Zeitschrift für Sozialpsychologie: Band 21, Heft 1 1990 [Reprint 2021 ed.]
 9783112470244, 9783112470237

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GEROLD MIKULA AMÉLIE MUMMENDEY D U Cl _R N H A R D ORTH

B A N D 21 1990 H EFT 1

VERLAG HANS HUBER BERN STUTTGART

TORONTO

Zeitschrift für Sozialpsychologie Gegründet von: Hubert Feger Klaus Holzkamp Carl Friedrich Graumann Martin Irle Wissenschaftlicher Beirat: Günter Albrecht Hans-Werner Bierhoff Mario von Cranach Helmut Crott Dieter Frey Volker Gadenne Franz Urban Pappi Peter Petzold John Rijsman Peter Schönbach Wolfgang Stroebe Arnold Upmeyer Rolf Ziegler

Copyright 1990 Verlag Hans Huber Bern Stuttgart Toronto Herstellung: Lang Druck AG, Liebefeld Printed in Switzerland Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft Library of Congress Catalog Card Number 78-126626 Die Zeitschrift für Sozialpsychologie wird in Social Sciences Citation Index (SSCI) und Current Contents / Social and Behavioral Sciences erfaßt

Zeitschrift für Sozialpsychologie 1990, Band 21 Heft 1 INHALT Editorial

1

Empirie J . & MALLÜ, R . : Individuierte Einstellungsformation, Einstellungsstruktur und Einstellungs-Verhaltens-Konsistenz

DOLL,

Individuated

attitude-formation,

attitude-structure

and

2

attitude-behaviour-consistency

H. & S C H E N K , J.: Intolerante und autoritäre Einstellung als Reaktion des KonservativInternalen auf Entfremdung

PFRANG,

Intolerant and authoritarian

attitude as a reaction of conservative-internal

confronted

with

15

alienation

M. & HOFMANN, J.M.: Die Bereitschaft zur Teilnahme an der Volkszählung '87. Erwartungs-wert-theoretische Analysen unter Einbeziehung von Niveaus des moralischen Urteils

KRÄMER,

The intention to participate moral judgement

in the German census 1987: an expectancy-value-analysis

considering

27

the level of

Wird ein körperbehinderter Gesprächspartner gemieden? Eine experimentelle Untersuchung zum Einfluß der Körperbehinderung eines potentiellen Gesprächspartners

TköSTER, H . ; LISCHKA, I . & SCHIPP, B.:

40

Do people avoid a disabled conversation partner? A study on the effect of disability on the choice of a conversation partner

Boos, M . ; MORGUET, M . ; M E I E R , F. & FISCH, R.: Zeitreihenanalysen von Interaktionsprozessen bei der Bearbeitung komplexer Probleme in Expertengruppen Process analysis of problem

solving behaviour in expert

53

groups

Literatur Kurzrezensionen GROEBEL, J. & WINTERHOFF-SPURK, P . (Hrsg.): Empirische Medienpsychologie (H. B. BROSIUS) BROWN, R.: Group Processes. Dynamics within and between groups. (M. DIEHL) H O G G , M. A . & ABRAMS, D.: Social Identifications. A social psychology of intergroup relations and group processes. (U. WAGNER) STERNBERG, R . J . & BARNES, M . L . (Ed.): The Psychology of Love. (C. KRAFT)

65 65

67 69 71

Dissertationen Titel und Abstracta Neuerscheinungen

76 78 81

Nachrichten und Mitteilungen

82

Autoren

83

Verlag Hans Huber, Bern Stuttgart Toronto

Zeitschrift für Sozialpsychologie 1990, 1

1

Editorial 1989, das erste Jahr der Zeitschrift für Sozialpsychologie unter neuer Herausgeberschaft, ist zu Ende gegangen; ein guter Zeitpunkt also, um einen Blick auf die Entwicklung der Zeitschrift im vergangenen Jahr zu werfen. Hierzu einige Daten, die für Autoren wie Leser interessant sein mögen: 1989 wurden insgesamt 38 Originalbeiträge eingereicht, Rezensionen, kritische Anmerkungen und Repliken nicht eingerechnet. 18 Beiträge wurden abgelehnt, das entspricht einer Ablehnungsquote von rund 47%. 20 Beiträge wurden nach mehr oder weniger umfangreichen Revisionen akzeptiert, sind bereits erschienen oder erscheinen spätestens in Heft 3/1990. Im Mittel vergehen 10 Monate zwischen dem Zeitpunkt des ersten Einreichens und dem Erscheinen des Beitrags (mit einem Minimum von 8 und einem Maximum von 14 Monaten für die 1989 eingereichten Beiträge). Diese Zeitspanne setzt sich zusammen aus (im Mittel) 4,5 Monaten zwischen Ersteinreichen und Vorlage einer revidierten Fassung (Minimum 2 Monate, Maximum 7 Monate), exakt 4 Monaten, die für die Produktion eines Heftes seitens des Verlags benötigt werden (falls keine außergewöhnlichen Verzögerungen hingenommen werden müssen) und 1,5 Monate, die im Durchschnitt verstreichen, je nachdem wie nahe der Abschluß einer Manuskriptbearbeitung an den vierteljährlichen Herausgabetermin eines Heftes fällt. Die im Verlauf des Jahres 1989 eingereichten Manuskripte wurden außer von den vier Herausgebern jeweils von mindestens einem auswärtigen Gutachter ausführlich beurteilt. Insgesamt haben für die 1989 eingereichten Beiträge 35 verschiedene Personen diese Arbeit auf sich genommen. In der Vergangenheit geäußerte Befürch-

tungen, im deutschen Sprachraum sei ein solches Begutachtungsverfahren deshalb nicht zu verwirklichen, weil die Zahl der potentiellen Gutachter zu gering sei, sind - denke ich - zerstreut: Von einer oder zwei durchaus nachvollziehbaren Ausnahmen abgesehen haben sich alle Kolleginnen und Kollegen, die gebeten wurden, zu dieser Arbeit bereit erklärt und erfreulich fristgerecht begutachtet. Der Wert dieser Gutachten als Rückmeldung für die Autoren und Orientierung zur Verbesserung ihrer Beiträge erscheint mir uneingeschränkt hoch: Alle Stellungnahmen seitens der Autoren - natürlich kann ich nur über die sprechen, die mir schriftlich oder mündlich bekannt gemacht wurden - waren positiv; die ausführlichen, teils durchaus kritischen Anmerkungen wurden durchgehend als weiterführend und nützlich empfunden, dies im übrigen unabhängig von der Entscheidung über Annahme oder Ablehnung eines Beitrags. Die Veröffentlichungsfrist insgesamt erscheint lang, auch wenn sie von der anderer Zeitschriften innerhalb unseres Landes und im internationalen Bereich nicht abweicht; wir werden uns bemühen, diesen organisatorischen Ablauf zu beschleunigen. Trotzdem ist das Gesamtbild aus 1989 - auch bei kritischer Betrachtung - kein negatives. Natürlich berührt dieses Bild in keiner Weise die eigentlich zentrale Eigenschaft der Zeitschrift, nämlich ihr fachlich wissenschaftliches Niveau. Aber gerade dies zu beeinflussen liegt nicht in erster Linie in der Hand der Herausgeber; es ist vielmehr - wie schon häufig betont - so gut wie das der einzelnen eingereichten Beiträge. AMÉLIE MUMMENDEY

H

2

Doll/Mallü: Individuierte Einstellungsformation

Empirie Individuierte Einstellungsformation, Einstellungsstruktur und Einstellungs-Verhaltens-Konsistenz1 JÖRG DOLL & REINER MALLÜ Psychologisches Institut der Universität Hamburg ABELSONS Individuierungskonzept läßt sich als ein Supermoderator der Einstellungs-Verhaltens-Beziehung auffassen, der die (spezifischen) Moderatorenkonzepte verschiedener Forschungsansätze (direkte vs. indirekte Erfahrung, Manipulation der Selbstaufmerksamkeit, Reflexion zurückliegenden Verhaltens) integrativ zusammenfaßt. Das Individuierungskonzept betont als Gemeinsamkeit dieser Forschungsstränge Bedingungen, die personale Aspekte bei der Einstellungsformation salient machen. Der Effekt direkter vs. indirekter Erfahrung wurde bisher in einer Moderation der Güte der Einstellungsverfügbarkeit (Objekt-Evaluations-Beziehung) gesehen. Die Ergebnisse eines Experiments, die eine erhöhte Salienz verhaltens-orientierter Informationen bei individuierter Einstellungsformation (direkte Erfahrung) aufzeigen, erfordern eine weitergehende «einstellungsstrukturelle» Erklärung. Die stärker auf verhaltens-orientierten Attributen basierenden Einstellungen (Bedingung direkter Erfahrung) erwiesen sich als signifikant prädiktiver für einen operativen Verhaltensindex (Verhaltensdauer) als die stärker auf objektorientierten Attributen basierenden (Bedingung indirekter Erfahrung), obwohl experimentell eine gleich hohe Einstellungsverfügbarkeit hergestellt wurde. Diese Einstellungsqualität, die die Vorhersagekraft einer Einstellung für ein Verhalten erhöht, bezeichnen wir als Am Antizipationspotential der Einstellung.

ABELSON'S concept of individuation can be conceived of as a supermoderator of the attitude-behavior relationship, which integrates the (specific) moderators of different research domains (direct vs. indirect experience, self-awareness, past-behavior reflection). It stresses as the essence of the domains conditions, which make personal aspects salient while forming an attitude. The effect of direct vs. indirect experience was seen so far in the moderation of the attitude accessibility (object-evaluation association). The results of an experiment in which attitudes were formed under an individuated condition (direct experience) showed an increase in the salience of behavioral information and call for a more comprehensive «structural» explanation. The attitudes based on more behavior-oriented attributes (direct experience condition) predicted a behavior-index (time of behavior) significantly better than attitudes based on more object-oriented attributes (indirect experience condition), although the attitude accessibility was held constantly high in both conditions. We call the attitudinal quality increasing the predictive power of an attitude for a behavior the anticipation-potential of that attitude.

1. Individuierung bei der Einstellungsformation als Moderator der Vorhersagekraft von Einstellungen für Verhalten

haltens- bzw. Eigenschafts-Verhaltens-Konsistenz gefunden wurden. Individuierung bezeichnet Bedingungen der Einstellungs- und Eigenschaftsformation, die die Aufmerksamkeit und den gedächtnismäßigen Zugriff einer Person für Aspekte des Selbst, Werte, Einstellungen und vergangenes Verhalten erhöhen. Der Forschungsansatz von FAZIO & Z A N N A zur Einstellungs formation durch direkte (mit dem eigenen Sensorium perzipierte) vs. indirekte (durch eine Quelle z.B. andere Person, Radio oder Zeitung vermittelte) Erfahrung mit dem Einstellungsobjekt gehört hierher. REGAN & FAZIO (1977) konnten in einer Pilotstudie f ü r ein reales Wohnraumproblem in einem Studentenwohn-

p. 1 3 3 ) hat das Konzept der Individuierung (individuation) oder der individuierenden Bedingungen eingeführt, um die Ergebnisse integrierend zu erklären, die in unterschiedlichen Forschungsansätzen zur Einstellungs-VerABELSON ( 1 9 8 2 ,

1 Wir danken Prof. Dr. Bernhard ORTH für seine Diskussionsbeiträge. Diese Arbeit entstand mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Or 53) im Rahmen des Forschungsprojektes «Multiattributive Einstellungsund Einstellungs-Verhaltens-Modelle: Meßtheoretische und empirische Untersuchungen».

3

Zeitschrift für Sozialpsychologie 1990, 2-14

heim und in einem Puzzle-Experiment (dabei handelte es sich bei den Puzzles um Problemlöseaufgaben) zeigen, daß Personen mit direkter Erfahrung eine hohe Einstellungs-Verhaltens-Konsistenz aufweisen. Die Evidenz für die Moderation der Konsistenzhöhe durch indirekte versus direkte Erfahrung führte zu einer Vielzahl replizierender und elaborierender Untersuchungen (BORGIDA

&

CAMPBELL,

1982;

FAZIO,

CHEN,

Verhalten wenig variierte

( z . B . A J Z E N , TÌMKO &

W H I T E , 1981; BECHERER & RICHARD, 1 9 7 8 ; SNYDER, 1 9 8 2 ; SNYDER & KENDZERSKI, 1 9 8 2 ; SNYDER & SWANN, 1 9 7 6 ; ZANNA & OLSON, ZANNA e t a l . ,

1982;

1980).

2. Eine Attributtaxonomie zur Erklärung der Folgen der Individuierung

M C D O N E L & SHERMAN, 1 9 8 2 ; FAZIO, POWELL & HERR,

1983;

FAZIO &

ZANNA,

1978a, 1978b;

MIELKE, 1 9 8 5 ; SHERMAN e t a l . , 1 9 8 2 ; SMITH & SWINYARD,

1983; eine Übersicht geben

FAZIO &

Z A N N A , 1981).

Ein zweiter Forschungsansatz zeichnet sich dadurch aus, daß die Befragten vor der Abgabe eines Einstllungsurteils die Instruktion erhalten, über ihr in der Vergangenheit ausgeführtes Verhalten nachzudenken (SNYDER & SWANN, 1 9 7 6 ) oder auf einem Verhaltenskatalog in der Vergangenheit gezeigte Verhaltensweisen zu markieren (FAZIO & ZANNA, 1 9 7 6 ) . Beide Vorgehensweisen führten zu einer erhöhten Einstellungs-Verhaltens-Konsistenz (außerdem FENDRICH, 1 9 6 7 ; Z A N N A , OLSON & FAZIO, 1981).

Der dritte Forschungsansatz ist der Selbstaufmerksamkeitstheorie (DUVAL & WICKLUND, 1972) zuzuordnen. Verschiedene experimentelle Manipulationen, z.B. das Aufstellen eines Spiegels oder einer Videokamera, sollen die Selbstaufmerksamkeit erhöhen. PRYOR et al. ( 1 9 7 7 ) konnten die Verhaltens-Einstellungs-Konsistenz nach der Bearbeitung von Problemlöse-Puzzles durch die Einstellungserhebung bei Vorhandensein eines Spiegels signifikant erhöhen (außerd e m FAZIO, ZANNA & COOPER, 1 9 7 8 ; GIBBONS, 1 9 7 8 ; WICKLUND,

1982).

Ein vierter Forschungsansatz faßt die Selbstaufmerksamkeit nicht als manipulierbare Kontextvariable, sondern als Persönlichkeitsvariable auf. Das Self-Monitoring-Konstrukt wird eingeführt, um Personen, deren Einstellungsurteile vorwiegend auf aktuellen situativen Stimuli basieren (High Self-Monitoring), von solchen zu unterscheiden, deren Einstellungsurteile vorwiegend auf internalen einstellungsrelevanten Aspekten und zurückliegendem Verhalten gegenüber dem Einstellungsobjekt basieren (Low Self-Monitoring). Die Low Self-Monitoring Personen zeigen dann eine erhöhte EinstellungsVerhaltens-Konsistenz, wenn das zurückliegende

Während die skizzierten Forschungsansätze Globalkonzepte wie die Einstellungsverfügbarkeit (attitude accessibility) oder die Selbstaufmerksamkeit (seif awareness) heranziehen, um die erzielten Effekte zu erklären, soll im folgenden ein Erklärungsansatz entwickelt werden, der sich auf die Struktur von Einstellungen bezieht. Wir gehen dabei von dem Strukturkonzept multiattributiver Einstellungsmodelle (z.B. DOLL, 1987) aus, das die zentrale Annahme enthält, Einstellungen würden auf Attributen oder Komponenten (FEGER, 1979) als den grundlegenden Modellbausteinen basieren. Speziell untersuchen wir die Anpassungsgüte des multiattributiven Adäquatheitmodells ( z . B . BASS & TALARZYK, 1972; zur Begründung dieser Wahl s.u.). Um ein beim Vorliegen von Intervallskalenniveau für die Modellvariablen meßtheoretisch bedeutsames Modell zu testen, untersuchen wir das im Sinne von O R T H (1985) formal durch die Einführung additiver Parameter modifizierte folgende Modell: n Apo

=A'L(Dvt

/=1

0+a)

• (Pp i + b)

(1)

Ap 0 - Einstellung der Person p zum Objekt o Dp i o - Beurteilung der Adäquatheit (Attraktivität) des Attributs (Kognition) i in bezug auf o durch die Person p Pp i - die Wichtigkeit (importance) des A t t r i b u t s / f ü r das Einstellungsurteil der Person p n - die Zahl der Attribute (Kognitionen) / - Funktion (linear) a, b - aus den Daten zu schätzende Parameter

Zur Beschreibung unterschiedlicher Einstellungsstrukturen formulieren wir eine Attributtaxonomie (s. Tab. 1), durch die die Attribute in zwei Aspekten geordnet werden: (1) in dem Aspekt der Erwerbsart in durch direkte versus indirekte Erfahrung erworbene Attribute und (2) in dem Aspekt des Attributinhalts in verhaltensorientierte und objekt-orientierte Attribute. Da-

4

Doll/Mallü: Individuierte Einstellungsformation

Tabelle 1: Attributtaxonomie Erwerbsart/ Inhalt

verhaltensorientiert

objektorientiert

direkt

I

II

indirekt

III

IV

bei beziehen sich natürlich auch die verhaltensorientierten Attribute auf das (Einstellungs-)Objekt, da die in diesen Attributen angesprochenen Aspekte sich auf Verhalten mit oder gegenüber dem Objekt beziehen. Die im engeren Sinne nur objekt-orientierten Attribute haben dagegen diesen Verhaltensbezug nicht. Wichtig ist, bezogen auf das Individuierungskonzept, daß in den verhaltens-orientierten Attributen das Individuum in Relation zum Objekt gesetzt wird, während in den objekt-orientierten Attributen das Objekt in Relation zu einem seiner Merkmale gesetzt wird. Die verhaltens-orientierten Attribute können weiter in ausführungs- und kontroll-orientierte Attribute unterteilt werden. Während ausführungs-orientierte Attribute Elemente der Verhaltensausführung (z.B. Dauer, Handlungsschritte) erfassen, beziehen sich kontroll-orientierte Attribute auf die kognizierte Kontrolle über das auszuführende Verhalten (vgl. auch das Konzept der «perceived control» in AJZEN, 1985). Die vier Attributklassen sollen im folgenden an Beispielen erläutert werden. /. Direkte verhaltens-orientierte Attribute (a) «Als ich mit dem Videospiel x spielte, mußte ich mit dem Joystick schnell reagieren, um den Ball im Spiel zu halten.» (b) «Beim Hanse-Marathon drückten meine neuen Laufschuhe der Marke x schon nach 10 Kilometern.» Es handelt sich um Attribute, die sich auf ein Verhalten gegenüber oder mit einem Objekt beziehen. Sie können durch Ereignisknoten (LINDSAY & NORMAN, 1981) repräsentiert werden, die durch sogenannte Kasi (z.B. Agenten, Objekte oder Rezipienten) näher spezifiziert werden. II. Direkte objekt-orientierte

Attribute

(a) «Während ich jemandem bei Videospiel zuschaue, sehe ich eine rot-grüne Landschaft auf dem Videoschirm.» (b) «Beim Kauf meiner Laufschuhe der Marke x sah ich, daß die Sohle Noppen hatte.» Es handelt sich um selbst wahr-

genommene physikalische oder inferierte Merkmale eines Objektes, die jedoch kein konkretes (operatives) Verhalten mit dem Objekt beinhalten. III. Indirekte verhaltens-orientierte Attribute (a) «Ich lese in der Spielbeschreibung des Videospiels x, daß in der Situation y häufig von dem Joystick Gebrauch zu machen ist.» (b) «Mein Freund erzählte mir, daß seine Schuhe der Marke x oft drückten.» Es handelt sich hierbei um Attribute, die sich auf das medial oder durch eine Person vermittelte Verhalten gegenüber einem Objekt beziehen. IV. Indirekte objekt-orientierte

Attribute

(a) «Laut Beschreibung enthält das Videospiel eine rot-grüne Landschaft.» (b) «In einer Werbeanzeige für die Marke x lese ich, daß die Schuhe Noppen haben.» Es handelt sich auch hierbei um medial oder durch eine andere Person vermittelte Attribute, die physikalische oder inferierte Objektmerkmale betreffen. Auf direkten Attributen basierende Einstellungen haben besondere Eigenschaften: (a) Sie können mit einer größeren subjektiven Sicherheit beurteilt werden, (b) Sie zeichnen sich durch eine größere Lebendigkeit und Informationsfülle aus, die zu einer vertieften Informationsverarbeitung (mehr Inferenzen) führt, wie auch BORGIDA & NISBETT (1977, p. 2 6 9 ) bei der Diskussion der größeren Effizienz konkreter (persönlicher) gegenüber abstrakter (statistischer) Information vermuten. (c) Die Herstellung von Relationen zwischen der Einstellung und dem personalen Referenzsystem, bestehend aus Motiven, Werten und anderen Einstellungen, ist wahrscheinlich. Die skizzierten individuierenden Forschungsansätze machen in erster Linie direkte verhaltens-orientierte Attribute salient. Die damit verstärkt auf direkter verhaltens-orientierter Information basierenden Einstellungen haben eine erhöhte Vorhersagekraft für nachfolgendes Verhalten. Hat eine Person dagegen eine Einstellung unter nicht individuierenden Bedingungen erworben, sind indirekte verhaltens-orientierte bzw. objekt-orientierte Attribute salient. Zeigt sie jedoch ein Verhalten gegenüber dem Einstellungsobjekt, dann erhält sie neue direkte Verhaltens-

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orientierte Informationen, und es erfolgt eine Einstellungsstrukturänderung. Gleiches gilt für neue direkte objekt-orientierte Informationen. Nicht individuiert erworbene Einstellungen sind damit relativ leicht veränderbar, und die alte Einstellung verliert aufgrund der Veränderung ihre Vorhersagekraft (vgl. auch A J Z E N & FISHBEIN (1980) zur Stabilität von Einstellungen).

3. Die Bedeutung der Attributtaxonomie für die individuierenden Forschungsansätze Die im ersten Kapitel skizzierten Forschungsansätze sollen daraufhin untersucht werden, inwieweit sie Manipulationen enthalten, um Attribute aus den vier Klassen der Taxonomie salient zu machen. Bei genauer Analyse des Puzzle-Paradigmas von FAZIO & Z A N N A ergibt sich eine unpräzise Verwendung der Begriffe «direkte» versus «indirekte» Erfahrung 2 . «Indirekte» Erfahrer verfügen sehr wohl über Informationen zu direkten objekt-orientierten Attributen (z.B. die selbst-perzipierte optische Gestaltung der Puzzles). Ferner wurden umgekehrt in der «direkten» Bedingung verhaltens-orientierte Informationen indirekt erworben (durch schriftliche Regelerläuterung). Nur die Informationen zu direkten verhaltens-orientierten Attributen sind durch Selbständiges Lösen von Beispielaufgaben in der Kennenlernphase tatsächlich allein von «direkten» Erfahrern erworben worden. In dem Ansatz, der Instruktionen zum Nachdenken über das Einstellungsobjekt bzw. Verhaltenskataloge einsetzt, kann zum einen durch die Verhaltensitems bei den Befragten ein bereits vorhandenes Verhaltensrepertoire salient gemacht werden (direkte verhaltens-orientierte Attribute) oder Reflexionen über selbst noch nicht ausgeführte (mögliche) Verhaltensweisen ausgelöst werden (indirekte verhaltens-orientierte Attribute). Die experimentellen Manipulationen zur Prüfung der Selbstaufmerksamkeitstheorie unterscheiden sich von den zuvor genannten Ansätzen dadurch, daß sie die Aufmerksamkeit nicht spezifisch auf verhaltens-orientierte Informationen, 2 Wir werden deshalb im folgenden «direkt» und «indirekt» immer dann mit Apostroph versehen, wenn wir es in dem ungenauen Sinn von FAZIO & ZANNA verwenden.

sondern generell auf Aspekte des Selbst richten. Wird allerdings experimentell zuerst «direkte» Erfahrung vermittelt und dann anschließend zusätzlich die Selbstaufmerksamkeit erhöht, dann ist es sehr wahrscheinlich, daß die Selbstaufmerksamkeit sich vor allem auf direkt erworbene verhaltens-orientierte und objekt-orientierte Informationen richtet (vgl. PRYOR et al., 1977, für ein solches Vorgehen). Nach dieser Diskussion der Bedeutung der Attributklassen für die einzelnen Forschungsansätze halten wir es für notwendig, die dichotome Unterscheidung «direkter» versus «indirekter» Erfahrung durch die Annahme eines Kontinuums zu ersetzen, auf dem die einzelnen Abstufungen durch unterschiedliche Mischungen der vier vorgeschlagenen Attributklassen beschrieben werden können.

4. Hypothesen Die theoretischen Annahmen über die Auswirkungen individuierender Bedingungen auf die Struktur und Qualität von Einstellungen werden in den folgenden fünf Hypothesen präzisiert. Die zentrale individuierende Manipulation ist dabei die experimentelle Herstellung «direkter» versus «indirekter» Erfahrung im Sinne von FAZIO & Z A N N A beim Erwerb von Einstellungen. Die ersten drei Hypothesen (H1-H3) beziehen sich auf die Einstellungsstruktur und die Einstellungsverfügbarkeit; die vierte Hypothese betrifft die Auswirkung dieser Einstellungsqualitäten auf die Verhaltensvorhersage, und in der letzten Hypothese (H5) testen wir vergleichend die Varianten eines multiattributiven Einstellungsmodells. Hl.

Einstellungsstrukturhypothese

Wir erwarten eine stärker durch direkte und indirekte verhaltens-orientierte Attribute bestimmte Einstellungsstruktur in der «direkten» Gruppe und eine stärker durch direkte und indirekte objekt-orientierte Attribute bestimmte in der «indirekten». Unter den direkten verhaltens-orientierten Attributen sollte die Subgruppe der kontrollorientierten Attribute wegen ihres außerordentlichen Salienzpotentials die dominierende Rolle einnehmen. Diese Strukturunterschiede sollen

6

Doll/Mallü: Individuierte Einstellungsformation

durch die Manipulation «direkter» vs. «indirekter» Erfahrung induziert werden. H2. Einstellungsverfügbarkeit Entscheidungsprozesse

und

Um genauer die Auswirkungen der individuierenden Bedingungen auf die Einstellungsverfügbarkeit zu untersuchen, soll in einer Entscheidungsaufgabe mit Informationsmatrix der Einfluß der Einstellungsver fügbarkeit auf das Prozeßcharakteristikum der Optionenreduktion (NIEDERBERGER et al., 1987) untersucht werden. Eine gute Einstellungsverfügbarkeit soll die effiziente Anwendung einer aufwandsbegrenzenden Strategie erlauben, nämlich eine rasche Optionenreduktion. Gut zugängliche Einstellungen sollten eine schnelle Fokussierung auf nur wenige bzw. im Extremfall auf nur ein Einstellungsobjekt ermöglichen. Durch die Attraktivitätsbeurteilung der Objekte in den Attributen im Rahmen der Erhebung der Variablen für das Adäquatheitmodell (s. H5) führen wir eine zweite individuierende Bedingung ein, die zu gleich hohen Einstellungsverfügbarkeiten in beiden Experimentalgruppen führen sollte. Wir nehmen deshalb an, daß sich beide Gruppen im Ausmaß der Optionenreduktion bei der Bearbeitung der Entscheidungsaufgabe nicht unterscheiden. H3. Nivellierung der

Einstellungsverfügbarkeit

Falls H2 nicht durch die Daten gestützt wird, also nach der ersten Einstellungsreflexion noch Unterschiede in der Einstellungsverfügbarkeit bestehen, sollte nach zwei weiteren Einstellungsreflexionen in beiden Gruppen (Entscheidungsaufgabe und Erhebung der globalen Einstellung) als individuierende Bedingungen die verminderte Einstellungsverfügbarkeit «indirekter» Erfahrer kompensiert worden sein und auch absolut in beiden Gruppen ein hohes Niveau erreicht haben. Dieser gute und hohe Einstellungszugriff soll sich dann (a) in einem insignifikanten Unterschied in der Konsistenz zu dem statischen Verhaltensindex der Reihenfolge, in der sich die Vpn den Einstellungsobjekten bzw. den Verhaltensalternativen zuwenden, und (b) in einer absolut höheren Korrelation als den in der Literatur berichteten .30-50 Korrelationen zeigen. Anders formuliert: Da die Reihenfolge, in der die sechs Spiele gespielt werden, im Unterschied zum Spie-

len selbst, keine neuen direkten Informationen liefert, sollte sie bei vorausgesetzter gleich hoher Einstellungsverfügbarkeit sowohl durch Einstellungen, die überwiegend auf direkten Attributen basieren, als auch durch Einstellungen, die überwiegend auf indirekten Attributen basieren, gleich gut vorhergesagt werden. H4. Einstellungsstruktur und Verhaltensvorhersage Auch wenn es gelingt, die Einstellungsverfügbarkeit konstant zu halten, werden signifikante Unterschiede in der Einstellungskonsistenz zu dem operativen Verhaltensindex der Verhaltensdauer erwartet, die dann mit unterschiedlichen Einstellungsstrukturen erklärt werden können. Zeigen sich außerdem die in Hl postulierten Strukturunterschiede in den verhaltens-orientierten Attributanteilen, müssen die destabilisierenden neuen Informationen direkte verhaltens-orientierte Attribute betreffen. H5. Zur Anpassungsgüte des kompletten partiellen Adäquatheitmodells

und

Die Anpassungsgüte eines multiattributiven Einstellungsmodells wird im Kontext der Entscheidungsmatrixaufgabe untersucht. Aus diesem Grunde wurde die Modellvariante des Adäquatheitmodells (s. Gl. (1)) ausgewählt, da sich die Ausprägungen der Modellvariable der Attributattraktivität als Informationen in einer Informationsmatrix vorgeben lassen und da die Modellvariable der Attributwichtigkeit auch als Prozeßvariable der Informationsmatrixbearbeitung aufgefaßt werden kann. Im einzelnen untersuchen wir die Anpassungsgüte eines Komplettmodells mit allen zu Beginn ausgewählten Attributen und die eines Partialmodells mit nur den bei der Informationsmatrixbearbeitung auch tatsächlich abgefragten Attributen, bei dem wir zusätzlich das summative und das Mittelungsmodell analysieren. Summatives und Mittelungsmodell unterscheiden sich nur für das Partialmodell, da hier unterschiedlich viele Attribute pro Einstellungsobjekt vorliegen, fallen jedoch bezüglich der Anpassungsgüte für das Komplettmodell zusammen. Wir nehmen an (H5a), daß die nach O R T H (1985) modifizierte Variante des Adäquatheitmodells (Gl. (1); a, b geschätzt) besser angepaßt

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ist als die traditionelle (a=b=0). Dies sollte gelten, da die modifizierte Variante die in den mit Ratingverfahren gewonnenen Daten enthaltene Information besser ausschöpft als die traditionelle, da erstere beim Vorliegen einer Intervallskala bedeutsame Aussagen impliziert, letztere jedoch nur beim Vorliegen einer Ratioskala (vgl. auch die in D O H M E N , DOLL & O R T H , 1 9 8 6 berichteten Modellanpassungen). Eine weitere Annahme (H5b) bezieht sich auf die Zahl der salienten Attribute (Verhaltens- wie objekt-orientierte). Alle Vpn mußten im ersten Schritt des Experiments (s.u.) genau 10 wichtige Attribute auswählen. Bei der Bearbeitung der Informationsmatrix dagegen war es ihnen freigestellt, weniger Attribute bei der Entscheidungsfindung zu verwenden. Wir nehmen an, daß die in der Entscheidungsaufgabe abgefragten Attribute salient sind, die hier nicht abgefragten insalient. Falls dies zutrifft, sollte das Partialmodell mindestens so gut oder besser an die Daten angepaßt sein als das Komplettmodell.

5. Methode

5.1 Stichprobe 41 Psychologiestudenten, 23 männlich und 18 weiblich, nahmen an den 2-3stündigen Einzelexperimentalsitzungen teil. Eine Vp mußte wegen eines Programmfehlers von den weiteren Analysen ausgeschlossen werden, so daß die Daten von insgesamt 40 Teilnehmern in die Auswertung eingingen. Die Teilnahme wurde entweder mit Versuchspersonenpflichtstunden oder mit 10 DM pro Stunde vergütet. Als Einstellungsobjekte wählten wir sechs Videospiele aus. Voraussetzung für die Teilnahme war keine Vorerfahrung mit Videospielen, um die beiden Erfahrungsbedingungen experimentell generieren zu können. Aus pragmatischen Gründen wurden aber auch Personen zugelassen, die schon einmal ein Videospiel gespielt hatten. Tatsächlich hatte die Mehrzahl der Teilnehmer noch nie mit einem Videospiel gespielt.

5.2 Prozedur Die Vp erhielt zuerst eine Einführung in den Ratingskalengebrauch, um warming-up Effekten

7 vorzubeugen. Danach las sie eine kurze schriftliche Einführung, die fingiert über den Zweck der Untersuchung informierte (Entscheidungsaufgabe), um das Ziel der Überprüfung der Einstellungs-Verhaltensrelation zu tarnen. In der weiteren Folge wurde die Vp einer der beiden experimentellen Bedingungen per Zufall zugeordnet. In der «direkten» Bedingung erhielt die Vp zunächst die Beschreibung eines Videospiels (es handelte sich um Reaktions- bzw. Geschicklichkeitsspiele, die auf einem Commodore 64 liefen), die sie über Regeln, Aufgabe und Spielablauf informierte. Nachdem etwaige Fragen vom VI beantwortet worden waren, durfte sie selbst mit dem Spiel 5 Minuten auf dem Computer spielen, um es kennenzulernen. Dieser Wechsel zwischen Beschreibung und Spielen wurde für alle 6 verwendeten Videospiele durchgeführt. Im Unterschied dazu wurde in der «indirekten» Bedingung eine 5minütige Videoaufzeichnung des Spielens einer fremden Person mit dem jeweiligen Spiel gezeigt. Nach der Etablierung der beiden Erfahrungsbedingungen folgte die Auswahl der 10 wichtigsten Attribute für die Beurteilung der Videospiele aus dem 27 Attribute umfassenden Attributpool (vgl. Tab. 2). Die auf Pappkärtchen präsentierten Attribute wurden zunächst von der Vp grob in unwichtige oder wichtige klassifiziert. Für die 10 wichtigsten wurde dann außerdem eine Wichtigkeitsrangfolge («Wie wichtig sind die Merkmale für die Beurteilung der Videospiele?») gebildet. Die weitere Versuchssteuerung erfolgte durch einen Personalcomputer OLIVETTI M 24, auf dem bis zur abschließenden «freien Spielphase» durch ein Programm die Daten erhoben und auf Magnetdiskette aufgezeichnet wurden. Alternierend wurden nun die 10 ausgewählten Attribute in den Rechner eingegeben und anschließend ihre Wichtigkeit auf einer Rating-Skala beurteilt (1. Variable des Adäquatheitsmodells). Um zu überprüfen, ob die Spielbeschreibungen auch gelesen wurden, wurde für jedes Spiel eine Wissensfrage gestellt. Bei 6 Fragen wurden 3 falsche Antworten als kritisch angesehen und die entsprechenden Spielbeschreibungen mußten erneut gelesen werden. Anschließend erfolgte die Erhebung der 60 Attraktivitätsurteile (2. Variable des Adäquatheitsmodells), indem pro Attribut die Attraktivität desselben für alle 6 Spiele mit folgendem Text:

8

Doll/Mallü: Individuierte Einstellungsformation

Tabelle 2: Objekt- und verhaltens-orientierte Attribute von Videospielen (Reaktions- und Geschicklichkeitsspiele) Objekt-orientierte Attribute

Verhaltens-orientierte Attribute

AI A2 A3 A4 A5 A6 A7 A8 A9 A10 All A12 A13 A14 A15 A16

A17 A18 A19 A20 A21 A22 A23 A24 A25 A26 A27

spannend brutal nützlich lustig aktivierend abwechslungsreich einfallsreich Anzahl der Spielfiguren Spielschnelligkeit Soundeffekte Anzahl der Gegner Anzahl der «Leben» Realitätsnähe Farbkomposition Hintergrundgestaltung Spielmelodie

«In welchem Maße finden Sie das Merkmal . . . an dem Spiel . . . attraktiv?» erfragt wurde. Danach erfolgte die Durchführung der Entscheidungsaufgabe. Durch Betätigen der Cursortasten konnte die Vp in jede gewünschte Zelle (Spiel/Attributkombination) fahren und das entsprechende vorher von ihr abgegebene Attraktivitätsurteil vom Rechner in dieselbe schreiben lassen3. Es wurde freigestellt, wieviele Informationen sie bis zur Entscheidung nutzen wollte. Zur Illustration sei die Entscheidungsmatrix ausschnittweise dargestellt: Spiel 1

Spiel 2

erfolgreich sein

Spieldauer Häufigkeit des Joystick-Einsatzes Genauigkeit des Joystick-Einsatzes schnelles Reagieren ist anstrengend erfordert Konzentration schneller Lernfortschritt Verteilung der Aufmerksamkeit strategisches Denken erfolgreich sein Schwierigkeit

Anschließend wurde die globale Einstellung oder Präferenz zu jedem Spiel auf einer Rating-Skala mit folgendem Text: «Wie gut gefällt Ihnen S p i e l . . . ?» abgefragt. Den Abschluß der Untersuchung bildete die Erhebung der beiden Verhaltenskriterien (1. statisches Kriterium: Spielreihenfolge, 2. dynamisches Kriterium: kumulierte Spieldauer in Minuten) im Rahmen einer 45minütigen «freien Spielphase». Die Vpn konnten bis auf eine Einschränkung völlig nach Belieben mit den sechs Videospielen spielen. Nur die kontinuierliche Spielzeit mit demselben Spiel wurde auf maximal acht Minuten beschränkt. Dann mußte das Spiel gewechselt, konnte j edoch später erneut gewählt werden.

lustig

5.3 Ratingverfahren 3 Während die Zellen der Informationsmatrix bei der üblichen Verwendung in der Entscheidungsforschung (z.B. ASCHENBRENNER, 1979) für die Vp bisher unbekannte, vom VI vorgegebene Informationen enthalten, enthalten die Zellen hier die vorher von der Vp selbst abgegebenen Attraktivitätsurteile der Spiele in den Attributen. Das experimentelle Verhalten enthält also für die Vp bezüglich der Beurteilung der Attraktivitätsurteile eine Wiederholung. Die Erhöhung der Einstellungsverfügbarkeit durch diese Wiederholung ist aber gerade in H2 Untersuchungsgegenstand. Außerdem ist die Orientierung für die beiden Attraktivitätsurteile unterschiedlich: Bei der ersten Abgabe der Urteile werden die 6 Spiele attributweise in ihrer Attraktivität eingeschätzt; bei der nachfolgenden Abfrage der Attraktivitäten in der Informationsmatrix besteht die Aufgabe darin, das meist präferierte Spiel auszuwählen. Die Attraktivitäten werden also wahlorientiert beurteilt. Außerdem enthielt die Instruktion zur Bearbeitung der Informationsmatrix die Aufforderung, alle für die Entscheidungen zwischen den Spielen herangezogenen Attraktivitäten auch tatsächlich abzufragen.

Die Attributwichtigkeit und -attraktivität wurden mit 11 stufigen unipolaren Rating-Skalen erhoben, deren numerisch niedrigster Endpunkt (1) mit «überhaupt nicht . . . » und deren numerisch höchster Endpunkt (11) mit «sehr . . . » beschrieben waren. Die Einstellung wurde auf einer 7-stufigen bipolaren Rating-Skala, die von - 3 (sehr schlecht) bis + 3 (sehr gut) reichte, erhoben.

6. Ergebnisse Die Ergebnisdarstellung orientiert sich weitgehend an der Hypothesenreihenfolge.

Zeitschrift für Sozialpsychologie 1990, 2-14

6.1 Zur

Einstellungsstrukturhypothese

Tabelle 3 vergleicht auf drei Weisen das Ausmaß, zu dem die Einstellungen auf verhaltens-orientierten und objekt-orientierten Attributen basieren. Hl, die besagt, daß «direkt» erworbene Einstellungen in stärkerem Maße auf verhaltensorientierten Attributen basieren als «indirekt» erworbene, wird dadurch bestätigt, daß die «direkten» Erfahrer ca. 6 verhaltens-orientierte zu 4 objekt-orientierten Attributen aus der vorgegebenen Attributmenge auswählen und die «indirekten» Erfahrer ca. 4 verhaltens-orientierte zu 6 objekt-orientierten. Dies ist das wichtigste, Hl stützende Resultat. Die beiden folgenden Analysen zur Attributauswahl bei der Bearbeitung der Informationsmatrix und zur WichtigkeitsrangTabelle 3: Einstellungsstrukturunterschiede zwischen den Experimentalgruppen: 3 Formen der Überprüfung DIREKT ver/obj a

INDIREKT ver/obj

1. Form Auswahl aus 28 vorgegebenen Attributen 3.90/6.10 6.05/3.95

t/p

4.45/.001

2. Form Kumulierte Ränge der Attributwichtigkeit für Spielbeurteilung Rang direkt indirekt SummeK u M ver/obj ver/obj 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

55%/45% 53%/47% 55%/45% 54%/46% 52%/48% 53%/47% 56%/44% 59%/41% 59%/41% 61%/39%

15%/85% 200/0/80% 28%/72% 26%/74% 33%/67% 35%/65% 38%/62% 39%/61 % 39%/61% 39%/61%

20 40 60 80 100 120 140 160 180 200

3. Form Aufsuchen der Attribute bei Entscheidungsaufgabe in Informationsmatrix direkt indirekt t/p ver/obj ver/obj redundant" verschieden'

58.2%/41.8% 42.4%/57.6% 2.02/.05 4.45 / 3.00 3.05 /4.95 2.51/.02" -3.43/.002 c

Anmerkungen:a ver/obj: verhaltens-/objekt-orientiert. b Es wurden alle Abfragen eines Attributs berücksichtigt und eine Gesamtsumme über alle Attribute einer Klasse gebildet und durch die individuell variierende Gesamtabfragesequenz dividiert und mit 100 multipliziert. c Es wurden nur unterschiedliche Attribute berücksichtigt und pro Klasse addiert, die wenigstens einmal abgefragt wurden. d t-Test für die Zahl aufgesuchter verhaltens-orientierter Attribute. e t-Test für die Zahl aufgesuchter objekt-orientierter Attribute.

9 reihung dienen der Spezifizierung dieses Resultats. Dabei ist zu beachten, daß die Daten der drei Analysen voneinander abhängig sind, da die Analysen 2 und 3 von den 10 von jeder Vpn ausgewählten Attributen ausgehen. Ebenfalls in die in H l postulierte Richtung weist der Attributauswahlprozeß bei der Bearbeitung der Informationsmatrix: Während die «direkten» Erfahrer insgesamt zirka 58% verhaltens-orientierte Attribute vs. 42% objekt-orientierte aufdecken, um zwischen den 6 Spielen nach Präferenz zu entscheiden, wählen die «indirekten» Erfahrer in umgekehrter Verteilung ca. 42% verhaltens-orientierte vs. 58% objekt-orientierte Attribute aus. Entsprechendes ergibt sich, wenn nur die Zahl der unterschiedlichen Attribute betrachtet wird, die bei der Bearbeitung der Informationsmatrix abgefragt wurde. Tabelle 3 enthält außerdem kumulierte prozentuale Angaben zur Rangreihung objekt-orientierter und verhaltens-orientierter Attribute nach Wichtigkeit für die Spielbeurteilung. Die Angaben sind so zu verstehen, daß beispielsweise, kumuliert über die Ränge 1-3, die «direkten» Erfahrer diese Ränge an insgesamt 55% verhaltensorientierte Attribute vs. 45% objekt-orientierte vergeben und umgekehrt die «indirekten» Erfahrer dieselben Ränge an 28% verhaltens-orientierte vs. 72% objekt-orientierte Attribute verteilen. Auffällig ist, daß in der «direkten» Bedingung, gerade was die wichtigen vorderen Rangplätze angeht, die verhaltens-orientierten Attribute relativ zur «indirekten» weitaus häufiger sind. Gleiches gilt für die objekt-orientierten Attribute in der «indirekten» Gruppe relativ zur «direkten». Während sich in der «direkten» Bedingung der Anteil der verhaltens-orientierten Attribute an den jeweils kumulierten Rängen nur geringfügig verändert, nimmt er im Komplement kontinuierlich zu, erreicht aber erst unter Einbeziehung der letzten Rangplätze eine respektable Höhe, die aber doch noch weit entfernt ist von derjenigen in der «direkten». Hl enthält außerdem die Teilhypothese, daß die kontroll-orientierten Attribute in der Gruppe der verhaltens-orientierten Attribute besonders salient sind. Aus der genannten Attributgruppe (es sind die Attribute A21, A22, A23, A26 und A27; vgl. Tab. 2) wählten die «direkten» Erfahrer 57mal oder 48% der verhaltens-orientierten Attribute und die «indirekten» 37mal oder 46% der

10

Doll/Mallü: Individuierte Einstellungsformation

verhaltens-orientierten Attribute. Tabelle 3 zeigt zusätzlich durch die Angabe der kumulierten prozentualen Anteile für die 10 Wichtigkeitsränge, daß die Erfolgsattribute sich für die «direkten» Erfahrer als besonders salient erweisen, da sie für die ersten drei Wichtigkeitsränge fast 2 A (64%) der verhaltens-orientierten Attribute stellen. Tabelle 4: Kumulierte prozentuale Häufigkeit von kontrollorientierten an der kumulierten absoluten Häufigkeit verhaltens-orientierter Attribute direkt

indirekt"

Rang

Prozent-/SummeKUM Anteile

Prozent-/SummeKUM Anteile

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

91%/ 11 81%/ 21 64%/ 33 58%/ 43 55%/ 51 51%/ 63 51%/ 78 52%/ 94 49%/105 48%/120

67%/ 3 38%/ 8 52%/17 52%/21 51%/33 50%/42 47%/53 48%/62 47%/68 46%/78

Anmerkungen: * SummexuM: Kumulierte Häufigkeit verhaltens-orientierter Attribute.

6.2 Zur

Einstellungsverfügbarkeit

Zur Überprüfung des Einflusses der Einstellungsverfügbarkeit auf die Optionenreduktion (H2) wurde die Anzahl der betrachteten Optionen bis zur ersten Entscheidung bestimmt. Es gab mit Mittelwerten von 2.00 bzw. 1.85 betrachteten Optionen für die «direkte» bzw. «indirekte» Bedingung mit t=0.33 wie erwartet keinen signifikanten Unterschied. Das läßt darauf schließen, daß schon die Erhebung der Attraktivitätsurteile und die damit verbundene Reflexion über die Einstellungsobjekte die Einstellungsverfügbarkeit in der «indirekten» Gruppe erhöht hat und eine analoge nivellierende Rolle wie die mehrmalige Einstellungsartikulation im Wiederholungsparadigma in FAZIO et al. (1982) spielt. Zwei weitere Punkte unterstützen diese Argumentation: (a) Die außergewöhnlich rasche Optionenreduktion in beiden Gruppen. Im Mittel wurden nur etwa zwei Optionen betrachtet. Vielfach sogar nur eine, d.h. der Favorit konnte ohne große Umschweife bestimmt werden. Dies setzte sich

auch für die weiteren Entscheidungen fort, wie die über beide Gruppen gemittelten Mittelwerte der betrachteten Optionen für die Entscheidungen 2-5 von 2.10, 1.89, 2.10 und 2.17 zeigen (alle Mittelwertsunterschiede waren insignifikant). Diese Befunde weisen auf eine klar differenzierte und gut zugängliche Einstellungsstruktur hin. (b) Eine hohe, über beide Gruppen gemittelte Rangkorrelation von .80 (wiederum kein Unterschied zwischen den Gruppen) zwischen dem Entscheidungsvektor und dem ersten Auftreten des jeweiligen Spieles in der Abfragesequenz ist ein weiterer Indikator für eine gute Einstellungsverfügbarkeit unter beiden experimentellen Bedingungen. Auch wenn mehrere Optionen vor einer Entscheidung betrachtet wurden, wurde offenbar in vielen Fällen nach der Betrachtungsreihenfolge entschieden. Also erfolgte die Reihenfolge der Betrachtung offensichtlich einstellungsgesteuert im Sinne einer abfallenden Favorisierung, an welcher dann auch die nachfolgenden Entscheidungen ausgerichtet wurden. Anders ausgedrückt: Die Optionen wurden noch überprüft, obwohl die Entscheidung bereits feststand. Da bereits die eben untersuchte Optionenreduktion eine gleich hohe Einstellungsverfügbarkeit für die beiden Experimentalgruppen belegt, sollte sich gemäß H3 auch ein gleich hoher Einstellungs-Verhaltens-Zusammenhang in dem statischen Verhaltenskriterium der Spielreihenfolge ergeben. Tatsächlich kann man Tabelle 5 entnehmen, daß in beiden Gruppen ein fast genau gleicher absolut sehr hoher Einstellungs-Spielreihenfolge-Zusammenhang von .800 bzw. .805 besteht. Tabelle 5: Mittelwerte der Einstellungs-Verhaltens-Korrelationen Korrelation3 TEinstellung, Reihenfolge r E i n s t e l l u n g , Zeit

Indirekte t Direkte Bedingung Bedingung ,805b .800

.800 .575

0.29 2.04

ns.c s.

Anmerkungen: * Reihenfolge: Spearmans Rho; Zeit: Produkt-Moment-Korr. Alle Korrelationen wurden vor der Mitteilung in Fisher-Z-Werte transformiert. b n = 20. c p

+ 0.4

+ 7.1***H

+ 0.2