Zur Dogmatik des Einwendungsdurchgriffs [1 ed.] 9783428456437, 9783428056439


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Zur Dogmatik des Einwendungsdurchgriffs [1 ed.]
 9783428456437, 9783428056439

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WOLFGANG v. REINERSDORFF

Zur Dogmatik des Einwendungsdurchgriffs

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 90

Zur Dogmatik des Einwendungsdurchgriffs

Von

Dr. Wolfgang v. Reinersdorff, LL. B. Rechtsanwalt in Hamburg

DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Reinersdorff, Wolfgang von: Zur Dogmatik des Einwendungsdurchgriffs / von Wolfgang v. Reinersdorff.Berlin: Duncker und Humblot, 1984. (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 90) ISBN 3-428-05643-4

NE:GT

Alle Rechte vorbehalten & Humblot, Berlln 41 Gedruckt 1984 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany

© 1984 Duncker

ISBN 3·428·05643·4

Vorwort Die vorliegende Untersuchung hat sich zum Ziel gesetzt, die aus dem Bereich der finanzierten Abzahlungskäufe bereits bekannte Rechtsfigur des Einwendungsdurchgriffs auf weitere Fälle, die bislang noch nicht in diesem Zusammenhang diskutiert worden sind, anzuwenden und zu einem allgemeinen Rechtsinstitut des Schuldrechts fortzuentwickeln. Die Arbeit ist im Jahre 1983 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen worden. Ich möchte auch an dieser Stelle meinem hochverehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Wolfgang Frhr. Marschall v. Bieberstein, für vielfältige, verständnisvolle Förderung und stets weiterführende Kritik ganz herzlich danken, ohne die diese Arbeit nicht entstanden wäre. Der Friedrich Flick Förderungsstiftung gilt mein Dank für die großzügige Gewährung eines Druckkostenzuschusses. Schließlich habe ich Herrn Professor Dr. Dr. h. c. J. Broermann für sein freundliches Entgegenkommen bei der Aufnahme der Arbeit in die "Schriften zum Bürgerlichen Recht" zu danken. Hamburg, im Januar 1984

w. v. Reinersdorff

Inhaltsverzeichnis Einleitung § 1 Vorbemerkung

13

§ 2 Begriffsbestimmung ..............................................

14

§ 3 Gesetzliche Fälle des Einwendungsdurchgriffs ....................

15

l.Teil Zur dogmatischen Grundlage des Einwendungsdurchgriffs § 4 Drei Beispielsfälle zur Interessenlage beim Einwendungsdurchgriff

18

I. Zustimmung zu einem fremden Schuldverhältnis ..............

18

11. Leistung auf ein fremdes Schuldverhältnis ....................

21

111. Anschein der Zusammengehörigkeit zweier Schuldverhältnisse

23

§ 5 Der Einwendungsdurchgriff als konstruktive Lösungsmöglichkeit ..

25

I. Fehlen anderer Lösungsmöglichkeiten ........................

25

11. Die Vereinbarkeit des Einwendungsdurchgriffs mit dem Gesetz

27

111. Der Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens als

mögliche Grundlage des Einwendungsdurchgriffs .............

28

IV. Die Vereinbarkeit des Einwendungsdurchgriffs mit dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse ............... 29 V. Die Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs ............

30

2. Teil

Die Anwendung des Einwendungsdurchgrlffs Erstes Kapitel

Zustimmung zu einem fremden Schuldverhältnis § 6 Wirkung der Verjährungseinrede zu Lasten Dritter (BGHZ 54, 264)

34

§ 7 Wirkung des vertraglichen Rechts zum Besitz zu Lasten Dritter (RGZ 80, 395) .....................................................

36

Inhaltsverzeichnis

8

§ 8 Wirkung des vertraglichen Zurückbehaltungsrechts zu Lasten Dritter

41

I. RGZ 124, 28 ..................................................

41

11. Chellaram & Sons v. Butlers Warehousing ....................

41

§ 9 Wirkung des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts zu Lasten Dritter

(BGHZ 34, 122) ..................................................

44

§ 10 Wirkung vertraglicher Haftungsbeschränkungen zu Lasten Dritter

51

I. Die Beurteilung nach englischem Recht .......................

52 52 53 54 56 57 58

The Kite .................................................. Midland Silicones v. Scruttons Ltd. ....................... Morris v. C. W. Martin .................................... a) Harris v. Continental Express .......................... b) Moukataff v. B.O.A.C. .................................. 5. Pyrene v. Scindia Navigation... .......... ........ ... . .....

1. 2. 3. 4.

11. Die Beurteilung nach deutschem Recht (BGH NJW 1974, 2177,

AG Köln NJW 1976, 2076) ....................................

59

III. Die Sonderfälle der Genehmigung eines fremden Vertrages (Fosbroke-Hobbes v. Airwork, OLG Breslau JW 1924, 1185) ........ 66

Zweites Kapitel Leistung auf ein fremdes Schuldverhältnis § 11 Die Anweisungslage ..............................................

70

§ 12 Anweisungsfall "Fehlende Anweisung" ............................

72

I. Ausgangsfall "Nichtbestehen der Schuld -

Leistungsvorbehalt des Beklagten" .............................................. 72

11. Fallvariante "Nichtbestehen der Schuld -

Vorleistung des Beklagten" ..................................................... 78

III. Fallvariante "Nichtbestehen der Schuld - Aufrechnung mit anderer Forderung" ............................................

79

IV. Fallvariante "Bestehen der Schuld" (Colonial Bank v. Exchange Bank of Yarmouth) .......................................... 80 § 13 Fälle der Leistung auf fremde Schuld nach § 267 BGB ............. I. Ausgangsfall "Nichtbestehen der Schuld" .....................

85 85

11. Fallvariante "Bestehen der Schuld" ..........................

87

Drittes Kapitel Anschein der Zusammengehörigkeit zweier Schuldverhältnisse §14 Der finanzierte Abzahlungskauf ..................................

89

Inhaltsverzeichnis

9

I. Die Selbständigkeit von Kauf- und Darlehensvertrag 11. Gründe für den Käuferschutz ................................ 111. Die konstruktive Ausgestaltung des Käuferschutzes ........... IV. Die Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs im einzelnen V. Zum Ausschluß des Einwendungsdurchgriffs durch vorformulierte Trennungsklauseln .....................................

89 91 97 99

102

§ 15 Weitere finanzierte Erwerbs- und Leistungsverträge .............. 106 § 16 D'ls Finanzierungs-Leasing ....................................... 107

3. T ei I

Ergebnis und Konsequenzen § 17 Das Ergebnis der bisherigen Untersuchungen ..................... 112

I. Der Einwendungsdurchgriff als allgemeines Rechtsinstitut .... 112 1. Die Zulässigkeit einer Rechtsfortbildung .................. 112

2. Die Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs .......... 114 11. Die Anwendung des Einwendungsdurchgriffs ................. 114 § 18 Weitere Fälle des Einwendungsdurchgriffs ........................ 118 § 19 Konsequenzen der Anwendung des Einwendungsdurchgriffs ...... 119

I. Prozessuale Konsequenzen ................................... 119 11. Das allgemeine Problem des Einwendungserhalts in Dreiperso-

nenverhältnissen, insbesondere im Bereicherungsrecht ........ 121

Literaturverzeichnis

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 128

Abkürzungsverzeichnis 1. Abkürzungen für Entscheidungssammlungen aus dem Bereich des Common Law Vorbemerkung zur Zitierweise: Im Bereich des Common Law werden Gerichtsentscheidungen mit den Namen von Kläger und Beklagtem zitiert. Das zwischen beide gesetzte "v." steht für "versus". Die Fundstellenbezeichnung setzt sich zusammen aus dem Jahrgang der Entscheidungssammlung, ggf. einer Bandnummer, der Bezeichnung der Entscheidungssammlung und der Seitenzahl.

A.C.

AllE.R. App.Cas.

The Law Reports - House of Lords and Judicial Committee of the Privy Council and Peerage Cases (Appeal Cases seit 1891) The All England Law Reports The Law Reports - Appeal Cases (1875-1890)

C.L.R.

The Commonwealth Law Reports (Australien)

E.R.

The English Reports

H.&N.

The Exchequer Reports by E. T. HurIstone and J. P. Norman (1856-1862, neu abgedruckt in den English Reports)

K.B.

The Law Reports -

Lloyd'sR. L.T.

Lloyd's List Law Reports The Law Times Reports

P.

The Law Reports -

Q.B.

The Law Reports -

King's Bench Division

Probate Division Queen's Bench Division

2. Sonstige Abkürzungen a.A. a.E. Anm. Aufl.

anderer Ansicht am Ende Anmerkung Auflage

Bearb. bzw.

Bearbeiter beziehungsweise

CCA C.L.J.

Consumer Credit Act 1974 (England) Cambridge Law Journal (England)

ders.

derselbe

Abkürzungsverzeichnis Ein!.

Einleitung

Fn. FS

Fußnote Festschrift

ggf.

gegebenenfalls

Herausg. h.M.

Herausgeber herrschende Meinung

i. V.m.

in Verbindung mit

J.B.L.

Journal of Business Law (England)

LJJ.

Lordjustices

Melb. Univ. L.R. MK-Bearbeiter m. w. (zlr.) Nw.

Melbourne University Law Review (Australien) Münchener Kommentar mit weiteren (zahlreichen) Nachweisen

o.

oben

Rn.

Randnummer

S.

s.

s. o. (u.)

section Seite siehe oben (unten)

u.

unten

vg!.

vergleiche

z.B. zit.

zum Beispiel zitiert

11

Im übrigen wird auf Kirchners Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache Bezug genommen.

Einleitung § 1 Vorbemerkung

Die Möglichkeit, Einwendungen aus einem Schuldverhältnis einem Dritten entgegenzuhalten, der nicht Partei dieser Obligation ist (Einwendungsdurchgriff), scheint im Widerspruch zu tragenden Prinzipien des Rechts zu stehen. Nach dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse, der auf dem Prinzip der Privatautonomie beruht, werden durch Schuldverhältnisse nur die jeweiligen Gläubiger und Schuldner berechtigt und verpflichtet. Zwei Personen können also nicht die Rechte eines Dritten einschränken, indem sie einen Vertrag miteinander schließen. Dies scheint den Schluß zu rechtfertigen, daß die Berufung auf Einwendungen aus einem Schuldverhältnis Dritten gegenüber generell ausgeschlossen ist. Dennoch ist der Einwendungsdurchgriff keine dem deutschen Recht völlig fremde Rechtsfigur. Er ist für bestimmte Fälle im Gesetz vorgesehen1 und wird im Wege der Fortbildung des Rechts von Rechtsprechung und Lehre zum Käuferschutz bei finanzierten Abzahlungsgeschäften herangezogen2 • Das Thema der vorliegenden Arbeit ist der praeter legern entwickelte Einwendungsdurchgriff. Dieses Institut galt bisher nur als sehr spezielles Hilfsmittel, dessen Anwendbarkeit von der besonderen tatsächlichen Situation finanzierter Geschäfte abhängt. Als typisches Produkt einer von Fall zu Fall sich entwickelnden Rechtsprechung ist der Einwendungsdurchgriff im Zusammenhang mit einzelnen Fällen zwar viel diskutiert, aber noch keiner grundsätzlichen Untersuchung unterzogen worden. Die genauen Voraussetzungen der Anwendung sowie die Herleitung dieser Rechtsfigur aus allgemeinen Prinzipien blieben im Unklaren. Im folgenden wird der Versuch unternommen zu zeigen, daß der Einwendungsdurchgriff Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens und nicht an spezielle tatsächliche Umstände gebunden ist. Untersuchungen zur Rechtfertigung dieser Rechtsfigur aus den dem Gesetz zugrundeliegenden Prinzipien sowie zu den Voraussetzungen ihrer Anwendung im einzelnen sollen den Einwendungsdurchgriff als dogmatisch handhabbares Rechtsinstitut mit wohldefiniertem Anwendungsbereich etablieren. Dazu sogleich u. § 3. Vgl. zunächst nur v. Marschall, Vortrag, S. 21 ff.; Gilles, JZ 1975, 308 ff. Im einzelnen s. u. § 14. 1

2

14

Einleitung

§ 2 Begriffsbestimmung

Die Fälle, mit denen diese Untersuchung befaßt ist, sind Dreiecksverhältnisse der folgenden Grundstruktur: Der Anspruchsteller macht eine Forderung gegen den Anspruchsgegner geltend. Dieser beruft sich demgegenüber auf Rechte aus einem Schuldverhältnis, das zwischen ihm selbst und einem Dritten besteht. Unter dem Begriff "Einwendungsdurchgriff" wird das Recht des in Anspruch Genommenen verstanden, der Forderung des Anspruchstellers Einwendungen1 entgegenzusetzen, die auf dem Schuldverhältnis zwischen dem Anspruchsgegner und einem Dritten beruhen2 • Es geht also um die in Dreipersonenverhältnissen häufig anzutreffende Problematik des Erhalts der eigenen Einwendungen einer der Parteien. Dagegen beschäftigen wir uns nicht mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen - bei anderen Fallgestaltungen - der in Anspruch Genommene sich auf Rechte aus einem Vertrag zwischen dem Anspruchsteller und einem Dritten berufen kann3 , obwohl auch diese Geltendmachung fremder Einwendungen zum Teil als Einwendungsdurchgriff bezeichnet wird'. Mit dem Einwendungsdurchgriff wird der Anspruchsteller in gewisser Weise an das fremde Schuldverhältnis, dem er nicht als Partei angehört, gebunden: Er kann gegen den Anspruchsgegner nicht mehr ohne Berücksichtigung der von diesem unter dem Schuldverhältnis erworbenen Rechte vorgehen, sondern muß die fremde Obligation gegen sich gelten lassen. Als Gegenrechte, denen die Forderung des Anspruchstellers ausgesetzt ist, kommen alle Einwendungen in Betracht, die der in Anspruch Genommene gegenüber dem Dritten hätte, wenn dieser die gleiche Forderung gegen ihn erheben würde5 • Es ist also die hypothetische Überlegung anzustellen, welche Einwendungen der Anspruchsgegner er1 Die Bezeichnung "Einwendung" wird hier und vielfach im folgenden als Oberbegriff für die Begriffe "Einrede" und "Einwendung" benutzt, wie es auch der Terminologie des Gesetzes entspricht, vgl. § 404 BGB. 2 Dieser Begriff hat sich für dieses Recht bei den finanzierten Abzahlungskäufen eingebürgert, vgl. v. Marschall, Vortrag, S. 21 ff. a Dies ist beispielsweise das Problem bei den Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte. 4 Canaris, FS Fischer, S.48; ders. Bankvertragsrecht, Rn. 1425, 1012 ff., 1137 ff. Da es in diesen Fällen um eine ganz verschiedene Problematik geht, sollte der Begriff "Einwendungsdurchgriff" der Klarheit halber auf den Durchgriff eigener Einwendungen einer Partei eines Schuldverhältnisses gegenüber Dritten beschränkt bleiben. Für diese Konstellation wurde der Begriff entwickelt, s. o. Fn. 2. 5 So z. B. die Einreden der Verjährung, eines Zurückbehaltungsrechts oder einer Haftungsbeschränkung oder die Einwendungen der Erfüllung oder eines Rechtes zum Besitz.

§ 3 Gesetzliche Fälle des Einwendungsdurchgriffs

15

heben könnte, wenn der Anspruch nicht VOn dem Anspruchsteller, sondern von dem Dritten geltend gemacht werden würde 6• Der Einwendungsdurchgriff stellt den Forderungsinhaber, wenn er gegen seinen Schuldner vorgeht, sozusagen "in die Schuhe" der anderen Partei des Schuldverhältnisses, an dem der in Anspruch Genommene beteiligt ist. Er ist ein reines Verteidigungsmittel. Der Anspruchsgegner erhält nicht etwa neben den Ansprüchen, die ihm gegen seinen Vertragspartner zustehen, eine weitere Forderung gegen den Anspruchsteller, sondern lediglich das Recht, sich gegen diesen mit gewissen Einwendungen zu verteidigen. Das Ungewöhnliche daran ist, daß Einwendungen aus einem Schuldverhältnis hiernach nicht nur zwischen Gläubiger und Schuldner, sondern auch einem Dritten gegenüber wirken, der nicht Partei dieser Obligation ist. Man könnte von einer "Wirkung relativer Rechte zu Lasten Dritter" sprechen. Nach dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse dagegen wirken Obligationen nur inter partes und können daher nicht Rechte Dritter einschränken7 • § 3 Gesetzliche Fälle des Einwendungsdurchgriffs

Bevor wir uns der Theorie des außerhalb des Gesetzes entwickelten Einwendungsdurchgriffs zuwenden, soll auf einige Gesetzesvorschriften, die einen Einwendungsdurchgriff anordnen, hingewiesen und erörtert werden, welche Gründe hier die Anwendung dieser Rechtsfigur rechtfertigen. I. Nach § 4041 kann bei der Forderungsabtretung der Schuldner "dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren". Da bei der Zession, anders als bei der Vertragsübernahme, der Zedent Partei des Schuldverhältnisses bleibt, aus dem sich die abgetretene Forderung ergibt, und der Zessionar lediglich die Forderung erwirbt, ohne selbst Partei dieses Schuldverhältnisses zu werden2 , läßt nach der oben entwickelten DefinitionS § 404 einen Einwendungsdurchgriff zu: Der Schuldner kann Einwendungen aus seinem Rechtsverhältnis mit dem Zedenten auch dem Zessionar entgegenhalten. Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1749. Dazu MKIKramer vor § 241 Rn. 14 ff. und u. § 5 IV. 1 §§ ohne Gesetzesangabe beziehen sich auf das BGB. 2 MKIRoth § 398 Rn. 4; JauerniglStürner § 398 Anm.l0. Handelt es sich beispielsweise um einen Kaufvertrag, so bleibt der Zedent Verkäufer mit den entsprechenden Rechten und Pflichten; der Zessionar erwirbt lediglich die Kaufpreisforderung. 6

7

3

s. o. § 2.

16

Einleitung

Die Rechtfertigung des Einwendungsdurchgriffs ergibt sich in diesem Fall daraus, daß der Zessionar seine Forderung aus dem Schuldverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zedenten herleitet. Die Forderung darf nicht aus diesem Rechtsverhältnis herausgelöst werden, aus dem sich ihr Umfang und die Bedingungen ihrer Durchsetzbarkeit ergeben. Die Zession soll daher weder zu einer SchlechtersteIlung des Schuldners durch den Verlust seiner Einwendungen4 noch dazu führen, daß der Zessionar besser steht als der Zedent5• Der in § 404 normierte Einwendungsdurchgriff gewährleistet, daß die Forderung auch in der Hand eines Dritten nur in dem von dem Schuldverhältnis gesetzten Rahmen geltend gemacht werden kann, dem sie entstammt. Die Vorschrift ist Ausdruck der allgemeinen Regel, daß jemandem, der Ansprüche aus einem fremden Schuldverhältnis herleitet, regelmäßig auch die Einwendungen aus dieser Obligation entgegengesetzt werden können 6• 11. Derselbe Grundsatz steht hinter der Vorschrift des § 334, nach der bei einem Vertrag zugunsten Dritter der Versprechende die Einwendungen aus dem Vertrag auch dem Dritten entgegenhalten kann. Auch hier ist der Einwendungsdurchgriff das adäquate rechtstechnische Mittel um sicherzustellen, daß die Forderung des Dritten, die sich allein aus dem Vertrag zwischen dem Versprechensempfänger und dem Versprechenden ergibt, nur insoweit durchsetzbar ist, wie es dieser Vertrag zuläßt. 111. Im Deliktsrecht findet sich eine ähnliche Konstellation. Hier kann nach §§ 844, 845 neben dem Verletzten unter bestimmten Umständen ausnahmsweise auch ein nur mittelbar geschädigter Dritter Ersatzansprüche gegen den Schädiger geltend machen.

Zwar stehen in diesem Fall dem Dritten von Gesetzes wegen eigene Ansprüche neben denen des Verletzten zu 7 • Diese beruhen jedoch letztlich ebenfalls auf dem Schuldverhältnis zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten. Es ist daher hier wie in den Fällen der §§ 404, 334 nicht gerechtfertigt, daß der Schädiger dem Dritten in größerem Umfange als dem Geschädigten verantwortlich ist. Auch in diesem Fall erscheint daher die Zulassung eines Einwendungsdurchgriffs angebracht. Die Regelung des § 846, die lediglich den Durchgriff der Einrede des Mitverschuldens gegenüber dem Anspruch des Dritten aus §§ 844, 845 ermöglicht, ist also nicht ausreichend. Sie gestattet es dem Schädiger 4

MK/Roth § 404 Rn. 1; Jauernig/Stürner § 404 Anm. 1. MK/Roth § 404 Rn. 1; nach dem Grundsatz "nemo

plus iuris transferre potest quam ipse babet". 8 Medicus JuS 1974, 619; vgl. auch Jauernig/Vollkommer § 334 Anm. 1 a. 7 MK/Mertens § 844 Rn. 5; Jauernig/Teichmann vor §§ 844-846 Anm.2; PalandtlThomas § 844 Anm. 1. S

§

3 Gesetzliche Fälle des Einwendungsdurchgriffs

17

beispielsweise nicht, sich auf eine vertragliche Haftungsbeschränkung im Verhältnis zu dem Geschädigten zu berufen. Zutreffenderweise wird daher der Anwendungsbereich des § 846 dahingehend erweitert, daß der Schädiger dem Dritten sämtliche Einwendungen entgegenhalten darf, die er gegen Deliktsansprüche des Verletzten hat 8 • IV.

Das Gesetz läßt einen Einwendungsdurchgriff schließlich in

§ 986 II zu. Hiernach kann der Besitzer einer beweglichen Sache, die von deren Eigentümer nach § 931 durch Abtretung des Herausgabeanspru-

ches veräußert wurde, "dem neuen Eigentümer die Einwendungen entgegensetzen, welche ihm gegen den abgetretenen Anspruch zustehen", insbesondere die Einwendung des Rechtes zum Besitz gemäß § 986 19 • In diesem Fall treffen die zu den §§ 404, 334 und 846 angestellten Überlegungen nicht zu, denn der Herausgabeanspruch steht dem neuen Eigentümer auf grund seines Eigentums zu, er beruht nicht auf dem Rechtsverhältnis zwischen dem Besitzer und dem früheren Eigentümer. Die Zulassung eines Einwendungsdurchgriffs erklärt sich hier aus folgenden Gründen: Zunächst hat der Besitzer - wie jede Partei eines Schuldverhältnisseslo - ein grundsätzlich schutzwürdiges Interesse daran, daß seine schuldrechtliche Beziehung zu dem früheren Eigentümer nicht durch den Anspruch des Dritten gestört wird. Zum anderen tritt in diesem Fall das Interesse des neuen Eigentümers zurück, die Sache ohne Rücksicht auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Besitzer und dem Veräußerer herauszuverlangen. Er mußte bei einem Rechtserwerb nach § 931 damit rechnen, daß der Besitzer in Bezug auf die Sache gewisse Rechte gegenüber dem Veräußerer erworben hatte l l • Der neue Eigentümer durfte nicht erwarten, dieses Rechte durch sein Dazwischentreten ohne weiteres zunichte machen zu können. Das BGB verhindert es daher jedenfalls dann, wenn eine veräußerte bewegliche Sache sich im Besitz eines Dritten befindet, daß der Erwerber der Sache eine bessere Position erhält, als sie der Veräußerer und frühere Eigentümer selbst innehattel2 •

8 BGH VersR 1961, 846, 847; RGZ 170, 311, 315; Ostrowicz 8. 72 ff.; MK/ Mertens § 844 Rn. 4; Ennan/Drees § 846 Rn. 2, § 844 Rn. 2 f.; PaZandtlThomas § 846 Anm. 1, § 844 Anm. 1. 9 §§ 398, 404 helfen hier nicht, da der Anspruch aus § 985 mit dem Erwerb des Eigentums durch den Dritten neu entsteht, Erman/HefermehZ § 986 Rn. 9. 10 Dazu eingehend u. § 4 I. 11 Ähnlich Canaris, F8 Flume I, 8.393. 12 Vgl. auch noch § 936 111.

2 v. Reinersdorff

1. Te i 1

Zur dogmatischen Grundlage des Einwendungsdurchgriffs Die vorliegende Untersuchung will einen Beitrag zur Entwicklung des Einwendungsdurchgriffs zu einem allgemeinen Rechtsinstitut im Wege der Rechtsfortbildung praeter legern leisten. Der erste Teil der Arbeit soll mit der Formulierung einer Arbeitshypothese abschließen, die die Voraussetzungen der Anwendung eines Einwendungsdurchgriffs einerseits nur vorläufig, andererseits aber so präzise definiert, daß eine Erprobung dieser Theorie anhand praktischer Fälle im zweiten Teil der Untersuchung ermöglicht wird. Zu diesem Zweck ist es vor allem erforderlich, die möglichen dogmatischen Grundlagen eines Instituts Einwendungsdurchgriff herauszuarbeiten. Auch dies geschieht zunächst nur in dem Umfang, wie es zur Aufstellung einer plausiblen Arbeitshypothese erforderlich ist, das heißt in groben Umrissen und unter dem Vorbehalt der überprüfung und Präzisierung der gefundenen Zwischenergebnisse durch deren praktische Anwendung. § 4 Drei Beispielsfälle zur Interessenlage

beim Einwendungsdurchgriff

Wird eine Erweiterung des Instrumentariums der herkömmlichen Dogmatik vorgeschlagen, so ist zunächst darzulegen, welche Fallgruppen und Interessen eine Fortbildung des Rechts erforderlich machen sollen. Es folgt daher eine Erörterung dreier theoretischer Beispielsfälle, bei der es darum geht darzustellen, daß der Durchgriff von Einwendungen aus einem Schuldverhältnis einem Dritten gegenüber ein interessengerechtes Ergebnis sein kann. I. Zustimmung zu einem fremden Sclluldverhältnis

Wenden wir uns zunächst dem Fall zu, daß ein Nichtberechtigter eine Sache mit Zustimmung des Eigentümers veräußert!. Wenn sowohl der 1 Vgl. die bei LaTenz 11 § 68 111 a, KoppensteinerlKTamer S. 30 f. und Kupisch S. 95 ff. erörterten Fallgestaltungen; dazu noch u. § 19 11 1.

§ 4 Beispielsfälle zur Interessenlage

19

Kaufvertrag als auch die übereignung nichtig waren, kann der Eigentümer die Kaufsache nach § 985 von dem Käufer herausverlangen. Dieser wird jedoch unter Umständen einwenden wollen, er sei dem Dritten gegenüber nach der Saldotheorie2 zur Herausgabe nur gegen Rückerstattung des bereits gezahlten Kaufpreises verpflichtets. Bei der Beurteilung der Frage, ob dem Käufer zu gestatten ist, diese Einrede aus dem Schuldverhältnis mit dem Dritten auch dem Eigentümer entgegenzuhalten, der nicht Partei dieser Obligation ist, kommt es maßgeblich auf die Abwägung der Interessen des Eigentümers (Anspruchstellers) und des Käufers (Anspruchsgegners) an. Der Anspruchsgegner ist in diesem Fall Partei eines nichtigen Vertrages mit einem Dritten. Da die beiderseitigen Leistungen bereits erbracht sind, besteht zwischen dem Anspruchsgegner und dem Dritten ein Rückgewährschuldverhältnis. Der Anspruchsteller droht durch seine Forderung die Position des Anspruchsgegners unter diesem Schuldverhältnis zu beeinträchtigen: Hätte der Herausgabeanspruch Erfolg, so würde der Anspruchsgegner seiner Sicherheit im Verhältnis zu dem Dritten beraubt. Diesem gegenüber gilt nach der Saldotheorie als Konsequenz des faktischen Synallagmas4, daß der Kaufgegenstand nur gegen Rückerstattung des Kaufpreises herauszugeben ist. Insbesondere die Diskussion um die bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnisse hat aber gezeigt, daß grundsätzlich jede Partei eines Vertrages ein schutzwürdiges Interesse daran hat, daß das Vertragsverhältnis nicht durch einen Dritten gestört wird. Der Erhalt der Einwendungen der Parteien ist daher ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Lösung von Problemen in Dreipersonenverhältnissen5 • Dies ergibt sich daraus, daß die Parteien eines Schuldverhältnisses ihre Dispositionen im Hinblick auf die daraus sich ergebenden, sorgfältig aufeinander abgestimmten Pflichten, Rechte und Gegenrechte treffen. Auch wenn es sich dabei nur um relative Rechte und Pflichten handelt, ist es dennoch mißlich, wenn ein Vertragsfremder durch seinen Anspruch eine vertragliche Ordnung durcheinanderbringen kann. Es läßt sich zwar nicht ausschließen, daß unter gewissen Umständen das Interesse einer Vertragspartei an der "Integrität ihres Schuldverhältnisses" dem besseren Rechte eines Dritten Dazu Larenz 11 § 70 111; Medicus Rn. 224 ff. 986 I 1 hilft hier nicht, denn der Dritte muß dem Eigentümer gegenüber keineswegs zum Besitz der Sache berechtigt sein. 4 Vgl. dazu Medicus Rn. 224 ff.; Larenz I § 26 b 3; Larenz 11 § 70 111, S.582 Fn.2. 5 Zu den bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnissen Canaris, FS Larenz, S.802 und passim; Larenz 11 § 68 I a, S.527, § 68 111; MedicusRn. 667; Koppensteiner/Kramer S.31, 43, 60 f.; Erman/H. P. Westermann § 812 Rn. 17. Für andere Dreiecksverhältnisse vgl. z. B. Medicus Rn. 390, 600; Baur § 11 2

3

§

eIll.



20

1. Teil: Dogmatische Grundlage des Einwendungsdurchgriffs

weichen muß. So entspricht es der allgemeinen Meinung, daß derjenige, der Diebesgut erworben hat, dieses an den Eigentümer herausgeben muß, ohne wegen des an den Verkäufer gezahlten Kaufpreises auch nur ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen zu können6 • Dies ändert aber nichts daran, daß es grundsätzlich ein Anliegen des Rechts sein muß, die Position einer Partei unter einem Vertrag möglichst weitgehend aufrechtzuerhalten. Anderenfalls verliert die Vereinbarung eines besonderen vertraglichen Regimes ihren Sinn. Dieser Gesichtspunkt gilt entsprechend für nichtige Verträge. Im vorliegenden Fall ist daher das Vertrauen des Anspruchsgegners, die Sache nur gegen Rückerstattung des Kaufpreises herausgeben zu müssen, grundsätzlich schutzwürdig. Hinzu tritt ein weiterer Gesichtspunkt, der für die Abwägung der Interessen beider Parteien ausschlaggebend ist: Der Anspruchsteller hatte den Dritten ausdrücklich ermächtigt, seine Sache im eigenen Namen an den Anspruchsgegner zu veräußern. Er hat also nicht nur der Übereignung (§ 185), sondern auch dem Abschluß des Kaufvertrages zwischen dem Dritten und dem Anspruchsgegner zugestimmt. Diese Zustimmung läßt den Versuch des Anspruchstellers, das fremde Schuldverhältnis als für ihn unbeachtlich beiseite zu schieben, in schlechtem Licht erscheinen. Wenn der Anspruchsteller dem Dritten den Abschluß des Kaufvertrages gestattete, so konnte dies nur bedeuten, daß er auch die Tatsache billigte, daß der Vertragspartner des Dritten, der Anspruchsgegner, dadurch eine bestimmte RechtssteIlung erwarb; anderenfalls wäre die Ermächtigung zu dem Vertragsabschluß unvollständig und sinnlos. Die Zustimmung des Anspruchstellers erstreckte sich zumindest auf den Erwerb derjenigen Rechtsstellung durch den Anspruchsgegner, die mit dem Abschluß eines jeden Kaufvertrages ohne weiteres verbunden ist. In unserem Beispielsfall ist also der Erwerb der Rechte aus der Saldotheorie von der Billigung umfaßt, da diese bei jedem Kaufvertrag im Falle der Nichtigkeit ipso iure entstehen. An dem erklärten Einverständnis mit dem Erwerb einer solchen Rechtsposition durch den Anspruchsgegner muß sich der Anspruchsteller nach Treu und Glauben festhalten lassen. Er darf daher nicht durch sein Dazwischentreten die entsprechenden vertraglichen Rechte des Anspruchsgegners zunichte machen. Nach rechtlichen Gesichtspunkten bedeutet der Versuch des Anspruchstellers, ohne Rücksicht auf das Schuldverhältnis zwischen dem Anspruchsgegner und dem Dritten vorzugehen, verbotenes venire contra factum proprium. Nach diesem Grundsatz, einer Ausprägung des Prinzips von Treu und Glauben, darf sich der Anspruchsteller bei der Ausübung seiner Rechte nicht zu seinem 6

BGHZ

55, 176 (Jungbullenfall); BGHZ 29, 157; Larenz II § 68 III f; Medi-

cus Rn. 725 m. w. N.; Kupisch S. 73 Fn. 23; vgl. dazu noch u. § 19 II 1.

§ 4 Beispielsfälle zur Interessenlage

21

eigenen früheren Verhalten in Widerspruch setzen, wenn er dadurch die Interessen anderer beeinträchtigen würde 7 • Besagten aber seine Erklärungen zunächst, er werde die von dem Anspruchsgegner unter dem Schuldverhältnis erworbene Rechtsstellung gegen sich gelten lassen, so ist es ein zu mißbilligendes widersprüchliches Verhalten, das das Recht nicht erlauben kann, hiervon zum Nachteil des in Anspruch Genomme~ nen wieder abgehen zu wollen8 . Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Zustimmung zum Abschluß des Kaufvertrages allein dem Dritten oder auch dem Anspruchsgegner gegenüber erklärt wurde. Im letzteren Fall ist das durch den Anspruchsteller bei dem Anspruchsgegner unmittelbar hervorgerufene Vertrauen lediglich ein zusätzlicher Gesichtspunkt. Es genügt, wenn die Ermächtigung, den Kaufvertrag abzuschließen, lediglich dem Dritten gegenüber ausgesprochen wurde. Auch in diesem Fall kann der Versuch, von dieser Erklärung später wieder abgehen zu wollen, schon im Hinblick auf das Vertrauen des Dritten nicht zugelassen werden. Dieser konnte sich darauf einrichten, daß das Schuldverhältnis zwischen ihm und dem Anspruchsgegner von dem Anspruchsteller respektiert werden würde. Erst diese Gewißheit ermöglichte einem redlichen Dritten den Vertragsschluß mit dem in Anspruch Genommenen über eine Sache des Anspruchstellers9 • Die Interessenabwägung läßt also im vorliegenden Fall das Interesse des Anspruchsgegners an dem Erhalt seiner Einwendungen aus dem Verhältnis zu dem Dritten gewichtiger erscheinen als das Interesse des Anspruchstellers, unabhängig von diesem Schuldverhältnis vorzugehen. Es erschiene interessengerecht, wenn der in Anspruch Genommene auch dem Anspruchsteller die von dessen Einverständnis umfaßte Einrede aus der Saldotheorie entgegenhalten könnte 1o . 11. Leistung auf ein fremdes Schuldverhältnis

Ein weiteres typisches Beispiel für eine Interessenlage, bei der ein Einwendungsdurchgriff . in Betracht zu ziehen ist, bietet der folgende Fall: Jemand hatte bei einem Dritten Waren gekauft und· sich die Zahlung des Kaufpreises bis zum Erhalt der Kaufsachen vorbehalten. 7 StaudingerlWeber (11. Aufl.) § 242 Rn. D 323; Riezler S. 110 ff.; Wieacker 5, 27 ff.; Siebert Rn. 141 ff.; MKIRoth § 242 Rn. 295 ff. S So auch Bettermann JZ 1951, 322 für einen ähnlichen Fall. g Vgl. Bettermann JZ 1951, 322: "Wer zugestimmt hat, kann das, was er gebilligt hat, nicht später verleugnen, und zwar nicht nur gegenüber demjenigen, dem er seine Zustimmung erklärt hat, sondern auch gegenüber dessen Gegner, arg. §§ 167 I, 182 I, II BGB." 10 Zu der von Larenz, Koppensteiner/Kramer und Kupisch (s. o. Fn. 1) erörterten Variante des Ausgangsfalles s. u. § 19 II 1.

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1. Teil: Dogmatische Grundlage des Einwendungsdurchgriffs

Die Ware wurde dem Käufer von einem Großhändler "für Rechnung des Dritten" geliefert, da der Dritte sie seinerseits von dem Großhändler gekauft und diesen zur Direktlieferung an den Käufer angewiesen hatte. Der Käufer zahlt daraufhin den Kaufpreis an den Dritten. Wenn sowohl der Kaufvertrag zwischen dem Käufer und dem Dritten als auch die übereignung an den Käufer nichtig waren, kann der Großhändler (Anspruchsteller) die Sachen nach § 985 von dem Käufer (Anspruchsgegner) herausverlangenl l • Es fragt sich, ob der Anspruchsgegner nach der Interessenlage sollte einwenden dürfen, er sei im Verhältnis zu dem Dritten zur Herausgabe nur Zug um Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises verpflichtetl 2 • Der in Anspruch Genommene ist Partei eines faktischen Synallagmas. In diesem Verhältnis steht ihm der Gegenstand, dessen Herausgabe der Anspruchsteller begehrt, als Sicherheit zur Verfügung, die er nur gegen Rückzahlung des Kaufpreises herauszugeben hat13 • Wie oben bereits dargestelItl4, hat er also grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse daran, daß das Schuldverhältnis, an dem er beteiligt ist, nicht durch einen Außenstehenden gestört wird. Hinzu kommt in diesem Fall, daß der Anspruchsgegner auf die Erklärung des Anspruchstellers vertrauen durfte, seine Leistung erfolge "für Rechnung des Dritten". Diese Umschreibung bezieht sich auf die ausdrückliche oder konkludente Erklärung des Anspruchstellers, er erbringe seine Leistung im Hinblick auf das Schuldverhältnis zwischen dem Anspruchsgegner und dem Dritten für die Rechnung des letzteren. Diese Erklärung bedeutet dem Anspruchsgegner, er könne die Leistung so ansehen, als käme sie tatsächlich von dem Dritten selbstl 5 • Der Anspruchsgegner läßt sich nur auf diese Leistung ein, weil der Anspruchsteller sie dem fremden Schuldverhältnis unterstellt und damit zum 11 Es wird vorausgesetzt, daß es auch nicht zu der grundsätzlich ebenfalls gewollten, vgl. Medicus Rn. 671 - übereignung durch den Anspruchsteller an den Dritten gekommen ist. 12 Der Anspruchsgegner hätte gegen einen Anspruch des Dritten aus § 985 die Einrede aus § 273 I und gegen einen Anspruch aus § 812 die aus der Saldotheorie folgende Einrede. 13 Die Einrede aus der Saldotheorie sichert den Anspruchsgegner auch im Konkurs des Dritten (Larenz, FS Michaelis, S.208; Canaris, FS Larenz, S. 830 f.). Die Einrede aus § 273 gegen einen Anspruch des Dritten aus § 985 hilft zwar bei dessen Konkurs nicht weiter, wie sich aus § 49 I Nr. 3 KO ergibt (Jaeger KO § 49 Rn. 42; MK/KeZZer § 273 Rn. 70; Staudinger/Selb § 273 Rn. 40). Doch wäre auch bei einem Anspruch des Dritten aus § 985 zu berücksichtigen, daß es um die Rückabwicklung eines nichtigen Vertrages geht, bei der die eine Leistung nicht ohne Restitution der Gegenleistung herauszugeben ist; vgI. u. § 9 Fn.27. 14 s. o. §4 I. 15 Die tatsächlich von dem Anspruchsteller kommende Leistung soll rechtlich dem Dritten zugerechnet werden; vgI. dazu noch u. § 11.

§ 4 Beispielsfälle zur Interessenlage

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Ausdruck bringt, daß sie zwischen ihnen, insbesondere hinsichtlich der Rechtsfolgenl8 , wie eine Leistung des Dritten angesehen werden soll. Danach konnte sich der Anspruchsgegner darauf einrichten, daß ihm im Falle der Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen Nichtigkeit die Kaufsache als Sicherheit für seinen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises zur Verfügung stehen würde. Der Anspruchsteller dagegen muß sich nach dem Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens 17 an seiner Erklärung, "für Rechnung des Dritten" zu leisten, festhalten lassen. Es ist ihm daher verwehrt geltend zu machen, das Schuldverhältnis zwischen dem in Anspruch Genommenen und dem Dritten gehe ihn nichts an. Er muß es vielmehr hinnehmen, daß dieses Schuldverhältnis, dem er seine Leistung unterstellt hat, auch bei einer unter Umständen erforderlich werdenden Rückabwicklung Bedeutung erlangt. Auch in diesem Fall ergibt demnach die Interessenabwägung, daß das Interesse des Anspruchstellers an einem einwendungsunabhängigen Vorgehen gegenüber dem Interesse des Anspruchsgegners an dem Erhalt seiner Einwendungen nicht schutzwürdig ist. Es erschiene interessengerecht, wenn der Anspruchsteller die Kaufsachen nur zu den Bedingungen herausverlangen könnte, die in dem Schuldverhältnis zwischen dem Anspruchsgegner und dem Dritten gelten - wenn er sich also die Einwendungen des in Anspruch Genommenen, die dieser gegen eine entsprechende Forderung des Dritten hätte, entgegenhalten lassen müßte.

m.

Anschein der Zusammengehörigkeit zweier Schuldverhältnisse

Schließlich soll die Interessenlage in dem folgenden Beispielsfall erörtert werden: Ein Kunde bespricht mit den Vertretern zweier Handelsgeschäfte die Möglichkeit, sich durch Heimarbeit einen Nebenverdienst zu schaffen. Nach einigen Verhandlungen, in denen sich die Vertreter gegenseitig unterstützen, verkauft einer von ihnen dem Kunden ein Folienschweißgerät zur Herstellung von Plastikbeuteln, dessen Kaufpreis in monatlichen Raten zu begleichen ist. Der andere Vertreter verpflichtet sich für seine Firma, dem Käufer für eine bestimmte Zeit monatlich eine gewisse Menge Plastikbeutel zu einem bestimmten Preis abzunehmen18. 18 So soll die Leistung als Erfüllung im Verhältnis zwischen dem Anspruchsgegner und dem Dritten gelten. 17 s. o. Fn.7. 18 Vgl. die Fälle BGH NJW 1979, 1593; NJW 1979, 1597. In diesen Fällen ging es um die Nichtigkeit eines im Reisegewerbe gewährten Darlehens nach § 56 I Nr. 6 GewO. Dieses Problem stellt sich in dem hier gebildeten Beispielsfall nicht.

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1. Teil: Dogmatische Grundlage des Einwendungsdurchgriffs

Der Käufer hat in diesem Fall zwei rechtlich selbständige Verträge mit dem Verkäufer des Folienschweißgerätes und dem von diesem verschiedenen Abnehmer der Plastikbeutel geschlossen. Es soll jedoch angenommen werden, daß der Käufer dies nicht erkannt hat, sondern davon ausging, zwei verbundene Verträge 19 geschlossen bzw. beide Male mit derselben Person kontrahiert zu haben, und daß dieser Eindruck auf das Verhalten der Vertreter bei Vertragsschluß zurückzuführen ist. Es kann sich dann die Frage stellen, ob der Käufer (Anspruchsgegner) dem Verkäufer (Anspruchsteller) gegenüber die Zahlung der Kaufpreisraten mit der Begründung verweigern kann, der Dritte erfülle, beispielsweise wegen Konkurses, seine Abnahmeverpflichtung nicht mehr. Der Anspruchsteller wil'd demgegenüber geltend machen, daß es sich um zwei selbständige Verträge handele und er sich nach dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse Einreden wegen Vertragsverletzungen eines Dritten nicht entgegenhalten lassen müsse. Der in Anspruch Genommene konnte jedoch auf den bei Vertragsschluß durch das Verhalten der beiden Vertreter entstandenen Eindruck der Zusammengehörigkeit der Verträge, das heißt darauf vertrauen, daß er einen mehrseitigen Vertrag, zwei verbundene Verträge oder beide Verträge mit ein und derselben Person abgeschlossen habe. Dementsprechend konnte er sich darauf einrichten, die Kaufpreisraten durch den Absatz der Plastikbeutel aufbringen zu können, denn bei einem zusammengesetzten Geschäft hätte die Nichterfüllung der Pflichten des Dritten ihn in den Stand gesetzt, dem Zahlungsverlangen des Anspruchstellers die Einrede aus § 273 I entgegenzuhalten. Der Anspruchsteller dagegen muß sich nach dem Grundsatz vom Verbot des venire contra factum proprium20 an dem zurechenbar gesetzten Eindruck 21 festhalten lassen22 , Kauf- und Abnahmevertrag bildeten ein zusammengesetztes Geschäft. Er kann nach § 242 von dem hervorgerufenen Anschein, ein fremdes Schuldverhältnis gegen sich gelten lassen zu wollen, ebensowenig wieder abrücken wie von der Zustimmung zu einem solchen Schuldverhältnis. Es kann ihm als dem für den Ge19 Gemeint ist eine Vertragsverbindung, bei der die Leistungspflichten der drei Parteien derart miteinander verknüpft sind, daß sie in einer Art dreiseitigern Synallagma stehen ("Ringgeschäft" , "do-ut-des-ut-det-Verhältnis", vg!. insbesondere Gernhuber, FS Larenz, S. 469 ff.; Palandt/Heinrichs vor § 305 Anm. 5 a). 20 s. o. Fn.7. 21 Der Anspruchsteller muß sich entsprechend § 278 das Verhalten seines Vertreters bei Vertragsschluß zurechnen lassen. 22 Es ist anerkannt, daß der Grundsatz vom Verbot des venire contra factum proprium auch an dem zurechenbar gesetzten Anschein des Vorliegens einer bestimmten Rechtslage bzw. einer bestimmten Tatsache anknüpfen kann: Staudinger/Weber (11. Auf!.) § 242 Rn. D 332; MK/Roth § 242 Rn. 305; Riezler S. 166 ff.

§ 5 Einwendungsdurchgriff als konstruktive Lösungsmöglichkeit

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schäftsabschluß Werbenden zugemutet werden, sich so zu verhalten, daß ein falscher Eindruck seines Vertragspartners von den Besonderheiten und Risiken des Geschäfts nicht entsteht. Hiernach steIlt sich auch in diesem Fall das Interesse des in Anspruch Genommenen an dem Erhalt seiner Einwendungen gewichtiger dar als das Interesse des Anspruchstellers, unabhängig von diesen Einwendungen vorzugehen. Es erschiene interessengerecht, wenn der Anspruchsgegner die Zahlung der Kaufpreisraten mit Hinweis auf die NiChterfüllung des Abnahmevertrages durch den Dritten verweigern könnte. §

5 Der Einwendungsdurchgriff als konstruktive Lösungsmöglichkeit I. Fehlen anderer Lösungsmöglichkeiten

Die drei soeben diskutierten Beispielsfälle haben gezeigt, daß Fallgestaltungen denkbar sind, für die der Einwendungsdurchgriff eine interessen ge rechte Lösungsmöglichkeit ist. Die Entwicklung des Einwendungsdurchgriffs zu einem allgemeinen Rechtsinstitut im Wege der Rechtsfortbildung praeter legern setzt allerdings voraus, daß für eine erhebliche Anzahl von Fällen konstruktiv keine andere Lösungsmöglichkeit besteht, die ebenfalls zu einem interessengerechten Ergebnis führt!. Dieser Nachweis kann hier noch nicht geführt werden. Er setzt die eingehende Erörterung einer Reihe von Einzelfällen und der zu ihrer Entscheidung vorgeschlagenen Lösungswege voraus. Immerhin läßt sich jedoch folgendes feststellen: Das Problem, mit dem die juristische Dogmatik angesichts der soeben erörterten Beispielsfälle konfrontiert ist, besteht allgemein ausgedrückt darin, Konstellationen zu erfassen, bei denen dem Anspruchsteller nach dem Gesetz eine Forderung gegen den Anspruchsgegner ztisteht 2 , gegen die dieser sich - nach der Interessenlage zu Recht - mit Einwendungen aus seinem Schuldverhältnis mit einem Dritten verteidigen will. Betrachtet man dieses Problem abstrakt, das heißt, sieht man von möglichen weiteren Umständen der einzelnen Fälle, an denen gegebenenfalls eine dogmatische Lösung ansetzen könnte, zunächst einmal ab, so wird deutlich, daß der herkömmlichen Dogmatik zumindest insoweit ein sachgerechter Lösungsansatz nicht zur Verfügung steht: Eine "Einbeziehung" des Anspruchstellers in das fremde Schuldverhältnis wird sich in den meisten Fällen verbieten, da ihn die aus 1

2

LaTenz, Methodenlehre, S. 397 ff., 410. .Aus § 985 in den Fällen oben § 4 I und 11, aus § 433 11 in dem Fall oben

§ 4 111.

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1. Teil: Dogmatische Grundlage des Einwendungsdurchgriffs

dieser Obligation sich ergebenden Rechte und Pflichten gerade nicht treffen sollen3 • Eine "Einbeziehung" lediglich mit der Folge, daß der Anspruchsteller die Einwendungen des Anspruchsgegners gegen sich gelten lassen muß, wäre eine mit einem Einwendungsdurchgriff identische Lösung. Ebensowenig geht es an, unter Hinweis auf den derzeitigen Stand der juristischen Dogmatik die Einwendungen aus dem fremden Schuldverhältnis zurückzuweisen und dem Anspruch dadurch zu uneingeschränktem Erfolg zu verhelfen. Eine solche Lösung widerspräche zu sehr der Interessenlage, als daß sie befriedigen könnte. Unzutreffend erschiene es aber auch, den gegenteiligen Ansatz zu wählen und dem Anspruchsteller, etwa in einschränkender Auslegung des Gesetzes, jegliche Berechtigung abzusprechen, den Anspruch gegen den Anspruchsgegner geltend zu machen4 : Von vornherein auszuscheiden haben zunächst Lösungsansätze, nach denen ein genereller Anspruchsausschluß bereits auf die bloße Möglichkeit des Bestehens von Einwendungen des Anspruchsgegners gestützt werden so1l5. Sie würden auch für diejenigen Einzelfälle gelten, in denen der Anspruchsgegner gerade keine Einwendungen dem Dritten gegenüber hat 6 , so daß für seinen Schutz und den Ausschluß der Forderung des Anspruchstellers kein Anlaß besteht. Auch· wenn man jedoch die Forderung des Anspruchstellers nur dann ausschließen wollte, wenn dem Anspruchsgegner im konkreten Falle Einwendungen zustehen, an deren Erhalt er ein schutzwürdiges Interesse hat, wäre dies eine zu weit gehende Lösung. Sie würde in einigen Fällen dazu führen, daß ein umfangreicher Anspruch bereits wegen des Bestehens einer relativ geringfügigen Einwendung gänzlich auszuschließen wäre7 , was indes nicht interessengerecht ist. In einem solchen Fall muß es dem Anspruchsteller vielmehr gestattet sein, der Einwendung abzuhelfen, im übrigen aber mit seinem Anspruch durchzudringen. Der Ausschluß der Forderung des An3 VgI. etwa das Recht, den Kaufpreis zu verlangen in den Fällen o. § 4 I, II und III, oder die Pflicht, Plastikbeutel abzunehmen in dem Fall o. § 4 III. 4 Bei den bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnissen wird vielfach versucht, dem Interesse des Anspruchsgegners an dem Erhalt seiner Einwendungen aus dem Schuldverhältnis mit einem Dritten dadurch Geltung zu verschaffen, daß man einen an dieser Obligation nicht beteiligten Anspruchsteller für nicht klagebefugt erklärt. VgI. dazu u. § 11; § 19 II 1, 3. 5 VgI. bei den bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnissen die Dogmen von der Maßgeblichkeit des "Empfängerhorizontes" und der "Subsidiarität der Eingriffskondiktion", die dem Einwendungserhalt dienen. Dazu u. § 12 I; § 19 11 1. e In dem Fall o. § 4 I z. B. könnte der Anspruchsgegner den Kaufpreis noch nicht an den Dritten gezahlt haben. 7 So könnte z. B. in den Fällen o. § 4 I und II nur eine Einrede wegen eines ganz geringen an den Dritten gezahlten Teiles des Kaufpreises in Frage stehen.

§ 5 Einwendungsdurchgriff als konstruktive Lösungsmöglichkeit

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spruchstellers ist nicht der geeignete Lösungsweg, weil nicht die Inanspruchnahme des Anspruchsgegners als solche, sondern lediglich das Vorgehen insoweit zu mißbilligen ist, als es die zu respektierenden Einwendungen außer acht läßt. Es kommt lediglich darauf an sicherzustellen, daß der Anspruchsteller nur unter Berücksichtigung dieser Einwendungen vorgehen kann. Zum Schutze des Anspruchsgegners genügt es, wenn dieser sich dem Anspruchsteller gegenüber auf das Schuldverhältnis mit dem Dritten berufen kann - soweit hiernach möglich soll die Klage aber Erfolg haben. Aus alle dem wird ersichtlich, daß jedenfalls dann, wenn man das durch die bisher erörterten Beispielsfälle aufgeworfene konstruktive Problem abstrakt betrachtet, nur eine Berücksichtigung der erhobenen Einwendungen in ihrem jeweiligen Umfang, mithin also ein Einwendungsdurchgriff, als Lösung in Betracht kommt. D. Die Verelnbarkeit des Einwendungsdurrhgriffs mit dem Gesetz

Zu der Frage, in welchem Verhältnis der Einwendungsdurchgriff zum gesetzten Recht, insbesondere dem BGB, steht, müssen wir uns zunächst mit der Feststellung begnügen, daß eine Anerkennung dieser Rechtsfigur zumindest keine Rechtsfortbildung contra legern wäre. Das Gesetz schließt an keiner Stelle die Entwicklung eines Rechtsinstituts Einwendungsdurchgriff aus. Wenn es in einigen Fällen selbst den Einwendungsdurchgriff anordnet8 , so bedeutet dies nicht, daß in allen anderen Fällen die Anwendung dieser Rechtsfigur ausscheiden soll. Eine umfassende Regelung mit dem Ziel, sämtliche Fälle des Einwendungsdurchgriffs erschöpfend zu erfassen, liegt ersichtlich nicht vor. Vielmehr deutet die Regelung einzelner Fälle des Einwendungsdurchgriffs im Gesetz schon darauf hin, daß auch in anderen Fällen aufgrund derselben oder ähnlicher Prinzipien, wie sie den gesetzlichen Bestimmungen zugrundeliegen, ein Einwendungsdurchgriff erwogen werden kann. Dagegen muß an dieser Stelle noch offenbleiben, ob die hier vorgeschlagene Etablierung des Einwendungsdurchgriffs als allgemeines Rechtsinstitut im Wege der "gesetzesübersteigenden" Rechtsfortbildung praeter legem9 möglich ist. Eine solche Rechtsfortbildung, die beispielsweise zur Anerkennung von Rechtsinstituten wie culpa in contrahendo oder Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter geführt hat lO , ist nur zulässig, wenn ein Rechtsproblem weder durch Gesetzesauslegung noch durch "gesetzesimmanente Rechtsfortbildung" - wie insbesondere Analogie oder teleologische Reduktion l l - in befriedigender und billiger §§ 404, 334, 846, 986 11, s. o. § 3. Vgl. dazu LaTenz, Methodenlehre, S. 397 ff. 10 LaTenz, Methodenlehre, S. 406 f. 8

g

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1. Teil: Dogmatische Grundlage des Einwendungsdurchgriffs

Weise zu lösen ist12 • Ob dies der Fall ist, kann erst nach der Erörterung einer Reihe von praktischen Einzelfällen und ihrer möglichen Lösungen entschieden werden. 111. Der Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens als mögliche Grundlage des Einwendungsdurchgriffs

Eine Rechtsfortbildung praeter legern kann durch die Berufung auf ein rechts ethisches Prinzip gerechtfertigt werden13 • Dieses muß eine tragfähige Grundlage für die vorgeschlagene Ergänzung des Gesetzes abgeben. In den vorliegenden Fällen ist daher zu berücksichtigen, daß mittels des Einwendungsdurchgriffs die gesetzlichen Rechte des Anspruchstellers eingeschränkt werden sollen. Eine solche Beeinträchtigung der gesetzlichen Position einer Partei sollte mit Gründen gerechtfertigt werden, die nicht nur die Schutzwürdigkeit der anderen Seite, sondern auch die Billigkeit der Einschränkungen für die betroffene Partei selbst zu verdeutlichen vermögen. In den soeben erörterten Beispielsfällen wurde die Angemessenheit des Durchgriffs der Einwendungen des in Anspruch Genommenen im Rahmen der Interessenabwägung mit dem in § 242 enthaltenen Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens begründet. Dieses Prinzip ist ebenfalls geeignet, konstruktiv die Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs zu begründen. Es wird allgemein als eine der Funktionen des § 242 angesehen, Rechtsfortbildungen praeter legern zu rechtfertigen 14 • Der Grundsatz von Treu und Glauben, der die Regel vom Verbot des venire contra factum proprium mit umfaßt, ist daher ein bei der Begründung von Rechtsfortbildungen häufig herangezogenes rechtsethisches Prinzip 15. So wurde bereits vielfach die Beschränkung oder der Wegfall eines Anspruchs oder Rechts mit Hilfe des § 242 im allgemeinen - man denke an die Grundsätze über das Verlangen einer sogleich zurückzuerstattenden Leistung18 oder die mißbräuchliche Rechtsausübung 17 - oder mit dem Gedanken des Verbots widersprüchlichen Verhaltens im besonderen18 begründet. Der Grundsatz vom Verbot des venire contra factum proprium kann daher auch in den vorliegenden Fällen herangezogen werden, um die Entwicklung eines EinLarenz, Methodenlehre, S. 354 ff., 365 ff., 375 ff. Larenz, Methodenlehre, S.41O. 13 Larenz, Methodenlehre, S. 397 ff., 404 ff. 14Wieacker S. 21,26 ff.; Staudinger/Weber (11. Aun.) § 242 Rn. A 117, A 120; Riezler S. 128; Canaris, Vertrauenshaftung, S. 287 ff. 15 Vg!. Larenz, Methodenlehre, S. 405 ff. 16 Wieacker S. 29 f.; Staudinger/Weber (11. Aun.) § 242 Rn. D 520 f. 17 Wieacker S. 33 ff.; Staudinger/Weber (11. Auf!.) § 242 Rn. D 83 ff. IS Wieacker S. 27 ff.; Staudinger/Weber (11. Auf!.) § 242 Rn. D 323 ff. 11

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§ 5 Einwendungsdurchgriff als konstruktive Lösungsmöglichkeit

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wendungsdurchgriffs praeter legem zu rechtfertigen. Die Durchsetzung der in diesem Grundsatz enthaltenen Wertentscheidung erlaubt, wenn weniger weitgehende Lösungsmöglichkeiten nicht gegeben sind, eine Fortbildung des Rechts über den Wortlaut des Gesetzes hinaus. Der Grundsatz vom Verbot des venire contra factum proprium knüpft an das eigene Verhalten des Anspruchstellers an und erscheint daher in besonderem Maße geeignet, die Angemessenheit einer Einschränkung der diesem nach dem Gesetz zustehenden Rechte zu begründen. IV. Die Vereinbarkeit des Einwendungsdurchgriffs mit dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse

Der Vorschlag, den Einwendungsdurchgriff als allgemeines Rechtsinstitut anzuerkennen, muß den Einwand gewärtigen, daß diese Rechtsfigur unvereinbar mit dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse sei. Nach diesem Grundsatz werden durch eine Obligation nur die jeweiligen Gläubiger und Schuldner· verpflichtet, nicht aber Dritte, die nicht Partei des Schuldverhältnisses sind 19 • Es handelt sich jedoch nur um einen scheinbaren Widerspruch. Dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse wohnt kein eigener Gerechtigkeitswert inne. Er ist vielmehr nur eine rechtstechnische Konsequenz des Prinzips der Privatautonomie20 , mit dem es unvereinbar ist, daß jemand durch die Abreden zweier anderer Personen verpflichtet oder in seinen gesetzlichen Rechten beschränkt wird 21 • Es kann daher in der Tat die bloße Abmachung zwischen dem Anspruchsgegner und dem Dritten allein nicht eine Einschränkung der Rechte des Anspruchstellers begründen. Etwas anderes ist es jedoch, den Anspruchsteller an seiner ausdrücklichen oder konkludenten Erklärung bzw. an dem von ihm erweckten Anschein festzuhalten, er werde ein fremdes Schuldverhältnis gegen sich gelten lassen. In diesem Fall ergibt sich die Bindung des Anspruchstellers nicht aus den Abreden der Parteien des fremden Schuldverhältnisses, sondern aus seinem eigenen Verhalten. Ihn an diesem festzuhalten, widerspricht nicht dem Prinzip der Privatautonomie, sondern wird von diesem geradezu gefordert 22 • U

MKIKramer

Anm.l b.

Ein!. vor § 241 Rn. 14; PalandtlHeinrichs Ein!. vor § 241

20 StaudingerlSchmidt Ein!. zu §§ 241 ff. Rn. 379; MKIKramer Ein!. vor § 241 Rn. 14. Krasser führt auf S.229 aus: Hinter dem Relativitätsgrundsatz

stehe der Grundsatz der allgemeinen Handlungsfreiheit. "Wenn die Vertragswirkungen auf die Parteien beschränkt bleiben, so deshalb, weil nur diese sich gebunden, ihre eigene Handlungsfreiheit begrenzt haben. Dritte sollen sich ebenfalls frei entscheiden können, ob sie ihre Handlungsfreiheit beschränken wollen;". 21 Vg!. StaudingerlSchmidt Ein!. zu §§ 241ff. Rn. 379.

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1. Teil: Dogmatische Grundlage des Einwendungsdurchgriffs

Ein Widerspruch zwischen der Zulassung eines Einwendungsdurchgriffs und dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse tritt also nur dann auf, wenn man diesen so versteht, daß Einwendungen aus einem Schuldverhältnis unter allen Umständen nur zwischen den Parteien der Obligation und niemals gegenüber Dritten wirken können. Zu einer derart weitgehenden Auslegung besteht aber kein Anlaß angesichts der Möglichkeit, daß jemand ausdrücklich erklärt, die Einwendungen aus einem fremden Schuldverhältnis gegen sich gelten lassen zu wollen. Versteht man dagegen den Relativitätsgrundsatz im Einklang mit dem übergeordneten Prinzip der Privatautonomie lediglich dahingehend, daß schuldvertragliche Abreden als solche allein nicht die Rechte Dritter einschränken können, so steht jedenfalls der Zulassung eines auf das eigene Verhalten des Anspruchstellers gegründeten Einwendungsdurchgriffsnichts im Wege. Im übrigen ist es im Hinblick auf die Normalfälle unschädlich, weiterhin von dem Grundsatz zu sprechen, daß Einreden aus einem Schuldverhältnis nur inter partes wirken. Man muß sich nur der Möglichkeit von Ausnahmen aufgrund der höherrangigen Maxime bewußt bleiben, daß jedermann zu seinem Verhalten im Rechtsverkehr zu stehen hat. V. Die Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs

Die bisherigen überlegungen anhand von theoretischen Fällen, die die Gesichtspunkte, auf die diese Untersuchung aufmerksam machen will, besonders deutlich hervortreten ließen, rechtfertigen die These, daß die Anwendung eines Einwendungsdurchgriffs in bestimmten Fällen ein interessengerechter und konstruktiv zulässiger Lösungsansatz sein kann. Um das Rechtsinstitut des Einwendungsdurchgriffs dogmatisch handhabbar zu machen, genügt es jedoch nicht, für die Voraussetzungen seiner Anwendung lediglich auf die Interessenabwägung zu verweisen. Die anhand der erörterten Beispielsfälle gefundenen Ergebnisse sind vielmehr, um eine brauchbare Arbeitshypothese zu gewinnen, zu verallgemeinern. Danach ergeben sich, vorbehaltlich der überprüfung und Konkretisierung der Einzelheiten im zweiten Teil der Arbeit, folgende Voraussetzungen eines Einwendungsdurchgriffs bei widersprüchlichem Verhalten:

22 Der Grundsatz, daß jedermann zu seinen Erklärungen im Rechtsverkehr - bzw. zu einem zurechenbar gesetzten Anschein - stehen muß, ist die Kehrseite des oben erörterten Prinzips (vgl. Fn. 20), daß nur das eigene Verhalten eine Bindung im Rechtsverkehr hervorzubringen vermag.

§ 5 Einwendungsdurchgriff als konstruktive Lösungsmöglichkeit

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1. venire contra factum proprium: Der in dieser Untersuchung behandelte Einwendungsdurchgriff bei widersprüchlichem Verhalten23 stützt sich konstruktiv und bei der Bewertung der Interessenlage auf den Rechtsgrundsatz vom Verbot des venire contra factum proprium. Es kommt daher bei der Prüfung des einzelnen Falles zunächst darauf an festzustellen, ob das Vorbringen des Anspruchstellers, eine bestimmte Einwendung des Anspruchsgegners nicht gegen sich gelten lassen zu müssen, als zu seinem eigenen früheren Verhalten nach Treu und Glauben widersprüchlich erscheint. 2. Nachteil für den in Anspruch Genommenen: Die Anwendung des Einwendungsdurchgriffs setzt weiter voraus, daß dem in Anspruch Genommenen durch ein einwendungsunabhängiges Vorgehen des Anspruchstellers ein Nachteil zu entstehen droht. Unter "Nachteil" wird eine Schlechterstellung gegenüber der Rechtsposition verstanden, die der Anspruchsgegner als Partei des Schuldverhältnisses mit dem Dritten innehat. Der Nachteil muß so gewichtig sein, daß er die Interessenabwägung zu Gunsten des Anspruchsgegners ausschlagen läßt.

Dieses Erfordernis ergibt sich zum einen aus dem Zweck des Einwendungsdurchgriffs, die Interessen des Anspruchsgegners zu schützen. Wenn durch einen einwendungsunabhängigen Anspruch dem Anspruchsgegner keine Nachteile entstehen, sind besondere Maßnahmen zu seinem Schutz nicht erforderlich. Zum anderen folgt die Notwendigkeit dieses Kriteriums aus der Rechtsnatur des Grundsatzes vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Im Gegensatz zu sittenwidrigem Verhalten, das die Rechtsordnung unabhängig von der Interessenlage untersagt, ist widersprüchliches Verhalten nur dann zu mißbilligen, wenn es die Interessen anderer schädigt24 • Da widersprüchliches Verhalten als solches irgendwie vorwerfbares Handeln nicht voraussetzt 25 , hat die Rechtsordnung keinen Anlaß, es zu erfassen26 • Im allgemeinen wird in den hier erörterten Fällen - soweit überhaupt Einwendungen des Anspruchsgegners im Verhältnis zu dem Drit23 Mit der Beschränkung dieser Untersuchung auf den Einwendungsdurchgriff bei widersprüchlichem Verhalten wird nicht ausgeschlossen, daß ein Einwendungsdurchgriff auch noch aufgrund anderer Prinzipien zugelassen werden kann; vgl. dazu u. § 18. 24 Riezler S. 110, 131; StaudingerlWeber (11. Auf!.) § 242 Rn. D 323. 25 Wieacker S.28, 30; StaudingerlWeber (11. Auf!.) § 242 Rn. D 338; BGHZ 12, 79, 84 ff., 87; Siebert Rn. 141; MKIRath § 242 Rn. 295, 297; JauerniglVollkammer § 242 Anm. III 4 a. 2S StaudingerlWeber (11. Auf!.) § 242 Rn. D 323; die Anwendung des Grundsatzes vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens setzt also die Schutzwürdigkeit der Gegenseite voraus: MK/Rath § 242 Rn. 297, 299.

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1. Teil: Dogmatische Grundlage des Einwendungsdurchgriffs

ten bestehen27 - die Abkehr des Anspruchstellers von seinem eigenen Vorverhalten ohne weiteres einen Nachteil für den in Anspruch Genommenen bedeuten. In der Regel wird bereits in dem Verlust der Einwendung eine Beeinträchtigung der Position des Anspruchsgegners liegen28 • Unter besonderen Umständen kann es jedoch an diesem Erfordernis fehlen. Dies gilt etwa dann, wenn eine Sicherheit, die der Anspruchsgegner durch die Nichtberücksichtigung der entsprechenden Einwendung zu verlieren droht, wirtschaftlich völlig wertlos ist, oder wenn der in Anspruch Genommene in der Fallgruppe "Anschein der Zusammengehörigkeit zweier Schuldverhältnisse" trotz des bei objektiver Betrachtungsweise erweckten Anscheins weiß, daß die beiden Schuldverhältnisse in Wahrheit nicht zusammengehören.

27 Bei den hier behandelten Fallkonstellationen kann es auch an EinweIidungen des Anspruchsgegners dem Dritten gegenüber fehlen, vgl. o. Fn. 6. 28 Vgl. die Beispielsfälle o. § 4 I und 11, in denen dem Anspruchsgegner durch das Vorgehen des Anspruchstellers eine im Verhältnis zu. dem Dritten bestehende Sicherheit aus der Hand geschlagen zu werden drohte.

2. Te i I

Die Anwendung des Einwendungsdurchgriffs Nachdem zunächst die Zulässigkeit einer Verteidigung mit dem Einwendungsdurchgriff in abstracto aus allgemeinen Grundsätzen hergeleitet wurde, ist nun zu zeigen, was dieses Institut im konkreten Einzelfall leisten kann. Zu diesem Zweck sollen einige von deutschen und englischen Gerichten entschiedene Fälle diskutiert werden, die mit den herkömmlichen konstruktiven Mitteln nicht lösbar erscheinen. Zu der Heranziehung englischer Entscheidungen in dieser Untersuchung ist zu bemerken, daß es dabei nicht um eine umfassende rechtsvergleichende Darstellung des englischen Rechts im Bereich der hier angesprochenen Sachgebiete geht. Die Entscheidungen englischer Gerichte werden vielmehr nur dort dargestellt und diskutiert, wo dies von unmittelbarem Nutzen für die Lösung der Probleme des deutschen Rechts ist. Soweit das englische Recht so sehr von dem deutschen Recht abweicht, daß es für die Argumentation keine wesentlichen Gesichtspunkte beisteuern kann, wurde von einer Darstellung abgesehen. Die Fälle gliedern sich in die bisher bereits der Untersuchung zugrunde gelegten Fallgruppen "Zustimmung zu einem fremden Schuldverhältnis", "Leistung auf ein fremdes Schuldverhältnis" und "Anschein der Zusammengehörigkeit zweier Schuldverhältnisse".

3 v. Reinersdorff

2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

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Erstes Kapitel

Zustimmung zu einem fremden Schuldverhältnis § 6 Wirkung der Verjährungseinrede zu Lasten Dritter

Der BGH hatte in BGHZ 54, 264 folgenden Fall zu entscheiden: Der Kläger, ein Kraftfahrzeughändler, hatte dem Beklagten einen Pkw zu einer Probefahrt überlassen, auf der dieser den Wagen bei einem Unfall beschädigte. Das Fahrzeug gehörte aber nicht, wie der Beklagte glaubte, dem Kläger, sondern einem Angestellten des Klägers, der diesem den Wagen seinerseits zum Zwecke der Durchführung der Probefahrt überlassen hatte. Der Kläger machte drei Jahre später die ihm abgetretenen Schadensersatzansprüche des Eigentümers geltend, wogegen sich der Beklagte auf Verjährung berief. Die rechtliche Problematik des Falles ergibt sich daraus, daß der Kläger bei der Weitergabe des Pkw an den Beklagten nicht als Stellvertreter des Eigentümers gehandelt hatte. Es lagen vielmehr zwei selbständige überlassungsverträge zwischen dem Eigentümer und dem Kläger sowie zwischen dem Kläger und dem Beklagten vor1 • Die Ersatzansprüche des jeweils überlassenden verjähren in beiden Fällen entsprechend §§ 558, 581 11, 606, 1057 innerhalb von sechs Monaten. Diese Verjährungsregeln werden auch auf Ansprüche der Vertragsparteien aus Eigentum oder unerlaubter Handlung angewendet!. Während also der Kläger dem Eigentümer und der Beklagte dem Kläger gegenüber nach sechs Monaten durch ihre Verträge vor Inanspruchnahme wegen der Beschädigung geschützt waren, ist problematisch, ob der Eigentümer auch nach drei Jahren noch "an der Vertragskette vorbei" gegen den Beklagten vorgehen kann. Der BGH wies die Klage ab, indem er auf die "Besonderheit" abstellte, daß nicht der Eigentümer selbst, sondern der Kläger den Schaden aus abgetretenem Recht einklagte. Dieser könne nicht dadurch besser stehen und die §§ 558, 606 umgehen, daß er statt der verjährten eigenen fremde Ansprüche geltend mache3 • Diese Begründung trägt jedoch die Entscheidung nicht. Der Fall war so zu beurteilen, als ob der Eigentümer selbst gegen den Beklagten vorgegangen wäre. BGHZ 54, 264, 267. BGHZ 54, 264, 265, 267. a BGHZ 54, 264, 267 f. 1

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§6 Drittwirkung derVerjährungseinrede

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I. In diesem Falle kann die traditionelle Dogmatik dem Beklagten nicht helfen. Die Tatsache, daß er durch einen Vertrag mit dem Kraftfahrzeughändler geschützt ist, kann nach dem Grundgesetz von der Relativität der Schuldverhältnisse dem Eigentümer, der nicht Partei dieses Vertrages ist, grundsätzlich nicht entgegengehalten werden.

Die vereinzelt vorgeschlagene entsprechende Anwendung der §§ 558, 6064 oder des § 991 IJ5 kann nicht zufriedenstelIen. Diese Lösungen erlauben es nicht, die Wertungsgesichtspunkte zu erkennen und konstruktiv zu erfassen, die ausnahmsweise eine Bindung des Eigentümers an den fremden Vertrag rechtfertigen. Auch eine Einbeziehung des Beklagten in den Schutzbereich des zwischen dem Kläger und dem Eigentümer geschlossenen Vertrages erscheint nicht angebracht. Es fehlt an einem erkennbaren Interesse des Klägers an einem solchen Schutz des Beklagten sowie an der allgemein noch verlangten besonderen persönlichen Beziehung zwischen dem Kläger und dem Beklagten6 • 11. Nach der hier vorgeschlagenen Betrachtungsweise hängt die Lösung des Falles entscheidend von dem Umstand ab, daß der Eigentümer sich mit der Weiterüberlassung des Pkw durch den Kläger an dessen Kunden einverstanden erklärt haF. Hat der Eigentümer dem Abschluß des Vertrages zwischen dem Kläger und dem Beklagten zunächst zugestimmt - und es damit einem redlichen Kläger erst ermöglicht, mit dem Beklagten zu kontrahieren -, so darf er später nicht ohne Rücksicht auf diesen Vertrag gegen den Beklagten vorgehen. Der Eigentümer mußte damit rechnen, daß dieser durch den Vertrag gewisse Rechte und Privilegien gegenüber dem Kläger erwarb. Wenn er deren Entstehung ermöglichte und billigte, kann er sie später nicht durch sein Eingreifen vereiteln. Zu der von dem Eigentümer gebilligten Rechtsstellung des Beklagten gehört auch das Recht, sich gegenüber Ersatzansprüchen wegen Beschädigung der Sache nach sechs Monaten auf Verjährung berufen zu können. Dieses Recht entsteht bei dem Abschluß eines jeden derartigen 4 LaTenz 11 § 48 VII b Fn.7, § 50, S.241 steTmann § 606 Rn. 3. 5 Hagen S. 216 ff., 219 f. Fn. 81 a. Vgl. zu

Fn.l; ebenso wohl MK!H. P. We-

dem Problem der entsprechenden Anwendung des § 991 11 in diesen Fällen eingehend u. § 10 11 1 d. 8 LaTenz I § 17 11; Medicus Rn. 845 f.; w. Nw. u. § 10 Fn.46. Der BGH hat diese Rechtsfrage in der vorliegenden Entscheidung BGHZ 54, 264, 266 f. offengelassen. 7 Hätte der Eigentümer der Weiterüberlassung des Pkw an den Beklagten nicht zugestimmt, so wäre dieser nicht ohne weiteres schutzwürdig. Vgl. den Fall OLG Schleswig NJW 1974, 1712, in dem ein Kfz entgegen dem ausdrücklichen Verbot des Eigentümers von einem Dritten dem Beklagten überlassen wurde, der dieses dann beschädigte. - Vgl. dazu, daß in einem solchen Fall der Beklagte nicht generell nach § 991 11 geschützt ist, u. § 10 11 1 d a. E. Vgl. zu einem solchen Fall auch noch u. § 18. 3*

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

überlassungsvertrages ohne weiteres kraft Gesetzes. Es wird daher von der Zustimmung des Eigentümers zu dem fremden Vertrag erfaßt. Diese Billigung des fremden Vertrages läßt das Interesse des Beklagten an dem Erhalt seiner Einwendungen gewichtiger erscheinen als das Interesse des Eigentümers an einem Vorgehen unabhängig von diesem Rechtsverhältnis. Angesichts seiner Zustimmung wäre ein späteres Vorbringen des Eigentümers, der Vertrag zwischen dem Kläger und dem Beklagten gehe ihn nichts an, verbotenes venire contra factum proprium. Dem Beklagten droht durch den Anspruch des Eigentümers auch eine erhebliche Beeinträchtigung seiner Position unter dem Schuldverhältnis: Vor den Ersatzansprüchen, die gegen ihn erhoben werden, ist er nach seinem Vertrag geschützt. Damit liegen die im ersten Teil der Arbeit vorgeschlagenen Voraussetzungen eines Einwendungsdurchgriffs vor. Der Beklagte sollte daher die Einrede der Verjährung aus dem Vertrag mit dem Kläger auch dem Anspruch des Eigentümers entgegensetzen könnens. Nach § 404 greift diese Einrede auch gegenüber dem aus abgetretenem Recht vorgehenden Kläger durch. § 7 Wirkung des vertraglichen Rechts zum Besitz zu Lasten Dritter Im Jahre 1912 gelangte folgender Fall bis vor das Reichsgericht 1 : Der Beklagte hatte von einem Dritten ein Haus auf fünf Jahre gemietet. Das Haus gehörte nicht dem Dritten, sondern dem Kläger2 , der diesen aber zur Vermietung im eigenen Namen auf mehrere Jahre ermächtigt hatte. Der Fall warf zunächst die Frage auf, ob der Kläger von dem Beklagten vor Ablauf der fünf Jahre Räumung verlangen konnte. Ferner war zu entscheiden, ob einem späteren Erwerber des Hauses dieses Recht zustand. Die Schwierigkeit dieses Falles liegt darin, daß das Recht des Beklagten zum Besitz des Hauses nur auf dem Mietvertrag mit dem Dritten beruht, der den Kläger, der nicht Partei dieses Vertrages ist, grundsätzlich nicht bindet. Der Mietvertrag wirkt als Schuldvertrag nur inter partes und verschafft dem Beklagten keineswegs, wie das RG meinte, "ein unmittelbares Mietrecht an den (dem Kläger) gehörigen Mieträumen" 3. Ähnlich MKIHanau § 276 Rn. 180. 80, 395. Eine ähnliche Fallgestaltung betraf die Entscheidung BGHZ 84, 90; dazu GUTsky JR 1983, 265. 2 Diese Terminologie wird hier der übersichtlichkeit halber gewählt. In dem Fall RGZ 80, 395 klagte zwar der spätere Erwerber des Hauses; auch das RG beschäftigte sich jedoch überwiegend mit der Rechtslage bei einem Herausgabeverlangen des früheren Eigentümers 3 RGZ 80, 395, 399. 8

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RGZ

§ 7 Drittwirkung des vertraglichen Rechts zum Besitz

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Das RG gab sich zu Recht mit dem Hinweis auf § 986 I nicht zufrieden, denn dieser Schutz kann schon vor Ablauf der Mietzeit versagen, wenn das Verwaltungs- und Besitzrecht dem Dritten entzogen oder von ihm freiwillig aufgegeben werdensollte 4 • I. Es haben sich drei Ansichten darüber herausgebildet, wie dieser Fall zu lösen ist. Diese Vorschläge knüpfen sämtlich an die von dem Kläger erklärte Zustimmung zu dem Handeln des Dritten an. Diese Zustimmung wird jedoch von der einen Meinung zu weit, von der anderen zu eng ausgelegt, während die dritte Ansicht, die insoweit eine überzeugende Wertung gefunden hat, dogmatisch nicht zu einer befriedigenden Einordnung kommt.

1. Nach einer Meinung soll in diesem Fall die Rechtsfigur der Verpflichtungsermächtigung in der Weise Anwendung finden, daß der Ermächtigende neben dem Ermächtigten mitverpflichtet wird 5 • Diese Interpretation greift jedoch - unabhängig davon, ob das Rechtsinstitut der Verpflichtungsermächtigung überhaupt anzuerkennen istS zu weit? Die Zustimmung des Klägers besagt allenfalls, daß er den Mietvertrag dulden8 , nicht aber, daß er selbst die vertraglichen Pflichten ebenfalls übernehmen will. Enthält der Vertrag beispielsweise die Verpflichtung des Vermieters, das Haus zu renovieren9 , so verpflichtet seine Zustimmung zu diesem Vertrag den Kläger bei sachgerechter Auslegung nur dazu, die Vornahme der Renovierung durch den Vermieter zu dulden, nicht aber dazu, diese selbst auszuführen10 •

2. Nach einer verbreiteten Ansicht ist die Besitzeinräumung aufgrund eines Schuldvertrages eine Verfügung über das Recht des Eigentümersll oder kann jedenfalls wie eine solche angesehen werden12 • DaRGZ 80, 395, 396 f.; Dons S. 125 f.; Raape Jh Jb 71 (1922) 98. Thiele S. 213 f.; VgI. Larenz I § 17 IV, S.216. Allgemein zu dieser Fallgruppe der Verpflichtungsermächtigung Bettermann JZ 1951, 321,323; ThieZe S. 211 ff.; Martens AcP 177 (1977) 150. 8 Dazu Martens AcP 177 (1977) 149 ff. m. zlr. Nw. 4

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Gegen diesen Lösungsvorschlag auch Peters AcP 171 (1971) 238, 247. Dazu bereits o. § 4 I und sogleich u. 2, 3 und 11. D Beispiel nach Peters AcP 171 (1971) 247. 10 Peters AcP 171 (1971) 247; so Larenz I § 17 IV, S. 216 Fn.46 selbst. 11 Raape Jh Jb 71(1922) 103 ff.; Diederichsen S. 87 ff., 106 ff., 111 f., 121 f.; BGB-RGRKISteffen § 185 Rn. 17; wohl auch RGZ 80,395, 399 f. Für Verfügungscharakter der Besitzüberlassung ohne Bezug auf den vorliegenden Fall auch noch Scherk Jh Jb 67 (1917) 301; Raiser FS Wolf, 123; alle mit erheblichen Unterschieden im einzelnen, dazu Diederichsen S. 27 ff., 31 ff., 84 ff., 87 ff. 12 StaudingerlDilcher § 185 Rn. 24; Siaudinger/Gursky § 986 Rn. 17; So ergeZlLeptien § 185 Rn. 10; Erman/Brox § 185 Rn.2; Flume § 57 1 d, S. 907 f.; v. Lübiow AcP 150 (1949) 253 f.; vgI. im übrigen die Nw. bei Gursky JR 1983, 265, 266 Fn. 12 und 15. 7

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

nach soll § 185 unmittelbar13 oder jedenfalls entsprechend 14 anwendbar sein, wenn ein Dritter den Besitz mit Zustimmung des Eigentümers überträgt. Im vorliegenden Fall könne so der Mieter ein auch dem Eigentümer wirksames Besitzrecht erwerben. Die umstrittene, auch für andere Normen des BGB bedeutsame allgemeine Frage, ob die Besitzüberlassung als Verfügung angesehen werden kann15 , muß in diesem Zusammenhang nicht entschieden werden. Selbst wenn man diese Frage bejahen wollte, bliebe doch die Anwendung des § 185 zweifelhaft, da die Besitzeinräumung als tatsächlicher Vorgang auch ohne die Zustimmung des Berechtigten wirksam ist1 6 • Jedenfalls geht es im vorliegenden Fall um mehr als nur die "Wirksamkeit der Besitzüberlassung" , die sich allenfalls mit Hilfe der Anwendung des § 185 begründen ließe. Entscheidend ist vielmehr, den Eigentümer an den Mietvertrag zu binden. Dessen Bestimmungen über die Dauer und die sonstigen Modalitäten des Besitz- und Gebrauchsrechts muß sich der Kläger entgegenhalten lassen, soweit er ihnen zugestimmt hat 17 • Dasselbe gilt für die sich aus der Vertragsbeziehung ergebenden gesetzlichen Einwendungen, wie etwa für die Einrede der kurzen Verjährung von Ersatzansprüchen wegen Verschlechterung der Mietsache nach § 558. Dies läßt sich jedoch mit dem Hinweis auf § 185 nicht begründen. Selbst wenn man mit Hilfe dieser Norm eine Bindung des Eigentümers an die "verfügungsrechtlichen Elemente" des Schuldvertrages - wie etwa die Besitzüberlassung - konstruieren wollte 18 , müßte man doch eine Erklärung für die Bindung an die überwiegend nicht verfügungs rechtlichen Komponenten des Mietvertrages schuldig bleiben. Die Interpretation der Erklärung des Klägers als Zustimmung zu der Besitzüberlassung schöpft diese also nicht aus. Sie wird bei diesem Verständnis nicht in ihrer vollen Bedeutung als Zustimmung zu einem fremden SchuldveTtTag erfaßtl". 3. Die Tatsache, daß einem fremden Schuldverhältnis zugestimmt wurde, wird aber von Dons berücksichtigt, der mit Hilfe der entsprechenden Anwendung des § 185 die Wirksamkeit einer "Ermächtigung

So die o. Fn. 11 genannten Autoren. So die o. Fn. 12 genannten Autoren. 15 Diese Frage wird von der hM verneint bei § 816 (RGZ 105, 408, 409; Medicus Rn. 715 ff.; MK/Lieb § 816 Rn. 15 m. zlr. Nw.), bei § 893 (RGZ 106, 109, 111 f.; BaUT § 23 III 3 c; Jauernig BGB § 893 Anm. 1 a; MK/Wacke § 893 Rn. 10) und bei § 883 II (BGHZ 13, 1, 13 ff.; BaUT § 20 IV 1 d; zlr. Nw. bei MK/Wacke § 883 Rn. 42). 13 U

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v. Lübtow AcP 150 (1949) 253. So auch Diederichsen S. 121; Staudinger/Gursky § 986 Diederichsen S. 111 f.; Gursky JR 1983,265,267. Vgl. zur Kritik dieser Sicht auch DoMs S. 127 ff.

Rn. 17.

§ 7 Drittwirkung des vertraglichen Rechts zum Besitz

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zur Vornahme von Verpflichtungsgeschäften" zu begründen sucht 20 • Hiernach muß der Eigentümer kraft seiner Ermächtigung den fremden Schuldvertrag derart gegen sich gelten lassen, daß das dem in Anspruch Genommenen von dem Nichtberechtigten eingeräumte Recht auch ihm gegenüber wirksam ist21 • Der Eigentümer wird hiernach aber nicht Partei des Vertrages, es trifft ihn keine Leistungspflicht22 . Diese Konzeption kommt der hier vertretenen Ansicht sehr nahe. Sie teilt mit ihr insbesondere die Auffassung, daß der entscheidende Gesichtspunkt dieser Fälle die Zustimmung des Klägers zu dem fremden Schuldvertrag ist, und daß sich schon aus der Auslegung dieser Erklärung ergibt, daß dieser den Vertrag "gegen sich gelten lassen muß"23. Dieser Gedanke läßt sich jedoch dogmatisch nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 185 erfassen24 • Zum einen ist die Analogie konstruktiv bedenklich. Es führt nicht weiter, das Merkmal der "Verfügung" in § 185 im Wege der entsprechenden Anwendung der Norm durch den Begriff des "obligatorischen Vertrages" zu ersetzen, denn die Besonderheit der Drittwirkung eines Schuldvertrages, die es zu begründen gilt, findet in § 185 keinerlei Entsprechung: Der Begriff der "Wirksamkeit", wie er in § 185 für die Verfügung verwendet wird, ist für den Schuldvertrag ohne Belang, denn dieser ist auch dann wirksam, wenn er von einem Nichtberechtigten geschlossen wurde. Eine "Drittwirksamkeit"als Ausnahme von der allgemeinen Regel der Wirkung nur inter partes wird von § 185 gerade nicht geregelt - diese besteht bei der Verfügung bereits definitionsgemäß. Ferner geht es vorliegend um eine besondere Art der "Wirksamkeit" eines Rechtes. Der in Anspruch Genommene soll sich lediglich im Falle eines Vorgehens des Zustimmenden verteidigungsweise auf die dem Dritten gegenüber bestehenden Rechte berufen dürfen - die mit diesen obligatorischen Rechten verbundenen Ansprüche soll er dagegen, wie bereits erörtert wurde 25 , nur gegen seinen Vertragspartner, nicht aber gegen den Zustimmenden geltend machen können. Diese besondere Rechtswirkung läßt sich ebenfalls nicht dem § 185 entnehmen. Diese Norm gibt danach für die hier in Frage stehende Wirkung schuldvertraglicherBestimmungen gegenüber Dritten nichts her. 20 Dons S. 133 ff.; ihm folgend MKIThiele § 185 Rn. 11. Ähnlich Staudingerl Coing (11. Aufl.) § 185 Rn. 11, § 182 Rn. 11, sowie Peters AcP 171 (1971) 247 f., dazu u. Fn. 30. 21 Dons S. 134, 139 f., 141 f. 22 Dons S. 134, 139; MKIThiele § 185 Rn. 11. Es wird also nicht einer Ver-

pflichtungsermächtigung das Wort geredet. 23 Dons S.133; auch StaudingerlCoing (11. Aufl.) § 182 Rn. 11; Peters AcP 171 (1971) 247 f.; jetzt auch LaTenz I § 17 IV, S.216 Fn.46. 24 Gegen die Anwendung des § 185 in diesem Zusammenhang auch Thiele S. 213 f.; Peters AcP 171 (1971), 237 f. 25 s. o. bei Fn. 10. .

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Zum anderen führt die Anwendung des § 185 bei Doris zu einer Einschränkung der zunächst zutreffend konstatierten Pflicht des Klägers, das fremde Schuldverhältnis zu respektieren28 . Diese wird im Verlauf der Untersuchung darauf reduziert, daß der Eigentümer das auf dem Schuldverhältnis beruhende obligatorische Recht gegen sich gelten lassen muß27. Damit werden die neben dem Recht zum Besitz oder Gebrauch bestehenden weiteren vertraglichen oder gesetzlichen Einwendungen28 von der Drittwirkung ausgenommen, ohne daß dies sachlich gerechtfertigt wäre29 . Ein umfassender Schutz der Position des Beklagten unter dem Mietvertrag wird so nicht erreicht. H. Der Fall läßt sich dagegen mit Hilfe des Einwendungsdurchgriffs lösen. In Anbetracht der dem Dritten erteilten Ermächtigung muß der Kläger nach dem Grundsatz vom Verbot des venire contra factum proprium den Mietvertrag insoweit gegen sich gelten lassen, als er ihm zugestimmt hat. Die Zustimmung des Klägers kann nur so ausgelegt werden, daß sie sich auch auf den Erwerb eines vertraglichen Rechtes zum Besitz durch den Beklagten erstreckte. Ferner steht außer Zweifel, daß ein Vorgehen des Klägers ohne Rücksicht auf den Mietvertrag die Stellung des Beklagten unter diesem Vertrag beeinträchtigen würde, da es auf die Entziehung des Vertragsgegenstandes gerichtet ist. Die Einrede des Rechtes zum Besitz sollte daher nach den eingangs entwickelten Grundsätzen auch dem Kläger gegenüber durchgreifen 30 • HI. Auf die Klage eines späteren Erwerbers des Hauses von dem Kläger kann § 571 entsprechend angewendet werden s1 . Dem in dieser Norm geregelten Tatbestand der "Veräußerung durch den Vermieter" muß der nicht geregelte Tatbestand der "Veräußerung durch den Eigentümer, der der Vermietung zugestimmt hatte". gleichgesetzt werden, da sonst die Regelung des § 571 durch die Einschaltung eines Dritten als Vermieter umgangen werden könnte. Die Norm geht davon aus, daß die Funktionen des Eigentümers und des Vermieters von ein und derselben 28 27

s. o. Fn. 21.

Dom S. 136, 148.

o. bei Fn.17. Doris kann daher S. 145 ff., 148 für den Fall BGHZ 34, 122 (dazu u. § 9) keine Lösung anbieten, obwohl nach dem Grundgedanken seiner Auffassung, der Bindung des Eigentümers an den fremden Vertrag, eine Bindung an die aus diesem Vertrag sich ergebende Einrede des Zurückbehaltungsrechts nahegelegen hätte. so s. o. § 5 V. Vgl. auch StaudingerlCoing (11. Aufl.) § 182 Rn. 11, nach dem der Eigentümer den Mietvertrag, auch wenn er nicht dessen Partei wird, aufgrund seiner Zustimmung dazu gegen sich gelten lassen muß. Wie hier auch Peters AcP 171 (1971) 247 f., der die Pflicht des Eigentümers, den Mietvertrag zu dulden, dem er zugestimmt hat, dem Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens entnimmt. Peters zustimmend jetzt Larenz I § 17 IV, S.216 Fn. 46. Vgl. auch Bettermann JZ 1951,322 Fn. 14. 31 So auch Diederichsen S. 122; Thiele S.214; Larenz 11 § 48 IV, S.204 Fn.3. . 28 S. 29

§ 8 Drittwirkung des vertraglichen Zurückbehaltungsrechts

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Person wahrgenommen werden. Kommt es zu einer "Aufspaltung" dieser nach dem Leitbild des Gesetzes einheitlichen Rechtsposition und ist das sich daraus ergebende Dreiecksverhältnis im Gesetz nicht geregelt, so muß eine dem Schutzzweck des Gesetzes in dem Zweipersonenverhältnis entsprechende Rechtsfortbildung erfolgen 32 • Es macht auch bei wertender Betrachtung keinen Unterschied, ob der Veräußerer unmittelbar als Vertragspartei oder nur mittelbar durch seine Zustimmung an den Mietvertrag gebunden ist.

§ 8 Wirkung des vertraglichen Zurückbehaltungsrechts zu Lasten Dritter I. In dem Fall RGZ 124, 28 hatte der Kläger einen ihm gehörenden Grundschuldbrief einem Dritten zur Verfügung gestellt. Dieser übergab den Brief dem Beklagten und räumte ihm ein vertragliches Zurückbehaltungsrecht daran ein, das die Rückzahlung eines von dem Dritten im eigenen Namen - nicht als Stellvertreter des Klägers - bei dem Beklagten aufgenommenen Darlehens sichern sollte. Der Kläger verlangte aufgrund seines Eigentums die Herausgabe des Briefes von dem Beklagten, doch das RG entschied, daß dieser die Herausgabe verweigern dürfe, wenn das Zurückbehaltungsrecht mit Zustimmung des Klägers eingeräumt worden seil.

Dieser Fall wirft ähnliche Probleme auf wie die bereits behandelte Entscheidung RGZ 80, 3952 • Da hier jedoch nur ein Zurückbehaltungsrecht vereinbart worden ist, das lediglich eine Einrede begründet, kann von einer Verfügung über das Recht des Klägers nicht gesprochen werden. § 185 ist daher jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar3 • Gegen die von einigen Autoren vorgeschlagene entsprechende Anwendung des § 1854 sprechen die bereits angeführten Gründe: Die Drittwirkung einer vertraglichen Einrede läßt sich nicht dem § 185 per Analogie entnehmen; diese Norm vermag auch nicht die zu erstrebende umfassende Bindung des Klägers an die von ihm konsentierten Bestimmungen des fremden Schuldvertrages zu begründen5 •

H. Ein ähnliches Problem wie in RGZ 124, 28 beschäftigte die englischen Gerichte in dem Fall Chellaram & Sons Ltd. v. Butlers Warehousing and Distribution Ltd.6 •

Vgl. dazu u. § 17 bei Fn.3. Wenig deutlich die Begründung des RG: Der Dritte habe im Falle der Zustimmung des Klägers "gemäß § 185 BGB ... der Beklagten den Besitz am Grundschuldbrief mit Rechtswirksamkeit gegenüber dem Kläger eingeräumt ...", RGZ 124, 28, 32. 2 s. o. § 7. 3 So selbst Diederichsen, Fälle und Lösungen, S. 167 f. 4 Diederichsen, Fälle und Lösungen, S. 167 f.; MK/Thiele § 185 Rn. 11; StaudingerlDilcher § 185 Rn. 24; Flume § 57 1 d, S. 907 f. 5 Dazu im einzelnen bereits o. § 7 I 2, 3. 6 [1977] 2 Lloyd's R. 192, dazu Note [1978] J.B.L. 187. Court 0/ Appeal in [1978] 2 Lloyd's R. 412, dazu Note [1979] J.B.L. 191. 32

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs Hier hatte der Kläger einem Dritten Waren zur Verschiffung nach Westafrika übergeben. Dieser gab die Waren an den Beklagten weiter, um sie in Container verpacken zu lassen. In dem Vertrag mit dem Dritten postulierte der Beklagte ein "general lien" an den Waren, das heißt ein vertragliches Zurückbehaltungsrecht zur Sicherung seiner sämtlichen Ansprüche gegen den Dritten7 • Der Dritte fiel später in Konkurs, und der Kläger verlangte von dem Beklagten die Herausgabe seiner Waren. Dieser suchte jedoch das Zurückbehaltungsrecht auch dem Kläger gegenüber auszuüben, der nicht Partei des entsprechenden Vertrages war.

Der Richter erster Instanz gründete seine Entscheidung auf die dissenting opinion Lord Dennings in dem Fall Midland Silicones v. Scruttons Ltd. s, nach der auch ein Vertragsfremder an vertragliche Abreden gebunden sein kann, wenn er ihnen ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hatu. Dementsprechend wurde die Einrede des Beklagten zugelassen. Da der Kläger gewußt habe, daß der Dritte das Verpacken der Ware nicht selbst ausführen, sondern von dem Beklagten vornehmen lassen werde, und da er die Bedingungen des Beklagten gekannt habe, müsse er sich behandeln lassen, als habe er der Vereinbarung des general lien zugestimmt to . III. In der Tat ist sowohl in Chellaram & Sons v. Butlers Warehousing als auch in RGZ 124, 28 die Zustimmung des Klägers zu der Vereinbarung d.es Zurückbehaltungsrechts der entscheidende Gesichtspunkt des Falles. Liegt diese vor, so muß der Kläger die Einrede des Beklagten, er sei dem Dritten gegenüber bis zur Befriedigung seiner Forderungen zur Zurückhaltung der fraglichen Gegenstände berechtigt, nach dem Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens gegen sich gelten lassen. Anderenfalls droht dem Beklagten der empfindliche Nachteil des Verlusts seiner Sicherheit im Verhältnis zu dem Dritten. Ferner erscheint es zutreffend, in dem Fall Chellaram & Sons v. Butlers Warehousing mit dem englischen Gericht erster Instanz eine stillschweigende Zustimmung zu der Vereinbarung des Zurückbehaltungsrechts anzunehmen, wenn der Kläger wußte, daß der Beklagte eingeschaltet werden und diese Bedingung stellen würde. Unter diesen Umständen kann die unqualifizierte Erteilung des Auftrages an den Dritten nur bedeuten, daß sowohl der Abschluß des Vertrages mit dem Beklagten als auch die Vereinbarung der das Zurückbehaltungsrecht betreffenden Klausel zumindest stillschweigend gebilligt wurden l1 . Zu liens allgemein vgl. Crossley Vaines S. 137 ff. Dazu eingehend u. § 10 I 2. 9 [1977] 2 Lloyd's R. 192, 194 f. 10 [1977] 2 Lloyd's R. 192, 196 f. Zur Entscheidung der Zweiten Instanz s. u. bei Fn. 16. 11 Vgl. allgemein zu Erklärungen durch schlüssiges Verhalten LaTenz AT § 19 IV b. 7

S

§ 8 Drittwirkung des vertraglichen Zuruckbehaltungsrechts

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Wollte der Kläger diese Konsequenz vermeiden, so hätte er dem Dritten ausdrücklich untersagen müssen, mit dem Beklagten abzuschließen oder sich auf diese Klausel einzulassen. Es ist jedoch hervorzuheben, daß wir es in dem Fall Chellaram & Sons v. Butlers Warehousing mit einer besonderen vertraglichen Vereinbarung zu tun haben. In den bislang erörterten Fällen war das von dem Beklagten dem Kläger gegenüber geltend gemachte Recht jeweils ohne weiteres von der Zustimmung des letzteren zu dem fremden Vertrag umfaßt. Dies galt entweder, weil der Erwerb dieses Rechts, wie in RGZ 80, 395 12 und in RGZ 124, 28 13, gerade bestimmender Inhalt und wesentlicher Zweck des konsentierten Vertrages war, oder weil es, wie in BGHZ 54, 264 14 die Verjährungseinrede, bereits kraft Gesetzes mit dem Abschluß des fremden Schuldvertrages entstand. Eine besondere vertragliche Abrede ist jedoch nicht ohne weiteres von einer allgemein gehaltenen Ermächtigung, einen Schuldvertrag abzuschließen, umfaßt. Die Zustimmung muß insoweit besonders festgestellt werden. Wenn der Kläger das Eingehen auf die fragliche vertragliche Abrede ausdrücklich untersagt hat oder sonst eine Zustimmung dazu nicht festgestellt werden kann l5 , verstößt sein Vorbringen, an diese Klausel nicht gebunden zu sein, lJ.icht gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens, so daß ein Einwendungsdurchgriff mit der hier untersuchten Begründung nicht in Betracht kommt. Dementsprechend wurde in Chelluram & Sons v. Butlers Warehousing der Klage in zweiter Instanz in vollem Umfang stattgegeben H1 • Der Court of Appeal fand nämlich, daß der Richter erster Instanz angesichts der Zeugenaussagen und eines Zugeständnisses des Beklagten nicht davon ausgehen durfte, daß der Kläger gewußt habe, daß der Dritte den Beklagten einschalten würde. Selbst wenn der Kläger dies jedoch gewußt haben sollte oder auch nur hätte wissen müssen, könne zumindest nicht angenommen werden, daß er die Vertragsbedingungen des Beklagten gekannt habe. Die Kenntnis dieser Bedingungen könne dem Kläger auch nicht unterstellt werden, da diese für den fraglichen Bereich des Handels ungewöhnlich seienl7 • Nach Auffassung des Court o. § 7. o. § 8 I. 14 S. o. § 6. 15 Etwa weil die Klausel so ungewöhnlich war, daß der Kläger mit ihrer Verwendung nicht rechnen mußte; vgl. dazu noch unten § 10 Fn. 60. 1ft [1978] 2 Lloyd's R. 412 ff. 17 [1978] 2 Lloyd's R. 412, 416 ff. Es kommt im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht darauf an, wie die Vorgänge im tatsächlichen Bereich in diesem Fall zutreffend zu beurteilen waren. Entscheidend ist, daß beide Instanzen die Frage der konkludenten Zustimmung des Klägers zu den Bedingungen des Beklagten als Ansatzpunkt für einen möglichen Durchgriff der entsprechenden Einrede des Beklagten ansahen. 12 S.

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

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of Appeal konnte also eine konkludente Zustimmung des Klägers zu der von dem Beklagten verwendeten Klausel nicht festgestellt werden. Ein Durchgriff der auf diese Vertragsbestimmung gestützten Einrede kam daher auf der Grundlage der Rechtsprechung Lord Dennings t8 nicht in Betrachtt9 •

§ 9 Wirkung des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts zu Lasten Dritter In dem bekannten Fall BGHZ 34, 122 hatte der Kläger einen Kleinbus unter Eigentumsvorbehalt an einen Dritten verkauft. In Erfüllung einer Verpflichtung aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers ließ der Dritte den Wagen nach einem Unfall bei dem Beklagten reparieren, zahlte jedoch weder an den Kläger noch an den Beklagten und fiel in Konkurs. Der Kläger trat daraufhin von dem Kaufvertrag zurück - so daß das Besitzrecht des Beklagten nach § 986 I 1 entfiel - und verlangte den Wagen nach § 985 von dem Beklagten heraus. Dieser wollte das Fahrzeug jedoch nur gegen Begleichung der Reparaturrechnung wieder aus den Händen gebent. Auch dieser Fall weist die charakteristische Struktur auf, mit der diese Untersuchung befaßt ist: Der Beklagte will sich gegen den Anspruch des Klägers 2 mit Rechten aus seinem Vertrag mit einem Dritten verteidigen. In dem konkreten Fall wird diese Problematik zwar von weiteren Rechtsfragen - der Anwendbarkeit der §§ 994 ff. und des Erwerbs des Unternehmerpfandrechts durch den Beklagten - überlagert, deren Beantwortung unter Umständen ein Eingehen auf den Einwendungsdurchgriff entbehrlich macht. Dennoch sind die Grundstruktur dieses Falles und die Schwierigkeiten, die sie der herkömmlichen Dogmatik bereitet, zumindest im Hinblick darauf interessant, daß ohne weiteres ähnliche Fälle denkbar sind mit Verwendungen im Rahmen von t8

o. bei Fn. 8. Dazu, ob bei einer solchen Fallgestaltung ein auf andere Prinzipien als das des Verbots widersprüchlichen Verhaltens gestützter Einwendungsdurchgriff in Frage kommt, vgl. u. § 18. 1 So zunächst die Problemstellung bei der Widerklage, mit der sich auch der BGH überwiegend beschäftigte. Zur Klage s. u. IH. 2 Nach ganz allgemeiner Ansicht steht dem Kläger in diesem Fall ein Anspruch aus § 985 zu (BGHZ 34, 122, 123 m. w. Nw. A. A. nur Raiser JZ 1961, 529; ders. FS Wolff, 123; ders. JZ 1958, 683; ihm folgend Schwerdtner JuS 1970, 64. Gegen Raiser u. a. BGHZ 34, 122, 123 f.; Medicus Rn. 593; Berg JuS 1970, 12; Zeuner, FS Felgentraeger, 425 ff.; SoergeZlMühl vor § 994 Rn. 9; Erman/Hefermehl § 985 Rn. 3). Auf die an den Grundlagen des heutigen Verständnisses - und dessen des Gesetzgebers, vgl. Zeuner a. a. 0., S. 426 - der Vindikation rüttelnden Auffassung Raisers kann in diesem Zusammenhang nicht näher eingegangen werden. Eines der Anliegen Raisers (vgl. JZ 1958, 683; JZ 1961, 531) und Schwerdtners (vgl. JuS 1970, 65), der Gefahr der Zerstörung der inneren Ordnung eines Schuldverhältnisses durch den Direktanspruch aus § 985 zu begegnen, ist jedenfalls berechtigt; ihm wird hier mit Hilfe des Einwendungsdurchgriffs Rechnung getragen, vgl. unten 11. 19

S.

§

9 Drittwirkung des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts

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Verträgen, die kein gesetzliches Pfandrecht gewähren 3 , oder mit anderen als Verwendungsersatzansprüchen, für die eine Sache als Sicherheit dient - Fälle also, in denen sich die Sonderproblematik der §§ 994 ff., 647 nicht stellt. I. Für den Ausgangsfall ist bislang noch keine überzeugende Lösung gefunden worden.

1. Der BGH hält die §§ 994 ff. für anwendbar, obwohl der Beklagte zur Zeit der Vornahme der Verwendungen rechtmäßiger Besitzer war: Es genüge, daß dessen Besitzrecht zur Zeit der Herausgabe erloschen sei4 • Hiergegen sprechen zunächst konstruktive Gesichtspunkte. Man ist sich einig, daß die §§ 994 ff. nur auf das Verhältnis zwischen Eigentümer und unrechtmäßigem Besitzer Anwendung finden 5 • Diese Vorschriften unterscheiden zwischen gut- und bösgläubigem Besitzer je nachdem, ob dieser mit der Herausgabepflicht rechnen muß oder nicht. Diese Differenzierung kann sich aber sinnvollerweise nur auf den Fall beziehen, daß der Besitzer bereits bei Vornahme der Verwendungen ein unrechtmäßiger - und damit gut- oder bösgläubig - ist, nicht jedoch auf den vorliegenden Fall, in dem von Gut- oder Bösgläubigkeit - wegen Rechtmäßigkeit des Besitzes zur Zeit der Vornahme der Verwendungen - gar keine Rede sein kann6 • Aus dem Argument des BGH, ein zunächst zum Besitz berechtigter Fremdbesitzer dürfe nicht schlechter gestellt werden als ein gutgläubiger, zum Besitz nicht berechtigter Fremdbesitzer7 , ergibt sich nicht, daß der Beklagte gerade durch die §§ 994 ff. zu schützen ist.

Die Anwendung der §§ 994 ff. entspricht im übrigen nicht der Interessenlage. Schutzwürdig ist allein das Interesse des Beklagten, seine Sicherheit dem Dritten gegenüber nicht durch den Direktanspruch des Klägers zu verlieren. Dagegen ist es nicht geboten, ihm neben dem Anspruch aus § 631 gegen den Dritten noch einen Verwendungsersatzanspruch gegen den Kläger und damit einen zusätzlichen Schuldner zu verschaffenB. Dies wäre eine ungerechtfertigte Besserstellung, die gegen 3 Horst Müller, FS Lent, S. 186. Man denke etwa an den Fall, daß der Wagen dem Beklagten zur Verwahrung gegeben wurde und dieser ihn bis zum Erhalt der Vergütung zurückhalten möchte. 4 BGHZ 34, 122, 127 ff.; zustimmend MKISoergel § 647 Rn. 8; Fikentscher § 80 11 5 a, S.486; BGB-RGRKIPikart § 994 Rn. 6. Dagegen Baur § 11 B I 2, § 55 C 11 2 a aa; Medicus Rn. 591; Jauernig BGB vor §§ 994-1003 Anm. 2 b bb; Zeuner, FS Felgentraeger, S.424; MK/Damrau § 1257 Rn. 3; Raiser JZ 1961, 530. o So BGHZ 34, 122, 128 f. selbst. 6 Raiser JZ 1958, 682; Medicus Rn. 591; Schwerdtner JuS 1970, 66; 7 BGHZ 34, 122, 132. B Deutlich BGHZ 27, 317, 322; Raiser JZ 1961, 531; H. Müller, FS Lent,

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

den Grundsatz des deutschen Schuld rechts verstieße, daß jemand, der aufgrund eines Vertrages mit einem anderen Leistungen erbracht hat, darüber nur mit diesem abrechnen soll, nicht aber mit einem weiteren mittelbar BegünstigtenD. Schließlich könnte bei einem Freundschaftspreis zwischen dem Beklagten und dem Dritten die Anwendung der §§ 994 ff. sogar dazu führen, daß der Kläger dem Beklagten mehr schuldete als der Dritte10 • 2. Die von einem Teil der Literatur zur Lösung des Falles aufgeworfene und bejahte Frage, ob der Beklagte ein gesetzliches Pfandrecht an der dem Besteller nicht gehörenden Sache - vgl. den Wortlaut des § 647 - gutgläubig erwerben kann l l , ist von weit über diesen Fall hinausgehender allgemeiner Bedeutung und muß in diesem Zusammenhang nicht entschieden werden. Das Problem des gutgläubigen Erwerbs des Unternehmerpfandrechts stellt sich im vorliegenden Fall nämlich nur, wenn man die ausdrückliche Ermächtigung des Eigentümers, den Werkvertrag abzuschließen, außer acht läßt und bei der Interessenwertung nur den Rechtsschein des Besitzes des Dritten zugunsten des Beklagten berücksichtigt. Demgegenüber ist aber vorliegend der Gesichtspunkt der Zustimmung des Eigentümers bei der Interessenbewertung ausschlaggebend 12 • Wenn diese vorliegt, ist der Beklagte schutzwürdig, selbst wenn er weiß, daß sein Vertragspartner nicht Eigentümer der betreffenden Sache ist. Es ist also in diesem Fall nicht angebracht, mit der Lehre vom gutgläubigen Erwerb des gesetzlichen Pfandrechts den Schutz des Beklagten von seinem guten Glauben an das Eigentum des Bestellers abhängig zu machen. 3. Der Ausweg, das gesetzliche Pfandrecht wegen der Ermächtigung des Eigentümers entsprechend § 185 entstehen zu lassen 13 , ist zwar interessengerecht, da er an die Zustimmung des Klägers anknüpft. Diese Norm erscheint aber konstruktiv nicht als der richtige Ansatzpunkt. § 185 regelt die Einräumung von Rechten durch rechtsgeschäftliche VerS. 184 ff., 187 f., 189 ff., 192. Entgegen BGHZ 34, 122, 130 f. gilt dieser Gesichtspunkt sowohl für den Fall BGHZ 27, 317 als auch für den vorliegenden Fall. 9 Dies ergibt sich aus der Ablehnung der Versionsklage durch den Gesetzgeber (v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 370; Horst Müller, FS Lent, S. 192; v. Reinersdorff MDR 1981, 802 Fn.36 m. w. N.). Der Einwendungsdurchgriff widerspricht diesem Grundsatz nicht, da er dem Beklagten keinen zusätzlichen Anspruch, sondern lediglich ein Abwehrrecht verschafft, vgl. o. § 2. 10 BGHZ 27, 317, 322; Horst Müller, FS Lent, S.185, 189 ff.; Schwerdtner JuS 1970, 67. 11 So Baur § 55 C 11 2 a; MKIDamrau § 1257 Rn. 3; BGB-RGRKIKregeZ § 1257 Rn. 2; Erman/Ronke § 1257 Rn. 3; v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 371. Dagegen BGHZ 34, 153; BGHZ 34, 122, 127; Westermann § 133 I; Jakobs Jur. Anal. 1970, 705 ff.; MKISoergeZ § 647 Rn. 6; Fikentscher § 80 11 5 a; SoergeZ! MühZ vor § 994 Rn. 11. 12 s. o. § 4 I sowie sogleich u. 11. 13 Benöhr ZHR 135 (1971) 144; Medicus Rn. 594.

§ 9 Drittwirkung des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts

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fügung. Die Entstehung von Rechten kraft Gesetzes, die nicht von dem Willen der Parteien abhängt, ist ein davon wesensmäßig so verschiedener Tatbestand, daß kaum von der Geltung der in § 185 enthaltenen Regel für beide Vorgänge gesprochen werden kann14 • Daß in beiden Fällen die Zustimmung des Eigentümers entscheidend ist, genügt noch nicht für eine entsprechende Anwendung des § 185. Das Tatbestandsmerkmal der Einräumung eines Rechts, die zustimmungsbedürftig ist, weil sie nur durch Mitwirkung des Berechtigten wirksam erfolgen kann, hat bei der Entstehung eines gesetzlichen Pfandrechts kraft Gesetzes keinerlei Entsprechung. Das offenbare Schutzbedürfnis des Beklagten ist "kein Grund, die Voraussetzungen der Analogie leicht zu handhaben" 15. 4. Nach Jakobs beruht die Schutzwürdigkeit des beklagten Werkunternehmers auf dessen Vorleistungspflicht (§ 6411)18. Diese rechtfertige es, dem Unternehmer bei der Reparatur bestellerfremder Sachen ein Befriedigungsrecht ähnlich dem des § 1003 zu gewähren, das bei gutem Glauben an die Befugnis des Bestellers zur Erteilung des Auftrages zur Entstehung kommen und den Unternehmer in Höhe des der Sache zugeführten Wertes sichern soll17. Es erscheint jedoch zunächst zweifelhaft, ob die Einschränkung der gesetzlichen Rechte des Eigentümers konstruktiv schon mit dem Hinweis auf die Vorleistungspflicht des Unternehmers ausreichend gerechtfertigt ist18 • Jedenfalls aber ist es nicht sachgerecht, den Beklagten nur bis zur Höhe einer unter Umständen herbeigeführten Wertsteigerung der Sache zu sichern. Wenn feststeht, daß der Abschluß des Werkvertrages durch den Dritten von der Zustimmung des Eigentümers gedeckt ist, kann es nicht darauf ankommen, ob und in welcher Höhe der Beklagte durch seine Arbeit gegebenenfalls den Wert der Sache erhöht hat. In diesem Fall ist vielmehr das Sicherungsinteresse des Beklagten wegen seines gesamten Vergütungsanspruches schutzwürdig l9 • Ähnlich wie Horst Müller, der die Interessen des Beklagten dem Eigentümer gegenüber für nicht gewichtig genug hält 2o , berücksichtigt auch Jakobs nicht den Gesichtspunkt der Zustimmung des Eigentümers zu dem Abschluß des Reparaturvertrages21 , sondern geht in seinen Ausführungen 14 BGHZ 34, 122, 125 f.; Raiser JZ 1958, 682; Berg JuS 1970, 13; Doris S. 147 f.; MKIThiele § 185 Rn. 12; Fikentscher § 80 11 5 a; SoergeZlMühl vor § 994 Rn. 11; PalandtlHeinrichs § 185 Anm. 1 b bb. 15 MKIThiele § 185 Rn. 12. 11 Jur. Anal. 1970, 703 ff. 17 Jur. Anal. 1970, 714. 18 Vgl. o. § 5 111 nach Fn.13 sowie die Kritik von Medicus Rn. 594 a. E. U Vgl. zur Interessenlage sogleich unter 11. 20 FS Lent, S. 179, 186. 21 Vgl. die Sachverhaltsschilderung Jur. Anal. 1970, 697 f. des Falles BGHZ

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

davon aus, daß der Eigentümer mit der Bestellung des Werkes nicht einverstanden war22 • 11. Nach der im ersten Teil dieser Untersuchung entwickelten Konzeption kommt jedoch die Anwendung eines Einwendungsdurchgriffs in Betracht. Der Kläger hat den Vorbehaltskäufer vertraglich dazu verpflichtet, den Wagen erforderlichenfalls reparieren zu lassen. Die betreffende Klausel in den AGB des Klägers lautete: "Der Käufer hat die Pflicht, während der Dauer des Eigentumsvorbehalts den Kaufgegenstand in ordnungsmäßigem Zustand zu halten und erforderlich werdende Reparaturen sofort ausführen zu lassen23 ." Wir haben es also mit einem Sachverhalt zu tun, bei dem die Ermächtigung des Klägers an den Dritten, einen Schuldvertrag über seine Sache abzuschließen, nur für bestimmte Fälle erteilt worden ist. Die Klausel deckt zwar nicht den Abschluß eines jeden beliebigen Werkvertrages hinsichtlich der Kaufsache. Sie beinhaltet aber das Einverständnis des Klägers mit der Erteilung eines Reparaturauftrages zumindest dann, wenn dies die geeignete und erforderliche Maßnahme war, um den Wert der Sache im Interesse des Eigentümers zu erhalten, und wenn die übrigen Bestimmungen des Vertrages, beispielsweise zur Höhe des Unternehmerlohnes, sich im Rahmen des üblichen halten. Dies war vorliegend offenbar der FalJ24, so daß eine Zustimmung des Klägers zu dem zwischen dem Beklagten und dem Dritten abgeschlossenen Vertrag angenommen werden kann25 • Der Beklagte dagegen ist davor zu schützen, durch die Intervention des Klägers seiner Sicherheit in dem Verhältnis zu dem Dritten beraubt zu werden26 : Er hat das Fahrzeug diesem gegenüber nach § 273 I nur Zug um Zug gegen Zahlung des Werklohnes herauszugeben 27 • 51, 250, in dem ebenfalls die erforderlichen Reparaturen dem Dritten von dem Eigentümer zur Pflicht gemacht worden waren. 22 Jur. Anal. 1970,706. 23 BGHZ 34, 122, 123. 24 BGHZ 34, 122, 133. 25 Zu dem Fall, daß eine Zustimmung des Klägers nicht festgestellt werden kann, vgl. u. § 18. 28 So auch v. Caemmerer, FS Rabel I, S.371, der dann allerdings für den gutgläubigen Erwerb des gesetzlichen Pfandrechts eintritt, s. o. Fn.11. 27 Zwar ist die Geltendmachung des § 273 im Konkurs gegenüber der Rückforderung von Gegenständen zur Masse ausgeschlossen (Rückschluß aus § 49 I Nr.3 KO, Jaeger KO § 49 Rn.42; MKIKeller § 273 Rn. 70; StaudingerlSelb § 273 Rn. 40). Dies trifft jedoch nicht den vorliegenden Fall, in dem die dem Kläger gehörende Sache gar nicht zur Masse im Konkurs des Dritten gehört. Hier steht dem Dritten ein Herausgabeanspruch nur in Gestalt des vertraglichen Anspruchs auf Erfüllung zu. Entscheidet sich der Konkursverwalter nach § 17 KO für die Geltendmachung dieses Anspruchs, so steht dem Beklagten demgegenüber auch die Einrede des § 273 I zu (Jaeger KO § 17 Rn. 34; Mentzel/KuhnlUhlenbruck KO § 17 Rn. 29).

§ 9 Drittwirkung des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts

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Diese Rechtsstellung des Beklagten unter dem Werkvertrag wird auch von dem Einverständnis des Klägers gedeckt, denn die Einrede des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 I wegen des Werklohnes gehört zu den unmittelbaren gesetzlichen Wirkungen des Vertrages: Wer einem fremden Schuldverhältnis zustimmt, billigt auch die regelmäßigen gesetzlichen Folgen dieser Obligation. Der Kläger setzt sich daher mit seinem Vorbringen, diese Einrede könne ihm nicht entgegengehalten werden, zu seiner früher erklärten Zustimmung zum Nachteil des Beklagten in Widerspruch. Die Einrede des Zurückbehaltungsrechts sollte daher auch dem Herausgabeverlangen des Klägers gegenüber durchgreifen. Diese Auffassung hat zur Folge, daß der Werkunternehmer das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 I auch wegen weiterer Forderungen aus Verträgen, zu denen unter Umständen eine Zustimmung des Eigentümers nicht vorliegt, ausüben kann, wenn nur die Konnexität im Sinne dieser Norm zu bejahen ist. So war in dem Fall BGH NJW 1983, 2140 28 der Kläger Sicherungseigentümer eines Lkw, den der Sicherungsgeber aufgrund einer Verpflichtung aus dem Sicherungsübereignungsvertrag bei dem Beklagten in Reparatur gegeben hatte. Der Beklagte suchte dem Herausgabeverlangen des Klägers das dem Dritten gegenüber bestehende Zurückbehaltungsrecht wegen unbezahlter Reparaturrechnungen entgegenzuhalten, die im wesentlichen aus der Zeit vor der Sicherungsübereignung stammten29 • Entgegen der Entscheidung des BGH, der den Beklagten zur uneingeschränkten Herausgabe des Wagens verurteilte, war auch in diesem Fall das Sicherungsinteresse des Beklagten zu beachten, der im Verhältnis zu dem Dritten gemäß § 273 I auch wegen seiner früheren Forderungen zur Zurückhaltung der Sache berechtigt war3{). Der Kläger mußte, wenn er den Dritten zur Ausführung von Reparaturen verpflichtete, damit rechnen, daß ein gegebenenfalls betrauter Werkunternehmer gewisse Rechte in Bezug auf die Sache dem Dritten gegenüber erwerben würde - wie zum Beispiel ein Zurückbehaltungsrecht wegen konnexer Gegenforderungen - und konnte nicht davon ausgehen, diese Rechte jederzeit durch sein Dazwischentreten wieder zunichte machen zu können. Er hat vielmehr mit dem Abschluß des Werkvertrages auch die Entstehung des Zurückbehaltungsrechtes gebilligt, das bei Bestehen konnexer Gegenforderungen die regelmäßige gesetzliche Folge der übergabe einer Sache zur Reparatur ist. Der Kläger muß daher die von dem Beklagten dem Dritten gegenüber erworbene Rechtsposition respektieren. Der Schutz der Rechtssphäre Eine ähnliche Problematik enthielt bereits der Fall BGHZ 51, 250. Da der Beklagte den Wagen nach den früheren Reparaturen jeweils wieder herausgegeben hatte, entfielen ggf. erworbene Verwendungsersatzansprüche oder ein Pfandrecht nach § 1002 bzw. § 1253. Für die letzte Reparatur, anläßlich derer das Fahrzeug wieder in den Besitz des Beklagten gekommen war, war der Kläger bereits aufgekommen. 30 Die Konnexität war in diesem Fall einer regelmäßigen Inreparaturgabe derselben Sache mit dem Berufungsgericht zu bejahen, vgl. OLG Düsseldorf NJW 1978, 703; RGZ 68, 32, 34 f.; MK/Keller § 273 Rn. 13; Jauernig/Vollkommer § 273 Anm. 2 c. 28

29

4 v. Reinersdorff

2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

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zwischen dem Dritten und dem Beklagten wiegt schwerer als das Rückholinteresse des Klägers, wenn dieser mit der Einbeziehung seiner Sache in diese Rechtssphäre einverstanden war. Der Einwendungsdurchgriff erscheint also auch bei dieser Fallgestaltung als angemessene LösungS!. III. Der Einwendungsdurchgriff genügt allerdings zur Lösung des Falles nur dann, wenn es lediglich darum geht, den Anspruch des Eigentümers auf Wiedereinräumung des Besitzes abzuwehren, das heißt, von der Zahlung des Werklohnes abhängig zu machen32 • Dieses Institut ist aber nicht geeignet, dem Interesse des Werkunternehmers zum Erfolg zu verhelfen, die sich in seinem Besitz befindende Sache wie im Nonnalfall zu verwerten: Dieses Interesse wird zunächst relevant, wenn der Eigentümer nicht bereit ist, dem Unternehmer die Sache gegen Zahlung des Werklohns wieder abzunehmen33 • Es gewinnt ferner Bedeutung, wenn der Unternehmer, wie in dem Fall LG Berlin NJW 1973, 630, eine Sache, die nicht dem Besitzer gehörte, im Vertrauen auf sein Pfandrecht bereits hatte versteigern lassen. Zwar könnte in diesem Fall der Beklagte einem Anspruch aus § 812 des Eigentümers, der der Reparatur zugestimmt hatte, entgegenhalten, er sei zur Herausgabe des Versteigerungserlöses - der an die Stelle der Sache getreten ist - nur gegen Begleichung der Werklohnforderung verpflichtet. Der Einwendungsdurchgriff genügt aber nicht, um einen Schadensersatzanspruch aus § 823 I wegen - in Ermangelung eines Pfandrechts - widerrechtlicher Eigentumsverletzung abzuwehren. Der Aspekt des Erhalts der Einwendungen des- Beklagten wird in diesen Fallgestaltungen durch die Pfandrechtsproblematik überlagert. An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf das englische Recht. Hiernach steht dem Werkunternehmer an den Vertragsgegenständen ein common law lien (Zurückbehaltungsrecht) zu, das im Gegensatz zu einem contractual lien34 nicht durch die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien, sondern ipso iure entsteht. Voraussetzung für die Entstehung des common law lien ist grundsätzlich - wie nach § 647 BGB - , daß die zu bearbeitende Sache dem Besteller gehört 3s • Es wird dem Unternehmer aber auch bezüglich bestellerfremder Sachen zugegesprochen, wenn der Eigentümer ausdrücklich oder stillschweigend den Besteller zu dem Abschluß des Werkvertrages ermächtigt hat36 • Vgl. dazu auch v. Reinersdorff NJW 1984, 961, 962. So die bisher erörterte Problemstellung bei der Widerklage in dem Fall BGHZ 34, 122. 33 So die Problemstellung bei der Klage in dem Fall BGHZ 34, 122. M Dazu bereits oben § 8 11. 35 Crossley Vaines S. 141 f. 38 Tappenden v. Artus [1964] 2 Q.B. 185; Singer Manujacturing Co. v. London and South Western Railway Co. [1894] 1 Q.B. 833; Green v. All Motors Ltd. [1917] 1 K.B. 625; Crossley Vaines 5.141 f. 11

32

§ 10 Drittwirkung vertraglicher Haftungsbeschränkungen

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Das lien bindet dagegen den Eigentümer nicht, wenn es an dessen Zustimmung fehlt, etwa in dem Fall des Diebstahls der Sache durch den Besteller37 • Das englische Recht reagiert also auf die "Aufspaltung" des herkömmlichen Zweipersonen- in ein DreipersonenverhältnislUl mit einer Erweiterung der Voraussetzungen, unter denen ein common law lien von Rechts wegen entsteht. Dieser Weg sollte auch im deutschen Recht gangbar sein. Es ist nach wertenden Gesichtspunkten nicht einzusehen, warum der Werkunternehmer in diesen Fällen schlechter stehen soll, als wenn der Eigentümer selbst die Sache zur Reparatur gegeben hätte. Es erschiene nicht gerechtfertigt, wenn der Eigentümer "die konsentierte Reparatur von ihrer regelmäßigen gesetzlichen Folge, nämlich dem Werkunternehmerpfandrecht, trennen" und "sein Kraftfahrzeug durch Einschaltung (des Dritten) pfandfrei reparieren" lassen könnte s9 • Konstruktiv haben die aus der Zustimmung des Eigentümers zu ziehenden Konsequenzen hiernach bei § 647 selbst anzusetzen. Es hat zwar seinen Sinn, das Unternehmerpfandrecht grundsätzlich nur an Sachen des Bestellers entstehen zu lassen: Der Eigentümer ist davor zu schützen, daß seine Sache für einen Anspruch wegen Verwendungen haftet, mit deren Vornahme er nicht einverstanden war4°. Dieser Sinn entfällt jedoch, wenn der Eigentümer dem Abschluß des Werkvertrages zugestimmt hat. § 647 ist danach entsprechend anzuwenden, wenn nicht dem Besteller gehörende Sachen mit Zustimmung des Eigentümers bei der Herstellung oder Ausbesserung in den Besitz des Unternehmers gelangen. § 10 Wirkung vertraglicher Haftungsbeschränkungen

zu Lasten Dritter

Vertragliche Haftungsbeschränkungen wirken grundsätzlich nur zwischen den Parteien des Vertrages. Das Recht eines Dritten, gegen die sich freizeichnende Vertragspartei vorzugehen, kann nicht durch einen Vertrag, dessen Partei der Dritte nicht ist, eingeschränkt werden. Nach der Theorie vom Einwendungsdurchgriff kann ein Vertragsfremder jedoch gehalten sein, eine Freizeichnungsklausel zu beachten, wenn er ihr zugestimmt hat. 37 Bowmaker Ltd. v. Wycombe Motors Ltd. Vaines S. 142. 38 Vgl. dazu noch u. § 17 I 1. 39 Medicus Rn. 594. 40 Jakobs Jur. Anal. 1970, 706.

4*

[1946] 2 All E.R. 113; Crossley

2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

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Diese These wird durch eine etablierte Rechtsprechung sowohl der deutschen wie der englischen Gerichte bestätigt, die unter der genannten Voraussetzung die Drittwirkung der Freizeichnungsklausel zuläßt1 • Die Untersuchung wendet sich zunächst der englischen Rechtsprechung zu. Diese wird besonders von den Entscheidungen Lord Dennings geprägt, der - im Gegensatz zu den deutschen Richtern - sowohl die Besonderheit des Einwendungsdurchgriffs im Hinblick auf den Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse als auch die allgemeine Anwendbarkeit dieses neuen Gedankens über die Drittwirkung von Freizeichnungsklauseln hinaus klar hervorgehoben hat. I. Die Beurteilung nach englischem Remt 1. In dem Fall The Kite 2 hatte der Kläger einen Unternehmer beauftragt, eine Warenladung von einem Kai an der Themse zu einem anderen zu schaffen. Die zugrundeliegende Vereinbarung befreite den Unternehmer von der Haftung für fahrlässige Beschädigung der Waren und sah weiter vor, daß andere Personen, die zur Erfüllung eingeschaltet werden würden, keine größere Verantwortung treffen sollte. Wie es dem üblichen, dem Kläger bekannten Gang der Geschäfte entsprach, gab der Vertragspartner des Klägers den Auftrag an einen Subunternehmer weiter, der die Waren in Lastkähnen unterbrachte und seinerseits den Beklagten einschaltete, um den Transport mit dessen Schlepper "Kite" durchzuführen. Diese beiden weiteren Verträge enthielten ebenfalls die üblichen Haftungsbeschränkungen für fahrlässige Beschädigungen des Transportgutes. Die Waren des Klägers wurden beschädigt, als die Lastkähne im Schlepptau der "Kite" mit einem Brückenpfeiler kollidierten. Der Kläger versuchte, die Kette der Freizeichnungsklauseln zu umgehen und verklagte den Eigentümer des Schleppers in tort (unerlaubte Handlung).

Der entscheidende Richter fand, daß sich Fahrlässigkeit des Kapitäns der "Kite" nicht beweisen lasse, sicherte aber seine Entscheidung zugunsten des Beklagten obendrein mit der rechtlichen Überlegung ab, dieser könne jedenfalls den Schutz der haftungsbeschränkenden Klausel aus seinem Vertrag mit dem Eigentümer der Lastkähne in Anspruch nehmen. Es lag zwar auf der Hand, daß dieser bei dem Vertragsabschluß mit dem Beklagten nicht als Stellvertreter des Klägers, sondern im eigenen Namen und ·auf eigene Rechnung gehandelt hatte 3 , so daß der Kläger als Vertragsfremder eigentlich von dieser Klausel nicht betroffen sein konnte4 • Der Kläger sei aber in diesem Fall durch die Ver1 Der Begriff "Einwendungsdurchgriff" wird allerdings in diesen Fällen von der deutschen Rechtsprechung nicht verwendet. 2

3

[1933] P. 154. [1933] P. 154, 181.

4 Wie im deutschen gilt auch im englischen Recht die Regel, daß durch einen Vertrag nur die daran beteiligten Parteien gebunden werden: "doctrine of privity of contract", vgl. Halsbury Vol. 9 § 385; Treitel S. 476; Anson S. 181; Zweigert/Kötz S. 156 ff.

§ 10 Drittwirkung vertraglicher Haftungsbeschränkungen

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tragsbestimmung gebunden, weil er zumindest konkludent die weiteren Subunternehmer ermächtigt habe, ihrerseits ähnliche Klauseln zu gewähren wie die, die er selbst seinem Vertragspartner zugestanden habe 5• Diese Entscheidung stimmt mit den hier vertretenen Thesen überein: Da der Kläger die Freizeichnungsklausel in dem letzten Vertrag der Kette in den Abmachungen mit seinem eigenen Vertragspartner, auf dessen Veranlassung letztlich der Beklagte eingeschaltet wurde, ausdrücklich gebilligt hatte, muß er sie sich entgegenhalten lassen. Während der Richter in "The Kite" jedoch offenbar gar nicht gewahr wurde, daß seine Argumentation sich mit den herkömmlichen Prinzipien des Vertragsrechts nicht ohne weiteres vereinbaren läßt, hat der große englische Richter Lord Denning in zwei Fällen diesen Gedanken zu einem neuen Ansatz im Schu1drecht entwickelt. 2. In Midland Silicones v. Scruttons Ltd.6 waren Güter unter einem Vertrag von Amerika nach London verschifft worden, der die Haftung des Schiffseigentümers gegenüber dem Eigentümer der Waren auf f 500 beschränkte. Der Schiffseigentümer betraute die Beklagten mit der Entladung des Schiffes, die sich denselben Schutz ausbedangen, wie ihn der Transportvertrag gewährte. Beim Entladen wurde das Eigentum des Klägers durch die Fahrlässigkeit der Beklagten beschädigt. Die Klage des Eigentümers auf Ersatz eines über f 500 hinausgehenden Schadens war erfolgreich, da die Mehrheit des Hause of Lords nicht bereit war, den Beklagten den Schutz des Transportvertrages zu gewähren. Die Frage aber, ob die Beklagten sich gegenüber dem Kläger auf ihren eigenen Vertrag mit dem Schiffseigentümer berufen durften, wurde nur von Lord Denning in seiner dissenting opinion gesehen und erörtert7. Lord Denning fand zunächst, daß der Kläger, indem er dem Schiffseigentümer eine Haftungsbeschränkung gewährte, stillschweigend seine Zustimmung dazu gab, daß diese Vergünstigung auch weiteren Subunternehmern eingeräumt wurde. Dies müsse deswegen gelten, weil der Transportvertrag eine verbindliche Risikoaufteilung zwischen den Parteien enthalte, auf die sich auch die Subunternehmer _. beispiels,weise im Hinblick auf ihre Haftpflichtversicherung - einzurichten pflegten. Wenn der Kläger eine Haftungsbeschränkung für Schäden gewähre, die über f: 500 hinausgingen, so erkläre er damit, daß die Waren keinen größeren Wert hätten oder daß er selbst weitergehende Schäden tragen bzw. versichern wolle. Sein Vertragspartner und dessen Subunternehmer könnten sich daher darauf einrichten, insoweit keine [1933] P. 154, 182 f. [1962] A.C. 446. 7 [1962] A.C.446, 481 ff. Diese Ausführungen sind daher von größerer Bedeutung, als dissenting opinions sonst zu sein pflegen, s. o. § 8 11. 5

8

2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

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Vorsorge, auch nicht durch Versicherungsschutz, treffen zu müssen8 • An diese Zustimmung zu der entsprechenden Bestimmung des Vertrages zwischen dem Schiffseigentümer und den Beklagten sei der Kläger gebunden. Er wel1de dadurch zwar nicht zu einer Partei des Untervertrages und könne aus diesem nicht klagen oder verklagt werden. Dennoch müsse er diesen Vertrag gegen sich gelten lassen, denn man könne ihm nicht erlauben, später von seiner Zustimmung wieder abzugehen9• Nach Lord Denning ist die Bindung an einen fremden Vertrag kraft Zustimmung ein allgemeines Rechtsprinzip, das nicht an spezielle tatsächliche Umstände gebunden ist. Unter den zahlreichen Beispielen seiner Anwendung nannte er die Fälle The Kite lO und Pyrene v. Scindia Navigation ll •

3. Auf der Grundlage dieser Prinzipien entschied Lord Denning später den Fall Morris v. C. W. Martin & Sons Ltd. 12 •

Hier hatte die Klägerin, Mrs. Morris, ihren Pelz einem Dritten zum Reinigen gegeben. Es stellte sich jedoch heraus, daß dieser den Pelz nicht selbst reinigen konnte, und so kam man später überein, daß er ihn an den Beklagten zur Reinigung weitergeben werde. Der Dritte schloß daraufhin, nicht als Stellvertreter der Klägerin, sondern im eigenen Namen und für eigene Rechnungi', einen entsprechenden Vertrag mit dem Beklagten. Dieser befreite sich in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen von der Haftung für Beschädigung oder Verlust der zu reinigenden Gegenstände. Der Pelz wurde, während er sich in der Obhut des Beklagten befand, von einem Angestellten gestohlen.

Der Court 0/ Appeal kam zunächst zu dem Schluß, daß der Beklagte der Klägerin grundsätzlich für den Verlust des Pelzes verantwortlich sei. Lord Denning entschied aber, daß der Beklagte sich auch der Klägerin gegenüber auf die Freizeichnungsklausel in 'seinem Vertrag mit dem Dritten berufen könne, da die Klägerin, indem sie sich ausdrücklich mit der Weitergabe des Pelzes an den Beklagten einverstanden erklärte, konkludent der Einbeziehung dieser Klausel, die handelsüblich sei, zugestimmt habe. An dieser Zustimmung müsse sie sich festhalten und die Vertragsbestimmung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht Partei der entsprechenden Vereinbarung seP'. Wenn auch die von Lord Denning aufgestellten Grundsätze generell billigenswert erscheinen, so bleiben doch Zweifel an der Richtigkeit der Entsche1dung in dem Fall Morris v. Martin. Es wurde bereits ausge[1962] A.C.446, 491. 9 [1962] A.C.446, 490 ff. s. o. I 1. 11 S. u. I 5. 12 [1966] 1 Q.B. 716. 13 [1966] 1 Q.B. 716, 723. 14 [1966] 1 Q.B. 716, 729 f. Diese Klausel wurde dann allerdings nicht für 8

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ausreichend gehalten, um den Beklagten unter den gegebenen Umständen zu schützen. Die anderen bei den Richter, Diplock und Salmon LJJ., beschränkten sich auf diese Feststellung.

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führtt 5 und entspricht auch dem Ansatz Lord Dennings l6 , daß die allgemeine Zustimmung zu einem fremden Vertrag nicht ohne weiteres auch jede besondere Abrede zwischen den Vertragsparteien erfaßt. Insbesoilidere eine Haftungsbeschränkung, die nicht mit dem Abschluß eines jeden solchen Vertrages ipso iure verbunden ist, bedarf eigens der Zustimmung, an der der Rechtssatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens ansetzen kann. In dem Fall Morris v. Martin lag eine ausdrückliche Zustimmung zu der fraglichen Freizeichnungsklausel nicht vor. Eine stillschweigende Zustimmung kommt in Betracht, wenn die Klägerin wußte - was aber offenbar nicht der Fall war - oder wissen mußte, daß diese Klausel zur Anwendung kommen würde. In diesem Zusammenhang verschlägt der Hinweis Lord Dennings auf die Handelsüblichkeit der Klausel nicht unbedingt etwas. Man wird zwar Kaufleuten die Kenntnis handelsüblicher Geschäftsbedingungen zurechnen können. Dasselbe gilt jedoch nicht ohne weiteres für geschäftlich weniger erfahrene Nichtkaufleute wie Mrs. Morris. Bei diesem Personenkreis bedarf es vielmehr, damit die konkludente Zustimmung nicht zur Fiktion wird, der ausdrücklichen Feststellung, daß die betreffende Vereinbarung tatsächlich derart verbreitet und üblich war, daß der Anspruchsteller sie kennen mußte und daher nach Treu und Glauben nicht geltend machen kann, die von ihm erteilte allgemeine Ermächtigung habe sich nicht auf eine solche Klausel bezogenl7 • Der Gesichtspunkt der Handelsüblichkeit der Freizeichnungsklausel kann allerdings auch noch in einem ailideren Zusammenhang Bedeutung gewinnen: Eine allgemeine Ermächtigung Dritter, einen Schuldvertrag über Sachen des Ermächtigenden zu schließen, wird in der Regel so auszulegen sein, daß sie die Befugnis umfaßt, zu den .üblichen Bedingungen zu kontrahierenl8 • Nach diesem Grundsatz könnte die Zustimmung des Ermächtigenden zu einer Bestimmung des fremden Vertrages unabhängig davon begründet werden, ob dieser sie kannte oder kennen mußte. In dem Fall Morns v. Martin wiegt jedoch unter Umständen schwerer als dieser Gesichtspunkt die Tatsache, daß der eigene gleichartige Vertrag der Klägerin mit dem Dritten anscheinend keine solche Klausel enthielt, wie sie später von dem Beklagten verweilidet wurde. Dies spricht gegen die Annahme, die Klägerin habe es konkludent gebilligt, daß der Dritte sich auf ,diese besondere Vereinbarung eingelassen habe. s. o. § 8 III. s. o. I 2. 17 Etwas anderes gilt, wenn die fragliche Bestimmung so allgemein verwendet wird, daß der konsentierte Vertrag ohne ihre Einbeziehung praktisch nicht geschlossen werden kann. Vgl. zu diesen Fällen u. 14 b a. E.; 11 3 a. E. 18 Schlegelberger!Schroeder § 407 Rn. 26 g, § 408 Rn. 31 a. 15 18

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Diese Überlegungen verdeutlichen, daß bei der Feststellung einer konkludenten Zustimmung zu einer besonderen vertraglichen Abrede vielfach eine sehr sorgfältige Wertung der verschiedenen Umstände des einzelnen Falles erforderlich ist. Eine abschließende Beurteilung dieser tatsächlichen Frage in dem Fall Morris v. Martin ist daher nicht möglich. 4. Der von Lord Denning begründete neue Ansatz hat inzwischen in der englischen Rechtsprechung und Literatur einige Gefolgschaft gefunden 19 • Er ist allerdings noch nicht allgemein ,anerkannt. Von den Fällen gleicher Struktur, die anders entschieden wurden, seien zwei besonders hervorgehoben: a) In HarTis Ltd. v. Continental Express Ltd. 20 ließ der Kläger Waren durch den "Postservice" eines Dritten versenden. Die Haftung des Dritten für Diebstahl wurde ausgeschlossen und die Last, die Waren zu versichern, dem Kläger zugewiesen. Der Dritte schaltete den Beklagten ein, der die Waren mit einem Lastwagen von dem Geschäftssitz des Klägers abholte. Der zugrundeliegende Vertrag schloß die Haftung des Beklagten für Beschädigung oder Verlust der Waren aus und verpflichtete den Dritten, den Beklagten von derartigen Ansprüchen freizuhalten. Aufgrund der Fahrlässigkeit des Fahrers des Beklagten wurden die Waren gestohlen. Der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten hatte Erfolg, so daß der Dritte letztlich den Schaden zu tragen hatte. Der entscheidende Richter sah sich nicht in der Lage zu erkennen, wie die Bestimmungen des Vertrages zwischen dem Beklagten und dem Dritten in irgendeiner Weise den Kläger betreffen könnten21 • Dieses Ergebnis erscheint jedoch befremdlich wenn man bedenkt, daß nach den Vereinbarungen der Parteien der Kläger diesen Verlust tragen bzw. versichern sollte, so daß sich der Beklagte und der Dritte darauf einrichten konnten, für den Fall des Verlustes keine Vorkehrungen treffen zu müssen. Diese Entscheidung gefährdet, wie auch das Urteil der Mehrheit des Hause of Lords in Midland Silicones v. Scruttons 22 , einen effektiven Handel, indem sie eine einmal getroffene Risikoverteilung wieder zunichte macht 23 • Im übrigen macht sie die vernünftige Versicherung eines Schadens unmöglich, da ihr zu19 Vgl. Chellaram & Sons v. Butlers Warehousing and Distribution Ltd. o. § 8 11. B.W.I.A. v. Bart (Guyana Court of Appeal) [1967] 1 Lloyd's R.239; als mögliche Lösung erwogen in Johnson Matthey & Co. v. Constantine Terminals Ltd. [1976] 2 Lloyd's R. 215, dazu Palmer S. 1000 ff. In der Literatur zustimmend Palmer S.821, 1000 ff.; Chitty (D. R. HarTis) Rn. 2226; Weir 36 (1977) C.L.J. 27. 20 [1961] 1 Lloyd's R. 251. 21 [1961] 1 Lloyd's R. 251, 259. 22 s. O. I 2. 23 Genauso Lord Denning in Midland Silicones v. Scruttons Ltd., [1962] AC. 446, 491 f.

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folge ein und derselbe Schaden sowohl von dem Kläger - für den Fall des Verlustes bei dem Dritten - als auch von dem Dritten - für den Fall des Verlustes im Bereich des Beklagten - versichert werden müßte. Der Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse bzw. die englischrechtliche doctrine of privity of contract rechtfertigt dieses Resultat, wie wir gesehen haben, nicht24 • Eine Bindung des Klägers an die Freizeichnungsklausel des Beklagten läßt sich vielmehr mit der Erwägung begründen, daß der Kläger, indem er seinem Vertragspartner eine ähnliche Bedingung zugestand, konkludent die entsprechende Haftungsfreizeichnung zwischen diesem und seinem Subunternehmer, dem Beklagten, gebilligt hat 25 • b) Schließlich sei, auch seiner Kuriosität wegen, noch der Fall Moukataff v. B.G.A.C. erwähnt26 • Der Kläger, ein Libanese, gab auf einem Londoner Postamt vier Päckchen mit einem Bestimmungsort in Kuwait auf, die je tausend Fünfpfundnoten enthielten. Wie gewöhnlich übertrug die Post den Lufttransport der beklagten Fluggesellschaft unter einem Vertrag, der die Haftung der B.O.A.C. auf eine Höchstsumme von etwas über f, 2 pro befördertes Stück begrenzte - augenscheinlich entsprechend der Summe, auf die auch die Post ihren Kunden haftete. Das Geld wurde von einem Angestellten der B.O.A.C. gestohlen. Der Kläger erlangte vollen Schadensersatz von der beklagten Fluggesellschaft, da diese ihre Haftung nur der Post gegenüber beschränkt habe27 • Diese Entscheidung erscheint im Hinblick darauf problematisch, daß die Beklagte einerseits mangels vertraglicher Beziehungen zu dem Kläger gar keine Möglichkeit besaß, ihre Haftung auch diesem gegenüber zu beschränken, andererseits aber offenkundig ein ganz erhebliches Interesse daran hat, daß ihre Beförderungsbedingungen nicht von dritten mittelbaren Nutznießern ihrer TransportIeistungen an die Post unterlaufen werden. Demgegenüber ist nach der hier verfochtenen Auffassung zu berücksichtigen, daß der Kläger wissen mußte, daß die Post den Lufttransport einer Fluggesellschaft anvertrauen werde. Der Kläger hat also mit der Aufgabe der Päckchen konkludent den Abschluß des Transportvertrages zwischen der Post und der Beklagten gebilligt. Eine stillschweigende Zustimmung zu der haftungsbeschränkenden 24 S. o. § 4 IV sowie Lord Denning in Midland Silicones v. Scruttons Ltd., [1962] A.C.446, 489 ff. Weitere, im wesentlichen wie Harns v. Continental Express liegende Fälle, in denen - wohl zu Unrecht - die Möglichkeit einer Bindung des Klägers an den Vertrag zwischen dem Beklagten und dem Dritten geleugnet wurde, sind Learoyd Bros. & Co. v. Pope & Sons Ltd. r1966] 2 Lloyd's R. 141 und Lee Cooper Ltd. v. C. H. Jeakins & Sons Ltd., [1967] 2 Q.B. 1. 25 26 27

s. O. I 2.

[1967] 1 Lloyd's R. 396. [1967] 1 Lloyd's R. 396, 416 ff.

2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

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Klausel dieses Vertrages ergibt sich zunächst daraus, daß der Kläger ebenfalls wissen mußte, daß Luftfahrtgesellschaften für derartige Sendungen ihre Haftung zu beschränken pflegen. Ferner galt auch zwischen dem Kläger und der Post eine solche Haftungsbeschränkung, so daß diese als von dem Kläger ermächtigt angesehen werden kann, eine entsprechende Vergünstigung an ihre Subunternehmer weiterzugeben28 • Schließlich ist von Bedeutung, daß ein Lufttransport der Sendung des Klägers, mit welcher Fluggesellschaft auch immer, praktisch nur unter Einbeziehung dieser oder einer ähnlichen Klausel durchgeführt werden konnte. Wenn aber die Ermächtigung des Dritten grundsätzlich den Abschluß zu den üblichen Bedingungen umfaßt 29 , so muß erst recht ein Vertragsschluß zu den praktisch einzig erreichbaren Konditionen in aller Regel von der Zustimmung des Ermächtigenden gedeckt sein30 • Die Beklagte sollte daher die im Verhältnis zu der Post geltende Haftungsbeschränkung auch dem Kläger entgegenhalten können. 5. Auch im englischen Recht wird vielfach versucht, das dem Rechtsgefühl entsprechende Resultat - den Kläger den Einwendungen aus dem Vertrag, dem er zugestimmt hat, zu unterwerfen - mit den herkömmlichen konstruktiven Mitteln, wie Stellvertretung oder stillschweigendem Vertragsschluß, zu erreichen31 • Ein Beispiel hierfür ist der Fall Pyrene Co. Ltd. v. Scindia Navigation Co. Ltd.32 • Der Kläger hatte der indischen Regierung Feuerschiffe f.o.b. London verkauft33• Wie im Kaufvertrag vereinbart, schloß der Käufer mit den beklagten Schiffseigentümern den Vertrag für den Transport der Ware über See. Die Haftung der Schiffer wurde, wie ganz allgemein üblich, auf f 200 begrenzt. Ein Feuerschiff wurde durch die Fahrlässigkeit der Beklagten beim Verladen beschädigt, während es nach dem Vertrag zwischen Käufer und Verkäufer noch im Eigentum des letzteren stand. Der entscheidende Richter fand, daß der Kläger nicht Partei des Transportvertrages geworden war und beispielsweise nicht für die Fracht in Anspruch genommen werden konnte. Dennoch suchte er die Klage des Verkäufers gegen die Schiffseigentümer auf über 1: 200 hinausgehende Reparaturkosten der Haftungsbeschränkung zu unterwerfen, indem er eine Art "teilweise Stellvertretung"34 oder jedeno. 12. s. o. bei Fn. 18. 30 Vgl. dazu noch unten II 3. 31 Vgl. Treitel S. 476; Halsbury Vol. 9 § 385; Anson S. 182 f. 32 [1954] 2 Q.B. 402. 33 Bei einem f. o. b.-Vertrag hat der Verkäufer die Ware auf seine Kosten und Gefahr an Bord des Transportschiffes zu bringen (free on board); alle weiteren Kosten trägt der Käufer. Vgl. Incoterms 1980 Ziffer 4, abgedruckt bei BaumbachlDudenlHopt, (6) Incoterms. 34 Zustimmend insoweit Treitel S. 476; Halsbury Vol. 9 § 385. 28 S.

29

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falls einen stillschweigend geschlossenen Vertrag zwischen dem Kläger und den Beklagten zu den üblichen Bedingungen der letzteren annahmss. Dieser Erklärungsversuch erscheint jedoch wenig überzeugend. Man kann, zumindest nach englischem Recht, nicht "Partei" eines Vertrages in dem Sinne sein, daß man nur an einzelne Klauseln gebunden ist Sft • Einen besonderen Vertrag zwischen dem Kläger und den Beklagten zu konstruieren ist nicht nur unrealistisch, da beide Parteien bereits durch den f.o.b. - bzw. den Transportvertrag dem Käufer gegenüber verpflichtet sind, bei der Verladung der Kaufsachen zusammenzuwirken. Dies führte auch zu dem unerwünschten Ergebnis, daß der Verkäufer doch wieder für die Fracht, oder jedenfalls einen dem Verladen entsprechenden Anteil, haftbar würde. Auch dieser Fall ist daher, wie von Lord Denning angedeutet 31 , dadurch zu lösen, daß man den Kläger an seiner konkludent erteilten Zustimmung zu den Abmachungen zwischen dem Käufer und den Beklagten festhält und den Durchgriff der Einwendung der Haftungsbeschränkung zuläßt. Da der Kläger die Stellung eines Kaufmannes hat, kann angenommen werden, daß er bei der Erteilung der Ermächtigung an den Käufer, den Transportvertrag abzuschließen, wußte, daß ein solcher Vertrag üblicherweise die fragliche Freizeichnungsklausel enthielt.

u.

Die Beurteilung nach deutschem Redlt

Die von den deutschen Gerichten zu diesem Fragenkomplex bisher entschiedenen Fälle entsprachen im wesentlichen dem folgenden Beispielsfall: Der klagende Eigentümer hatte seine Waren einem Drittenl8 zum Transport übergeben. Dieser schaltete, wie es dem üblichen, dem Kläger bekannten Gang der Geschäfte entsprach, den Beklagten30 zur Durchführung des Transportes ein. Durch dessen Verschulden wurden die Waren des Klägers beschädigt, gestohlen oder kamen sonst abhanden. Gegenüber dem Schadensersatz anspruch des Klägers aus § 823fO beruft sich der Beklagte 35 Zustimmend insoweit TreiteZ S.476; Scrutton S. 249 Fn. 36; Anson S. 183 f.; Schmitthoff S.20 Fn.52. 38 Im englischen Recht wird an der doctrine of privity of contract (Relativitätsgrundsatz) derart starr festgehalten, daß ein Vertrag zugunsten Dritter nicht anerkannt wird, vgl. ZweigertlKötz S. 156 ff. m. zlr. Nw. Erst recht scheidet daher eine Einbeziehung eines Dritten in einen Vertrag wie bei dem deutschen Institut des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte - dazu noch u. 11 1 a - aus. Vgl. bereits o. Fn.4. 37 In MidZand Silicones v. Scruttons Ltd. [1962] A.C. 446, 490 f. 38 Der Dritte war beispielsweise Spediteur oder Hauptfrachtführer. 39 Der Beklagte war beispielsweise Unterfrachtführer oder Eigentümer eines Transportmittels. 40 Einem Gewerbetreibenden, der bei seiner Tätigkeit fremdes Eigentum übernimmt, entstehen unabhängig von dem Vertrag mit dem die Sachen ein-

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs auf eine seine Haftung beschränkende Klausel in dem Vertrag mit dem Dritten, mit deren Verwendung der Kläger rechnen mußte41 •

1. Auch im deutschen Recht sind die herkömmlichen Mittel der Dogmatik zur Lösung dieser Fälle begrenzt.

a) Man könnte in einigen Fällen daran denken, dem Beklagten nicht den Schutz seines eigenen Vertrages, sondern den des Vertrages zwischen dem Kläger und dem Dritten zu gewähren 42 • Es ist aber zweifelhaft, ob das Institut des "Vertraglichen Haftungsausschlusses mit Wirkung für Dritte" auch den unabhängigen Subunternehmern zugute kommen kann. Die Grundlagen dieser Rechtsfigur sind noch nicht endgültig geklärt. Nach wohl herrschender Meinung kann die Erstreckung einer vertraglichen Freizeichnungsklausel auf vertragsfremde Dritte einerseits auf eine· - gegebenenfalls ergänzende - Auslegung der Abreden zwischen den Parteien gestützt werden (pactum de non petendo zugunstendes Dritten). Andererseits kommt ein Schutz des Dritten auch unabhängig von dem Parteiwillen aufgrund der allgemeinen Voraussetzungen für die Einbeziehung eines Dritten in einen fremden Vertrag in Betracht, wie sie für den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte entwickelt worden sihd 43 • Ein zugunsten des Dritten geschlossener Verzichtsvertrag wird jedoch in den wenigsten der genannten Fälle festzustellen sein 44 • Für eine Einbeziehung in den fremden Vertrag entsprechend den Grundsätzen für den Vertrag mit liefernden Dritten Sorgfaltspflichten gegenüber dem Eigentümer, die ihn nach §§ 823 ff. haftbar machen können, RGZ 102, 38, 42 ff.; 63, 308, 311; 105, 302, 304; 156, 193, 198; BGHZ 9, 301, 307; BGH VersR 1960, 727, 728; BGH VersR 1982, 902. OLG Hamburg VersR 1977, 811, 812; OLG Düsseldor! VersR 1977,912; SchlegelbergerlSchröder § 407 Rn. 26 c. 41 So die Fälle RGZ 63, 308; 70, 174; 75, 169; 77, 317; 95, 212; BGH NJW 1974, 2177; VersR 1978, 836; 76, 1129; OLG Hamburg VersR 1977, 811; 1977, 812; auch BGH VersR 1978, 836. Dieselbe Problematik findet sich in den - im tatsächlichen Bereich allerdings etwas anders liegenden - Fällen AG Köln NJW 1976, 2076 (dazu unten 11 3) und OLG Hamm DB 1975, 1649 (dazu Ostrowicz, S. 127 f.). Ansonsten gleichliegende Fälle, in denen der Kläger nicht mit der Verwendung der Freizeichnungsklausel durch den Beklagten rechnen mußte, sind RGZ 102, 38 und OLG Düsseldor! VersR 1977, 912 (dazu unten Fn.60). 42 In den Fällen OLG Hamm DB 1975, 1649; BGH VersR 1976, 1129; OLG Hamburg VersR 1977,811; RGZ 92, 8 sowie in Fallgestaltungen wie The Kite, Midland Siliconesv. Scruttons Ltd., HaITis v. Continental Express, Moukataff v. B.O.A.C. (s. o. n. Vgl. die Fälle BGH VersR 1960, 727; 1977, 717 i. V. m. 1972,40, in denen der Beklagte allerdings keine eigene Haftungsfreizeichnungsklausel stipuliert hatte. 43 ErmanlH. P. Westermann § 328 Rn. 15 f.; PalandtlHeinrichs § 276 Anm.5 Ba bb; BGB-RGRKIBallhaus § 328 Rn. 81, 106 ff.; MK/Gottwald § 328 Rn. 95. Aus der Rechtsprechung vgl. einerseits BGH VersR 1960, 727; 1977, 717 i. V. m. 1972, 40; BGH NJW 1962, 388, 389; andererseits BGHZ 22, 109, 120 ff.; 49,278,280 f.; 61,227,233 f.; 71, 175, 178 f. 44 In Betracht kommt lediglich der Fall The Kite, o. I 1.

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Schutzwirkung für Dritte fehlt es dagegen an dem für die Eingrenzung des Haftungsrisikos erforderlichen erkennbaren besonderen Interesse des Dritten an einem Schutz des Beklagten45 sowie an dem allgemein noch geforderten Kriterium eines besonderen persönlichen Verhältnisses zwischen dem Dritten und dem Beklagten46 • Jedenfalls ginge die Anwendung des Instituts des "Vertraglichen Haftungsausschlusses mit Wirkung für Dritte" schon im Grundsatz an der hier erörterten Problematik vorbei: Es geht gerade darum, des Beklagten eigene Bedingungen aufrecht zu erhalten. Diese Lösung versagt daher in den offenbar gleichliegenden Fällen, in denen der Vertrag zwischen dem Kläger und dem Dritten keine Abrede enthält, die dem Schutz entspricht, den der Beklagte sich von dem Dritten hat einräumen lassen 47 • b) Nach Raiser soll der Dritte mit dem Abschluß des die Freizeichnungsklausel enthaltenden Vertrages mit dem Beklagten für den Eigentümer auf dessen Recht, Schadensersatzansprüche gegen den Dritten geltend zu machen, verzichtet haben. Dieser Verzicht sei als eine Verfügung über ein fremdes zukünftiges Recht anzusehen, die mit der Zustimmung des Berechtigten wirksam sei (§ 185)48. Es wird sich jedoch in den meisten Fällen gar nicht feststellen lassen, daß die beiden Vertragsparteien auch über eventuelle zukünftige Ansprüche eines Dritten verfügen wollten49 , von dessen Existenz der Beklagte oft nichts ahnt. Im übrigen ist zweifelhaft, ob die Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung immer als eine Verfügung über künftige Schadensersatzansprüche angesehen werden kann. Vielfach gewährt die fragliche Klausel lediglich eine Einrede des Schuldners, so beispielsweise wenn eine bestimmte Verj ährung für die Schadensersatzansprüche 50 oder das Erfordernis einer sofortigen Anzeige des I § 17 li, S. 210; Medicus Rn. 845. Dieses Kriterium wird verlangt von Larenz I § 17 II S. 210 ff.; Flume § 16 4 f.; Medicus Rn. 845; Berg NJW 1978, 2018 f.; Fikentscher § 3.7 IV 3; v. Caemmerer, FS Wieacker, S.318; Jauernig/Vollkommer § 328 Anm.III 2 b bb; BGB-RGRKIBallhaus § 328 Rn. 82 f.; BGHZ 49, 350, 354; 51, 91, 96; 56, 269, 273; 61, 227, 233; 66, 51, 57 f.; BGH JZ 1970,375. Weitergehend allerdings BGHZ 69, 82, 86; BGH NJW 1976, 1843, 1844; MK/ Gottwald § 328 Rn. 69 ff. 47 So die Fälle AG Köln NJW 1976, 2076 (dazu unten II 3); BGH VersR 1978, 836; OLG Düsseldor! VersR 1977, 912; RGZ 102, 38; MoTTis v. Martin (s. o. I 3) und Pyrene v. Scindia Navigation (s. o. I 5). Wohl auch BGH NJW 1974,2177; RGZ 70, 174; 95, 212. 48 Raiser S. 218 f.; ihm folgend Hildebrandt AcP 143 (1937) 341; Kümmel S. 30 ff.; vgl. auch Helm S. 326 f.; Dietz S. 204 Fn. 49. 49 Hootz S. 63; vgl. auch Helm S. 326 f. 50 Vgl. die Fälle RGZ 77, 317; OLG Düsseldor! VersR 1977,912; OLG Hamburg VersR 1977, 84. 45

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Larenz

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Schadens51 vereinbart werden. In diesen Fällen fehlt es an einer "unmittelbaren Einwirkung" auf das Recht des Gläubigers im Sinne der Definition der Verfügung52 • Auch Raiser würdigt das Einverständnis des Eigentümers nicht in seiner besonderen Bedeutung als Zustimmung zu einem fremden Schuldvertrag 53 • c) Der von einigen Autoren herangezogene Gesichtspunkt, daß der Eigentümer häufig ein eigenes Interesse an der Durchführung des zwischen dem Dritten und dem Beklagten geschlossenen Vertrages hat54 , kann ergänzend bei der Interessenabwägung berücksichtigt werden. Er genügt für sich allein nicht, um die Bindung des Eigentümers an dem fremden Vertrag zu rechtfertigen. Abgesehen davon kann der Beklagte auch dann schutzwürdig sein, wenn der Kläger kein eigenes Interesse an der Durchführung dieses Vertrages hatu . d) Endlich wird in diesen Fällen teilweise eine entsprechende Anwendung des § 991 II befürwortet56 • Diese Lösung ist aber schon deswegen bedenklich, weil damit die gesicherte Erkenntnis wieder aufgegeben würde, daß die §§ 987 ff. nur auf den unrechtmäßigen Besitzer Anwendung finden 57 • Ferner hilft die entsprechende Anwendung des § 991 II gar nicht weiter, wenn es um den Erhalt von Einwendungen des Beklagten gegenüber einem Anspruch aus § 823 geht. Die Norm besagt nämlich keineswegs, daß der Besitzer dem Eigentümer nur im Rahmen des Besitzmittlungsverhältnisses zu dem Dritten haften soll. Sie ordnet vielmehr lediglich an, daß dann, wenn sonst kein Anspruch des Eigentümers gegen den Besitzer besteht58 , dieser dem Eigentümer jedenfalls so haften soll, wie er dem Oberbesitzer haftet. Es handelt sich also bei § 991 II um eine anspruchsbegTÜndende, nicht um eine anspruchsbeschränkende Norm59 • Schließlich ist zu bedenken, daß sich der Kläger keineswegs generell Einwendungen aus dem fremden Schuldverhältnis entgegenhalten lassen muß60, was aber die Vgl. die Fälle RGZ 95, 212; AG Köln NJW 1976, 2076, dazu noch u. 11 3. BGHZ 1, 294, 304; 75, 221, 226; PalandtlHeinrichs vor § 104 Anm. 3 d; Larenz AT § 1811 c. 53 s. o. § 7 I 2 a. E. 54 Helm S. 324 f.; Schlechtriem S. 380 ff. 55 Vgl. die Fälle BGHZ 54, 269; RGZ 80, 395 und RGZ 124, 28 (0. §§ 6, 7 u. 8 I) sowie AG Köln NJW 1976, 2076 (u. 11 3). 58 Hagen S. 216 ff.; Emmerich S.79; Isaac S.511; Schmid-Lossberg MDR 54, 522 f.; DÜringer/HachenburglLehmann § 407 Anm. 7 e. Vgl. bereits o. § 6 Fn.5. 57 Schlechtriem S. 383 Fn. 406. Gegen die Anwendung des § 991 11 weiter Ostrowicz S. 81 f.; Erman/Hefermehl § 991 Rn. 1; Dietz S.188, 204 Fn.49; Hootz S. 62; Heck § 69 1 c. 58 Wegen § 993 I letzter Halbsatz. 59 Heck § 69 1 a, b. 80 Es ist beispielsweise anerkannt, daß der Beklagte dem Kläger eine Bestimmung des Vertrages mit dem Dritten nicht entgegenhalten kann, zu der eine Zustimmung des Klägers nicht angenommen werden kann, etwa weil sie 51

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Folge einer entsprechenden Anwendung des § 991 11 wäre. Dies kann vielmehr im Hinblick auf den Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse nur bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht kommen. Solche besonderen Wertungsgesichtspunkte die in den vorliegenden Fällen, wie die Verfechter der Anwendung des § 991 11 selbst erkennen61 , in der Zustimmung des Eigentümers zu dem fremden Vertrag zu sehen sind - lassen sich durch § 991 11 gar nicht erfassen. Der Einwand, der gutgläubige unrechtmäßige Besitzer sei in vergleichbarer Situation - man denke an den Fall, daß der Dritte zur überlassung der Güter an den Beklagten, der sie beschädigt hat, nicht berechtigt war 62 jedenfalls ausnahmslos durch § 991 11 geschützt, so daß in den hier diskutierten Fällen der rechtmäßige Besitzer erst recht und ebenfalls in vollem Umfang zu schützen sei 6s , greift nicht durch: überschreitet der gutgläubige unrechtmäßige Fremdbesitzer die Grenzen seines angenommenen Besitzrechtes und beschädigt eine Sache des Eigentümers (sog. Fremdbesitzerexzeß), so steht dem Eigentümer in Dreipersonen- wie in Zweipersonenverhältnissen der Anspruch aus § 823 zu 64 • Die Einschränkung des § 993 I letzter Halbsatz gilt, darüber besteht Einigkeit, für diesen Fall nicht 65 • Gegenüber dem Anspruch aus § 823 kann aber, entgegen einer verbreiteten Ansicht 86 , nicht ohne weiteres § 991 11 zur Begründung einer Haftungsbeschränkung herangezogen werden, da diese Norm haftungsbegründend, nicht haftungsbeschränkend ist, und weil eine generelle Bindung des Eigentümers an den fremden Vertrag nicht mit dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse vereinbar ist 87 • Damit wird zwar nicht ausgeschlossen, daß auch in diesen Fällen besondere Gründe einen Durchgriff der Einwendungen aus dem Besitzmittlungsverhältnis gegenüber dem Anspruch des Eigentümers rechtfertigen können68 • Es gilt aber jedenfalls nicht generell, daß der gutgläubige unrechtmäßige Fremdbesitzer nur im Rahmen seines so ungewöhnlich ist, daß dieser nicht mit ihrer Verwendung rechnen mußte, RGZ 102, 38, 44; OLG Düsseldorj VersR 1977, 912, 913; SchlegelbergerlSchröder § 407 Rn. 26 d, § 408 Rn. 31 a; HGB-RGRKIRatz (2. Aufl.) § 407 Rn. 17. 81 Hagen S. 216; Schmid-Lossberg MDR 1954, 522. 82 VgI. OLG Schleswig NJW 1974, 1712, o. § 6 Fn. 7. 83 So Hagen S. 217; Schmid-Lossberg MDR 1954, 522 f. 64 RGZ 157, 132, 135; BGHZ 24, 188, 196; 46, 140, 146; BGH NJW 1951, 643; NJW 1973, 1790, 1791; BGH LM Nr.8 zu § 985 BGB. Jauernig vor §§ 987-993 Anm. IV 2 b aa; ErmanlHejermehl § 991 Rn. 6; BGB-RGRKIPikart § 991 Rn. 17; PalandtlBassenge vor § 987 Anm. 1 b; Ostrowicz S. 81 f. 65 BGB-RGRKIPikart § 987 Rn. 17 f.; Staudinger/Gursky vor § 987 Rn. 19; Medicus Rn. 586. 88 VgI. RGZ 157, 132, 135 sowie die in Fn. 64 aufgeführten Autoren. 67 VgI. kurz zuvor im Text. § 991 11 findet danach lediglich auf Fälle Anwendung, in denen § 823 ausscheidet - z. B. weil es um Verletzungen des Herausgabeanspruches geht, die keine Eigentumsverletzungen sind (vgl. BGH LM Nr. 8 zu § 985 BGB a. E.; ErmanlHejermehl § 991 Rn. 6) oder weil zwischen dem Besitzer und dem Oberbesitzer ein besonders strenger Haftungsmaßstab gilt, der eine Verantwortlichkeit nach § 823 nicht begründen würde (vgI. MKIMedicus § 991 Rn. 9: hierzu zählt auch die Haftung des Besitzers nach § 278). 68 Vgl. dazu noch u. § 18.

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Besitzmittlungsverhältnisses haftet 69 , so daß dem Schluß, auch der rechtmäßige Besitzer müsse in allen Fällen geschützt werden, die Grundlage entzogen ist. 2. Somit ist der deutschen Rechtsprechung zu den "Transportfällen" grundsätzlich zu folgen, nach der - weitgehend im Einklang mit den englischen Entscheidungen70 - der Kläger sich gemäß § 242 Bestimmungen eines fremden Vertrages entgegenhalten lassen muß, mit deren Verwendung er bei der Erteilung des Transportauftrages an den Dritten rechnen mußte 71 • Die Begründung ist dahingehend zu präzisieren, daß in der Erteilung des Transportauftrags an den Dritten in Kenntnis der Tatsache, daß dieser den Beklagten einschalten würde, der üblicherweise die fragliche Freizeichnungsklausel verwendete, eine Zustimmung des Klägers zu dieser Vertragsbestimmung lag. Von dieser Zustimmung kann sich der Kläger nach dem Grundsatz vom Verbot des venire contra factum proprium72 später nicht zum Nachteil des Beklagten lösen. Sie rechtfertigt vielmehr den Durchgriff der entsprechenden Einwendung gegenüber der Forderung des Klägers 73 • Zu bedauern ist allerdings, daß es die deutsche Rechtsprechung bislang bei dem pauschalen Hinweis auf § 242 bewenden ließ und, im Gegensatz zu den englischen Gerichten, nicht zu der Formulierung einer allgemeinen, über den speziellen Bereich des Transportrechts hinausreichenden Regel gelangte, nach der Einwendungen aus einem fremden Schuldverhältnis der Forderung eines Dritten entgegengesetzt werden können.

3. Die mangelnde Verallgemeinerung und dogmatische Absicherung der den deutschen "Transportentscheidungen" zugrundeliegenden Gedanken hat nicht nur dazu geführt, daß in anderen Fällen die Pa69 Man denke insbesondere an den Fall, daß die Sache dem Eigentümer gestohlen worden ist, vgl. dazu o. § 4 bei Fn. 6, u. § 19 11 2. 70 s. o. I. 71 So BGH NJW 1974, 2177; VersR 1976, 1129; RGZ 70, 174, 177; 102,38,44; OLG Hamburg VersR 1977, 811, 812; 1977, 812; OLG Düsseldor! VersR 1977, 912, 913; vgl. auch BGH VersR 1978, 836, 837. Zustimmend MK/Hanau § 276 Rn. 180; HGB-RGRK/Helm § 429 Rn. 93; Staudinger/Schlosser AGBG § 2 Rn. 43; Ulmer/Brandner/Hensen AGBG § 2 Rn. 85; Schlosser/Coesten-Waltjen/Graba AGBG § 2 Rn. 68; HGB-RGRK/Ratz (2. Auf!.) § 407 Rn. 17; Schlegelberger/Schröder § 407 Rn. 26 d, § 408 Rn. 31 a; Hootz S. 63 f.; Isaac S. 511; Schmid-Lossberg MDR 54, 522; Kümmel, S. 32. Anders aber RGZ 63, 308, 312; 77, 317, 320 f.; vg!. auch RGZ 95, 212, 213; Differenzierend im Anschluß an diese Entscheidungen des RG Helm S. 320 ff., neuerdings aber anders ders. in HGB-RGRK § 429 Rn. 93. Ablehnend Düringer/Hachenburg/Lehmann § 407 Anm. 7 e; Keßler S. 101, 107 Fn. 3. 72 Grundlegend insoweit insbesondere RGZ 70, 174, 177 sowie Hootz S. 63 f. m.zlr.Nw. 73 Zu Fallvarianten, in denen widersprüchliches Verhalten des Anspruchstellers nicht festgestellt werden kann, vgl. o. Fn. 60 sowie u. § 18.

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rallele zu dieser Rechtsprechung nicht erkannt wurde 74, sondern auch dazu, daß in diesem Zusammenhang vielfach der Grundsatz vOn der Relativität der Schuldverhältnisse zu Unrecht herangezogen wurde. In einem von dem AG Köln75 entschiedenen Fall hatte die Klägerin ihrem Bruder einen Koffer für eine Flugreise überlassen. Durch das Verschulden der Verrichtungsgehilfen der verklagten Fluggesellschaft wurde der Koffer beschädigt. Die Klägerin verlangte von der Beklagten Schadensersatz. Diese berief sich auf ihre - insoweit dem Art. 26 Warschauer Abkommen76 entsprechenden - Beförderungsbedingungen, nach denen Gepäckschäden sieben Tage nach Erhalt des Gepäcks anzuzeigen waren. Diese Frist war nicht beachtet worden. Das AG gab der Klage mit der Begründung statt, die vertraglichen Abreden zwischen dem Fluggast und der Fluggesellschaft vermöchten die Klägerin nicht zu binden77 • Diese Begründung wird jedoch den Besonderheiten des Falles· nicht gerecht. Diese sind darin zu sehen, daß das Warschauer Abkommen derart weltweite Geltung erlangt haF8, daß eine Beförderung praktisch nur unter Einbeziehung dieser Bestimmungen zu erlangen war. Unter solchen Umständen kann, bei der vorliegenden generellen Billigung des fremden Vertrages durch die Klägerin, grundsätzlich eine stillschweigende Zustimmung zu der verwendeten Klausel auch dann angenommen werden, wenn ihr diese nicht bekannt gewesen sein sollte 79 • Dies ergibt sich daraus, daß die generelle Ermächtigung, einen Schuldvertrag über Sachen des Ermächtigenden zu schließen, grundsätzlich 74 Vgl. die oben §§ 6 bis 9 behandelten Fälle, aber auch MKIHanau § 276 Rn. 180, der die Parallele von den "Transportentscheidungen" zu dem Fall BGHZ 54, 264 (s. o. § 6) zieht. 75 NJW 1976, 2076. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Entscheidungen RGZ 63, 308, 312; RGZ 77, 317, 320 f.; RGZ 95, 212, 213, in denen ebenfalls die Möglichkeit geleugnet wurde, daß eine vertragliche Freizeichnungsklausel die Rechte von nicht an diesem Vertrag beteiligten Dritten einschränken kann. 76 Das Warschauer Abkommen vom 7.8.1958 zur Vereinheitlichung der Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr ist abgedruckt bei Nibler/HofmannlKlein unter Nr. F 4. 77 Zustimmend Schlosser/Coester-WaltjenIGraba § 2 Rn. 68; Staudingerl Schlosser AGBG § 2 Rn.43; Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rn. 69 (Fn. 122). 78 Vgl. Abraham S. 249 ff. 79 So hat der BGH in VersR 1978, 836, 837 den Durchgriff von Einwendungen aus einem Schleppvertrag gegenüber einem Dritten, der mit der Verschleppung seines Eigentums einverstanden war, damit begründet, daß Schlepp aufträge im Hamburger Hafen ohne die Einbeziehung der fraglichen Freizeichnungsklauseln nicht untergebracht werden konnten. Ebenso wurde in dem englischen Fall Jowitt & Sons u. Union Cold Storage [1913] 3 K.B. 1, der im tatsächlichen Bereich im wesentlichen wie die bereits besprochene Entscheidung Chellaram & Sons u. Butlers Warehousing lag (s. o. § 8 11), der Durchgriff von vertraglichen Einwendungen auf die Erwägung gestützt, daß der konsentierte Vertrag ohne die fragliche Bedingung praktisch nicht geschlossen werden konnte.

5 v. Reinersdorff

2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

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die Befugnis enthält, zu den üblichen Bedingungen abzuschließen80 , so daß von ihr erst recht ein Abschluß zu den praktisch einzig erreichbaren Bedingungen gedeckt sein muß81. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Anspruchsteller diese Bedingungen keinesfalls zu akzeptierenn gewillt war. Im vorliegeden Fall enthielt die überlassung des Koffers an den Flugreisenden also die stillschweigende Billigung zumindest der dem Warschauer Abkommen entsprechenden Beförderungsbedingungen, da dies die praktisch einzig erreichbaren, zumindest aber die üblichen Konditionen waren und nichts dafür ersichtlich ist, daß die Klägerin mit ihrer Geltung nicht einverstanden war. Die Klägerin muß daher nach dem Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens die Einrede gegen sich gelten lassen, Ersatzansprüche seien nunmehr mangels rechtzeitiger Rüge ausgeschlossen.

m.

Die Sonderfälle der Genehmigung eines fremden Vertrages

Wir hatten es bislang mit Fällen zu tun, in denen der Anspruchsteller einen Dritten für die Zukunft ermächtigt hatte, einen Schuldvertrag über seine, des Anspruchstellers, Sachen zu schließen. Hier galt, daß die allgemeine Billigung des fremden Schuldverhältnisses sich nicht ohne weiteres auf besondere Abreden erstreckt, die nicht notwendig mit dem Abschluß des Vertrages verbunden sind. Anders liegen die Dinge jedoch, wenn der Anspruchsteller sich oder seine Sachen nachträglich einem bereits geschlossenen Vertrag unterstellt. In dem englischen Fall Fosbroke-Hobbes v. Airwork Ltd. 82 hatte ein Gastgeber von dem Beklagten ein Flugzeug gechartert und eine Gruppe von Gästen zu einem Rundflug eingeladen. Einer der Gäste kam zu Tode, als das Flugzeug kurz nach dem Start auf grund eines Bedienungsfehlers des Piloten abstürzte. Gegenüber der Klage der Witwe dieses Gastes berief sich der beklagte Flugzeugeigentümer auf eine Klausel des Vertrages mit dem Gastgeber, die ihn und seine Angestellten von der Haftung für Fahrlässigkeit befreite. Obwohl der verstorbene Gast nicht Partei des Vertrages zwischen dem Gastgeber und dem Beklagten gewesen war'l3, entschied der Richter, daß er durch dessen Bestimmungen gebunden sei, da ein Gast nicht besser als der Gastgeber stehen können8". s. o. I 3 bei Fn. 18. s. O. I 4 b a. E. 82 [1937] 1 All E.R. 108. 83 [1937] 1 All E.R. 108, 111. Es wird in diesen Fällen meist nicht beabsichtigt sein, daß der Gast aus dem Vertrag berechtigt und verpflichtet wird. 84 [1937] 1 All E.R. 108, 112. Die fragliche Klausel wurde dann aber für unwirksam erachtet, da sie dem Gastgeber nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sei. 80

81

§ 10 Drittwirkung vertraglicher Haftungsbeschränkungen

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Dieselbe Problematik betrifft eine Entscheidung des OLG Breslau aus dem Jahre 192385 : Ein Universitätsprofessor, dessen Assistent der Kläger war, hatte den Beklagten mit der Ausführung seines Umzuges beauftragt. Auf Wunsch des Professors wurde dem Möbelwagen ein Reisekorb mit Eigentum des Klägers beigeladen; dies geschah mit dem Einverständnis des Klägers. Der Korb ging verloren. Gegenüber dem Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 823 I berief sich der Beklagte auf eine Klausel des Vertrages mit dem Professor, die seine Haftung summenmäßig beschränkte. Das OLG entschied, daß diese Einrede auch dem Kläger entgegengehalten werden könne, da dieser sich stillschweigend dem fremden Vertrag unterstellt habe86 • 1. Man könnte in derartigen Fällen bei der Anwendung deutschen Rechts daran denken, in dem Vertrag zwischen dem Gastgeber und dem Beklagten einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Klägers zu sehen und daraus die Gültigkeit der Freizeichnungsklausel für den Kläger als Kehrseite seiner Einbeziehung in den Vertrag entnehmen. Es ist jedoch zu differenzieren: Soweit der Kläger vertragliche Schadensersatzansprüche geltend macht, die ihm lediglich deshalb zustehen, weil er mittels des Instituts des ..Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte" in den fremden Vertrag einbezogen wurde, mag es gerechtfertigt sein, den Beklagten in Anlehnung an § 334 nur im Rahmen seines Vertrages haften zu lassen87 • Soweit allerdings dem Gast - wie in den vorliegenden Fällen - unabhängig von der Einbeziehung in den Vertrag jedenfalls deliktische Ansprüche gegen den Beklagten zustehen, kann das Institut des .. Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte" nicht herangezogen werden, um diese Ansprüche zu begrenzen. Es wurde geschaffen, um die Position des vertragsfremden Dritten das heißt in diesen Fällen, des Klägers - zu stärken. Die Voraussetzungen, unter denen eine Besserstellung des Dritten zulässig ist, können aber nicht ohne weiteres zur Rechtfertigung einer Beschränkung seiner gesetzlichen Rechte herangezogen werden. Dies liefe auf einen unzulässigen .. Vertrag zu Lasten Dritter" hinaus 88 • JW 1924, 1185. Zustimmend Isaae S.511; Sehmidt-Ernsthausen JW 24, 1185. 87 Ostrowicz S. 95 f.; v. Caemmerer, FS Wie acker, 316; Gernhuber, FS Nikiseh, 268; BGB-RGRK/Ballhaus § 328 Rn. 84; vgl. BGHZ 33, 247, 250; 56, 269, 272 ff.; BGH NJW 1965, 1757, 1759. 88 Medicus NJW 1962, 2081, 2084 f.; Berg NJW 1978, 2018 f.; ders. JuS 1977, 367; Böhmer JR 1965, 219 f.; MK/Gottwald § 328 Rn. 79; Thiele JZ 1967, 654. Für die hier zugrundegelegte Differenzierung auch Ostrowicz S. 95 f., 119, 128; Berg NJW 1978,2018 f.; BGHZ 33, 247, 250 f. Vgl. allerdings auch BGHZ 9, 316, 318 f.; 24, 325, 327; BGH LM § 254 (E) Nr.2 sowie BGH VersR 1959, 1009 und BGH NJW 1968, 1323 f., wonach das Institut 85 88

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

2. Der Schlüssel zur Lösung dieser Fälle liegt in der Erkenntnis, daß der Kläger, wenn er als Gast einer der Vertragsparteien das Flugzeug betritt bzw. sein Eigentum befördern läßt, den Vertrag zwischen dem Gastgeber und dem Beklagten konkludent genehmigt. Unabhängig davon, ob er im Verhältnis zu dem Gastgeber zu einer Unkostenbeteiligung verpflichtet ist oder nicht, kann seine unqualifizierte Entgegennahme der vertraglichen Leistung des Beklagten nur bedeuten, daß er den Vertrag, an dessen Abschluß er nicht beteiligt war, so wie er geschlossen ist anerkennt. Der Gast hat sich damit stillschweigend den Bedingungen des fremden Vertrages unterworfen89 • Da er den Vertragsabschluß dem Gastgeber überlassen und den ausgehandelten Vertrag widerspruchslos hingenommen hat, bezog sich seine Zustimmung ohne weiteres auch auf die unter Umständen getroffenen besonderen Vereinbarungen. Ein späteres Vorbringen, von einzelnen Abreden nicht betroffen zu sein, verstieße angesichts der uneingeschränkten Annahme der fremden vertraglichen Leistung gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Im Hinblick auf den Erklärungswert dieser Annahme der Leistung des Beklagten hätte der Kläger, wenn er einzelne Bedingungen des fremden Vertrages nicht gelten lassen wollte, zumindest Einwände erheben müssen, um dem Beklagten die Ablehnung der Beförderung zu ermöglichen90 • Weder das deutsche noch das englische Gericht hat daher geprüft, ob die Vertragsbestimmung, die dem Kläger entgegengehalten wurde, für diesen erkennbar oder auch nur üblich war. Das OLG Breslau hat die Erkennbarkeit der Klausel ausdrücklich für unerheblich erklärt91 • Diese Entscheidung entspricht auch der Interessenlage. Der Kläger konnte nicht erwarten, eine bessere Stellung als der den Vertrag abschließende Gastgeber zu erhalten. Der Beklagte dagegen ist in seinem Vertrauen darauf zu schützen, seine Leistung nur zu den von ihm tatsächlich vertraglich übernommenen Haftungsrisiken erbringen zu müssen. des "Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte" insoweit zu Lasten eines geschädigten Dritten wirken soll, als es auch bei einem Deliktsanspruch die Anwendung des § 278 im Rahmen des § 254 und damit die Anrechnung des Verschuldens der gesetzlichen Vertreter und Erfüllungsgehilfen des Dritten auf den Schadensersatzanspruch rechtfertige. 89 OLG Breslau·JW 1924, 1185; Isaac S. 511. 90 OLG Breslau JW 1924, 1185. Weitergehend dürfte im allgemeinen eine besondere Abrede zwischen dem Kläger und dem Beklagten über die geänderten Modalitäten der Leistung erforderlich sein, da das bloße Äußern von Einwänden als protestatio facto contraria anzusehen sein wird, wenn der Kläger die Leistung, deren Bedingungen ja bereits festgelegt sind, gleichwohl annimmt. 91 JW 1924, 1185.

§ 10 Drittwirkung vertraglicher Haftungsbeschränkungen

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Eine Pflicht des Beklagten, den Kläger gegebenenfalls auf unübliche Vertragsbestimmungen aufmerksam zu machen, dürfte nicht bestehen. Der Beklagte stand nur mit dem Gastgeber in vertraglichen Beziehungen. Es muß daher genügen, wenn er diesen in gehöriger Weise auf die Vertragsbedingungen aufmerksam gemacht hat. Wenn der Kläger sich dem bereits geschlossenen fremden Vertrag unterstellen wollte, war es vielmehr grundsätzlich seine Sache, sich über dessen Inhalt zu unterrichten. Ob er dies im Vertrauen darauf unterlassen durfte, daß der Gastgeber seine Interessen in ausreichendem Maße berücksichtigt haben würde, ist eine Frage des Innenverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Gastgeber, um das sich der Beklagte nicht zu kümmern hatte92 • Der Kläger sollte daher in diesen Fällen mittels des Einwendungsdurchgriffs an alle Bestimmungen des fremden Vertrages gebunden werden, unabhängig davon, ob diese erkennbar oder üblich waren. Die Besonderheit der Fälle der "Genehmigung eines fremden Schuldverhältnisses" besteht darin, daß die nachträgliche Zustimmung zu einem bereits geschlossenen fremden Vertrag sich grundsätzlich auf den gesamten Vertrag mit allen seinen Bestimmungen bezieht. Bei einer für die Zukunft erteilten Ermächtigung, einen Schuldvertrag abzuschließen, wie sie in den meisten praktischen Fällen vorliegt 93 , erstreckt sich das Einverständnis des Anspruchstellers dagegen nur auf diejenigen Bestimmungen, die ausdrücklich gebilligt oder zur Zeit der Zustimmung erkennnbar oder üblich waren. Die Fälle der "Genehmigung eines fremden Schuldverhältnisses" kommen den im folgenden Kapitel besprochenen Fällen der "Leistung auf ein fremdes Schuldverhältnis" sehr nahe, in denen es für den Einwendungsdurchgriff ebenfalls nicht auf die Erkennbarkeit der betreffenden Einwendung für den Anspruchsteller ankommt, da dieser seine Leistung dem fremden Schuldverhältnis ohne Einschränkung unterstellt hat.

92 Eher kommt also eine Pflicht des Gastgebers in Betracht, nur zu den üblichen Bedingungen abzuschließen bzw. unübliche Klauseln den Gästen zur Kenntnis zu bringen. Der Gastgeber ist jedenfalls näher daran, die Interessen der Gäste· zu wahren, als der Beklagte. In diesem Zusammenhang dürfte es allerdings einen Unterschied machen, ob der Dritte den Vertrag von vornherein "für seine Gäste" (so der englische Fall) oder zunächst ausschließlich im eigenen Interesse geschlossen hatte (so wohl der deutsche Fall). 93 Vgl. die Fälle o. I und 11.

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Zweites Kapitel

Leistung auf ein fremdes Schuldverhältnis Diese zweite Fallgruppe, anhand derer die Theorie vom Einwendungsdurchgriff überprüft werden soll, besteht aus einigen der aus der Diskussion um den Leistungsbegriff wohlbekannten "bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnisse" . Das diesen Fällen gemeinsame Element ist die Tatsache, daß der Kläger an den Beklagten "für einen Dritten" auf das Schuldverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten geleistet hat. § 11 Die Anweisungslage Der Grundfall der bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnisse ist die Anweisungslagel. Ein typisches Beispiel ist der Fall, daß der Anweisende dem Begünstigten etwas verkauft hat, das er selbst erst von dem Angewiesenen erwerben muß. Vielfach wird dieser dann der Einfachheit halber beauftragt, die Kaufsache direkt an den Begünstigten zu liefern. 1. Bei Nichtigkeit eines der beiden Kaufverträge oder beim sogenannten Doppelmangel wirft auch diese Konstellation grundsätzlich das Problem des Erhalts der Einwendungen des Begünstigten aus seinem Rechtsverhältnis mit dem Anweisenden auf. Dieses löst sich jedoch, was die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung angeht, dadurch, daß man dem Angewiesenen, obwohl er tatsächlich an den Begünstigten geleistet hat, in diesen Fällen schon die Aktivlegitimation2 zur Kondiktion bei dem Begünstigten abspricht. Die wirksame Weisung des Anweisenden und deren Ausführung durch den Angewiesenen rechtfertigen es, die tatsächliche Leistung des Angewiesenen rechtlich dem Anweisenden zuzurechnen 3 • Der Fall ist daher so zu beurteilen, als hätte der Angewiesene an den Anweisenden und dieser weiter an den Begünstigten geleistet, so daß auch die bereicherungsrechtliche Dazu Medicus Rn. 671 ff., 674 f. Aktiv legitimiert ist derjenige, dem ein Anspruch - unterstellt er bestünde - zusteht. Die Aktivlegitimation wird auch als "Sachbefugnis" oder "materielle Rechtszuständigkeit" bezeichnet (vgl. RosenberglSchwab § 46 I 2). S Dazu im einzelnen v. Reinersdorff MDR 1981, 801 f. in Zusammenfassung der neueren bereicherungsrechtlichen Arbeiten insbesondere Wilhelms, Kupisehs und Pingers. So jetzt auch JauerniglSchlechtriem § 812 Anm. I 5 c ce; ders. (1. Aufl.) § 812 Anm. I 1 b ce; MK/Lieb § 812 Rn. 31 ff.; vgl. auch Kaehler S. 111 ff., 115 f., 117 ff., 121 ff. und ihm folgend Costede S. 24 ff. Im Ergebnis genauso die hM mit dem "Leistungsbegriff": Medicus Rn. 672, 675; Larenz II § 68 I a, § 68 III b; KoppensteinerlKramer S. 40 ff.; Canaris, FS Larenz S.801; ErmanlH. P. WesteT11lann § 812 Rn. 25; BGB-RGRKIHeimann-Trosien § 812 Rn. 26. 1

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§ 11 Die Anweisungslage

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Rückabwicklung nur "übers Dreieck" erfolgen kann'. Wenn aber nur der Vertragspartner des Empfängers, der Anweisende, von diesem konzidieren darf, so kann es zu einem Verlust der Einwendungen des Empfängers nicht kommen. Das in dieser Konstellation sozusagen latent vorhandene Problem des Erhalts der Einwendungen des Anweisungsbegünstigten tritt jedoch zutage, wenn man, wie das Reichsgericht und noch heute die englischen Gerichte, zur Lösung des Falles nicht bereits bei der Aktivlegitimation des Angewiesenen ansetzt, sondern diesen grundsätzlich für berechtigt hält, den Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger zu erheben5 • In diesem Fall muß man es zulassen, daß der in Anspruch genommene Empfänger sich gegenüber dem Rückforderungsverlangen des Angewiesenen auf sein Schuldverhältnis mit dem Anweisenden beruft und geltend macht, er habe nur das erhalten, was er von dem Anweisenden zu fordern habe'. Dieser Einwendungsdurchgriff kann, wie noch im einzelnen zu erörtern sein wird, grundsätzlich damit gerechtfertigt werden, daß der Angewiesene an den Empfänger "für Rechnung des Anweisenden" geleistet hat7 •

2. Selbst wenn man jedoch, wie dargestellt, bei Vorliegen einer Anweisung und deren weisungsgemäßer Ausführung die tatsächliche Leistung des Angewiesenen rechtlich dem Anweisenden zurechnet, entgeht man damit in den Anweisungsfällen dem Problem des Erhalts der Einwendungen des Empfängers nicht endgültig. Dieses stellt sich vielmehr zunächst wieder, wenn dem Angewiesenen gegen den Empfänger ein Anspruch zusteht, bei dem sich die Aktivlegitimation nicht, wie bei einem Bereicherungsanspruch, ausschließen läßt. So lagen die Dinge in dem im ersten Teil der Untersuchung bereits erörterten Anweisungsfall "unwirksamer übereignung"S, in dem dem Angewiesenen der Anspruch aus § 985 gegen den Begünstigten zustand9 • Wenn 4 Nach dem bereicherungsrechtlichen Unmittelbarkeitsgrundsatz, der auf der Ablehnung der Versionsklage durch den Gesetzgeber beruht, stehen dem Angewiesenen, wenn er an den Anweisenden geleistet hat, Bereicherungsansprüche nur gegen diesen, nicht aber gegen weitere mittelbar begünstigte Dritte zu; dazu v. Reinersdorff MDR 1981, 802 Fn. 36 m. w. Nw. 5 RGZ 60, 24, 28 f. "Postanweisungsfall" . Aiken v. Short (1856) 1 H. & N. 210 = 156 E.R. 1180; Porter v. Latec Finance (Qld.) Ltd. (1964) 111 C.L.R. 177 (Australien); vgl. Barclays Bank v. W. J. Simms [1979] 3 All E.R. 522, 529, 539; Gott & Jones S. 85 ff.; Luntz 6 Melb. Univ. L.R. 320 ff., 324, 328 f. S So RGZ 60, 24, 28 f.; Aiken v. Short (1856) 1 H. & N. 210, 215; Barclays Bank v. W. J. Simms [1979] 3 All E.R. 522, 529, 539; Gott & Jones S. 85 ff. 7 So RGZ 60, 24, 28. Dazu im einzelnen u. § 12.

S

s. o. § 4 11.

Selbst wenn man in diesem Fall, wie o. unter I, eine Leistung des Angewiesenen an den Anweisenden annehmen wollte, würde dies nichts helfen: U

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

man in diesem Fall das Interesse des Empfängers schützen will, die erhaltene Sache nur gegen Rückerstattung des an den Anweisenden gezahlten Kaufpreises herauszugeben, so dürfte nur ein Einwendungsdurchgriff weiterhelfen10• Ferner tritt das in der Anweisungslage angelegte Problem des Erhalts der Einwendungen des Begünstigten wieder zutage, wenn wegen des Fehlens einer der genannten Zurechnungsvoraussetzungen - Vorliegen einer Anweisung und deren weisungsgemäße Ausführung doch die "Direktkondiktion" des "Angewiesenen" gegen den Empfänger zuzulassen ist. Diesen Fällen wenden wir uns nunmehr zu. § 12 Anweisungsfall "Fehlende Anweisung" I. Ausgangsfall "Nichtbestehen der Schuld Leistungsvorbehalt des Beklagten"

Der Beklagte hatte einem Dritten Waren verkauft, sich jedoch die Auslieferung bis Zahlungseingang vorbehalten. Der Kläger, ein Geschäftspartner des Dritten, bezog fälschlich einen Auftrag des Dritten, der in Wahrheit einer anderen Verbindlichkeit galt, auf diesen Fall und zahlte den Kaufpreis "für den Dritten" an den Beklagten, worauf dieser die Waren freigab. Der Kaufvertrag war unwirksam. Der Kläger verlangt das Geleistete nach § 812 I 1 von dem Beklagten zurück, als er seinen Irrtum erkennt. Der Beklagte will die Zahlung nur gegen Rückgabe der Kaufsachen zurückerstatten1 • Zunächst ist in übereinstimmung mit der ganz herrschenden Meinung festzustellen, daß in diesem Fall einer von vornherein fehlenden Anweisung eine Direktkondiktion des Klägers gegen den Beklagten gegeben ist 2 • Da eine wirksame Weisung des Dritten gerade nicht vorliegt, kann diesem die Leistung des Klägers nicht zugerechnet werden3 • Bei § 985 gilt kein "Unmittelbarkeitsgrundsatz" (vgl. o. Fn. 4), der Eigentümer kann vielmehr auf den jeweiligen Besitzer durchgreifen. 10 Vgl. dazu o. § 4 11. 1 Vgl. die Fälle BGHZ 50, 227; 61, 289; 66, 362; 66, 372; 67, 75; 69, 186, in denen allerdings das Problem des Einwendungserhalts nicht so deutlich hervortrat wie in dem hier gebildeten Fall, der an ein Beispiel von Wieling JuS 1978, 807 angelehnt ist. 2 BGHZ 66, 362, 364 f.; 66, 372, 375; 69, 186, 190; Larenz 11 § 68 111 d; v. Caemmerer JZ 1962, 387; Canaris, FS Larenz, S.801 m. zlr. Nw.; Medicus Rn.677; KoppensteinerlKramer S. 46 ff.; MK/Lieb § 812 Rn. 56; Staudingerl Lorenz § 812 Rn. 50 f.; BGB-RGRKIHeimann-Trosien § 812 Rn. 27. Dagegen tendiert die Rechtsprechung in den Fällen einer zunächst wirksam erteilten, dann aber nur dem "Angewiesenen", nicht dem Empfänger gegenüber widerrufenen Anweisung dazu, eine irrtümliche Leistung des "Angewiesenen" noch dem "Anweisenden" zuzurechen, vgl. BGHZ 61, 289; 87,246; 87,393. 3 BGHZ 66, 362, 364 f.; 66, 372, 375; 69, 186, 190; Larenz 11 § 68 111 d; Medicus Rn. 677; Wilhelm, S. 134 ff.; Köndgen, FS Esser, S.69; Pinger AcP 179 (1979) 315 ff.; MK/Lieb § 812 Rn. 56.

§

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Einer Mindermeinung, die auf den "Empfängerhorizont" des Beklagten abstellt und lediglich eine Kondiktion des Dritten von dem Beklagten und des Klägers von dem Dritten zulassen will4, ist entgegenzuhalten, daß die Tatsache, daß der Beklagte den Dritten für den Leistenden hielt, für sich allein nicht ausreichen kann, um diesem eine fremde Leistung wie eine eigene zuzurechnen5 • Mit der Bejahung der Direktkondiktion kann es allerdings nicht sein Bewenden haben 6 , denn die von der herrschenden Meinung abweichende Auffassung, die für eine Abwicklung "übers Dreieck" eintritt, hat immerhin einen wesentlichen Gesichtspunkt auf ihrer Seite, der nicht ohne weiteres übergangen werden kann: Der Beklagte hat grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse daran, daß seine Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis zu dem Dritten - im Ausgangsfall also die aus der Anwendung der Saldotheorie folgende Einrede, zur Rückzahlung des Kaufpreises nur gegen Rückgabe der Kaufsachen verpflichtet zu sein - erhalten bleiben7 • Daß dieses Interesse gerade auch der Forderung des Klägers gegenüber schutzwürdig ist, ergibt sich daraus, daß dieser "für Rechnung des Dritten" geleistet und damit dem Beklagten bedeutet hat, er könne die Leistung so ansehen, als käme sie tatsächlich von dem Dritten selbst. Diese Unterstellung der Leistung des Klägers unter das Schuldverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten ist auch bei einer erforderlich werdenden Rückabwicklung zu beachten. Das Vertrauen des Beklagten, so zu stehen als habe er eine Leistung seines Schuldners erhalten, bezog sich auch auf diesen Fall. Der Kläger kann nicht mit dem Vorbringen gehört werden, das fremde Schuldverhältnis - dem er zuvor seine Leistung unterstellt hatte - gehe ihn nichts an. Er darf vielmehr nach dem Grundsatz vom Verbot des venire contra factum proprium zumindest insoweit nicht gegen den Beklagten vorgehen, als dieser dadurch schlechter gestellt würde als er stünde, wenn der Dritte selbst geleistet hätte und nunmehr die Leistung zurückfordern würde8 . Jus 1978, 807 ff.; Pfister JR 1969, 47 ff. Kritisch zu der auch vom BGH vertretenen Lehre vom "Empfängerhorizont" (vgl. BGHZ 40, 272, 278; BGH NJW 1974, 1132) daher Larenz II § 68 III e 2, S. 545; Canaris, FS Larenz, S. 827 Fn. 75; Medicus Rn. 688; Koppensteiner/Kramer, S.48; Köndgen, FS Esser S.71; Wilhelm S. 134 ff.; MK/Lieb § 812 Rn. 48 ff. Zu dem Anliegen der Mindermeinung aber sogleich im Text. 6 So aber Medicus Rn.677: "Wie gewonnen so zerronnen"; kein Vertrauensschutz auch vorgesehen bei Kupisch, S. 73 ff.; Koppensteiner/Kramer S. 46 ff.; Pinger AcP 179 (1979) 315 ff.; Wilhelm AcP 175 (1975) 350. 7 So pointiert Wieling JuS 1978, 808 f. 8 Vgl. dazu bereits oben § 4 11. Auch nach Hassold S. 110 f., 129, 149 ff. ist die Tatsache, daß der Kläger "für Rechnung des Dritten" leistet, der entscheidende Gesichtspunkt dieser Fälle; zur Lösung Hassolds s. u. 2. Vgl. auch Meyer S.150, der zu den insoweit gleichliegenden Fällen einer 4

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Wieling

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Es ist allerdings problematisch, auf welchem konstruktiven Wege der Schutz des Beklagten zu verwirklichen ist. 1. Einige Autoren wollen dem Beklagten gegen die Direktkondiktion des Klägers mit der Einrede aus § 818 III helfenD. Es geht jedoch nicht um die Frage, ob der Beklagte .. noch bereichert" ist, sondern darum, ihn nicht schlechter zu stellen als er stehen würde, wenn er tatsächlich eine Leistung des Dritten erhalten hätte. Der Unterschied zwischen diesen beiden Betrachtungsweisen liegt darin, daß der Beklagte bei Zugrundelegung der letzteren Möglichkeit ohne weitere Erfordernisse dadurch geschützt ist, daß er den Kaufpreis nur gegen Rückgabe der Kaufsache herauszugeben hat, während ihm die Anwendung des § 818 III nur dann hilft, wenn er beweisen kann, daß er entreichert, der Rückforderungsanspruch gegen den Dritten also wertlos ist lO • In der Praxis wird jedoch oft, wenn der Anspruch des Klägers verhandelt wird, nicht sicher festzustellen sein, ob der Dritte noch zur Herausgabe der Kaufsache in der Lage sein wird. Bei einem solchen Stand der Dinge kann der Beklagte gerade nicht zeigen, daß er entreichert ist l l . Die Berufung auf § 818 UI muß in diesem Fall scheitern, da die bloße Möglichkeit, daß der Beklagte sich nicht bei dem Dritten erholen kann, mit dieser Norm nicht zu erfassen ist 12 • Die Anwendung des § 818 IU beläßt also ein Risiko bei dem Beklagten: Wenn er zunächst nicht beweisen kann, daß der Dritte leistungsunfähig ist, und später dennoch mit seiner Forderung gegen diesen ausfällt, hat er den Schaden13 • Dies erscheint jedoch nicht gerechtfertigt, da der Beklagte sich gegen dieses Risiko gesichert hatte und eine Beeinträchtigung seiner Position durch das Vorgehen des Klägers geLeistung gemäß § 267 - dazu u. § 13 - ausführt, der Beklagte gehe davon aus, das Empfangene in gleicher Weise behalten zu dürfen, wie wenn der Dritte selbst geleistet hätte; er sei daher so zu stellen, wie wenn der Dritte selbst geleistet hätte. t Larenz 11 § 68 111 d S. 542 Fn.2; Canaris, FS Larenz, S. 822, 825; MK/Lieb § 812 Rn. 52 f.; Staudinger/Lorenz § 812 Rn. 53; Meyer S. 78 ff., 87; Köndgen, FS Esser, S. 70 f.; Wilhelm JuS 1973,5. 10 Die Beweislast für den Wegfall der Bereicherung trägt der Schuldner, Staudinger/Lorenz § 818 Rn. 48; Jauernig/Schlechtriem § 818 Anm. 6 e. 11 MK/Lieb § 812 Rn. 53: noch nicht ..wirklich entreichert". Deutlich Hassold S. 130, Meyer S. 79: Der Wegfall der Bereicherung tritt erst ein, wenn feststeht, daß der Anspruch des Beklagten gegen den Dritten nicht durchsetzbar ist. Nicht schon die Leistung des Beklagten an den Dritten, sondern erst die Wertlosigkeit des Rückforderungsanspruchs löst den Schutz des § 818 111 aus. 12 MK/Lieb § 812 Rn. 53 will § 818 111 auch in einem solchen Fall anwenden, obwohl ein Wegfall der Bereicherung nicht feststeht. Ein solcher Verzicht auf die wesentliche Voraussetzung des § 818 111 ist jedoch keine befriedigende Lösung. 13 So ausdrücklich Hassold S. 130.

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rade ausgeschlossen werden soll. Der Beklagte muß vielmehr auch dann, wenn noch nicht feststeht, ob sein Anspruch gegen den Dritten Erfolg haben wird, geschützt und seine Sicherheit in Gestalt des Kaufpreises erhalten werden14 • Er muß also bereits einwenden können, daß er eine Gegenleistung erbracht hat1 5 , nicht erst, daß er entreichert ist. Die Anwendung des § 818 111 verwirklicht diesen Schutz nicht.

2. Eine weitere konstruktive Möglichkeit, den Beklagten zu schützen, ist kürzlich von Hassold vorgeschlagen worden. Auch nach dieser Konzeption ist der entscheidende Gesichtspunkt der hier behandelten Fälle die Tatsache, daß der Kläger "für Rechnung des Dritten" an den Beklagten geleistet und damit seine Leistung dem Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten unterstellt hat16 • Da der Kläger mit dieser Erklärung - im Falle des Fehlens einer Anweisung unzutreffenderweise - behaupte, Rechtsmacht für die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit Wirkung für einen anderen zu haben, sei das Recht der Stellvertretung, insbesondere § 179 11, entsprechend anwendbar17 • Hiernach könne der Beklagte, wenn der Kläger den Mangel der Anweisung nicht gekannt habe, von diesem den Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch sein Vertrauen darauf, eine Leistung des Dritten erhalten zu haben, entstanden sei. Dieser neue Ansatz ist grundsätzlich zu begrüßen. Die Parallele zwischen den Anweisungsfällen, in denen "für Rechnung eines Dritten" geleistet wird, und den Fällen, in denen ein Stellvertreter "für einen Dritten" handelt, liegt auf der Hand: Der Vertretungsmacht entspricht die Anweisung, für einen anderen zu leisten. Liegt diese vor, so wird die tatsächliche Leistung - wie die Willenserklärung nicht dem "Vertreter" - das heißt, dem Angewiesenen - , sondern dem "Vertretenen" - das heißt, dem Anweisenden - zugerechnet l8 • Die Untersuchung Hassolds führt zu einer Ergänzung des dogmatischen Instrumentariums zum Schutz des Empfängers in den bereicherungsrechtlichen Dreipersonenverhältnissen. Aber auch ein Schadensersatzanspruch nach § 179 11 trägt dem Schutzbedürfnis des Begünstigten nicht ausreichend Rechnung. Nach der Konzeption Hassolds So auch MK/Lieb § 812 Rn. 53. ErmanlH. P. Westermann § 812 Rn. 15; Larenz II (10. Aufl.) § 68 III c 2, S. 415 f., 416 Fn. 1. 18 Hassold S. 110 f., 129, 149 ff. und passim. 17 Hassold S. 149 ff., 152 ff. Nach Hassold soll der Schutz des Empfängers nach § 179 allerdings nicht an die Stelle des § 818 III, sondern neben diese 14

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Norm treten und insbesondere in Fällen praktisch werden, in denen nach Hassolds Ansicht keine Kondiktion, sondern die Vindikation bzw. ein Stornorecht gegeben sein sollen, vgl. S. 127, 153 f., 322. 18 Vgl. v. Reinersdorff MDR 1981, 802.

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hätte im Ausgangsfall 19 die Klage auf Herausgabe des als Kaufpreis gezahlten Betrages zunächst Erfolg. Der Beklagte müßte sodann versuchen, den an den Dritten ausgelieferten Kaufgegenstand zurückzuerlangen .. Erst wenn dieser Versuch erfolglos bleiben sollte, könnte er sich mit dem Schadensersatzanspruch aus § 179 11 an den Kläger wenden. Dieser Lösungsweg hat den Nachteil, daß er dem Beklagten ansinnt, seine Sicherheit in Gestalt des Kaufpreises aus der Hand zu geben und darauf zu vertrauen, daß der Kläger später im Falle des Scheiterns der Ansprüche gegen den Dritten in der Lage sein werde, seine Schadensersatzforderung zu befriedigen. Bei diesem Lösungsweg verbleibt dem Beklagten also das Risiko, daß seine Ansprüche zunächst gegen den Dritten und später gegen den Kläger nicht durchsetzbar sind. Der Beklagte steht also auch nach dieser Lösung, da er seine Sicherheit herausgeben muß, schlechter als er nach der Erklärung des Klägers, "für den Dritten" zu leisten, annehmen durfte. 3. Die voraufgegangenen Erörterungen zeigen, daß der Beklagte ausreichend nur durch den Erhalt der Einrede geschützt werden kann, er sei zur Herausgabe des als Kaufpreis gezahlten Betrages nur gegen Rückgabe der Kaufsache verpflichtet. Es kommt darauf an, die Zusammengehörigkeit der Leistung des Klägers und der Gegenleistung des Beklagten, die der Kläger mit seiner Erklärung, "für den Dritten" zu leisten, hergestellt und auf die der Beklagte vertraut hat, zu erhalten und eine Abwicklung entsprechend dem durch das Schuldverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten gesetzten Rahmen zu gewährleisten. Nur ein solches Ergebnis wird der Interessenlage gerecht, nach der der Beklagte nicht schlechter zu stellen ist als er stehen würde, wenn tatsächlich eine Leistung des Dritten vorgelegen hätte und dieser nunmehr gegen ihn vorgehen würde20 • Diese Bindung des Klägers an das Schuldverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten kann mit Hilfe des Einwendungsdurchgriffs erreicht werden. Die Voraussetzung widersprüchlichen Verhaltens des Anspruchstellers liegt vor: Wenn der Kläger die Einrede des Beklagten aus der Saldotheorie nicht gegen sich gelten lassen will, da sie dem Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten entstamme, ist ihm entgegenzuhalten, daß er seine Leistung zuvor selbst diesem Rechtsverhältnis unterstellt hat. Die Erklärung des Klägers, "für Rechnung des Dritten" zu leisten, war zwar von der irrigen Annahme beeinflußt, es läge eine wirksame Weisung des Dritten zu dieser Leistung vor, so daß eine Anfechtung dieser Erklärung 19 20

s. o. bei Fn. 1. s. o. bei Fn. 8.

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in Betracht zu ziehen ist21 • Es handelt sich jedoch in diesem Fall um einen bloßen Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtigt, da er nicht den Inhalt, sondern den Beweggrund der Erklärung betrifft. Der vorliegende Fall der irrigen Annahme einer Weisung entspricht dem Fall, daß ein Ver;' treter fälschlich davon ausgeht, ein Geschäft weisungsgemäß "für den Vertretenen" abzuschließen, während er in Wahrheit vollmachtlos handelt 22 ; für diesen Fall ist anerkannt, daß nur ein unbeachtlicher Motivirrtum vorliegt23 • Das Erfordernis des Nachteils für den in Anspruch Genommenen kann in diesen Fällen problematisch werden. Im Ausgangsfall, in dem der Beklagte mit der Auslieferung der Kaufsache bis zum Erhalt der Gegenleistung gewartet hat, ist diese Voraussetzung jedoch erfüllt: Die Gegenleistung stand dem Beklagten im Verhältnis zu dem Dritten als Sicherheit zur Verfügung, da er sie nach der Saldotheorie bei einer Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen Unwirksamkeit nur gegen Rückgabe der Kaufsachen wieder herauszugeben hatte. Diese. Sicherheit wirkt auch im Konkurs des Dritten, da die Saldotheorie auch für diesen Fall gilt 24 • Wenn der Kläger dem Beklagten diese Sicherheit entziehen könnte, wäre dies eine empfindliche Beeinträchtigung der Position des Beklagten gegenüber dem Dritten. Danach ist in diesem Fall der Durchgriff der Einrede aus der Saldotheorie zuzulassen. Der Kläger erhält somit interessengerecht den Kaufpreis nur dann zurück, wenn er selbst - gegen Abtretung der Ansprüche des Beklagten - oder der Dritte dem Beklagten die Kaufsache oder gegebenenfalls ein Äquivalent zurückverschafft. Das Risiko der Leistungsunfähigkeit des Dritten trägt damit zutreffenderweise der Kläger, der vorgeleistet, und nicht der Beklagte, der sich gesichert hatte. Die Anwendung des Einwendungsdurchgriffs führt eine bereits geläufige Ansicht weiter, nach der, wenn eine Zahlung als Leistung eines Dritten gelten soll, der Vertrag des Empfängers mit dem Dritten causa der Leistung des Zahlenden sein kann25 • Nach der hier vertretenen Theorie 21 Wenn jemand auf eine vermeintlich eigene, in Wahrheit aber fremde Schuld zahlt, wird verschiedentlich seine Tilgungsbestimrnung als Erklärung, .. für den Schuldner" zu zahlen, ausgelegt und sodann die Anfechtung dieser Erklärung zugelassen (StaudingerlLorenz § 812 Rn. 60; Canaris, FS Larenz S. 827; ErmanlH. P. Westermann § 812 Rn. 15; dagegen BGB-RGRKIHeimannTrosien § 812 Rn. 19; wohl auch BGH NJW 1974, 1132, 1133; zweifelnd Flume JZ 1962, 282). 22 Zur Parallele zwischen den Anweisungsfällen und der· Konstellation bei der Stellvertretung s. o. bei Fn. 18. 23 RGZ 82, 193, 195 f. m. w. Nw.; StaudingerlCoing (11. Aufl.) § 119 Rn. 14 b, 52 a. E.; PalandtlHeinrichs § 119 Anm. 7 a. 24 Larenz, FS Michaelis, S. 208; Canaris, FS Larenz, S. 830 f. 25 E. Ulmer AcP 126 (1926) 144; v. Caemmerer, FS Rabel I, S.383. Vgl. auch entsprechende Bemerkungen in RGZ 60, 24, 28 f. und RG Warn. Rspr. 1911 Nr. 114: Eine Leistung "für Rechnung des Anweisenden" müsse der Empfänger auch dem Leistenden gegenüber so verwenden dürfen, wie es dem

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

kann das fremde Schuldverhältnis in diesem Fall nicht nur als causa, sondern auch bezüglich der in seinem Rahmen gegebenen Einwendungen Berücksichtigung finden.

n.

Fallvariante "Nichtbestehen der Schuld Vorleistung des Beklagten"

Nehmen wir in Abwandlung des Ausgangsfalles20 an, daß die irrtümliche Zahlung des Klägers "für den Dritten" erst erfolgte, nachdem die Kaufsache bereits an den Dritten ausgeliefert worden war, der Beklagte sich also nicht besonders gegen das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Dritten gesichert hatte. Der Beklagte kann, was leicht übersehen wird 27 , auch in diesem Fall gegenüber dem Verlangen des Klägers nach Rückerstattung des geleisteten Betrages schutzwürdig sein28 • Beispielsweise kann zwischen der Zahlung und deren Rückforderung durch den Kläger eine beträchtliche Zeit vergangen sein, während deren Verlauf der Dritte in Konkurs gefallen ist oder seine finanzielle Situation sich dramatisch verschlechtert hat. In einem solchen Fall wird sich oft nicht ausschließen lassen, daß der Beklagte, wenn er nicht den Kaufpreis von dem Kläger erhalten hätte, den Dritten noch rechtzeitig zur Zahlung oder zur Stellung einer Sicherheit gedrängt hätte. Nach der Leistung des Klägers "für den Dritten" bestand für den Beklagten dazu jedoch kein Anlaß mehr29 • Im Zweifel wird man bei einer solchen Konstellation zugunsten des Beklagten davon ausgehen müssen, daß dieser sich noch rechtzeitig an den Dritten gehalten hätte, wenn ihm nicht die Leistung des Klägers dafür jegliche Ursache genommen hätte. Dann aber wäre es ein nicht gerechtfertigter Nachteil für den Beklagten, ihn nunmehr, wo es zu spät sein kann, auf die ungesicherten Ansprüche gegen den Dritten zu verweisen. Auch im Falle der Vorleistung des Beklagten kommt also der Durchgriff der Einrede aus der Saldotheorie in Betracht30 • Allerdings ist dem Erfordernis des Nachteils für den Beklagten als Voraussetzung des Einwendungsdurchgriffs besondere Beachtung zu schenken. Dieses entfällt, wenn der Kläger die Annahme auszuschlieRechtsverhältnis zwischen ihm und dem Anweisenden entspreche. Dazu noch u. IV 1. 20 S. o. bei Fn. 1. 27 Vgl. MK/Lieb § 812 Rn. 52. 28 So auch CanaTis, FS Larenz, S. 848; Wieling JuS 1978, 807. 29 Wieling JuS 1978, 807. 30 § 818 III gegen dessen Anwendung im übrigen die o. I 1 genannten Bedenken sprechen - wird in diesen Fällen ohnehin nicht für anwendbar gehalten, vgl. CanaTis, FS Larenz, S. 848.

§ 12 Anweisungsfall"Fehlende Anweisung"

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ßen vermag, daß der Beklagte sich noch rechtzeitig Zahlung oder eine Sicherheit von dem Dritten verschafft hätte 3t • Ebenso liegen die Dinge, wenn der Anspruchsteller seine Leistung so rechtzeitig zurückfordert, daß die Position des Beklagten sich durch die Rückforderung nicht verschlechtern würde32 • Wenn ausgeschlossen werden kann, daß sich die Chancen der Rechtsverfolgung gegen den Dritten in dem Zeitraum zwischen dem Eingang der irrtümlichen Zahlung und deren Rückforderung maßgeblich verschlechtert haben, entfällt mangels "Nachteils" für den Beklagten die Notwendigkeit, den Anspruch des Klägers einzuschränken. Der Beklagte trüge in diesem Fall auch nach der Rückzahlung der Leistung des Klägers lediglich weiterhin das ihm allein zuzuschreibende Risiko der Vorleistung. Ähnlich ist zu entscheiden, wenn - wie in dem Fall BGHZ 67, 75 der Beklagte vorgeleistet und der Kläger erst dann "für den Dritten" gezahlt hat, als dieser bereits zahlungsunfähig war. Hier kann die Position des Beklagten dem Dritten gegenüber durch den Anspruch des Klägers nicht mehr beeinträchtigt werden: Er stand als ungesicherter Konkursgläubiger da, mit einer Leistung seines Schuldners war nicht mehr zu rechnen. Wenn die spätere Zahlung des Klägers ihm noch nachträglich eine Sicherung verschaffen könnte, so wäre dies ein durch nichts gerechtfertigter zufälliger Vorteil. Wenn der Anspruch des Klägers dagegen durchdringt, steht der Beklagte nicht schlechter als zuvor, nämlich als ungesicherter Gläubiger, da33 •

m.

Fallvariante "Niclltbestehen der Sclluld Aufrecllnung mit anderer Forderung"

Wenn zu der Zeit, als der Kläger seine irrtümliche Zahlung auf den unwirksamen Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und dem Dritten zurückfordert, der Beklagte seine Leistung an den Dritten noch gar nicht erbracht oder bereits zurückerhalten hat3 4 , kann fraglich werden, ob der Beklagte dem Anspruch des Klägers gegenüber einwenden darf, er habe noch aus einem anderen Schuldverhältnis eine Forderung gegen den Dritten3~. 31 Dieser Nachweis könnte von dem Kläger etwa mit dem Hinweis darauf geführt werden, daß der Dritte bereits unmittelbar nach der Lieferung der Kaufsache durch den Beklagten in Vermögensverfall geraten sei. Zur Beweislast vgl. u. IV 3. 32 Vgl. den Fall Colonial Bank v. Exchange Bank of Yarmouth, u. bei Fn.48. 33 In BGHZ 67, 75 hatte die Klage Erfolg, weil der BGH Kenntnis des Beklagten von dem Irrtum des Klägers annahm. Auch nach der Theorie vom Einwendungsdurchgriff wäre der Beklagte unter solchen Umständen nicht zu schützen, s. o. § 5 V 2 a. E. 34 Variante des Ausgangsfalles o. bei Fn. 1. 35 Etwa wegen Mietschulden oder weil der Hund des Dritten ihn gebissen habe, vgl. Koppensteiner/Kramer S. 46 f.

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Grundsätzlich kommt auch in dieser Fallvariante der Durchgriff der Einwendung der Aufrechnung in Betracht. Der Kläger hat nämlich mit seiner Erklärung, "für Rechnung des Dritten" zu leisten, nicht nur seine Zahlung dem - vermeintlichen - Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und dem Dritten unterstellt, sondern darüber hinaus dem Beklagten bedeutet, er könne die Zahlung wie eine Leistung des Dritten ansehen. Letzteres ergibt sich jedenfalls bei der gebotenen Auslegung der klägerischen Erklärung aus der objektivierten Sicht des Beklagten, der aufgrund der Leistungsbestimmung des Klägers den Dritten als Leistenden, den Kläger aber als bloßen Leistungsmittler ansehen durfte. Der Kläger darf .daher durch seinen Anspruch den Beklagten nach dem Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens nicht schlechter stellen, als er stehen würde, wenn tatsächlich der Dritte selbst geleistet hätte. Damit ist nicht nur das Schuldverhältnis, auf das er geleistet hat, sondern die gesamte Rechtsbeziehung zwischen dem Beklagten und dem Dritten bei der Rückforderung des Klägers zu berücksichtigen. Ein Einwendungsdurchgriff ist allerdings nur dann statthaft, wenn dem Beklagten durch die Rückforderung der irrtümlichen Leistung tatsächlich ein Nachteil zu entstehen droht. Dieses Erfordernis bildet in den Fällen der Aufrechnung mit einer weiteren Forderung das entscheidende Regulativ. Der Beklagte ist lediglich vor Nachteilen durch den Verlust eines Verteidigungsmittels zu bewahren. Es kann dagegen nicht darum gehen, ihm für seine weitere Forderung gegen den Dritten einen zusätzlichen Schuldner zu verschaffen. Ein Einwendungsdurchgriff ist danach etwa zulässig, wenn der Beklagte sich, als er die Nichtigkeit des Kaufvertrages erkannte, darauf eingerichtet hatte, die eingegangene Zahlung mit der weiteren Forderung verrechnen zu können und aus diesem Grund die Betreibung dieser Forderung unterließ, deren Durchsetzung nunmehr nicht mehr als gesichert gelten kann. Ein Einwendungsdurchgriff scheidet dagegen aus, wenn sich die Aussichten der Durchsetzung der weiteren Forderung zwischen dem Eingang der Zahlung des Klägers und ihrer Rückforderung nicht verschlechtert haben oder wenn auch der Beklagte davon ausging, daß die Zahlung die - in Wirklichkeit nicht bestehende - Kaufpreisschuld des Dritten getilgt habe, so daß er sich nicht darauf einrichten konnte, sie mit einer anderen Forderung verrechnen zu können. IV. Fallvariante "Bestehen der Schuld"

Nimmt man in Abwandlung des Ausgangsfalles 36 an, daß die Weisung des Dritten an den Kläger zwar unwirksam, der Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und dem Dritten aber wirksam war - so daß die Forderung, auf die der Kläger leistete, also bestand -, so stellt sich die Frage, ob der 36 s. o. bei Fn. 1.

§ 12 Anweisungsfall"Fehlende Anweisung"

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Beklagte dem Rückzahlungsverlangen des Klägers gegenüber soll einwenden dürfen, er habe die Leistung von dem Dritten zu fordern. Rechtstechnisch handelt es sich hier um die Frage des Durchgriffs der Einwendung der Aufrechnung, die der Beklagte gegenüber einer entsprechenden Forderung des Dritten hätte. Ein Durchgriff der Einwendung der Erfüllung kommt nicht in Betracht, da nach heute ganz herrschender Meinung eine solche Zahlung, die weder gemäß § 267 erfolgte noch von einer wirksamen Tilgungsbestimmung des Schuldners begleitet war, die zwischen dem Beklagten und dem Dritten bestehende Forderung nicht tilgt37 • 1. Nach der früher überwiegenden Auffassung kommt bei bestehender Schuld im Valutaverhältnis eine Kondiktion des vermeintlich Angewiesenen gegen den Empfänger nicht in Betracht38 • Dieser habe nur das erhalten, was ihm zustehe und verdiene in seinem Vertrauen darauf geschützt zu werden, eine Leistung seines Schuldners erhalten zu haben39 • Diese Auffassung geht auf die Regel des römischen Rechts "repetitio nulla est ab eo, qui suum recepit, tametsi ab alio quam vero debitore solutum est" zurück40 , die auch nach Preußi37 MK/Lieb § 812 Rn. 64; Canaris, FS Larenz, S. 821; ders. BB 1972,777,778; Pinger AcP 179 (1979) 317; Meyer, S. 60 f.; Medicus Rn. 677.

Das von einigen Autoren befürwortete, von der h. M. aber abgelehnte Wahlrecht des Leistenden, nachträglich seine als LeistungsmittIer erbrachte Leistung in eine eigene Leistung nach § 267 umzudefinieren, um doch noch eine Tilgung der Schuld des Dritten zu bewirken und sich so den Weg für eine Rückgriffskondiktion gegen diesen zu eröffnen (vgl. MK/Lieb § 812 Rn. 76), ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zu erörtern (dafür v. Caemmerer, FS Doelle, S. 147 ff.; Flume JZ 1962, 282; Zeiss AcP 165, 336 ff.; differenzierend Wilhelm S. 175 ff.; Koppensteiner/Kramer S. 53 ff.; ohne nähere Begründung zustimmend BGH NJW 1964, 1898, 1899; offengelassen in BGH JZ 1975, 299, 303; dagegen Lorenz, FS IPR-Institut Heidelberg, S. 269 ff.; ders. AcP 168 (1968) 307 ff.; MK/Lieb § 812 Rn. 77; Larenz 11 § 68 111 e 1; Medicus Rn. 951; Erman/H. P. Westermann § 812 Rn. 31; Staudinger/Lorenz § 812 Rn. 59; Meyer S. 100 ff.; Esser BT § 102 11 1; Esser/Weyers 11/2 § 48 111 6 a). Es würde dem Kläger nur die Möglichkeit des Vorgehens gegen den Dritten einräumen, nicht aber eine Inanspruchnahme des Beklagten - unter Verzicht auf die Ausübung des Wahlrechts - ausschließen, so daß die im folgenden erörterten Rechtsfragen jedenfalls entstehen. 38 Vgl. Canaris, FS Larenz, S. 824. 39 RG Warn. Rspr. 1911, Nr.114; RG Recht 1922, Nr. 1555, Sp.354; RG JW 1932, 735, 738 f.; OLG Hamburg Seuff. Arch. 76 (1921) Nr. 143, S.232; vgI. auch RGZ 60, 24, 29. Aus der Lit. zur Zeit nach dem Inkrafttreten des BGB vgl. Demburg 11/2 § 375 111 2; Oertmann § 814 Anm. 1 c; sowie die in RGZ 60, 24, 29 angeführten Nw. Ebenso in neuerer Zeit E. Ulmer AcP 126 (1926) 163 Fn.49; Larenz 11 (10. Aufl. 1972) § 68 111 c 2, S. 415 f.; Pfister JR 1969, 49; vgl. jetzt auch Kupisch ZIP 1983, 1412, 1419. 40 Digesten 12, 6, 4. Die deutsche übersetzung könnte lauten: "Eine Rückforderung von demjenigen, der das Seine erhalten hat, ist ausgeschlossen, auch wenn von einem anderen als dem wahren Schuldner geleistet worden ist." Zur Erläuterung dieser Stelle vgl. Dernburg Pandekten 2. Band § 141 Zf. 2, S. 380 Fn. 14. 6 v. Reinersdorff

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

schem Allgemeinem Landrecht (Teil I, Titel 16, § 180)41 und Gemeinem Recht 42 galt. So wies das RG43 den Bereicherungsanspruch eines Klägers, der dem Beklagten versehentlich mehr überwiesen hatte, als ihn ein Dritter zu zahlen beauftragt hatte, mit der Begründung ab, der Beklagte habe auch den über den Auftrag hinausgehenden Betrag noch von dem Dritten zu fordern gehabt. Entscheidend sei, daß der Kläger "für Rechnung des Dritten" geleistet habe. Inwieweit tatsächlich zwischen dem Dritten und dem Kläger ein Auftrag bestanden habe, gehe den Beklagten nichts an. In auffälligem Gegensatz dazu steht die - in der Begründung vor allem auf Canaris zurückgehende - nunmehr herrschende Ansicht, die keine Möglichkeit sieht, wie das Schuldverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten - auf das der Kläger immerhin geleistet hat - gegenüber der Forderung des Klägers Bedeutung erlangen könnte 44 • Der früheren Betonung der Schutzwürdigkeit des Beklagten entspricht heute allenfalls ein knapper, wenig überzeugender45 Hinweis auf §818 111 46 • Vielfach wird ein Schutz des Beklagten gar nicht mehr vorgesehen47 • Beide Positionen werden der Problematik nicht in jeder Hinsicht gerecht. Die herkömmliche Auffassung vermag die Tatsache nicht zu berücksichtigen, daß der Beklagte unter Umständen im Einzelfall gar nicht schutzwürdig ist. Ein Beispiel hierfür bietet der englische Fall Colonial Bank v. Exchange Bank of Yarmouth, Nova Scotia48 ; Die klagende Bank hatte versehentlich die Anweisung eines Kunden, einem seiner Gläubiger $ 3.000,- zu überweisen, falsch ausgeführt und die Summe dem Beklagten zugeleitet, der zufällig ebenfalls ein Gläubiger des "Anweisenden" war. Der Beklagte ging davon aus, daß der "für den ,Anweisenden'" überwiesene Betrag ihm zustand. Die Klage der Bank auf 41 Vgl. dazu Kach Anm.91 zu § 178, I, 16 und Anm.95 zu § 180, I, 16, sowie RG Gruchot 49 (1905) 1135, 1137. 42 Vgl. RG Seuff. Arch. 44 (1889) Nr.257, S.419 sowie die Nw. in RGZ 60, 24,29. 43 RG Warn. Rspr. 1911, Nr. 114, S. 122. 44 Canaris, FS Larenz, S. 824 ff.; v. Caemmerer JZ 1962, 387; Medicus Rn. 677; Larenz II § 68 III d; Larenz AcP 168 (1968) 302; Kappensteiner/Kramer S. 46 ff.; Staudinger/Larenz § 812 Rn. 53; Pinger AcP 179 (1979) 315 ff.; LG Bielefeld WM 1970, 1072; AG Neuß DB 1976, 2466. 45 Vgl. dazu o. I 1. 46 Vgl. Larenz II § 68 III d, S.542 Fn.2; Larenz AcP 168 (1968) 302 Fn.40; ders. JuS 1968, 447 Fn.44; MKILieb § 812 Rn. 54 a. E.; eingehender allerdings Canaris, FS Larenz, S. 824 und passim. 47 Vgl. v. Caemmerer JZ 1962, 387; Pinger AcP 179 (1979) 315 ff.; Medicus Rn. 677: "Wie gewonnen so zerronnen". 48 (1886) 1 App. Cas. 84.

§ 12 Anweisungsfall"Fehlende Anweisung"

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Rückzahlung hatte aber Erfolg49 , da dem Beklagten am selben Tage, an dem er die Mitteilung von der überweisung erhielt, auch die Nachricht von dem Fehler der Bank gegeben wurde5°. Es war daher keinerlei Verschlechterung der Position des Beklagten zu befürchten51 , er würde nach der Rückzahlung im Verhältnis zu seinem Schuldner genauso dastehen wie zuvor. Dieser Fall verdeutlicht, daß man unter Umständen zu unbilligen Ergebnissen gelangt, wenn man, wie das RG52, allein auf die Erklärung des Klägers, für Rechnung des Dritten zu leisten, abstellt und die Frage außer acht läßt, ob der Beklagte überhaupt schutzwürdig ist. Kann der Beklagte, wie in dem englischen Fall, den Anspruch des Klägers ohne Nachteil für seine Rechtsposition gegenüber dem Dritten erfüllen, so ist nicht einzusehen, warum der Bereicherungsanspruch keinen Erfolg haben soll. Die neue Lehre dagegen, nach der der Bereicherungsanspruch trotz Bestehens der Schuld, auf die geleistet wurde, grundsätzlich Erfolg haben und der Empfänger nur über § 818 III zu schützen sein soll, kann nicht überzeugen, da dieser Schutz nicht ausreicht. Hinzuweisen ist insbesondere auf die Möglichkeit, daß der Beklagte im Hinblick auf die "für Rechnung des Dritten" erfolgte Zahlung des Klägers von Maßnahmen zur Durchsetzung seiner Forderung gegen den Dritten absieht und zur Zeit des Rückerstattungsverlangens des Klägers nicht feststeht, ob der Beklagte nunmehr noch Zahlung von dem Dritten wird erlangen können53 • 2. Nach der hier verfochtenen Ansicht ist grundsätzlich ein Durchgriff der Einwendung des Beklagten, er habe die Leistung von dem Dritten zu fordern, gegenüber der Kondiktion des Klägers zulässig. Dieser muß, nachdem er zunächst "für Rechnung des Dritten" geleistet hatte, nach dem Grundsatz vom Verbot des venire contra factum proprium das Schuldverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten gegen sich gelten lassen. Dies entspricht der bereits angeführten Ansicht, daß bei einer Zahlung, die als Leistung eines Dritten gelten soll, der Vertrag zwischen dem Empfänger und dem Dritten causa der Leistung 49 Allgemein steht das englische Recht, ähnlich wie das deutsche, auf dem Standpunkt, daß beim Fehlen einer Anweisung der Leistende von dem Empfänger kondizieren kann, wenn diesem dadurch kein Nachteil ("change of position") entsteht, vgl. neben dem hier besprochenen Fall Kleinwort, Sons & Co. v. Dunlop Rubber Co. (1907) 97 L.T. 263, 264; Barclays Bank v. W. J. Simms [1979] 3 All E.R. 522, 539 f., 542; Gott & Jones S. 70 ff.; Luntz 6 Melb. Univ. L.H. 320 ff., 324, 328. 50 (1886) 1 App. Cas. 84, 88. S1 (1886) 1 App. Cas. 84, 89 f. 52 s. o. bei Fn. 43. 53 Dazu, daß § 818 111 in diesen Fällen nicht ausreichend Schutz bietet, im einzelnen o. I 1.

6*

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

des Zahlenden sein kann54 • Es trägt ferner der grundsätzlich zutreffenden Bemerkung des RG Rechnung, daß der Empfänger eine "für Rechnung des Dritten" erbrachte Leistung auch dem Leistenden gegenüber so sollte verwenden können, wie es dem Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Dritten entspricht55 • Der Kläger sollte den Einwendungsdurchgriff allerdings abwenden können, wenn er zu zeigen vermag, daß dem Beklagten durch die Erfüllung der Rückforderung kein Nachteil erwächst. Ob dies gelingt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Ein Nachteil für den Beklagten wird beispielsweise vorliegen, wenn dieser inzwischen unter dem Eindruck der Leistung "für Rechnung des Dritten" Dispositionen wie die Aufgabe einer Sicherheit getroffen hat, die seine Stellung dem Dritten gegenüber beeinträchtigt haben. Von Bedeutung ist weiterhin, ob die irrtümliche Leistung sogleich zurückverlangt wird oder erst nach Ablauf einer derart beträchtlichen Zeit, daß sich die Aussichten des Beklagten, seine Forderung gegen den Dritten noch einzutreiben, inzwischen in erheblichem Maße verschlechtert haben56 • 3. Die Beweislast muß insoweit den Kläger treffen. Wenn der Beklagte die "für Rechnung des Dritten" erbrachte Leistung von diesem zu fordern hatte, kann der Kläger sie nur im Widerspruch zu seiner eigenen Erklärung zurückverlangen. Dies aber sollte nur zugelassen werden, wenn ausgeschlossen werden kann, daß der Beklagte dadurch Schaden erleidet. Es ist zwar grundsätzlich Sache des Beklagten, die Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Verteidigungsmittel "Einwendungsdurchgriff" zu beweisen, insbesondere also das Bestehen einer Einwendung im Verhältnis zu dem Dritten sowie ein Vorverhalten des Klägers, das besagte, er werde diese Einwendung gegen sich gelten lassen. Hinsichtlich des Erfordernisses des "Nachteils" muß es aber genügen, wenn der Beklagte den drohenden Verlust einer Einwendung durch das Vorgehen des Klägers beweist. Es steht dann fest, daß der Kläger nur im Widerspruch zu seinem eigenen Vorverhaltendas besagte, er werde die betreffende Einwendung gegen sich gelten lassen - gegen den Beklagten vorgehen kann. Unter diesen Umständen kann dem Kläger zugemutet werden, zu beweisen, daß sein Vorgehen die Position des Beklagten materiell nicht beeinträchtigt, obwohl dieser formell eine Einwendung verliert57 • Wollte man dagegen 54 S. 55

o. Fn. 25.

RGZ 60, 24, 28 f. "Postanweisungsfall"; RG Warn. Rspr. 1911, Nr.114.

Dazu im einzelnen o. 11. Dies bedeutet nicht, daß der Kläger von vornherein sämtliche nur denkbaren Möglichkeiten eines Nachteils für den Beklagten ausschließen muß. Der Beklagte, der grundsätzlich näher daran ist, mögliche Nachteile für seine Position zu erkennen, hat sich vielmehr gemäß § 138 11, 111 ZPO substantiiert dazu zu äußern, welche Nachteile zu befürchten sind (vgl. BGH NJW 1962, 56

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§ 13 Leistung auf fremde Schuld nach § 267

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dem Beklagten die Beweislast für das Erfordernis des "Nachteils" in vollem Umfang auferlegen, so liefe dieser Gefahr, eine an sich drohende Beeinträchtigung seiner Position nicht beweisen zu können und deswegen durch die Erfüllung des Anspruchs des Klägers einen Schaden zu erleiden58 , was es jedoch gerade zu verhindern gilt. Das widersprüchliche Verhalten des Klägers rechtfertigt die von § 818 III abweichende Beweislastverteilung. 4. Wenn der Durchgriff der Einwendung der Aufrechnung zugelassen wird, erlischt damit die Forderung des Beklagten gegen den Dritten. Dem Kläger steht dann ein Anspruch wegen Bereicherung in sonstiger Weise gegen den Dritten zu, den er von seiner Schuld bei dem Beklagten befreit hat. Bedenken gegen die Annahme einer Schuldtilgung ohne die Mitwirkung des Schuldners aufgrund der Leistung des Klägers und der von dem Beklagten erklärten Aufrechnung sind nicht gerechtfertigt59 , wie § 267 verdeutlicht: Der Kläger hätte die Schuld nach dieser Norm ebenfalls ohne die Zustimmung des Schuldners tilgen können. Die Tatsache, daß die Forderung des Beklagten gegen den Dritten möglicherweise kurz vor der Verjährung gestanden haben oder sonst einredebehaftet gewesen sein könnte60 , läßt sich beim Rückgriff des Klägers bei dem Dritten berücksichtigen: Dieser ist dann unter Umständen durch die Schuldbefreiung nicht bereicherte1 . § 13 Fälle der Leistung auf fremde Schuld nach § 267 BGB I. Ausgangsfall "Nichtbestehen der Schuld"

Der Beklagte hatte einem Dritten Waren "Lieferung gegen Zahlung" verkauft. Der Kläger zahlte nach § 267 den Kaufpreis "für den Dritten", woraufhin der Beklagte die Waren freigab. Der Kaufvertrag war jedoch unwirksam, so daß der Kläger seine Leistung nach § 812 I 1 zurückverlangt. Der Beklagte will den als Kaufpreis gezahlten Betrag jedoch nur gegen Rückgabe der Kaufsachen wieder herausgeben1 • Diese Konstellation wirft dieselben Probleme auf wie die gerade erörterten Fälle "fehlender Anweisung". Auch hier ist die Direktkondiktion des Klägers gegen den Beklagten zuzulassen, da mangels ir2149, 2150; Stein/Jonas/Pohle § 138 Anm.II 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 138 Anm. 4 A, Anhang nach §286 Anm. 4 "Fehlen von Umständen"). Es genügt dann, wenn der Kläger die ernsthaft in Betracht kommenden Möglichkeiten ausschließt. 58 Vgl. dazu bereits o. I 1. 69 Anders Canaris, FS Larenz, S. 824 f. 60 Canaris, FS Larenz, S. 824 f.; Staudinger/Lorenz § 812 Rn.53. 61 So RG Recht 1922, Nr. 1555, Sp.354. 1 Beispielsfall nach Wieling JuS 1978, 801.

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

gen deiner Veranlassung der Leistung durch den Dritten nur der Kläger als der Leistende angesehen werden kann2 • Der Beklagte konnte allerdings, ähnlich wie in den Fällen "fehlender Anweisung", im Hinblick auf die Tilgungsbestimmung des Klägers davon ausgehen, daß für die Rechtsfolgen der Zahlung das zwischen ihm und dem Dritten bestehende Schuldverhältnis maßgeblich sein sollte, auf das der Kläger geleistet hatte. Dieses Vertrauen ist gerade auch der Forderung des Klägers gegenüber schutzwürdig, da dieser nach dem Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens nicht zum Nachteil des Beklagten von seiner Erklärung, seine Leistung dem Schuldverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten zu unterwerfen, abrücken kann. Der Kläger sollte daher seine Leistung nur insoweit zurückfordern können, als dies nach dem Schuldverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten möglich ist. Auch in diesem Fall wird jedoch das schutzwürdige Interesse des Beklagten an dem Erhalt seiner Einwendungen zum Teil vernachlässigt3 , zum Teil lediglich mit Hilfe des § 818 III zu berücksichtigen versucht4 • Wiederum erscheint daher der Durchgriff der Einrede, zur Rückzahlung des als Kaufpreis gezahlten Betrages nur gegen Rückgabe der Kaufsache verpflichtet zu sein, als die notwendige Ergänzung der herrschenden Lehre von der Direktkondiktion5 • Ein Unterschied zu den Fällen "fehlender Anweisung" besteht allerdings darin, daß der Kläger bei einer Leistung nach § 267 nicht als Leistungsmittler eines Dritten, sondern als jemand auftritt, der aus eigenem Recht selbst eine fremde Schuld tilgt. Der Beklagte kann daher die Zahlung des Klägers als eine Leistung auf ein bestimmtes Schuldverhältnis zwischen ihm und dem Dritten ansehen. Er kann 2 Larenz II § 68 III c, S. 540 f.; Medicus Rn. 685; Canaris, FS Larenz, S. 847 f.; Koppensteiner/Kramer S. 57 ff.; Kupisch S. 85 ff.; Wilhelm S. 140 ff.; Pinger AcP 179 (1979) 326 f.; EsserlWeyers I1/2 § 48 III 4; MKILieb § 812 Rn. 108; Staudinger/Lorenz § 812 Rn.43; BGB-RGRKIHeimann-Trosien § 812 Rn. 30; ErmanlH. P. Westermann § 812 Rn. 28. A. A., für eine Abwicklung "übers Dreieck", Esser § 102 I 2 a; Eike Schmidt JZ 1971, 606 f.; Köndgen, FS Esser, S. 67 f.; Wieling JuS 1978, 803 ff., gegen die jedoch die o. § 12 bei Fn. 5 genannten Gründe sprechen. Zu dem Anliegen der Mindermeinung, das allerdings berechtigt ist, sogleich im Text. S Medicus Rn. 685: "Wie gewonnen so zerronnen"; prononciert in diesem Sinne auch EsserlWeyers I1/2 § 48 III 4, S.54. Kein Vertrauensschutz vorgesehen bei Kupisch S. 85 ff.; Pinger AcP 179 (1979) 326 f. 4 Canaris, FS Larenz, S. 848; Larenz II § 68 III c, S. 541; Staudinger/Lorenz § 812 Rn. 43; Koppensteiner/Kramer S. 59. Dazu, daß § 818 III in diesen Fällen zum Schutz des Beklagten nicht ausreichend ist, vgl. bereits o. § 12 I 1. 5 Zur Begründung im einzelnen, insbesondere auch zu dem Problem des "Nachteils" für den Beklagten, kann auf die Ausführungen zu den Fällen "fehlender Anweisung" o. § 12 verwiesen werden.

§ 13 Leistung auf fremde Schuld nach § 267

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aber nicht davon ausgehen, daß Leistender der Dritte ist 6 • Dieser Unterschied ist von Bedeutung in dem Fall, daß der Beklagte dem Rückzahlungsverlangen des Klägers die Einwendung der Aufrechnung mit einer weiteren Forderung gegen den Dritten entgegenhalten wilF. Im Gegensatz zu den Fällen "fehlender Anweisung", in denen der Beklagte den Dritten als Leistenden ansehen und daher unter Umständen von dem Bestehen einer Aufrechnungsmöglichkeit ausgehen konnte 8 , ist diese Einwendung in den Fällen der Zahlung nach § 267 nicht zulässig: Der Kläger hat hier die Zahlung lediglich einem bestimmten Schuldverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten unterstellt, im übrigen aber deutlich gemacht, daß er selbst - und nicht der Dritte der Leistende ist. Er handelt also nicht widersprüchlich, wenn er Einwendungen nicht gegen sich gelten lassen will, die mit dem Schuldverhältnis, dem er seine Leistung unterstellt hat, nichts zu tun haben. Der Beklagte dagegen konnte sich bei einer Leistung nach § 267 nicht darauf einrichten, die eingegangene Zahlung noch mit einer weiteren Forderung gegen den Dritten verrechnen zu können.

n.

Fallvariante "Bestehen der Schuld"

Wenn man in Abwandlung des Ausgangsfalles9 annimmt, daß eine Schuld zwischen dem Beklagten und dem Dritten besteht, scheint die Rechtslage klar zu sein: Es wäre offenbar unsinnig, wenn der Kläger seine Leistung nach § 812 zurückverlangen könnte. Woraus sich dies konstruktiv ergibt, ist jedoch durchaus zweifelhaft to • Nach herkömmlicher Dogmatik müßte man eigentlich annehmen, ein Rückzahlungsanspruch des Klägers werde Erfolg haben, denn dieser ist nach § 812 I 1 als Leistender aktiv legitimiert, und zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlt es an einem Rechtsgrund für die Zahlung. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten kann nach dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse grundsätzlich nur zwischen diesen Parteien, nicht aber dem Kläger gegenüber einen Rechtsgrund für die Leistung abgeben l1 • 8 Es ist Sache des Klägers, die Leistungsbestimmung ausreichend deutlich zu treffen. Tut er dies nicht und kann der Beklagte daher von einer Leistungsmittlung ausgehen, so muß der Kläger diesen Eindruck mit den o. § 12 erörterten Konsequenzen gegen sich gelten lassen. 7 Vgl. den Fall o. § 12 111. 8 s. o. § 12 IH. g

s. o. I.

Vgl. v. Caemmerer JZ 1962, 386, nach dem das "Bestehen der Forderung causa der Leistung des Zahlenden" sein soll. t! Dies verkennt MK/Lieb § 812 Rn. 101, wenn er ohne weiteres darauf abstellt, daß der Beklagte nur das erhalten habe, was ihm zustehe. 10

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Hält man demgegenüber jedoch mit der allgemeinen Meinung12 an der - bei Bestehen der Schuld einzig sinnvollen - Abweisung des Bereicherungsanspruches fest, so muß man deutlich machen, daß hier ein Fall vorliegt, in dem sich ein in Anspruch Genommener ausnahmsweise auf ein Schuldverhältnis berufen darf, dessen Partei der Anspruchsteller nicht ist. Dogmatisch kann dieser Einwendungsdurchgriff auf § 267 selbst gestützt werden. Hinter dieser Norm muß, wenn sie sinnvoll sein soll, unausgesprochen der nach der Lage der Dinge auf der Hand liegende, konstruktiv aber noch als ungewöhnlich empfundene Rechtssatz stehen, daß der Gläubiger sich gegenüber einem Bereicherungsanspruch des leistenden Dritten auf das Rechtsverhältnis zu seinem Schuldner berufen darf 13 • Der diesen Rechtssatz rechtfertigende Grund kann nur sein, daß der Kläger "für den Dritten" geleistet, das heißt, seine Leistung dem fremden Schuldverhältnis unterstellt hat1 4 • In diesem Fall kann, wie bereits festgestellt wurde, das Schuldverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten causa der Leistung des Klägers sein15. Der Gesichtspunkt der Unterstellung einer Leistung unter ein fremdes Schuldverhältnis trifft jedoch nicht nur auf den hier erörterten, unmittelbar von § 267 erfaßten Fall zu. Er gilt vielmehr auch dann, wenn die Schuld, die gemäß § 267 getilgt werden sollte, in Wahrheit nicht bestand16 oder wenn nicht nach § 267, sondern aufgrund einer vermeintlichen Anweisung auf ein fremdes Schuldverhältnis geleistet wurde 17 • Es ist also lediglich die konsequente Fortführung eines in § 267 vorausgesetzten und von der herkömmlichen Rechtslehre zu dieser Norm der Sache nach bereits angewendeten Gedankens, auch in diesen weiteren Fällen den Durchgriff von Einwendungen aus dem fremden Schuldverhältnis zuzulassen.

12 v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 382 ff.; ders. JZ 1962, 386; MK/Lieb § 812 Rn. 101; ErmanlH. P. Westermann § 812 Rn. 26. 13 Die Frage nach einem "Nachteil" für den Beklagten stellt sich hier nicht, da keine irrtümliche Zahlung des Klägers vorliegt. 14 Vgl. Esser/Weyers 11/2 § 48 111 4, S. 54. 15 s. o. § 12 bei Fn. 25. 18 Vgl. den Fall o. I. 17 Vgl. die Fälle o. § 12.

§ 14 Der finanzierte Abzahlungskauf

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Drittes Kapitel

Anschein der Zusammengehörigkeit zweier Schuldverhältnisse In dieser letzten Fallgruppe geht es um drittfinanzierte Geschäfte. In diesem Bereich, insbesondere beim finanzierten Abzahlungskauf, ist der Einwendungsdurchgriff als dogmatische Handhabe zum Schutz des Interesses an dem Erhalt von Einwendungen bereits grundsätzlich anerkannt. Die Einordnung auch dieser Fälle in ein allgemeines Konzept kann jedoch dazu beitragen, die noch umstrittenen Grundlagen und Voraussetzungen dieses von der Rechtsprechung von Fall zu Fall "nicht eben gradlinig"l entwickelten Instituts zu klären.

§ 14 Der finanzierte Abzahlungskauf Der Beklagte wollte eine Kücheneinrichtung kaufen. Zur Finanzierung der Anschaffung vermittelte der Verkäufer einen Kredit des Klägers, der unmittelbar an ihn selbst auszuzahlen und von dem Beklagten an den Kläger ratenweise zurückzuzahlen war. Der Beklagte unterzeichnete bei dem Verkäufer ein Formular, das den Kaufvertrag sowie den Darlehensantrag enthielt, der später von dem Kläger angenommen wurde. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der Rückseite des Formulars wurde darauf hingewiesen, daß die Geltendmachung von Einwendungen aus dem Kaufvertrag dem Darlehensgeber gegenüber ausgeschlossen sei. Später verlangt der Kläger die Rückzahlung des Darlehens, während der Beklagte die Zahlung zurückhalten will, bis er von dem Verkäufer Gewährleistung wegen Mängel der Kaufsache erhalten hat2 • I. Die Selbständigkeit von Kauf- und Darlehensvertrag Zunächst ist mit der ganz herrschenden "Trennungstheorie" festzustellen, daß man es in diesen Fällen mit zwei selbständigen Geschäften, nämlich einem Kauf- und einem Darlehensvertrag, zu tun hat3 • Dies liegt nach dem äußeren Ablauf der Dinge bei Vertragsschluß auf der Hand: Der Käufer unterzeichnet zwei verschiedene Verträge mit zwei verschiedenen Personen4 •

a, S. 444. Der Beispielsfall ist der Entscheidung BGHZ 37, 94 nachgebildet. Weitere ähnliche Fälle sind BGHZ 22, 90; 33,293; 47,207; 47, 217; 47, 233; 60, 108; 83, 301; BGH NJW 1971, 2303; NJW 1973, 452; WM 1975, 1298; NJW 1979, 2511; NJW 1980, 1155. s BGHZ 33, 293, 295; 37, 94, 99; 47, 207, 209 f.; 47, 233, 234 f.; 47, 224, 227; 60, 108, 110; 83, 301, 303; BGH NJW 1973, 452, 453; NJW 1978, 1427; NJW 1979, 2511; Esser, FS Kern, S.96 Fn. 15; LaTenz 11 § 63 I a, S.440; ders., FS Michaelis, S. 194; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1398; Medicus Rn. 776; MKIH. P. Westermann§ 6 AbzG Rn. 17; BGB-RGRKIKessler Anh. nach § 455, § 6 AbzG Rn. 13. 1 2

Larenz II § 63 I

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Es mag zwar möglich sein, daß die Parteien die drei Leistungen übereignung der Kaufsache, Zahlung des Kaufpreises mittels der Darlehensvaluta und Rückzahlung des Darlehens - :o!:u einem "Ringgeschäft" im Sinne des § 139 verbinden5 , so daß sie in einer Art dreiseitigern Synallagma stehen6 • Hierzu bedürfte es aber, angesichts der Trennung der Verträge nach dem äußerlichen Ablauf, einer besonderen Vereinbarung zwischen den Parteien, an der es jedoch fehlt. Gernhuber, der das Vorliegen eines solchen Vertragsverbundes annimmF, wird damit dem in den Verträgen zum Ausdruck gekommenen Parteiwillens nicht gerecht. Dieser ist bei unvoreingenommener Betrachtung auf den Abschluß zweier rechtlich selbständiger Verträge gerichtet 9 • Der unleugbare Zweckzusammenhang zwischen den beiden Verträgen rechtfertigt für sich allein noch nicht die Annahme, es sei ein "Ringgeschäft" abgeschlossen worden, denn auch Vereinbarungen, die nur einem wirtschaftlichen Zweck dienen, können als rechtlich selbständige Verträge gewollt sein. Ähnliche Bedenken stehen auch den überlegungen Vollkommers entgegen, der die Parteien an einem fingierten "rechtlichen Leitbild" eines einheitlichen Geschäfts festhalten will lO • Ein solches rechtliches Leitbild könnte im übrigen, selbst wenn es existierte, nach dem Grundsatz schuldrechtlicher Typenfreiheit l1 nicht verbindlich seinl2 • Handelt es sich danach beim sogenannten B-Geschäft1 3 um zwei rechtlich selbständige Verträge, so ist es lediglich eine Selbstverständlichkeit, daß das Finanzierungsinstitut seine Darlehensforderung grundsätzlich ohne Rücksicht auf den Kaufvertrag verfolgen kann. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse, ohne daß es hierfür besonderer Trennungsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bedürfte 14 • 4

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Larenz, FS Michaelis, S. 201 f. Vgl. Gernhuber, FS Larenz, S.471; Vollkommer, FS Larenz, S. 712 f. Gernhuber, FS Larenz, S.471.

FS Larenz, S. 471, 473 ff., 477 f., 484. Vgl. dazu unten bei Fn.23. 9 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1397. 10 FS Larenz, S. 711 ff.; ihm folgend Palandt/Putzo Anh. zu § 6 AbzG Anm. 4; Fikentscher § 71 V 6 b. 11 Dazu Medicus, Schuldrecht I, § 10 I 3. 12 Gegen Vollkommer auch Gilles JZ 1975, 310 Fn. 64; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1397. 13 Zur Terminologie vgl. v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S. 14 ff.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1387 ff. 14 BGHZ 47, 207, 210; BGH NJW 1973, 452, 453; Vollkommer, FS Larenz, S. 711 f.; vgl. auch die rechtsvergleichende Untersuchung von Farnsworth, in der die deutsche Rspr. zum Einwendungsdurchgriff - ohne weitere Untersuchung - als bemerkenswerte Ausnahme von diesem Grundsatz dargestellt wird, Nr. 42, S. 50. 7

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§ 14 Der finanzierte Abzahlungskauf

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11. Gründe für den Käuferschutz

Dennoch wird es im Grundsatz allgemein als gerechtfertigt angesehen, daß sich der in Anspruch Genommene in diesen Fällen gegenüber dem Anspruchsteller auf Einwendungen aus einem Schuldverhältnis berufen darf, an dem dieser nicht als Partei beteiligt ist l5 • Um dieses vom Rechtsgefühl geforderte Abweichen von der allgemeinen Regel in einen angemessenen dogmatischen Rahmen zu fassen, kommt es vor allem darauf an, möglichst klar herauszuarbeiten, aus welchen Gründen der Anspruchsgegner bei wertender Betrachtung schutzwürdig erscheint. 1. Nach einer von Esser begründeten16 und von Gundlach 17 neuerdings weitergeführten Konzeption soll sich bereits aus den vertraglichen Abreden der Parteien ergeben, daß das Finanzierungsinstitut nicht unabhängig von dem Kaufvertrag gegen den Käufer und Darlehensnehmer vorgehen dürfe. Der Darlehensvertrag sei zweckbezogen und daher bei Nichterreichung des wirtschaftlichen Erfolgs des Kaufvertrages wegen objektiver Unmöglichkeit unwirksam l8 . Gundlach zufolge soll also der Darlehensvertrag nach den Parteivereinbarungen derart auf den Kaufvertrag bezogen sein, daß nicht nur die Wirksamkeit, sondern auch die ordnungsgemäße Durchführung des Kaufvertrags causa des Darlehensvertrags seP'. Obwohl zwei verschiedene Geschäfte abgeschlossen worden seien, stehe und falle der Darlehensvertrag mit dem Kaufvertrag2o • Hier werden jedoch - mit Blick auf das erwünschte Ergebnis Abreden in den Darlehensvertrag hineingelegt, die sich dort bei unbefangener Betrachtung kaum wiederfinden lassen. Da das Darlehen nur zur Erfüllung der Kaufpreisschuld gegeben wurde, wird man zwar unterstellen können, beide Parteien hätten einen wirksamen Kaufvertrag vorausgesetzt, so daß man bei Unwirksamkeit des Kaufvertrags Unwirksamkeit auch des Darlehensvertrags wegen Zweckverfehlung oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage annehmen kann21 • 15 Vgl. die in Fn.2, 3 genannte Rspr. sowie den weiteren Text. Die Voraussetzungen dieses Schutzes sind im einzelnen umstritten, dazu u. IV. 18 FS Kern, S. 87 ff. Die Lehre Essers wird zunächst nur anhand der weiterführenden Arbeit Gundlachs erörtert. Auf Essers im Gegensatz zu der ganz hM (s. u. Fn. 77) stehenden Auffassung, es sei kein vollständiger Käuferschutz zu gewähren, wird u. IV 2 eingegangen. 17 S. 218 ff. 18 Gundlach, S. 224 ff. 19 Dagegen Larenz, FS Michaelis, S. 203. 20 Gundlach, S. 224 ff. 21 Larenz 11 § 63 I a, S.442; ders., FS Michaelis, S. 203 f.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1420.

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Daraus läßt sich jedoch keineswegs auf die Vereinbarung schließen, daß der Darlehensvertrag auch bei wirksamem Kaufvertrag mit dessen ordnungsmäßiger Durchführung stehen und fallen soll. Die ausdrücklichen Trennungsklauseln stehen der Behauptung entgegen, eine solche Abrede ließe sich durch Auslegung des Vertrages gewinnen 22 • Es findet sich in dem Darlehensvertrag keinerlei Hinweis auf eine derart weitgehende Zweckvereinbarung. Man darf in diesen Fällen nicht der Versuchung erliegen, auf den - vermuteten - inneren "wirklichen" Willen des Käufers zurückzugreifen. Bei der Auslegung von Willenserklärungen kann es im Hinblick auf §§ 116 S. 1, 119 ff. entgegen dem insoweit leicht mißzuverstehenden Wortlaut des § 133 nicht auf den inneren, sondern ausschließlich auf den erklärten, das heißt, den im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Willen ankommen 23 • Auch Gundlach kann also seine Schlußfolgerungen lediglich auf den nicht zu leugnenden Zweckzusammenhang zwischen dem Darlehensund dem Kaufvertrag stützen. Dieser läßt jedoch nicht auf einen Parteiwillen zur rechtlichen Abhängigkeit des Darlehens- von dem Kaufvertrag schließen, da auch ein zweckgebundener Kredit rechtlich unabhängig von dem zu finanzierenden Geschäft vergeben werden kann24 • 2. Vielfach heißt es, der Käufer dürfe, wenn er es mit zwei Geschäftspartnern zu tun habe, nicht schlechter stehen als bei einem einfachen Abzahlungskauf 25 • Hier steht ihm nur eine Person gegenüber, so daß das Problem des Einwendungsverlusts nicht auftreten kann. Dieses Postulat bedarf jedoch noch der Begründung26 • Der Grundsatz der schuldrechtlichen Gestaltungsfreiheit spricht demgegenüber für eine strikte Beachtung der durch die Parteien gewählten Vertragsgestaltung. Hinter dieser Wertung ist allerdings vielfach die Ansicht erkennbar, daß das finanzierte Abzahlungsgeschäft eine Abweichung von 22 Auch wenn man, wie Esser, FS Kern, S.109 und Gundlach S.227, die Trennungsklauseln in den AGB für unwirksam hält (dazu u. V), folgt daraus nicht, daß deren Gegenteil vereinbart wurde. 23 RGZ 67, 431, 433; RGZ 131, 343, 350; BGHZ 47, 75, 78; Larenz, Auslegung,

S. 75 ff.; Flume § 16 3 c, S.310; MK/Meyer-Maly § 133 Rn. 10; ders. § 157 Rn. 48. 24 Gegen Gundlach auch Gaul AcP 180 (1980) 315. Unklar bleibt bei Gundlach S. 230 f., woraus sich konstruktiv das Recht des Käufers ergeben soll,

wegen Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung des Kaufvertrags die Ratenzahlungen an den Kläger zurückzuhalten. Zu der anscheinend im Anschluß an Larenz befürworteten Analogie zu § 273 s. u. III 2.

25 BGHZ 22, 90, 95, 100; 37, 94, 99; 47, 233, 237 f.; BGH NJW 1973, 452, 453; NJW 1979,2511; Vollkommer, FS Larenz, S. 705 f. 28 Larenz, FS Michaelis, S. 199; Larenz 11 § 63 I a, S.445; Gilles JZ 1975, 308; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1401 ff.; Esser, FS Kern, S.99; Weitnauer JZ 1968, 208.

§ 14 Der finanzierte Abzahlungskauf

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dem gesetzlichen Leitbild des einfachen - zweiseitigen - Abzahlungskaufs sei, die den von dem Abzahlungsgesetz gewährten Käuferschutz umgehe 27 • Einen Schutz des Käufers beim B-Geschäft in Anlehnung an das Abzahlungs gesetz hat am eindringlichsten Marschall v. Bieberstein vertreten. Diese Auffassung geht von der Überlegung aus, daß die beim B-Geschäft gewählte Rechtskonstruktion nicht dazu führen darf, daß der Käufer Rechte, auf die er nicht verzichten kann, verliert 28 • Für unentziehbar hält v. Marschall bei Abzahlungsgeschäften nicht nur die Rechte des Käufers im Falle seines Zahlungsverzuges, für die im Abzahlungsgesetz selbst festgelegt sei, daß er nicht auf sie verzichten könne 29 , sondern darüber hinaus grundsätzlich sämtliche Rechte, die dem Käufer bei Vertragsverletzungen des Verkäufers zustehen - insbesondere also die Gewährleistungsansprüche und das Recht, die Zahlung der Kaufpreisraten vorläufig oder endgültig zu verweigern30 • Eine Aufgabe dieser Rechte könne auch in einem frei ausgehandelten Vertrag nicht wirksam vereinbart werden31 • Nur in Ausnahmefällen beispielsweise bei dem Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs - soll der Käufer auf seine gesetzlichen Rechte verzichten können32 • Die zwingende Natur der - nach allgemeinem Kaufrecht dispositiven33 - Rechte des Käufers bei Vertragsverletzungen des Verkäufers leitet v. Marschall für Abzahlungsgeschäfte aus folgender Überlegung her: Das Abzahlungsgesetz wolle den Käufer, der sich in Verzug befinde, davor schützen, für die restlichen Kaufpreisraten haftbar zu bleiben, wenn er Besitz und Nutzung der Kaufsache bereits verloren habe34 • Wenn der Käufer aber bei eigenen Vertragsverletzungen zwingend geschützt sei, müsse Gleiches erst recht bei Vertragsverletzungen des Verkäufers gelten 35 • In analoger Anwendung des Abzahlungsgesetzes könne der Käufer daher auch auf seine Rechte bei Vertragsverletzungen des Verkäufers nicht verzichten 36 • Um den Verlust dieser Rechte auch bei einem dreiseitigen B-Geschäft zu verhindern, sei ein Einwendungsdurchgriff zuzulassen37 • 27 28

Gilles JZ 1975, 310 f.; Voll kammer, FS Larenz, S. 705 f., 713 f. v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S. 137 ff., 151 f.; vgl. auch BGHZ 22,

90, 95, 100. 29 §§ 1 I 2, 2 I 3, 5 AbzG; v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S. 142 f. 30 v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S. 146 ff., 153. 31 v. Marschall, Vortrag, S.26 Fn.56. 32 v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S.149 Fn.584. 33 v. Marschall, Vortrag, S.26. 34 v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S. 142 ID. w. Nw., 151. 35 v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S. 143, 145; ders., Vortrag, S. 25 f .. 36 v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S. 143 ff; 37 v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S. 151 ff.; ders., Vortrag,S. 26.

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Man könnte demgegenüber bereits daran zweifeln, ob sich die zwingende Natur der nach allgemeinen Grundsätzen dispositiven Rechte des Käufers bei Vertragsverletzungen des Verkäufers in den Fällen des einfachen - zweiseitigen - Abzahlungsgeschäfts tatsächlich mit einer Analogie zum Abzahlungsgesetz rechtfertigen läßt. Gegen diesen Schluß spricht zumindest die Tatsache, daß der Gesetzgeber den zwingenden Charakter dieser Vorschriften für Abzahlungsgeschäfte hätte anordnen können, dies aber nicht getan hat. Im Zweifel wird man bei einer solchen Sachlage für den Grundsatz der Vertragsfreiheit entscheiden müssen. Selbst wenn man jedoch den Überlegungen v. Marschalls zum einfachen Abzahlungskauf folgt, ergibt sich nicht ohne weiteres, daß auch bei einem drittfinanzierten Abzahlungsgeschäft der Käufer bei Vertragsverletzungen des Verkäufers zwingend zu schützen ist. Dieser Schutz geht hier zu Lasten eines Dritten, der grundsätzlich nicht für das Verhalten des Verkäufers einzustehen hat. Die Einschaltung eines Dritten zur Finanzierung des Geschäfts verändert vielmehr die Situation gegenüber einem einfachen Ratenkauf erheblich. Gerade auch wirtschaftlich betrachtet handelt es sich nicht mehr um denselben Geschäftstypus38 • Der Dritte hat grundsätzlich ein beachtenswertes Interesse daran, lediglich die Finanzierungsfunktion zu übernehmen und sich von den Auseinandersetzungen um das finanzierte Geschäft wie ein normaler Barkreditgeber möglichst freizuhalten 39 • Die Einschaltung des Finanzierungsinstituts ist keine für den Käufer "belanglose Modalität" des Geschäfts, die ausschließlich im Interesse des Verkäufers erfolgt 40 • In vielen Fällen wäre nämlich der Verkäufer selbst gar nicht in der Lage, dem Käufer Kredit einzuräumen, so daß dieser, wenn er Teilzahlung wünschte, sich auf eigene Faust ein Darlehen besorgen müßte, welches selbstverständlich unabhängig von der Entwicklung des Kaufvertrages zurückzuzahlen wäre. Die Einschaltung des Dritten entspricht also dem Interesse sowohl des Verkäufers als auch des Käufers 4 !. Man kann daher nicht generell den Schluß ziehen, der Käufer dürfe beim drittfinanzierten Abzahlungsgeschäft nicht schlechter stehen als beim einfachen zweiseitigen Abzahlungskauf42 • Für verschiedene Rechtsformen gelten eben nicht notwendig dieselben Wertungen. Wenn Dazu eingehend Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1403. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1428; ErmanlWeitnauer/Klingsporn vor AbzG Rn. 31. 40 So aber Larenz, FS Michaelis, S.201; v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S. 138 und passim. 41 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1402 f. 42 s. aber o. Fn.25 und v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S. 151 ff.; ders., Vortrag, S. 25 ff. 38

39

§ 14 Der finanzierte Abzahlungskauf

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man zunächst lediglich die Struktur der hier in Frage stehenden Fälle betrachtet - die Finanzierung eines Geschäftes durch einen Dritten und die noch zu erörternden besonderen Umstände des einzelnen Falles außer acht läßt, ergibt sich vielmehr kein Anlaß, von dem allgemeinen Grundsatz abzugehen, daß der Dritte von dem fremden Geschäft nicht betroffen wird. Dies wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, daß nach der Konzeption v. Marschalls einziges Kriterium zur Bestimmung derjenigen Geschäfte, auf die der Einwendungsdurchgriff anzuwenden sein soll, die "Zweckbindung" des Kredits "in Verbindung mit einer Möglichkeit der Kontrolle ihrer Einhaltung" - also beispielsweise der Auszahlung des Darlehens direkt an den Verkäufer - ist 43 . Da der Einwendungsdurchgriff zwingend auch bei frei ausgehandelten Verträgen eingreifen soll44, führte diese Auffassung dazu, daß ein zweckgebundenes Darlehen grundsätzlich nicht mehr rechtlich selbständig von dem zu finanzierenden Geschäft vergeben werden könnte, wenn der Kreditgeber die Möglichkeit hat, die Beachtung der Zweckbindung zu kontrollieren. Auch wenn wirtschaftlich ebenbürtige Parteien in vollem Bewußtsein der damit verbundenen Risiken eine Gestaltung wie beim B-Geschäft frei ausgehandelt hätten, müßten die Dispositionen der Parteien, wenn man v. Marschall folgt, dadurch durchkreuzt werden, daß man den Durchgriff der "unentziehbaren Rechte" des Käufers aus dem zu finanzierenden Geschäft - beispielsweise also der Einrede des Zurückbehaltungsrechts wegen Mängel der Kaufsache 45 - gegenüber den Forderungen des Darlehensgebers zuzulassen hätte. Nach welchen Kriterien entschieden werden soll, wann ausnahmsweise eine zweckgebundene, aber rechtlich selbständige Finanzierung wie beim B-Geschäft vereinbart werden darf46 , bleibt offen. Ein derart weitgehender Eingriff in die schuldrechtliche Gestaltungsfreiheit der Parteien erscheint zur Lösung der hier diskutierten Fälle nicht erforderlich47 • Die mit der Zweckbindung des Kredits und deren Kontrolle verbundene Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Kreditnehmers 48 ist kein ausreichender Grund, den Kreditgeber zwingend an dem Risiko der Störung des finanzierten Geschäfts zu beteiligen. Es besteht kein Anlaß, von Rechts wegen immer schon dann korriVortrag, S.34. s. o. Fn. 31. 45 v. Marschall, Abzahlungsgeschäft, S. 146 f., 153. 48 s. o. Fn. 32. 47 In diesem Sinne auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1421; ders., ZIP 1980,721. Auch BGH NJW 1980, 41, 42 hält das Kriterium der Zweckbindung allein nicht für ausreichend zur Rechtfertigung des Einwendungsdurchgriffs. 48 v. Marschall, Gutachten, S. 203; ders., Vortrag, S. 34. 43 44

v. Marschall,

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

gierend einzugreifen, wenn ein zweckgebundenes Darlehen rechtlich selbständig von dem zu finanzierenden Geschäft vergeben worden ist. Diese Kritik gilt entsprechend für ähnliche Auffassungen, die den Einwendungsdurchgriff von weiteren Kriterien abhängig machen wollen, die als solche ebenfalls nicht zu Bedenken Anlaß geben, wie beispielsweise die Tatsache des Zusammenwirkens von Verkäufer und Kreditgeber49 • Zusammenfassend läßt sich zu den bislang erörterten Ansichten feststellen, daß die Vertrags gestaltung beim B-Geschäft - nämlich die Vereinbarung eines zweckbezogenen, aber rechtlich selbständigen Darlehens - als solche nicht zu mißbilligen ist und daher nicht unter Hinweis auf das Gesetz oder durch eine wenig wirklichkeitsnahe Auslegung des in den Verträgen zum Ausdruck gekommenen Parteiwillens korrigiert werden sollte. Es ist vielmehr bei den besonderen Umständen des einzelnen Falles anzusetzen. 3. Es bleibt danach der folgende Gesichtspunkt als Anknüpfungspunkt für den Käuferschutz bei finanzierten Abzahlungskäufen: Bedenklich ist, daß dem Käufer in den typischen Fällen die Besonderheiten und Risiken des Geschäfts, das er eingegangen ist, nicht bewußt werden. Er erkennt nicht, daß er das Darlehen auch dann zurückzahlen soll, wenn er keine oder nur mangelhafte Ware erhalten hat50 • Dies ist darauf zurückzuführen, daß das Finanzierungsinstitut und der Verkäufer bei den Vertragsverhandlungen betont gemeinsam auftreten. Im typischen Fall kommt es zu keinerlei unmittelbarem persönlichen Kontakt zwischen dem Kreditgeber und dem Käufer/Kreditnehmer; letzterer hat vielmehr bei dem Abschluß beider Verträge lediglich mit dem Verkäufer zu tun. Dies weckt bei dem Käufer vielfach den unzutreffenden Eindruck, es handele sich bei dem Geschäft um den ihm vertrauten Ratenkauf oder zumindest um zwei zusammengehörige Verträge bzw. in beiden Fällen um ein und denselben Vertragspartner51 • Dieser unzutreffende Eindruck wird im allgemeinen auch nicht 49 Vgl. die Beschlüsse des 53. Deutschen Juristentages 1980, Zivilrechtliche Abteilung Nr. IX in NJW 1980, 2510 sowie die Konzeptionen von Gilles JZ 1975, 311 f. und BGB-RGRK/Kessler § 6 AbzG Rn. 41. Vgl. auch den Entwurf einer gesetzlichen Regelung des Einwendungsdurchgriffs in Deutscher Bundestag Drucksache 8/3212. . 50 BGHZ 33, 293, 297 f.; 47, 207, 210; 47, 233, 239; Vollkommer, FS Larenz, S. 705 f.; LaTenz 11 § 63 I a, S. 445. 51 So vor allem LaTenz 11 § 63 I a, S. 445. Der "Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte" ist der entscheidende Gesichtspunkt für die Zulassung des Einwendungsdurchgriffs auch nach BGH NJW 1971, 2303, 2306; NJW 1979, 2511, 2512; NJW 1980, 1514, 1516; NJW 1981, 389, 390 f. Nach BGHZ 83, 301, 304 ff. kommt es auf das Vorliegen objektiver Umstände an, die bei

§ 14 Der finanzierte Abzahlungskauf

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durch die - mehr oder weniger deutliche - Trennungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kreditgebers aufgehoben52 • Zu mißbilligen ist also, daß der Darlehensgeber zunächst, sei es im Zusammenwirken mit dem Verkäufer, sei es dadurch, daß er den Verkäufer für sich auftreten läßt, den "Anschein der Zusammengehörigkeit der beiden Geschäfte" erweckt, später aber ohne Berücksichtigung der . vertraglichen Beziehungen zwischen dem Verkäufer und dem Käufer gegen den letzteren vorgehen will. An diesem bei Vertragsschluß zurechenbar gesetzten Eindruck kann man das Finanzierungsinstitut festhalten: nemgegenüber wäre ein Vorgehen ohne Rücksicht auf die vorgebliche Zusammengehörigkeit der beiden Geschäfte verbotenes venire contra factum proprium53 • Ob ein solcher Eindruck der Zusammengehörigkeit bei Vertragsschluß erweckt wurde, ist anhand des objektiven Erklärungswerts des Verhaltens des Kreditinstituts bzw. seines Vertreters, des Verkäufers, nach außen .festzustellen. Auf die subjektiven Fehlvorstellungen einzelner Kunden kann es dabei nicht ankommen54 • Ausgangspunkt für den Schutz des Käufers beim·B-Geschäft ist also nach der hier vertretenen Auffassung die in jedem einzelnen Fall zu treffende tatsächliche Feststellung, daß der Kreditgeber nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts und der Verkehrsanschauung den Eindruck erweckt hat, Kauf- und Darlehensvertrag seien zu einem einheitlichen Geschäft verbunden. 111. Die konstruktive Ausgestaltung des Käuferschutzes

Es ist nunmehr nach einem dogmatischen Rahmen zu suchen, der die Voraussetzungen des Käuferschutzes entsprechend den soeben herausgearbeiteten wertenden Gesichtspunkten im einzelnen abstrakt-generell bezeichnet. 1. Gestützt auf die Tatsache, daß der Käufer die Risiken des BGeschäfts im allgemeinen nicht erkennt, postuliert der BGH in einigen Entscheidungen neben dem Einwendungsdurchgriff als zusätzliche Absicherung .eine Schadensersatzpflicht des Kreditgebers aus culpa in contrahendo wegen mangelnder Aufklärung des Käufers 55 • Gegen dem Beklagten subjektiv den Eindruck der Zusammengehörigkeit erwecken; genauso BGH DB 1982, .426. 52 Dazu eingehendu. V. 53 Dieser Grundsatz ist auch nach BGH NJW 1980, 41, 43 Grundlage des Einwendungsdurchgriffs. 54 Vgl. Weick JZ 1974, 14 f. 55 Vgl. BGH NJW 1979, 2194; BGHZ 33, 293, 300 f.; 33, 302, 313; 47, 207, 214; 47,233,239. . . 7 v. Reinersdorff

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

diese Lösung spricht jedoch, daß im allgemeinen nicht festgestellt werden kann, daß der Käufer bei gehöriger Aufklärung das Geschäft nicht abgeschlossen hätte, so daß es an dem Erfordernis der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden fehlt 56 • Darüberhinaus steht nach der Rechtsprechung des BGH keineswegs fest, wie eine ausreichende Aufklärung des Käufers auszusehen hat 57 , so daß die Kategorie des "Verschuldens" nicht angebracht erscheint58 • Den Vorzug verdient vielmehr die Heranziehung des Grundsatzes vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens59 , der ein Verschulden des Kreditgebers nicht voraussetzt60 • 2. Wenig überzeugend erscheint auch die von LaTenz vorgeschlagene dogmatische Lösung einer Analogie zu § 273, wonach beim B-Geschäft Kauf- und Darlehensvertrag als "dasselbe rechtliche Verhältnis" im Sinne dieser Norm angesehen werden können 61 • Hiernach wäre in jedem Einzelfall zu prüfen, ob "dasselbe rechtliche Verhältnis" vorliegt. Welche Voraussetzungen jedoch im einzelnen erfüllt sein müssen, um diese Annahme zu rechtfertigen, bleibt offen, so daß nicht deutlich wird, wann bei Fällen, die im tatsächlichen Bereich leicht von dem Ausgangsfa1l 62 abweichen63 , der Einwendungsdurchgriff anzuwenden sein soll. Dagegen läßt sich der von LaTenz selbst als ausschlaggebend für den Käuferschutz erkannte Gesichtspunkt, daß bei Vertragsschluß der Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte erweckt wurde 64 , bei der Anwendung des § 273 gar nicht berücksichtigen. Diese mangelnde Übereinstimmung zwischen wertender Betrachtung und rechtstechnischer Lösung läßt den Analogieschluß etwas willkürlich erscheinen65 • 3. Es müssen vielmehr in der Tat, wie LaTenz fordert 66 , "neue Denkmöglichkeiten entwickelt werden", da "es mit den bisherigen Mitteln 68 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1423 a. E.; auf dieses Argument stützt sich der BGH selbst in BGHZ 68, 118, 127. 67 Vgl. den Hinweis auf eine genügende Klausel in BGHZ 47, 207, 212 und demgegenüber BGH WM 1975, 1298; NJW 1979, 2511, 2512 sowie BGH NJW 1982, 1694, 1696. Der BGH hat bislang, soweit ersichtlich, nur in BGH NJW 1973, 452, 454 eine Belehrung für ausreichend erachtet. S8 Gegen diesen Ansatz des BGH auch v. Marschall, Vortrag, S.24; Gernhuber, FS Larenz, S. 461 f.; Vollkommer, FS Larenz, S. 707; Löwe NJW 1971, 2304 f.; König JZ 1972,55 f.; Werner Baur NJW 1975, 2008 f. 59 S. o. bei Fn. 53 sowie sogleich unter 3. 80 s. O. § 5 Fn. 25. 61 Larenz 11 § 63 I a, S. 445 f.; ders., FS Michaelis, S. 201 ff. 8! s. o. bei Fn. 2. 83 Dazu unten § 15. 04 Larenz 11 § 63 I a, S. 445. 65 Kritisch in diesem Sinne auch Gilles JZ 1975, 310. 08 Larenz 11 § 63 I a, S. 445 f., 448; vgl. auch Gilles JZ 1975, 308.

§ 14 Der finanzierte Abzahlungskauf

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der Dogmatik kaum möglich (ist), die Zulässigkeit von Einwendungen gegen die Bank aus dem Rechtsverhältnis zu einem ,Dritten', dem Verkäufer, zu begründen". Eine solche "neue Denkmöglichkeit" ist die hier vertretene Auffassung, daß der Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens einen Einwendungsdurchgriff rechtfertigt, wenn dem Anspruchsgegner eine Schlechterstellung gegenüber der Rechtslage bei Zusammengehörigkeit der Geschäfte droht, die der Anspruchsteller gegen sich gelten lassen muß. Die im 1. Teil der Untersuchung vorgeschlagenen Voraussetzungen des Instituts Einwendungsdurchgriff ermöglichen es auch bei den finanzierten Abzahlungskäufen, die maßgeblichen Gesichtspunkte des Falles dogmatisch zu fassen: Die Nichtberücksichtigung des Kaufvertrags durch den Darlehensgeber bei der Eintreibung der Raten ist als verbotenes venire contra factum proprium anzusehen, wenn der Kläger gegenüber dem Beklagten bei Vertragsschluß zurechenbar den Eindruck der Zusammengehörigkeit von Kauf- und Darlehensvertrag erweckt hat. Liegt ein solcher Fall vor, so darf der Kläger nur insoweit gegen den Beklagten vorgehen, als diesem dadurch kein "Nachteil" entsteht, das heißt nur dann, wenn dies auch bei Zusammengehörigkeit der Geschäfte möglich gewesen wäre. Hiernach hängt der Einwendungsdurchgriff im Einklang mit dem Ergebnis der Interessenwertung87 davon ab, ob nach den Umständen des einzelnen Falles der Eindruck der Zusammengehörigkeit der bei den Geschäfte erweckt wurde. IV. Die Voraussetzungen des Einwendungsdurcbgriffs im einzelnen 1. Die Feststellung widersprüchlichen Verhaltens des Kreditgebers als konstituierende Voraussetzung des Einwendungsdurchgriffs knüpft beim B-Geschäft an das Erwecken des Eindrucks der Zusammengehörigkeit von Kauf- und Darlehensvertrag an.

Der Begriff "Anschein der Zusammengehörigkeit der Geschäfte" soll in diesem Zusammenhang sowohl den Eindruck bezeichnen, es läge ein normaler Ratenkauf vor, als auch den Anschein, Verkäufer und Kreditgeber bildeten eine Einheit bzw. seien zwar selbständige Rechtspersonen, hätten aber mit dem Beklagten einen mehrseitigen oder zwei verbundene Verträge88 abgeschlossen. Ob dieser Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte hervorgerufen wurde, ist im einzelnen Fall durch Auslegung des objektiven Erklärungswerts des Verhaltens des Kreditgebers bei Vertragsschluß zu 67 68

7*

s. o. 11 3. s. O. § 4 Fn. 19.

100

2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

ermitteln. Ein in allen Fällen allein entscheidendes Kriterium wird sich kaum finden lassen. Von Bedeutung ist regelmäßig, inwieweit der Verkäufer und der Kreditgeber dem Käufer bei Vertragsschluß als Einheit gegenübergetreten sind69 • Der Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte wird besonders leicht entstehen, wenn der Darlehensantrag durch den Verkäufer vermittelt und bei diesem unterzeichnet wurde, ohne daß der Käufer in direkten Kontakt zu dem Finanzierungsinstitut traFo. Hier kann der Käufer leicht übersehen, daß er es in Wirklichkeit mit zwei verschiedenen selbständigen Vertragspartnern zu tun hat. Diese Konstellation steht in offenbarem Gegensatz zu dem Fall, daß der Käufer sich das Darlehen selbst "auf eigene Faust" besorgt, was ihm dessen rechtliche Selbständigkeit eindringlich vor Augen führt 71 • Der Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte kann aber auch dann entstehen, wenn sowohl der Verkäufer als auch der Kreditgeber dem Käufer bei den Vertragsverhandlungen gegenübergetreten sind. Dies gilt etwa dann, wenn beide derart gemeinsam vorgehen, daß jeder auf die Einzelheiten des gesamten Geschäfts Einfluß nimmt und sich nicht der eine auf die Finanzierungs-, der andere auf die Veräußererfunktion beschränkF2. Ebenso kann der Eindruck der Zusammengehörigkeit durch eine weitgehende Personen- und Interessenidentität auf Seiten der dem Kreditnehmer entgegentretenden Parteien ausgelöst werden73 • Ferner kann die Tatsache, daß der Darlehensgeber den Kredit nicht an den Darlehensnehmer, sondern an den Verkäufer auszahlt, dazu beitragen, daß der Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte entsteht7 4 • Dieses Kriterium wird allerdings für sich allein in der Regel nicht genügen, da auch ein zweckgebundenes Darlehen rechtlich selbständig vergeben werden kann. Zu berücksichtigen ist auch der Gegenstand des finanzierten Vertrages: Je näher das Geschäft einem üblichen zweiseitigen Abzahlungskauf 89 Die Bedeutung dieses Kriteriums betont Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1480; dagegen v. Marschall, Vortrag, 5.34. 70 Auch nach BGH NJW 1980, 1155, 1156 trägt der Verzicht der Bank auf eigenen unmittelbaren Kontakt zu dem Darlehensnehmer maßgeblich dazu bei, den Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte entstehen zu lassen . . 71 BGHZ 37, 94, 101; 47, 253, 256; Larenz II § 63 I a, 5.448; Bender NJW 1980,1134; Weitnauer JZ 1968,208. 72 50 zutreffend BGH NJW 1980, 41, 43; vgl. auch den Beispielsfall o. § 4

III.

Vgl. BGH DB 1982,426 sowie u. § 16 Fn. 20. BGHZ 83, 301, 305 f.; v. Marschall, Vortrag, 5.34; Hadding, 5. 336 ff.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1480. 73

74

§ 14 Der finanzierte Abzahlungskauf

101

liegt - insbesondere also beim finanzierten Kauf von Konsumgütern - , desto eher wird der durchschnittliche Kunde davon ausgehen können, es handele sich um einen normalen Ratenkauf oder jedenfalls um ein bezüglich der von ihm übernommenen Risiken vergleichbares Geschäft. Handelt es sich jedoch bei dem finanzierten Geschäft nicht um einen Kauf beweglicher Sachen, so ist jedenfalls die Gefahr der Verwechslung mit einem Ratenkauf geringer. So wird zum Beispiel bei einem finanzierten Grundstückskauf, bei dem nach Ansicht des BGH "auch der rechtsunkundige Laie weiß, daß die kredit gebende Bank und der Grundstücksveräußerer in der Regel verschiedene Rechtsträger sind, die ihre eigenen jeweils verschiedenen Interessen wahrnehmen", der Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte weniger leicht entstehen75 • 2. Das Erfordernis des "Nachteils" für den in Anspruch Genommenen umfaßt jede SchlechtersteIlung des Käufers im Vergleich zu der Rechtslage, die bestünde, wenn Kauf- und Darlehensvertrag tatsächlich unselbständige Teile eines zusammengesetzten Vertrages wären. Daraus ergibt sich, daß der Käufer mittels des Einwendungsdurchgriffs vor dem Verlust aller in Betracht kommenden Einwendungen, insbesondere auch der dilatorischen, geschützt werden muß. Dies gilt gerade für das wichtige Recht aus § 273 78 , die Ratenzahlungen - bei:spielsweise wegen Mängel der Kaufsache - zurückzuhalten, das der Käufer gehabt hätte, wenn der von dem Kreditinstitut bei Vertragsschluß gesetzte Anschein der Zusammengehörigkeit der Geschäfte der Wirklichkeit entsprochen hätte. Einen uneingschränkten Schutz des Käufers befürwortet mittlerweile auch die ganz herrschende Lehre 77 • Diese Auffassung befindet sich im Einklang mit der Rechtslage in England. Dem finanzierten Abzahlungskauf in der Form des B-Geschäfts entsprechen hier die in Seetion 12 (b) und (c) Consumer Credit Act 1974 geregelten "debtor creditor supplier agreements"78. Nach Seetions 75 (1) in Verbindung mit 12 (b) in Verbindung mit 11 (1) (b) bzw. 75 (1) in Verbindung mit 12 (c) des Consumer Credit Acts 1974 haftet in diesem Fall der Kreditgeber auch für Vertragsverletzungen des Verkäufers 79 • Dieser vollständige Käuferschutz greift allerdings im Gegensatz zum deutschen Recht BGH NJW 1980, 41, 42 f.; BGH NJW 1981, 389, 390 f. Dazu noch u ..§ 15. Gundlach S. 209 f.: Druckmittel von erheblichem Gerechtigkeitswert. 77 v. Marschall, Vortrag, S. 27 f.; Larenz 11 § 63 I a, S.444; Gilles JZ 1975, 312; Gundlach S. 230 f.; Gernhuber, FS Larenz, S. 484 ff.; Vollkommer, FS Larenz, S. 713 ff.; MKIH. P. Westermann § 6 AbzG Rn. 55; BGB-RGRKIKessZer Anh. nach § 455, § 6 AbzG Rn. 25; Palandt/Putzo· Anh. zu § 6 AbzG Anm.4; v. Hippel S. 167 ff. m. rechtsvergleichenden Nw. 78 Jung S. 52 f.; diese werden auch "connected loans" genannt. Zu den 75

76

"hire-purchase agreements", bei denen sich das Problem des Einwendungserhalts nicht stellt, vgl. Jung S. 15 ff.; Reiss S. 7 ff., 17 ff. 79 Goode S. 35 ff., 105 ff., 112 f.; Jung S. 52 f.; v, Marschall/Jung, Gutachten, S. 96 f.

102

2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

schon dann ein, wenn zwischen dem Kreditgeber und dem Verkäufer bereits eine Geschäftsbeziehung besteht und der Kredit entweder nur zur Finanzierung eines Geschäfts zwischen dem Verkäufer und dem Kreditnehmer gegeben wird oder der Kreditgeber bei einem zur unbeschränkten Verwendung gegebenen Darlehen weiß, daß es zur Finanzierung eines solchen Geschäfts in Anspruch genommen wird80 • Die Ansicht des BGR, daß der Einwendungsdurchgriff nur in Betracht komme, wenn dem Käufer die Inanspruchnahme des Verkäufers unmöglich oder unzumutbar seis1 , kann nicht überzeugen. Ebenso scheint der Versuch eines Teils der Lehre, den Kreditgeber möglichst aus dem "dilatorischen Kleinkrieg"S2 zwischen Käufer und Verkäufer herauszuhalten und den Einwendungsdurchgriff erst zuzulassen, wenn das endgültige Scheitern des Kaufvertrags feststeht S3 , unter den gegebenen Umständen verfehlt: Diese Auffassungen stellen - im Grundsatz zu Recht - auf das Interesse des Kreditgebers ab, von den Auseinandersetzungen um die ordnungsgemäße Erfüllung des finanzierten Geschäfts möglichst nicht betroffen zu werdens4 • Dieses Interesse ist jedoch nicht mehr schutzwürdig, wenn nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles feststeht, daß das Kreditinstitut den hervorgerufenen Eindruck der Zusammengehörigkeit von Kauf- und Darlehensvertrag gegen sich gelten lassen muß; in diesem Fall wäre ein Beharren auf der rechtlichen Selbständigkeit des Darlehens vielmehr verbotenes venire contra factum proprium. V. Zum Ausschluß des Einwendungsdurchgriffs durch vorformulierte Trennungsklauseln

Gegen einen Ausschluß des Einwendungsdurchgriffs per Individualabrede ist nichts einzuwenden. Bei einer frei ausgehandelten Vereinbarung, daß zwei tatsächlich eng miteinander verknüpfte Geschäfte rechtlich voneinander unabhängig sein sollen, wird bereits der "Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte" und damit die Voraussetzung des Einwendungsdurchgriffs entfallen. 1. Ähnlich ist die Rechtslage bei vorformulierten Trennungsklauseln, die auf die rechtliche Selbständigkeit des Darlehensvertrages hinweisen. 80 Vgl. s. 12 (b) i. V. m. s.11 (1) (b) CCA "restricted use credit agreement" bzw. s. 12 (c) CCA "unrestricted use credit agreement" sowie v. Marschall, Vortrag, S. 35; v. Marschall/Jung, Gutachten, S. 96 f. 81 BGH NJW 1973, 452; NJW 1979, 2194; vgl. aber auch BGH NJW 1980, 1155,1157. 82 Ausdruck von Esser, FS Kern, S. 115. 83 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1420, 1422, 1428; OstlerlWeidner Anh. zu § 6 AbzG Rn. 144 ff., 156 ff.; Esser, FS Kern, S. 114 f. 84 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1422, 1428; BGH NJW 1973, 452, 453; Esser, FS Kern, S. 114 f. Vgl. auch o. bei Fn. 39.

§ 14 Der finanzierte Abzahlungskauf

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Zumindest in der Rechtsprechung ist anerkannt, daß der Einwendungsdurchgriff bei einer ausreichend deutlichen Trennungsklausel entfallen kann85 . Dies ergibt sich nach der hier zugrundegelegten Auffassung daraus, daß eine Klausel, die unmißverständlich auf die rechtliche Selbständigkeit des Darlehens und die daraus folgende Tatsache hinweist, daß der Kreditnehmer dieses auch bei Vertragsverletzungen des Verkäufers wie ein auf eigene Faust besorgtes Darlehen zurückzuzahlen hat, im Grundsatz durchaus geeignet sein kann, den "Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte" bei Vertragsschluß zu beseitigen und damit dem Einwendungsdurchgriff die Grundlage zu entziehen. Dementsprechend kommt auch nach der Entscheidung BGHZ 83,301, in der der BGH erstmals näher auf das Verhältnis von Einwendungsdurchgriff und Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingeht, in Betracht, daß "ein - auch einseitiger - Hinweis des Kreditgebers" dem "Eindruck des KäufersjKreditnehmers, Verkäufer und Bank ständen ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüber, entgegenwirkt und dem Kreditnehmer klarmacht, daß die Bank mit ihm nur einen in jeder Hinsicht selbständigen Darlehensvertrag schließen und sich keinerlei Einwendungen aus dem Kaufvertrag aussetzen will"88. Ob einer Klausel dies gelingt, ist Tatfrage in jedem einzelnen Fall. Sicher ist allerdings, daß eine solche Bestimmung ungewöhnlich verständlich und unübersehbar auf die rechtliche Trennung der beiden Geschäfte und die daraus resultierenden Konsequenzen hinweisen müßte, um geeignet zu sein, den Eindruck des Kunden aus den tatsächlichen Verhältnissen bei Vertragsschluß zu zerstreuen87 . Der BGH hat in der genannten grundlegenden Entscheidung in Zweifel gezogen, "ob dieses Ziel durch vorformulierte Hinweise überhaupt erreicht werden kann", da derartige Klauseln meist von dem Vertragspartner nicht in vollem Umfang erfaßt zu werden pflegten88 . Die Mög85 BGHZ 47, 207, 212; 47, 233, 239 f.; BGH NJW 1971, 2303, 2307; NJW 1973, 452, 454; NJW 1978, 1427, 1428; NJW 1980, 1155, 1156 f.; NJW 1980, 1514, 1516; im Grundsatz auch BGHZ 83, 301, 308, dazu sogleich im Text. So auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1427; Erman/Weitnauer/Klingsporn vor AbzG Rn.31; Weitnauer JZ 1968, 209, allerdings ohne den besonderen Bedarf an Deutlichkeit der Klausel wegen des Verhaltens des Klägers bei Vertragsschluß zu berücksichtigen. Gegen die Möglichkeit, den Einwendungsdurchgriff abzubedingen, v. Marschall, Vortrag, S.24; Gilles JZ 1975, 312; Larenz, FS Michaelis, S. 204; Esser, FS Kern, S. 109; Vollkommer, FS Larenz, S. 714 f. 88 BGHZ 83, 301, 308. Ebenfalls auf die Zerstreuung des Eindrucks der Zusammengehörigkeit stellt ausdrücklich ab BGH NJW 1978, 1427, 1428; NJW 1980, 1514, 1516. 87 Vgl. eine vom BGH empfohlene Klausel in BGHZ 47, 207, 212; 47, 233, 239 - dazu aber o. Fn. 57 - sowie eine Klausel, die vom BGH für ausreichend deutlich gehalten wurde in BGH NJW 1973, 452, 454.

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

lichkeit, den Eindruck der Zusammengehörigkeit durch vorformulierte Bestimmungen zu zerstreuen, sollte jedoch nicht generell in Abrede gestellt werden. Es hängt vielmehr einerseits von der Deutlichkeit der verwendeten Klausel, andererseits von der Nachhaltigkeit des durch die tatsächlichen Umstände hervorgerufenen Eindrucks der Zusammengehörigkeit ab, ob die betreffende Bestimmung wirksam wird. Wenn der Käufer, wie in vielen Fällen, nur mit dem Verkäufer zu tun hat und das Finanzierungsinstitut bei den Vertragsverhandlungen gar nicht selbst in Erscheinung tritt, läßt sich allerdings bezweifeln, ob auch eine deutliche Trennungsklausel allein überhaupt· in der Lage ist, den Käufer davon zu überzeugen, daß er mit zwei verschiedenen Vertragspartnern zwei selbständige Geschäfte abschließt. Der Eindruck eines einheitlichen Geschäfts wird in diesem Fall jedenfalls in der Regel derart stark sein, daß nur eine besonders eindringliche Belehrung in der Lage sein dürfte, dem Kunden eine zutreffende Vorstellung von den Risiken des von ihm abgeschlossenen Geschäfts zu verschaffen. Ein bloßer vorformulierter Hinweis des Kreditgebers wird daher im allgemeinen, auch wenn er verständlich formuliert und drucktechnisch hervorgehoben ist, nicht genügen. Anders liegen die Dinge dagegen, wenn dem Käufer bereits bei den Vertragsverhandlungen zwei verschiedene Personen gegenübergetreten sind89 • Hier ist es grundsätzlich naheliegender und eher verständlich, wenn eine Vertragsbestimmung darauf hinweist, daß mit jeder dieser Personen ein gesonderter, rechtlich selbständiger Vertrag geschlossen wird. Es wird daher in einem solchen Fall vielfach ausreichen, wenn eine Klausel vorliegt, die einerseits auf die rechtliche Selbständigkeit des Darlehensvertrages und die sich daraus ergebenden Konsequenzen unmißverständlich hinweist und andererseits drucktechnisch derart hervorgehoben ist, daß der Darlehensnehmer sie beachten mußte. Die Unübersehbarkeit der Trennungsklausel könnte im übrigen durch eine besondere Unterschrift des Kreditnehmers unter dieser Bestimmung sichergestellt werden90 : Allerdings kann es auch dann, wenn der Beklagte mit seinen beiden Vertragspartnern unmittelbar persönlich zu tun hatte, zu einem besonders nachhaltigen Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte kommen, der unter Umständen eine entsprechend deutliche, gegebe88 BGHZ 83, 301, 309. Der BGH hat die Frage in dieser Entscheidung offengelassen. Vgl. auch LaTenz 11 § 63 I a, S.445 m. w. Nw. sowie die bereits erwähnte Tendenz des BGH, Trennungsklauseln im allgemeinen nicht für ausreichend deutlich zu halten, o..Fn. 57. 89 Vgl. den BeiSpielsfall o. § 4 IU sowie den Fall BGHZ 83, 301. 90 Erwägung von Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1423.

§ 14 Der finanzierte Abzahlungskauf

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nenfalls nicht mehr allein durch vorformulierte Klauseln wirksam zu vermittelnde Belehrung erforderlich macht. Dies kann beispielsweise bei Geschäften gelten, bei denen üblicherweise die an den Kreditgeber zurückzuzahlenden Raten erst durch die Nutzung des mit Hilfe des Darlehens erworbenen Gegenstandes aufgebracht zu. werden pflegen91 • Ähnlich kann es sich bei einer weitgehenden Personen- und Interessenidentität auf Seiten der dem Käufer gegenübertretenden Parteien verhalten92 • 2. Von den bisher erörterten Klauseln, die darauf gerichtet sind, dem Kunden die Selbständigkeit des Darlehens vor Augen zu führen, sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu unterscheiden, die sich darauf beschränken, lediglich in juristischer Terminologie den Durchgriff von Einwendungen aus dem Kaufvertrag gegenüber dem Darlehensgeber. auszuschließen93 • Diese werden schon im Grundsatz nicht geeignet sein, den Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte bei Vertragsschluß zu zerstreuen. Sie sind vielmehr darauf gerichtet, die aus diesem Eindruck sich ergebenden rechtlichen Konsequenzen auszuschließen .. Auf diese Art von Vertragsbeziehungen bezieht sich der BGH, wenn er davon spricht, daß der Einwendungsdurchgriff bei Vorliegen seiner objektiven und subjektiven Voraussetzungen nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden könne 94 • Eine solche Ausschluß klausel wird nämlich nach § 3 AGBG als überraschende Bestimmung nicht Bestandteil des Vertrages und wäre im übrigen als prötestatio facto contraria unwirksam95 • Wenn sie den Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte nicht zu beseitigen vermag - womit aber schon der Einwendungsdurchgriff selbst entfiele - , braucht der Käufer wegen eben dieses Eindrucks nicht mit ihr zurechnen. Die Trennungsklausel und der zurechenbar gesetzte Anschein der Zusammengehörigkeit können nicht nebeneinander bestehen beilben; wenn letzterer nicht aufgehoben wird, ist die Klausel unwirksam. Stellt man also zur Begründung des Einwendungsdurchgriffs auf den von dem Kreditgeber erweckten Eindruck der Zusammengehörigkeit der Geschäfte ab, so ergibt sich, daß ein Ausschluß des Einwendungsdurchgriffs durch eine vorformulierte Trennungsklausel nur in Betracht kommt, wenn die Bestimmung diesen Eindruck zu zerstreuen geeignet ist. Vgl. den Beispielsfall o. § 4 111. Vgl. den Fall BGH DB 1982, 426 sowie u. § 16 Fn. 20. 93 Vgl. die in BGHZ 37, 94, 96; 47, 207, 209; BGH NJW 1979, 2194 abgedruckten Klauseln sowie den Ausgangsfall o. bei Fn. 2. . 94 BGHZ 83, 301. 95 Gundlach S. 227. 91

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs § 15 Weitere finanzierte Erwerbs- oder Leistungsverträge

Der Einwendungsdurchgriff ist auch bei weiteren, dem finanzierten Abzahlungskauf ähnlichen drittfinanzierten Geschäften in Betracht zu ziehen, die nicht unter das Abzahlungsgesetz fallen, da sie nicht den Kauf beweglicher Sachen betreffen. Die Rechtsprechung war beispielsweise bereits befaßt mit dem finanzierten Kauf eines gewerblichen Unternehmens l und eines Grundstückes2 , mit der Finanzierung einer Ehevermittlung 3 , eines Fernlehrgangs4 oder einer Schlankheitskur5 , sowie mit der finanzierten Beteiligung an einem Unternehmen6 , einem finanzierten Mitarbeitervertrag7 und einem finanzierten Werkvertrags. Diese Fälle unterscheiden sich ihrer Struktur nach nicht von den bereits erörterten finanzierten Abzahlungskäufen. Die dort entwickelten Grundsätze zur Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs bei widersprüchlichem Verhalten gelten auch hier. Allerdings kann aufgrund der Besonderheit des Gegenstandes des Geschäftes eine Verwechselung mit der Rechtslage beim Ratenkauf weniger nahe liegen. In diesen Fällen kommt daher bei der Prüfung widersprüchlichen Verhaltens des Klägers den hierzu für den Bereich des finanzierten Abzahlungskaufes entwickelten Kriterien nur eingeschränkte Bedeutung zu. Es ist ganz auf die besonderen Umstände des einzelnen Falles abzustellen. Ein Verhalten, das bei einem finanzierten Abzahlungskauf zu mißbilligen war, weil es bei dem Käufer in der Regel einen falschen Eindruck von der Natur des geschlossenen Geschäfts hervorruft, kann in den hier diskutierten Fällen unbedenklich sein, weil die Selbständigkeit der Verträge "ins Auge springt"9. So hat der BGH bei der finanzierten Beteiligung an einer Abschreibungsgesellschaft das Entstehen des Eindrucks der Zusammengehörigkeit der beiden Geschäfte mit der Begründung verneint, es käme bei diesem Geschäftstypus gerade auf die Einschaltung eines Dritten zur Finanzierung an, es handele sich nicht um den Kauf von Konsumgütern und dem Kreditnehmer sei in der Regel bekannt, daß er es mit zwei verschiedenen Rechtsträgern zu tun habe lo . Dagegen ist die ZuBGH NJW 1978, 1427. BGH WM 1970, 1362; BGH NJW 1980, 41. 3 OLG Schleswig NJW 1974, 648. 4 LG Augsburg NJW 1973, 1704. 5 LG Augsburg NJW 1972,637. s BGHZ 72,92. 7 BGH NJW 1980, 1514. 8 BGH DB 1982, 426; weitere Nw. und Beispiele bei Gilles JZ 1975, 306, 307 f., 309. 9 Vgl. bereits o. § 14 IV 1 a. E. 10 BGH NJW 1981, 389, 391. Ähnlich BGH NJW 1980, 41, 42, dazu bereits o. § 14 IV 1 a. E. 1

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§ 16 Das Finanzierungs-Leasing

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lässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs bei finanzierten Verträgen über Leistungen wie Ehevermittlung, Fernlehrgänge oder Schlankheitskuren bejaht wordenl l , die wie Konsumgüter angesehen werden können und bei denen oft auch der Erbringer der Leistung selbst die Finanzierung durch Gewährung von Ratenzahlungen ermöglicht, so daß der Eindruck der Zusammengehörigkeit leichter entstehen kann. § 16 Das Finanzierungs-Leasing Der Beklagte benötigte einen Computer. Er suchte sich bei einem Fachhändler ein seinen Bedürfnissen entsprechendes Modell aus. Zur Finanzierung der Anschaffung wurde ein Leasing-Geschäft vereinbart. In Ausführung dieser Vereinbarung verkaufte der Fachhändler den Computer an den Kläger, ein Finanzierungsinstitut, von dem der Beklagte seinerseits das Gerät für einen bestimmten Zeitraum mietete. Der Mietvertrag, den der Beklagte bereits bei dem Verkäufer unterzeichnet hatte, von dem er an den Kläger weitergeleitet worden war, enthielt in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Bestimmung, daß der Kläger nur dadurch Gewähr leiste, daß er seine Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer an den Beklagten abtrete. Zu der Klage kam es, weil der Beklagte den eingeforderten Mietzins zurückhalten wollte, bis der Verkäufer Mängel des Geräts durch Nachbesserung behoben habe1 • Dem Beklagten stehen auch in dieser Fallkonstellation zwei Personen gegenüber: Der Mietzins ist an den Leasinggeber zu entrichten, während er es wegen der Gewährleistung für den Leasinggegenstand mit dem Verkäufer zu tun hat. Die Rechtsverhältnisse des Beklagten zu dem Leasinggeber und dem Verkäufer stehen selbständig nebeneinander, so daß der Beklagte dem Leasinggeber gegenüber grundsätzlich keine Rechte aus der Nichterfüllung der Gewährleistungsansprüche durch den Verkäufer herleiten kann 2 • I. Auch in dieser Lage ist ein Einwendungsdurchgriff mit der Begründung erwogen worden, die "Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts" dürfe nicht zum Nachteil des Beklagten ausschlagens. Beim Leasing wie beim finanzierten Abzahlungskauf ist aber die Vertragsgestaltung als solche nicht zu beanstanden.

o. Fn. 3, 4 und 5. Vgl. die Fälle LG Augsburg NJW 1973, 709; OLG Düsseldorf NJW 1973, 1612; OLG Nürnberg NJW 1977, 152; BGHZ 68, 118; BGH NJW 1982, 105. 2 Wenn nach der Rspr. des BGH bei einer Wandelung des Kaufvertrags die Grundlage des Mietvertrags als von vornherein fehlend anzusehen ist (BGHZ 68, 118, 126; BGH NJW 1982, 105, 106 f.), so handelt es sich dabei nicht um einen Einwendungsdurchgriff, sondern um die rechtliche Konsequenz der Tatsache, daß der Leasinggeber den Mietvertrag nicht erfüllen kann, wenn er den Leasinggegenstand an den Verkäufer zurückgeben muß. 3 LG Augsburg NJW 1973, 709, 710. 11 S. 1

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Da der Leasinggeber, wie sich aus §§ 537 III, 540 ergibt4, die Mietgewährleistung gänzlich ausschließen könnte 5 , muß es ihm erst recht gestattet sein, durch die Abtretung seiner kaufrechtlichen Ansprüche Gewähr zu leisten6 • Dies gilt jedenfalls für eine Regelung per Individualabrede. Die Wirksamkeit dieser für Leasingverträge typischen Gewährleistungsregelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Leasinggebers könnte zwar im Hinblick auf § 9 AGBG7 oder auf § 11 Nr. 10 a AGBG8 bezweifelt werden. Sie ist jedoch im Ergebnis schon deswegen zu bejahen, weil die Gewährleistungsregelung zu den Essentialien des Leasinggeschäfts gehört, die auch als frei ausgehandelt angesehen werden können und die jedenfalls den Leasingnehmer nicht "unangemessen benachteiligen"9. Gegen eine Anknüpfung des Einwendungsdurchgriffs an den Gesichtspunkt der "Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts" spricht ferner, daß der Leasinggeber nach der von den Parteien gewählten Vertragsgestaltung im allgemeinen lediglich die Finanzierungsfunktion übernehmen10 und von den Auseinandersetzungen um den Leasinggegenstand nicht berührt werden soll.. Diese Risikoverteilung ist nach dem Grundsatz der schuldrechtlichen Typenfreiheit l1 zu respektieren12 . Die Tatsache, daß sowohl der Kaufvertrag, aus dem der Leasingnehmer seine - abgetretenen - Gewährleistungsrechte herleitet, als auch der 4 Die rechtliche Qualifizierung des Leasingvertrags ist umstritten, die h. M. sieht ihn als Mietvertrag an, vgl. BGHZ 68, 118, 123; NJW 1982, 105; NJW 1982, 870, 871; LarenzII § 63 II, s. 453 f.; PalandtlPutzo Einf. vor § 535 Anm. 4 b; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1720; SoergellKummer vor § 535 Rn. 107. 5 BGHZ 68, 118, 123; JauerniglTeichmann § 537 Anm. 1 c; Blomeyer NJW 1978,974. 6 BGHZ 68, 118, 123 f.; Larenz II § 63 II, S.456; Sonnenberger in v. Marschall, Leasingverträge, S. 42 f.; a. A. Blomeyer NJW 1978, 975. 7Keine Bedenken insoweit, wenn die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche abgetreten wurden, bei BGH NJW 1982, 105, 106; BGHZ 68, 118, 124; LaTenz II § 63 II, S. 454 ff. S Für die Anwendung dieser Norm auf Leasingverträge Blomeyer NJW 1978, 975 m. Nw.; Loewelv. WestphalenlTrinkner Einl. zu § 11 Nr. 10 Rn. 18; PalandtlHeinrichs § 11 AGBG Anm.lO; dagegen die h. M., vgl. OLG Hamm OLGZ 80, 364, 370 f. m. zlr. Nw.; Larenz II § 63 II, S. 455; SchlosserlCoesterWaltjenlGraba § 11 Nr. 10 Rn. 26. 9 Larenz II § 63 II, S. 455 f. unter Heranziehung der Generalklausel des § 9 AGBG; BGH NJW 1982, 105, 106; Canaris NJW 1982, 305, 306. Nach englischem Recht kann der Leasinggeber als Vermieter seine Haftung durch AGB nur in begrenztem Umfang, einem Konsumenten gegenüber aber überhaupt nicht ausschließen, vgl. Sections 6, 7, Ii und 12 Unfair Contract Terms Act1977 und Goode in v. Marschall, Leasingverträge, S. 77 f. 10 BGHZ 68, 118, 125; Flume, Leasing, S. 24 ff., 29 f.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1714; ders. NJW 1982, 305, 310; HiddemannWM 1978,840. 11 s. o. § 14 Fn. 11. 12 So auch die Tendenz von BGHZ 68, 118, 125 f.; BGH NJW 1982, 105, 106; zustimmend Sonnenberger in v. Marschall, Leasingverträge, S. 46 f.

§ 16. Das Finanzierungs-Leasing

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Mietvertrag einem wirtschaftlichen Zweck, nämlich der Anschaffung des Leasinggegenstandes durch den Leasingnehmer, dient, rechtfertigt es allein nicht, beide Geschäfte auch rechtlich als Einheit zu behandelnl3 • 11. Es ist allerdings auch nicht angebracht, einen Einwendungsdurchgriff lediglich in Anlehnung an die Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf zuzulassen und von der Anwendbarkeit des Abzahlungsgesetzes, insbesondere dessen § 6, abhängig zu machen l4 • Der Einwen~ dungsdurchgriff findet vielmehr anerkanntermaßen auch auf Fallgestaltungen Anwendung, für die das Abzahlungsgesetz nicht gilt l5 • Es kommt also darauf an, die allgemeinen überlegungen, die für die Anwendung des Einwendungsdurchgriffs bei Abzahlungsgeschäften und anderen Fallgestaltungen maßgeblich waren, auf ihre Anwendbarkeit bei Leasinggeschäften zu prüfen. III. Danach ist auch beim Leasing ein Einwendungsdurchgriff für den Fall in Erwägung zu ziehen, daß Verkäufer und Leasinggeber dem Leasingnehmer bei Vertragsschluß als eine Einheit gegenübergetreten sind und nach objektiven Gesichtspunkten den Eindruck eines zusammengesetzten Geschäftes bzw. der Zusammengehörigkeit der ihm gegenüberstehenden Personen erweckt haben l6 • Es ist also zu unterscheidenP: Verhandelt der Leasingnehmer zunächst mit dem Verkäufer und besorgt er sich dann "seinen" Leasinggeber selbst auf eigene Faust, so wird ein Eindruck der Zusammengehörigkeit der ihm gegenüberstehenden Parteien nicht entstehen. In diesem Fall ist es angemessen, daß der Leasingnehmer, der die mit dem Kauf zusammenhängenden Verhandlungen mit dem Verkäufer selbst geführt hat, das Risiko der Brauchbarkeit des Leasinggegenstandes und der Durchsetzung der Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Verkäufer trägt. Anders liegt es dagegen, wenn der Leasingnehmer lediglich mit dem Verkäufer zu tun hatte und der Leasinggeber erst durch dessen Vermittlung eingeschaltet wurde 18 oder wenn Verkäufer und Leasinggeber bei Vertragsschluß betont gemeinsam aufgetreten sind l9 • In einem Vgl. dazu bereits o. § 14 11 2. Vgl. aber BGHZ 68, 118, 120 ff.; OLG nüsseldorf NJW 1973, 1612, 1613; AutennethJA 1980, 407; Hiddemann WM 1978, 840; dagegen Graf v. Westphalen S. 89 ff.;Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1750; ders. NJW 1982, 309. 15 s. o. § 15; BGH DB 1982, 426; Canaris NJW 1982, 309. 16 Ähnlich Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1751; ders. NJW 1982, 310; vgl. auch Graf v. Westphalen S. 91. . 17 Ebenso Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1751 f.; ders. NJW 1982, 310. 18 Vgl. die Fälle LG Augsburg NJW 1973, 709; OLG nüsseldorf NJW 1973, 1612; BGHZ 68, 118; BGH NJW 1982, 105, in denen der Leasingnehmer unmittelbaren Kontakt lediglich zu dem Verkäufer hatte. 19 s. o. § 14 IV 1. 13

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2. Teil: Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

solchen Fall kann durchaus der Eindruck entstehen, der Leasinggeber werde die Rechtsbeziehung zwischen dem Leasingnehmer und dem Verkäufer gegen sich gelten lassen. Dasselbe gilt beim Hersteller-Leasing, bei dem der Verkäufer/Hersteller und der Leasinggeber, vielfach auch schon dem Namen nach, weitgehend identisch sind 20 • Wurde ein solcher Eindruck eines einheitlichen Geschäfts erweckt, so muß der Leasinggeber nach dem Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens diejenigen Einwendungen gegen sich gelten lassen, die bestehen würden, wenn der gesetzte Anschein der Wirklichkeit entsprochen hätte21 • Dies gilt insbesondere für die Einrede des Leasingnehmers, bei Vertragsverletzungen des Verkäufers die Mietzinszahlungen zurückhalten zu dürfen. Der Einwendungsdurchgriff ist in diesem Fall unabhängig davon zuzulassen, ob eine Inanspruchnahme des Verkäufers aussichtsreich oder zumutbar ist22 , da das Interesse des Anspruchstellers, von den Auseinandersetzungen um den Leasinggegenstand möglichst unberührt zu bleiben, unter den gegebenen Umständen nicht zum Nachteil des Leasingnehmers ins Feld geführt werden darf23 • Es ist allerdings nicht zu verkennen, daß der Eindruck eines einheitlichen Geschäfts bzw. der Zusammengehörigkeit von Anspruchsteller und Verkäufer bei einem Leasinggeschäft weniger leicht entstehen wird als bei einem finanzierten Abzahlungskauf24. Diese Vertragsgestaltung mit ihrem mietrechtlichen Element kann nicht ohne weiteres mit einem Ratenkauf verwechselt werden. Wer nur eine ungefähre Vorstellung von dem Inhalt des Geschäfts hat, weiß, daß er es mit zwei verschiedenen Rechtsträgern zu tun hat, die unterschiedliche Interessen wahrnehmen25 • Auch übt die Bezeichnung des Vertrages als Leasingvertrag eine Art Warnfunktion aus, der Vertragsschließende muß hier mit einer besonderen Vertragsgestaltung rechnen 28 und sich über die Details des Geschäfts informieren. Dennoch kommt es auch beim Leasing zu Fallgestaltungen, bei denen die Tatsachen, daß der Leasingnehmer nur mit dem Verkäufer zu tun hat, geschäftlich unerfahren ist und einen Vertrag über die Anschaffung Vgl. den Fall BGH DB 1982, 426, o. § 14 Fn. 73, 92. Für die Einzelheiten der Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs kann auf die Darstellung zum finanzierten Abzahlungskauf o. § 14 IV verwiesen werden. 22 Anders aber BGHZ 68, 118, 122; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1752; ders. NJW 1982, 309. 23 s. O. § 14 IV 2. 21 So auch Krause S. 63; Koch S. 77. 25 Vgl. die bereits zitierten Bemerkungen des BGH in NJW 80, 41, 42, o. § 14 bei Fn. 75. 26 BGHZ 68, 118, 127. 20

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§ 16 Das Finanzierungs-Leasing

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von Konsumgütern schließt, der aus seiner Sicht einem Ratenkauf sehr nahe kommt, in einer Weise zusammenwirken, daß recht nachhaltig der Eindruck eines einheitlichen Geschäfts erweckt wird27 • Die üblichen rechtstechnischen Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Leasinggebers werden in solchen Fällen unter Umständen allein nicht imstande sein, dem Leasingnehmer ein zutreffendes Bild von der Natur des von ihm abgeschlossenen Geschäfts zu vermitteln. Welche Bedeutung einem gemeinsamen Auftreten von Leasinggeber und Verkäufer bei Vertragsschluß einerseits und dem klaren Inhalt der Bedingungen des Leasingvertrages andererseits für die Prüfung widersprüchlichen Verhaltens des Leasinggebers zukommt, kann abschließend nur von der Rechtsprechung im einzelnen Fall unter Berücksichtigung der Verkehrs anschauung festgelegt werden. Jedenfalls ist es auch bei Leasingverträgen, zum al bei Konsumgeschäften mit rechtlich unerfahrenen Kunden, geboten, dem Vertragspartner die Besonderheiten und Risiken des Geschäfts in angemessener Weise deutlich zu machen28 •

Vgl. insbesondere den Fall LG Augsburg NJW 1973, 709. Der BGH hat es bei Leasingverträgen bislang offengelassen, wie eine gehörige Aufklärung des Leasingnehmers auszusehen hat, vgl. BGHZ 68, 118, 127. 27 28

3. Te i I

Ergebnis und Konsequenzen § 17 Das Ergebnis der bisherigen Untersuchungen

I. Der Einwendungsdurchgriff als allgemeines Rechtsinstitut

1. Die Zulässigkeit einer Rechtsfortbildung Nach der Erörterung einer Reihe von Einzelfällen kann nunmehr zur Zulässigkeit der Entwicklung eines Rechtsinstituts "Einwendungsdurchgriff" im Wege der Rechtsfortbildung praeter legern abschließend Stellung genommen werden. Die Untersuchung hat Fälle aufgezeigt, in denen der Durchgriff von Einwendungen der Interessenlage entspricht, für die jedoch nach der herkömmlichen Dogmatik keine befriedigende Lösung ersichtlich ist. Insbesondere ergibt sich aus dem Gesetz keine Lösung dieser Fälle. Eine Analogie zu den Vorschriften, in denen das Gesetz selbst einen Einwendungsdurchgriff anordnet, kam nicht in Betracht. Die für diese Bestimmungen maßgeblichen Wertungsgesichtspunkte - die Tatsache, daß der Anspruchsteller seine Rechte aus dem fremden Schuldverhältnis herleitet in den Fällen der §§ 404, 334 und 846 sowie der Umstand, daß der Erwerber einer Sache jedenfalls dann nicht besser stehen soll als der Veräußerer, wenn diese im Besitz eines Dritten war, im Falle des § 986 IJ1 - konnten für die im zweiten Teil der Arbeit untersuchten Fälle nicht herangezogen werden. Das Schweigen des Gesetzes hat seine Ursache darin, daß es weitgehend an Zweipersonenverhältnissen orientiert ist 2 • Es geht davon aus, daß bestimmte Funktionen, beispielsweise die des Eigentümers und die des Vermieters einer Sache oder die des Käufers und die desjenigen, der den Kaufpreis zahlt, von ein und derselben Person wahrgenommen werden, vgl. §§ 903, 433 11. In den Fällen der Fallgruppe "Zustimmung zu einem fremden Schuldverhältnis" war es jedoch nicht der Eigentümer, sondern ein Dritter, der eine Sache vermietete, verlieh, in Reparatur oder zum Transport gab, während in den FälDazu im einzelnen o. § 3. Medicus JuS 1974, 613, 621 f.;. LaTenz, FS Michaelis, S. 202 f.; 1975, 308; Gernhuber, FS Larenz, S. 455 f. 1

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Gilles JZ

§ 17 Ergebnis der bisherigen Untersuchungen

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len der Fallgruppe "Leistung auf ein fremdes Schuldverhältnis" nicht der Käufer, sondern ein Dritter den Kaufpreis an den Verkäufer zahlte. Eine solche Aufspaltung von nach dem Gesetz in der Regel zusammengehörenden Funktionen ist zwar, wie sich auch aus §§ 185, 267 ergibt, keineswegs zu mißbilligen, sondern nach den Grundsätzen der Vertragsfreiheit und der schuldrechtlichen Typenfreiheit3 grundsätzlich unbedenklich zulässig. Es fehlt aber an einer gesetzlichen Regelung der durch diese Aufspaltung entstehenden Dreiecksverhältnisse.

Ebenfalls nicht gesetzlich geregelt ist der in den Fällen der Fallgruppe ..Anschein der Zusammengehörigkeit zweier Schuldverhältnisse" anzutreffende Versuch, zwei zwar nicht nach dem Gesetz" aber nach den Umständen bei Vertragsschluß zusammengehörende Funktionen aufzuspalten. Danach besteht Anlaß für eine .. gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung"5. Der zweite Teil der Untersuchung hat gezeigt, daß vielfach die Rechtsfigur des Einwendungsdurchgriffs eine sachgerechte Möglichkeit bietet, um die Lücke der herkömmlichen Dogmatik zu schließen. Dieses Rechtsinstitut ermöglicht die unmittelbare Umsetzung der Ergebnisse der Interessenwertung in die juristische Dogmatik. Es schränkt die Rechte des Anspruchstellers nur in dem Maße ein, wie es erforderlich ist, um der Interessenlage gerecht zu werden. Bereits im ersten Teil der Arbeit wurde erläutert, daß das Gesetz der Zulassung des Einwendungsdurchgriffs als allgemeines Rechtsinstitut nicht entgegensteht6 und daß das eine Rechtsfortbildung rechtfertigende Prinzip in dem Grundsatz vom Verbot des venire contra factum proprium gefunden werden kann7 • Ferner wurde deutlich, daß ein Einwendungsdurchgriff jedenfalls dann mit dem Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse vereinbar ist, wenn er nicht an die lediglich inter partes wirkenden Abreden zwischen dem Anspruchsgegner und dem Dritten, sondern an das eigene Verhalten des Anspruchstellers anknüpft 8 • Die hier vorgeschlagene Rechtsfortbildung kann sich nicht nur auf den in § 242 enthaltenen Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens berufen, sondern findet auch noch insoweit eine Stütze im Gesetz, als dieses selbst sich bereits vereinzelt der Rechtsfigur des Einwendungsdurchgriffs bedient, um dem schutzwürdigen Interesse einer Partei an dem Erhalt ihrer Einwendungen Geltung zu verschaffen. Nach alledem kann der Einwendungsdurchgriff bei widersprüchlichem VerDazu Medicus, Schuldrecht I, § 10 I 3. Es gibt kein gesetzliches Leitbild, nach dem die Funktion des Verkäufers einer Sache und die desjenigen, der den Kauf finanziert, in der Regel von ein und derselben Person wahrgenommen wird (vgl. den Fall· o. § 14 bei Fn. 2.). 5 Vgl. LaTenz, Methodenlehre, S. 397 ff., 410 sowie bereits o. § 5 11 a. E. 6 s. o. § 5 11. 7 s. o. § 5 111. 8 s. o. § 5 IV. 3 4

8 v. Reinersdorff

114

3. Teil: Ergebnis und Konsequenzen

halten als praeter legem entwickeltes allgemeines Rechtsinstitut anerkannt werden. 2. Die Voraussetzungen des EinwendungsdurchgTiffs

Die Zulassung eines Einwendungsdurchgriffs bei widersprüchlichem Verhalten setzt voraus, daß (1) die Nichtberücksichtigung einer erhobenen Einwendung durch den Anspruchsteller im Widerspruch zu dessen eigenem früheren Verhalten steht und daß (2) die Nichtberücksichtigung der Einwendung eine Beeinträchtigung der Rechtsposition, die dem Anspruchsgegner im Verhältnis zu dem Dritten zukommt, bedeuten würde. Zur Beweislast gilt folgendes: Der Anspruchsgegner hat das Bestehen einer Einwendung im Verhältnis zu einem Dritten sowie ein Vorverhalten des Anspruchstellers zu beweisen, das besagte, dieser werde die betreffende Einwendung gegen sich gelten lassen. Wenn dieser Beweis gelungen ist, hat der Anspruchsteller, der gleichwohl die fragliche Einwendung nicht beachten will, zu beweisen, daß dem in Anspruch Genommenen durch sein Vorgehen materiell kein Nachteil entsteht', 11. Die Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

Die Anwendung der Grundsätze zum Einwendungsdurchgriff bei widersprüchlichem Verhalten kommt insbesondere in den folgenden drei Fallgruppen in Betracht: 1. Zustimmung zu einem fremden Schuldverhältnis - Der Anspruchsteller kann gehalten sein, Einwendungen aus dem Schuldverhältnis zwischen dem in Anspruch Genommenen und einem Dritten gegen sich gelten zu lassen, dem er zugestimmt hat lO • Die dem Dritten erteilte Einwilligung oder Genehmigung zum Abschluß eines Schuldvertrages beinhaltet das Einverständnis des Anspruchstellers mit der Tatsache, daß der in Anspruch Genommene als Partei dieser Obligation mit deren Zustandekommen eine bestimmte Rechtsposition erwirbt. Der Anspruchsteller darf daher nach dem Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens diese Rechtsstellung nicht später durch sein Vorgehen zum Nachteil des Anspruchsgegners zunichte machen. Er muß vielmehr diejenigen Einwendungen gegen sich gelten lassen, die Ausdruck der solchermaßen gebilligten Rechtsposition des Anspruchsgegners sind. o s. o. § 12 IV 3. 10 s. o. § 4 I, §§ 6-10.

§ 17 Ergebnis der bisherigen Untersuchungen

115

Bei der Prüfung widersprüchlichen Verhaltens des Anspruchstellers kann insbesondere der Umfang der erteilten Zustimmung und die Feststellung einer konkludenten Zustimmung problematisch werden. a) Widersprüchliches Verhalten des Anspruchstellers muß gerade im Hinblick auf die konkrete, von dem Anspruchsgegner erhobene Einwendung vorliegen. Es ist möglich, daß der Anspruchsteller zwar den Abschluß eines Vertrages generell gebilligt hat, nicht jedoch die Vereinbarung einzelner außergewöhnlicher Klauseln durch den Anspruchsgegner und den Dritten. In einem solchen Fall könnten diese Bestimmungen dem Anspruchsteller nicht entgegengehalten werden, da dessen Berufung darauf, an sie nicht gebunden zu sein, nicht widersprüchlich wäre l1 • Es ist daher zu unterscheiden: Eine allgemeine Ermächtigung an den Dritten, mit dem Anspruchsgegner einen Schuldvertrag abzuschließen - die ihrerseits an das Vorliegen bestimmter Umstände gebunden sein kann12 - , enthält grundsätzlich nur die Billigung des Erwerbs einer solchen Rechtsstellung durch den Anspruchsgegner, wie sie mit dem Abschluß eines jeden Vertrages der betreffenden Art ohne weitere Abreden verbunden ist. Daher greifen in diesem Fall zunächst nur diejenigen Einwendungen durch, die sich aus den mit einem solchen Vertrag in jedem Falle verbundenen vertraglichen und gesetzlichen Rechten des Anspruchgegners ergeben 13 • Bei besonderen vertraglichen Abreden, wie zum Beispiel Haftungsbeschränkungen, ist dagegen für jede einzelne Bestimmung gesondert zu prüfen, ob auch ihre Vereinbarung von der Zustimmung des Anspruchstellers erfaßt wurde14 • Eine Ausnahme bilden die selteneren Fälle der nachträglichen Zustimmung zu einem bereits geschlossenen Schuldvertrag. Hier wird im allgemeinen nur eine Genehmigung sämtlicher vertraglicher Bestimmungen insgesamt in Betracht kommen1s . b) Die Zustimmung zu dem fremden Schuldverhältnis kann auch konkludent erteilt werden. Eine stillschweigende allgemeine Ermächtigung, einen Schuldvertrag abzuschließen, kommt in Betracht, wenn der Anspruchsteller wußte oder wissen mußte, daß der Dritte bei der ihm gestatteten Vorgehensweise den fraglichen Vertrag mit dem Anspruchsgegner abschließen würde 16 • Eine konkludente Zustimmung zu einer bestimmten Klausel eines fremden Vertrages ist zu erwägen, wenn der 11

12 13

14 15

16

8*

s. o. s. o. s. o. s. o. s. o. s. o.

§ 8 111 a. E.; § 10 I 3 bei Fn. 16. § 9 11 bei Fn. 23. § 8 111 sowie die Fälle §§ 6, 7 und § 8 111; § 10 I 3. § 10 111. § 8 11, 111; § 10 I 1, 3, 4; § 10 11.

9.

116

3. Teil: Ergebnis und Konsequenzen

Anspruchsteller wußte oder wissen mußte, daß der Anspruchsgegner diese Bedingung stellen würde 17 , wenn der Anspruchsteller selbst dem Dritten eine ähnliche Vergünstigung gewährt hatte 18 , wenn die fragliche Klausel üblich war19 oder wenn der konsentierte Vertrag ohne ihre Einbeziehung praktisch nicht geschlossen werden konnte2o • 2. Leistung auf ein fremdes Schuldverhältnis - Ein Einwendungsdurchgriff kommt ferner in Betracht, wenn der Anspruchsteller "für einen Dritten" auf das Schuldverhältnis zwischen diesem und dem Anspruchsgegner an den letzteren geleistet hat. Diese Erklärung besagt, wenn der Anspruchsteller - wie bei der Anweisungslage - als Leistungsmittler des Dritten auftritt, daß der in Anspruch Genommene die Leistung so ansehen könne, als käme sie von dem Dritten selbst. Der Anspruchsteller muß es daher nach dem Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens hinnehmen, daß die Leistung von ihm nur unter den Bedingungen zurückgefordert werden kann, unter denen sie auch der Dritte zurückverlangen könnte, wenn er selbst geleistet hätte21 . Bei der Tilgung einer fremden Schuld nach § 267 bedeutet die Leistungsbestimmung des Anspruchstellers, daß der Anspruchsgegner davon ausgehen kann, daß die Rechtsfolgen .der Leistung sich nach dem Schuldverhältnis zwischen ihm und dem Dritten richten, auf das der Anspruchsteller geleistet hat. Der Anspruchsgegner kann daher dem Rückforderungsverlangen des Anspruchstellers die Einwendungen aus diesem Schuldverhältnis entgegenhalten22 •

Schwierigkeiten kann in diesem Fall das Erfordernis des Nachteils für den in Anspruch Genommenen bereiten. Es wird vorliegen, wenn der Anspruchsgegner auf grund der Leistung des Anspruchstellers eine Sicherheit im Verhältnis zu dem Dritten freigegeben oder sonst eine für ihn nachteilige Disposition getroffen hat23 • Es fehlt dagegen an einer Beeinträchtigung des Interesses des in Anspruch Genommenen, wenn der Anspruchsteller seine Leistung unter solchen Umständen - insbesondere so rechtzeitig - zurückfordert, daß es zu nachteiligen Veränderungen im Verhältnis zwischen dem Anspruchsgegner und dem Dritten nicht gekommen ist, der in Anspruch Genommene also nach der Rückerstattung der Leistung dem Dritten gegenüber genauso dastehen würde wie vor dem Erhalt der Leistung24 • 17

18 19 20

21 22

23 24

s. o. § 8 lI, IlI; § 10 I 3; § 10 II. s. o. § 10 I 2, 4. s. o. § 10 I 3, 4, 5 a. E.

s. o. § 10 14 b; § 10 II 3 in und bei Fn. 79. s. o. § 4 lI; § 12 I bei Fn. 8; § 12 13. s. o. § 13 I. s. o. § 12 I 3; § 12 II. s. o. § 12 II.

§ 17 Ergebnis der bisherigen Untersuchungen

117

3. Anschein der Zusammengehörigkeit zweier Schuldverhältnisse Schließlich wurde der von der Rechtsprechung bei den finanzierten Abzahlungskäufen bereits grundsätzlich anerkannte Einwendungsdurchgriff auf der Grundlage der hier entwickelten Theorie einer überprüfung unterzogen. Dabei ergab sich im Einklang mit der jüngeren Rechtsprechung des BGH25, daß der Einwendungsdurchgriff in diesen Fällen an dem von dem Anspruchsteller bei Vertragsschluß hervorgerufenen Eindruck ansetzen kann, die Verträge des Anspruchsgegners mit dem Dritten einerseits und dem Anspruchsteller andererseits bildeten ein "einheitliches Geschäft"26. An diesem Eindruck muß sich der Anspruchsteller festhalten und daher die Einwendungen aus dem Vertrag zwischen dem Anspruchsgegner und dem Dritten gegen sich gelten lassen27 . Ob ein solcher Eindruck eines einheitlichen Geschäftes erweckt wurde, ist nach objektiven Gesichtspunkten unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der Verkehrsanschauung festzustellen. In diesem Zusammenhang kommt es vor allem darauf an, ob dem Anspruchsgegner bei Vertragsabschluß überhaupt nur eine der beiden Vertragsparteien gegenübergetreten ist, oder ob diese, wenn sie ihm gemeinsam gegenübertraten, einen falschen Eindruck von den Risiken des Geschäfts dadurch hervorgerufen haben, daß beide bei der Gestaltung der gesam~ ten Rechtsbeziehung zusammenwirkten. Auch der Charakter des abgeschlossenen Geschäfts kann das Entstehen des Eindrucks der Zusammengehörigkeit erleichtern oder erschweren je nachdem, wie nahe er einem herkömmlichen Ratenkauf kommt28 . Vorformulierte Trennungsklauseln können den Einwendungsdurchgriff nur dann ausschließen, wenn sie geeignet sind, den bei den Vertragsverhandlungen entstandenen Eindruck eines einheitlichen Geschäfts wieder zu zerstreuen. Anderenfalls sind sie als überraschende Klauseln bzw. als protestatio facto contraria unwirksam29 • Liegt widersprüchliches Verhalten des Anspruchstellers vor, so ist der Anspruchsgegner, im Einklang mit der ganz herrschenden Lehre, aber im Gegensatz zur Rechtsprechung, auch vor dem Nachteil des Verlustes des Leistungsverweigerungsrechts nach § 273 unabhängig davon zu bewahren, ob der Vertrag zwischen ihm und dem Dritten bereits endgültig gescheitert ist. Ebensowenig kann es darauf ankommen, ob dem Anspruchsgegner die Inanspruchnahme des Dritten noch möglich oder zumutbar istSo. 25 26

27 28

28 30

s. o. § 14 Fn. 51, 53. Zur Definition dieses Begriffs s. o.

s. o. s. o. s. o. s. o.

§ 14 II 3, III 3. § 14 IV 1; § 15; § 16 III. § 14 V. § 14 IV 2; § 16 III.

§ 14

bei Fn. 68.

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3. Teil: Ergebnis und Konsequenzen

§ 18 Weitere Fälle des Einwendungsdurchgriffs Mit dem Einwendungsdurchgriff "bei widersprüchlichem Verhalten" ist nur ein begrenzter Anwendungsbereich dieses Rechtsinstituts behandelt worden. Es konnte zunächst nur darum gehen, den Einwendungsdurchgriff als allgemeine Rechtsfigur zu etablieren. Die Untersuchung mußte sich daher auf einen Kernbereich von Fällen beschränken, in denen die Vorteile dieses neuen Lösungswegs auf der Hand liegen. Erst wenn der Einwendungsdurchgriff als ordentlicher Bestandteil der juristischen Dogmatik grundsätzlich anerkannt ist, kann in einem weiteren Schritt das Umfeld derjenigen Fälle, in denen durchaus zweifelhaft ist, ob die Schutzwürdigkeit des Anspruchsgegners die Interessen des Anspruchstellers überwiegt1, unter diesem neuen rechtlichen GeSichtspunkt noch einmal der überprüfung unterzogen werden. Die hier entwickelten Thesen schließen also keineswegs aus, daß neben dem Gedanken des venire contra factum proprium auch noch andere überlegungen einen Einwendungsdurchgriff rechtfertigen können2 • So wurde bereits dargelegt, daß der vom Gesetz in den Fällen der §§ 404, 334, 846 und 986 II angeordnete Einwendungsdurchgriff auf anderen Prinzipien als dem Grundsatz vom Verbot des venire contra factum proprium beruht3 • Ferner könnte bei der Diskussion einzelner Fälle im Laufe dieser Untersuchung mehrfach die Frage aufgetaucht sein, ob in denkbaren - vorliegend nicht erörterten - Fallvarianten, in denen widersprüchliches Verhalten des Anspruchstellers nicht festgestellt werden kann, der Anspruchsgegner schutzlos bleiben soll oder ob nicht in diesem Fall andere Erwägungen einen Einwendungsdurchgriff rechtfertigen könnten'. Diese überlegungen könnten etwa bei der Tatsache ansetzen, daß der Anspruchsteller den Besitz einer Sache freiwillig dem Dritten überlassen hatS, oder daran anknüpfen, daß Sorgfaltspflichten des in Anspruch Genommenen Vgl. die Beispielsfälle u. § 19 11 2 und 3. Vgl. etwa die Untersuchung Pfeifers BB 1968, 134, nach der die Haftungsprivilegien bei gefahrgeneigter Arbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei der Beschädigung von Produktionsmitteln auch einem Dritten entgegengehalten werden können, wenn dieser - etwa aufgrund eines Eigentumsvorbehalts, einer Sicherungsübereignung oder eines Leasinggeschäfts und nicht der Arbeitgeber Eigentümer der beschädigten Produktionsmittel ist (Zustimmend Gamillscheg/Hanau S. 96 f.; vgl. zu diesem Problem auch Baumert, FS WengIer 11, S. 139; Günther/Hase AuR 74, 364). Vgl. auch Canaris, nach dem ein Einwendungsdurchgriff "kraft Rechtsrnißbrauchs" (Bankvertragsrecht, Rn. 1425 m. w. Nw.; FS Fischer, S.48) oder "mangels Eigeninteresses" (ZIP 1980, 720 Fn. 62) in Betracht kommen soll. 3 s. o. § 3. 4 So insbesondere bei der Diskussion der Fälle BGHZ 54, 264 (0. § 6 Fn. 7), BGHZ 34, 122 (0. § 9 Fn. 25), Chellaram & Sons v. Butlers Warehousing (0. § 8 Fn. 19) und bei den "Transportfällen" (0. § 10 bei Fn. 68). S Dazu noch u. § 19 11 3. 1

2

§ 19 Konsequenzen der Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

119

gegenüber dem Anspruchsteller erst durch den Vertrag des Anspruchsgegners mit dem Dritten entstanden sind. Dieser Frage kann hier jedoch nicht weiter nachgegangen werden. Jedenfalls ist die Zulassung eines Einwendungsdurchgriffs bei einer entsprechenden Interessenlage auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Verstoß gegen das Verbot des venire contra factum proprium nicht festgestellt werden kann. § 19 Konsequenzen der Anwendung des Einwendungsdurchgriffs I. Prozessuale Konsequenzen 1. Obwohl die ZPO an Zweipersonenverhältnissen orientiert ist1 , die hier diskutierten Fälle aber Dreieckskonstellationen sind, gilt bei einer Anwendung des Einwendungsdurchgriffs im zivilprozessualen Bereich zunächst nichts Besonderes: Die Geltendmachung von Einwendungen im Durchgriffswege führt im Prozeß, je nach der Natur der erhobenen Einwendung, zur endgültigen oder vorübergehenden Hemmung des Anspruchs des Klägers. Es ist nicht ungewöhnlich, daß das Gericht in diesen Fällen, um die Begründetheit der geltend gemachten Einwendungen feststellen zu können, das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und einem Dritten untersuchen muß. Die Dinge liegen hier nicht anders als wenn beispielsweise bei einer Klage auf Herausgabe einer Sache incidenter geprüft werden muß, ob der Beklagte die Sache von einem Dritten aufgrund eines wirksamen Kaufvertrags gutgläubig erworben hat!. Es kann der Theorie vom Einwendungsdurchgriff nicht zum Nachteil angerechnet werden, daß sie die Gerichte zwingt, im Prozeß unter Umständen das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und einem Dritten bis in die Einzelheiten hinein zu untersuchen. Es ist lediglich die Konsequenz des Vorverhaltens des Klägers, daß der Erfolg seiner Klage von diesem fremden Rechtsverhältnis abhängt. Er kann sich darüber schon nach dem Grundsatz vom Verbot widersprüchlichen Verhaltens nicht beklagen'.

2. Schwierigkeiten bereitet allerdings die Berücksichtigung der aus § 273 BGB bzw. der Saldotheorie folgenden Einrede des Beklagten, er könne die Leistung an den Kläger verweigern, bis er eine ihm von einem Dritten gebührende Leistung erhalten habe 4 • Die von § 274 I BGB für den Fall der Zug um Zug-Leistung vorgesehene Verurteilung des 1 2

RosenberglSchwab § 40 IV.

Vgl. den Fall u. 11 3.

a Esser/Weyers 11/2 § 48 111 4, S. 54. « Vgl. die Fälle o. § 12 I, 11; § 13; § 14.

120

3. Teil: Ergebnis und Konsequenzen

Beklagten "gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung" paßt hier nicht. Diese Norm geht davon aus, daß der Beklagte nicht nur Schuldner der Klageforderung, sondern auch Gläubiger eines Anspruchs gegen den Kläger ist. In den hier diskutierten Fällen ist der Kläger jedoch weder verpflichtet noch in allen Fällen überhaupt in der Lage, die dem Beklagten von dem Dritten geschuldete Leistung zu erbringen5 • LaTenz, dessen Konzeption der analogen Anwendung des § 273 BGB beim finanzierten Abzahlungskauf6 hier vor derselben Schwierigkeit steht wie die Theorie vom Einwendungsdurchgriff, hat vorgeschlagen, den Beklagten gemäß § 726 I ZPO mit der Maßgabe zu verurteilen, daß das Urteil nur vollstreckbar ist, wenn der Kläger beweist, daß der Beklagte die ihm von dem Dritten gebührende Leistung erhalten hat7. Angesichts der Tatsache, daß eine Verurteilung zu einer Zug um Zug-Leistung mit den in §§ 726 11, 756 ZPO geregelten Konsequenzen nicht in Betracht kommt, erscheint dieser Vorschlag als eine Möglichkeit, die dem Zweck der Einrede aus § 273 BGB bzw. der Saldotheorie am ehesten gerecht wird. Er ermöglicht dem Beklagten die Zurückhaltung seiner Leistung, bis die ihm gebührende Gegenleistung bewirkt worden ist. Dem Kläger kann zugemutet werden, den Empfang der Gegenleistung durch den Beklagten mittels öffentlich beglaubigter Urkunde nachzuweisen, wie es § 726 I ZPO verlangt. Es ist lediglich seinem eigenen Verhalten zuzuschreiben, daß die Vollstreckung des Urteils von diesem Beweis abhängt. Auch in diesem Zusammenhang gewinnt der bereits bei der Beweislastverteilung herangezogene Gedanke Bedeutung, daß der Anspruch des Klägers, wenn widersprüchliches Verhalten vorliegt und dem Beklagten eine Einwendung im Verhältnis zu dem Dritten zusteht, nur Erfolg haben darf, wenn der Kläger auszuschließen vermag, daß dem Beklagten dadurch ein Nachteil entsteht8 • Der Beklagte kann nach Treu und Glauben als verpflichtet angesehen werden, den Empfang der ihm gebührenden Leistung in öffentlich beglaubigter Urkunde zu quittierenD.

3. Ein weiteres Problem der Anwendung des Einwendungsdurchgriffs besteht darin, daß bei einem Rechtsstreit zwischen dem Kläger und dem Beklagten nach § 322 I ZPO lediglich die Entscheidung über den Anspruch des Klägers in Rechtskraft erwächst, nicht aber die nur incidenter getroffenen Feststellungen über das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dritten. In einem weiteren Prozeß zwi5 LaTenz, FS Michaelis, S. 212. e s. o. § 141112. 7 LaTenz, FS Michaelis, S. 212 f. Es bleibt dem Kläger also unbenommen, die Leistung selbst zu erbringen, s. o. § 12 I 3 a. E. 8 s. o. § 12 IV 3. o LaTenz, FS Michaelis, S. 213.

§ 19 Konsequenzen der Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

121

schen dem Kläger und dem Dritten könnte also ein anderes Gericht in dieser Hinsicht zum Nachteil des Klägers zu einem anderen Ergebnis kommen als das Gericht, das mit dem Streit zwischen dem Kläger und dem Beklagten befaßt war 10 • Wenn der Kläger jedoch glaubt, im Falle seines Unterliegens im Prozeß gegen den Beklagten einen Anspruch gegen den Dritten zu haben, so kann er diesem zur Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen nach §§ 72 ff., 66 ff. ZPO den Streit verkünden. In diesem Fall gelten die in dem Prozeß zwischen dem Kläger und dem Beklagten getroffenen Feststellungen vermöge der Interventionswirkung auch für das Verhältnis des Klägers zu dem Dritten. 11. Das allgemeine Problem des Einwendungserhalts in Dreipersonenverhältnissen, insbesondere im Bereicherungsrecht

Der Einwendungsdurchgriff ist nicht nur ein rechtstechnisches Instru~ ment zur Lösung bestimmter konstruktiver Probleme. Seine Anerkennung als allgemeines Rechtsinstitut stellt vielmehr auch einen neuen Denkansatz bei der Lösung von Dreipersonenverhältnissen dar, der dazu beitragen kann, einige der mit diesen Strukturen bestehenden Schwierigkeiten besser in den Griff zu bekommen. Es ist allgemein anerkannt, daß einer der gewichtigsten Gesichtspunkte bei der Beurteilung von Dreiecksverhältnissen der Erhalt der Einwendungen des in Anspruch Genommenen aus dem Verhältnis zu dem von dem Anspruchsteller verschiedenen Dritten ist l l . Die her-:kömmliche Rechtslehre nimmt sich jedoch die Möglichkeit einer sachge~ rechten Diskussion dieses Problems vielfach dadurch, daß sie es lediglich als einen von mehreren Gesichtspunkten bei der Bestimmung des Aktivlegitimierten12 behandelt. Ein besonders deutliches Beispiel hierfür ist die herrschende Ansicht zu den bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnissen13 , nach der der Kondiktionsberechtigte ("Leistende") so zu bestimmen ist, daß die Einwendungen des Kondiktionsschuldners 10 Mandenke beispielsweise an den bereits erörterten Fall, daß derKläger "für den Dritten" an den Beklagten geleistet hat, eine Weisung des Dritten jedoch fehlte. Wenn in dem Rechtsstreit zwischen dem Kläger und dem Beklagten festgestellt wird, daß der Beklagte das Geleistete von dem Dritten verlangen konnte, kann der Rückerstattungsanspruch des. Klägers unter Umständen aus diesem Grunde abgewiesen werden (s. o. § 12 IV 2). Wenn der Kläger nunmehr den Dritten wegen Befreiung von einer Schuld verklagt (s. o. § 12 IV 4), könnte das jetzt befaßte Gericht den Anspruch mit der Begründung ablehnen, daß eine Schuld zwischen dem Beklagten und dem Dritten nicht bestanden habe. 11 s. o. § 4 Fn. 5. 12 Zur Definition der Aktivlegitimation s. o. § 11 Fn.2. 13 Dazu allgemein Medicus Rn. 667 ff.

122

3. Teil: Ergebnis und Konsequenzen

aus seinem Kausalverhältnis erhalten bleiben14 • Die Frage, ob jemand im Sinne des § 812 I 1 als "Leistender" anzusehen ist, soll danach unter anderem davon abhängen, ob das Interesse des Kondiktionsschuldners an dem Erhalt seiner Einwendungen schutzwürdig erscheint. Diese Sichtweite sucht mit Hilfe des "modernen Leistungsbegriffs" zwei der schwierigsten Fragen bereicherungsrechtlicher Dreiecksverhältnisse auf einmal zu lösen, was jedoch nicht in allen Fällen möglich ist. Die Bestimmung des Aktivlegitimierten und die Frage der Schutzwürdigkeit des Interesses des Schuldners an dem Erhalt seiner Einwendungen sind vielmehr verschiedene, selbständige Probleme. Sie nicht auseinanderzuhalten führt nur dazu, die für beide entscheidenden verschiedenen Gesichtspunkte zu übersehen. Der von der traditionellen Rechtslehre eingeschlagene Weg der Verbindung der Probleme von Aktivlegitimation und Einwendungserhalt hat drei wesentliche Nachteile: Zum einen versagt er in Fällen, in denen die Aktivlegitimation des Klägers gar nicht in Zweifel gezogen werden kann, sich aber gleichwohl das Problem des Einwendungserhalts stellt. Des weiteren läßt sich der Ausschluß der Aktivlegitimation des Klägers im Hinblick auf im konkreten Fall bestehende Einwendungen des Beklagten in der Regel nur so generell begründen, daß er auch für vergleichbare Fallkonstellationen gilt, in denen dem Beklagten aber gar keine Einwendungen zustehen, so daß zu seinem Schutz kein Anlaß besteht. Schließlich führt die mangelnde Differenzierung zwischen dem Problem der Aktivlegitimation und dem des Einwendungserhalts vielfach dazu, daß weder die eine noch die andere Frage in überzeugender Weise behandelt werden kann. Die folgenden drei vieldiskutierten Beispielsfälle dienen der Verdeutlichung dieser Beurteilung. Gleichzeitig soll gezeigt werden, wie die fallentscheidenden Gesichtspunkte in Dreipersonenverhältnissen vielfach sachgerechter erörtert werden können, wenn man Aktivlegitimation und Einwendungserhalt getrennt behandelt. 1. Verkauft V eine dem E gehörende Sache mit dessen Ermächtigung (§ 185) im eigenen Namen dem K, und ist die übereignung wirksam, der Kaufvertrag aber unwirksam15 , so stellen sich zwei Fragen: Zum einen, ob ein Direktanspruch des E nach § 812 I 1 auf Herausgabe der Sache gegen K besteht, und zum anderen, ob das Interesse des K " Canaris, FS Larenz, S. 802; LaTenz 11 § 68 I a, S. 527, § 68 111; Medicus Rn. 667; Koppensteiner/Kramer S. 31, 43, 60 f.; Erman/H. P. Westermann § 812 Rn. 17. 16 Beispiel nach Larenz 11 § 68 111 a; Kupisch S.95; Koppensteiner/Kramer S. 30 f. Ein ähnlicher Fall wurde bereits o. § 4 I erörtert, dazu noch sogleich im Text.

§ 19 Konsequenzen der Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

123

am Erhalt seiner Einwendungen - falls ihm solche zustehen1G - gegenüber dem Interesse des E an der Rückerlangung seiner Sache schutzwürdig ist. Die herrschende Ansicht verbindet diese beiden Fragen und schließt die Aktivlegitimation des E in diesem Fall zum Schutz des K mittels des "Grundsatzes von der Subsidiarität der Eingriffskondiktion" generell aus17 • Dieser Grundsatz geht jedoch zu weit, denn er gilt nach seiner allgemeinen Formulierung auch für Fälle, in denen K gar keine Einwendungen im Verhältnis zu V zustehen18 , besondere Maßnahmen zu seinem Schutz also nicht erforderlich sind 19 • Ferner wird die Lösung mittels des Grundsatzes von der Subsidiarität der Eingriffskondiktion der Problematik im Bereich der Aktivlegitimation nicht gerecht. Nach dem Wortlaut des § 812 I 1 ist ein Anspruch des E wegen Bereicherung in sonstiger Weise gegeben. Der Hinweis auf mögliche Einwendungen des K erscheint nicht als ausreichende Begründung für einen generellen Ausschluß der gesetzlichen Rechte des E. Problematisch ist vielmehr, ob neben dem Anspruch des E wegen Bereicherung in sonstiger Weise noch eine Leistungskondiktion des V gegeben ist. Dies hängt davon ab, ob man die Worte "auf dessen Kosten" in § 812 I 1 nur auf den Anspruch wegen Bereicherung in sonstiger Weise oder auch auf die Leistungskondiktion bezieht20 • Diese Frage ist jedoch wegen der bislang vorherrschenden überschneidung mit dem Problem des Einwendungserhalts noch nicht mit der erforderlichen Gründlichkeit untersucht worden21 • Wie sie zu beantworten und was gegebenenfalls das Verhältnis der beiden Kondiktionen zueinander ist, sollte jedenfalls nach allgemeinen bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten und nicht im Hinblick auf das spezielle Problem des Einwendungserhalts in Dreiecksverhältnissen geklärt werden. Schließlich geht die herrschende Meinung, indem sie zur Lösung des Falles bei der Aktivlegitimation des E ansetzt, ohne weiteres von der Schutzwürdigkeit des K aus und läßt auf der Ebene der wertenden 16 K mag z. B. V gegenüber zur Herausgabe der Sache nur gegen Rückzahlung des Kaufpreises verpflichtet sein. 17 Larez II § 68 III a; Koppensteiner/Kramer S.31; vgl. auch Canaris, FS Larenz, S. 851; v. Caemmerer, FS Boehmer, S. 150 f.; ders. FS Rabel I, S. 348 ff. 18 Etwa, weil K den Kaufpreis noch gar nicht an V gezahlt hat, vgl. o. Fn.16. 19 Meyer S.71 f. Der Grundsatz von der Subsidiarität der Eingriffskondiktion wird daher angezweifelt von Esser/Weyers 11/2 § 50 IV; Staudinger/Lorenz § 812 Rn. 61 ff.; Picker NJW 1974, 1790 ff.; WiZheZm S. 107 f., 108 Fn.165; Pinger AcP 179 (1979) 313. 20 So einerseits die h. M., andererseits insbesondere WiZheZm S. 100 ff.; vgl. dazu v. Reinersdorff MDR 1981, 801 m. w. Nw. Z1 Vgl. v. Reinersdorff MDR 1981, 801.

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3. Teil: Ergebnis und Konsequenzen

Argumentation jede Begründung dafür vermissen, aus welchen Gründen die Interessen des K in diesem Fall die des E übersteigen. Nach der hier vertretenen Ansicht kann K, falls man zur Bejahung eines Direktanspruchs des E kommt, erforderlichenfalls mit Hilfe eines Einwendungsdurchgriffs geschützt werden, der sich mit der ausdrücklichen Billigung des zwischen V und K geschlossenen Kaufvertrags durch E rechtfertigen läßt!2. Die Schwierigkeit des Versuchs, die Probleme des Einwendungserhalts in Dreierpersonenverhältnissen über eine Einschränkung der Aktivlegitimation zu lösen, zeigen sich besonders deutlich, wenn man den Ausgangsfa1l 23 etwas abwandelt und annimmt, daß nicht nur der Kaufvertrag, sondern auch die übereignung zwischen V und K nichtig war24 • In diesem Fall steht E gegen K der Anspruch aus § 985 zu. Die herkömmliche Sichtweise muß hier die Schutzwürdigkeit des K leugnen, da an der Aktivlegitimation des E nicht zu zweifeln ist 25 • Dies ist jedoch bei wertender Betrachtung nicht gerechtfertigt: Wenn E dem Abschluß des Schuldvertrages zwischen V und K zugestimmt hat, ist das Interesse des K am Erhalt der Einwendungen aus diesem Vertrag dem Anspruch des E gegenüber schutzwürdig. Es macht bei der Interessenwertung keinen Unterschied, ob K Eigentümer der Kaufsache geworden ist oder nicht. Es ist daher in diesem Fall an einen von der Aktivlegitimation unabhängigen Einwendungserhalt zu denken!'.

2. Der Sachverhalt wird allgemein anders beurteilt, wenn V die an K verkaufte Sache dem E gestohlen hat. Hier steIlt man gemeinhin ohne weiteres das Interesse des K an dem Erhalt seiner Einwendungen aus dem Verhältnis zu dem Dieb zurück und räumt dem Anspruch des E auf Rückgabe der Sache bzw. Wertersatz den Vorrang ein27 • Die Begründung für diese generelle Vernachlässigung der Interessen des K fällt der herrschenden Meinung deshalb so schwer28 , weil nach ihrem dogmatischen Ansatzpunkt nur eine Entscheidung zu Ungunsten des K in Betracht kommt: Da sich der Anspruch des E aus § 985 nicht ausschließen läßt, gibt es für die herrschende Ansicht konstruktiv gar keine Möglichkeit, gegebenenfalls einem überwiegenden Interesse des K an dem Erhalt seiner Einwendung Geltung zu verschaffen29 • 22 s. o. § 17 111. 23 s. o. bei Fn. 15. 24 Dazu bereits o. § 4 I. 25 Vgl. Canaris, FS Larenz, S. 851 f., der entscheidend auf den .. Mangel des Erwerbsaktes" abstellt; dazu sogleich im Text. 28 Dazu eingehend o. § 4 I. 27 BGHZ 55, 176 .. Jungbullenfall" ; BGHZ 29, 157; Medicus Rn. 725 m. w. Nw.; LaTenz 11 § 68 111 f.; Kupisch S. 73 Fn. 23. 28 Vgl. Medicus Rn. 725 m. w. Nw. 29 Vgl. BGHZ 55, 176, 179 f.

§ 19 Konsequenzen der Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

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Erkennt man dagegen die eigenständige Bedeutung des Problems des Einwendungserhalts und die daraus abzuleitende konstruktive Möglichkeit eines Einwendungsdurchgriffs an, so wäre wie folgt zu differenzieren: Die Hintanstellung der Interessen des K erscheint angebracht, wenn E nichts getan hat, was die Berücksichtigung der Einwendungen des K und die Einschränkung der gesetzlichen Rechte des E rechtfertigen könnte. Unter anderen Umständen, so zum Beispiel, wenn Eden Diebstahl durch seine eigene grobe Fahrlässigkeit erst ermöglicht hat 30 , kann man jedoch bezweifeln, ob man ihm erlauben soll, das Risiko der Verfolgung des Diebes auf K abzuwälzen, und einen E.inwendungsdurchgriff in Betracht zu ziehensi. 3. Viel erörtert ist schließlich der Fall, daß V eine Sache des E ohne dessen Einwilligung, lediglich als besitzender Nichtberechtigter, an K verkauft und der Kaufvertrag unwirksam ist 32 • Wenn die Verfügung nach § 932 wirksam war, kommt ein Vorgehen des E gegen K mit dem Anspruch wegen Bereicherung in sonstiger Weise oder nach § 816 12 analog in Betracht3s. War die Verfügung, etwa wegen Mängel der Einigung, unwirksam, hat E den Anspruch aus § 985 gegen K. Neben der Bestimmung des Aktivlegitimierten kommt es aber in diesem Fall vor allem auf die Frage an, ob das Interesse des K an dem Erhalt seiner Einwendungen 34 einem Anspruch des E gegenüber schutzwürdig ist. Diese Frage wird - jedenfalls bei wirksamer Verfügungüberwiegend bejaht35 , aber wiederum allgemein als ein Problem der Aktivlegitimation aufgefaßt, so daß es an einer Begründung für· die Schutzwürdigkeit des K auf der Ebene der Interessenwertung weitgehend fehlt 36 • Diese Begründung ist jedoch durchaus problematisch und bedarf noch weiterer Untersuchung. Eswäre etwa zu fragen, ob die Tatsache, daß E den Besitz der Sache dem V überlassen und damit den sich später dem K gegenüber auswirkenden Vertrauenstatbestand selbst 30 Man denke nur an den Fall, daß E den von V gestohlenen Kraftwagen unverschlossen, mit Zündschlüssel und Kfz-Brief im Handschuhfach über Nacht in zweifelhafter Gegend stehengelassen hat. 31 Vgl. Mitteis/Lieberich, Kap. 38 IV, S. 121, wonach die Pflicht zur ersatzlosen Herausgabe einer abhandengekommenen Sache für den redlichen Erwerber eine ungerechtfertigte Härte bedeuten kann. 32 Larenz 11 § 69 IV c; Canaris, FS Larenz, S. 849 m. w. Nw.; Medicus Rn. 390. 33 Streitig, vgl. Larenz 11 § 69 IV c; u. Caemmerer, FS Boehmer, S. 146 ff.; Canaris, FS Larenz, S.849 m. w. Nw. 34 S. o. Fn. 16. 35 Larenz 11 § 69 IV c; u. Caemmerer, FS Boehmer, S. 150 ff.; H. P. Westermann, JuS 1972, 23; SoergellMühl (10. Aufl.) § 816 Rn: 17; Kötter AcP 153, 211 ff.; a. A. Wilburg S. 119 f.; Fikentscher § 100 I. . 36 Vgl. für die h. M. Larenz 11 § 69 IV c, für die Mindermeinung Fikentscher

§ 100 I.

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3. Teil: Ergebnis und Konsequenzen

mitgeschaffen hat, ausreicht, um E zur Berücksichtigung der Einwendungen des K zu verpflichten37 • Jedenfalls kann es bei der Abwägung der Interessen des E und des K wiederum keinen Unterschied machen, ob die Verfügung wirksam oder unwirksam war 38 • Wenn man also, wie die herrschende Ansicht3', den K in dem einen Fall für schutzwürdig hält, muß dies auch für den anderen Fall gelten. Es stellt sich also auch bei unwirksamer Verfügung das Problem des Erhalts der Einwendungen des K, obwohl an der Aktivlegitimation des E in diesem Fall nicht zu zweifeln ist. Das Dilemma der herrschenden Lehre wird an dem Argument Grunskys offenbar, mögliche Einwendungen des K seien bei der Diskussion um den bereicherungsrechtlichen Direktanspruch des E außer Betracht zu lassen, da sie in der vergleichbaren Fallkonstellation bei unwirksamer Verfügung gegenüber einem Anspruch aus § 985 auch nicht erhoben werden könnten4o • Dieser lediglich formale Schluß läßt die bei wertender Betrachtung entscheidende Frage nach der Schutzwürdigkeit des K völlig außer Betracht - er wird aber erst durch die Möglichkeit eines Einwendungsdurchgriffs widerlegt. Es ging bei der Darstellung dieser Beispielfälle nicht darum, jeweils zu einer abschließenden Entscheidung über die Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs zu kommen. Hierzu bedürfte es jedenfalls in den unter 2. und 3. besprochenen Fällen noch eingehender Untersuchungen zu der Frage, wie die Interessen des in Anspruch Genommenen an der Berücksichtigung seiner Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis mit dem Dritten einerseits und des Anspruchstellers an einem einwendungsunabhängigen Vorgehen andererseits zu gewichten sind. Die Beispielsfälle dienten vielmehr lediglich der Verdeutlichung der Auffassung, daß es in Dreipersonenverhältnissen ein eigenes Problem des Einwendungserhalts gibt, das von der Frage der Aktivlegitimation zu trennen ist. Dieses Problem konnte bislang nicht befriedigend gelöst werden, da die einzige Möglichkeit, die Einwendungen eines Klagegegners aus dessen Rechtsverhältnis mit einem Dritten zu erhalten, darin bestand, dem Kläger generell die Aktivlegitimation abzusprechen. Erkennt man dagegen an, daß konstruktiv grundsätzlich ein Einwendungsdurchgriff in Betracht kommt, wenn das Interesse des in Anspruch Genommenen an dem Erhalt seiner Einwendungen schutz würdig erscheint, so läßt sich das Problem des Einwendungserhalts sachgerecht getrennt von dem Vgl. H. P. Westermann JuS 1972,23. SO zutreffend Grunsky JZ 1962, 208 f. im Gegensatz zu Canaris, FS Larenz, S. 851 f. se s. o. Fn. 35. 40 Grunsky JZ 1962, 208 f. 37 3S

§ 19 Konsequenzen der Anwendung des Einwendungsdurchgriffs

127

Problem der Aktivlegitimation erörtern. Erst durch diese Unterscheidung wird es möglich, die für beide Fragen wesentlichen verschiedenen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. So entfällt bei einer Anerkennung der Rechtsfigur des Einwendungsdurchgriffs die Notwendigkeit, den "bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff" dadurch zu überfordern, daß man von seiner Anwendung sowohl die korrekte Bezeichnung des Aktivlegitimierten als auch die interessengerechte Beantwortung der Frage erwartet, wann Einwendungen zu erhalten und wann sie zu vernachlässigen sind 41 •

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