“Wie geschrieben steht”: Studien zu einer besonderen Art frühchristlichen Schriftbezuges [Reprint 2020 ed.] 9783110891942, 9783110138597


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German Pages 453 [456] Year 1993

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“Wie geschrieben steht”: Studien zu einer besonderen Art frühchristlichen Schriftbezuges [Reprint 2020 ed.]
 9783110891942, 9783110138597

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Reinhold Liebers ,Wie geschrieben steht"

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Reinhold Liebers

,Wie geschrieben steht" Studien zu einer besonderen Art frühchristlichen Schriftbezuges

Walter de Gruyter • Berlin • N e w Y o r k 1993

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. Die Deutsche Bibliothek



ClP-Einheitsaufnahme

Liebers, Reinhold: „Wie geschrieben steht" : Studien zu einer besonderen Art frühchristlichen Schriftbezuges / Reinhold Liebers. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1993 ISBN 3-11-013859-X

© Copyright 1993 by Walter de Gruyter &C Co., D-1000 Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer, Berlin 61

Vorwort Die vorliegende Publikation wurde im Sommersemester 1991 der Theologischen Fakultät der Universität Kiel als Habilitationsschrift eingereicht und, da sich keine Mehrheit für ihre Annahme fand, zurückgezogen. Für den Druck ist sie geringfügig überarbeitet worden. Die Veröffentlichung der Arbeit gibt mir Gelegenheit, mich bei all denen zu bedanken, die ihr Zustandekommen angeregt und ermöglicht haben. Zuerst und vor allem gilt dabei mein Dank Prof. Dr. U . Luck für die Förderung, die er mir als seinem Assistenten angedeihen ließ. Zu danken haben ich ebenso dem Hause de Gruyter für die Aufnahme dieser Arbeit in das Verlagsprogramm. Allen anderen, die hier nicht namentlich aufgeführt sind, die aber zu den Weggefährten in den letzten Jahren gehörten, gilt mein Dank in gleicher Weise. Kiel, im September 1992

R.L.

Inhaltsverzeichnis I.Einführun g

1

II. Sichtung 1. Synoptiker 2. Apostelgeschichte 3. Corpus Paulinum 4. Übrige Briefliteratur 5. Johannesevangelium 6. Johannesapokalypse 7. Auswertung III. Untersuchung der Einzeltexte 1. Markusevangelium a) Mk 9,11-13 b) Mk 12,24 c) Mk 14,17-21 d) Mk 14,43-52

7 7 24 39 48 52 63 69 73 73 73 95 107 129

2. Lukasevangelium a) Lk 1,55 b) Lk 1,70 c) Lk 2,29 d) Lk 18,31 e ) L k 21,20-24 f) Lk 24,25-27.32 g) Lk 24,44-47

148 148 150 155 159 162 178 183

3. Apostelgeschichte a) Apg 1,15-20 b) Apg 3,17-26 c) Apg 7,51-53 d) Apg 10,43 e) Apg 13,27-29 f) Apg 17.2f.ll

190 190 205 215 223 230 237

4. Corpus a) Rom b) Rom c) Rom

241 241 244 245

Paulinum 1,2 3,21 16,25-27

VIII

Inhaltsverzeichnis

4. d) l.Kor 14,34 e) l.Kor 15,3bf

246 248

5. Johannesevangelium a) Joh 1,45 b) Joh 20,9

268 268 279

6. Auswertung

289

IV. Der zitatlose Schriftbezug im Alten Testament und im frühjüdischen Schrifttum 1. Der zitatlose Schriftbezug im Alten Testament 2. Der zitatlose Schriftbezug im frühjüdischen Schrifttum 3. Auswertung

291 291 323 347

V. Untersuchung der frühchristlichen Texte mit zitatlosem Schriftbezug 1. l.Kor 15,3b-5 2. M k 9,11-13 3. M k 14,21 4. Mk 14,48f

349 349 369 378 384

VI. Ergebnis

391

Anhang: Ausgewählte ntl. Texte I : M k 9,9-13 II : M k 12,18-27 III: M k 14,17-21 I V : M k 14,43-52 V : Apg 3,17-26 VI : Apg 10,34-43 VII: Joh 1,35-51

399 399 400 401 402 403 404 405

Literaturverzeichnis Abkürzungen 1. Textausgaben und Übersetzungen 2. Hilfsmittel 3. Literatur

407 407 408 411 412

Stellenregister (in Auswahl) 1. Altes Testament 2. Frühjüdisches Schrifttum 3. Neues Testament 4. Patristische Literatur

440 440 442 444 445

I. Einführung Das Grundproblem des Verhältnisses von Altem und Neuem Testament ist nicht erst, aber besonders innerhalb der neutestamentlichen hermeneutischen Debatte um eine bzw. die ,Biblische Theologie' seit längerem virulent. So postulierte R. Bultmann bereits 1941 in einem „in der Art von Leitsätzen" 1 gehaltenen Vortrag unter dem Titel „Theologie als Wissenschaft" zu deren konkreten Aufgaben: „Die alttestamentliche Theologie hat also das Verhältnis von Verheißung und Erfüllung zu klären (bzw. an dieser Klärung mit der neutestamentlichen Theologie zusammen zu arbeiten)" 2 . Dabei indiziert allerdings die Tatsache der posthumen Publikation dieser Überlegungen Bultmanns im Jahre 1984 ein erneut in jüngerer Zeit erwachtes stärkeres Interesse an der Fragestellung. Wie sehr tatsächlich gerade in den achtziger Jahren das Verhältnis beider Testamente zueinander in den Blick der Forschung geraten ist, dokumentiert wohl am eindrücklichsten die hohe Aufmerksamkeit, die der Arbeit von M.Oeming: „Gesamtbiblische Theologien der Gegenwart. Das Verhältnis von A T und N T in der hermeneutischen Diskussion seit Gerhard von Rad" entgegengebracht wurde, erlebte diese doch innerhalb kürzester Zeit (1985, 1987) zwei Auflagen. Neben und ergänzend zu dieser übergreifenden hermeneutischen Fragestellung fand in den letzten Jahrzehnten eine gewissermaßen partielle Aufarbeitung dieser Thematik unter redaktionsgeschichtlichem Aspekt statt: Neben der umfassenden Untersuchung der Herkunft und Verwendung atl. Zitate und Anspielungen im N T 3 wurden Einzeluntersuchungen zu deren Gebrauch bei den einzelnen ntl. Autoren (z.B. M k , Mt, Lk, Joh, Paulus,

1

Vgl. hierzu K.W.Müller, Rudolf Bultmanns Alpirsbacher Vortrag,

2

Bultmann, Theologie, 465.

470f.

3

Vgl. etwa C.Smits, Oud-Testamentische Citaten in het Nieuwe Testament, Deel I - I V , 1952-1963; C.H.Dodd, According to the Scriptures, 1957; B . L i n dars, New Testament Apologetic. The Doctrinal Significance of the Old Testament Quotations, 1961; A.Sand, „Wie geschrieben steht ..." Zur Auslegung der jüdischen Schriften in den urchristlichen Gemeinden, 1972. Siehe hierzu weiterhin die bei Ellis, Old Testament Quotations, 63 Anm.59, genannte Literatur.

2

I. Einführung

H e b r ) 4 in Hinblick auf die sich darin spiegelnde Intention des jeweiligen Verfassers vorgelegt. Berücksichtigung

fanden

auch

die

entsprechenden

Partien der Logienquelle Q und die Passionsgeschichten der E v a n g e l i e n 5 ; weiterhin richtete sich das Augenmerk

bereits

auf den

frühchristlichen

Schriftbeweis in der ältesten G e m e i n d e 6 . A u c h die Schriftverwendung vor Paulus wurde schon in den Blick genommen, wobei einerseits auf die vorpaulinische 4

s

Verwendung

einzelner

Schriftstellen 7 ,

andererseits

auf

den

Zu Mk vgl. beispielsweise A.Suhl, Die Funktion der alttestamentlichen Zitate und Anspielungen im Markusevangelium, 1965; weitere Literatur hierzu findet sich bei W.Schmithals, Evangelium nach Markus I, 485. Zu Mt: K.Stendahl, The School of St. Matthew and its Use of the Old Testament 2 , 1967 ; RH.Gundry, The Use of the Old Testament in St. Matthew's Gospel with Special Reference to the Messianic Hope, 1967; R.S. McConnell, Law and Prophecy in Matthew's Gospel. The Authority and Use of the Old Testament in the Gospel of St. Matthew, 1969; W.Rothfuchs, Die Erfüllungszitate des Matthäus-Evangeliums. Eine biblisch-theologische Untersuchung, 1969; G.M. Soares Prabhu, The Formula Quotations in the Infancy Narrative of Matthew, 1976; weitere Literatur bei U.Luz, Evangelium nach Matthäus I, 134. Zu Lk: M.Rese, Alttestamentliche Motive in der Christologie des Lukas, 1965; T.Holtz, Untersuchungen über die alttestamentlichen Zitate bei Lukas, 1968; D.L.Bock, Proclamation and Pattern. Lucan Old Testament Christology, 1987; weitere Literatur bei G.Schneider, Evangelium nach Lukas II, 503; ders., Apostelgeschichte I, 232. Zu Joh\ E.D.Freed, Old Testament Quotations in the Gospel of John, 1965; G.Reim, Studien zum alttestamentlichen Hintergrund des Johannesevangeliums, 1974. Zu Paulus-, O.Michel, Paulus und seine Bibel, 1929; E.E.Ellis, Paul's Use of the Old Testament, 1957; D.-A.Koch, Die Schrift als Zeuge des Evangeliums. Untersuchungen zur Verwendung und zum Verständnis der Schrift bei Paulus, 1986. Zum Hebr: S.Kistemaker, The Psalm Citations in the Epistle to the Hebrews, 1961; F.Schröger, Der Verfasser des Hebräerbriefes als Schriftausleger, 1968. Vgl. weiterhin die Aufsatzsammlung: It is Written: Scripture Citing Scripture, hg.v. DA.Carson u. H.G.M.Williamson, 1988. Vgl. etwa H.E.Tödt, Der Menschensohn in der synoptischen Überlieferung, 1963 2 , 243ff; zu dessen Position vgl. P.Hoffmann, Studien, 65 Anm.52. Zu den Passionsgeschichten vgl. D.J.Moo, The Old Testament in the Gospel Passion Narratives, 1983. Vgl. weiterhin die ausführlichen und darüber hinausgehenden Literaturangaben zu diesem ganzen Komplex bei Ellis, Old Testament Quotations, 63ff Anm.60-79.

6

Vgl. Suhl, Funktion, 123ff.

7

Vgl. Ellis, Use, 107ff; ders., Quotations, 182ff; D.-A.Koch, Schrift, 239ff. Zu dessen Beurteilung von Ellis' Position s. ebd., 246f. Zur Frage vorpaulinischer Anthologien und Florilegien von Schrifttexten vgl. ebd., 247ff; eine andere Position vertritt Hanhart, Bedeutung, 405ff.

I. Einführung

3

Schriftbezug im vorpaulinischen Traditionsgut 8 abgehoben wurde - allerdings meist nur en passant. Bei allen diesen bisher genannten Arbeiten 9 dienen atl. Zitate (mit entsprechenden Einleitungsformulierungen oder ohne solche) oder inhaltliche Anspielungen als Ausgangspunkt der Untersuchung. Auffällig bleibt jedoch, daß es einige Textstellen gibt - nicht zuletzt etwa das zweimalige xatct tawie a u c h im zweiten Psalm geschrieben steht') Ps 2,7 zitiert wird. Zwar werden die somit verbleibenden Verse 27 und 29, obwohl in bezug auf die in V.16-41 vorliegende Predigt eine Lk vorgegebene Tradition bzw. Quelle durchaus erwogen wird 6 4 , überwiegend als redaktionell bzw. lk. überformt angesehen 6 5 . Doch

geschichte I, 63; Stanton, Jesus, 67ff, der dies allerdings besonders anhand von V.36-39 aufzuzeigen versucht und darüber hinaus lediglich auf V.42 kurz verweisen kann (79), so daß er abschließend (80f) die materialbedingte Unschärfe der Abgrenzungsmöglichkeit eingestehen muß. 62

Dahingehend äußern sich etwa Haenchen, Apostelgeschichte, 393 Anm.4; Schneider, Apostelgeschichte II, 324.327; Pesch, Apostelgeschichte II, 36; dagegen spricht sich Buss, Missionspredigt, 45f, aus, der in der in V.23 angesprochenen .Verheißung' „die Summe aller atl. Heilsprophetie verstehen" will (46).

63

Vgl. zur Lesart rinTv die Kommentare z.St.

64

Dafür sprechen sich etwa aus: Bauernfeind, Apostelgeschichte, 168; Haenchen, Apostelgeschichte, 395; Bowker, Speeches, 104.109.111; Zehnle, Peter's Pentecost Discourse, 41; Buss, Missionspredigt, 48.90; Weiser, Apostelgeschichte II, 324.327; Pesch, Apostelgeschichte II, 31f; dagegen wendet sich Schmithals, Apostelgeschichte, 125.

65

So äußern sich beispielsweise Glombitza, Akta X I I I . 1 5 - 4 1 , 310ff; Kränkl, Jesus, 116; Radi, Paulus, 82ff; Haenchen, Apostelgeschichte, 3 4 9 ; Buss, Missionspredigt, 67ff.71ff.80; Schmithals, Apostelgeschichte, 127f; Schille, Apostelgeschichte, 291; Weiser, Apostelgeschichte II, 324ff; Pesch, Apostelgeschichte II, 30ff.37f. Die Lukanismen in V.27-29 stellt auch Dumais, Language, 232f, nicht in Abrede.

32

II. Sichtung

erlaubt die nicht eindeutig ausfallende Beurteilung kein Übergehen dieser Passage. Innerhalb der in Apg 14,21-25 vorliegenden Beschreibung des Rückweges der sog. ersten Missionsreise des Paulus begegnet in V.22 die (als einzige in wörtlicher Rede gehaltene) Wendung, „wir müssen durch viele Trübsale in die Königsherrschaft Gottes eingehen". Zwar ließe sich das hier verwendete Set ähnlich wie in M k 8,31 (= L k 9,22), L k 17,25 angesichts der in beiden Fällen vorausgesetzten Leidenssituation ebenso im Sinne eines impliziten Schriftbezuges deuten, ohne daß ein konkreter atl. Bezug angeführt wird. Doch widerrät dem der Terminus dXiiJ>ei72, A, 33. 1241. 1739 in 2,21 durchaus tna-itv vorzuweisen haben. Das vorbildhafte Leiden Christi in 4,1, das aapxi geschah, soll dem Glaubenden Anlaß sein, eine ebensolche Gesinnung an den Tag zu legen, „denn wer aa pxi leidet, der hat mit der Sünde aufgehört" - d.h., auch an dieser Stelle ist auf das Leiden zu Lebzeiten, nicht auf das Todes-Leiden rekurriert. Ahnlich stellt sich der Sachverhalt in Hebr 2,18 dar: Das hier beschriebene .Leiden' wird durch Ttcipotodeic; näher qualifiziert, um so denen helfen zu können, die jetzt versucht werden. Läßt bereits diese Abzweckung das .Leiden' als Aspekt christlichen Lebens in den Blick treten, so bestätigt V.10 diese Aussage, in dem von .den Leiden' (jtadiind-twv, Plural) die Rede ist, die .der Anführer ihres Heils' zur Vollendung erlitt. Diese .Leiden' sind somit rein begrifflich deutlich getrennt von dem in V.9 angeführten, singularisch formulierten .Todesleiden' (xo itd-i>rj(ja rau daväxov) Jesu. Da zudem, wie die in V.10.11.17 (Hohepriester) begegnenden Titel belegen, von .Christi' Leiden in diesem Kontext nicht gesprochen wird, entfällt auch diese Textstelle als Beleg für ein außerlk. Vorkommen des Todes-Leidens Christi. - Ebensowenig kann 5,8 a l s Beleg dienen: Das beigefügte dcp' £v macht einerseits ähnlich wie in l.Petr 4 , 1 deutlich, daß hier kein absoluter Gebrauch vorliegt, andererseits bezieht es sich inhaltlich auf die Schilderung in V.7 zurück, wo auf das Leiden zu Lebzeiten Christi („in den Tagen seines Fleisches", V.5) angespielt wird. - 9,26 entfällt insofern, als an dieser Stelle eine irreale Aussage über Christus (V.24) formuliert wird, die ein mehrfaches .Leiden' Christi seit Grundlegung der Welt gerade negiert. - Somit verbleibt als Beleg lediglich 13,12, da hier das .Leiden' mit dem vorher angeführten .eigenen Blut' parallelisiert wird, das das Volk heiligen soll. Doch anders als in allen fünf lk. Stellen wird in Hebr 13,12 nicht ,Christus', sondern J e s u s ' als Handlungsträger genannt. Daher kann für das Zusammengehen von ncioxeiv im Sinne des Todes-Leidens mit dem Christustitel außerhalb des lk. Doppelwerkes kein Beleg beigebracht werden; ein .Lukanismus' dürfte deshalb gegen H a h n wahrscheinlich sein. Anders verläuft die Begründung bei Vielhauer, der als Parallelen zu Apg 26,22f auf Apg 13,27-29.32.34-37; Rom l,3f und l.Kor 15,3f verweist. Ab-

36

II. Sichtung

werde sowohl dem Volk (der Juden) als auch den Heiden". Auch in dem dieser A u s s a g e vorausgehenden bzw. folgenden Kontext finden sich keinerlei Hinweise, welche die These eines hier verwendeten atl. Zitats oder einer gesehen von der Tatsache, daß sich an späterer Stelle (vgl III.3.e) der redaktionelle Charakter von Apg 13,27-29 herausstellen wird, bleibt festzuhalten, daß zum einen weder in Apg 26,22f noch in Rom l,3f oder l.Kor 15,3f ein expliziter Schriftbeweis für die Schriftgemäßheit von Christi Leiden und Auferstehen wie in Apg 13,34-37 vorliegt oder sich anschließt. Zum anderen wird weder in Apg 13,27ff noch in Rom l,3f oder l.Kor 15,3f die Berechtigung der weltweiten Verkündigung als schriftgemäß bewiesen, sondern ähnliches geschieht etwa in L k 24,46f - ein Text, der sich ebenfalls im Verlauf der Untersuchung (vgl. III.2.g) als Produkt redaktioneller Bearbeitung erweisen wird (zur lk. Komposition der Sendung Pauli zu den Völkern vgl. Burchard, Zeuge, 165ff; einen Vergleich der beiden o.g. Texte bieten Dömer, Heil Gottes, 204ff; Dupont, Portée christologique, 52ff. Prast, Presbyter, 284f, macht weiterhin darauf aufmerksam [282f], daß darüber hinaus auch in Lk 2,30-32; 3,6; Apg 13,47; 28,28 nach der lk. Darstellung „das Jesusgeschehen als Erfüllung atl. Weissagung ... seine Fortsetzung im universalen Verkündigungsgeschehen der nachösterlichen Mission" impliziert.) Weiterhin ist zwar Vielhauer darin beizupflichten, daß sowohl Rom l,3f als auch l.Kor 15,3f vorpaulinischer Herkunft sind, doch entfällt bei dieser Argumentation Rom l,3f, da die Tradition gerade keine Angabe über die Schriftgemäßheit des christologischen Bekenntnisses macht. Damit verbleibt als mögliche Parallele für Apg 26,22f nur l.Kor 15,3f, wobei auf den Unterschied in Hinblick auf die Schriftgemäßheit der Verkündigung bereits im Vorhergehenden hingewiesen wurde. Ein weiterer Unterschied besteht in der Heilsbedeutung des Todes Christi (l.Kor 15,3), von der in Apg 26,22f (und bezeichnenderweise in der ganzen Apg) nirgends die Rede ist; ebenso fehlt die Erwähnung von der Grablegung und der Erscheinung Christi (l.Kor 15,4f), doch ließe sich letzteres damit begründen, daß diese beiden Aussagen auch nicht unter die Schriftgemäßheit fallen (vgl. III.4.e). Ebensowenig vermag die gänzlich divergierende Terminologie bei den (wenigen) verbleibenden inhaltlichen Ubereinstimmungen eine vorpaulinische Tradition hinter Apg 26,22f plausibel zu machen: Bezeugen in Apg 26,22 (zum lk. Charakter des naptüpeaZai vgl. Löning, Saulustradition, 145ff; besonders 146 Anm.47; zur Zeugenfunktion des Paulus als Angeklagter vgl. Stolle, Zeuge, 140ff) die Propheten und Mose die folgende christologische Aussage - eine Zusammenstellung, die neben J o h 1,45 nur noch im lk. Doppelwerk vorkommt: Lk 16,29.31; 24,27.44; Apg (3,22.24), 28,23 - , so in l.Kor 15,3f die Schriften; spricht Apg 26,23 vom Todes-Leiden, so l.Kor 15,3 vom Sterben; ist in Apg 26,23 vom ,Ersten aus der Auferstehung der Toten' die Rede, so in l.Kor 15,4 vom ,Auferweckt-Sein am dritten T a g ' (zu Xaoç und Ê'â-voç als lk. Vorzugswörter und deren Gegenüberstellung als ebenfalls lk. Charakteristikum vgl. Nellessen, Zeugnis, 224; die in V.23 verwendeten Vokabeln und Ausdrücke' hält O ' T o o l e , C l i m a x , 119, alle für lk., vgl. dazu seine Ausführungen 108ff). - Aufgrund dieser inhaltlichen wie formalen Differenzen zwischen Apg 26,22f und l X o r 15,3f und die nachgewiesenen lk. Vorzugswendungen dürfte sich Apg 26,22f kaum als „Eigentum der vorpaulinischen Gemeinde" (Vielhauer, 21) klassifizieren lassen.

2. Apostelgeschichte Anspielung auf bestimmte atl. Sachverhalte plausibel machen könnten. Da jedoch im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Textstellen in Hinblick Plausibler erscheint hingegen der Versuch, V.22bf oder dessen einzelne Bestandteile als vorlk. Elemente zu bestimmen, wie es verschiedentlich versucht wird: Lohfink, Himmelfahrt Jesu, 237ff; Haenchen, Apostelgeschichte, 657 Anm.5 (zwei alte christologische Formeln: àvctotaoïç vëxpSv; efEp^ivcu àx vexpöv; im Anschluß an ihn: Prast, Presbyter, 285; Stolle, Zeuge, 132 Anm.112); Conzelmann, Apostelgeschichte, 149 (er vermutet hier .geprägte Formelsprache', ohne näher auszuführen, worauf er dies bezogen wissen will [ähnlich Schmithals, Apostelgeschichte, 228]. Da er jedoch auf Rom l,3f und Kol 1,18 verweist, dürfte er itpCHoç èç àvaotâoeuç vsxpööv vor Augen haben [dies gilt auch für Dömer, Heil Gottes, 204 Anm.2], Demgegenüber plädiert etwa Löning, Saulustradition, 179 Anm.121, für den lk. Ursprung dieser Formulierung). Zu den von Haenchen und Conzelmann vorgeschlagenen, als traditionell ausgewiesenen Bestandteilen gehört nicht der Hinweis auf die Schriftgemäßheit in V.22b, so daß, sollte man sich ihren Ergebnissen anschließen, die lk. Herkunft der jetzt vorliegenden Zusammenstellung nicht in Frage steht und Apg 26,22f für die in dieser Untersuchung in den Blick genommene Fragestellung entfällt. Hingegen sieht Lohfink, Himmelfahr Jesu, 238, als Inhalt eines von Lk bereits aus der Tradition übernommenen Grundschemas a) den Christustitel, b) eine Passionsaussage mit nadttv, c) eine Auferweckungsaussage mit àvaoxrivai, d) einen Hinweis auf die Schriftgemäßheit. Liegt dieses .feste Aussageschema' jedoch Lk 24,26.46; Apg 3,18; 17,3; 26,23 zugrunde, so lassen sich die hierbei zu beobachtenden Abweichungen in den genannten Texten folgerichtig nur als „lukanische Variation desselben Grundschemas" (ebd.) interpretieren. Dies gilt dann aber nicht nur für das Fehlen einer Auferweckungsaussage mit àvaoxîjvai in Lk 24,26 und Apg 3,18, sondern ebenso für die im N T einmalige Formulierung npùxoç èç àvaoxâoeuç vt*pwv und für das singuläre rcoc'&TiTÔc; in Apg 26,23 (ähnlich fällt die Beurteilung von Wilckens, Missionsreden, 116, in Hinblick auf Apg 26,23 aus). Geschieht der Hinweis auf die .Schriftgemäßheit' (?) weiterhin in Lk 24,26 und Apg 17,3 mit ESEI - was Lohfink mit Hinweis auf Mk 8,31 anscheinend für ursprünglich erachtet, da für ihn Mk 8,31 und das lk. Schema direkt oder indirekt miteinander verwandt sein sollen (ebd.; hier ist Wilckens, Missionsreden, 159, beizupflichten: „eine heilsgeschichtliche Explikation liegt erst bei Lukas vor und ist für seine eigene theologische Konzeption charakteristisch." Zu einem ähnlichen Urteil gelangt Dupont, Portée christologique, 56: „La .nécessité' de l'évangélisation des nations, dont Me 13,10 parle d ' u n point de vue apocalyptique, est réinterprétée par Luc dans la perspective de 1' accomplissement des prophéties messianique") -, so erwiese sich der explizite Hinweis auf die Schriftgemäßheit, die bei Lk 24,26 und Apg 17,3, wie selbst Lohfink zugestehen muß, bezeichnenderweise nur dem (lk., s.u. z.St.) jeweiligen Kontext zu entnehmen ist, gerade als lk. Ausformung dieses traditionellen Grundschemas, worauf ebenfalls die jeweils unterschiedlichen - in Apg 26,22 nachweislich lk, s.o. - Formulierungen hinweisen. Somit stellt Apg 26,22f auch bei Zugrundelegung der von Lohfink vertretenen Hypothese eine redaktionelle Bildung dar und entfällt daher für die weitere Untersuchung.

38

I I . Sichtung

auf V.22f in neuerer Zeit relative Einmütigkeit in bezug auf deren Zuweisung zur redaktionellen Ebene b e s t e h t 7 1 , entfällt die Notwendigkeit einer weiteren Beschäftigung mit diesem Text.

Gegen das Vorhandensein einer besonderen schriftlichen Vorlage und für die Gestaltung von Kap.22-26 durch Lk spricht sich bereits Bauernfeind, Apostelgeschichte, 243, aus, wobei er allerdings „für diese Zeit eine Reihe guter Auskünfte verschiedener Herkunft", die dem Verfasser zur Verfügung standen, nicht ausschließt. Zur Begründung des redaktionellen Charakters von Kap. 25f vgl. Weiser, Apostelgeschichte I I , 637ff. D i e lk. Herkunft von V.22f heben etwa hervor: Haenchen, Apostelgeschichte, 662; Conzelmann, Apostelgeschichte, 103.149 (beide vermuten allerdings in V.23a vorlk. Elemente, s.o.); Lohfink, Paulus, 80 Anm.180; Löning, Saulustradition, 179f; Prast, Presbyter, 285 (s.o.); Dömer, H e i l Gottes, 204ff; O ' T o o l e , C l i m a x , lOlff; Stolle, Zeuge, 140f (dazu s.o.); Roloff, Apostelgeschichte, 348f; Schmithals, Apostelgeschichte, 228; Schille, Apostelgeschichte, 4 4 0 . 4 5 2 (wobei die beiden letztgenannten die Faktizität der Appellation an den Kaiser bezweifeln, vgl. Schmithals, 219; Schille sieht in dieser Angabe eher die .schriftstellerische als die historische Logik' am W e r k , 4 4 2 ) ; Weiser, Apostelgeschichte I I , 638f; Pesch, Apostelgeschichte I I , 273.280f; Lüdemann, Christentum, 264f. Evans, Jesus-Paul Parallels, 23ff.30. 33.36f, versucht dabei die von Lk intendierte Parallelisierung von Aussagen über Jesus und Paulus im Doppelwerk nachzuweisen; vgl. ähnlich Radi, Paulus, 202ff.

II .3. Corpus Paulinum Auch

innerhalb

der

paulinischen

Briefe

begegnen

vereinzelt

Formulie-

rungen, in denen auf das A T Bezug genommen wird, ohne daß auf eine konkrete Stelle angespielt zu sein scheint bzw. anschließend

ein -

mehr

oder weniger wörtliches - Zitat folgt. Einen solchen T e x t stellt Rom 1 , 2 dar, in dem es heißt, das Evangelium Gottes werde „durch seine (= Gottes) Propheten vorherverkündigt in heiligen Schriften". Was dann in V.3f folgt, erweist sich als ein Paulus vorgegebenes und von ihm nur wenig modifiziertes traditionelles B e k e n n t n i s 7 2 . Zu klären bleibt, ob auch die in V.2 angeführte Aussage vom Apostel bereits übernommen oder erst von ihm selbst gebildet w u r d e 7 3 .

72

Diese Auffassung hat sich in der neueren Forschung überwiegend durchgesetzt, vgl. etwa Schweizer, Röm.l,3f., 180ff; Barrett, Romans, 18ff; Althaus, Römer, 7f; H.W.Schmidt, Römer, 16.18f; Kuss, Römerbrief, 4ff; Kramer, Christos, 105ff; Hahn, Hoheitstitel, 251ff; Linnemann, Tradition, 264ff; Käsemann, Römer, 8ff; Cranfield, Romans I, 57ff; Becker, Auferstehung, 18ff; Otto, Römer, 70.72ff; Schlier, Römerbrief, 22ff; Wilckens, Römer I, 56ff; Zeller, Römer, 35f; Meli, Schöpfung, 375ff. Spricht Zeller in diesem Kontext von den „untergründigen Schriftbezügen in V.3f" (35), so muß beachtet werden, daß die Verbindung dieses vorpaulinischen Bekenntnisses in V.3f mit der jetzt in V.lbf vorliegenden Einleitung - unabhängig davon, ob letztere ebenfalls vorpaulinische Tradition aufnimmt, siehe dazu im folgenden - erst auf Paulus zurückzuführen ist. Von daher können die in V.3f möglicherweise vorhandenen Schriftbezüge, da in dieser Untersuchung die vorpaulinische Ebene im Blick ist, nicht für die Aussagen in V.lbf in Anschlag gebracht werden.

73

Michel, Römer, 70, etwa stellt die Frage: „Hat Paulus den Inhalt dieses Relativsatzes aus der Tradition übernommen?" Barrett, Romans, 18, geht demgegenüber bereits einen Schritt weiter und spricht in diesem Zusammenhang davon, „Paul echoes the common conviction of the primitive Church that the saving acts of Christ were foretold by the prophets". Allerdings ist dem entgegenzuhalten, daß in Rom l.lbff nur von dem .Evangelium Gottes' (V.lb), dessen Inhalt - im jetzigen Kontext - .Jesus Christus, unser Herr' (V.4b) bildet, die Rede ist; ,the saving acts of Christ', von denen Barrett spricht, kommen nicht hier, sondern lediglich in l.Kor 15,3f zur Sprache. Da Barrett weiterhin nicht angibt, an welche Belege er bei der von ihm erwähnten .common conviction of the primitive church' konkret denkt, steht zu erwarten, daß er bei seiner Formulierung l.Kor 15,3f im Blick hat und diese Aussage in Rom 1,2 einträgt - was, wie sich im Vorhergehenden zeigte, so durch den Text selbst nicht gedeckt ist.

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II. Sichtung

Eine ähnliche Wendung wie in Rom 1,2 findet sich in Rom 3 , 2 1 : „Nun aber ist ohne Gesetz Gerechtigkeit Gottes offenbar, bezeugt vom Gesetz und den Propheten". Wie in Rom 1,2 (,Evangelium Gottes") liegt auch an dieser Stelle (,Gerechtigkeit Gottes*) ein relativ übergreifendes Thema vor, das schon im A T angesprochen sein soll. Es folgt aber weder ein atl. Zitat noch eine als solche kenntliche Anspielung. Dabei verhindert hier wie bereits in Rom 1 , 2 die inhaltliche Unschärfe des erwähnten Sachverhalts dessen genauere Ü b e r p r ü f u n g 7 4 - ungeachtet der vorher noch zu klärenden Frage, ob die vorliegende Formulierung auf Paulus selbst zurückgeht oder traditionelles G u t d a r s t e l l t 7 5 . Daher ist im Fortgang der Untersuchung noch einmal genauer auf diese Textstelle einzugehen.

Auch Schlier, Rom l,3f, 207, hat „das Empfinden, Paulus formuliere in traditioneller und nicht in eigener Sprache" (vgl. ders., Römerbrief, 22). Fragt man, wie Schlier dies verstanden wissen will, so wird man auf Michels Römerbriefkommentar (s.o., dort wird lediglich eine Frage formuliert), auf die Artikel Ypa xt\. von Schrenk und i n a y y l U c o xxA. von Schniewind/Friedrich und den Aufsatz von Porübcan: ,The Pauline Message and the Prophets' (die Seitenangabe ist unzutreffend) verwiesen. Doch weist Schrenk, 751, lediglich nach, daß die Wendung al Upai vpatpai nicht einen spezifisch urchristlichen, sondern einen jüdischen und hellenistischen Sprachgebrauch widerspiegelt; und Schniewind/Friedrich, 576, kommen zu dem Schluß, die Vorstellung von der ,Verheißung Gottes' sei schon vor Paulus im Judentum gebildet. Porübcan, 256f, schließlich führt aus, die in Rom 1,2 begegnende grundlegende Vorstellung sei dieselbe, die auch in den paulinischen Reden in Apg, beispielsweise in 13,23ff, vorliege (dabei setzt er allerdings ohne nähere methodische Absicherung die Aussage der Apg über Paulus ebenso mit den paulinischen Briefaussagen gleich wie auch Rom 16,26, siehe dazu III.4.a). Nirgendwo findet sich jedoch die Behauptung, die in Rom 1,2 vorliegende Formulierung sei als solche traditionell, lediglich deren einzelne Bestandteile und die damit verbundenen Vorstellungen werden für vorpaulinisch gehalten. Am weitesten geht Wilckens, Römer I, 56, mit der These, „daß Paulus bei der Formulierung von V.2 vorformulierten Wortlaut aus fundamentaler .Evangelium'-Tradition benutzt hat". 74

Als mögliche atl. Texte, auf die sich Paulus hier bezieht, nennt Stuhlmacher, Römer, 21, für Rom 1,2 z.B. Jes 9,1-6; 11,1-9; Jer 23,5f; 31,31-34 und für Rom 3,21: Ex 34,5-7; Jes 11,4f; 43,25; 45,6-8; Jer 23,5f; Hab 2,4 und Gen 15,6 (57).

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Auf die Parallelität zu Rom 1,2 weist Michel, Römer, 148 Anm.7, hin. Schlier, Römerbrief, 105, sieht in .Gesetz und Propheten' einen „Begriff aus der urchristlichen Tradition" und hält auch (lap-tupeiv für keinen spezifisch paulinischen Begriff (auf den letztgenannten Aspekt macht ebenso Cranfield, Romans I, 202 Anm.3 aufmerksam). Klarer formuliert es lediglich Wilckens, Römer I, 186, wenn er ausführt, der Apostel greife „hier einen Topos urchristlicher Tradition auf".

3. Corpus Paulinum

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E i n bis in die Textkritik hinein schwieriges Problem stellt Rom 1 6 , 2 5 - 2 7 dar. In dieser Doxologie ist in V.26 von der „Offenbarung des Geheimnisses' die Rede, „das ewige Zeiten verschwiegen war, jetzt aber offenbar geworden und durch prophetische Schriften nach dem Auftrag des ewigen Gottes zum Gehorsam des Glaubens allen Völkern bekanntgemacht worden ist" . Hier bedarf nicht nur die Wendung prophetische Schriften' einer K l ä r u n g 7 6 , sondern ebenso die Frage, ob in V.25ff eine vor-,

nachpauli-

nische oder vom Apostel selbst formulierte Bildung v o r l i e g t . 7 7

Deshalb

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Die Frage nach der Bedeutung von prophetische Schriften' hängt verständlicherweise von der Klärung des Sachverhaltes ab, ob die Schlußdoxologie des Römerbriefes für paulinisch oder für eine spätere (redaktionelle) Hinzufügung gehalten wird, im letztgenannten Fall sieht man unter den .prophetischen Schriften' (auch) schon ntl. Werke subsumiert (vgl. Althaus, Römer, 153; Käsemann, Römer, 410f; Wilckens, Römer III, 150; unentschieden bzw. widersprüchlich noch Schmithals, Römerbrief als historisches Problem, 121f, der aber in späterer Zeit (Briefe, 160) annimmt, der „Redaktor und Herausgeber der paulinischen ,Hauptsammlung'" verstehe unter den .prophetischen Schriften' „die Paulusbriefe"). Eine Umschreibung allein im Sinne der atl. (Propheten-) Schriften vermuten hinter dieser Wendung etwa Zahn, Römer, 590f; Kamiah, Untersuchungen, 51f; H.W. Schmidt, Römer, 263f; Michel, Römer, 488 Anm.19 („alttestamentliche und apokalyptische Schriften", 488); Cranfield, Romans II, 812. Schlier, Römerbrief, 454, läßt offen, ob atl. oder atl. und ntl. Schriften gemeint sind.

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Für paulinisch erachten die Doxologie nur noch wenige, so z.B. Zahn, Römer, 623, ähnlich urteilt H.W.Schmidt, Römer, 266, der jedoch gleichzeitig „zweifellos ein festes liturgisches Schema zugrunde" liegen sieht (261, unter Berufung auf Michel, Römer; vgl. zu dessen Position aber im folgenden), insofern also vorpaulinischen Ursprung für wahrscheinlich hält. Schlier, Römerbrief, 10.452, nimmt aufgrund der .unpaulinischen Diktion' entweder eine von Paulus aus (späterer) liturgischer Gemeindetradition übernommene oder eine nachpaulinische Doxologie an. In beiden Fällen geht er davon aus, daß 16,25-27 nicht zum Römerbrief gehört (9, was insofern zu einem gewissen Widerspruch führt, als sich damit seine Aussage, Paulus selbst habe die Doxologie möglicherweise „an das Ende des Briefes gestellt" [452], nicht vereinbaren läßt). Nach Michel, Römer, 490, „redet vielleicht nicht mehr Paulus selbst, sondern ein späterer Bearbeiter des paulinischen Textes", doch liege der Doxologie „ein älteres liturgisches Schema" zugrunde, ohne daß er über dessen Alter nähere Angaben macht. Hurtado, Doxology, 185ff, kommt zu dem Ergebnis: „the origin of the doxology is still an open question" (199). Für Wilckens, Römer I, 22-24; III, 147f, u.a. stellt die Doxologie demgegenüber „das Werk eines Redaktors" dar, der „die Doxologie ... im liturgischen Stil ad hoc selbst gestaltet hat" (I, 148). Kamiah, Untersuchungen, zeigt anhand einer syntaktischen (25ff) wie gattungsgeschichtlichen (28ff) Analyse den kompilatorischen Charakter der Schlußdoxologie auf und weist drei in ihr verarbeitete Komplexe nach: a) die aus dem Römerbriefpräscript entnommenen paulinischen Anklänge (31ff; zu denen er auch 5ia ... -ypatpSv npo so wäre zu fragen, ob nicht die im jetzigen Text zuerst in V.5 angeführte Darstellung den sekundären Zuwachs darstellt. Die .Erfüllung der Zeiten' wäre in diesem Fall entweder unmittelbare Fortsetzung von V.4 oder ein späterer erklärender Zusatz des Glossators, der auch für den folgenden in V.5a eingeschobenen Satz verantwortlich zeichnet 8 7 . Die damit vorliegende Parallele zur Aussage in Lk 21,20-24 ist dann unübersehbar: Tobit kündet in V.4 die ,Zerstreuung' seines Volkes (öxopittödr|öovtai, vgl. Lk 21,24a), die ,Verwüstung' (eprpoi;) Jerusalems (vgl. Lk 21,20b) und die zeitliche Befristung dieses Geschickes ,bis zur Erfüllung der Zeiten des Weltzeitalters' (vgl. Lk 21,24b) a n 8 8 . In V.5 macht der Hinweis auf die Rückkehr aus der ,Kriegsgefangenschaft' (ex tcov otixnaXooöi£3v) deren Identität mit der vorher genannten ,Zerstreuung' deutlich (vgl. Lk 21,24a). Betrachtet man rückblickend das gesichtete M a t e r i a l 8 9 , so wird deutlich, daß die in Lk 21,20-24 enthaltene vorlk. Einheit aufgrund der in ihr verwendeten Formulierungen und Vorstellungen sich sehr wohl auf dem Hintergrund atl. und frühjüdischer Wendungen und Aussagen verstehen läßt. Andererseits vermißt man konkrete zeitgeschichtliche Bezüge auf die Eroberung Jerusalems im Jahre 70 n . C h r . 9 0 . Daher spricht manches dafür, in der vorlk. Einheit kein vaticinium ex eventu zu sehen 9 1 , sondern ein im prophetischen Stil gehaltenes Mahnwort, das eine Gerichtsdrohung gegen

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scheint hier insofern eine Glättung vorzunehmen, als bei der zweiten Beschreibung ein ,jiavt£