Antijudaismus, Antisemitismus, Antizionismus, Philosemitismus: wie steht es um die Toleranz der Religionen und Kulturen? 9783883096476, 3883096474


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Impressum
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
Antijudaismus und Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit
Der Antisemitismus – die neue Dimension des Judenhasses
Philosemitismus, christliche Duldung oder jüdisch-christliche Symbiose?
Christentum und Islam – Wie steht es um die Toleranz der Muslime gegenüber Christen und umgekehrt?
Palästinenser und Israelis, Juden und Moslems –ein konfessioneller Konflikt?
Ausblick und Schlussbetrachtung
Abbildungsverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Endnotenverzeichnis
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Antijudaismus, Antisemitismus, Antizionismus, Philosemitismus: wie steht es um die Toleranz der Religionen und Kulturen?
 9783883096476, 3883096474

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Wilhelm Kaltenstadler

In der historischen Forschung und politischen Diskussion werden die Begriffe „Antijudaismus“, „Antisemitismus“ und „Antizionismus“ noch immer wenig differenziert gebraucht. Die meisten Autoren neigen dazu, in Anlehnung an den umfassenden englisch-amerikanischen Begriff „antisemitism“ alle nur denkbaren judenfeindlichen Aktionen der Geschichte und Gegenwart als „antisemitisch“ zu erklären. Der Antizionismus ist eine moderne Spielart des Antijudaismus und Antisemitismus. Neben dem Antijudaismus, Antisemitismus und Antizionismus gab und gibt es nach wie vor Judenfreundlichkeit und Toleranz gegenüber den Juden, auch im Mittelalter. In dem umfangreichen Kapitel „Christentum und Islam – Wie steht es um die Toleranz der Muslime gegenüber Christen und umgekehrt?“ stellt der Autor fest, dass sich die gegenseitige Toleranz der Angehörigen der beiden Religionsgemeinschaften ungleich entwickelt hat und vor allem auf Seiten des Islams ein Nachholbedarf an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit besteht. Wie in einem Brennspiegel fließen Antijudaismus, Antisemitismus und Antizionismus im Kapitel „Palästinenser und Israelis, Juden und Moslems – ein konfessioneller Konflikt?“ in einem Punkt zusammen. Im Schlusskapitel „Ausblick und Schlussbetrachtung“ zeigt der Autor, dass die europäische Kulturlandschaft nicht nur vom Christentum, sondern auch vom Judentum und vom Islam geprägt wurde und noch wird.

Wilhelm Kaltenstadler • Antijudaismus, Antisemitismus ...

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Antijudaismus, Antisemitismus, Antizionismus, Philosemitismus — wie steht es um die Toleranz der Religionen und Kulturen?

ISBN 978-3-88309-647-6

Verlag Traugott Bautz GmbH

Antijudaismus, Antisemitismus, Antizionismus, Philosemitismus

Jerusalemer Texte Schriften aus der Arbeit der Jerusalem-Akademie

herausgegeben von Hans-Christoph Goßmann

Band 5

Verlag Traugott Bautz

Wilhelm Kaltenstadler

Antijudaismus, Antisemitismus, Antizionismus, Philosemitismus

— wie steht es um die Toleranz der Religionen und Kulturen?

Verlag Traugott Bautz

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Verlag Traugott Bautz GmbH 99734 Nordhausen 2011 ISBN 978-3-88309-647-6

5

Inhaltsverzeichnis Vorwort

7

Einleitung

9

Antijudaismus und Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

12

Der Antisemitismus – die neue Dimension des Judenhasses in der Neuzeit

32

Philosemitismus, christliche Duldung oder jüdisch-christliche Symbiose?

50

Christentum und Islam – Wie steht es um die Toleranz der Muslime gegenüber Christen und umgekehrt?

64

Palästinenser und Israelis, Juden und Moslems – ein konfessioneller Konflikt?

71

Ausblick und Schlussbetrachtung

77

Abbildungsverzeichnis

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Quellen- und Literaturverzeichnis

87

Endnotenverzeichnis

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Vorwort Es ist mir eine große Freude, dass die Jerusalem-Akademie in Hamburg an mich herangetreten ist und sich bereit erklärt hat, die Publikation meines Werkes über „Antijudaismus, Antisemitismus, Antizionismus, Philosemitismus“ in Kooperation mit dem Verlag Bautz GmbH zu fördern und zu unterstützen. Diese „Anti“-Thematik habe ich in meinen bisherigen Publikationen zur jüdischen Kultur- und Medizingeschichte nur andeuten können. Nun ergibt sich die einmalige Chance, dazu eine spezielle Monographie zu verfassen und die Thematik „Antijudaismus und Antisemitismus“ in einem sehr viel weiteren historischen Rahmen von der Antike bis zur Gegenwart zu veranschaulichen und zu vertiefen. Wichtige beachtenswerte Erkenntnisse zu dieser neuen historischen Perspektive sind Robert Wistrich von der „Hebrew University of Jerusalem“ zu verdanken. Er hat Anfang 2010 sein großartiges Werk mit dem ungewöhnlichen Titel „A Lethal Obsession“ in New York veröffentlicht. Die Ergebnisse seiner Arbeit sollen in ganz besonderem Maße in meine neue Veröffentlichung einbezogen werden, zumal es als sicher gilt, dass sein voluminöses Werk wohl nicht in deutscher Sprache herauskommen wird. Robert Wistrich hat selbst die in der Judenschaft bestehenden israelfeindlichen und antizionistischen Tendenzen nicht unter den Tisch fallen lassen. Wistrich scheut sich nicht, den immer wieder vor allem im arabisch-muslimischen Raum auftretenden Antizionismus als „antizionistische Maskerade“1 zu bezeichnen. Für die Vertreter einer solchen islamistischen Ideologie sind sowohl das „jüdische“ New York als auch der „Zionistische Staat Israel“ eine „Inkarnation des kapitalistischen Übels“. Islamisten wie der iranische Khomeini2 und der iranische Präsident Ahmadinejad3 stehen dem Nationalsozialismus näher als dem Jihad, dem sog. Heiligen Krieg. Zu den Themen „Antisemitismus“ und „Antizionismus“ gibt es eine immer mehr wachsende Flut von Publikationen. Es schien mir darum unmöglich, alle nur denkbaren Werke auf diesem Gebiet in mein Werk einzuarbeiten. Ich kam nicht darum herum, eine Auswahl zu treffen. Es mag also sein, dass der Leser das eine oder andere Werk vermisst. Viele Abhandlungen habe ich nicht wörtlich zitiert, sondern deren Gedanken nur sinngemäß mit eigenen Worten wiedergegeben. Viele meiner Gedanken sind Wiedergaben von Erkenntnissen, welche ich im Laufe von Jahrzehnten aus Gesprächen mit vielen Menschen (es waren nicht nur Gelehrte) und aus einer Fülle von Quellen und Literatur zur jüdisch-christlich-islamischen Geschichte gewonnen habe.

8 Zahlreichen Leuten habe ich zu danken, dass ich mich trotz massiver Widerstände, die oft nur latent und untergründig wirksam waren, nicht unterkriegen ließ, in dieser Thematik weiter auszuharren. Vor allem Herr Dr. Roman Landau, Hamburg, hat in seinem UBW-Verlag in Hamburg mein Buch „Die Modernität der jüdisch-christlichen Idee“ herausgebracht und damit eine Basis geschaffen, dass die immer noch tabuisierten Themen „Antijudaismus“ und „Antisemitismus“, nicht unter den Tisch fallen. Ganz besonderen Dank schulde ich auch Herrn Nicolas Benzin, dem Präsidenten der Nicolas-Benzin-Stiftung für jüdische Kultur- und Medizingeschichte und der Giordano-Bruno-Gesellschaft in Frankfurt, der in den Mitteilungen und Beiträgen seiner Stiftung zahlreiche Beiträge von mir zur jüdischen Kultur- und Medizingeschichte veröffentlichte. Danken möchte ich auch dem Thieme-Verlag, dass er in der Weihnachtsausgabe der „Deutsche Medizinische Wochenschrift“ von 2010 zwei Beiträge von mir zum jüdischen Arzt Maimonides (1138-1204)4 aufnahm. Bei allen Anti-Ismen darf man aber nicht vergessen, dass es zu allen Zeiten nicht nur in den christlichen, teilweise auch den islamischen Staaten Menschen gab, welche die Juden nicht bekämpften, sondern ihnen wohlwollend gegenüberstanden. Es gab also in Antike, Mittelalter und Neuzeit sowohl auf christlicher als auch auf islamischer Seite nicht nur Anti-, sondern auch Philosemiten. Es wäre nun an der Zeit, auch die andere Seite der Münze mehr, als bisher praktiziert, hervorzukehren.

9 Einleitung Die Holocaustforschung fasst die Judenfeindlichkeit in Geschichte und Gegenwart sehr weit. Sie geht dabei wohl vom englischen Begriff „antisemitism“ aus, der im Grunde auch den nicht rassisch geprägten „Antijudaismus“ des Mittelalters umfasst. Die Abgrenzung von mittelalterlichem (und frühneuzeitlichen) Antijudaismus und modernem Antisemitismus wird dadurch erschwert, dass es auch in Spanien bereits im Hohen Mittelalter die pseudowissenschaftliche Lehre der limpieza, die Lehre vom „reinen Blut“ gab, welche auch von damaligen christlichen Ärzten vertreten wurde. Nach dieser ´Lehre´ hatten die Juden ein unreines Blut und sollen darum angeblich auch nicht geeignet gewesen sein, als konvertierte Christen, sog. Marranen, zu leben. Auch wenn also die Übergänge zwischen Antijudaismus und Antisemitismus sowohl zeitlich als auch sachlich fließend sind, möchte ich in dieser Abhandlung beide Begriffe verwenden. Es erscheint mir auch angesichts der gegenwärtigen Diskussion des islamischen „Antisemitismus“ bzw. „Antizionismus“ sehr problematisch, diesen Begriff auf die meist semitischen Moslems auszudehnen. Warum sollte ein semitischer Palästinenser oder ein muslimischer Araber Antisemit sein? Ein Araber ist ja selber ein Semit, also ein Angehöriger eines semitischen Volkes. Zudem darf man nicht außer Acht lassen, dass erstens das Arabische dem Aramäischen und Hebräischen, das viele Juden weltweit sprechen, sehr nahe verwandt ist, und dass zweitens der Koran ganz stark im Alten Testament verwurzelt ist. Der Allah des Korans ist zudem identisch mit dem Äloah (Mehrzahl „Elohim“) der hebräischen Bibel. In der modernen Antisemitismus- und Antizionismusdebatte werden Judenfeindlichkeit und Ablehnung des Staates Israel – die meisten Ablehner sind islamische Staaten - allzu leicht in einen Topf geworfen. Es gibt aber durchaus zahlreiche jüdische Intellektuelle, vor allem in Frankreich und USA, welche sich als Juden fühlen, aber trotzdem die Politik Israels kritisieren, oft sogar verurteilen, sich antizionistisch (nach Robert Wistrich), aber nicht judenfeindlich verhalten. In der Antisemitismus- und Holocaustdiskussion stehen bis heute die judenfeindlichen Aktionen in Mittelalter und Neuzeit im Vordergrund. Viel zu wenig ist bisher bekannt, dass es auch Zeiten gab, in welchen Christen, Juden und in Iberien auch Muslime, wenn man von der Epoche der Almohaden (vor allem 12. Jahrhundert) einmal absieht, weitgehend ohne größere Konflikte, zusammenlebten. Es gab auch Mitglieder der christlichen politi-

10 schen und religiösen Elite in Europa wie z.B. Kaiser Ludwig der Bayer, welche den Juden sehr positiv gegenüberstanden und als Philosemiten bezeichnet werden dürfen. In Iberien gab es nicht wenige katholische Bischöfe, welche jüdische Wurzeln haben. Selbst der Vater der heiligen Teresa von Avila wurde noch als Jude in Toledo (übrigens ein semitisches Wort) geboren. Bis in die neueste Zeit herein war bzw. ist nicht das Zusammenleben von Christen und Muslimen, sondern von Christen und Juden das zentrale Problem. Seit dem Mittelalter gibt es in vielen europäischen Staaten einen Antijudaismus oder später sogar Antisemitismus. Man kann aber nicht von einem ausgeprägten Antiislamismus der Christen oder Juden sprechen. Es gibt im Grunde auch bei den Juden, wenn man von Israel einmal absieht, keinen expliziten Hass gegen Islam und Muslime. Selbst wenn man in Israel oder z.T. auch anderswo einen Hass der Juden gegen Muslime konstatiert, so ist dieser auf gar keinen Fall als „Antiislamismus“, schon gar nicht im rassischen oder gar rassistischen Sinne, aufzufassen. Die Geschichte der letzten Jahrhunderte bietet allzu viele Beispiele für ein relativ harmonisches Zusammenleben von Juden und Muslimen, und zwar – bis ins 12. Jahrhundert hinein – nicht nur in Iberien. Auch unter der Herrschaft von Kaiser Friedrich II. (+ 1250), dem Hohenstaufen, lebten Juden, Christen und Muslime in Sizilien relativ harmonisch zusammen. Moritz Steinschneider weist nach, dass nicht nur in Spanien zahlreiche Juden antikes Kulturgut vor allem in arabischer, griechischer und lateinischer Sprache überlieferten. Abraham ibn Daud, 1110 in Cordova geboren, war der erste jüdische Aristoteliker noch vor Maimonides. Er war vor den islamischen Almohaden, die im Süden Spaniens herrschten, in die kastilische Hauptstadt geflohen, wo er 1180 auch starb. Der Universalgelehrte wirkte als jüdischer Chronist, Astronom, Mathematiker und Philosoph. Er war zutiefst davon überzeugt, dass Glaube an Gott und Wissen miteinander vereinbar seien. Zusammen mit Dominicus Gundissalinus, „dem führenden Vertreter der Übersetzerschule von Toledo“5, übersetzte er mehrere arabische Werke ins Lateinische. Auch in den christlichen Königreichen und an den Königshöfen von Spanien trat das Lateinische immer mehr als die Sprache der Christen in Erscheinung. Nach wie vor wurde aber Arabisch auch an den christlichen Höfen gesprochen. Nicht zuletzt sephardisch-jüdische Gelehrte publizierten im 12. Jahrhundert in Arabisch. Zahlreiche jüdische Gelehrte wie z.B. Moses Maimonides (1138-1204), der große Theologe, Philosoph, Rechtsgelehrte und Mediziner, standen in mus-

11 limisch-arabischen Diensten. Maimonides publizierte seine zahlreichen medizinischen Werke in arabischer Sprache. Viele jüdische Gelehrte im muslimisch-arabischen Kulturraum nahmen sogar arabische Namen an. Es scheint, dass sie keine Probleme damit hatten, jüdisch zu glauben und islamisch-arabisch zu leben. Fred Rosner, der in Haifa lebende Herausgeber und Übersetzer der ersten großen Gesamtausgabe des Werkes von Maimonides, widmete seine sechsbändige Edition6 König Hassan von Marokko. Es gibt also nach wie vor Juden und Muslime, welche sich gut verstehen. Es besteht also weder ein Antiislamismus von jüdischer noch ein wirklich fundamentaler weltanschaulich ausgerichteter Antisemitismus, wenn man vom Iran absieht, von islamisch-arabischer Seite. Auch die bereits Jahrzehnte währenden Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern in Israel / Palästina lassen sich nicht simplifizierend in diesem Sinne deuten.

12 Antijudaismus und Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit Noch immer ist nicht wirklich geklärt, was die Christen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit dazu brachte, den für das Frühmittelalter nachgewiesenen Weg einer relativ großen Toleranz gegenüber den Juden und der positiven Bewertung der Juden zu verlassen, ihre jüdischen Mitmenschen als Außenseiter zu betrachten und ihnen das Leben schwer zu machen. War es Neid den wirtschaftlich erfolgreichen Juden gegenüber? Oder gab es eine geheimnisvolle Katastrophe, wie Blöss7, Illig8, Friedrich9, Heinsohn10 und Däppen annehmen, ohne dass dies jedoch mit amtlichen Quellen ausreichend zu belegen ist? Oder war es primär die Katholische Kirche, welche das Judentum, den älteren Bruder, als lästigen religiösen Wettbewerber ausschalten wollte? Christoph Marx hat in seinem Aufsatz von 1996 noch vor Toppers Werk „Die Zeitfälschung“ neue Argumente für die große Katastrophe, den sogenannten „Letzten Großen Ruck“, allerdings ohne überzeugende Quellennachweise, vorgebracht.11 Uwe Topper erklärt in seinem 13. Kapitel „Die Katastrophenerklärung“ die Entstehung des Christentums und Judentums im späten Mittelalter mit dieser aktenmäßig nicht nachweisbaren großen Katastrophe im Sinne der Kataklysmustheorie. Er versuchte in verschiedenen seiner Werke mit archäologisch-kunstgeschichtlichen Argumenten den Nachweis zu erbringen, „dass das Christentum nach einer ungeheuren Katastrophe entstanden sein muss“12, ohne jedoch ausführlicher und gezielt auf die frühgeschichtlichen Quellen des Christentums, wie z.B. die Qumranfunde, einzugehen. Er geht dabei nicht von einer planetaren Katastrophe aus, sondern hält eine „Umkehrung der Pole, und zwar eine doppelte, das heißt mit anschließender Wiederherstellung der ursprünglichen Situation“13, für wahrscheinlich.14 Wenig beachtet blieb bis heute der psychologische Ansatz von Delumeau, welcher mehr als bisherige Autoren psychologische Erklärungsmodelle für die große Pestkatastrophe und damit auch für den zunehmenden Antijudaismus des späten Mittelalters liefert. Er zeigt, dass die religiöse, soziale und wirtschaftliche Entwicklung des späten Mittelalters ganz wesentlich von Faktoren wie Angst, Furcht, Massenpsychose und sozialer Isolation geprägt ist. In dieser Atmosphäre des großen Kulturzerfalls verlieren auch die christlichen Normen im täglichen Zusammenleben der Menschen weitgehend ihre Wirksamkeit, wie der folgende Bericht aus Portugal zeigt. „Alle Gebote der Nächstenliebe und der Natur sind inmitten des Grauens untergegangen und vergessen, Kinder sind plötzlich von ihren Eltern getrennt, Frauen von ihren Männern, Brüder und Freunde verlieren sich aus

13 den Augen – alle betrübt die Abwesenheit von Menschen, die man lebend verlässt und niemals wiedersehen wird. Die Männer verlieren ihren Mut und irren wie verzweifelte Blinde umher, die bei jedem Schritt über ihre Angst und ihre Widersprüchlichkeit stolpern. Die Frauen tragen mit ihren Tränen und Klagen dazu bei, die allgemeine Verwirrung und Verzweiflung noch zu vergrößern, und bitten um ein Heilmittel gegen eine Krankheit, gegen die nichts hilft. Die Kinder vergießen unschuldige Tränen, denn sie empfinden das Unglück nur und können es nicht begreifen.“15 Diese Aussage trifft nicht nur für Portugal zu, sondern wohl für alle Regionen Europas, welche von der Massenpest und ihren Begleiterscheinungen betroffen waren. Zu diesen Begleiterscheinungen der Pest gehörten auch die in zeitgenössischen Berichten immer wieder erwähnten Katastrophenphänomene wie schlechte Luft, verdorbenes Wasser und ungesunde Dämpfe, wie auch aus einem Gutachten über die Ursachen der Pest der medizinischen Fakultät der Universität Paris im 14. Jahrhundert hervorgeht.16 Dieses merkwürdige verschlüsselt anmutende Gutachten beschreibt in einer unmissverständlichen Sprache sogar eine größere globale Katastrophe, die in Form eines „verdorbenen Seewinds“ von Indien ihren Ausgang nahm und sich vorwiegend auf die europäischen Regionen Kreta, Makedonien, Ungarn, Albanien und Sizilien ausgewirkt haben soll.17 Nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen wird es immer wahrscheinlicher, dass es sich hier um eine Tsunami-Katastrophe handelt, welche sich „vor 550 bis 700 Jahren abgespielt haben muss“18. Dazu erbrachten im britischen Fachjournal „Nature“19 Naturwissenschaftler für Thailand und Indonesien stichfeste Beweise. Dieser spätmittelalterliche Tsunami hat wohl auch Indien in Mitleidenschaft gezogen. Die für Indonesien durchgeführten Korallenanalysen weisen nach, dass um 1350 herum „eine 40 Jahre dauernde Serie mit teils verheerenden Beben“20 und daraus folgenden Tsunamis im Indischen Ozean begann. Das Gutachten der Sorbonne (Universität Paris) ist also kein Hirngespinst. Das Projekt „Chronik der Naturereignisse“ hat übrigens für Westeuropa im 9. Jahrhundert in Verbindung mit dem Auftauchen von Kometen, Vulkanausbrüchen, Seuchen, Überschwemmungen, Missernten und mit Ungarneinfällen zahlreiche Erdbeben, auch im Rheintal, nachgewiesen.21 Es wäre zu untersuchen, ob diese Naturkatastrophen mit der Klimaerwärmung ab etwa 1000 u.Z. zurückgegangen sind. Die Chronik derer von Zimmern, die im Badischen saßen, überliefert glaubhaft, dass sich 1495 „ein großes Landsterben durch die ganze deutsche Nation verbreitete und besonders auch in Bayern und in München um sich griff, weshalb Herzog Albrecht mit seiner Gemahlin und allem Hofgesind

14 von München weichen und sich von einem Jagdschloß zum andern begeben musste.“ Auch den zum bairischen Hof nach München reitenden Johannes von Zimmern steckt die (schlechte) Luft an, „so daß ihn die Pest, als er ganz vergnügt im Bade saß, plötzlich ergriff.“ Als seine Krankheit immer schlimmer wurde, wandte er sich mit Hilfe der schwarzen Magie direkt an Gott. Ein guter Geist brachte ihm Hilfe und ließ ihn „den größten Teil seiner Bücher und Handschriften, die er zu Venedig mit großen Kosten gekauft hatte, vor seinen Augen verbrennen, und bat auch seinen vertrauten Diener, seinen Sohn zu beschwören, sich mit derlei Künsten nie einzulassen.“22 Die Pest ging also offensichtlich einher mit schlechter Luft, deren wirkliche Ursache aber nicht wirklich in den zeitgenössischen Quellen nachgewiesen ist. Was wir sicher wissen, ist die Tatsache, dass „die großen Gelehrten des 14. Jahrhunderts die Ursache der Pest mit atmosphärischen und letztlich gar astronomischen Erscheinungen in Zusammenhang brachten.“23 In Verbindung mit diesen spätmittelalterlichen Katastrophen muss man auch die 1350 durch den norwegischen Pfarrer Ivan Bardsen überlieferte Aussage ernst nehmen, „dass der bis vor kurzem noch übliche Seeweg nach Grönland damals kaum noch passierbar gewesen sei.“24 Es scheint, dass die Pest des 14. Jahrhunderts auch mit einer Verschlechterung des Klimas einherging. Aus der Sicht meiner Thematik stellt sich im Zusammenhang mit der eben geschilderten Massenpsychose jedoch die zentrale Frage, ob man aus der eventuellen Existenz einer totalen Katastrophe im 14. Jahrhundert, welche zumindest als Pestepidemie die damalige Kultur und Gesellschaft auf den Kopf gestellt hat, wie Topper den Schluss ziehen kann bzw. darf, dass das Christentum eine menschenfeindliche und –unterdrückende Religion hatte werden müssen. Selbst wenn die Entstehung des Christentums mit Zwang und Unterdrückung verbunden gewesen sein sollte, so ist doch die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass gerade in und nach der großen Pestkatastrophe die jüdisch-christliche Religion den verunsicherten Menschen neue Möglichkeiten geboten hat, die Folgen der Katastrophe zu bewältigen und neue Ziele zur Lösung der Zukunftsfragen in Angriff zu nehmen. Leider kennt auch unsere Gegenwart trotz demokratischer Verfassungen und formaler Rechtsstaatlichkeit25 grausame Zwänge, schreiende Ungerechtigkeiten und Unterdrückung, z.B. steuerliche Ausbeutung der Arbeitnehmer in Deutschland mit wachsender Kinderarmut (Stand 2010), Manipulation der Medien, Schikanen der staatlichen Bürokratie gegenüber Nichtmitgliedern der Eliten, selbst in Europa und USA, und nicht zuletzt zunehmende globale Versklavung, nicht zuletzt der Frauen26. Katastrophen

15 aller Arten und sich daraus ergebende wirtschaftliche Krisen korrelieren nicht nur in der Gegenwart, sondern korrelierten auch im Mittelalter mit religiösen und sozialen Unruhen, für welche seit eh und je Sündenböcke gesucht und gefunden wurden bzw. werden. Seit dem späten Mittelalter waren das vor allem christliche Ketzer, weibliche Hexen, Frauen überhaupt27 und nicht zuletzt die Juden. Eine entscheidende Zäsur in der Einstellung der ´Christen´, den ´Juden´ gegenüber stellt zweifellos das 3. und 4. Laterankonzil dar. Ich zitiere dazu Gustav Mensching: „Das 3. und 4. Laterankonzil von 1179 und 1215 - ich gehe von der amtlichen Datierung aus28 - stellte die Juden den Ketzern, also den religiös und sozial nicht Angepassten, gleich und verlangte eine vollständige Isolierung der Juden von den Christen. Kein Jude durfte einen christlichen Beruf ausüben. Diese Bestimmungen führten zur Errichtung der jüdischen Ghettos und dazu, dass die Juden eine besondere sie als Juden kenntlich machende Tracht verwenden mussten. Der Geschlechtsverkehr eines Juden mit einem Christen wurde mit dem Tod bestraft. Die Berufe, welche die Juden bis dahin ausgeübt hatten, nämlich Landwirtschaft, Handwerk und Heilkunde, wurden ihnen jetzt zunehmend verwehrt. Sie durften nur noch einen Beruf ausüben, den des Geldverleihers, den das 3. Laterankonzil als unmoralisch und für einen Christen nicht ausübbar gebrandmarkt hatte.“29 Das hinderte aber christliche Einrichtungen wie Pfarreien, christliche Bruderschaften und fromme Stiftungen nicht, Geld gegen Zins zu verleihen. Die gewährten Darlehen waren aber meist sehr langfristig. Mehr ins Detail gehend sind die Rechte und Pflichten der Juden und jüdisch-christlichen Beziehungen in den regionalen Rechtsbüchern geregelt. Im Freisinger Rechtsbuch von 1328 gibt es Bestimmungen, welche massiv in das Privatleben von Juden und Christen eingriffen und eine Konversion von Juden zum Christentum erschwerten. Christen durften keine jüdischen Speisen essen, keine Juden zu einer christlichen Brautfeier einladen oder gar mit ihnen baden. Juden durften keine christlichen Bediensteten halten und zu bestimmten christlichen Hochfesten ihre Häuser nicht verlassen. Türen und Fenster sollten verschlossen sein. Geradezu ehrverletzend war der jüdische Eid: Beim sog. Judeneid musste der Jude beim Schwur seine rechte Hand in eine genaue Abschrift des Pentateuchs beziehungsweise in eine Thorarolle“ legen. „Dabei stand er auf einer blutigen Schweinehaut.“30

16 Viele rechtliche die Juden betreffende Regelungen wurden über Jahrhunderte immer wieder von früheren Gesetzen wörtlich abgeschrieben, ohne dass sie eine faktische Auswirkung hatten. Das in den Laterankonzilien genannte Verbot des Geschlechtsverkehrs zwischen Juden und Christen wurde immer wieder übergangen. Es findet sich auch noch in der 2. Auflage des Codex Juris Bavarici Criminalis des Jahres 1771, also in einer Zeit, als selbst in Altbayern bereits eine Reihe von Juden nobilitiert und mit christlichen Frauen verheiratet waren. Es gibt auch bayerische Adelige, welche im 19. Jahrhundert jüdische Ehefrauen hatten. Der Kuriosität halber zitiere ich aus diesem Strafrecht des bayerischen Juristen Kreittmayr: § 10 Wer eine Gott geweyhte Person auch mit ihrer Einwilligung, in= oder außerhalb de Klosters wissentlich schwächt, wird mit dem Staubbesen gestraft. § 11 Die nämliche Straf hat statt, da man sich mit jüdischen, türkischen, oder andern unglaubigen Personen, wissentlich fleischlich vermischt.31 Gesetzliche Bestimmungen dieser Art finden sich seit dem Hochmittelalter immer wieder. Die hier schriftlich festgehaltenen Normen spiegeln aber in keiner Weise die ausschließliche Art und Weise wider, wie Christen und Juden, von Krisensituationen abgesehen, miteinander umgingen. Ich erinnere nur daran, dass der Philosoph Spinoza und der Sprachwissenschaftler Elia Levita geradezu freundschaftlich mit Christen verkehrten. Einige Freunde von Elia Levita waren sogar hochgestellte katholische Würdenträger in Italien, welche hebräische Sprache und Kultur zu schätzen wussten und sich nicht um Konzilsbeschlüsse des Mittelalters kümmerten. Der Antijudaismus des Mittelalters und der Neuzeit war in seiner ausgeprägten Ambivalenz kein primär religiöses Problem. Der religiöse Aspekt war jedoch eher noch im Mittelalter ausgeprägt. Es wurden ja nicht nur Juden verfolgt, sondern auch religiöse Minderheiten, sog. Häretiker, welche von der sakrosankten Kirchenlehre abwichen. Hinzu kommt noch die traurige Tatsache, dass im Mittelalter massenweise wohl auch wertvolle Dokumente der iberischen Arianer, Templer32, der Juden, der Katharer, Albigenser, Waldenser und anderer Abweichler dem Feuer preisgegeben worden oder sonstwie entsorgt worden sind. Der westgotische König Rekkared war wohl der erste, der diese Verbrennungsorgie Ende des 6. Jahrhunderts in Toledo eröffnete und sich mit der Vernichtung aller arianischen Bibeln und Lehrschriften bei Papst Gregor I. beliebt machen wollte.33 Er brauchte den Papst als Verbündeten gegen die Byzantiner, welche ihre Fühler auch nach Iberien ausstreckten. Mit dem gegenseitigen Austausch von Geschen-

17 ken wurde dieser Machtbund bestärkt und besiegelt. Den Papst störte es dabei überhaupt nicht, dass Rekkared zahlreiche Kriege gegen Franken, Burgunder, Byzantiner und Basken führte, vielfach sehr grausam gegen seine Feinde vorging und selbst vor Verstümmelungen nicht zurückschreckte. Auch der hl. Isidor von Sevilla ist voll des Lobes über die Kampfeslust und Kriegsliebe des Königs Rekkared und seiner stets kampflustigen Westgoten, die – so Isidor - „sich ihre Freiheit mehr durch Kampf als durch friedliche Unterhandlungen“34 bewahrten. Ein besonderes Lob spendete Papst Gregor, der angebliche Protektor der Juden, dem König Rekkared, „weil er allen Versuchen widerstand, ein von ihm erlassenes antijüdisches Gesetz von den Juden sich wieder abkaufen zu lassen.“35 Der Antijudaismus des Papstes äußerte sich allerdings, wie sich aus dieser Episode und vergleichbaren Aktionen ergibt, nicht offen, sondern in sublimierter, unterschwelliger Form. Die Kenntnis über die Arianer und andere ´Häretiker´ haben wir, abgesehen von einigen waldensischen Traktaten und einem einzigen Rituale der Katharer, „fast ausnahmslos aus den Schriften ihrer Gegner und Verfolger“.36 Diese Quellen vermitteln kein objektives Bild über die häretischen Bewegungen des Mittelalters. Ähnlich verhält es sich auch mit den Juden. Auch die Geschichte der Juden, vor allem des Mittelalters, ist sehr stark geprägt durch die oft einseitigen christlichen Quellen und Traditionen. Nach der weitestgehenden Vernichtung der Templer, Arianer, Albigenser, Waldenser und Katharer entlud sich der Hass der Massen voll auf die Juden. Die Vernichtung der Templer zu Beginn des 14. Jahrhunderts, wohl gegen 1312, ging in Frankreich Hand in Hand mit der Vertreibung von etwa 100.000 Juden. Es ist durchaus denkbar, dass ein großer Teil von ihnen sich der Provence und Avignon, welche damals noch nicht zum Herrschaftsbereich des französischen Königs gehörten, zuwandte.37 Vor allem in Krisenzeiten, wirtschaftlichen Notlagen und in der Zeit der Kreuzzüge38 blühte vor allem seit dem späten Mittelalter die antijüdische Legendenbildung. Unter dem Vorwand der christlichen Gesinnung artete der Neid der ungebildeten unteren Schichten und der Verarmten in Massenpsychosen mit Pogromen aus. Diese Pogrome ereigneten sich nicht gleichmäßig über das gesamte späte Mittelalter, sondern traten wohl im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Depressionen, vermutlich in Verbindung mit Missernten, in bestimmten Jahren geradezu zyklisch auf. Eine elsässische Chronik überliefert uns für die Zeit um 1400 herum, dass im gesamten Römischen Reich deutscher Nation den Juden vorgeworfen wur-

18 de, dass sie die Brunnen vergiftet und somit die Pest herbeigeführt hätten.39 Daraufhin verbrannte man die Juden in vielen Städten. Die antijüdischen Eiferer waren aber damit nicht zufrieden und schrieben Briefe nach Straßburg, Freiburg und Basel, mit der Aufforderung, dass man auch dort die Juden „abtun“ solle. Anfänglich wollten die Straßburger ihren Juden gar nichts antun, da sie gegen ihre Juden nichts Böses vorzubringen hatten. Der Druck der sog. öffentlichen Meinung war aber so stark, dass der Bischof von Straßburg, alle Landesherren des Elsass und die Vertreter der oberrheinischen Städte Straßburg, Basel und Freiburg auf einem Gerichtstag beschlossen, dass man die Juden ´abtun´ solle. Sie wurden also in vielen Städten auf den Druck der Straße hin verbrannt oder vertrieben. Die vertriebenen Juden wurden von den Bauern gefangen, erstochen oder ertränkt. Schon vor diesem Pogrom von 1400 waren viele Juden in allen Städten, Burgen und Dörfern Thüringens wegen angeblich nachgewiesener Quellenund Brunnenverseuchung umgebracht worden. Im März des Jahres soll die Bürgergemeinde von Erfurt hundert oder mehr Juden gegen den Willen des Rates der Stadt Erfurt erschlagen haben. Viele andere aber sollen, als sie merkten, dass sie den christlichen Fanatikern nicht mehr entkommen konnten, sich unter dem Beifall der Christen in ihren Häusern selbst verbrannt haben. Die Menschen dieser Zeit waren nicht nur wunder-, sondern auch leichtgläubig. Wenn eine Gemeinde mit dem Morden der Juden angefangen hatte, dann breitete sich diese Mordseuche, begünstigt durch die kritiklose Übernahme und Leichtgläubigkeit der Menschen, wie ein Steppenbrand aus. In den turbulenten, chaotischen Zeiten des späten Mittelalters war es leicht, Menschen, welche meist Analphabeten und ungebildet waren, glaubhaft zu machen, dass Juden christliche Kinder geschlachtet und verzehrt, Brunnen vergiftet hätten und damit die Hauptschuldigen für die Pest gewesen sein sollen. Harry Kühnel erschließt aus den zahlreichen Weistümern und Verboten, dass trotz der strengen Schutzvorschriften christliche Brunnennutzer, also nicht Juden, immer wieder ihre Brunnen verschmutzten. Es wurden nicht nur Windeln, Kleider und Tücher etc. an den Brunnen gewaschen, sondern auch krankes räudiges Vieh zur Tränke an die Brunnen geführt. Auch die Flüsse wurden immer wieder mit Unrat und Abfall belastet.40 Es ist also nicht verwunderlich, dass man angesichts dieser negativen „christlichen“ Einstellung zu Hygiene, Umwelt und Abfallbeseitigung, welche auch die gelegentliche Entsorgung von Unrat und Fäkalien in den Gassen nicht ausschloss41, den Juden die Vergiftung der Brunnen anlastete. Selbst im relativ hygienebewussten mittelalterlichen Freising wurden die alten öffent-

19 lichen Stadtbrunnen, die nicht nur durch die Abwässer der Haushalte, sondern auch der Gewerbebetriebe verschmutzt waren, „nur einmal jährlich gereinigt“42. Statt die Hygiene zu verbessern, suchte man damals die Ursachen von Pest und Epidemien nicht in der mangelnden Hygiene der christlichen Gemeinschaft, sondern schob lieber den Juden die Schuld in die Schuhe. Der ungeheuerlichste Vorwurf aus christlicher Sicht war aber die Hostienschändung. Der in der Zeit des zweiten Kreuzzugs (1147-1149) aufgekommene Glaube, dass die Juden als Gottesmörder sich an Jesus in der Gestalt von Brot und Wein vergriffen, „führt zum erstenmal 1243 in Beelitz nahe Berlin zu einem blutigen Zwischenfall: Mehrere jüdische Männer und Frauen wurden verbrannt, weil man ihnen dieses Vergehen vorwarf.“43 Die allgemeine Volksstimmung in den christlichen Staaten Europas war nicht nur in Berlin und Umgebung so extrem antijüdisch, so dass der Papst die Teilnehmer des von Bernhard von Clairvaux angeregten zweiten Kreuzzuges ausdrücklich ermahnte, „diesmal die Juden nicht zu erschlagen“44. Die allgemeine Volksstimmung war aber schon von dem ersten Kreuzzug (1096-1099) an so aufgeheizt, dass selbst die Ermahnung des Papstes nicht viel ausrichtete und Pogrome gegen Juden vor Antritt des Kreuzzuges eher zunahmen. Im Spätherbst 1095 hatte Papst Urban II. die katholischen Bischöfe zu einem concilium generale ins französische Clermont eingeladen. In seiner öffentlichen Ansprache vom 27. November 1095, welche der Papst „auf offenem Feld vor der Toren der Stadt“45 gehalten hatte, schilderte der Papst – so der Mediävist Peter Thorau - „die angebliche Unterdrückung und grausame Verfolgung der christlichen Brüder durch die Muslime“ im Vorderen Orient. Der Papst sah ganz offensichtlich in diesem 1. Kreuzzug nach Jerusalem ein Ventil „gegen bürgerkriegsähnliche Zustände im Abendland, wo Mord und Totschlag, Raub und Wegelagerei an der Tagesordnung seien“. Die europäischen Ritter motivierte der Papst mit der Aufforderung, sie sollten „um des ewigen Lebens willen gegen die Heiden ziehen“, gewissermaßen „als Akt der Buße“. Dafür würden „in der Stunde des Todes“ ihre Sünden erlöschen.“46 Man beachte: Der Papst und wohl auch viele Bischöfe sahen in den Muslimen Heiden. In seiner Kreuzzugsrede in Clermont verlangte der Papst von den christlichen Rittern nichts anderes als Krieg. Ein Angriffskrieg, wie es jeder Kreuzzug war, widerspricht sowohl dem Buchstaben als auch dem Geist des Neuen Testamentes. Papst Urban II. rechtfertigte seinen Kreuzzug mit

20 der problematischen Stelle bei Matthäus „Und wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig“. Der Begriff „Kreuzzug“ ist übrigens nicht mittelalterlich, er ist eine Schöpfung des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz aus dem 17. Jahrhundert. Die Zeitgenossen bezeichneten einen Kreuzzug meist als „Wallfahrt“ (peregrinatio), es kamen auch die Ausdrücke „Feldzug“ (expeditio) oder „Reise“ (iter) vor.47 Schon beim ersten Kreuzzug, konnten sich die teilnehmenden 50.000 Ritter und Kämpfer, meist Franken bzw. Franzosen, der Sündenvergebung des ewigen Lebens sicher sein. Bei der Eroberung von Jerusalem am 15. Juli 1099 richteten die Kreuzritter „unter der muslimischen und der jüdischen Bevölkerung ein gewaltiges Blutbad an, wohl 80 000 wurden weggemordet.“ Wie wenig die ´christliche´ Ritterschaft, welche bei dem in Jerusalem angerichteten Blutbad zwischen Juden und Muslimen keine Unterschiede machte, den Geist des Evangeliums begriffen hatte, beweist der folgende zeitgenössische Augenzeugenbericht: Nach dem Gemetzel „gingen die Unsrigen, glücklich und vor Freude weinend, hin, um das Grab unseres Erlösers zu verehren.“48 Es gab zwar später auch freundliche Beziehungen zwischen Kreuzfahrern und Einheimischen. Ein großer Lichtblick, eine „weltpolitische Sensation“49, waren die erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen zwischen Kaiser Friedrich II. und dem friedenswilligen muslimischen Sultan Malik al-Kamil. Dieser Friedensvertrag gab den Christen die Möglichkeit, die heiligen Stätten in Jerusalem, Nazareth und Bethlehem zu besuchen. Man sieht hier: Mit Diplomatie erreicht man mehr als mit Gewalt gegen Juden und Muslimen. Die ansonsten brutale Vorgehensweise gegen Juden und Muslime hatte ein Klima der Feindseligkeit bei den Muslimen gegen Fremde und Gegengewalt im Vorderen Orient erzeugt. Dieses richtete sich nicht gegen Christen allgemein, sondern gegen „hochaggressive Eindringlinge“.50 Auch der durch Georg W. Bush vom Zaun gebrochene Krieg gegen den Irak (2003) hat dazu geführt, dass die irakisch-aramäischen Christen, nicht nur im Irak, durch die Muslime zunehmend verfolgt und diskriminiert wurden und werden. Eine erstaunliche Parallele! 1291 fiel „in Akko die letzte Kreuzfahrerfestung“ an die Mameluken.51 Die Zeit der Verfolgung der Juden und Muslime im Vorderen Orient durch die westlichen Christen war damit vorbei. Die Aggressivität der Ritter und kirchlicher Potentaten, welche sich seit dem Ende des 11. Jahrhunderts für über 200 Jahre gegen Muslime und Juden im Heiligen Land austoben durf-

21 te, wandte sich nun wieder mehr den einheimischen Juden in Deutschland und Frankreich zu. Muslime gab es damals noch nicht in Europa, wenn man von Spanien und (seit dem 15. Jahrhundert) vom Balkan einmal absieht. Im Jahre 1298 A.D., also zu Ende des Hohen Mittelalters, entlud sich der Judenhass wieder einmal in Deutschland. Dazu Delumeau: „Wegen einer Hostienschändung wiegelt ein Einwohner von Röttingen die Bevölkerung auf. Alle Juden des Ortes werden niedergemacht. Die Mordbrenner ziehen sodann in Bayern und Franken von Stadt zu Stadt und töten alle Juden, die sich nicht bekehren. Niemals zuvor waren die Juden einer ganzen Region wegen eines (angeblich) von ihnen allein begangenen ´Verbrechens´ zur Verantwortung gezogen worden. Dies war der erste Genozid an Juden im christlichen Europa.“52 Weitere Kollektivmorde wegen Hostienschändung folgten vor allem in deutschen Landen. Ein christliches Flugblatt vom Jahre 1495 aus Passau zeigt in einem Zyklus von drei Bildern den Ablauf einer typischen Hostienschändung in der Form, wie sich die Masse der Leute, die sich für Christen hielten, das vorstellte. Im ersten Bild stiehlt der Christ Christoph acht Hostien aus einer Kirche. Anschließend geht er mit den Hostien zu einem Juden und verkauft diese für je einen Taler. Der Jude, der die Hostien gekauft hat, durchsticht die Hostie mit einem Gegenstand. Dann passiert das große Wunder: Die Hostie blutet. Diese Zunahme der Übergriffe auf die Juden wegen Hostienschändung hängen wohl deutlich mit der sich in Europa immer mehr verbreitenden Wertschätzung des Altarssakramentes zusammen. Damit wurde ein Klima erzeugt, welches die Judenverfolgung extrem begünstigte. Der Hass gegen die Juden entlud sich seit dem Mittelalter auch in der sog. christlichen Symbolik. So findet man an mittelalterlichen Kathedralen in ganz Europa die Verunglimpfung der Juden in der Figur der sog. Judensau, wohl auch ein Zeichen des Unverständnisses dafür, dass Juden es ablehnten, Schweinefleisch zu verzehren. Bei der Darstellung der Judensau am Regensburger Dom aus dem 14. Jahrhundert werden Menschen von einem Schwein gesäugt.53 Es ist leicht zu erkennen, dass es sich um Juden handelt. Der Glaube der Juden wurde mit solchen Darstellungen in Unkenntnis der jüdischen und christlichen Glaubensquellen auf die Ebene der Tierwelt projiziert.54 Dem jüdischen Glauben und der jüdischen Kultur, die direkt über das Alte Testament und über die heiligen jüdischen Bücher und indirekt über das Neue Testament und die Heiligen Schriften des Christentums (Paulusbriefe, Geheime Offenbarung etc.) die europäische Kultur geprägt haben, wurde

22 damit das göttlich-theologische Fundament abgesprochen. Jüdische Religion und Kultur wurden ins untermenschliche Abseits gestellt. Mit solchen Bildern sollten wohl auch Christen dahin gebracht werden, das Judentum als nicht attraktiv zu empfinden, durch die Abwertung des mosaischen Glaubens und somit durch die Herabsetzung von Außenstehenden und ´Fremden´ in ihrem christlichen Glauben bestärkt werden. Diese Reduktion und Herabwürdigung des jüdischen Glaubens auf die Ebene der Tierwelt war im Grunde, was den einfachen Menschen des späten Mittelalters nicht bewusst war, ein Verrat an der europäischen Tradition und eine Zerstörung der religiösen Wurzeln Europas. Dieses Zerstörungswerk, welches in Verbindung mit anderen religiösen und kulturellen Diskriminierungen (wie in den nächsten Zeilen beschrieben), übrigens nicht nur gegen die Juden, sondern auch gegen christliche Sekten wie Katharer, Albigenser und Waldenser praktiziert wurde, sollte sich im Laufe der weiteren Entwicklung Europas rächen und zu weiteren Eskalationen der Gewalt und zu immer grausameren Kriegen auch innerhalb der sog. Christenheit führen. Nicht zuletzt das blühende Kulturzentrum Occitanien55 im Südwesten von Frankreich, „die einzigste wirklich christliche Kultur Europas“, die sowohl durch die Minnekultur als auch durch die Religiosität der Katharer geprägt war, wurde durch zahlreiche von der Kirche initiierte Kreuzzüge ausgeraubt und zerstört. Auch der heilige Bernhard von Clairvaux beteiligte sich am Kampf gegen die Katharer, obwohl er so ehrlich war, zuzugeben, dass es „keine christlicheren Predigten als die ihren“ gab und „ihre Sitten rein“56 waren. Bernhard hatte hier wohl versehentlich den Katharern einen christlichen Stempel verpasst. „Eine Entwicklung, die zu einem wirklich freien und friedvolleren Europa hätte führen können, wurde für immer brutal unterdrückt.“57 Der 4. Kreuzzug unter dem studierten Juristen Papst Innozenz III. (Papst von 1198-1216), den dieser gemeinsam mit dem venezianischen Dogen Dandolo um 1202 durchführte, galt nicht nur Konstantinopel, sondern auch den Bogumilen in Bosnien und Kroatien. Auch in der Folgezeit richteten sich katholische Kreuzzüge gegen die balkanischen Bogumilen: Papst Honorius III. 1218, König Andreas II. von Ungarn 1235, Gregor IX., Papst von 1227 bis 1241, um 1238, Bonifaz VIII., Papst von 1294-1303, um 1295, und Johannes XXII., Papst von 1316-1334, noch im Jahre 1319. Selbst das Basler Konzil von 1431-1449 beschloss einen Kreuzzug gegen die „Bosnische Häresie“. Die hier auf dem Balkan wirksame und über die Langobarden ausstrahlende Lehre der Bogumilen wirkte maßgeblich nicht nur auf Kultur und Religion von Norditalien und Südfrankreich. Bogumili-

23 sche Ideen finden sich nicht nur beim Ketzer-Revolutionär Arnold von Brescia, beim kalabresischen Abt Joachim von Fiore, auch Dante di Alighieri könnte „von Nachklängen dieser Bewegung beeinflusst worden sein.“ Denn Dantes Vater wurde der Zugehörigkeit zum Bogumilentum bezichtigt und zu Tode gestürzt.58 Selbst der von der römischen Kirche vereinnahmte Heilige Franziskus lässt „bogumilische Züge“ erkennen und ist nach Bordeaux-Székely auch von der Spiritualität der Essener59, welche im 1. Jahrhundert nach Chr. ein zurückgezogenes Leben in Qumran in Palästina führten, geprägt. Die Amtskirche war sich des bogumilisch-essenischen Geistes des Franciscus und der Franziskaner durchaus bewusst, denn „seine treuesten Schüler (Spiritualen genannt) wurden zu Hunderten auf den Scheiterhaufen der Inquisition verbrannt.“ Noch intensiver waren wohl die Kontakte der Bogumilen mit Südfrankreich. Hier entstanden neue christlichbogumilisch geprägte Religionsgemeinschaften wie die Katharer, Albigenser und Waldenser, welche die Amtskirche durch den sog. Albigenserkreuzzug (1209-1229) und nachfolgende Verfolgungen im Rahmen der Inquisition weitestgehend ausrottete.60 Trotzdem kam es 1299 in den Tälern der Pyrenäen zu einem Wiederaufleben der katharischen Bewegung, der veri Christiani, der „wahren Christen“. Zentrum war das Dorf Montaillou.61 „Die Anführer der Bewegung, darunter die Brüder Autier wurden 1309 und 1310 verbrannt, letzte inquisitorische Untersuchungen unternahm dort der Inquisitor Jacques Fournier (=der spätere Papst Benedikt XII.) bis 1325.“62 Der Geist der Bogumilen fand seinen Niederschlag auch in den „Gottesfreunden“ des Rheinlandes, in der böhmischen Hussitenbewegung und in weiterem Sinne auch in der Lutherischen Reformation. Im Albigenserkreuzzug von 1209 gingen die christlichen Kreuzritter mit brutaler Grausamkeit gegen die Katharer vor. Die am 22. Juli 1209 eingenommenen Stadt Béziers „wurde in Brand gesteckt und eingeäschert sowie praktisch die gesamte Bevölkerung, etwa 20.000 Menschen, in einem Massaker getötet.“ Der päpstliche Gesandte Abt Arnaud-Amaury soll den Kreuzfahrern auf die Frage, wie sie denn die Ketzer von den normalen Bewohnern unterscheiden sollten, geantwortet haben: Tötet sie alle! Gott kennt die Seinen schon (Caedite eos! Novit enim Dominus qui sunt eius). In Béziers starben somit Katharer wie Katholiken. Männer, Frauen und Kinder wurden gleichermaßen umgebracht, selbst wenn sie in Kirchen Schutz gesucht hatten. Die Nachricht von dem Blutbad ging schnell um und verbreitete Panik und Angst.“63 Der letzte bisher bekannte Katharer wurde 1342 in Florenz verhaftet.

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Abb. 1: Grabstein im Bogomilen-Friedhof von Radimlja bei Stolac in BosnienHerzegowina, Quelle: http://www.heiligenlexikon.de/Glossar/Bogomilen.html

Solche Genozide praktizierte die Amtskirche nicht einmal an den immer wieder verfolgen Juden. Hier ging man mit sublimeren Methoden vor. In manchen Regionen Europas mussten Juden den spitzen Judenhut tragen, welcher sie in der Öffentlichkeit als Juden kenntlich machen sollte. Die Darstellung dieses Judenhutes auf adeligen Wappen Bayerns im 15. Jahrhundert verdeutlicht, dass der Judenhut im Gegensatz zur Judensau etc. wohl nicht von Anfang an als Diskriminierung und negatives antijüdisches Symbol aufgefasst wurde. In vielen Kirchen des westlichen Christentums wurde die Figur der Synagoga als Symbol des Judentums der Ecclesia als Verkörperung der wahren christlichen Kirche gegenübergestellt. Dieses Bildmotiv „Synagoga und Ecclesia“ soll nach dem Wiener Kirchenhistoriker Alfred Raddatz (1928-2007) bereits Mitte des 9. Jahrhunderts (konventioneller Chronologie) im Westfrankenreich entstanden sein,64 wohl als Reaktion auf die judenfreundliche Politik der karolingischen Franken. Neben anderen Motiven und Symbolen (z.B. dem jüdischen Spitzhut) sollte es den Unglauben der Juden, die Judaeorum perfidia65, veranschaulichen. Die bekannteste Darstellung der beiden Symbolfiguren findet sich im Bamberger Dom, wohl zu Beginn des 11. Jahrhunderts geschaffen. Die Synagoga des Bamberger Domes erscheint dem Betrachter auf den ersten Blick nicht als negativ besetzte Figur. Sie erweckt eher den Eindruck einer edlen Dame, der Figur der Ecclesia in Größe und Auftreten ebenbürtig. Wenn man die Synagoga jedoch genauer betrachtet, dann fällt ein zarter Schleier auf, den der Künstler über ihre Augen gelegt hat. Dieser soll andeuten, dass die Synagoga als Verkörperung des Judentums blind ist für die wahre christliche Lehre. Nach dem 4. Laterankonzil von 1215 stellte man die Synagoga „fast nur noch mit zerbrochener Lanze und verbundenen Au-

25 gen“66 dar. Nach der Stauferzeit, in welcher die Idee der Concordia zwischen Ecclesia und Synagoga wiederauflebte, glitten christliche Darstellungen der Synagoga zunehmend ins Negative ab. Im Passionsfenster der Kathedrale von Chartres schießt gar ein Dämon (Teufel?) einen Pfeil ins Auge der Synagoga. Es häuften sich die Darstellungen, in welchen die Synagoga immer mehr aus dem Bereich der Heilsgeschichte des Alten und Neuen Testamentes ausgeschlossen wurde. Es gibt sogar Bilder und Plastiken, welche sie im gelben Gewand der Hure zeigen. Im späten Mittelalter wurde die Synagoga dann als Symbol des Landesverrats missbraucht. Man verdächtigte sie, mit den Türken zu konspirieren und selbst „mit dem Teufel im Bunde zu sein.“ In dieser Epoche des zunehmenden Chaos erscheint die Synagoga schließlich als schlecht gekleidetes altes Weib, körperlich ungepflegt und verwahrlost. „Im 14. Jahrhundert wird die Synagoge mit einem Turban bekleidet, um anzuzeigen, dass Juden nicht zum europäischen Kulturkreis gehören, oder sie erhält als Zugabe einen blutenden Bockskopf, das Zeichen eines ausschweifenden Lebens.“67 Eine Darstellung der Synagoga in Erfurt aus dem späten Mittelelter bringt die Kombination mehrerer antijüdischer Symbole in einem Vorgang. „Während Ecclesia auf einem Pferd mit Schild und eingelegter Lanze sitzt – zu sehen in einer Turnierszene an einer Chorstuhlwaage des Erfurter Doms Anfang des 15. Jahrhunderts reitet Synagoga, mit einem Judenhut bekleidet, auf einer Sau [Judensau] und wankt getroffen.“68 In diesen antijüdischen Symbolen wird sichtbar, dass dem Christentum des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit die Erkenntnis abhanden gekommen war, dass die Apostel auf den Schultern der Propheten stehen. Diese Aussage darf man sogar wörtlich nehmen. Denn neben Maria mit dem Jesuskind an zwei Fenstern unterhalb der Südrose der Kathedrale von Chartres befinden sich „die vier Evangelisten auf den Schultern der Propheten. An den fünf Fenstern unterhalb der Nordrose herrschen Gestalten aus dem Alten Testament vor.“69 Das Christentum hatte sich seitdem immer mehr von seinen Wurzeln entfernt und das Wichtigste bis weit in das 20. Jahrhundert hinein vergessen: „Juden und Christen brauchen einander und können aufeinander nicht verzichten, wenn der eine fällt, fällt der andere auch. Christen stehen auf den Schultern des Judentums wie die Propheten auf den Söhnen Abrahams.“70

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Abb. 2: Synagoga vom Bamberger Dom, Foto Dr. W. Kaltenstadler

In diesem Sinne bewirkten auch die verschiedenen Reformationen des Christentums von Luther, Calvi und Zwingli zu Beginn des 16. Jahrhunderts auf Dauer nicht eine wirkliche Rückkehr zu den jüdischen Wurzeln, sondern eher eine Verschlimmerung des Antijudaismus. Luther soll sogar vorgeschlagen haben, „die Synagogen anzuzünden, die Juden ihres Eigentums zu berauben, ihre heiligen Bücher zu konfiszieren und sie zur Zwangsarbeit zu verpflichten“.71 Der Objektivität zuliebe muss man allerdings hier festhalten, dass es schon vor Luther getaufte Juden wie Johannes Pfefferkorn, Pablo Christiani, Nicholas Donin und „andere getaufte Söhne Israels“ gab, die „vor christlichem Publikum als Kronzeugen gegen das Judentum aussagten.“72 Im 2. Dialog seiner Dialogi contra Judaeos (Dialoge gegen die Juden) bemühte sich der im Königreich Aragon geborene spanische Konvertit Petrus Alfonsi (1062-1110) mit sehr dubiosen Argumenten sogar, die Kollektivschuldthese der Juden am Tode von Jesus wissenschaftlich nachzuweisen.73 Luther geht allerdings noch über diesen jüdischen Antijudaismus hinaus. In einem seltsamen Widerspruch zu diesem lutherischen Judenhass steht allerdings die erstaunliche Tatsache, dass in den ersten Jahrzehnten nach der Reformation die Protestanten dem Alten Testament sehr nahe standen und dass auf den ersten reformatorischen Synoden alttestamentliche Texte gegenüber den Texten des Neuen Testamentes weitaus mehr Beachtung

27 fanden. Selbst zahlreiche katholische bayerische Barockprediger des 18. Jahrhunderts zitieren gerne und reichlich aus den Büchern des Alten Testamentes. Die biblischen Vornamen (z.B. Samuel und Daniel) erfreuten sich damals wieder großer Beliebtheit. So gibt es durchaus heute Gelehrte, welche die Entstehung des Protestantismus nicht mehr primär aus der Tatsache der Verweltlichung der Katholischen Kirche und Missbräuchen wie der Ablasslehre74 erklären, sondern mehr die Wirkung des wieder entdeckten jüdischen Geistes und der hebräischen Kultur als Entstehungsursachen herausstellen. Wie es aber dann später nach Etablierung des neuen Glaubens zu immer stärkeren antijüdischen Exzessen auch im Protestantismus gekommen ist und selbst dem späten Luther Judenfeindlichkeit angelastet wird, ist ein Rätsel, das nur schwer zu entziffern ist. Seit der frühen Neuzeit nahmen nun trotz der Errungenschaften der Reformation in fast ganz Europa in allen christlichen Konfessionen immer mehr die absurden Vorstellungen über die Juden – in seltsamer Korrelation mit dem Hexenwahn - überhand. Es gab kaum eine Stadt, in welcher man z. B. den Juden nicht immer wieder Ritualmorde an christlichen Kindern vorwarf.75 Vor allem in Spanien wurden häufig Ritualmordprozesse gegen Juden geführt.76 Wie haltlos diese Anschuldigungen waren, zeigt die Legende des angeblichen Tiroler Martyrers Anderl, die „eine literarische Fiktion ohne jede historische Glaubwürdigkeit ist. Das Konstrukt stammte wohl aus der Feder des in Trient geborenen, humanistisch gebildeten Hippolyt Guarinoni (1571-1654), Arzt in Schwaz und Hall in Tirol, der auch für die historisch nicht belegbare heilige Dienstmagd Notburga eine Vita verfasste.“77 Dieser italienische Humanist setzte die frei erfundene Geschichte in die Welt, dass Nürnberger Juden, die 1462 zur Bozner Messe unterwegs waren, den kleinen Anderl seinem Paten um einen „Hut voll Geld“ unter dem Vorwand abkauften, ihn „in der Fremde ausbilden zu lassen“. Diese Juden sollen nun den jungen Anderl getötet, rituell Blut abgezapft und seinen Leichnam auf einer Birke aufgehängt haben.78 Ein sehr ähnliches Schicksal wie den Juden war im minderheitenfeindlichen Abendland vom späten Mittelalter bis in die neueste Zeit den Zigeunern beschieden, deren Äußeres sich noch weit mehr als das der Juden von den Einheimischen unterschied. Ihre äußere Aufmachung, mit welcher sie sich von den Einheimischen unterschieden, machte sie von Anfang an verdächtig: „Sie hatten silberne Ringe an ihren Ohren hängen; sie waren am Leib ganz schwarz und hatten krause, schwarze Haare und ein unflätiges Ge-

28 sicht; sie trugen anstatt ihrer Kleider eine alte Decke, die über den Achseln zusammengebunden war.“79 Nicht selten wurden sie „von der Obrigkeit dann mittellos über die jeweilige Grenze gejagt.“80 Im Rahmen der immer mehr zunehmenden Verfolgung wurden sie dann schließlich im angeblich so menschenrechtlich orientierten 18. Jahrhundert, dem Jahrhundert der Erleuchtung, „generell vogelfrei“.81 Es waren also weder ihr Besitz noch ihr Leben sicher. Ihnen wurden noch weit mehr als der sesshaften Bevölkerung die Menschen- und Bürgerrechte verweigert, ja noch schlimmer. Übergriffe gegen sie wurden in der Regel zwar nicht direkt von Staats wegen inszeniert oder gerichtlich geahndet, genossen jedoch oft obrigkeitliches Wohlwollen und wurden geduldet.82 Nicht nur diese Beschreibung der Zigeuner durch Sebastian Münster Ende des 15. Jahrhunderts, sondern auch die der Juden im Mittelalter (Quelle 13. Jahrhundert) weicht von dem Bild ab, das uns aus der Neuzeit überliefert ist. Während Sebastian Münster die Nichtjuden als weiß und schön charakterisiert, erscheinen die Juden als schwarz und hässlich. Der „jüdischen Hässlichkeit“ wird die „christliche Schönheit“ gegenübergestellt. Für erstere liegen sogar talmudische Rechtfertigungen vor.83 Im Zeitraum des fürstlichen Absolutismus entstanden neue Quellen des Judenhasses. Denn da finanzierten Juden die aufwendigen Hof- und Staatsausgaben der Könige und Fürsten und zogen so den Hass der Bevölkerung auf sich. Die ihnen im Zeitalter der Aufklärung zugesicherten Rechte kamen jedoch meist nur den Juden zugute, die sich bekehrten und taufen ließen.84 Im Zeitalter des Absolutismus verzichtete man auf die im Mittelalter eingesetzten Methoden der Judenbekehrung, nämlich auf Bekehrungspredigten und Mysterienspiele. Den Christen, welche noch im späten Mittelalter mit diesen religiösen Instrumenten arbeiteten, muss man die ernste Absicht, die Juden zum wahren Glauben zu bekehren, attestieren. Erst im 15. und 16. Jahrhundert verschärfte sich der Ton gegenüber den Juden auch auf dem Theater. In den Komödien wurden die Juden lächerlich gemacht. Dem jüdischen Wucherer war nicht im Leben, aber auf der Bühne der Beifall sicher. „Die Judenfeindlichkeit ging also vom religiösen Theater aufs weltliche Theater über.“85 Diese negativen Bilder des Juden wurden in der Aufklärung durch die Sublimierung in den Herzen der Christen eher noch verschärft. In der Endphase der Aufklärung wandelte sich der Antijudaismus, der „keine deutsche Spezialität“ war, in Verbindung mit der zunehmenden Industrialisierung und Kapitalisierung der Wirtschaft immer mehr hin „zum gesell-

29 schaftlichen Antisemitismus, der die Juden als Schmarotzer und Wucherer stigmatisierte“86. Noch weniger als die Juden kamen die Zigeuner in der Epoche der Aufklärung und des Liberalismus in den Genuss der Menschenund Bürgerrechte. Die Emanzipation der Juden und ihr zunehmendes Engagement in bisher verbotenen Berufen erzeugten vor allem beim sog. christlichen Mittelstand Emotionen der Angst und des Neides. Ihr sozialer Aufstieg und ihr beruflicher Erfolg wurden als Bedrohung empfunden. Die christlich-bürgerliche Gesellschaft zog aus ihrer Angst die falschen Konsequenzen. Anstatt einen Gesinnungswandel zu vollziehen und sich dem Wettbewerb zu stellen, war man auf allen Ebenen bestrebt, die lästigen Emporkömmlinge auszuschalten und ihren Einfluss mit legalen und illegalen Mitteln, auch der Politik, zu reduzieren, wo immer es möglich war. Die Philosophie der Aufklärung war auch im Bereich der Judenfrage nie bei den bürgerlichen Schichten wirklich angekommen. Die Aufklärung hatte es nicht geschafft, eine treibende Kraft in Gesellschaft und Politik zu werden. Die Masse des Volkes erreichte sie ohnehin nie, wie die Persiflage einer falsch verstandenen Aufklärung und eines nicht begriffenen Liberalismus in „Krieg den Philistern“ von Joseph Freiherr von Eichendorff in erschreckender Weise zeigt. Aus der Sicht der Minderheiten, auch der Juden, muss also das Wirken der Aufklärung des 18. Jahrhunderts neu geschrieben werden. Diese Aussage wird wohl den Protest einiger Historiker hervorrufen, da es bis heute geradezu als historisches Axiom gegolten hat, dass Juden und andere Minderheiten seit der Aufklärung den Christen bzw. denen, die sich dafür hielten, in ganz Europa, zumindest rechtlich, gleichgestellt worden waren. In besonderem Maße sollen Französische Revolution und das darauffolgende Napoleonische System die Werte und Normen der Aufklärung in die politische und soziale Realität umgesetzt und nicht zuletzt den Juden größere gesellschaftliche Spielräume verschafft haben. Aber gerade das von Napoleon geschaffene System, das auch fast überall in Deutschland etabliert worden war, zeigt, wie krass der Unterschied von Theorie und Praxis sein kann. Dazu habe ich ein sprechendes Beispiel in der Biographie von Napoleon I. von August Fournier entdeckt. Was hier gesagt wird, ist so bezeichnend, dass ich Fournier selbst zu Wort kommen lasse: „Eine besondere Erscheinung in den öffentlichen Missständen, die schon vor dem Krieg mit Preußen die Aufmerksamkeit Napoleons gefesselt hatte, was das stetige Elend der Landbevölkerung in den östlichen Departements, deren Ursache man endlich in der Ausbeutung durch den Wucher der Juden

30 erkannte. Seitdem nämlich die Nationalversammlung im Jahre 1791 den Israeliten die gleichen bürgerlichen Rechte mit allen übrigen Franzosen eingeräumt hatte, waren von Osten her aus der Fremde jüdische Händler herbeigeströmt, die sich in den Rheindepartements niederließen und hier meist wucherische Geldgeschäfte betrieben. Nach einem offiziellen Bericht, den der Minister des Innern im April 1807 an Napoleon erstattete, betrugen allein im elsässischen Departement Oberrhein die Schuldsummen, die sie seit 1799 auf Hypotheken zu fordern hatten, bei 23 bis 30 Millionen Franken, und Marschall Kellermann bezeichnete mit mehr als 70 Prozent den von ihnen gewöhnlichen verlangten Zins, so daß alljährlich für anderthalb Millionen Franken zwangsweise Versteigerungen von Bauerngut vorgenommen wurden.“87 Dieser Text ist in eine scheinbar objektive Form gekleidet. Gerade darum bedarf er der Interpretation. Wir finden hier das jahrhundertealte Klischee, dass die Juden an wirtschaftlichen Krisen schuld seien. Nicht eigene Unfähigkeit der deutschen und französischen Untertanen, nicht die fürstlichen Ausbeuter und die adelige Führungsschicht der „östlichen Departements“, also der westdeutschen Gebiete88, sind demnach die Ursache des stetigen Elends der Landbevölkerung, sondern der „Wucher der Juden“. Das Eindringen der jüdischen Händler „aus der Fremde“ ins Rheindepartement erinnert an den Überfall von Heuschreckenschwärmen. Man könnte geradezu des Glaubens sein, dass die Juden mit ihren „wucherische[n] Geldgeschäfte[n]“ den westdeutschen Landbewohnern schaden wollten und diese sich gegen die bösen Juden nicht wehren konnten. Sehr bezeichnend ist, dass man die hohen Schuldsummen in den deutschsprachigen Gebieten des Napoleonischen Kaiserreiches ohne weiteres den Juden in die Schuhe schob, ohne sich zu fragen, welche wahren Ursachen zu einer so gigantischen Verschuldung führen konnten. Die Schuldner haben doch nicht den Juden zuliebe sich mit so hohen Schulden überhäuft, sondern es waren wirtschaftspolitische Versäumnisse und Fehler des Ancien Regime und des Napoleonischen Systems, welche die armen Leute auf dem Lande in die Verschuldung zwangen. Der Vorwurf, dass Juden Wucherzinsen nehmen, ist uralt. In Zeiten einer hohen Inflationsrate mit einem so gut wie nicht vorhandenen Bankensystem (wenn man vom Kreditgeschäft der Pfarreien und frommen Stiftungen absieht) fixierten nicht die jüdischen Geldhändler den hohen Zins von angeblich 70 Prozent. Das hohe geschäftliche und volkswirtschaftliche Risiko machte so hohe Zinsen notwendig. Wir kennen so hohe Zinssätze auch aus den südamerikanischen Staaten der Gegenwart als Folge instabiler inflationärer Wirtschaftssysteme. Noch eine wichtige Aussage

31 enthält diese Quelle – fast en passant. Es ist die Rede vom stetigen Elend der Landbevölkerung „in den östlichen Departements“, also in den östlichen deutschsprachigen Gebieten des Napoleonischen Reiches. Diese Stelle zeigt, dass Deutschland zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch weit entfernt war, das wirtschaftlich führende Land Europas zu sein. Wie geht es nun weiter? Der gesellschaftliche Druck der ´aufgeklärten´ Franzosen auf Napoleon wurde so stark, dass dieser sich gezwungen sah, gegen die Juden und deren Finanzgeschäfte etwas zu unternehmen. Napoleon musste handeln. Zuerst wurden im Falle von Grundschulden alle Zwangsverkäufe für ein Jahr ausgesetzt. Als besondere Demonstration seiner Macht berief Napoleon eine Versammlung jüdischer Rabbis und „Notablen“ ein, welche den Wucher als strafwürdig zu erklären hatten. Dann wurde der große Sanhedrin, die höchste Autorität in jüdischen Glaubenssachen, nach Paris einberufen. Diese Versammlung im Februar und März 1807 untersagte „in einer Reihe von Beschlüssen den Glaubensgenossen den Wucherzins als sündhaft“89 und gab zur Beruhigung der französischen Bevölkerung den jüdischen Glaubensgenossen noch weitere gute Ratschläge, z.B. sich statt im Geldhandel zu betätigen lieber Grundbesitz zu erwerben. Damit war aber Napoleon noch nicht zufrieden und nach seiner Heimkehr nach Frankreich ließ er ein Ausnahmegesetz für die jüdische Bevölkerung ausarbeiten, das folgende Bestimmungen enthielt: Ein “Zins von über 5 Prozent soll behördlich reduziert, ein solcher von über 10 Prozent90 als wucherisch erklärt und die Schuld annulliert werden; kein Jude darf ohne behördlichen Erlaubnisschein Geschäfte machen, keiner ohne notariellen Akt auf Faustpfänder leihen; Juden, die zur Stunde, da das Dekret gesetzeskräftig wird – es wurde am 17. März 1808 verkündet – noch nicht im Elsaß ansässig sind, dürfen sich dort nicht niederlassen, und in den anderen Departements nur dann, wenn sie Grund und Boden erwerben; jeder Jude unterliegt der Wehrpflicht und entbehrt des Rechtes, einen Stellvertreter zu stellen. Kein Zweifel, das Gesetz stand der Verfassung und dem Code Napoléon entgegen. Aber es tat seine Wirkung.“91 Napoleons Biograph leugnet nicht die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes in einer Epoche, in welcher man auf Verfassungen aller Arten höchsten Wert legte. Auch in der Zeit nach der Aufklärung wurde also das Prinzip angewendet, das man zu Unrecht stets den Jesuiten in die Schuhe schob: Der Zweck heiligt die Mittel. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte der sog. gesunde Volksverstand aus dieser Quelle den Eindruck gewinnen, dass Napoleon sehr vernünftig han-

32 delte. Sein Vorgehen ist auf jeden Fall pragmatisch in dem Sinne, dass er mit diesen Maßnahmen seine Macht erhalten hat. Wenn man die Quelle aber kritisch und zwischen den Zeilen analysiert, dann kann man sich dem Eindruck nicht entziehen, dass der Antijudaismus hier in einer sublimierten Form auftritt nach dem Motto: Wir haben ja nichts gegen die Juden, aber wenn die Juden nicht in unser Land gekommen wären, dann hätten wir nicht so hohe Schulden. Wir hätten keine so hohen Schulden, wenn die Juden nicht so einen hohen Zins verlangen würden. Wenn wir keine so hohen Zinsen zahlen müssten, würde es uns nicht so miserabel gehen. Zur viel zitierten Aussage von Treitschke „Die Juden sind unser Unglück“92 ist also kein weiter Weg mehr. Der Antisemitismus – die neue Dimension des Judenhasses Treitschke stand mit dieser Meinung in Preußen, das damals bereits Teil des „Deutschen Reiches“ war, nicht allein da. Die Menschen waren, wie Richard Evans in seinem Werk zum „Dritten Reich“ festhält, in Deutschland „nicht antisemitischer gewesen als viele seiner Nachbarländer“93. Der trotz der Aufklärung des 18. Jahrhunderts latente Antijudaismus des 19. Jahrhunderts war in Deutschland im Wesentlichen nur unterbrochen in der sog. Gründerzeit nach der Errichtung des Preußisch-Deutschen Reiches (1871). Diese wenigen wahrhaft liberalen Jahre wurden vor allem getragen vom Nationalliberalismus. In dieser politischen Bewegung wirkte „jene parteipolitische Strömung des (noch) liberalen Bürgertums, auf das sich Bismarck zusammen mit der militärisch-aristokratischen Elite bei der Errichtung des Reiches bis 1879 stützte“.94 Der wirtschaftliche Boom in Verbindung mit der Reichsgründung hatte dann auch zur rechtlichen und politischen Emanzipation der Juden geführt. Sie wurde durchgesetzt von den Nationalliberalen im Jahre 1869 bzw. 1871. In dieser Zeit, welche relativ frei war von antijüdischen Ressentiments, „gelang es einem großen Teil der etwa 470 000 Juden im Reich, die damals 1,2 % der Gesamtbevölkerung ausmachten, in gesichertere Mittelstandspositionen aufzusteigen.“95 Auch die politisch-rechtliche Emanzipation konnte nicht verhindern, dass viele Berufe und wirtschaftliche Sektoren den Juden nach wie vor verschlossen blieben. Trotzdem zählten sie im frühen Kaiserreich zur wirtschafts- und bildungsbürgerlichen Oberschicht. Es ist allerdings unverkennbar, dass seit der Reichsgründung von 1870/71 Nationalismus, Militarismus und Antisemitismus zunehmend das Weltbild der deutschen Eliten prägten. Es gab nur wenige mutige Mitglieder der deutschen Elite, die sich offen gegen diese unheilvolle Entwicklung

33 wandten. Einer dieser wenigen war König Ludwig II. von Bayern, der in seinem Brief vom 19. November 1971 an Prinz Luitpold die „ansteckende Pest des unseligen Deutsch-Schwindels“96, ein sehr plastischer Ausdruck für Nationalismus, anprangerte wie auch Antisemitismus und Militarismus kategorisch verachtete. Bei genauem Hinschauen findet man also selbst in den Anfängen der Reichsgründung weder eine wirkliche Emanzipation der Juden noch eine echte Duldung der Juden durch die Christen bzw. durch die, welche sich dafür hielten. Diese aus der Aufklärung abgeleitete scheinbare christlich-jüdische Harmonie des 19. Jahrhunderts bekam dann deutlich sichtbare Risse mit dem Gründerkrach von 1873. Die Tatsache, dass die angeblich „vormals rückständigen Juden den krisenhaften Prozeß besser meisterten“97 als die sog. Christen, führte zu dem unsinnigen Schluss, dass die Juden als Prototypen des kapitalistischen Systems an diesem wirtschaftlichen Zusammenbruch schuld seien. Diesen den Juden vorgehaltenen extremen Liberalismus, auch als Manchesterliberalismus bezeichnet, deuteten nicht wenige Vertreter der sog. christlichen Presse „als das Werk der gerade emanzipierten Juden.“98 Besonders typisch ist die antisemitisch orientierte Liberalismus- und Kapitalismuskritik von Otto Glagau in Berlin. Sie erinnert bereits in penetranter Weise an die hohlen Phrasen der Nationalsozialisten. Ich zitiere Glagau: „Das Judentum ist das angewandte, bis zum Extrem durchgeführte Manchestertum. Es kennt nur noch den Handel, und auch davon nur den Schacher und Wucher. Es arbeitet nicht selber, sondern lässt Andere für sich arbeiten, es handelt und spekuliert mit den Arbeits- und Geistesprodukten Anderer. Sein Zentrum ist die Börse (...) Als ein fremder Stamm steht es dem Deutschen Volk gegenüber und saugt ihm das Mark aus. Die soziale Frage ist wesentlich Gründer- und Judenfrage, alles übrige ist Schwindel.“99 Diese zunehmende Abkehr vom Liberalismus in Preußen und Deutschland ging Hand in Hand mit einem wachsenden Antisemitismus, der paradoxerweise parallel zur wachsenden Integration und Assimilation der Juden in Deutschland verlief.100 Dieser schreckte, wie das obige Zitat zeigt, vor den übelsten antijüdischen Klischees101 nicht zurück. Es ist sehr bezeichnend, dass auch Autoren, welche im Sinne der Toleranz- und Emanzipationsidee den Juden positiv gegenüberstanden, sich nicht ganz von diesen antijüdischen Stereotypen lösen konnten. Selbst der philosemitische Karl May war davon nicht ganz frei.102 Es gibt allerdings auch den anderen May. Dieser hierzulande viel Verkannte war seiner Zeit weit voraus, als er in seinem Wiener Vortrag von 1912 kurz vor seinem Tod sich zum Erbe Lessings und der Aufklärung bekannte: „Und Israel, das Volk Gottes! Was haben wir von

34 ihm überkommen und geerbt. Nie können wir genug dankbar sein!“103 Die philosemitische Rede von May wurde von den meisten deutschen und österreichischen Tageszeitungen mit Missfallen aufgenommen, wie der folgende Satz aus dem „Deutschen Volksblatt“ in Wien deutlich macht: „Leider machte May dem Judentum, das sehr stark vertreten war, ein Kompliment, indem er darauf hinwies, daß dem Judentum die größte Sehnsucht nach Erlösung innewohnte.“104 Es ist übrigens sehr bezeichnend, dass in Quellen und Informationen, welche wie der Artikel aus dem „Deutschen Volksblatt“ gegen Juden gerichtet sind, nicht von konkreten Juden, sondern vom „Judentum“ die Rede ist. Wir kennen dann im „Dritten Reich“ die berüchtigten Verallgemeinerungen in Verbindung mit dem „Judentum“ wie z.B.: „Das Judentum will die Weltherrschaft“ oder „Das Judentum ist unser Erbfeind“. In vielen Hetzschriften und –tiraden erfolgt diese Verabsolutierung auch durch den Gebrauch der Einzahl, so z.B. „Deutsche Hausfrau, trage dein Geld nicht zum Juden!“, „Kauft nicht beim Juden“, „Unsere Feinde sind nicht die Franzosen und Engländer, sondern einzig und allein der ewige Jude“, „Der Jude ist unser Unglück“, „Legt dem Juden das Handwerk“ und „Der Jude ist nicht ein Deutscher, sondern ein Täuscher, nicht ein Welscher, sondern ein Fälscher, nicht ein Bürger, sondern ein Würger“.105 Diese Verabsolutierung von Menschen und Reduzierung auf ein unilineares Schema ist genauso einseitig und problematisch wie das Bestreben, bestimmte Fehlentwicklungen der europäischen Geschichte nicht ganz konkret bestimmten Christen, sondern dem „Christentum“ in die Schuhe zu schieben. Wenn man solche globale Aggregate unreflektiert gebraucht und übernimmt, dann ist der Weg vom „...tum“ zum „...ismus“ nicht mehr weit. Es verwundert darum nicht, wenn der vor allem vom Juden- und Christentum ausgehende Multikulturalismus106 vielfach weltweit als Vorwand für einen zunehmenden Antijudaismus bzw. Antisemitismus dient und in steigendem Maße zu einer „Globalisierung des Antisemitismus“107 führt. Neben diesem offenen Antisemitismus gab es auch einen verdeckten Antisemitismus, dem sich auch Deutsche, welche den Juden wohlgesinnt waren, in einer antisemitisch aufgeladenen Atmosphäre kaum entziehen konnten. Zwischen nichtjüdischen und jüdischen Deutschen scheint ein unsichtbarer Graben existiert zu haben. Wie sehr sich ein solcher Graben auf die menschlichen Beziehungen auswirken konnte, zeigt die ergreifende Liebesgeschichte „Holunderblüte“ des deutschen Dichters Wilhelm Raabe (18311910. Die zarte Liebe zwischen dem Prager Judenmädchen Jemima und dem deutschen Medizinstudenten ist zum Scheitern verurteilt, bevor sie

35 begonnen hat. Die Vorurteile und Vorbehalte von beiden Seiten sind so stark, dass wahre menschliche Beziehungen im Keim erstickt werden. Die Liebe hat keine Chance. Symbolträchtig spielt sich das Geschehen vor allem auf dem alten Prager Judenfriedhof in der Josefsstadt in Prag ab.108 Es blieb in Deutschland aber nicht bei diesem versteckten unbewussten Antijudaismus. Der offene Judenhass wie auch der latente vielfach unterbewusste Antijudaismus, die sich vielfach auch als Hass gegen alles Christliche äußerten, gingen in weiten Teilen Europas bereits Ende des 19. Jahrhunderts mehr und mehr in einen darwinistisch-rassistischen Antisemitismus über,109 der sich vor allem als „Vorstellung von der rassischen Überlegenheit des eigenen Volkes“110 äußerte und als Rechtfertigung für die Unterdrückung anderer europäischer Staaten diente. Aus psychologischer Sicht beruhte dieser Antisemitismus auf pseudowissenschaftlichen Vorurteilen. Er leitet sich im Grunde aus der Angst der Wirtschaftsverlierer her, welche „sich von der neuen industriellen Revolution jener Jahre111 überrollt fühlten“ und den schnellen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufstieg der meisten Juden nicht verkrafteten: „Die Assimilation wurde als eine Form heimtückischer Unterwanderung angesehen, nicht als Bekenntnis zum Deutschtum – die Unlogik bei diesem Thema kannte keine Grenzen. Das führte sogar zu der Idee, es müsse da so etwas wie eine internationale Verschwörung vorliegen zwischen den Juden aus der Wall Street und denen im Kreml.“112 Selbst der Nichthistoriker kann hier ohne nähere Analyse erkennen, dass im Wesentlichen alle Elemente und Faktoren des rassistisch-darwinistischen Antisemitismus des NS-Systems „schon aus der Zeit Kaiser Wilhelms II. und danach hergeleitet werden“113, wie Evans in seinem Werk zum „Dritten Reich“ immer wieder betont. Arbeiten wie die von Evans haben das Verdienst, erkannt zu haben, dass es auch beim Antjudaismus der Kaiserzeit im Grunde trotz der oft christlichen Wortwahl in Predigten und christlichen Zeitschriften nicht um christliches Gedankengut gegangen ist. Nicht nur in katholischen Blättern wie der Germania, sondern auch in der extrem reaktionären protestantischen Kreuzzeitung, häuften sich antisemitische Artikel. Diese wandten sich in gleicher Weise gegen die Juden wie auch gegen den angeblich primär von den Juden geprägten Liberalismus. Hier profilierte sich vor allem der protestantische Hofprediger Adolf Stoecker recht unrühmlich als Feind der Juden. Seine 1878 gegründete Partei war ausgesprochen antisemitisch, antiliberal und antisozialistisch. Sein „deutsch-christlicher Gottesstaat“114 war

36 aber alles andere als christlich. Dieser Geistliche sah im Mammonismus und Materialismus seiner Zeit Produkte des jüdischen Liberalismus. Das folgende Zitat von Stoecker zeigt, dass Glagau mit seinen antisemitischen Äußerungen kein Einzelfall in Preußen war: Das „jüdische Trachten nach Gold und Geld, diese Gier nach Gewinn und Genuß (...), dieser jüdische Kampf gegen alles, was heilig und unverletzlich ist, gegen alle Hoheit und Majestät im Himmel und auf Erden, dieses jüdische Wesen ist ein Gifttropfen in dem Herzen unseres deutschen Volkes. Wenn wir gesunden wollen, wenn wir unsere deutsche Volkstümlichkeit festhalten wollen, müssen wir den giftigen Tropfen der Juden aus unserem Blut loswerden.“115 Von dieser Einstellung eines protestantischen Predigers führte geradezu konsequent ein direkter Weg zu den deutschchristlichen Theologen und der Bewegung einer deutschen Kirche. Selbst in der „Bekennenden Kirche“ in der Zeit des nationalsozialistischen Regimes perfektionierte man die „wirksame[n] Strategie der Leugnung oder Abwertung der jüdischen Wurzeln des Christentums“. Die Versuche des deutsch-jüdischen Historikers Raphael Straus, der sich gegen eine solche Verdeutschung und Entjudung des Christentums stemmte, waren ein Kampf gegen Windmühlenflügel. „Mit seiner friedlichen, auf Toleranz und gegenseitige Achtung von Judentum und Christentum gerichteten Darstellung hielt Straus den christlichen Kirchen den Spiegel vor und machte auf die Deformation aufmerksam, die das Christentum durch den Antisemitismus an sich selbst erlitt.“ Die von ihm aufgezeigten „Perspektiven einer zukünftigen Begegnung der beiden Religionen“ [des Juden- und Christentums] fielen auf unfruchtbaren Boden.116 Es blieb nicht bei dieser religiösen Ausgrenzung der Juden und alles Jüdischen aus den protestantischen Konfessionen. Nach Thomas Greif, der nach „den Spuren des fränkischen Landjudentums“ forscht, ging nicht selten „die Stimmungsmache vom örtlichen Pfarrhaus aus.“ Der Brief des protestantischen Pfarrers Johannes Mathias Groß aus Uehlfeld im Aischgrund von 1719 an seinen Landesherrn war im 18. Jahrhundert sicher kein Einzelfall: „Der hiesige Orth könnte ein gesegneter und glückseliger Ort seyn, wann nicht dieses arge Geschmeiß der Juden solchen dergestald ruinierte, dass zuletzt dessen völliges Verderben durch dieselben zu besorgen seyn wird.“117 Die Befürchtungen des Pfarrers bestätigten sich nicht. Denn dieser Ort ist bis heute nicht verdorben. Von den antijüdischen, vordergründig betrachtet, antireligiösen Klischees und Vorurteilen in Kirche und Gesellschaft selbst

37 im relativ toleranten Franken war kein weiter Weg mehr zum rassistischen Antisemitismus, dessen Wurzeln bereits deutlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland erkennbar sind. Das Jahr 1883 ist, was den Antisemitismus betrifft, ein besonderes Jahr. In diesem Jahr tritt nicht nur erstmals der Blut- und Bodenwahn auf den Plan, sondern ein unbekannter jüdischer Autor, der zum Christentum konvertiert war, äußert sich anonym in einem Werk, welches bisher der Öffentlichkeit unbekannt geblieben ist.118 Viele seiner Aussagen haben die Ereignisse und Entwicklungen bis zum Holocaust hin vorweggenommen. Der jüdischchristliche Autor erkannte den Neid auf jüdischen Reichtum und Wohlstand als die wahre Wurzel des Antisemitismus. Ein so intelligenter Mensch wie der General Helmuth von Moltke gab diese kollektiven deutschen Grundübel, nämlich Neid, Missgunst und Kurzsichtigkeit, die bei der Analyse der Wurzeln des Antisemitismus nicht unterschlagen werden dürfen, in erstaunlicher Offenheit zu: „Das deutsche Volk ist doch in seiner Gesamtheit eine erbärmliche Gesellschaft, (..) Ohne eine Spur von Großzügigkeit, kleinlich, hämisch, voller Neid und Missgunst, gehässig und kurzsichtig. (..) Überall wird heruntergerissen, mit Schmutz beworfen, verleumdet und gelogen, und das alles unter dem Mantel tugendhafter Entrüstung. Heuchelei … Egoismus und krasser Materialismus.“119 Nicht zuletzt mit dem „Mantel tugendhafter Entrüstung“ hat Moltke einen wunden Punkt der deutschen Politik- und Sozialkultur getroffen. Solche tugendhaften Entrüstungen scheinen hierzulande unausrottbar zu sein, wie das politische Mobbing des deutschen Verteidigungsministers Karl Theodor Freiherr von Guttenberg im Februar und März 2011 verdeutlicht. Große Teile der moralisch ´entrüsteten´ deutschen Presse haben in seltener Eintracht mit der politischen Opposition (SPD, Grüne und Linke) und mit einigen CDU-Abgeordneten den Verteidigungsminister wegen eines nicht geleugneten groben Unterschleifs in seiner juristischen Dissertation an der Universität Bayreuth aus dem Amt gemobbt. So viel „Sauberkeitsmoral“ in einem Land, in welchem ein revolutionärer Straßenkämpfer wie Joschka Fischer Außenminister werden konnte und ´erfolgreiche´ Banker und Manager den Staat bisher ungestraft um Milliarden betrogen, mutet seltsam an. Der Fall „Guttenberg“ im Jahre 2011 zeigt wieder einmal, dass im Lande des selbst ernannten „Moral-Primus Europas“ (Robert Walser, Dichter)120 moralische Grundsätze wieder einmal als Vorwand der Machtsteigerung dienen. Ein solcher „Sieg der Moral“ zu Gunsten der politischen Opposition

38 und zur Erhöhung der Einschaltquote der Fernsehanstalten ist wegen seiner Missachtung des rechtsstaatlichen Prinzips der Verhältnismäßigkeit auf längere Sicht eine Niederlage für die politische Kultur eines Landes. Es stellt sich gerade an dieser Stelle die Frage: Haben Medien und Politiker das Recht, den einen Fall zu rügen und bei oft schwereren Fällen wie z.B. bei Verfehlungen von Oberstaatsanwälten wie in Köln (Siehe „Spiegel“ 2010) zu schweigen oder zur Tagesordnung überzugehen? Es sei mir auch die Frage erlaubt, warum Theodor von Guttenberg so heftig angegriffen wurde, aber die Professoren der juristischen Fakultät der Universität Bayreuth und vor allem der Doktorvater von Guttenberg nicht wegen der Verletzung ihrer Aufsichtspflicht gerügt wurden. Hierzulande hat die Methode, mit zweierlei Maß zu messen, also eine lange Tradition. Die wahren Wurzeln des Antisemitismus, nämlich Kurzsichtigkeit, Neid, Missgunst und Scheinmoral, findet man jedoch nicht als offiziell erkannte Motive in den antisemitischen Schriften des 19. Jahrhunderts. Diese Schriften stellen in einer totalen Verzerrung der jüdischen Kultur vielmehr den jüdischen Geist „als einen höchst inferioren, ihren Charakter als einen unrettbar verworfenen hin.“121 Es wurde also auch damals schon die Moralkeule gegen jüdisch-deutsche Mitbürger geschwungen. Mit wahrhaft prophetischem Geist sieht der „Anonymus“ von 1883, der jüdisch-christliche Verfasser einer anonymen Schrift, die weitere antisemitische Entwicklung voraus: „Vorerst will man zur Erhöhung des Gemeinwohls vielleicht nur ihre Gleichstellung aufheben: aber wer wird leugnen, daß der Jude, wenn er in seiner Freiheit schädlich war, auch im Ghetto nicht nützlich sein kann, und daß es nur consequent wäre, wenn man ihn zur weiteren Erhöhung des Gemeinwohles vertreiben oder tödten würde? Hat man sich erst mit dem Gedanken befreundet, statt euch zu bessern, euch zu unterdrücken und so am Begriffe der Menschenrechte sich zu versündigen, wer wird es dann noch mit dem Grade dieser Versündigung genau nehmen? Wer zur Notwehr greift, bekümmert sich wenig darum, ob er seinen Gegner blos kampfunfähig mache oder erschlage; und ebenso wenig werden die fremden Völker, wenn sie euch erst für das schlechthin Böse ansehen, sich ein Gewissen daraus machen, euch mit Ruthen oder mit Scorpionen zu züchtigen. Die Parole ist also: ihr seid Verbrecher an der Gesellschaft und als solche habt ihr das Ärgste zu befürchten.“122 Eine große Gefahr für die Juden sieht der anonyme jüdisch-christliche Autor von 1883 auch in der mangelnden Zivilcourage der meisten Nichtjuden

39 bzw. Christen in Deutschland. Dieses Defizit an Mut gilt nicht zuletzt für die deutschen Hochschullehrer des 19. und 20. Jahrhunderts mit ganz wenigen Ausnahmen wie z.B. Friedrich Wilhelm Foerster, Professor für Pädagogik an der Universität München in den Jahren 1914-1920. Er zog es vor, 1920 zurückzutreten und aus Deutschland zu emigrieren. Dieser Wissenschaftler, der in seinen Vorlesungen und Publikationen den wachsenden Nationalismus und Militarismus ablehnte, fühlte sich von den ´ordnungsliebenden´ professoralen Kollegen, welche ihn als Unruhestifter – in vermeintlicher juristischer Korrektheit - ablehnten, zunehmend im Stich gelassen.123 Viele Deutsche, erkennt der Anonymus mit klarem Blick, „beschönigen nämlich ihre ´erhabene Gleichgiltigkeit´ auch damit, daß die Niederträchtigkeit der antisemitischen Bewegung ganz offenkundig sei und mit keiner anderen Waffe als derjenigen einer stillschweigenden Verachtung bekämpft zu werden verdiene! Die gelegentlichen, wohlgemeint, aber mit zu professorenhafter Kühlheit gesprochenen Äußerungen hervorragender Christen erwärmen und überzeugen Niemand und sickern überdies gar nicht hinab in jene Schichten, für die sie bestimmt sein sollten.“124 Da die Juden also von den Christen (und solche, die sich dafür halten) keine große Hilfe zu erwarten hätten, müssten die Juden ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und sich wehren, wenn Schlimmeres verhütet werden solle.125 Auch von Polizei und Regierung könne man keine Hilfe erwarten. Denn die Mächtigen der Politik sind ohnmächtig, da sie im Grunde immer stärker von den Interessen ihrer Wähler abhängig werden. Der Verfasser weist im weiteren Fortgang seines Buches auf die positiven Seiten und Eigenschaften der Juden wie z.B. Prinzip der Innerlichkeit, Familiensinn, Traditionsbewusstsein, Nüchternheit, Flexibilität, ökonomisches Talent, Sparsamkeit etc. hin und zeigt auf, dass sich diese Eigenschaften sehr gut mit denjenigen der germanischen Völker vertragen würden. Er betont im Besonderen die verwandten Seiten von Juden und Germanen, welche auch dazu beigetragen hätten, dass die germanischen Völker so schnell das Christentum angenommen hätten.126 Dem Ideal der altjüdischen Friedensidee, welche sich in der „Verbrüderung aller Menschen als der Kinder Eines Vaters“ äußert, stellt er den „Staatsegoismus“ gegenüber, wie er sich in seiner Gegenwart im Nationalismus, Imperialismus und Antisemitismus manifestiert. Die Idee der Humanität leitet der Autor zu Recht nicht nur von der griechischen Philosophie, sondern auch aus den heiligen Büchern des Judentums ab.127

40 Der Anonymus von 1883 warnte in weiter und weiser Voraussicht die christlichen Deutschen davor, die Juden zu entrechten und zu diskriminieren. Denn damit bestehe die Gefahr, dass auch die deutschen Kolonisten, z.B. in Ungarn, das gleiche Schicksal erleiden könnten. Des Autors Worte dazu sind wahrhaft prophetisch, denn – so der Anonymus - „manche wirkliche Fehler der ´Schwaben´ und ´Franken´ wird man ins Riesige übertreiben und bald wird eine Anti-Germanen-Liga existiren überall dort, wo eine faule und ungebildete Bevölkerung der Intelligenz und dem Fleiß der Deutschen zu unterliegen droht.“128 Im Folgenden tritt der Autor dem im 19. Jahrhundert immer wieder gegen die Juden vorgebrachten Vorwurf entgegen, dass die Juden keine Deutschen seien und der deutschen Nation sich nicht verbunden fühlten. Dieses stereotype Klischee widerlegt der Verfasser an einem sehr schlagenden Beispiel, dem Fall „Wagner“, dem „nationalsten Künstler, den Deutschland je besessen hat.“ Er zeigt, dass Richard Wagner ganz massiv nicht nur von König Ludwig II., sondern auch von Juden unterstützt und gefördert worden ist: Richard Levy „dirigiert den katholisch-christlichen ´Parsifal´, Joseph Rubinstein verfasst den Klavierauszug des Werks“, Porges „besorgt die schriftstellerische Propaganda“, Leo Arnstein „gründet den Akademischen Wagnerverein in Leipzig“. Diese engagierte Förderung des Komponisten durch deutsche Juden hinderte Wagner aber nicht daran, Levy als Dirigenten des Münchner Hoftheaters für die Aufführung des ´Parsifal´ abzulehnen. König Ludwig II. stellte jedoch Wagner die Alternative, entweder die Oper mit Levy (auch: Levi) oder gar nicht aufführen zu lassen. Nach dem Einlenken von Wagner dankte ihm der bayerische König für seine Einsicht, „keinen Unterschied zwischen Christen und Juden bei der Aufführung Ihres großen, heiligen Werkes (zu) machen“.129 Diese offensichtlich antijüdischen Ressentiments und Vorurteile Wagners, welche übrigens künstlerisch nicht zu begründen waren, hält jedoch Daniel Barenboim, einen führenden Dirigenten des 21. Jahrhunderts, nicht davon ab, die noch heute in Israel tabuisierten Wagneropern auf der ganzen Welt zu dirigieren. Auch unser Anonymus verweist auf die bekannte, aber von den Antisemiten totgeschwiegene Tatsache, dass es kein Volk auf der Welt gibt, bei welchem die Gegensätze so ausgeprägt sind wie bei den Juden. Hier extreme Kommunisten, dort Kapitalisten; hier Nationalisten und selbst Antisemiten bzw. Antizionisten, dort Kosmopoliten. Und doch hält kein Volk der Welt so zäh an seinen Traditionen fest wie die Juden. Kultur und Sprache der

41 alten Griechen, Römer und deren Vorfahren haben schon lange aufgehört zu existieren. Doch die Juden haben noch dieselben Bräuche, Sitten und Gewohnheiten, z.B. Nahrungsgewohnheiten; sie sprechen noch bzw. wieder die gleiche Sprache. Moses und Aron könnten sich noch heute problemlos mit den hebräisch sprechenden Menschen der Gegenwart verständigen.130 Das zentrale jüdische Problem sieht der Autor in der Frage der Verschmelzung mit anderen Kulturnationen oder des Aufbaus einer eigenen Nation, z. B. „irgendwo in Asien“. Das Wort „Zionismus“ nach Herzl war 1883 noch unbekannt. Dennoch nimmt er Ideen von Herzl schon vorweg. In diesem Sinne gibt er zu bedenken, „daß eine Rückkehr nach einem wo immer gelegenen Palästina zu spät ist: hierzu bedürfte es eines neuen religiösen Princips, einer Botschaft, die man nicht nur hören, sondern an die man auch glauben müsste: Aber der Moses des neunzehnten Jahrhunderts wird jener Jude sein, dem es gelingt, seine Stammesgenossen nicht aus den anderen Nationen heraus – sondern in sie hineinzuführen.“ Der Autor plädiert also für die Assimilation der Juden in den europäischen Staaten, allerdings unter Beibehaltung ihrer Traditionen sowie kulturellen und religiösen Gewohnheiten. Das würde auch viele Juden, „die im Herzen christlich gesinnt sind“, zum Übertritt zum Christentum führen. Den anderen Weg, den des Zionismus, mit der Errichtung eines eigenen Nationalstaates, den Herzl eingeschlagen und Martin Buber131 so verhement abgelehnt hat, hält der anonyme Autor nicht für sinnvoll, da die meisten Juden, zumindest in Deutschland und Österreich, die jüdische Religion nicht mehr praktizierten. Dazu folgender lapidarer Satz: „Die heutige jüdische Confession ist die Confessionslosigkeit“. Aus diesem Denken heraus ist für ihn die Liebeslehre des Christentums bedeutsamer als die alttestamentliche Religion. Der Gottessohn des Neuen ist ihm wichtiger als der „allmächtige Gottvater“ des Alten Testaments.132 Semiten und Indogermanen könnten somit als „Stämme der kaukasischen Race“133 ohne Probleme unter dem gemeinsamen Dach des Christentums zusammenleben. Der anonyme Autor fasst das Christentum mehr als kulturellen denn als religiösen Faktor auf und sieht im Nationalismus und in Nationalstaaten weder eine Zukunft für die christlichen Staaten noch für die Juden. Damit war er seiner Zeit um Jahrzehnte voraus. Seine prophetischen Worte fielen in Deutschland aber nicht auf fruchtbaren Boden. Einen ganz anderen Weg gingen die deutschen Nationalisten. Diese wurden ganz entscheidend von den protestantisch-nationalistisch orientierten Geschichtsschreibern geprägt. Für diese war Geschichtswissenschaft primär nicht die Aufhellung der Vergangenheit im Sinne von Theodor Mommsen, sondern „spätestens

42 seit dem 19. Jahrhundert auch ein identitätsstiftender, nationalstaatlicher Religionsersatz.“134 Die extreme Konsequenz dieses von der nationalen Geschichte getragenen Nationalismus war in Verbindung mit einem völlig falsch interpretierten Darwinismus die Rassenideologie. Diese kursierte zwar auch in anderen Staaten Europas in den Köpfen so mancher Gelehrter, doch in Deutschland wurde sie mit der bekannten deutschen Gründlichkeit ´perfektioniert´ und schließlich im NS-System ad absurdum geführt. 1883, im gleichen Jahr, als das Buch des judenchristlichen Anonymus erschien, wagte sich die plump-rassistische Ideologie von Blut und Boden, welche noch über den intellektuellen Antisemitismus des Hofpredigers Stoecker hinausging, in der Berliner Bocksbrauerei an die Öffentlichkeit. Von dieser proletarischen Ideologie wurden wohl auch protestantische Intellektuelle wie Adolf Stoecker geprägt. Nach der wachsenden Lufthoheit über die Stammtische, nicht nur in Berlin, brachte Stoecker, der protestantische Prediger, dann auch noch das gehobene Bildungsbürgertum auf seinen antisemitischen Weg. Er lieferte im Grunde auch die Grundlagen für den nationalistisch orientierten Historiker Treitschke. Dieser renommierte preußische Historiker schaffte es, „antisemitische Ressentiments in höchsten Kreisen des Reiches salonfähig“135 zu machen. Der Schaden, den er damit politisch stiftete, war auf Grund seiner subtilen Vorgehensweise noch viel schlimmer als die plumpen Hetztiraden von Glagau, Stoecker und Konsorten, da nun gewissermaßen der Antisemitismus in den herrschenden Kreisen Deutschlands immer mehr zum guten Ton gehörte und die Juden als Unglücksbringer (frei nach Treitschke) stigmatisiert wurden. Die Äußerungen der Trivialantisemiten und des Historikers Treitschke blieben zwar in den Kreisen der Wissenschaft nicht ganz unwidersprochen. Doch die wenigen, welche gegen den antisemitischen Stachel löckten, standen dem vom Antisemitismus geprägten deutschen Zeitgeist zunehmend machtlos gegenüber. So verwundert es auch nicht, dass seit 1880 immer wieder organisierte Banden „´Juden raus!´ riefen, Geschäfte und Lokale demolierten und angeblich ´jüdisch aussehende´ Passanten drangsalierten.“136 Dieser von der Straße geprägte Antisemitismus führte zur Pervertierung der Idee der Emanzipation, einer fundamentalen Idee der Aufklärung. Diese Entwicklung macht auch deutlich, dass die Ideen der Aufklärung nicht wirklich in Deutschland Fuß gefasst hatten. In einer großangelegten spektakulären Unterschriftensammlung, der ´Antisemitenpetition´, strebte man „die Emanzipation [!] des deutschen Volkes von einer Art Fremdherrschaft“137 an. In dieser angeblich vom deutschen Volk getragenen Petition wurde „das Verbot, zumindest aber die Ein-

43 schränkung der Immigration ausländischer Juden, der Ausschluß der Juden von allen Regierungsstellen, die beschränkte Zulassung von Juden bei Gerichten, in den Schulen usw.“138 verlangt. Diese Petition mit über 200.000 Unterschriften wurde dann Bismarck überreicht, und dieser nahm sie tatsächlich an. Der Antisemitismus hatte sich trotz der Verbesserung der wirtschaftlichen Konjunktur Ende des 19. Jahrhunderts schon zu stark in die ´christlichen´ Herzen hineingefressen, konnte nun auch zunehmend in den Verbänden und Vereinen Fuß fassen und prägte „dort das politische Alltagsbewusstsein weiter Bevölkerungskreise“139. Es entwickelte sich hier ein antisemitischer Teufelskreis, aus welchem sich die Deutschen nicht mehr befreien konnten und wollten. In diesem Sinne waren, um eine bekannte Aussage des griechischen Geschichtsschreibers Herodot abzuwandeln, die von den Historikern viel beschworenen Faktoren wie der Erste Weltkrieg, der Friedensschluss von Versailles und die Weltwirtschaftskrise nicht die wahren Ursachen, sondern nur die äußeren Anlässe, welche schließlich die Steine ins Rollen brachten und zum Holocaust führten. Von diesem immer latent vorhandenen deutschen Antijudaismus des 18. und Antisemitismus des 19. Jahrhunderts führte der Weg in bitterer Konsequenz zum unwissenschaftlichen Rassen-Darwinismus und menschenverachtenden Kolonialismus. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts führte dieses ´Denken´ zum Völkermord an den Hereros in Südafrika und zur rassistischen Legitimation des antichristlichen politischen Darwinismus, nach welchem die Schwarzen in Afrika im Grunde keine Menschen, sondern wilde Tiere wären. In Deutsch-Südwest-Afrika wurden Anfang des 20. Jahrhunderts „auch die ersten deutschen Konzentrationslager eingerichtet. Dort wurden Herero[s] und Nama – im Kolonialistenjargon verächtlich ´Hottentotten´ genannt – eingepfercht; Männer, Frauen und Kinder gleichermaßen.“140 Bereits hier bei der Behandlung der Schwarzen wurde deutlich, dass das Christentum als Religion schon längst durch die Pseudoreligion des Darwinismus, „die moderne Gegenreligion“141, verdrängt worden und „zu einer Karikatur seiner selbst“142 geworden war. Eine besondere Form des Rassismus nahm schon relativ früh ihren Ausgang von Großbritannien. Vom 17. Jahrhundert bis etwa 1967 wurden zwangsweise „etwa 150.000 Kinder nach Australien, Kanada und in andere frühere Kolonien gebracht, die meisten von ihnen ab Ende des 19. Jahrhunderts.“ Es handelte sich dabei meist um Kinder von alleinstehenden Müttern oder armen Familien. Viele der deportierten Kinder wurden belogen und es wurde ihnen vorgemacht, dass sie Waisen seien. Geschwister durften z.B. in Australien in der Regel nicht zusammenbleiben, sie wurden gleich nach

44 ihrer Ankunft voneinander getrennt. Dass sie mindestens so schlimm wie Sklaven behandelt wurden, versteht sich – dem Ungeist der damaligen Zeit entsprechend – von selbst. Diese Deportationen „von weißem Bestand“ dienten nach Auffassung einer Untersuchung des britischen Parlamentes von 1998 nicht nur einer Entlastung des britischen Sozialsystems, sondern auch der rassischen Auffrischung der Kolonialbevölkerung. Die australische Regierung hat sich für diesen rassisch motivierten Antihumanismus zwar entschuldigt, weigert sich aber nach wie vor konstant, die heute noch lebenden Opfer, von den Nachkommen verstorbener Opfer ganz zu schweigen, zu entschädigen. London hat sich in der Entschädigungsfrage noch nicht festgelegt (Stand November 2009).143 Solches über Jahrhunderte praktiziertes vom Staat geduldetes Verhalten zeugt – wie so viele andere Sachverhalte der europäischen Geschichte – weder von einem in Gesellschaft und Politik umgesetzten Geist der Aufklärung noch von einer wirklichen Beachtung des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit, das auch hierzulande bei allen Gelegenheiten so gerne strapaziert wird. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang das weitgehende Schweigen der christlichen Kirchen zu solchen rassistischen Maßnahmen und überhaupt zu der immer mehr wachsenden antisemitischen Entwicklung, welche ursprünglich nicht auf Deutschland begrenzt war.144 Die Gelegenheit, schon damals den antihumanistischen Anfängen zu wehren, wurde sowohl von Seiten der Politik als auch der Kirchen versäumt. Es wurden nicht nur die wegweisenden Ideale des Alten, sondern auch des Neuen Testamentes verraten. Der Dekalog galt nur noch für ´germanische´ und ´reinrassige´ Christen, aber nicht für Juden und Zigeuner. Die Ideen von Toleranz, Freiheit und Gleichheit der Aufklärung hatten also nicht lange gehalten und sich in wenigen Jahrzehnten in ihr Gegenteil verkehrt. Der alte „Kannibalismus“ war also recht schnell durch den dünnen Firnis der Aufklärung gedrungen, als ob es nie einen Herder, Lessing oder Moses-Mendelsohn gegeben hätte. In diesem Sinne war der Antisemitismus145, wie oben dargestellt, anders als der mittelalterliche und neuzeitliche Antijudaismus ein Rassenantisemitismus146, im Grunde also rassistisch umgesetzter Darwinismus, der – übrigens wissenschaftlich unkorrekt - von der Ebene der Biologie auf die der Gesellschaft übertragen worden war. Die tiefere Ursache, warum Juden seit ihrer (rechtlichen) Emanzipation im 19. Jahrhundert zunehmend gehasst und geächtet wurden, liegt sicher darin, dass es ihnen gelang, trotz Jahrhunderte langer Benachteiligung und Ausgrenzung in Branchen und Bereiche einzudringen, welche bisher „Christen“ vorbehalten waren. Es gebärdeten sich allerdings auch Juden im Reichstag als Antisemiten. Selbst heute

45 gibt es in Frankreich und in den Vereinigten Staaten antizionistisch gesinnte Juden, die den Staat Israel ablehnen.147 Der deutsche Antisemitismus der NS-Zeit ging aber weit über den heute nicht nur von islamischer Seite praktizierten Antizionismus hinaus. Schließlich kam es in Deutschland, dem Land, das die Juden mehr liebten als jedes andere148, so weit, dass Juden als Undeutsche und als rassisch minderwertiger Fremdkörper betrachtet wurden. Im Dritten Reich waren es nicht Analphabeten, sondern gebildete Menschen und solche, die sich dafür hielten, welche Lügenmärchen für bare Münze nahmen, nämlich dass die Juden die germanische Rasse vernichten, das deutsche Kulturleben zersetzen wollten und über das Finanzjudentum nach der Weltherrschaft strebten. Solchen antisemitischen Lehren, verbreitet von falschen Propheten, erlagen in Deutschland nicht zuletzt die Intellektuellen und die sonstigen Mitglieder der Elite. Bis in die Anfänge des Nationalsozialismus hinein machten katholische Bauern Altbayerns eifrig Gebrauch von ihrem gesunden Menschenverstand in ihrer Einstellung den Juden gegenüber. Die unteren Führungsschichten der NS-Maschinerie hatten größte Mühe, die altbayerischen Bauern auf den nationalsozialistischen Weg zu bringen. Die Hallertauer Hopfenbauern standen noch weit bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein mit jüdischen Händlern in wirtschaftlichen Beziehungen, welche beiden Seiten zum höchsten Vorteil gereichten. Es gab zwischen beiden Parteien so gut wie keine Konflikte. Dazu bestand auch kein Grund, da die jüdischen Händler sich sehr reell verhielten sowie gut und pünktlich zahlten. Symptomatisch dafür ist die folgende Begebenheit, welche zeigt, dass im katholischen Bayern zwei Jahre nach der sog. Machtergreifung der NSDAP noch lange nicht alle Deutschen gleichgeschaltet waren. Die folgenden Zeilen sollen zudem die nationalsozialistische Gleichschaltung und Eliminierung der Juden aus der deutschen Gesellschaft an dem exemplarischen Fall eines Juden aus Fleisch und Blut, der in der altbayerischen Landschaft der Hallertau bodenständig und fest verankert war, veranschaulichen. Bei einer Bauernversammlung in Schrobenhausen im Jahre 1935 wütete der Schrobenhausener Kreisbauernführer Straub mit den üblichen Klischees gegen die Juden und vor allem gegen den allseits beliebten jüdischen Vieh- und Hopfenhändler Wilhelm Meinstein: „Es sei zum Verzweifeln, dass dieser nach Verbüßung seiner Haftstrafe wegen Devisenvergehen auf dem Pfaffenhofener Markt von Bauern umringt und voll Freude mit den Worten ´Willy, weilst nur Du wieder da bist!´ begrüßt worden sei. Auch in Schrobenhausen hätten sich Bauern auf dem Markt um Meinstein ´herumge-

46 drückt´. Glücklicherweise sei Meinstein nun nicht mehr da.“149 Meinstein war durch ein Krefelder Gericht zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, weil er „seinem in Amsterdam lebenden, schwerkranken Bruder das diesem zustehende Erbe überbringen“ wollte. Die Pfaffenhofener Ilmgau Zeitung spricht in ihrem Bericht vom 12.11.1933 mit Hochachtung von Meinstein, der „doch nur aus brüderlichem Empfinden gehandelt“ habe. Zu diesem positiven Urteil hat nicht nur die Beliebtheit von Meinstein in der Hallertauer Bevölkerung, sondern wohl auch die Tatsache beigetragen, dass der deutschnational eingestellte Meinstein den Ersten Weltkrieg mitgemacht hatte und Inhaber des Eisernen Kreuzes war. Außerdem war er ein exzellenter Fußballspieler und war als solcher für den FSV Pfaffenhofen aktiv. Nach der Verbüßung seiner Haft kehrte Meinstein Anfang 1935 wieder nach Pfaffenhofen zurück.150 Trotz seiner Beliebtheit in der Bevölkerung machten ihm aber die Nazis das Leben immer schwerer. Weil ihn die Frau des NS-Stadtrats Ludwig H. im Auto vom Bahnhof zum Hauptplatz in Pfaffenhofen mitgenommen hatte, kam Meinstein für kurze Zeit (wie auch Frau H.) noch einmal ins Gefängnis. Die Schikanen rissen nicht ab, Fensterscheiben wurden regelmäßig bei ihm eingeworfen, sogar seine Ermordung durch einen bestellten Killer war geplant. Meinstein hatte keine Angst. Doch der Hass der Nationalsozialisten zwang ihn schließlich, Deutschland zu verlassen. In der Nähe von Johannesburg erwarb er eine Farm. In den Jahren 1970 und 1972 (anlässlich der Olympischen Spiele in München) kam er wieder in seine alte Heimat und gab Leuten, die sich bei ihm entschuldigten, zu verstehen, dass er keinen Hass gegenüber den Menschen von Pfaffenhofen empfinde. Viel zu leiden hatte auch Meinsteins uneheliche Tochter Irmgard Lehner, welche er von seiner christlichen Haushälterin hatte. Die meisten Menschen in Pfaffenhofen, von der NS-Ideologie infiziert, machten keinen Unterschied zwischen Voll- und Halbjuden, welche nicht mehr als Deutsche galten.151 Im Zusammenhang mit der Verunglimpfung des Hopfen- und Viehhändlers Meinstein tauchten auch im Raum Pfaffenhofen die allgemein seit dem 19. Jahrhundert die im ganzen Reich ´kultivierten´ Vorurteile gegen Juden und Verzerrungen jüdischer Lebensart auf. Immer wieder gebrauchten vor allem die NS-Funktionäre in den deutschen Tageszeitungen Ausdrücke wie „Stinkjude“, „Saujude“, „kleine schmierige Rassejuden“, „Juden unerwünscht“. Um wirklich den letzten Deutschen von der moralischen Minderwertigkeit, Deutschfeindlichkeit und rassischen Andersartigkeit der Juden zu überzeugen, sollen seit 1939 Filme wie „Der ewige Jude“ und „Juden ohne Maske“ eine jüdische Moral zeigen, „die so viel bedeutet wie

47 Verbrechen, Neid, Zerschlagung jedweder Kultur und eines geordneten Staatenlebens.“152 Besonders ehrenrührig war der Vorwurf, dass Juden „das deutsche Kulturleben verhöhnen“ und jedwede Kultur zerschlagen, aber nicht auf die Hallertau beschränkt. Dieser Vorwurf zeugt auch von der ungeheuren Unkenntnis der Nationalsozialisten der deutschen Geschichte im Allgemeinen und der jüdischen Geschichte und Kultur im Besonderen. Meine diversen Abhandlungen zu den Quellen der europäischen Kultur widerlegen nicht nur solche antijüdischen Gemeinplätze, sondern zeigt vielmehr, dass die Juden zu allen Lebensbereichen, auch im kulturellen Sektor, über vele Jahrhunderte positive Beiträge leisteten und vor allem in Deutschland sich der deutschen Kultur und deutschen Nation immer verpflichtet und zugetan fühlten. Das beweist nicht nur der hohe Blutzoll deutscher Juden im Ersten Weltkrieg. Die Integration der Juden in deutsche Gesellschaft und Kultur ging sogar so weit, dass Juden wie Joseph Roth, der große österreichische Dichter, die „Arisierung“ des jüdischen Denkens153 anprangerten.154 Umso verwunderlicher ist, dass Judenhass und Antisemitismus in Deutschland immer unerträglichere Formen annahmen und eskalierten, ein Phänomen, welches selbst den Holocaustforschern noch ein Rätsel ist. Die antisemitische Eskalation ist unverkennbar Ausdruck der Zwangsläufigkeit einer Entwicklung, welche von einem falsch verstandenen und auf die Gesellschaft und Politik übertragenen Darwinismus ihren verhängnisvollen Ausgang genommen und sich in die Köpfe der deutschen Menschen hineingefressen hat. Es ist nicht zu leugnen, dass die große Mehrheit der Deutschen, selbst Freunde der Juden, wie in einer Epidemie vom antisemitistischen Bazillus angesteckt wurden. Nicht ganz zu Unrecht kommt somit Daniel Goldhagen155 in seinem berühmten Buch nach dem Resümee von Volker Ullrich in „Die Zeit“ zu der richtigen Erkenntnis, „daß die Mörder, die überdies freiwillig, wenn nicht mit Lust gemordet hätten, ganz normale Deutsche gewesen seien“. Die spezifische Form des eliminatorischen deutschen Antisemitismus habe „die deutsche Gesellschaft seit dem 19. Jahrhundert durchtränkt und den Judenmord zum ´nationalen Projekt´ der Deutschen gemacht“.156 Die These Goldhagens über die Deutschen als „willige Vollstrecker“ läuft auf eine deutsche Kollektivschuld beim Holocaust hinaus. Problematisch an einer solchen Kollektivschuldthese ist jedoch, dass nicht nur das Neue, sondern auch das Alte Testament menschliche Schuld grundsätzlich als persönliche Schuld begreift. Der deutsche Sozialhistoriker Wehler verwirft diese These von Goldhagen rigoros. Diese laufe schließlich darauf hinaus, „das Bedürfnis nach Judenvernichtung sei eine Art perverse

48 Veranlagung aller Deutschen“157. Diese Auffassung von Goldhagen geht noch über die extreme Auffassung von William S. Shirer hinaus, welcher unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkrieges im preußischen Militarismus die primäre Ursache des deutschen Holocaust vermutet hatte. Die zweite große Schwachstelle des Werkes von Goldhagen ist die Überheblichkeit des Autors, mit welcher er die gesamte bisherige Holocaustforschung als überholt hinstellt. So ist es nicht verwunderlich, dass sein provokantes Buch einige Befürworter, aber mehr Ablehner gefunden hat.158 Als Fazit des Goldhagen´schen Werkes komme ich persönlich zu der Erkenntnis, dass der Kreis der aktiven und passiven Täter im Dritten Reich doch größer war, als man bislang angenommen hatte. Im Grund sind ja Menschen, welche wider besseres Wissen schweigen, auch Täter. Man kann den sog. guten Deutschen, worauf der anonyme judenchristliche Anonymus von 1883 mehrfach hingewiesen hat, den Vorwurf nicht ersparen, dass sie seit dem Aufkeimen des rassistischen Antisemitismus im 19. Jahrhundert die gegen Juden eskalierenden vielfach perversen Lügenmärchen, Klischees und Vorurteile allzu selbstverständlich hingenommen und kaum etwas dagegen unternommen haben. Trotz Holocaust und Schoah gibt es in Deutschland bereits heute wieder eine ganze Menge von Leuten, für welche Juden trotz ihres Engagements für Deutschland, seine Sprache und Kultur keine Deutsche (mehr) sind. Diese Leute gehen modernen Fiktionen, Mythen und Fälschungen auf den Leim. Noch immer tauchen die eben beschriebenen Vorurteile gegen Juden, nicht zuletzt in Verbindung mit einer einseitigen Betrachtung der Nahostkrise, auf. Neue Lügenmärchen machen sich seit einigen Jahren vor allem wieder in Russland breit. Robert Wistrich159 macht in seinem Buch von 2010 darauf aufmerksam: Die russischen Neuheiden „reject the Jewish origins of Christianity and declare war on ´Zionist globalism.´”160 Sie sehen die gegenwärtige russische Reformperiode nur als Übergangsstadium “in the ancient and eternal struggle between heroic Aryan and cunning Semites, who used Christianity as a destructive tool to erase Russia´s true soul.“161 Die russischen Neuheiden leugnen auch den Holocaust. Die Holocaustleugnung ist zwar in Russland besonders ausgeprägt, beschränkt sich allerdings nicht auf Russland. Er ist nach wie vor ein globales Phänomen, das sogar in den USA vorkommt. Solche antisemitische und judenfeindliche Tendenzen findet man im Osten des wiedervereinigten Deutschlands noch eher als im Westen. Obwohl die protestantische Kirche der primäre Träger des Widerstandes gegen das

49 kommunistische Regime bis 1989 war, haben im Osten weitaus mehr Menschen den christlichen Kirchen den Rücken gekehrt oder sind nach der Wende aus der Kirche ausgetreten. Neonazistische Tendenzen treten in der lange Zeit vom russischen Kommunismus geprägten ehemaligen DDR weitaus häufiger in Erscheinung als in der alten BR Deutschland. Trotz der noch immer vorhandenen bzw. neu auftretenden antichristlichen Tendenzen im Osten des wiedervereinigten Deutschlands sieht man in den letzten Jahren Licht am Ende des Tunnels. Auch von jüdischer Seite wird das Bemühen des wiedervereinigten Landes, von seiner nationalsozialistischen und kommunistischen Vergangenheit (im Osten) abzurücken, respektiert und anerkannt. Rafael Seligmann räumt mit dem noch heute im Ausland herrschenden Vorurteil auf, dass Deutschland die Inkarnation des Antisemitismus gewesen sei. Er steht der deutschen Kultur und Sprache weitaus positiver gegenüber als z.B. der Amerikaner Daniel Goldhagen. Auch im gegenwärtigen Deutschland sieht er keine neuen nationalistischen oder nationalsozialistischen Tendenzen. Seine Aussagen zum Verhältnis von nichtjüdischen und jüdischen Deutschen, welche wohl auch durch die These von Goldhagen beeinflusst sind, gehen das Phänomen des Antisemitismus nicht von der moralischen oder politischen Ebene an: „Adolf Hitler und die Nazis waren kein Betriebsunfall der deutschen Geschichte. Sie waren eher das Produkt vielfacher deutscher Ängste. Die Deutschen waren keine eliminatorischen Antisemiten. Der pathologische Judenhass der Nazis war vielmehr Ausdruck der Unfähigkeit einer statischen Gesellschaft, sich den Herausforderungen der Zeit zu stellen. Da dies den Juden im Allgemeinen besser gelang, waren sie als Sündenbock prädestiniert.“162 Die religiöse und kulturelle Kooperation von Christen und Juden hat sich nach den schrecklichen Ereignissen des Holocaust und des 2. Weltkrieges trotz einiger Vorbehalte auf beiden Seiten in der Europäischen Union sehr zum Positiven entwickelt. Noch nicht ganz so weit sind die Kontakte zwischen Juden und Moslems einerseits sowie zwischen Christen und Moslems andererseits vorangekommen. Das folgende Kapitel jedoch zeigt, dass es durchaus Epochen einer friedlichen und verständnisvollen Kooperation gegeben hat.

50 Philosemitismus, christliche Duldung oder jüdisch-christliche Symbiose? Bei der Beurteilung der Juden durch die christliche Umwelt muss man sich, um zu einem objektiven Urteil zu gelangen, vor Augen halten, dass die uns überlieferten antijüdischen Gesetze, Regelungen, Erlasse weltlicher und kirchlicher Obrigkeiten nicht immer mit der tatsächlichen Behandlung jüdischer Menschen übereinstimmen. Vorindustrielle Epochen sind auch dadurch charakterisiert, dass gesetzliche Regelungen und Erlasse – noch mehr als heute - oft nur auf dem Papier standen und nicht befolgt wurden. ´Potemkinsche Dörfer´ gab es also nicht nur in Russland. Wenn wir die auf uns gekommenen Quellen zur jüdisch-christlichen Geschichte, welche vor dem industriellen Zeitalter allerdings nicht immer objektiv und zuverlässig sind, auswerten, dann stellt man mit Erstaunen fest, dass es durchaus Epochen in der europäischen Geschichte gab, in denen Juden von den Christen weitgehend toleriert wurden und in denen es sogar Ansätze einer christlichjüdischen Symbiose gab. Diese Phasen der Toleranz äußerten sich auch darin, dass sowohl Juden und Jüdinnen wie die heilige Teresa von Avila zum Christentum als auch Christen – vor allem auf dem Balkan und in Iberien – zum Judentum oder Islam konvertierten. Bei der Analyse der christlichen Toleranz im Mittelalter ist auch zu beachten, dass die tolerantia des Mittelalters nicht immer und überall dem heutigen Begriff „Toleranz“ entspricht, sondern bei vielen mittelalterlichen Autoren, wie z.B. bei Wilhelm von Tyrus (+ 1186) und dem Spanier Rodrigo Ximénes de Rada (+ 1247), auch durch humanitas, humanus, moderatio, moderatus, discretus, clementia (clemencia), patientia (pacientia), patiens (paciens) und pacificus wiedergegeben werden kann.163 Von einer Toleranz im Sinne einer Gleichwertigkeit und –behandlung der Juden und Moslems kann allerdings bis weit in die Neuzeit hinein keine Rede sein. Die Toleranz der vorindustriellen Gesellschaft läuft also weitestgehend auf eine Duldung der „Anderen“ wider bessere Überzeugung hinaus. Man musste die Juden und teilweise auch die iberischen Moslems schon deswegen dulden, weil vor allem die adelige und kirchliche Führungsschicht auf sie nicht zuletzt wirtschaftlich angewiesen war. Wirklich tolerant gegen die Juden waren selbst protestantische Fürsten nicht. Nur relativ wenige von ihnen waren wie z.B. der Große Kürfürst bereit, Juden und Kalvinisten aus rein pragmatischen Erwägungen ins Land zu lassen bzw. sogar zu rufen.164 Die Einsicht in die volkswirtschaftlichen Vorteile, die sich aus den wirtschaftlichen Aktivitäten der Juden ergaben, überwog in

51 solchen Fällen in der Regel die Abneigung gegen sie. Wenn sich Juden wie in den Niederlanden, in Polen, seit dem Großen Kurfürsten auch in der Mark Brandenburg und in Preußen seit dem 17. Jahrhundert eher als in anderen Ländern halten konnten, dann war das also nicht unbedingt Ausdruck menschlicher Toleranz oder gar christlicher Nächstenliebe. Beim Toleranzbild, das wir von der vorindustriellen Epoche haben, ist allerdings zu beachten, dass die Autoren, welche sich mit der Toleranz befassten, nicht primär die tolerante Realität historisch getreu abbildeten, sondern ihre persönlichen oft dogmatisch gebundenen Vorstellungen von der Toleranz überlieferten. Diese ist nicht die Toleranz des 21. Jahrhunderts, sondern einer Zeit, in welcher Katholizismus, Protestantismus oder Kalvinismus in den meisten Regionen Europas Monopolreligionen waren. Es galt noch bis weit ins 18. Jahrhundert hinein der höchst intolerante Grundsatz „Cuius regio eius religio“ (wörtlich: Wessen Region, dessen Religion“). Wenn der Fürst eine neue Religion annahm oder diese wechselte, dann mussten das auch die Untertanen tun. Soviel Intoleranz gab es allerdings nicht immer in Europa und schon gar nicht im alten Römischen Reich. Das relativ harmonische Zusammenleben der drei abrahamitischen Religionen in Iberien im frühen und teilweise noch im hohen Mittelalter und auf dem Balkan bis in die neueste Zeit ist eine leider begrenzte Ausnahmeerscheinung der europäischen Kultur geblieben. Als Historiker muss sich sehr davor hüten, geschichtliche Verhältnisse nur aus der Sicht der Normen- und Rechtssphäre zu betrachten. Sowohl aus jüdischer wie auch aus christlicher Sicht zeigt der Verlauf der mittelalterlichen und neuzeitlichen Geschichte, dass verschiedene Herrscher und Regenten sich nicht bzw. nicht immer an die Beschlüsse der Päpste, Bischöfe und anderer Potentaten hielten und Juden sogar als Hoffaktoren, Minister, Berater und Sprachlehrer, nicht zuletzt auf der iberischen Halbinsel im Mittelalter, einsetzten. Auch kleinere Herrschaften, z.B. in Franken und in Schwaben, wollten bzw. konnten auf solche jüdische Experten nicht verzichten. Selbst Königin Christine von Schweden (1626-1689) behielt nach ihrer Abdankung und Konversion zum Katholizismus (1655) ihren jüdischen Hoffaktor bei. Sie feierte mit „ihrem Juden“ sogar im Jahre 1667 in Hamburg die Krönung von Clemens IX. zum römischen Papst.165 Diese wenig bekannte Episode legt nahe, dass es zumindest seit dem 17. Jahrhundert eine friedliche Koexistenz von Vatikan und europäischem Judentum gegeben hat. Vor allem die europäischen Eliten wussten nicht nur das wirt-

52 schaftliche Know-how, sondern auch das intellektuelle Niveau der Juden sowie deren Vertrautheit mit dem Alten und Neuen Testament zu schätzen. Bei der Behandlung der Juden durch die europäischen Eliten gab es allerdings eine breite Skala: Getaufte Juden, Konvertiten, wurden anders behandelt als nicht getaufte, wohlhabende anders als arme. Aus den rigiden Vorschriften des Freisinger Rechtsbuches, welche die rechtlichen Beziehungen zwischen Juden und Christen minimierten, könnte ein Historiker, der die rechtliche Normierung der sozialen Realität gleichsetzen würde, auf die Idee kommen, dass den Juden bereits im Hohen Mittelalter jeglicher Eintritt in die ´bessere´ christliche Gesellschaft und der soziale Aufstieg völlig unmöglich geworden war. Dieses „Freisinger Rechtsbuch“ von 1328, das sich auf den Bayerischen Landfrieden von 1300, das Augsburger Stadtrecht (1276/1281) und vor allem auf den Schwabenspiegel stützt, enthält „hauptsächlich Vorschriften über Diebstahl, Erbrecht und die Juden“. In diesem Buch mit insgesamt 278 Artikeln werden Juden in vielen Punkten mit Christen gleichbehandelt, z.B. im Fall von Totschlag. Wichtig erscheint mir die Bestimmung, dass Juden nicht zwangskonvertiert werden durften. Allerdings waren Konvertierte voll ins bürgerliche Leben integriert und es wurde von Seiten der Christen alles getan, z.B. durch Sammlungen in Kirchen, dass der getaufte Jude wegen „leiblicher Not“ nicht mehr ins Judentum zurückfalle.166 Bestimmungen zu den Juden finden sich auch in „Des Kaisers Buch“, im oberbayerischen Landrecht von Kaiser Ludwig dem Bayern aus dem Jahre 1346. Der Art. 184a über die Juden wurde seltsamerweise später aus den Handschriften getilgt.167 Er wurde wohl als zu judenfreundlich empfunden. Wie wenig gesetzliche und rechtliche Regelungen jüdischer Angelegenheiten der Realität entsprechen, zeigt der „Zufallsfund“, den Georg von Dattenböck bei seinen Nibelungenstudien gemacht hat. An der Fallstudie der Beziehungen zwischen der Familie von Hag und dem Juden Bibas gelingt Dattenböck der Nachweis, dass Juden nicht nur als Kreditgeber von Christen auftraten, sondern Juden und Christen oft in guten privaten und Geschäftsbeziehungen miteinander standen. Siboto von Hag wurde bei einer Fehde, sich gegen den ungarischen König Corvinus richtete, im 15. Jahrhundert verhaftet und musste einen Bürgen stellen. Nicht ein Christ bürgte für ihn, sondern der Jude Bibas. Georg Dattenböck kommt auf Grund seiner guten Kenntnis der Geschichte der Hage zur Überzeugung, dass diese „in freundschaftlich-gutem Verhältnis mit

53 Bibas“ lebten. „Die Bürgschaft des Bibas war in dieser sehr verworrenen Zeit ein immenses politisches Risiko.“168 Er bürgte also wohl nicht primär aus geschäftlichem Interesse. Juden waren also, abweichend von den Regelungen der kirchlichen Konzilien und der Judengesetze, nicht nur als Kreditgeber für Adelige, Gewerbetreibende und Bauern tätig, sondern konnten auch adelige Wurzeln haben. Zumindest finden sich immer wieder jüdische Familien im Mittelalter, welche ein Wappen besaßen. Auf eine wohl positive Bewertung der jüdischen Kultur durch die christliche Umgebung deutet die erstaunliche Tatsache hin, dass auf den Wappen adeliger Familien, die unverkennbar jüdische Namen tragen, im Raum Freising im 15. Jahrhundert jüdische Symbole auftauchen. Ob man daraus den Schluss ziehen kann, dass es sich um Familien jüdischer Provenienz handelt, lässt sich nicht mehr sicher klären, ist aber in Anbetracht der noch im 9. und 10. Jahrhundert im Raum Freising vorkommenden alttestamentlichen Namen nicht auszuschließen. Markus Wenninger hat in seinem wegweisenden Beitrag „Von jüdischen Rittern und anderen waffentragenden Juden im mittelalterlichen Deutschland“169 nachgewiesen, dass es im Mittelalter jüdische Ritter gab, welche das Recht hatten, Waffen zu tragen und damit auch das Recht, ein Wappen zu besitzen.170 Das Wappen der adeligen Familie der Jud von Bruckberg „zeigt einen bärtigen Judenkopf mit dem entsprechenden spitzen Hut. Auch der Grabstein des Paulus Jud von Bruckberg von 1475 in der Bruckberger Pfarrkirche enthält das gleiche Wappen“171. Das Wappen der Familie Jud ist in stilisierter Form in Apians Wappensammlung abgebildet.172 Die schönste Darstellung bietet das Allianzwappen der Herren Jud und Radlkofer. Dieses befindet sich als Malerei auf dem Vorsatzblatt eines Psalters der Dombibliothek Freising. Diese Inkunabel ist 1477/78 gedruckt worden und befand sich im Besitz des altbayerischen Adelsgeschlechtes der Herren von Bruckberg.173 Der spitze Judenhut befindet sich hier sowohl auf dem Wappenschild als auch oberhalb der Wappenkrone. Aus dem beigefügten Text geht hervor, dass es sich um die Jud von Bruckberg handelt. Der Judenhut scheint jedoch ursprünglich im Raum Freising nichts Ehrenrühriges gewesen zu sein. Denn selbst im Moosburger Graduale, „das der Dekan Johannes Perkhauser zwischen 1354 und 1360 für die Stiftskirche St. Kastulus in Moosburg zusammengestellt hat“, trägt der bärtige heilige Joseph „einen spitzen Judenhut.“174

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Abb. 3 und 4: Wappen der Jud von Bruckberg im Psalter des Nicolas (de Lyra), im oberen Bild ein Ausschnitt

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Abb. 5: Grabstein mit Wappen der Jud von Bruckberg an der Außenwand der Pfarrkirche Bruckberg, Foto Sommerer Geisenfeld

Neben den Bruckbergern taucht auch das Geschlecht derer von Judmann, ein Name, der unverkennbar jüdisch klingt, seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts im Raum Regensburg und in Oberbayern auf.175 Der erste uns bekannte Judmann ist Gerold Judmann von Reichertshausen im Landkreis Freising. Nach Auffassung von Strzewitzek stammt Gerold nicht aus dem Geschlecht der Judmann, sondern der Sippe der Waldecker.176 Wie ein aber ein Waldecker zum Namen Judmann kam, ist aber nach wie vor nicht ausreichend geklärt. Gerold war sogar Bischof von Freising. Schlecht soll er jedoch sein Bistum elf Jahre lang verwaltet haben, deshalb wurde er wohl auch außerhalb des Münsters (monasterium) in der Vorhalle begraben. Nahe beim Grabstein von Gerold von Judmann befindet sich auch derjenige des Domdekans Tolkner (nach Goerge Tolknar), gestorben 1397. Auf dem oberen Teil des Tolkner´schen Grabsteins sieht man in seinem Wappen eine Katze mit einer Maus im Maul. Dabei sollen nach Sighart „früher“, also vor 1859, noch folgende Zeilen zu lesen gewesen sein: „So wahr die Katz die Maus nit frisst / Wird je ein Jud ein wahrer Christ.“177 Diese Inschrift richtet sich nicht generell gegen die Juden, sondern wohl gegen Konrad von Tolkner. Wahrscheinlich ist die Initiative zum Anbringen dieser Inschrift unten am Tolkner´schen Grabstein von Freunden und Verwandten des gedemütigten Gerold von Judmann ausgegangen. Die obi-

56 gen Verse deuten unverkennbar eine jüdische Vergangenheit bzw. Herkunft von Tolkner an. Darin sahen wohl manche Mitglieder des Freisinger Domkapitels und der Freisinger Geistlichkeit eine Schwachstelle Tolkners. Zudem war ja allgemein bekannt, dass Tolkner Gerold von Judmann 1230 in Rom verklagt und dessen Absetzung wegen der Verschleuderung von Freisinger Kirchengütern bewirkt hatte. Dem Streit zwischen Gerold Judmann mit Konrad von Tolkner lag eventuell auch ein politisches Motiv zu Grunde. Denn Gerold hatte Freising von dem judenfreundlichen Herzog Ludwig dem Bayern, dem späteren Kaiser, zu Lehen genommen und damit die politische Autonomie des Hochstifts Freising in Frage gestellt. Am 29. Juli 1230 setzte dann der Papst Gerold wegen schlechter Bistumsverwaltung ab. Kaiser Ludwig bestätigte dieses päpstliche Urteil, er wollte es sich nicht noch weiter mit der Kurie verderben. Gerold starb als Canonicus am 29. März 1231.178 Sein 1,93 Meter hoher Grabstein, mit einer lateinischen Inschrift versehen, befindet sich als eine in einen Pfeiler eingemauerte rechteckige rote Marmorplatte in der Pauluskapelle des Freisinger Domes.179 Dieser Grabstein von Gerold Judmann weist jedoch keine erkennbaren jüdischen Symbole auf. Von den Judmanns hört man dann lange nichts mehr. Wie aus dem Nichts tauchten Ende des 14. Jahrhunderts die Judmanns im bayerischen Adel auf und starben wie so viele Adelsgeschlechter im 15. Jahrhundert aus. In der Urkunde vom 12.12.1421 wird eine Reihe von Adeligen genannt, welche den Münchner Herzögen Ernst etc. versprachen, sich für eine bestimmte Zeitdauer „aller Gewaltthat zu enthalten.“180 Dazu gehörten auch die Judmanns. Ein Henricus Judmann von „Staingriff“, wohl die Hofmark Steingriff im Landgericht Schrobenhausen, wird Anfang des 15. Jahrhunderts als Domherr und späterer Dekan (Dechant) zu Freising genannt.181 Der Grabstein des 1436 Verstorbenen befindet sich im Kreuzgang des Domes zu Freising. Zu Füßen von Heinrich Judmann ist dort „das Wappen der Judmann, nämlich in einem blauen rechten Schrägbalken drei weiße Judenmützen, zu sehen.“182 Die Judmanns waren keine adelige Randerscheinung, denn Ulrich Judmann (1377 urkundlich genannt) war der Schwager des Hanns von Preysing zu Kronwinkel183, einem Geschlecht, das im Herzogtum Bayern bis zum Ende des Alten Reiches wichtige Positionen am Hofe der Wittelsbacher einnahm. Mit seinem Enkel Hanns starb das Geschlecht der Judmanns 1497 aus. In der Geschichte Iberiens und Südfrankreichs lassen sich Beispiele für den Aufstieg von Juden in den Adel und in die hohe Geistlichkeit nachweisen. Das wohl bekannteste Beispiel ist Christoph Columbus, der als Sohn eines

57 Juden 1451 in Genua geboren und in Spanien geadelt wurde. Der Großinquisitor Torquemada hatte eine jüdische Urgroßmutter. In diesem Sinne kann man auch für Bayern nicht ausschließen, dass die Jud von Bruckberg und die von Judmann jüdische Wurzeln haben, die allerdings weiter zurückreichen könnten als bis zum 14. Jahrhundert.

Abb. 6: Grabplatte des Bischofs Tolkner im Kreuzgang des Freisinger Doms, Foto: Herr Sommerer Geisenfeld

Abb. 7: Oberer Teil der Grabplatte mit Inschrift von Henricus Judmann, Foto: Herr Sommerer Geisenfeld

Eine einmalige Erscheinung in der Judenpolitik des späten Mittelalters, einer Epoche, in welcher der Antijudaismus immer mehr zunahm, ist Ludwig der Bayer, der einzige Wittelsbacher auf dem Kaiserthron im Mittelal-

58 ter. Er war auch der erste, der nicht vom Papst, sondern vom römischen Volk zum Kaiser proklamiert worden war. Unter seiner Herrschaft entstand auch das Freisinger Rechtsbuch. Thomas Heinz hat Ludwigs Beziehungen zu den Juden für so wichtig erachtet, dass er dazu das umfangreiche Kapitel „Ludwig der Bayer und die Juden“ in seine Ludwig-Biographie eingebaut hat. Heinz zeigt hier, dass der Kaiser schon zu Beginn seines politischen Auftretens nicht nur den Landesfürsten, sondern auch dem in Avignon residierenden Papst gegenüber eine unzweideutige Haltung in der Behandlung der Juden an den Tag legte. Er schritt immer wieder massiv gegen marodierende Adels- und Bauernbanden, welche die Juden vor allem in Franken, im Rheinland und im Elsass verfolgten und ermordeten, ein. In Mandaten und Erlassen forderte er die Landesfürsten auf, Leib und Gut der Juden zu schützen. Den seit dem 14. Jahrhundert immer mehr um sich greifenden Klischees der Hostienschändung, Ritualmorde an Kindern und der Brunnenvergiftung durch Juden stand er äußerst ablehnend gegenüber. Absolut heftig war sein Eingreifen, als man in München die Leiche eines männlichen Knaben entdeckte. Die sog. öffentliche Meinung erklärte diesen Todesfall, ohne dass irgendwelche Beweise vorlagen, als jüdischen Ritualmord. Den Juden drohte daraus ein ähnliches Schicksal wie 1298 in Franken, als die dortige Rindfleischbande allein in Würzburg 900 Juden gelyncht haben soll. Kaiser Ludwig war über diese Anschuldigung und das Verhalten der Münchner Bürger den Juden gegenüber so empört, dass „er es gestattet habe, die Wallfahrer [die an den sog. Tatort gezogen waren und den toten Knaben als Martyrer verehrten] auszuplündern und zu verprügeln.“ Der Kaiser soll sogar den Befehl erteilt haben, „die an der Fundstelle der Leiche errichteten Buden sowie ein Kreuz niederzureißen und die Trümmer wegzuräumen.“ Ludwigs mittelalterlicher Chronist, der ansonsten dem Kaiser sehr positiv gegenüberstand, ließ sich auf Grund dieses Vorgehens gegen die Judenfeinde zu der Aussage hinreißen, dass der Kaiser „nicht im Einklang mit dem katholischen Glauben und der Gerechtigkeit gestanden hätte.“ Auch im Elsass schritt Ludwig gegen eine antijüdische Bande vor Colmar im Frühjahr 1338 ein. Diese Bande war nahe daran, die nach Colmar geflüchteten Juden umzubringen. Am 11. März 1338 entschied auf Antrag der Herzöge von Österreich (der amtierende Herzog war ein Vetter von Ludwig) das kaiserliche Hofgericht, „daß jedermann, der die unter deren Herrschaft stehenden Juden erschlagen habe oder daran eine Mitschuld trage, den Klägern mit Leib und Gut verfallen sei.“ Am 16. Mai 1338 wies Ludwig den Herrn Gerlach von Limburg und die Stadt Limburg an, „die von

59 den benachbarten Herren und Bauern bedrängten Juden als des Reiches Kammerknechte zu schützen und wieder in die Stadt aufzunehmen.“ Die kaiserliche Protektion reichte aber nicht immer aus, die Juden gegen marodierende antijüdische Banden zu schützen. Besonders die „Judenschläger“ unter der Führung des „König der Armleder“ trieben ihr Unwesen und „rotteten im süddeutschen Raum viele jüdische Gemeinden gänzlich aus.“ Überlebende Juden sind unter anderem auch in die Schweiz und wohl auch in die Papststadt Avignon geflüchtet. In Zürich wurde ihnen nicht nur das Gast-, sondern oft sogar das Bürgerrecht gewährt.184 Kaiser Ludwig schützte nicht nur die deutschen Juden, sondern war auch bereit, die in England und Frankreich schlecht behandelten Juden als (steuerpflichtige) Kammerknechte in Deutschland aufzunehmen, und gestattete auch den Angehörigen des niederen Adels, kleinere Gruppen von ausländischen Juden anzusiedeln. Ludwig war in einem Maße Schutzherr der Juden im Reich, dass sogar seine Gemahlin ihm vorwarf, „sich als ein Freund der Juden zu verhalten.“ Ludwigs Haltung ging also weit über den im mittelalterlichen Deutschland nur selten vorkommenden Philosemitismus hinaus. Noch weiter als Ludwig der Bayer ging sein Sohn Ludwig, Markgraf von Brandenburg, der in seinem Vater „einen Feind der christlichen Religion“ gesehen haben soll. Kaiser Ludwig, der viele Jahre lang im Machtkampf gegen die Päpste von Avignon einen schweren Stand hatte, machte sich mit seinen judenfreundlichen Maßnahmen nicht nur bei Papst und Kirche und seiner eigenen Familie, sondern auch beim ´christlichen´ Volk verhasst und schwächte damit seine Machtbasis.185 Diese gerechte Behandlung der Juden hat sich auch nicht gerade positiv auf die Beurteilung des Kaisers in der (bis heute fortwirkenden) national orientierten Geschichtsschreibung ausgewirkt. Für die Päpste von Avignon, welche dem Exkommunizierten die Absolution verweigerten, war er der Drache der Apokalypse186, sein plötzlicher Tod bei der Jagd in den Wäldern von Fürstenfeld (1347) wurde auch als Gottesgericht gedeutet. Für das damals schon auftretende Gerücht, dass er vergiftet wurde, gibt es keine Nachweise. Die Geistlichkeit in München verweigerte dem Toten eine würdige feierliche Bestattung, wie sie einem Kaiser zugestanden hätte. Wir dürfen davon ausgehen, dass Kaiser Ludwig der Bayer kein philosemitischer Einzelfall war und sich gewiss noch weitere positive Beispiele für Philosemitismus bei näherem Nachforschen auf Seiten des deutschen Adels finden ließen. Auch Bürger und Bauern waren nicht immer und überall Feinde der Juden.

60 Juden waren in ganz Europa bis weit in die Neuzeit hinein häufig Hof- und Hausärzte höchster Kreise. Es ist nicht zu übersehen, dass trotz der rigiden Bestimmungen des mittelalterlichen Laterankonzils, der oft judenfeindlichen regionalen Rechtsbücher und des Antijudaismus der Massen die kirchlichen und weltlichen Machthaber mit den Juden vielfach recht eng zusammenarbeiteten und letztere in der Regel unter ihren besonderen Schutz stellten. Diese soziale und wirtschaftliche Symbiose äußert sich unter anderem auch darin, dass betuchte Juden, z.B. jüdische Bankiers, bis weit in die Neuzeit hinein sehr häufig in unmittelbarer Nähe der Domkirchen lebten und unter dem Schutz des Bischofs standen. Noch heute ist die AufhäuserBank die Nachbarin der Münchner Frauenkirche, also des Doms in München. Wenig bekannt und in der europäischen Forschung kaum beachtet ist die erstaunliche Tatsache, dass die Juden mehr als in allen anderen europäischen Staaten in Italien „am relativ ruhigsten und sichersten leben konnten.“ Natürlich gab es auch in Italien und von Seiten des Vatikans Verordnungen und Erlasse, die sich gegen die Juden richteten. Auch in Italien und Rom wurden die Juden in Gettos, oft auch eine Schutzmaßnahme, eingeschlossen, „aber oft existierten diese Bestimmungen nur in der Theorie und wurden nicht oder kaum in die Praxis umgesetzt.“187 In Italien gibt es ein altes Sprichwort, dass dort auch das Verbotene erlaubt sei. In Russland sei es genau umgekehrt. Wie wenig es berechtigt ist, von einem judenfeindlichen Vatikan zu sprechen, zeigt die Tatsache, dass immer wieder Männer jüdischer Herkunft als Päpste gewählt werden konnten. So wurde Pietro Pierleoni, der um 1090 in Rom zum Christentum konvertiert war, 1116 Kardinal, 1121 päpstlicher Legat in England und Frankreich und 1130 als Anaklet II. sogar Papst.188 Wenig bekannt ist auch die Tatsache, dass neben dem Osmanischen Reich der Vatikan gegen den ausdrücklichen Rat der jüdischen Gemeinde von Rom den größten Teil der aus Spanien Ende des 15. Jahrhunderts vertriebenen Juden aufnahm.189 Ein jüdisches Ghetto, „Il Ghetto“, wurde in Rom südlich des Largo Argentina auf Veranlassung von Papst Paul IV. erstaunlicherweise erst im Jahre 1555, also nicht mehr im ´finsteren Mittelalter´, eingerichtet. Reiseführer deuten dieses römische Ghetto (und überhaupt die jüdischen Ghettos in Europa) allzu simplifizierend als Zeichen eines seit dem späten Mittelalter wachsenden Antijudaismus und die römischen Juden als „Opfer päpstlicher Willkürherrschaft.“190 Dazu scheint auch der seit dem 15. Jahrhundert überlieferte Nacktlauf der Juden inkl. deren Verun-

61 glimpfung (sogar im Winter) durch die römische Masse gut zu passen. Es gab wohl auch in Rom unsoziale Gepflogenheiten, denen sich nicht einmal der Papst entziehen konnte. Auch in Rom war es eine ´bewährte´ Methode, dass die Volksmasse bei gewissen Gelegenheiten ihren Zorn und Frust an den Juden als Sündenböcken ablassen durfte. Übertreibungen und Eskalationen wurden allerdings durch den Papst sanktioniert. Die seit der frühen Neuzeit wachsenden Ressentiments gegen die Juden gingen also im Fall von Rom nicht vom Vatikan und der römischen Elite aus, sondern wohl eher von der großen Masse des Volkes. Warum hätte der Vatikan so viele vertriebene spanische Juden in Rom und im Vatikanstaat aufnehmen und willkommen heißen sollen, nur um sie dann in Ghettos zu diskriminieren? So eine Betrachtungsweise wäre fern jeglicher Logik. Es liegt also nahe, die Errichtung des römischen Ghettos eher als vatikanische Schutzmaßnahme der Juden vor der Unberechenbarkeit der wachsenden Volksmasse zu deuten. Die Klimaverschlechterung des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit führte in Verbindung mit den negativen Auswirkungen des Frühkapitalismus zu erheblichen Preissteigerungen der Lebensmittel und Grundbedürfnisse191 und wohl auch zu einer massiven Verschlechterung der Einkommens- und Vermögensverteilung der breiten Volksmassen. Das frühkapitalistische Wirtschaftswachstum (Bergbau- und Großhandelsgesellschaften) kam ebenso wie die Globalisierung des 21. Jahrhunderts nicht einmal in Rom (von anderen Regionen ganz zu schweigen) der großen Masse des Volkes zugute. Die wachsende „antikapitalistische Bewegung in Deutschland“192 ist ohne steigende Massenarmut nicht erklärbar. Die Masse der Menschen sah darum auch hier die Schuld bei den Juden. Es ging aber auch anders. Im Bereich der bürgerlichen Alltagskultur finden wir z.B. seit dem 16. Jahrhundert in Franken erfreuliche Formen des Zusammenlebens und –wirkens zwischen bürgerlichen Christen und Juden, welche vielfach den Rang von Bürgern hatten. So hatten in manchen fränkischen Orten Juden wie Christen die Pflicht zur Tag- und Nachtwache. An manchen Orten Frankens mussten sie sogar am gemeinen Rügegericht mitwirken. Die Gemeinde Forth bei Erlangen bestand aus „Juden und Christen“. Es gab sogar einen eigenen Judenschultheiß im Dorf, der die Rechte und Belange der Juden gegenüber der Obrigkeit zu vertreten und sich um den Schutz der Juden gegen Angriffe von Nichtjuden zu kümmern hatte. In größeren deutschen Fürstentümern war der Judenschutz eine Angelegenheit

62 der Landesfürsten. Dieser Judenschutz konnte sogar wie ein Nutzungsrecht an andere Fürsten übertragen werden.193 Bei der kommunalen Rechnungslegung zehrten Juden und Christen in Franken oft gemeinsam.194 „In Biebelried (Franken) erhielt 1556 ein Jude (sogar) das Amt des Försters.“195 Auch in einigen Gemeinden von Schwaben „hatten die Juden vollen Anteil an den Gemeindegütern und den Nutzungen.“196 Wie stark nicht nur das städtische (Fürth, Nürnberg, Würzburg etc.), sondern auch das Landjudentum in Franken die fränkische Kulturlandschaft prägte, zeigen die neueren Forschungen der geborenen Syrerin Frau Rajaa Nadler im oberfränkischen Ermreuth.197 Sie zeigt, dass es in Franken nicht nur Antijudaismus und Antisemitismus von Seiten der christlichen Bevölkerung gab (und auch heute noch gibt), sondern dass es immer wieder Epochen eines relativ harmonischen und toleranten Zusammenlebens gab.198 Neben den drei fränkischen Regierungsbezirken war in Nordbayern das wittelsbachische Fürstentum Pfalz-Sulzbach ein weiteres Territorium, in welchem der Landesfürst bereits ab 1666 den Juden ein dauerndes Aufenthaltsrecht mit weitreichenden Freiheiten auch im wirtschaftlichen Bereich gewährte. So konnte sich die Stadt Sulzbach (heute Sulzbach-Rosenberg) zu einem der größten Druckorte für hebräische Literatur in ganz Europa entwickeln. Es war auch ein bevorzugter Standort für lutherische, reformierte und katholische Drucker. Die Angehörigen der drei christlichen Konfessionen und die Juden konnten hier in Frieden und Wohlstand zusammenleben. Mit dem Simultaneum, einem Toleranzedikt für die christlichen Konfessionen, hatte Christian August von Sulzbach bereits wenige Jahre nach dem 30jährigen Krieg neue Maßstäbe der Religionspolitik gesetzt. Unter solchen in Europa bisher nur wenig bekannten Voraussetzungen konnte sich die Sulzbacher Residenz zu einem europäischen Geisteszentrum entwickeln. Seit 1668 trug zudem das Wirken des Universalgelehrten und Literaten Christian Knorr von Rosenroth zu einer weiteren Belebung des Sulzbacher Musenhofes bei. Er „übersetzte zahlreiche Werke der Frühaufklärung ins Deutsche“ und die hebräische Kabbala ins Lateinische. Mit dem Sulzbacher Musenhof standen so bedeutende Gelehrte wie der Philosoph Leibniz und Franciscus Mercurius, der Alchemist, Kabbalist, Theosoph, Arzt, Rosenkreuzer in einer Person war, in reger Verbindung.199 Mercurius war seit 1677 Quäker und wie sein Freund Knorr von Rosenroth ein guter Kenner der hebräischen Sprache und der jüdischen Kultur. Bei soviel Ansammlung an Geist verwundert es nicht, dass sich die hebräischen Druckereien als besonderer Ausdruck des jüdischen Kulturlebens in Sulz-

63 bach trotz der seit dem frühen 19. Jahrhundert wachsenden „Deutschtümelei“ bis 1851 in Sulzbach halten konnten. Diese Deutschtümelei, deren „infantilen Extremismus“200 bereits Heinrich Heine verachtete, nahm erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, besonders nach der Gründung des Deutschen Reiches, extreme Ausmaße an und schlug immer mehr in einen rassistisch geprägten Antisemitismus um. In der Zeit zwischen dem Wiener Kongress und der Revolution von 1848 war jedoch das Zusammenleben zwischen Christen und Juden noch nicht so stark vergiftet und in manchen Gegenden Deutschlands noch durchaus erträglich. Es gab allerdings schon vor 1848 Theaterstücke wie „Die Judenschule“ und „Unser Verkehr“ wie auch ´historische´ Abhandlungen, in denen Juden offen verhöhnt wurden. Im „Judenspiegel“ von 1819 war die Tötung eines Juden keine Sünde und kein Verbrechen, sondern nur ein „Polizeivergehen“.201 Der latente Antijudaismus konnte jedoch bei besonderen Gelegenheiten auch vor 1848 immer wieder wie eine Pest offen ausbrechen. Selbst in einer so weltoffenen und toleranten ´englischen´ Stadt202 wie Hamburg, in der seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert Juden und Christen – Heinrich Heine bezeichnet die Hamburger Christen als „getaufte Juden“, die Hamburger Juden als „ungetaufte Juden“ – harmonisch zusammen lebten und Geschäfte betrieben, machte in der sog. Juli-Revolution von 1830 „der Pöbel in den Straßen Jagd auf Juden oder warf ihnen die Fenster ein, wenn sie am Abend Licht zu machen wagten. Viele Häuser wurden demoliert.“ Das Haus des in Hamburg höchst beliebten Kaufmanns Salomon Heine, Onkel und Finanzier von Heinrich Heine, am Jungfernstieg „entging gerade noch einem Steinhagel“.203 Solcher Antijudaismus gewann immer mehr Raum in einer Zeit, als sich Juden in allzu leichtfertigem Verzicht auf ihre Tradition allzu schnell an die deutsche Kultur assimilierten. Juden wurden damals verhöhnt, nicht weil sie ihre jüdische Tradition pflegten, sondern weil sie als „sterile[n] Mischlinge aus Deutschtum und Judentum“ (Heine) ihre Tradition vergaßen und die allen Juden gemeinsame Tora verleugneten.204 Das in manchen Regionen wie z.B. im katholischen Rheinland noch relativ harmonische Zusammenleben von Christen und Juden im sog. Vormärz äußerte sich auch im Bildungswesen. Am Düsseldorfer Lyzeum hatte z.B. Heinrich Heine (1797-1856) „viele katholische Priester, unter ihnen auch einige Jesuiten“205 als Lehrer. Hier legte Heinrich Heine den Grundstock für seine spätere relativ positive Einstellung zum Katholizismus: „Ich habe eigentlich immer eine Vorliebe für den Katholizismus gehabt, die aus mei-

64 ner Jugend herstammt und mir durch die Liebenswürdigkeit katholischer Geistlicher eingeflößt ist.“ Das Verhältnis von Harry Heine und seiner Familie zum Katholizismus nahm in Düsseldorf sogar groteske Züge an. Die Familie von Heinrich Heine wohnte in Düsseldorf in einem Haus, dessen Bewohner nach altem Herkommen bei Prozessionen einen katholischen Altar vor dem Haus zu errichten und zu schmücken hatten. Vater Samson Heine „setzte seinen Stolz darein, diesen Altar so kostbar wie möglich zu machen; und der junge Harry wirkte freudig mit“206. Dort nahm er die „katholische Humanität“ als wichtigen Bestandteil seines Lebens in sich auf. Aus der Sicht der von ihm in Düsseldorf genossenen katholischen Erziehung waren für ihn „Freisinnigkeit und Katholizismus“207 keine Gegensätze. Sein offenes Bekenntnis zum Judentum war für den offiziell zum Protestantismus konvertierten Heine kein Hindernis, sich in der Kirche St. Sulpice in Paris mit seiner französischen Crescentia Mathilde, geb. Mirat, katholisch trauen zu lassen.208 Sie konnte bei ihm ungehindert ihren Glauben praktizieren. Seine Liebe zur katholischen Mathilde war, wie es bei König Salomo heißt, „stark wie der Tod.“ Es gibt also nicht nur eine christliche Toleranz den Juden, sondern auch eine jüdische Toleranz Christen gegenüber. Heinrich Heine und seine Liebe zur katholischen Mathilde ist nur ein Beispiel unter vielen. Die in diesem Kapitel dargestellten positiven Beispiele christlicher und jüdischer Toleranz dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Antijudaismus und –semitismus diese positiven Ansätze einer jüdisch-christlichen Symbiose immer wieder und im 19. und 20. Jahrhundert in wachsendem Maße in den Schatten und in Frage stellten. Christentum und Islam – Wie steht es um die Toleranz der Muslime gegenüber Christen und umgekehrt? Gegenüber der erstaunlich offenen multikulturellen Gesellschaft der muslimischen Herrschaft in Al Ándalus im frühen Mittelalter und des Osmanischen Reiches, welche im 15. Jahrhundert auch auf den Balkan übergriff, ist in der neuesten Zeit die religiöse Toleranz der Moslems den Christen gegenüber erheblich zurückgegangen. Als objektiver Historiker muss man allerdings zugeben, dass die westliche Kolonial- und Großmachtpolitik die Muslime nicht davon überzeugen konnte, dass das westliche Christentum dem Islam religiös und kulturell überlegen sei. Viele radikale Muslime, auch die Mitglieder der von Bin Laden ausgehenden al-Quaida und die in Afghanistan agierenden Mudschahedin, werfen dem Westen permanente

65 Kreuzzugsmentalität – nicht zuletzt in Afghanistan und im Irak - und wirtschaftliche Ausbeutung vor. Im Gegensatz zu allen anderen islamischen Staaten ist die Türkei, die Nachfolgerin des Osmanischen Reiches, stärker nach Europa hin ausgerichtet. Es liegt ja immerhin die alte Hauptstadt der Türkei, Istanbul, welche ja bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts noch Konstantinopel hieß, auf europäischem Gebiet. Es hat sich inzwischen auch bei europäischen Forschern herumgesprochen, dass das Osmanische Reich nach der Eroberung von Konstantinopel im Jahre 1453 die oströmisch-byzantinischen Traditionen, wenn man von der Religion absieht, übernahm. Selbst patriotische Griechen – die Byzantiner waren ja im Grunde Griechen – müssen heute zugeben, dass griechische Sprache und Kultur nicht unterdrückt wurden. Immer wieder konnten Griechen bei Hofe und in der Politik des Osmanischen Reiches bis zu den höchsten Stellen emporsteigen. Wenig bekannt in westlichen Regionen ist auch die Tatsache, dass die Osmanen neben dem Vatikan die meisten der am Ende des 15. Jahrhunderts aus Spanien vertriebenen Juden aufnahm und diese vor allem im heutigen Nordgriechenland (Thessalien) ansiedelte. Das osmanische Reich duldete bis zu seinem Ende im Großen und Ganzen sowohl die christliche als auch die jüdische Religion und begnügte sich meist mit der Erhebung einer Kopfsteuer von den Nichtmuslimen. Nach dem Ende des Osmanischen Reiches, welches die Habsburgische Monarchie lange Zeit verhindern wollte, machten sich auch in der von Atatürk gegründeten Türkei nationalistische Tendenzen breit. Diese führten schließlich dazu, dass auf Grund dieses eher zunehmenden Nationalismus Griechen, welche meist orthodoxe Christen waren, das Land ´freiwillig´ verließen. Im Jahre 1922 wurden ´türkischen´ Griechen, von denen die meisten in der Region der westtürkischen Ägäisküste lebten, im Rahmen des großen Bevölkerungsaustausches nach 1922 ins griechische Staatsgebiet umgesiedelt. Auch die meisten der in Nordgriechenland, vor allem in Thrakien lebenden Muslime verließen ihr angestammtes Territorium in Richtung Türkei. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wanderten aber auch die Griechen und Juden aus anderen Regionen wie Ägypten, Irak und Libanon ab. Dort hatten Griechen ununterbrochen seit Entstehung der von Alexander dem Großen begründeten hellenistischen Reiche gesiedelt und gelebt. Wie kaum eine andere Stadt der Welt war Alexandria, die wahre Hauptstadt Ägyptens, von griechischer und jüdischer Kultur geprägt. Der Nationalismus, eine der negativsten Erfindungen des ´christlichen´ Europa, hatte wie ein Tumor auch die Staaten der islamischen Kultur befallen. Die Türkei war nun paradoxerweise nationalistischer orientiert, als es das Os-

66 manische Reich je gewesen war. Während Europa, vor allem in der Gestalt der Europäischen Union, seine nationalistische Epoche nach immerhin zwei furchtbaren Weltkriegen hinter sich brachte, ist in den islamischen Staaten immer noch der den Muslimen eigentlich wesensfremde Nationalismus europäischer Prägung am Werke. Dieser geht bis heute nach der Gründung des Staates Israel in den meisten islamischen Staaten, wenn auch nicht immer auf der oberen politischen Ebene, mit einem oft extremen Antijudaismus und vor allem gegen die israelischen Juden gerichteten Antizionismus einher. Die islamischen Staaten sind also, wie man konstatieren muss, alles andere als demokratisch und rechtsstaatlich ausgerichtet. Nicht einmal die Reformen von Kemal Atatürk, seit 1923 Präsident der türkischen Republik, schaffte es mit seinen Reformen, bei welchen er weitgehend europäische ´Errungenschaften´ wie die lateinische Schrift, die Einehe (zumindest auf dem Papier) und sogar das europäische Rechtssystem übernahm, nur in einem sehr begrenzten Maße, die neue türkische Republik näher an Europa heranzuführen. Nicht einmal die von Atatürk in die Verfassung eingebaute strikte Trennung von Staat und Religion führte in der Türkei zu einer tatsächlichen Gleichbehandlung der Religionen. Die Divergenz zwischen den Normen der Verfassung und der Realität sind nach wie vor viel stärker ausgeprägt als z. B. in Deutschland. Es ist also selbst die stark europäisch ausgerichtete Türkei, die sich wie das Königreich Marokko von anderen islamischen Staaten relativ vorteilhaft abhebt, von europäischen Toleranzmaßstäben noch relativ weit entfernt. Noch immer werden in der Türkei Christen und Juden wegen ihres Glaubens ausgegrenzt, diskriminiert und schikaniert. Vor allem die nicht als Minderheit anerkannten aramäischen Christen haben in der Türkei einen schweren Stand. Das Kloster Mar Gabriel, „geistliches Zentrum der [aramäischen] Christengemeinschaft“, wird mit einer Prozessflut überzogen. Mit dieser „Einschüchterungskampagne“ soll erreicht werden, dass die „letzten Aramäer“ das laut Verfassung in Religionsfragen angeblich tolerante Land verlassen. Während in den 60er Jahren noch 200.000 aramäische Christen in der Türkei lebten, sind es heute „vielleicht 2000“. Die europäischen Bürokraten in Brüssel und Straßburg belieben solche Menschenrechtsverletzungen in befreundeten Staaten gerne zu übersehen, auch die europäische Presse zeigt wenig Interesse am Schicksal der aramäischen Christen in islamischen Staaten. Auch die deutsche Politik setzt sich nicht für mehr Toleranz gegenüber den aramäischen Christen in den islamischen Staaten ein, sondern fördert deren Auswanderung in die EU-Staaten.

67 Die aramäischen Christen des Vorderen Orients repräsentieren nicht nur das Christentum, sondern überhaupt die antike Kultur des östlichen Mittelmeerraumes. Aramäisch war in der Antike nicht nur die Sprache der einfachen Juden, sondern auch anderer Völker der Antike, so z.B. der Assyrer und der Perser.209 Das Aramäische blieb auch nach dem Untergang des alten Persischen Reiches erhalten. „Selbst die nomadisierenden Araber sollen noch Aramäisch geschrieben haben, wie eine Votivinschrift für die Göttin hanIlat nach Segert bezeugt.“210 Aus dem Babylonischen Talmud, der seit dem 3. Jahrhundert vor allem im babylonischen Sura211 entstanden ist, geht hervor, dass die Juden zwar die „heilige Sprache“, das Hebräische, für den religiösen Kult benutzten, doch „ihre tatsächliche Verkehrs- und Alltagssprache scheint das Aramäische geblieben zu sein.“ Nach dem neuesten Erkenntnisstand ist das Hebräische die Sprache der jemenitischen Juden, zumindest haben diese „als einzige jüdische Gemeinde das Hebräische bis in die Gegenwart als gesprochene Sprache bewahrt.“ Die jemenitischen Juden „gelten auch als die ältesten Einwohner des Landes – sie lebten schon dort, als es weder das Christentum noch den Islam als Religion gab“, sie schufen außerhalb des Heiligen Landes sogar einen eigenen jüdischen Staat.“212 Aramäisch wurde aber nicht immer als „aramäisch“, sondern oft auch als „syrisch“ bezeichnet. Für die arabisch schreibenden Juden galt das jüdische Aramäisch als syrisch. Laut Faulmann bezeichneten aber sogar die Araber ihre Schrift als „sury“ (syrisch). Selbst ihre (hebräische) Quadratschrift nannten sie „assurit“ (syrisch bzw. assyrisch).213 Nach den hier von Davidson vorgebrachten Argumenten für das Aramäisch-Syrische kann man die Auffassung der Islamforscher Lüling214 und Luxenberg215 (ein Pseudonym), dass der Urkoran in Aramäisch und nicht in Arabisch verfasst wurde, für durchaus plausibel halten. Das Aramäische ist also sowohl die Grundlage der jüdischen und christlichen als auch der islamischen Religion und Kultur. Wer also die aramäischen Christen, die einzig verbliebenen Träger dieser in die Antike zurückreichenden Kultur, angreift und zerstört, der vernichtet auch - unwiederbringlich - die Wurzeln der islamischen Kultur. Der Aufruf, diese aramäisch-syrisch-christliche Kultur zu achten, richtet sich also nicht nur an die Israelis und die islamischen, sondern auch an die europäischen Staaten. Diese würden eine der Wurzeln ihrer eigenen christlichen Kultur untergraben, wenn sie wort- und tatenlos zuschauten, bis alle aramäischen Christen die islamischen Länder verlassen haben. Der Weg des Wegschauens und des geringeren Widerstands in der Frage der Behandlung

68 der aramäischen Christen ist der Weg einer falsch verstandenen Toleranz von sog. christlichen Staaten. Von einer Duldung ist man in der Türkei noch meilenweit entfernt, von Staaten wie Saudi-Arabien oder Libyen ganz zu schweigen. Auch in dem wesentlich toleranteren Ägypten haben es die koptischen Christen, die schon länger im Lande sind als die Muslime, nicht gerade leicht, wie die jüngsten Attentate von islamischer Seite gegen sie leider bezeugen. Die Kopten beklagen, dass der ägyptische Staat sie nicht ausreichend gegen islamische Übergriffe schützt. Man kann nur hoffen, dass nun nach der Februar-Revolution von 2011 in Ägypten die Toleranz gegenüber den koptischen Christen zunehmen wird. Von einer wirklichen Religionsfreiheit sind aber die meisten islamischen im Vergleich zu den sog. westlichen Staaten noch meilenweit entfernt.216 Es geht also bei der Kooperation von Christen und Muslimen jedoch um weit mehr als nur darum, „die Missverständnisse zwischen Muslimen und Christen auszuräumen“, um einen Ausspruch des türkischen Außenministers Abdullah Gül vom November 2006 zitieren. Im Mai 2008 beklagte Ishak Alaton, Chef der Alarko-Holding, einer der bekanntesten Geschäftsleute in der Türkei, in einem offenen Brief an die türkische Wirtschaftszeitung ´Refrans´ „eine wachsende ´Paranoia´ in der Türkei gegenüber den Minderheiten.“ Dabei übte er auch Kritik an einem Verfassungsgerichtsurteil, „mit dem der Immobilienverkauf an Ausländer gestoppt worden war.“ Diese „ultranationalistischen Entwicklungen“ führen nach Auffassung von Alaton „zu Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“ und – zu ergänzen – auch zu einer wachsenden Feindlichkeit gegenüber Christen. Dieser Nationalismus richte sich gegen alle, „die nicht sunnitische Muslime sind“. Von einem speziellen Antisemitismus in der Türkei nahm Alaton die Regierung Erdogan und die Regierungspartei AKP „ausdrücklich“ aus. Träger dieser nationalistischen Fremdenfeindlichkeit seien „vielmehr die Bürokratie und die Medien“ (welche mit dem Appell an niedere Instinkte Geschäfte machen).217 Selbst im Irak werden seit dem Einmarsch der Amerikaner aramäische Christen, welche unter Sadam Hussein weitgehend ihren Glauben praktizieren durften und sogar den Außenminister stellten, zunehmend verfolgt. Immer mehr Christen verlassen aus Angst vor Verfolgungen und Attentaten das Land.

69 Auch im relativ westlich gesinnten Ägypten gibt es immer wieder Attentate gegen die koptischen Christen, nicht einmal ihre Kirchen sind sicher. Nicht unerwähnt darf hier bleiben, dass es islamische Staaten wie Saudi-Arabien und Libyen gibt, in welchen Christen von Gesetzes wegen nicht geduldet werden. Selbst christliche Schriften sind in Saudi-Arabien verboten. Christen, die das Land besuchen, machen sich strafbar, wenn sie z.B. das Neue Testament bei sich haben. Erschwerend für die christlich-islamischen Beziehungen, auch in der Türkei, kommt in der Gegenwart noch hinzu, dass die von Christen und Moslems praktizierten Wertvorstellungen, selbst für die relativ liberale Türkei zutreffend, eher noch weiter auseinanderdriften. In den christlichen Staaten von Europa und USA geht der Stellenwert der Familie immer mehr zurück. Im Islam ist die Frau das Symbol für den Zusammenhalt der Familie und zuständig für die Aufzucht, Erziehung und Sozialisation der Kinder. Für orthodoxe Moslems ist die von Gott geschaffene Familie nicht vereinbar mit der an westlichen Vorstellungen orientierten Emanzipation. Gläubige Moslems vermissen an dieser den Gemeinschafts- und Familienbezug, der für den Islam unverzichtbar ist. Viele Moslems können mit dem westlichen Geist des Individualismus, einem Produkt der europäischen Aufklärung, nichts anfangen. Es fehlen ihnen zum Verständnis der Emanzipation auch die geistesgeschichtlichen Voraussetzungen. Denn die geistes- und religionsgeschichtliche Entwicklung im Islam ist völlig anders verlaufen, da sie nicht wie in Europa durch eine Aufklärung nachhaltig geprägt wurde. Es ist zu hoffen, dass von der ägyptischen Revolution von 2011 der weitere Weg des Landes und anderer islamsicher Staaten in Richtung einer zarten islamischen Aufklärung geht. Wie für die orthodoxen Juden sind auch die im Westen immer mehr um sich greifenden Formen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, Rumpffamilien allein erziehender Mütter oder Väter und andere vergleichbare reduzierte Lebensformen für den Islam nicht tragbar. Anders als in den westlichen Staaten, wo die „Würde des Menschen“ zwar noch in den Verfassungen steht, aber nicht wirklich die Gesellschaft prägt (es sei nur an den massiven Missbrauch der Frau in der Werbung erinnert), wird die menschliche Würde, z.B. auch in Gestalt der Gastfreundschaft, respektiert. Die Ehre, welche einst auch in der feudalistischen Gesellschaft, z.B. im Zunftwesen, der westeuropäischen Staaten eine leitende gesellschaftliche Idee war, hat in den meisten islamischen Staaten oft einen höheren Stellenwert als das Leben. Für viele Moslems wäre ein Leben in Schande schlimmer als der Tod. Dieser ungeschriebene Ehrenkodex wirkt natürlich auch massiv in das

70 Privatleben der Menschen, nicht zuletzt der Mädchen und Frauen, hinein. In diesem Sinne verletzt eine Frau, die sexuelle Kontakte vor der Ehe pflegt, nicht nur ihre eigene, sondern auch die Ehre ihrer Familie und sogar der sozialen Gruppe, der sie angehört. Übrigens waren noch bis vor wenigen Jahrzehnten voreheliche und außereheliche sexuelle Kontakte in der katholischen Buß- und Sündenlehre als schwere Sünde verpönt. Diesen strengen Ehrenkodex behalten viele Moslems auch in ihren europäischen Gastländern bei, dabei kommt es gar nicht so selten zu sog. Ehrenmorden: Der Vater tötet seine Tochter bzw. der Bruder seine Schwester, die sich vor der Ehe sexuell mit einem Mann oder gar einem nichtmoslemischen Mann eingelassen hat und mit diesem unter einem Dach lebt, oder eine orthodox-türkische Familie schließt einen Sohn aus dem Familienverband aus, weil er eine christliche Frau geheiratet hat und zum Christentum übergetreten ist. Islamische Väter und Onkel, die sich zu solchen Taten hinreißen lassen, sind nicht unbedingt den Mitgliedern anderer Religionen feindlich gesinnt, d.h. positiv formuliert, sie akzeptieren die Existenz anderer Religionen wie Judentum und Christentum, für sie ist aber die eigene Zugehörigkeit zum islamischen Glauben nicht nur ein religiöses, sondern auch ein soziales Band. Die Zerstörung des religiösen Bandes ist für gläubige islamische Familien auch ein Zerreißen der sozialen Zusammengehörigkeit. Diese für ´Westler´ nur schwer verständliche Einstellung ist aber auch der Ausdruck des Stolzes, ein Moslem zu sein und Gott im islamischen Glauben zu dienen. Wer die strenge Familienbindung der (meisten) islamischen Familien nicht zu würdigen weiß, der kann auch nicht Handlungen wie Ehrenmorde etc. verstehen, die sich aus dieser starken Sippschaftsbindung ergeben können. Man kann somit den Vergleich zwischen dem orientalischen Islam und dem westlichen ´Christentum´ auf einen knappen Nenner bringen: Hier eine extreme, vielfach überbordende Strapazierung des Individuums und des Individualismus mit der wachsenden Verherrlichung des sog. Single-Daseins und zunehmender Vereinsamung und Entfamilialisierung nicht zuletzt alter Menschen mit steigender Selbstmordrate (welche man ´gerne´ ins Altersheim abschiebt), dort im Islam weitaus mehr ein Leben in der Gemeinschaft und in genossenschaftlichen Verbänden. Der einzelne zählt hier in der Regel wenig, die Sippe als Großfamilie ist (fast) alles. Die starke gegenseitige soziale Kontrolle wird aber, abweichend von unserer Mentalität, nicht als Verlust, sondern von den meisten Mitglieder eher als ein Gewinn an persönlicher Freiheit empfunden. Der Islam hat zudem einen anderen Freiheitsbegriff. Es zählt nicht die im Westen auf dem Papier verankerte formalistische Freiheit, sondern die mit Le-

71 ben erfüllte materielle Freiheit des animal sociale im Sinne des altgriechischen Philosophen Aristoteles (4. Jahrhundert vor u.Z.). Anders als beim Islam gelingt es den christlichen Religionsgemeinschaften des Westens nicht wirklich, dieser sozialen Erosion entgegenzusteuern. In den islamischen Kulturen wird, abweichend vom europäischen Lebensstil, das Leben bis heute von einer starken Kultur der Mündlichkeit getragen, Verträge werden immer noch sehr häufig mündlich abgeschlossen, ein Ehrenwort hat auch im Rechtsleben noch Gültigkeit. Die staatliche Bürokratie ist in den islamischen Staaten bei weitem noch nicht so ausgeufert und vom Buchstaben des Gesetzes geprägt wie in den Staaten der Europäischen Union. Man bedenke, dass 70 % der steuerlichen Verordnungen und Publikationen (Gesetze, Kommentare etc.) auf der Erde allein aus Deutschland stammen. Solch ein perverses Übermaß an Bürokratie bedeutet für einen an der mündlichen Kultur orientierten Moslem eine besondere Art von Freiheitsberaubung und wohl auch eine Bedrohung seiner sprachlichen Kultur. Bei der Analyse der islamischen Sitten kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die islamisch-osmanische Kultur noch viel stärker als die des Westens von den Vorstellungen und dem Erbe der antiken Kultur geprägt ist, als wir bisher für möglich gehalten haben. Es stellt sich hier aber die Frage, welches Erbe die islamischen Staaten übernahmen. Im Westen beruft man sich seit dem 19. Jahrhundert immer wieder auf das antike Erbe (attische Demokratie, römisches Recht, römische Staatskunst etc.). Hat dagegen der Islam eher das Erbe der antiken Juden und des oströmischen Reiches angetreten? Wenn man das antike Erbe einmal aus dieser neuen Perspektive betrachtet, dann sind liberale Christen, orthodoxe Juden und gläubige Muslime näher miteinander verwandt, als die meisten von ihnen wahrhaben wollen. Wenn dem so ist, dann frägt man sich auch, warum sich eigentlich Juden und Moslems in Palästina / Israel so massiv bekriegen und nicht zueinander finden. Palästinenser und Israelis, Juden und Moslems – ein konfessioneller Konflikt? Es ist höchst bezeichnend, dass es in der islamischen Welt Kräfte gibt, welche die eigenen Defizite wesentlich nüchterner und weniger euphorisch sehen als die meisten europäischen Gelehrten und Islamwissenschaftler. In einer neuen von den Vereinten Nationen geförderten Studie vor allem zum islamischen Gesellschafts- und Bildungssystem kritisieren arabische Wissenschaftler recht heftig die arabischen Länder. Im zweiten „Bericht zur menschlichen Entwicklung in der arabischen Welt“, der Mitte Oktober in Amman der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde, beklagen die Autoren mangelnde demokratische

72 Strukturen und fehlende Bereitschaft zur Entwicklung einer Wissensgesellschaft. In ihrem ersten Bericht weisen die Autoren auf drei fundamentale Defizite hin, nämlich Freiheit, Wissenserwerb und Frauenrechte. Auch im diesjährigen Bericht, der von der Arabischen Liga und dem UN-Entwicklungsprogramm finanziert wurde, beklagen die Autoren die „wachsende Wissenskluft“ in der arabischen Welt. Das äußere sich vor allem im Bildungsbereich (fehlende Grundschulen, keine unabhängige Wissenschaft). Stark eingeschränkt sei auch die Pressefreiheit. Hoch ist der Analphabetismus, nicht zuletzt bei den Frauen. Statt dass Fachkräfte ausgebildet werden, importiert man lieber westliches Know-how.218 Es ist naheliegend, dass diese erheblichen gesellschaftlichen und politischen Defizite, welche sich in der moslemischen Welt von heute unter anderem auch in zunehmender Gewaltanwendung und in fortschreitendem Terrorismus äußern, nicht von heute auf morgen entstanden sind, sondern geschichtlich weiter zurückreichen. Damit sind auch erhebliche Zweifel an dem mittelalterlichen arabischen Wissenstransfer nach Europa angebracht, was auch immer wieder von Moritz Steinschneider bestätigt wird.219 Nach Steinschneider waren es, übrigens auch im islamischen Iberien, vor allem die Juden, welche, häufig sogar in arabischer Sprache, das Wissen der Antike an Europa weitergaben. Es waren – neben den Muslimen - vor allem Juden, welche in Iberien die antiken Werke ins Griechische und Lateinische übersetzten. Es sei ausdrücklich festgehalten, dass es sich hier um eine These von Steinschneider handelt. Die Geschichte des Judentums zeigt, dass der Antijudaismus in Ländern und Kulturen mit unterentwickeltem Bildungswesen besonders ausgeprägt war und ist. Selbst in Iberien griff er seit dem Hochmittelalter sowohl bei den Muslimen (Al Andalus) als auch den Christen um sich. Nicht einmal massive Bekehrungen der Juden zum Islam und zum Christentum (Marranen) konnten den wachsenden Antijudaismus aufhalten. Judenverfolgungen gab es in islamischen Staaten noch im 20. Jahrhundert, so z.B. 1941 im Irak. Nach dem 2. Weltkrieg wurden alle Juden aus Libyen und anderen islamischen Staaten ausgewiesen. Nach dem Einmarsch der NATO machte die albanische UCK mit Duldung der Amerikaner und Europäer den Kosovo „judenrein“. In aller Öffentlichkeit vollzieht sich seit der Errichtung des Staates Israel, welches man in den arabischen Staaten als zionistisch abstempelt, ein besonders trauriges Schauspiel im Jemen. Bereits vor der Gründung Israels (Mai 1948) kam es 1947 zu einem Pogrom gegen die jemenitische Judengemeinde, welche weit früher als die (vom Islam vertriebenen) Christen und die Muslime im Jemen zuhause waren. Als Reaktion auf diese Aktion holte der Staat Israel mit der Operation „Magischer Teppich“ in den Jahren 1949/50 rd. 50.000 Juden aus dem Jemen. Nur ganz wenige blieben nach 3.000 Jahren jüdischer Präsenz vor allem in Raida im Norden des Landes. Sie wur-

73 den von den dort lebenden liberalen Schiiten human behandelt. Nach dem Aufstand der schiitischen Huthisten im Jahre 2007 verschlechterte sich jedoch die Lage der kleinen jüdischen Gemeinde ganz massiv. Nach der Ermordung von Moshe Yaosh Nahari, dem Leiter der jüdischen Gemeinde, der sich weigerte, zum Islam überzutreten, häuften sich Morddrohungen gegen die Gemeindemitglieder, „ihre Häuser wurden in Brand gesetzt und sie wurden nicht mehr in die Märkte hineingelassen.“220 Bis vor kurzem lebten noch rd. 200 – 500 Juden in der Siedlung Beth Harash. Die Lage der Gemeinde verschlimmerte sich noch weiter, als der Mörder von Nahiri zum Tode verurteilt worden war. Daraufhin wurden weitere Juden im Februar 2009 nach Israel gebracht. Nur noch eine verschwindend geringe Zahl von Juden blieb im Jemen. Da Staatspräsident und Armee immer weniger in der Lage sind, die wenigen noch im Jemen lebenden Juden zu schützen, wollen auch noch die wenigen im Lande Gebliebenen „das Land nach 3000 Jahren verlassen.“221 Das wäre das traurige Ende einer langen jüdischen Tradition im heute arabischen Jemen. Nach dem Abgang des letzten Juden aus dem Jemen würde es den Arabern schwer fallen, der Weltöffentlichkeit den Islam als tolerante Religion zu präsentieren. Man würde damit hinter die Errungenschaften des islamischen Mittelalters zurückfallen. Es war aber auch das moslemische Mittelalter nicht durchgehend die viel beschworene Epoche der Toleranz. Die Idee der Toleranz ist eine europäische Erfindung des 19. Jahrhunderts. Ich erinnere hier an den Brief von Moses Maimonides aus dem 12. Jahrhundert, „daß es für Juden kein größeres Unglück gebe, als unter den Moslems zu leben.“222 Noch drastischer sind die im saudischen Fernsehen geäußerten Worte des Imam der Moschee von Mekka vom 19. April 2002: „Dieses Volk223 ist voll des Bösen und der Verwerflichkeit. (..) Auf ihnen lastet der Fluch Gottes und der Engel und sie verdienen ihn.“224 Der saudische Prediger hat mit diesen Worten eine eigenwillige und seltsame Koraninterpretation gegeben und stellt damit auf jeden Fall das Dogma bezüglich der islamischen Toleranz in der Gegenwart in Zweifel. Zur Ehre des Islam muss aber gesagt werden, dass es neben dem „IslamoFaschismus“225 und „muslimischen Terrorismus“226 auch Kräfte gibt, welche die versäumte Aufklärung nachholen und die islamische Kultur für die moderne Welt erschließen wollen. Zu bedenken ist, dass die Kritik am Islam von westlicher Seite vielfach immer noch ohne Kompetenz und in einer manchmal undiplomatischen Form erfolgt. Mit Erstaunen stelle ich dagegen immer wieder fest, dass die orthodoxen Juden die Moslems, ihre Kultur und Religion vielfach wohlwollender beurteilen und sie besser verstehen als die Aschkenasim, die zionistisch orientierten Juden und die sog. westlichen Christen. Der Wiener Oberrabiner Moishe Arye Friedman, ein Vertreter des orthodoxen Judentums in Europa, und viele Reprä-

74 sentanten der jüdischen Intelligenz stehen der moslemisch-arabischen Kultur sehr positiv gegenüber. Die vielfach auch im Westen geäußerte Kritik am israelischen Zionismus verkennt jedoch die weltweite Zunahme des islamischen Fundamentalismus, der zunehmend offen und verdeckt durch islamische Regierungen unterstützt wird, in den letzten Jahren. Dessen Entstehung und Entwicklung kann man nicht unbedingt und ausschließlich den diversen Regierungen in Israel anlasten, welche, vor allem vor Ariel Sharon, immer wieder versuchten, ein friedliches Zusammenleben mit den Palästinensern und den Moslems überhaupt zu erreichen. Man darf nicht leugnen, dass Kompromissbereitschaft vielfach auch auf arabisch-palästinensischer Seite gefehlt und nicht zuletzt Arafat wenig diplomatisch gegenüber der Regierung von Barak oft zu hoch gepokert hat. Noch zu Beginn der 2. Intifada227 wäre bei den Verhandlungen Ende 2000 in Taba zwischen Arafat und Barak, dem israelischen Ministerpräsidenten, eine Lösung der palästinensischen Frage möglich gewesen, wenn beide Seiten in der jüdischen Siedlerfrage auf palästinensischem Gebiet mehr Kompromissbereitschaft gezeigt und der fanatischen religiösen Siedlerbewegung den Wind aus den Segeln genommen hätten.228 Wenn Arafat und seine Gefolgschaft wie auch die jüdischen religiösen Eiferer und Ultraorthodoxen in Israel mit der Nationenbildung und der nationalen Geschichte des 19. Jahrhunderts in Europa besser vertraut wären, dann hätten diese eigentlich schon längst erkennen müssen, dass der Zionismus ein Produkt des 19. Jahrhunderts ist und von Anfang an nicht ausschließlich alttestamentlich-religiös orientiert war. Die Zionisten rückten von Anfang an ab vom Jahrhunderte alten jüdischen Assimilationsstreben, dessen Unwirksamkeit vor allem durch den Holocaust offenbar wurde, wie auch von der jüdischen Orthodoxie, „die sich in geschlossenen Gemeinschaften in Europa isolierte“.229 Im Sinne der historischen Objektivität gilt es hier festzuhalten, dass die Gründerväter des Zionismus vom gleichen Geist beseelt waren wie die Iren, Italiener und Deutsche, welche nicht mehr unter fremder Herrschaft, sondern in einem Nationalstaat leben wollten mit gemeinsamer Sprache, Kultur, politischer Verfassung und mit freier Religionsausübung auf der Basis der allgemeingültigen Menschen- und Bürgerrechte. Auch die Zionisten, nicht nur die zionistisch gesinnten Israelis, strebten in diesem Sinne einen Staat an, in welchem Juden die hebräische Sprache sprechen, ihre alttestamentliche Religion ausüben und ihre Sitten und Lebensgewohnheiten frei und unbehindert verwirklichen konnten. So betrachtet, ist der Zionismus nicht aus dem Alten Testament ableitbar, sondern ein Produkt der Geschichte des 19. Jahrhunderts. Während die Juden ihren religiös geprägten Nationalstaat, übrigens auch mit starker Hilfe der europäischen Nationen und der USA, verwirklichen konnten, sitzen die Palästinser

75 noch zwischen den Stühlen. Die Juden haben ihren Staat schaffen und konsolidieren können, da in Palästina sich nicht die den Staat Israel ablehnenden ultraorthdoxen Juden, sondern die (meist aschkenasischen) Juden durchgesetzt hatten, welche bis heute auf den Spuren der nationalen Bewegung wandeln und politisch und militärisch mehr, als ihnen wohl bewusst ist, der preußischen politischen und militärischen Tradition verhaftet sind. Die konsequente Umsetzung dieser nationalen Konzeption, also gewissermaßen ein ´palästinensischer Zionismus´, könnte ein gangbarer Weg auch für die Palästinenser sein, um ihren eigenen Staat an der Seite des jüdischen Staates Israel ins Leben zu rufen. Der jüdische Zionismus ist also im Grunde kein Hindernis für die Interessen der Palästinenser, sondern „nutzt den Palästinensern“.230 Es gibt in Israel nicht nur Anhänger von Ariel Scharon und Netanjahu, denen man auch von palästinensischer Seite vorwirft, dass sie ein GroßIsrael schaffen wollen, sondern auch Juden, welche bereit sind, den meist islamischen Palästinensern einen eigenen Staat zuzugestehen, ohne von dem national orientierten Zionismus abrücken zu müssen. Der Zionismus ist also nicht, wie man in Europa immer wieder behauptet, das zentrale Hindernis für eine Symbiose zwischen den semitischen Juden und den semitischen Palästinensern. Vor allem den Palästinensern fehlte es unter der Präsidentschaft von Arafat nicht nur an den nötigen globalen ideengeschichtlichen und politischen Einsichten, sondern auch an dem guten Willen, sich ohne Pokern und Radikalisierung auf die ´andere Seite´ einzulassen.231 Gerechterweise kann man aber auch die israelischen Regierungen der vergangenen Jahrzehnte nicht von politischen und wirtschaftlichen Versäumnissen freisprechen. Die Analogie zur falschen Kurdenpolitik der Türkei drängt sich hier geradezu auf. Die palästinensische Kritik an den staatsbürgerlichen Defiziten in Israel ist teilweise berechtigt und wird auch von prominenten Juden inund außerhalb Israels, nicht zuletzt in Frankreich, anerkannt. Diese Defizite, welche in Jahrzehnten entstanden sind, können jedoch nicht in wenigen Jahren beseitigt werden. Wenn man jüdische Israelis und Palästinenser wieder einander näher bringen will, dann bedarf es der Politik der kleinen Schritte, und zwar nicht nur in der Politik, sondern auch und vor allem in der Kultur. Der große jüdische Dirigent Barenboim gehört zu denen, die es gewagt haben, Zeichen zu setzen. Es ist ihm gelungen, im „West-östlichen Divan“, einem Jugendorchester aus israelischen und palästinensischen Musikern, beide Seiten zu gemeinsamem Musizieren zu bringen. Barenboim ist von seiner Politik der Kommunikation von Palästinensern und Juden über die kulturelle Schiene so überzeugt, dass er es sogar wagte, bei der Verleihung des Wolf-Preises in Israel 2004 Kritik an der Besatzungspolitik der Regierung Sharon zu üben mit dem sehr sinnvollen Hinweis auf die Geschichte des jüdischen Volkes: „Kann das jüdische Volk, dessen Geschichte voller Leiden und Verfolgung ist, gleichgül-

76 tig sein gegenüber den Rechten und dem Leiden eines benachbarten Volkes?“232 Dass diese Äußerung von Barenboim zu einem Eklat führte, sei nur am Rande erwähnt, zeigt aber auch, zu welcher Zivilcourage jüdische Menschen immer wieder fähig sind. Zusätzlich zur Kulturpolitik der kleinen Schritte a la Barenboim ist in diesem Zusammenhang auch die Idee von Prof. Moshe Zimmermann zu beachten, nämlich Juden und Palästinser als zwei Nationalstaaten in einer Konföderation analog wie in Bosnien Serbien und Moslems zusammenzubringen.233 Mehr ist politisch vorerst nicht machbar. Die Politik der kleinen Schritte im kulturellen und politischen Bereich ist ein wichtiger Anfang. Es muss aber noch auf beiden Seiten, bei den Juden und bei den Palästinensern (und den hinter ihnen stehenden Moslems der arabischen Staaten), die Erkenntnis reifen, dass ein Ende der Gewalt, wenn diese auf beiden Seiten praktiziert wird und immer mehr eskaliert, nicht erreicht werden kann. Im „Givat Haviva Zentrum“, benannt nach Haviva Reik, das gegenwärtig aus sieben Abteilungen besteht (so z.B. „Jüdisch-Arabisches Institut“, Sprachlabor234, Internationale Abteilung), sollen junge jüdische und arabische Israelis „über effiziente gemeinsame Erziehungsprogramme“ lernen, „Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen“.235 Talmud und Midrasch sind gute Fundamente für Möglichkeiten des friedlichen Zusammenlebens, spielen aber im täglichen Leben vieler israelischer Juden leider eine allzu geringe Rolle. Sie zeigen uns aber viele Wege auf, mit Bezug auf Genesis 27,40, nicht von seinem Schwerte zu leben und die Tora im praktischen Zusammenleben der Menschen und Völker zu verwirklichen.236 Die hier aufgezeigten Defizite sind, langfristig betrachtet, jedoch weniger den Juden und Palästinensern in Israel anzulasten, sondern eher den westlichen Großmächten, welche seit dem 19. Jahrhundert auch im Vorderen Orient und im Heiligen Land Politik nach der Art schlechter Gutsherren machten und die arabischen Staaten nicht wirklich als echte Partner betrachteten und behandelten.237 Man darf sich also nicht wundern, wenn das Misstrauen der Muslime gegenüber den sog. westlichen Staaten nach wie vor überwältigend ist. Der Konflikt zwischen jüdischen und arabischen Israelis war von Anfang an nie rein regionaler Natur. In den vergangenen 30 Jahren standen die Großmächte hinter den israelischen Juden, dagegen die arabisch-moslemischen ´Bruderstaaten´ und zeitweise auch die Sowjetunion mehr oder weniger überzeugt hinter den Palästinensern. Diese Globalisierung der palästinensischen Frage hat die Lösung des Konfliktes erschwert, gewissermaßen oligopolisiert, um einen Ausdruck der volkswirtschaftlichen Marktformenlehre zu gebrauchen. Die meisten Menschen in den arabischen Staaten sehen darum in Anbetracht der mangelnden Objektivität der Großmächte - nicht ganz zu Unrecht - in der gegenwärtigen Politik des Westens im Vorderen Orient, in Afghanistan, im

77 Irak und gegenüber Israel eine Neuauflage der mittelalterlichen Kreuzzüge und eine besondere Spielart des Neokolonialismus. Aus der Sicht meines Themas bedeutet dies: Die große Masse der (religiös gesinnten) Menschen in den arabischen Staaten ist davon überzeugt, dass die modernen christlichen Staaten genauso wenig christlich handeln wie die Kreuzzugsritter des Mittelalters und die israelischen Juden, welche wie die Araber Semiten sind, von den Machthabern sog. christlicher Staaten bis heute aber für ihre politische Zwecke missbraucht werden. Die meisten Menschen in Europa und USA sind immer noch weit davon entfernt, sich auf solche ´radikalen´ Gedanken einzulassen und der Sache auf den Grund zu gehen. Der sog. Westen wird nicht darum herumkommen, die Palästinenserfrage mehr als bisher in Verbindung mit dem Islam zu sehen. Die mehr säkulare Position, wie man in Zukunft mit dem Islam realistisch und pragmatisch umgehen könnte, zeigt Professor George Lakoff von der Universität Berkeley, ein friedenspolitischer Aktivist, der einige Tage nach dem 11. September 2001 folgenden Rat erteilte: „Those that teach hate in Islamic schools must be replaced – and we in the West cannot replace them. This can only be done by an organized, moderate, nonviolent Islam. The West can make the suggestion, but we alone are powerless to carry it out. We depend on the goodwill and courage of moderate Islamic leaders. To gain it, we must show our goodwill by beginning in a serious way to address the social and political conditions that lead to despair.”238 Es liegt also nicht primär in der Hand des Westens, „einen Orient nach seinem Willen zu erwirken, und das ist auch gar nicht schlecht, denn wer weiß schon, was für ein Frankenstein dabei herauskommen würde?“239 Aus diesen Worten spricht die Toleranz der Aufklärung aus Lessings Nathan, dass die drei großen Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam aus göttlicher und menschlicher Sicht gleichwertig sind und nicht gegeneinander, sondern miteinander wirken sollten. Diese zentrale Idee der Aufklärung wartet darauf, wie so viele andere Ideen der Aufklärung in die Tat umgesetzt zu werden. Es war auch eine der Absichten dieses Kapitels und überhaupt dieses Buches, aus jüdischer und christlicher Perspektive einen Schritt in diese Richtung zu wagen und die häufig vertretene Meinung, dass es sich bei den Gewaltexzessen zwischen Juden und Palästinensern um einen primär konfessionellen Konflikt handelt, in Frage zu stellen.

Ausblick und Schlussbetrachtung In meinem Werk unterscheide ich, abweichend vom üblichen Sprachgebrauch, zwischen Antijudaismus, Antisemitismus und Antizionismus. Eine wichtige Folgerung aus dieser Arbeit, welche auf jahrelanger Beschäf-

78 tigung mit dem Mittealter beruht, ist die Erkenntnis, dass man die mittelalterlich-neuzeitliche Judenfeindlichkeit nicht absolut setzen, sondern sie mehr als bisher im Zusammenhang mit der Diskriminierung der nicht orthodoxen (eine bereits Gregor von Tours im 6. Jahrhundert u.Z. geläufige Redewendung) Abweichler, der Katharer, Albigenser, Waldenser etc., betrachten sollte. Bereits seit dem frühen Mittalter war die religiös-politische Allianz der Römer und Franken vor allem in Frankreich und Italien gegen die Existenz der arianischen Christen gerichtet. Diese Tendenz, die Arianer mit Zwang zu bekehren oder sie aus der Geschichte auszulöschen, wird bereits in der Historia Francorum des bischöflichen Geschichtsschreibers Gregor von Tours im 6. Jahrhundert deutlich. Golo Mann, der Sohn von Thomas Mann, unterscheidet in seinen Werken sehr deutlich zwischen dem mittelalterlichen Antijudaismus, der sich vom Religionsmonopolismus des christlichen Mittelalters ableiten lässt, und dem rassistisch geprägten Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Die im Spätmittelalter wachsende Intoleranz richtete sich ganz massiv auch gegen die Frauen, vor allem gegen solche, welche nicht in das angeblich gottgewollte patriarchalische Frauenbild passten. Bei den europaweiten Hexenprozessen, welche seit dem 16. Jahrhundert auch auf protestantischer Seite praktiziert wurden, wurden weitaus mehr Frauen als Männer angeklagt, verbrannt oder auf andere Art ums Leben gebracht. Die Hexenprozesse waren ja, theologisch betrachtet, nichts anderes als rechtliche Veranstaltungen der christlich-katholischen Inquisition. Hexerei galt in theologischer Hinsicht als Glaubensverfehlung und Todsünde. Die in den Inquisitionsprozessen ergangenen Urteile wurden aber durch die weltliche Obrigkeit umgesetzt. Viele Historiker und Naturwissenschaftler erklären sich die wachsende Intoleranz des späten Mittelalters durch Katastrophen aller Art. Dazu gehörte nicht nur die Pest, sondern unter anderem auch Missernten, Überschwemmungen und sogar Erdbeben. Der dadurch entstandene Strukturwandel führte zu unvorstellbaren Massenpsychosen, in welchen den entwurzelten Menschen unter anderem auch die Juden als Sündenböcke erschienen. Als Folge davon führte der zunehmende Antijudaismus des Spätmittelalters zur Ghettobildung vor allem in den großen Städten. Man muss sich aber davor hüten, die in den Rechtsquellen, Gesetzen und Rechtsbüchern vorkommenden Bestimmungen mit der Praxis der Judenbehandlung gleichzusetzen. Allerdings lässt sich nicht leugnen, dass die meisten Judenpogrome in Europa in einem sehr engen Zusammenhang stehen mit Missernten und wirtschaftlichen Krisensituationen.

79 Doch auch bei der quellenmäßigen Wiedergabe der Pogrome ist historische Vorsicht geboten. Man kann davon ausgehen, dass so manche uns überlieferten historischen Details nicht oder nur unvollkommen mit der Realität übereinstimmen. Auch bei den immer wieder erlassenen antijüdischen Gesetzen ist Misstrauen angesagt. Denn zahlreiche Gesetze dieser Art wurden immer wieder, vielfach mit gleichem oder kaum verändertem Text, wiederholt, was ja ein Zeichen dafür ist, dass sie als nicht bzw. nicht voll wirksam betrachtet wurden. Selbst die durch höchste kirchliche Konzilien ausgesprochenen Verbote wurden nachweislich immer wieder übergangen oder nicht angewendet. So gibt es auch das ganze Mittelalter hindurch erstaunlich viele Vorgänge, welche beweisen, dass Juden von Christen geschützt wurden und dass, z.B. in den Reichsritterschaften von Franken, Christen mit Juden nicht nur wirtschaftlich, sondern auch auf kommunaler Ebene kooperierten. Völlig andere Wurzeln als der mittelalterliche Antijudaismus hat der neuzeitliche Antisemitismus. Dieser befindet sich in einer unheiligen Allianz mit dem Kolonialismus, Nationalismus und Imperialismus der Neuzeit. Alle diese Ismen stellen eine Missachtung christlicher Prinzipien dar. Christliche Missionierung diente nicht nur Spanien und Portugal als unchristlicher Vorwand für wirtschaftliche und politische Machtsteigerung. Die in der Neuzeit vom Christentum immer mehr wegdriftende Entwicklung macht in tragischer Weise deutlich, dass eine Verletzung und Minderung christlicher Werte zwangsläufig auch zu einer Missachtung und vielfach sogar zur Leugnung der jüdischen Wurzeln des Christentums führen mussten. Doch es sollte – trotz der Aufklärung des 18. Jahrhunderts, welche an der Masse der Menschen vorbeigegangen war – im 19. und 20. Jahrhundert noch viel schlimmer kommen. Wie bei kaum einem Dichter der Restaurationszeit (1. Hälfte des 19. Jahrhunderts nach dem Wiener Kongress) hat der gute deutsche Patriot und romantische Dichter Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857) die „Vaterländerei“ und „Deutschtümelei“240 in seinem satirischen Werk „Krieg den Philistern“ verspottet und in weiser poetischer Voraussicht als negative Vorstufe von etwas noch Schlimmeren empfunden. Eichendorff, dessen bester Freund ein katholisch gewordener Berliner Jude, der Maler Philipp Veit, war, hat diesen latenten Antisemitismus bereits lange vor der Reichsgründung von 1871 durchschaut. Die formale rechtliche Emanzipation der Juden im preußischen Königreich und im frühen Bismarckreich führte aber nicht zu einer wirklichen menschlichen und sozialen Gleichstellung der Juden mit den Christen bzw. mit denen, die sich

80 dafür hielten. Juden konnten im Deutschen Kaiserreich in der Bismarckära keine Staatsbeamten und schon gar nicht Professoren an Universitäten werden. Nicht einmal Bismarck, der weder Antijudaist noch Antisemit und mit einigen Juden sogar befreundet war, sah Platz für Juden in einem christlichen Staat. Hier handelte der eiserne Kanzler durchaus konsequent, denn die meist supranational denkenden Juden passten nun wirklich nicht in ein von Militarismus und Adelsherrlichkeit geprägtes nationalistisches System. Das aber lag nicht an den Juden, sondern an dem System, das nicht mehr zeitgemäß war. Seit der Gründerkrise, welche man selbst im relativ liberalen Preußen den Juden anlastete, griff man wieder auf das ´altbewährte´ Muster, die Juden zu Sündenböcken zu deklarieren, zurück. Der immer mehr um sich greifende Antisemitismus wurde noch weiter ideologisiert und der Realität entzogen, indem man die Darwinsche Selektionstheorie bedenkenlos auf Politik und Gesellschaft anwandte und besonders in Deutschland unkritisch zu einem sozialen und politischen Dogma ausweitete. Der aus diesem offenen Antisemitismus resultierende Judenhass eskalierte dadurch immer mehr und nahm über den Terror der Straße immer trivialere Formen an. Solche bedenkliche Tendenzen wurden durch obrigkeitsverliebte Professoren, denen es an Wirklichkeitssinn und Zivilcourage fehlte, noch verstärkt. Die Ablehnung des Judentums ging auch bei immer mehr Christen mit der Leugnung der jüdischen Wurzeln des Christentums Hand in Hand, es war gewissermaßen die logische Folge. Man hatte es bereits im Deutschen Reich vor den Wirren der Weimarer Republik versäumt, den Anfängen zu wehren. Unter den besonderen Umständen des verlorenen 1. Weltkrieges und des wirtschaftlichen Nachkriegschaos sowie den Folgen der Weltwirtschaftskrise war der Holocaust mit der Vernichtung von Millionen von Juden nicht mehr aufzuhalten. Die eben hier geschilderten Ereignisse und Entwicklungen in der Form des Antijudaismus und Antisemitismus dürfen aber, so schrecklich ihre Folgen auch waren, nicht dazu führen, die positive Seite in der Gestalt des Philosemitismus und der Toleranz den Juden gegenüber unter den Tisch fallen zu lassen. Es gab durchaus einige Epochen in einigen Regionen des angeblich dunklen Mittelalters, wo Juden, Christen und Muslime in Iberien, in Sizilien und später auf dem Balkan relativ friedlich und harmonisch zusammenlebten. In meinem Kapitel „Philosemitismus, christliche Duldung oder jüdisch-christliche Symbiose?“ habe ich mit Nachdruck darauf verwiesen, dass der mittelalterliche Toleranzbegriff sich deutlich von demjenigen der modernen westlichen Industriegesellschaft des 20. Und 21. Jahrhunderts

81 unterscheidet. Unsere ´westliche´ Toleranzidee weicht sogar noch ganz erheblich ab von den Toleranzvorstellungen islamischer Staaten von heute. Wenn bei mittelalterlichen meist theologischen oder philosophischen Autoren die Rede ist von tolerantia, dann entspricht das eher dem Begriff des heutigen deutschen Wortes „Duldung“. Auch das wäre nach wie vor eine mögliche Übersetzung des lateinischen Wortes tolerantia. Nicht alle Kontakte, welche Christen mit Juden im Mittelalter und in der frühen Neuzeit hatten, waren ein Ausdruck von Philosemitismus, was wörtlich „Liebe zu den Semiten“ bzw. „Liebe zu den Juden“ bedeutet. Nicht immer waren Kontakte mit den Juden Zeichen von Liebe und Sympathie. Nicht selten brauchten viele Christen die Juden, weil diese auf Grund ihrer überlokalen Kontakte Leistungen boten, welche in der Regel christliche Konkurrenten nicht bzw. nicht so günstig oder perfekt erbringen konnten. Wie die Geschichte mancher bayerischer Adelsfamilien zeigt, scheint es bei einigen von ihnen Versippungen mit Juden gegeben zu haben. Es gab im Mittelalter bayerische Adelsfamilien, welche jüdische Symbole in ihren Wappen hatten und wie die Jud von Bruckberg und von Judmann offensichtlich jüdische Namen trugen. Auffallend ist jedenfalls die Häufigkeit jüdischer Namen im frühmittelalterlichen Freising. Wenig bekannt ist bis heute, dass der Kaiser Ludwig der Bayer im ganzen Reich als Protektor der Juden auftrat. Sein Engagement für die Juden war so stark, dass ihm sogar Ehefrau und Sohn eine antichristliche Einstellung vorwarfen. Er nahm sogar die Juden gegen „Judenschlägereien“, Ritualmordanschuldigungen und andere absurde Anschuldigungen in Schutz. Diese Judenfreundlichkeit hat ihn bei den Kurfürsten des Reiches in höchstem Maße unbeliebt gemacht. Auch dem damals in Avignon residierenden Papst hat so viel Verständnis für die Juden nicht zugesagt. Ein solcher für deutsche Kaiser ungewöhnlicher Philosemitismus trug dann auch im Jahre 1346 zur Wahl von Karl IV. zum deutschen König und im Jahre 1347 zu seinem Rücktritt als König bei. Karl IV. war den Juden bei weitem nicht so wohl gesinnt, verstand sich aber weitaus besser mit dem Papst. Die meisten Päpste in Avignon und später in Rom waren den Juden durchaus gewogen. Bis jetzt hat es sich kaum bei Historikern herumgesprochen, dass der Vatikan die meisten der aus dem katholischen Spanien vertriebenen Juden und Marranen zu Beginn des 16. Jahrhunderts aufgenommen hat. Auch in den kleinen reichsritterschaftlichen Territorien des neuzeitlichen Franken waren die Kontakte zwischen Christen und Juden fast immer harmonisch. Ein besonderes Klima, welches das Zusammenleben zwischen Juden und Christen förderte, gab es in der pfälzischen Residenzstadt Sulz-

82 bach in der heutigen Oberpfalz. In dieser Stadt blühten auch die jüdischen Druckereien und die jüdisch-christliche Kabbalistik. Selbst noch Heinrich Heine, der mit einer französischen Katholikin getraut war und mit ihr in Paris lebte, weißt nur Gutes über seine geistlichen Erzieher im Priestergewande, die er in Deutschland hatte, zu berichten. Größere Probleme als die jüdisch-christliche Zusammenarbeitet bereitet heute mehr denn ja das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen sowie zwischen Juden und Muslimen. Dem ersteren Punkt habe ich das Kapitel „Christentum und Islam – Wie steht es um die Toleranz der Muslime gegenüber Christen und umgekehrt?“, dem zweiten Punkt das mehr zeitgeschichtlich ausgerichtete Kapitel „Palästinenser und Israelis, Juden und Moslems – ein konfessioneller Konflikt?“ gewidmet. Muslime, und zwar nicht nur radikale, werfen den westlichen Staaten eine Kreuzzugsmentalität vor. Die Grausamkeiten der europäischen Kreuzzugsritter, die vor allem aus Frankreich und Britannien kamen, hat man im Vorderen Orient bis heute nicht vergessen. Islamische Staaten, auch die von Kemal Atatürk nach dem 1. Weltkrieg gegründete türkische Republik, hinken europäischen Demokratievorstellungen und Toleranzmaßstäben noch weit hinterher. Das gilt auch für die Türkei, obwohl Atatürks Reformen stark europäisch geprägt waren. Trotzdem werden in der Türkei nach wie vor aramäische Christen, hinter denen nicht bei den Orthodoxen der griechische und russische Staat stehen, zwar nicht offen verfolgt, aber doch diskriminiert und schikaniert. Es verwundert darum nicht, dass die Zahl der in der Türkei (und im Irak) lebenden aramäischen Christen im Laufe der letzten Jahre massiv abgenommen hat. Das ist umso bedauerlicher, als gerade das Aramäische die gemeinsame Wurzel aller drei abrahamitischen Religionen ist. Jesus, seine Jünger und die meisten einfachen Juden des Vorderen Orients sprachen nicht Hebräisch oder Griechisch, sondern Aramäisch. Neuere Forscher wie Lüling und Luxenberg vertreten die - allerdings umstrittene – Auffassung, dass der Urkoran in Aramäisch geschrieben war. Christliche und islamische Kultur könnten nun durchaus voneinander lernen. Muslimische Kulturen fördern die Familie und das Leben in organischen Gemeinschaften, westliche Kulturen verherrlichen – für einen gläubigen Muslim in extremer Weise – einen vielfach überzogenen Individualismus, bei welchem auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften als ´normal´ betrachtet werden. Eine solche Einstellung lehnen orthodoxe Muslime ab.

83 Die muslimische Kultur hat andere Wertvorstellungen (Würde, Ehre etc.) entwickelt als christlich-europäische Kultur. Letztere hat eine Aufklärung durchlaufen, welche zumindest – mit einer großen zeitlichen Verzögerung bei den oberen Schichten angekommen ist, erstere jedoch nicht. Mehr als für die modernen europäischen und amerikanischen Christen ist die Religion mehr als eine reine Glaubensangelegenheit, sie ist auch ein soziales und kulturelles Band. In den meisten islamischen Staaten leben die Menschen in Sippschaften und Großfamilien, in denen die Erfahrung der Senioren unverzichtbar ist. Die soziale Kontrolle durch die Großfamilie in einem überschaubaren patriarchalisch geprägten System wird von orthodoxen Muslimen nicht als Freiheitsverlust empfunden. Die muslimische Kultur ist nicht weniger als die westliche Zivilisation Erbe der griechischen und römischen Antike, welche ein auf der Großfamilie basierendes Gentil- und Klientelsystem hatte. In diese Familia (griechisch RLNRJHQDLD) waren auch die Dienstboten und Arbeitskräfte integriert. In heutigen Israel bzw. Palästina leben zwei Völker der gleichen Rasse und semitischen Sprachgruppe, nämlich jüdische Israelis und muslimische Palästinenser nicht mit-, sondern nebeneinander. Auf dieses Gegen- und Nebeneinanderleben der beiden Völker bin ich im letzten Kapitel „Palästinenser und Israelis, Juden und Moslems – ein konfessioneller Konflikt?“ eingegangen. Ich habe mich dabei bemüht, beiden Seiten objektiv gerecht zu werden. In diesem Kapitel zeigte ich, dass beide Völker bzw. Kulturen trotz dieser Gemeinsamkeiten eine völlig andere Geschichte durchlaufen haben und damit völlig unterschiedlich geprägt und strukturiert sind. Die Israelis, auch wenn sie schon im Lande geboren sind, können ihre europäischen Wurzeln nicht verleugnen. Das gilt für die mitteleuropäisch-deutschen Aschkenasim noch weitaus mehr als für die südeuropäisch-iberischen Sephardim. Die Juden, welche immer wieder aus Europa, nicht zuletzt aus Russland, ins Land strömen, repräsentieren als Wurzeleuropäer europäische Normen und Wertvorstellungen. Gerade die jungen Israelis stehen in ihrem sozialen Verhalten und in ihrem Lebensstil ihren europäischen Altersgenossen näher als den jungen Palästinensern. Die Israelis haben den europäischen Individualismus und europäische Ideologien (Sozialismus, Nationalismus etc.) mit ins Land gebracht, die Palästinenser, die in Sippschaften und Großfamilien leben, lehnen den von den Juden praktizierten individualistischen Lebensstil als areligiös und unislamisch ab. Für die Palästinenser sind also die Israelis keine Asiaten, sondern Fremde, welche radikale Muslime sogar mit den europäischen Rittern der Kreuzzüge als „Kreuzritter“ in einen Topf

84 werfen. Es verwundert also nicht, dass es neben dem islamischen auf Israel fokussierten Antizionismus islamischer Staaten auch noch im 20. Jahrhundert direkte Judenverfolgungen gab und von Zeit zu Zeit nach wie vor auch noch gibt. 1941 gab es im Irak ein Pogrom, nach dem 2. Weltkrieg wurden alle Juden aus Libyen vertrieben. Diese Judenfeindlichkeit der Muslime im Allgemeinen und Palästinenser im Besonderen firmiert aber in der Regel nicht unter dem Begriff „Antisemitismus“, sondern unter dem scheinbar objektiveren Begriff „Antizionismus“. Dieser äußert sich meist aber nicht weniger gehässig, wie man immer wieder in diversen Sendungen arabisch-muslimischer Fernsehanstalten vernehmen kann. Sowohl der direkte, offene „Antisemitismus“ als auch der mehr beschönigende „Antizionimus“ verdecken die nicht immer offen genannte Tatsache, dass die Israelis auf der einen und die Palästinenser auf der anderen Seite nicht nur verschiedene Kulturen haben, sondern dass auf Seiten der Muslime bzw. Palästinenser erheblich stärkere Defizite zu finden sind. Es fehlen nicht nur weitgehend demokratische und rechtsstaatliche Strukturen. Auch die Freiheit der Presse ist noch unterentwickelt. Die „Vereinten Nationen“ beklagen seit Jahren vor allem drei fundamentale Defizite, welche die Freiheit, den Wissenserwerb bzw. die Bildung und die Frauenrechte betreffen. Das Defizit im Sektor „Wissenserwerb“ umfasst nicht zuletzt eine hohe Quote von Analphabeten, vor allem bei den Frauen. Der sich gegen Israel, die USA und gegen die EU richtende antizionistische Terrorismus ist angesichts dieser Defizite keine rein moralische Angelegenheit, sondern die Folge einer enormen Unterentwicklung der islamischen Infrastruktur. Dieses Ungleichgewicht der Kulturen und der Entwicklung gibt es nach der Zuwanderung von zahlreichen Menschen aus unterentwickelten Regionen, z.B. aus der östlichen Türkei, auch in den Staaten der EU, vor allem in Deutschland. Hierzulande versucht man jedoch, dieses nicht gerade einfache Problem mit gezielten Fördermaßnahmen, vor allem im Bildungsbereich, in den Griff zu bekommen. Solche Bemühungen gibt es natürlich auch im Heiligen Land. Es gibt auf beiden Seiten Leute, die daran interessiert sind, dieses Ungleichgewicht der Entwicklung zu reduzieren. Doch solche Maßnahmen scheitern immer wieder an der mangelnden Kompromissbereitschaft der „Falken“ der beiden Seiten. Man hat fast den Eindruck, dass es auf beiden Seiten Leute gibt, welchen die Beibehaltung des Status quo als die beste Lösung des palästinensischen Problems erscheint, bei welchem die Palästinenser ganz massiv von der EU finanziert werden. Die meisten Palästinen-

85 ser haben noch nicht erkannt, dass der jüdische Zionismus ein Vorteil für sie sein könnte. Denn eine Anerkennung eines jüdischen Nationalstaates (im Sinne des Zionismus) könnte auch zu einem palästinensischen Nationalstaat führen, natürlich nur mit einer Politik der kleinen Schritte. Erschwert wird aber eine solche Zweistaaten-Lösung vor allem nicht durch die Israelis und Palästinenser, sondern durch die Großmächte (USA, EU, Russland, China), welche ihre Interessenkämpfe auf dem Rücken der in Israel bzw. Palästina lebenden Menschen austragen. Es wäre dringend erforderlich, wenn die dort lebenden Menschen ihre Probleme weitestgehend allein und aus eigener Kraft lösen würden. Dann könnte eines Tages das Lessing´sche Ideal der Aufklärung Wirklichkeit werden, dass auch im Vorderen Orient die drei abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam nicht gegeneinander agieren, sondern gleichwertig nebeneinander bestehen und mit gemeinsamen Zielen miteinander leben können.

86 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Grabstein im Bogomilen-Friedhof von Radimlja bei Stolac in Bosnien-Herzegowina, Quelle: http://www.heiligenlexikon.de/Glossar/Bogomilen.html Abb. 2: Synagoga vom Bamberger Dom, Foto Dr. W. Kaltenstadler Abb. 3 und 4: Wappen der Jud von Bruckberg im Psalter des Nicolas (de Lyra), im oberen Bild ein Ausschnitt Abb. 5: Grabstein mit Wappen der Jud von Bruckberg an der Außenwand der Pfarrkirche Bruckberg, Foto Sommerer Geisenfeld Abb. 6: Grabplatte des Bischofs Tolkner im Kreuzgang des Freisinger Doms, Foto: Herr Sommerer Geisenfeld Abb. 7: Oberer Teil der Grabplatte mit Inschrift von Henricus Judmann, Foto: Herr Sommerer Geisenfeld

87 Quellen- und Literaturverzeichnis Internetquellen: http://christoph.stoepel.net/geogen/v3

http://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Stoecker#Das_stoeckersche_Programm_und_der_Antisemitismus http://de.wikipedia.org/wiki/Albigenser#Der_Untergang http://de.wikipedia.org/wiki/Albigenserkreuzzug#Verlauf (Stand 6.11.2008) http://www.anis-online.de/pa-ges/_text2/islam/0563_aberglaube2.htm

http://www.colloquiaaquitana.com http://www.deutschland-im-mittelalter.de/erdbeben.php http://www.fes.de/fulltext/historiker/00144.htm http://www.heiligenlexikon.de/Glossar/Bogomilen.html http://www.press.uchicago.edu/News/911lakoff.html http://www.steinheim-institut.de/projekte/straus/index.htlml (Raphael Straus: „Apokatastasis. Eine friedvolle Betrachtung über Judentum und Christentum“) http://www.stein-heim-institut.de/projekte/straus/index.html (Raphael Straus: „Apokatastasis. Eine friedvolle Betrachtung über Judentum und Christentum“) http://www.ursulahomann.de/EcclesiaUndSynagoga/komplett.htlm (Ursula Homann: Ecclesia und Synagoga – feindliche Schwestern?) www.anis-online.de/pages/_text2/islam/0563_aberglaube2.htm.

Quellen und Literatur „Brutalität als täglicher Alptraum. Etwa 40 % der Frauen in Deutschland sind Opfer von Gewalt“, in: Donaukurier Nr. 254, 31.10.2008, S. 6 „Verheerende Tsunamis vor über 500 Jahren“, in: Donaukurier, 1./2.November 2008, Beilage „Der Sonntag“ „Wissenskluft“ in arabischer Welt, in: Donaukurier, Nr. 242, 21. Oktober 2003, S. 5 350 Jahre Wittelsbacher Fürstentum Pfalz-Sulzbach“. Sonderausstellung 2. Juni – 17. September 2006 Sulzbach – Rosenberg Stadtmuseum und Klosterkaserne Altmann Peter, Abrahams Enkel in Spanien, Magisterarbeit, Frankfurt 2006 Apian: Philipp Apians Wappensammlung, in: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte, Bd. 39 (1880), Nr. 343 Autorenkollektiv: Antisemitismus in der Geschichtswissenschaft. Ein interdisziplinärer Forschungsbericht, UBW-Verlag, Hamburg 2004 Badde Paul: Bitte kein Wort von den Armeniern. Die Erwartungen an Benedikt XVI. sind vor seiner Reise in die Türkei groß, in: Die Welt, 25.11.2006

88 Bartsch Ekkehard: Karl Mays Wiener Rede. Eine Dokumentation, in: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft, 1970 Begegnungen in schwieriger Zeit. Vertrauensdozentinnen und Vertrauensdozenten berichten über eine Studienreise durch Israel, Arbeitspapier 77, Düsseldorf Dezember 2003 Berding Helmut: Moderner Antisemitismus in Deutschland, Frankfurt 1988 Berman Paul: Terrror und Liberalismus, 2004 Beuys Barbara: Der große Kurfürst. Der Mann der Preußen schuf, Sonderausgabe Reinbek bei Hamburg 1984 Bierschwale Ingo und Meinert Peer: Benedikt XVI. reist ins „Minenfeld“ Türkei, in: Donaukurier Nr. 274, 28.11.1006, S. 2 Blöss Christian: Planeten, Götter, Katastrophen: Das neue Bild vom kosmischen Chaos, Frankfurt am Main 1991

Bönisch Georg: Bewaffnete Wallfahrten, in: Annette Großbongardt und Dietmar Pieper (Hrsg.): Die Staufer und ihre Zeit – Leben im Hochmittelalter, München 2010, S. 177-184 Bordeaux-Székely Edmond: Das Geheime Evangelium der Essener. Die Lehren der Auserwählten, Schriften der Essener, Buch 4, 7. Auflage, Südergellersen 1988 Bost Bodo: Rückzug nach über 3000 Jahren. Die letzten Juden verlassen den Jemen – Christen sind schon lange fort, in: Preußische Allgemeine Zeitung 9 (2011), S. 6. Brätz Herwig: Brandenburg – Stadt des Pharaos, 2007 Bruch Rüdiger vom – Müller Rainer A.: Erlebte und gelebte Universität. Die Universität München im 19. und 20. Jahrhundert, Pfaffenhofen 1986 Brühl Bettina: Andreas von Rinn, Tradierungsmechanismen einer Ritualmordlegende, untersucht am Beispiel Bayerisch-Schwaben, in: Peter Fassl (Hrsg.): Geschichte und Kultur der Juden III, Augsburg 2005 Brühl Bettina: Ein „Fremder“ im bayerischen Heiligenhimmel. Zur Darstellung des Anderl von Rinn auf einer Votivtafel der Wallfahrtskirche Hergottsruh in Friedberg, in: Altbayern in Schwaben, Jahrbuch für Geschichte und Kultur 2005/2006, Aichach 2005, S. 118-133 Brunner Erika: Der tragische König. Leben und Tod König Ludwigs II. von Bayern, 2. erweiterte Auflage, Berlin 2000 Claussen Detlev: Vom Judenhaß zum Antisemitismus. Materialien einer verleugneten Geschichte, Darmstadt-Neuwied 1987 Codex Juris Bavarici Criminalis de anno MDCCLI, 2. Aufl., München 1771 Cohen Mark R.: Unter Kreuz und Halbmond. Die Juden im Mittelalter, München 2005

89 Däppen Christoph: Nostradamus und das Rätsel der Weltzeitalter, Verlag Books on Demand, Norderstedt-Zürich 2004 Davidson Ralph: Der Zivilisationsprozess. Wie wir wurden was wir sind, UBWVerlag, Hamburg 2002 Davidson Ralph: Islam: Die Fakten. Basiswissen zur Kritik der islamischen Geschichte, UBW-Verlag, Hamburg 2005. Davidson Ralph: Sprachgeschichte. Eine problemorientierte Einführung, 4. Auflage, U.B.W. Verlag, Hamburg 2004 Delumeau Jean: Angst im Abendland. Die Geschichte kollektiver Ängste im Europa des 14. bis 18. Jahrhunderts, RoRoRo-TB, Reinbek bei Hamburg 1989, Originalausgabe unter dem Titel „La Peur en Occident (XIVe-XVIIIe siècles). Une cité assiégée, Paris 1978 Deschner Karl Heinz: Kriminalgeschichte des Christentums, Bd. 2, 1988 und Bd. 4 (Frühmittelalter), Verlag Reinbek-Rowohlt, Hamburg 1994 DPA-Bericht „Megabeben“ in: Donaukurier Nr. 227, 2./3./4. Oktober 2009, S. 3 Eisler Hanna (Hrsg.): Die großen Fragen der Geschichte. Eine Auswahl von Texten der Hamburger Schule, Hamburg 2003 Evans Richard J.: Das Dritte Reich. Der Aufstieg, München 2004; zit. nach Anthony Beevor: Wir müssen uns in die Bösen hineinversetzen, Besprechung des Werkes von Evans, in: Die Welt, Literarische Welt, 6. März 2004, Literarische Welt. Fachjounal „Nature, Bd. 455, 2008 Fortis Umberto: Juden und Synagogen - Venedig . Florenz . Rom . Livorno, Venezia 1973 Fournier August: Napoleon I. Eine Biographie in drei Teilbänden, 2. Band: Der Kampf um die Weltherrschaft, hrsg. von Theophile Sauvageot, Essen o. J. (2003) Freisinger Rechtsbuch, bearb. von H.-K. Claußen, Weimar 1941 (= Germanenrechte , N.F.) Freisinger Rechtsbuch, bearb. Von H.-K. Claußen, Weimar 1941 (= Germanenrechte , N.F.), Art. 219 Friedrich Horst: Erdkatastrophen und Menschheitsentwicklung. Unser kataklysmisches Ur-Trauma, Hohenpeißenberg 1998 Glagau Otto: Der Bankerott des Nationalliberalismus und die ´Reaktion´, Berlin 1878 Glaser H. (Hrsg.): Die Zeit der frühen Herzöge. Von Otto. I. zu Ludwig dem Bayern, München-Zürich 1980 Goerge Rudolf: Judaica Frisingensia. Spuren jüdischer Kultur und jüdischen Lebens im Freisinger Raum, in: Amperland 27 (1991)

90 Goldhagen Daniel: Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Klaus Kochmann, Berlin 1996 Goßmann Hans-Christoph / Liebers Reinhold (Hrsg.): Hebräische Sprache und Altes Testament. Festschrift für Georg Warmuth zum 65. Geburtstag, Hamburg 2010 (Jerusalemer Texte) Grammel Wolfgang: Hygiene im alten Freising. Ein Beitrag zur Geschichte des Gesundheitswesens (1. Teil), in: Amperland, 46 Jahrg., 2010, Heft 1, S. 30-35 Greif Thomas: Nichts mehr zu sagen und nichts zu beweinen. Auf den Spuren des fränkischen Landjudentums, in: Jüdische Zeitung, September 2008, S. 25 Gumppenberg Ludwig Albert Freiherr von: Geschichte der Familie von Gumppenberg, 2. Aufl., München 1881

Gyémánt Ladislau (Hrsg.): The Alienation and Assimilation Process in the Jewish Communities from Europe, International Conference, ClujNapoca, October 27-29, 2009, in: Studia Judaica, Vol. XVIII, ClujNapoca 2010, S. 17-332 Haiplik Reinhard: Pfaffenhofen unterm Hakenkreuz, Pfaffenhofen 2003 Haiplik Reinhard: Pfaffenhofen, 3. Februar 1935 – Ein neuer Frühling? (2. Fortsetzung und Schluss), in: Unsere Heimat. Historische Blätter für den Landkreis Pfaffenhofen, Beilage des „Donaukurier“, 145. Jahrg., Nr. 3/2004, S. 1-2 Hartau Friedrich: Wilhelm II., Hamburg 1978 Hausherr Hans: Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit, 3. Aufl., Köln – Graz 1960 Hecker Julius Friedrich Carl: Die großen Volkskrankheiten des Mittelalters, 1865, Nachdr. 1964 Hecker Justus Friedrich Carl: Der Schwarze Tod im vierzehnten Jahrhundert. Nach den Quellen für Ärzte und gebildete Nichtärzte bearbeitet, 1832; Nachdr. 1973 Heinsohn Gunnar– Christoph Marx: Kollektive Verdrängung und die zwanghafte Wiederholung des Menschenopfers, 1984 Heinsohn Gunnar: Die Erschaffung der Götter. Das Opfer als Ursprung der Religion, 1997 Heinsohn Gunnar: Was ist Antisemitismus? Der Ursprung von Monotheismus und Judenhaß. Warum Antizionismus? Verlag Eichborn, Frankfurt am Main 1988 Heinz Thomas: Ludwig der Bayer (1282-1347). Kaiser und Ketzer, RegensburgGraz-Wien-Köln 1993 Herzig Arno: Die Juden in Hamburg, Hamburg 1991 Höpfinger Renate: Die Judengemeinde von Floß 1684 – 1942, Kallmünz 1993

91 Illo Humphrey: Boethius. His Influence on the European Unity of Culture: from Alcuin of York (+1804) to Thierry of Chartres (+1154)”, Bautz-Verlag, Nordhausen 2010 Ihringer Bernhard (Hrsg.): Aus der Chronika derer von Zimmern. Historien und Kuriosa aus sechs Jahrhunderten deutschen Lebens, urkundlich erzählt von Graf Froben Christoph von Zimmern + 1563 und Johannes Müller, Zimmernschem Sekretär + 1600, Ebenhausen-München und Leipzig 1911 Illig Heribert: Chronologie und Katastrophismus. Vom ersten Menschen bis zum drohenden Asteroideneinschlag, Gräfelfing 1992 Jeglin Rainer: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, in: Jahrbuch der KarlMay-Gesellschaft 1990, S. 107-131 Kaltenstadler Wilhelm: Die Modernität der jüdisch-christlichen Idee. Sind Judentum und Christentum vorsätzlich aus der Zivilisationsgeschichte herausgeschrieben worden? UBW-Verlag, Hamburg 2011 Kaltenstadler Wilhelm: Eichendorff – Vorbote der Moderne, in: Beiträge zur Kulturgeschichte des Judentums und der Geschichte der Medizin, Bd. I, hrsg. von Nicolas Benzin, Frankfurt 2009, S- 19-43 Kaltenstadler Wilhelm: Frauen haben (k)eine Seele. Geschichte und Mythos der Frauenverachtung, Greiz 2012. Kaltenstadler Wilhelm: Griechisch-römische Antike oder jüdisches Christentum – Wem verdanken wir die europäische Zivilisation? UBW-Verlag, Hamburg 2005. Kaltenstadler Wilhelm: Jewish Position in and Contribution to the European Transfer of Civilization. A special Aspect of Jewish Assimilation and Integration, in: Studia Judaica Vol. XVIII, Cluj-Napoca 2010, S. 79-88. Kaltenstadler Wilhelm: Judentum, Christentum und Kulturtransfer, in: Beiträge zur Kulturgeschichte des Judentums und der Geschichte der Medizin, Bd. II, Frankfurt 2010, S. 23-69. Kaltenstadler Wilhelm: Gesundheit, Hygiene und Krankheit bei Maimonides, in: Beiträge zur Kulturgeschichte des Judentums und der Geschichte der Medizin, Bd. II, Frankfurt 2010, S.86-141. Kaltenstadler Wilhelm: „Kurz ist das Leben, lang die (ärztliche) Kunst …“. Das medizinische Werk des Moses Maimonides, in: Jahrg. 135 der „Deutsche Medizinische Wochenschrift“, Dezember 2010 (Weihnachtsausgabe), S. 25632566. Kaltenstadler Wilhelm: Zucker als Lebens- und Heilmittel im medizinischen Werk des Moses Maimonides, in: Jahrg. 135 der „Deutsche Medizinische Wochenschrift“, Dezember 2010 (Weihnachtsausgabe), S. 2567-2573.

92 Kaltenstadler Wilhelm: Soziale und rechtliche Volkskunde, in: Wege der Volkskunde in Bayern. Ein Handbuch, herausgegeben von Edgar Harvolk, München / Würzburg 1987, S. 443-513 Klug Sonja Ulrike: Kathedrale des Kosmos. Die heilige Geometrie von Chartres, Kluges Verlag, 2. Aufl., Bad Honnef 2005 Kramer Karl-S.: Bauern und Bürger im nachmittelalterlichen Unterfranken. Eine Volkskunde auf Grund archivalischer Quellen (= Beitr. zur Volkstumsforschung, Bd. 11) , Würzburg 1957 Kreitmeier Klaus: Geheimnisumwittertes Volk, in: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt, 66. Jahrg., Nr. 35, 31. August 2003, S. 16 f. Kühnel Harry (Hrsg.): Alltag im Spätmittelalter, Weltbildverlag, Augsburg 2006 Lea Henry Charles: Geschichte der Inquisition im Mittelalter (Hrsg. der deutschen Ausgabe Joseph Hansen), 3 Bände, Verlag Georgi, Bonn 1905 LeRoy Ladurie Emmanuel : Montaillou – Ein Dorf vor dem Inquisitor 1294 bis 1324, deutsche Ausgabe, Berlin 2000 Liebhart Wilhelm: Altbayerische Geschichte, Verlagsanstalt Bayerland, Dachau 1998 Liebhart Wilhelm: Macht, Pflicht und Mythos. Zum Jubiläum „200 Jahre Königreich Bayern 1806-2006“ (Schluß), in: Aichacher Heimatblatt, Jahrg. 54, H. 2, Februar 2006, S. 5-7 Liebhart Wilhelm: Macht, Pflicht und Mythos. Zum Jubiläum „200 Jahre Königreich Bayern 1806-2006“ (Schluß), in: Aichacher Heimatblatt, Jahrg. 54, H. 2, Februar 2006, S. 5-7 Luehrs-Kaiser Kai: Meinungsfreiheit und Mission: Daniel Barenboim, WolfPreisträger, in: Die Welt, Mittwoch, 12. Mai 2004, S. 9 Lüling Günter: Die Wiederentdeckung des Propheten Muhammad. Eine Kritik am ´christlichen´ Abendland, Erlangen 1981 Luxenberg Christoph: Die syro-aramäische Lesart des Korans. Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache, Verlag Das Arabische Buch, Berlin 2000. Marcu Valeriu: Die Vertreibung der Juden aus Spanien, München 1991 (Erstausgabe Amsterdam 1934) Marcuse Ludwig: Heinrich Heine. Melancholiker – Streiter in Marx – Epikureer, Zürich 1980 Marx Christoph: Datieren vor der gregorianischen Kalenderreform in: VorzeitFrühzeit-Gegenwart 3, 1993 Marx Christoph: Der (bislang) letzte Große Ruck in: Vorzeit-Frühzeit-Gegenwart 3, 1996, S. 339ff

93 Maser Peter: Facetten des Judentums. Aufsätze zur Begegnung von Christen und Juden sowie zur jüdischen Geschichte und Kunst, Hamburg 2009 (Jerusalemer Texte) Massing Paul W.: Vorgeschichte des politischen Antisemitismus, Frankfurt a. M. 1959 McGuirk Rod und Lawless Jill: Zwangsverschickt nach Australien. Rudd entschuldigt sich bei Heimkindern, in: Donaukurier, Nr. 265, 17.11.2009, S. 2 Meichelbeck: Historia Frisingensis, Bd. II, 1,9, Augsburg 1729 Memminger A.: Der Bayernkönig Ludwig II., 14.-20. Auflage, Würzburg o. J. (Ende des 1. Weltkrieges) Mensching Gustav: Der Irrtum in der Religion, Heidelberg 1969 Mertes Michael: Paul Berman verteidigt die offene Gesellschaft gegen ihre Feinde, Besprechung des Buches von Paul Berman: Terrror und Liberalismus, 2004, in: Die Welt, 13,03.2004, Literarische Welt, S. 5 Nadler Rajaa: Ermreuth – Eine jüdische Landgemeinde in Oberfranken, in: Beiträge zur Kulturgeschichte des Judentums und der Geschichte der Medizin, Bd. II, Frankfurt 2010, S. 7-22. Neue Züricher Zeitung, 23. April 2002, S. 3 Nicolaus (de Lyra): Postilla moralis super totam bibliam (Ausz.) Psalterium, deutsche Bearbeitung und Vorreden von Heinrich von Mügeln, Straßburg 1478 O.V.: Die wahre Erlösung vom Antisemitismus. Von einem getauften Juden, Leipzig 1883 O.V.: Hinweisschild erläutert antisemitische Skulptur in: Donaukurier, Nr. 73, 31.03.2005, S. 14 Pfister Christoph: Die Matrix der alten Geschichte. Analyse einer religiösen Geschichtserfindung, Dillum Verlag, Fribourg / Schweiz 2002 Poliakov Leon: Geschichte des Antisemitismus, Bd. 6: Emanzipation und Rassenwahn, Worms 1987 Raabe Wilhelm: Holunderblüte. Eine Erinnerung aus dem „Hause des Lebens“, in: Wilhelm Raabe, Sämtliche Werke, Erste Serie, Bd. 5, Berlin – Grunewald, 1864, aus „Ferne Stimmen“, S. 594-627 Raddatz Alfred: Die Entstehung des Motivs "Ecclesia und Synagoge". Geschichtliche Hintergründe und Deutung, Diss. Berlin 1959 Ritter Thomas: Die Katharer. Kinder des Teufels oder wahre Christen? 2. Aufl., Groß-Gerau 2006 Rom Latium. Ein Reisehandbuch, Michael Müller Verlag, Erlangen 2001 Röschlau Frauke und Fuhr Stefan: Herero-Aufstand markiert ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte, in: Donaukurier, Nr. 7, 10./11. Januar 2004, S. 3

94 Rougemont Denis de: Die Liebe und das Abendland (deutsche Ausgabe), Zürich 1987 Santa-Maria F. de: Historia das sagradas congegraçoes des conegos seculares de S. Jorge em alga de Venesa e de S. João evangelista en Portugal, Lissabonn 1677 Schimmang Jochen: Es war möglich. Christopher Browning über den Weg zum Judenmord der Nazis, in: Die Welt, Literarische Welt, 17. Januar 2004 Schlecht J.: Monumentale Inschriften im Freisinger Dome, 1. Heft, Freising 1900 Schneider Michael: Die „Goldhagen-Debatte“: ein Historikerstreit in der Mediengesellschaft [Electronic ed.], Gesprächskreis Geschichte, 17, Bonn 1997 Schreiber Friedrich: Schalom Israel, Nachrichten aus einem friedlosen Land, München 1998 Schroubek Georg R.: Zur Frage der Historizität des Anderl von Rinn, in: Tiroler Kulturzeitschrift „Das Fenster“, Bd. 19 (1985), Heft 38, S. 3766-3774 Schroubek Georg R.: Zur Kriminalgeschichte der Blutbeschuldigung. ´Ritualmord´- Opfer und Justizmordopfer, in: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform, 65. Jahrg., Heft 1 (1982) S. 2-17 Schwarz Stefan: Die Juden in Bayern im Wandel der Zeiten, München / Wien 1963 (TB 1980) Schwinges Rainer Christoph: Die Wahrnehmung der Anderen durch Geschichtsschreibung. Muslime und Christen im Spiegel der Werke Wilhelms von Tyrus (+ 1186) und Rodrigo Ximénes de Rada (+ 1247), in: A. Patschovsky und H. Zimmermann (Hrsg.): Toleranz im Mittelalter, Sigmaringen 1998, S. 101-127 Seibert Thomas: Juden, Christen, Kurden, Griechen. Der Antisemitismus in der Türkei ist Teil einer allgemeinen Fremdenfeindlichkeit, in: Jüdische Allgemeine Nr. 27 vom 3.7.2008, Beilage ´Jüdische Welt´, S. 6 Selig Wolfram: „Arisierung“ in München. Die Vernichtung jüdischer Existenz 1937-1939, Berlin 2004 Seligman Rafael: In Deutschland erblüht das Judentum. Kein anderes Land hat eine so schnell wachsende Gemeinde – die Normalisierung geht weiter, in: Die Welt, 23. Juli 2004, Forum, S. 9 Sighart Joachim: Von München nach Landshut. Ein Eisenbahnbüchlein, Landshut 1859 Silvester Christian: Das Zeitalter der „deutschen Katastrophe“: Hans-Ulrich Wehlers Gesellschaftsgeschichte, in: Donaukurier, Nr. 187, 14./15.08.2004, S. 16 Stein Hannes: Juden als Kronzeugen gegen das Judentum, in: Die Welt, Feuilleton, 23.10.2007, S. 27 Stein Hannes: Juden als Kronzeugen gegen das Judentum, in: Die Welt, Feuilleton, 23.10.2007

95 Steinschneider Moritz: Die hebräischen Übersetzungen des Mittelalters und die Juden als Dolmetscher, Neudruck Graz 1956 Strzewitzek H.: Die Sippenbeziehungen der Freisinger Bischöfe im Mittelalter, München 1938 (= Deutingers Beiträge 16) Taub Gadi: Zionismus nutzt den Palästinensern. Gefährdet wird ein Ausgleich in Nahost hingegen durch die religiöse Siedlungsbewegung, Übersetzung durch M. Lau, in: Die Welt, 21.06.2004 Teichtal Yehuda: Steinerne Monumente, lebendige Lehre. Warum antike Kulturen verschwunden sind und das jüdische Volk die Jahrtausende überdauert hat, in: Jüdische Allgemeine Nr. 30, 23.07.2009 Topper Uwe: Zeitfälschung. Es begann mit der Renaissance. Das neue Bild der Geschichte, Verlag Herbig-Langen-Müller, München 2003 Treitschke Heinrich: Unsere Ansichten, in: Preußische Jahrbücher, November 1879, zitiert nach: Der Berliner Antisemitismusstreit, hrsg. von Walter Boehlich, Frankfurt a. M. 1965 Treml M. – Kirmeier J.: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern: Aufsätze, München 1988 Treml M. – Kirmeier J.: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern: Aufsätze, München 1988 Ullrich Volker: Hitlers willige Mordgesellen. Ein Buch provoziert einen Historikerstreit: Waren die Deutschen doch alle schuldig? in: Die Zeit, 12.04.1996 Walser verteidigt Guttenberg, in: Donaukurier Nr. 53, 5./6.3.2011, S. 18. Wehler Hans Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte 1914 bis 1949, München 2004 Wie der Gegenpapst nach Holstein kam, in: Die Welt, 28.11.1007, S. 28 Wistrich Robert S.: A Lethal Obsession. Anti-Semitism from Antiquity to the Global Jihad, New York 2010 Zimmermann Michael: Die Geschichte der Juden im Rheinland und in Westfalen, Stuttgart 1998

96 Endnotenverzeichnis 1

Robert Wistrich: A Lethal Obsession. Anti-Semitism from Antiquity to the Global Jihad, New York 2010, Kapitel 14 “The Anti-Zionist Masquerade”, S. 494-514. 2 Robert Wistrich: A Lethal Obsession, ebd., Kap. 24 “The Wrath of Khomeini”, S. 830878. 3 Robert Wistrich: A Lethal Obsession, ebd., Kap. 25 “Ahmadinejad: The Last Jihad”, S. 879-927. 4 Wilhelm Kaltenstadler: Gesundheit, Hygiene und Krankheit bei Maimonides, in: Beiträge zur Kulturgeschichte des Judentums und der Geschichte der Medizin, Bd. II, Frankfurt 2010, S.86-141. 5 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Abraham_ibn_Daud (Stand: 13.03.2011). 6 Fred Rosner (Hrsg.): “The Medical Writings of Moses Maimonides, Vol. 1, 2. Auflage, Haifa 1988. 7 Vgl. Christian Blöss: Planeten, Götter, Katastrophen: Das neue Bild vom kosmischen Chaos, Frankfurt am Main 1991. 8 Vgl. Heribert Illig: Chronologie und Katastrophismus. Vom ersten Menschen bis zum drohenden Asteroideneinschlag, Gräfelfing 1992. 9 Vgl. Horst Friedrich: Erdkatastrophen und Menschheitsentwicklung. Unser kataklysmisches Ur-Trauma, Hohenpeißenberg 1998. 10 Vgl. Gunnar Heinsohn– Christoph Marx: Kollektive Verdrängung und die zwanghafte Wiederholung des Menschenopfers, 1984, S. 89ff und Gunnar Heinsohn: Die Erschaffung der Götter. Das Opfer als Ursprung der Religion, 1997. 11 Vgl. Christoph Marx: Der (bislang) letzte Große Ruck in: Vorzeit-Frühzeit-Gegenwart 3, 1996, S. 339ff. Mit „Großer Ruck“ ist ein letzter Kataklysmus des späten Mittelalters gemeint, wie ihn beispielsweise ein Gutachten der Medizinischen Fakultät der Universität Paris im 14. Jahrhundert andeutet. 12 Uwe Topper: Zeitfälschung,. München 2003, S. 216. 13 Topper: Zeitfälschung, ebd., S. 217. Auch hier fehlen konkretere historische Quellennachweise. 14 Pfister: Die Matrix der alten Geschichte, Fribourg 2002, S. 382ff. 15 F. de Santa-Maria: Historia das sagrada congegraçoes des conegos seculares de S. Jorge em alga de Venesa e de S. João evangelista en Portugal, Lissabonn 1677, S. 270-272. Zit. Nach Jean Delumeau: Angst im Abendland, Hamburg 1989, S. 160. 16 Vgl. Christoph Däppen: Nostradamus und das Rätsel der Weltzeitalter, NorderstedtZürich, S. 42f. Das Pariser Gutachten findet sich ursprünglich bei Julius Friedrich Carl Hecker: Die großen Volkskrankheiten des Mittelalters, 1865, Nachdr. 1964. Vgl. auch Justus Friedrich Carl Hecker: Der Schwarze Tod im vierzehnten Jahrhundert. Nach den Quellen für Ärzte und gebildete Nichtärzte bearbeitet, 1832; Nachdr. 1973. 17 Julius Friedrich Carl Hecker: Die großen Volkskrankheiten des Mittelalters, 1865, Nachdr. 1964. 18 Vgl. dazu „Verheerende Tsunamis vor über 500 Jahren“, in: Donaukurier, 1./2.November 2008, Beilage „Der Sonntag“, unpaginiert. 19 Fachjounal „Nature, Bd. 455, 2008. 20 DPA-Bericht „Megabeben“ in: Donaukurier Nr. 227, 2./3./4. Oktober 2009, S. 3. 21 Quelle: www.deutschland-im-mittelalter.de/Erdbeben.php (Stand 10.01.2011).

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Bernhard Ihringer (Hrsg.): Aus der Chronika derer von Zimmern. Historien und Kuriosa aus sechs Jahrhunderten deutschen Lebens, urkundlich erzählt von Graf Froben Christoph von Zimmern + 1563 und Johannes Müller, Zimmernschem Sekretär + 1600, EbenhausenMünchen und Leipzig 1911, S. 127. 23 Christoph Däppen: Nostradamus und das Rätsel der Weltzeitalter, a.a.O., S. 42. 24 Thomas Heinz: Ludwig der Bayer (1282-1347). Kaiser und Ketzer, Regensburg-GrazWien-Köln 1993, S. 63. 25 Ich erinnere nur an die Willkür, welche immer wieder staatliche Gerichte und andere staatliche und private Organisationen sich gegen sog. freie Bürger leisten. Solche Fälle, wie sie z.B. in der Sendung von Fliege und anderen ausgestrahlt werden, scheinen keine Einzelfälle mehr zu sein. Die Demokratie der BR Deutschland ist immer noch nicht in der Lage, gegen solche Willkür mit der Einrichtung von Ombudsmännern (wie in Schweden und Österreich) vorzugehen. 26 Vgl. dazu den auf einer Untersuchung des Robert-Koch-Instituts beruhenden Artikel „Brutalität als täglicher Alptraum. Etwa 40 % der Frauen in Deutschland sind Opfer von Gewalt“, in: Donaukurier Nr. 254, 31.10.2008, S. 6 (ohne Berücksichtung der Dunkelziffer). 27 Wilhelm Kaltenstadler: Frauen haben (k)eine Seele. Geschichte und Mythos der Frauenverachtung, Greiz 2012. 28 Nach Christoph Marx: Datieren vor der gregorianischen Kalenderreform in: VorzeitFrühzeit-Gegenwart 3, 1993, S. 38ff. könnte das Konzil auch später stattgefunden haben. 29 Gustav Mensching: Der Irrtum in der Religion, Heidelberg 1969, S. 168. 30 Freisinger Rechtsbuch, bearb. Von H.-K. Claußen, Weimar 1941 (= Germanenrechte , N.F.), Art. 219, zit. nach Rudolf Goerge: Judaica Frisingensia, Amperland 27 (1991)., S. 40. Zum Judeneid vgl. vor allem M. Treml – J. Kirmeier: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern: Aufsätze, München 1988. 31 Codex Juris Bavarici Criminalis de anno MDCCLI, 2. Aufl., München 1771, Viertes Capitel, § 10 und 11. 32 Beachtenswert sind die Ausführungen zur Kultur der Templer von Uwe Topper: Zeitfälschung, a.a.O., S. 152-159. Auf die Darstellung der Templer in einem eigenen Kapitel möchte ich auch hier verzichten, da dies von meinem Thema zu weit wegführen würde. 33 Karl Heinz Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums, Bd. 4, Hamburg 1994, S. 152f. 34 Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums, Bd. 4, ebd., S. 151f. 35 Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums, Bd. 4, ebd., S. 179. 36 Henry Charles Lea: Geschichte der Inquisition im Mittelalter, Bd. 1, Bonn 1905, S. 66. 37 Christoph Däppen: Nostradamus und das Rätsel der Weltzeitalter, a.a.O., S. 158. 38 Pfister: Die Matrix der alten Geschichte, Kap. „Wer erfand die Kreuzzüge?“, a.a.O., S. 322-336 verlegt in Verbindung mit seiner These von der Kalendermanipulation durch Scaliger und Petavius die Kreuzzüge in das 16. Jahrhundert. Dafür fehlt aber jegliche Quellenbasis. 39 Christoph Däppen: Nostradamus und das Rätsel der Weltzeitalter, a.a.O., S. 70-73 bemüht sich um eine rationale Erklärung des Vorwurfs der Brunnenvergiftung über die Lepra, welche ansteckend war und bei Juden wohl häufiger vorkam als bei Christen. 40 Harry Kühnel (Hrsg.): Alltag im Spätmittelalter, Augsburg 2006., S. 54f. 41 Harry Kühnel (Hrsg.): Alltag im Spätmittelalter, ebd., S. 58-64.

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Wolfgang Grammel: Hygiene im alten Freising. Ein Beitrag zur Geschichte des Gesundheitswesens (1. Teil), in: Amperland, 46 Jahrg., 2010, Heft 1, S. 30-35, hier S. 31. 43 Jean Delumeau: Angst im Abendland, a.a.O., S. 432. 44 Wilhelm Liebhart: Altbayerische Geschichte, Dachau 1998, S. 46. 45 Georg Bönisch: Bewaffnete Wallfahrten, in: Annette Großbongardt und Dietmar Pieper (Hrsg.): Die Staufer und ihre Zeit – Leben im Hochmittelalter, München 2010, S. 177-184, hier S. 179. 46 Georg Bönisch: Bewaffnete Wallfahrten, ebd., S. 179. 47 Bönisch: Bewaffnete Wallfahrten, ebd., S. 180. 48 Georg Bönisch: Bewaffnete Wallfahrten, ebd., S. 180f. 49 Georg Bönisch: Bewaffnete Wallfahrten, ebd., S. 178. 50 Georg Bönisch: Bewaffnete Wallfahrten, ebd., S. 181. 51 Mameluken bzw. Mamluken „waren ursprünglich Militärsklaven türkischer oder kaukasischer Herkunft in einigen islamischen Herrschaftsgebieten. Den Mameluken gelang es unter anderem, im Jahre 1250 in Ägypten die Herrschaft zu erringen und sie zehn Jahre später auch auf die Levante auszudehnen. Danach wurde das Wort für mehrere Herrscherdynastien verwendet, die von Mameluken abstammten, aber meist selbst keine Sklaven gewesen waren.“ (http://de.wikipe-dia.org/wiki/Mamluken, Stand 7.2.2011) 52 Jean Delumeau: Angst im Abendland, a.a.O., S. 432. 53 Zur Kontroverse um die „Judensau“ am Regensburger Dom vgl. O.V.: Hinweisschild erläutert antisemitische Skulptur in: Donaukurier, Nr. 73, 31.03.2005, S. 14. Nach Hermann Rusam soll es in Bayern insgesamt zehn mittelalterliche „Judensäue“ geben. 54 Herwig Brätz: Brandenburg – Stadt des Pharaos, 2007, S. 98f deutet im Kapitel „Gaul und Judensau“ die „sogenannte Judensau“ an einem Säulenkapitell des Brandenburger Domes als eine bildhafte Darstellung für einen Initiationsritus und schließt sogar astronomische Bezüge nicht aus. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass die sich auf einen Initiationsritus beziehende „Judensau“ erst im späteren Hochmittelalter und im Spätmittelalter zu einem antijüdischen Symbol, wie unverkennbar in Erfurt, entwickelt hat. Die Entwicklung des allen großen Religionen gemeinsamen Hexagramms zum rein jüdischen Symbol des Davidsterns im Spätmittelalter mag hier als Analogie dienen. 55 Der französische Mediävist und Musikologe Dr. Illo Humphrey weist in der Website www.colloquiaaquitana.com auf die große Bedeutung der Aquitania für die Epoche des Übergangs von der Antike zum Mittelalter hin. Illo Humphrey gelingt in seinem Buch „Boethius. His Influence on the European Unity of Culture: from Alcuin of York (+1804) to Thierry of Chartres (+1154)”, Nordhausen 2010 der Nachweis, dass es vor allem Boethius, dem “letzten Römer”, zu verdanken ist, dass die “Europäische Einheit der Kultur” von der Antike ins frühe Mittellalter hinübergerettet wurde. 56 Zit. nach Denis de Rougemont: Die Liebe und das Abendland, .Zürich 1987, S. 96. 57 Thomas Ritter: Die Katharer. Kinder des Teufels oder wahre Christen? 2. Aufl., GroßGerau 2006, S. 35. 58 Hinweis von Professor Manfred Dinnes, Regensburg, 06.11.2008. 59 Edmond Bordeaux-Székely: Das Geheime Evangelium der Essener. Die Lehren der Auserwählten, Schriften der Essener, Buch 4, 7. Auflage, Südergellersen 1988, S. 75-78. 60 Für die Hinweise zur Wirksamkeit der Bogumilen auf dem Balkan danke ich Herrn Professor Manfred Dinnes aus St. Johann bei Regensburg (4.11.2008).

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LeRoy Ladurie, Emmanuel : Montaillou – Ein Dorf vor dem Inquisitor 1294 bis 1324, deutsche Ausgabe, Berlin 2000. 62 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Albigenser#Der_Untergang (Stand 6. Nov. 2008). 63 http://de.wikipedia.org/wiki/Albigenserkreuzzug#Verlauf (Stand 6.11.2008). 64 Vgl. Alfred Raddatz: Die Entstehung des Motivs "Ecclesia und Synagoge". Geschichtliche Hintergründe und Deutung, Diss. Berlin 1959. 65 Man könnte perfidia sogar mit „Treulosigkeit“ oder „Untreue“ wiedergeben. 66 Quelle: Ursula Homann: Ecclesia und Synagoga – feindliche Schwestern? Gedanken zu einer Ausstellung, www.ursulahomann.de/EcclesiaUndSynagoga/komplett.htlm, S. 1-6. In der ehemaligen Klosterkirche Neustift, zur Stadt Freising gehörig, finden sich wie in Bamberg die Symbolfiguren der Synagoga und Ecclesia. Ein Engel nimmt der Synagoga in Neustift die Binde von den Augen, damit diese „zur wahren Erkenntnis gelangen kann.“ (Rudolf Goerge: Judaica Frisingensia, a.a.O., S. 81). 67 Ursula Homann: Ecclesia und Synagoga, ebd., S. 3. 68 Ursula Homann: Ecclesia und Synagoga, ebd., S. 4. 69 Sonja Ulrike Klug: Kathedrale des Kosmos, 2. Aufl., Bad Honnef 2005, S. 224. 70 Ursula Homann: Ecclesia und Synagoga, ebd., S. 4. Man war damals noch weit davon entfernt, die Notwendigkeit einer christlich – jüdischen Symbiose, wie sie Raphael Straus: „Apokatastasis. Eine friedvolle Betrachtung über Judentum und Christentum, www.steinheim-institut.de/projekte/straus/index.htlml, bereits in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts vorschwebte, zu erkennen. 71 Hannes Stein: Juden als Kronzeugen gegen das Judentum, in: Die Welt, Feuilleton, 23.10.2007, S. 27. 72 Hannes Stein: Juden als Kronzeugen gegen das Judentum, ebd. 73 Peter Altmann, Abrahams Enkel in Spanien, Magisterarbeit, Frankfurt 2006, S. 40ff. 74 Zu welchen Perversionen die Ablasslehre der Kirche führte, zeigt der Hinweis von Charles H. Lea: Geschichte der Inquisition im Mittelalter, Bd. 1, a.a.O., S. 599, die Kirche habe die Verbrennung eines Ketzers „als eine so hervorragend fromme Tat“ betrachtet, „dass sie sogar allen, die Holz für die Scheiterhaufen herbeibrachten, einen vollkommenen Ablass gewährte“. 75 Vgl. Georg R. Schroubek: Zur Kriminalgeschichte der Blutbeschuldigung. ´Ritualmord´Opfer und Justizmordopfer, in: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform, 65. Jahrg., Heft 1 (1982) S. 2-17. 76 Valeriu Marcu: Die Vertreibung der Juden aus Spanien, München 1991 (Erstausgabe Amsterdam 1934), Kapitel „Ritualmordprozesse, S. 145-164. 77 Bettina Brühl: Ein „Fremder“ im bayerischen Heiligenhimmel. Zur Darstellung des Anderl von Rinn auf einer Votivtafel der Wallfahrtskirche Hergottsruh in Friedberg, in: Altbayern in Schwaben, Jahrbuch für Geschichte und Kultur 2005/2006, Aichach 2005, S. 118-133, vor allem S. 121f. 78 Georg R. Schroubek: Zur Frage der Historizität des Anderl von Rinn, in: Tiroler Kulturzeitschrift „Das Fenster“, Bd. 19 (1985), Heft 38, S. 3766-3774 und Bettina Brühl: Andreas von Rinn, Tradierungsmechanismen einer Ritualmordlegende, untersucht am Beispiel Bayerisch-Schwaben, in: Peter Fassl (Hrsg.): Geschichte und Kultur der Juden III, Augsburg 2005. 79 Sebastian Münster, zit. nach Christoph Däppen: Nostradamus und das Rätsel der Weltzeitalter, a.a.O., S. 69.

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Klaus Kreitmeier: Geheimnisumwittertes Volk, in: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt, 66. Jahrg., Nr. 35, 31. August 2003, S. 16 f, hier S. 16. 81 Klaus Kreitmeier: Geheimnisumwittertes Volk, ebd., S. 16. 82 Vgl. zu den Zigeunern W. Kaltenstadler: Soziale und rechtliche Volkskunde, in: Wege der Volkskunde in Bayern. Ein Handbuch, herausgegeben von Edgar Harvolk, München / Würzburg 1987, S. 468f mit weiterer Literatur zu Bayern. 83 Christoph Däppen: Nostradamus und das Rätsel der Weltzeitalter, a.a.O., S. 69f. 84 Vgl. Rudolf Goerge: Judaica Frisingensia, a.a.O., S. 38-43 und S. 80-85, hier S. 82f. 85 Jean Delumeau: Angst im Abendland, a.a.O., S. 420-431. 86 Jochen Schimmang: Es war möglich. Christopher Browning über den Weg zum Judenmord der Nazis, in: Die Welt, Literarische Welt, 17. Januar 2004, S. 5. 87 August Fournier: Napoleon I. Eine Biographie in drei Telbänden, 2. Band: Der Kampf um die Weltherrschaft, hrsg. von Theophile Sauvageot, Essen o. J. (2003), S. 200f. 88 Vgl. Michael Zimmermann: Die Geschichte der Juden im Rheinland und in Westfalen, Stuttgart 1998. 89 A. Fournier: Napoleon I, a.a.O.., S. 201. 90 Das römische Zwölftafelgesetz legte 12 Prozent Jahreszins als Obergrenze fest. Zuvor dagegen war die Zinshöhe in das Belieben der Reichen (locupletes) bzw. Kapitalisten gestellt. Spätere Versuche, das Zinsnehmen ganz zu verbieten, waren wie immer zum Scheitern verurteilt. Quelle: Tacitus Hist. Buch 6, Kap. 16. Diese Tacitusstelle geht den wahren Ursachen der römischen Wirtschaftskrise noch viel mehr auf den Grund als der Biograph von Napoleon im 19. Jahrhundert. 91 A. Fournier: Napoleon I, a.a.O.., S. 202. 92 Heinrich Treitschke: Unsere Ansichten, in: Preußische Jahrbücher, November 1879, zit. nach: Der Berliner Antisemitismusstreit, hrsg. von Walter Boehlich, Frankfurt a. M. 1965, S. 7ff. 93 Richard J. Evans: Das Dritte Reich. Der Aufstieg, München 2004; zit. nach Anthony Beevor: Wir müssen uns in die Bösen hineinversetzen, Besprechung des Werkes von Evans, in: Die Welt, Literarische Welt, 6. März 2004, Literarische Welt, S. 3. 94 Rainer Jeglin: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, in: Jahrbuch der Karl-MayGesellschaft 1990, S. 107-131, hier S. 107. 95 Jeglin: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, ebd., S. 108. 96 Zit. nach Wilhelm Liebhart: Macht, Pflicht und Mythos. Zum Jubiläum „200 Jahre Königreich Bayern 1806-2006“ (Schluß), in: Aichacher Heimatblatt, Jahrg. 54, H. 2, Februar 2006, S. 5-7, hier S. 5. 97 Jeglin: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, a.a.O., S. 108. 98 Jeglin: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, ebd., S. 109. 99 Otto Glagau: Der Bankerott des Nationalliberalismus und die ´Reaktion´, Berlin 1878, S. 71. Fundamental zur Vorgeschichte des politischen Antisemitismus ist Paul W. Massing: Vorgeschichte des politischen Antisemitismus, Frankfurt a. M. 1959, S. 10f. 100 Richard J. Evans: Das Dritte Reich, München 2004. Zur Aktualität der jüdischen Assimilation und Integration in neuerer Zeit und Gegenwart vgl. Ladislau Gyémánt (Hrsg.): The Alienation and Assimilation Process in the Jewish Communities from Europe, International Conference, Cluj-Napoca, October 27-29, 2009, veröffentlicht in: Studia Judaica, Vol. XVIII, Cluj-Napoca 2010, S. 17-332.

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Zu den jüdischen Klischees und Stereotypen im Deutschland des ausgehenden 19. Jahrhunderts siehe das Kapitel „Judenstereotypen während der Kolportagezeit (1883-1885)“ und das Kapitel „Judenfiguren in den Reiseerzählungen der neunziger Jahre“ bei Jeglin: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, a.a.O.., S. 114-120 bzw. S. 115-127. 102 Vgl. R. Jeglin: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, ebd., S. 114ff. 103 Diese Rede von Karl May ist dokumentiert durch Ekkehard Bartsch: Karl Mays Wiener Rede. Eine Dokumentation, in: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft, 1970, S. 59. Siehe auch Jeglin: Karl May, ebd., S. 128f. 104 Deutsches Volksblatt, Wien, 23.3.1912, abgedruckt bei E. Bartsch: Karl Mays Wiener Rede, ebd., S. 76. 105 Reinhard Haiplik: Pfaffenhofen unterm Hakenkreuz, Pfaffenhofen 2003, Kap. „Antisemitische Hasstiraden“, S. 88f; 2. Aufl., 2005, Kap. „Verrohung und Verblendung, Rassenwahn und Führerkult“, S. 64ff. 106 Vgl. dazu Robert Wistrich: A Lethal Obsession, a.a.O., Kapitel 17 „Multiculturalism and its Discontents“, S. 568-599 und Wilhelm Kaltenstadler: Die Modernität der jüdischchristlichen Idee, Hamburg 2011. 107 Robert Wistrich: A Lethal Obsession, ebd., Kap. 18 “The Globalisation of AntiSemitism” S. 600-630. 108 Wilhelm Raabe: Holunderblüte. Eine Erinnerung aus dem „Hause des Lebens“, in: Wilhelm Raabe, Sämtliche Werke, Erste Serie, Bd. 5, Berlin – Grunewald, 1864, aus „Ferne Stimmen“, S. 594-627. 109 Grundlegend dazu Detlev Claussen: Vom Judenhaß zum Antisemitismus. Materialien einer verleugneten Geschichte, Darmstadt-Neuwied 1987, S. 105 und R. Jeglin Rainer: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, a.a.O., S. 109. 110 Anthony Beevor: Wir müssen uns in die Bösen hineinversetzen, a.a.O., S. 3 111 Gemeint ist die Zeit nach der Reichsgründung. 112 Anthony Beevor: Wir müssen uns in die Bösen hineinversetzen, a.a.O., S. 3. 113 Anthony Beevor: Wir müssen uns in die Bösen hineinversetzen, ebd., S. 3 114 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Stoecker#Das_stoecker-sche_Programm_ und_der_Antisemitismus. 115 Die Berliner Juden und das öffentliche Leben. Reden, gehalten vor der Versammlung Deutscher Bürger in den Sälen der Berliner Bocksbrauerei am 2. Juli 1883; zit. nach Helmut Berding: Moderner Antisemitismus in Deutschland, Frankfurt 1988, S. 94. 116 Raphael Straus: „Apokatastasis. Eine friedvolle Betrachtung über Judentum und Christentum“, zu finden auch im Internet unter www.stein-heim-institut.de/projekte/straus/ index.html, S. 1f (Stand 2004). 117 Thomas Greif: Nichts mehr zu sagen und nichts zu beweinen. Auf den Spuren des fränkischen Landjudentums, Jüdische Zeitung, September 2008, S. 25. 118 O.V.: Die wahre Erlösung vom Antisemitismus. Von einem getauften Juden, Leipzig 1883. Auf dieses Werk machte ich erstmals in meinem Buch „Griechisch-römische Antike oder jüdisches Christentum – Wem verdanken wir die europäische Zivilisation? Hamburg 2005, S. 88-93 aufmerksam. 119 Friedrich Hartau: Wilhelm II., Hamburg 1978, S. 88. Dr. Roman Landau schließt mit Berufung auf Moltke auf eine „merkwürdige [deutsche] Spezial-Mischung aus Larmoyanz, Dämlichkeit, Arroganz und Boshaftigkeit“ bereits im 19. Jahrhundert. 120 Walser verteidigt Guttenberg, in: Donaukurier Nr. 53, 5./6.3.2011, S. 18.

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O.V.: Die wahre Erlösung vom Antisemitismus, ebd., S. 6. O.V.: Die wahre Erlösung vom Antisemitismus, ebd., S. 6f. 123 Rüdiger vom Bruch– Rainer A. Müller: Erlebte und gelebte Universität. Die Universität München im 19. und 20. Jahrhundert, Pfaffenhofen 1986, S. 181-187. 124 O.V.: Die wahre Erlösung vom Antisemitismus, ebd., S. 7. 125 Im Rahmen dieser jüdischen Selbstbehauptung wurde 1893 der Central-Verein (CV) deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens gegründet. 126 O.V.: Die wahre Erlösung vom Antisemitismus, ebd., S. 10. 127 Es war mir ein ganz wichtiges Anliegen, in meinem Buch „Wie Europa wurde was es ist“, Groß-Gerau 2006 nicht nur die Einflüsse der griechische-römischen Antike, sondern auch der jüdisch-christlichen Kultur als die Wurzeln Europas herauszuarbeiten. Ich gehörte im Jahre 2006 zu den ganz Wenigen, welche auf die große Bedeutung der jüdischchristlichen Kultur für Europa hingewiesen haben. 128 O.V.: Die wahre Erlösung vom Antisemitismus, ebd., S. 18. 129 Zit. nach Wilhelm Liebhart: Macht, Pflicht und Mythos, in: Aichacher Heimatblatt, Jahrg. 54, H. 2, Februar 2006, S. 5. Vgl. auch Erika Brunner: Der tragische König. Leben und Tod König Ludwigs II. von Bayern, 2. erweiterte Auflage, Berlin 2000, S. 482. 130 O.V.: Die wahre Erlösung vom Antisemitismus, a.a.O., S. 27f. 131 Stein Hannes: Juden als Kronzeugen gegen das Judentum, in: Die Welt, Feuilleton, 23.10.2007, S. 27. Buber, der große jüdische Theologe, beschuldigte in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts „den Zionismus allen Ernstes, er verübe die Taten Hitlers unter jüdischer Flagge.“ 132 O.V.: Die wahre Erlösung vom Antisemitismus, ebd., S. 41-46f. 133 O.V.: Die wahre Erlösung vom Antisemitismus, ebd., S. 59. Dieser Gedanke korreliert mit der bis weit in die Neuzeit hinein vertretenen These von der Herkunft der Deutschen (Aschkenas im AT) und Baiern aus dem Kaukasusgebiet. 134 Autorenkollektiv: Antisemitismus in der Geschichtswissenschaft, Hamburg 2004, Kap. „Der Glaube der Historiker“, S. 9. 135 R. Jeglin: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, a.a.O., S. 110. 136 R. Jeglin: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, ebd., S. 111. 137 Paul W. Massing: Vorgeschichte des politischen Antisemitismus, a.a.O., S. 43. 138 R. Jeglin: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, a.a.O., S. 112. 139 R. Jeglin: Karl May und der antisemitische Zeitgeist, ebd., S. 112. 140 Frauke Röschlau und Stefan Fuhr: Herero-Aufstand markiert ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte, in: Donaukurier, Nr. 7, 10./11. Januar 2004, S. 3 (Panorama). 141 Hanna Eisler (Hrsg.): Die großen Fragen der Geschichte. Eine Auswahl von Texten der Hamburger Schule, Hamburg 2003, S. 99. 142 Hanna Eisler: Die großen Fragen, ebd., S. 100. 143 Vgl. Rod McGuirk und Jill Lawless: Zwangsverschickt nach Australien. Rudd entschuldigt sich bei Heimkindern, in: Donaukurier, Nr. 265, 17.11.2009, S. 2. 144 Vgl. dazu Robert S. Wistrich: A Lethal Obsession, a.a.O., vor allem Kapitel I “From Deicide to Genocide”, S. 79-106. 145 Grundlegend Gunnar Heinsohn: Was ist Antisemitismus? Der Ursprung von Monotheismus und Judenhaß. Warum Antizionismus?, Frankfurt am Main 1988. Antizionismus darf aber auf keinen Fall, wie dies so oft geschieht, mit Antijudaismus und Antisemitismus in einen Topf geworfen werden. 122

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Leon Poliakov: Geschichte des Antisemitismus, Bd. 6 Emanzipation und Rassenwahn, Worms 1987 ist eine Fundgrube für Entstehung, Entwicklung und Auswirkung des Rassismus. 147 Man beachte dazu das Kapitel „Jews against Zion“ bei Robert S. Wistrich: A Lethal Obsession, a.a.O., S. 515-542. 148 Der Wiener Oberrabiner Moishe Arye Friedmann weist in seinem Interview mit dem National Journal (April 2004), a.a.O., auf die besondere Verbundenheit der orthodoxen Juden mit dem deutschen Volk hin. Er vertritt sogar die Auffassung, dass der Zionismus gegen die traditionelle jüdische Identität, die Religion, verstoße. Beim Zionismus würden nicht Gott und die jüdische Religion im Mittelpunkt stehen, „sondern eine reine Rasse und Rassismus, wobei das nicht zionistische Judentum eliminiert werden soll. Zionismus läuft in Hinblick auf die Palästinenser auf Faschismus und Apartheid hinaus.“ Friedman lässt allerdings unerwähnt, dass jahrhundertelange Judenverfolgungen in ganz Europa im Allgemeinen und der Holocaust in Deutschland im besonderen erst die wirkliche Basis für einen entwickelten Zionismus geschaffen haben. Quelle: www.dsz-verlag.de/artikel/NZ24/ NZ24_1.html. Dass das nationale Denken in Israel, vor allem unter der Regierung von Sharon und Olmert, manchmal übers Ziel hinausschießt, ist eine andere Sache. Das gilt auch für die jahrzehntelang praktizierte einseitige Haltung der USA im Nahen Osten. 149 Reinhard Haiplik: Pfaffenhofen, 3. Februar 1935 – Ein neuer Frühling? (2. Fortsetzung und Schluss), in: Unsere Heimat. Historische Blätter für den Landkreis Pfaffenhofen, Beilage des „Donaukurier“, 145. Jahrg., Nr. 3/2004, S. 1-2. 150 Reinhard Haiplik: Pfaffenhofen unterm Hakenkreuz, a.a.O.., S. 41. 151 Reinhard Haiplik: Pfaffenhofen unterm Hakenkreuz, ebd., S. 263f. 152 Reinhard Haiplik: Pfaffenhofen unterm Hakenkreuz, ebd., S. 128f. 153 Autorenkollektiv: Antisemitismus in der Geschichtswissenschaft, a.a.O., S. 29. 154 Wolfram Selig: „Arisierung“ in München. Die Vernichtung jüdischer Existenz 19371939, Berlin 2004 versteht unter „Arisierung“ vor allem die Vernichtung jüdischer Firmen und jüdischen Vermögens. Selig setzt den Begriff in Anführungszeichen. 155 Vgl. Daniel Goldhagen: Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Klaus Kochmann, Berlin 1996. 156 Michael Schneider: Die „Goldhagen-Debatte“: ein Historikerstreit in der Mediengesellschaft [Electronic ed.], Gesprächskreis Geschichte, 17, Bonn 1997, Quelle: www.fes.de/fulltext/historiker/00144.htm. Zur Debatte über Goldhagens Buch in „Die Zeit“ vgl. Volker Ullrich: Hitlers willige Mordgesellen. Ein Buch provoziert einen Historikerstreit: Waren die Deutschen doch alle schuldig? in: Die Zeit, 12.04.1996, S. 1. 157 Christian Silvester: Das Zeitalter der „deutschen Katastrophe“: Hans-Ulrich Wehlers Gesellschaftsgeschichte, in: Donaukurier, Nr. 187, 14./15.08.2004, S. 16. Dazu Hans Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte 1914 bis 1949, München 2004. 158 Zu den Historikern, welche die These von Goldhagen in Frage stellten, gehören auch solche, welche sich bei Julius H. Schoeps (Hrsg.): Ein Volk von Mördern? Die Dokumentation zur Goldhagen-Kontroverse um die Rolle der Deutschen im Holocaust, geäußert haben. Kritiker von Goldhagen finden sich auch bei Michael Schneider: Die „GoldhagenDebatte“, ebd., S. 6ff. 159 Robert Wistrich: A Lethal Obsession, a.a.O., S. 174. 160 Übersetzt: Die russischen Neuheiden “leugnen die jüdischen Wurzeln des Christentums und erklären dem ´Zionistischen Globalismus´ den Krieg.“

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Übersetzt: “im alten und ewigen Kampf zwischen den heroischen Ariern und den durchtriebenen Semiten, welche das Christentum als destruktives Werkzeug einsetzten, um die wahre Seele Russlands auszuradieren.“ 162 Rafael Seligman: In Deutschland erblüht das Judentum. Kein anderes Land hat eine so schnell wachsende Gemeinde – die Normalisierung geht weiter, in: Die Welt, 23. Juli 2004, Forum, S. 9. 163 Rainer Christoph Schwinges: Die Wahrnehmung der Anderen durch Geschichtsschreibung. Muslime und Christen im Spiegel der Werke Wilhelms von Tyrus (+ 1186) und Rodrigo Ximénes de Rada (+ 1247), in: A. Patschovsky und H. Zimmermann (Hrsg.): Toleranz im Mittelalter, Sigmaringen 1998, S. 101-127, hier S. 119-122. 164 Barbara Beuys: Der große Kurfürst. Der Mann der Preußen schuf, Sonderausgabe Reinbek bei Hamburg 1984, Kapitel „Die Juden kommen wieder“ S. 296-304 und „Die Hugenotten kommen“ S. 383-390. 165 Arno Herzig: Die Juden in Hamburg, Hamburg 1991, S. 31. Diesen Hinweis verdanke ich dem Hamburger Historiker Roman Landau, der sich mit der Wirkungsgeschichte der Aufklärung auseinandersetzt. 166 Freisinger Rechtsbuch, bearb. Von H.-K. Claußen, Weimar 1941 (= Germanenrechte , N.F.), Art. 219, zit. nach Rudolf Goerge: Judaica Frisingensia, a.a.O., S. 40. Zum Judeneid vgl. vor allem M. Treml – J. Kirmeier: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern: Aufsätze, München 1988. 167 Horst Brunner: „Ahi, wie werdiclichen stat der hof in Peierlande!“ Deutsche Literatur des 13. und 14. Jahrhunderts im Umkreis der Wittelsbacher, in: H. Glaser (Hrsg.): Die Zeit der frühen Herzöge. Von Otto. I. zu Ludwig dem Bayern, München-Zürich 1980, S. 496511, hier S. 380. 168 Email von Georg Dattenböck vom 11.03.2011. 169 Aschkenas, Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden, Vol. 13 (2003). Quelle im Internet: http://related.springerprotocols.com/lp/de-gruyter/von-j-dischen-rittern-und-ande ren-waffentragenden-juden-im-7jSAOrhIgj. 170 Email von Georg Dattenböck vom 11.03.2011. 171 Rudolf Goerge: Judaica Frisingensia, a.a.O., S. 80. 172 Philipp Apians Wappensammlung, in: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte, Bd. 39 (1880), Nr. 343. 173 Nicolaus (de Lyra): Postilla moralis super totam bibliam (Ausz.) Psalterium, deutsche Bearbeitung und Vorreden von Heinrich von Mügeln, Straßburg 1478, Dombibliothek Freising, Sign. J 40 (= Hain *13508). 174 Rudolf Goerge: Judaica Frisingensia, a.a.O., S. 80. 175 In der Namenswebsite von http://christoph.stoepel.net/geogen/v3 finden sich nur 8 Einträge für „Judmann“ und 32 für „Judenmann“ in Bayern, 51 Einträge für „Judmann“ und nur 1 Treffer für „Judenmann“ in Österreich. Es ist wahrscheinlich, dass die tatsächlichen Träger dieser Namen noch etwas zahlreicher sind. Die beiden Namen kommen laut Website überhaupt nicht im restlichen Deutschland vor. Eine außerordentliche starke Häufung der beiden Namen findet sich um Regensburg herum, wo wohl auch die Familie „Jud(en)mann“ ihren Ausgang genommen hat. Es gibt auf dem Friedhof von Mintraching östlich von Regensburg mehrere Grabsteine der „Judenmann“. In Regensburg wurden die Juden erst Ende des Mittelalters vertrieben. Es wäre denkbar, dass die Mitglieder der Fa-

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milie Jud(en)mann sich dem christlichen Glauben zugewandt haben und damit der Vertreibung entgangen sind. 176 R. Goerge: Judaica Frisingensia, a.a.O., S. 80 und H. Strzewitzek: Die Sippenbeziehungen der Freisinger Bischöfe im Mittelalter, München 1938 (= Deutingers Beiträge 16), S. 236f. 177 Joachim Sighart: Von München nach Landshut. Ein Eisenbahnbüchlein, Landshut 1859, S. 58. 178 J. Schlecht: Monumentale Inschriften im Freisinger Dome, 1. Heft, Freising 1900, S. 46f. 179 Meichelbeck: Historia Frisingensis, Bd. II, 1,9, Augsburg 1729. 180 Ludwig Albert Freiherr von Gumppenberg: Geschichte der Familie von Gumppenberg, 2. Aufl., München 1881, S. 96, Anm. 1. 181 Freiherr von Gumppenberg: Geschichte der Familie von Gumppenberg, ebd., S. 129. 182 Rudolf Goerge: Judaica Frisingensia, a.a.O., S. 80. Siehe auch Philipp Apians Wappensammlung, a.a.O., S. 107 und Nr. 344. 183 Freiherr von Gumppenberg: Geschichte der Familie von Gumppenberg, a.a.O., S. 358, Anm. 2. 184 Christoph Däppen: Nostradamus und das Rätsel der Weltzeitalter, a.a.O., S. 157. 185 Vgl. dazu Thomas Heinz: Ludwig der Bayer (1282-1347). Kaiser und Ketzer, Regensburg-Graz-Wien-Köln 1993, S. 292-297. 186 Nach Robert Wistrich: A Lethal Obsession, a.a.O., Kap. 23 “Toward the Muslim Apocalypse”, S. 780-829 gibt es nicht nur eine jüdisch-christliche, sondern auch eine “Muslimische Apokalypse”. Er begreift diese muslimische Apokalypse aber nicht als islamischtheologisches, sondern als irrationales politisch-ideologisches Phänomen. 187 Umberto Fortis: Juden und Synagoge, Venezia 1973. 188 Wie der Gegenpapst nach Holstein kam, in: Die Welt, 28.11.1007, S. 28. 189 Marcu Valeriu: Die Vertreibung der Juden aus Spanien, München 1991 (Erstausgabe Amsterdam 1934). 190 Rom Latium. Ein Reisehandbuch, Michael Müller Verlag, Erlangen 2001, S. 289. 191 Hans Hausherr: Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit, 3. Aufl., Köln – Graz 1960, S. 8392. 192 Hans Hausherr: Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit, ebd., S. 77-82. 193 Vgl. Wilhelm Liebhart: Altbayerische Geschichte, Dachau 1998, S. 82. 194 Vgl. Wilhelm Kaltenstadler: Soziale und rechtliche Volkskunde, in: Wege der Volkskunde in Bayern. Ein Handbuch, herausgegeben von Edgar Harvolk, München / Würzburg 1987, S. 443-513, hier S. 470. 195 Karl-S. Kramer: Bauern und Bürger im nachmittelalterlichen Unterfranken. Eine Volkskunde auf Grund archivalischer Quellen (= Beitr. zur Volkstumsforschung, Bd. 11) , Würzburg 1957 S. 45. Vgl. auch Renate Höpfinger: Die Judengemeinde von Floß 1684 – 1942, Kallmünz 1993. 196 Stefan Schwarz: Die Juden in Bayern im Wandel der Zeiten, München / Wien 1963 (TB 1980), S. 79. 197 Rajaa Nadler: Ermreuth – Eine jüdische Landgemeinde in Oberfranken, in: Beiträge zur Kulturgeschichte des Judentums und der Geschichte der Medizin, Bd. II, Frankfurt 2010, S. 7-22.

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Thomas Greif: Nichts mehr zu sagen und nichts zu beweinen. Auf den Spuren des fränkischen Landjudentums, in: Jüdische Zeitung, September 2008, S. 25. 199 „350 Jahre Wittelsbacher Fürstentum Pfalz-Sulzbach“. Sonderausstellung 2. Juni – 17. September 2006 Sulzbach – Rosenberg Stadtmuseum und Klosterkaserne. 200 Ludwig Marcuse: Heinrich Heine. Melancholiker – Streiter in Marx – Epikureer, Zürich 1980, S. 61. 201 Ludwig Marcuse: Heinrich Heine, ebd., S. 84f. 202 Bismarck machte sich 1880 in Absprache mit König Ludwig II. von Bayern dafür stark, dass Hamburg endlich aufhören müsse, ein englischer Hafen zu sein. Diese Aussage findet sich bei A. Memminger: Der Bayernkönig Ludwig II., 14.-20. Auflage, Würzburg o. J. (Ende des 1. Weltkrieges), S. 164. 203 Ludwig Marcuse: Heinrich Heine, ebd., S. 169. 204 Yehuda Teichtal: Steinerne Monumente, lebendige Lehre. Warum antike Kulturen verschwunden sind und das jüdische Volk die Jahrtausende überdauert hat, in: Jüdische Allgemeine Nr. 30, 23.07.2009. 205 Ludwig Marcuse: Heinrich Heine, a.a.O., S. 34. 206 Zit nach Ludwig Marcuse: Heinrich Heine, ebd., S. 34. 207 Zit nach Ludwig Marcuse: Heinrich Heine, ebd., S. 35. 208 Zit nach Ludwig Marcuse: Heinrich Heine, ebd., S. 281. 209 Ralph Davidson: Islam: Die Fakten, Hamburg 2005, S. 8. 210 Ralph Davidson: Islam: Die Fakten, ebd., S. 9. 211 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Sura_(Babylonien) (Stand: 13.03.2011). 212 Bodo Bost: Rückzug nach über 3000 Jahren, in: Preußische Allgemeine Zeitung 9 (2011), S. 6. Diesen Hinweis verdanke ich meinem Verleger Dr. Roman Landau in Hamburg. 213 Ralph Davidson: Islam: Die Fakten, a.a.O., S. 9. 214 Vgl. Günter Lüling: Die Wiederentdeckung des Propheten Muhammad. Eine Kritik am ´christlichen´ Abendland, Erlangen 1981. 215 Vgl. Christoph Luxenberg: Die syro-aramäische Lesart des Korans. Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache, Berlin 2000. Vgl. auch Ralph Davidson: Islam: Die Fakten, a.a.O., Kap. „Wie arabisch ist die arabische Zivilisation?“ S. 21-32 und Kap. „Die ´arabische´ Mathematik“ S. 32-37. 216 Ingo Bierschwale und Peer Meinert: Benedikt XVI. reist ins „Minenfeld“ Türkei, in: Donaukurier Nr. 274, 28.11.1006, S. 2 und Paul Badde: Bitte kein Wort von den Armeniern. Die Erwartungen an Benedikt XVI. sind vor seiner Reise in die Türkei groß, in: Die Welt, 25.11.2006. 217 Thomas Seibert: Juden, Christen, Kurden, Griechen. Der Antisemitismus in der Türkei ist Teil einer allgemeinen Fremdenfeindlichkeit, in: Jüdische Allgemeine Nr. 27 vom 3.7.2008, Beilage ´Jüdische Welt´, S. 6. 218 „Wissenskluft“ in arabischer Welt, in: Donaukurier, Nr. 242, 21. Oktober 2003, S. 5. 219 Vgl. Moritz Steinschneider: Die hebräischen Übersetzungen des Mittelalters und die Juden als Dolmetscher, Neudruck Graz 1956 und Ralph Davidson: Sprachgeschichte, 4. Aufl., Hamburg 2004, S. 68f. 220 Bodo Bost: Rückzug nach über 3000 Jahren, a.a.O. 221 Bodo Bost: Rückzug nach über 3000 Jahren, ebd. 222 Davidson: Der Zivilisationsprozess, Hamburg 2002.., S. 197.

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Gemeint sind die Juden. Neue Züricher Zeitung, 23. April 2002, S. 3. 225 Dieser Begriff geht auf Francis Fukuyama zurück, zit. bei Michael Mertes: Paul Berman verteidigt die offene Gesellschaft gegen ihre Feinde, Besprechung des Buches von Paul Berman: Terrror und Liberalismus, 2004, in: Die Welt, 13,03.2004, Literarische Welt, S. 5. 226 Diesen Begriff prägt Paul Berman in seinem neuen Buch „Terrror und Liberalismus“, Hamburg 2004. 227 Unter Intifada versteht man den palästinensischen Widerstand in den von Israel besetzten Gebieten. 228 Ursula Schumm-Garling / Jochen Fuchs: Von Intifada zu Intifada. Zur Entwicklung des Konflikts aus zionismus-kritischer Perspektive, in: Begegnungen in schwieriger Zeit. Vertrauensdozentinnen und Vertrauensdozenten berichten über eine Studienreise durch Israel, Arbeitspapier 77, Düsseldorf Dezember 2003, S. 18-20, hier S. 20. 229 Gadi Taub: Zionismus nutzt den Palästinensern. Gefährdet wird ein Ausgleich in Nahost hingegen durch die religiöse Siedlungsbewegung, Übersetzung durch M. Lau, in: Die Welt, 21.06.2004. 230 Gadi Taub: Zionismus nutzt den Palästinensern, ebd. 231 Einige dieser Gedanken verdanke ich Gadi Taub, der Historiker an der Hebräischen Universität Jerusalem ist und als Historiker wie kaum ein anderer geeignet ist, die jüdischpalästinensische Frage aus einer größeren Distanz zu sehen. Beide Seiten, Scharon und seine Leute wie auch Arafat und seine Mitstreiter, wären gut beraten gewesen, Leute wie Taub mit ihrem phänomenalen Hintergrundwissen zu konsultieren. 232 Kai Luehrs-Kaiser: Meinungsfreiheit und Mission: Daniel Barenboim, WolfPreisträger, in: Die Welt, Mittwoch, 12. Mai 2004, S. 9. 233 Herbert Clasen: Zwei Nationalstaaten in einer Konföderation können die Lösung sein. Besuch der Hebräischen Universität: Gespräch mit Prof. Moshe Zimmermann zur politischen Lage und mit Prof. Rachel Elior über jüdische Strömungen und ihren Einfluss, in: Begegnungen in schwieriger Zeit, a.a.O., S. 55-57, hier S. 55f. 234 Eine Aufgabe dieses Labors besteht darin, jüdische oder arabische junge Israelis mit der Sprache und Kultur der jeweils anderen Gruppe vertraut zu machen. 235 Georg Eckardt: Konflikte mit friedlichen Mitteln lösen. Givat Haviva, in: Begegnungen in schwieriger Zeit, a.a.O., S. 15-17, hier S. 15. 236 Autorenkollektiv: Antisemitismus in der Geschichtswissenschaft, a.a.O., S. 21. 237 Wichtige Gedanken zu diesen Ausführungen finden sich bei Friedrich Schreiber: Schalom Israel, Nachrichten aus einem friedlosen Land, München 1998. 238 Quelle: www.press.uchicago.edu/News/911lakoff.html. 239 Anis Hamadeh: Der muslimische Aberglaube, Quelle im Internet: www.anisonline.de/pa-ges/_text2/islam/0563_aberglaube2.htm. 240 Wilhelm Kaltenstadler: Eichendorff – Vorbote der Moderne, in: Beiträge zur Kulturgeschichte des Judentums und der Geschichte der Medizin, Bd. I, hrsg. von Nicolas Benzin, Frankfurt 2009, S- 19-43, hier vor allem S. 36-43. 224

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Jerusalemer Texte Schriften aus der Arbeit der Jerusalem-Akademie herausgegeben von Hans-Christoph Goßmann

Band 1:

Peter Maser, Facetten des Judentums. Aufsätze zur Begegnung von Christen und Juden sowie zur jüdischen Geschichte und Kunst, 2009, 667 S.

Band 2:

Hans-Christoph Goßmann; Reinhold Liebers (Hrsg.), Hebräische Sprache und Altes Testament. Festschrift für Georg Warmuth zu 65. Geburtstag, 2010, 233 S.

Band 3:

Hans-Christoph Goßmann (Hrsg.), Reformatio viva. Festschrift für Bischof em. Dr. Hans Christian Knuth zum 70. Geburtstag, 2010, 300 S.

Band 4:

Ephraim Meir, Identity Dialogically Constructed, 2011, 157 S.

Band 5:

Wilhelm Kaltenstadler, Antijudaismus, Antisemitismus, Antizionismus, Philosemitismus – wie steht es um die Toleranz der Religionen und Kulturen?, 2011, 109 S.