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German Pages 726 [732] Year 1981
BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE PHILOLOGIE B E G R Ü N D E T VON G U S T A V G R Ö B E R F O R T G E F Ü H R T VON W A L T H E R V O N W A R T B U R G H E R A U S G E G E B E N VON K U R T B A L D I N G E R
Band 187
THEODOR EBNETER
Wörterbuch des Romanischen von Obervaz Lenzerheide Valbella Romanisch - Deutsch Deutsch - Romanisch
MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN 1981
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Ebneter, Theodor: Wörterbuch des Romanischen von Obervaz, Lenzerheide, Valbella: roman.-dt., dt.-roman. / Theodor Ebneter. - Tübingen: Niemeyer, 1981. (Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie; Bd. 187) NE: Zeitschrift für romanische Philologie / Beihefte; HST ISBN 3-484-52187-2 ISSN 0084-5396 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1981 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Switzerland. Satz und Druck: Condrau SA, Disentis/Must£r, Schweiz. Einband: Heinrich Koch, Tübingen.
INHALTSVERZEICHNIS Einleitung
VIII
Anleitung zum Gebrauch
IX
1. Wörterbuch des Vazischen
IX
2. Prinzipien der hier verwendeten Schreibweise und deren Abweichungen von der traditionellen bündnerromanischen Orthographie 3. Schreibweise der Laute und phonetische Zeichen 3.1 Schreibweise (Orthographie) und Aussprache 3.2 Zeichen mit unterschiedlichem Wert in der orthographischen und phonetischen Schrift 4. Schreibweise der Wörter 4.1 Adjektiv 4.2 Akzent ( - ) 4.3 Basisform der Wörter 4.4 es für x 4.5 Diphthonge/Doppelvokale 4.6 Doppelkonsonanz 4.7 Elision Wegfall des Schlusslautes eines Wortes 4.8 Enklise 4.9 Gerundium 4.10 Grossschreibung 4.11 Infinitivformen 4.12 Lautliche Schwankungen, Varianten 4.13 Nasaler Konsonant vor Labial 4.14 Partizip Perfekt (pp. adj 4.15 Partizip Präsens 4.16 Präpositionen 4.17 Präsens 2. ps. sg 4.18 Pronomen 4.19 Reflexivpronomen 4.20 scha, schi, sch' «wenn, ob» 4.21 Stimmhafte und stimmlose, weiche und harte Konsonanten . 4.22 tga, tgi, tg' «dass» 4.23 Verkleinerungsform (Diminutiv), Vergrösserungsform (Augmentativ) 4.24 Wortzusammensetzung 4.25 z f ü r i 5. Germanismen (Entlehnungen aus dem Deutschen) und deren Schreibweise
X XII XII XIX XIX XIX XIX XIX XIX XX XX XXIX XXX XXX XXX XXXI XXXI XXXI XXXI XXXII XXXII XXXII XXXII XXXII XXXII XXXIII XXXIV XXXIV XXXIV XXXV
XXXVI V
6. Aufbau der Artikel 6.1 Romanisch-deutscher Teil 6.2 Deutsch-romanischer Teil
XXXVII XXXVII XXXVIII
7. Abkürzungen
XXXVIII
I. II. III. IV.
VI
Teil Teil Teil Teil
Romanisch - Deutsch Deutsch - Romanisch Flur-und Geländenamen der Gemeinde Obervaz Texte in Vazer Romanisch 1. Neus stattan si Lain a guardan or faneastra 2. Igl ort schotsch 3. Iis Spagnols 4. L'alpdaSteaz 5. La baselgia da Zoarten 6. Lamalatoa 7. Davent dil covert antocca' la taila 8. II caschier 9. Ilfarpam 10. II rugalar ils ers 11. II s-cheuder 12. Lacaltgera 13. Gegenüberstellung einer lokalen Vazer und der hier neu vorgeschlagenen Schreibweise
1 461 653 669 672 673 674 674 674 675 675 679 680 681 682 684 684
Einleitung Das vorliegende Wörterbuch enthält den Wortschatz der romanischen (rätoromanischen) Ortsmundart von Vaz/Obervaz in Graubünden. Die auf der Sprachgrenze zwischen Deutsch und Romanisch liegende Gemeinde mit rund 1000 Romanisch und 1200 Deutsch sprechenden Einwohnern besteht aus den Dörfern Lain, Muldain und Zorten sowie aus den ehemaligen Maiensässen und heute international bekannten Kur- und Ferienorten Lenzerheide und Valbella. Da die Gemeinde Obervaz weniger bekannt ist als die beiden Ferienorte, sind letztere im Titel hinzugefügt worden. Politisch stellen sie einen Teil von Obervaz dar. Das Wörterbuch umfasst ausschliesslich die in der Gemeinde gesprochene romanische Mundart, wie ich sie selber in den Jahren 1964 bis 1979 an Ort und Stelle erfragte. 1970 begann die Redaktionsarbeit. Einzige Mitarbeiterin während vieler Jahre war meine Frau Liselotte. In einer späteren Phase halfen auch Frau Elsbeth Thut und Frau Cécile Meitzler tatkräftig mit. Ihnen sei hier für die grosse Arbeit aufrichtig gedankt, in erster Linie meiner Frau, ohne welche ich das Werk neben meinen beruflichen Verpflichtungen nicht hätte zu Ende bringen können. Der Schweizerische Nationalfonds unterstützte in verdankenswerter Weise die Arbeit durch einen viereinhalbjährigen Kredit. Für zwei weitere Beiträge bin ich dem Kanton Graubünden und der Henny und Kurt Müller Stiftung Lenzerheide verpflichtet. Vor allem möchte ich aber jenen alten Bauern und Bäuerinnen und anderen Bürgern von Vaz, mit denen ich während Wochen und Monaten zusammenkam, meinen Dank dafür aussprechen, dass ich ihr Romanisch erfassen und es selber auch erlernen konnte. Aufrichtiger Dank gebührt meinen Kindern für das Verständnis, dass die Ferien während vierzehn Jahren durch Sprachaufnahmen besetzt waren. Die Zeichnungen machte Frau Jacqueline Schlapp. Den Druck der Arbeit ermöglichten verschiedene Zuwendungen. Den grössten Beitrag gab die Gemeinde Obervaz, wofür dem Gemeindepräsidenten, den Gemeinderäten und allen Stimmbürgern mein grosser Dank ausgesprochen sei. Weitere Zuwendungen gewährten die Stiftung für wissenschaftliche Forschung an der Universität Zürich, die Escher-Abegg-Stiftung in Zürich, die Schweizerische Geisteswissenschaftliche Gesellschaft in Bern zusammen mit der Schweizerischen Bundesfeier-Spende, die Stiftung der Schweizerischen Landesausstellung 1939 für Kunst und Forschung in Zürich sowie die Walter- und Ambrosina-Oertli-Stiftung in Zürich. Diesen Stiftungen spreche ich hier meinen aufrichtigen Dank aus. Herrn Prof. Dr. Kurt Baldinger bin ich sehr verpflichtet dafür, dass er das Werk in die Reihe der Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie aufnahm. Da das Wörterbuch aber nicht nur der Sprachwissenschaft, sondern auch der Gemeinde Vaz/Obervaz sowie einem breiteren Publikum, das die Lenzerheide und Valbella kennt, dienen soll, erscheint es mit dem wohlwollenden Einverständnis des Max Niemeyer Verlages zudem in einer preisgünstigeren Ausgabe. Einführung, romanisch-deutscher und deutsch-romanischer Teil sowie Flur- und Geländenamenliste sind in beiden Ausgaben identisch, hingegen musste in der «lokalen» Ausgabe aus finanziellen Gründen auf die Texte in Vazer Romanisch verzichtet werden. Last but not least möchte ich dem Max Niemeyer Verlag für die entgegenkommende Haltung und der Condrau SA Disentis sowie deren Mitarbeitern für den schönen Satz und Druck danken. Zürich, im Sommer 1981 VIII
Th. E.
Anleitung zum Gebrauch 1. Wörterbuch des Vazischen Dieses Wörterbuch des Bündnerromanischen (Rätoromanischen) von Vaz enthält ausschliesslich die in Vaz gesprochene Mundart, so wie ich sie in den Jahren 19641979 besonders bei Vertretern der vor 1893 geborenen Generation vorfand, und wie sie von den nach 1893 Geborenen in gleichem Ausmass oder noch zum Teil beherrscht wird. Es ist das erste so umfassend wie mögliche Wörterbuch einer lokalen romanischen Mundart und damit auch das erste Wörterbuch ausschliesslich mündlicher romanischer Sprache. Das Ziel des vorliegenden Werkes ist verschieden von demjenigen der übrigen bündnerromanischen Wörterbücher. Letztere bieten neben der mündlichen vor allem die geschriebene Sprache; sie tendieren zur Erfassung des gesamten, in einer Sprachgemeinschaft möglichen und damit auch des passiven, nur verstandenen, aber nie gebrauchten Wortschatzes. Im Gegensatz dazu wird hier nur der aktiv gebrauchte Wortschatz gegeben; Buch- und bewusst neu gebildete, aber nicht gebrauchte Wörter wurden nicht aufgenommen. Eine Überprüfung des Ergebnisses durch Abfragen des surmeirischen Wörterbuches von A. Sonder und M. Grisch zeigte, dass nur ca. ein Drittel oder die Hälfte des dort gebotenen Wortschatzes aktiv vom durchschnittlichen Bündnerromanen verwendet wird. Das Vazer Wörterbuch befolgt somit nicht das in der Lexikographie traditionell geltende Prinzip des «soviel als möglich», noch steht die Jagd nach untergegangenen Wörtern wie in der alten Dialektologie im Vordergrund, sondern es beschränkt sich auf die effektiv gesprochene Sprache. Viele hochsprachliche Begriffe sind nicht vertreten, da der Bauer sie nicht kennt bzw. nicht benötigt. Andere Begriffe, für welche andere Sprachschichten Einzelwörter zur Verfügung haben, werden in der Mundart umschrieben. Als Beispiel diene renfurzar «stärken, verstärken», das dem Vazer beim Schreiben in die Feder fliessen kann; umgangssprachlich sagt er aber dar foarza oder far pi fearrn. Es liegt in der Natur jeder Sprache, dass deren Sprecher immer wieder neue Wörter durch Ableitung aus bestehenden oder durch Entlehnungen bilden. Dies gilt auch für das Romanische von Vaz und kann bei einzelnen Sprechern vor allem der mittleren Generation beobachtet werden. Dabei überwiegen Neubildungen mit Hilfe romanischer Ableitungsformen, Entlehnungen aus dem Romanischen des Oberlandes und des Oberhalbsteins sowie aus dem Deutschen unter phonetischer Anpassung. Manchen Vazern fällt es nicht schwer, mit Hilfe solcher Bildungen aus dem Vazischen eine Schriftsprache zu machen, in der es dazi 'Zoll', incaps 'Hindernisse, Zwischenfälle', incidents 'Unglücksfälle' und alle jene Abstrakta gibt, die einen wichtigen Anteil der bündnerromanischen Wörterbücher ausmachen. Diese Fähigkeit soll nicht kritisiert, sondern als Beweis dafür angesehen werden, dass Angehörige der Vazer Sprachgemeinschaft in der Lage sind, eine hohe Varietät, d.h. eine Schriftsprache, aus ihrer Alltagssprache zu bilden. Diese gewollten Bildungen sind aber nicht ins Wörterbuch aufgenommen. Ziel dieses Werkes ist nicht, eine mögliche Hochsprache zu schaffen, sondern die bestehende Alltagssprache zu erfassen. Da die Kenntnis des Romanischen bei den jüngeren Generationen im Rückgang IX
ist, drängte sich als Informationsquelle die vor 1900 geborene Generation auf. Die Überprüfung des Materials bei den nach 1900 geborenen Sprechern zeigte, dass der Unterschied vorwiegend in einer Reduktion des Umfanges des Sprachbesitzes besteht. Die ältere Generation hatte z.T. noch mit der eigentlichen alten Bergbauernkultur in Beziehung gestanden oder ihr angehört, während die jüngeren diese nicht mehr in vollem Ausmass kennen. Die Bergbauernkultur ist einer Kurortzivilisation gewichen. Trotz des in Anlehnung an andere romanische Wörterbücher gewählten Titels ist das Wörterbuch nicht einfach ein Vokabular, sondern will den alltäglichen Gebrauch der Wörter beschreiben, um damit ein Spiegelbild der Vazischen Sprachgemeinschaft in der Endphase dieser Bergbauernkultur zu bieten. Die strikte Beschränkung auf die mündliche Sprache soll zudem einen über das Romanische hinausgehenden konkreten Beitrag zur international laufenden Erforschung gesprochener Sprache liefern. Es ging nicht darum, schöne Sprache vorzustellen, sondern ausschliesslich authentische. Jede von Informanten im Gespräch mit mir oder andern gesprochene und von mir notierte Äusserung wurde durchschnittlich viermal bei andern Sprechern überprüft, um die allgemeine alltägliche Umgangsmundart zu erhalten. Künstlich geformte Sätze konnten auf diese Weise ausgeschaltet werden. An Geländenamen enthält das Wörterbuch alle heute gebräuchlichen Namen von Fluren (FN), Höfen, Dörfern, Wasserläufen, Tälern, Maiensässen, Wäldern, Alpen und Bergen, die zur Gemeinde Obervaz gehören, sowie die Namen von Ortschaften, Tälern und Städten ausserhalb der Gemeinde, die im Gespräch vorkommen. Die Obervazer Geländenamen, die das Rätische Namenbuch I (1939) enthält, wurden überprüft. Nicht aufgenommen wurden jene Namen des Namenbuches, die meine Informatoren nicht kannten oder die sie als ausschliesslich persönliche Namengebungen einzelner Besitzer erklärten. Weiteres siehe im Teil «Flur- und Geländenamen» mit Karte. An Personennamen enthält das Wörterbuch die geläufigen romanischen Eigennamen, hingegen nicht die Familien- und Übernamen.
2. Prinzipien der hier verwendeten Schreibweise und deren Abweichungen von der traditionellen bündnerromanisehen Orthographie Ein fundamentales Problem bei der Abfassung des Wörterbuches einer Mundart ist die Schreibweise. Für das Vazische musste eine Orthographie gefunden werden, die die Eigenheiten dieser Mundart einfach und regelmässig zum Ausdruck bringt. Der Entscheid, die Orthographie von Grund auf neu zu regeln, fiel nicht leicht. Es gibt in Vaz verschiedene Schreibtraditionen, die sich an die surselvische oder an die surmeirische Orthographie anlehnen. Die typisch Vazischen Lautungen kommen aber dabei nicht immer zum Ausdruck. Für den Vazer mag dies bedeutungslos sein, da er ja Vazisch kann; wenn das Wörterbuch aber auch Nicht-Vazern dienen soll, kann die Fähigkeit zur automatischen Umsetzung einer hochsprachlichen Schrift in Vazische Mundart nicht vorausgesetzt werden. Mit dem Prinzip «Schreibe, wie du sprichst!» hoffen wir einerseits den NichtX
Vazern einen direkten Zugang zu einer romanischen Mundart und für die Vazer einen Beitrag zur Erhaltung ihrer Sprache geliefert zu haben. Die traditionelle Orthographie der bündnerromanischen Schriftsprachen ist im allgemeinen in Beachtung des etymologischen Prinzips aufgestellt worden; der mehrheitlich aus dem Latein stammende Wortschatz ist auf die lateinische, Germanismen hingegen auf die deutsche Schreibweise ausgerichtet. Diese etymologisierende Orthographie entspricht nicht der effektiven Lautgestalt des Bündnerromanischen. Sie mag für nicht gesprochene Schriftsprachen wie die sur- und sutselvische, die surmeirische (oberhalbsteinische), die unter- und oberengadinische Schriftsprache angehen; sie ist hingegen nicht geeignet, die sprachliche Wirklichkeit einer gesprochenen Ortsmundart wie etwa des Vazischen genau zu erfassen. Die uneingeschränkte Anwendung der traditionellen Orthographie auf das Vazische hätte die Erstellung eines «Schriftvazischen» mit allen dazu gehörigen Erscheinungen wie Selektion einer einzigen Form bei Vorhandensein von mehreren Varianten usw. zur Folge gehabt. Die Vazer lernen zwar ein an das Surselvische, neuerdings auch ein an das Surmeirische angelehntes «Schriftvazisch» in der Schule. Die zahlreichen, durch die Distanz zwischen Mundart und traditioneller Schrift sich ergebenden Probleme Hessen und lassen aber noch heute immer wieder individuelle Schreibweisen entstehen. Als einzige Alternative zu den Schwankungen der traditionellen Vazischen Orthographie und als Mittel zur Erfassung der sprachlichen Vielfalt der mundartlichen Realität ergab sich bei der Abfassung dieses Wörterbuches eine Orthographie nach folgenden Prinzipien: (1) Abstimmung der Schrift auf die effektive Lautung, (2) konstante Gleichhaltung des Wertes eines Schriftzeichens für eine einzige Lautung, (3) Möglichkeit, alle Varianten einer Form genau zu schreiben. Die Schreibweise (Orthographie) des Vazer Wörterbuches ist auf diese Weise so eingerichtet, dass jeder seine Sprechweise schreiben kann, und dass diese durch die Schrift zum Ausdruck kommt. Für «Wut» gibt es z.B. die beiden Sprech- und Schreibweisen rabgia und raptga, für «Boden» fons und fonz usw. In Abschnitt 3. der Einführung werden die Laute, für die die einzelnen Schriftzeichen stehen, aufgeführt; Abschnitt 4. behandelt die Probleme der Schreibweise von Wörtern. Auf grund dieser Prinzipien gibt es in diesem Wörterbuch zweierlei Varianten, lautliche und reine Schriftvarianten. Die lautlichen Varianten bestehen effektiv im Vazischen Sprachgebrauch; die reinen Schriftvarianten entstanden durch das Nebeneinander von neuer und traditioneller Schreibweise für dieselbe Lautung. Die wichtigsten Änderungen in der hier vorgeschlagenen, durch Lautnähe und Regelmässigkeit ausgezeichneten Orthographie gegenüber der Tradition betreffen die Doppelkonsonanz (vgl. 4.6), die Vorsilben am-, ram- (vgl. 4.13), die Möglichkeit der Schreibung von z anstatt des gewohnten s (vgl. 4.25) usw. Damit das Wörterbuch auch denjenigen, die die traditionelle Orthographie vorziehen, dient, und damit diese weiterhin schreiben können, wie sie es gewohnt sind, wird bei Wörtern, die gewisse wichtige Neuerungen (doppelte oder einfache Konsonanz, z anstelle von s, am- und ram- anstelle von an- und ran-) enthalten, auch die traditionelle Schreibweise oder eine der traditionellen Schreibweisen, wenn mehrere vorhanden, aufgeführt, falls diese von der neuen abweicht, und zwar wird die traditionelle Schreibweise zweimal aufgeführt, einmal als eigenes Stichwort und einmal in Klammer neben der neuen Schreibweise. Im ersten Fall verweist ein —» XI
auf die neue Schreibform, unter welcher sich der eigentliche Wortartikel befindet. Während das Wörterbuch somit in den Stichwörtern alle Schreibweisen aufführt, verwendet es im Text der Wörterartikel nur die nach den oben erwähnten Prinzipien aufgestellte und der tatsächlich gehörten Äusserung entsprechende Orthographie. Wem die Schreibweise als zu modern erscheint, dem dürfte es ein leichtes sein, sie anhand der Angaben in seine altgewohnte umzusetzen; wem sie nicht modern genug erscheint, der kann sie auf grund der hier gebotenen Regelmässigkeiten leicht noch weiter vereinfachen. Was die lautlichen Varianten eines Wortes betrifft, wurden alle von mir gehörten Varianten aufgenommen und die häufigste als Basisform gewählt ; bei den anderen Varianten steht der Verweis (—») auf die Basisform. Es ist somit dem einzelnen Benützer überlassen, die ihm passende Variante bzw. die Variante seiner eigenen Sprechweise (seines Idiolektes) oder die Basisform zu verwenden.
3. Schreibweise der Laute und phonetische Zeichen 3.1 Schreibweise (Orthographie) und Aussprache Vaz gehört in bezug auf die Schreibweise zur surselvisch-surmeirischen Orthographie. Als einzige Gemeinde des Surmeir war die Vazer Schule bis 1978 auf die surselvische und nicht auf die surmeirische Schriftsprache ausgerichtet. Die hier vorgeschlagene Orthographie stellt den Versuch dar, die traditionelle Schreibweise mit der effektiven Lautform des Vazischen in Übereinstimmung zu bringen und anstatt der vorherrschenden Willkür eine gewisse Konstanz zu befolgen. Die von mir gewählte Schreibweise widerspiegelt so nahe wie möglich die Aussprache. Im Gegensatz zur traditionellen rätoromanischen Orthographie wird nicht etymologisiert. Die verwendete Orthographie und deren Lautwerte in phonetischer Umschrift sind die folgenden: Orthographie
a
Phonetische Schrift
[a], [ä]
[ä], [ä]
[a] [a] XII
Aussprache Der halbfette Punkt unter einem Vokal eines Schlagwortes mit Diphthong oder mehr als einer Silbe (ieli, ilsez) und der Akzent in der orthographischen Schrift (annä) bezeichnen den betonten Vokal. Der Punkt gehört nicht zur normalen Schreibweise. betontes, kurzes, helles (offenes) a am Wortanfang oder im Wortinnern vor Doppelkonsonant (crappa), Konsonantengruppe (larma) und vor einzelnen, einfachen Schlusskonsonanten (curtan, crap) betontes, langes, helles (offenes) a vor einfachen Konsonant im Wortinnern (sgara, spazi) und vor einzelnen einfachen Schlusskonsonanten (purtar) betontes, dunkles (geschlossenes) a vor l (ual), selten, unbetontes, kurzes, helles (offenes) a in unbetonten Silben vor dem Hauptakzent (amiez), am Wortende
(stoiva)
und in unbetonten Wörtern (a (measas), an Dieses [a\ tendiert je nach Sprecher und Sprechweise zum reduzierten [ [ f ] [('] [e], [e] [p] [»]
ea ei eu
[p«c] [#a] [ei] [elf]
/ ff
lf] [/]
g
[g]
[fc] [g] [c]
XIV
[{/] in cuaida, cuiet neben quaida quiet [t&wipf]); vor l, r (clavo, crap); unaspiriert oder nur wenig aspiriert am Wortende (spec, strec). vor e, i (ceder, decider). Derselbe Laut [fs] wird auch mit z geschrieben, vgl. z. Doppel-c gibt nicht Längung des c, sondern Kürze des vorangehenden, betonten Vokals an (caccas, peccal). Der Laut ist das aspirierte [/c] = [&*]. wie in acceptar, vgl. auch aczia. Anstatt -cc- mit dem Lautwert [te] wird -zz- geschrieben. aspiriertes [/c] = [fc*] vor e, i(cheul, chic, amvarnichel) in den Germanismen bucs, vics usw. sowie in den Latinismen banadicstgeun, direcstgeun usw. stimmlose oder leicht stimmhafte Lenis wie im Schweizerdeutschen (dagot, peda) am Wortende (pled, mond, schud' aus schu da, vid' aus vi da) wird d als stimmlose Lenis oder Fortis [/] ausgesprochen. Die Schreibung dsch wäre möglich in acoardscher usw. Es wird hier aber darauf verzichtet zugunsten von sch [z], da neben [dz] mehr [ i ] zu hören ist. betontes, kurzes, geschlossenes e (pe, pez, pezza, pedra) betontes, langes, geschlossenes e (per, peda) betontes, kurzes, offenes e (pertla, pertga, petta) betontes, langes, offenes e (fegher, legher) unbetontes, geschlossenes e (relaztgeun, regina) unbetontes, offenes e (dependent) [dfpendfnt] reduziertes e, vor allem nach dem Wortakzent in der Schlussilbe (anzemmen, cheunter, easser). In gewissen Stellungen variiert [?] mit [] [/>]. [i>]
k
[*]
l II
[/] [/]
m
III] Im]
mm
Im] [mm]
n nn
[»]
ng
[nn] lük] [Ilg]
[n]
Lenis und Fortis. Im Gegensatz dazu ist bei der männlichen Form des Adjektivs lartg, largia nie eine Lenis, sondern nur eine Fortis zu hören. nur in Fürggli, mit schweizerdeutschem ggl [&/], verschieden vom romanischen cl [A^1/] in cletg vor e, i (gheula, ghittas) vor a, o, u (giap, gionda, giudezzi) vor a, o (glas, globa) vor e, i (glemma, glin, piglia [piiU], pigliez [piiiats]) und im Auslaut ( f e g l ) vor a, o, u (peglia [peia]) gnif vor e (guendel, guera) und /' (guio [guiö], guiglier) Variante von [gu] in guio Igwio] Hauchlaut (habitar, hentger, herox) palataler Reibelaut im Wortauslaut, ähnlich dem deutschen ¡c/i-Laut (erah, pleh, toh) betontes, kurzes, geschlossenes i (glin) betontes, langes, geschlossenes i(igl) betontes, kurzes, offenes i (fiuel) betontes, überoffenes i unbetontes, kurzes, mittleres i (idea, impidimaint, inimoi) betonter Hiat (piglia Imperativ 5.) unbetonter Hiat (tgiadoiras) betonter Diphthong (diavel) betonter Diphthong (ieda, iert, pigliez Präs. 5.) betonter Diphthong (piogn) betonter Diphthong (ischiu) unbetonter Diphthong (miulet) derselbe Laut wie c nur in Germanismen (herkua, Ski) ladem Doppel-/ gibt nicht Längung des /, sondern Kürze des vorangehenden, betonten Vokals an (Stella vs. steala) Langkonsonanz in Germanismen (brülla) mam. Für das aus n phonetisch durch Assimilation an folgenden Konsonanten stammende [m] vgl. 4.13 Doppel-m gibt nicht Längung des m, sondern Kürze des vorangehenden betonten Vokals an (stemma). Langkonsonant bzw. Geminate in Wortzusammensetzungen (avantmam [avammäm]) naiv Doppel-n gibt nicht Längung des h, sondern Kürze des vorangehenden, betonten Vokals an (schenna). Langkonsonanz in Wortzusammensetzungen (annä) am Wortende (leung) im Wortinnern (leunga) XV
°
[p] [o] [?]> [.