeweilige Aktionär ist auch zur Bezahlung der Zinsen aus § 63 verpflichtet, welche während der Berechtigung seines Vorgängers aufgelaufen sind, denn auch dabei handelt es sich um einen objektiven Entstehungsgrund. Dagegen nehmen wir nicht an, daß der Erwerber der Aktien verpflichtet ist, den infolge des Verzugs seines Rechtsvorgängers entstandenen Anspruch auf Schadenersatz oder Vertragsstrafe zu erfüllen hat (zustimmend Barz in Großkomm. Anm. 12; Kölner Komm. Anm. 4 u. 9), denn hierfür ist ein individuelles subjektives, in der Person des Vorgängers vorliegendes Moment bestimmend. An diesen mag sich die Gesellschaft ausschließlich halten. Der Nachfolger ist zu Schadenersatz und Vertragsstrafe nur verpflichtet, wenn er selbst in Verzug gerät. V. Die Ansprüche im Konkurs Anm. 11: Die Gesellschaft kann ihre Ansprüche aus § 63 auch im Konkurs des Aktionärs geltend machen, § 17 K O ist nidit anwendbar. Es handelt sich 334

Ausschluß säumiger Aktionäre

§§63/64 Anm. 11/1

um eine gewöhnliche Konkursforderung. Die Zinsen können nur bis zur Konkurseröffnung verlangt werden. Durch Zahlung der Konkursdividende entsteht kein Anspruch auf Aushändigung der Aktie. § 64

Ausschluß säumiger Aktionäre (1) Aktionären, die den eingeforderten Betrag nicht rechtzeitig einzahlen, kann eine Nachfrist mit der Androhung gesetzt werden, daß sie nach Fristablauf ihrer Aktien und der geleisteten Einzahlungen für verlustig erklärt werden. (2) Die Nachfrist muß dreimal in den Gesellschaftsblättern bekanntgemadit werden. Die erste Bekanntmachung muß mindestens drei Monate, die letzte mindestens einen Monat vor Fristablauf ergehen. Zwischen den einzelnen Bekanntmachungen muß ein Zeitraum von mindestens drei Wochen liegen. Ist die Übertragung der Aktien an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden, so genügt an Stelle der öffentlichen Bekanntmachungen die einmalige Einzelaufforderung an die säumigen Aktionäre; dabei muß eine Nachfrist gewährt werden, die mindestens einen Monat seit dem Empfang der Aufforderung beträgt. (3) Aktionäre, die den eingeforderten Betrag trotzdem nicht zahlen, werden durch Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern ihrer Aktien und der geleisteten Einzahlungen zugunsten der Gesellschaft für verlustig erklärt. In der Bekanntmachung sind die für verlustig erklärten Aktien mit ihren Unterscheidungsmerkmalen anzugeben. (4) An Stelle der alten Urkunden werden neue ausgegeben; diese haben außer den geleisteten Teilzahlungen den rückständigen Betrag anzugeben. Für den Ausfall der Gesellschaft an diesem Betrag oder an den später eingeforderten Beträgen haftet ihr der ausgeschlossene Aktionär. I. Übersicht (Anm. 1 u. 2) II. Mögliche Ausschlußgründe (Anm. 3) III. Nachfrist für säumige Aktionäre 1. Keine Verpflichtung für die Gesellschaft (Anm. 4) 2. Androhung des Ausschlusses (Anm. 5) 3. Bekanntmachung der Nachfrist (Anm. 6 u. 7)

IV. Ausschluß des Aktionärs 1. Erklärung und Wirkung des Ausschlusses (Anm. 8) 2. Schicksal der Aktienurkunde (Anm. 9) V. Haftung des ausgeschlossenen Aktionärs (Anm. 10) VI. Fehlerhaftes Ausschlußverfahren (Anm. 11)

I. Übersicht Anm. 1: § 64 übernimmt die bisherige Vorschrift des § 58 AktG 37 mit zwei Änderungen: 335

§ 64

Anm. 1—3

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Nach Absatz 2 Satz 3 muß muß zwischen den einzelnen Bekanntmachungen ein Zeitraum von 3 Wochen liegen (s. Anm. 6). Nach Absatz 3 Satz 2 müssen die Unterscheidungsmerkmale der für verlustig erklärten Aktien in der Bekanntmachung angegeben werden. Anm. 2: §§ 64 und 65 gehören eng zusammen, ersterer regelt das Ausschlußverfahren, audi das Kaduzierungsverfahren genannt, das gegen säumige Aktionäre eingeleitet werden kann und zum Verlust der Aktienrechte der Betreffenden führt. Daneben bleibt der Gesellschaft zwar nach allgemeinen Grundsätzen die Möglichkeit, mittels Klage und Zwangsvollstreckung vom säumigen Aktionär die Zahlung der Einlage zu erzwingen, solange der Ausschluß nicht erklärt ist, doch setzt die Geltendmachung der in § 65 angeordneten Haftung des Vormanns den Ausschluß des säumigen Aktionärs voraus, weil ersterer nur gegen Wiedereinsetzung in seine veräußerten Aktienrechte zahlungspflichtig ist. Um den Ausschluß durchzuführen, wenn ein Aktionär trotz ordnungsmäßiger Einforderung der Einlage, meist durch Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern (§ 63), innerhalb der darin festgesetzten Zeit nicht bezahlt hat, ist nach § 64 erforderlich: a) dreimalige Bekanntmachung einer neuen Aufforderung mit Bestimmung einer weiteren Nachfrist und Androhung, § 64 II; b) Ausschluß durch einmalige Erklärung in den Gesellschaftsblättern, § 64 III. Es reiht sich an die Ausstellung und Ausgabe einer neuen (Ersatz-)Urkunde. Daran reiht sich nach § 65: a) Zahlungsaufforderung an den früheren Aktionär und Benachrichtigung seines Vormannes, § 65 I, b) Verkauf der Aktien zum Börsenpreis oder durch öffentliche Versteigerung, § 65 III, wenn kein Vormann seiner Verpflichtung nachkommt, und endlich c) Geltendmachung des Ausfalles gegen den kaduzierten Aktionär, § 64 IV. Der Ausschluß trifft den Aktionär selbstverständlich auch dann, wenn er nicht im Aktienbuch (s. §§ 67 f.) eingetragen ist, also selbst nach § 68 von der Aktiengesellschaft nicht herangezogen werden kann, mag er die Urkunde besitzen oder nicht. II. Mögliche Ausschlußgründe Anm. 3: Die Bestimmungen der §§ 64 und 65 gelten nur für Bareinlagen, nicht für Sacheinlagen, sie können für solche auch nicht durch die Satzung eingeführt werden (herrschende Ansicht B.-H. Rn. 2, z. T. abweichend Ritter § 58 Anm. 2). Denn da vor Bewirkung der Sacheinlage kein Vormann des 336

Ausschluß säumiger Aktionaäre

§64

Anm. 3—5

Aktionärs vorhanden sein kann, der sie zu erfüllen hätte, und der Erwerber der verkauften Aktie nach § 65 III für die ausstehende Einlage überhaupt nidit haftet, so liefe die Kaduzierung darauf hinaus, daß die Sadieinlage in eine Geldforderung (Kaufpreis für die Aktie) und die Sacheinlageverpfliditung in die Ausfallhaftung, also eine Geldschuld umgewandelt würde (Barz in Großkomm. Anm. 2). §§ 64 und 65 gelten ferner nur für die Einlagen, nicht auch für Nebenforderungen, Zinsen, Vertragsstrafen (5 63), auch nidit für etwaige Nebenverpflichtungen gemäß § 55 oder Hilfsverpflichtungen (Mitteilungspflichten, die bei nicht vollbezahlten Aktien der Erleichterung der Geltendmachung dienen, s. Anm. 13 zu § 54) und nicht für Ansprüche auf Rückzahlung zu Unrecht ausgezahlter Beträge gemäß § 62. Auch die Satzung kann für derartige Säumnisse den Ausschluß nicht vorsehen. Voraussetzung des Ausschlußverfahrens ist, daß die Gesellschaft bereits eingetragen ist (vgl. RG 58, 55 für die GmbH), weil anderenfalls das Gesetz nicht, wie in Absatz 4, ausgegebene Urkunden voraussetzen und nidit von Aktionären und Aktien sprechen könnte. Auf die vor Eintragung zu leistende Zahlung ist das Verfahren also unanwendbar. III. Nachfrist für säumige Aktionäre 1. Keine Verpflichtung für die Gesellschafl Anm. 4: Dem säumigen Aktionär kann eine Nachfrist zur Zahlung mit Androhung des Ausschlusses gesetzt werden. „Kann" bedeutet, daß die Gesellschaft den Ausschluß nicht durchführen muß, will sie es aber, so muß sie vorher eine Nachfrist setzen und den Ausschluß androhen. Säumig ist ein Aktionär nur dann, wenn die Einlage vom Vorstand eingefordert ist (§ 63 Anm. 2). Die Nachfrist muß kalendermäßig bezeichnet sein und mindestens 3 Monate betragen, bei vinkulierten Aktien (§ 68 II) einen Monat. 2. Androhung des Ausschlusses Anm. 5: Mit der Bestimmung der Nachfrist ist die Androhung zu verbinden, daß der säumige Aktionär nach Fristablauf seiner Aktie und der geleisteten Einzahlungen für verlustig erklärt werden wird. Die Androhung muß sich gegen alle säumigen Aktionäre richten. Es ist nicht zulässig, sie nur gegen einzelne säumige Aktionäre zu richten, dies würde das gesamte Verfahren ungültig madien (RG 85, 368). Leistungsklage gegen einen einzelnen, während gegen die anderen die Kaduzierung betrieben wird, ist nur ausnahmsweise statthaft, wenn ein Streitfall zu klären ist. Es muß aus der Androhung für jeden Aktionär zu ersehen sein, daß auch er gemeint ist. Dazu bedarf es nicht namentlicher Bezeichnung. Es genügt Angabe der Aktiennummern. Der Aussdiluß muß ausdrücklich angedroht werden. Es empfiehlt sich, die Worte 337

§ 64

Anm. 5—8

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

des Gesetzes zu gebrauchen. Allgemeine Androhungen (Wendungen, die alles offen lassen), wie „zur Vermeidung der gesetzlichen Nachteile", genügen nidit (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 6). Wenn nicht durch die Satzung oder Hauptversammlung etwas anderes bestimmt ist (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 5; abw. Schl.-Qu. § 58 Anm. 2), so hat der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu beschließen, ob und wann das Ausschlußverfahren eingeleitet werden soll. Wie die Gesellschaft frei bestimmen kann, daß überhaupt kein Ausschlußverfahren eingeleitet werden soll, kann sie jederzeit das Laufen der Kaduzierungsverfahren gegen alle säumigen Aktionäre abbrechen, nicht aber gegen einzelne (vgl. aber Anm. 8). 3. Bekanntmachung der Nachfrist Anm. 6: Die Nachfrist und die mit ihr verbundene Androhung müssen dreimal in den Gesellschaftsblättern (§ 25, s. dort) bekanntgemacht werden. Die Länge der Zwischenräume zwischen den einzelnen Bekanntmachungen beträgt mindestens 3 Wochen (Abs. 2 S. 3). Die Bestimmung hinsichtlich der Länge der Zwischenräume ist eingefügt worden, weil durch unmittelbar aufeinanderfolgende Bekanntmachungen der Zweck des Erfordernisses einer dreimaligen Bekanntmachung nicht erreicht werden könnte. Zur Berechnung der Frist vgl. §§ 187, 188 BGB. Erscheint die Bekanntmachung in mehreren Blättern, so ist maßgebend das zuletzt erscheinende Blatt. Für die Ubergangszeit galt nach § 11 EG die Frist des Abs. 2 S. 3 nicht, wenn die erste Bekanntmachung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgt war und die letzte Bekanntmachung nicht rechtzeitig (Abs. 2 S. 2 2. Halbs.) hätte erfolgen können. Anm. 7: Sind die Namensaktien vinkuliert (§ 68 II), ist eine öffentliche Bekanntmachung der Nachfrist nicht erforderlich. Hier genügt, da die einzelnen Aktionäre mit Sicherheit bekannt sind, eine einmalige Einzelmitteilung und eine Nachfrist von nur einem Monat. Eine Form ist nicht vorgeschrieben, jedoch muß die Gesellschaft den Nachweis der Mitteilung führen können. Zweckmäßig ist deshalb mindestens ein Einschreibebrief. Zu beachten ist, daß diese Einzelbenachrichtigung nur für die Bestimmung der Nachfrist, nicht aber für die Erklärung des Ausschlusses im Falle des Absatzes 3 gilt. IV. Ausschluß des Aktionärs 1. Erklärung und Wirkung des Ausschlusses Anm. 8: Zahlt der Aktionär innerhalb der Nachfrist nidit, so kann (nicht muß) ein Ausschluß erklärt werden. Es genügt die Nichtzahlung. Ein Verschulden, mithin Verzug, ist nicht erforderlich. Der Ausschluß trifft daher auch den gutgläubigen Erwerber der Aktie, der sie nach Einleitung des Ausschlußverfahrens erworben hat. Auch jetzt müssen alle säumigen Aktionäre 338

Aussdiluß säumiger Aktionaäre

§64

Anm. 8

gleich behandelt werden. Der Ausschluß erfolgt durch einmalige Erklärung in allen Gesellschaftsblättern, auch wenn die Aktien vinkuliert sind (§ 68 II), obwohl bei letzteren der gutgläubige Erwerber auch durch Verweigerung der Zustimmung zu schützen ist. Mit der Erklärung tritt der Ausschluß ein. Als Zeitpunkt der Erklärung gilt das Erscheinen des zuletzt erschienenen Gesellschaftsblattes (h. L.; abweichend nur Brodmann § 219 Anm. 5 c). In der Erklärung müssen die Aktien nicht nur so bezeichnet werden, daß sie für den ausgeschlossenen Aktionär erkennbar sind, sondern so, daß die Allgemeinheit sieht, welche Aktien ungültig sind, d. h., die Aktiennummern sind anzugeben. Solange der Ausschluß noch nicht erklärt ist, können die säumigen Aktionäre auch nach Fristablauf, selbst noch zwischen dem Erscheinen der einzelnen Gesellschaftsblätter, durch Zahlung der Einlage den Ausschluß abwenden (weniger weitgehend Ritter § 58 Anm. 4 a, aber noch weitergehend in 3 d zu § 59) und bleiben auch primär zur Zahlung verpflichtet. Ist die Erklärung erfolgt, so kann sie nach herrschender (aber nicht unzweifelhafter) Meinung (vgl. Anm. 2 zu § 65, Ritter zu § 59 a. a. O.) nicht rückgängig gemacht werden, auch nicht, wenn die Aktionäre nachträglich Zahlung leisten. Der Ausgeschlossene kann jedoch die Aktie bei ihrem Verkauf nach § 65 zurückerwerben. Etwa zu spät eingegangenes Geld kann zurückgefordert werden. Die Gesellschaft kann nicht mit dem künftigen Ausfall aufrechnen, solange er nicht festgestellt ist. Die Erklärung muß unverzüglich nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist erfolgen, sonst ist sie unwirksam (KG in OLG 1, 436; ebenso Barz in Großkomm. Anm. 10). Durch den Ausschluß des Aktionärs erlischt das Mitgliedschaftsrecht nicht. Ob es in der Person des kaduzierten Aktionärs bis zur Wiederverwertung der Aktie verbleibt oder ob es bei der Gesellschaft, etwa wie bei eigenen Aktien (Würdinger 68) liegt, ist streitig. Nach unserer Ansicht bleibt das objektive Aktienrecht bestehen, es fehlt aber vorübergehend an der subjektiven Berechtigung. B.-H. Rn. 5 bezeichnen unsere Ansicht als abweichend, folgen aber aus einem zu langen Zögern ebenfalls die Unzulässigkeit. Unterschiedliche Auffassung scheint uns hier nur über den Begriff „unverzüglich" zu bestehen. Diese Streitfrage ist jedoch von untergeordneter Bedeutung, da die Wirkungen des Ausschlusses und die Behandlung des Aktienrechtes bei den verschiedenen Meinungen die gleichen sind (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 13). Die Aktien dürfen weder in der Bilanz als Aktivposten aufgeführt noch können sie von Gesellschaftsgläubigern gepfändet werden. Die Worte „zugunsten der Gesellschaft" bedeuten somit nur, daß sie die Rechte gemäß § 65 behandeln kann. Keinesfalls darf sie die Aktien anders als nach § 65 verwerten, auch die Satzung kann nichts anderes gestatten (§ 23 V). Unzweifelhaft stehen auch den ausgeschlossenen Aktionären keine Aktienrechte mehr zu, nicht nur das Stimmrecht nicht, sondern auch nicht das Recht aus den noch nicht fälligen Dividendenscheinen, und zwar auch dann nicht, wenn diese sich in dritter Hand befinden. Erst recht hat der Ausgeschlossene keinen Anspruch 339

§ 64

Rechtsverhältnisse der Gesellsdiaft und der Gesellschafter

Anm. 8—10 auf Rückgewähr der vordem geleisteten Teilzahlungen. Dies sagt Absatz 3 und folgt schon aus § 57. Audi die für die Eintragung der Gesellsdiaft gezahlten 25 °/o der Einlage können nicht zurückgefordert werden. Rechte Dritter an den Aktien (Pfandrecht, Nießbrauch) erlösdien ersatzlos. 2. Schicksal der Aktienurkunde Anm. 9: Nachdem der Ausschluß wirksam erklärt ist, wird, wenn Urkunden ausgegeben sind, anstelle der alten eine neue Aktienurkunde ausgegeben. Die alte Urkunde und die alten Dividendenscheine werden unwirksam. Der Ausgeschlossene ist zur Herausgabe der alten Urkunde verpflichtet und es ist zweckmäßig, ihn dazu anzuhalten, um Mißbrauch zu verhüten. Hinsichtlich der verschiedenen Standpunkte in der Literatur, vgl. die Zusammenstellung im Kölner Komm. Anm. 25 (a. A. Kölner Komm. Anm. 28; Barz in Großkomm. Anm. 16 verneint eine Verpflichtung einer AG, die Herausgabe zu verlangen). Gibt er die Urkunde heraus, kann sie als „neue" verwandt werden, wenn nicht, wird die neue Urkunde zweckmäßig kundmachen, daß sie anstelle der früheren getreten ist. Eine besondere Kraftloserklärung findet nicht statt. Die neue Urkunde hat alle geleisteten Teilzahlungen und auch die rückständigen als geleistet anzugeben — ist sie damit voll bezahlt, kann sie auf den Inhaber lauten —, da sie bestimmt ist, gegen Bezahlung des rückständigen Betrages an den Vormann oder, wenn auch dieser nicht leistet, an den Erwerber der Aktie nach deren Verkauf oder Versteigerung ausgehändigt zu werden und letzterer den Rückstand nicht schuldet. V. Haftung des ausgeschlossenen Aktionärs Anm. 10: Die Haftung des ausgeschlossenen Aktionärs für die Einlage, die rückständigen und künftigen Einforderungen besteht fortan nur hilfsweise, während er die Zinsen, Schadenersatz und Vertragsstrafe (§ 63) auch weiter allein schuldet. Die Gesellschaft muß nun zunächst an die Vormänner des Aktionärs gemäß § 65 I herantreten und ggfs. nach § 65 III die neue Aktie verwerten. Erst dann tritt die Haftung des ausgeschlossenen Aktionärs, und zwar nur für den Ausfall wieder ein (RG 85, 241; Barz in Großkomm. Anm. 15). Ohne Versuch, die Vormänner nach § 65 heranzuziehen, haftet der Ausgeschlossene nidit, auch nicht, wenn die Aktie verkauft wird und der Verkauf einen Ausfall ergibt (a. A. Ritter Anm. 3 c zu § 59). Eine Befreiung von dieser Haftung ist nidit zulässig, wenn auch § 66 den § 64 nicht erwähnt, da auch diese Ausfallhaftung aus der Verpflichtung zur Einlage erwächst (vgl. § 66 Anm. 2). Die Haftung des bisherigen Aktionärs für die künftigen Einforderungen setzt nach allgemeiner Meinung die Durchführung eines neuen Ausschluß Verfahrens gegen den derzeitigen Aktionär und den Rückgriff an dessen Vormänner nach erklärten neuen Ausschluß sowie Verwertung der Aktie voraus. Ferner haftet nach herrschender Ansicht dann der neu ausge340

Zahlungspflicht der Vormänner

§§64/65

Anm. 10,11

schlossene Aktionär vor dem früher ausgeschlossenen. Ein beim Verkauf erzielter Überschluß gebührt der Gesellschaft. VI. Fehlerhaftes Ausschlußverfahren Anm. 11: Ist das Ausschluß verfahren fehlerhaft, so kann der fehlerhafte Punkt (unter Beachtung der Fristen) wiederholt werden. Aufgrund fehlerhaften Verfahrens tritt Ausschluß und Haftung nicht ein (vgl. R G 9, 42; K G in O L G 19, 370). Allgemein wird angenommen, daß der Aktionär eine Klage auf Feststellung seiner fortdauernden Mitgliedschaft und auf Aufhebung des Beschlusses und seiner Folgen erheben kann. Auch der Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig (RG 27, 54). Die zufolge eines fehlerhaften Ausschluß Verfahrens ausgegebene neue Aktie ist ungültig, allein gültig bleibt die alte Aktie (streitig, wie hier Barz in Großkomm. Anm. 20; R G 54, 395 für die GmbH; Baumbach-Hueck Rn. 7; K G in O L G 1, 435). Der Erwerber der ungültigen Aktie kann sidi nur an seinen Vormann halten. Letzteres gilt ebenso für den Erwerber einer durch ein ordnungsmäßiges Aussdiluß verfahren ungültig gewordenen Aktienurkunde.

§ 65 Zahlungspflicht der Vormänner (1) Jeder im Aktienbuch verzeichnete Vormann des ausgeschlossenen Aktionärs ist der Gesellschaft zur Zahlung des rückständigen Betrags verpflichtet, soweit dieser von seinen Nachmännern nicht zu erlangen ist. Von der Zahlungsaufforderung an einen früheren Aktionär hat die Gesellschaft seinen unmittelbaren Vormann zu benachrichtigen. Daß die Zahlung nicht zu erlangen ist, wird vermutet, wenn sie nicht innerhalb eines Monats seit der Zahlungsaufforderung und der Benachrichtigung des Vormanns eingegangen ist. Gegen Zahlung des rückständigen Betrags wird die neue Urkunde ausgehändigt. (2) Jeder Vormann ist nur zur Zahlung der Beträge verpflichtet, die binnen zwei Jahren eingefordert werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem die Übertragung der Aktie zum Aktienbuch der Gesellschaft angemeldet wird. (3) Ist die Zahlung des rückständigen Betrags von Vormännern nicht zu erlangen, so hat die Gesellschaft die Aktie unverzüglich zum amtlidien Börsenpreis durch Vermittlung eines Kursmaklers und beim Fehlen eines Börsenpreises durch öffentliche Versteigerung zu verkaufen. Ist von der Versteigerung am Sitz der Gesellschaft kein angemessener Erfolg zu erwarten, so ist die Aktie an einem geeigneten Ort zu verkaufen. Zeit, Ort und Gegenstand der Versteigerung sind öffentlidi bekanntzumachen. Der aus341

§ 65

Anm. 1,2

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

geschlossene Aktionär und seine Vormänner sind besonders zu benachrichtigen; die Benachrichtigung kann unterbleiben, wenn sie untunlich ist. Bekanntmachung und Benachrichtigung müssen mindestens zwei Wochen vor der Versteigerung ergehen. I. Ubersicht (Anm. 1 u. 2) II. Haftung als Vormann 1. Der Haftende (Anm. 3) 2. Haftungsumfang (Anm. 4) 3. Benachrichtigung der einzelnen Vormänner (Anm. 5—7) 4. Befristete Haftung (Anm. 8)

III. Verwertung der Aktie 1. Verkauf (Anm. 9) 2. öffentliche Versteigerung (Anm. 10) IV. Haftung nach Verwertung der Aktie (Anm. 11) V. Rechtsstellung des Erwerbers (Anm. 12)

I. Übersicht Anm. 1: § 65 übernimmt die Vorschrift des § 59 AktG 37. Änderungen enthält lediglich der Absatz 3: Bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen ist die Gesellschaft nunmehr verpflichtet, die Aktie zu verkaufen, während ihr bislang die Entscheidung hierüber offenstand (s. Anm. 9). Neu hinzugekommen sind die Sätze 2—4, die die Interessen des ausgeschlossenen Aktionärs schützen sollen (s. Anm. 10). Anm. 2: Die Vorschrift steht in unmittelbarem Zusammenhang zu § 64. Sie regelt das Recht der Gesellschaft, die kaduzierte Aktie, um den Einlagerückstand zu verwirklichen, durch Rückgriff auf die Vormänner des Ausgeschlossenen, wenn nötig durch ihren Verkauf zu verwerten. Die Frage, welche Ansprüche die Zwischenaktionäre untereinander haben, ist nicht geregelt. Grundsätzlich kommt es auf die bürgerlich-rechtlichen Beziehungen an. Darüber hinaus ergibt sich aus § 65 mittelbar, daß im allgemeinen der einlösende Zwischenaktionär seinen Nachmann, der im Aktienbuch eingetragen war, haftbar machen kann, ohne Rücksicht darauf, ob dieser sein unmittelbarer Rechtsnachfolger war, wenn sich herausstellt, daß er zahlungsfähig war und mithin die Haftung des Einlösenden nach § 65 an sich nicht vorlag. Denn auch die Gesellschaft ist durch die Geltendmachung der Haftung eines Vormannes, solange dieser nicht gezahlt hat, nicht gehindert, die Haftung des eingetragen gewesenen Nachmannes geltend zu machen, wenn sich nachträglich seine Zahlungsfähigkeit ergibt. Es besteht kein Grund, ihn durch die Zahlung seines Vormannes von der Haftung zu befreien. Er haftet jetzt nicht mehr der Gesellschaft, aber ihm (so auch Schl.-Qu. § 59 Anm. 4; Barz in Großkomm. Anm. 12). Durch die Zahlung eines Zwischenaktionärs werden diesem gegenüber demnach seine Nachmänner überhaupt nicht, wohl aber, ebenso wie der 342

Zahlungspflidit der Yormänner

§65 Anm. 2,3

Gesellschaft gegenüber, seine Vormänner und der Ausgeschlossene von der Haftung für den durch Zahlung erledigten Einlagerückstand befreit. Nicht befreit werden sie jedoch für den Fall, daß hinsichtlich einer späteren Einforderung ein neues Ausschlußverfahren gegen den Käufer der Aktie oder den Nachmann durchgeführt werden muß (so auch Barz in Großkomm. Anm. 19; a. A. Schl.-Qu. § 59 Anm. 7). Die herrschende Meinung (s. Barz in Großkomm. Anm. 10) gibt dem Ausgeschlossenen kein Recht, nach seinem Ausschluß — schon nicht nach Fristablauf — noch zu zahlen und der Gesellschaft nicht das Recht, seine Zahlung anzunehmen und ihm die Aktie ohne Erschöpfung des Rückgriffs und Verkaufs wieder zu überlassen (a. A. Ritter § 59 Anm. 13). Letzteres wäre reichlich unzweckmäßig. Die Gesellschaft muß nur auch hier den Grundsatz gleiches Recht für alle zur nachträglichen Zahlung Bereiten walten lassen, soweit es der jeweilige Stand des Verfahrens gestattet (vgl. § 64 Anm. 8). Hat die Gesellschaft die Einlageforderung zulässigerweise (Anm. 5 zu § 66) abgetreten, so kommt weder ein Ausschluß verfahren zugunsten ihres Rechtsnachfolgers noch ein Verfahren nach § 65 in Betracht (ebenso Schl.-Qu. § 60 Anm. 8). Die Gesellschaft ist in diesem Falle befriedigt, der Rechtsnachfolger aber hat keine Möglichkeit, den Aktionär auszuschließen und eine neue Aktie auszugeben. II. Haftung als Vormann 1. Der Haftende Anm. 3: Voraussetzung der Haftung als Vormann aus § 65 ist die Eintragung im Aktienbuch als Aktionär. Zwischenaktionäre, die nicht im Aktienbuch als Aktionäre eingetragen waren, haften überhaupt nicht (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 2). Voraussetzung ist ferner, daß der Eingetragene materiell wirksam Aktionär geworden ist oder seiner Eintragung wirksam zugestimmt hat. Ist kein Aktienbuch angelegt (inbesondere keine Aktienurkunde ausgestellt), so haftet nach KG in JW 1937, 2434 (mit ausführlicher Anmerkung von Hamburger) der Vormann (s. auch Barz in Großkomm. Anm. 2). Nach herrschender Meinung (auch Ritter, obwohl nach ihm gemäß Anm. 3 c der Ausgeschlossene dazu berechtigt ist) ist der Vormann auch berechtigt, zu zahlen und, statt des Ausgeschlossenen, wieder Aktionär zu werden (h. L., für viele Kölner Komm. Anm. 5). Fraglich ist nur, ob er warten muß, bis er von der Gesellschaft aufgefordert wird, oder ob er unabhängig von seinen Nachmännern Zahlung leisten und damit die Aktienrechte erwerben kann. Grundsätzlich ist zunächst der jeweils dem ausgeschlossenen Aktionär am nächsten stehende Vormann zur Zahlung berechtigt. Man wird jedoch auch den früheren Vormännern das Recht auf Erwerb der Aktie unter der Voraussetzung einräumen müssen, daß seine Nachmänner zustimmen (ähnlich auch Barz in Großkomm. Anm. 10; Kölner Komm. Anm. 5). 343

§ 65

Anm. 3—6

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Ein Sprungrückgriff ist nicht vorgesehen. Die Geltendmachung der Haftung des entfernteren Vormannes ist vielmehr abhängig von dem Nachweis, daß die Nachmänner zahlungsunfähig sind, jedodi ist dieser Nachweis sehr erleichtert (s. Anm. 6; vgl. Kölner Komm. Anm. 12). 2. Haftungsumfang Anm. 4: Die Haftung erstreckt sich nur auf die Einlage als solche, nicht auf Kosten, Schadenersatz, Vertragsstrafe, auch nicht auf die Zinsen, welche nach § 63 der kaduzierte Aktionär für die Zeit bis zum Ausschluß zu entrichten hat (vgl. B.-H. Rn. 3; Kölner Komm. Anm. 8). Der Vormann haftet bis zum Ausschluß des Aktionärs nur ersatzweise. Vom Ausschluß an haftet jeder, wenn die Reihe an ihn kommt, primär. Voraussetzung ist, daß das Ausschlußverfahren rechtswirksam ist. Auch der Vormann des kaduzierten Aktionärs kann die Unrechtmäßigkeit des Ausschlußverfahrens einwenden. Über Sadieinlage vgl. § 64 Anm. 3. Eine Befreiung von der Haftung ist nidit möglich (§ 66). Andererseits ist auch eine Verschärfung der Haftung der Zwischenaktionäre durdi die Satzung nicht zulässig, jedodi kann eine Haftung aus anderem Rechtsgrund, etwa aus Wechselhingabe oder aus Bürgschaft zwecks Erlangung der Zustimmung der Gesellschaft zur Übertragung, bestehen. 3. Benachrichtigung

der einzelnen

Vormänner

Anm. 5: Wenn die Gesellschaft nach § 65 auf die Vormänner des Ausgeschlossenen zurückgreift, so ist sie bei Verlust nicht des Rüdsgriffs (a. A. B.-H. Rn. 3) auf den zu Benachrichtigenden, aber der Vermutung gemäß Anm. 6 verpflichtet, den unmittelbaren Vormann von der Zahlungsaufforderung zu benachrichtigen (vgl. Kölner Komm. Anm. 15). Dieser hat damit die Möglichkeit, auf seinen Nachmann einzuwirken oder, wenn sich herausstellt, daß dieser nicht zahlungsfähig ist, die Aktie selbst zu erwerben. Über die Form der Benachrichtigung ist nichts bestimmt. Da die Gesellschaft in der Lage sein muß, den Nachweis zu führen, empfiehlt sich Einschreibebrief, jedenfalls muß es sich um eine individuelle Benachrichtigung handeln. Eine Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern kommt nicht in Frage. Anm. 6: Zahlt derjenige, an den die Zahlungsaufforderung ergangen ist, nicht innerhalb eines Monats, so wird vermutet, daß von ihm Zahlung nicht zu erlangen sei. Für die Berechnung der Frist vgl. §§187 Abs. 1 und 188 Abs. 2 und 3 BGB. Sie beginnt an dem Tage, an dem sowohl die Zahlungsaufforderung dem Zahlungspflichtigen, wie die Benachrichtigung seinem Vormann zugegangen ist, bzw., normalen Ablauf vorausgesetzt, hätte zugehen müssen. Die Vermutung, daß Zahlung nicht zu erlangen ist, ist jederzeit widerlegbar (vgl. B.-H. Rn. 4; Kölner Komm. Anm. 13). 344

Zahlungspflidit der Vormänner

§65 Anm. 7—9

Anm. 7: Der Zwischenaktionär, der die rückständige Einlage zahlt, erwirbt damit das Mitgliedsrecht. Dies ist im Gesetz nicht ausdrücklich bestimmt, ergibt sich aber nach herrschender Ansicht aus allgemeinen Grundsätzen, die im GmbH-Gesetz (§ 22 IV) ihren Niederschlag gefunden haben. Er ist in das Aktienbuch einzutragen und hat Anspruch auf Aushändigung der neuen Aktienurkunde, sofern Aktienurkunden ausgegeben sind (vgl. B.-H. Rn. 5; Barz in Großkomm. Anm. 11; Kölner Komm. Anm. 16). Der Zahlende kann nach herrschender Lehre von seinen Nachmännern Rückzahlung verlangen, sofern diese wieder zahlungsfähig werden (vgl. B G H in N J W 1963, 2067; B.-H. Rn. 5; Kölner Komm. Anm. 28), der in Anspruch genommene Nachmann ist jedoch nur Zug um Zug gegen Übertragung der Mitgliedschaft zur Zahlung verpflichtet. 4. Befristete Haftung Anm. 8: Die H a f t u n g des Zwischenaktionärs ist befristet. Sie erlischt, wenn die Einlage nicht binnen zwei Jahren nach dem Tage eingefordert wird, an welchem die von ihm vorgenommene Übertragung der Aktie zum Aktienbuch angemeldet wurde (mangels Aktienbuchs der AG „mitgeteilt", K G in J W 1937, 2439). Der Veräußerer einer nicht vollbezahlten Aktie oder eines Zwischenscheines hat mithin ein dringendes Interesse an der alsbaldigen Anmeldung der Übertragung. Maßgebend ist schon die Einforderung gemäß § 63 I, nicht etwa erst gemäß § 64 oder gar erst der Tag des Rückgriffs. Wenn die Einforderung in die zweijährige Frist fällt, verjährt die Einlageschuld des Vormannes in 30 Jahren, § 195 BGB. III. Verwertung der Aktie 1. Verkauf Anm. 9: Ist der rückständige Betrag von den Vormännern nicht zu erlangen, so hat die Gesellschaft die Aktie zu verkaufen. Der Verkauf ist erst zulässig, wenn der Rückgriff gegen die Vormänner erfolglos war. Nimmt die Gesellschaft vorher einen Verkauf vor, so ist dieser zwar wirksam, sie verliert damit aber den Anspruch aus § 64 IV auf Erstattung des Ausfalls gegen den ausgeschlossenen Aktionär. Für die Erfolglosigkeit des Rüdegriffs gegen die einzelnen Vormänner kann sich die Gesellschaft auch gegenüber dem ausgeschlossenen Aktionär auf die Vermutung des Absatzes 1 S. 3, also insbesondere bezüglich der Zahlungsunfähigkeit des letzten oder einzigen Vormannes (Ersterwerbers) berufen. Die Monatsfrist läuft hier von der Aufforderung an diesen an. Eine Benachrichtigung an den Ausgeschlossenen kommt nicht in Frage (a. A. Ritter § 59 Anm. 5 a). Die Vermutung ist jedoch widerlegbar. Freihändig kann die Aktie nur verkauft werden, wenn ein Börsenpreis f ü r die Aktie vorhanden ist. Ob dies eine amtliche Börsennotiz 345

§ 65

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Anm. 9—11 voraussetzt, ist streitig, aber wohl zu verneinen. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung muß sich die Gesellschaft hierbei der Vermittlung eines Kursmaklers bedienen. 2. öffentliche Versteigerung Anm. 10: Ist ein Börsenpreis nicht vorhanden, so muß die Aktie öffentlich versteigert werden, in der Regel an der für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Börse. Der Vorstand hat nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, ob durch die Versteigerung am Sitz der Gesellschaft ein angemessener Erfolg zu erwarten ist. Ist es das nicht, so muß die Versteigerung an einem geeigneteren Ort durchgeführt werden. Zeit, Ort und Gegenstand der Versteigerung sind öffentlich bekanntzumachen. Der ausgeschlossene Aktionär und die Vormänner müssen mindestens zwei Wochen vor der Versteigerung hiervon gesondert benachrichtigt werden. Es empfiehlt sich auch hier wegen des Nachweises ein Einschreibebrief. Diese neu im Gesetz aufgenommenen Bestimmungen haben den § 65 weitgehend der Vorschrift des § 226 III angeglichen, da sie den gleichen Zweck verfolgen, nämlich die Verschleuderung der Aktie zu verhindern, um damit den ausgeschlossenen Aktionär zu schützen. Die Versteigerung muß durch einen Gerichtsvollzieher oder einen anderen zur Versteigerung befugten Beamten oder öffentlich angestellten Versteigerer erfolgen und öffentlich angekündigt werden. Die Gesellschaft selbst kann die Aktie nur im Rahmen des § 71 erwerben (h. L.; vgl. B.-H. Rn. 7; Kölner Komm. Anm. 37). IV. Haftung nach Verwertung der Aktie Anm. 11: Durch den Verkauf wird der Ausfall gegen den ausgeschlossenen Aktionär (§ 64 IV S. 2) festgestellt. Die Ausfallforderung ist erst jetzt rechtlich entstanden. Alle Voraktionäre sind frei geworden. Für den Ausfall an späteren Einforderungen haften jedoch der ausgeschlossene Aktionär, dieser nach ausdrücklicher Vorschrift (§ 64 IV), wie auch seine Voraktionäre fort (ebenso Ritter § 59 Anm. 3 a und Barz in Großkomm. Anm. 19). Hat die Gesellschaft zu Unrecht verkauft, war insbesondere ein Vormann zahlungsfähig, so ist die Wirkung des Verkaufs dieselbe (a. A. B.-H. Rn. 8; Ritter § 59 Anm. 5 g). Die Gegenansicht führt dazu, in der Zahlungsunfähigkeit als solcher den Befreiungsgrund zu erblicken, was undenkbar ist, und die zahlungsfähigen Vormänner von der Befreiung und den Verkauf in diesem Fall überhaupt auszuschließen, wenn ein zahlungsfähiger Vormann vorhanden ist. Dann hätte keine erleichternde Vermutung aufgestellt werden dürfen. Auch dem für den Ausfall haftenden Ausgeschlossenen geschieht kein Unrecht, ihm bleibt die Einwendung aus Verschulden der Gesellschaft. Mag 346

Keine Befreiung der Aktionäre von ihren Leistungspfliditen

§§ 65 / 66

Anm. 11,12/1

er, um diese zu begründen, die Gesellschaft mit Hinweisen versehen, wenn er die Vermutung des Absatzes 3 widerlegen kann. V. Rechtsstellung des Erwerbers Anm. 12: Der Erwerber des Anteilrechts wird Aktionär mit allen Rechten und Pflichten (über die Wirkung des Erwerbs bei ungültigem Ausschlußverfahren s. Anm. 11 zu § 64). Er erwirbt die Aktie als einschließlich des Rückstandes bezahlt auch dann, wenn der von ihm gezahlte Preis den Rückstand nicht gedeckt hat. Es kann also, wenn der Ausfall auch von dem Ausgeschlossenen nicht beizutreiben ist, hier eintreten, daß die Einlage auf die Aktie nidit voll entrichtet und das satzungsmäßige Grundkapital nicht voll eingezahlt wird.

§ 66 Keine Befreiung der Aktionäre von ihren Leistungspflichten (1) Die Aktionäre und ihre Vormänner können von ihren Leistungspflichten nach den §§ 54 und 65 nidit befreit werden. Gegen eine Forderung der Gesellschaft nach den §§ 54 und 65 ist die Aufrechnung nidit zulässig. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Verpflichtung zur Rückgewähr von Leistungen, die entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes empfangen sind, für die Ausfallhaftung des ausgeschlossenen Aktionärs sowie für die Schadenersatzpflicht des Aktionärs wegen nidit gehöriger Leistung einer Sacheinlage. (3) Durch eine ordentliche Kapitalherabsetzung oder durch eine Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien können die Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen befreit werden, durch eine ordentliche Kapitalherabsetzung jedoch höchstens in Höhe des Betrags, um den das Grundkapital herabgesetzt worden ist. I. Übersicht (Anm. 1 u. 2) II. Verbot des Erlasses (Anm. 3 u. 4) III. Verbot der Aufrechnung (Anm. 5 u. 6)

IV. Sonderfall der Kapitalherabsetzung (Anm. 7)

I. Übersicht Anm. 1: Der Absatz 1 entspricht dem § 60 AktG 37, lediglich Satz 2 ist nunmehr ein selbständiger Satz, da die bisherige Fassung insofern für bedenklich gehalten wurde, als es nach dem Sprachgebrauch des BGB keine Aufrechnung von Pflichten gegen eine Forderung gibt. Die jetzige Fassung 347

§ 66

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Anm. 1—4 lehnt sich an § 393 BGB an. Neu sind die Absätze 2 und 3, die sdion bisher durdi die Rechtssprechung so angewendet worden sind, wegen ihrer Bedeutung aber doch gesetzlich festgelegt werden sollten. Anm. 2: Alle Vorschriften über Sicherheit der Kapitalgrundlage und Unzulässigkeit der Einlagerückgewähr wären bedeutungslos, könnte die Gesellschaft die Einlagen ohne ordentliche Kapitalherabsetzung erlassen. Dies wird durch § 66 verboten, weiterhin die einseitige Aufrechnung durch einen Aktionär nicht schlechthin, aber gegenüber der Gesellschaft oder durch Vertrag (vgl. Waldmann, DGemWR 1942, 13; Schumacher JW 1936, 3153; Kiesow DJ 1937, 1823; Boesebeck JW 38, 1401). § 66 gilt auch bei der Abwicklung (RG 149, 297). Anderes gilt nur dann, wenn der Geschäftsbetrieb gänzlich eingestellt ist, alle Gläubiger befriedigt sind, es mithin der Erhaltung der Kapitalgrundlage nicht mehr bedarf (vgl. für die GmbH BGH in GmbH-Rundsch. 1968, 162 ff.; Barz in Großkomm. Anm. 2). II. Verbot des Erlasses Anm. 3: Das Verbot des Erlasses gilt nur für die eingetragene Aktiengesellschaft, gilt also noch nicht im Gründungsstadium, in weldiem auch nodi nach der Errichtung im Sinne des § 29 durch einstimmigen Beschluß — Vertrag — aller Gründer die Kapitalziffer geändert werden kann. Die Vorschrift bezieht sich auf Bar- und Sacheinlagen, also auf soldie, welche auf das Grundkapital gemacht werden und auf das Aufgeld (vgl. § 54), ferner auf die Haftung des Vormannes (§ 65), die mit der Einlageverpflichtung identisch ist, aus demselben Grunde auf die Ausfallhaftung des ausgeschlossenen Aktionärs nach § 64 IV S. 2 und auch auf Schadenersatzansprüche der Gesellschaft wegen Unmöglichkeit oder Nichterfüllung oder mangelhafter Erfüllung einer Sacheinlage und endlich auf den Rückgewähransprudi der Gesellschaft beim Empfang verbotener Vermögensausschüttungen (§ 62), soweit dieser gegen zwingende Vorschriften verstoßen hat, d. h., das Grundkapital angegriffen hat. Stammt er aus ausgewiesenem Gewinn, fehlte aber ein zustimmender, trotz Verletzung der Gleichberechtigung unangefochtener Beschluß der Hauptversanmlung, kann der Empfang durch einen derartigen nachträglichen Beschluß geheilt werden (weitergehend Ballerstedt, S. 158). Das Anwendungsgebiet des § 66 I war schon bisher in diesem Umfange von der herrschenden Ansicht anerkannt, ist jetzt aber vom Gesetzgeber in Absatz 2 ausdrücklich normiert worden. § 66 bezieht sich dagegen nicht auf wiederkehrende Nebenleistungen (§ 70), Zinsen und Vertragsstrafen bei säumiger Einzahlung (§ 62). Anm. 4: Ein trotzdem gewährter Erlaß ist nichtig, auch wenn er auf Hauptversammlungsbeschluß beruht; auch dieser ist nichtig (vgl. aber den 348

Keine Befreiung der Aktionäre von ihren Leistungspflichten

§ 66

Anm. 4,5

Fall in BGH 33, 175 ff.). Dem Erlaß ist gleichzusetzen eine Aufrechnung der Einlageforderung durch die Gesellschaft gegen künstlich hergestellte oder erdichtete Gegenforderungen des Aktionärs, der Verzicht auf Fehlerlosigkeit der Sacheinlage oder auf Gewährleistungsansprüche (Abs. 2), ferner die Annahme an Erfüllungs Statt, insbesondere also die Annahme einer Sacheinlage anstelle einer Bareinlage oder umgekehrt, auch wenn dieses aufgrund eines satzungsändernden Hauptversammlungsbeschlusses oder in der Form eines Kaufes mit Aufrechnung des Kaufpreises geschieht, ferner die Novation, die Bereitstellung der zur Einlagezahlung erforderlichen Mittel durch Darlehen der Gesellschaft (BGH 28, 77), die nachträgliche Stundung über die im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen EinZahlungstermine hinaus, auch ein Erlaß in Form eines Vergleichs über die Einlageforderung. Nicht gleichzusetzen dagegen ist ein ernsthafter Vergleich, ebensowenig ein Zwangsvergleich im Konkurs oder zur Abwendung des Konkurses nach Maßgabe der Vergleichsordnung, wohl aber ein freiwilliger Erlaß in einem außergerichtlichen Vergleichsverfahren (RG 79, 271). Nichtig ist auch eine Abtretung der Einlageforderung, wenn der Gesellschaft dabei nicht der volle Gegenwert zufließt (bei vollem Gegenwert ist die Abtretung zulässig; ständige Rechtssprechung z.B. RG 133, 81). III. Verbot der Aufrechnung Anm. 5: Unzulässig und nichtig ist die einseitige Aufrechnung durch einen Aktionär, selbst wenn seine Gegenforderung aus dem Gesellschaftsverhältnis stammt (vgl. für GmbH RG 93, 330), nach RG 85, 351 auch gegenüber dem Zessionar einer Einlageforderung, wenn mit einer Forderung gegen die Gesellschaft (nicht etwa ihn selbst) aufgeredinet wird. Insoweit der Aktionär hierzu nicht berechtigt ist, hat er auch kein Zurückbehaltungsrecht (RG in JW 29, 1745). Ein solches kann er nur wegen Nichtlieferung der Aktienurkunde ausüben (RG 94, 64), aber nur wegen der restlichen Einzahlung, ferner nach herrschender Ansicht an dem Gegenstand der Sacheinlage wegen solcher Ansprüche, die sich auf sie beziehen. Zulässig ist die einseitige Aufrechnung durch die Gesellschaft, desgleichen die vertragliche Aufrechnung, und zwar schlechthin, wenn sie schon bei der Gründung in der Satzung oder bei der Kapitalerhöhung im Kapitalerhöhungsbeschluß vorgesehen wird (anscheinend weitergehend RG 152, 301), aber nach ständiger Rechtssprechung (z.B. JW 30, 2685; BGH 15, 57) auch sonst, wenn es sich nicht um die vor der Anmeldung zu leistenden Zahlungen handelt und die Gegenforderung des Aktionärs vollwertig ist. Hierzu gehört auch, daß sie dem Bestände und dem Betrage nach unbedingt und fällig ist. Dieselben Grundsätze gelten auch während der Abwicklung (JW 1936, 2685). Wo wegen mangelnder Gleichwertigkeit eine Aufrechnung unstatthaft ist, ist 349

§ 66 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 5—7 auch die Umgebung durch Einzahlung der Einlage unter gleichzeitigem Wiederempfang des gezahlten Betrages als Forderungstilgung nicht geeignet, die EinZahlungsverpflichtung zu tilgen (vgl. R G 152, 301). Von einem zwecklosen Hin- und Hersdiieben von Geld, das nach allgemeiner Ansicht vermieden werden darf, würde in einem solchen Falle nur, aber nicht immer, dann die Rede sein können, wenn die Gesellschaft mit der Rückzahlung des Darlehens vorausgehen kann, so daß der Aktionär aus der Darlehenssumme die Einzahlung macht, nicht umgekehrt. Zulässig ist auch die Aufrechnung einer nicht vollwertigen Forderung gegen die Gesellschaft unter den Voraussetzungen, unter denen wegen einer solchen die Einlageforderung gepfändet werden kann (s. Anm. 7 und 8 zu § 1). Die Aufrechnung ist bei diesem Sachverhalt auch gegen einen anderen Gläubiger statthaft, der zulässigerweise die Einlageforderung gepfändet hat (RG a. a. O.; a. A. in letzterer Beziehung Herbig in D J 1938, 233). Die vorstehenden von der Rechtssprechung entwickelten Grundsätze hat man indessen mit Boesebeck ( J W 1938, 1401 ff.) einzuschränken und die Aufrechnung ohne Rücksicht auf Vollwertigkeit immer für unzulässig anzusehen, wenn sie schon bei der Kapitalerhöhung beabsichtigt oder gar abgesprochen war und trotzdem im Kapitalerhöhungsbeschluß nicht vorgesehen ist oder wenn sie der Umwandlung der Bar- in eine Sacheinlage (Annahme an Erfüllungs Statt) gleichkommt (vgl. B G H 15, 58; 28, 319; Barz in Großkomm. Anm. 16). Damit ist beantwortet, ob zur Beurteilung der Vollwertigkeit die aus einer Kapitalerhöhung stammenden neuen Einlageforderungen mit zu berücksichtigen sind (hierüber R G in J W 1938, 1400 f.). Nur wenn wirklich lediglich zweckloses Hin- und Herschieben von Geld vermieden werden soll, wird in diesem Fall Aufrechnung zulässig sein. Uber Abtretung, Pfändung und Verpfändung der Einlageforderung s. § 1 Anm. 7 und 8. Anm. 6: Die Erfüllung der Einlage durch Zahlung an einen Dritten im Auftrage der Gesellschaft ist immer statthaft und geeignet, die Einlageschuld zu tilgen, wenn nicht eine Umgehung beabsichtigt ist, auch dann, wenn der Dritte ein Gläubiger der Gesellschaft und seine Forderung nicht vollwertig ist. Dies braucht der Aktionär in diesem Falle nicht zu prüfen (a. A. Schl.Qu. § 60 Anm. 6). Er würde auch nicht hindern können, daß die Gesellschaft das von ihm empfangene Geld zur Bezahlung ihrer nicht vollwertigen Schuld an den Dritten verwendet. Darum ist auch die Einzahlung auf ein Bankkonto immer statthaft, auch wenn dieses passiv ist. Die Einschränkung des § 54 gilt nur für die Einzahlung vor der Anmeldung. IV. Sonderfall der Kapitalherabsetzung Anm. 7: Der neu eingefügte Absatz 3 befaßt sich mit einer Ausnahme von Absatz 1 insofern, als die Aktionäre von ihrer Verpflichtung zur Leistung 350

Eintragung im Aktienbuch

§§66/67 Anm.7/1

von Einlagen bei Kapitalherabsetzungen befreit werden können. Z. T. wurde früher die Ansidit vertreten, dem Aktionär könnte in diesem Fall die Verpflichtung zur Leistung der Einlage ganz erlassen werden. Dies widerspricht dem sich durdi das ganze Gesetz ziehenden Grundsatz der Sidierheit der Kapitalgrundlage. Es war daher erforderlich, besonders zu normieren, daß die Verpflichtung nur insoweit aufgehoben werden kann, als das Kapital herabgesetzt worden ist.

§ 67 Eintragung im Aktienbuch (1) Namensaktien sind unter Bezeichnung des Inhabers nadi Namen, Wohnort und Beruf in das Aktienbuch der Gesellschaft einzutragen. (2) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt als Aktionär nur, wer als solcher im Aktienbuch eingetragen ist. (3) Ist jemand nach Ansicht der Gesellsdiaft zu Unrecht als Aktionär in das Aktienbuch eingetragen worden, so kann die Gesellsdiaft die Eintragung nur löschen, wenn sie vorher die Beteiligten von der beabsichtigten Löschung benachrichtigt und ihnen eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs gesetzt hat. Widerspricht ein Beteiligter innerhalb der Frist, so hat die Löschung zu unterbleiben. (4) Diese Vorschriften gelten sinngemäß für Zwisdienscheine. (5) Jedem Aktionär ist auf Verlangen Einsidit in das Aktienbuch zu gewähren. I. Übersidit (Anm. 1) II. Eintragung im Aktienbudi 1. Das Aktienbudi (Anm. 2) 2. Wirkungen der Eintragungen (Anm. 3 u. 4) III. Löschungen

1. Löschungen durch die Gesellsdiaft (Anm. 5) 2. Anspruch auf Löschung (Anm. 6 u. 7) IV. Geltung für Zwisdienscheine (Anm. 8) V. Einsidit in das Aktienbudi (Anm. 9)

I. Übersicht Anm. 1: § 67 übernimmt in den Absätzen 1 und 4 die Absätze 1 und 4 des § 61 AktG 37, Absatz 2 entspricht dem Absatz 3 des § 62 AktG 37, die Absätze 3 und 5 sind neu eingefügt worden (siehe Anm. 5—7 und 9). Die Vorschriften des bisherigen Absatzes 2 und 3 des § 61 AktG 37 sind in § 68 I und II enthalten. 351

§ 67

Anm. 2

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

II. Eintragung im Aktienbuch 1. Das Aktienbuch Anm. 2: Ein Aktienbuch ist unentbehrlich, sobald Urkunden ausgegeben sind (ein vorher angelegtes Aktienbuch soll nach K G J 114 A 32 nicht beweiskräftig sein). Es wird nicht nur bei Namensaktien geführt, vielmehr auch bei Inhaberaktien, um den Nennbetrag der einzelnen Aktien und die rechtlichen Schicksale zu vermerken, welche das einzelne Aktienrecht und die darüber ausgestellte Urkunde erleidet: z. B. Kraftloserklärung der Urkunde, Änderung des Nennbetrages, Umwandlung nach § 24 II, Einziehung, Vernichtung des Rechts und Einbeziehung der Urkunde bei der Zusammenlegung. Diese Aktienbücher sind aber nicht Aktienbücher im Sinne dieser Vorschrift, da es sich lediglich um Aufzeichnungen der Gesellschaft handelt, worauf der Kölner Komm. (Anm. 10) zu Recht hinweist (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 2; B.-H. Rn. 3; mißverständlich die Voraufl.). Bei Namensaktien und Interimsscheinen ist die Führung des Aktienbuches und sein Inhalt gesetzlich vorgeschrieben, und zwar nicht nur bei nicht vollbezahlten Aktien, sondern mit Rücksicht auf § 68 auch bei vollbezahlten, denn bei der Namensaktie steht die Persönlichkeit des Aktionärs im Vordergrund. Die Gesellschaft muß also wissen, mit wem sie es zu tun hat. Auch die Mitaktionäre (s. Anm. 9) haben ein Recht, dies zu erfahren. Das Buch hat daher Wohnort, Name und Beruf des Aktionärs anzugeben. § 67 betrifft die Eintragung jedes ursprünglichen Aktienerwerbers (auch durch Verschmelzung) im Aktienbuch. Die Gesellschaft hat ihn von sich aus zu vermerken, während die Eintragung eines abgeleiteten Erwerbs sich nach § 68 regelt und eine wirksame Anmeldung voraussetzt. Allerdings kann im Einzelfall der Ersteinzutragende schon ein Aktionär sein, der sein Recht auf abgeleiteten Erwerb stützt (RG 86, 155), weil Aktien übertragen werden können, sobald (nicht auch vor Eintragung — § 41 IV) die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist. Jeder Aktionär hat einen Anspruch auf Führung des Aktienbuchs (RG in J W 06, 177; OLG 11, 381; B.-H. Rn. 3; Kölner Komm. Anm. 4; Blöcker in BB 1960, 1006). Die Pflicht entsteht, sobald Urkunden ausgegeben sind (RG a. a. O.), jedoch kann das Buch schon vorher angelegt werden durch Eintragung der Personalien der Aktionäre (§ 67 I). Bereits diesem Buch kommt die Bedeutung eines Aktienbuches und seinen Eintragungen die Wirkungen des Abs. 2 zu (ebenso die herrschende Ansicht; vgl. Barz in Großkomm. Anm. 4), weil es rechtspolitisch nicht angängig erscheint, seine Anwendbarkeit von der Ausstellung von Urkunden abhängig zu machen, mögen auch gerade für nicht vollbezahlte Aktien § 64 IV und § 10 I I ersehen lassen, daß das Gesetz von der Ausstellung von Urkunden ausgeht. Wenn nicht nach der Satzung zur Veräußerung die Zustimmung der Gesellschaft erforderlich ist, kann die 352

Eintragung im Aktienbudi

§67 Anm. 2—i

Gesellschaft nidit verhindern, daß gleich nach ihrer Eintragung der erste Aktionär eine Aktie veräußert. Sie würde ihn also, auch wenn sie ihn in ein Aktienbudi eingetragen hat, nicht an seiner Haftung festhalten können, wenn der Drude der Aktie noch nicht fertig ist. 2. Wirkungen der Eintragungen Anm. 3: Absatz 2 ist hierher übernommen worden, da § 67 sämtliche Eintragungen im Aktienbuch betrifft, obwohl er früher in der Vorschrift enthalten war, die die Übertragung von Namensaktien und die Eintragung der Umschreibung im Aktienbuch behandelte. Sie betrifft demnach die jeweils gültigen Eintragungen. Die Bedeutung der Eintragungen liegt also darin, daß im Verhältnis zur Gesellschaft als Aktionär derjenige, und zwar nur derjenige gilt, der als solcher im Aktienbudi eingetragen ist. Diese zwingende Vorschrift stellt zwei Dinge klar: 1. daß nur im Verhältnis zur Gesellschaft der Eingetragene als Aktionär gilt; Schutz des gutgläubigen Erwerbers von einem Nichtbereditigten gewährt also das Aktienbudi nicht; 2. daß für das Verhältnis zwisdien Veräußerer und Erwerber, also für den Rechtsübergang selbst, die Eintragung bedeutungslos ist. Für diesen ist sie nicht Voraussetzung (vgl. Kölner Komm. Anm. 15). Anm. 4: Dagegen ist darüber hinaus die Tragweite der Vorschriften überaus unklar. Aus den angeführten Entscheidungen und dem Schrifttum ergeben sich folgende Grundsätze: a) Von der Gesellschaft, von dem früher Eingetragenen, von dem neu Eingetragenen und jedem Mitaktionär kann geltend gemacht werden, daß das Eintragungsverfahren mangelhaft gewesen sei, insbesondere eine gültige Anmeldung nicht vorgelegen habe, und daß demnach die Eintragung ungültig sei (z. B. Scheinübertragung aufgrund Einverständnisses mit dem Vorstand, RG JW 34, 363). Die Anmeldung kann nach den Regeln des BGB angefochten werden; jedoch beseitigt, wenn Veräußerer und Erwerber beide angemeldet haben, die Anfechtung des einen die Anmeldung des anderen nicht (Warn.Rspr. 43, 73). b) Der Eingetragene übt, wenn ein Mangel des Eintragungsverfahrens nicht vorgelegen hat, alle Rechte aus der Aktie aus, hat aber auch alle Pflichten aus der Aktie. Solange er eingetragen ist, kann niemand, insbesondere weder er selbst noch ein anderer Aktionär, geltend machen, daß ein gültiger Rechtsübergang nicht stattgefunden habe, oder daß die Aktie auf einen anderen, sei es überhaupt von vornherein, sei es nadi der Eintragung des Erwerbers, übergegangen sei. Ein Minderjähriger kann also seine Eintragung rechtswirksam selbst nicht herbeiführen. Ist das geschehen, so fehlt es am Willen, da der Minderjährige eine rechtswirksame Willenserklärung nicht 353

§ 67 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 4—6 alleine abgeben kann (h. L.; a. A. die Voraufl.; vgl. Barz in Großkomm. Anm. 14). Die Gesellschaft kann sidi nicht auf die Eintragung berufen. Unter allgemeinem Widerspruch gestattet jedoch R G 79, 162 der Gesellschaft die Geltendmachung der Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis, also insbesondere auf Vollzahlung gegen den Erwerber der Aktie, auch vor Eintragung des Rechtsüberganges im Aktienbuch. III. Löschungen 1. Löschungen durch die Gesellschaft Anm. 5: Umstritten war bisher die Frage, inwieweit die Gesellschaft berechtigt sein soll, Eintragungen im Aktienbuch zu löschen, die ihrer Ansicht nach zu Unrecht bestehen. Nicht hierher gehören Schreibfehler, die wie bisher ohne weitere Benachrichtigung berichtigt werden können, sofern diese Berichtigung nicht einer Löschung des eingetragenen Aktionärs gleichkommt (Kölner Komm. Anm. 37). Ferner gehört nicht hierher die Löschung des wegen Verkaufs seiner Namensaktie zu Unrecht eingetragenen Aktionärs, da hierfür die Umschreibung gem. § 68 vorgeschrieben ist. Das Gesetz regelt diese Frage dahin, daß derartige Eintragungen nur gelöscht werden können, wenn keiner der Beteiligten Widerspruch erhebt. Hierfür ist den Beteiligten Mitteilung über die beabsichtigte Löschung zu machen und ihnen eine angemessene Frist zur Äußerung zu stellen. Beteiligt ist hierbei in erster Linie der eingetragene Aktionär und daneben die Vormänner, von denen er seinen Aktienbesitz herleitet. Zur Benachrichtigung reicht ein eingeschriebener Brief aus. Eine Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern ist angesichts der geringen Zahl der Beteiligten entbehrlich. Geht ein Widerspruch nicht ein, so kann die Eintragung gelöscht werden. Eine Zustimmung der Beteiligten ist demnach nicht erforderlich. 2. Anspruch auf Löschung Anm. 6: Unklar ist die Frage, wie ein Dritter falsche Eintragungen im Aktienbuch beseitigen lassen kann. Allgemein wird ohne Begründung die Ansicht vertreten, daß die falsche Eintragung durch Klage des wahren Berechtigten gegen den Eingetragenen beseitigt werden könne. Ein solches Urteil würde aber keine Rechtskraft gegenüber der Gesellschaft haben, und da gegenüber dieser der eingetragene Aktionär als Berechtigter gilt, ist nicht zu verstehen, wie durch ein derartiges ihr gegenüber nicht wirkendes Urteil im Verhältnis zu ihr eine Änderung an dieser Fiktion herbeigeführt werden kann. Bei nicht vollbezahlten Aktien und bei Aktien, zu deren Übertragung die Zustimmung der Gesellschaft notwendig ist, wird auch das Interesse der Gesellschaft betroffen (Beispiel: der nach Zustimmung der Gesellschaft zur Übertragung Eingetragene will die Nichtigkeit der Übertragung geltend 354

Eintragung im Aktienbuch

§67 Anm. 6—8

machen), die Gesellschaft wird also gleichfalls verklagt werden müssen (ebenso Kölner Komm. Anm. 36; unverständlich bleiben die weiteren Ausführungen, da Lutter selbst zu dem Ergebnis kommt, daß die AG verklagt werden muß, wenn sie aufgrund des gegen den zu Unrecht eingetragenen ergangenen Urteils die Löschung nicht vornimmt). Wie kann aber der Aktionär ihr gegenüber angesichts des Abs. 2 überhaupt obsiegen? Wenn er diese Bestimmung durch Klage überwinden kann, warum nicht auch durch Einwendung. Undienlich ist jedenfalls immer die Klage gegen die Gesellschaft allein, denn gerade im Verhältnis zu ihr gilt ja der Eingetragene als der Berechtigte. Wäre diese Klage möglich, so müßte, wie schon gesagt, auch die Einwendung möglich sein. Offensichtlich geht die Fiktion des Absatzes 2 textlich zu weit. Sie bezieht sich auch gegenüber der Gesellschaft nicht auf das Recht an der Aktie und steht dem Nachweis des Rechts an der Aktienurkunde und der Unrichtigkeit der Eintragung nicht entgegen. Anm. 7: Kann der zur Vollzahlung an die Gesellschaft verurteilte Eingetragene diese wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückfordern, wenn er nach der Zahlung ein Urteil gegen den wahren Berechtigten erfochten hat? Hatte er aufgrund eines direkten Vertragsverhältnisses einen Anspruch darauf, daß dieser sich eintragen lasse und auf eine Leistungsklage hin eine Verurteilung dahingehend erreicht, daß der Verurteilte die Aktienurkunde vorzulegen und (wenn der Kläger nicht selbst zur Anmeldung in der Lage ist) die Anmeldung vorzunehmen hat, so ist, auch gegenüber der Gesellschaft, die bisherige Fiktion des Abs. 2 beseitigt. Voraussetzung ist, daß — was wir für zulässig halten —, das zurückliegende Veräußerungsdatum eingetragen wird. Es ist dann der Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB gegen die Gesellschaft wegen Wegfalles des rechtlichen Grundes (fingierte Aktionärschaft) gegeben. Kann aber der Kläger mangels eines, wie oben beschriebenen, schuldrechtlichen Anspruches nur ein Feststellungsurteil gegen den Beklagten erwirken, welches gegenüber der Gesellschaft keine Bedeutung hat, weil es nicht zur Anmeldung und Eintragung führt und demnach den Abs. 2 nicht brechen kann, so kommt eine Rückforderung unseres Erachtens ebensowenig in Frage, wie die Beseitigung der Eintragung, weil angesichts der nach Abs. 2 weiterhin fingierten Aktionärschaft auch jetzt nicht gesagt werden kann, daß der Eingetragene ohne rechtlichen Grund an die Gesellschaft geleistet habe. Dagegen dürfte ihm der Bereicherungsanspruch gegen den nicht eingetragenen Aktionär gegeben sein. IV. Geltung für Zwisdiensdieine Anm. 8: Für nicht beurkundete Aktien gilt diese Vorschrift nicht, wohl aber gem. Abs. 4 sinngemäß für Zwischenscheine. 355

§§67/68 Anm. 9

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

V. Einsicht in das Aktienbuch Anm. 9: Nach Abs. 5 hat jeder Aktionär das Recht, das Aktienbuch einzusehen. Dient das Aktienbuch auf der einen Seite der Legitimation der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft, so soll andererseits der Aktionär die Möglichkeit haben, sich über die Eintragungen im Aktienbuch, insbesondere über seine Mitaktionäre, unterrichten zu können. Die Möglichkeit der Einsichtnahme im Aktienbuch durch Nichtaktionäre richtet sich weiterhin nach § 810 BGB (vgl. B.-H. Rn. 7; Kölner Komm. Anm. 43). § 68 Übertragung von Namensaktien. Umschreibung im Aktienbuch (1) Namensaktien können durch Indossament übertragen werden. Für die Form des Indossaments, den Rechtsausweis des Inhabers und seine Verpflichtung zur Herausgabe gelten sinngemäß Artikel 12, 13 und 16 des Wechselgesetzes. (2) Die Satzung kann die Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft binden. Die Zustimmung erteilt der Vorstand. Die Satzung kann jedoch bestimmen, daß der Aufsiditsrat oder die Hauptversammlung über die Erteilung der Zustimmung beschließt. Die Satzung kann die Gründe bestimmen, aus denen die Zustimmung verweigert werden darf. (3) Geht die Namensaktie auf einen anderen über, so ist dies bei der Gesellschaft anzumelden. Die Aktie ist vorzulegen und der Übergang nachzuweisen. Die Gesellschaft vermerkt den Übergang im Aktienbuch. (4) Die Gesellschaft ist verpflichtet, die Ordnungsmäßigkeit der Reihe der Indossamente und der Abtretungserklärungen, aber nicht die Unterschriften zu prüfen. (5) Diese Vorschriften gelten sinngemäß für Zwischensdieine. I. Übersicht (Anm. 1) II. Übertragung und Belastung der Aktie 1. Übergabe der Urkunde (Anm. 2) 2. Gutgläubiger Erwerb (Anm. 3) 3. Weitere Voraussetzungen bei Namensaktien (Anm. 4) 4. Form (Anm. 5) 5. Weitere Übertragungsmöglichkeit (Anm. 6) III. Legitimationsübertragungen (Anm. 7) IV. Übertragung nicht beurkundeter 356

Aktien (Anm. 8) V. Zustimmung der Gesellschaft 1. Erfordernis der Zustimmung (Anm. 9 u. 10) 2. Erteilung der Zustimmung (Anm. 11) 3. Satzungsbestimmung hinsichtlich der Zustimmung (Anm. 12) 4. Folgen der Versagung der Zustimmung (Anm. 13) 5. Geltendmachung der fehlenden Zustimmung (Anm. 14) VI. Anspruch auf Eintragung (Anm. 15)

Übertragung von Namensaktien. Umschreibung im Aktienbuch VII. Anmeldung des abgeleiteten Erwerbes 1. Voraussetzung und Form (Anm. 16—18)

§ 68

Anm. 1,2

2. Prüfung durch die Gesellschaft (Anm. 19) VIII. Geltung für Zwisdiensdieine (Anm. 20)

I. Übersicht Anm. 1: § 68 übernimmt in den Absätzen 1 und 2 die Absätze 2 und 3 des § 61 AktG 37 und in den Absätzen 3, 4 und 5 die Absätze 1, 2 und 4 des § 62 AktG 37. II. Übertragung und Belastung der Aktie 1. Ühergäbe der Urkunde Anm. 2: Die Übertragung, ebenso wie die Belastung mit Rechten (Nießbrauch-, Pfandrecht), vollzieht sich sowohl bei der Inhaberaktie wie bei der Namensaktie nicht ohne Übergabe der Urkunde, sobald eine Urkunde ausgestellt ist. Beide Arten verkörpern das Recht und sind Wertpapiere (aber nicht rechtsbegründende), sind körperlidie Gegenstände, Sachen im Sinne des § 90 BGB, genießen Besitzschutz (§ 854 BGB). Es besteht an ihnen die Eigentumsvermutung des § 1004 BGB, sie folgen den Regeln der §§ 985 ff. BGB und bezüglich der Eigentumsübertragung den Regeln der §§ 929 ff. BGB. Zur Übertragung des Rechts ist Übergabe des Papiers unerläßlich, bei der Inhaberaktie diese allein, bei der Namensaktie außer der Übergabe der Urkunde noch Abtretungserklärung oder Indossament (s. Anm. 4), wenn die Satzung nidit audi Zustimmung der Aktiengesellschaft fordert. Da aber das Aktienrecht unabhängig von der Urkunde durdi die Eintragung der Gesellschaft entsteht und von Anfang an veräußerlich ist, gelten diese Grundsätze erst, nachdem die Aktienurkunde ausgestellt und Eigentum des berechtigten Aktionärs geworden ist. Wann ist letzteres der Fall? Bis zu der Verbindung von Recht und Urkunde sind die einzelnen Rechte gleicher Gattung nicht unterscheidbar, es sei denn durch ihre Nummern im Aktienbuch, wenn ein solches angelegt ist, oder, ohne solche, nur mittelbar durch die Person der Aktionäre, denen sie zustehen (§ 67 I sieht sogar nur dieses Unterscheidungsmerkmal vor). In beiden Fällen besteht aber, wenn es sich nicht um Namensaktien handelt, die Schwierigkeit, daß von keinem Aktionär gesagt werden kann, von welchem Recht er Eigentümer ist, solange ihm nicht ein soldies von der Gesellschaft unterscheidbar von anderen bezeichnet worden ist. Diese Schwierigkeit besteht, obwohl er sdion durdi Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister — nicht etwa bloß Gläubiger einer Gattungsschuld, sondern — Inhaber eines individuellen Aktienrechtes geworden ist, indem er im Aktienbuch als Inhaber nummernmäßig bestimmter Rechte eingetragen wird (was auch bei Inhaberaktien denkbar ist und vorkommt; im 357

§68 Anm.2

Rechtsverhältnisse der Gesellsdiaft und der Gesellschafter

Falle der Veräußerung durch Abtretung läßt sich dann immer feststellen, welchen Erwerbsgang das einzelne Recht genommen hat) oder, daß eine für ein bestimmtes Recht ausgestellte Urkunde von der Gesellschaft für ihn bestimmt wird. Es liegt in der Natur der Sadie, daß letzteres nur durch eine nach außen kundgegebene, also erklärte Willensentschließung der Gesellsdiaft geschehen kann, wobei wir es hier dahingestellt sein lassen können, ob diese Erklärung empfangsbedürftig ist. Sie kann dies jedenfalls dann sein, wenn diese Bestimmung einer Urkunde für einen Aktionär mittels Herstellung eines Besitzverhältnisses an ihr zu seinen Gunsten erfolgt (Begründung einer Besitzdienerschaft, eines mittelbaren Besitzes durch Besitzkonstitut, Übergabe). Aber es ist durchaus denkbar, daß sie ohne Herstellung eines Besitzverhältnisses an der Urkunde ausgedrückt wird, z. B. bei Namensaktien, indem der Name des Aktionärs in der Urkunde eingetragen wird. Darin liegt die Verbindung der Urkunde mit dem Recht und, da dieses nach § 67 I durch den Aktionär schon individualisiert war, die Bestimmung der Urkunde für den Aktionär. Es ergibt sich: Die Verbindung des Rechtes mit einer bestimmten Urkunde ist ein einseitiger innerer Rechtsakt der Gesellschaft, der dadurdi vorgenommen wird, daß die Gesellschaft, wenn ein Aktienbuch mit Nummern eingerichtet ist, der Urkunde die Nummer eines Rechtes gibt oder die Urkunde für denjenigen Aktionär bestimmt, der als solcher das Recht selbst individualisiert und diese Bestimmung irgendwie ausdrückt. Trotz des weit auszulegenden § 952 BGB (siehe R G Warn.Rspr. 28, 107) kann aber bei Inhaberaktien kein Aktionär als Inhaber eines Aktienrechts Eigentümer der mit diesem verbundenen Urkunde werden, wenn nicht gleichzeitig mit dieser Verbindung die Bestimmung der Urkunde und des Rechts für einen bestimmten Aktionär erfolgt, weil solange nicht feststeht, von welchem Recht er Inhaber ist. Die bloße Numerierung der Urkunde reicht hierzu nicht aus, mag sie auch die Verbindung der Urkunde mit dem Recht herstellen, es sei denn, daß im Aktienbuch der Aktionär als Inhaber eines nummernmäßig individualisierten Rechtes eingetragen ist. Sobald aber auf irgendeine Weise die für ein bestimmtes Recht ausgestellte Urkunde einem bestimmten Aktionär zugeteilt ist, greift § 952 BGB ein, so daß er Eigentümer dieser Urkunde wird, ohne daß es einer Ubereignung oder Besitzübertragung bedarf, mag die Bestimmung der Aktienurkunde für einen bestimmten Aktionär sich auch regelmäßig in der Form der Besitzübertragung oder der Übergabe vollziehen. Es dürfte wohl auch genügen, daß die für ein bestimmtes Recht ausgestellte Urkunde ohne den Willen der Gesellsdiaft an einen Berechtigten gelangt, um nun diesen zum Eigentümer der Urkunde zu machen und klarzustellen, welchen Rechtes Inhaber er ist. Diese Überlegungen ergeben weiter, daß die Übertragung des Aktienredites mittels der Urkunde nicht nur voraussetzt, daß die Gesellschaft die Verbindung zwischen Urkunde und Recht hergestellt hat, sondern audi, 358

Übertragung von Namensaktien. Umschreibung im Aktienbudi

§ 68

Anm. 2—4

daß der Aktionär Eigentümer der Urkunde geworden ist, weil er vorher ja keine Möglichkeit hat, durch Übergabe der Urkunde oder Übertragung des Anspruchs auf deren Herausgabe das Recht zu veräußern. Erst von dem Augenblick an, in welchem der Aktionär Eigentümer der Urkunde wird, verkörpert also die Urkunde das Recht und wird dieses in ersterer dargestellt. Bis dahin ist sie nur ein buntes Stüde Papier, auch wenn sie über ein bestimmtes Recht ausgestellt ist. 2. Gutgläubiger Erwerb Anm. 3: Bei der Inhaberaktie besteht Meinungsverschiedenheit darüber, von welchem Zeitpunkt an ein gutgläubiger Erwerb geschützt ist. Ob schon dann, wenn die Urkunde der Gesellschaft selbst gestohlen worden, verlorengegangen oder abhanden gekommen ist, oder nur, wenn sie vor dem Verlust dem Aktionär schon ausgehändigt war. Hier ist zu unterscheiden: § 794 BGB ist nicht anwendbar, denn diese Vorschrift setzt eine rechtsbegründende Urkunde voraus, was die Aktienurkunde nicht ist, weil das Recht unabhängig von der Urkunde (zufolge einer vorgängigen Übernahme und Zuteilung) durch die Eintragung der Aktiengesellschaft entsteht (§41). Aber § 935 II BGB ist anwendbar, sobald die Urkunde nach Anm. 2 Eigentum des Aktionärs geworden ist und deshalb das Recht verkörpert. In letzterem Falle wird also der gutgläubige Erwerber Eigentümer und der Aktionär hat den Schaden, wenn er von dem Schuldigen keinen Ersatz zu erhalten vermag. Einen Schadensersatz durch die Gesellschaft im Falle des Verschuldens eines Vertreters oder Angestellten nach den §§ 31, 831, 278 BGB liefe auf eine unstatthafte Rückzahlung der Einlage hinaus. War aber der Aktionär noch nidit Eigentümer der Urkunde geworden (s. Anm. 2), so hat der Erwerber kein Aktienrecht erworben, weil § 794 BGB nicht anwendbar ist. Demnach ist gutgläubiger Erwerb an einer auf der Postreise zum ersten Aktionär abhanden gekommenen Aktie zum Schaden des ersten Aktionärs durch einen Dritten möglich (§ 935 BGB), aber nicht an einer aus den Geschäftsräumen der Gesellschaft gestohlenen oder von dieser selbst für einen Nichtaktionär bestimmten Aktie. Gutgläubiger Erwerb an einer Inhaberaktie nach § 935 BGB ist also nur möglich, wenn der in dem nach dieser Vorschrift maßgeblichen Zeitpunkt berechtigte Aktionär schon Eigentum an der Urkunde hatte, er kann dies aber nach § 952 BGB auch ohne Aushändigung der Urkunde erworben haben. 3. Weitere Voraussetzungen bei Namensaktien Anm. 4: Außer der Übergabe der Urkunde, welche bei der Inhaberaktie zur Übertragung des Rechts genügt, ist bei der Namensaktie außerdem entweder die Abtretung des Rechts (§§ 413, 398 BGB, § 68 IV) oder Indossa359

§ 68 Reditsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 4—6 ment auf der Rückseite der Urkunde (Abs. 1, Abs. 4) erforderlich. Beide Möglichkeiten bestehen nebeneinander ( J W 32, 2599). Die Satzung kann nach herrschender Ansicht weder die eine noch die andere Form verbieten (anders RG 77, 276). Der Unterschied zwischen beiden Formen ist erheblich, worauf Lutter (in Kölner Komm. Anm. 17) zu Recht hinweist, uns allerdings als anderer Ansicht bezeichnet. Bei der Abtretung durch den Nichtberechtigten schützt der gute Glaube des Erwerbers nicht; auch können dem Erwerber Einwendungen und Einreden entgegengesetzt werden, welche gegen den abtretenden Vormann begründet waren. Bei der Indossierung ist der durch eine fortlaufende Kette Ausgewiesene durch seinen guten Glauben gegen den Rechtsmangel seines Vormanns (nicht gegen rechtliche Mängel seines Erwerbsgeschäfts mit diesem) und Einwendungen oder Einreden geschützt und erwirbt vorbehaltlich der Anm. 2 das Recht und das Eigentum an der Urkunde (RG 112, 204). Als dritte Übertragungsform kommt bei Namensaktien die Absendung des Stückverzeichnisses gemäß § 18 DepG hinzu. Die Eintragung im Aktienbuch ist bei Namensaktien zur Übertragung nicht erforderlich (wenngleich nach § 68 zur Ausübung der Rechte aus der Aktie), ebensowenig zur Bestellung von Rechten an der Aktie (Pfandrecht und Nießbrauch). Doch ist bei letzterer kein Grund ersichtlich, warum die Eintragung unstatthaft sein sollte. Beim Nießbrauch ist die Eintragung zweckmäßig, wenn keine Gewinnanteilscheine ausgegeben sind. Beim Pfandrecht nur für die Ausschüttung in der Abwicklung, dagegen hinsichtlich der Gewinnanteile nur, wenn bei ausgegebenen Gewinnanteilsscheinen diese übergeben worden sind (§ 1296 BGB) oder, wenn keine Gewinnanteilsscheine ausgegeben worden sind, der Anspruch auf Gewinnanteile besonders mitverpfändet wurde, weil sich anderenfalls das Pfandredit nicht darauf erstreckt (§§ 1273, 1213 BGB). 4. Form Anm. 5: Eine Form ist für die Abtretung gesetzlich nicht vorgeschrieben und kann auch durch Satzung nicht vorgeschrieben werden (s. Anm. 2). Diese kann durch bloße Übergabe der Aktie ausgedrückt werden, doch wird der Erwerber immer schriftliche Abtretungserklärung aufgrund des Verpflichtungsgeschäftes fordern können, um sich gegenüber der Gesellschaft als Erwerber auszuweisen (siehe §§ 403, 413 BGB). 5. Weitere Übertragungsmöglichkeit Anm. 6: Audi Blankoabtretung und Blankoindossament sind zulässig und im Börsenhandel gebräuchlich ( J W 32, 2599), vgl. hierzu aber bzgl. Umschreibung im Aktienbuch Anm. 18. Ist die Zustimmung der Gesellschaft zur Abtretung erforderlich, ist in solchen Fällen bei Vorliegen mehrerer Zwischenübertragungen die Konstruktion schwierig und eine voll befriedigende Kon360

Übertragung von Namensaktien. Umschreibung im Aktienbuch

§ 68

Anm. 6,7

struktion nidht zu finden. Würden alle Geschäfte beurkundet sein, müßte die Zustimmung für jedes, das erste wie das letzte, eingeholt werden, denn ohne die Genehmigung des ersten Geschäftes kann auch das letzte selbst mit Genehmigung nicht zustande kommen. Wenn über das erste Geschäft eine Blankoübertragung ausgestellt war, liegt es nicht anders, aber man kann dieses dahin deuten, daß der Aussteller dieser Erklärung zur Verfügung des nicht berechtigten Veräußerers des letzten Geschäfts über die dinglich noch dem Aussteller der Erklärung gehörige Aktie (aufgrund eingegangener Verpflichtung) seine Zustimmung (§§ 182, 185 BGB) erteile. Dann wäre nur das letzte Rechtsgeschäft zu genehmigen. Die Zwischenübertragungen aber würden dadurch nicht wirksam (in letzterer Beziehung ebenso JW 32, 2599 mit unbefriedigender Konstruktion; wie hier Ritter § 62 Anm. 4 a; Barz in Großkomm. Anm. 13; Kölner Komm. Anm. 43). III. Legitimationsübertragungen Anm. 7: Die Legitimationsübertragung ist bei beiden Aktienarten statthaft (RG 118, 330), sofern sie nicht durch Satzung ausgeschlossen ist (siehe Abs. 2), erfordert aber bei der Namensaktie auch die Eintragung im Aktienbudi (Abs. 3), was sie erschwert, weil diese Eintragung nur durch Nachweis des Rechtsüberganges erwirkt werden kann. Unter Legitimationsübertragung ist die Herstellung der Legitimation eines Nichtaktionärs als Aktionär zu verstehen, um ihm eine Rechtsausübung zu ermöglichen, welche den Ausweis als Aktionär voraussetzt. Der Zweck ist dabei regelmäßig Ausübung der Rechte des Aktionärs durch den Legitimierten in des letzteren eigenem Namen mit Ermächtigung des ersteren (§185 BGB; die obenerwähnte Reichsgerichtsentscheidung sieht in dieser Ermächtigung die Legitimationsübertragung). Der Zweck kann aber auch darin bestehen, die Geltendmachung von Rechten zu ermöglichen, welche der eigentliche Aktionär an den Legitimierten veräußert hat (z. B. des mittelbaren Bezugsrechts, das eine Forderung gegen die Bank ist, welche die Emission übernommen hat, oder des Dividendenanspruchs, wenn keine Dividendenscheine ausgegeben sind). Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung, die keine Veräußerung des Aktienrechts einschließt, wird von dem Grundsatz der freien Veräußerlichkeit der Aktie und dessen rechtspolitischer Begründung nicht gedeckt. Sie beruht vielmehr auf der Möglichkeit der durch den Besitz der Urkunde und § 793 I S. 2 BGB erleichterten Herstellung eines Rechtsscheines. Sie kann deshalb durch die Satzung nicht nur für Namens-, sondern auch Inhaberaktien zustimmungspflichtig gemacht, ja verboten werden (abw. Barz in Großkomm. Anm. 25). Ein Wechsel des Aktienrechts findet nicht statt. Sieht die Satzung die Zustimmung der Gesellschaft als Erfordernis der Übertragung vor, so ist diese 361

§ 68

Anm. 7—9

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

auch für jeden Fall der Legitimationsübertragung notwendig (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 25). Die Ansicht, wonach eine Zustimmung der Gesellschaft nur für Fälle für erforderlich sein soll, in denen die Interessen der Gesellschaft betroffen wurden, ist u. E. unrichtig. Eine derartige Einschränkung ist nicht angängig, wenn man die Legitimationsübertragung derjenigen der Aktie gleichstellt. Es muß vielmehr gesagt werden, daß die Gesellschaft in den Fällen, in denen die Interessen der Gesellschaft nicht berührt sind, verpflichtet ist, die Zustimmung zu erteilen. Da die Legitimationsübertragung keine Rechtsübertragung ist, kann die Rechtsstellung, welche der Legitimierte durch sie erwirbt, sich von der des Aktionärs nicht unterscheiden, denn er übt dessen Rechtsstellung im eigenen Namen aus. Dies ist besonders bei der Legitimationsübertragung zwecks Ausübung des Stimmrechts wichtig. Über einen Fall abgeleiteten Erwerbs für Rechnung der Gesellschaft (§ 226 HGB alte Fassung) mit mißbräuchlicher Legitimationsübertragung siehe RG in JW 1934, 363. Der Anspruch auf Legitimationsübertragung ist vollstreckbar (Wegnahme der Aktien, bei der Namensaktie außerdem Verurteilung zur Zustimmung zur Umschreibung im Aktienbuch). IV. Übertragung nicht beurkundeter Aktien Anm. 8: Nicht beurkundete Aktienrechte werden durch Abtretungserklärung übertragen (RG 86, 154, sowie Anm. 9 am Ende). Die Einrichtung des Aktienbuches besteht für sie nidit. V. Zustimmung der Gesellschaft 1. Erfordernis der Zustimmung Anm. 9: Die freie Übertragbarkeit, Verpfändbarkeit und Vererblichkeit der Aktie, auf welcher ihre Verkehrsfähigkeit und daher ihre Eignung, vorhandene Mittel der Volkswirtschaft für ihre Zwecke zu sammeln und nutzbar zu machen, aber auch die fortschreitende Entwicklung des Unternehmens zur Selbständigkeit und zum Eigenleben beruht, ist der Inhaber- wie der Namensaktie wesentlich, von ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung abgesehen, und rechtlich der Ersatz für die fehlende Möglichkeit, die Gesellschaft oder die Mitgliedschaft zu kündigen und auszutreten. Sie ist daher ein Grundsatz des Aktienrechts, welcher für beide Aktienarten gilt und nur bei den Namensaktien und den ihnen gleichgestellten Zwischenscheinen (§ 10) eine einzige, gesetzlich genau bestimmte Ausnahme duldet, nämlich die Satzungsvorschrift, daß zur Übertragung die Zustimmung der Gesellschaft, nicht aber auch eines Dritten, erforderlich sei. Da es sich um die Ausnahme von einem wichtigen Grundsatz handelt, ist diese ausdehnende Auslegung der Gesetzesvorschrift unstatthaft. Darum kann die freie Übertragbarkeit durch andere Erfordernisse der Übertragung, mögen sie den Inhalt oder die Form 362

Übertragung von Namensaktien. Umschreibung im Aktienbudi

§ 68

Anm. 9—11

betreffen (anders als bei der GmbH), nicht eingeschränkt werden. Solche Einschränkungen sind nichtig (KG HRR 1938, Nr. 1607; JW 39, 296). Eine Übertragung, welche von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig gemacht werden kann, liegt nicht vor bei Gesamtrechtsnachfolge (Erbgang, Vereinbarung allgemeiner Gütergemeinschaft, Verschmelzung), wohl aber bei der Erfüllung eines Vermächtnisses, nach unserer Ansicht auch bei der Auseinandersetzung unter mehreren Miterben (a. A. Mügel in Soz.Prax. 39, Heft 16). Das Erfordernis der Zustimmung kann sowohl für voll, als auch für nicht vollbezahlte Aktien vorgesehen werden (RG 132, 155) und gilt dann auch für die Legitimationsübertragung (RG ebenda und für die GmbH RG 159, 281, zweifelhaft, wenn nicht ausdrücklich bestimmt, weil letztere keine Rechtsübertragung ist und der Legitimierte gerade die Rechte des Aktionärs, wenn auch im eigenen Namen, ausübt, siehe Anm. 7). Es ist zweckmäßig, aber nicht geboten, daß die Einschränkung der Übertragbarkeit in die Urkunde aufgenommen wird. Audi nicht beurkundete Aktien sind unbeschränkt veräußerlich, und zwar durch formlosen Abtretungsvertrag (RG 52, 423; 86, 155). Auch ihre Übertragbarkeit kann durch Satzung nicht ausgeschlossen (anders KG in JW 37, 2434 und Ritter, beide mit unzutreffender Berufung auf das Reichsgericht), wohl aber von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig gemacht werden. Einen Gattungsunterschied begründet die sogenannte Vinkulierung nach § 68 III nicht (s. Anm. 4 zu § 11, RG 132,161). Über die Behandlung vinkulierter Aktien im Börsenverkehr siehe Bruns in Die AktGes 1962, 329 ff. und Degener in Die AktGes 1963, 121 ff. Über die Versteigerung vinkulierter Aktien in den Fällen §§ 65 I I I ; 214 III und 226 III; vgl. Obermüller in NJW 1962, 82. Anm. 10: Die Vorschrift muß in der ursprünglichen Satzung oder bei Schaffung neuer Aktien im Kapitalerhöhungsbeschluß enthalten sein und kann nachträglich durch Satzungsänderung nur mit Zustimmung aller betroffenen Aktionäre eingeführt werden (RG 68, 212, ebenso Mügel a. a. O.; Teichmann-Köhler Anm. 3; Sdil.-Qu. Anm. 6 mit überzeugenden Gründen; Barz in Großkomm. Anm. 6), denn es handelt sich hierbei nicht um Änderung des Inhalts des Aktienrechts (siehe Anm. 4 zu § 11), sondern um eine Verstärkung der Bindung des Mitglieds an die Gesellschaft. Die Änderung liegt mehr nach der Seite der Pflichten als der Rechte. Die Aufhebung dieser Beschränkung der freien Übertragbarkeit ist durch Satzungsänderung mit der hierfür erforderlichen Mehrheit und ohne Zustimmung des Inhabers der Namensaktie zulässig. 2. Erteilung der Zustimmung Anm. 11: Die Erteilung der Zustimmung ist Sache des Vorstands (Abwicklers, Konkursverwalters), in der Zusammensetzung, in der er nach der 363

§ 68

Anm. 11,12

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Satzung als gesetzliche Vertretung erscheint (evtl. durch ein Vorstandsmitglied und einen Prokuristen). Die Satzung kann aber bestimmen, daß die Zustimmung eines Aufsichtsrats- oder Hauptversammlungsbeschlusses bedarf, aber immer kann nur ein Organ der Gesellschaft, nicht audi ein Dritter als zuständig erklärt werden. Audi wenn Aufsichtsrat oder Hauptversammlung die Zustimmung zu erteilen haben, ist nach außen die von dem vertretungsberechtigten Organ erklärte Zustimmung bindend (h. L.; a. A. Ritter Anm. 5 d). Es wäre namentlich für den Börsenverkehr unerträglich, auf das Erfordernis eines inneren Beschlusses Rücksicht nehmen zu müssen (für die GmbH RG 104, 415). Die Zustimmung kann vor- oder nachher erteilt werden, im voraus, aber nicht blanko (RG 132, 155), wogegen die Übertragung selbst blanko erfolgen kann. Für die Wirkung der nachträglichen Zustimmung siehe § 184 I BGB. Die Zustimmung verträgt als einseitige Erklärung keine Bedingung oder Befristung. Die Zustimmung ist formlos und kann auch durch schlüssige Handlung erklärt werden, sowohl gegenüber dem Veräußerer, als auch gegenüber dem Erwerber, ist also empfangsbedürftig (siehe § 182 BGB, vgl. BGH 15, 330). U. E. kann die Satzung für die Zustimmung eine Form, insbesondere Schriftform, vorschreiben (nach KG J W 39, 296 soll dies nur die Bedeutung einer internen Weisung haben), denn darin liegt nicht ein über das Erfordernis der Zustimmung hinausgehendes weiteres Erfordernis und keine weitere Einschränkung der Ubertragbarkeit oder Verstärkung der Bindung des Mitglieds (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 7; BGH in N J W 1950, 347). Nachträgliche Zustimmung ist unwiderruflich (§ 183 BGB), ebenso die Zustimmungsverweigerung. Ist nach der Satzung die Hauptversammlung berufen, die Zustimmung zu erteilen, so bleibt in dieser der Veräußerer stimmberechtigt (BGH in NJW 1967, 1963; Kölner Komm. Anm. 29; GmbHR 1968, 177 ff.). Der allgemein (B.-H. Rn. 7; Kölner Komm. Anm. 44) vertretenen Auffassung, daß die Zustimmung in einer Ein-Mann-Gesellschaft entfällt, ist zuzustimmen. Die von H. Wilhelmi in N J W 1952, 324 vertretene Auffassung wird nach der hierzu abgegebenen Stellungnahme von Boesebeck in NJW 1952, 1116 nicht mehr aufrechterhalten. 3. Satzungsbestimmung hinsichtlich der Zustimmung Anm. 12: Die Satzung kann Voraussetzungen bestimmen, unter denen die Zustimmung erforderlich ist, erteilt oder verweigert werden darf. Das Gesetz erwähnt besonders die Bestimmung, daß die Zustimmung nur aus wichtigem Grund verweigert werden könne, aber die Satzung ist völlig frei. Sie kann Fälle vorsehen, in denen die Zustimmung verweigert oder erteilt werden muß. Darüber, inwieweit sich Familiengesellschaften dadurch gegen das Eindringen unerwünschter Aktionäre schützen können vgl. Uhlenbrock in BB 1967, 1927. 364

Übertragung von Namensaktien. Umschreibung im Aktienbudi

§ 68

Anm. 12,13 Wird die Zustimmung ohne satzungsmäßige Gründe versagt, kann der Veräußerer aufgrund seines Mitgliedsredits, also nicht audi der Erwerber, auf Zustimmung klagen. Unter Umständen kann aber die Satzung dahin zu deuten sein, daß nur bei bestimmter Sachlage die Zustimmung erforderlich ist. Dann handelt es sich um Klage auf Feststellung, daß die Übertragung ohne Zustimmung wirksam erfolgt sei, zu der Veräußerer und Erwerber aktiv legitimiert sind (a. A. B.-H. Rn. 10; Barz in Großkomm. Anm. 10). Bestimmt die Satzung nichts, hat der Vorstand freie Hand. Durch das Erfordernis der Zustimmung mit oder ohne zusätzliche Satzungsbestimmungen kann also insbesondere der Übergang des Aktienrechts von bestimmten positiven oder negativen Voraussetzungen abhängig gemacht werden. Aktienrechtlich unwirksam ist die Verpflichtung des Aktionärs, die Aktie unter bestimmten Voraussetzungen zu veräußern oder der Gesellschaft zu überlassen, etwa im Falle des Erbgangs an einen einer bestimmten Familie Zugehörigen. Solche Verpflichtungen können nur mit einem Aktionär persönlich, natürlich auch mit Wirkung für seine Erben, vereinbart und bis zu einem gewissen Grade dadurch geschützt werden, daß die Notwendigkeit der Zustimmung zur Veräußerung vorgesehen und diese nicht erteilt wird (siehe Anm. 9 zu § 54). Auf diesem Wege kann nicht nur erreicht werden, daß der bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen zur Veräußerung an die Gesellschaft Verpflichtete die Aktie nicht an einen Dritten veräußern kann, sondern auch, daß er seiner zwecks Erlangung der Zustimmung der Gesellschaft zu seinem Erwerb eingegangenen persönlichen Verpflichtung genügt, sie an die Gesellschaft zu veräußern. Weitergehend kann aber nicht nur eine solche Veräußerungspflicht mit einem Aktionär persönlich vereinbart und durch das Erfordernis der Zustimmung zur Veräußerung geschützt, sondern vorgesehen werden, daß unter bestimmten Voraussetzungen, etwa im Fall nichtrechtsgeschäftlidien Ubergangs an einen außerhalb eines bestimmten Personenkreises (Familie) Stehenden, die Zwangsemziehung zulässig ist (§ 229, vgl. Anm. 10 zu § 54). 4. Folgen der Versagung der Zustimmung Anm. 13: Die Versagung der Zustimmung hat zur Folge, daß die Übertragung unwirksam ist. Dies gilt aber nicht im Falle des Pfandverkaufs oder des Verkaufs durch den Konkursverwalter (für die GmbH R G 142, 373 und die herrschende Ansicht; a. A. mit beachtlichen Gründen Mügel in Soz.Prax. 39, 991). Auch der Rechtsübergang durch Verschmelzung nach dem zwingenden § 346 kann durch Versagung der Zustimmung nicht gehindert werden. Für alle diese Fälle kann die Satzung Zwangseinziehung vorsehen, aber nicht unentgeltliche (RG 142, 373). Die Versagung ist unwiderruflich (BGH 13, 187; OLG Hamburg in WM 1954,586; Barz in Großkomm. Anm. 9). Das Verpflichtungsgeschäft bleibt trotz der Versagung der Zustimmung zu seiner Ausführung wirksam, wenn es nicht bedingt durch diese Zustimmung war, aber seine Erfüllung ist unmöglich. 365

§ 68 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 13—16 Inwieweit der Veräußerer schadenersatzpflichtig ist auf das positive Erfüllungsinteresse oder bloß das negative Vertragsinteresse, hängt von der Lage des Falles, insbesondere der Kenntnis der Beteiligten davon ab, ob die Zustimmung erforderlich und ungewiß ist, ferner von dem Verschulden bei Vertragsschluß und davon, was nach allgemeinen Auslegungsregeln von ihnen für den Fall der Versagung der Zustimmung vereinbart ist. Es kann übrigens teilweise Erfüllungsmöglichkeit (wenigstens obligatorische Übertragung der Vermögensrechte oder der Herrschaftsrechte im Sinne eines zeitlich begrenzten AbstimmungsVertrages; aber Achtung vor Stimmkauf) angenommen werden (§ 325 I S. 3 BGB). 5. Geltendmachung der jehlenden Zustimmung Anm. 14: Ist der Erwerber eingetragen worden, so kann der Mangel der nach der Satzung erforderlichen Zustimmung der Gesellschaft zu dem Rechtsübergang nach RG 86, 160 weder von dem Veräußerer (früher eingetragenen), welcher Wiedereintragung erstrebt, noch von dem neu Eintragenen geltend gemacht werden, welcher von der Gesellschaft auf Vollzahlung belangt wird. Wurde die Zustimmung verweigert und erfolgte versehentlich die Eintragung trotzdem, so kann also die Gesellschaft, obwohl sie die Zustimmung verweigert hat, den Eingetragenen in Anspruch nehmen, ohne daß sich dieser auf Verweigerung der Zustimmung berufen kann. Nach allgemeiner Ansicht würde in diesem Falle entgegen RG 86, 160 nicht einmal die Gesellschaft sich darauf berufen können, daß sie die Zustimmung zur Übertragung verweigert hat und ihr Versehen trotz dieser Verweigerung gegen sich gelten lassen müssen. Der Nutznießer wäre der Veräußerer, der 2 Jahre nach der Eintragung von seiner Haftung frei wird (§ 65 II). VI. Anspruch auf Eintragung Anm. 15: Die Gesellschaft selbst, welche zwar eine materiellreditliche, unbegründete Eintragung durch Löschung beseitigen kann, hat keinen Anspruch gegen den Erwerber, daß er sich eintragen lasse, obwohl sie daran sehr interessiert sein kann (vgl. jedoch RG 79, 163). Angeblich soll aber die Gesellschaft in allen Fällen, in welchen nicht der wahre Berechtigte eingetragen ist, den Eingetragenen nach den Grundsätzen behandeln können, welche bei der Legitimationsübertragung gelten. Als allgemeine Regel halten wir dies nicht für richtig, denn es kann ja sein, daß der Eingetragene in gar keiner Beziehung zu dem Berechtigten steht. VII. Anmeldung des abgeleiteten Erwerbs 1. Voraussetzung und Form Anm. 16: Absatz 4 betrifft den abgeleiteten Erwerb, dessen Eintragung Anmeldung voraussetzt, während der ursprüngliche Erwerb von der Gesellschaft nach § 67 ohne Anmeldung einzutragen ist. 366

Übertragung von Namensaktien. Umschreibung im Aktienbuch § 68 A r n 16—18

Jeder rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Übergang einer Namensaktie auf einen anderen ist nadi dem Wortlaut des Gesetzes bei der Gesellschaft anzumelden. Schon dies ist nicht richtig. Vielmehr besteht Übereinstimmung darüber, daß die Anmeldung weder eine publizistische Pflicht ist noch von der Gesellschaft erzwungen werden kann (ebenso B.-H. Rn. 11; Kölner Komm. Anm. 52), obwohl auch ihr Interesse stark beteiligt ist. Vielmehr steht sie im freien Belieben der am Übergang beteiligten Personen. Auch durch die Satzung kann die Anmeldung nicht vorgeschrieben werden. Nur durch Vertrag kann ein Geschäftsteil gegenüber dem anderen zur Anmeldung verpflichtet sein, außerdem kann bei vinkulierten Aktien (§ 68 II) die Zustimmung zur Übertragung von der Eintragung abhängig gemacht werden. Anm. 17: Der Erbe kann, ohne sich eintragen zu lassen, die Rechte des Eingetragenen ausüben, wenn er sein Erbrecht jeweils beweist, ebenso hat der Erbe umgekehrt auch ohne Eintragung die Verpflichtungen des Eingetragenen zu erfüllen, mit den bekannten Möglichkeiten, die Haftung auf den Nachlaß zu beschränken, denn anderenfalls wären ja die Rechte und Pflichten des Eingetragenen nicht vererblich, ohne daß der Erbe sich eintragen läßt. Läßt er sich eintragen, so ist er nicht als Erbe eingetragen, sondern als Aktionär schlechthin. Er kann dann die beschränkte Erbenhaftung nicht mehr geltend machen (ähnlich B.-H. Rn. 10). Unzulässig erscheint uns, in der Eintragung einen Vorbehalt zu machen. Anm. 18: Für die Anmeldung besteht keine Formvorschrift. Auch die Satzung kann keine Form oder sonstige Erschwerung vorschreiben, sie braucht also nicht schriftlich zu geschehen. Sie ist eine Rechtshandlung, welche unbeschränkte Geschäftsfähigkeit voraussetzt. Zur Anmeldung berechtigt ist sowohl der bisher eingetragene als auch der neue Aktionär, nur hat der Anmeldende die Aktie vorzulegen (siehe Abs. 3 S. 2 erster Halbsatz), um den Rechtsübergang nachzuweisen. Da dazu gehört, daß die Aktie übergeben wird, wird der Veräußerer, wenn er schon die Aktie vorlegen kann, regelmäßig den Übergang nicht nachweisen können. Will der Veräußerer sichergehen, besonders bei nicht vollbezahlten Aktien — wegen § 65 II —, wird er selbst die Aktie an die Gesellschaft einsenden mit einer Erklärung, durch die die Übergabe durch Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen die Gesellschaft ersetzt wird und die Gesellschaft anweisen, die Aktie unmittelbar an den Erwerber zurückzugeben. Der Nachweis der Übergabe der Aktie wird für jede von mehreren aufeinanderfolgenden Übertragungen durch die Vorlage der Aktie seitens des letzten Erwerbers geführt, außerdem ist der volle zusammenhängende Satz der Abtretungserklärungen oder Indossamente vorzulegen. Erstere müssen ausgefüllt sein, da sie, ebenso wie die Vollindossamente, eine ununterbrochene Kette darstellen müssen (wegen der materiellen 367

§§ 68 / 69

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Anm. 18—20 Wirksamkeit einer Blankoabtretung siehe Anm. 6 u. 7). Dagegen kann durch ein Blankoindossament audi ohne Ausfüllung der Nachweis der Rechtsübertragung auf jeden nach dem Aussteller des Indossaments folgenden Erwerbers geführt werden. Liegt ein Pfandverkauf dazwischen, so greift für diesen § 822 ZPO ein, für einen Pfandverkauf aufgrund rechtsgeschäftlichen Pfandrechts § 1277 BGB und § 822 ZPO, wenn der Verpfänder dem Gläubiger nicht eine Blankoabtretungserklärung oder ein Blankoindossament ausgestellt hatte. Diese Kette muß bis zum eingetragenen Aktionär zurückreichen. 2. Prüfung durch die Gesellschaft Anm. 19: Die Prüfung der Gesellschaft darf sich auf die formelle Ordnungsmäßigkeit sowohl der Anmeldung als auch der Nachweise über den Ubergang beschränken. Geht die Anmeldung von dem eingetragenen Aktionär oder einer Person aus, welche durch eine lückenlose, auf den Eingetragenen zurückführende Kette von Rechtsübertragungen ausgewiesen ist, und wird die Aktie vorgelegt, so darf die Gesellschaft die Eintragung vornehmen, ohne zu prüfen, ob die vorgelegten Urkunden echt, die Anmeldung selbst und die Rechtsübertragungen rechtsbeständig sind. Letzteres könnte die Gesellschaft gar nicht, z. B. nicht den guten Glauben des Erwerbers (§ 16 II WedisG). Dies gilt, obwohl die Wirksamkeit der Eintragung von einer gültigen Anmeldung, gerade von ihr und von nichts anderem, abhängt. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist die Gesellschaft den Beteiligten gegenüber zur Eintragung verpflichtet. Bei Erbgang wird die Gesellschaft Erbschein verlangen müssen, weil sie zwar nidit die Echtheit eines Testaments zu prüfen braucht, aber nicht beurteilen kann, ob es die letztgültige letztwillige Verfügung ist. Die Gesellschaft ist zur Umschreibung verpflichtet, auch ohne daß Zwischenerwerber eingetragen werden. Nur bei vinkulierten Aktien (§ 68 II) kann sie deren Eintragung erzwingen, indem sie die Zustimmung zum letzten Erwerb von der Eintragung der Zwischenmänner abhängig macht. Der nicht eingetragene Veräußerer hat zufolge § 67 III den Anspruch überhaupt nicht. V D l Geltung für Zwischensdieine Anm. 20: Für nicht beurkundete Aktien gilt diese Vorschrift nicht, wohl aber für Zwischenscheine sinngemäß.

§ 69 Reditsgemeinschaft an einer Aktie (1) Steht eine Aktie mehreren Berechtigten zu, so können sie die Rechte aus der Aktie nur durch einen gemeinsdiaftlichen Vertreter ausüben. (2) Für die Leistungen auf die Aktie haften sie als Gesamtschuldner. 368

Redbtsgemeinschaft an einer Aktie

§69 Anm. 1—3

(3) Hat die Gesellschaft eine Willenserklärung dem Aktionär gegenüber abzugeben, so genügt, wenn die Berechtigten der Gesellschaft keinen gemeinschaftlichen Vertreter benannt haben, die Abgabe der Erklärung gegenüber einem Berechtigten. Bei mehreren Erben eines Aktionärs gilt dies nur für Willenserklärungen, die nach Ablauf eines Monats seit dem Anfall der Erbschaft abgegeben werden. Anm. 1: § 69 übernimmt die Vorschrift des § 63 AktG 37 ohne wesentliche Änderungen. Anm. 2: Der Fall des § 69 liegt vor, wenn gegenüber der Gesellschaft mehrere Mitberechtigte vorhanden sind, mag es sich um Inhaber- oder Namensaktien ursprünglichen oder abgeleiteten Erwerbs handeln. Bei Namensaktien kann das nach § 67 III nur zutreffen, wenn im Aktienbuch mehrere Berechtigte eingetragen sind. Der Hauptfall ist der der Erbengemeinschaft (vgl. BayObLG in Die AktGes 1968, 330) und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Aus § 69 folgt nicht zwingend, daß die Namensaktienurkunden nur auf einen der mehreren Berechtigten lauten könnten. Die Inhaberaktie lautet selbstverständlich nur auf den Inhaber. Für die Übertragung eines Anteils, die insbesondere beim Miteigentum, aber durch Übertragung des Erbanteils auch bei Erbengemeinschaften möglich ist — selbstverständlich bei Übertragung der Aktie —, gelten die §§ 67 und 68. Bei Ausscheiden aus der Gemeinschaft mit Anwachsen zugunsten der übrigen Berechtigten halten wir § 68 II nicht für anwendbar. Zeichnen die mehreren Erben unter Nachweis ihres Erbrechts ohne Eintragung als Aktionäre der alten Aktien (durch einen gemeinschaftlichen Vertreter) neue Aktien, so sind sie als ursprüngliche Aktionäre dieser neuen Aktien im Aktienbuch einzutragen und haben einen gemeinschaftlichen Vertreter zu benennen. Anm. 3: Wenngleich § 69 auch für Inhaberaktien gilt, so ist er doch wegen der bei solchen leicht herzustellenden Einzellegitimation nur bei Namensaktien praktisch. Mehrere im Aktienbudi eingetragene Berechtigte können das Recht aus der Aktie nur durch einen gemeinschaftlichen Vertreter ausüben. Dies gilt in erster Linie vom Stimmrecht, Bezugsrecht, aber auch vom Recht zum Empfang des Anteils am Abwicklungserlös, endlich vom Recht auf den Anteil am Bilanzgewinn, wenn nicht ohnedies auf den Inhaber lautende Dividendenscheine ausgegeben sind. Der gemeinschaftliche Vertreter braucht nicht im Aktienbuch eingetragen zu werden. Es ist auch nicht vorgeschrieben, daß ein dauernder gemeinschaftlicher Vertreter bestellt werden muß. Demnach kann für jeden Fall der Rechtsausübung immer wieder ein anderer gemeinschaftlicher Vertreter benannt werden. Es können auch 369

§ 69

Anm. 3—3

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

mehrere Vertreter bestellt werden, aber nur so, daß sie einzeln handeln und daß ihre Handlungen für alle Berechtigten bindend sind (anderer Ansicht B.-H. Rn. 3; Kölner Komm. Anm. 16). Wird kein gemeinschaftlicher Vertreter bestellt, so können mehrere Berechtigte die Rechte aus der Aktie nicht ausüben (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 6 und 7; B.-H. Rn. 3; a. A. Kölner Komm. Anm. 20). Dies kann, wenn ihnen alle Aktien zustehen (Miterben eines Einmanns) dazu führen, daß die Organisation der Gesellschaft lahmgelegt ist (vgl. Godin in Soz.Prax. 40, 154). Wird das Stimmrecht trotzdem ausgeübt, so ist der Beschluß nach § 243 anfechtbar, was freilich nur vom Vorstand geltend gemacht werden kann, weil auch das Anfechtungsrecht nur gemeinsam ausgeübt werden kann. Ein Vertreter braucht nicht bestellt zu werden bei Personengesellschaften des Handelsrechts und ehelichen Gütergemeinschaften oder bei Vorhandensein eines Testamentsvollstreckers. Mehrere Mittestamentsvollstrecker müssen einen gemeinsamen Vertreter bestellen, wenn nicht jeder von ihnen handeln kann. Anm. 4: Die mehreren im Aktienbuch eingetragenen Berechtigten haften gesamtschuldnerisch für Einlage und Nebenleistung, auch wenn sie einen gemeinschaftlichen Vertreter haben, also audi, wenn sie aufgrund Bezugsrechts durch einen gemeinschaftlichen Vertreter eine Aktie gezeichnet haben. Erben können sich eintragen lassen oder nicht. Ersterenfalls haften sie unbeschränkt (§ 67 III), ohne daß es nach unserer Ansicht möglich wäre, die Haftungsbeschränkung im Aktienbuch vorzubehalten (h. A.; a. A. Barz in Großkomm. Anm. 8). Sind sie nicht eingetragen, so haften sie als Erben mit der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung. Wird die Aktie übertragen, so bleibt die Vormännerhaftung nadi § 65 gesamtschuldnerisch. Wird nur der Anteil eines Berechtigten übertragen oder scheidet er aus der Gemeinschaft aus, so ist seine Haftung gegenüber jener aller Berechtigten (nicht nur seines speziellen Rechtsnachfolgers) subsidiär, geht aber auf das Ganze, wenn kein Berechtigter zahlt. Anm. 5: Es handelt sich hier um Erklärungen, die nicht durch Bekanntmachung abgegeben werden, sondern z. B. mittels eingeschriebenen Briefes. Miterben ist ein Monat Zeit gelassen, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen. Bis dahin muß eine derartige Erklärung gegenüber einem jedem von ihnen, nach Ablauf der Frist kann sie einem beliebigen einzelnen von ihnen abgegeben werden. Betrifft die Erklärung nicht Pflichten, sondern Redite des Aktionärs, kann sie nach dem Ablauf der Frist ganz unterbleiben, wenn kein gemeinschaftlicher Vertreter bestellt ist. 370

Berechnung der Aktienbesitzzeit

§70 Anm. 1,2

§ 70 Beredmung der Aktienbesitzzeit Ist die Ausübung von Rechten aus der Aktie davon abhängig, daß der Aktionär während eines bestimmten Zeitraums Inhaber der Aktie gewesen ist, so steht dem Eigentum ein Anspruch auf Obereignung gegen ein Kreditinstitut gleich. Die Eigentumszeit eines Reditsvorgängers wird dem Aktionär zugerechnet, wenn er die Aktie unentgeltlich, von seinem Treuhänder, als Gesamtreditsnachfolger, bei Auseinandersetzung einer Gemeinschaft oder bei einer Bestandsübertragung nach § 14 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen erworben hat. Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt die bisher in § 64 AktG 37 geregelten Bestimmungen ohne wesentliche Änderungen, lediglich das Wort „Bank" in Satz 1 ist durch „Kreditinstitut" ersetzt worden. § 70 befaßt sich mit den Fällen, in denen nach §§ 142 II; 147 I; 163 II und 258 II die Ausübung bestimmter Minderheitsrechte davon abhängig ist, daß der Aktionär während eines bestimmten Zeitraums Inhaber der Aktie (lies Aktionär) war und bestimmt zwingend die Berechnung der Frist. Anm. 2: § 70 bestimmt, daß es dem Eigentum gleichstehen soll, wenn der Aktionär einen Anspruch gegen ein Kreditinstitut auf Eigentumsübertragung der Aktien besaß, also insbesondere, wenn ihm die Aktie auf Girosammeikonto gutgeschrieben war, aber auch vor der Gutschrift oder Übersendung des Nummernverzeichnisses, wenn er aufgrund der Ausführung einer Einkaufskommission die Übereignung verlangen konnte. Immer aber muß es sich um dem Kreditinstitut in Verwahrung gegebene Stücke oder um Stücke handeln, die das Kreditinstitut für Rechnung des Kunden aus dem in Verfolg einer Einkaufskommission gemachten Ausführungsgeschäft; bereits geliefert erhalten hat (weitergehend Barz in Großkomm. Anm. 5, wie hier Ritter § 64 Anm. 2 c; Kölner Komm. Anm. 9), auch wenn Depotgutschrift noch nicht erteilt ist. Noch nicht fällige Ansprüche auf künftige Lieferung (zu einem bestimmten Termin), mögen sie auch aus einer Einkaufskommission herrühren, sind nicht mitzurechnen. Bei jungen Aktien führt die Bestimmung zu einer innerlich unhaltbaren Unterscheidung zwischen gesetzlichem und mittelbarem Bezugsrecht und bei letzteren, je nach dem, ob das neue Kapital von einem Kreditinstitut allein oder zusammen mit einem Nichtbankier übernommen wurde. Die Zurechnung kann erst von der Eintragung der durchgeführten Kapitalerhöhung ab beginnen (so mit Recht Barz in Großkomm. Anm. 5), denn bis dahin ist die Erfüllung des Anspruchs unmöglich. Unseres Erachtens kommt man zu befriedigenden Ergebnissen nur, wenn man sich entschließt, bis dahin von der alten Aktie auszugehen. Warum sollte der 371

§§ 70/71

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Anm. 3,4 Aktionär, der die alte Aktie während der geforderten Frist besaß, für die junge Aktie das Minderheitsrecht nicht haben und noch dazu eine so unsinnige Unterscheidung gelten (vgl. noch Anm. 3 letzter und vorletzter Satz). Anm. 3: Die Zurechnung der Eigentumszeit eines Rechtsvorgängers verbietet sich von selbst, wenn der Rechtsübergang ein gewöhnlidies entgeltliches Umsatzgeschäft: zur Grundlage hatte. Bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge soll die Besitzzeit des Reditsvorgängers zugeredinet werden, desgleichen bei der Gesamtrechtsnachfolge, also Erbfolge oder Verschmelzung und dergleichen (§ 142 HGB), bei dem Erwerb von dem Treuhänder, gleichgültig, ob eigentliche (einschließlich Sidierungseigentum) oder uneigentliche Treuhänderschaft vorliegt, endlich bei der Auseinandersetzung einer Gemeinschaft an einer Vermögensgesamtheit oder einzelnen Aktien. Ob Rechtsvorgänger, Treuhänder, Gemeinschaften in dem Aktienbuch eingetragen waren, ist unerheblich, wenn der Aktionär bei Ausübung des Rechts eingetragen ist. Dem Legitimationsaktionär kommt die Zurechnung nur aus der Person des Legitimationsgebers zu. Für diesen wird die Besitzzeit durch die Legitimationsübertragung nicht unterbrochen. Liegen in ununterbrochener Kette mehrere Fälle des Satzes 1 oder 2 vor, so werden die mehreren Besitzzeiten zusammengerechnet.

S 71 Erwerb eigener Aktien (1) Die Gesellschaft darf eigene Aktien nur erwerben, 1. wenn der Erwerb notwendig ist, um einen schweren Schaden von der Gesellschaft abzuwenden, 2. wenn die Aktien den Arbeitnehmern der Gesellschaft zum Erwerb angeboten werden sollen, 3. wenn der Erwerb geschieht, um Aktionäre nach § 305 Abs. 2 oder § 320 Abs. 5 abzufinden, 4. wenn auf die Aktien der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag voll geleistet ist und der Erwerb unentgeltlich geschieht oder die Gesellschaft mit dem Erwerb eine Einkaufskommission ausführt, 5. durch Gesamtrechtsnachfolge oder 6. auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung zur Einziehung nach den Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals. Der Gesamtnennbetrag der zu den Zwecken nach Nummern 1 bis 3 erworbenen Aktien darf jedoch zusammen mit dem Betrag anderer Aktien der Gesellschaft, die die Gesellschaft oder ein abhängiges oder ein in ihrem Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen oder ein anderer für Rechnung 372

Erwerb eigener Aktien

§71

der Gesellschaft oder eines abhängigen oder eines in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens bereits zu diesen Zwecken erworben hat und nodi besitzt, zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigen. (2) Ein Verstoß gegen Absatz 1 macht den Erwerb eigener Aktien nur unwirksam, wenn auf sie der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag noch nicht voll geleistet ist. Ein schuldrechtliches Geschäft über den Erwerb eigener Aktien ist nichtig, soweit der Erwerb gegen Absatz 1 verstößt. (3) Dem Erwerb eigener Aktien steht es gleich, wenn eigene Aktien als Pfand genommen werden. Jedoch darf ein Kreditinstitut eigene Aktien bis zu dem in Absatz 1 Satz 2 bestimmten Gesamtnennbetrag als Pfand nehmen; sie rechnen zu den Aktien, die zu den Zwecken nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 als Pfand genommen sind. (4) Ein abhängiges Unternehmen darf Aktien der herrschenden Gesellschaft, ein im Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen Aktien der an ihm mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft nur erwerben oder als Pfand nehmen, soweit dies der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft nach Absatz 1 Nr. 1 bis 5, Absatz 3 Satz 2 gestattet wäre. Ein Verstoß gegen Satz 1 macht den Erwerb oder die Inpfandnahme der Aktien nicht unwirksam; jedoch ist das schuldrech tlidie Geschäft über einen verbotswidrigen Erwerb oder eine verbotswidrige Inpfandnahme nichtig. (5) Ein Rechtsgeschäft zwischen der Gesellschaft oder einem abhängigen oder in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen und einem anderen, nach dem dieser berechtigt oder verpflichtet sein soll, eigene Aktien der Gesellschaft für Rechnung der Gesellschaft oder des abhängigen oder des in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens zu erwerben oder als Pfand zu nehmen, ist nichtig, soweit der Erwerb oder die Inpfandnahme der Aktien durch die Gesellschaft oder das abhängige oder das in ihrem Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen gegen die Absätze 1, 3 und 4 verstößt. (6) Aus eigenen Aktien stehen der Gesellschaft keine Rechte zu. Gleiches gilt für Aktien, die einem anderen für Rechnung der Gesellschaft gehören. I. Übersidit (Anm. 1) II. Verbot des Erwerbs eigener Aktien 1. Grund des Verbotes (Anm. 2) 2. Ausnahmen a) Erwerb zur Abwendung eines schweren Schadens (Anm. 3 u. 4) b) Erwerb zum Anbieten an Arbeitnehmer (Anm. 5 u. 6) c) Erwerb zur Abfindung nadi §§ 305, 320 (Anm. 7)

d) Unentgeltlicher Erwerb (Anm. 8 u. 9) e) Erwerb durch Gesamtrechtsnadifolge (Anm. 10) f) Erwerb zur Einziehung (Anm. 11) 3. Beschränkung der Ausnahmen (Anm. 12 u. 13) III. Wirkung eines Verstoßes gegen das Verbot (Anm. 14 u. 15) IV. Inpfandnahme eigener Aktien

373

§ 71 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 1,2 1. Im allgemeinen (Anm. 16) VI. Rechtsgeschäfte mit anderen zum 2. Sonderregelung für KreditErwerb eigener Aktien (Anm. 20) institute (Anm. 17) VII. Rechte der Gesellschaft an eigenen V. Erwerb durch abhängige oder in Aktien (Anm. 21 u. 22) Mehrheitsbesitz stehende Unterneh- VIII. Forderung auf Lieferung eigener men (Anm. 18 u. 19) Aktien (Anm. 23) I. Übersicht Anm. 1: § 71 übernimmt die Bestimmungen des § 65 AktG 37, erweitert aber die Fälle der Ausnahmen zu dem Verbot des Erwerbs eigener Aktien (Nr. 3 und 5) und entscheidet einige zu früherem Hecht aufgetretene Streitfragen. Betrifft § 56 den ursprünglichen Erwerb, so befaßt sich § 71 mit dem abgeleiteten Erwerb von Aktien durch die Gesellschaft selbst, ein von ihr abhängiges oder einem in ihrem Mehrheitsbesitz befindlichen Unternehmen und für Rechnung der Gesellschaft oder eines von ihr abhängigen oder eines in ihrem Mehrheitsbesitz befindlichen Unternehmens. II. Verbot des Erwerbs eigener Aktien 1. Grund des Verbotes Anm. 2: Klargestellt ist, daß ein nach § 71 nicht zulässiger Erwerb eine verbotene Rückgewähr der Einlage (§ 57) mit der Folge der Haftung des veräußernden Aktionärs nach § 62 ist (RG 167, 46). Grundsatz ist: 1. daß eine Gesellschaft eigene Aktien nicht erwerben darf, ebenso 2. daß ein abhängiges Unternehmen Aktien der herrschenden Gesellschaft nicht erwerben darf, 3. daß ein im Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen nicht Aktien der an ihm mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft erwerben darf und 4. daß auch für Rechnung der Gesellschaft oder eines von ihr abhängigen oder eines in ihrem Mehrheitsbesitz befindlichen Unternehmens Aktien von einem Dritten nicht erworben werden dürfen. Für dieses Verbot sind nicht formal juristische Bedenken maßgebend gewesen, vielmehr bedeutet der Erwerb eigener Aktien eine Gefahr für die Gläubiger der Gesellschaft und auch für die Aktionäre und vergrößert darüber hinaus das Unternehmerrisiko, wodurch die Gesellschaft besonders in Krisenzeiten anfälliger wird (Kölner Komm. Anm. 5). Durch jeden Verlust der Gesellschaft sinkt der Wert der Aktie und somit tritt bei eigenen Aktien neben dem Verlust noch eine Wertminderung des Gesellschaftsvermögens ein. Also nicht, weil die Gesellschaft nicht an sich selbst beteiligt sein kann, ist ihr der Erwerb eigener Aktien untersagt, sondern weil sie ihr Grundkapital nicht 374

Erwerb eigener Aktien

§71

Anm. 2 , 3

schmälern und Einlagen nidit zurückzahlen darf und weil der Vorstand nicht mittels eigener Aktien der Gesellschaft Macht über die Hauptversammlung gewinnen soll (vgl. Weser in Arch. f. ziv. Prax. Bd. 159, 56). Das Verbot bezieht sidi nur auf Aktien, nicht auf eigene Genußscheine und Wandelschuldverschreibungen. Deren Rechte ruhen jedoch solange als sie im Besitz der AG sind (vgl. Ganssmüller in DB 1955, 865; Adler-DüringSchmaltz § 160 Tz 98; Kölner Komm. Anm. 7; Barz in Großkomm. Anm. 4; a. A. Meyer in BB 1955, 551). Dem Erwerb gleichgestellt ist die Sicherungsübereignung (allgemeine Ansicht), nicht aber die Legitimationsübertragung und die reine Verwaltungstreuhänderschaft (streitig: wie hier Adler-Düring-Schmaltz § 160 Tz 97; jetzt auch Barz in Großkomm. Anm. 5; a. A. B.-H. Rn. 8). § 71 ist zwingende Vorschrift und die darin normierten Ausnahmen sind erschöpfend. 2. Ausnahmen a) Erwerb zur Abwendung eines schweren Schadens Anm. 3: Das Gesetz läßt Ausnahmen zu dem Verbot zu. So kann die Gesellschaft eigene Aktien erwerben, wenn dies zur Abwendung eines schweren Schadens von der Gesellschaft notwendig ist (vgl. aber Anm. 12 und 13). Schwerer Schaden kann sein u. U. ein Kurssturz, der sich nicht allmählich im Laufe einer allgemeinen rückläufigen Bewegung der Börsenkurse, sondern aufgrund besonderer Umstände gerade in den Aktien der Gesellschaft vollzieht (weitergehend Schl.-Qu. § 65 Anm. 6). Der Erwerb zur Kurspflege ist, wenn es sich nicht um einen plötzlichen Kurssturz handelt, nicht mehr statthaft (B.-H. Rn. 6; Kölner Komm. Anm. 14). Gerade aus diesem Erwerbsgrund, der der allgemeinen Auffassung entsprochen hatte, daß eine Gesellschaft es ihrem Ansehen schuldig sei, den Kurs ihrer Aktien auf dauernd gleichbleibender Höhe zu halten, waren vor der Geltung des Aktiengesetzes von 1937 in einer langen Periode sinkender Kurse die großen Bestände an eigenen Aktien zusammengekommen, die schließlich mit Recht ein Gegenstand der Sorge geworden waren. Immer ist nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden, ob ein schwerer Schaden vorliegt oder droht. Nicht angängig ist es u. E., dem Verhältnis des drohenden Schadens zu dem mit dem Aktienerwerb verbundenen Risiko besondere Bedeutung für die Auslegung des Begriffes „schweren Schadens" zu geben (so Barz in Großkomm. Anm. 7; wie hier Kölner Komm. Anm. 17; B.-H. Rn. 6), denn einmal ist die Frage, ob ein Schaden der Gesellschaft droht, unabhängig von dem Risiko zu bewerten, das der Aktienerwerb mit sich bringt, und zum anderen können die Gefahren, die sich aus dem Aktienerwerb ergeben, im Zeitpunkt des Erwerbes nicht übersehen werden (siehe Anm. 2). 375

§ 71

Anm. 3—3

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Die Überfremdung der AG stellt keinen drohenden Schaden der Gesellschaft im Sinne des § 71 dar, so daß die Verwaltung keine Möglichkeit hat, mit gesellschaftsrechtlichen Mitteln hiergegen vorzugehen (ebenso Mestmäcker in BB 1961, 945; Rasch, S. 143 ff.; Kölner Komm. Anm. 15, der uns unverständlich als anderer Ansicht bezeichnet; a. A. B.-H. Rn. 6; Barz in Großkomm. Anm. 7; BGH 33, 186). Anm. 4: Der Erwerb muß notwendig sein, um den Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Es kommt hierbei nicht auf die Auslegung des Vorstandes, sondern darauf an, wie ein objektiver und ordentlicher Geschäftsführer den gegebenen Sachverhalt beurteilt. Der Erwerb muß also nicht nur subjektiv in der Absicht stattfinden, einen schweren Schaden abzuwenden, es muß vielmehr auch objektiv ein solcher drohen (zum Teil a. A. Barz in Großkomm. Anm. 8). Notwendig heißt, der Erwerb muß das geeignete und einzige vernünftige zu Gebote stehende Mittel sein, den Schaden abzuwenden (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 8; a. A. vgl. Kölner Komm. Anm. 18). b) Erwerb zum Anbieten an Arbeitnehmer Anm. 5: Als weitere Ausnahme ist der Erwerb eigener Aktien zugelassen, wenn diese den Arbeitnehmern der Gesellschaft zum Erwerb angeboten werden sollen (vgl. aber Anm. 12 und 13). Ob der Erwerb zulässig ist, hängt davon ab, ob zum Zeitpunkt des Erwerbs die Absicht bestand, die Aktien den Arbeitnehmern anzubieten. Erweist sidi diese Absicht als nicht durchführbar oder wird sie später geändert, ändert sich nichts daran, daß der Erwerb gültig war. Stand die Absicht noch nicht fest oder war sie nur fingiert, so ist der Erwerb unzulässig (wie hier B.-H. Rn. 7; Barz in Großkomm. Anm. 10; Adler-Düring-Schmaltz § 160 Tz 104). Sind die Aktien zulässig erworben, so kann ihre Wiederveräußerung auch dann nicht verlangt werden, wenn ihre Weitergabe an Arbeitnehmer endgültig nicht mehr erfolgt (wie hier Adler-Düring-Schmaltz § 160 Tz 108; Barz in Großkomm. Anm. 14; a. A. Niethammer in BB 1960, 257; B.-H. Rn. 7). Sollen die Aktien nicht den Arbeitnehmern der Gesellschaft, sondern den Arbeitnehmern einer von ihr abhängigen oder in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen angeboten werden, so halten wir mit Rücksicht auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut den Erwerb nicht für zulässig (teilweise abweichen Adler-Düring-Schmaltz § 160 Tz 111, die keine endgültige Stellung nehmen). Die weitere Frage, ob ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen Aktien der Obergesellschaft erwerben kann, um sie seinen Arbeitnehmern anzubieten, wird von Adler-Düring-Schmaltz (§ 160 Tz 112) bejaht. Wir können dieser Auffassung nicht zustimmen, weil die in Abs. 4 376

Erwerb eigener Aktien

§71 Anm. 5

aufgeführten Unternehmen beim Erwerb von Aktien der Obergesellschaft nicht schlechthin dieser gleichgestellt werden. Das hätte man aus der alten Fassung des § 65 V AktG 37 vielleicht entnehmen können. Diese Bestimmung ist aber geändert, weil klar zum Ausdruck kommen soll, daß das grundsätzliche Verbot, eigene Aktien zu erwerben, sich zur Ausschaltung von Umgehungen auf den Erwerb von Aktien der Obergesellschaft durch abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen erstrecken muß. Der Abs. 4 bezieht sich deshalb grundsätzlich auf die Obergesellschaft. Diese kann nur Aktien erwerben, wenn sie deren Arbeitnehmer angeboten werden sollen. Deshalb kann ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen auch nur dann nach Ziff. 2 Aktien der Obergesellschaft erwerben, wenn sie den Arbeitnehmern der Obergesellschaft angeboten werden sollen, nicht aber wenn sie für die eigenen Arbeitnehmer bestimmt sind. Die Bestimmung läßt offen, zu welchen Bedingungen diese Aktien den Arbeitnehmern anzubieten sind. Die Aktie kann entgeltlich oder unentgeltlich zum Erwerb angeboten werden, sie kann infolgedessen auch unter ihrem Nennwert angeboten werden und selbstverständlich auch unter dem jeweiligen Börsenwert. Die Ausgabe von Aktien an Belegschaftsmitglieder ist nichts Neues. Es haben bereits bisher eine Reihe großer Firmen anläßlich der Ausschüttung einer Weihnachtsgratifikation oder einer Gewinnbeteiligung ihren Belegschaftsmitgliedern Aktien angeboten, teilweise zu einem Vorzugskurs. Derartige Angebote sind vielfach schon bisher unter der Verpflichtung gemacht worden, daß die Aktien für eine bestimmte Zeit nicht veräußert werden dürfen. Die durch § 19 des Gesetzes über die Kapitalerhöhung aus Gesellsdhaftsmitteln und über die Gewinn- und Verlustrechnung erfolgte und hierher übernommene gesetzliche Regelung entspricht mithin weitgehend einem bisher in der Prais angewandten und bewährten Verfahren. Über den Begriff des Arbeitnehmers vgl. Niethammer (in BB 1960, 257 ff.) und C.-H. und S. Wilhelmi (in BB 1968, 137). Es ist beanstandet worden, daß der Vorstand allein darüber entscheiden kann, ob und zu welchen Bedingungen Aktien den Belegschaftsmitgliedern angeboten werden können. Da das Gesetz keine besondere Bestimmung getroffen hat, fällt sowohl der Erwerb der Aktien als auch ihre Ausgabe an die Belegschaftsmitglieder unter die Befugnisse des Vorstandes, da er die Gesellschaft leitet und vertritt (§§ 76 und 77). Der Aufsichtsrat kann aber jederzeit durch einfachen Beschluß bestimmen, daß sowohl der Erwerb von eigenen Aktien allgemein oder zum Zweck der Weitergabe an Arbeitnehmer (so auch Geßler in BB 1960, 11) und darüber hinaus auch die Ausgabe der Aktien an Belegschaftsmitglieder nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden darf. Dasselbe kann auch in der Satzung festgelegt werden. Es bedarf aber einer solchen Satzungsbestimmung nicht, da sich das Recht des Aufsichtsrates aus § 1 1 1 I V ergibt und durch die Satzung nicht einmal 377

§ 71 Anm. 5,6

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

eingeschränkt werden kann (vgl. im einzelnen Anm. zu § 111). Bei der Beratung des Gesetzes über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Gewinn- und Verlustrechnung wurde geltend gemacht, die Entscheidung über den Erwerb eigener Aktien und die Ausgabe der Aktien zu einem Vorzugskurs oder gar unentgeltlich an die Arbeitnehmer müsse unter die Kontrolle der Hauptversammlung gestellt werden, da es sich um einen Eingriff in das Recht der Aktionäre handele. Die gleiche Ansicht wird in der Literatur auch vertreten, so Horneff in Volkswirt 1959, 2636. Dabei wird übersehen, daß die Gesellschaft nur Aktien erwerben kann, die auf dem Markt sind und bei denen also der bisherige Aktionär bereit ist, die Aktien zu veräußern. Ein Enteignungsvorgang kommt deshalb beim Erwerb der Aktien nicht in Frage, auch eine Weitergabe der Aktien unter dem Börsenkurs oder dem Erwerbspreis oder gar unentgeltlich ist keine Enteignung der Aktionäre, vielmehr eine besondere Form der vielen sozialen Maßnahmen, die in jedem Betrieb vom Vorstand, teilweise mit, teilweise ohne besondere Zustimmung des Aufsichtsrates durchgeführt werden. Die Frage, wie die sozialen Leistungen insgesamt zu bemessen sind, ist eine Frage, die in erster Linie der Vorstand und der Aufsichtsrat zu entscheiden berufen sind, denn sie haben den besseren Überblick und wissen am besten, was für die Erhaltung eines guten Betriebsklimas zu geschehen hat. Das schließt nicht aus, daß sich der Vorstand und ggf. der Aufsichtsrat schadensersatzpflichtig machen, wenn sie die Bestimmung in einer die Aktionäre schädigenden Weise und unter Verletzung ihrer Pflichten anwenden (so auch Geßler a. a. O.; Kölner Komm. Anm. 25). Anm. 6: Das Gesetz bestimmt nichts darüber, wie lange die Gesellschaft eigene Aktien, die den Arbeitnehmern angeboten werden sollen, in Besitz haben darf. Eine solche zeitliche Begrenzung konnte schon deshalb nicht im Gesetz geregelt werden, weil die Verwaltung der Gesellschaft nicht übersehen kann, wie weit die Arbeitnehmer von ihrem Angebot Gebrauch madien. Nach den bisherigen Erfahrungen erfolgt das Angebot in der Weise, daß es dem Arbeitnehmer die Wahl läßt, ob er den auf ihn als Gratiiikation entfallenden Betrag in bar oder ganz oder teilweise in Aktien entgegennehmen will. Der Spielraum, den das Gesetz dadurch gegeben hat, daß es keine Frist für die Ausgabe der nach Nr. 2 erworbenen Aktien gesetzt hat, darf allerdings nicht mißbraucht werden (ebenso Adler-Düring-Schmaltz § 160 Tz 109; Kölner Komm. Anm. 21). Die Beschränkung der Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien auf 10 %> des Grundkapitals (vgl. Anm. 12) schafft beim Vorstand ein Interesse daran, nur so viele Aktien zu erwerben, wie sie vermutlich in einem überschaubaren Zeitraum benötigt werden — etwa einem Geschäftsjahr —, schon um frei Hand zu haben für den Erwerb nach den Ziff. 1 und 3. Über die Ausgabe von Aktien an die Arbeitnehmer im Wege der Kapitalerhöhung vgl. § 192 II Nr. 3, § 202 IV und § 204 III. 378

Erwerb eigener Aktien

§71 Anm. 7—9

c) Erwerb zur Abfindung nach §§ 305,320 Anm. 7: Neu ist die Erlaubnis, eigene Aktien zu erwerben, um Aktionäre nach den § 305 II oder 320 II abzufinden. Es handelt sich hier genau wie bei Nr. 2 um einen Durchgangserwerb, da in beiden Fällen die Gesellschaft nur zu dem Zweck eigene Aktien erwirbt, um sie alsbald wieder abzugeben. Gewinnabführungs- und Beherrsdiungsverträge (§ 291) können für außenstehende Aktionäre Schaden bedeuten, darum sind zu ihrer Sicherung besondere Bestimmungen ergangen (§§ 304 ff.). Hiernach sind gemäß § 305 II Bestimmungen über die Abfindung außenstehender Aktionäre im Vertrag aufzunehmen; hierzu gehört die Abfindung mit eigenen Aktien, u.U. auch mit Aktien einer Obergesellschaft. Nadi den §§319, 320 kann die Hauptversammlung unter bestimmten Voraussetzungen die Eingliederung der AG in eine andere AG beschließen (siehe dort). Für diesen Fall ist in § 320 V eine Abfindung für ausgeschiedene Aktionäre geregelt, die unter anderem in Aktien der Hauptgesellsdiaft bestehen kann. Um diese Abfindung zu erleichtern, ist es der Gesellschaft gestattet, auch für diesen Zweck eigene Aktien zu erwerben (vgl. aber Anm. 12 und 13). Handelt es sich um eine abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Gesellschaft, so kann sie auch Aktien der Obergesellschaft erwerben (§ 305 II Nr. 2). Adler-Düring-Sdimaltz (§ 160 Tz 116) sind der Ansicht, daß der Erwerb eigener Aktien auch dann zulässig sei, wenn diese zur Abfindung von Aktionären bei der vermögensübertragenden Umwandlung gem. § 15 I des Umwandlungsgesetzes in der Fassung des § 39 EG bestimmt sind. Sie führen zutreffend aus, daß nach den Feststellungen des Ausschußberichts die neue Regelung der Abfindungsvorschriften im Umwandlungsgesetz denen des Aktienrechts angepaßt werden sollten, weil die Interessenlage die gleiche ist. Dennoch können wir uns zu einer sinngemäßen Anwendung der Vorschriften des § 71 I Nr. 3 nicht entschließen, da das Gesetz die Abfindungsfälle durch ausdrückliche Benennung der §§ u. E. erschöpfend aufführt. Durch eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ändert sich nichts, denn sie ist materiell nur eine Kapitalberichtigung mit Aufspaltung der alten Anteile (B.-H. Rn. 10; Adler-Düring-Schmaltz § 160 Tz 133). d) Unentgeltlicher Erwerb Anm. 8: Der unentgeltliche Erwerb ist nur bei vollbezahlten Aktien statthaft. Eine „Abandonnierung" der Aktie mit der Wirkung, sich damit von allen Verpflichtungen freizukaufen, ist nicht zulässig (ebenso B.-H. Rn. 11; Kölner Komm. Anm. 35; Barz in Großkomm. Anm. 21). Unzulässig ist der unentgeltlidie Erwerb nicht vollbezahlter Aktien. Anm. 9: Erwerb in Ausführung einer Einkaufskommission wird nur bei Aktienbanken vorkommen, welche den Auftrag eines Kunden zum Ankauf 379

§ 71

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Ann». 9—11 ihrer Aktien ausführen. Dies ist bei vollbezahlten Aktien statthaft, dagegen unstatthaft bei nicht vollbezahlten Aktien. Schon immer wurde versucht, den Kreditinstituten ein darüber hinausgehendes Recht auf Erwerb eigener Aktien zukommen zu lassen im Hinblick auf eine spätere Einkaufskommission. Dies wurde den Kreditinstituten aber ebensowenig eingeräumt wie der Erwerb durch Selbsteintritt im Falle der Verkaufskommission, anderenfalls hätten Kreditinstitute größere Mengen eigener Aktien erwerben können, was insofern eine erhebliche Gefahr bedeutet hätte, als die Kreditinstitute insbesondere das Vertrauen der Öffentlichkeit benötigen (vgl. Schönle in Z f K 66, 148). e) Erwerb durch Gesamtrechtsnacbfolge Anm. 10: Nach bisherigem Recht war es streitig, ob der Erwerb eigener Aktien im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Ausnahme zu dem Verbot des § 71 zugelassen werden sollte. Das neue Gesetz hat diese Frage mit der herrschenden Lehre bejaht. Danach darf die Gesellschaft nunmehr eigene Aktien im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erwerben. Hierunter fällt allein der Erwerb durch Erbgang und durch Verschmelzung. Erwerb durch Erbgang ist, sofern die Einlage voll gezahlt ist, bereits nach Nr. 4 zugelassen. Nunmehr ist jedoch klargestellt, daß auch nicht voll eingezahlte eigene Aktien im Erbgang erworben werden können. Bei der Verschmelzung (§§ 339 ff.; siehe dort) in der Form der Übernahme der einen durch die andere Gesellschaft kann sich ergeben, daß die aufnehmende Gesellschaft Aktien der übertragenden hat oder die übertragende Aktien der aufnehmenden. Bei Verschmelzung durch Neubildung (§ 353) können die verschmolzenen Gesellschaften eigene Aktien oder eine oder jede Gesellschaft Aktien der anderen besitzen. In diesen Fällen ist Erwerb eigener Aktien möglich. f ) Erwerb zur Einziehung Anm. 11: Der Erwerb zur Einziehung nach Nr. 6 ist ohne Rücksicht auf Anlaß, Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit, Höhe des Betrages und auch Vollzahlung statthaft, andererseits muß dem Erwerb ein Kapitalherabsetzungs- und Einziehungsbeschluß der Hauptversammlung vorausgehen und müssen die Aktien nach den Vorschriften über Kapitalherabsetzung eingezogen werden (§ 237). Der Beschluß muß in das Handelsregister eingetragen sein. Mehrheitserfordernis und Zulässigkeit der Auszahlung des Erwerbspreises sowie Erlöschen der Vollzahlungspflicht richten sich nach § 237. Erwirbt die Gesellschaft vollbezahlte Aktien unentgeltlich oder bezahlt sie den Erwerbspreis aus Bilanzgewinn oder freier Rücklage, genügt einfache Mehrheit und darf der Erwerbspreis ohne Rücksicht auf die Gläubigerschutzvorsdirif380

Erwerb eigener Aktien

§71 Anm. 11—13

ten ausgezahlt werden; ein dem Gesamtnennbetrag der erworbenen Aktien gleichkommender Betrag ist in die gesetzliche Rücklage einzustellen. Sind die Aktien nicht voll bezahlt oder können sie nicht aus dem Bilanzgewinn oder den freien Rücklagen bezahlt werden oder will die Gesellschaft die Kapitalherabsetzung ohne eine gleiche Erhöhung der gesetzlichen Rücklage durchführen (§ 237 V), bestehen f ü r den Hauptversammlungsbeschluß die erschwerenden Vorschriften des § 222 und darf der Erwerbspreis nur nach § 225 bezahlt werden. Bei nicht voll bezahlten Aktien tritt die Befreiung von der Resteinzahlungspflicht erst in dem sich aus § 225 ergebenden Zeitpunkt ein. In beiden Fällen tritt die Kapitalherabsetzung nicht schon durch die Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses, sondern erst durch Einziehung der erworbenen Aktien ein (§ 238 S. 1 u. 3), denn der Hauptversammlungsbeschluß muß dem Erwerb vorangehen. 3. Beschränkung der Ausnahmen Anm. 12: Die in den Nr. 1—3 (Anm. 3 bis 7) aufgezählten Ausnahmen zum Verbot des Erwerbs eigener Aktien unterliegen nach Absatz 1 S. 2 einer weiteren Beschränkung. Hiernach ist in den genannten Fällen der Erwerb nur insoweit zugelassen, als der Gesamtnennbetrag zusammen mit dem Betrag anderer Aktien der Gesellschaft, die die Gesellschaft oder ein abhängiges oder ein in ihrem Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen oder ein anderer für Rechnung der Gesellschaft oder eines abhängigen oder eines in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens bereits zu diesen Zwecken erworben hat und noch besitzt, 10 vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigen dürfen. Hierzu zählen auch die eigenen Aktien, die als Pfand genommen worden sind (Abs. 3). Die Erwerbsmöglichkeiten nach den N r . 4 bis 6 unterliegen dieser Beschränkung nicht. Die so erworbenen Aktien sind auch nicht bei der Berechnung zu berücksichtigen, ob die Gesellschaft bereits 10 °/o eigene Aktien hat, denn hierbei zählen nur die zu den Zwecken der N r . 1—3 erworbenen Aktien. Insbesondere für die Zwecke der N r . 1 ist diese Bestimmung von Bedeutung, da hierfür eine längere Besitzzeit möglich ist. Erwerb eigener Aktien für die Zwecke in N r . 2 und 3 ist seiner Natur nach auf nur vorübergehenden Besitz bestimmt, da die hiernach erworbenen Aktien an die Arbeitnehmer oder abzufindenden Aktionäre weitergegeben werden. Insbesondere hinsichtlich der Nr. 2 hat daher die Verwaltung der Gesellschaft ein Interesse daran, nur so viele eigene Aktien zur Weitergabe an die Arbeitnehmer zu erwerben, als sie vermutlich in einem überblickbaren Zeitraum, etwa einem Geschäftsjahr, benötigt, schon um freie Hand zu haben für den Erwerb eigener Aktien zur Abwendung eines schweren Schadens (vgl. Anm. 6). Anm. 13: Hinzuzurechnen sind die — schon seit § 19 des Gesetzes über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Gewinn- und Ver381

§ 71

Anm. 13—15

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

lustrechnung genannten — Aktien der Gesellschaft, die ein abhängiges Unternehmen besitzt und — nunmehr neu festgesetzt — auch die Aktien der Gesellschaft, die ein in deren Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen oder ein anderer besitzt, die er im Namen der Gesellschaft, eines abhängigen oder eines in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens erworben hat. Zu beachten ist, daß auch diese Aktien nur insoweit hinzugerechnet werden müssen, als sie für die in den Nr. 1 bis 3 genannten Zwecken erworben sind. Das abhängige oder in Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehende Unternehmen muß nicht etwa eine AG sein (vgl. zum Begriff Unternehmen § 15 Anm. 2). Wenn also z. B. eine von einer Aktiengesellschaft abhängige Gesellschaft mit beschränkter Haftung 5 % des Nennkapitals der Muttergesellschaft an Aktien dieser Gesellschaft nach den Nr. 1 bis 3 des § 71 Abs. 1 erworben hat, so kann die Muttergesellschaft nur noch bis zu 5 °/o ihres Grundkapitals nach den Nr. 1—3 Aktien erwerben. III. Wirksamkeit eines Verstoßes gegen das Verbot Anm. 14: Der unzulässige Erwerb ist, seiner Unzulässigkeit ungeachtet, voll wirksam und gültig. Er hat also die gleichen Wirkungen wie der zulässige Erwerb. Hinzu tritt aber, daß das Gesetz in diesem Falle die Bezahlung des Erwerbspreises als unzulässige Rückzahlung der Einlage behandelt wissen will (§ 57). Der Veräußerer ist also verpflichtet, diesen Erwerbspreis der Gesellschaft zu erstatten und haftet in dessen Höhe den Gläubigern der Gesellschaft nach § 62. Sind die unzulässigerweise erworbenen (z. B. ohne Gefahr schweren Schadens aufgekauften) Aktien nicht voll bezahlt, so ist jedoch der Erwerb nichtig. Nicht hierunter fällt naturgemäß der zulässige Erwerb eigener, nicht voll eingezahlter Aktien (siehe insbesondere Nr. 5 und 6), weil die Gesellschaft sonst den Anspruch auf die restliche Einlageforderung verlieren würde. Anm. Ii: Das schuldrechtliche Grundgeschäft, welches auf einen unzulässigen Erwerb abzielt, ist nichtig. Diese Vorschrift geht sehr weit, wenn man bedenkt, daß der Veräußerer in den allerwenigsten Fällen selbst wird beurteilen können, ob die Gesellschaft sich in den Grenzen einer zulässigen Ausnahme hält (ebenso Kölner Komm. Anm. 44). Er kann weder wissen, ob ihr ein schwerer Schaden droht oder der Erwerb eigener Aktien geeignet oder notwendig ist, ihn abzuwenden, wieviel eigene Aktien sie schon besitzt und gerade zwecks Abwendung eines schweren Schadens erworben hat, noch, ob ihr eine Einkaufskommission erteilt ist, noch weniger, ob der Erwerber etwa abhängig von der Gesellschaft ist, deren Aktien verkauft werden usw. Die Vorschrift, daß der Erwerb als Ausführungsgeschäft, auch wenn unzulässig, 382

Erwerb eigener Aktien

§71 Anm. 15,16 sofern die Aktien voll bezahlt sind, wirksam ist, kann nach der üblichen Gesetzessprache nicht dahin verstanden werden, daß etwa das Ausführungsgeschäft die Nichtigkeit des Grundgeschäftes heilt. Dessen Nichtigkeit hat also nicht nur zur Folge, daß kein Teil die Erfüllung verlangen, vielmehr jeder ablehnen kann, wenn ihm dies nachträglich vorteilhaft erscheint, sondern auch, daß der an sich voll wirksame Erwerb nach Maßgabe der Vorschriften der §§812 ff. BGB schuldrechtlich rückgängig gemacht werden kann. Die Gesellschaft selbst wird regelmäßig schlechtgläubig sein und demnach regelmäßig § 814 BGB ihrer Rückforderung im Wege stehen, dagegen sind sehr viele Fälle denkbar, in welchem der Veräußerer der Aktien gutgläubig ist. Dieser kann dann die Aktie zurückverlangen und gegenüber der Gegenforderung der Gesellschaft Minderung der Bereicherung geltend machen. Beachte auch das Verhältnis des nach § 71 II S. 2 mit § 812 BGB bestehenden bloßen Bereicherungsanspruchs der Gesellschaft zu ihrem absoluten, keiner Wegfalleinwendung ausgesetzten Anspruch aus § 57 (siehe dort Anm. 7), § 62 (s. dort Anm. 5); macht die AG letzteren geltend, bleibt sie gleichwohl nach § 812 BGB zur Rückgabe der Aktien verpflichtet (a. A. Kölner Komm. Anm. 50; Barz in Großkomm. Anm. 28). Eine Gutschrift auf Girosammeidepot kann, auch wenn sie nach den zugrunde liegenden Geschäftsbedingungen als Erfüllung des Grundgeschäftes erscheint, niemals als Erwerb der Aktie angesehen werden. Aus der Gutschrift entsteht also keine Forderung auf bestimmte Aktien, wenn der Erwerb durch die Käuferin nicht zulässig ist. Die Vorschrift bezieht sich audi auf ein Rückkaufsrecht (RG 147, 48), wobei aber nach § 139 BGB durch die Nichtigkeit der Rückkaufsvereinbarung wohl das ganze Geschäft, also audi der Verkauf, nichtig sein und deshalb nadi § 812 BGB kein Rückforderungsredit der verinbarungsgemäß rückkaufberechtigten Gesellschaft bestehen dürfte; dies verkennt RG a. a. O. Man entgeht aber diesem Ergebnis nur, wenn man die bürgerlichrechtliche Norm als durch die aktienreditliche Sondernorm außer Kraft gesetzt ansieht. Nichtig ist auch ein Deportgeschäft (RG a. a. O.; Barz in Großkomm. Anm. 26); verschieden davon ist ein auflösend bedingtes oder befristetes Verkaufs- und Ubereignungsgeschäft (RG a. a. O.). IV. Inpfandnahme eigener Aktien 1. Im Allgemeinen Anm. 16: Der rechtsgeschäftliche Erwerb zum Pfand ist dem Erwerb eigener Aktien gleichgestellt, was auch vom Erwerb zu Sicherungseigentum gelten muß. Daraus ergibt sich, daß ein solcher Erwerb zur Abwendung eines schweren Schadens zulässig ist. Die übrigen Ausnahmefälle können beim Pfanderwerb nicht vorkommen. Zur Abwendung eines schweren Schadens dürfen auch nicht voll gezahlte Aktien zum Pfand genommen werden. Man 383

§ 71

Anm. 16—18

Rechtsverhältnisse der Gesellsdiaft und der Gesellschafter

wird, wenn die Gesellsdiaft die Forderung, die durch das Pfand gesichert werden soll, schon vorher erworben hatte, in der Beurteilung einer schweren Schadensgefahr weitherzig sein dürfen (a. A. Kölner Komm. Anm. 56). Auch wenn ein Vorstand der Gesellsdiaft durdi Hinterlegung eigener Aktien Kaution leistet, was immer zulässig ist, um sein Interesse festzulegen und die Aktien zu sperren, ist darüber hinaus die Entstehung eines Pfandrechts für die Haftungsansprüche möglich und zu bejahen, daß eine Gefahr schwerer Schädigung abgewendet werden soll. Ist zu verneinen, daß eine solche vorlag, insbesondere, wenn Pfandnahme und Forderungserwerb gleichzeitig vor sich gehen, so ist der Pfanderwerb voll bezahlter Aktien gleichwohl gültig, der nicht voll bezahlter nichtig (siehe Abs. 2); die Unterscheidung ist hier jedoch gänzlich unverständlich, weil durch den Pfanderwerb die Einlagerestforderung mangels Vereinigung nicht untergehen und nicht eingesehen werden kann, warum der Gesellschaft in diesem Falle die Sicherheit entzogen wird. Der Erwerb eines Vollstreckungspfandrechts, gesetzlichen Pfandrechts oder eines kaufmännischen Zurückbehaltungsrechts ist an voll bezahlten Aktien und nidit voll bezahlten Aktien unbeschränkt möglich (eingeschränkt Kölner Komm. Anm. 54 unter Bezug auf Beeser in Arch.f.ziv.Pr. 159, 64 ff.). Erwirbt die Gesellsdiaft zulässig oder unzulässig gutgläubig ein Pfandrecht, so bleibt gleichwohl der Pfandschuldner Aktionär, das Stimmrecht steht ihm zu. Da die Gesellschaft es nicht ausüben könnte, kann es ihr nicht einmal durch Vereinbarung übertragen werden. Auch der Gewinnansprudi bleibt dem Aktionär (§§ 1296, 1273, 1213 BGB). Die Gesellschaft ihrerseits kann sich aber aus dem Pfandrecht oder Sicherungseigentum nur durch Verkauf befriedigen, insbesondere den Abwicklungserlösanteil nicht einziehen, da ihr nach Abs. 6 keine Rechte aus eigenen Aktien zustehen. 2. Sonderregelung für Kreditinstitute Anm. 17: Eine Sonderregelung ist in Absatz 3 S. 2 erfolgt, wonach Kreditinstitute eigene Aktien als Pfand nehmen dürfen; allerdings dürfen diese Aktien zusammen mit den nach Absatz 1 Nr. 1—3 erworbenen Aktien 10 o/o des Gesamtbetrages des Grundkapitals nicht übersteigen. Durch diese Bestimmung soll den Kreditinstituten die Kreditgewährung erleichtert werden, indem sie sidi die in ihrem Depot liegenden Aktien eines Kreditnehmers verpfänden lassen dürfen. Wäre dies unzulässig, so würden die Kreditinstitute in ihren Geschäften erheblidi beschränkt. V. Erwerb durch abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen Anm. 18: Der Erwerb von Aktien einer Gesellsdiaft durch ein abhängiges oder eines in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens ist in Absatz 4 neu geregelt. Nadi § 65 V AktG 37 richtete sich dieser Erwerb nach den Vorschriften über den Erwerb und die Inpfandnahme eigener Aktien, was 384

Erwerb eigener Aktien

§71 Anm. 18—20

eine Verweisung hinsichtlich der Voraussetzungen und audi der Wirkungen bedeutete. Die Voraussetzungen werden heute in Abs. 4 S. 1 nur teilweise übernommen, während die Wirkungen in Satz 2 neu geregelt worden sind (siehe Anm. 19). Der Erwerb von Aktien durch ein abhängiges oder ein in Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen, das keine AG zu sein braucht, sondern sogar das Unternehmen eine Personengesellschaft sein kann, für dessen eigene Rechnung ist grundsätzlich verboten; aber auch hier sind Ausnahmen zugelassen: , Soweit die Gesellschaft in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 5 eigene Aktien erwerben darf, kann auch ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen die Aktien der Gesellschaft erwerben. Ausgenommen ist somit der Erwerb zur Einziehung nadi den Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals. Beachte insbesondere Anm. 13. Anm. 19: Der unzulässige Erwerb macht diesen nach Satz 2 nicht unwirksam. Das bedeutet, daß auch der unzulässige Erwerb nicht voll bezahlter Aktien durdi ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen wirksam ist. Das ist insofern folgerichtig, als durch einen Erwerb gemäß Absatz 4 S. 1 die Forderung der Gesellschaft auf die noch ausstehende Einlage nicht erlischt. Im übrigen sind die Wirkungen die gleichen wie beim Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft, vgl. Anm. 14 und 15. Im Fall des wirksamen (zulässigen oder unzulässigen) Erwerbs kann zwar das abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen das Stimmrecht nidit ausüben und auch nicht ausüben lassen (§ 136 Abs. 2), hat aber das Recht auf den Gewinnanteil, die Liquidationsrate und auch das Bezugsrecht, welch letzteres es aber nur verwerten und nicht selbst ausüben kann. Für die Ausübung der Rechte aus den Aktien, wenn das abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen sie nicht für eigene Rechnung, sondern für Rechnung der Gesellschaft erworben hat, gilt Abs. 6. VI. Rechtsgeschäfte mit anderen zum Erwerb eigener Aktien Anm. 20: Ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten über den Erwerb von Aktien der Gesellschaft für deren Rechnung oder für Rechnung eines von ihr abhängigen oder in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens ist zulässig und gültig, wenn der Erwerb durch die Gesellschaft oder das abhängige bzw. das in ihrem Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen zulässig ist, d. h. also, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 gegeben sind. In allen anderen Fällen (Einkaufskommission, Konsortium und dgl.) ist ein solches Rechtsgeschäft nichtig. Der in Verfolg dieses Rechtsgeschäfts von dem Dritten vorgenommene Aktienerwerb ist voll gültig, da dieser von der vorliegenden Bestimmung 385

§ 71 Anm. 20,21

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

nicht erfaßt wird. Die Folgen, welche sich aus der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zwischen der Gesellschaft und dem Dritten hinsichtlich der Bezahlung des Gegenwertes durch die Gesellschaft ergeben, sind die gleichen wie nach Anm. 15 (auch der Dritte kann gutgläubig sein). Der Dritte, der die Aktien für Rechnung der Gesellschaft erworben und auf diese übertragen hat (nicht etwa der Verkäufer), ist derjenige, welcher durch Vergütung seiner Auslagen im Sinne der §§ 57, 62 seine Einlagen zurückempfängt. Der Dritte kann also gutgläubig Schaden erleiden, sogar in eine Haftung für Verpflichtungen der Gesellschaft geraten. Die Frage, ob Abs. 2 S. 2 evtl. nicht nur für das Verhältnis der Gesellschaft bzw. abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen und dem Dritten, sondern auch zwischen dieser und dem Verkäufer gilt, kann nur dann bejaht werden, wenn dieser ausnahmsweise weiß, für wessen Rechnung der Erwerber handelt. Über die Ausübung der Rechte aus den durch den Dritten für Rechnung der Gesellschaft erworbenen Aktien schreibt Abs. 6 vor, daß der Gesellschaft keine Rechte daraus zustehen (s. auch Anm. 22). Dies trifft auch den Fall, daß ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen (nicht für eigene, sondern) für Rechnung der Gesellschaft die Aktien erworben hat. Dem vorstehenden Fall nahe verwandt ist die Kursgarantie, die von der Gesellschaft dem Erwerber von Aktien gegeben wird. Wir halten sie in den Fällen für zulässig, in denen der Erwerb der Aktien durch die Gesellschaft zulässig wäre, da sie gegenüber dem Erwerb ein weniger ist. Die Garantie darf den für einen Erwerb im Zeitpunkt der Zusage aufzuwendenden Betrag nicht übersteigen. Ein Gewinnkurs kann also nicht garantiert werden (ebenso Adler-Düring-Schmaltz § 160 T z 129; a. A. B.-H. Rn. 22; Barz in Großkomm. Anm. 40). VII. Rechte der Gesellschaft an eigenen Aktien Anm. 21: Jeder Erwerb von eigenen Aktien, sowohl der zulässige als auch der unzulässige, hätte zur Folge, daß die Gesellschaft ihre eigene Aktionärin ist. D a dies begrifflich nicht möglich ist, ruhen alle Rechte aus der Aktie. Die Gesellschaft kann keine Mitgliedschaftsrechte, insbesondere nicht das Stimmrecht ausüben. Sie kann deshalb die Aktien einem Dritten nicht überlassen oder in Verwahrung geben ohne Gewähr dafür zu schaffen, daß dieser nicht das Stimmrecht ausübt. Die Gesellschaft kann aber das Stimmrecht ihrer Aktien, die einem Dritten gehören, aufgrund Vollmacht ausüben. Weiter stehen ihr die Vermögensrechte nicht zu, sie hat also keinen Anteil am Bilanzgewinn, was für die Bemessung des Dividendensatzes Bedeutung haben kann. Auch der vor Erwerb der Aktie abgetrennte (laufende oder künftige) vom Verkäufer zurückbehaltene Dividendenschein bleibt dividendenlos, weil er vor dem Gewinnverwendungsbeschluß nicht einmal einen 386

Erwerb eigener Aktien

§71

Anm. 21—23

Gewinnanspruch, geschweige ein eigenes selbständiges Gewinnrecht verkörpert (a. A. Barz in Großkomm. Anm. 42). Die Gesellschaft hat aus den eigenen Aktien ferner keinen Anspruch auf einen Anteil am Abwicklungsreinerlös (so schon RG 103, 66), was für den Fall Bedeutung hat, daß sie eigene Vorzugsaktien erworben hat und das Reinvermögen nicht ausreicht, um alle Vorzugsaktionäre zu befriedigen. Sie tritt nicht etwa in Konkurrenz mit diesen, so daß der auf ihre eigenen Vorzugsaktien entfallende Betrag auf die Stammaktionäre verteilt werden könnte. Die Gesellschaft hat nach dem kategorischen Gesetzeswortlaut auch kein Bezugsrecht, kann dieses also nicht etwa verwerten. Wohl aber nehmen eigene Aktien an einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln teil (§ 215 I). Sonach bleibt die eigene Aktie, wenn sie nicht eingezogen wird, von Bedeutung nur als Gegenstand einer möglichen Veräußerung. Sie bleibt also ein Vermögenswert und ist deshalb auch in die Bilanz aufzunehmen, und zwar zu den Anschaffungskosten. Ein Buchgewinn kann also durch unentgeltlichen Erwerb und auch bei Erwerb unter Nennbetrag entstehen, aber nur, wenn die Einziehung im Wege ordentlicher Kapitalherabsetzung erfolgt, nicht dagegen bei der erleichterten Einziehung aus Bilanzgewinn oder freier Rücklage, weil hier die gesetzliche Rücklage um den Nennbetrag der eingezogenen Aktien erhöht werden muß (§ 227 V). Bedeutung hat der Besitz eigener Aktien für die Frage, ob ein Unternehmen die Mehrheit an einem anderen Unternehmen besitzt, vgl. § 16 und für die Mitteilungspflicht §§20, 21. Besitzt ein abhängiges Unternehmen Aktien der herrschenden Gesellschaft, so kann es die Rechte daraus geltend machen mit Ausnahme des Stimmrechts (§ 136 II). Ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen kann auch abstimmen. Anm. 22: Ob ein Dritter, der Aktien zwar für Rechnung der Gesellschaft, aber im eigenen Namen erworben hat, die Rechte aus der Aktie ausüben kann, hängt von dem Rechtsverhältnis zwischen ihm und der Gesellschaft ab. Ist dieses gültig, so ist sein Aktienbesitz dem Besitz eigener Aktien der Gesellschaft gleichzustellen, so daß er weder für sich noch für die Gesellschaft Rechte aus den Aktien ausüben kann. Ist das Rechtsgeschäft nach Abs. 5 nichtig, so hat der Dritte keinen Anspruch auf Erstattung der Auslagen und somit nicht „für Rechnung der Gesellschaft" erworben; in diesem Falle kann er alle Rechte eines Aktionärs geltend machen. Hieraus ergibt sich, daß Abs. 6 S. 2 ein gültiges Rechtsgeschäft zwischen Gesellschaft und Dritten voraussetzt (ebenso Würdinger S. 62). VIII. Forderung auf Lieferung eigener Aktien Anm. 23: Eine Forderung auf Lieferung eigener Aktien kann die Gesellschaft nur nach denselben Grundsätzen erwerben wie eigene Aktien, anderen387

§§71/72 Anm. 23

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

falls wäre eine Gesetzesumgehung möglich, aber nichtig ist nur das Grundgesdiäft. Die Übertragung der Forderung selbst ist gültig und ebenso der Erwerb der Aktie aufgrund der übertragenen Forderung, wenn sie voll bezahlt ist. Hierher gehört auch das Bezugsrecht, jedoch ist zu unterscheiden: Das unmittelbare Bezugsrecht scheidet so gut wie völlig aus, denn aufgrund eigener Aktien kann für die Gesellschaft ein solches nicht entstehen, und ebensowenig kann sie aufgrund eines solchen Aktien zeichnen, auch dann nicht, wenn ihr ein Bezugsrecht übertragen würde, denn die Zeichnung eigener Aktien und die Ausgabe eigener Aktien an sich selbst durch die Gesellschaft wäre nichtig. Das mittelbare Bezugsrecht (§ 186 V) ist dagegen eine Forderung auf Lieferung von jungen Aktien (einer bestimmten Emission) gegen den Zeichner und Ersterwerber, welche durch Vertrag der Gesellschaft mit ihm zugunsten ihrer Aktionäre als solcher begründet worden ist. Ein solches mittelbares Bezugsrecht ist kein Recht „aus" der Aktie, sondern aus dem zwischen Gesellschaft und Zeichner zugunsten der Aktionäre geschlossenen Vertrag. Dieser als Grundgeschäft kann nicht in Bausch und Bogen, sondern nur teilweise insoweit nichtig sein, als daraus die Gesellschaft als Aktionär Rechte erwerben soll (wenn sie nicht ausdrücklich ausgenommen worden ist). Auch dies ist fraglich, denn warum sollte nicht ein veräußerliches und von der Gesellschaft durch Veräußerung zu verwertendes Bezugsrecht auch zu ihren Gunsten bedungen werden können? Der Erwerb der Aktie aufgrund eines mittelbaren Bezugsrechts durch die Gesellschaft beruht nicht auf Zeichnung, ist also nicht ursprünglich und nicht nach § 56 zu beurteilen, sondern abgeleitet und als solcher gemäß § 71, wenn auch unzulässig, so dennoch gültig, wenn die Aktie voll bezahlt ist. Ein mittelbares Bezugsrecht auf eigene Aktie rechtswirksam kaufen kann die Gesellschaft nicht, das Grundgeschäft wäre nichtig, aber, wenn ihr aufgrund eines solchen Kaufs nichtsdestoweniger ein mittelbares Bezugsredit übertragen wird, so ist diese Übertragung rechtswirksam und kann sie entsprechende Aktien, wenn diese voll bezahlt sind, rechtswirksam von dem Zeichnungskonsortium beziehen.

§ 72 Kraftloserklärung von Aktien im Aufgebotsverfahren (1) Ist eine Aktie oder ein Zwischenschein abhanden gekommen oder vernichtet, so kann die Urkunde im Aufgebotsverfahren nach der Zivilprozeßordnung für kraftlos erklärt werden. § 799 Abs. 2 und § 800 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten sinngemäß. (2) Sind Gewinnanteilsdieine auf den Inhaber ausgegeben, so erlischt 388

Kraftloserklärung von Aktien im Aufgebotsverfahren

§ 72 Anm. 1 , 2

mit der Kraftloserklärung der Aktie oder des Zwischensdieins auch der Anspruch aus den nodi nidit fälligen Gewinnanteilscheinen. (3) Die Kraftloserklärung einer Aktie nach §§ 73 oder 226 steht der Kraftloserklärung der Urkunde nach Absatz 1 nicht entgegen. I. Übersicht (Anm. 1 u. 2) II. Voraussetzungen der Kraftloserklärung (Anm. 3) III. Aufgebotsverfahren (Anm. 4) IV. Wirkungen des Aussdilußurteils (Anm. 5)

V. Ausübung der Aktionärsredite 1. Stimmrecht (Anm. 6) 2. Gewinnansprudi (Anm. 7) VI. Verhältnis zu anderen Kraftloserklärungen (Anm. 8)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt in den Absätzen 1 und 2 die Bestimmungen des § 66 AktG 37. Eine Änderung ist insofern vorgenommen worden, als in der Urkunde das Aufgebotsverfahren nicht mehr ausgeschlossen •werden kann. Neu ist Absatz 3, der das Verhältnis der Kraftloserklärung durch das Gericht und der durch die Gesellschaft nadi den §§ 73 und 226 regelt (s. Anm. 8). Anm. 2: Die §§ 72 und 73 behandeln die Kraftloserklärung von Aktien. In beiden Fällen sind lediglich die Aktienurkunden gemeint, nicht das Aktienrecht, wie bei der Einziehung (§ 237), nodi die subjektive Berechtigung wie bei der Kapitalherabsetzung (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 3; Kölner Komm. Anm. 2). Es wird deshalb in diesen Fällen nicht der Inhaber des Aktienrechts seines Rechtes verlustig erklärt, wie das im Falle der Kaduzierung der Aktie gemäß § 65 oder der Kraftloserklärung bei der Kapitalherabsetzung (§ 226) geschieht, ebensowenig das Recht selbst vernichtet, wie bei der Einziehung, vielmehr bleibt der bisherige Aktionär in seiner Rechtstellung und das Recht bestehen, aber die Aktienurkunde wird für kraftlos erklärt (über mittelbare Wirkungen des Ausschlusses s. Anm. 6). Es kann deshalb auch der wahre Aktionär gegen denjenigen, der zu Unrecht ein Aufgebotsverfahren durchführt, auf Herausgabe der neuen Aktie aufgrund § 952 BGB und auf Abtretung der Rechte aus dem Ausschlußurteil klagen. Die Geltendmachung des Anspruchs hat jedoch auf das Aufgebotsverfahren keinen Einfluß. § 72 befaßt sich mit der Kraftloserklärung abhanden gekommener oder vernichteter Aktien durch Aufgebotsverfahren, für das die §§ 946 und 1003 ff. ZPO gelten. Er bezweckt die mit der vernichteten oder abhanden gekommenen Urkunde beseitigte Legitimation des Berechtigten gegenüber der Gesellschaft (§ 1068 ZPO) und unmittelbar die Umlauffähigkeit des Rechts wiederherzustellen, indem aufgrund des Ausschlußurteils eine neue Urkunde ausgegeben wird. 389

§ 72 Anm. 3,4

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

II. Voraussetzungen der Kraftloserklärung Anm. 3: § 72 setzt voraus, daß eine Aktie oder ein Zwischenschein abhanden gekommen, d. h., ihr Besitz dem Besitzer ohne seinen Willen durch ein von diesem unabhängiges Ereignis entzogen worden oder eine Urkunde vernichtet ist. Es spielt hierbei keine Rolle, ob es sich um einen fehlerhaften Willen handelt, was allerdings hinsichtlich der Unwirksamkeit wegen fehlender Geschäftsfähigkeit bestritten ist (wie hier hinsichtlich Anfechtbarkeit RG 101, 225; B.-H. Rn. 4; a. A. OLG 43, 225; Kölner Komm. Anm. 3). Unter einem vom Willen des Besitzers unabhängigen Ereignis sind jedoch nicht Kriegs- oder sonstige Beschlagnahmen zu verstehen (LZ 25, 476). Die Vorschrift gilt sowohl für Inhaberaktien als auch für Namensaktien, und zwar auch dann, wenn letztere kein Blankogiro tragen. Der Verlust muß unfreiwillig sein. Ist die Aktie nicht völlig vernichtet oder, was dem gleichzusetzen ist, in ihren wesentlichen Unterscheidungsmerkmalen unkennbar, sind vielmehr letztere, aus denen sich die Aktie noch identifizieren läßt, noch vorhanden, so kommt nicht § 72, sondern § 74 in Frage (vgl. Anmerkungen dort). Streitig ist, ob die Satzung Erleichterungen für die Kraftloserklärung enthalten kann. Unzweifelhaft wären solche Bestimmungen nur wirksam, wenn sie in der Urkunde enthalten sind, aber auch dann muß man ihnen mit der herrschenden Ansicht die Gültigkeit versagen, da die Bestimmungen über das Aufgebotsverfahren teils öffentlichen, teils zwingenden Rechts sind (vgl. B.-H. Rn. 8; Barz in Großkomm. Anm. 8). III. Aufgebotsverfahren Anm. 4: Für das Aufgebotsverfahren sind die §§ 946 ff. ZPO, insbesondere die §§ 1003 ff. ZPO maßgebend. Antragsberechtigt ist der bisherige Inhaber (§ 1004 ZPO), das ist entgegen Brodmann (Anm. 1 b zu § 228 HGB) nicht auch der mittelbare Besitzer. Für die Namensaktie ist es streitig, ob der im Aktienbuch Eingetragene antragsberechtigt ist oder derjenige, dessen Berechtigung sich aus der Urkunde oder aus ihr in Verbindung mit einer Kette von Indossamenten oder Abtretungserklärungen ergibt. Letzteres trifft nach § 1004 Abs. 2 ZPO zu (herrschende Ansicht), weil der so Ausgewiesene jederzeit die Umschreibung herbeiführen und damit das Recht aus der Aktie geltend machen kann, auch das Aktienbuch nur gegenüber der Gesellschaft die Legitimation ausweist. Das Aufgebot kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten beantragt werden (§ 947 ZPO). Zuständig ist das Amtsgericht am Sitz der Gesellschaft (§ 1005 ZPO). Zur Begründung des Antrags ist eine Abschrift der Aktie oder ihr wesentlicher Inhalt, vor allem das, was zu ihrer Identifizierung erforderlich ist, also Nummer, Serie usw. beizubringen. Der Verlust der Urkunde und die Berechtigung zum Antrag sind 390

Kraftloserklärung von Aktien im Aufgebotsverfahren

§72

Anm. 4,5

glaubhaft zu machen. Der Antragsteller muß sich zur Versidierung der Wahrheit seiner Angaben an Eides Statt erbieten (§ 1007 ZPO). Das Gericht erläßt das Aufgebot und madit es öffentlich bekannt. Sind in der Satzung besondere Blätter als Gesellschaftsblätter angegeben, so muß ebenso wie in den Gerichtsblättern die Bekanntmachung dreimalig in diesen Blättern erfolgen (vgl. auch § 1009 Abs. 3 ZPO). Die Aufgebotsfrist beträgt mindestens 6 Monate (§ 1015 ZPO). Bei Verlust einer Inhaberaktie oder einer mit Blankogiro versehenen Namensaktie kann eine Zahlungssperre beantragt werden (§ 1019 ZPO). Die Gesellsdiaft hat denjenigen, der das Aufgebotsverfahren betreibt, durch Auskünfte und Aushändigung der nötigen Unterlagen zu unterstützen. Dadurch entstehende Kosten hat der Betreibende vorzuschießen (§ 799 Abs. 2 BGB). IV. Wirkungen des Aussdhlußurteils Anm. 5: In dem Aussdilußurteil (§ 1017 ZPO) wird niemand „ausgeschlossen", sondern das Recht verbleibt dem bisher Bereditigten, auch wenn ein Nichtberechtigter das Urteil erwirkt haben sollte, aber die Urkunde, auch wenn sie noch vorhanden, vielleicht sogar im Besitz oder im Gewahrsam des Berechtigten oder eines gutgläubigen Dritten ist, wird „kraftlos" erklärt. Sie wird also unwirksam, d. h., sie wird ungeeignet als Legitimation; an ihre Stelle tritt gegenüber der Gesellschaft nach § 1018 ZPO das Aussdilußurteil. Jedodi bleibt bei Namensaktien § 67 II anwendbar. Daneben verkörpert die unwirksame Urkunde das Recht nicht mehr und ist fortan ungeeignet, das Recht weiter zu übertragen, auch wenn der Erwerber gutgläubig ist. Mangels der zur Übertragung erforderlichen Urkunde ist das Recht bis zum Ausschlußurteil überhaupt nicht, dann bis zur Ausgabe einer neuen Urkunde nur durch Abtretung übertragbar (Barz in Großkomm. Anm. 4). Gutgläubigen Reditserwerb durch Abtretung gibt es nicht, auch wenn das Urteil mit übergeben und mit abgetreten wird. Das Urteil ist nicht erforderlich, um das Recht zu übertragen, wohl aber, um den Erwerber zu legitimieren, anderenfalls bleibt die Legitimation trotz der Rechtsübertragung dem durch das Urteil Ausgewiesenen. Dieser kann auch von der Gesellschaft Aushändigung einer neuen Urkunde verlangen (Abs. 1; § 880 BGB). Wenn er nicht oder nicht mehr der wahre Berechtigte ist, wird er auch dadurch, daß diesem Verlangen entsprochen wird, nicht zum Aktionär, vielmehr wird die neue Urkunde Eigentum des Letzteren (§ 952 BGB, im Ergebnis ebenso Kölner Komm. Anm. 9). Wohl aber ist das Recht jetzt wieder beurkundet und wird durch Übergabe der neuen Urkunde an einen Gutgläubigen übertragen (ebenso Barz in Großkomm. Anm. 3). Bei einer Namensaktie kann der Erwirker des Aussdilußurteils sidi aufgrund dieses Urteils eintragen lassen (§ 1018 ZPO) ohne weiteren Nachweis des Rechtsüberganges. 391

§ 72 Anm. 5,6

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Die Gestalt der neuen Urkunde unterscheidet sich zweckmäßig von der alten durch eine neue Nummer oder einen Vermerk, daß sie an deren Stelle getreten ist. Bei Namensaktien wird die Verlustigerklärung gemäß § 64 von einem nachfolgenden Ausschlußurteil selbstverständlich nicht mehr berührt. Das Urteil ist gegenstandslos. Umgekehrt wird sein Erwirker, wenn die Verlustigerklärung dem Urteil nachfolgt, davon natürlich genauso betroffen, wie wenn er statt des Urteils die ursprüngliche Urkunde besäße, mag er im Aktienbuch eingetragen sein oder nicht, sich aufgrund des Urteils eine neue Urkunde haben ausstellen lassen oder nicht. Letztere wird wieder durch die aufgrund der Kaduzierung ausgegebene neue Urkunde ersetzt. V. Ausübung der Aktionärsrechte 1. Stimmrecht Anm. 6: Über das Stimmrecht gilt folgendes: bei Namensaktien ist nach § 67 I I der im Aktienbuch Eingetragene zur Anmeldung seiner Teilnahme an der Hauptversammlung nach § 123 IV und zur Ausübung des Stimmrechts legitimiert. Wenn aber die Satzung die Teilnahme an der Hauptversammlung und Ausübung des Stimmrechts von der Hinterlegung der Aktie abhängig macht, so ist, da das Recht in diesem Stadium noch als beurkundet gilt (RG 84, 316), die Teilnahme und Stimmrechtsausübung ohne Duldung der Gesellschaft und — wenn der Beschluß darauf beruht — ohne die Folge der Anfechtbarkeit des Beschlusses nicht möglich. Nach Erlaß des Ausschlußurteils bis zur Aushändigung einer Ersatzurkunde ist das Recht nicht mehr als beurkundet anzusehen. Nunmehr ist teilnähme-, anmeldungs- und stimmberechtigt, wer im Aktienbuch eingetragen ist. Eine Satzungsvorschrift, wonach die Aktie zu hinterlegen ist, ist, da eine Urkunde rechtlich nicht mehr vorhanden ist, für ihn nicht anwendbar, jedoch hat der Eingetragene seine Teilnahme fristgemäß anzumelden und durch das Urteil nachzuweisen, daß die (zu hinterlegende) Urkunde für kraftlos erklärt ist. Nach Aushändigung der Ersatzurkunde tritt die Satzungsvorschrift über die Hinterlegung wieder in Kraft. Bei abhandenen Inhaberaktien kann mangels Vorhandenseins einer Urkunde bis zum Ausschlußurteil das Stimmrecht überhaupt nicht ausgeübt werden. Danach wird die Legitimation nach § 1018 ZPO geführt. Muß nach Satzung die Aktie hinterlegt werden, so ist das Ausschlußurteil zu hinterlegen; dies verhindert wenigstens, daß ein anderer als legitimiert (nach § 1018 ZPO) auftritt. Eine Vollversammlung trotz abhanden gekommener Aktien ist auch dann nicht möglich, wenn der frühere Inhaber bekannt und anwesend ist, weil man nicht wissen kann, ob die Aktie nicht in gutgläubigen Besitz gelangt ist, wohl aber trotz vernichteter Aktien, sofern der frühere Inhaber anwesend ist und sein Recht trotz Vernichtung der Urkunde dartun 392

Kraftlosarklärung von Aktien durdi die Gesellschaft

§§ 72/73 Anm. 6—8

kann, denn über die Anforderung an die Legitimation befindet, wenn sie nicht schon durch das Aktienbuch geführt wird, die Gesellschaft selbst, also Vorstand und Hauptversammlung. Auch das satzungsmäßige Erfordernis der Hinterlegung ist verzichtbar. Wenn der Vorstand oder ein Aktionär mit der Zulassung nicht einverstanden ist und letzterer zur Niederschrift widerspricht, ist der Beschluß anfechtbar, aber nur in dem sicher seltenen Fall, daß er auf den Stimmen der vernichteten Aktien beruht. 2. Gewinnanspruch Anm. 7: Durch die Kraftloserklärung werden auch noch nidit fällige Dividendenscheine, die auf den Inhaber lauten, nichtig. Dasselbe gilt für den Dividendenerneuerungsschein (Talon), nicht aber für Dividendenscheine, die auf den Namen lauten — diese bleiben trotz der Kraftloserklärung der Aktie oder des Zwischenscheins voll wirksam — und ferner nicht für bereits fällig gewesene Dividendenscheine. Solche können überhaupt nicht für kraftlos erklärt werden. Für sie gilt § 804 BGB. Danach kann der bisherige Inhaber eines abhanden gekommenen oder vernichteten Dividendenscheines der Gesellschaft vor Ablauf der Vorlegungsfrist (4 Jahre nach Ablauf des Jahres, in welchem die Dividende festgestellt wird) den Verlust anmelden. Nach Ablauf der Vorlegungsfrist kann er dann die Leistung aus dem verlorengegangenen Dividendenschein von der Gesellschaft verlangen (ebenso Kölner Komm. Anm. 11; B.-H. Rn. 6). VI. Verhältnis zu anderen Kraftloserklärungen

Anm. 8: Absatz 3 besagt, daß eine Kraftloserklärung der Aktie auch durch das Gericht noch erfolgen kann, wenn bereits die Gesellschaft die Aktie für kraftlos erklärt hat. Der Aktionär, dem die Aktienurkunde abhanden gekommen ist, kann sie demgemäß nach Aufforderung der Gesellschaft auch nicht zum Umtausch oder zur Berichtigung vorlegen (§ 73), ebensowenig kann er von der Gesellschaft die Aushändigung der neuen Aktienurkunde verlangen, da er sich ihr gegenüber nicht legitimieren kann. Durch eine Kraftloserklärung durch das Gericht erhält der Aktionär ein Ausschlußurteil, womit er sich der Gesellschaft gegenüber legitimieren kann, so daß die Möglichkeit dieser Kraftloserklärung neben der durch die Gesellschaft bestehen muß.

S 73 Kraftloserklärung von Aktien durch die Gesellschaft (1) Ist der Inhalt von Aktienurkunden durch eine Veränderung der rechtlichen Verhältnisse unrichtig geworden, so kann die Gesellschaft die Aktien, die trotz Aufforderung nidit zur Berichtigung oder zum Umtausch 393

§ 73

Anm. 1,2

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

bei ihr eingereicht sind, mit Genehmigung des Gerichts für kraftlos erklären. Beruht die Unrichtigkeit auf einer Änderung des Nennbetrags der Aktien, so können sie nur dann für kraftlos erklärt werden, wenn der Nennbetrag zur Herabsetzung des Grundkapitals herabgesetzt ist. Namensaktien können nicht deshalb für kraftlos erklärt werden, weil die Bezeichnung des Aktionärs unrichtig geworden ist. Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die sofortige Beschwerde zulässig; eine Anfechtung der Entscheidung, durch die die Genehmigung erteilt wird, ist ausgeschlossen. (2) Die Aufforderung, die Aktien einzureichen, hat die Kraftloserklärung anzudrohen und auf die Genehmigung des Gerichts hinzuweisen. Die Kraftloserklärung kann nur erfolgen, wenn die Aufforderung in der in § 64 Abs. 2 für die Nachfrist vorgeschriebenen Weise bekanntgemacht worden ist. Die Kraftloserklärung geschieht durch Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern. In der Bekanntmachung sind die für kraftlos erklärten Aktien so zu bezeichnen, daß sich aus der Bekanntmachung ohne weiteres ergibt, ob eine Aktie für kraftlos erklärt ist. (3) An Stelle der für kraftlos erklärten Aktien sind neue Aktien auszugeben und dem Berechtigten auszuhändigen oder, wenn ein Recht zur Hinterlegung besteht, zu hinterlegen. Die Aushändigung oder Hinterlegung ist dem Gericht anzuzeigen. (4) Soweit zur Herabsetzung des Grundkapitals Aktien zusammengelegt werden, gilt § 226. I. Übersicht (Anm. 1 u. 2) II. Voraussetzungen der Kraftloserklärung (Anm. 3 u. 4) III. Verfahren der Kraftloserklärung 1. Anzuwendende Vorschriften (Anm. 5) 2. Genehmigung des Gerichts (Anm. 6)

3. Aufforderung zum Umtausch (Anm. 7) 4. Bekanntmachung der Kraftloserklärung (Anm. 8) IV. Ausgabe neuer Aktien (Anm. 9) V. Zusammenlegung bei Kapitalherabsetzung (Anm. 10)

I. Übersicht Anm. 1: § 73 übernimmt im wesentlichen die Bestimmungen des § 67 AktG 37. Neu ist die Vorschrift des Abs. 2 S. 4 hinsichtlich der Bezeichnung der für kraftlos erklärten Aktien (s. Anm. 8). Auch Abs. 1 S. 4 ist neu eingefügt worden, ohne daß damit das geltende Redit geändert worden wäre (vgl. Anm. 6). Anm. 2: Befaßt sich § 72 mit der Kraftloserklärung abhanden gekommener Aktien, die im Interesse des vom Verlust betroffenen Aktionärs auf seinen Antrag in einem gerichtlichen Aufgebotsverfahren erfolgt, so sieht § 73 394

Kraftloserklärung von Aktien durch die Gesellschaft

§ 73 Anm. 2,3

im Interesse der Gesellschaft die Möglichkeit vor, unrichtig gewordene Aktien (oder Zwischenscheine) für kraftlos zu erklären, um den Umtausch in richtige zu erzwingen, wenn die Aufforderung, sie zur Berichtigung einzureichen, erfolglos geblieben ist. Das Ziel ist nicht die Aushändigung einer neuen Urkunde an einen nicht zweifelsfrei legitimierten Prätendenten, wie nach § 72, was die Gefahr mit sich bringt, daß ein von ihm verschiedener wahrer Berechtigter geschädigt wird. Vielmehr wird die neue Urkunde an den Aktionär ausgehändigt, der sich durch Vorlegen der alten Urkunde ausweist. Die Gefahr, daß ihm ein Schaden erwächst, besteht also nicht; darum hat das Gesetz die Kraftloserklärung der Gesellschaft selbst nadi freiem Ermessen überlassen, die dazu nur gerichtlicher Genehmigung bedarf. Zuständig ist der Vorstand. Wie in § 72 bleiben auch nadi § 73 Recht und Rechtsstellung des Aktionärs von der Kraftloserklärung unberührt, nur die bisherige Urkunde wird ungültig. Das Eigentum an der neuen Urkunde steht nadi § 952 BGB ohne weiteres dem bisherigen Aktionär zu. Ihm ist sie gegen Ausweis (z. B. durch die alte Urkunde) auszuhändigen, evtl. ist sie zu hinterlegen (vgl. Herwig in D J 1935, 112). Die Satzung kann von § 73 nicht abweichen. Der Fall einer von vornherein unrichtigen Urkunde — sie lautet fälschlich über 1200,— DM statt über 1000,—DM — dürfte analog zu § 73 zu behandeln sein. Ein solcher Fall liegt auch vor, wenn über dasselbe Recht zwei Urkunden ausgefertigt und ausgegeben wurden. Gutgläubiger Erwerb des Rechts mittels der zweiten Urkunde ist nicht möglich. Trotzdem ist § 73 nur anwendbar, wenn die Urkunde sich von der ersten äußerlich unterscheidet (z. B. vielleicht durch eine andere Nummer) und daher individuell bezeichnet werden kann. IL Voraussetzungen der Kraftloserklärung Anm. 3: Voraussetzung der Anwendung des § 73 ist, daß die Aktienurkunde durch eine Änderung der rechtlidien Verhältnisse unrichtig geworden ist und daß die Aufforderung, sie zur Berichtigung einzureichen (Anm. 8), erfolglos war. In Frage kommen z.B.: Änderung von Sitz oder Firma, Umwandlung von Namensaktien in Inhaberaktien und umgekehrt, Einräumung bzw. Beseitigung von Sonderrechten für bestimmte Aktiengattungen, Änderung der Nebenleistungen oder des Nennbetrages (vgl. hierzu Anm. 4). Dagegen wird die Urkunde nicht wegen Veränderung der rechtlichen Verhältnisse unrichtig dadurch, daß die Gesellschaft aufgelöst und abgewickelt oder verstaatlicht ist; dies ergibt unmittelbar § 346 VII und die Undurchführbarkeit des § 73 in diesem Fall. Namensaktien können nicht deshalb für kraftlos erklärt werden, weil die Bezeichnung des Aktionärs unrichtig geworden ist. Es besteht hierfür auch keinerlei Bedürfnis für die Gesellschaft, da ihr gegenüber nach § 67 II nur derjenige als Aktionär gilt, der im Aktienbuch eingetragen ist. 395

§ 73 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 4—6 Anm. 4: Eine Sondervorschrift gilt für den Fall, daß die Unrichtigkeit der Aktienurkunde in einer Änderung des Nennwertes der Aktie liegt. Es darf nur dann die Aktie für kraftlos erklärt werden, wenn der Nennbetrag zur Herabsetzung des Grundkapitals herabgesetzt ist. Für die Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung der Aktien gilt, wie Abs. 4 ausdrücklich feststellt, § 226, während im Fall der Herabsetzung des Nennbetrages der einzelnen Aktie ausschließlich § 73 gilt. Ausdrücklich ausgeschlossen ist die Anwendung des § 73 in allen anderen Fällen der Änderung des Nennwertes, z. B. seiner Erhöhung oder einer Neustückelung. III. Verfahren der Kraftloserklärung 1. Anzuwendende Vorschriften Anm. 5: Die Gesellschaft kann die Aktie für kraftlos erklären. Es finden auf das Verfahren nicht wie im Fall des § 72 die Vorschriften der ZPO Anwendung, vielmehr regelt es § 73 selbst (Abs. 2 und 3). Die Kraftloserklärung hat keinen Einfluß auf das Aktienrecht, sondern vernichtet lediglich die rechtliche Wirksamkeit der Aktienurkunde. Über die Unterschiede zu § 72 vgl. Anm. 2. Die Gesellschaft ist berechtigt, die Kraftloserklärung in die Wege zu leiten, wenn die Voraussetzungen vorliegen, aber grundsätzlich nicht hierzu verpflichtet. Allerdings wird der Börsenvorstand von solchen Gesellschaften, deren Aktien an der Börse gehandelt werden, meist die Kraftloserklärung verlangen und evtl. Zwangsmaßnahmen ergreifen, insbesondere die im Umlauf befindlichen unrichtigen Urkunden für nicht mehr lieferbar erklären. 2. Genehmigung des Gerichts Anm. 6: Die Gesellschaft bedarf zur Kraftloserklärung der Genehmigung des Gerichts, und zwar des Amtsgerichts ihres Sitzes (§14). Das Gesetz bestimmt nicht, nach welchen Gesichtspunkten die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen ist. Sein pilichtmäßiges Ermessen entscheidet (bestritten). Die Genehmigung wird nur dann zu verweigern sein, wenn die Unrichtigkeit so unbedeutend ist, daß deshalb im Interesse der Aktionäre die Kraftloserklärung nicht zweckmäßig erscheint, z. B., wenn sich lediglich die Schreibweise der Firma geändert hat. Für das Verfahren vor dem Gericht ist FGG maßgebend. Das Gesetz bestimmt die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Gerichts Rechtsmittel einzulegen. Eine Aufführung dieser Bestimmung war überflüssig, da sich diese Folge bereits aus § 146 FGG ergibt; danach ist bereits die sofortige Beschwerde zugelassen und weiterhin bestimmt, daß gegen die Entscheidung des Gerichts, wonach die Genehmigung erteilt wird, eine Anfechtung ausgeschlossen ist. Grund hierfür ist die Tatsache, daß nur der Aktionär in diesem Fall beschwert sein kann und darum nur er als zur 396

Kraftloserklärung von Aktien durch die Gesellschaft

§ 73

Anm. 6—8

Einlegung eines Rechtsmittels Berechtigter angesehen werden kann; der Aktionär ist jedoch nicht Beteiligter im Sinne der FGG. Unerwähnt gelassen hat das Gesetz die Möglichkeit einer evtl. weiteren sofortigen Beschwerde gemäß den §§ 27 und 29 II FGG. Aus der Tatsache des Nichterwähnens ist jedoch nicht zu schließen, daß die Möglichkeit einer weiteren sofortigen Beschwerde ausgeschlossen sein soll. Es bleibt mithin bei der Anwendung der §§ 27 und 29 II FGG. 3. Aufforderung zum Umtausch Anm. 7: Die Gesellschaft hat zunädist die Aktionäre aufzufordern, die Aktien einzureichen und dabei auf die gerichtliche Genehmigung hinzuweisen und die Kraftloserklärung mit Bestimmung einer Frist für die Vorlage zum Umtausch in eine neue Urkunde anzudrohen. Die Frist ist keine Ausschlußfrist. Für die Aufforderung gilt § 64 II, sie muß dreimal in den Gesellschaftsblättern bekannt gemacht werden, erstmals mindestens drei Monate, letztmals einen Monat vor Fristablauf, und zwischen den einzelnen Bekanntmachungen muß ein Zeitraum von mindestens drei Wochen liegen (vgl. Anm. 6 und 7 zu § 64). Für die Übergangszeit ist wegen der Verweisung auf § 64 auch hier § 11 EG zu beachten. Nach herrschender Ansicht gilt trotz des Wortlautes des Abs. 2 („bekannt gemacht wird") auch Anm. 7 zu § 64 für vinkulierte Namensaktien (Kölner Komm. Anm. 13). 4. Bekanntmachung der Kraftloserklärung Anm. 8: Nach ergebnisloser Aufforderung erfolgt die Kraftloserklärung in den Gesellschaftsblättern einmal und ist vollendet, sobald die Bekanntmachung in dem zuletzt erscheinenden Gesellschaftsblatt erschienen ist (vgl. § 64 Anm. 8). Durch die Kraftloserklärung wird sowohl die Aktienurkunde als auch der Dividendenschein und der Dividendenerneuerungsschein nichtig, vgl. Anm. 8 zu § 72 (einschränkend Barz in Großkomm. Anm. 4); das Anteilsrecht bleibt jedoch unberührt. Neu normiert wurde, daß die für kraftlos erklärten Aktien so zu bezeichnen sind, daß sich aus der Bekanntmachung klar ergibt, welche Aktie gemeint ist (Abs. 2 S. 4). Diese Bestimmung ist zum Schutz des Rechtsverkehrs aufgenommen worden. Der Besitzer einer Aktie muß aus der Bekanntmachung und aus der Urkunde ersehen können, ob seine Aktie von der Kraftloserklärung erfaßt ist. Es kann ihm nicht zugemutet werden, weitere Nachforschungen anzustellen. Die Angabe der Stückenummer reicht jedenfalls zur genügenden Bezeichnung aus, wird aber auch fast immer erforderlich sein. Auf sie kann nur dann verzichtet werden, wenn die in der Bekanntmachung enthaltenen Angaben die für kraftlos erklärte Aktie klar bestimmen lassen. 397

§§ 73/74 Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter Anm. 9,10 IV. Ausgabe neuer Aktien Anm. 9: Anstelle der für kraftlos erklärten Aktien sind neue Aktienurkunden auszugeben und den Berechtigten auszuhändigen. Ist ein Berechtigter unbekannt, so kann die Urkunde, nidit etwa der Verkaufserlös, hinterlegt werden. Die früher herrschende Ansicht, daß unter Verzicht auf Rücknahme zu hinterlegen sei, ist nach dem Aktiengesetz unbegründet. Die Aushändigung oder Hinterlegung der neuen Urkunde ist dem Registergericht anzuzeigen und durch Ordnungsstrafe erzwingbar (§ 4071). V. Zusammenlegung bei Kapitalherabsetzung Anm. 10: Die Kraftloserklärung nach § 226 im Zuge einer Zusammenlegung schließt, anders als bei der Kapitalherabsetzung durch Ermäßigung des Nennbetrages (s. § 73 I S. 2 und oben Anm. 2), notwendigerweise eine Rechtsentziehung ein, weil ohne diese die mehreren regelmäßig verschiedenen Aktionären zustehenden Aktienrechte nicht zu einer Aktie vereint werden könnten. Es schließt sich ihr ferner notwendigerweise die Verwertung der Aktien für Rechnung der Beteiligten an, weil zwar eine Rechtsgemeinschaft an der zusammengelegten Aktie denkbar, aber nicht feststellbar wäre, welche der ehemaligen Aktionäre der für kraftlos erklärten Aktien je zu einer Rechtsgemeinschaft vereint sind. Dies macht die sofortige Auseinandersetzung durch Verwertung der Aktie notwendig, denn ohne weiteres kann für jeden einzelnen ehemaligen Aktionär (Inhaber der für kraftlos erklärten nach ihrer Nummer bekannten Urkunde) der Erlösanteil hinterlegt werden. Von alledem ist selbstverständlich in den Fällen des § 73 nicht die Rede, auch nicht, wenn es sich um Unrichtigkeit der Urkunde infolge Nennbetragsermäßigung zwecks Kapitalherabsetzung handelt (die wegen § 8 I seltener praktisch werden wird), weil ja nur anstelle der bisher unrichtig gewordenen Urkunde eine neue richtige für ein bestehenbleibendes Recht herzustellen und dem Inhaber des Rechts auszufolgen ist.

§ 74 Neue Urkunden an Stelle beschädigter oder verunstalteter Aktien oder Zwischensdieine Ist eine Aktie oder ein Zwischenschein so beschädigt oder verunstaltet, daß die Urkunde zum Umlauf nicht mehr geeignet ist, so kann der Berechtigte, wenn der wesentliche Inhalt und die Unterscheidungsmerkmale der Urkunde noch sicher zu erkennen sind, von der Gesellschaft die Erteilung einer neuen Urkunde gegen Aushändigung der alten verlangen. Die Kosten hat er zu tragen und vorzuschießen. 398

Neue Gewinnanteilscheine

§75 Anra. 1—3

§ 75 Neue Gewinnanteilsdieine Neue Gewinnanteilsdieine dürfen an den Inhaber des Erneuerungsscheins nicht ausgegeben werden, wenn der Besitzer der Aktie oder des Zwischenscheins der Ausgabe widerspricht; sie sind dem Besitzer der Aktie oder des Zwischenscheins auszuhändigen, wenn er die Haupturkunde vorlegt. Anm. 1: Die Vorschrift entspricht inhaltlich dem § 69 AktG 37. Der Erneuerungsschein (Talon) kann, wenn er entsprechend § 793 BGB ausgestaltet ist, Inhaberpapier sein und selbständig den Anspruch auf die neuen Gewinnanteilscheine begründen und verkörpern, auch bei der Namensaktie. Regelmäßig ist das nicht der Fall und der Talon nur ein Legitimationspapier für die Ausübung des aus der Aktie selbst hervorgehenden Anspruchs. Nach ausdrücklicher Erwähnung trifft dies auch für Talons zu, welche zu Zwischenscheinen und folgerichtig auch für solche, welche zu Namensaktien gehören. Es begründet in diesen beiden Fällen eine Abweichung von § 67 II, aber die Legitimation des Besitzers (legitimierten Inhabers, auch bei Namensaktien) des Aktienmantels ist stärker. Widerspricht er, sind die neuen Gewinnanteilsdieine mit dem neuen Erneuerungsschein ihm auszuhändigen. Die Gesellschaft ist jeder Prüfung, wer recht hat, enthoben. Anm. 2: Als Urkunde teilt der Erneuerungsschein das Schicksal der Haupturkunde und ist ungültig, wenn sie ungültig ist, kraftlos, wenn sie kraftlos ist. Anm. 3: Davon verschieden ist die Frage, ob er das rechtliche Schicksal des durdi die Haupturkunde verkörperten Rechtes teilt. Zubehör im Sinne des § 97 BGB ist er nicht, weil er keine bewegliche körperlidie Sache im Sinne des BGB ist (§ 90 BGB). Schuldreditlidi werden ihn alle auf das Aktienrecht und die Haupturkunde bezüglichen Verpflichtungen mitergreifen. Dinglich gilt dasselbe, wenn er nicht ausnahmsweise ein selbständiges Inhaberpapier ist (siehe Anm. 1). Nur in diesem Ausnahmefall begründet und verkörpert er selbst einen Ansprudi, regelmäßig aber nicht, sondern nur eine Legitimationsstellung, welche der stärkeren Legitimationskraft der Haupturkunde zu weichen hat. Im Regelfall ist er also eines selbständigen dinglichen Schicksals nicht fähig. Die Vorschrift stimmt mit dem § 68 AktG 37 überein. Während § 72 sich mit vernichteten und unkenntlich gewordenen oder abhanden gekommenen, § 73 mit unrichtig gewordenen Aktienurkunden beschäftigt, behandelt § 74 den Fall der Beschädigung oder Verunstaltung der Urkunde. § 74 kommt nur in Frage, wenn die wesentlichen Merkmale der Aktien noch vorhanden sind. Ist das nicht der Fall, muß eine Kraftloserklä399

§ 75

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

Anm. 3—5 rung gem. § 72 erfolgen. § 74 gilt sowohl für Namens- als auch für Inhaberaktien. Der Berechtigte ist legitimierter Inhaber der beschädigten Urkunde, bei Namensaktien im Verein mit der Eintragung im Aktienbuch.

Anm. 4: Dies ist wichtig für die Begründung selbständiger Nutzungsrechte an der Aktie. Da die Legitimationskraft des Erneuerungsscheines vor der Urkunde zu weichen hat, ist die Übergabe des Erneuerungsscheines nicht geeignet, einen Nießbrauch zu begründen oder die Abtretung der Gewinnansprüche für einen die ausgegebenen Dividendenscheine überschreitenden Zeitraum (siehe Anm. 5) zu bewirken. In beiden Fällen ist Übergabe des Aktienmantels erforderlich. Anm. 5: Für die selbständige Veräußerung des Gewinnrechts im besonderen ist zu erwähnen, daß zwar der Anspruch auf den Bilanzgewinn der Gesellschaft durch diese verselbständigt und in einem Genußschein verkörpert werden kann, daß aber das mit der Aktie verbundene Gewinnrecht von dem Aktionär nach dem Grundsatz des § 8 nicht dauernd von ihr abgetrennt und selbständig veräußert werden kann (vgl. § 8 Anm. 7). Selbständig veräußert werden kann nur der Gewinnanteil bestimmter künftiger Jahre. Der Erwerber erwirbt nur eine Hoffnung, denn er hat keinen Einfluß auf die Gewinnausschüttung. Die Veräußerung erfordert Übergabe der Dividendenscheine, wenn diese auf bestimmte Jahre lauten. Schwierigkeit bereitet die Begrenzung, wenn die Gewinnanteilsciieine nur Nummern haben, die nur in Gewinnjahren, mitunter aber auch für Bezugsrecht verwendbar sind. Wenn Gewinnanteilscheine überhaupt nicht ausgegeben sind, ist Übergabe des Aktienmantels erforderlich. Dies folgt konstruktiv aus der Natur des Gewinnanspruchs als eines Ausflusses des Aktienrechts, das selbst nur durch Übergabe der Urkunde übertragen werden kann, und praktisch daraus, daß andernfalls nur der Aktionär durch den Besitz der Urkunde in der Lage wäre, den Gewinnanteil einzuziehen. Hierher ist audi der in Anm. 4 erwähnte Fall zu zählen, daß der Gewinnanteil für einen längeren Zeitraum abgetreten werden soll, als für den, für den Dividendenscheine ausgegeben sind. Die Übergabe des Erneuerungsscheines genügt nicht.

400

Leitung der Aktiengesellschaft

§ 76

Anm. 1,2

VIERTER TEIL

Verfassung der Aktiengesellschaft Erster Abschnitt Vorstand § 76 Leitung der Aktiengesellschaft (1) Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten. (2) Der Vorstand kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als drei Millionen Deutsche Mark hat er aus mindestens zwei Personen zu bestehen, es sei denn, die Satzung bestimmt, daß er aus einer Person besteht. Die Vorschriften über die Bestellung eines Arbeitsdirektors bleiben unberührt. (3) Mitglied des Vorstands kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. I. Übersicht (Anm. 1—3) II. Leitung 1. Grundsatz der Gesamtvertretung (Anm. 4) 2. Grundsätze für die Leitung (Anm. 5—7) III. Eignung zum Vorstand (Anm. 8 u. 9)

IV. Zahl der Vorstandsmitglieder (Anm. 10 u. 11) V. Besondere Vertreter 1. für Westvermögen von Ostfirmen (Anm. 12) 2. Besondere Vertreter nach § 30 BGB (Anm. 13)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift hat aus § 70 I AktG 37 den Grundsatz übernommen, daß der Vorstand die Gesellschaft zu leiten hat. Weggefallen ist die Bestimmung, daß dies so zu erfolgen hat, wie es das Wohl des Betriebs und seiner Gefolgschaft und der gemeine Nutzen erfordern. Es ist damit aber keine Änderung der bisherigen Rechtslage eingetreten (s. Anm. 5—7; einschränkend Meyer-Landrut Anm. 9; s. auch Hanau in BB 1969, 760 f.). Im übrigen entspricht Abs. 2 S. 1 dem § 70 II S. 1 AktG 37. Weggefallen ist die Alleinentscheidungsbefugnis des Vorstandsvorsitzenden. Abs. 3 übernimmt sinngemäß § 75 I S. 3 AktG 37; neu sind die Bestimmungen des Abs. 2 S. 2 und 3 (s. Anm. 10 und 11). Anm. 2: Die Gesellschaft kann im Rechtsleben nur durch bestimmte Personen oder Personenmehrheiten, ihre Organe, auftreten. Man unterscheidet 401

§ 76

Anm. 2,3

Verfassung der Aktiengesellschaft

zwischen notwendigen Organen, die kraft Gesetzes bestehen müssen, und fakultativen, die durch die Satzung vorgesehen werden können. Die notwendigen Organe sind: Vorstand (§§ 76—94) Aufsichtsrat (§§ 95—114) Abschlußprüfer (§§ 162—169) Hauptversammlung (§§ 118—128). Jedes Organ hat gesetzlich seine eigenen Aufgaben, die grundsätzlich auch aufgrund Satzung nicht von einem anderen ausgeübt werden können. Dem Vorstand liegt die Vertretung und Geschäftsführung ob, er hat mithin die Funktion des Unternehmers (s. Dose S. 53; Meyer-Landrut in Großkomm. Einleitung zu § 76). Der Aufsichtsrat hat den Vorstand zu überwachen (§ 111). Maßnahmen der Geschäftsführung können ihm nach § 111IV nicht übertragen werden. Der Abschlußprüfer hat den vom Vorstand aufgestellten Jahresabschluß unter eigener Verantwortung zu prüfen (§ 162). Die Hauptversammlung hat über alle mit dem wirtschaftlichen oder rechtlichen Aufbau der Gesellschaft zusammenhängenden Fragen zu entscheiden, dagegen ist ihr durch § 119 II eine Entscheidung über Fragen der Geschäftsführung ausdrücklich genommen, es sei denn, der Vorstand verlangt es von ihr. Nach § 30 BGB kann die Satzung als Ergänzung nach § 23 V S. 2 neben dem Vorstand für gewisse Geschäfte besondere Vertreter vorsehen, deren Vertretungsmacht sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte erstreckt, die ihr Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt (siehe hierüber Anm. 13). Dies ist wichtig wegen der Verantwortlichkeit der Gesellschaft aus § 31 BGB. Als satzungsmäßiges Organ kommen außerdem neben dem Aufsichtsrat noch Beiräte vor. Anm. 3: Die Gesellschaft muß einen Vorstand haben, kann ohne ihn nicht entstehen (Argument aus § 39), wird aber nicht aufgelöst, wenn beispielsweise wegen Todes oder Abberufung ein Vorstand nicht vorhanden ist. Es können die Prokuristen oder sonstigen Angestellten und Bevollmächtigten der Gesellschaft deren Geschäfte führen (ähnlich Möhring in NJW 66, 5). Der Aufsichtsrat hat unverzüglich einen neuen Vorstand zu bestellen, oder dasGeridit bestellt auf Antrag einen neuen Vorstand (§ 85). Dasselbe gilt, wenn die satzungsmäßig etwa bestimmte Mindestzahl von Vorstandsmitgliedern nicht mehr vorhanden sein sollte. Über Bestellung und Widerruf im allgemeinen siehe § 84, Namensangabe nadi außen § 80. Der Vorstand leitet die Gesellschaft unter eigener Verantwortung, die ihm weder durch einen Beschluß der Hauptversammlung noch durch eine Anweisung des Aufsichtsrates grundsätzlich genommen werden kann. Selbst wenn der Vorstand nach § 119 II eine Entscheidung der Hauptversammlung über Fragen der Geschäftsführung herbeiführt, ist er an diesen Beschluß nicht 402

Leitung der Aktiengesellschaft

§76 Anm. 3—5

gebunden (vgl. § 119 Anm. 6). Ein solcher Beschluß befreit den Vorstand nach § 93 IV von der Ersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft, nicht aber von seiner Haftung gegenüber den Gläubigern (vgl. § 93 Anm. 22). Auch eine Anweisung des Aufsiditsrates kann ihm die Verantwortung nicht nehmen (siehe § 93 Anm. 23), wohl aber muß er die ihn durch Gesetz und Satzung oder Aufsichtsratsbeschluß auferlegten Beschränkungen beachten (vgl. § 82 Anm. 7 bis 9; siehe audi ausführlich S. Wilhelmi in Handbuch für den Aufsichtsrat). Die Leitung der Gesellschaft ist die Pflicht des Vorstandes und dementsprechend sein Recht. Er haftet nach § 93 I für die Sorgfalt eines ordentlichen gewissenhaften Geschäftsleiters (vgl. dort Anm. 4). Er ist der Vorgesetzte der Angestellten. Über das Ausmaß der Tätigkeit des Vorstandes bestehen keine gesetzlichen, meist aber vertragliche Bestimmungen. Vorbehaltlich letzterer kann der Vorstand über seine Zeit und Arbeitskraft auch anderweit verfügen, soweit das Wohl der Gesellschaft nicht darunter leidet. IL Leitung 1. Grundsatz der Gesamtvertretung Anm. 4: Der Vorstand leitet das Unternehmen in eigener Verantwortung. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so ist grundsätzlich zu Beschlüssen Einstimmigkeit erforderlich. Das Gesetz sieht das in § 77 II S. 1 für Beschlüsse über die Geschäftsführung ausdrücklich vor. Im übrigen wird diese Frage stets in der Satzung oder Geschäftsordnung für den Vorstand gesondert geregelt sein (§ 77 II S. 1). Nach innen kann zwar die Geschäftsführung des Vorstandes in gewissem Umfange eingeschränkt werden (§ 82 II), aber aus der Stellung des Leiters kann er nicht verdrängt werden. Dies gilt aber nur nadi innen in seinem Verhältnis zu den anderen Geschäftsorganen und hindert nicht, daß die Gesellschaft selbst vertraglich sich zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet und ihre geschäftliche Freiheit aufgibt. Selbständigkeit der Gesellschaft und Selbständigkeit des Vorstandes als Leiter der Gesellschaft in seinem Verhältnis gegenüber anderen Gesellschaftsorganen ist zweierlei (ebenso BGH 36, 315; Kölner Komm. Anm. 4). Hat die Gesellschaft Unternehmensverträge geschlossen, die ihre Selbständigkeit beeinträchtigen (§§ 291, 292), so hat sie natürlich diese genauso zu erfüllen wie andere Verträge und hat der Vorstand die Vertragserfüllung durchzuführen. 2. Grundsätze für die Leitung Anm. 5: Das Gesetz enthält keine Bestimmung mehr über die Art der Leitung der Gesellschaft. In den Ausschuß-Sitzungen ist versucht worden, auch in dem neuen Gesetz hervorzuheben, daß die Gesellschaft das Unter403

§76 Anm. 5 , 6

Verfassung der Aktiengesellsdiaft

nehmen unter Berücksichtigung des Wohls der Arbeitnehmer, der Aktionäre und der Allgemeinheit zu betreiben hat. Der Grund hierfür lag in der Befürchtung, die Gerichte könnten aus der Weglassung dieser Bestimmung den Schluß ziehen, der Vorstand habe nicht mehr wie bisher das öffentliche Wohl und das Wohl der Arbeitnehmer zu beachten. Eine derartige Befürchtung ist jedodi fehl am Platze. Es ergibt sich bereits aus § 396, daß jede Aktiengesellschaft, auch wenn ihre Tätigkeit auf die Erzielung eines Gewinns gerichtet ist, sich in die Gesamtwirtschaft und in die Interessen der Allgemeinheit einfügen muß. Daß die Gesellschaft audi das Wohl ihrer Arbeitnehmer zu beachten hat, ist in einem sozialen Rechtsstaat selbstverständlich und ergibt sich im übrigen aus einer Vielzahl von Rechtsvorschriften, die die Ausgestaltung dieses Grundsatzes im einzelnen näher regeln (Kündigungsschutzgesetz, Schwerbeschädigtengesetz, Betriebsverfassungsgesetz und Unfallverhütungsvorschriften). Schließlich versteht es sich von selbst, daß die Gesellschaft auch nicht über die Interessen ihrer Aktionäre hinweggehen darf (s. Dose S. 56). Daraus ergibt sich für die Art der Leitung: der Vorstand leitet die Gesellschaft, wie es das Interesse der Aktionäre verlangt, aber nicht nur der augenblicklichen (erst recht nicht nur des Augenblicks; vgl. Henn in MDR 1957, 392 ff.; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 11), sondern auch der künftigen, das ist der Bestand und die Entwicklung des Unternehmens, und mit gewissenhafter Rücksidit auf das Wohl der Arbeitnehmer und den gemeinen Nutzen der Allgemeinheit, d. h. der Gesamtwirtschaft, in die das Unternehmen eingeordnet ist (hierzu eingehend Leo in Die AktGes 60, 261 ff. und 292 ff.; vgl. auch Mertens in NJW 1970, 1718 ff.). Diese Richtschnur gilt immer, z. B. auch bei Aufstellung des Jahresabschlusses, Bemessung der Rücklagen und des verteilungsfähigen Gewinns und beim Gewinnverwendungsvorsdilag. Anm. 6: Ein weiterer Grund für die Nichtaufnahme einer Richtschnur für die Leitung der Gesellschaft war die Befürchtung, aus der Aufzählung könne eine Rangordnung der einzelnen Interessen herausgesehen werden. Sämtliche zu wahrenden Interessen sind jedodi untereinander gleichwertig, wie sich aus der obigen Zusammenfassung (siehe Anm. 5) ergibt. So ist die Feststellung des Bundesgerichtshofes (BGH 15, 78) abzulehnen, wonach sich der Vorstand dem Aktionär gegenüber lediglich loyal zu verhalten habe, ebenso kann Leo (Die AktGes 1957, 156 f.) nicht gefolgt werden, der vom Vorstand in erster Linie die Förderung des Gesellsdiaftsinteresses verlangt, womit er das Aktionärsinteresse auf höchst mögliche Erträgnisse identifiziert, vielmehr sind alle Interessen — die der Gesellschaft, des Aktionärs, der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit — in gleicher Weise zu berücksichtigen. Meyer-Landrut (in Großkomm. Anm. 9) will den Interessen der Allgemeinheit den Vorrang 404

Leitung der Aktiengesellschaft

§ 76 Anm. 6—9 gegenüber allen anderen Interessen geben. Die hierzu gegebene Begründung reicht aber u. E. nidit aus; vgl. zu dieser Frage auch Ballerstedt in JZ 1968, 397 ff. Anm. 7: Das Interesse der Arbeitnehmer ist schon weitgehend vom Gesetzgeber selbst geregelt worden. Den Arbeitnehmern ist über die Betriebsräte ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt worden (§§ 56 ff., 60 ff., 67 ff. Betriebsverfassungsgesetz). Der Arbeitsdirektor wurde geschaffen (§ 12 MitbestG, § 13 MitbestErgG), 1 / 3 der Aufsichtsratsmitglieder einer Gesellschaft müssen Arbeitnehmer sein, es sei denn, es handelt sich um Familienbetriebe oder sogenannte Tendenzbetriebe. Ferner sei hingewiesen auf das Kündigungsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz, Verbot der Kinderarbeit, Sdrwerbeschädigtengesetz usw. Selbstverständlich sind all diese gesetzlichen Regelungen nicht erschöpfend. Unter dem Wohl der Belegschaft ist noch mehr zu verstehen. Der Vorstand hat den Umfang der freiwilligen sozialen Leistungen festzusetzen. III. Eignung zum Vorstand Anm. 8: Persönliche Eigenschaften als Voraussetzung der Vorstandsfähigkeit sieht das Gesetz nicht vor; so kann auch ein Ausländer oder eine Frau Vorstand sein, nicht aber nadi neuer Bestimmung besdiränkt geschäftsfähige, also minderjährige, ebenfalls nicht geschäftsunfähige Personen, weil ihre Geschäfte nichtig sind, ebensowenig eine juristische Person. Die Satzung kann ergänzende Vorschriften erlassen. Ob der Verlust der Eignung automatisch das Ende des Amtes oder die Notwendigkeit seiner Beendigung durch Widerruf oder Amtsniederlegung herbeiführt, hängt davon ab, ob es sich um gesetzliche oder satzungsmäßige Nichteignung handelt. Im ersten Fall erlischt sein Amt automatisch (so die herrschende Lehre; s. BGH in WM 1970, 478; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 17); im zweiten ist der Aufsiditsrat zum Widerruf verpflichtet (a. A. Kölner Komm. Anm. 46, der allerdings anerkennt, daß meist ein wichtiger Grund vorliegt). Zu beachten ist, daß es Fälle gibt, in denen das nicht mehr geeignete Vorstandsmitglied dennodi als Vorstand handeln kann, solange es als solches im Handelsregister eingetragen ist (z. B. § 121 II S. 2). Nadi § 105 können Mitglieder des Aufsichtsrates nidit zugleich Mitglieder des Vorstands sein. Gewissen Personen, z. B. Beamten, Bundespräsidenten und den Mitgliedern der Bundesregierung kraft Verfassungsrechts, sowie den Mitgliedern der meisten Landesregierungen der Bundesländer, ist durch besondere Gesetze verboten, in den Vorstand einer Gesellschaft einzutreten; die Übertretung dieser Bestimmung ist jedoch für das Aktienrecht bedeutungslos. Anm. 9: Eine juristische Person kann nicht Vorstandsmitglied sein, dies erklärt sich aus dem Wesen des Vorstandsamtes. Der Vorstand ist der Han405

§76 Verfassung der Aktiengesellschaft Anm. 9,10 delnde einer juristischen Person, also kann dies nicht wieder eine andere juristisdie Person sein, die wiederum nur durch eine natürliche Person handeln könnte, da das „Handeln" ein persönliches Tätigwerden voraussetzt. Es war nach bisherigem Recht streitig, ob ein beschränkt Geschäftsfähiger Vorstandsmitglied sein könne. Die Rechte und Pflichten eines Vorstandes — insbesondere die Leitung der Gesellschaft, die Haftung usw. — erfordern die Geschäftsfähigkeit der Vorstandsmitglieder, darum hat der Gesetzgeber diese Streitfrage auch in diesem Sinne geregelt. IV. Zahl der Vorstandsmitglieder Anm. 10: Bisher stand es allen Gesellschaftern frei, ob sie nur ein oder mehrere Vorstandsmitglieder bestellen wollten. § 76 II S. 2 ändert dies insofern, als bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als DM 3 000 000,— der Vorstand aus mindestens zwei Personen bestehen soll, wozu auch stellvertretende Mitglieder zählen (Bürger in DB 66, 101; Kölner Komm. Anm. 36). Bis zu einem Grundkapital von DM 3 000 000.— einschl. kann es daher bei einem Vorstandsmitglied verbleiben. Die Vorschrift ist zum Schutz der Aktionäre erlassen; daneben geht der Gesetzgeber davon aus, daß die Arbeitslast des Vorstandes meist die Kraft einer Person übersteigt und die Verantwortung für die geschäftlichen Maßnahmen häufig so groß ist, daß sie auf mehrere Personen verteilt werden sollte. Auch hat ein mehrköpfiger Vorstand den Vorzug, daß die Mitglieder sich wegen ihrer gesamtschuldnerischen Haftung wechselseitig überwachen und dadurch die Gefahr von Mißbräudien verringert wird (Begründung zum Regierungsentwurf). Da die Bestimmung den Aktionär schützen soll, kann er auch darauf verzichten, indem er eine anders lautende Satzungsbestimmung beschließt. Obermüller-Werner-Winden (in die HV der AG S. 42) und Lehmann (S. 42) wollen aus der Formulierung des Gesetzes „ . . . aus einer Person besteht" herleiten, daß die Satzung nicht alternativ bestimmen könne, der Vorstand bestünde aus einem oder mehreren Mitgliedern (ebenso Barz in Die AktGes 66, 41). Dieser Ansicht können wir nicht folgen. Es ergibt sich aus der Regierungsbegründung, daß die Bestimmung zum Schutz der Aktionäre eingefügt worden ist und darum auch in der Satzung auf diesen Schutz verzichtet werden kann. Es ist kein Grund ersichtlich, warum dieser Verzicht eine schärfere Folge haben sollte, als die allgemeine Regelung für Gesellschaften von einem Grundkapital bis zu DM 3 000 000,—. Nach dieser kann die Satzung alternativ eine oder mehrere Personen als Vorstandsmitglieder vorsehen. Wenn die Satzung auf die für den Aktionär ergangene Schutzvorschrift verzichten kann, so kommt damit zum Ausdruck, daß in einem derartigen Fall die allgemeine Regelung Platz greifen soll. Das aber bedeutet, daß auch nach § 76 II S. 2 die Satzungsbestimmung: „Der Vorstand besteht aus einem oder mehreren Mitgliedern" als zulässig angesehen werden muß und auch der Vorstand einer Gesellschaft 406

Leitung der Aktiengesellschaft

§76 Anm. 10—13

mit mehr als DM 3 000 000,— Grundkapital dann ordnungsgemäß besetzt ist. Dieser Auffassung steht auch nicht — -wie die Gegenmeinung ausführt — der Wortlaut des Gesetzes entgegen; denn wenn die Satzung eine Alternative enthält, so bestimmt sie eben u. a. auch, daß der Vorstand „aus einer Person besteht" (so auch Möhring in N J W 66, 5; B.-H. Rn. 10; Knorr in DNotZ 66, 340; Möhring-Tank I Rz 196; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 13; Kölner Komm. Anm. 35; offenbar auch, aber nicht klar, Baiser S. 62). Anm. 11: Durch die Bestimmung des Abs. 2 S. 2 bleiben die Vorschriften über die Bestellung eines Arbeitsdirektors unberührt (Abs. 2 S. 3). Kann ein Arbeitsdirektor nach den Vorschriften des Mitbestimmungsrechts der Arbeitnehmer nicht alleiniges Vorstandsmitglied sein, so will die neue Bestimmung an dieser Rechtslage nichts ändern. Mitbestimmte Gesellschaften müssen daher zwei Vorstandsmitglieder haben, da gem. § 13 des Mitbestimmungsgesetzes der Arbeitsdirektor als gleichberechtigtes Vorstandsmitglied bestellt werden muß (Boldt § 13 Anm. 2 a). Darum ist für diese Gesellschaft die Möglichkeit des § 76 II S. 1 nicht anwendbar, wonach der Vorstand aus nur einer Person bestehen kann (Müller-Lehmann § 13 Anm. 7). V. Besondere Vertreter 1. für Westvermögen von Ostfirmen Anm. 12: Schwierigkeiten haben sich durch die Teilung Deutschlands hinsichtlich der sich im Westen befindlichen Vermögensteile ostdeutscher Gesellschaften ergeben. § 2 II DM-Bilanzgesetz hat daher bestimmt, daß Gesellschaften mit Sitz in Deutschland, aber außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes für die westlichen Zweigniederlassungen ständige Vertreter zu bestellen hatten, sofern nicht ohnedies eine ausreichende Vertretung im Westen vorhanden war. Hierdurch konnten weder die Befugnisse des im Osten seßhaften Vorstandes noch die satzungsmäßigen oder gesetzlichen Regelungen der Vorstandsbefugnisse außer kraft gesetzt werden (Schmölder-GeßlerMerkel § 2 Anm. 25). Waren mehrere Vorstandsmitglieder vorgesehen, mußten auch gleichviele „ständige Vertreter" bestellt werden. Die Bestellung konnte auch durch das Gericht erfolgen (§ 2 IV und V DMBilG). Zuständig ist das Gericht der errichteten oder zu errichtenden Zweigniederlassung. Hinsichtlich der Möglichkeit, Abwesenheitspfleger zu bestellen, siehe § 10 Zustellungsergänzungsgesetz vom 7. 8. 52 (BGBl. 407) und § 3 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Reichsvermögens vom 21. 7.1951 (BGBl. 467). 2. Besondere Vertreter nach § 30 BGB Anm. 13: Nach dem für anwendbar angesehenen § 30 BGB kann die Satzung vorschreiben, daß neben dem Vorstand besondere Vertreter bestellt werden, die zwar der Oberaufsicht und den Weisungen des Vorstandes un407

§§ 76/77

Anm. 13

Verfassung der Aktiengesellschaft

terstehen, aber nach außen mit selbständiger Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht ausgerüstet sind. Vertretungsmacht ist unerläßlich, kann aber weniger weitgehend als die des Vorstands sein (siehe § 30 BGB). Von Angestellten unterscheiden sie sich als Bestandteil der durch die Satzung geschaffenen Gesellschaftsorganisation. Sie werden durch den Vorstand berufen und abgesetzt, der nach der Satzung an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden sein kann. R G 157, 234 if. sieht es als Verschulden der Gesellschaft an, wenn sie es trotz vorhandener Bedürfnisse unterläßt, diese Einrichtung zu schaffen (bedenklich, insbesondere durch die Begründung, daß die Gesellschaft selbst verpflichtet sei, ihre höhere Haftung aus § 31 BGB in genügendem Umfang zur Verfügung zu stellen). Gesetzliche Vertreter sind die besonderen Vertreter nicht, wohl aber Organe der Gesellschaft (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 18; a. A. nicht überzeugend Kölner Komm. Vorb. § 76 Anm. 20). Man wird hierher die Leiter größerer Zweigniederlassungen, z. B. der großen Banken, rechnen können (RG 94, 320; J W 33, 2819). Hinsichtlich der Rechtsstellung der sogenannten Custodians — die nach Militärregierungsgesetz Nr. 52 bestellten Treuhänder — siehe 2. Auflage § 70 Anm. 9 S. 299 ff. § 77 Geschäftsführung (1) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so sind sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt. Die Satzung oder die Geschäftsordnung des Vorstands kann Abweichendes bestimmen; es kann jedoch nicht bestimmt werden, daß ein oder mehrere Vorstandsmitglieder Meinungsverschiedenheiten im Vorstand gegen die Mehrheit seiner Mitglieder entscheiden. (2) Der Vorstand kann sich eine Geschäftsordnung geben, wenn nicht die Satzung den Erlaß der Geschäftsordnung dem Aufsichtsrat übertragen hat oder der Aufsichtsrat eine Geschäftsordnung für den Vorstand erläßt. Die Satzung kann Einzelfragen der Geschäftsordnung bindend regeln. Beschlüsse des Vorstands über die Geschäftsordnung müssen einstimmig gefaßt werden. I. Übersicht (Anm. 1) II. Kollegialprinzip 1. Grundsatz der Einstimmigkeit (Anm. 2) 2. Zulässigkeit von Mehrheitsbesdilüssen (Anm. 3) 3. Verbot der Entscheidung durch eine Minderheit (Anm. 4)

408

III. Form der Beschlüsse (Anm. 5) IV. Durchführung der Beschlüsse (Anm. 6) V. Geschäftsordnung 1. Inhalt (Anm. 7) 2. Erlaß (Anm. 8—10) 3. Form (Anm. 11)

Geschäftsführung

§77

Anm. 1—4

I. Übersicht Anm. 1: § 77 befaßt sich mit der Geschäftsführung durch den Vorstand und regelt in Absatz 1 die früher im § 70 II S. 2 AktG 37 geregelte Frage, wie die Geschäftsführungsbefugnis bei einem mehrgliedrigen Vorstand ausgeübt wird (s. Anm. 2 bis 6); hierbei ist das Alleinentscheidungsrecht des Vorstandsvorsitzenden nach bisherigem Recht nicht nur fallen gelassen, sondern ausdrücklich untersagt worden. Abs. 2 befaßt sich mit der Geschäftsordnung für den Vorstand. Im bisherigen Recht war eine derartige Bestimmung nicht enthalten, lediglich im § 13 II MitbestG ist die Geschäftsordnung erwähnt (s. Anm. 7). II. Kollegialprinzip 1. Grundsatz der Einstimmigkeit Anm. 2: Die Frage der Geschäftsführungsbefugnisse, insbesondere bei einem mehrgliedrigen Vorstand, war im Gesetz von 1937 nidit geregelt mit Ausnahme der Tatsache, daß sie dem Vorstand gemäß § 70 AktG 37 oblag. Es war daher streitig, ob für Beschlüsse des Vorstands einfache Stimmenmehrheit ausreichte oder die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich war. Das neue Gesetz hat daher ausdrücklich in Absatz 1 Satz 1 bestimmt, daß alle Vorstandsmitglieder den einzelnen Geschäftsführungsmaßnahmen zustimmen müssen. Daraus folgt, daß jedes den Anordnungen eines anderen widersprechen und sie wieder aufheben kann (Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 3) und daß daher bei Meinungsverschiedenheiten und immer, wenn es zur Beschlußfassung des Gesamtvorstandes kommt, Einstimmigkeit hergestellt sein muß. 2. Zulässigkeit von Mehrheitsbeschlüssen Anm. 3: Durch Satzung oder die Geschäftsordnung für den Vorstand kann etwas anderes bestimmt werden, insbesondere, daß Stimmenmehrheit ausreicht (s. aber Anm. 8). Nach der herrschenden Lehre zu dem früheren Recht konnte weder der Aufsichtsrat noch der Vorstand das Mehrheitsprinzip einführen. Da die Geschäftsordnung sowohl vom Vorstand als auch, vom Aufsichtsrat gegeben werden kann (s. Anm. 9), können beide Organe unabhängig von der Satzung das Mehrheitsprinzip einführen. 3. Verbot der Entscheidung durch eine Minderheit Anm. 4: Das Gesetz bestimmt ausdrücklich, daß das früher bestandene Alleinentscheidungsrecht des Vorsitzenden, aber auch die Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Vorstandes durch einige Mitglieder gegen die Mehrheit unzulässig ist. Damit soll die Gefahr ausgeräumt werden, daß die anderen Vorstandsmitglieder zu bloßen Gehilfen des Vorsitzenden 409

§ 77

Anm. 4,5

Verfassung der Aktiengesellschaft

herabsinken und dieser vorschnell wichtige Entscheidungen trifft, und erreicht werden, daß alle Mitglieder gleidien Einfluß auf die Entscheidung haben. Die bisherige Regelung entsprach dem „Führerprinzip" und wurde der Tatsadie nicht gerecht, daß der Vorstand ein Kollegialgremium ist. Das Gesetz verbietet damit weder die satzungs- oder geschäftsmäßige Hervorhebung eines Vorstandsmitglieds zum Vorsitzenden, noch die Einrichtung eines Vorstandspräsidiums. Nur die Funktion dieser Institution wird beschränkt. So darf das Präsidium nicht, wie mitunter in der Satzung festgelegt, bei Meinungsverschiedenheiten der Vorstandsmitglieder verbindlich entscheiden. Der Vorsitzende kann lediglich bei Stimmengleichheit den Ausschlag geben. Damit würde er nicht gegen die Mehrheit der Vorstandsmitglieder entscheiden, so daß diese Regelung der vorliegenden Bestimmung nicht widersprechen würde (h. L.: für viele Dose S. 68). Dabei ist allerdings zu beachten, daß, wenn der Vorstand nur aus zwei Mitgliedern besteht, die Einräumung eines solchen Rechts dahin führen würde, daß das zweite Vorstandsmitglied stets überstimmt werden könnte. Zwar handelt es sich hier nicht um eine Entscheidung gegen die Mehrheit, wie es im Gesetz heißt, wohl aber ist nach dem Grundgedanken des Gesetzes eine solche Bestimmung unzulässig, denn das zweite Vorstandsmitglied würde in einem solchen Fall keine echte Entscheidungsbefugnis haben und würde zum bloßen Gehilfen des Vorsitzenden (ebenso Knorr in DNotZ 1966, 302; a. A. Bürger in DB 1966,101). III. Form der Beschlüsse Anm. 5: Für die Besdilüsse des Vorstands, mögen sie einstimmig oder mit Mehrheit zu fassen sein, ist eine besondere Form nicht vorgeschrieben. Sie können in schriftlichen Voten auf einem umlaufenden Antrag oder mündlichen protokollierten oder unprotokollierten Sitzungen oder durch Haustelefon gefaßt werden. Weder Gesetz noch kaufmännische Übung kennen — vorbehaltlich ausdrücklicher Vorschrift der Satzung — Grundsätze über Beschlußfähigkeit. Alle erreichbaren Vorstandsmitglieder sind an der Beschlußfassung zu beteiligen, indem sie zu dieser gerufen oder zur Ausführung ihres Votums aufgefordert werden. Ist ein Mitglied durch Abwesenheit oder sonstwie daran gehindert, so ist bei widitigen Angelegenheiten (der Begriff ist relativ), die Aufschub dulden, die Behebung der Verhinderung abzuwarten und, wenn irgend möglich, das abwesende Mitglied von der beabsichtigten Beschlußfassung zu benachrichtigen, evtl. audi zu besonders widitigen Beschlüssen, die unaufschiebbar waren, sein Votum nachträglich einzuholen. Im übrigen kann aber in dringenden Fällen über sein fehlendes Votum hinweggegangen werden (s. audi Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 5). Nur kann, wenn nicht das Mehrheitsprinzip gilt, das Vorstandsmitglied, welches gefehlt hat, noch nachträglich widersprechen und ist sein Widerspruch beacht410

Geschäftsführung

§ 77 Ann». 5—7

lieh, wenn er nicht durch die Entwicklung der Angelegenheit, insbesondere Ausführung des Beschlusses, zu spät kommt (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 5). Aus dieser Sachlage folgt praktisch von selbst, daß nach Möglichkeit das Votum jedes Mitgliedes einzuholen ist. IV. Durchführung der Beschlüsse Anm. 6: Gilt nadi der Satzung oder der Geschäftsordnung der Mehrheitsgrundsatz, so sind überstimmte Mitglieder verpflichtet, sidi der Mehrheit zu beugen und, soweit erforderlich, zur Ausführung des Beschlusses mitzuwirken bzw. ein Geschäft zu unterlassen. Letzteres gilt nach dem gesetzlichen Einstimmigkeitsprinzip auch, wenn nur ein Mitglied widersprochen hat. Freilich können überstimmte Mitglieder den Aufsichtsrat anrufen, der aber nur vermittelnd, nicht bestimmend oder anweisend, eingreifen kann, da er in die Geschäftsführung positiv niemals und im allgemeinen überhaupt nicht reinzureden hat, evtl. aber ein Vorstandsmitglied (auch das widerstrebende oder widersprechende — letzteres auch beim Einstimmigkeitsprinzip —) aus wichtigem Grunde abberufen kann (Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 3). Bleibt auch der Appell an den Aufsichtsrat erfolglos, so können und müssen die überstimmten Mitglieder den Vorstandsbeschluß ausführen, ohne daß sie eine Verantwortung träfe, es sei denn wegen der Art und Weise der Ausführung oder schuldhafter Unterlassung der Abwendung auch bei Ausführung des Beschlusses abwendbaren Schadens. Sie haben alles getan, was man von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter in ihrer Lage verlangen kann. Man kann ihnen insbesondere nicht zumuten, ihr Amt niederzulegen, wodurch ein etwaiger Schaden nicht abgewendet würde und wozu sie nach einer verbreiteten Meinung rechtlich nicht einmal in der Lage wären. Dagegen muß, wo das gesetzliche Einstimmigkeitsprinzip gilt, das einer Maßnahme widersprechende Vorstandsmitglied eine etwaige Abberufung durch den Aufsichtsrat in Kauf nehmen, ohne seinen Widerstand aufgeben zu dürfen. V. Geschäftsordnung 1. Inhalt Anm. 7: Der Vorstand kann eine Geschäftsordnung haben. In der Geschäftsordnung werden in der Regel alle wichtigen Fragen, die die Zusammenarbeit des Vorstandes betreffen, für einen unbestimmten Zeitraum festgelegt; insbesondere wird festgelegt, welche Mehrheit für die Gültigkeit von Vorstandsbeschlüssen notwendig sein soll, die Aufteilung der Tätigkeitsbereiche der einzelnen Vorstandsmitglieder und dergleichen. S. im einzelnen S. Wilhelmi in Handbuch des Aufsichtsrats. 411

§77

Anm. 7—10

Verfassung der Aktiengesellschaft

Kein Vorstandsmitglied kann in einem bestimmten Tätigkeitsbereich ganz ausgeschlossen werden, es bleibt verpflichtet einzugreifen, wenn das zuständige Vorstandsmitglied versagt (Würdinger, S. 121; B G H 15, 78; s. audi § 9 3 Anm. 7). Über die Beschränkbarkeit der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands durch die Geschäftsordnung vgl. § 82 Anm. 7 und 8. 2. Erlaß Anm. 8: Wie auch sonst jedes Gremium über seine Geschäftsordnung selbst entscheidet, so kann sich der Vorstand zunächst selbst eine solche geben. Nach Satz 3 müssen aber Beschlüsse des Vorstandes, die die Geschäftsordnung betreffen, einstimmig gefaßt werden. Dies ist zwingendes Recht und kann weder von der Satzung noch von der Geschäftsordnung anders bestimmt werden. Grund hierfür ist, daß bei einer so grundlegenden Anordnung, die die gesamte Zusammenarbeit des Vorstandes umfaßt, ein nicht Ubereinstimmen auch nur eines Mitgliedes untragbar wäre; insbesondere auch mit Rüdssicht auf die Haftung der einzelnen Mitglieder (§ 93), deren Umfang durch die Geschäftsordnung beeinflußt werden kann (vgl. Möhring in N J W 66, 6). Anm. 9: Die Geschäftsordnung kann jedoch auch vom Aufsichtsrat erlassen werden, muß es sogar in dem Fall, in dem die Satzung ihm dies übertragen hat. In diesem Fall kann sich der Vorstand keine eigene Geschäftsordnung geben. Eine von dem Aufsichtsrat gegebene Geschäftsordnung hat immer den Vorrang vor einer solchen vom Vorstand, dies ergibt sich aus der Formulierung „ . . . erläßt". Die Geschäftsordnung des Vorstandes tritt außer Kraft, sobald der Aufsichtsrat eine solche erläßt, und der Vorstand kann sich auch keine neue geben, solange die Geschäftsordnung des Aufsichtsrates noch gültig ist. Nach der Begründung des Regierungsentwurfes soll der Aufsichtsrat nicht berechtigt sein, eine vom Vorstand beschlossene Geschäftsordnung zu ändern, sondern könnte dann nur eine geschlossene neue Geschäftsordnung erlassen, die allerdings Bestimmungen der Geschäftsordnung des Vorstandes übernehmen kann. Diese Auslegung erscheint uns nicht richtig. Wenn der Aufsichtsrat einzelne Bestimmungen der Geschäftsordnung des Vorstandes ändert, so haben vielmehr diese geänderten Bestimmungen zusammen mit den nicht geänderten als neue Geschäftsordnung zu gelten (a. A. Knorr in DNotZ. 1966, 342; Kölner Komm. Anm. 27). Anm. 10: Auch die Satzung kann — neben der Übertragung des Erlasses auf den Aufsichtsrat (s. Anm. 9) — Bestimmungen über die Geschäftsordnung bindend regeln. Sie kann z. B. die Geschäftsführung auf die Vorstandsmitglieder aufteilen oder Bestimmungen über die Beschlußfassung innerhalb des Vorstandes treffen. Praktisch läuft die gesetzliche Bestimmung des Abs. 2 S. 2 darauf hinaus, daß die Geschäftsordnung für den Vorstand vollständig in 412

§§77/78 Anm. 10,11 der Satzung enthalten sein kann. Es können aber auch nur einzelne Fragen in der Satzung geregelt sein, dann bleibt noch Raum für eine vom Aufsichtsrat dem Vorstand gegebene Geschäftsordnung (vgl. Knorr in DNotZ 1966, 343). Die Satzung kann aber auch anordnen, daß eine vom Vorstand gegebene Geschäftsordnung der Zustimmung des Aufsichtsrates bedarf. Vertretung

3. Form Anm. 11: Die Geschäftsordnung ist ihrer Natur nach zur Gültigkeit für einen langen Zeitraum gedacht, so daß für die Gültigkeit Schriftform verlangt werden muß (s. audi Bericht des Rechtsausschusses). Schriftform im Sinne des § 126 BGB dürfte damit nicht gemeint sein, worauf Mertens (Kölner Komm. Anm. 24) zurecht hinweist (vgl. Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 10; S. Wilhelmi in Handbudi des Aufsiditsrats).

§ 78 Vertretung (1) Der Vorstand vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. (2) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so sind, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Ist eine Willenserklärung gegenüber der Gesellschaft abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Vorstandsmitglied. (3) Die Satzung kann audi bestimmen, daß einzelne Vorstandsmitglieder allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind. Dasselbe kann der Aufsichtsrat bestimmen, wenn die Satzung ihn hierzu ermäditigt hat. Absatz 2 Satz 2 gilt in diesen Fällen sinngemäß. (4) Zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder können einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermäditigen. Dies gilt sinngemäß, wenn ein einzelnes Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt ist. I. Übersicht (Anm. 1 u. 2) II. Umfang der Vertretung (Anm. 3)

III. Zulässige Vertretungsarten (Anm. 4—8) IV. Ermächtigung (Anm. 9—13) V. Haftung (Anm. 14) 413

§78 Verfassung der Aktiengesellschaft Anm. 1,2 I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift entspricht inhaltlich dem § 71 AktG 37, hat diesen sprachlich geändert und aus gesetzestechnischen Gründen neu gegliedert. Abs. 4 war früher Abs. 2 S. 2, gehört jedoch seinem Inhalt nach nicht in Abs. 2, weswegen diese Bestimmung in einem neuen Absatz normiert worden ist. Anm. 2: Während § 77 die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes behandelt, regelt § 78 seine ausschließliche Vertretungsbefugnis. Geschäftsführung und Vertretung sind jedoch kein Gegensatz. Das Handeln nach außen ist vielmehr ein Ausschnitt aus der Geschäftsführung, welche der viel weitere Begriff ist. Die rechtserheblichen Handlungen des Vorstandes als solchen sind Handlungen der Gesellschaft, nicht nur die rechtsgeschäftlichen, auch unerlaubte oder vertragswidrige eines einzelnen Mitgliedes, ohne Rücksicht auf die Gestaltung der Vertretungsbefugnis nach außen ( § 3 1 BGB; vgl. RG in DR 41,1937). Über die Vertretungsmacht in bezug auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft zu ihren Organen vgl. RG in JW 32, 720. So verwirkt die Gesellschaft den Anspruch auf die Versicherungssumme, wenn ihr Vorstandsmitglied den Brand vorsätzlich angelegt hat. Inwieweit Leiter von Zweigniederlassungen, die nicht Vorstandsmitglieder sind, als Vertreter im Sinne der §§ 30, 31 BGB anzusehen sind, hängt davon ab, ob in der Satzung die Errichtung von Zweigniederlassungen vorgesehen und ob den Leitern in der Satzung oder in ihren Anstellungsverträgen eine rechtsgeschäftliche Vertretung übertragen ist (RG 94, 320; JW 32, 2513). Für Schäden aus unerlaubter Handlung des Vorstandsmitglieds haftet die Gesellschaft nur, wenn es in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtung, d. h., wenn er auch außerhalb seiner Vertretungsmacht innerhalb seines Geschäftsbereiches (RG in DR 41, 1937) gehandelt hat (§§ 31, 823 BGB), nach RG 134, 377 jedoch nicht, wenn das Delikt gerade in der Vortäuschung ordnungsmäßiger Vertretung (Fälschung der Unterschrift eines weiteren Vertreters) besteht (vgl. Oertmann Anm. zu JW 32, 2813; über unerlaubte Handlung des Vorstands im Gründungsstadium siehe RG 151, 56; 154, 275 sowie Anm. 22 zu § 41). Neben der Gesellschaft haftet der Vorstand bürgerlich-rechtlich als Gesamtschuldner. Die Gesellschaft kann sich nicht auf § 831 BGB berufen. Sie haftet auch dann, wenn nur ein Vorstandsmitglied Täter war und Gesamtvertretungsmacht bestand, andererseits nicht ohne weiteres für Geldstrafen, die einem Vorstandsmitglied auferlegt werden, z. B. bei Verurteilung wegen Steuerhinterziehung (anders bei Devisenvergehen kraft ausdrücklicher Bestimmung). Der Verurteilte hat kein Recht auf Erstattung. Die Gesellschaft kann in der Regel ihren Aktionären gegenüber nicht die Strafen freiwillig zahlen (vgl. als Ausnahmefall BGH vom 6. 4. 1964 in BB 64, 628), dagegen kann sie die Ausgaben für die Verteidigung eines Vorstandsmitgliedes übernehmen, wenn 414

§78 Anm. 2,3 sie wegen der etwaigen bürgerlich-rechtlichen Folgen ein eigenes Interesse an dem Strafverfahren hat. Die Gesellschaft haftet auch für eine Besitzstörung, die der Vorstand in Ausübung seiner Tätigkeit verübt. Abs. 2 stellt für den mehrköpfigen Vorstand den Grundsatz der Gesamtvertretung auf, während die Einzelvertretung und ihre Abarten (Vertretung durch mehrere, nicht alle Mitglieder oder durch eines zusammen mit einem Prokuristen), obwohl sie zufolge eines Verkehrsbedürfnisses die Regel sind, rechtlich als Ausnahme gelten. Von der rechtsgeschäftlichen Vollmacht (Generalvollmacht, Prokura, Handlungsvollmacht) handelt § 78 nicht. Diese erteilt der Vorstand, auch wenn es sich um gesetzliche Vertretung handelt, wenn nach der Satzung die gesetzliche Vertretung durch ein einzelnes Vorstandsmitglied zusammen mit einem Prokuristen ausgeübt werden kann. Der Vorstand kann verpflichtet werden, die Zustimmung des Aufsiditsrats dazu einzuholen (§111 IV), ohne daß aber die Verletzung dieses Gebots den Rechtsbestand der Vollmacht berührt. Die Zustimmung braucht daher (bei der Prokura) dem Registergericht nicht nachgewiesen zu werden (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 27). Möglich ist auch die Erteilung einer Generalvollmadit an einen Dritten (KG in DNZ 1925, 242), unmöglich ist die Übertragung der Vorstandsstellung, also die Erteilung unabhängiger Geschäftsführungsbefugnis, wie sie in unwiderruflicher Generalvollmacht zu sehen wäre. Möglich ist die Erteilung einer Prokura auch, wenn die Gesellschaft kein Handelsgewerbe betreibt (s. § 3). Vertretung

II. Umfang der Vertretung Anm. 3: Der Vorstand ist gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft im Sinne des § 51 ZPO, er vertritt somit die AG in allen Angelegenheiten. Die Vertretungsbefugnis unterliegt lediglich den aus dem Gesetz ersichtlichen Beschränkungen, ist aber im übrigen unbeschränkt und unbeschränkbar (§ 82). Eine gesetzliche Beschränkung enthält § 112, wonach der Vorstand die Gesellschaft nicht gegenüber Vorstandsmitgliedern vertreten kann; in diesen Fällen vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft. Weitere Beschränkungen enthält § 246 II, wonach der Vorstand die Gesellschaft bei Anfechtungsklagen, die nicht vom Vorstand oder Aufsichtsrat ausgehen, nur zusammen mit dem Aufsichtsrat vertreten kann. Durch die Neuregelung des § 112 ist die bisher umstrittene Frage, wie die Gesellschaft bei Rechtshandlungen mit Vorstandsmitgliedern vertreten wird, insbesondere die Anwendbarkeit des § 181 BGB, gegenstandslos geworden (für das frühere Recht vgl. BGH in BB 1961, 692 und in BB 1967, 730; vgl. auch Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 21; C.-H. u. S. Wilhelmi in BB 1968, 139). 415

§78 Verfassung der Aktiengesellschaft Anm. 3,4 Der Vorstand erledigt kraft der ihm zustehenden außergerichtlichen Vertretungsmacht sämtliche Verhandlungen mit Behörden, anderen Gesellschaften, den gesamten Geschäftsverkehr usw. Als gerichtlicher Vertreter der Gesellschaft haben die Vorstandsmitglieder, ohne selbst Partei zu sein, die Rolle der Partei im Prozeß, auch die stellvertretenden Mitglieder (§ 94), und können nur als Partei, nicht als Zeugen, vernommen werden (anders in den Ausnahmefällen, in denen nicht sie die Gesellschaft vertreten und in Prozessen des Konkursverwalters; über die Vernehmung eines Prokuristen s. Anm. 7). Zustellungen und Ladungen können an jedes Vorstandsmitglied rechtsgültig erfolgen, auch wenn es allein zur Vertretung nicht befugt ist. Der Fortfall eines Vorstandsmitgliedes unterbricht im Falle der Gesamtvertretung den Prozeß nur dann, wenn die für die Vertretung erforderliche Anzahl von Mitgliedern nicht mehr vorhanden ist. Beschwerden müssen von so viel Vorstandsmitgliedern eingelegt werden, als bei Gesamtvertretung zur Mitwirkung erforderlich sind. Kann nach Satzung jedes einzelne Mitglied die Gesellschaft wirksam vertreten, so kommt es im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (also bei Anmeldung zum Handelsregister, deren Widerruf und Beschwerdeverfahren), wenn der Vorstand uneins ist, darauf an, wer das letzte Wort hat (so KG in JW 39, 357; a. A. Kölner Komm. Anm. 41). Der Offenbarungseid ist von den sämtlichen Vorstandsmitgliedern zu leisten, die zur Zeit der Eidesleistung Vorstandsmitglieder sind, evtl. das letzte nach dem Antrag ausgeschiedene Mitglied (OLG Frankfurt in JW 1926, 2114 und 1927, 726; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 2; Kölner Komm. Anm. 15). III. Zulässige Vertretungsarten Anm. 4: Die Satzung muß nichts darüber enthalten, ob Einzel oder Gesamtvertretung bestehen soll. Schweigt die Satzung, so gilt Gesamtvertretungsbefugnis, wenn nach der Satzung der Vorstand aus mehreren Personen bestehen muß oder bestehen kann und letzterenfalls besteht. Wird der Vorstand unvollständig, d. h., ist die satzungsmäßige Mindestzahl von Vorstandsmitgliedern infolge rechtlicher oder tatsächlicher Behinderung eines Mitglieds nicht mehr vorhanden, so können die verbleibenden Vorstandsmitglieder die Gesellschaft nicht vertreten (RG 103, 417; Kölner Komm. Anm. 26). Bestimmungen der Satzung nach Abs. 3 S. 1 und 2 bleiben anwendbar. Wenn nicht hiernach einem Vorstandsmitglied Einzelvertretungsbefugnis erteilt ist, allein oder gemeinsam mit einem Prokuristen, muß gemäß § 84 oder ggf. § 85 ein weiteres Mitglied bestellt werden. Audi die Satzung kann nicht vorsehen, daß sich die Gesamtvertretung bei Wegfall eines Gesamtvertreters in Einzelvertretung verwandele (streitig), wohl aber, daß der Vorstand aus einer oder mehreren Personen bestehen solle. 416

Vertretung

§78 Anm. 5

Anm. 5: Bei Gesamtvertretung und ihren Abwandlungen können sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinsam eine rechtsverbindliche Erklärung abgeben. Das gilt selbstverständlich auch von mündlichen Erklärungen. Deshalb haftet die Gesellschaft auch für Verschulden bei Vertragsabschluß nur, wenn es einer zur Kollektivvertretung ausreichenden Kombination zur Last fällt (Oertmann, Anm. zu JW 33, 251, vgl. auch RG 134, 377), es sei denn, es stellt eine unerlaubte Handlung dar. Dabei besteht kein Unterschied zwischen den ordentlichen und stellvertretenden Mitgliedern, so daß auch die letzteren sämtlich mitwirken müssen. Es ist allerdings nicht erforderlich, daß jedes Vorstandsmitglied sich unmittelbar an der Abgabe der Willenserklärung beteiligt (vgl. Dose, S. 107). So genügt es, wenn der eine Gesamtvertreter verhandelt, der andere zuhört und nicht widerspricht, desgl., daß ein Vorstandsmitglied beim Abschluß des Geschäfts mitwirkt, ohne den ganzen Inhalt des Vertrages zu kennen (RG 81, 325; 101, 342; Seuff. Arch. 90, 55). Gleichzeitige Anwesenheit der Gesamtvertreter ist nicht erforderlich, es genügt vielmehr — vorherige oder nachträgliche — Zustimmung (RG 106, 26; MeyerLandrut in Großkomm. Anm. 12). Handelt ein Gesamtvertreter ohne Ermächtigung allein, so liegt unvollständige Gesamtvertretung vor, welche der Vertretung ohne Vertretungsmacht gleichzustellen ist. Einseitige empfangsbedürftige Erklärungen sind nach § 174 BGB unwirksam. Die Wirsamkeit eines Vertrages hängt von der Zustimmung eines weiteren Gesamtvertreters ab, mit dem zusammen der handelnde Vertreter die Gesellschaft hätte vertreten können (auch hier genügt das). Die Zustimmung kann schlüssig, selbst durch Schweigen, ausgedrückt werden (BGH in WM 1959, 881). Sie bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft vorgeschriebenen Form; es genügt, wenn der Handelnde die Form erfüllt hat, sie braucht nicht gegenüber dem Vertragsgegner erklärt zu werden. Die Genehmigung setzt voraus, daß der Gesamtvertreter, der gehandelt hat, mit dem von ihm abgeschlossenen Geschäft z. Z. der Genehmigung selbst noch einverstanden ist (RG in DR 42, 1159; B.-H. Rn. 6; Meyer-Landrut in Großkomm Anm. 12; Kölner Komm. Anm. 19). Sie hat rückwirkende Kraft, aber zwischenzeitlich vorgenommene Verfügungen bleiben bestehen (RG 81, 32; 86, 265; 101, 342; 104, 192; 112, 215; 118, 168; 123, 288; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 12). Bis zur Genehmigung ist das Geschäft schwebend unwirksam. Das bedeutet, daß Geschäfte, die bei Vornahme durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht nichtig sind, auch bei Vornahme durch einen Gesamtvertreter ohne erforderliche Einwilligung nichtig sind. Wer gemeinschaftliches Handeln behauptet, muß dieses beweisen. Ein Beweisantritt dahin, daß die Erklärung des einen Gesamt Vertreters mit Wissen des anderen abgegeben wurde, genügt nicht. § 157 BGB kann nur einschlagen, wenn letzterer wußte, daß seine Duldung dem Dritten zur Kenntnis gelangte. 417

§ 78

Anm. 6,7

Verfassung der Aktiengesellschaft

Anm. 6: Das Ausgeführte gilt für die Abgabe einer Willenserklärung der Gesellschaft, anders, wenn eine solche gegenüber der Gesellschaft abgegeben werden soll. Dann genügt nach zwingender Vorschrift die Abgabe gegenüber einem einzigen Vorstandsmitglied, gleichgültig, ob dieses einzel- oder gesamtvertretungsberechtigt, ordentliches oder stellvertretendes Mitglied ist. Das gleiche gilt für Mitteilungen aller Art, wie Aufforderungen, Ladungen, Mängelrügen, Wechselproteste usw. Wo immer das Gesetz auf das Wissen abstellt, wie beim schlechten Glauben, Irrtum usw., genügt das Wissen eines einzigen an dem Geschäft durch Mitwirkung oder Zustimmung beteiligten Vorstandsmitgliedes (BGH 20, 149; 41, 282; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 15; B.-H. Rn. 7; Kölner Komm. Anm. 33, aber etwas anders § 76 Anm. 13). Anm. 7: Die Satzung kann die Vertretungsbefugnis anders regeln. Das Gesetz läßt zunächst die Einzelvertretung zu. Die Satzung kann sie unmittelbar selbst anordnen oder dem Aufsichtsrat gestatten, jedem oder einem einzelnen von mehreren Vorstandsmitgliedern die Einzelvertretungsbefugnis zu erteilen. Daraus, daß ein Mitglied des Vorstandes zum Vorsitzenden nach § 84 I I ernannt ist, folgt nicht ohne weiteres, daß es auch alleinvertretungsberechtigt sein soll. Lediglich durch tatsächliche oder rechtliche Behinderung der anderen Vorstandsmitglieder kann für das bleibende Vorstandsmitglied keine Einzelvertretungsmacht begründet werden, vielmehr ist dann der Vorstand unvollständig besetzt. Anders ist es, wenn die Satzung die Einzelvertretung ausdrücklich zuläßt. Meist wird bestimmt, daß nicht alle Vorstandsmitglieder, sondern jeweils zwei zur Vertretung der Gesellschaft erforderlich sind (zulässig, obwohl gesetzlich nicht vorgesehen, R G 164, 382 ff.). Auch kann ein Teil der Vorstandsmitglieder zur Einzelvertretung, andere zur Gesamtvertretung berechtigt werden. Zulässig und häufig ist die von der Satzung oder ihr zufolge vom Aufsichtsrat getroffene Bestimmung, daß jedes einzelne Vorstandsmitglied, statt mit einem anderen Vorstandsmitglied, auch mit einem Prokuristen zur Vertretung berechtigt sein soll (sogenannte unechte Gesamtvertretung). In Wahrheit handelt es sich aber dann angesichts des moralischen Übergewichts des Vorstandsmitglieds über den Prokuristen, wie auch das Gesetz erkennen läßt, um abgeschwächte Einzelvertretung. In einem solchen Fall kann auch die Anmeldung zum Handelsregister durch ein Vorstandsmitglied und einen Prokuristen geschehen, wo das Gesetz nicht die Mitwirkung aller Vorstandsmitglieder vorschreibt (KG in J W 38, 3121). Aufgrund des Inhaltes der Anmeldung kann sich jedoch etwas anderes ergeben. Bei den einzelnen Bestimmungen wird hierauf besonders hingewiesen werden. Unzulässig ist die Bindung an die Mitwirkung eines Aufsichtsratsmitgliedes. Unzulässig ist, wenn der Vorstand nur aus einer Person besteht, die Be418

Vertretung

§78

Anm. 7

Stimmung, daß diese nur zusammen mit einem Prokuristen vertretungsberechtigt ist, weil darin eine Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht liegen würde. Dagegen hat es aber, wenn die Satzung Gesamtvertretung vorsieht, bei dieser (Vertretung gemeinsam mit einem Prokuristen) sein Bewenden, wenn von zwei Vorstandsmitgliedern das eine fortfällt, es sei denn, daß nach Satzung der Vorstand aus einer oder mehreren Personen besteht. Zulässig ist die Bestimmung, daß der Vorstand nur zusammen mit einem Prokuristen „zeichnen" dürfe (a. A. Kölner Komm. Anm. 30). Eine solche Bestimmung hat selbstverständlidi nur intern, nicht nach außen Wirkung. Freilich darf dadurch die Geschäftsführung des Vorstandes nicht beschränkt sein, so daß der Prokurist auf Anordnung des Vorstandsmitglieds mitzeichnen muß. In diesem Fall hat die Vertretungsmacht des Prokuristen nicht den Umfang derjenigen eines gesetzlichen Vertreters — also nur bei der Bestimmung einer gemeinsamen „Zeichnung", was Meyer-Landrut (Großkomm. Anm. 8) übersieht, wenn er nur als abweichend bezeichnet, s. u. —, was aber belanglos ist, weil die Bestimmung ohnedies nach außen nicht wirkt und nur die Bedeutung hat, daß der Prokurist von allen Rechtshandlungen des Vorstands Kenntnis erhält. Schuldrechtlich kann mit einem bestimmten Dritten (z. B. der Bankverbindung) jede Beschränkung gegenüber diesem wirksam vereinbart werden, z. B., daß Abhebungen vom Konto der Gegenzeichnung eines bestimmten Vorstandsmitglieds oder eines Aufsichtsratsmitglieds, eines Angestellten bedürfe (Kölner Komm. Anm. 43). Natürlidi muß die Vereinbarung, um wirksam zu sein, von den Vertretungsberechtigten selbst getroffen sein. Weiterhin ist es zulässig, daß ein Prokurist im Rahmen der Prokura Alleinvertretungsbefugnis hat, während Vorstandsmitglieder als solche nur gesamtvertretungsbereditigt sind. In allen Fällen, in denen ein Vorstandsmitglied mit einem Prokuristen zusammen handelt, ist der Umfang der Vertretungsmacht nicht durch den der Prokura, sondern durch den der gesetzlichen Vertetungsmacht des Vorstands bestimmt (RG 134, 306, Dose, S. 108; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 8, s. oben; Kölner Komm. Anm. 35), weil diese unbeschränkbar ist. Der Prokurist ist dabei seinerseits nicht an die Weisung des Vorstands gebunden, es sei denn, der Vorstand besteht nur aus einer Person (siehe oben). Gesetzlicher Vertreter ist auch bei dieser unechten Gesamtvertretung nur die beteiligte Vorstandsperson, welche, statt die Vertretungsmacht allein ausüben zu können, an die Mitwirkung eines Prokuristen gebunden ist. Letzterer ist daher im Prozeß nicht Partei, sondern ist als Zeuge zu vernehmen (RG 102, 331). Der Vorstand kann auch General- oder Spezialvollmachten in der Weise erteilen, daß der Bevollmächtigte nur zusammen mit einem Vorstandsmitglied, einem Prokuristen oder anderen Bevollmächtigten die Gesellschaft vertreten kann. Filialleiter werden häufig mit solchen Generalvollmachten ausgestattet. Prokuristen bedürfen in einem solchen Fall keiner be419

§ 78

Anm. 7—9

Verfassung der Aktiengesellschaft

sonderen Ermächtigung zur Zeichnung mit dem Bevollmächtigten (LG Berlin JW 37, 2835). Die Gesamtvertretungsbefugnis kann nicht auf einen Gesamtvertreter übertragen oder diesem von einem Gesamtvertreter Generalvollmacht erteilt werden. Dies würde dem Sinn der Gesamtvertretung widersprechen. Ein Prokurist, der anstelle eines Vorstandsmitgliedes die Gesellschaft zusammen mit einem anderen Vorstandsmitglied vertritt — sofern dies zulässig ist —, vertritt nicht etwa das Vorstandsmitglied, sondern handelt als Vertreter der Gesellschaft in eigener Verantwortlichkeit (BGH 13,61 ff., 64). Anm. 8: Die gleichen Bestimmungen, welche die Satzung über die Vertretungsbefugnis treffen kann, können audi vom Aufsichtsrat getroffen werden (§ 78 III S. 2). Dieser kann seine Befugnisse einem Ausschuß übertragen, da § 78 III S. 2 in § 107 III S. 2 nicht genannt ist (Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 4). Dagegen können die Bestimmungen nidit von der Hauptversammlung (RG 164, 184), erst recht nicht von einem Dritten, getroffen werden, jedoch auch vom Aufsichtsrat nur, wenn die Satzung, sei es die ursprüngliche oder die später abgeänderte, eine ausdrückliche Ermächtigung in dieser Richtung enthält. Ist dies der Fall, kann der Aufsichtsrat auch durch nachträgliche Ermächtigung ein von einem einzelnen Vorstandsmitglied abgeschlossenes Rechtsgeschäft rechtswirksam machen, wenn der nun Ermächtigte dabei bleibt (a. A. Kölner Komm. Anm. 20). Nicht nach dem Gesetzeswortlaut, aber nadi herrschender Ansicht, kann die Satzung den Aufsichtsrat auch ermächtigen, Einzelvertretung in Gesamtvertretung umzuwandeln (MeyerLandrut in Großkomm. Anm. 10). Über Anmeldung im Handelsregister siehe §81. IV. Ermächtigung Anm. 9: Ein einzelnes Vorstandsmitglied kann nicht nur von der Satzung oder gemäß ihrer vom Aufsichtsrat mit Einzelvertretungsbefugnis ausgestattet werden, sondern für einzelne bestimmte Rechtsgeschäfte oder dauernd für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften auch vom Vorstand. Audi dann bleibt es dabei Träger der gesetzlichen Vertretungsmacht. Es handelt sich um die Befugnis, diese allein auszuüben (Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 17; Brodmann § 232 H G B Anm. 4 b. Die herrschende Lehre sieht in der Ermächtigung des Abs. 4 eine echte Handlungsvollmacht im Sinne des § 54 H G B (RG 80, 180; Teichmann-Köhler § 71 Anm. 3 b; Schl.-Qu. Anm. 17; Staub § 232 H G B Anm. 7; ähnlich audi Baumbach-Hueck Rn. 14, der dem Streit allerdings jede praktische Bedeutung abspricht). Die Erteilung einer Vollmacht an ein eigenes Willensorgan der Gesellschaft selbst, dessen Wille also ihr eigener Wille ist, nicht der eines Dritten, ist an und für sidi begriffswidrig 420

§78 Anm.9—11 und unvorstellbar. Aus diesem Grunde ist die herrschende Lehre abzulehnen (ähnlich auch Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 17). Die Ermächtigung ist nicht vom gesamten Vorstand zu erteilen, sondern es genügen die zur Vertretung notwendigen Mitglieder bzw. Prokuristen. Der zu Ermächtigende kann bei der Erteilung der Ermächtigung selbst mitwirken (Baumbach-Hueck Rn. 14; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 16; RG 80, 180). Demnach ist es auch möglich, daß sich ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen eine derartige Ermächtigung erteilt, sofern es mit diesem Prokuristen die Gesellschaft vertreten kann, dem Prokuristen hingegen kann eine derartige Ermächtigung nicht erteilt werden. Da die Ermächtigung die Befugnis ist, die gesetzliche Vertretungsmacht allein auszuüben (siehe oben), würde dies unvereinbar mit der Stellung eines Prokuristen sein, da dieser nicht allein als gesetzlicher Vertreter auftreten kann. Wird trotzdem eine derartige Ermächtigung erteilt, so ist hierin eine echte rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung zu sehen (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 16). Eine Form ist für die Ermächtigung nicht vorgeschrieben. Sie kann auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden, z. B. durch Mitunterschrift des mit dem Ermächtigenden abgeschlossenen Geschäfts, auch nur als Gesdiäftsgegner. Wenn bei diesem organisatorischen Akt auch Erklärung gegenüber einem Dritten nicht in Frage kommt, so haftet doch, wie jedermann, die AG nach außen für den von ihr erzeugten Rechtsschein (BGH 5, 112; RG 144, 388), doch muß an der Erzeugung des Rechtsscheins eine zur Kollektivvertretung ausreichende Kombination von Vertretern beteiligt sein (Kölner Komm. Anm. 34). Überdies kann im Einzelfall, was nicht immer genügend geschieht (vgl. RG 123, 288), stillschweigende Mitwirkung eines anderen Gesamtvertreters an einer Rechtshandlung durch Zustimmung (Einwilligung) vorliegen, worauf unmittelbar § 157 BGB anzuwenden ist. Vertretung

Anm. 10: Widerruf der Ermächtigung ist jederzeit möglich. Fraglich ist, wer widerrufen kann, insbesondere bei Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Vorstandes. Man wird davon ausgehen müssen, daß der Vorstand in seiner Gesamtheit darüber zu entscheiden hat. Es wäre anderenfalls denkbar, daß jeweils zwei zur Vertretung berechtigte Vorstandsmitglieder (oder gar einer bei Einzelvertretung) eine Ermächtigung erteilt und zwei andere diese widerrufen und evtl. so ein ständiges Wechselspiel veranstalten könnten (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 20; a. A. Kölner Komm. Anm. 38, worin auf die von Meyer-Landrut und uns gegebene Begründung zwar nicht eingegangen, unsere Ansicht aber als „undifferenziert" bezeichnet wird). Anm. 11: Mit der Ermächtigung können keine Beschränkungen verbunden werden, die nach außen gelten. Ebenfalls kann einem Dritten nicht die Kennt421

§§ 78/79

Anm. 11—14

Verfassung der Aktiengesellschaft

nis interner Bindungen entgegengehalten werden, wenn der Ermächtigende diese Bindungen übertritt, weil das ermächtigte Vorstandsmitglied eben selbst Willensorgan der Gesellschaft ist und diese Bindungen regelmäßig selbst aufheben kann. Anm. 12: Nach § 81 ist die Ermächtigung nicht zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Betrifft sie aber bestimmte Arten von Geschäften und ist sie für die Dauer erteilt, ist die Eintragung unbedenklich. Anm. 13: Zu beachten ist, daß eine derartige Ermächtigung nur für bestimmte Geschäfte oder bestimmte Arten von Geschäften erteilt werden kann. Das bedeutet, daß die gesamte Vertretungsmacht nicht abgetreten werden kann, da diese praktisch die Bestellung eines Einzelvertreters darstellen würde, wozu der Vorstand nicht in der Lage ist (BGH 34, 27 ff., 30; Werthauer in N J W 1961,2005; Kölner Komm. Anm. 44; a. A. Heim in N J W 1961, 1505 f. und 1962,1333, der allerdings die Ermächtigung als die Erteilung einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht ansieht). V. Haftung Anm. 14: Für unerlaubte Handlungen der Vorstandsmitglieder haftet die Gesellschaft nach § 31 BGB. Der Vorstand handelt als Organ der Gesellschaft für diese, so daß dieses Handeln der Gesellschaft zugerechnet werden muß. Die Gesellschaft haftet für unerlaubte Handlungen jedes einzelnen Vorstandsmitgliedes, selbst wenn es nur gesamtvertretungsberechtigt ist (RG 110, 145; 117, 61), wobei jedoch die unerlaubte Handlung immer in Ausübung der dem Vorstand zustehenden Verrichtungen geschehen sein muß (RG94,318). Eine strafrechtliche Haftung der Gesellschaft gibt es nicht, da eine Bestrafung juristischer Personen dem deutschen Strafrecht fremd ist (nach besatzungsrechtlichen Bestimmungen war es aber möglich, siehe B G H in N J W 53, 1838). Es haftet das Vorstandsmitglied persönlich. Es besteht jedoch ein großes Bedürfnis, auch der Gesellschaft die Vorteile aus einer strafbaren Handlung des Vorstandes zu nehmen, darum ist eine Haftung der AG für verschiedene Strafen und Bußen, die durch strafbare Handlung ihrer Organe verursacht worden sind, festgelegt: § 103 AO; § 5 Wirtschaftsstrafgesetz, § 41 Kartellgesetz. § 79 Zeichnung durch Vorstandsmitglieder Vorstandsmitglieder zeichnen für die Gesellschaft, indem sie der Firma der Gesellschaft oder der Benennung des Vorstands ihre Namensunterschrift hinzufügen. 422

Angaben auf Geschäftsbriefen

§§79/80

§ 79 stimmt inhaltlich mit dem § 72 AktG 37 überein. Er enthält lediglich eine Ordnungsvorschrift (RG 83, 124), ihre Verletzung berührt nicht die Wirksamkeit der für die Gesellschaft abgegebenen Willenserklärung (RG 119, 114). Sie entspricht dem für die Prokura geltenden § 51 H G B und gilt an sich nur für das Verhältnis nach außen, findet jedoch entsprechende Anwendung für das Verhältnis nach innen, z. B. für den Verkehr mit den Aktionären. Durch die Satzung kann eine vom § 79 abweichende Form, in der der Vorstand zu zeidmen hat, bestimmt werden, jedoch sind solche Bestimmungen praktisch ohne Bedeutung, da sie nach außen völlig unwirksam sind und im Innenverhältnis auch nur als Ordnungsvorschrift beschränkte Bedeutung haben (Kölner Komm. Anm. 8). Der Zeichnende hat an sich sowohl die Firma als audi seinen Namen zu schreiben. Es genügt jedoch in allen Fällen, wenn die Firma gestempelt oder gedruckt wird und nur der Name des Vorstandsmitgliedes selbst geschrieben ist (das gilt auch bei Wechselurkunden, R G 118, 169). Handelt es sich um formfreie Erklärungen, genügt auch eine faksimilierte Unterschrift. Es muß lediglich ersichtlich sein, daß die Erklärung von der Gesellschaft stammt (RG in H R R 28, 338; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 1). Zu unterscheiden von diesen Fällen sind die Fälle, in denen gesetzlich Schriftform vorgeschrieben ist. Hier muß eine handschriftliche Unterschrift vorhanden sein, sei es mit der Firma (RG 78, 69) oder den Namen der Vorstandsperson, so daß — auch bei Formbedürftigkeit — die Firma nicht geschrieben zu sein braucht, wenn erkennbar ist, daß die Erklärung von der Gesellschaft abgegeben wird. Nicht notwendig ist jedoch die Erfüllung der Form des § 79 in allen Einzelheiten. Es genügt die Unterschrift eines Vorstandsmitgliedes, auch im Falle der Gesamtvertretung, wenn ein weiteres Vorstandsmitglied mit der Unterzeichnung einverstanden war. Es genügt auch, wenn nur die Firma von einem Vorstandsmitglied gezeichnet ist, ohne Zufügung des Namens (streitig). Voraussetzung ist in letzteren Fällen allerdings, daß das Vorstandsmitglied, das gezeichnet hat, damit eine vollständige abgeschlossene Unterschrift abgeben wollte. Notarielle oder gerichtliche Urkunden sind von den „Beteiligten", das sind jene, deren Erklärungen beurkundet wurden, persönlich zu zeichnen, auch wenn Erklärungen von Vorstandsmitgliedern einer Gesellschaft beurkundet worden sind, die sie in deren Namen abgegeben haben. § 80 Angaben auf Geschäftsbriefen (1) Auf allen Geschäftsbriefen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft, das Registergeridit des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, sowie alle Vorstandsmit423

§80 Verfassung der Aktiengesellschaft Anm. 1—4 glieder und der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen angegeben werden. Der Vorsitzende des Vorstands ist als solcher zu bezeichnen. Werden Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht, so müssen in jedem Falle das Grundkapital sowie, wenn auf die Aktien der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag nicht vollständig eingezahlt ist, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angegeben werden. (2) Der Angaben nadi Abs. 1 S. 1 und 2 bedarf es nicht bei Mitteilungen oder Berichten, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben eingefügt zu werden braudien. (3) Bestellscheine gelten als Geschäftsbriefe im Sinne des Abs. 1. Abs. 2 ist auf sie nicht anzuwenden. Anm. 1: Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Durchführung der ersten Richtlinie des Rates der europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechtes vom 15. 8. 1969 neu gefaßt worden. Gegenüber dem AktG 1965 sind die Angaben über die Rechtsform, die Nummer der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister und die Angaben über das Kapital der Gesellschaft neu hinzugekommen. In Abs. 2 ist die Beschränkung der Pflicht des § 80 eingeengt worden, da nur dann die Angaben nicht erforderlich sind bei Mitteilungen, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen. In Abs. 3 ist nunmehr klargestellt worden, daß Bestellscheine als Geschäftsbriefe im Sinne des Abs. 1 zu gelten haben. Anm. 2: Die Bestimmung soll der als Mangel empfundenen Anonymität der Gesellschaft entgegenwirken. Die Inhaberaktie und die sich aus ihr ergebende Anonymität der Gesellschaft läßt sich ohne Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Zwecks der Aktiengesellschaft nicht beseitigen. Wohl aber ist es möglich, die Persönlichkeiten der Verwaltung stärker nach außen hervortreten zu lassen. Derselbe Gedanke waltet in § 148 IV und § 166 I Nr. 4. Auf den Geschäftsbriefen sind nicht sämtliche Aufsichtsratsmitglieder, sondern nur der Aufsichtsratsvorsitzende, nicht auch der stellvertretende, aber sämtliche Vorstandsmitglieder, auch die stellvertretenden, anzugeben. Der Vorstandsvorsitzende ist als solcher zu bezeichnen. Anm. 3: Ferner ist der Sitz der Gesellschaft anzugeben, weil — so die amtliche Begründung — häufig nur der Sitz der Zweigniederlassung oder der Betriebsstätte angegeben ist. Anm. 4: Auch die Rechtsform der Gesellschaft muß angegeben werden. Aufgrund der Vorschrift des § 4 mußte diese Angabe bereits nach früherem Recht 424

Angaben auf Geschäftsbriefen

§80

Anm. 4—7 auf den Geschäftsbriefen enthalten sein, ohne daß dies in § 80 ausdrücklich erwähnt zu werden brauchte (ebenso Kreplin in BB 1969, 1113). Bei der Angabe der Rechtsform kann die Abkürzung „AG" verwandt werden (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 1; Kreplin in BB 69, 1113; a. A. Kölner Komm. Anm. 4). Ferner sind Registergericht und die Registernummer anzugeben, unter der die Gesellschaft eingetragen ist. Zweck der Bestimmung ist, daß der Geschäftspartner ohne Schwierigkeiten die Eintragungen der Gesellschaft im Register nachprüfen können soll (vgl. Einmahl in Die AktGes 1969, 123; Kreplin in BB 1969, 1114). Es reidit also aus, wenn Amtsgericht mit der Abteilung und der Registernummer angegeben werden. Anm. 5: Nicht erforderlich sind Angaben über das Kapital der Gesellschaft. Werden jedoch in den Geschäftsbriefen irgendwelche Angaben über das Kapital gemadit, so sind die Bestimmungen des Abs. 1 Satz 3 zu berücksichtigen, wonach in jedem Fall das Grundkapital angegeben werden muß. Sind die Einlagen und/oder der höhere Ausgabenbetrag nicht vollständig eingezahlt, so sind darüber hinaus genaue Angaben darüber zu machen, wie hoch der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen ist. Diese Bestimmungen sind aufgenommen worden, um dem Geschäftspartner darzulegen, wie sich die Lage im einzelnen bei der Gesellschaft darstellt, mit dem er in Geschäftsverbindungen tritt. Da aber die Angaben über das Kapital allgemein nicht zwingend vorgeschrieben sind, werden sich in der Zukunft Angaben hierüber auf den Geschäftsbriefen kaum finden. Anm. 6: Nach dem bis 1965 geltenden Recht mußten die Angaben auf sämtlichen Geschäftsbriefen gemacht werden. Es ist nicht notwendig, bei Briefen, Bekanntmachungen oder Anzeigen, die ihrer Natur nach nicht an bestimmte Personen gerichtet sind, derartige Angaben zu fordern. Das Gesetz beschränkt daher die Anforderung des § 80 auf solche Geschäftsbriefe, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet sind. Es sind diese Angaben daher nicht erforderlich bei Werbeschriften — es sei denn, sie werden an bestimmte Personen versandt — Rechnungen, Quittungen — es sei denn, sie sind Briefe durch sonstige weitere in ihnen enthaltene Mitteilungen — und ebenso nicht bei Mitteilungen an die Aktionäre (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 1; Kreplin in BB 69, 1114; Einmahl in Die AktGes. 69, 136; a. A. nur Kölner Komm. Anm. 6). Anm. 7: Eine Ausnahme beinhaltet der Satz 3, wonach die Angaben entbehrlich sind bei Mitteilungen und Berichten, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in die lediglich die für den Einzelfall erforderlichen An425

§ § 80/81

Verfassung der Aktiengesellschaft

Anm. 7—10 gaben eingefügt werden müssen. Diese Vorschrift stimmt mit § 19 I Nr. 1 der 1. D V O überein. Die nach dem AktG 1965 eingetretene Erweiterung, wonach die Ausnahme für Berichte und Mitteilungen schlechthin galt, ist aufgrund des Gesetzes vom 15. 8. 1969 wieder entfallen. Nicht übernommen wurde die Nr. 2 des § 19 I der 1. DVO, sie soll jedoch nach der amtlichen Begründung ebenfalls gelten. Danach sollen die Angaben gemäß Satz 1 und 2 auch bei regelmäßigen Berichten an Behörden und andere Stellen entbehrlich sein. Hieraus wiederum ergibt sich, daß derartige Berichte grundsätzlich mit allen Angaben versehen werden müssen und nur „regelmäßige" Berichte unter die Ausnahmen fallen. Dies ergibt sich auch aus der Einfügung der Voraussetzung einer bestehenden Geschäftsverbindung (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 3). Eine zeitliche Regelmäßigkeit ist hierunter nicht zu verstehen, sondern Berichte, die aufgrund allgemeiner Bestimmungen zu erstellen sind (Sch.-Qu. Anm. 6 zu § 19). Nicht übernommen wurde § 19 I I der l . D V O , so daß in Zukunft auch die Geschäftsbriefe ins Ausland mit allen Angaben des Abs. 1 versehen sein müssen. Anm. 8: Das Gesetz bestimmt in Abs. 3 nunmehr ausdrücklich, daß Bestellscheine als Geschäftsbriefe im Sinne des Abs. 1 gelten und daher alle die dort nomierten Angaben enthalten müssen. Die in Abs. 2 angegebenen Ausnahmen gelten für Bestellscheine nicht. Im Vorentwurf waren auch Rechnungen und Preislisten genannt, die aber u. E. zu Recht herausgenommen wurden (hinsichtlich der Preislisten a. A. Einmahl in Die AktGes 1969, 134). Anm. 9: Der Vorstand kann vom Registergericht nach § 407 I zur Erfüllung seiner Verpflichtung durch Ordnungsstrafe gezwungen werden. Ein Verstoß gegen § 80 führt nicht etwa bürgerlich-rechtliche Nichtigkeit der Erklärung herbei, da § 80 keine Formvorschrift ist. Anm. 10: Für ausländische Gesellschaften gilt § 80 nicht, auch nicht, soweit es sich um den Verkehr ihrer inländischen Zweigniederlassungen handelt (ebenso auch für das neue Recht Kreplin in BB 1969, 1113; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 1; abweichend Einmahl in Die AktGes 1969, 136; Kölner Komm. Anm. 5).

§ 81 Änderung des Vorstands und der Vertretungsbefugnis seiner Mitglieder (1) Jede Änderung des Vorstands oder der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds hat der Vorstand zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. 426

Änderung des Vorstands

§81 Anm. 1—4

(2) Der Anmeldung sind die Urkunden über die Änderung in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift für das Gericht des Sitzes der Gesellschaft beizufügen. (3) Die neuen Vorstandsmitglieder haben ihre Namensunterschrift zur Aufbewahrung beim Gericht zu zeichnen. Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt die Bestimmungen des § 73 AktG 37 und hat lediglich in Absatz 3 das Wort „Unterschrift" durch „Namensunterschrift" ersetzt, um die Bestimmung den § § 3 7 und 126 BGB anzupassen. Durch das Gesetz vom 15. 8.1969 (vgl. § 80 Anm. 1) ist die Anmeldepflicht einer Anordnung des Aufsichtsrats nach § 78 Abs. 3 S. 2 in den Absätzen 1 und 2 herausgenommen worden. Eine sachliche Änderung ist dadurch nicht eingetreten (vgl. Anm. 4). Anm. 2: Nach § 39 sind die Mitglieder des Vorstandes sowie die etwaigen Bestimmungen über ihre Vertretungsbefugnis in das Handelsregister einzutragen. § 81 sorgt dafür, daß jede Änderung in den Personen des Vorstands oder in der Art der Ausübung ihrer Vertretungsmacht durch Eintragung in das Handelsregister und durch Veröffentlichung bekannt wird. Die Eintragung hat keine konstitutive Wirkung. Ob jemand Vorstandsmitglied ist, hängt davon ab, ob er ordnungsmäßig bestellt ist (vgl. §§ 84, 85). Wenn nicht, so kann audi die Eintragung nicht bewirken, daß er vertretungsberechtigt wird. Die Gesellschaft aber kann dem Dritten, der sich auf die Eintragung und Veröffentlichung beruft, nicht entgegenhalten, daß die Bestellung nicht rechtsgültig sei, ebenso nicht, daß er nicht mehr Vorstandsmitglied sei ( § 1 5 HGB; R G 144,388). Die Eintragung, daß der Anmeldende erst von einem späteren Zeitpunkt an Vorstandsmitglied sei, ist nidit zulässig (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 2; a. A. Freis in Die AktGes 1967, 227). Anm. 3: Uber die Eintragung und Bekanntmachung des ersten Vorstands vgl. §§ 39, 40, über die Hinterlegung der Namensunterschrift § 37 III. Das Gesetz schreibt vor, daß jede Änderung in den Personen des Vorstandes anzumelden ist. Veränderung des Wohnsitzes eines Vorstandsmitglieds ist nidit einzutragen, aber eine Namensänderung (Heirat, Adoption) ist anzumelden und die neue Unterschrift zu hinterlegen (Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 2). Anm. 4: Anzumelden ist ferner jede Veränderung der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds, auch wenn diese auf einer Anordnung des Aufsichtsrats gemäß § 78 I I I S. 2 beruht. Die Anmeldung einer derartigen Anordnung ist nunmehr nicht mehr ausdrücklich normiert. Da eine derartige 427

§ 81

Anm. 4,5

Verfassung der Aktiengesellschaft

Anordnung jedoch die Vertretungsbefugnis des Vorstandes oder des einzelnen Vorstandsmitgliedes betrifft, ist sie bereits deswegen einzutragen. Gemeint ist hier die Art der Ausübung der Vertretung in Form der Einzelvertretung oder Gesamtvertretung mit ihren Unterarten. Insbesondere wegen der Obergangsbestimmungen zum Gesetz vom 15. 8. 1969 ist es streitig geworden, ob in jedem Fall personenbezogen anzumelden ist, welche Vertretungsbefugnis das einzelne Vorstandsmitglied hat (so Gustavus in BB 69, 1335, in BB 70, 371 und in BB 70, 594; Bokelmann in NJW 69, 2120; Lappe in GmbHR 70, 9). Wir können uns dieser Ansicht nicht anschließen, da sich derartiges aus dem Gesetzeswortlaut nicht ergibt. Es genügt vielmehr die abstrakte Angabe der Vertretungsbefugnis — ob Alleinvertretungsmacht oder gemeinsdiaftliche Vertretung gilt und in welcher Art —, es sei denn, es besteht für ein bestimmtes Vorstandsmitglied eine von den allgemeinen Angaben abweichende Regelung (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 1; Gross in DRpfl. 70, 156; OLG Frankfurt in BB 70, 370; OLG Köln in BB 70, 594; Geßler in BB 70, 627). Die Vertretungsbefugnis selbst ist gesetzlich geregelt und unbeschränkbar (§ 82). Es ist gleichgültig, ob diese Änderung durch rein tatsächliche Vorgänge (Bestellung eines weiteren Vorstandsmitglieds zu dem bisher allein vorhandenen, wenn die Satzung in einem solchen Fall automatisch die bisherige Einzel Vertretung zu einer Gesamtvertretung werden läßt), durch Satzungsänderung oder durch eine Anordnung des Aufsiditsrats nadi § 78 III S. 2 herbeigeführt ist. Nicht anzumelden ist eine Ermächtigung nach § 78 IV, ebensowenig die Bestellung zum Vorstandsvorsitzenden, wenn ihm nicht Einzelvertretungsmacht erteilt ist (herrschende Ansicht; Kölner Komm. Anm. 4; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 1). Aus § 43 IV Handelsregisterverfügung, der die Eintragung eines Vorsitzenden für zulässig bezeichnet, hat sidi zwar in der Praxis eine derartige Eintragung durchgesetzt (vgl. LG Stuttgart in BB 53, 870), eine Erweiterung der Verpflichtungen aus § 81 kann hieraus jedoch nicht hergeleitet werden. Anm. 5: Die Anmeldung obliegt der Gesellschaft, braucht also nicht durch sämtliche Vorstandsmitglieder, sondern nur durch so viele, wie zur Vertretung der Gesellschaft erforderlich sind, zu erfolgen. Ein Vorstandsmitglied kann zusammen mit einem Prokuristen anmelden (KG JW 38, 3121). Die Anmeldung nur durch Prokuristen ist unzulässig (allgemeine Ansicht). Dagegen kann der Vorstand sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen (sehr weitgehend KG in JW 32, 2626). Die Vollmacht muß öffentlich beglaubigt sein (§ 12 II HGB). Ein ausgeschiedenes Mitglied kann nidit mehr anmelden, da es nicht mehr Vorstand ist (BayOLGZ 23, 172). Wenn nicht mehr genügend vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder vorhanden sind, muß zunächst ein neuer Vorstand bestellt werden, evtl. nach § 85, der dann das Ausscheiden des früheren Mitglieds anzumelden hat. Die Anmeldung ist persönlich 428

Beschränkungen der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis

§ § 81 /82 Anm. 5 — 8

bei dem Gericht (§ 14) zu bewirken oder in öffentlich beglaubigter Form einzureichen (§ 12 HGB). Die Vorschriften sind zwingend. Das Registergericht kann die Anmeldung gemäß § 14 H G B durch Ordnungsstrafe erzwingen, ebenso hat jedes Vorstandsmitglied einen klagbaren Anspruch gegen die Gesellschaft auf Bewirkung der ordnungsmäßigen Eintragung. Dieser geht auch dahin, daß die richtigen Gründe für das Erlöschen des Amtes angegeben werden (OLG Frankfurt/M. in J W 30, 2983). Die Vollstreckung erfolgt gemäß § 894 ZPO (KG in K G J 41 A 100; Kölner Komm. Anm. 13; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 8; a. A. Brodmann § 234 HGB Anm. 2c, der § 888 ZPO anwenden will). Anm. 6: Der Anmeldung sind die Urkunden, aus denen sich die Änderung ergibt, oder beglaubigte Abschriften davon beizufügen. Werden die Urschriften vorgelegt, so brauchen diese nicht öffentliche Urkunden zu sein. Im Falle der Abberufung nach § 84 I I I muß der Beschluß des Aufsichtsrats vorgelegt werden; wird aber statt der Urschrift eine Abschrift vorgelegt, so muß diese öffentlich beglaubigt sein, auch wenn die Urschrift eine öffentliche Urkunde und auch, wenn sie eine Privaturkunde ist. Sind Zweigniederlassungen vorhanden, so sind eine ihrer Zahl entsprechende Stückzahl beglaubigter Abschriften der Anmeldungen bei dem Gericht der Hauptniederlassung einzureichen. Auch die Zeichnung der Unterschriften hat in der gleichen Stückzahl zu erfolgen. Das Registergericht hat zu prüfen, ob die Beschlüsse der Hauptversammlung oder des Aufsichtsrats, durch die die Änderung herbeigeführt ist, nach Gesetz und Satzung ordnungsmäßig zustande gekommen sind und hat ggf. Ermittlungen anzustellen. Da diese Prüfung nur dem Registergericht des Sitzes obliegt, sind die Urkunden über die Änderung bzw. die Anordnung des Aufsichtsrats nur in einem Stück beizufügen. Über das Recht, Ordnungsstrafe zu verhängen, vgl. Anm. 5. Anm. 7: Die neuen Vorstandsmitglieder haben ihre Namensunterschrift zu zeichnen, nicht die Firma. Die Zeichnung muß persönlich geschrieben werden. Unterschrift durch Bevollmächtigte ist unzulässig. Über Zweigniederlassungen siehe § 43 IV. Anm. 8: Der Inhalt der Eintragung ist gemäß § 10 HGB in den Blättern des Gerichts bekanntzumachen. Die Kosten der Anmeldung und der Bekanntmachung trägt die Gesellschaft. § 82 Beschränkungen der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis (1) Die Vertretungsbefugnis des Vorstands kann nicht beschränkt werden. 429

§82 Anm. 1—4

Verfassung der Aktiengesellschaft

(2) Im Verhältnis der Vorstandsmitglieder zur Gesellschaft sind diese verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, die im Rahmen der Vorschriften über die Aktiengesellschaft die Satzung, der Aufsichtsrat, die Hauptversammlung und die Geschäftsordnungen des Vorstands und des Aufsichtsrats für die Geschäftsführungsbefugnis getroffen haben. I. Übersicht (Anm. 1 u. 2) II. Beschränkbarkeit der Vertretungsbefugnis (Anm. 3—6) III. Beschränkbarkeit der Gesdiäftsführungsbefugnis (Anm. 7—9)

IV. Prüfung durch das Gericht (Anm. 10) V. Verstoß (Anm. 11)

I. Übersicht Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt inhaltlich die Bestimmungen des § 74 AktG 37, unterscheidet aber auch hier genauer zwischen Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis. Da der Gesetzgeber in § 77 die Geschäftsordnung normiert hat, ist die Bindung des Vorstandes folgerichtig auch auf Beschränkungen ausgedehnt worden, die sich aus dieser Geschäftsordnung ergeben. Anm. 2: Die Vorschrift handelt von der Geschäftsführungsbefugnis (Abs. 2) als einer beschränkbaren, sowie von der Vertretungsbefugnis (Abs. 1) als einer unbeschränkbaren. Damit haben sich die Bestrebungen, die Vertretungsmacht in ähnlicher Weise einzuschränken, wie dies durch die ultra-viresLehre im angelsächsischen Recht der Fall ist, nicht durchgesetzt. II. Beschränkbarkeit der Vertretungsbefugnis Anm. 3: Das Gesetz sagt nicht ausdrücklich wie in § 74 AktG 37, daß die Beschränkung der Vertretungsmacht Dritten gegenüber unwirksam sei, sondern trifft allgemein die Feststellung, daß die Vertretungsmacht des Vorstandes nicht beschränkt werden kann. Damit ist jedoch keine Änderung eingetreten, vielmehr ist die Folge der Unbeschränkbarkeit, daß eine trotzdem ausgesprochene Beschränkung Dritten gegenüber wirkungslos ist. Daraus folgt, daß der Grundsatz der Unbeschränkbarkeit nicht bei gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten gelten kann, wie z. B. beim Einfordern der Stammeinlagen von den Aktionären (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 10). Anm. 4: Die Vertretungsmacht des Vorstandes unterliegt jedoch trotz Abs. 1 gesetzlichen Beschränkungen. So geht regelmäßig neben der nach Abs. 2 möglichen Beschränkung der Geschäftsführung dann auch eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis einher, wenn die Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis auf Gesetz beruht. Dies ist dann der Fall, wenn 430

Beschränkungen der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis

§ 82

Anm. 4—6

auch nach außen die Wirksamkeit des Geschäfts die vom Gesetz vorbehaltene Zustimmung eines anderen Organs voraussetzt. So kann der Vorstand laut ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung nicht ohne einen Beschluß der Hauptversammlung eine Verschmelzung durchführen (§ 340), Unternehmensverträge abschließen (§ 293) oder dgl. Davon verschieden ist die gesetzliche Sonderregelung der Zuständigkeit zur Vertretung. Eine auf Satzung, Aufsichtsrats-, Hauptversammlungsbeschluß oder Geschäftsordnung beruhende Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis schränkt die Vertretungsmacht nicht ein, ist vielmehr gegenüber Dritten ohne Rechtsfolge (vorbehaltlich der §§ 138, 826 BGB). Die Beschränkung ist gegenüber dem Dritten unwirksam, auch wenn sie ihm bekannt war (JW 1937, 2187). BAG in AP Nr. 1 zu § 37 GmbHG und B.-H. Rn. 13 lassen die Beschränkung dann auch gegenüber einem Dritten wirksam werden, wenn dieser sie kannte oder hätte kennen müssen. Daß ein Mißbrauch der Vertretungsmacht ein Handeln ohne Vertretungsmacht sei, ist damit abgelehnt. Unter Umständen kann dem Dritten, der den Mißbrauch erkennt, aus § 826 BGB der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegengehalten werden. Es besteht inzwischen Einigkeit darüber, daß der Dritte, der die Überschreitung durch den Vorstand kannte oder auch nur aufgrund einfacher Fahrlässigkeit nicht kannte, gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. B G H 50, 114; B G H in WM 66, 491; B.-H. Rn. 13; Kölner Komm. Anm. 15; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 8). Ein solcher Mißbrauch kann schon in zweckfremden Geschäften liegen (RG 145, 314). Keine Beschränkung stellt die Gesamtvertretung dar, die vom Gesetz als grundsätzliche Regelung vorgeschrieben ist, und ihre Unterarten. Die Vertretungsmacht wird auch nicht durch den Zweck des Unternehmens beschränkt (RG 115, 246 ff., 249); dieser stellt lediglich eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis dar. Zu beachten ist, daß die Vertretungsmacht einer noch nicht eingetragenen, aber errichteten Gesellschaft auf die für die Erlangung der Eintragung und für die Aufnahme des Betriebs notwendigen Rechtsgeschäfte beschränkt ist (vgl. BayObLG in MDR 65, 917; Kölner Komm. Anm. 3). Anm. 5: Der Vorstand kann von sich aus die Gültigkeit eines Rechtsgeschäftes von der Zustimmung eines Organs der Gesellschaft abhängig machen (OLG 42, 221). Da dies den Vertragspartnern gegenüber zu erklären ist, liegt ein wirksames Geschäft unter einer Bedingung vor (Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 7; Kölner Komm. Anm. 5). Anm. 6: Für ausländische Gesellschaften gilt auch hinsichtlich der Beschränkung der Vertretungsmacht das Heimatrecht. Sind nach diesem Beschränkungen möglich, so sind diese Dritten gegenüber jedoch nur dann wirksam, wenn sie im Handelsregister eingetragen worden sind; denn es kann nie431

§ 82 Anm. 6—8

Verfassung der Aktiengesellschaft

mandem zugemutet werden, umfangreiche Untersuchungen darüber anzustellen, ob Beschränkungen nach dem in Frage kommenden ausländischen Recht möglich und ihm gegenüber wirksam sind (Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 11). III. Beschränkbarkeit der Geschäftsführungsbefugnis Anm. 7: § 82 II handelt von Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis, und zwar nicht von solchen Beschränkungen, welche kraft Gesetzes bestehen, sondern von solchen, die durch Satzung, Aufsichtsrat, Hauptversammlungsbeschluß oder Geschäftsordnung angeordnet sind. Sonach kann die Geschäftsführungsbefugnis beschränkt werden. Es liegt aber in der Natur der Sache, daß daraus nur eine Verpflichtung des Vorstandes entspringen kann, die Schranken innezuhalten, denn es wäre nicht wohl denkbar, daß die Gültigkeit seiner Anordnung gegenüber Angestellten und Arbeitern von ihrer Beobachtung abhängig sein und daß er gegen diese keinen Anspruch auf Gehorsam haben sollte, wenn er jene Schranken übersieht. Unmöglich ist es, seine eigenen geschäftlichen Handlungen als nicht geschehen anzusehen, weil sie solchen Beschränkungen zuwiderliefen. Von gesetzlichen Beschränkungen, welche sich aus der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung ergeben, handelt § 82 nicht. Nach der Fassung des § 74 AktG 37 war es zweifelhaft, ob die Vorschrift selbst der Satzung und dem Aufsichtsrat die Blankoermächtigung gab, Vorschriften zu erlassen, welche die Geschäftsführungsbefugnis einengen, oder ob er deren Zuständigkeit nach anderen Bestimmungen voraussetzt. § 82 hat darum klar herausgestellt, daß die Geschäftsführungsbefugnis nicht beliebig beschränkt werden kann, sondern nur im Rahmen der Vorschriften über die Aktiengesellschaft zulässig ist. Es ist aber zu beachten, daß Satzung und Aufsichtsrat die Beschränkungen selbst vorschreiben müssen und nicht anderen gestatten können, sie anzuordnen. Weder Satzung noch Aufsichtsrat können nach allgemeiner Meinung die Zustimmung eines einzelnen Aufsichtsratsmitgliedes (z. B. des Aufsichtsratsvorsitzenden) oder gar eines Dritten (Konzernspitze), auch nicht eines Beirats, vorsehen. Es kann auch nicht etwa der Hauptversammlung oder Aktionären als Sondervorteil nach § 26 oder einer Aktiengattung satzungsmäßig Einfluß auf die Geschäftsführung etwa in der Weise eingeräumt werden, daß sie ihre Zustimmung zu bestimmten Geschäften (Anstellungen, Ernennungen, Prokuren) vorbehalten oder ihnen ein Veto-Recht gegeben wird. Über die Frage der Beschränkbarkeit im einzelnen vgl. ausführlich S. Wilhelmi in Handbuch des Aufsichtsrats. Anm. 8: Die Gesetzesstelle, welche voraussetzt, daß die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes beschränkt werden kann, sagt nichts über den zu432

Beschränkungen der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis

§ 82

Anm. 8

lässigen Umfang der Beschränkungen (s. Freis in ZdfH 122, 8 ff.). Der Aufsichtsrat kann den Vorstand gemäß § 111 IV (s. Anm. dort) verpflichten, zu bestimmten Geschäften oder bestimmten Arten von Geschäften seine Zustimmung einzuholen. Dies ist gleichbedeutend mit einem Verbot bestimmter Geschäfte, das selbstverständlich durch seine Zustimmung hinfällig wird. Die Beschränkung kann sich aber auch gegen einzelne Vorstandsmitglieder richten, insofern, als angeordnet werden kann, daß bestimmte Mitglieder zu bestimmten Geschäften die Zustimmung des Aufsichtsrats einholen müssen, schlechthin oder wenn nicht ein zweites oder bestimmtes anderes Vorstandsmitglied zustimmt. Über Vorstehendes hinaus kann der Aufsichtsrat nicht gehen, insbesondere dem Vorstand nicht allgemein vorschreiben, seine Weisungen zu befolgen. Der Hauptversammlung steht nach § 119 das Recht überhaupt nicht zu, in Fragen der Geschäftsführung zu entscheiden (Abs. 2), es sei denn, sie wird vom Vorstand deswegen angegangen. Anträge zu stellen und Wünsche zu äußern, ist der Hauptversammlung natürlich unbenommen; diese entlasten den Vorstand, sofern sie sich zu einem Beschluß verdichtet haben, wenn der Vorstand ihnen Rechnung trägt (§ 93 IV). Dagegen kann nach §§ 82; 1 1 1 I V auch die Satzung den Vorstand anweisen, zu bestimmten Geschäften oder Arten von Geschäften die Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen (nicht der Hauptversammlung). Wie weit die Satzung darüber hinaus die Geschäftsführung des Vorstands einschränken kann, ist ungeklärt. Sicher ist, daß auch sie die gesetzliche Zuständigkeitsordnung nicht ändern kann, vielmehr dem Vorstand die ihm nach § 76 zustehende Leitung der Gesellschaft belassen muß. Daher kann die Satzung den Vorstand nicht den Weisungen des Aufsichtsrats oder der Hauptversammlung unterwerfen. Aus der Satzung können sich Richtlinien für die Geschäftsführung des Vorstands ergeben. In erster Linie kommt die Sachbestimmung über den Gegenstand des Unternehmens in Frage, die nach § 23 III Nr. 2 sogar zum notwendigen Satzungsinhalt gehört und an den nunmehr größere Anforderungen gestellt werden. Darin liegt zweifellos eine im Innenverhältnis bindende Beschränkung der Geschäftsführung des Vorstands. Es widerspricht der in diesem Rahmen zulässigen satzungsmäßigen Fixierung seiner Geschäftsführung, wenn er dem Unternehmen, obwohl die Satzung als seinen Gegenstand den Betrieb einer Bierbrauerei bezeichnet, betriebsfremde Unternehmungen angliedert, wie Porzellan- oder Portlandzementwerke oder einen Parfümeriebetrieb, sei es auch in der Form einer Aktienbeteiligung, auch wenn der Aufsichtsrat zustimmt. Darüber ist das gesamte Schrifttum einig. Auch kann die Satzung, davon angesehen, bestimmte einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen, z. B. die Errichtung von Zweigniederlassungen, die Beteiligung an anderen Unternehmen, die Erteilung von Prokuren, den Erwerb von Grundstücken, die Gewährung von 433

§82 Anm. 8—11

Verfassung der Aktiengesellschaft

ungesicherten Krediten (z. B. bei Bankunternehmen) nicht nur von der Genehmigung des Aufsichtsrats abhängig machen, sondern für beide Organe intern bindend gänzlich verbieten (ebenso Schl.-Qu. § 74 Anm. 4; Kölner Komm. Anm. 11). Im allgemeinen wird von diesen Möglichkeiten in der Satzung kein Gebrauch gemacht. Weiter kann sich eine Beschränkung aus der Geschäftsordnung für den Vorstand ergeben (§ 77), insbesondere durch Aufteilung der Geschäftsbereiche unter mehreren Vorstandsmitgliedern. Darin liegt zugleich, daß sich ein Vorstandsmitglied eines Eingriffs in ein anderes Arbeitsgebiet im Rahmen seiner gesetzlichen Verantwortlichkeit zu enthalten hat. Nimmt es in der Folge wahr, daß auf einem anderen Arbeitsgebiet ein Vorstandsmitglied seiner Aufgabe nicht gerecht wird, ist es verpflichtet, Abhilfe zu schaffen, indem es darauf dringt, daß jenes Arbeitsgebiet anders besetzt wird oder daß andere Vorkehrungen getroffen werden. Natürlich kann es auch einzelnen Maßnahmen unmittelbar widersprechen, aber im allgemeinen ist es auf die Überwachung beschränkt. Es gibt Satzungsbestimmungen, die für die Unternehmensführung politische Grundsätze enthalten. Wegen der Frage, ob diese vom Vorstand auch dann zu befolgen sind, wenn damit in die dem Vorstand in alleiniger Verantwortung übertragene Leistungsmacht eingegriffen wird, vgl. Winkler in N J W 70, 447, der dies bejaht, und einschränkend hierzu Mertens in N J W 70, 1718.

Anm. 9: Satzungsmäßige Beschränkungen können sowohl in der ursprünglichen Satzung als auch durch Satzungsänderung vorgesehen werden. Hier eröffnet sich der Hauptversammlung — neben der Bestellung und Zusammensetzung des Aufsichtsrats, einer Vertrauensentziehung und der Stellung von Anträgen — ein weiterer Weg, die Geschäftsführung der Gesellschaft im Rahmen von Anm. 8 zu beeinflussen. IV. Prüfung durch das Gericht Anm. 10: Das Gericht hat lediglich die gesetzlichen Beschränkungen der Vertretungsmacht zu prüfen, nicht auch die Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis ( R G 89, 369). Selbst bekannte oder zu Unrecht ins Handelsregister eingetragene Beschränkungen dürfen nicht beachtet werden. V . Verstoß Anm. 11: Mißachtet der Vorstand die Schranken, die seiner Geschäftsführung gezogen sind, so kann dies den Widerruf seiner Bestellung begründen. Überdies macht er sich schadenersatzpflichtig, wenn ein Schaden entsteht, und zwar auch dann, wenn ihm kein darüber hinausgehendes weiteres Verschulden zur Last fällt (Kölner Komm. Anm. 14). 434

Vorbereitung und Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen

§ 83

Anm. 1,2

§ 83 Vorbereitung und Ausfuhrung von Hauptversammlungsbeschlüssen (1) Der Vorstand ist auf Verlangen der Hauptversammlung verpflichtet, Maßnahmen, die in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallen, vorzubereiten. Das gleiche gilt für die Vorbereitung und den Abschluß von Verträgen, die nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam werden. Der Beschluß der Hauptversammlung bedarf der Mehrheiten, die für die Maßnahmen oder für die Zustimmung zu dem Vertrag erforderlich sind. (2) Der Vorstand ist verpflichtet, die von der Hauptversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeit beschlossenen Maßnahmen auszuführen. Anm. 1: Die Vorschrift ist neu und hat keine vergleichbare Bestimmung im früheren Recht. Die Vorbereitung von Hauptversammlungsbeschlüssen gehört zu den Geschäftsführungsmaßnahmen und somit zu dem Aufgabenbereich des Vorstandes; dies ist selbstverständlich, so daß hierüber im Gesetz keine ausdrückliche Bestimmung enthalten ist (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 1). Der Gesetzgeber geht davon aus, daß eine Reihe von wichtigen Beschlüssen von der Hauptversammlung nur dann ergehen könne, wenn die Beschlußfassung entsprechend vorbereitet sei. Das Gesetz enthält einige Bestimmungen, aus denen sich die Pflicht zur Vorbereitung der Hauptversammlungsbeschlüsse von selbst ergibt; so ist eine Bilanz zu erstellen, wenn die Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln beschließen soll (§ 207 IV), zur Zustimmung zu Verschmelzungs- und Unternehmensverträgen müssen diese bei der Beschlußfassung schriftlich vorliegen (§§ 293, 340). Trotzdem ist es durchaus denkbar, daß Hauptversammlungsbesdilüsse ohne gehörige Vorbereitung kaum zustande kommen können — z. B. die Eingliederung von Gesellschaften, Satzungsänderungen und dergleichen —. Das bisherige Recht kannte keine ausdrückliche Bestimmung, wonach die Hauptversammlung berechtigt ist, vom Vorstand Vorbereitungshandlungen zu fordern, weswegen die gesetzliche Regelung geboten war. Der Gesetzgeber berücksichtigt hierbei die Tatsache, daß es dem Aktionär nicht zugemutet werden kann, über unvorbereitete Maßnahmen in der Hauptversammlung seine Entscheidung zu treffen. Wäre eine derartige Möglichkeit der Hauptversammlung nicht gegeben, so wäre der Vorstand in der Lage, praktisch das Zustandekommen der Beschlüsse in der Hauptversammlung erheblich einzuschränken. Anm. 2: Die Vorschrift bestimmt, daß die Hauptversammlung die Vorbereitung sämtlicher Maßnahmen verlangen kann, die in ihre Zuständigkeit fällt. Nach dem Reg.-Entwurf sollten nur solche Maßnahmen erfaßt werden, die einer Vorbereitung bedürfen. Diese Regelung ist fallengelassen 435

§ 83

Verfassung der Aktiengesellschaft

Anm. 2,3 worden. Wenn es auch im Ausschußbericht heißt, die jetzt gültige Formulierung sei nur eine sprachliche Änderung der Fassung des Reg.-Entwurfes, so ist durch die neue Formulierung doch eine erhebliche Streitfrage fortgefallen, nämlich welche Maßnahmen vorbereitungsbedürftig sind und wer diese Frage zu entscheiden hat (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Einleitung zu § 83). Anm. 3: Der Beschluß gem. § 83 bedarf nach Abs. 1 S. 3 der Mehrheit, die für die Maßnahme oder für die Zustimmung zu dem Vertrag erforderlich ist. Welche Mehrheit dies jeweils ist, hängt von dem Einzelfall ab und ergibt sidi meistens aus der Satzung; wenn diese nichts enthält, so ist die entsprechende gesetzliche Regelung einzuhalten. Dieses Mehrheitserfordernis im Gesetz hat zur Folge, daß der Vorstand nicht generell zur Vorbereitung der Maßnahme bzw. der Verträge verpflichtet werden kann; denn nur jede einzelne bestimmte Maßnahme — bzw. Vertrag — kann von dem Hauptversammlungsbeschluß erfaßt werden, der die Vorbereitung verlangt. Eine generelle Verpflichtung des Vorstandes durch die Hauptversammlung, sämtliche Hauptversammlungsbeschlüsse vorzubereiten, kann aufgrund § 83 nicht von der Hauptversammlung ausgesprochen werden, da die verschiedenen Maßnahmen verschiedene Mehrheiten erfordern. Die Gefahr, daß durch die Vorschrift eine erheblidie Störung des Geschäftsbetriebes deswegen eintreten kann, weil die entsprechende Maßnahme der Hauptversammlung zweimal vorgelegt werden muß, nämlich einmal, wenn die Hauptversammlung beschließt, den Vorstand zur Vorbereitung des endgültigen Beschlusses zu verpflichten, und zum zweiten Mal zum endgültigen Fassen des Beschlusses, ist u. E. gering. Da für den Beschluß die Mehrheit erforderlich ist, die für die Maßnahme oder die Zustimmung notwendig ist, kann praktisch ein solcher Beschluß nur zustande kommen, wenn die für die Beschlußfassung der ins Auge gefaßten Maßnahme erforderliche Mehrheit der Ansicht ist, der Vorstand habe diese Maßnahme noch nicht genügend vorbereitet, so daß die endgültige Beschlußfassung einer weiteren eingehenden Vorbereitung bedürfe. Eine andere Frage ist, ob eine derartige generelle Verpflichtung in der Satzung enthalten sein kann. Dies ist u. E. aus mehreren Gründen nicht möglich. Zunächst einmal verbietet die Vorschrift des § 23 V eine derartige Regelung in der Satzung, da u. E. die Frage der Verpflichtung des Vorstandes durch die Hauptversammlung, Hauptversammlungsbeschlüsse vorzubereiten, im Gesetz abschließend geregelt ist. Es finden sich im Gesetz (siehe Anm. 1) verschiedene Vorschriften, die eine Vorbereitung der Hauptversammlungsbeschlüsse in wichtigen Angelegenheiten bereits normiert. Für andere Hauptversammlungsbeschlüsse ist die Möglichkeit der Verpflichtung des Vorstandes durch die Hauptversammlung in § 83 erschöpfend geregelt. 436

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§§83/84

Anm. 4,5

Es ist daher kein Raum mehr für eine weitergehende Regelung in der Satzung, so daß aus diesem Grunde bereits eine derartige Ermächtigung in der Satzung nicht enthalten sein kann. Darüber hinaus ist auch zu berücksiditigen, daß für die Ermächtigung verschiedener Hauptversammlungsbeschlüsse verschiedene Mehrheiten erforderlich sein müßten. Es müßte daher jedesmal festgestellt werden, ob die Satzungsbestimmung, wonach der Vorstand verpflichtet ist, die Hauptversammlungsbeschlüsse vorzubereiten, die hierfür erforderliche Mehrheit gehabt hat. Insbesondere ist hierbei an den Umwandlungsbesdiluß nach § 369 zu denken, wonach Einstimmigkeit erforderlich ist. Dies ist in den einzelnen Fällen mit Sicherheit nicht festzustellen, so daß auch aus diesem Grunde eine generelle Verpflichtung in der Satzung nicht ausgesprochen werden kann (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 4). Anm. 4: Die Vorschrift ermöglicht es der Hauptversammlung nicht allgemein, in die Geschäftsführung, die dem Vorstand allein obliegt, einzugreifen. Sie kann aber den Vorstand zwingen, im Rahmen der Vorbereitung eines Hauptversammlungsbeschlusses über die Zustimmung von Unternehmensverträgen solche Verträge abzuschließen, die der Vorstand überhaupt nicht beabsichtigt hat zu schließen. In der Voraufl. wurde die Ansicht vertreten, daß die Hauptversammlung hierzu nicht in der Lage sei, weil lediglich die Zustimmung von Verträgen in die Zuständigkeit der Hauptversammlung falle. Diese Ansicht wird nidit mehr aufrechterhalten, da sie mit dem Wortlaut von Abs. 1 Satz 2 unvereinbar ist, der ausdrücklidi nicht nur die Vorbereitung, sondern auch den Abschluß der vertraglichen Verträge nennt (so auch zu Recht B.-H. Rn. 4; Haberlandt in Möhring-Schwartz S. 102; MeyerLandrut in Großkomm. Anm. 3 u. § 76 Anm. 2; Kölner Komm. Anm. 3). Die Hauptanwendungsfälle sind die Unternehmensverträge und die Verschmelzung (siehe auch § 340 Anm. 3). Anm. 5: Abs. 2 regelt eine Selbstverständlichkeit. Von der Hauptversammlung beschlossene Maßnahmen müssen vom Vorstand ausgeführt werden. Für manche Maßnahmen ist dies vom Gesetz ausdrücklich vorgeschrieben — wie z.B. die Anmeldung von Satzungsänderungen oder sonstige Anmeldungen zum Handelsregister —. Im übrigen ergibt es sich aus der Stellung der Hauptversammlung als Organ der Gesellschaft. Wollte man die in Abs. 2. geregelte Verpflichtung verneinen, so würde die Hauptversammlung zu einem beratenden Gremium degradiert, was dem gesamten Aktienredit widersprechen würde. § 84

Bestellung und Abberufung des Vorstands (1) Vorstandsmitglieder bestellt der Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils 437

§ 84

Anm. 1

Verfassung der Aktiengesellschaft

für höchstens fünf Jahre, ist zulässig. Sie bedarf eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefaßt werden kann. Nur bei einer Bestellung auf weniger als fünf Jahre kann eine Verlängerung der Amtszeit ohne neuen Aufsichtsratsbeschluß vorgesehen werden, sofern dadurch die gesamte Amtszeit nidit mehr als fünf Jahre beträgt. Dies gilt sinngemäß für den Anstellungsvertrag; er kann jedoch vorsehen, daß er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf weitergilt. (2) Werden mehrere Personen zu Vorstandsmitgliedern bestellt, so kann der Aufsichtsrat ein Mitglied zum Vorsitzenden des Vorstands ernennen. (3) Der Aufsichtsrat kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands widerrufen, wenn ein widitiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, es sei denn, daß das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Dies gilt audi für den vom ersten Aufsichtsrat bestellten Vorstand. Der Widerruf ist wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag gelten die allgemeinen Vorschriften. (4) Die Vorschriften über die besonderen Mehrheitserfordernisse für einen Aufsichtsratsbeschluß über die Bestellung eines Arbeitsdirektors oder den Widerruf seiner Bestellung bleiben unberührt. I. Übersicht (Anm. 1 bis 3) II. Bestellung 1. Bestellung durdi den Aufsichtsrat (Anm. 4) 2. Dauer der Bestellung (Anm. 5) 3. Erneute Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit (Anm. 6 u. 7) I I I . Anstellungsvertrag 1. Anstellung durch den Aufsichtsrat (Anm. 8) 2. Inhalt des Anstellungsvertrags (Anm. 9)

3. Dauer des Anstellungsvertrags (Anm. 10) IV. Vorsitzender (Anm. 11) V. Widerruf der Bestellung 1. Gesetzliche Gründe (Anm. 12) 2. Sonstige Gründe (Anm. 13) 3. Rechtsbehelf gegen Widerruf (Anm. 14) V I . Beendigung des Anstellungsvertrages (Anm. 15) V I I . Arbeitsdirektor (Anm. 16)

I. Obersicht Anm. 1: Die Vorschrift übernimmt die Bestimmungen des § 75 AktG 37 mit Ausnahme von Abs. 1 S. 3, der bereits in § 76 I I I enthalten ist. Änderungen sind in Abs. 1 insofern enthalten, als die sich nach dem alten Gesetz ergebenden Streitfragen geklärt werden sollten, wie die Verlängerung der 438

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§ 84 Anm. 1—3

Amtszeit und das Erfordernis eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses. Neu ist die Vorschrift des Abs. 4 (s. Anm. 16). Die beispielhafte Aufführung, wann ein wichtiger Grund zum Widerruf der Bestellung eines Vorstandsmitglieds vorliegt, ist durch den Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung erweitert worden (s. Anm. 12). Anm. 2: Das Gesetz bestimmt zwingend, daß die Bestellung durch den Aufsichtsrat erfolgt. Eine Bestellung von Vorstandsmitgliedern durch andere Organe oder Dritte ist unzulässig. Abweichende Satzungsbestimmungen sind unwirksam (vgl. B G H 8, 364; 15, 78). Die Bestellung kann nur höchstens auf 5 Jahre erfolgen. Auch die Anstellungsverträge sind auf diese Höchstzeit begrenzt, da längere Verträge oft zu einer schweren Belastung der Gesellschaft geführt haben. Eine wiederholte Bestellung ist zulässig, sie bedarf jedoch, ebenso wie die Verlängerung der Amtszeit, eines neuen Aufsichtsratsbeschlusses (s. Anm. 6 und 10). Der Aufsichtsrat ist auch zum Widerruf der Bestellung (Abberufung) ausschließlich zuständig. Die Zulässigkeit des Widerrufes ist beschränkt und nur wegen wichtigen Grundes gegeben, damit der Vorstand nicht in zu große Abhängigkeit vom Aufsiditsrat gerät. Anm. 3: Das Gesetz unterscheidet, wie früher bereits der § 75 AktG 37, zwischen der Bestellung und dem Anstellungsvertrag. Zum AktG 37 wurde die Ansicht vertreten (vgl. 2. Aufl. § 75 Anm. I I 2; Ritter § 75 Anm. 2 a und h; Schilling-Hachenburg § 35 Anm. 40 und 44; Hafermehl in D J Z 42, 619), es handele sich um einen einzigen und einheitlichen Bestellungsvertrag und um ein einziges, einheitliches Bestellungsverhältnis, in welchem alle vertraglichen und rechtlichen Beziehungen von Vorstand und Gesellschaft aufgehen würden. Die Bestellung sei nicht nur ein Akt nach außen, der den Vorstand zum Vertreter der Gesellschaft im Verkehr mit der Mitwelt macht, sondern sie begründe zugleich auch schon die Pflichten, Rechte, Befugnisse und Zuständigkeit nach innen. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Theorie zutreffend war, da sie jedenfalls vom Gesetz nicht übernommen worden ist. Eine deutliche Unterscheidung ergibt sich insbesondere aus Abs. 1 S. 5 und Abs. 3 und 5, denn für die Kündigung des Anstellungsvertrages kann die Bestimmung des Satzes 4 nicht gelten (vgl. B G H in Lind.-Möhr § 75 Nr. 5). Die Bestellung verleiht dem Vorstandsmitglied seine Stellung nach außen als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft, während der Anstellungsvertrag das Dienstverhältnis mit der Gesellschaft regelt (Baumbach-Hueck Rn. 6). Abs. 1 gilt für Bestellung und Anstellungsvertrag, Abs. 2—4 nur für die Bestellung. 439

§ 84

Anm. 4,5

Verfassung der Aktiengesellschaft

II. Bestellung 1. Bestellung durch den Aufsichtsrat Anm. 4: Die Bestellung erfolgt durch den Aufsiditsrat als Organ, erfordert demgemäß einen Beschluß. Gemäß § 107 kann der Aufsichtsrat die Beschlußfassung — wohl aber seine Vorbereitung — einem Ausschuß nicht übertragen, was nach der Rechtsprechung zum bisherigen Recht (§ 92) möglich war (BGH 20, 239 ff.; 41, 285; BGH in WM 1957, 846). Die Satzung kann hinsichtlich der Bestellung nichts anderes bestimmen, insbesondere nicht den Vorsitzenden zur Bestellung des Vorstandes berufen, dem Vorstand das Selbstergänzungsrecht oder irgend jemand ein Vorschlagsrecht gewähren, wenn es für den Aufsiditsrat bindend sein soll. Natürlich kann auch letzterer selbst dies nicht. Eine Form — etwa notarielle Beurkundung — schreibt das Gesetz für den Aufsichtsratsbeschluß nicht vor, kann sich aber aus der Satzung ergeben (Kölner Komm. Anm. 22). Die Bestellung kann mit Wirkung auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt erfolgen (ebenso Frels in Die AktGes 1967, 282). Die Eintragung in das Handelsregister darf aber nicht vor diesem Zeitpunkt erfolgen (siehe § 81 Anm. 2). 2. Dauer der Bestellung Anm. 5: Die Bestellung kann höchstens für die Dauer von fünf Jahren erfolgen. Eine Bestellung für einen kürzeren Zeitraum ist möglich. Eine auf unbestimmte Zeit oder für einen längeren Zeitraum als fünf Jahre ausgesprochene Bestellung wird man als eine Bestellung für fünf Jahre auslegen müssen (§ 139 BGB; so auch Baumbach-Hueck Rn. 9). Die Frist beginnt mit dem Amtsantritt zu laufen, nicht aber mit dem Beschluß hinsichtlich der Bestellung. Die Dauer der Bestellung zu bemessen, ist ausschließlich Sache des Aufsichtsrats. Er darf jedoch die Dauer nicht so kurz bemessen, daß das Vorstandsmitglied dadurch praktisch in die Abhängigkeit des Aufsichtsrates gerät, worauf Meyer-Landrut (in Großkomm. Anm. 9) zu Recht hinweist. Die Satzung kann weder innerhalb der gesetzlichen Höchstdauer eine Mindest- noch eine andere kürzere als die gesetzliche Höchstdauer vorsehen und dem Aufsiditsrat nicht vorgreifen. Mit dem Ablauf der Zeit, für die es bestellt war, hört das Vorstandsmitglied auf, dies zu sein. Die Duldung der weiteren Tätigkeit verlängert nicht die Bestellung konkludent, da stillschweigende Beschlüsse des Aufsichtsrats nicht möglich sind (BGH 10, 194; Dose S. 25). Die Duldung hat aber zur Folge, daß das frühere Vorstandsmitglied die gleichen Rechte und Pflichten wie bisher hat; jedoch kann es aus dieser rein tatsächlichen Stellung ohne Kündigung entfernt werden (vgl. BGH in BB 1967, 730 f.). Eine Duldung ist dort nicht möglich, wo ein Aufsichtsrat nicht mehr vorhanden ist, wie z. B. bei einer AG mit früherem Sitz in der sowjetischen Besatzungszone. Die 440

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Anm. 5 — 8

Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, endet dann mit Ablauf der fünf Jahre (vgl. KG in WM 1965, 908; OLG Celle in WM 1964, 269; OLG Stuttgart in WM 1965, 25; a.A. OLG Frankfurt in WM 1954, 59). Der Gegenansicht wurde zu Recht entgegengehalten, daß durch das Gesetz insoweit Vorsorge getroffen worden sei, als gerichtliche Bestellung möglich sei (vgl. BGH 33, 200). 3. Erneute Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit Anm. 6: Eine erneute Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit ist zulässig. Hierfür ist ein neuer Aufsichtsratsbeschluß erforderlich, es sei denn, die Amtszeit währt noch keine fünf Jahre (s. Anm. 7). Mit dieser Bestimmung ist eine zum früheren Recht aufgeworfene Frage entschieden worden, indem sich das Gesetz der herrschenden Lehre und insbesondere der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes angeschlossen hat. Demnach kann die Bestellung nicht stillschweigend verlängert werden, da ein Beschluß ausdrücklich sein muß und nicht stillschweigend gefaßt werden kann (BGH 10, 194). Duldung der weiteren Betätigung des Vorstandsmitgliedes ist mithin noch keine Verlängerung der Amtszeit oder gar erneute Bestellung. Auch eine Klausel, daß sich die Amtszeit automatisch verlängert, sofern nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt gekündigt wird oder der Aufsichtsrat etwas anderes bestimmt, ist unzulässig. Dieser Möglichkeit ist der Gesetzgeber dadurch begegnet, daß er ausdrücklich bestimmt hat, daß der erneute Beschluß frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefaßt werden kann. Ein früher gefaßter Beschluß ist daher wirkungslos und schafft keinerlei Rechte für das Vorstandsmitglied. Anm. 7: Eine andere Regelung greift für den Fall ein, daß die Amtszeit weniger als fünf Jahre beträgt. Der Aufsichtsrat soll lediglich alle fünf Jahre mit der Überprüfung der weiteren Verwendung des Vorstandsmitgliedes befaßt werden. Nach diesem Zeitablauf jedoch soll er in jedem Fall darüber befinden. Ohne Beschluß kann deshalb eine Verlängerung nur für so lange erfolgen, als die gesamte Amtszeit eine Dauer von fünf Jahren erreicht. Nach diesem Zeitpunkt muß in jedem Fall ein neuer Aufsichtsratsbeschluß erfolgen. Eine auf die Dauer von drei Jahren erfolgte Bestellung kann demnach — auch wenn zu Beginn vereinbart war, daß bei NichtVorliegen eines anderslautenden Beschlusses die Bestellung für jeweils weitere drei Jahre als ausgesprochen gelten soll — nur für einen Zeitraum von zwei weiteren Jahren ohne erneuten Beschluß verlängert werden. III. Anstellungsvertrag 1. Anstellung durch den Aufsichtsrat Anm. 8: Der Abschluß des Anstellungsvertrages für die Gesellschaft ist ebenso wie die Bestellung ausschließlich Angelegenheit des Aufsichtsrats 441

§ 84 Anm. 8 , 9

Verfassung der Aktiengesellschaft

(Abs. 1 S. 5); über fehlerhafte Anstellung s. Veith in DB 1965, 307. Es erhebt sich die Frage, ob durch die Verweisung auf Abs. 1 S. 1 audi ausgesprochen werden sollte, daß der Abschluß eines Anstellungsvertrages nicht vom Aufsichtsrat an einen seiner Ausschüsse verwiesen werden darf, da dies bei der Bestellung deswegen nicht möglich ist, weil Abs. 1 S. 1 ausdrücklich in § 107 III als eine Aufgabe des Aufsichtsrats erwähnt ist, die nicht an einen Ausschuß verwiesen werden darf. Abs. 1 S. 4 verweist zwar inhaltlich auf Satz 1, ist aber selbst nicht in § 107 III erwähnt. Mit der Verweisung ist aber unseres Erachtens nicht gemeint, daß der Anstellungsvertrag nicht von einem Aufsiditsratsausschuß abgeschlossen werden könnte. § 107 III spricht ausdrücklich von den Aufgaben, die sich für den Aufsichtsrat aus den einzelnen Vorschriften ergeben. Die Aufgabe, einen Anstellungsvertrag abzuschließen, ergibt sich aber nicht aus Abs. 1 S. 1, sondern ausschließlich aus Abs. 1 S. 4. Daß hierfür die Bestimmungen des Abs. 1 S. 1 sinngemäße Anwendung finden, führt nicht dazu, alle sich auf Satz 1 beziehenden Vorschriften auch auf den Anstellungsvertrag anzuwenden, insbesondere nicht, wenn nicht direkt auf die Bestimmung, sondern lediglich auf die sich aus dieser Bestimmung ergebenden Aufgaben verwiesen worden ist. Der Anstellungsvertrag kann daher anders als die Bestellung auch von einem Aufsichtsratsaussdiuß abgeschlossen werden (ebenso B.-H. Rn. 6; Kölner Komm. Anm. 30; Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 7; BGH 47, 350). 2. Inhalt des Anstellungsvertrages Anm. 9: Der Anstellungsvertrag ist in aller Regel ein Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Inhalt hat (§ 675 BGB). Wird das Vorstandsmitglied unentgeltlich tätig — was unter Berücksichtigung des § 612 BGB eine Ausnahme sein wird —, so stellt sich der Anstellungsvertrag als ein Auftrag dar; vgl. hierzu C.-H. und S. Wilhelmi in BB 68, 137 ff.; MeyerLandrut in Großkomm. Anm. 15. Der Anstellungsvertrag der Vorstandsmitglieder fällt unter den Dienstvertrag der selbständig Tätigen — im Gegensatz zu dem sogenannten Arbeitsverhältnis — (BGH 10, 187 ff., 191; Palandt Einf. vor § 611 BGB Anm. A 1), da der Vorstand nicht weisungsgebunden ist, Art und Weise des Arbeitens selbst bestimmen und die Arbeitszeit frei einteilen kann. Hieraus ergibt sich, daß das Vorstandsmitglied nicht Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts ist (§ 5 II Arbeitsgerichtsgesetz; § 12 Kündigungsschutzgesetz; s. auch BGH in WM 69, 686). Audi das Angestellten-Kündigungsschutzgesetz von 1926 findet auf das Vorstandsmitglied keine Anwendung (BGH 12, 1 ff., 8 ; Baumbach-Hueck Rn. 9; C.-H. und S. Wilhelmi a. a. O.), da sich das Gesetz nur auf Angestellte im Sinne des Arbeitsrechts beziehen kann und will. Auch die Neufassung des § 3 AVG durch das 3. RentenVersÄndG vom 28. 7. 1969 schließt Vorstandsmitglieder von der Rentenversicherungspflicht aus. Audi der 442

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§ 84 Anm. 9

Bundesfinanzhof (DB 70, 714) hat entschieden, daß Vorstandsmitglieder nicht Arbeitnehmer sind. Demnach kann das Vorrecht nach § 61 N r . 1 K O f ü r Vorstandsmitglieder nicht zum Zuge kommen (BGH 41, 288; O L G Stuttgart in BB 1951, 82). Eine Ausnahme ist aber insoweit anzuerkennen, als sich das Dienstverhältnis, je länger es besteht, dem Arbeitsverhältnis immer mehr nähert — ohne allerdings eine echte Treu- und Fürsorgepflidht, wie sie bei Abhängigen besteht, hervorzurufen —, was zur Anwendung einiger arbeitsrechtlidier Grundsätze führt (Kölner Komm. Anm. 27). Der Bundesgerichtshof (Bd. 10, 187 ff., 192) hat daher bei länger andauernder, vom Vorstandsmitglied nicht zu vertretender Unmöglichkeit der Arbeitsleistung einen Gehaltsanspruch zugesprochen (vgl. B G H 20, 239; 34, 392; 36, 142; in Die AktGes 1964, 325; in BB 1964, 657; a. A. B.-H. Rn. 8, die sich zu Unrecht auf die §§ 616, 626, 323 ff. BGB berufen; diese finden hier keine Anwendung, vgl. B G H a. a. O.). Hinsichtlich des Urlaubsanspruchs, seines Erlöschens, seiner Abgeltung in Geld und dergleichen, gilt das, was sich f ü r sozial abhängige Arbeitnehmer herausgebildet hat, entsprechend auch f ü r Organmitglieder einer juristischen Person (BGH in Lind.-Möhr. § 35 GmbH-Ges N r . 5). Ist es einem Vorstandsmitglied aus betrieblichen Gründen unmöglich, Urlaub zu nehmen, so erlangt es in diesem Fall einen Abgeltungsanspruch in Geld, da er nicht dafür bestraft werden kann, daß ihm die im Betrieb anfallende außerordentliche Arbeitsüberlastung einen Urlaub nicht gestattet (BGH a. a. O.). Ist der Anstellungsvertrag fehlerhaft, so ist er für die Dauer der Beschäftigung des Vorstandsmitglieds als wirksam zu behandeln (BGH 41, 282 ff.; Spieker in DB 64, 1287 und Kuhn in WM 66, 53; Gerlach in Die AktGes 65, 251). Dies ergibt sich aus der Anwendung der Grundsätze, die f ü r ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis entwickelt worden sind. Voraussetzung hierfür ist jedodi, daß das Vorstandsmitglied mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers tätig geworden ist. Das Wissen und Wollen nur eines Mitgliedes des in der Angelegenheit vertretungsberechtigten Organs — hier des Aufsichtsrats — ist hierfür ausreichend (BGH a. a. O.; B G H in WM 1959, 81 ff.). Der Inhalt des Anstellungsvertrages darf die Freiheit des Aufsichtsrats, nach Ablauf von fünf Jahren eine Neubestellung vorzunehmen, nicht beeinträchtigen. Das kann durch die Vereinbarung einer Entschädigung oder einer Pensionszusage geschehen. Eine solche ist jedoch nicht grundsätzlich zu beanstanden, sondern nur dann, wenn sie unangemessen ist (vgl. B G H in N J W 1957, 1278 f.). Die Vereinbarung der Weiterzahlung des vollen aktiven Gehalts hat der B G H (8, 348 ff., 360) f ü r unzulässig erklärt. Audi eine Erschwerung des gesetzlichen Widerrufsrechts durch Vereinbarungen im Anstellungsvertrag ist ungültig (BGH 8, 359 und in N J W 1953, 740). 443

§ 84

Anm. 10—12

Verfassung der Aktiengesellschaft

3. Dauer des Anstellungsvertrages Anm. 10: Abs. 1 S. 1 beschränkt auch die Dauer des Anstellungsvertrages auf fünf Jahre. Es ist aber nicht erforderlich, diesen Vertrag jeweils ausdrücklich zu verlängern, es ist vielmehr — im Gegensatz zur Bestellung — eine Klausel über die automatische Verlängerung bei Nichtkündigung möglich. Der Vertrag wird aber nur dann automatisch verlängert, wenn eine erneute Bestellung zum Vorstandsmitglied erfolgt, da der Anstellungsvertrag die Tätigkeit als Vorstandsmitglied regelt und dies die körperschaftsrechtliche Bestellung voraussetzt (BGH 3, 93; Schl.-Qu. § 75 Anm. 7); gleiches gilt für eine Anstellung auf unbestimmte Zeit; Neubestellung ist immer erforderlich für die Wirksamkeit (vgl. auch Anm. 15). Fehlt eine Kündigungsfrist, finden die Fristen des § 621 BGB keine Anwendung (ebenso Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 12; a. A. B.-H. Rn. 9). Die Tatsache, daß im Anstellungsvertrag die Auszahlung eines Ruhegehaltes zugesagt ist, wird grundsätzlich dafür sprechen, daß der Anstellungsvertrag solange gültig sein soll wie die Bestellung währt (BGH in WM 68, 612; s. aber oben Anm. 91. Abs.). IV. Vorsitzender Anm. 11: Der Aufsichtsrat als Organ — nicht sein Vorsitzender — kann ein Mitglied des Vorstandes zum Vorsitzenden ernennen. Weder der Vorstand selbst noch die Hauptversammlung oder sonst jemand kann dies tun (Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 60). Auch in der nach § 77 II zulässigen Geschäftsordnung kann der Vorstand keinen Vorsitzenden zwingend vorsehen; dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 84 II und dem Fehlen einer dem § 107 I S. 1 entsprechenden Vorschrift. Erläßt jedoch der Aufsiditsrat die Geschäftsordnung, so kann hierin ein Vorsitzender des Vorstandes bestimmt werden. Der Aufsichtsrat ist nicht zur Ernennung eines Vorstandsvorsitzenden verpflichtet (Kölner Komm. Anm. 55), er kann auch nicht dazu von der Satzung oder der Hauptversammlung verpflichtet werden, weil damit in seine Zuständigkeit eingegriffen werden würde, was unzulässig ist. Vgl. ausführlidi S. Wilhelmi in Handbuch des Aufsichtsrats. V. Widerruf der Bestellung 1. Gesetzliche Gründe Anm. 12: Wie zur Bestellung ist der Aufsichtsrat zum Widerruf kraft zwingender Vorschrift ausschließlich zuständig, ebenso zu einer vorübergehenden Enthebung (Suspension) von Geschäftsführung und Vertretung (einschränkend Kölner Komm. Anm. 75; a. A. Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 29); ausnahmsweise kann auch der alleinige Aktionär Vorstandsmitglieder entlassen, und zwar, wenn der Aufsichtsrat funktionsunfähig ist und die Entlassung nicht aufgeschoben werden kann (BGH in Lind.-Möhr. § 75 Nr. 8). Während 444

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Anm. 12

Widerruf (Entlassung) eine sofortige endgültige Entfernung aus dem Amte ist, bedeutet Suspension ein Verbot der Amtsführung. Die Rechtshandlungen des Entlassenen sind vorbehaltlich § 15 HGB und § 121 II S. 2 unwirksam, die des Suspendierten voll wirksam (Argument aus § 82). Der Aufsichtsrat befindet über Widerruf bzw. Suspension durch Mehrheitsbeschluß. Der Widerruf ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Abgabe der Willenserklärung kann vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats oder sonstigem Mitglied erfolgen, sofern er vom Aufsichtsrat dazu ermächtigt ist; auch andere Vorstandsmitglieder können als Boten benutzt werden (vgl. Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 28; BGH 12, 333 ff.; BGH in WM 68, 570). Der Widerruf kann nicht durdi unangemessen hohe Vertragsstrafe oder Ruhegelder praktisch eingeengt werden (vgl. Anm. 9; Kölner Komm. Anm. 64). Der Vorstand soll nicht in eine zu große Abhängigkeit vom Aufsichtsrat geraten und sichergehen können, nur bei erheblidien Verfehlungen abberufen werden zu können. Es ist daher audi nadi neuem Gesetz ein Widerruf nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich. Das Gesetz selbst führt ausdrücklich an: grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zu ordnungsmäßiger Geschäftsführung und Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, dieser allerdings eingeschränkt. Die Unfähigkeit kann in persönlichen, körperlichen oder geistigen Eigenschaften oder Zuständen, auch in außerhalb des Vorstandsmitgliedes liegenden Umständen begründet sein, die es hindern, die Geschäfte ordnungsmäßig zu führen. Neu ist die ausdrückliche Aufnahme des Vertrauensentzugs durch die Hauptversammlung als wichtigen Grund (vgl. die kritische Stellungnahme hierzu von Duden in BB 1961, 225 und Förster in BB 1961, 428). Er soll nur dann einen wichtigen Grund zum Widerruf abgeben, wenn das Vertrauen nicht aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen wurde. Das Gesetz folgt mit dieser Formulierung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Bd. 13, 188 ff.; 15, 71), in der ergänzend ausgeführt ist, daß der Entzug nicht nur zum Vorwand für den Widerruf dienen kann oder wegen seines Zweckes unredlich ist. Ferner darf die Abberufung selbst nicht sittenwidrig sein oder gegen Treu und Glauben verstoßen. Der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung im Sinn dieser Bestimmung setzt einen ausdrücklichen Beschluß voraus. Dies kann nicht der Beschluß sein, durch den die Entlastung verweigert wird (vgl. im einzelnen § 120 Anm. 5). Der Entzug des Vertrauens durch die Mehrheit der Aktionäre (in bezug auf das Grundkapital), der im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt ist, ist ebenso zu behandeln wie der Entzug durch die Hauptversammlung (vgl. BGH 13,188). Der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung gibt dem Aufsichtsrat das Recht zum Widerruf, er ist also nicht dazu verpflichtet. Er muß vielmehr in eigener Verantwortung (§ 116) über den Widerruf entscheiden; 445

§ 84 Anm. 12,13

Verfassung der Aktiengesellschaft

es muß demnach immer ein ausdrücklicher Aufsichtsratbeschluß vorliegen (BGH in Lind.-Möhr. § 75 Nr. 14/15; BGH in NJW 1961,1306 = BB 1961, 547). Gemäß § 107 III kann die Entscheidung über den Widerruf nicht an einen Ausschuß verwiesen werden. 2. Sonstige Gründe Anm. 13: Neben den im Gesetz aufgeführten Gründen kommen aber auch noch andere wichtige Gründe in Frage, z. B. Verschmelzung, Verlangen der Aufsichtsbehörde, wenn die Gesellschaft einer besonderen Aufsicht unterliegt, dauernde Schwierigkeiten mit der Belegschaft, Verweigerung angemessener Aufwendungen für die Belegschaft oder gemeinnützige Einrichtungen, nicht aber Verschlechterung der Geschäftslage und ebenso nidit ein rechtswidriger Streik mit dem Ziel der Entfernung eines Vorstandsmitglieds, das sich sozialgerecht verhalten hat (BGH in WM 1961, 527). Unter Umständen kann Überschuldung Grundlage eines Widerrufs sein (OLG Hamburg in BB 1954, 978), ferner andauernde Krankheit, Annahme von Schmiergeldern, Annahme von Bezügen hinter dem Rücken des Aufsichtsrats (BGH 20, 239) usw. Eine Entlassungsanordnung der Militärregierung war stets ein wichtiger Grund zur Kündigung (vgl. BGH in WM 1965, 973). Die Bedeutung des Grundes braucht nicht in der Behinderung ordnungsmäßiger Geschäftsführung zu liegen, aber der Grund muß die Abberufung als erforderlich im Interesse der Gesellschaft erscheinen lassen. Die herrschende Meinung verlangt weiter Unzumutbarkeit der weiteren Zusammenarbeit mit dem Vorstandsmitglied. Dieser Ausdruck gibt der Frage eine persönliche Note, die sie nicht hat. Keinesfalls genügt es, daß die weitere Zusammenarbeit mit anderen Vorstandsmitgliedern, mit dem Aufsichtsrat oder seinem Vorsitzenden oder einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern oder Aktionären aus irgendwelchen Gründen nicht zuzumuten ist. Es kommt auf das Interesse der Gesellschaft an. Dieses ist vom Aufsichtsrat auch bei Würdigung eines Mißtrauensbeschlusses der Hauptversammlung im Auge zu behalten, dagegen ist ein Verschulden des Abzuberufenden nicht Voraussetzung. Die Unzumutbarkeit kann sich aber auch aus einem Verhalten ergeben, durch das die Interessen der Gesellschaft nicht unmittelbar berührt werden (BGH in BB 1967, 731). Die Satzung kann das Recht des Aufsichtsrats, die Bestellung aus wichtigem Grund zu widerrufen, nicht auf bestimmte wichtige Gründe beschränken (BGH 8, 361), weil der Widerruf unabdingbar ist, auch nicht dadurch seinem Ermessen vorgreifen, daß sie einen Katalog wichtiger Gründe aufstellt — etwa im Anstellungsvertrag —, erst recht kann keines von beiden vertragsmäßig geschehen. Daß eine Mehrheit des Aufsichtsrats für die Abberufung ist, ist für sich allein noch kein wichtiger Grund, denn das würde bedeuten, daß der Vorstand ohne solchen abberufen werden könnte. 446

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§ 84 Anm. 13,14

Die Frage, ob ein wichtiger Grund gegeben ist, muß immer mit besonderer Sorgfalt geprüft werden. Hierbei kann es eine Rolle spielen, ob der Anstellungsvertrag ohnehin bald abläuft oder nodi längere Zeit besteht. Bei ohnehin auslaufendem Anstellungsverhältnis ist der Gesellschaft ein Durchhalten desselben eher zuzumuten, weil durch einen Widerruf das weitere berufliche Fortkommen des abberufenen Vorstandsmitgliedes beeinträchtigt werden kann; die Auswirkungen des Widerrufs gehen weit über den Betrieb und das Anstellungsverhältnis hinaus (BGH in BB 1962, 816). Gründe, weldie sich erst später zutragen oder entdeckt werden, können nachgeschoben werden. Wird aus einem Tatbestand nicht alsbald, nachdem er erkannt wurde, der Widerruf gefolgert oder wird dem Vorstandsmitglied verziehen, kann der Grund nachher nicht mehr selbständig als ein wichtiger, sondern nur nodi ergänzend neben anderen wichtigen Widerrufsgründen geltend gemacht werden, denn das Interesse der Gesellschaft ist nicht unverzichtbar (vgl. BGH in BB 1962, 109;Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 32). Nur wenn ein wichtiger Grund ein Vorstandsmitglied auch im öifentlidien Interesse als unerträglich erscheinen läßt, ist das Gesagte einzuschränken. 3. Rechtsbehelf gegen Widerruf Anm. 14: Liegt nadi Ansicht des Vorstandsmitglieds ein wichtiger Grund zum Widerruf nicht vor, so kann es durch Klage vor dem ordentlichen Gericht oder einem vereinbarten Schiedsgericht eine Entscheidung über die Wirksamkeit des Widerrufs herbeiführen. Der ausgesprochene Widerruf bleibt aber trotz Anrufung des Gerichts wirksam. Dieses Vorstandsmitglied kann von dem Zeitpunkt des Widerrufs an die Gesellschaft nicht vertreten. Audi wenn durch Urteil die Unwirksamkeit des Widerrufs festgestellt wird, werden inzwischen vorgenommene Handlungen des Widerrufenen nicht wirksam. Sofortige Anmeldung des Widerrufs ist wegen § 15 HGB ratsam. Das Registergericht hat über die Berechtigung des Widerrufs keine eigenen Nachforschungen zu betreiben. Durch ein obsiegendes Urteil für den Widerrufenen ist dieser wieder Vorstandsmitglied (Meyer-Landrut in Großkomm. Anm. 29; B.-H. Rn. 15), was umgehend wieder beim Register anzumelden ist. Er ist so zu stellen, als wenn niemals widerrufen worden wäre. Wegen dieser für die