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German Pages 120 [192] Year 1972
Norbert Huse • Studien zu Giovanni Bellini
w DE
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Beiträge zur Kunstgeschichte Herausgegeben von Günter Bandmann, Erich Hubala, Wolfgang Schöne
Band 7
Walter de Gruyter • Berlin • New York 1972
Studien zu Giovanni Bellini von Norbert Huse
Walter de Gruyter • Berlin • New York 1972
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
ISBN 3 I i 003626 6 © 1 9 7 2 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Gösdien'sdie Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . Trübner • Veit & Comp., Berlin 30, Genthiner Straße 13 Printed in Germany Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie, Xerokopie) zu vervielfältigen. Satz und Druck: Markert Sc Co Druck, Berlin 62 Herstellung der Klischees: Klischee-Union, Berlin Umschlaggestaltung: Barbara Proksch, Frankfurt am Main
Vorwort In einem Brief vom 7. 2. 1506 berichtet Dürer über seine Begegnung mit „Sambelling". Wir erfahren, daß Bellini im Rufe stand, „ein frumer man" zu sein und daß er dem Fremden mit Achtung und Wohlwollen entgegentrat. Uber Bellinis Rang hatte Dürer keine Zweifel: „Er jst ser alt und jst noch der pest jm gemol." Auch der Dichter des „Orlando Furioso" zögerte 1532 nicht, Bellini gleichberechtigt neben Leonardo und Mantegna zu nennen (Canto X X I I I ) . Erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts, nach dem Siegeszug Tizians, tritt Bellini für die Kritik in die Reihe der lokalen Meister des Quattrocento zurück. Lodovico Dolce spricht von: „. . . le cose morte e fredde di Giovanni Bellino, di Gentile e del Vivarino . . . K 1 . Seit dem 16. Jahrhundert ist die Beurteilung von Bellinis Kunst schwankend geblieben. Das gilt nicht nur für diejenigen Beiträge, die sich explizit über ihren Rang und ihren Gehalt Rechenschaft zu geben suchten, sondern auch für diejenigen, in denen sich die Urteile nur mittelbar in scheinbar wertungsfreien Äußerungen zu Problemen der Datierung und der Zusdireibung niedergeschlagen haben. Wie groß hier die Differenzen sind, zeigt schon die Uneinigkeit über den Umfang des Oeuvres. Audi eine Untersuchung, deren hauptsächliches Ziel es ist, zu einem genaueren Verständnis von Bellinis Kunst beizutragen, kann auf die Diskussion solcher Einzelfragen nicht ganz verzichten. In diesem Band stehen deshalb neben den unmittelbar der Interpretation gewidmeten Abschnitten auch solche, die sich mit Fragen der Chronologie, der Attribution und der Rekonstruktion verlorener Werke beschäftigen. Die philologischen und die interpretierenden Abschnitte bedingen sich gegenseitig, denn selbst die einfachste chronologische Überlegung kommt ohne Interpretation nicht aus, wie umgekehrt die Interpretation von den bei Zuschreibungs- und Datierungsfragen getroffenen Entscheidungen abhängig ist2. 1
Vgl. Dürer, S. 43 f. und zu Ariost Roskill, S. 233. Bei Roskill, S. 186, auch die Dolce-Stelle mit einem Kommentar S. 326 f. - Gegen die Unterbewertung Bellinis hat sich im 17. Jahrhundert vor allem Bosduni, passim, gewendet, bei dem der immer neu formulierte paragone Bellini-Raffael freilich stark lokalpatriotisch eingefärbt ist. * Die vier Studien dieses Bandes können die früheren Arbeiten zu Bellini nidit ersetzen, sondern nur ergänzen. Das gilt vor allem für die Gesamtdarstellungen, wie sie von Roger Fry, Theodor Hetzer, Georg Gronau, Carlo Gamba, Luitpold Dussler, Rodolfo Pallucdiini, Stefano Bottari und anderen vorgelegt worden sind, und auch für die Monographie von Giles Robertson, die sich durdi eine ausgewogene Diskussion des augenblicklichen Forschungsstandes auszeichnet. Meine Untersuchungen berühren sich in zahlreichen Punkten mit der früheren Literatur und sind ihr vielfach verpflichtet.
Ausgangspunkt sind jeweils einzelne Bilder und deren Konstellation innerhalb des Bellinischen Oeuvres. Die Ergebnisse sind deshalb in vielem einseitig. Nötig wäre, sie durch Untersuchungen der historischen Zusammenhänge, in die Bellinis Werk gehört, zu korrigieren und zu vermitteln. Beim derzeitigen Stand schien mir das jedoch aus vielen Gründen nicht durchführbar. Die Schwierigkeiten beginnen bereits damit, daß wir über den nächst größeren historischen Zusammenhang, die venezianische Malerei der Zeit, so wenig Zuverlässiges wissen, daß die Urteile weit über das übliche Maß hinaus von ungeprüften Denkgewohnheiten bestimmt sind und Rückschlüsse sidi verbieten. Noch größer werden die Schwierigkeiten, wenn man nach Verbindungen mit außerkünstlerischen Tendenzen der Epoche sucht. Konkrete Anhaltspunkte fehlen; aber nur, wenn es sie in ausreichender Zahl gäbe, bestünde Aussicht, über eine unvermittelte und abstrakte Zuordnung der Bellinischen Kunst zu anderen geschichtlichen Erscheinungen hinauszukommen. Hier sind wahrscheinlich erst dann Fortschritte zu erwarten, wenn zu anderen Künstlern entsprechende Forschungen vorliegen, aus denen dann vielleicht auch zu Bellini neue Gesichtspunkte erarbeitet werden können. In der ganzen Arbeit habe ich von dem größeren Spielraum Gebrauch gemacht, den die Form der Studie im Vergleich zur Monographie bietet. Bei weitem nicht alle authentischen Werke sind besprochen, und selbst bei denen, von denen ausführlicher die Rede ist, kommt oft nur ein Aspekt zur Sprache. Besonders die koloristischen Probleme konnten nur ganz punktuell und auch da nur unzureichend berührt werden, weil der Erhaltungszustand der meisten Bilder so schlecht ist, daß sich mir detaillierte Farbuntersuchungen zu verbieten schienen. Im Zentrum meiner Studien steht das Thematische, und im Unterschied zu früheren Arbeiten ist auch dem Problem der Gattungen größere Aufmerksamkeit gewidmet. Eine umfangreichere frühere Fassung dieser Arbeit hat im Sommer 1970 der Philosophischen Fakultät I der Universität München als Habilitationsschrift vorgelegen. Die Vorarbeiten wurden mir in den Jahren 1966 bis 1968 durch Stipendien des Vereins zur Erhaltung des Kunsthistorischen Institutes in Florenz und der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermöglicht, wofür ich beiden Institutionen Dank schulde. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat darüber hinaus eine großzügige Beihilfe zu den Druckkosten gegeben. Mein besonderer Dank gilt den Freunden, die diese Studien durch Hinweise und Kritik in jeder Hinsicht gefördert und mich vor vielen Irrwegen bewahrt haben. z i . 9. 1970
Inhaltsverzeichnis Vorwort
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Probleme des Frühwerks
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Frühe Christusdarstellungen i ; Gethsemanebilder Bellinis und Mantegnas 7; Probleme der Attribution und der Chronologie 10; Pietà Brera 15; Pietà Rimini 17; Pala di SS. Giovanni e Paolo 19. Altarbilder der siebziger Jahre
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Chronologie 2 1 ; Verlorene Bilder 24; Verhältnis zu Antonello da Messina 26; Marienkrönung, Pesaro 28; Bedeutung der Rhetorik 33; Erzählende Bilder 38; Transfiguration, Neapel 43; Andachtsbilder 46; Pala di San Giobbe 48. Zur Rekonstruktion der Historienbilder im Dogenpalast
j6
Übersicht 56; Rekonstruktionen 61; Historische Stellung 67. Probleme des Spätwerks
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Pala di San Zaccaria 73; Werkstattprobleme 78; Isabella d'Este 82; Die neunziger Jahre und der Beginn des Spätstils 86; Giorgione 91; Taufe Christi, Vicenza 93; Marienbilder 96; Porträt des Dogen Loredan 97; Pala di San Giovanni Crisostomo 99; Götterfest 102; Schluß 105. Literaturverzeichnis
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Abbildungsnadiweis
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Verzeichnis der erwähnten Bilder Bellinis
117
Verzeichnis der Künstlernamen
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Bildtafeln (Abbildungen 1 - 6 5 )
Probleme des Frühwerkes I Dieses erste, einleitende Kapitel behandelt nicht monographisch das ganze Frühwerk, sondern nur einige der mit diesem verbundenen Probleme. Als Frühwerk gelten diejenigen Bilder, die Bellini in den fünfziger und sechziger Jahren des i j . Jahrhunderts gemalt hat, also nicht nur die ausgesprochenen Jugendwerke. D a die Darstellung Christi für Bellini damals ein zentrales Problem gewesen zu sein scheint, stehen die Christusbilder im Mittelpunkt. Von ihnen ausgehend werden dann auch andere Probleme besprochen, z. B. das Verhältnis zu Mantegna und die außerordentlich große Verschiedenheit der einzelnen Werkgruppen. Die Anfänge Giovanni Bellinis sind nur sdiwer zu greifen. Betrachtet man die Bilder, die Frühwerke sein müßten, im Zusammenhang, dann machen sich die Unterschiede stärker geltend als die Gemeinsamkeiten. Mit am Anfang steht die Pietà in Bergamo (Abb. i). Die drei Halbfiguren sind in herkömmlicher Weise ganz eng zusammengerückt, der junge Maler hat die Konventionen, die er vorfand, noch unbefragt hingenommen. Erst später, bei der Pietà in der Brera (Abb. 10), hat Bellini die Figuren aus dieser formelhaften Verbindung gelöst. Das Bild in Bergamo ist ganz auf Christus abgestellt, im Vergleich zu dem die Gesichter von Maria und Johannes maskenhaft wirken. Vermutlich spielen Eindrücke von niederländischen Bildern eine Rolle 8 . Das Gesicht Christi läßt sich dagegen nicht auf Vorbilder zurückführen. Christi Mund ist geöffnet, als atme er. In der edlen Nase, der hohen Stirn und dem energischen Kinn sind männliche K r a f t und Schönheit gezeigt, in den tiefliegenden Augen, die auch als geschlossene noch „blicken" und in der Neigung des Kopfes zu Maria kommt etwas vom Erbarmen des Erlösers zum Ausdruck. Der Christus dieses Bildes ist nicht ein von Johannes und Maria beweinter Leichnam, sondern ist auch im Tod noch lebendig. Es gibt theologische Auffassungen, die dieses Paradoxon herausstellen und mit der Unsterblichkeit von Christi Seele begründen 4 . O b Bellini mit ihnen vertraut war, läßt sich zwar nicht mehr feststellen, doch ist offensichtlich, daß seine Darstellung auf ähnlichen Vorstellungen beruht. 3
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Vgl. Ringbom, S. 108, und die niederländischen Beispiele für die Maria ebda., Abb. 76 ff. Vgl. auch die beiden äußeren Figuren von Mantegnas Berliner Besdineidung im Tempel (Tietze-Conrat, 19j 5, Taf. 30). Vgl. Berliner, 1945, S. 263 ff., wo S. 268 audi Bellini erwähnt wird. Vgl. außerdem Grillmeier, 1956, und Berliner, 1958, S. 177 ff.
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Probleme des Frühwerks
Zum ersten Mal begegnet hier ein Zug, der bei Bellini immer wieder zu finden sein wird, daß ihm nämlich auch formal nur wichtig war, was ihm thematisch etwas bedeutete. Der Ehrgeiz des Artisten, die Herrschaft über die Kunstmittel möglichst schnell und weit auszudehnen, scheint Bellini fremd gewesen zu sein. Nicht der Stil war das Treibende in seiner Entwicklung, sondern die Thematik. Die Pietà des Museo Correr in Venedig (Abb. 2) dürfte etwas später entstanden sein als die in Bergamo. Als Vorbild ist mehrfach ein Relief Donatellos in Padua genannt worden, das Bellini gekannt haben wird und an dem er sich bei der Bildung des Aktes möglicherweise orientiert hat 5 . Allerdings hat Bellini die Schwäche und Leblosigkeit des Kopfes stärker herausgestellt und in Kontrast zu dem Leib gesetzt, der das Bild beherrscht. Auch der Hintergrund ist anders, denn statt des Vorhangs wählte Bellini eine Landschaft, dem Sarg gab er viel mehr Raum, und seine Engel stützen den Leichnam und berühren ihn nicht nur. Bellini suchte die Formelhaftigkeit, mit der ihm der Bildtypus gegenübertrat, aufzubrechen und das erzählerische Moment zurückzugewinnen, das dem Andachtsbild im Laufe seiner Geschichte immer mehr verloren gegangen war. D a ß dies auch Schwierigkeiten mit sich brachte, lehrt der Vergleich mit Donatellos Relief, dem Bellinis Bild zwar in der Konzeption, nicht aber in der formalen Gestaltung ebenbürtig ist. Bellini hat die Schranken, die der Bildtypus ihm setzte, nicht ganz überwinden können. Festzuhalten ist aber, daß er sich vom Ideal des schönen, in sich einigen und stimmigen Gebildes entfernt hat, wenn es ihm anders nicht möglich war, seinem Thema gerecht zu werden. Wollte man auf dem Ideal der concinnitas beharren, dann wäre schon an den Details viel zu beanstanden. Z. B. ist der Heiligenschein ganz zeichenhaft als goldene Scheibe gegeben und so weit nach hinten geschoben, daß er zwar nicht mehr die Wirkung von Christi Kopf beeinträchtigt, dafür aber mit der Landschaft im Hintergrund kollidiert, die ihrerseits den Christuskopf bedrängt. Noch rätselhafter wird das Bild, wenn man es auf Anregungen von außen prüft. Für den Christus ist damit kaum etwas zu gewinnen, denn was Bellini von Donatello gelernt haben könnte, sind Motive der A k t bildung, nicht mehr. Umso überraschender ist, daß die beiden Engel fast wörtliche Zitate nach Mantegna sind, Verwandte der Putten um den Thron des S. Zeno-Altars 6 . Wie bei der Pietà in Bergamo hat Bellini auch hier kaum einen Versudi gemacht, das Überkommene zu verändern und dem Eigenen ähnlich zu machen, obwohl das einem Maler, dem der Christus gelang, doch ohne große Schwierigkeiten möglich gewesen sein müßte. Nicht anders als bei der Pietà hat sich der junge Bellini auch bei den Madonnen mit traditionellen Möglichkeiten nicht zufrieden gegeben. Schon frühere venezianische Madonnenbilder, vor allem die des Jacopo Bellini, zeichnen sich durch Die Gegenüberstellung bei Hendy, S. 20. Typologisch ist für Bellini audi die Pietà der Ovetarikapelle zu vergleichen (Fiocco, 1959, Abb. 145). • Tietze-Conrat, i9$j> Abb. 37.
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Probleme des Frühwerks
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den großen Ernst der Maria und auch des Kindes aus. Daran hat Bellini angeknüpft, doch hat erst er diesen Zug zum eigentlichen Thema der Darstellung gemacht. Bei den vier wichtigsten Madonnen der Frühzeit, der Madonna Johnson der Johnson Collection in Philadelphia, der Madonna Lehman der Lehman Collection in New York, der Madonna Davis im Metropolitan Museum und der Madonna Trivulzio im Castello Sforzesco von Mailand, ist ein fester Typus noch nicht erkennbar (Abb. 3)7. Jedes der Bilder steht für einen neuen Versuch, dem Thema gerecht zu werden. Gemeinsam ist ihnen, daß das Kind auf eine Balustrade gesetzt ist, so daß die Madonna es nicht tragen muß. Wo das Kind nicht schläft, steht es aus eigener Kraft, Maria berührt es, hält es aber nicht. Kompositionen sind die Bilder nicht Gruppenkompositionen, sondern Darstellungen von zwei Einzelfiguren. Eine solche Vereinzelung der Figuren gibt es bei Bellini immer wieder. Bei den Madonnen ist sie dazu genutzt, die Einsamkeit der Gottesmutter darzustellen, die als einzige von der dem Kind bevorstehenden Passion weiß. Diese Einsamkeit kommt auch in dem feierlichen, nur durch die Neigung des Kopfes gemilderten Stehen zum Ausdruck, das Bellini für die Madonnen der Frühzeit gewählt hat. Uberall hat Bellini auf die erzählerischen Züge verzichtet, deren sich vor allem seine florentinischen Zeitgenossen so erfolgreich bedient haben. Bezeichnenderweise finden sich traditionelle Attribute wie Apfel und Birne nur zweimal (Madonna Johnson und Madonna Trivulzio) und spielen auch da nur eine untergeordnete Rolle. Nirgends hat Bellini das Nebeneinander von Maria und Christus zu einer Handlung ausgeweitet, denn ihm kam es vor allem auf die Haltungen an, bei Maria nicht weniger als beim Christuskind. Mit Recht ist hervorgehoben worden, wie mannigfaltig Bellinis Darstellungen des kindlichen Körpers gewesen sind8, ebenso muß aber auch hervorgehoben werden, wie er immer wieder die Würde des Christuskmdes zu wahren suchte. Wie seine Marien nicht einfach Mütter sind, so sind seine Christuskinder nicht einfach Kinder. Eine Sonderstellung hat die Madonna mit dem schlafenden Kind in der Accademia (Abb. 4). Die Tafel ist beschnitten und äußerst schlecht erhalten. Ikonographisch ist sie nicht ungewöhnlich, denn das Thema war sicherlich schon in Venedig eingebürgert, als Bellini sein Bild malte9. Vergleicht man aber die Darstellungen anderer Maler, etwa di sacra conversazione des Bartolomeo Vivarini in Neapel, dann wird deutlich, daß Bellini die Tradition nicht einfach fortführte. Auch bei Bildern wie dem des Bartolomeo oder dem des Alvise Vivarini im Polyptychon von Montefiorentino in Urbino 10 soll vermutlich das Schlafen des Kindes
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Zu den frühen Madonnen vgl. zuletzt Robertson, 1968, S. 36 ff., zur Interpretation außerdem Dussler, 1935, S. 24 ff. 8 Dussler, 1935, S. 127. • Gronau, 1930, S. 201 f., Anm. 36. Vgl. audi Moschini-Marconi, 1955, S. 6$ f. 10 Berenson, i9$8, Abb. m und 333.
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als Präfiguration des Passionstodes verstanden werden, nur ist das nicht wirklich sichtbar gemacht, weil das Schlafen so genrehaft wirkt, daß man zweifeln muß, ob theologische Interpretationen hier tatsächlich angemessen sind11. Bei Bellini kommen solche Zweifel nicht auf. Dafür ist die Haltung der Madonna zu feierlich, ihre Trauer zu tief, und dafür liegt das Christuskind zu regungslos in ihrem Schoß - wie später der Leichnam des Gekreuzigten. Daß sich der junge Bellini immer wieder bemüht hat, das in herkömmlichen Bildtypen Gemeinte auch wirklich anschaulich zu machen, zeigt das „Sanguis Christi" (Abb. 5) in der National Gallery, London 12 . Christus steht in einem ausgesonderten Bezirk, der rechts und links durch Balustraden abgetrennt ist. Diese Balustraden sind mit Opferszenen geschmückt, deren genauer Sinn noch nicht aufgeklärt ist, die aber sicherlich auf das Blutopfer Christi verweisen. Auch die Landschaft ist nicht neutraler Hintergrund, sondern auf dieses Opfer bezogen: Zur Linken Christi, unter dem Kreuz, sieht man Ruinen und Einsiedler, die Farben sind dunkel. Auf der anderen Seite sind die Farben dagegen warm und hell, und statt der Ruinen gibt es Städte 13 . Ein Engel fängt mit einem Kelch das Blut auf, das aus der Seitenwunde Christi fließt. Ikonographisch steht das Bild nicht allein, doch ist der ikonographische Vorwurf bei keinem der vergleichbaren Werke zu einer so eindringlichen Darstellung von Spendung und Empfang des Blutopfers gesteigert wie bei Bellini. Man vergleiche als ein Beispiel unter vielen Carpaccios Bild in Udine von 149614, wo Christus das Blut aus der Wunde rinnen läßt, es aber nicht wirklich spendet, wo der Kelch nahe dem Boden auf einer Wolke schwebt und die Engel mit Anbetungsgesten nur assistieren. Im Unterschied zu den bisher besprochenen Werken Bellinis ist der segnende Christus des Louvre (Abb. 6) für Venedig ikonographisch ganz ungewöhnlich, und vermutlich waren auch niederländische Bilder das Vorbild 15 . In Italien läßt sich am ehesten das Detroiter Bild Botticellis vergleichen, das gegen 1480 entstanden sein wird 16 . Anders als der Christus Botticellis wendet sich der Bellinis nicht zum Betrachter, sondern bleibt isoliert und einsam. Der Bildausschnitt ist größer, so daß — wie bei Bellinis Madonnen - auch das feierliche Stehen zur Geltung kommt. Wie die Madonna Davis (Abb. 3) befindet sich auch der Christus an einem unbestimmbaren Ort und bleibt dadurch trotz aller Nähe unerreichbar. Die Landschaft des Hintergrundes ist so tief gelegt, daß Christus nicht nur vor, sondern auch über ihr steht. Die Neigung des Kopfes und auch der Segensgestus sind, wieder im Gegensatz zu Botticelli, nicht als momentane Bewegungen gezeigt, sondern als dauernde Haltung. 11
Vgl. audi Gilbert, 1952, S. 206 f., gegen Firestone, S. 43 ff. Vgl. Davies, S. 60 f., und Horster, 1963, S. i j 6 ff. 13 Mersmann, S. X V I I f. 14 Berenson, 1958, Abb. 4 1 9 . 15 Mersmann, S. X V I I f. 16 Zur Datierung vgl. Mandel, Botticelli, S. 9 ; . 12
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Wie im Andachtsbild war der junge Bellini auch im erzählenden Bild gleichzeitig groß und schwach, und beidesmal ist die Schwäche die Kehrseite seiner Größe. Eins seiner frühesten erzählenden Bilder war die Transfiguration des Museo Correr (Abb. 7), die lange als ein Werk Mantegnas galt 17 . Die Tafel ist oben verkürzt, doch läßt sich die ursprüngliche Wirkung noch einigermaßen beurteilen. Bellini hat sich bei seiner Darstellung eng an die biblischen Texte gehalten, vor allem an den Bericht bei Lukas 9, 28 ff.: „Es begab sich aber . . d a nahm er Petrus und Johannes und Jakobus mit sich und stieg auf den Berg, (Matth. 1 7 , 1 : „abseits auf einen hohen Berg") um zu beten. Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Angesichts, und sein Gewand wurde strahlend weiß. Und siehe, zwei Männer redeten mit ihm - es waren Moses und Elia - die erschienen im Lichtglanz und redeten von seinem Lebensausgang, den er in Jerusalem vollenden sollte. Petrus aber und seine Gefährten waren vom Schlaf überwältigt. Als sie jedoch erwachten, sahen sie seinen Lichtglanz und die zwei Männer, die bei ihm standen." Bellini hat noch Momente aus den anderen Evangelien dazugenommen, so den Hinweis auf die Auferstehung (Markus 9, 9 f.) in dem Baumstumpf mit den neuen Trieben. Oben, wo die Tafel heute beschnitten ist, war vermutlich Luk. 9, 34 ff. dargestellt: „Während er ( = Petrus) so redete, kam eine Wolke über sie und überschattete sie. Sie fürchteten sich aber, als die Wolke kam und eine Stimme erscholl aus dem H i m m e l . . V o n den Jüngern wacht Jakobus eben erst aus dem Schlafe auf, seine Augen beginnen sich zu öffnen, doch sieht er noch nicht. Petrus dagegen blickt nach oben, während sich Johannes schon wieder abwendet, zu bewegt, von dem, was er gesehen hat. Eine derartige Unterscheidung der drei Jünger ist ikonographisch ungewöhnlich, und vermutlich liegt ihr eine selbstständige Interpretation der Bibel durch Bellini zugrunde. Die im Vergleich zu Johannes unbeteiligtere und nüchternere Reaktion des Petrus ist nicht unangemessen für den Jünger, der gleich das Praktische bedachte: „Und es begab sich, als diese von ihm ( = Christus) schieden, da sagte Petrus zu Jesus, es ist gut, daß wir hier sind, und wir wollen drei Hütten bauen, dir eine und Moses eine und Elia eine; und er wußte nicht, was er redete." (Luk. 9, 33). Daß Jakobus im Gegensatz zur ikonographisdien Tradition nodi nichts sieht, ist vielleicht darin begründet, daß sich sowohl Petrus als auch Johannes darauf berufen, Augenzeugen von Christi Majestät gewesen zu sein (2. Petr. 1 , 1 6 f.), bzw. die Herrlichkeit des inkarnierten Wortes geschaut zu haben (Joh. 1, 14), während bei Jakobus ein solcher Hinweis fehlt.
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Mariacher, 1957, S. 4 7 ; außerdem Robertson, 1968, S. 30 f. Eine Datierungshilfe, möglicherweise ein terminus post, könnte sein, daß, laut Künstle, I, S. 407, Papst Kallixt III. 1 4 5 7 „ . . . dem Geheimnis der Verklärung ein eigenes Offizium und einen besonderen Messtext für die ganze Kirdie auf den 6. August bestimmte". Die Inschrift auf dem Bild ist ein Zitat aus dem Buch Hiob (Fry, S. 16). Der kleine Baum links ist eine Zutat; er hat nicht einmal einen Stamm. Seine Einfügung mindert die theologisch motivierte Herausstellung des Baumes bei Johannes, der bei Bellini der einzige im Bilde war.
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Probleme des Frühwerks
Die Bedeutung, die Bellini Johannes zugewiesen hat, geht sowohl über die Bildtradition als auch über die biblische Erzählung weit hinaus. Sie ist so groß, daß Johannes anschaulich fast zur Hauptfigur des Bildes wird. Er hat seinen Platz ganz vorn, während Christus und die Propheten, die eigentlichen Protagonisten, so weit nach oben gedrängt sind, daß sie schon unter den Bogen zu stehen kommen. Als das Bild noch seinen Rahmen hatte und oben vollständig war, wird das noch viel stärker ins Auge gefallen sein als heute. Das Begleitthema, die Reaktion der Jünger, hebt sich so weit heraus, daß es zur Hauptsache wird. Selbst die Disposition der Landschaft ist nur in geringem Grade dazu benutzt, die beiden Szenen wenigstens durch eine Vereinheitlichung des Schauplatzes zusammenzuziehen; in erster Linie kommt auch sie Johannes zugute: Zwar verengt sich das Plateau, auf dem Christus und seine Begleiter stehen, hinter Petrus zu einem schmalen Sattel, doch ist dieser so wenig ausgeformt, daß ungewiß bleibt, wo die Senkung beginnt und wie sie verläuft. Kunstvoll ist dagegen der Platz des Johannes angelegt: erst das Gewässer links und die Wiese, dann quer eine Felsstufe für die Jünger, von denen Johannes durch einen Spalt im Boden getrennt ist. Alles ist getan, die Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken. Aufgewühlt wendet er sich ab, und dabei fängt sich sein Blick an dem Baumstumpf links, als ginge ihm in eben diesem Augenblick dessen symbolischer Sinn auf. Dank dieser Erfindung gewinnt nicht nur das Pathos des Johannes Inhalt und Bedeutung, sondern auch der Baum, der normalerweise dem Geschehen nur als Attribut äußerlich beigegeben ist18. Die Propheten sind Bellini bei diesem Bild ein Problem gewesen. Den einen hat er zu Christus sprechen und den anderen Christus anbeten lassen, doch hat er weder im Sprechen noch in der Anbetung eine Möglichkeit der Steigerung gefunden. Zum Teil liegt das auch an der Gestalt Christi. Bei Markus wird erzählt, daß er mit Moses und Elias redete, doch ließ sich das schlecht zeigen, sollte die Verklärung, um deretwillen das Bild ja gemalt wurde, nicht in den Hintergrund treten. So läßt Bellini Christus zwar dem Propheten links sich zuwenden, doch treffen sich die Blicke nicht. An mehreren Stellen gibt es in der Transfiguration Unaufgelöstes und selbst Ungelenkes. Sichtbar wird das freilich erst angesichts der außerordentlichen Züge des Bildes, vor allem des Johannes. Noch ist die Absicht größer als das Erreichte, und noch ist überall die Anstrengung des Gedankens zu spüren, die sich in erster Linie auf Einzelerfindungen richtet, weniger auf deren Zusammenhang. Die Schwierigkeiten ergaben sich aus Bellinis Konzentration auf die Einzelperson, hinter der der Zusammenhang der Handlung zurücktrat. Eine Formel für Bellinis Frühwerk ist damit jedoch nicht gewonnen, denn in der gleichen Periode, vielleicht nur wenig später, hat er mit dem Gethsemanebild in London (Abb. 8) eines seiner bedeutendsten Werke gemalt. Auch von Man18
Ober die Bedeutung des Baums vgl. allgemein Goetz, passim.
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tegna gibt es zwei Darstellungen dieses Themas. Die eine in dem Bild der National Gallery in London (Abb. 9), die andere in einer heute in Tours befindlichen Predella des San Zeno-Altars. Die Fassung in Tours ist durch die Zugehörigkeit zu dem Altar in Verona datiert, während die Datierung der Londoner Fassung kontrovers ist. Es bleibt deshalb ungewiß, welche Fassung die frühere ist und wie das chronologische Verhältnis von Bellinis Bild zu den Bildern Mantegnas war 19 . Allgemein wird jedoch in der Forschung das Londoner Bild Mantegnas als dasjenige angesehen, das Bellini am nächsten steht. Das Verhältnis der beiden Künstler zueinander wird meist als Abhängigkeit Bellinis beschrieben. In der Disposition unterscheiden sich die beiden Londoner Bilder zunächst nur wenig, in der Auffassung aber umso mehr. Bei Bellini, der sich genauer an die biblischen Texte hielt, ist der Schauplatz wirklich eine Art Gut (Matth. 26, 36: villa; Mark. 14, 32: praedium) und außerdem berücksichtigt er, daß Christus nicht an einem anderen Ort betete als die Jünger, sondern nur „ein wenig vorwärts" (Matth. 26, 39 und Mark. 14, 35). Auch in der Situation ist der Christus Bellinis dem der Bibel näher. So hat er keinen Heiligenschein, der von vornherein seine Göttlichkeit anzeigen würde. Angstvoll drängt er sich an den wie ein Altar gebildeten Felsen, an dem er betet, und sein Gebet ist nicht rituell, sondern Ringen und Flehen. Die Hände mit den gespreizten Fingern treten hervor. Das verlorene Profil Christi steht frei vor dem Himmel und spricht eindrücklich von Angst und Bangigkeit: Luk. 22, 41 ff.: „Und er trennte sich von ihnen, ungefähr einen Steinwurf weit, und er kniete nieder und betete: Vater, wenn du willst, so laß diesen Kelch an mir vorübergehen. Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe. Es ersdiien ihm aber ein Engel vom Himmel und stärkte ihn. Und er geriet in angstvollen Kampf und betete noch anhaltender, und sein Schweiß wurde wie Blutstropfen, die auf die Erde fallen." Außer bei Lukas ist der Schmerz Christi in keinem der Evangelien so weit ausgemalt, und auch Mantegna zeigt nichts davon. Die Glaubwürdigkeit der Lukasstelle scheint auch in der Kirche nicht unumstritten gewesen zu sein, denn im 4. Jahrhundert soll ein Bischof Epiphanius sie angefochten haben, weil sie der Würde Christi Abbruch tue20. Vielleicht hat auch Mantegna sie aus diesem Grund nicht berücksichtigt, denn ihm kam es besonders auf die Würde Christi und die Bedeutsamkeit des Vorgangs an. Im einzelnen sind die Unterschiede oft nur geringfügig. Z. B. läßt Mantegna Christi Mantel vorn herunterfallen, so daß er der Gestalt Halt und dem Umriß Geschlossenheit gibt, während bei Bellini der angstvollen Haltung des Körpers durch nichts entgegengewirkt ist.
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Zum Verhältnis der Bilder Davies, S. j 8 f. und S. 335 f. Robertson, 1968, S. 32 f., hat wahrscheinlich gemacht, daß die Predella das frühere der beiden Mantegnawerke ist. Vielleicht w a r Bellinis Werk eine Antwort auf Mantegnas Predella und Mantegnas Londoner Bild eine Antwort auf das Bellinis. Heilige Schrift, Anhang, S. 20.
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Die Grundzüge von Mantegnas Darstellungsweise hat Goethe in seinem Aufsatz über „Julius Caesars Triumphzug, gemalt von Mantegna" analysiert: „An den Werken dieses außerordentlichen Künstlers, vorzüglich auch an dem Triumphzug Caesars,..., glauben wir einen Widerstreit zu fühlen, welcher beim ersten Anblick nicht aufzulösen scheint. Zuvörderst also werden wir gewahr, daß er nach dem strebt, was man Stil nennt, nach einer allgemeinen Norm der Gestalten; denn sind auch mitunter seine Proportionen zu lang, die Formen zu hager, so ist doch ein allgemein Kräftiges, Tüchtiges, Übereinstimmendes durchaus wahrzunehmen an Menschen und Tieren, nicht weniger in allen Nebensachen von Kleidern, Waffen und erdenklichem Gerät. Hier überzeugt man sich von seinem Studium der Antike; hier muß man anerkennen, er habe sich darein völlig versenkt. Nun gelingt ihm aber auch die unmittelbarste und individuellste Natürlichkeit bei Darstellung der mannigfaltigen Gestalten und Charaktere. Die Menschen, wie sie leiben und leben mit persönlichen Vorzügen und Mängeln, wie sie auf dem Markt schlendern, in Prozessionen einhergehen, sich in Haufen zusammendrängen, weiß er zu schildern: jedes Alter, jedes Temperament wird in seiner Eigentümlichkeit vorgeführt, so daß, wenn wir erst das allgemeinste ideellste Streben gewahr wurden, wir sodann, nicht etwa nebenan, sondern mit dem Höchsten verkörpert, auch das Besonderste, Natürlichste, Gemeinste aufgefaßt und überliefert sehen." Später heißt es: „Jene beiden Elemente nun fühlt man in seinen Werken, nicht etwa getrennt, sondern verflochten; das Ideelle, Höhere zeigt sich in der Anlage, in Wert und Würde des Ganzen; hier offenbart sich der große Sinn, Absicht, Grund und Halt. Dagegen dringt aber auch die Natur mit ursprünglicher Gewaltsamkeit herein: und wie der Bergstrom durdi alle Zacken des Felsens Wege zu finden weiß und mit gleicher Macht wie er angekommen wieder ganz vom Ganzen herunterstürzt, so ist es auch hier. Das Studium der Antike gibt die Gestalt, sodann aber die Natur Gewandtheit und letztes Leben. Da nun aber selbst das größte Talent, welches in seiner Bildung einen Zwiespalt erfuhr, indem es sich zweimal, und zwar nach entgegengesetzten Seiten auszubilden Anlaß und Antrieb fand, kaum vermögend ist, diesen Widerspruch ganz auszugleichen, das Entgegengesetzte völlig zu vereinigen, so wird jenes Gefühl, von dem wir zuletzt gesprochen, das uns vor Mantegnas Werken ergreift, vielleicht durch einen nicht völlig aufgelösten Widerstreit erregt. Indessen möcht es der höchste Konflikt sein, in welchem sich jemals ein Künstler befunden, da er ein solches Abenteuer zu bestehen zu einer Zeit berufen war, wo eine sich entwickelnde höchste Kunst über ihr Wollen und Vermögen sich noch nicht deutlich Rechenschaft ablegen konnte.""
«i Goethe, S. 182 f.
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In dem Londoner Bild Mantegnas ist dieser Widerstreit am deutlichsten bei den drei Jüngern, die einmal als die künftigen Apostel und Väter der Kirche würdevolle Gestalten sind, zugleich aber auch schlafende Männer von einfachem Stand. In der Landschaft ist zwar schon in den Motiven die Mannigfaltigkeit außerordentlich groß, doch ist andererseits durch die Malweise alles aufs höchste stilisiert. Mantegna hat alle Formen, auch die entferntesten, mit gleichmäßiger Deutlichkeit nebeneinander gesetzt. Der ölberg scheint trotz der beträchtlichen Entfernung nicht weit von der Stadt abzuliegen, und die Häscher wirken, da ihr Weg nicht ganz zu übersehen ist, viel näher als sie es ihrer Größe nach sein können. Die rechte Hälfte des Bildes wird von dem Todesgeier auf dem abgestorbenen Baum des Alten Bundes beherrscht. Im Hintergrund, aber trotzdem fast bedrängend nah, ist unter einem hochgetürmten Felsberg wehrhaft und bedrohlich Jerusalem aufgebaut. Die Kostüme, die Bauten, der Ablauf des Ereignisses, alles scheint genau bestimmbar und zu einem bestimmten Moment der Vergangenheit zu gehören. Damit entfernt sich Mantegna beträchtlich von den Evangelisten, die im Stil einer Chronik aufzählen, was alles geschehen ist, dabei aber den Zusammenhang des Geschehens voraussetzen und in der Erzählung nicht noch einmal ausdrücklich deutlich machen. Mantegna dagegen stellt die Begebenheit als ein in sich und nach außen abgeschlossenes Geschehen dar und baut die Handlung übersichtlich aus in sich abgeschlossenen Episoden auf. Seine Erzählweise ist eher die des Epos als die der Chronik. Der gleichmäßigen Deutlichkeit des Epos analog sind bei Mantegna alle Dinge so dargestellt, als sähe man sie aus nächster Nähe - auch die Landschaft im Hintergrund. Im Unterschied dazu hat Bellini gerade im Grad der Deutlichkeit differenziert. So hat er die Figuren durch Verwendung von Primärfarben gegen die Landschaft abgesetzt, in der Mischfarben überwiegen. Außerdem war er in der Landschaft mit Details sehr sparsam und hat erst bei den Figuren, bei denen der Blick verhält, wieder mehr Einzelheiten gegeben. Die Darstellungsweise Bellinis läßt sich als lyrisch umschreiben. Dieser Begriff ist im Zusammenhang mit Bellini oft gebraucht worden, bedarf aber trotzdem genauerer Bestimmung. Einheit stiften in Bellinis Londoner Bild nicht so sehr der Ablauf des Geschehens oder der Schauplatz, sondern die Stimmung, die nicht zufällig und vorübergehend ist, sondern so mächtig, daß sie alles ergreifen kann. Von Gethsemane zeigt Bellini erheblich mehr als Mantegna, doch schließt sich die Lokalität bei ihm nicht kompositioneil in sich zusammen, sondern bleibt nach vorn, nach den Seiten und nach oben hin offen. Auch bei Bellini gibt es Episoden wie das Schlafen der Jünger und die Häscher im Hintergrund, aber aus diesen Episoden werden keine Nebenhandlungen wie bei Mantegna. Es sind lyrische Episoden, wie sie Hegel im Unterschied zu epischen beschrieben hat: „Für das Epos liegen sie (die Episoden) im Begriff der objektiv ihre Seite verselbstständigenden Totalität und erhalten in Rücksicht auf den Fortgang der epischen
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Handlung zugleich den Sinn von Verzögerungen und Hemmnissen. Ihre lyrische Berechtigung hingegen ist subjektiver Art. Das lebendige Individuum nämlich durchläuft seine innere Welt schneller, erinnert sich bei den verschiedensten Gelegenheiten der verschiedensten Dinge, verknüpft das Allermannigfaltigste und läßt sich, ohne dadurch von seiner eigentlichen Grundempfindung abzukommen, von seiner Vorstellung und Anschauung herüber- und hinüberführen." 22 Von vorn, w o der Schauplatz sich öffnet, steigt das Gelände sanft an, um in der Felskuppe zu gipfeln, an der Christus betet. Bei Mantegna ist alles Stein, feste, geprägte Form, bei Bellini dagegen ist Erde bestimmend, die in sich amorph ist und nicht aus einzelnen Stücken zusammengesetzt. Die Höhen und Senken des Erdreichs lenken den Blick. Das Land ist in sich wenig unterteilt, und es gibt nichts, was den Stufen und Terrassen Mantegnas entspräche. Dafür gibt es viel mehr Wege und Straßen. A n ihnen wird die Weite des Landes ersichtlich, und zugleich heben sie, weil immer in Schleifen geführt, die Abmeßbarkeit der Entfernungen auf. Bei Mantegna meint man zu wissen, wie weit es von Jerusalem nach Gethsemane ist, bei Bellini kommt die Frage gar nicht erst auf.
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Vielleicht können schon die wenigen besprochenen Bilder einen Begriff davon geben, wie bedeutend die Kunst des jungen Giovanni Bellini ist. Ihr Umfang ist stark umstritten, und vielleicht wird sich nie völlige Ubereinstimmung erzielen lassen; zu unsicher sind die Anhaltspunkte und zu verschieden die Ansichten in der Forschung. Schon das Jahr der Geburt ist unbekannt. Obwohl die Indizien in der Mehrzahl dafür sprechen, daß Bellini nicht früher als 1430 geboren sein wird, haben vor allem Fiocco und andere italienische Forscher versucht, sein Geburtsjahr in die Mitte der zwanziger Jahre zurückzuverlegen 23 . Die Schwächen einiger dem jungen Giovanni zugeschriebenen Bilder könnten dann durch das Alter des Künstlers erklärt werden. Nimmt man aber 1430 als ungefähres Geburtsjahr an, dann bleiben die viel bedeutenderen Werke, die unter dem Eindruck Mantegnas stehen, mit die frühesten. Vieles wäre einfacher, wenn wir mehr über Giovannis Verhältnis zur Werkstatt des Vaters und des Bruders wüßten. D a ß Giovanni 1459 einen anderen Wohnsitz hatte als der Vater 24 , muß noch nicht heißen, daß er damals auch schon
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Hegel, II, S. 491. Fiocco, 1949, S. 6 ff. Zu der Frage von Giovannis Geburtsjahr jetzt zusammenfassend und m. E. im ganzen überzeugend Gibbons, 1963, S. 54 ff. Paoletti, 1894, S. 11.
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über eine eigene Werkstatt verfügte, vielmehr scheint er noch bis zum Tode Jacopos zusammen mit Gentile in der väterlichen Werkstatt gearbeitet zu haben, denn 1460 haben die drei Bellini in Padua gemeinsam ein Werk signiert, und nach Vasari und Ridolfi haben die Söhne dem Vater auch bei dem verlorenen Passionszyklus der Scuola di S. Giovanni Evangelista geholfen 25 . Nach Jacopos Tod scheinen die Brüder weiter eine gemeinsame Werkstatt unterhalten zu haben, denn in einem Brief von 1471 werden sie zusammen als mögliche Lehrer eines „pre Domenigo" genannt, der das Zeichnen lernen wollte 29 . Als 1474 in der Sala del Maggior Consiglio Restaurierungen nötig wurden, betraute man die beiden Brüder mit der Aufgabe 27 . Zum offiziellen Maler und Inhaber der Pfründe am Fondaco dei Tedeschi wurde 1479 allerdings nur Gentile bestellt. Ihm hat auch die Mutter testamentarisch das Werkstattmaterial des Vaters vermacht, was beides dafür spricht, daß Gentile die gemeinsame Werkstatt juristisch vertreten hat 28 . Ob sich das änderte, als Giovanni 1483 von seinen Verpflichtungen gegenüber der Zunft entbunden wurde, ist ungewiß, doch hat Gentile noch 1492 für sich und den Bruder einen Auftrag übernommen29. Nach 1483 bezeugen Dokumente zur Ausmalung der Sala del Maggior Consiglio, daß Giovanni auch allein Gehilfen beschäftigt hat. In unserem Zusammenhang ist das Problem der Werkstatt vor allem wegen einiger umstrittener Frühwerke wichtig, z. B. wegen der Triptychen von S. Maria della Carità, wo Giovanni neben anderen Künstlern gearbeitet hat 30 . Hätte Giovanni um 1460 schon eine eigene Werkstatt geführt, dann wäre es zumindest möglich, die Tafeln, die nicht von seiner Hand sind, wenigstens auf seinen Entwurf zurückzuführen. Hat Giovanni aber, was wahrscheinlicher ist, damals nodi keine eigene Werkstatt gehabt, dann ist er auch nicht der leitende Künstler gewesen, und nur die von ihm auch wirklich ausgeführten Tafeln können ihm zugeschrieben werden.
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Michiel erwähnt das Bild: Anonimo Morelli, S. 8. Über Jacopo Bellinis Passionsbilder in der Scuola di San Giovanni Evangelista berichtet nadi Vasari ausführlich Ridolfi, I, S. $4. — Uber venezianische Werkstattgebräuche allgemein: Tietze, i 9 $ 2 , S. 89 ff. M Aneddoto, S. 382. 17 Malipiero, II, S. 663. 28 Die Ernennung von 1479 bei Lorenzi, Dok. N r . 192. Zum Testament von Jacopos Witwe: Paoletti, 1894, S. 1 1 . " Z u r Befreiung von der Zunft vgl. Lorenzi, Dok. N r . 197. Die Nachricht über Gentiles Vertrag mit der Scuola Grande die San Marco bei Paoletti, 1894, S. 1 7 ff. 30 Einen Überblick über die verschiedenen Meinungen geben Arslan, 1 9 5 1 , S. 305 ff. und Mosdiini-Marconi, 19$ j , S. 77 ff., Kat. N r . 78—81. Zum letzten Stand der Diskussion vgl. Robertson, 1968, S. 3 9 f f . Von einer Beteiligung der (vorausgesetzten) Werkstatt Giovannis ist zuerst bei Berenson, 1 9 1 6 , die Rede. Fogolari, 1924, w o S. 57 ff. die einschlägigen Dokumente besprochen sind, hat S. 8 j f., darauf verwiesen, daß es sich den Umständen nach eher um die Werkstatt des Jacopo handeln müßte, bzw. um die gemeinsame Werkstatt am Übergang, nicht mehr ganz von Jacopo bestimmt und nodi nicht ganz von Giovanni. Vgl. Anm. 42.
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Am stärksten ist die Beurteilung von Giovanni Bellinis Frühwerk dadurch erschwert, daß wir über die venezianische Malerei im dritten Viertel des i j . Jahrhunderts so wenig wissen. Sieht man von der deutlich erkennbaren Produktion des Bartolomeo Vivarini einmal ab 31 , dann herrscht fast überall Dunkel, denn die Spätwerke des Jacopo 82 sind untergegangen, und von den Bildern Gentiles aus jenen Jahren kennen wir nur ganz wenige33. Der anscheinend wichtige Lazzaro Bastiani hat noch immer kein deutliches Profil 34 , und andere Künstler, wie die Ruggeri 35 , von denen man in Urkunden hört, sind von der Geschichtsschreibung übergangen worden. Venedig hatte keinen Vasari, und schon im späteren 16. Jahrhundert waren viele der kleineren Künstler vergessen. Im 17. Jahrhundert gab es für die Zuschreibung von Bildern des Quattrocento meist nur noch die Alternative zwischen den Bellini und den Vivarini. Dieses Modell hat oft auch die moderne Forschung bestimmt und ist vermutlich mit dafür verantwortlich, daß die überzeugende Zuschreibung des Triptychons des Hl. Vincenz Ferrer an Lauro Padovano 36 kaum Zustimmung gefunden hat. Von Lauro gibt es ja auch keine Vasaribiographie, und niemand singt in den Quellen seinen Ruhm. Nachdem sich Longhis Attribution des Werkes an Giovanni Bellini einmal durchgesetzt hatte, ließ die Zuschreibung anderer Bilder, die dem Triptychon mehr oder minder ähnlich sind, nicht auf sich warten. Im Gegenzug müssen mit dem Triptychon auch diese Bilder wieder aus Bellinis Werkverzeichnis gestrichen werden. Es sind durchweg solche, die von strenger Kritik schon immer zurückgewiesen worden sind: Die Kreuzigung der Sammlung Contini-Bonacossi steht dem Triptychon so nahe, daß man sie dem Lauro selbst zuschreiben könnte; ebenso den Kopf Johannes' d. T. in Pesaro, der dem des Hl. Christopherus auf dem Triptychon außerordentlich ähnlich ist37. Gestrichen werden müßte auch die Kreuzigung in Pesaro, die drei Tafeln im Berliner BodeMuseum nahe steht, die von einem der Ruggeri signiert sind38. Wenn dieser auch 31 32
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Pallucchini, 1962, S. 37 ff. So vor allem die von Ridolfi, I, S. J4, erwähnten Passionsbilder der Scuola di San Giovanni Evangelista, die 1465 fertig waren, und die 148 j verbrannte Kreuzigung von 1466 in der Scuola Grande di San Marco. Vgl. über Jacopo Bellini die Angaben bei Schmitt, 1965, S. 708 ff. D e r beste Überblick über die Tätigkeit Gentiles jetzt bei Schmitt, 1965, S. 695 ff. Über Bastiani jetzt Arslan, 1965, S. 167 ff. Über die Ruggeri vgl. die Urkunden bei Testi, II, S. 87 f. Diese zuerst von Gronau, 1 9 2 1 , geäußerte Zusdireibung hat Schmitt, 1 9 6 1 , S. 1 1 0 noch einmal ausführlich und m. E . überzeugend begründet. Gronau folgend, zieht jetzt auch Robertson, 1968, S. 47 ff., vorsichtig die Autorschaft Lauros in Erwägung. - Einen Überblick über die vorausgegangenen Meinungen und die Quellen gibt Arslan, 1952, S. 1 2 7 ff. Für die Kreuzigung der Slg. Contini Bonacossi hat Robertson, 1968, S. 49, wegen der Verwandtschaft mit dem venezianischen Triptychon bereits Lauros Namen genannt. - Über den Kopf in Pesaro zuletzt Ruhmer, S. 88, der die Zusdireibung an Bellini ablehnt und wieder für Zoppo plädiert. Vgl. über dieses Bild Kühnel-Kunze, S. 98 ff. Die Kreuzigung in Pesaro (vgl. die zu Recht ablehnende Äußerung von Robertson, 1968, S. 53) könnte auch von Ruggeri sein.
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Lauros Niveau nicht ganz erreicht, so ist er ihm doch in der Figurenbildung und im Kolorit sehr verwandt. Es zeichnet sich hier eine Gruppe von Künstlern ab, die zwar in Venedig gearbeitet haben, aber künstlerisch von den paduanischen Werken Mantegnas geprägt sind. Zu dieser Gruppe rechnen neben Lauro Padovano und den Ruggeri auch Bartolomeo Vivarini und Gentile Bellini39 mit seinen frühen Bildern. Eine auch nur einigermaßen differenzierte Chronologie des Frühwerks ist beim augenblicklichen Stand unseres Wissens nicht möglich40. Prüft man die erhaltenen Bilder, dann ergeben sich jedoch mehrere Gruppen, die durch formale Gemeinsamkeiten, wie z. B. den Schnitt der Gesichter, die Bildung der Hände und die Faltengebung zusammengehalten werden. Am Anfang stehen drei Einzelwerke, der Hieronymus in Birmingham, die Pietà in Bergamo (Abb. 1) und die Madonna Malaspina in Pavia. Von einer Gruppe kann man bei ihnen jedoch noch nicht sprechen, dafür sind die Bilder zu verschieden. Es ist möglich, daß verlorene Bilder, mit denen man ja unbedingt redinen muß, hier Verbindungen hergestellt haben. Die erste stilistisch relativ geschlossene Werkgruppe im oeuvre Bellinis besteht aus dem „Sanguis Christi" (Abb. j), der Madonna Johnson in Philadelphia, der Transfiguration des Museo Correr (Abb. 7) und dem Gethsemanebild in London (Abb. 8). An allen vier Bildern ist zu erkennen, daß Bellini von den paduanischen Werken Mantegnas gelernt hat, bei den ersten drei Bildern vor allem von dem Lukas-Polyptychon, heute in der Brera, und der Ovetarikapelle, bei dem Gethsemanebild von dem San Zeno-Altar in Verona. Den Übergang zur zweiten Hauptgruppe des Frühwerks bilden die Madonna der Sammlung Lehman, New York, die Madonna Davis des Metropolitan Museums (Abb. 3) und die Pietà des Museo Correr
Die bedeutendsten Werke dieser Richtung sind freilich nicht Gemälde, sondern Antonio Rizzos Allegorien für das Grabmal des Dogen Tron in S . M a r i a dei Frari (Planiscig, 1 9 2 1 , Abb. 45 ff.). Alle Werke dieser Gruppe sind im Charakter entschieden „unvenezianisdi", denn was wir als „typisdi venezianisch" anzusehen uns gewöhnt haben, hat sich erst gegen Ende der siebziger Jahre herausgebildet, als Giovanni Bellini, der bis dahin in Venedig eher ein Außenseiter gewesen war, zum führenden Maler aufstieg. Audi die früheren Werke von Gentile Bellini, vor allem aber dessen Tafeln für die Triptydien von S. Maria della Carità (vgl. Anm. 42), rechnen zu der Hauptrichtung. Deren Charakteristikum ist eine starke Stilisierung, nicht nur in den Draperien und in der Posierung der Figuren, sondern auch in den Köpfen. Diese Stilisierung, die bei B. Vivarini gelegentlich zur Sdiematik wird, ist bei Rizzo dazu genutzt, Idealtypen zu schaffen. Das zeigt sich schon an den Hauptwerken der Frühzeit, den Figuren von Adam und E v a im Dogenpalast, deren Datierung vor 1 4 7 1 nach den noch unpublizierten Forschungen von Dr. Wiebke Pohlandt nicht mehr zweifelhaft ist (vgl. Jahrbuch der Berliner Museen, 1 9 7 1 ) . 40
Es ist in diesem Zusammenhang nidit möglich, die verschiedenen Versudie, Umfang und Chronologie von Bellinis Frühwerk zu bestimmen, genauer zu besprechen. Genannt seien neben den entsprechenden Kapiteln in den Monographien die Arbeiten von Berenson, 1 9 1 6 ; Lauts, 1940; Longhi, 1949; und Robertson, i960. Allgemein gilt die Beobachtung von Dussler, 1 9 3 5 , S. 1 9 : „Allen Versuchen, eine .zwingende' C h r o n o l o g i e . . . aufzustellen, entzieht sich Bellinis Frühkunst schon ihrem Wesen nach . .
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(Abb. 2) 41 . Die Werke der zweiten Hauptgruppe selbst stehen in Beziehung zu der Pietà in der Brera (Abb. 10): der segnende Christus des Louvre (Abb. 6) und die beiden Darstellungen Johannes des Täufers (Abb. i j ) und des Hl. Antonius Abbas (Abb. 14) von den Triptydien für S. Maria della Carità 42 . Den Zusammenhang der dritten Gruppe, die aus dem verlorenen Altarbild in SS. Giovanni e Paolo (Abb. 12), der S. Giustina (Abb. 13), der Pietà in Rimini (Abb. 11) und der Madonna mit dem schlafenden Kind in der Accademia (Abb. 4) besteht, hat sdion Robertson beschrieben43. Keins der genannten Bilder ist datiert, und ifür keins haben wir sichere Anhaltspunkte. Die Werke, die von Bellinis Offenheit für die Kunst Mantegnas zeugen, wird man am ehesten in die Zeit des engsten persönlichen Kontaktes setzen können, also zwisdien spätestens 1453 und 146044. Die mantuanischen Werke Mantegnas haben für Bellini keine entscheidende Rolle mehr gespielt.
Über die Bilder in Bergamo und Birmingham vgl. zuletzt Robertson, 1968, S. 29 f. und 1$. Z u r Madonna Malaspina vgl. Pallucdiini, 1949, S. 30, und Degenhart, S. 6. Z u m „Sanguis Christi" vgl. Davies, S. 60 f., Robertson, 1968, S. 33 ff. und f ü r die Ikonographie Horster, 1963, S. 156 fr. sowie Mersmann, S. X V I I f. Ober die M a d o n n a in Philadelphia unterrichtet Sweeny, S. 10. A u s der umfangreichen Literatur zum Londoner Gethsemanebild seien Davies, S. j 8 ff. und Robertson, 1968, S. 32 f. genannt. Z u r Madonna Lehman vgl. Exposition . . . , S. 2, zur M a d o n n a des Metropolitan Museums Wehle, S. 181 f., und zur Pietà des Museo Correr Mariacher, S. 49 f. 4 1 Über die Pietà der Brera zuletzt Robertson, 1968, S. 54 f., w o audb ein Versuch gemacht ist, die Insdirift z u übersetzen. Über den Pariser Christus Pallucchini, 1959, S. 129 f., Borenius zur H e r k u n f t und Mersmann, S. X V I I f. f ü r die Ikonographie. — Über Bellinis Anteil an den Triptydien der Carità besteht keine Einstimmigkeit. W o sie überhaupt zugestanden w i r d , werden Bellini meist, w i e audi hier, zumindest der Johannes d. T . des Trittico di S. L o r e n z o gegeben und der H l . Antonius A b b a s des Trittico di San Sebastiano (so z. B. auch Heinemann, S. 62 ff.), meist aber noch andere T a f e l n , bei Robertson, 1968, S. 42 etwa Teile der Lunette mit der Trinità. M . E . kommt Giovanni Bellini nur noch für den K o p f des Christus in der Lunette des Trittico della Madonna in Frage (Detail bei Bottari, 1963, I, T a f . 48), vgl. auch Heinemann, S. 63. V o n w e m im einzelnen die anderen T a f e l n gemalt worden sind, läßt sich noch kaum übersehen. A n eine Beteiligung Gentile Bellinis hat z. B. schon Longhi, 1949, S. 274 ff. gedacht. Mir scheint, d a ß zumindest ein Teil der T a f e l n mit Sicherheit G e n tile Bellini zugeschrieben werden kann. M a n vergleiche den S. Antonio des Trittico di S. L o renzo (Bottari, 1963, I, T a f . 33) und den H l . Franziskus des Trittico della N a t i v i t à (Bottari, 1963, I, T a f . 44) mit Gentiles Bessarionsreliquiar (Sdiaffran, S. 153 ff., A b b . bei Berenson, 1958, T a f . 182). D a n n vergleidie man die Madonna des Trittico della Madonna mit G e n tiles Berliner Madonna (Berenson, 1958, T a f . 183). M a n vergleiche den Joseph der N a t i v i t à (Bottari, 1963, I, T a f . 43) mit den Heiligen Franziskus und Hieronymus auf den Rückseiten v o n Gentiles Orgelflügeln für San Marco (Abb. des Franziskus bei Berenson, 1958, T a f . 181; A b b . des Hieronymus bei Coletti, 1953, T a f . 121). Schließlich vergleidie man nodi den Hieronymus des Trittico della Madonna (Bottari, 1963, I, T a f . 50) mit Gentiles Hieronymusbild in Monopoli (Mostra . . . , S. 72, A b b . 76). V o n w e m die anderen T a f e l n sind, bleibt o f f e n . Schmitt, 1961, S. 112, hat auch eine Beteiligung Lauro Padovanos erwogen. 48 Robertson, i960, S. 55. 44 1453 hat Mantegna Bellinis Schwester Nicolosia geheiratet (Tietze-Conrat, 19JJ, S. 8 f.). 1460 vermutlidi, vielleicht audi schon 1459, ist Mantegna nach Mantua gegangen (vgl. TietzeConrat, 195 j , S. 11).
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Datiert man, wie hier vorgeschlagen, dann kommt man mit den Bildern der zweiten Gruppe in die frühen 6oer Jahre. Das wäre in Einklang mit den Angaben, die wir den Dokumenten zu den Triptychen von S. Maria della Carità entnehmen können, die zwischen 1461 und 1464 in Auftrag gegeben worden sind45. Noch schwieriger ist die Datierung der verbrannten Pala von SS. Giovanni e Paolo. Das Bild war in Tempera gemalt und sdion deshalb aller Wahrscheinlichkeit nach früher als die Marienkrönung in Pesaro und die Transfiguration in Neapel, die um oder kurz nach 1470 entstanden sein werden (vgl. S. 22 ff.), so daß man mit den Bildern der dritten Gruppe ungefähr in die zweite Hälfte der sechziger Jahre kommt46.
III Das bedeutendste Werk der Frühzeit ist die Pietà in der Brera (Abb. 10). Sie ist sdion dem Typus nach ungewöhnlich, denn Bellini hat bei ihr Momente eines zu seiner Zeit schon fast archaischen Typus verwendet, der sein Urbild vielleicht in der Pietà der Casa Hörne hat 47 . Das Florentiner Bild zeigt außer Christus nur noch Maria, die von rechts her den Leichnam stützt, und zwar so, daß sich die beiden Köpfe berühren. Auch Bellini rückte die Köpfe von Christus und Maria ganz nahe zusammen, ließ sie sich aber nicht mehr berühren. Dadurch ist einmal die Unabhängigkeit Christi gewahrt, der nicht mehr allein auf Maria bezogen ist, und zum anderen wird auch das Verhältnis Marias zu ihrem Sohn verändert. Die Angleidiung ihres Gesichtes an das Christi verliert alles nur Zeichenhafte. Anders als bei der Pietà in Bergamo (Abb. 1) stehen die Figuren nicht einfach hinter einer Balustrade, sondern gemeinsam im Grab. Dieses Grab ist aber nicht um seiner selbst willen gezeigt, sondern als der gemeinsame Ort von Christus, Maria und Johannes. Die drei Figuren beherrschen das Bild uneingeschränkt. Nur neben Maria wird im Hintergrund Landschaft siditbar, dodi wird gerade an dieser deutlich, wie sehr der Ort der Figuren ein symbolischer ist, kein 48 44
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Fogolari, 1924, S. 84. Die wichtigste Diskussion ist noch immer die bei Crowe-Cavalcaselle, I, S. 1$4. Robertson, i960, S. 53 ff. datiert relativ spät wegen der vermuteten Abhängigkeit Bellinis von Antonellos Pala di San Cassiano. Das ist schon deshalb unbereditigt, weil das Bild in SS. Giovanni e Paolo nodi in Tempera gemalt war. Ridolfi, I, S. 64, bespricht es vielleicht nidit zufällig vor der Antonelloepisode, vermischt also die typologische Frage noch nicht mit der maltechnisdien. Als Quelle zur Rekonstruktion dient außer dem Stich von Zanetti ein bei Pallucchini, 1959, Taf. 237 abgebildetes Aquarell. An das Bild der Casa Hörne erinnert sdion Mersmann, S. X V I I . Daß dieser Typus auch zur Zeit und im Umkreis Bellinis nodi eine Rolle spielen konnte, lehren die bei Wazbinski, S. 39 ff. besprochenen Werke. Eine in mandiem mit Bellinis Bild vergleichbare Komposition gibt es von Giusto im Baptisterium von Padua (Pallucchini, 1964, Abb. 400).
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wirklicher. Der Blickpunkt ist so hoch gewählt, daß die Köpfe frei vorder Weite des Himmels stehen. Christus ist nicht nur in hieratischer Frontalität gegeben, sondern hat auch die Mitte des Bildes. An ihm mißt sich alles andere. Bei Maria und Johannes sind Zu- und Abwendung so weit gemäßigt, daß sie nicht mehr im Laufe einer Handlung vorübergehend eingenommene Positionen sind, sondern Ausdruck innerer Haltung. Der verschiedene Abstand zu Christus ist nicht zufällig, sondern symbolisch für ihr Verhältnis zu ihm. Nicht als eine durch gemeinsames Tun verbundene Gruppe hat Bellini die drei Figuren aufgefaßt, sondern als drei Einzelexistenzen. Der lapidaren Komposition entspricht die Bildung des Details, über die sidi Roger Fry am genauesten geäußert hat: „ . . . here at last Bellini has shaken off the uncongenial intricacy of Paduan design; he has begun to find his own personal scheme, in which form is defined rather by the opposition of broad, scarcely modelled planes, than by the multiplicity of contours. The drapery is no longer cut up into intertwicing folds; it falls, still somewhat stiffly no doubt, in large uninterrupted masses. Bellini's feeling for these unmodelled surfaces is pushed to the extreme in the treatment of the nude; but the curious rectilinear collar bone and flat pectorals are not the result of ignorance of the figure; . . . ; he is only emphasizing his own newly found personal formula which demands this summary simplification of the planes of the figure. In this particular case such a treatment is dictated partly by the system of long horizontal lines which pervades the whole composition."48 So hellsichtig Fry's Analyse ist, so sehr haben ihn seine zu ausschließlich aus der ihm zeitgenössischen Kunst gewonnenen Kriterien in die Irre geführt. Denn die Besonderheit der Pietà in der Brera lassen sich nicht aus einem neuen Schema, einer neuen Formel erklären, auch nicht aus einer Neigung zu ungebrochenen Flächen und Linien, sondern nur im Hinblick auf das Thema, das sich im Sinne Bellinis nicht ohne Verzicht auf Details darstellen ließ. Das Verfahren, dessen Bellini sich bediente, ist ein durch und durch plastisches, denn was Fry als Flächen beschreibt, sind zwar ungebrochene und in sich nicht weiter artikulierte, aber doch entschiedene Wölbungen. Daß sie beim toten Christus, im Kontrast zu den Gewändern von Maria und Johannes, so flach wirken, wird sich daraus erklären, daß Bellini von diesem Körper alles intensiv Gerundete und Kräftige fernhalten mußte, sollte aus dem toten Christus nicht unversehens ein Athlet werden49. An manchen Stellen geht die Reduktion des Details bis zur Angleichung des Verschiedenen, etwa bei den Händen von Johannes und Christus, zwischen denen kaum ein Unterschied ist. Obwohl Bellini alle Formen in größter Deutlichkeit gab, hat er, anders als Mantegna, die vielen Details, die sich in der Wirklichkeit bei solcher Nahsidit zeigen würden, ausgelassen. Auch dabei ist er
« Fry, S. 24 f. 49 Dussler, 1935, S. 31 f. hat bei dem Pariser Christus ähnlidie Beobachtungen gemacht. Deren theologische Erklärung scheint mir aber zu weit zu gehen.
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jedoch nicht pauschal verfahren, denn die Gesichter, auf die es ihm besonders ankam, hat er der Steigerung wegen mit größerem Detailreichtum umgeben. Wie die Komposition und die Bildung des Einzelnen ist auch das Kolorit nur aus dem Thema verständlich. Den Grundton gibt die Leichenblässe Christi, die nicht nur auf Marias Gesicht übergegriffen hat, was sich aus ihrer leidenden Identifikation mit dem Sohn erklären ließe, sondern den Charakter des Kolorits im ganzen bestimmt. An dem bleichen Grünlichblau des Himmels ist das unmittelbar zu sehen, mittelbar erklärt es auch die Erscheinungsweise aller anderen Farben. Keine ist in der höchsten Steigerung gezeigt, alle sind gebrochen. Das Blau in Marias Mantel und der Tunica des Johannes ist durch die Beimischung von Schwarztönen gedämpft, aber auch das helle Blau von Johannes' Toga und das Rot von Marias Kleid sind geschwächt: das Rot, weil es durch Beigabe von Weiß gebleicht, das Blau, weil es von dunklen Tönen getrübt wird. Selbst dem Inkarnat des Johannes ist so viel von den bleichen Weiß- und Grüntönen des Himmels beigegeben, daß es an dem allgemeinen Charakter des Kolorits teilhat50. Daß ein Bild solchen Ranges Bellini nicht sogleich wieder gelang, kann nicht verwundern. Rätselhaft aber bleibt, daß seine nächste Pietà sich so grundlegend unterscheidet, und zwar nicht nur im Stil, sondern vor allem auch in der A u f fassung. Die Pietà in Rimini (Abb. 1 1 ) um die es sich handelt, wurde am Ende des 15. Jahrhunderts als: „ . . . imago dominis nostri Iesu Christi salvatoris mundi mortui et sublati de cruce in formam pietatis" 51 beschrieben. Diese Beschreibung ist deshalb so aufschlußreich, weil sie die Zwiespältigkeit des Themas genau widerspiegelt. Vier Engel sind um Christus beschäftigt, aber nicht wie Himmelswesen, sondern eher wie Kinder, die etwas gefunden haben und es nun betrachten. Der Engel rechts besieht die Wundmale eher neugierig als betroffen, und links gibt es gar einen Zuschauer. Der Ernst, der Bellinis Engel sonst überschattet, hat einer Kindlichkeit Platz gemacht, die kaum noch zum Thema der Pietà paßt, sich jedoch hier mit der Darstellung Christi durchaus verträgt. An dem wohlgestalteten Leib unter dem schönen, edlen Kopf wirken die Wundmale mehr als Zeichen denn als Wunden, wie überhaupt im ganzen Bild der Tod zum Schlaf gemildert ist. Die Zwiespältigkeit des Bildes ist von Theodor Hetzer am besten formuliert worden. In seinen Formulierungen klingt außerdem auch an, daß die Irritation weniger vom Bilde selbst ausgeht, als von seiner Zuschreibung an Bellini, die durch die inzwischen entdeckte Signatur erhärtet wird: „ . . . sehen wir die Wirkung dieses Bildes von dem reichen, fast üppig schönen Bewegungsmotiv Christi abhängen, dessen Körper sich so kunstvoll in der Fläche ausbreitet, daß er sie in allen ihren Teilen erfaßt und beherrscht. Dazu das graziöse Spiel der Engeldien, deren Schmerz sich in einer für Bellini kaum glaublichen Weise mit Ieich50
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Die Mäntel von Maria und Johannes sind so stark nachgedunkelt, daß die ursprüngliche Wirkung beeinträchtigt wird. Campana, S. 419.
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tem Getändel verbindet, und aus eben dieser Gesinnung heraus sind Christi Haare und Bart zu duftenden Locken gekräuselt. Ebenso überraschend aber ist der hier waltende Sinn für den Reiz der Silhouette. . . . Bellini hat . . . wie es scheint, danach gestrebt, das Herbe der Frühzeit zu mildern; vielleicht hat er es, durch fremde, unbekannte Anregungen beeinflußt, auch einmal auf eine ungewöhnliche Weise versucht."52 Woher solche Anregungen hätten kommen sollen, ist bis heute nicht erkennbar. „Entwicklung" wäre freilich nur ein schwacher Ausdruck für das, was geschehen sein muß. Die beiden Bilder in Mailand und Rimini bezeichnen extreme, einander scheinbar ausschließende Positionen, die kaum in bruchlosem Ubergang entstanden sein können. Vom Künstler aus kann das eigentlich nur eine Krise bedeuten, vor allem bei Bellini, dem man nach den Erfahrungen mit vorausgegangenen Werken unterstellen kann, daß es ihm mit seinen Themen ernst gewesen ist. Radikale Wendungen gibt es in seinem oeuvre mehrfach, aber nirgends sonst gibt es einen so unversöhnlichen Bruch wie zwischen den beiden Gruppen, die durch die Pietà-Darstellungen in Rimini und der Brera vertreten werden. Das zeigt auch ein Vergleich zwischen dem Antonius Abbas aus S. Maria della Carità (Abb. 14) und der S. Giustina (Abb. 13). Der Eremit steht in der Formensprache dem Johannes der Mailänder Pietà nahe. Alles an ihm ist ins Große gewendet, selbst der Umgang mit den Attributen. Antonius ist auf dem Weg gezeigt, aber verharrend, düster sich umwendend, als ginge es einmal mehr darum, mit der fest gehaltenen Glocke böse Geister zu verscheuchen. Ein Eremit ist dargestellt, aber ein bedrängter, nicht einer, der friedlich in der Einsamkeit lebt. Wie schon bei dem Johannes der Transfiguration im Museo Correr ist auch hier das Verhältnis von Kopf und Körper anatomisch nicht korrekt, doch hat Bellini das der Gesamtwirkung zuliebe in Kauf genommen. Auch bei dem Bemühen, dem Heiligen trotz der Schrittstellung die gebotene Würde zu sichern, ergaben sich Schwierigkeiten, die Bellini noch nicht ganz lösen konnte. Rechnet man zum Beispiel nach, wie der Eremit eigentlich steht, dann stellt sich heraus, daß seine Stellung kaum unnatürlicher sein könnte. Der rechte Fuß etwa ist nicht hinten zu finden, wie man erwarten müßte, sondern gleich hinter dem linken, so daß die Stellung der Beine zur Wendung des Körpers in ein Mißverhältnis gerät. Die Disposition des Mantels ist vor allem hinten von der Stellung des Körpers unabhängig, weil nur so die Falten die Figur im Gleichgewicht halten konnten. Diese Falten berühren zwar den Boden, breiten sich aber nicht auf ihm aus und wirken so als Stütze für die ganze Figur. Wie anders die Giustina63. Bei ihr ist gerade die schöne Posierung des Körpers M
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Hetzer, 1936, S. 63. Dagegen Dussler, 1949, S. 3 7 : „Es ist die Welt der Kinder, die zwar ahnend, aber nidit verstehend sidi um den toten Erlöser schart, und hier bedarf es nidit der Forderung eines sinnvollen Handelns." Uber die Datierung Robertson, i960, S. 56. Die grundlegende Studie ist die von Berenson, 1 9 1 6 , S. 38 ff. Abgelehnt wurde das Bild z. B. von Hetzer, 1932, S. 64.
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wichtig, den Bellini unter der reichen Gewandung immer wieder sehen läßt. Die Gewänder selbst sind aus kostbaren Stoffen gefertigt und mit Geschmack verarbeitet. Mit Geschmack werden sie auch getragen, ganz im Einklang mit den überaus schlanken und anmutigen Formen des Körpers, die sich unter ihnen abzeichnen. Mit Anmut, wenn auch eine Spur preziös, hält die Märtyrerin ihre Palme, und ihr spezifisches Attribut, das Schwert, ist weniger ein Marterwerkzeug als ein Meisterwerk handwerklicher Kunst. Es fehlt nicht viel, und man rechnete es zu dem kostbaren Schmuck, den Bellini überall bewundern läßt. Aus dem gleichen Geist wie die Details ist auch das gewählte und geschmackvolle Kolorit, das mit der schönen Posierung der schlanken Gestalt und der eleganten Drapierung des Gewandes so harmonisch zusammengeht. Die Unterschiede zum Antonius Abbas sind aus der verschiedenen Ikonographie und dem vermutlich geringen zeitlichen Abstand nicht ohne weiteres zu verstehen. Sie verweisen vielmehr auf die Differenz zweier extremer Positionen, die Bellini, wahrscheinlich binnen weniger Jahre, durchlaufen hat. Die Indizien sprechen dafür, daß die Bilder aus der Gruppe der S. Giustina die späteren sind54, und vielleicht erklärt sich das für Bellini so Unerwartete und angesichts seines übrigen oeuvres so Ungewöhnliche an ihnen aus einer überscharfen Wendung gegen die vorausgegangenen Werke. Zur Gruppe der S. Giustina gehört auch Bellinis erste sacra conversazione, die für SS. Giovanni e Paolo in Venedig (Abb. 12). Sie ist nur in einem Stich überliefert, und was man diesem Stich über die Proportionierung der Figuren, die Drapierung der Gewänder und das Verweilen beim schönen Detail entnehmen kann, läßt vermuten, daß die Giustina uns eine sehr gute Vorstellung von den Heiligen des Altarbildes gibt85. Die Magdalena rechts, die motivisch am ehesten vergleichbar ist, könnte eine Schwester der Giustina sein. Die männlichen Heiligen des Bildes, vor allem der Hieronymus links, lehren außerdem, daß die Unterschiede zwischen der Hl. Giustina und dem Hl. Antonius Abbas sich nicht aus dem Geschlecht erklären, sondern aus der verschiedenen Entstehungszeit, denn formale Schönheit, Eleganz der Pose und geschmackvolle Draperie sind für die männlichen Heiligen der Pala nicht weniger charakteristisch als für die weiblichen. Die Kirchenfürsten rechts und die Märtyrerinnen links sind in zwei Prozessionen zusammengeführt, die ein Bischofskreuz und eine lorbeergeschmückte Fahne mit sich tragen. Sie alle sind Personen von Stand, und das Gewählte ihrer Kleidung, 54
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N u r von den Bildern dieser Gruppe gibt es Verbindungen zu denen der nächsten (man vgl. etwa den Propheten rechts auf der Neapler Transfiguration), von den Bildern der Gruppe um die Brera-Pietà scheint es mir dagegen keine Verbindung zu späteren Werken zu geben. Robertson, 1968, S. 59, hat an der Genauigkeit des Stiches Zweifel geäußert, weil der obere Abschluß nicht genau zu dem in der Kirche nodi erhaltenen Rahmen paßt. Andererseits stimmen aber selbst Details wie die Kapitelle mit dem Rahmen überein, und in den Hauptmotiven der Draperie ist die Obereinstimmung des Stiches mit dem bei Gronau, 1909, S. 82, und Pallucdiini, 1959, T a f . 2 3 7 , abgebildeten Aquarell so groß, daß man annehmen darf, daß beide in den Hauptzügen getreu sind.
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das Formvollendete, vom Posieren nicht immer Freie in ihrem Auftreten sind Züge, die ihnen allen zukommen, nicht spezifisch den Einzelnen charakterisieren. Die reiche Ausstattung der Architektur und des Thrones liefert den ihnen angemessenen Rahmen. Bellinis Hochformat verlangte auch für die Anordnung der Figuren neue Lösungen, denn es war nicht länger möglich, sie als Einzelfiguren fast unüberschnitten nebeneinander zu stellen, wie das noch Mantegna getan hatte. Bellini hat auf beiden Seiten analog gruppiert und vor den Thron noch drei Engel gestellt. Er gewann damit eine dreistufige Disposition der Figuren, an der er bis zur Pala di San Zaccaria von 1505 festgehalten hat. Für die Geschichte des italienischen Altarbildes bedeutet die Pala von SS. Giovanni e Paolo einen neuen Anfang 56 . Frühere Lösungen, wie z. B. auch noch Mantegnas Retabel für S. Zeno, hatten meist an dem querrediteckigen Format der Polyptychen festgehalten, erst Bellinis Bild ist sehr viel höher als breit. Neu ist an ihm auch, daß die Figuren unter einem gemeinsamen Gewölbe stehen, das sie überfängt. Nach Erich Hubala sind die Quellen für diese Bildarchitektur vor allem in Venedig zu suchen: „Die Elemente von Bellinis casamento sind alt und in Venedig seit jeher heimisch: Die Arkade als Bildrahmen und der Baldachin auf vier Stützen, die durch vier Bögen verbunden sind und mit einem Gewölbe, in Venedig meist einer Kuppel, schließen. Es sind die beiden Leitmotive venezianischer Baukunst, sowohl im Mittelalter, als auch in der Renaissance: die Säulenarkade, der arco, und der Gewölbebaldachin, die cuba. Die Archetypen dafür finden sich in den ältesten Kirchen der Stadt, in San Marco, in San Giacomo beim Rialto". Charakteristische Details wie die Delphinkapitelle, hat Bellini vermutlich der Antike entlehnt57. Der Rahmen, und auch das scheint eine Neuerung zu sein, gehört unmittelbar zur Bildarchitektur, die ohne ihn unvollständig wäre. Bei ihrer Ausschmückung hat sich Bellini einmal mehr bei Mantegna Rat geholt, von dem die Girlande und die Lampe übernommen sind. Trotz der vielfältigen Verbindung mit venezianischen Bauten ist Bellinis Bildarchitektur etwas Neues: Sie ist nach hinten offen, kann also nicht als Teil eines größeren Gebäudes, etwa als Kapelle in einer Kirche, aufgefaßt werden. Nicht um einen Platz in der Wirklichkeit handelt es sich, sondern um den Ort der Heiligen.
te 57
Zur Vorgesdiìdite der sacra conversazione vgl. Pudelko, S. 195 ff. und Passavant, S. 40 ff. Hubala, 1969, S. 7 f.
Altarbilder der siebziger Jahre I D i e Bedeutung Giovanni Bellinis wird vielfach nicht in wegweisenden Erfindungen gesehen, sondern im A u f g r e i f e n und Vertiefen v o n bereits Vorhandenem. Diese A u f f a s s u n g ist einseitig und deshalb irreführend. Eine Untersuchung der venezianischen Malerei nach Themen und A u f g a b e n würde z. B. ergeben, d a ß Bellini allein für das venezianische A l t a r b i l d drei neue T y p e n entwickelt hat, und z w a r jeweils die historisch wichtigsten: In den sechziger Jahren schuf aller W a h r scheinlichkeit nach er den neuen, später kanonisch gewordenen T y p u s der sacra conversazione, in den siebziger Jahren scheint in Venedig er das erzählende A l t a r bild eingeführt zu haben, in den achtziger Jahren die sacra conversazione als Halbfigurenbild und schließlich zu Beginn des 16. Jahrhunderts das monumentalisierte Andachtsbild. D a ß dies so o f t übersehen werden konnte, hat mit der Spätdatierung der Bellinischen Werke, v o r allem der der entwicklungsgeschichtlich so wichtigen siebziger Jahre, zu tun. Selten wird die gegenseitige Abhängigkeit v o n Datierung und Interpretation so deutlich wie hier. Ein neuer Interpretationsversuch muß deshalb mit einer Revision der üblich gewordenen Chronologie beginnen. Diese Revision kann freilich auf relativ wenige Bilder beschränkt werden, nämlich auf die, für die es sachliche Anhaltspunkte gibt. Meist ist das nur bei größeren Altarbildern der Fall, weshalb die so wichtige Frage, in welchem Verhältnis die A l t a r w e r k e zu den Andachtsbildern, den Portäts und den Historien stehen und welche Gattung die führende war, für Bellini ungelöst bleibt 58 . Bellinis erstes datiertes Bild ist für uns die Madonna degli Alberetti v o n 1487, die entstanden ist, als der Maler etwa 60 Jahre alt war. Für alle vorausgehenden Werke sind w i r auf Indizien und Konjekturen angewiesen. N u r bei drei Bildern der siebziger Jahre schien es feste Anhaltspunkte zu geben, doch erweisen auch die sich bei näherem Zusehen als unzuverlässig. Die Datierung der Pietà im Dogenpalast in das Jahr 1472 beruht vermutlich auf einem Lesefehler, und außerdem ist die Zuschreibung an Bellini sehr fraglich 5 9 . Eine Zahlungsanweisung
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In der Regel scheint in Italien das Andaditsbild die führende Gattung gewesen zu sein: Burckhardt, X I I , S. 300. Die Jahreszahl bei Ridolfi, I, S. 64 bezieht sich auf die chiaroscuri der Scuola S. Maria della Carità. Vgl. über die Datumskontroverse: Pallucdiini, 1949, S. 88. Hendy, S. n , der das Bild
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von 147$, mit der die Familie Borromei eine „figura di S. Justina", die aus Venedig geschickt worden war, bezahlt, könnte sich durchaus auf das Bild der Sammlung Bagatti Valsecciii (Abb. 13) beziehen, doch wäre damit nur ein terminus ante gegeben, da allein vom Versand die Rede ist60. Ganz sicher schien dagegen die Datierung der Berliner Auferstehung (Abb. 28): 1475 bestimmte Marco Zorzi in seinem Testament, daß in der Familienkapelle in S. Michele in Isola ein Altar „ad nomen gloriosae virginis Mariae" errichtet werden sollte. Dieselbe Kapelle wird aber 1479 von der Witwe Zorzis als „capella della ressuretione" erwähnt. Man kann nicht völlig ausschließen, daß es sich um zwei verschiedene Kapellen handelt, doch ist dies unwahrscheinlich. Näher liegt, daß die Dedikation der Kapelle geändert wurde. Ludwig und Bode, die die genannten Dokumente zuerst publiziert und ausgewertet haben, argumentierten, das Altarbild sei nach 1475 begonnen und vor 1479 vollendet worden 61 . Zorzis Testament ist damit jedoch nicht erklärt, denn auf den Altar einer Marienkapelle wird schwerlich eine Darstellung der Auferstehung kommen, und 1479 ist unmißverständlich von einer „capella della risurettione" die Rede. Die plausibelste Erklärung scheint mir, daß die Familie ein bereits in ihrem Besitz befindliches Bild in die Kapelle gestiftet62 und die Dedikation entsprechend geändert hat. 1 4 7 J wäre dann nur ein terminus ante, nicht ein terminus post. Mit der Auferstehung hängt aufs engste die Komposition der „Trunkenheit Noahs" (Abb. 29) zusammen, die Creighton Gilbert in einer Nachzeichnung Montagnas wiederentdeckt hat. Der von Bellini nicht ausgeführte und später von Montagna übernommene Auftrag erging 1470, so daß vermutlich auch Bellinis Entwurf nicht viel später entstanden ist, was wiederum die Datierung der Auferstehung in die frühen siebziger Jahre stützen könnte63. Eins der wichtigsten chronologischen Probleme ist die Entstehungszeit der Pala di San Giobbe (Abb. 34). Es hat sich eingebürgert, das Bild in die Mitte der achtziger Jahre zu datieren, doch sprechen die Schriftquellen für einen viel früheren Zeitpunkt64. Nach Vasari und Ridolfi hatte Bellini die Berufung in den Dogennoch in der aus Anlaß der Ausstellung 1949 entfernten Übermalung (vgl. Paoletti, 1929, S. 147, Anm. 1) sah, hat es - m. E . überzeugend - Gentile Bellini zugeschrieben, obwohl der cartellino Giovannis Namen zeigt. Dies ist vermutlich der Grund, warum Longhi 1949, S. 278, Anm. j , an eine Zusammenarbeit zwischen Giovanni und Jacopo denkt, bei der Giovanni der Christus zugefallen wäre und Jacopo die beiden Assistenzfiguren. Bei dem schlechten Zustand des Bildes ist ein endgültiges Urteil über die Zusthreibung nicht möglich. Über eine Beteiligung Gentiles vgl. auch Degenhart, S. 2 1 („Beteiligung oder mehr noch totale Ausführung durch Gentile"), und Schmitt, 196$, S. 696. - Zur Ikonographie des Grabes als Altar vgl. Graeve, S. 2 3 1 . 60
Vgl. Robertson, i960, S. 56. Ludwig und Bode, S. i j i ff. 62 Dafür gibt es im oeuvre Bellinis noch zwei andere Beispiele: Die Pietà in Rimini wurde 1499 nach S.Francesco gestiftet (Campana, S . 4 0 5 ff.), die Madonna von S . M a r i a dell'Orto 1 J 2 4 für einen von den Geistlichen zu bestimmenden Altar (Paoletti, 1893, S. 15) zum Andenken an Luca Navagero. «3 Gilbert, 1967, S. 185 ff. 84 Vgl. zuletzt nodi Robertson, 1968, S. 83 ff.
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palast (vorläufig 1474, definitiv am 28. 8. 1479) nicht zuletzt auch diesem Werk zu verdanken, das den Venezianern einen Begriff von seinen besonderen Fähigkeiten gegeben hatte65. Das ist einleuchtend, denn sonst gab es ja in Venedig nur noch ein großes Altarbild von Bellini zu sehen, das von SS. Giovanni e Paolo, und das war in der veralteten Temperatechnik gemalt. Die beiden anderen Hauptwerke jener Jahre, die Marienkrönung (Abb. 20) und die Transfiguration, die jetzt in Neapel hängt (Abb. 32), befanden sich in Pesaro, bzw. Vicenza. Nach Francesco Sansovino war die Pala di S. Giobbe: „ . . . la prima tavola fa fatta a oglio che egli metesse f u o r i . . . " (zu ergänzen: in Venedig)66, was wiederum für eine Datierung vor die Historienbilder des Dogenpalastes spricht, die in der neuen Technik gemalt waren. In einer beinahe zeitgenössischen Quelle, der Stadtbeschreibung des Sabellicus, die vermutlich zwischen 1487 und 1489 verfaßt wurde, wird die Pala als: „ . . . tabula insignis quam ille (— Bellini) inter prima suae artis rudimenta in apertum rettulit.. ." 67 , aufgeführt. Die Formulierung wäre sinnlos, wäre das Bild damals gerade erst gemalt worden. Auch nach Sabellicus könnte also 1479 ein terminus ante sein. Schriftquellen, die die heute übliche Datierung stützen, scheint es nicht zu geben68. Einigkeit besteht im allgemeinen darüber, daß die Marienkrönung in Pesaro und die Transfiguration in Neapel der Pala di San Giobbe vorausgegangen sind69. Auch die Transfiguration wird oft in die achtziger Jahre datiert, doch hat Arslan einen Anhaltspunkt ermitteln können, der ein viel früheres Datum nahelegt: Die Kapelle, deren Altar das Bild schmückte, war 1467 bereits begonnen70, und man wird annehmen können, daß damals auch sdion der Auftrag an Bellini ergangen war. Bei der Tafel in Pesaro hat vor allem Pallucchini für eine Datierung vor 1471 plädiert. Er glaubte, in dem verlorenen Berliner Bild des Zoppo von 1471 einen terminus ante gefunden zu haben, doch sind die Übereinstimmungen in der Disposition der beiden Bilder zu gering, um aus ihnen eine Abhängigkeit Zoppos zu erschließen71. Auch die Argumente Everett Fahy's für eine Datierung nach 65
Vasari, I I I , S . 1 j 5 : „ D a queste lodatissime opere ( = die Altarbilder v o n San Zanipolo und S a n Giobbe) mossi alcuni gentiluomini cominciarono a ragionare die sarebbe ben fatto, con l'occasione di cosi rari maestri, fare un ornamento di storie nella S a l a del G r a n Consiglio . . . " ; Ridolfi, I, S. 66. Eine nicht widerlegte Diskussion der Argumente f ü r eine relativ frühe D a tierung bei C r o w e und Cavalcaselle, I, S. 1 6 2 , A n m . 1.
66
Sansovino, folio 5 7 recto. M a r c o Antonii Sabellici de Venetae urbis situ, Venedig, 1 4 9 0 , S . 1 8 . V g l . Robertson, 1 9 6 8 , S . 85. Paoletti, auf den die Datierung von Sabellicus zurückgeht (vgl. Pallucchini, 1 9 5 8 , S. 1 4 1 f.) hatte 1 9 2 9 , S . 1 4 9 , die P a l a di San Giobbe „compiuta nel 1 4 8 7 " genannt, w a s aber nicht, w i e Pallucchini vermutet, eine Zurücknahme bedeutet, sondern nur das D a t u m Sabellicus' als terminus ante nimmt. D i e Formulierung bei Sabellicus ist aber nur sinnvoll, wenn das Bild einige Zeit v o r der Abfassung der Stadtbeschreibung entstanden ist. F ü r eine Datierung v o r 1 4 7 J hat sich Coletti, 1 9 4 9 , S. 1 0 ff. eingesetzt. Ihm folgte Mariani, S. 20. 88 Ihre Vertreter berufen sich auch in der Regel auf entwicklungsgeschichtliche Überlegungen. 68 Eine Ausnahme ist Robertson, 1 9 6 8 , S. 9 1 , der die Transfiguration unverständlich spät datiert. 70 Arslan, 1 9 5 6 , S. 28, K a t . N r . 1 3 0 . 67
71
Pallucchini, 1 9 J 9 , S . 5 7 .
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1 4 7 5 scheinen mir nicht völlig schlüssig, denn das Modell für ein Kastell, das der S. Terenzio der Predella in der H a n d hält, hat mit dem nach 1 4 7 J in Pesaro errichteten Castello N u o v o nur allgemeine typologische Ähnlichkeit und kann nicht ohne weiteres als dessen Darstellung aufgefaßt werden 7 2 . Außerdem ist die Voraussetzung von F a h y ' s Konjektur, daß nämlich das Bild für ein Mitglied des Hauses S f o r z a gemalt worden sei, durchaus nicht gesichert. Anlaß zu dieser V e r mutung war, daß im Hintergrund die Feste Gradara zu sehen ist, die den S f o r z a lange getrotzt hatte 73 . W i r wissen jedoch nicht, ob dieses M o t i v vom A u f t r a g geber vorgeschrieben w a r oder ob Bellini es von sich aus gewählt hat, was Rückschlüsse auf den Besteller verböte. In dem Dogenvotivbild von Murano (Abb. 40) kommt die Feste wieder vor 7 4 , und dort hat sie sicherlich nichts mit den S f o r z a zu tun. D a ß Bellini die Bauwerke im Hintergrund seiner Bilder weniger nach ikonographischen als nach künstlerischen Gesichtspunkten ausgewählt hat, zeigt in Pesaro selbst die Predella mit der Stigmatisation des H l . Franziskus (Abb. 3 1 ) , w o man den C h o r der venezianischen Dominikanerkirche S S . Giovanni e Paolo sieht, nicht etwa den der Franziskanerkirche S. Maria dei Frari 7 5 . Neue Indizien für die Datierung der Marienkrönung bietet vielleicht eine Gruppe von Zeichnungen 76 , deren Zuschreibung an Bellini allerdings keineswegs 72 73 74 75
76
Fahy, S. 216 ff., Abb. 3 und 4 ebda. Gerade die Züge, durch die das Kastell auf der Münze von dem allgemeinen Typus abweicht, fehlen bei Bellini. Vgl. Memorie di Gradara, S. 92 ff. Eine Verbindung mit dem Hause Sforza hatte schon Vaccaj, S. 1 2 1 , angenommen. Frizzoni, 1912, S. 296. Das eröffnet die Möglichkeit, daß die Burg in erster Linie ein Mariensymbol ist. Vgl. Salzer, S. 284 ff. Dabei war die Marienkrönung nicht für San Domenico bestimmt, sondern für S. Francesco. Vasari, III, S. 162, hat sich bei der Angabe der Kirche vermutlich geirrt und die beiden Bettelordenskirchen in Pesaro verwechselt. Vgl. über die Herkunft des Bildes aus S. Francesco: G. A. Lazzarini, I, S. 6$ f. — Der Chor von SS. Giovanni e Paolo in Venedig ist abgebildet bei Zava Bocazzi, Abb. 9,10. Die Blätter sind zuletzt bei Heinemann zusammengestellt worden: S. 83, Kat. Nr. 335; S. 84, Kat Nr. 338 bis; S. 84, Kat. Nr. 340. Die Abgrenzung von Bellinis zeichnerischem Werk gehört zu den noch immer nicht ganz erfüllten Desideraten der venezianischen Kunstgeschichte. Morelli, 1892, S. 271, hatte den Anfang gemacht, dann folgten u. a. Hadeln, 1925, und Tietze/Tietze-Conrat, 1944, S. 73 ff. Beim heutigen Stand unserer Kenntnis der venezianischen Zeichnungen sind abschließende Urteile über die einzelnen Blätter noch nicht möglich, schon gar nicht im Rahmen dieser Studien. Wie schwankend der Boden ist, zeigt sich schon daran, daß Robertson, 1968, S. 21 ff. versucht hat — m. E. zu Unrecht — das Gros der allgemein Bellini gegebenen Zeichnungen wieder Mantegna zuzuschreiben. Dafür hat Robertson, ebda., S. 16 ff. Bellinis oeuvre um eine Gruppe von Miniaturen bereichern wollen, die Moretti, 19j 8, S. 60 — m. E. mit besseren Gründen — mit Leonardo Bellini in Verbindung gebracht hatte. Wichtige neue Gesichtspunkte haben die Untersuchungen von Degenhart/Schmitt, S. 34$ ff. gebracht. Die beiden Autoren haben, m. E. völlig überzeugend, dargelegt, daß die großen grundsätzlichen Ubereinstimmungen zwischen den Zeichnungen Bellinis und denen Mantegnas auf einen gemeinsamen Ausgangspunkt zurückzuführen sind, der bei Donatello zu suchen ist („Koeffizient Donatello"). Die von ihnen vorgeschlagene Aufteilung der strittigen Blätter zwischen Bellini und Mantegna (S. 363, Anm. 13 und Anm. 14) ist im einzelnen vielleicht noch nicht ganz schlüssig. Problematisch scheint mir vor allem der Vorschlag, das bisher in
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einhellig ist. Ein verlorenes Blatt, früher in der Sammlung Königs (Abb. 16), zeigte vier Heilige, die nebeneinander stehen, und zwar so, daß es sich kaum um eine sacra conversazione gehandelt haben wird, sondern eher um einen Fries. Drei dieser Heiligen, diesmal allerdings in Untersicht, kehren auf einem Blatt der Sammlung Hatvany wieder, das sicherlich zur gleichen Zeit entstanden ist. Die stilistischen und ikonographischen Ubereinstimmungen sind so eng, daß man die beiden Zeichnungen versuchsweise als Vorarbeiten für das gleiche Werk ansehen können wird. Wegen der Anordnung der Figuren und dem auf der Zeichnung Hatvany angedeuteten Gesims, auf dem die Figuren stehen, wird dieses Werk ein Fries gewesen sein, und zwar einer, bei dem es auf das Lehramt der Gezeigten ankam, denn sonst hätten sie kaum alle ein Buch bei sich. Die Proportion und der Stil der Draperien rücken die Zeichnungen neben den Christus der Transfiguration (Abb. 32) und die Heiligen der Mitteltafel in Pesaro (Abb. 20). Ridolfi erwähnt nun im Refektorium von S. Maria della Carità chiaroscuri, die das „Crocefisso con le Marie, & i Dottori della Chiesa" zeigten. Außerdem war eine Jahreszahl zu sehen: 1472 77 . Der Plural „chiaroscuri" spricht dafür, daß es sich um mindestens zwei Bilder gehandelt hat, was auch ikonographisch wahrscheinlicher wäre. Vielleicht sind die besprochenen Zeichnungen für diese chiaroscuri bestimmt gewesen. Das Blatt der Sammlung Königs (Abb. 16) hat ursprünglich vermutlich mit einem anderen Blatt der gleichen Sammlung zusammengehört, das zwei Entwürfe für einen San Giovanni Battista zeigte (Abb. 17), bei denen es sich nach Ausweis der Komposition um Entwürfe für eine Einzeltafel gehandelt haben dürfte. In jedem Fall gehören beide Blätter in die gleiche Zeit, und vielleicht kann man das zweite auf den Altar für Johannes d. T. beziehen, der zwischen 1468 und 1471 für S. Maria della Carità gemalt wurde78. Stilistisch steht der Joder Forschung mehr oder minder explizit zugrunde gelegte Modell v o n der Existenz zweier Gruppen v o n Bellinizeichnungen, v o n denen die eine, frühere, Mantegna sehr nahesteht, w ä h rend die spätere, die sich um die Pietäzeichnung im L o u v r e gruppiert, deutlichere Eigenart zeigt, aufzugeben und die ganze erste G r u p p e ( A n m . 1 3 ) Mantegna zuzuschreiben. Die hier wieder hypothetisch f ü r Bellini beanspruchten Blätter wären nach dieser Vorstellung alle von Mantegna. D i e Frage ist dann aber, wie sich die beträditlichen Unterschiede in der P r o p o r tion der Figuren innerhalb der von Degenhart/Schmitt Mantegna gegebenen G r u p p e erklären ließen. D a s Blatt der Slg. G a w t h o r n e - H a r d y mit der Vorzeidinung Mantegnas f ü r die O v e tarikapelle zeigt nämlich - wie die Bilder Mantegna^ - sehr schlanke Proportionen, während die Blätter der Sammlungen Königs und H a t v a n y Proportionen zeigen, die man eher bei Bellini findet, z. B . in der N e a p l e r Transfiguration. F ü r die Autorschaft Bellinis spricht auch ein charakteristisches Detail: bei angewinkelten A r m e n ist in der Regel die Verkürzung mißlungen, ganz ähnlich wie z. B. bei dem rechten Propheten in Bellinis Transfiguration oder dem H l . Andreas v o m Rahmen der Marienkrönung in Pesaro (Pignatti, 1 9 6 9 , A b b . 68 J.). A u d i die Formen der Draperien scheinen mir stärker auf Bellini zu weisen als auf Mantegna. " 78
Ridolfi, I, S. 64. Eine Kreuzigung mit Heiligen gibt es allerdings bei F r a Angelico (Pope-Hennessey, 1 9 5 2 , T a f . 78). D a s Blatt der Slg. H a v a t n y (Heinemann, N r . 3 3 8 bis, S. 84, A b b . 1 4 7 ) zeigt jedoch, daß die Heiligen in einer Reihe auf einem G e b ä l k standen, w a s eindeutig f ü r einen dekorativen Fries und gegen einen szenischen Zusammenhang spridit. V g l . über die beiden Blätter der Slg. Königs Tietze/Tietze-Conrat, S. 8 j , K a t . N r . 3 0 j . D e r dort betonte stilistische U n t e r -
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hannes der Zeichnung dem auf dem linken Pilaster der Pesareser Marienkrönung nahe 74 . Bestätigen sich diese Konjekturen, dann wäre von zwei verlorenen Werken Bellinis eine Vorstellung gewonnen und außerdem ein Anhaltspunkt für eine Datierung des Altarbildes in Pesaro, die mit dem für die Pala di San Giobbe angenommenen frühen Datum in Einklang wäre. Die große Wende in Bellinis Kunst, von der die genannten Bilder Zeugnis geben, hätte dann in den siebziger Jahren stattgefunden, in dem Jahrzehnt also, in dem er in den Dogenpalast berufen wurde, in der humanistischen Enkomiastik neben den größten Malern seiner Zeit erscheint und schließlich auch begann, seine Werkstatt zu organisieren, weil offenbar die Nachfrage nach seinen Bildern so zugenommen hatte, daß er sie nicht mehr allein bewältigen konnte. Soll diese Auffassung sich bewähren, dann muß vor allem Bellinis Verhältnis zu Antonello da Messina neu überprüft werden. Nach Vasari war es Antonello, der die neue öltechnik nach Venedig brachte und damit die venezianische Malerei grundlegend veränderte 80 . So problematisch diese Information ist, so sehr hat sie die Beurteilung der venezianischen Malerei und vor allem auch Bellinis für lange Zeit bestimmt. V o r allem in der älteren Literatur erscheint Antonello oft als ein deus ex machina, der die Maler in Venedig von ihren Konventionen befreit 81 . Eine scheinbare Bestätigung kam von der späten Datierung der Werke Bellinis, vor allem der Pala di San Giobbe. In jüngster Zeit hat sich diese Auffassung zum Teil gewandelt, und Coletti hat die Beurteilung sogar radikal umgekehrt und Antonello die Rolle des Nachfolgers zugewiesen82. schied zwischen den beiden Zeidinungen ist mir nicht deutlich. Nach Tietzes haben sie nie zusammengehört, doch zeigt ein altes Foto im Kunsthistorischen Institut in Florenz, daß die Ränder ganz genau ineinander paßten (vgl. Abb. 16 und 17), so daß die Möglichkeit bleibt, daß beide einmal zusammengehört haben. Es gibt zumindest ein Indiz dafür, daß es sidi um ein ursprünglich zusammengehöriges, dann zerschnittenes und schließlich wieder zusammengefügtes Blatt gehandelt hat: Sowohl das Kreuz des Andreas als auch die Locken des Johannes rechts gehen über den Schnitt heraus und setzen sidi auf dem oberen Blattstreifen fort. Dieser Blattstreifen aber geht nach links so weit, daß deutlich wird, daß auch die Zeichnung mit Johannes d. T. zum ursprünglichen Blatt gehört hat. Nach Heinemann, S. 83, Kat. N r . 3 3 J , soll es sidi um recto und verso eines Blattes handeln, doch scheinen mir dafür keine Anhaltspunkte gegeben zu sein. - Daß es sidi bei dem Johannes trotz der großen Bewegtheit um eine Einzeifigur gehandelt haben kann, lehrt ein vergleichbares Werk Cima da Coneglianos (Coletti, 1959, S. 89 f., Abb. 109 b), das durchaus auf ein Vorbild bei Bellini zurückgehen könnte. - Über die beiden Johannesaltäre rechts und links des Hauptaltars in S. Maria della Carità vgl. Fogolari, 1924, S. 85 ff. Die Autorschaft Bellinis ist nur für den Altar des E v a n gelisten Johannes bezeugt, über den Maler des Altars für Johannes d. T. erfahren wir nichts, doch wäre die Autorschaft Bellinis, der in diesen Jahren intensiv für die Scuola gearbeitet hat, durchaus plausibel. Uber die Altäre für Joh. D. T. und den Evangelisten Johannes vgl. Fogolari, 1924, S. 8$ ff. 79 Abb. bei Pallucdiini, 1959, Abb. 85. so Vasari, II, S. 569. Uber die Zuverlässigkeit dieser Überlieferung vgl. Gronau, 1897, S. 355 ff. 81 Vgl. für viele (trotz allgemeiner Einschränkungen) Gronau, 1930, S. X X I f. 82 Coletti, 1949, S. 10 ff.; für eine vermittelnde, aber nidit ganz entschiedene Beurteilung vgl. Bottari, 1953, S. 35 ff. und Pallucdiini, 1963, S. 462 f.
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Für die Einführung der Ölmalerei ist Vasaris Bericht sicherlich nicht zuverlässig, denn schon lange vor der Ankunft Antonellos waren in Venedig niederländische Bilder bekannt83, und möglicherweise sind in Venedig sogar niederländische Maler tätig gewesen84. Auch wenn sich Bellini selbst der neuen Technik nicht vor 1 4 7 J bedient haben sollte, was nach den oben vorgetragenen Uberlegungen zur Datierung der Marienkrönung, der Himmelfahrt und der Transfiguration unwahrscheinlich ist, bliebe noch der Einwand, daß sich Bellinis Technik von der Antonellos aus der vorvenezianischen Zeit nicht unwesentlich unterscheidet. Bellini hat ja die Malweise Antonellos und der Niederländer nicht einfach übernommen, sondern auch Möglichkeiten der altvenezianischen Mischtechnik weitergeführt 85 . Nun soll sich aber die Bedeutung Antonellos nicht auf die Ölmalerei beschränken, sondern, besonders der neueren Forschung zufolge, vor allem in der Einführung eines neuen Typus der sacra conversazione bestehen86. Für diese Hypothese gibt es in den Schriftquellen keine Stütze, implizit widerspricht sie ihnen sogar, denn das erste Altarbild Bellinis, das diesem Typus folgte, das in SS. Giovanni e Paolo, war in Tempera gemalt87. Die neue Malweise und der neue Bildtypus waren also keineswegs aneinander gebunden, und es besteht kein Grund, Antonello für beides Kredit zu geben. Außerdem hatte sich die Vorgeschichte der sacra conversazione in der toskanischen und der oberitalienischen Malerei abgespielt, während in Süditalien solche Vorstufen fehlen88, so daß schon deshalb der entscheidende Schritt von Antonello kaum zu erwarten ist. Viel wahrscheinlicher ist, daß sich Antonello, als er nach Venedig kam und für eine venezianische Kirche arbeitete, an einen in Venedig bereits eingebürgerten Typus hielt. Auch sonst scheint sich Antonello den neuen Eindrücken nicht verschlossen zu haben, denn die unlängst vom Prado erworbene Pietà (Abb. 18) hängt deutlich mit Bildern gleichen Themas von Bellini zusammen89. So kommt die Schrägstellung Christi schon in der Salbung im Vatikan (Abb. 27) vor, die die Marienkrönung bekrönte, und der Engel ist bis in Details von Bellinis Londoner Pietà (Abb. 19) übernommen. Möglicherweise geht auch die neue Auffassung des Chri83 Fogolari, 1924, S. 76 zitiert ein Dokument von 1 4 5 1 , w o einem „Pietro da Fiandra" eine pala bezahlt wird, die dieser nach Venedig gebracht hat. Vgl. auch Meiss, 1956, S. 62 ff. 84
Dafür hat vor allem Ludwig, 1902, S. j 6 ff. plädiert. Seine Auffassung, daß alle niederländischen Bilder in Venedig der Zunftbestimmungen wegen audi in Venedig gemalt sein müßten, ist allerdings durch Fogolari, 1924, S. 76, zumindest in ihrer Ausschließlichkeit widerlegt. 85 Burckhardt, I V , S. 179. 86 Vgl. besonders Wilde, 1929, S. 57 ff. und Lauts, 1 9 3 3 , S. 84 ff. Die Dissertation von H . A . Peters, Giovanni Bellini oder Antonello da Messina, Zur Entstehung der sogenannten Sacra Conversazione in Venedig, Bonn, 1970 (vgl. in: Kunstchronik, 1970, S. 210) war mir nicht zugänglich. 87 Crowe-Calvacaselle, I, 1 5 4 . 88 Einen Uberblick über die Hauptbeispiele geben Pudelko, S. 195 ff. Passavant, S. 40 ff. und Anm. 179. 8 » de Salas, S. 1 2 j ff.
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stuskopfes in Antonellos Christo alla colonna auf Bellinis Bild zurück90. Keine der erhaltenen Versionen ist datiert, so daß sie, bzw. ihr Urbild, durchaus 1475 oder 1476 entstanden sein können. Die früheren Christusbilder Antonellos zeigen alle einen anderen Kopftypus, während der der Madrider Pieta in vorausgegangenen Bildern Bellinis mehrere Vorgänger hat 91 . Bei den Porträts ist eindeutig Bellini der Lernende gewesen. Das Bildnis des Jörg Fugger (Abb. 23), das 1474, also ein Jahr vor Antonellos Anwesenheit in Venedig, datiert ist, lehrt, wie sehr Bellini mit den Problemen der Aufgabe zu kämpfen hatte92. Es wiederholt sich hier, was sich schon an den Frühwerken beobachten ließ: Bellinis Interesse konzentriert sich auf ein zentrales Moment. Das Gesicht ist gelungen, aber die formalen Probleme, wie das Verhältnis des Kopfes zur Büste und der Büste zum Rahmen, hat Bellini noch nicht völlig gemeistert. Nach der Bekanntschaft mit den Werken Antonellos änderte sich das, doch blieb die Konzentration auf das Gesicht auch später ein charakteristischer Zug von Bellinis Porträts. II Für die Untersuchung von Bellinis Kunst während der siebziger Jahre ist die Marienkrönung in Pesaro (Abb. 20) der beste Ausgangspunkt. Uber den Besteller und seine Forderungen ist nichts überliefert, so daß wir nicht wissen, ob Bellini auf Format und Ikonographie Einfluß hatte oder aber an Vorschriften gebunden war. Der Schmuck der Rahmenpilaster mit Heiligenfiguren, erzählende Bilder in der Predella und ein Andachtsbild als Bekrönung, das gehörte zur konventionellen Ausstattung prunkvoller Polyptychen 93 , denen Bellini bereits mit der Pala von SS. Giovanni e Paolo eine neue Altarform entgegengesetzt hatte, so daß man diese Teile eher dem Auftrag zurechnen können wird. Hingegen wird die Konsequenz, mit der die herkömmlichen Bestandteile der neuen Form des „quadro" unterworfen sind, auf Rechnung Bellinis gehen94. Die Mitteltafel zeigt die Marienkrönung. Es assistieren die Heiligen Petrus und Paulus (Abb. 21) auf der einen, Hieronymus und Franziskus (Abb. 22) auf
»0 Mandel, Antonello, S. 96. 91 Vgl. die früheren Darstellungen der Pietà bei Bellini seit den Frühwerken, wie z. B. der Pietà des Museo Correr (Abb. 2). »2 Mayer, S. 219. 93 Vgl. etwa Zoppos Bologneser Bild (Abb. bei Ruhmer, Taf. 68) - Gute Detailabbildungen der Marienkrönung in Pesaro bei Michelini Tocci, Taf. L X X ff. Uber den Zustand der Tafel und zu einigen Aspekten der Bellinischen Technik vgl. Brandi, 1949, S. 183 ff. und Brandi, 1950, S. 57 ff. - Über die ursprünglich zugehörige Salbung Christi in der Pinacoteca Vaticana vgl. Frizzoni, 1 9 1 2 , S. 260 ff. 94 Über den Begriff des „quadro" vgl. Burckhardt, X I I , S. 29 f. Gelegentlich wurden sogar altertümliche Triptychen, wie das Fra Angélicos in S. Domenico, geändert und dem modernen Typus angepaßt. Vgl. Pope-Hennessy, 1952, S. 166.
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der anderen Seite. In den Predellen sind Ereignisse aus dem Leben dieser Heiligen in Erinnerung gerufen: die Bekehrung des Paulus, die Kreuzigung des Petrus, die Stigmatisation des Franziskus (Abb. 3 1 ) und die Buße des Hieronymus (Abb. 24). Die Hl. Familie in der Mitteltafel der Predella bezieht sich auf Maria und Christus. Auf den Pilasterspiegeln des Rahmens gibt es je vier Heilige in Nischen: links, von oben nach unten, S. Caterina, S. Lorenzo, S. Antonio (Abb. 26), und S. Giovanni Battista, rechts die Beata Michelina, S. Bernardino da Siena, den Hl. Ludwig von Toulouse und S. Andrea. Auf den Spiegeln der Pilasterbasen sieht man links den Drachenkampf des Hl. Georg und rechts vermutlich S. Terenzio, den Stadtheiligen von Pesaro. Bekrönt wurde der Altar von einer Salbung Christi (Abb. 27), die heute in der Pinakothek des Vatikan ausgestellt ist. Ein großes Kirchenbild in der Mitte, ein Andachtsbild, acht Heiligenfiguren allein auf den Pilastern, fünf erzählende Bilder in der Predella - welche Herausforderung für einen Künstler, und welche Gelegenheit. Fast alle Maler, die den Venezianern das sehr populäre Thema der Marienkrönung darstellten, hatten die Krönung im Himmel stattfinden und Chöre von Heiligen und Engeln assistieren lassen85. Bellini hat sich von diesem Brauch abgewendet und die Marienkrönung in Form einer sacra conversazione gegeben. Als erster scheint er in Venedig diesen Bildtypus für ein traditionsgemäß eher erzählendes Thema verwendet zu haben. Außerdem hat Bellini die Krönung vom Himmel auf die Erde verlegt, wenn auch nicht unmittelbar in die Welt der Menschen, sondern in einen ausgesonderten Bezirk. Durch die offene Rückenlehne des Thrones sieht man auf eine Landschaft, die auch im Rücken der Heiligen noch einmal kurz auftaucht. Das Paradoxe dieser Situation muß für die Pesaresen, die die große Burg im Hintergrund als die Rocca Gradara in der Nähe ihrer Stadt identifizieren konnten, noch ungleich stärker gewesen sein. Der heilige Bezirk ist aus architektonischen Formen gebildet. Seine Funktion ist, den Heiligen einen ausgezeichneten Platz zu schaffen. Der Thron mit Christus und Maria ist noch einmal durch eine Stufe herausgehoben, die so weit ausgreift, daß der Thron nicht ein verrückbares Möbel ist, sondern wiederum ein eigener Ort, der für Christus und Maria. In der Inkrustation des Thrones kommen nur einfache geometrische Formen vor, der Reliefschmuck ist von größter Sparsamkeit, und selbst das Gebälk ist so knapp bemessen, daß es sich nicht als Einzelmotiv heraushebt. Die Farbigkeit ist zwar intensiv, aber nicht bunt. Das lapidare Viereck der Lehne kommt als Paraphrase der Rahmenform voll zur Wirkung. Bellinis Bildarchitektur läßt sich mit keinem wirklichen Gebäude vergleichen und wäre für keine Verrichtung des alltäglichen Lebens zu braudien. Es handelt
95 Venezianische Beispiele bei Pallucchini, I Vivarini, Abb. 44, 76, 107, 1 4 5 . Ebenso bei Pallucchini, 1964, T a f . 144, 447 und 448. Die letztgenannte Marienkrönung ist die von Altithiero im Oratorio di San Giorgio in Padua. Dort ist der Schauplatz zwar nicht mehr der Himmel, aber auch nicht eindeutig die Erde.
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sich weder um eine Halle wie bei Mantegna, noch um ein Kirchenschiff wie bei Piero della Francesca, noch um eine Loggia wie bei Cima da Conegliano96. Jeder Versuch, in dieser Weise zu definieren, schlägt fehl. Diese Befreiung des Schauplatzes von allen Wirklichkeitsbezügen erlaubte es, die Marienkrönung ohne Profanierung aus dem Himmel herauszunehmen und der Situation den Charakter des Uberwirklichen, nur der Vorstellung Zugänglichen, nicht nur zu wahren, sondern durch Konfrontation mit der wirklichen Welt sogar noch zu steigern. Erst dadurch wird glaubhaft, daß über dem Thron die Taube des Hl. Geistes erscheint. Die Anwesenheit der Taube, die den Malern des Quattrocento so oft zur Verlegenheit wurde, ist hier nicht nur Attribut, sondern Epiphanie, denn Bellini hat nicht einfach über den in hieratischer Frontalität gegebenen Thron eine ebenso angeordnete Taube gesetzt und die Cherubim mehr oder minder willkürlich um sie gruppiert, sondern hat die Epiphanie des göttlichen Symbols durch die Gegenwärtigkeit Gottes beglaubigt. Diese manifestiert sich nicht in einem eigenen Motiv, sondern in der Veränderung des Natürlichen und ist nicht dessen Aufhebung, sondern dessen Steigerung. Die Rede ist vom Himmel. Im Doppelsinn des Wortes, das einmal den blauen Himmel mit den Wolken meint, aber dann auch den Ort Gottes, zeichnet sich ein künstlerisches Problem ab. Noch in Giottos Arenakapelle ist das Blau, das den traditionellen Goldgrund abgelöst hat, nicht der natürliche Himmel, der erst im 15. Jahrhundert der Malerei erobert wurde. Bei Bellini verdunkelt und intensiviert sich das helle Himmelsblau über der Landschaft nach oben hin, wobei sich seine natürliche Wirkung allmählich in eine auratische verwandelt. Die beiden unteren Cherubimgruppen stehen noch dunkel vor hellem Blau, die oberen dagegen hell vor dunklem Blau. Innerhalb des Cherubimkranzes gibt es dann nur noch tiefes, dunkles Blau, und dort erscheint das Symbol des Hl. Geistes. Immer bleibt deutlich, daß das dunkle Blau nicht Blaugrund ist wie bei Giotto, sondern verdunkelter Himmel. Verknüpft werden die Sphären durch die Wolken, die Bellini ebenfalls stufenweise von Naturphänomenen zu Symbolen werden ließ. Er hat die konventionelle Formel, die Cherubim und Wolke zeichenhaft verbindet, beim Wort genommen und in ihre Bestandteile aufgelöst, so daß diese frei wurden, zwischen dem Natürlichen und dem Symbolischen zu vermitteln. Die gesteigerte Erscheinung und das feierliche Gebaren der Heiligen gehen über menschliches Maß hinaus. Bei Mantegna, bei Piero della Francesca und vor allem bei den zeitgenössischen Florentinern stehen die Heiiiigen wie bei besonderer Gelegenheit auch Menschen stehen könnten. In Piero della Francescas sacra conversazione in Mailand besteht zwischen den Heiligen und dem Stifter kein Unterschied in Wesen, und der Herzog wirkt eher noch etwas feierlicher und erhabener als die Heiligen. Wie bei Mantegna gibt es auch bei Piero della Francesca •• Man vergleiche Mantegnas S. Zeno-Altar, Piero della Francescas Bild in der Brera und Cimas Altar in der Accademia in Venedig (Coletti, 1959, Abb. 42).
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zwischen erzählenden Bildern und sacra conversazione keine grundsätzliche Differenz in der Darstellung der Personen. Das ist bei Bellini anders. In Pesaro genügt ein Blick auf die Predellen, um einzusehen, wie unangemessen bei den Heiligen der Mitteltafel die Gleichsetzung mit wirklichen Menschen wäre. Dabei scheint bei den Köpfen auf den ersten Blick der Realismus auf die Spitze, das Partikulare ins Extrem getrieben. Sie können wie Porträts wirken, die ja audi im I J . Jahrhundert oft „individueller" und „charakteristischer" sind als die Gesichter um uns herum. Klarheit schafft das Bildnis des Jörg Fugger (Abb. 23) von 1474. Die Unterschiede zwischen dem jungen Kaufmann und den Heiligen sind groß. Zugespitzt könnte man sie als die Verschiedenheit von Individualität und Charaktertypus verstehen. Das soll nicht heißen, daß der Fugger, wie Bellini ihn zeigt, keinen Charakter hätte, sondern nur, daß er sich nicht auf einen beherrschenden Zug festlegen läßt. Gerade das Vieldeutige und Unentschiedene, das die Individualität eines Menschen ausmacht, ist in Bellinis Porträts gewahrt, die jedoch nie entlarvend, sondern bei aller Bestimmtheit immer auch schonend sind. Der Porträtierte ist nicht nur aus Distanz gesehen, sondern auch in taktvolle Distanz gerückt. Wie rigoros ist dagegen bei den Heiligen die Stilisierung auf das zum Typus erhobene Charakteristische. Die Figuren stehen sich in zwei Paaren gegenüber, die einander im Gesichtsschnitt und im Ausdruck ähnlich sind, im Alter aber verschieden. Alle vier sind nicht Individuen im Sinne des Fuggerporträts, sondern Typen, Idealcharaktere, nie könnte bei Bellini ein Jörg Fugger aussehen wie sie. Anders als z. B. bei Mantegna geht die Typisierung Bellinis nicht von der Vielzahl der Wirklichkeitsformen aus, sondern trifft unter ihnen eine Auswahl. Schon der formale Aufbau der Köpfe ist ganz verschieden. Mantegna konzipiert sie als plastische Formen, die dann mit einem Liniennetz umgeben werden, in das Einzelformen, wie sie extremer Nahsicht zugänglich sind, eingebracht werden können. Aus diesem Verfahren ergibt sich die außerordentlich große Verschiedenheit der Köpfe, von denen die jungen und faltenlosen als reine Volumina erscheinen, während ältere oder solche, die starke Affekte ausdrücken, viele Einzelformen zeigen97. Bellini hat diese Diskrepanz zwischen starker Verallgemeinerung im Großen und extremer Mannigfaltigkeit im Detail auch bei den Köpfen vermieden. Er hat sie plastisch gebildet, aus Wölbungen, und hat dabei nicht die Vielfalt der Wirklichkeit stilisiert, sondern ausgewählt und typisiert. Die Vielfalt kontrapostischer Stellungen und Wendungen und auch den eleganten Fall der Gewänder und das reiche Faltenspiel, mit denen Mantegna zu brillieren wußte, hat Bellini sich ebenfalls versagt. Statt transitorischer Stellungen hat er versucht, Haltungen zu geben, die nicht aus einem äußeren Anlaß eingenommen, sondern Ausdruck des Wesens sind. Selbst Paulus, der seinen Platz gerade erst einnimmt, ist schon würdevoll und feierlich, undenkbar, daß sein Habitus je anders wäre. « Vgl. CaravagHa, Taf. VI.
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Audi bei der Marienkrönung hat Bellini die Komposition wieder auf den Einzelfiguren aufgebaut. Das verbindet ihn mit den anderen Malern des 15. Jahrhunderts, besonders mit den venezianischen, mit denen er außerdem gemeinsam hat, daß es bei ihm sehr viel weniger Bewegung gibt als bei den zeitgenössischen Florentinern oder den Ferraresen. Der Grund dafür könnte sein, daß in Venedig die erzählende Malerei eine geringere Rolle gespielt hat. Entscheidend ist dabei nicht so sehr die Zahl der Bilder, sondern die Beobachtung, daß in Florenz das Historienbild die führende Gattung gewesen zu sein scheint, während in Venedig Andachtsbild und Altarbild wichtiger waren. In Florenz scheint die Mannigfaltigkeit des Historienbildes auch Andachtsbild und Altarbild ergriffen, in Venedig dagegen scheinen diese Gattungen das Historienbild beeinflußt zu haben. In der Regel sind in Venedig auch die Historienbilder aus Einzelfiguren aufgebaut, die Florentiner Maler dagegen tendierten dazu, auch bei den Andachts- und den Altarbildern mit Gruppen zu arbeiten98. Durch Stellungen, Wendungen und Gebärden sind ihre Figuren auch da noch aufeinander bezogen, wo sie nicht unmittelbar durch eine Handlung verbunden sind. Bei der sacra conversazione wurden in Florenz die Heiligen oft bei allgemein menschlichen Tätigkeiten gezeigt, die sie den Betrachtern näher rücken sollten. Daß sie Heilige sind, war vorausgesetzt. Bellini hat dagegen versucht, gerade ihre Besonderheit und darüber hinaus auch noch ihre Verschiedenheit darzustellen. Daß die Würde und Erhabenheit der Heiligen der Marienkrönung nicht einfach Bellinis Stil zu dieser Zeit, sondern Thema der Darstellung ist, lehren die Figuren auf den Pilasterspiegeln. Der Hl. Antonius (Abb. 26) läßt sich gut mit dem Franziskus der Mitteltafel (Abb. 22) vergleichen. Bei Antonius, der den Kopf neigt, ist schon die Haltung gelöster. Sie wird noch betont durch den Mantel, der rechts auf den Boden fällt, links aber hochgezogen ist und den Blick auf ein wohllautendes Spiel durchweg runder Falten freigibt. Das Gesicht, dem die rigorose plastische Durchbildung fehlt, steht dem des Jörg Fugger (Abb. 23) näher als dem des Franziskus. Die Erhabenheit des Franziskus geht dem Antonius ab, doch hat auch er Würde. Diese Würde ist eine persönliche und unterscheidet sich deshalb von der der Heiligen auf der Pala di SS. Giovanni e Paolo (Abb. 12), wo Reichtum und Eleganz der Kleidung sowie das Gesittete des Gebarens Charakteristika aller waren. Vergleicht man die S. Caterina auf dem anderen Pilasterspiegel mit der S. Giustina in Mailand (Abb. 13), dann zeigen sich ähnliche Unterschiede: Nichts mehr von schöner Pose und weltlicher Vornehmheit in Habitus und Gewandung, kein Spielbein mehr, das seiner schönen Stellung, keine Brust, die ihrer schönen Form wegen sich unter dem Gewand abzeichnete, keine anmutig gespreizten Hände mehr und auch kein Schmuck; statt züchtig niedergeschlagener Augen ein ernster gesammelter Blick aus einem größeren und bedeutenderen Ge-
»8 Über die Bedeutung von Gruppen in der Malerei grundlegend: Badt, Poussin, S. 190 ff.
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sidit. Ernst, Sammlung und ruhige Würde sind allen Figuren der Pilasterspiegel gemeinsam. Wie sehr dafür neben dem Gesichtsausdruck auch die Gewänder verantwortlich sind, zeigt sich im Kontrast an der einen Figur, die nicht völlig glückte, am S. Andrea, für den Bellini einen zu bedeutenden Faltenwurf gewählt hat. Erst die Predellen lassen ganz ermessen, wie außerordentlich die Würde der Figuren auf der Mitteltafel ist. Daß in Predellen lockerer komponiert und gemalt wird, kommt nicht nur bei Bellini vor, und schon Vasari hat gelegentlich, z. B. bei Filippino Lippi, die Predellen höher eingeschätzt als die zugehörigen Haupttafeln. Bei Bellini ist diese Erklärung nicht ausreichend, denn bei ihm sind die Unterschiede nicht nur formal, sondern auch thematisch. So ist der Apostel Petrus in der Mitteltafel als der Heilige dargestellt, der bei der Marienkrönung anwesend sein kann, in der Predella aber als der Sohn des Zebedäus, der in Rom hingerichtet wurde. Ohne Bezugspunkte sind solche Unterscheidungen meist nur schwer zu beschreiben. Eine Hilfe könnten die Kategorien der antiken Rhetorik sein, die es erlauben, komplexe formale Sachverhalte nicht nur für sich, sondern auch im Hinblick auf das gestellte Thema zu analysieren. Ein Anachronismus müßte das bei einem Bild des 15. Jahrhunderts nicht sein, fordert doch schon Alberti, die Maler sollten sich mit den Grundlagen von Rhetorik und Poetik vertraut machen und deren Regeln in ihren Werken berücksichtigen. Der Wert der Rhetorik für die Kunstkritik besteht darin, daß ihre Kriterien sich auch zur Analyse eignen, denn die Schulung des Redners bestand ja zu einem wesentlichen Teil in der Untersuchung anderer Reden. In der italienischen Literatur hat zum Beispiel Pietro Bembo folgerichtig rhetorische Kriterien zur Interpretation Petrarcas benutzt. Der kurze Passus bei Alberti ist deshalb so wichtig, weil er deutlich macht, daß die Beschäftigung mit Dichtung und Rhetorik den Malern nicht nur neue ikonographische Quellen erschließt, sondern auch bei der Komposition der Bilder von Nutzen sein kann: „ . . . consiglio ciascuno pittore molto si faccia familiare ad i poeti, rhetorici et ad Ii altri simili dotti di lettera, sia che costoro doneranno nuove inventioni o certo aiuteranno abbello componere sua storia . . Für Bellini ist der zweite Punkt der wichtigere, hat er doch - nach der im folgenden noch zu begründenden These - in einer bestimmten Phase seiner Entwicklung Kompositionsprinzipien der Rhetorik auf seine Malerei übertragen. Für unseren Zusammenhang ist vor allem die Lehre von den drei Stilarten wichtig100. Drei genera elocutionis wurden unterschieden: das genus humile, der Alberti, S. 104. Ober Bembos Petrarcakritik vgl. Friedridi, S. 315 ff. Allgemein über die im folgenden besprochenen Fragen auch: Bialostocki, S. 130 ff. 100 Lausberg, S. jo7 ff. Es erschien mir in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll, die verschiedenen Überlieferungen gesondert zu besprechen, da sie auch zur Zeit Bellinis nicht auseinandergehalten worden zu sein scheinen. Vgl. Quadlbauer, S. 266: „Für die Zeit des 14. und 15. Jahrhunderts weisen die herangezogenen Quellen vor allem eine Tendenz nach, die Tendenz, 49
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einfache Stil, das genus medium, der mittlere Stil, und das genus sublime, der hohe Stil. Die Merkmale der drei Stilarten werden von den verschiedenen Autoren unterschiedlich charakterisiert. So finden sich für das genus humile auch die Bezeichnungen submissum, tenue, subtile und gracile, für das genus medium die Bezeichnungen modicum, mediocre, moderatum und floridum, und für das genus sublime die Bezeichnungen gründe, robustim, vehemens, amplum, grandiloqum und validum. Dem einfachen Stil wurden Werke wie die Texte Casars und die Eklogen Vergils zugerechnet, dem mittleren Vergils Georgica und die beschreibende Lyrik, dem hohen Stil die Aeneis und die Tragödien. In der italienischen Literatur rechneten Dantes Canzonen zum hohen Stil, die Vita Nuova und Petrarcas Lyrik dagegen zum mittleren 101 . Jeder Stilart entspricht ein besonderer ornatus, womit Stilmittel wie die Wahl der Worte, der Redefiguren und der syntaktischen Formen gemeint sind. Leitendes Kriterium ist das Ideal des aptum und des decorum, die Forderung, daß die Darstellungsmittel dem Darstellungsziel angemessen sind102. Als Darstellungsziel gelten beim einfachen Stil das docere und probare, beim mittleren Stil zusätzlich das delectare, beim hohen Stil schließlich das movere und flectere. Den verschiedenen Formen des sprachlichen ornatus nachzugehen, hat hier wenig Sinn, denn sie müssen ja vom Maler durch Äquivalente ersetzt werden. Wichtig sind nur die allgemeinen Charakteristika. So kann etwa der hohe Stil durch robur ausgezeichnet sein und dann als sermo robustus, fortis, validus, solidus oder virilis beschrieben werden. Andererseits kann er auch vor allem durch maiestas und dignitas geprägt sein103. Die mittlere Stilart, der von den Affekten das ethos zugeordnet ist, kommt in zwei Varianten vor, einer ernsten (Epideixis und Poesie) und einer lustigen. Kennzeichen der Stilart sind der Reichtum der Formen, die gratia, die suavitas, die amoenitas und die elegantia exculta104. Die einfache elegantia, deren Wert in puritas und perspicuitas besteht, ist vor allem im einfachen Stil zu finden, dessen konsequenteste, allen Schmuck meidende Form auch accuratum dicendi genus genannt wird 105 . Wendet man diese Unterscheidungen auf die verschiedenen Teile der Marienkrönung in Pesaro an, dann gehören die Predellen und die Figuren auf den Pilasterspiegeln zum einfachen Stil, wenn auch in einer gehobenen Variante, und die Mitteltafel zum hohen Stil. Die Unterschiede drücken sich nicht nur in der Haltung der Personen sowie in Form und Ausdruck der Köpfe aus, sondern auch traditionelles Gut der verschiedenen Richtungen der genera-Lehre ineinander verfließen zu lassen und zu verschmelzen." Uber die Bedeutung der Stilarten vgl. auch Curtius, S. 362 f. und Auerbach, Mimesis, S. 149 f. Sedlmayr, S. 7 ff., der sich auf Auerbach, 1 9 j 8, stützt, hat Kriterien der Rhetorik auch auf die Bildkünste angewandt. 101 Lausberg, § 1079; Friedrich, S. 88 ff. über Dantes Poetik. 102 Lausberg, § iojj. 10s Lausberg, § 1079, 3. 104 Lausberg, § 1079, 2. 108 Lausberg, § 1072, 1.
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in der Malweise. In der Mitteltafel dominieren wenige, deutlich voneinander abgegrenzte Hauptfarben, vor allem Rot, Blau, Braun und Weiß, bei den Pilasterfiguren und in den Predellen werden dagegen immer neue Mischungen und Kombinationen angewandt. Darüber hinaus hat Bellini bei den verschiedenen Teilen des Altars auch verschieden gemalt. In der Mitteltafel ist jede Spur der Pinselführung getilgt, während auf den Pilastern und in der Predella nirgends ein Hehl daraus gemacht ist, daß das, was wir sehen, gemalt wurde. Souverän und locker hat Bellini dort den Pinsel geführt, und er läßt das auch bewundern. Ob die Abgrenzung von Stilarten bei der Marienkrönung nur zufällig eine Parallele zu den Stilarten der Rhetorik ist, ist nicht mit Sicherheit zu ermitteln, wird aber hier als Arbeitshypothese vorausgesetzt. Was im einzelnen Bellini zum Rückgriff auf die Rhetorik bewogen haben könnte, wissen wir nicht. Vielleicht half ihm die Lehre von den Stilarten, die herkömmlichen Unterschiede zwischen Hauptbild und Predellen genauer zu fassen und sidi nutzbar zu machen. Daß Bellini von der Rhetorik Kenntnis gehabt hat, ist gut möglich, denn er scheint mit den Humanisten, die ihn in den siebziger Jahren rühmten, auch in persönlichem Verkehr gestanden zu haben106. Schon sein Vater Jacopo hat unter den Gelehrten Freunde gehabt, der Paduaner Professor Giovanni Fontana hat ihm sogar einen Traktat gewidmet. Vielleicht hat auch bereits Jacopo, dessen antiquarische Interessen durch die erhaltenen Skizzenbücher reich dokumentiert sind, die beiden damals berühmten antiken Skulpturen erworben, die sich im Besitz der Familie befanden 107 . Später kann Bellini durch seinen Schwager Mantegna Kontakt mit humanistischen Kreisen gehabt haben. Wir wissen, daß er im Alter mit Pietro Bembo und dem Paduaner Philosophen Tomeo Leonico sowie mit Francesco Cornaro in teils freundschaftlicher Verbindung stand108. Schließlich hat sich Bellini selbst gegenüber den gelehrten Programmen Isabella d'Estes und ihrer Berater kritisch gezeigt 10 '. Bekrönt wurde die Pala in Pesaro von einem Halbfigurenbild mit der Salbung Christi (Abb. 27) 110 . Nikodemus stützt den Leichnam, Josef von Arimathia hält das Salbgefäß, und Magdalena vollzieht die Salbung. Die Stilart ist wieder die höchste, doch ist im Unterschied zum genus amplum des Mittelbildes die pathetische Variante des hohen Stils, das genus vehemens, gewählt. Pathetisch ist 106 Vgl. FJocco, 1926, S. 193 ff.; Biadego, S. 18 f.; zusammenfassend jetzt Robertson, 1968, S. 12 ff. 107 Ober die Widmung vgl. Gilbert, 1952, S. 208, Anm. 24; über die Antiken im Besitz der Bellini Biadego, S. 20, und Brown, S. 372 ff. 108 Bellini hat Leonicos Jugendportrait gemalt (Anonimo Morelli, S. 38) und die Geliebte Bembos (Vasari, III, S. 169), der auch für ihn als Unterhändler zwischen Bellini und Isabella d'Este tätig ist, weil ihm allein zugetraut wird, mit Bellini zusammenzuarbeiten (Wind, S. 21 ff.). Für Cornaro malte Bellini den Fries zuende, den Mantegna begonnen hatte (Bottari, 1963,
H,S.33).
10» Vgl. Wind, 1949, S. 11 ff. 110
Frizzoni, 1912, S. 260 ff.
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sdion das Kolorit, das sich durdi die schmerzhaft unharmonische Verbindung von Oker, Orange und Braun von der feierlichen Farbigkeit des Mittelbildes abhebt. Pathetisch wirken auch das durch Haar und Bart verdüsterte Gesicht Christi und im Kontrast die bis an die Grenze des Rohen getriebene heroische Statur der anderen, deren Gesichtern man die Pietät kaum glaubt. Dieser Widerspruch wird nicht nur an den Motiven sichtbar, sondern reicht bis in die Komposition, die weder in Christus kulminiert noch in Magdalena, sondern in Joseph, der, eine Spur verdrossen fast, alle anderen überragt, um dann doch nur das Salbgefäß zu halten. Ein großes Altarwerk mit einem Andachtsbild abzuschließen, war Brauch, und Brauch war es auch, dafür ein Christusthema zu wählen. Sollte sich dieses Andachtsbild gegen das viel größere Hauptbild behaupten und auch von unten zur Geltung kommen, dann lag es nahe, in ihm ebenso zu steigern wie im Mittelbild, selbst wenn dies auf Kosten des Themas ging. Im Zusammenhang der Pala sind Aussehen und Stellung Christi im Mittelbild unerwartet. Christus und Maria sind nicht etwa noch eine Stufe höher gerückt als die Heiligen, noch erhabener und übermenschlicher, sondern kämen, mäße man mit demselben Maß, noch unter die Heiligen zu stehen. Für Christus und Maria gelten jedoch andere Maßstäbe. Die Heiligen sind isoliert und treten weder untereinander in Beziehung noch zu Maria und Christus.Drei haben dieAugen niedergeschlagen, und bei dem herantretenden Paulus ist das momentane Herausblicken eher ein Abschied aus der wirklichen Welt, den Betrachter zurücklassend, nicht ihn einführend. Bedeutsam ist dagegen der Blick des Christus, der der Krönung erst ihren besonderen Sinn gibt. Nicht ein überirdisches Zeremoniell ist ja dargestellt, sondern ein Akt gewährender und demütig empfangender Liebe. Am deutlichsten wird die Besonderheit der göttlichen Personen in den Gesichtern. Maria und Christus sind keine Charaktere mehr, auch keine idealen, denn von ihnen ist gerade alles Charakterisierende, damit implizit aber auch Einschränkende und Ausschließende, fern gehalten. Ebenso aber auch das Ungeformte und Unregelmäßige, das in Bellinis Porträts die Individualität wesentlich mit ausmacht. Auch alle Spuren irdischer Existenz und Vergänglichkeit, wie Gesichtsfalten, fehlen. Die Darstellung des Krönungsaktes ist bis in die Gesten von Maria und Christus traditionell. Bellini hat sich als erfindender Künstler zurückgehalten und auf die Uberlieferung vertraut 111 . Freilich hat erst er ihr ihre vollen Möglichkeiten abgewonnen. Etwa in der Unterscheidung zwischen dem umhüllten Kopf der Maria, der zum Gestus der humilitas paßt, und dem barhäuptigen Christi. Die Haltungen sind nicht nur dem Motiv, sondern auch dem Wesen nach verschieden. Bei Maria wirken das Sitzen, die Beugung des Körpers und die Neigung des Kopfes mit dem Kreuzen der Arme im Ausdruck der Ergebenheit zusammen, in dem Maria aufgeht. Bei Christus ist das anders. Zwar vollzieht er die Krönung in i n Ober die venezianisdie Tradition im Unterschied zur florentinisdien vgl. Heusinger, S. 7 1 f.
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tiefem Ernst, doch nimmt sie ihn nicht völlig in Anspruch. Christus sitzt aufrecht und frei, aber in einer inhaltlich nicht ganz festlegbaren Haltung. Der venezianischen Tradition entsprechend krönt er mit der rechten Hand, während die linke im Schoß liegt. Formelhaft gab es das schon bei älteren Bildern, doch hat erst Bellini in der Formel die Möglichkeit entdeckt, Christus über den szenischen Zusammenhang der Krönung hinaus als den in lebendiger Ruhe Hoheit wie Demut, Göttlichkeit wie Menschlichkeit in sich Vereinigenden zu zeigen. Das Studium der Marienkrönung lehrt, daß Bellinis „Stil", also seine Art zu komponieren und zu malen, nichts Konstantes und zu einem gegebenen Zeitpunkt überall Identisches ist, sondern sich je nach Thema und Stilart ändern kann, daß also nicht der Stil die Themen usurpiert und sich anverwandelt, sondern vom Thema bestimmt wird. Attributionen und vor allem Datierungen auf stilkritischer Basis allein sind damit kaum überwindbare Schranken gesetzt, und es nimmt nicht wunder, daß zwischen den Historienbidern aus der Zeit des Pesareser Altars entweder große zeitliche Abstände angenommen wurden, oder daß sogar die Autorschaft Bellinis zweifelhaft sein konnte wie bei der Berliner Auferstehung (Abb. 28). Einen ersten Zugang zu Bellinis erzählenden Bildern aus den siebziger Jahren eröffnen die Predellen in Pesaro (Abb. 24, 31). Der Vergleich mit den anderen Teilen der Pala zeigte, daß sie nicht zum hohen Stil rechnen, sondern zum einfachen, dessen virtutes perspicuitas und puritas sind. Bellini hat sich in den Predellen auch da an die einfache Stilart gehalten, wo es nahe gelegen hätte, wenigstens in die gehobene mittlere überzugehen wie bei der Stigmatisation des Hl. Franziskus (Abb. 31). Bei dieser wie bei der Bekehrung des Hl. Paulus und der Heiligen Familie hat Bellini zugunsten der Einheitlichkeit in der Stillage sogar auf volle Entfaltung des Themas verzichtet. Die ikonographisch erforderliche Anwesenheit Christi in der Paulusszene und ebenso die göttlichen Symbole wie Cherubim und Kruzifix sind ihm hier Verlegenheit gewesen, und er hat ihnen möglichst wenig ins Auge fallende Stellen gegeben; das Kruzifix etwa muß man erst suchen. Bei der im hohen Stil gehaltenen Mitteltafel dagegen konnte Bellini ohne weiteres nicht nur ganze Gruppen von Engeln, sondern auch die Taube des Hl. Geistes erscheinen lassen, und zwar in wirklicher Epiphanie, nicht nur als Attribut. Die Wahl einer weniger hohen Stilart ist nicht gleichbedeutend mit geringerem künstlerischen Rang. Die Bekehrung des Hl. Paulus 112 müßte allein genügen, alle Zweifel auszuräumen. Die zwei Begleiter zu Pferd stieben auseinander, zwischen ihnen, aus der Bahn geworfen, bäumt sich das Pferd des Paulus. Oben links sieht man Christus, unten rechts den gestürzten Paulus, zwischen ihnen, die Distanz verstärkend, das Pferd des Paulus und ein Reiter. Das Gleichgewicht der Komposition bewirken die beiden Berittenen, doch wird dieses von der Mitte » « Robertson, 1968, T a f . X L V I I I b.
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nach den Seiten entwickelte formale Gleichgewicht von einem zweiten kompositioneilen Bezug durchkreuzt, der von rechts unten nach links oben einen dramatischen Zusammenhang zwischen Christus und Paulus herstellt. Bei der Kreuzigung ist der Knoten weniger straff geschürzt. Manches erinnert an die paduanischen Kompositionen Giottos, etwa an die Vertreibung aus dem Tempel 113 . Wie dort gibt es eine Mittelgruppe mit der eigentlichen Handlung und zwei seitlichen Gruppen, in deren Reaktion sich das Geschehen in der Mitte spiegelt. Wie bei Giotto sind nur wenige Figuren aufgeboten, und diese sind nicht in ihrer kollektiven Reaktion gezeigt, sondern in ihrer individuellen. Auch sonst ist die Erzählung durchgängig eine von Einzelnen und dem, was sie getan haben. Selbst bei den Peinigern, von denen einer im Begriff ist zu werfen und ein anderer sich nach einem neuen Stein bückt, ist es nicht auf das Momentane abgesehen, sondern auf Haltungen. Die Kunst der Disposition spielt auch bei der Predella mit der Stigmatisation des Hl. Franziskus (Abb. 3 1 ) eine Rolle. Bruder Leo sitzt ganz links vor einem Felsen, der so gewendet ist, daß er zum Hintergrund für den hingeknieten Franziskus wird. Gegen den Felsen steht als anschauliches Äquivalent der Kirchenchor. Angesichts dieser aufragenden und oben noch vom Rahmen überschnittenen Formen wirkt der Franziskus kleiner als er ist, und sein Abstand zum Kreuz wirkt größer.
III Sind die Predellen der Marienkrönung im einfachen Stil gehalten, dann besitzt die Verklärung in Neapel (Abb. 32) eindeutig hohen Stil, und von der Stilkritik ist sie auch meistens mit der Mitteltafel in Pesaro verglichen worden. Eine Zwischenstellung haben der Stilart nach die Auferstehung in Berlin (Abb. 28), der Franziskus der Frick Collection (Abb. 30), der Hieronymus der Sammlung Contini-Bonacossi (Abb. 25) und die nur in einer Nachzeichnung überlieferte Trunkenheit Noahs (Abb. 29). Diese Bilder sind auch im Format vergleichbar. Die Mitteltafel des Altars in Pesaro mißt 2,62 x 2,40 m, die Predellen je 40 x 42 cm. Die Maße der Berliner Auferstehung sind 1,48 m x 1,28 m, die des Franziskusbildes 1,24 m x 1,42 m und die des Hieronymus in Florenz 1,45 m x 1,14 m 114 . Typologisch scheinen diese großformatigen erzählenden Altarbilder in Venedig eine Neuerung gewesen zu sein. Daß es sich bei diesen Bildern nicht um Werke des hohen Stils handelt, ist offenkundig, daß sie nidit dem einfachen zugerechnet werden können, lehrt der Vergleich der beiden Hieronymus-Darstellungen in Pesaro und Florenz (Abb. 25,
» s Robertson, 1968, T a f . X L I X b. 114 Die Maße nadi den Bildunterschriften bei Robertson, 1968. Der Hieronymus in Florenz ist auch m. E . die Kopie eines verlorenen Originals. Vgl. Robertson, 1968, S. 77.
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24). Die Unterschiede beginnen bereits beim Aussehen des Heiligen und bei seiner Kleidung, werden aber vielleicht am deutlichsten in den Landschaften. Die Vielzahl der Pflanzen und Tiere und der Reichtum der Erdformationen in dem Florentiner-Bild entsprechen nicht mehr der puritas und perspicuitas des einfachen Stils, sondern der gratta, suavitas, iucunditas des gehobenen mittleren Stils, des copiosum dicendi genus. Die Unterschiede betreffen aber nicht nur die Motive, sondern auch die Disposition. Im einfachen Stil ist die Landschaft vor allem Hintergrund. Im mittleren Stil wird sie selbst zum Schauplatz und im Vordergrund stärker in das Geschehen einbezogen, außerdem sind die Hintergründe reicher ausgebildet. Bei diesen Landschaften hatte der Maler Gelegenheit, die Schönheit und Vielfalt der Natur und des besiedelten Landes einzufangen. Hinzu kommen Motive, die dem Kundigen Hinweise und Zeichen auf allegorische und symbolische Bedeutung sind: der Baum mit dem Raben für den Tod, der verdorrte Lorbeerbaum, aus dem neues Grün sprießt, für die Überwindung des Todes in der Auferstehung, aber auch der Esel für die Sanftmut des Franziskus 115 . Die gleichzeitige Verwendung so verschiedener Darstellungsweisen setzt eine große formale Spannweite voraus. Die Voraussetzungen dafür liegen im Frühwerk Bellinis, wo es - vermutlich in kurzem zeitlichem Abstand - so verschiedene Werke gab wie die Pietà in Rimini (Abb. 1 1 ) und die in der Brera (Abb. 10). Im Frühwerk folgten die durch diese beiden Bilder vertretenen Darstellungsweisen vermutlich kontradiktorisch aufeinander, in den siebziger Jahren treten sie nun nebeneinander. Bildern wie der Pietà in der Brera entsprechen die Werke hohen Stils, Bildern wie dem verlorenen Altarbild von SS. Giovanni e Paolo die Werke mittlerer Stilart. So allgemein diese Analogien sind, geben sie vielleicht doch einen Hinweis, worin für Bellini der Wert einer Unterscheidung nach Stilarten bestand: Die verschiedenen Darstellungsweisen schlössen sich nicht mehr aus, sondern ergänzten sich. Auch die Figuren sehen im mittleren Stil anders aus als im einfachen, nicht nur wegen der Kleidung, sondern auch wegen der eleganteren Stellungen und der Gestik, die gemessener und stärker formalisiert ist. Hinzu kommen das kostbare Kolorit und die das Detail nicht nur skizzierende, sondern ausformende, fast auskostende Malweise. In der Gruppierung scheint es z. B. bei der Auferstehung (Abb. 28) und der Trunkenheit Noahs (Abb. 29) beinahe mehr auf Eleganz und Schönheit anzukommen als auf Genauigkeit der Erzählung. Die Gestik der Noahfamilie hat Bellini von der Eckgruppe gleichen Themas am Dogenpalast entlehnt116. Wie bei der Auferstehung gibt es keine Zuspitzung und keine Dramatik, die der delectatio engegenstehen könnte, sondern überall nur Gemessen115 Über die möglichen ikonographischen Bedeutungen der Details vgl. Meiss, 1964, S. 19 ff. Neue ikonographisdie Forschungen sind angekündigt: The Frick Collection . . S . 203 ff. 11« Pope-Hennessy, 195 j , T a f . 1 0 1 .
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heit, Sitte und Anstand. Daß dabei für den modernen Betrachter, der mit einer unmittelbaren und durch keine Kunstregel präjudizierten Darstellung des Themas rechnet, Irritierendes unterläuft, ist nicht zu verschweigen, will man sich nicht auf die Freude an dem sehr schönen Detail beschränken: Christus fährt etwas zu selbstverständlich gen Himmel, und das Verhalten der Grabwächter hält sich in etwas zu vollendeten Formen. Es ist unbekannt, was Bellini bei diesen Bildern zur Wahl der mittleren Stilart bewogen hat. Vielleicht war es das geforderte Format, vielleicht aber, und das erscheint mir wahrscheinlicher, war es auch das Thema. Die Zwiespältigkeit des Bildes würde sich dann aus der Problematik der Darstellung Christi erklären, dessen Gottmenschlichkeit ja der Kunst nicht zugänglich ist, weil die Künstler nicht in einem den Jesus aus Nazareth und den Christus, den Erlöser, zeigen können117. Solange die Kunst auf Zeichen zurückgreifen konnte wie im Mittelalter, ergab sich die Schwierigkeit, den Menschen Jesus und in derselben Person zugleich auch den Gottessohn darzustellen, noch nicht. Zu Bellinis Zeit aber war dieses Problem nicht mehr zu umgehen. Anders als die Neapler Transfiguration ist die Auferstehung nicht als Epiphanie der Göttlichkeit Christi konzipiert, sondern als Erzählung von dem Wunder, daß der ins Grab gelegte Mensch Jesus aus Nazareth sich der Erde entheben konnte. Das Ereignis wird in der Bibel nicht beschrieben, so daß den Malern viel freie Hand blieb. Nur von der Grablegung ist bei den Aposteln die Rede und dann wieder von den drei Marien am Grab. Erzählt wird später auch von der Himmelfahrt, und in Anlehnung an dieses wird sich der Typus der Auferstehung entwickelt haben, den Bellini gewählt hat. Üblicher war im Quattrocento ein anderer, der durch Piero della Francesca und Donatello berühmt geworden ist. Bei ihnen ist nicht das Auffahren zum Himmel gezeigt, sondern der Moment, in dem Christus dem Grabe entsteigt. Bei Ghiberti z. B. hat Christus das Grab schon verlassen, doch steht er noch und schwebt noch nicht. Stellte man das eigentliche Auffahren dar wie Bellini, dann war es nur folgerichtig und der Situation wie der Perspektive der Grabwächter angemessen, das Wunder zu zeigen, den Menschen, der nach oben entschwebt. Das aber erforderte ein erzählendes Bild und damit die mittlere, wenngleich gehobene Stilart118. Um eine Erklärung für die Besonderheit der hier als Werke mittleren Stils verstandenen Bilder hat sich vor allem Giles Robertson bemüht: „We have seen how in his early monumental work in tempera... Giovanni had sacrificed the exquisite refinement of detail of such works as the London Agony in order to achieve greater breadth and strength. Now, after his successful manipulation of the new medium in the Pesaro Coronation, he seems to be experimenting to see 117 Uber die allgemeine Problematik vgl. Badt, i 9 6 0 , S. 2 4 J ff. 118 Zur Ikonographie vgl. Schrade, S. 2$$, und Braunfels, 1951, S. XVI, wo der Soldat links als Longmus bestimmt wird.
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whether, by the use of the new method, he could not recover the exquisite detail without loss of the monumental effect. The crisp detail to which I believe he was here seeking to return was an inheritance from Mantegna . . Z u g r u n d e liegt dieser Beurteilung die Vorstellung einer strikt linearen Entwicklung Bellinis, die folgerichtig das Nebeneinander verschiedener Darstellungsweisen ausschließt. Die Problematik der Berliner Himmelfahrt ist ebenfalls von Robertson am besten beschrieben worden: „Of all the major works of Giovanni (and in spite of its relatively modest dimensions this must be reckonned as a major work) this is, at least in its present condition, the least satisfying. The failure of this picture arises not from any fault in execution, to be explained by the participation of assistants, but rather from a break-down in the total coherence of a work which consists of exquisite parts; parts which seem to touch Mantegna at one end of the scale and Giorgione at the other. In the London Agony Giovanni had gambled on securing a loosely organized composition through the cement of light and had succeeded brillantly; here a closely similiar throw had failed." 120 Ähnlich hatte sich schon Schrade geäußert: „Stillebenhaft hat Bellini im Grunde auch die Wächter widergegeben. Jeder für sich ist zumindest als farbige Erscheinung vom großem Reiz. Einen gestalterischen Zusammenhang findet der Künstler nicht." 121 Einmal mehr treffen wir auf eins der Bellinischen Grundprobleme, die Isolierung der Einzelfigur und den Verzicht auf die Gruppe. Bei dem Londoner Gethsemanebild (Abb. 8) hatte Bellini die Schwierigkeiten, die sich daraus ergaben, gemeistert, allerdings weniger mittels des Lichts als mittels der Komposition der Landschaft, die die Figuren verband und ihnen einen gemeinsamen Ort gab. Die Landschaft des Berliner Bildes, die im Aufbau den anderen Landschaften mittleren Stils folgt, war dazu nicht geeignet, denn sie ließ den Figuren nur eine verhältnismäßig schmale Bühne im Vordergrund. Weniger problematisch ist das Franziskusbild der Frick Collection in New York (Abb. 30), wenn auch die kühne Erfindung des dem Heiligen im rauschendenden Wipfel des Lorbeerbaums gegenwärtigen Gottes bei der Vielzahl anderer Pflanzen nicht sofort zur Geltung kommt. Auch bei diesem Bild mußte Bellini Verpflichtungen einlösen, die er mit der Wahl des mittleren Stils eingegangen war, und erst wenn das erkannt und in der Beurteilung berücksichtigt ist, kann sich das Bild in seinem Rang und seiner Eigenart zeigen. Im oeuvre Bellinis hat es schon dadurch eine Sonderstellung, daß es eine Vision darstellt. Bellini hat sie nicht als Vorgang aufgefaßt, sondern als inneren Zustand, der in der Haltung des Heiligen zum Ausdruck kommt. Diese besondere Interpretation ist vielleicht der Grund dafür, daß das Bild der ikonographischen Forschung so viele Rätsel aufgegeben hat und daß alle Versuche, es als die Darstellung eines bestimmten
ii» Robertson, 1968, S. 74 f. 120 Robertson, 1968, S. 74. 121 Schrade, S. 2 $6.
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Moments aus der Lebensgeschichte des Heiligen zu verstehen, fehlgeschlagen sind. Miliard Meiss hat dargelegt, daß es sich nicht um die Stigmatisation handeln kann, da sowohl der Seraph als auch der Bruder Leo fehlen, die zur Ikonographie dieser Szene gehören und auch bei Bellini in der entsprechenden Predella des Altars von Pesaro (Abb. 31) zu sehen sind. Nach Robertson: „We see here not only the representation of the stigmatization, but at the same time an illustration of the Hymn to the Sun . . ." 122 , doch gibt es auch dafür keine sicheren Anhaltspunkte. Meiss hat gezeigt, daß der Wipfel des Lorbeerbaums, der sich Franziskus zuneigt, und das Licht in der linken oberen Ecke des Bildes nur als Symbole für die Gegenwärtigkeit Gottes verstanden werden können. Auch sonst, etwa bei der Marienkrönung oder bei der Transfiguration (vgl. S. 30 und S. 44), hat Bellini die göttliche Gegenwart mit ähnlichen Mitteln veranschaulicht. Neu ist bei Franziskus, dem Verfasser des Sonnengesangs, daß die Gegenwart Gottes nicht nur am Himmel deutlich wird. Es ist deshalb sicher auch nicht zufällig, daß nach dem Nachweis von Meiss die Pflanzen um Franziskus allegorisch aufgefaßt werden können. Daß sie nicht einfach natürlich verstanden werden dürfen, lehrt der Zusammenhang, denn dem lebendigen Wachstum um die Klause des Franziskus ist unmittelbar anschließend, im Mittelgrund, eine Zone mit toten Pflanzen kontrastiert. Konventionellen Begriffen vom Leben der Einsiedler ist Bellini hier, wie auch bei dem der Florentiner Kopie (Abb. 2$) zugrunde liegenden Bild des Hl. Hieronymus, nur insofern entgegengekommen, als er den Klausen der Heiligen im Hintergrund ungewöhnlich große Städte entgegengestellt hat. Ein Unterschied zwischen den beiden Darstellungen ist jedoch, daß zwar beide von den herkömmlichen toten Gewächsen umgeben sind, aus denen neues Leben entsprießt, daß aber um den Visionär des Sonnengesanges das neue Leben ungleich stärker ist. Franziskus hat außerdem seine Zelle, in der ein Buch und das memento mori des Totenkopfes noch zu sehen sind, verlassen und sich der Meditation der lebendigen, gotterfüllten Natur zugewandt. Es ist auffällig, daß besonders die Bilder mittleren Stils, die doch am ehesten der geläufigen Vorstellung von der Kunst des Quattrocento entsprechen, im ceuvre Bellinis die problematischsten geworden sind. Vielleicht deshalb, weil Bellini in ihnen gerade seiner Konsequenz wegen einer Dialektik erlegen ist, die Jacob Burckhardt im Hinblick auf die Florentiner Malerei des Quattrocento aufgedeckt hat: „In den ersten Jahrzehnten des 1 j . Jahrhunderts kam ein neuer Geist über die abendländische Malerei. Im Dienste der Kirche verharrend, entwickelte sie doch fortan Prinzipien, die zu der rein kirchlichen Aufgabe in keiner Beziehung mehr standen. Das Kunstwerk gibt zunächst mehr als die Kirche verlangt; außer den religiösen Beziehungen gewährt es jetzt ein Abbild der wirk122
Robertson, 1968, S. 7 7 . Vgl. audi Meiss, 1964, passim, und The Frick Collection . . . , S. 203 ff.
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liehen Welt; der Künstler vertieft sidi in die Erforschung und Darstellung des äußeren Scheins der Dinge und gewinnt der menschlichen Gestalt sowohl als der räumlichen Umgebung allmählich ihre Erscheinungsweisen ab (Realismus). An die Stelle der allgemeinen Gesichtstypen treten Individualitäten; das bisherige System des Ausdrucks, der Gebärden und Gewandungen wird durch eine unendlich reiche Lebenswahrheit ersetzt, die für jeden Fall eine besondere Sprache redet oder zu reden sucht. Die Schönheit, bisher als höchstes Attribut des Heiligen erstrebt und auch oft gefunden, weicht jetzt der allbezeichnenden Deutlichkeit, welche der erste Gedanke der neuen Kunst ist; wo sie sich aber dennoch Bahn macht, ist es eine neugeborene sinnliche Schönheit, die ihren Anteil am Irdischen und Wirklichen unverkürzt haben muß, weil sie sonst in der neuen Kunstwelt keine Stelle fände. In diesem Sinne gibt jetzt das Kunstwerk weniger, als die Kirche verlangt oder verlangen könnte. Der religiöse Gehalt nimmt eine ausschließliche Herrschaft in Anspruch, wenn er gedeihen soll. Und dies aus einem einfachen Grund, den man sich nur nicht immer klar eingesteht; dieser Gehalt ist nämlich wesentlich negativer Art und besteht im Fernhalten alles dessen, was an profane Lebensbeziehungen erinnert; zieht man diese geflissentlich und prinzipiell in die Kunst hinein, wie damals geschah, wird das Bild nicht mehr fromm erscheinen. Man rechne nur der Kunst nach, wie wenige Mittel sie hat, um direkt auf die Andacht zu wirken; sie kann hohe Ruhe und Milde, sie kann Hingebung und Sehnsucht, Demut und Trauer in Köpfen und Gebärden schildern - lauter Elemente, die ohnehin dem allgemein Menschlichen angehören und nicht auf die christliche Gefühlswelt beschränkt sind, die aber allerdings im christlichen Gemüt eine christliche Andacht wecken, solange dasselbe nicht gestört wird durch Zutaten, solange ihm von den neutralen, jenes Ausdrucks nicht fähigen Teilen der Menschengestalt und von der äußeren Umgebung nur das Notwendige mitgegeben wird. Sehr wesentlich ist hierbei jene allgemeine Feierlichkeit der Gewandung, welche schon durch ihren Kontrast mit der Zeittracht, durch ihre Stofflosigkeit (die weder Samt noch Seide unterscheiden will) und noch mehr durch eine geheimnisvolle Ideenassoziation, die wir nicht weiter verfolgen können, den Eindruck des mehr als Zeitlichen und Irdischen verstärken hilft." 123 Entgangen ist Bellini dieser Dialektik, wenn er im hohen Stil arbeitete, denn da treffen sich die virtutes der Stilart wie das Stilisierte, das Gesteigerte und das Fernhalten von Wirklichkeitsbezügen mit den Erfordernissen der religiösen Themen. Ein schönes Beispiel ist die Transfiguration in Neapel (Abb. 32)124. Über Christus wird das Blau des Himmels tief und dunkel, was das Zeichen für die Gegenwärtigkeit Gottes ist. Matth. 17, 2 ff: „Und er wurde vor ihnen verwandelt, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, seine Kleider aber wurden weiß 12s Burckhardt, I V , S. 186 ff. („Cicerone'). Vgl. Hetzer, 1957, S. 22 ff.
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wie das Licht. Und siehe, es erschienen ihnen Moses und Eliah, die mit ihm redeten. Petrus aber begann und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, daß wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten machen, dir eine, Moses eine und Elias eine. Als er noch redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke, und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: „Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe, höret auf ihn." Als das die Jünger hörten, warfen sie sich auf ihr Angesicht nieder und fürchteten sich sehr." Gezeigt ist der Moment, wo aus der lichten Wolke, die alle überschattet, die Stimme Gottes redet, und zwar vor allem zu den Jüngern, die aufgeschreckt nach oben blicken. Die Wolke Gottes ist auch die Erklärung für das tiefe Blau des Himmels, das die Szene verdüstert, ohne Schatten zu verursachen. An den Wortlaut konnte Bellini sich in diesem Fall nicht halten, denn eine Wolke, auch eine lichte, hätte sich von den natürlichen nicht deutlich genug abgehoben. Deshalb griff er zu der Lösung, von der er bereits in Pesaro Gebrauch gemacht hatte und vertiefte das Blau des Himmels. Schon der Landschaft nach ist dies ein Bild des hohen Stils. Die Fülle und Mannigfaltigkeit der Formen von Bildern mittleren Stils gibt es nur noch ganz vorn, als Vorspiel, und in der Ferne. Im Kontrast wird die Erhabenheit der Landschaft umso deutlicher - ein Kunstgriff, den auch die Rhetorik kennt, den hohen Stil vor dem timidum et inflatum zu bewahren. Der Vordergrund ist so angelegt, daß er nicht Zugang schafft, sondern Distanz; der Weg führt an der Landschaft vorbei, nicht in sie hinein. Zugleich ist dadurch die Höhe des Schauplatzes vergegenwärtigt. Der Baumstumpf links mit den frischen Sprößlingen erinnert den Zeichenkundigen an die Bedeutung des Geschehens. Im Mittelgrund sind zwei Bäume herausgestellt, von denen einer kahl ist und einer belaubt - wieder ein Verweis auf die Auferstehung, deren Präfiguration die Verklärung ist. Möglicherweise ist das aber schon eine spätere Interpretation, denn ursprünglich sollen beide Bäume kahl gewesen sein. Träfe das zu, dann hätte Bellini berücksichtigt, daß Tod und Auferstehung Christi, durch die die Erlösung bewirkt wird, erst noch bevorstehen125. Ganz ungewöhnlich ist, daß die Landschaft vom Mittelgrund beherrscht wird, denn Mittelgrund ist in der Malerei selten, auch im Quattrocento. In der Alltagserfahrung entspricht ihm nichts, und für das, was nicht nach den verschiedenen Abstufungen von Ferne und Nähe beschrieben werden kann, hat die Sprache nicht einmal einen eigenen Namen. In Bellinis Bild ist der Mittelgrund aus großen Formationen gebildet, die zunächst nach innen führen und den Figuren Platz geben, sich hinter diesen aber von innen nach außen ins Weite entfalten. Damit ist der perspektivischen Verkürzung entgegengewirkt, der unter125
Zum Restaurierungsbefund vgl. Laura, S. 55 ff.; über die Bedeutung der Konfrontation von totem und lebendigem Baum vgl. Goetz, S. 86 ff. Vielleicht ist die Erklärung in Bellinis Arbeitsweise zu suchen, der auch bei der Londoner Wiesenmadonna Details erst später eingefügt hat. Vgl. Robertson, 1968, Tafel C H I . - V g l . auch die bei Kaegi, III, S. 32 f. zitierten Notizen Burddiardts zu diesem Bild.
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worfen jede Landschaft zum letztlich willkürlich gewählten und nur durch die Perspektive des fiktiven Betrachters zusammengehaltenen und geordneten Ausschnitt wird. Wie die Landschaft wird auch das Geschehen, dessen Schauplatz sie ist, durch eine solche Perspektive relativiert 126 . Außerdem setzt diese Schauplatz und Figuren in Vergleich. Wenn dann die Landschaft nicht nur Hintergrund, sondern auch Schauplatz sein soll, dann müssen die Figuren entsprechend sehr klein werden, so klein, daß es der Darstellung nicht mehr angemessen ist. Jacopo Bellinis Skizzenbücher sind eine Beispielsammlung für die Schwierigkeiten, in die korrekt angewandte Perspektive einen Maler bringen kann. Für Giovanni Bellini kam sie schon deshalb nicht in Frage, weil er die Landschaft für den kompositionellen Zusammenhang der Figuren nicht entbehren konnte. Bei so verschiedenen Malern wie Mantegna, Botticelli und Raffael wird dieser Zusammenhang durch Gruppenbildung bewirkt, während die Landschaft Rahmen und Hintergrund bleibt. Bellini dagegen hat auf Gruppen, in denen jede Figur etwas von ihrer Autonomie opfern müßte, verzichtet, dafür aber in der Landschaft den Figuren einen gemeinsamen Ort geschaffen. Das geht bis ins Detail: die Erhöhung der Propheten über die Jünger und die Christi über die Propheten sind dadurch erreicht, daß die Propheten auf einer niedrigen Felsstufe stehen, die sich nach oben leicht wölbt und so Christus noch einmal besonders heraushebt. Im Hintergrund ist der hohe Stil der Transfiguration zur Pastorale herabgestimmt; dort gibt es Städte, Burgen und Herden. Die beiden Disputierenden rechts hinten im Mittelgrund hat ein Maler eingefügt, dem Bellinis Erhabenheit gar zu karg vorkommen mochte. Bei den Jüngern dominieren die Farben der Landschaft: Blau, Braun, Gelbbraun und Grün, und zwar jeweils in Mischungen, nicht als Primärfarbe. Darüber hinaus sind den Gegenstandsfarben immer auch Farben untermischt, die in der Umgebung vorkommen. Von Jakobus über Petrus zu Johannes gibt es schließlich auch noch eine Differenzierung nach der zunehmenden Helligkeit: Dem Kolorit nach ist Johannes der vornehmste unter den Jüngern. Das Rot seiner Tunika kehrt in der Toga des linken Propheten wieder, die ihrerseits das farbige Komplement zur Toga des Propheten rechts ist. Die höchste Steigerung des Kolorits, die zum Licht, ist in der Kleidung Christi gegeben, in deren Schatten alle anderen Farben des Bildes noch einmal vorkommen - aber nur als Aufhebung des Lichts, als Schatten. Auch mittels der Faltengebung ist zwischen den Gestalten unterschieden. Bei den Jüngern ist sie noch etwas spröde; bei den Propheten, vor allem bei dem rechten, gibt es auch Rundungen und durchgehende Schwingungen. Wenn auch weit, sind die Kleider der Propheten doch noch schleppend; von den Gliedmaßen ist wenig zu sehen. Ganz entfaltet sich Bellinis Drapierungskunst erst am Gewand 128
Zur Problematik der Perspektive vgl. Panofsky, 1 9 2 4 - 2 $ , S. 287; und Badt, 1958, S. 306 ff. Über Bellinis Landschaften: Klauner. 1958, S. 1 3 1 ff.; Bonicatti, S. 107 ff.; Turner, S. $7 ff.
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Christi, w o v o m groß Gerundeten bis zu feinster Fältelung alle Möglichkeiten vorkommen. Weit ausholend können dort die Faltenzüge sein, aber auch ruhig verhaltend, den Körper umfahrend oder eng sich ihm anschmiegend. Über den Jüngern auf der Erde, dem Knieenden, dem Hockenden und dem Sitzenden, heben sich Moses und Elias zu stattlicher H ö h e : in lockerer Schwingung der rechte, starr fast, wie angewurzelt, sein Gegenüber. Zwischen beiden steht in freier G r ö ß e Christus. A u s allen Z u - und Abwendungen und allen Handlungsbezügen herausgelöst, verharrt er, in keiner Bewegung sich verlierend und doch voller Leben, zwischen den anderen. Wie schwer eine angemessene Beurteilung der Transfiguration ist, lehrt das Beispiel Heinrich Wölfflins. Er benutzt sie in der „Klassischen K u n s t " als die dunkle Folie, v o r der sich Raffaels Transfiguration im V a t i k a n nur umso heller abhebt. Z u Bellini heißt es: „ M i t allem Reiz der Farbe und des Details kann ein so ehrlich gemeintes Bild wie das Bellinis in N e a p e l uns über die Verlegenheit nicht hinwegtäuschen, die der Künstler selber empfand, als er dem leuchtenden Verklärten mit seinen Begleitern noch die drei Menschenhäuflein der geblendeten Jünger v o r die Füße legen mußte." 1 2 7 Im Vergleich erweist sich Raffaels Bild als Gruppenkomposition, das Bellinis als Komposition aus Einzelfiguren. A b e r nicht nur die A r t der Darstellung ist verschieden, sondern auch deren Thema. R a f f a e l hat die Verklärung als Ereignis dargestellt, das alle Beteiligten verbindet. Christus schwebt, obwohl die biblischen Berichte davon nichts sagen. R a f f a e l hat das unverhoffte Erscheinen der Propheten zum Ausgang genommen und die Verklärung Christi als Epiphanie gezeigt. Bellini dagegen, bei dem auch die Propheten stehen, hat die Gegenwart des verklärten Christus dargestellt. Zwischen den Bildern Raffaels und Bellinis stehen Transfigurationsdarstellungen wie die des Perugino in Perugia 128 . Auch Perugino hat Christus der Erde entrückt, doch ist diese Entrückung nicht als Ereignis aufgefaßt. Christus steht in einer Mandorla, neben der auf Wolkenbänken die zwei Propheten knieen. Dies aber ist nur eine formale Disposition, die in der Interpretation des Themas nicht begründet ist, denn Christus könnte ebensogut auf der Erde stehen, und die Propheten könnten dort knieen, ohne daß Wesentliches geändert werden müßte.
IV Auch die Andachtsbilder sind von der Problematik religiöser Kunst, die in den 70er Jahren in Bellinis Werken deutlich wird, nicht unberührt geblieben. V o n der Salbung Christi im V a t i k a n , (Abb. 27) die dem Thema nach eine Zwischenstellung zum erzählenden Bild einnimmt, w a r schon die Rede. N a h e steht ihr, nicht 127 WölfTlin, S. 1J9. im Bombe, Abb. n 1.
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nur wegen der Ähnlichkeit in den Christusköpfen, sondern auch wegen der Konzeption, die Pietà in London (Abb. 19)129. Grundsätzlich hat Bellini zwar Andachtsbild und erzählendes Bild immer deutlich auseinandergehalten, dodi hat er bei der Pietà das in der eingebürgerten Darstellungsweise längst verlorene erzählerische Moment zur Geltung gebracht und die Pietà als Grablegung „in formam pietatis" dargestellt 130 . Beim Verzicht auf die traditionelle, zeichenhafte Darstellungsweise wird jedoch die Pietà als Thema problematisch. Keine Bewunderung der Konzeption kann über den Zug des Artifiziellen in diesem Bild hinwegsehen, darüber, daß H ä n d e und Gesicht Christi ausgestellt wirken und die Engel posieren, weil ihnen so viel an Tätigkeit, wie sie ausfüllen würde, nicht gegeben werden kann, soll die Pietà sich nicht in eine Grablegung verwandeln. Auch beim Christus kommt es zu Schwierigkeiten, sobald mit der Darstellung seines Todes, an den ältere Bilder nur erinnerten, Ernst gemacht wird. Christus müßte ja als toter Mensch, als Leichnam gezeigt werden, wodurch seine Sterblichkeit so eklatant würde, daß kein Adel der Züge mehr gegen sie aufkäme. Im œuvre Bellinis ist schon mit der wahrscheinlich früheren Tafel in Berlin, die als Bild so unvergleichlich schöner und gelungener ist, die Grenze überschritten 181 . Die Disposition ist anders als bei dem Londoner Bild, denn die Gestalten füllen den Rahmen ganz aus, so daß die Komposition oben nicht ins Leere geht. Die Engel sind ehrfürchtig und aufmerksam, doch ohne Klage. Auch sonst ist alles gedämpft: Das Rot des Blutes klingt in dem Rosa des Leichentuches zwar nach, aber besänftigt und gemildert; das vom Kopf der beiden Engel eingefaßte H a u p t Christi zeigt ein männlich schönes Antlitz, das von Tod und Sterblichkeit zwar umflort, aber nicht gezeichnet ist. Wüßte man nicht, daß Christus tot sein muß, dann könnte man ihn f ü r schlafend halten. Dem Rang nach hält die Berliner Pietà der in London durchaus stand, und sicher ist sie das schönere und ästhetisch gesehen geglücktere Werk, aber als Darstellung des Themas ist sie nicht weniger fragwürdig als ihr Londoner Pendant. Erst eine nur spekulativ zu postulierende, historisch aber nicht erreichbare Darstellung, die das Besondere beider Werke in sich aufhöbe, wäre eine wirklich angemessene. Auch hier wieder steht nicht Bellinis künstlerisches Vermögen in Frage, denn erst auf dem in seiner Kunst erreichten Niveau tauchen die skizzierten Schwierigkeiten überhaupt auf 182 . Die Madonnenbilder (Abb. 39) sind weniger problematisch. Bellini hat sie nie 12
"> Davies, S. 64. 130 Über das Andaditsbild allgemein und seine Entstehung aus dem erzählenden Bild: Panofsky, 1927, S. 261 ff. Ober die Auflösung des Typus am Ende des 15. Jahrhunderts: Ringbom, passim. ist Nach Tschudi, S. 219 fr. handelt es sich nidit einmal um ein Werk Bellinis, sondern um eins Basaitis. Vielleicht hat das für Bellini ungewöhnliche Interesse am Schönen und Wohlgestalten zu diesem Urteil geführt. isi Vielleicht ist es kein Zufall, daß Bellini später selbst keine Pietà mehr gemalt hat, dodi wird dies auch mit der allgemeinen Entwicklung zum vielfigurigen Andachtsbild zusammenhängen, die Ringbom, passim, geschildert hat.
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zu Mutter-Kind-Idyllen herabgestimmt und nie im allgemein Menschlichen, Vertraulichen seine Zuflucht gesucht. „Schon sein Christuskind", schreibt Jacob Burckhardt, „ist nicht bloß wohlgebildet, sondern so erhaben und bedeutungsvoll in der Bewegung und Stellung, als dies möglich war, ohne den Ausdruck der Kindlichkeit aufzuheben." 1 3 3 Bellini hat ein übriges getan, indem er das Kind fast nie mit dem Kleid der Mutter, Früchten oder Attributen spielen läßt. Außerdem hat er ihm fast immer eine idealisierte Haartracht gegeben und in den Gesichtsformen, die meist denen der Madonna ähnlich sind, alles nur Kindliche vermieden. Blick und Ausdruck sind durchweg ernst und bedeutsam. Das gilt noch mehr f ü r die Madonna, denn Bellini läßt sie das K i n d fast immer so halten, als wäre es ihr nur anvertraut. N i e geht sie in der Beschäftigung mit dem Kind völlig auf; o f t schaut sie es nicht einmal an. Das Kostüm ist nie zeitgenössisch, sondern immer ideal. „Auch von jener innigen Zärtlichkeit", so schrieb dazu Wilhelm Lübke, „mit welcher sonst wohl die Gottesmutter sich zu ihrem Kinde wendet, ist bei ihm kaum ein leiser Anklang zu spüren. Vielmehr hält sie das vor ihr meist auf einer Marmorbrüstung stehende oder auf einem Kissen sitzende Kind mit völlig ruhigem Ausdruck, der manchmal an Teilnahmslosigkeit grenzt, vor sich, wie wenn es ihr nur zur Wahrung anvertraut wäre. Keine Frage, hier ist ein letzter Rest jener kirchlichen Weihe und Feierlichkeit, welchem die Gottesmutter gleichsam nur als weiblicher Christophorus (Christusträger) erscheint. Diese merkwürdige Gelassenheit, die allein schon den Bellinischen Madonnen etwas Vornehmes gibt, gegenüber dem mehr bürgerlich gemütlichen Charakter der Florentiner, geht dann auch auf die begleitenden Heiligen über . . s o daß von den lebendigeren Beziehungen, in welche die Florentiner, namentlich Ghirlandaio und Botticelli, die Gestalten setzten, hier nicht die Rede ist." 1 3 4 Viele dieser Züge waren bereits an den frühen Madonnen zu beobachten. Bereits da hatte Bellini begonnen, Maria und das Kind als zwei Einzelne darzustellen. Noch ungleich stärker kommen Einsamkeit und Trauer bei den späteren Madonnen zum Ausdruck, schon durch die nicht mehr niedergeschlagenen, sondern weit geöffneten, doch ins Leere blickenden Augen. Gerade das Besondere von Marias Mutterschaft ist das Thema, nicht das, was sie mit anderen Frauen gemeinsam hat 185 .
V A m Ende dieser Periode steht die Pala di San Giobbe (Abb. 34), in der Bellini nach dem Urteil eines der klügsten unter seinen Bewunderern, Francesco Agliettis, als „nuovo Policletico" „stabilmente i canoni della pittura" begründete 136 . 133 134 13« 1»«
Burckhardt, I V , S. 2 1 5 . Lübke, I, S. 526. Vgl. auch S. 3 f. Aglietti, S. J 7 .
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Die Einsicht in das Kanonische dieses Bildes ist besonders auffallend bei einem Autor, dem die verlorene Pala di SS. Giovanni e Paolo noch vor Augen stand und der nicht versucht war, das Vorbildliche und Verbindliche allein im Typus zu suchen. Zutreffend ist ganz sicher, daß mit Bellinis Bild wie mit Polyklets Figur ein Anfang gesetzt und zugleich auch ein Gipfel erreicht war. Vor allem aber ist bedenkenswert, daß Bellini nun überhaupt ernsthaft mit einem Künstler der Antike verglichen werden kann, was bei Bellinis früheren Bildern ja noch durchaus unangemessen gewesen wäre. Was Aglietti im einzelnen zum Ruhme des Bildes anführt, bezieht sich vor allem auf die Darstellungsweise. So hebt er gegen die Pala von SS. Giovanni e Paolo die „armonica distribuzione delle tinte" hervor und die „pastosità del colorito", Wahl und Verteilung der Farben also und ihre aus dieser Malweise resultierende Erscheinung. Zum Kolorit tritt der „fluido contorno delle membra e delle giunture", die frühere „durezza" wird abgelöst durch eine neue Plastizität und Biegsamkeit, „rotondità" und „pieghevolezza" 1 3 7 . Erich Hubala hat dem Bild eine ausführliche Analyse gewidmet, so daß sich die Besprechung hier auf wenige Aspekte beschränken kann 138 . Dem Typus nach schließt die Pala di S. Giobbe an die 1867 verbrannte Pala von SS. Giovanni e Paolo (Abb. 12) an, mit der sie die allgemeine Disposition gemeinsam hat: den von Heiligen umstandenen Thron f ü r Maria, zu dessen Füßen drei Engel, und das an einem einheitlichen, durch Architektur geschaffenen Ort. Die allgemeine Wirkung solcher Architektur hat am besten wieder Aglietti beschrieben, bei dem es über die Pala von SS. Giovanni e Paolo heißt: „ L a maestà del sito e della composizione induce nel riguardante quel sentimento di riverenza, che sorge naturalmente all'accostarsi a sacro recinto." 139 Die Pala di San Giobbe zeigt statt des recinto einen Innenraum, der schon den Proportionen nach stärkeres Gewicht hat als das Kreuzgratgewölbe der älteren Tafel, das im Vergleich noch mehr als Rahmen wirkt denn als eigenständiges Bauwerk. Dessen Formen sind gewichtiger und bedeutsamer geworden. So ist das Kreuzgratgewölbe durch eine Tonne ersetzt, und statt des Ausblicks auf den Himmel ist eine mosaizierte Apsis gegeben. Die Lorbeergirlande und der Vorhang des früheren Bildes sind weggelassen, dafür tritt der Thron wirksamer hervor. Die venezianische Herkunft der Formen hat Hubala nachgewiesen 140 . Das kraftvoll belebte Ornament auf den Pilasterspiegeln und an den Kapitellen steht der Dekorationsweise des Pietro Lombardo nahe, doch hieße es diesen überschätzen, wollte man die Architektur ganz von ihm herleiten. In seinen eigenen Bauten hat sich Pietro Lombardo zwar als erfindungs-
" 7 Aglietti, S. $6. 138 H u b a l a , 1 9 6 9 . 139
Aglietti, S . 56.
140
H u b a l a , 1 9 6 9 , S. 8. Zugleich hat er auch auf Masaccios Trinitäfresko als V o r b i l d f ü r die T o n n e aufmerksam gemacht (ähnlich Robertson, 1 9 6 8 , S. 86). D a ß Bild und Rahmen bei solchen Bildern als Einheit gesehen wurden, lehrt ein von Frizzoni, 1908, S. 1 fF. besprochenes Relief.
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reicher Dekorateur erwiesen, doch als weit geringerer Architekt. Auch sonst gibt es in den 70er Jahren keinen Architekten, dem die Architektur des Bildes zuzutrauen wäre. Ein Architekt hätte sicli vermutlich auch nicht so vollständig von der einen Bestimmung der Architektur, der, Gebäude zu sein für einen bestimmten Zweck, freimachen und sich so ausschließlich auf ihre zweite Bestimmung konzentrieren können, die nach Hegels Formulierung darin besteht: „ . . . in der Gestaltung und Anordnung den Inhalt des Geistes, als dessen Umschließung das Bauwerk dasteht, soweit dies architektonisch möglich ist, hin durchscheinen und die Formen des Äußeren das Innere bestimmen zu lassen." 141 So ist es bei Bellini, wo Anlage und Form der Architektur die Würde und Freiheit der Personen nicht nur widerspiegeln, sondern überhaupt erst zu voller Wirkung bringen. Was Jacob Burckhardt zu Bellinis Altarbild in S. Zaccaria schrieb, gilt schon hier: „In einigen großen venezianischen Altarbildern, wo der bauliche Raum hoch und in einiger Entfernung genommen ist, ergibt sich vor der Apsis noch der Ansatz einer Halle . . . Mehr als sonst irgendwo im r 5. Jahrhundert offenbart sich hier die Renaissance als eine Architektur des Raumschönen und schafft dem idealen Dasein der Gestalten in vielen Varietäten die weihevollste Heimstätte. In den wirklich ausgeführten damaligen venezianischen Bauten, z. B. der Lombardi, würde man gerade dieses Motiv und dessen freie Varietäten umsonst suchen."142 Zu welcher Meisterschaft Bellini es in seinen idealen Bildarchitekturen gebracht hat und wie sehr diese von wirklichen Gebäuden unabhängig sind, zeigt deutlicher noch als das Altarbild für S. Giobbe das für die Kapelle der Pesaro in S. Maria dei Frari von 1488 (Abb. 42). Selbst wenn die Form des Triptychons, wie vermutet wurde, Bellini vorgeschrieben war, ist sie dem Bild nicht äußerlich, denn Bellini hat die Rahmenform in eine architektonische umgewandelt und den Rahmen als Querschnitt eines Bauwerks aufgefaßt 143 . Das mittlere Kompartiment gibt den Blick auf den Mittelraum frei, wo, von einer Tonne überwölbt und einer Apsis hinterfangen, die Madonna thront. An diesen Mittelraum schließen rechts und links Pfeilerhallen mit geradem Gebälk an, jenseits derer schmale Durchblicke
1 « Hegel, II, S. 74. 142 Burckhardt, XII, S. 33. Den Einfluß Pietro Lombardos auf Bellini hat vor allem Robertson, 1968, S. 61, betont, m. E. aber weit überschätzt. Allgemein scheinen hier die Fäden in der umgekehrten Richtung gelaufen zu sein. Das gilt besonders für die Marienkrönung in Pesaro und das Grabmal des Dogen Pietro Mocenigo in SS. Giovanni e Paolo. Man vgl. etwa die Draperie des Dogen (Seymour, Taf. 139) mit der des Andreas in Pesaro (Pallucchini, 1959, Abb. 89) und den Kopf von Lombardos Markus (Seymour, Taf. 140 A) mit dem des Petrus der Mitteltafel in Pesaro (Pallucdiini, 1959, Abb. 7$). Eine absolute Ausnahme wäre das nicht, denn zumindest später hat Bellini noch öfter auf Bildhauer Eindruck gemacht. Beispiele dafür: das Votivrelief des Dogen Loredan in der Sala degli Scarlatti des Dogenpalastes (Abb. bei Sinding-Larsen, Taf. X I b ff.); ein Relief in Lyon (Planiscig, 1921, Abb. 194); ein Madonnenrelief (Paoletti, 1893, S. 267, Abb. 202). Interessant ist auch die Gedenktafel von 1493 für den Arzt Suriano in S.Stefano (Paoletti, 1893, II, Taf. 76, vgl. auch Apollonio, S. 22 f.), deren Vorbilder aber eher bei Alvise Vivarini zu suchen sind. 1 « Vgl. Gronau, 1930, S. X X I I I .
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ein Draußen anzeigen. Die Wirkung der Räume steigert sich nach innen. In den Seitenräumen, w o die Heiligen stehen, ist der Platz ganz knapp bemessen, nicht nur in der Breite, sondern vor allem auch in der Höhe: die Figuren sind größer als die Pilaster. Ihre Berechtigung hat diese Unstimmigkeit aus dem Zusammenhang, denn die Enge der Seitenkompartimente unterbindet nicht nur jeden Kontakt zwischen dem Innen und dem Außen, sondern läßt vor allem als besonders und bedeutsam hervortreten, was man sonst vielleicht achtlos hingenommen hätte: die Höhe und Weite der Madonnenarchitektur in der Mitte. Deren Formen sind durchweg gewölbt. Der Mittelraum ist nach den Seiten zwar offen, doch läßt sich das nur erschließen, anschaulich ist es nicht. Wo genau die Madonna sitzt, ist nicht gezeigt, es gibt keinen Thronsessel. Die Architektur tritt in unmittelbaren Bezug zur Madonna. Bliebe deren Kopf unterhalb des Gebälks und würde er das Mosaik nicht überschneiden, dann würde sich die Gewölbezone, die verhältnismäßig sehr viel mehr Platz einnimmt als in den Altarbildern f ü r S. Giobbe und S. Zaccaria, als eigener Bereich aus dem Zusammenhang aussondern und nur noch ikonographisch, durch die Inschrift, auf die Madonna verweisen. So aber gehört der Madonna der ganze Mittelraum. Der Altartypus der sacra conversazione w a r weit verbreitet, aber trotzdem scheint es in der Renaissance keinen Namen f ü r ihn gegeben zu haben; die Bilder heißen durchweg „Madonna con santi". Die vermutlich im 19. Jahrhundert aufgetauchte und von einem nazarenischen Zungenschlag nicht freie Bezeichnung „sacra conversazione" ist nicht nur unangemessen, sondern geradezu eine petitio principii, gibt sie doch vor, was gerade das Fragwürdige des Typus ist: daß nämlich zwischen den Anwesenden eine inhaltliche Beziehung oder gar Zwiesprache herrsche 144 . Formuliert wurde die Problematik, wenn auch als überwundene, wieder von Burckhardt: „Das Beisammensein der heiligen Gestalten, ohne Affekt, ja ohne bestimmte Andacht, macht doch einen übermenschlichen Eindruck durch den Zusammenklang der glückseligen Existenz so vieler freier und schöner Charaktere." 1 4 5 A f f e k t und bestimmte Andacht kamen erst sehr viel später ins Altarbild, etwa mit Raffaels Madonna di Foligno und dann später mit Correggio, dem Burckhardt die entscheidende Rolle bei der „Momentaneisierung der Madonna mit Heiligen" zuschreibt 148 . Die Schwierigkeiten, mit denen der Bildtypus die Maler konfrontierte, erklären sich aus seiner Geschichte. Entstanden w a r er aus einem Zusammenrücken der Heiligen, die bei den Polyptychen jeder eine eigene Tafel hatten. Waren aber die Heiligen erst einmal so zusammengefaßt, dann mußte ihr Beisammensein zu einem künstlerischen Problem werden. Bei der Pala di SS. Giovanni e Paolo
14
< Vgl. zur Terminologie Passavant, S. 1 8 1 ff., und Braunfels, 1956, S. 2. Nach Keller, 1965, S. 833, Anm. 98, soll der Ausdruck schon gegen 1740 vorkommen. 1 « Burckhardt, I V , 2 1 4 ; vgl. auch X I I , S. 40 ff. Burckhardt, X I I , S. 7 $ .
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(Abb. 12) hatte Bellini ihre gemeinsame Anwesenheit vor allem inhaltlich motiviert, indem er sie als die Führer zweier Prozessionen von beiden Seiten zum Thron treten ließ. Bei der Pala di San Giobbe dagegen sind es nicht nur weniger Heilige, die wenigen sind auch lockerer gruppiert. V o r allem aber ist ihnen fast allen volle Entfaltung gegönnt, wodurch die Freiheit in ihrem Beisammensein erreicht wird, die Burckhardt als wesentliches Moment des Gehaltes herausgestellt hat. Platz hatten auch die Heiligen der Marienkrönung, aber von der neuen Freiheit in Stellung und Bewegung zeigten sie noch nichts. Sie waren idealtypische Einzelcharaktere, die einzelne Möglichkeiten menschlichen Wesens vor Augen stellten. Dies aber ging auf Kosten der Gemeinsamkeit, und so w a r auch das Beisammensein der Heiligen bei dem Bild in Pesaro noch kein wirkliches Thema. Bei der verlorenen Pala von SS. Giovanni e Paolo hatte Bellini die Gestalten noch vielfältig beschäftigt und bewegt, z. B. mit ihren Attributen. Darin sind ihm Antonello und auch Venezianer wie Alvise Vivarini und Cima da Conegliano gefolgt 147 . Bellini selbst hingegen hat später andere Wege eingeschlagen. Die Mannigfaltigkeit der Stellungen, die wenig über die Besonderheit des Dargestellten aussagen, hat er aufgegeben und bei der Pala di San Giobbe durch Haltungen ersetzt, die das Wesen der Heiligen kennzeichnen. Darüber hinaus hat er diese H a l tungen untereinander in Beziehung gerückt. Die Heiligen stehen nicht mehr isoliert nebeneinander wie noch in der Marienkrönung (Abb. 20), sondern beieinander. Ihre Haltungen sind ähnlich genug, um ihre Zusammengehörigkeit anschaulich zu machen, aber auch verschieden genug, um die Selbständigkeit der Einzelfigur nicht aufzuheben. Das gleiche Bestreben äußert sich auch in dem Verzicht auf vollständige Entwicklung der Einzelcharaktere. Ein Vergleich mit den Köpfen in Pesaro (Abb. 22) zeigt aber sogleich, daß es mit Verzicht allein nicht getan w a r : Die Heiligen der Pala di San Giobbe sind nicht mehr gesteigerte Typen. Sie stehen den Heiligen der Pilasterspiegel in Pesaro näher. Andererseits sind auch zu diesen die Unterschiede groß. Die Gesichter sind nicht nur ungleich gegenwärtiger, sondern auch entschiedener ausgeformt, ebenmäßiger, bedeutsamer und darin denen von Christus und Maria in der Mitteltafel von Pesaro ähnlich. Der Hauptunterschied ist, daß bei der Pala di S. Giobbe jedes einzelne Gesicht der anderen bedarf, um voll zu wirken, denn die Unterschiede zwischen ihnen sind nicht mehr ausschließend, nicht mehr kontradiktorisch, sondern komplementär. Jede Figur hat in der Gruppe auf der anderen Seite ein Äquivalent, durch das ihre Besonderheit erst ganz heraustritt. Unmittelbar thematisch wird das Komplementäre bei Hiob und Sebastian, doch gilt es auch f ü r Domenikus und Franziskus, Johannes und den H l . Ludwig. Würde einer dieser Heiligen auf einer Tafel isoliert, wie der H l . Petrus Martyr in Bari 1 4 8 (Abb. 38), dann käme er nicht voll zur Geltung, denn iso1 « Vgl. z. B. Berenson, 1958, Abb. 452, 334, 335, 340. 148 Zu dem Bild in Bari: Pallucdiini, 1959, S. 150.
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liert wirkt ein Gesicht wie das des Petrus Martyr nur als Idealisierung des menschlich Zufälligen. Erst in Gesellschaft der anderen enthüllt sich seine Idealität in deren Darstellung sich ein Begriff von der Würde der Menschen ankündigt, der nicht mehr vom Einzelnen ausgeht und sich in ihm nie ganz verwirklicht. Vertreter dieses Begriffes sind bei Bellini die Heiligen. Die Portraits sehen auch zur Zeit der Pala di San Giobbe anders aus. Man vergleiche etwa das Bildnis im Kapitolinischen Museum mit dem Hl. Sebastian (Abb. 36 und Abb. 37). In dem Portrait ist ein Einzelner gemalt, der als solcher seine Würde hat, aber keinen Anteil an der Idealität des Heiligen. Stünden statt des Hl. Sebastian und seiner Gefährten von Bellini gemalte Kaufleute zusammen, dann käme nur das jeweils Besondere zur Geltung, nicht das Allgemeine. Andererseits ist es nicht das Allgemeine allein, was in der Pala di San Giobbe die von den Heiligen vertretene Idealität ausmacht, sondern gerade dessen Verbindung mit dem Besonderen. Das lehrt der Vergleich zwischen dem Christuskopf in der Accademia 149 (Abb. 33) und den Heiligen Franziskus und Sebastian (Abb. 36). Christus ist schon durch die Frontalität um vieles erhabener, bei der nicht - wie in einer Neigung des Kopfes das lebendige Blicken, sondern gesteigertes Schauen zur Geltung kommt. Dieses zu verstärken, dienen auch die Formen des Gesichts, bei denen jeder Anflug von Besonderheit und Individualität vermieden ist: kein Lächeln wie beim Sebastian, kein Anhauch von Schmerz wie beim Franziskus, keine Andeutung von Aufmerksamkeit wie beim Johannes. Von der Allgemeinheit, die die Heiligen untereinander verbindet, ist bei jedem ein Schritt zum Individuellen getan — nicht so weit, daß das Gemeinsame verloren ginge, aber doch weit genug, um sichtbar zu machen, daß ihr Aussehen und ihre Schönheit Aussehen und Schönheit von Einzelnen sind. Anders bei Christus, wie man ganz unmittelbar an der Bildung der Augenpartie sieht: die gleichmäßig geschwungenen Brauen sind Paraphrase und Steigerung der Oberlider. Man vergleiche dagegen, wie sich bei Sebastian und Franziskus die Augen unter nicht völlig gleichmäßigen Brauen, die den Lidern formal nicht korrespondieren, selbständig geltend machen. Bei Christus sind die Brauen auch noch mit dem Nasenrücken zusammengebildet, und darüber hinaus hebt ihre Regelmäßigkeit im Verein mit dem regelmäßigen Haaransatz auch noch die Stirn hervor. Bei den Heiligen der Pala in Pesaro war im Mittelbild das Natürliche in der Erhabenheit der Charaktere ausgelöscht. Alles nur Schöne, das nach Burckhardts Einsicht bei der Pala di San Giobbe ein konstitutives Moment ist, war dieser Erhabenheit geopfert. Schwer vorstellbar, daß neben den Kirchenfürsten und Asketen von Pesaro ein unverhüllter Leib gezeigt werden könnte. In Venedig sind dagegen gerade die Aktfiguren die dominierenden. Voraussetzung dafür ist wieder die neue Idealität, die das Physische ebenso in sich begreift und aufhebt
149
Mosdiini-Marconi, 1955, S. 74 f.; zum römisdien Porträt: Palluccbini, 1959, S. 143.
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wie das Geistige. Für einen kurzen Augenblick leuchtet die Möglichkeit auf, daß das christliche Ideal des Heiligen sich in dem antiken der Kalokagathie nicht auflösen, sondern, in diesem vermittelt, erfüllen könnte. Ganz hat erst Raffael in der römischen Zeit die Grenze zur Darstellung einer solchen idealen Menschheit überschritten. Bei Bellini blieb deren Begriff noch auf die Heiligen beschränkt, erst bei Raffael hatten auch Portraits und mythologische Wesen für kurze Zeit an ihr teil 160 . Burckhardt hat bereits auf den Bezug zu Raffael verwiesen, als er in der auf Bellini gemünzten allgemeinen Charakteristik der Venezianer schrieb: „Die Hauptsache aber sind dem Venezianer die Charaktere. Nicht zu scharfen und dadurch effektreichen Kontrasten, sondern als Töne ein und desselben Akkordes stellt er sie zusammen; nicht überirdisches Sehnen, nicht jäher Schmerz, sondern der Ausdruck ruhigen Glückes sollte sie beseelen; dieser in energischen und wohlgebildeten Gestalten ausgesprochen, ist es, welcher den Sinn des Betrachters mit jenem innigen Wohlgefallen erfüllt, das keine andere Schule der Welt auf dieselbe Weise weckt. Der Typus dieses Menschengeschlechtes steht der Wirklichkeit noch so nahe, daß man es für möglich hält, solche Charaktere anzutreffen und mit ihnen zu leben. Raffael verspricht dergleichen nicht; abgesehen von der idealen Form stehen uns seine Gestalten auch durch hohe Beziehungen und Aktionen ferner." 151 Bei Bellini gehören nur die Heiligen zu diesem Geschlecht. Raffael hat in den Bildern der römischen Zeit eine utopische Gegenwelt zur Wirklichkeit geschaffen, an deren Idealität alle Gattungen gleichermaßen Anteil haben, die Historie und das Andachtsbild nicht weniger als das Altarbild und das Porträt. Formal spricht sich das in der allseitigen, durchgängigen und jeder einzelnen Handlung vorausgehenden Bewegtheit der Figuren aus, die bei Bellini fehlt. Die völlig freie Bildung der Raffaelschen Gruppen, bei denen schon wegen dieser allen Figuren gemeinsamen allseitigen Bewegtheit keine Figur ihre Selbstständigkeit aufgeben muß, war bei Bellini nicht möglich152. Die Idealität von Bellinis Heiligen gehört auch deshalb in einen anderen Zusammenhang, weil Bellini sie aus den Charakteren entwickelt hat. Maßstab bleibt bei ihm auf der Stufe der Pala di S. Giobbe die Darstellung der Menschen in den Porträts, von denen die Heiligen unterschieden, denen sie aber nicht von vornherein entgegengesetzt sind. Deshalb kann es bei Bellini auch eine hierarchische Steigerung von den Porträts über die Heiligen bis zu Maria und Christus geben, während in der Kunst des römischen Raffael gerade solche Unterschiede aufgehoben sind. Dreimal drei Figuren hat Bellini um die Madonna versammelt. Von den Heiligen sind Maria und Christus sowie die Engel unten in jeweils verschiedener und charakteristischer Weise unterschieden. Die Madonna sitzt auf einem hohen Thron, der so knapp bemessen ist, daß sich ihre Gestalt im Kontrast dazu um so feier180 Vgl. z u Raffael die Bemerkungen bei Burckhardt, XII, S. 240. 151 Burckhardt, IV, S. 214 („Cicerone"). 162 Über Raffaels Gruppen vgl. Badt, Poussin, S. 191 ff.
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licher abhebt. Die Schmuckformen des Thrones sind denen der Pilaster noch vergleichbar, die über dem Thron dagegen, die sich um die auratische Form des Kreises gruppieren, der das Kreuz trägt, sind es nicht mehr. Die frei und kontrapostisch in sich ruhende Stellung der Heiligen ist bei der Madonna zu feierlich unbewegter, doch nicht lebloser Haltung stilisiert, bei den Engeln dagegen zu lockerer Beweglichkeit herabgestimmt. Die Engel sind auch die einzigen, die nicht verharren, sondern etwas Bestimmtes tun, während bei der Madonna selbst die linke Hand nicht eine Bewegung anzeigt, sondern eine Haltung. Hatte Bellini bei den Heiligen, deren intensives, doch gedämpftes Kolorit mit dem der Architektur zusammenklingt, Hell und Dunkel harmonisch zusammenspielen lassen, so hat er bei den Engeln beleuchtete und verschattete Partien deutlich getrennt. Bei ihnen ist auch die Malweise lockerer und pastoser als bei den Heiligen, und die Pinselführung ist sichtbar. Dem entspricht die viel lockerere Anordnung der Falten, die ihrerseits mit der gelösteren Haltung der Engel und der lockereren Disposition der Gruppe zusammenhängt. Bei der Madonna hingegen ist von der Pinselführung nichts mehr zu sehen, und auch die Falten sind regelmäßiger und feierlicher drapiert. Die bis jetzt nur mittelbar an der Darstellungsweise gezeigten Unterschiede zwischen den Figuren des Bildes lassen sich nur schwer auch ihrem Gehalt nach beschreiben. Am ehesten treffen noch die von Schiller spekulativ entwickelten Unterscheidungen von Anmut und Würde. „Sind Anmut und Würde in einer Person vereinigt, dann ist der Ausdruck der Menschheit in ihr vollendet" 153 , wie in den Heiligen Bellinis. Bei der Madonna ist die Anmut geopfert; sie hat Hoheit. Bei den Engeln ist dagegen der Anmut wegen die Würde der Heiligen gemildert, ohne daß freilich die Würde ganz preisgegeben und das Anmutige zum sinnlich Reizenden würde. Dem Christuskind ließ sich bei einer derartigen Steigerung der Madonna nur schwer Wirkung verschaffen. Das aber war nötig, auch wenn es sich - schon nach Ausweis der Inschriften - bei dieser Pala vor allem um ein Marienbild handelt. Dem Christus zuliebe hat Bellini beim Kopf der Madonna auf strenge Frontalität verzichtet, die das Privileg des Gottessohnes bleibt, dessen intensives Schauen seinen kindlichen Körper vergessen läßt.
158
Schiller, S. 481. Audi die anderen in diesem Absdinitt verwandten Begriffe sind von Schiller in „Über Anmut und Würde" im Zusammenhang besprochen worden, bes. 482 ff.
Zur Rekonstruktion der Historienbilder im Dogenpalast
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Die Historienbilder, die Giovanni Bellini von 1479 bis etwa i j i o zusammen mit seinem Bruder Gentile und Alvise Vivarini für die Sala del Maggior Consiglio des Dogenpalastes gemalt hatte, sind am 20. Dezember 1577 verbrannt. Ihrem Ruhm hat das zunächst nicht geschadet, denn noch zehn Jahre später wurden sie bei Armenini als Muster für die Ausmalung öffentlicher Gebäude in einer Republik genannt. Bereits im 17. Jahrhundert aber führte der Verlust zu einem verfälschten Bild von Bellinis Kunst: „Dieser Künstler hat seine ganze Tätigkeit in den Dienst heiliger und frommer Themen gestellt; niemanden gibt es, der sich rühmen könnte, Bilder von seiner Hand gesehen zu haben, die eine nackte Frau oder sonst Profanes zeigten, sondern immer nur Darstellungen Unseres Herrn, der Seligen Jungfrau, der Heiligen" (Boschini). Diese Vorstellung ist bis heute lebendig. Vielleicht kann die Rekonstruktion einiger der verlorenen Kompositionen helfen, das Vorurteil vom frommen Maler beschaulicher Madonnenbilder aufzuheben oder doch wenigstens zu modifizieren 154 . Der Zyklus im Dogenpalast zeigte die Ereignisse von 1177, als Papst Alexander III. in Venedig vor Barbarossa Zuflucht suchte und mit Hilfe des Dogen Sebastiano Ziani den Kaiser besiegte, der sich ihm vor der Markuskirche unterwarf. Nach der Versöhnung zogen die drei Herrscher über Ancona in feierlichem Zug nach Rom 155 . Zum ersten Mal waren diese Ereignisse um 1320 in der N i k o lauskapelle gemalt worden, zum zweiten Mal im 14. Jahrhundert in der neu errichteten Sala del Maggior Consiglio. Eine Vorstellung von den Malereien in der Nikolauskapelle geben die Miniaturen einer Handschrift im Museo Correr 156 , von
Armenini, S. 176; Boschini, S. 706: „Questo Auttore ha sempre applicata la sua operazione in cose sacre e divote; né v i é chi si possa vantare d'aver veduta dipinta sopra suoi quadri una Donna ignuda, né cose profane, ma bensi ritratti di Nostro Signore, Beata Vergine, Santi e Sante." Die Bilder der Bellini im Dogenpalast sind bisher zweimal im Zusammenhang besprochen worden, und z w a r von Wickhoff, S. 1 ff. und Gallo, 1949, S. 31 f. 155 Über das Historische unterrichtet: Krezschmayr, I, S. 26z ff.; über die literarische Uberlieferung Cicogna, I V , S. 574 ff., außerdem Wolters, 1966, S. 276. D i e frühesten Fassungen der Geschichte bei Sanudo, S. 318 ff. Die venezianischen Darstellungen sind weitgehend legendär und ideologisch. 156 Über die Handschrift des Correr jetzt Wolters, 1966, S. 277 f., der diese Miniaturen m. E. mit Redit auf die Ausmalung der Nikolauskapelle bezieht (ebda., S. 276). V g l . jedoch die 154
Zur Rekonstruktion der Historienbilder im Dogenpalast
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den Fresken in der Sala del Maggior Consiglio sind nur die Fragmente von Guarientos Marienkrönung auf uns gekommen. Die Ausmalung der Sala scheint sich über mehrere Jahrzehnte hingezogen zu haben, denn noch im IJ. Jahrhundert haben Antonio Veneziano, Pisanello und Gentile da Fabriano an diesem Zyklus gearbeitet, und selbst Perugino sollte vermutlich noch ein Fresko übernehmen 157 . Uberliefert sind von diesen Bildern nur die tituli 158 . A m i. September 1474 erging an Gentile Bellini der Auftrag, » . . . del reconzar et reparar le figure et penture dela predicta (sala) et refar dove bisognerà . . ." 159 . Den Anstoß zu diesem Auftrag hatte gegeben, daß 1474 Teile des Freskos von Pisanello abgefallen waren 160 . Die Fresken wurden durch Leinwandbilder in öltechnik ersetzt, die dem venezianischen Klima besser standhalten 161 . Die Bilder wurden also nicht nur restauriert, wie man aus der Formulierung des Auftrages schließen könnte, sondern völlig neu gemalt. Nach F. Sansovino wären dafür allerdings weniger praktische Gründe maßgebend gewesen als der Ehrgeiz des Gentile, der seine Fähigkeiten beweisen wollte 162 . Bei der Komposition ihrer Bilder haben sich die Bellini vermutlich an den älteren Werken orientiert, wie sich ja auch nach dem Brand von 1577 die späteren Maler in den Hauptgruppen wieder an die Bilder der Bellini gehalten haben 163 . Als Gentile 1479 nach Konstantinopel ging, übernahm Giovanni des Bruders Amt 1 6 4 . Er war es auch, der den Zyklus zuende führte, nachdem 1506 Gentile und 1507 Alvise Vivarini gestorben waren 165 . Alvise war seit 1488 in der Sala tätig gewesen 166 . Insgesamt wurden die Ereignisse von 1177 im Dogenpalast nicht weniger als viermal gemalt, dreimal allein in der Sala del Maggior Consiglio, w o sich der Große Rat versammelte, die gesetzgebende Körperschaft der Republik. D a ß den Venezianern so viel daran gelegen war, die Erinnerung an 1177 wach zu halten, wird mehrere Gründe haben. Einmal, so sahen es die Venezianer, war die Repu-
157
158 159 160 161 182 163 184 185 188
Einwände von d'Ancona, 1967, S. 36 ff-, die in den Miniaturen Nachbildungen der Fresken Guarientos in der Sala del Maggior Consiglio sieht. D a ß sich die Miniaturen überhaupt, auf die Bilder im Dogenpalast beziehen, wie seit Lorenzi, S. 64, Anm. a, angenommen wird, bestätigt sich jetzt, da sich noch bei den Bellini Anklänge an die Buchmalereien finden. Antonio Veneziano wird erwähnt bei Vasari I, S. 66z; Pisanello in einem Dokument von 1488 bei Lorenzi, S. 102, Dok. 221, und bei Sansovino, fol. 124 recto. Vgl. auch Wickhoff, S. 20 ff., wo eine Zeichnung in Paris (Degenhart, 1940, Abb. 22) mit Pisanellos Fresko in Verbindung gebracht wird. Von Gentile da Fabrianos Fresko wissen wir aus einer Beschreibung des Facius (Grassi, S. 72). Ein Vertrag mit einem „Pietro Peroxino" ist bei Lorenzi, S. i n , Dok. 237, abgedruckt. Vgl. Gronau, 1909, S. 132. Sanudo, S. 342 ff. Lorenzi, S. 85 f., Dok. 188. Malipiero, S. 663. Vasari, III, S. 1 $6; vgl. Wickhoff, S. 24. Sansovino, folio 124 recto. Tietze-Conrat, 1940, S. IJ ff. Lorenzi, S. 88 f., Dok. 192. Lorenzi, S. 142, Dok. 296. Lorenzi, S. 102, Dok. 221.
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blik damals zur dritten Macht neben Kaiser und Papst aufgestiegen, dann war Sebastiano Ziani, der dies erreicht hatte, einer der größten unter den Dogen, und schließlich lieferten die Ereignisse von 1 1 7 7 eine Erklärung für die wichtigsten der Herrschaftszeichen, die dem Dogen bei den „andate in trionfo" vorangetragen wurden 1 ® 7 . Darüber hinaus wurden die Bilder im Dogenpalast als Gewähr für die Richtigkeit der nicht unumstrittenen schriftlichen Uberlieferung angesehen. So schließt etwa Marin Sanudo seinen Bericht in den „Vite dei Dogi": „Et per verifichatiom di tal historia a Siena nela capella dil suo palazzo si trova ditta historia depinta, perchè ditto papa fu senese; etiam è depinta nela nostra sala dil Mazór Conseglio, che si la non fusse sta vera, li nostri boni Vinitiani non la ariano fata mai depenzer." 168 Wie die Sala del Maggior Consiglio zur Zeit der Bellini aussah, kann man in den Hauptzügen rekonstruieren: An der Stirnseite war bis zum Brand von 1577 Guarientos „paradiso" zu sehen, an den Wänden die Historienbilder. Deren Verteilung ist freilich ungewiß, vor allem ist unsicher, ob sie gleiches oder verschiedenes Format hatten169. Die Decke war ein „ . . . cielo compartito a quadretti d'oro, ripieni di stelle . . .". 170 Von den Bildern der Bellini ist uns nur der schwache Abglanz geblieben, der in Nachzeichnungen und Bildern anderer Maler zu erhaschen ist. Der Versuch, mit deren Hilfe Aufschlüsse über die verbrannten Bilder zu gewinnen, ist nicht neu, denn schon Padre Resta hat mehrere Zeichnungen aus seinem Besitz zusammengestellt, in denen er die verlorenen Kompositionen zu erkennen glaubte 171 . Die erste Zeichnung, die dann wirklich zu einem der Bilder gehört, wurde von F. Wickhoff veröffentlicht, der auch die Berichte Vasaris und Farncesco Sansovinos sowie die wenigen Urkunden im Zusammenhang besprochen hat 172 . Vermutlich haben aber noch drei andere Zeichnungen und ein Bild mit dem Zyklus zu tun. Mit einer Ausnahme scheinen sich diese Bilddokumente auf Werke des Giovanni Bellini zu beziehen, so daß sich eine blasse Vorstellung von seiner Historienmalerei gewinnen läßt. Die Bilder, die in diesem Zusammenhang interessieren, schmückten die Wand zur Piazzetta und die zum Hof. Nach Sansovinos Zählung sind es die Bilder 8 bis 22 173 . Zur Orientierung zunächst ein Uberblick über die Themen:
167 Vgl. Wickhoff, S. 25 f. Ober die Herrschaftszeidien vgl. Sansovino, folio 183 recto, und Pertusi, S. 3 fi. 168 Sanudo, S. 296. 16» Abb. der Sala vor 1 J 7 7 bei Lorenzi, nadi S. 180. Sansovino, folio 123 verso Wolters, 1968, S. 7, Anm. 29. 171 Popham-Pouncey, S. 20 f., Kat. N r . 33. Wickhoff, S. 1 ff. 173 Sansovino, fol. 124 verso ff. 170
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Wand zur Piazzetta. 8: Huldigung des Dogen. Vor der Kirche S. Maria della Carità überreicht der Doge dem als Mönch verkleideten Papst knieend die Pontifikalgewänder. 9: Zum Zeichen des Dankes überreicht der Papst dem Dogen auf der Piazza di San Marco eine Wachskerze. Wand zum Hof 10: Papst und Doge senden Gesandte an den Kaiser mit der Aufforderung, Frieden zu schließen. 11 : Der Kaiser empfängt die Gesandten, lehnt aber Verhandlungen ab. 12: Übergabe des Schwertes: Nachdem Papst und Doge sich zum Krieg entschlossen haben, sticht Ziani mit der Flotte in See. Beim Abschied empfängt er vom Papst das Feldherrnschwert. 13: Seeschlacht zwischen den Venezianern und den Kaiserlichen. 14: Nach dem Sieg empfängt Ziani aus der Hand des Papstes einen Ring. 1$: Otto vor dem Papst. Otto, der in Gefangenschaft geratene Sohn Barbarossas, bietet sich als Vermittler bei seinem Vater an. 16: Otto beim Kaiser, den er zum Friedensschluß überredet. 17: Unterwerfung Barbarossas. Vor der Markuskirche unterwirft sich der Kaiser durch Fußfall dem Papst. 18 : Der Papst hält Messe in S. Marco. 19: Verleihung des Parasols. Papst, Kaiser und Doge ziehen gemeinsam nach Rom. In Ancona bringt die Bürgerschaft dem Kaiser und dem Papst die diesen zustehenden Sonnenschirme. Der Papst aber befiehlt, zum Zeichen seiner Ebenbürtigkeit, auch dem Dogen einen zu bringen. 20: Vor Rom werden die Herrscher vom jubelnden Volk empfangen. 21: Vor der Engelsburg nimmt der Doge Fanfaren und Standarten entgegen. 22: Im Beisein von Doge und Kaiser liest der Papst Messe im Lateran.
Die Angaben über den Inhalt der Bilder sind bei Vasari und Sansovino in der Regel einheitlich und werden außerdem durch die überlieferten Inschriften bestätigt 174 . Unterschiedlich sind dagegen die Angaben über die Künstler, was sich aus den verschiedenen Gesichtspunkten der beiden Autoren erklären dürfte. Den beiden Bellini und A . Vivarini war jeweils eine ganze Gruppe von Bildern — „parte" bei Vasari - zugefallen, und Vasari gibt nun immer nur den leitenden Meister an, nicht dessen Gehilfen 175 . So hat er es z. B. auch bei den Bildern der Kreuzeslegende in der Accademia gehalten, die er alle Gentile Bellini gibt 176 . Carpaccio, der im Dogenpalast nur als Gehilfe Bellinis tätig war und dem Sansovino Bild 18 zuschreibt, wird bei Vasari nicht genannt 177 . Von Gentile sind Vasari zufolge die Bilder 9-14 1 7 8 . Als Werke Giovannis nennt Vasari explizit die Bil-
1™ Wicihofif, S. 28 S. " 5 Vasari, III, S. i $ 7 f f . " « Vasari, III, S. 153. 1 7 7 Sansovino, fol. 129 verso f. »8 Vasari, III, S. 156 ff.
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der 17-20, implizit auch 8, 21 und 22179. Alvise Vivarini schreibt er Bild 1 j und teilweise Bild 16 zu180. K a m es Vasari in erster Linie auf die entwerfenden Künstler an, so war Francesco Sansovino, der nicht Künstler-Viten, sondern eine Stadtbesdireibung schrieb, vor allem an den Inschriften und am Inhalt der Bilder interessiert181. Deshalb nennt Sansovino die Maler auch nur gelegentlich: Giovanni Bellini bei Bild 8 und Bild 13 und zusammen mit dem Bruder bei Bild io 182 ; Gentile außerdem bei Bild 9 und io 183 ; Vivarini schließlich bei Bild 16184 und außerdem noch Carpaccio bei Bild 18 185 . Von 1507 ist nun ein Vertrag erhalten, der es erlaubt, wenigstens einige dieser Angaben zu prüfen 186 . Diesem Vertrag zufolge wurde Bild i j von Vivarini gemalt (so Vasari 187 , bei Sansovino keine Angabe), Bild 16 von Vivarini begonnen und von Giovanni Bellini vollendet (so Vasari und Sansovino), während Bild 17 von Vivarini gemalt werden sollte, aber von ihm nicht einmal begonnen, sondern von Tizian übernommen wurde 188 . Die Stichprobe zeigt, daß die Angaben von Vasari und Sansovino glaubwürdig sind, wenn auch unvollständig. Bei näherem Hinsehen lösen sich auch die scheinbaren Widersprüche zwischen den beiden Autoren auf. D a ß z. B. Vasari Bild 18 unter den Werken Giovannis aufführt, Sansovino aber Carpaccio nennt, wird sich aus der urkundlich belegten Mitarbeit Carpaccios an diesem Bild erklären 189 . Carpaccio war als einer von mehreren Gehilfen unter Giovanni Bellini tätig, so daß Vasari das Bild mit Recht Bellini gibt. Andererseits war Carpaccio bei weitem der prominenteste unter diesen Gehilfen, so daß sein Name den Venezianern im Gedächtnis blieb. Vielleicht war auch sein Anteil an der Ausführung des Bildes groß genug, um sichtbar zu werden. Beide Möglichkeiten würden erklären, daß Sansovino Carpaccios Namen nennt. Auch der Widerspruch zwischen den Angaben zu Bild 10 läßt sich aus den verschiedenen Gesichtspunkten verstehen. Vasari nennt nur den Namen Gentiles, Sansovino auch den Giovannis. Beides war berechtigt, denn einerseits gehörte das
17» V a s a r i , I I I , S. i $ 8 f f . ; S . 1 6 2 h e i ß t es, n a d i d e m v o n d e n B i l d e r n V i v a r i n i s d i e R e d e w a r , B e l l i n i h a b e s c h l i e ß l i c h „ i l r e s t a n t e d i d e t t a s a l a " ü b e r n o m m e n , w a s sich n a c h L a g e d e r D i n g e n u r a u f d i e B i l d e r 2 1 u n d 2 2 b e z i e h e n k a n n , d i e a u c h R i d o l f i , I , S. 6 9 f . , G i o v a n n i B e l l i n i gibt. « 0 V a s a r i , I I I , S . 158 f . 181 S a n s o v i n o s B e s c h r e i b u n g e n s i n d o f t n u r e i n e P a r a p h r a s e d e r I n s c h r i f t e n . E i n B i l d w a r f ü r i h n offensichtlich nicht m e h r als die I l l u s t r a t i o n eines T e x t e s . 182 S a n s o v i n o , f o l . 1 2 6 r e c t o , 128 v e r s o , 1 2 7 v e r s o . 183 S a n s o v i n o , f o l . 127 r e c t o f . 184
185 186 187 188 189
Sansovino, fol. 129 verso. S a n s o v i n o , fol. 130 recto. V g l . L o r e n z i , S. 142, D o k . 296. V a s a r i , I I I , S. 1J9. V a s a r i , I I I , S. 159. L o r e n z i , S . 142, D o k . 296.
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Bild zu Gentiles „parte" und wurde laut Inschrift vor der Abreise nach Konstantinopel von ihm begonnen, andererseits hat während des Bruders Abwesenheit Giovanni Bellini daran weitergearbeitet. Das Bild 13, die Seeschlacht, die nach Vasari von Gentile und nach Sansovino von Giovanni ist, hat Vasari zusammen mit Bild 1 2 vor den andern Werken, die er Gentile zuschreibt, wegen besonders hoher Qualitäten hervorgehoben; und Bild 12, die Schwertübergabe, kann nach Ausweis der Komposition nur von Giovanni sein (s. u.). Wieder ist der Name bei Vasari der des leitenden Künstlers, während Sansovino den Namen des ausführenden Künstlers gibt. Für die Bilder 8 (Huldigung des Dogen) (Abb. 41), 12 (Verleihung des Schwertes an den Dogen) (Abb. 44), 15 (Otto vor dem Papst) (Abb. 43) und 19 (Verleihung des Parasols an den Dogen) (Abb. 47, 49) haben wir Bildquellen. Auf dem achten Bild, dem der Huldigung des Dogen, sah man laut Sansovino: „ . . . che essendosi il Papa incognito ridotto nella Chiesa della Carità: fù conosciuto da un forestiero; die lo scopri alla Signoria. Et vi era dipinto il Principe col Senato, che andava a levarlo col Bucentoro, riconoscendolo per Santo Pontefice, & le figure di questo quadro erano alte poco più di un braccio & fatte da Gian Bellino . . .". 19 ° Die zugehörige Inschrift lautete: „ D U X , C O N SILIARI, NOBILES, E T TOTA V E N E T I A R U M CIVITAS, SIMILITER P A T R I A R C H A GRADENSIS E T EPISCOPUS CASTELLANUS CUM T O T O C L E R O P E R V E N I U N T C U M C R U C I B U S A D P A PA M D U B I T A N T E M D E T A N T O C O N C U R S U . DEVOTISS. D U X G E N I B U S F L E X I S D E D I T O S C U L A A D BEATISS. PEDES P R A E S E N T A N S C L A M I D E M , M I T R A M E T O R N A M E N T A PEDUM, E T C O N F O R T A N S U T M E T O DEPOSITO, A S S U M E R E T A N I M U M E T P O N T I F I C A L I A O R N A M E N T A Q U I A E S T I N U R B E TUTISSIMA, L I B E R A , E T P O T E N T E . " 1 ® 1 Wie das Correr-Manuskript zeigt, war vermutlich schon in der Nikolauskapelle der Kniefall des Dogen gezeigt, nicht der viel demütigendere Fußkuß, der für Barbarossa aufgespart blieb. Einen allgemeinen Anhaltspunkt für die Disposition von Bellinis Komposition gibt vielleicht ein Bild gleichen Themas in der Accademia 198 , die Mittelgruppe ist in einer zuerst von Gronau publizierten Zeichnung der Uffizien überliefert 193 (Abb. 41). Das Blatt bestätigt Sansovinos Zusdireibung an Giovanni Bellini, denn die Übergabe der Gewänder und der Segen des Papstes sind in der gleichen getragenen Feierlichkeit gegeben, die wir aus Bellinis Votivbild für den Dogen Agostino Barbarigo kennen (Abb.
190 191 188
198
Sansovino, fol. 1 2 6 recto. Sansovino, fol. 1 2 6 verso. Mosdiini-Marconi, 1962, S. 206 f., Kat. N r . 361. Auf dieses Bild hat midi Wolf gang Wolters hingewiesen. Eine Nachzeichnung der Darstellung des Fußfalls in dem Correr-Manuskript bei Lorenzi, Taf. II, Abb. N r . 2 (zwisdien S. 64 und 6$). Gronau, 1909, S. 35, Abb. 2 1 .
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40), das zwischen i486 und 1488 entstanden sein muß194. Die Verwandtschaft zeigt sich nicht nur in dem Ernst und der Würde der Handelnden, sondern auch in der Gemessenheit der Gebärden, der Geschlossenheit der Konturen, in der Gewandung und in den Falten. Man vergleiche nur die beiden Dogen oder den Papst und den Hl. Augustin. Auch beim Historienbild kam es Bellini anscheinend nicht darauf an, die Handlung auf einen Moment zuzuspitzen, sondern darauf, ihre dauernde Bedeutung sichtbar zu machen. Der Segen, den der Papst dem Dogen spendet, ist nicht nur Ausdruck der persönlichen Dankbarkeit Alexanders III. gegenüber Sebastiano Ziani, sondern zugleich auch ein Sinnbild dafür, daß die Republik Venedig unter dem Segen der Kirche steht. Auf dem zwölften Bild, dem mit der Übergabe des Schwertes, sah man laut Vasari: „ . . . il papa, ritto in pontificale dare la benedizione al doge, che armato, e con molti soldati dietro, pare che vada all' impresa. Dietro a esso doge si vede in lunga processione infiniti gentil uomini; e nella medesima parte, tirato in prospettiva, il palazzo e San Marco." 195 Sansovino schreibt: „Nel duodecimo (quadro) era figurato il Papa ch'esortava il Doge, che con 30. galee uscisse in mare contra l'armata dell'Imperatore, & gli dava la spada in mano in segno die perpetua giustitia, & donava a'Vinitiani ch'andassero a quella impresa, pienissimo perdono di colpa, & di p e n a . . .". 19e Der Text der Inschrift: „ H O R T A T U R A L E X A N D E R PONT. MAX. PRINCIPEM E T VENETOS, UT CUM X X X . TRIREMIBUS PUBLICE AD BELLUM INSTRUCTIS, PRO PIETATE ET RELIGIONE FORTETER I N HOSTEM MOVEANT, DATQUE I N C L I T O D U C I , E T S U C C E S O R I B U S E N S E M P E R P E T U U M IUSTITIAE INSIGNE HABENDUM, CETERIS AD BELLUM EUNTIBUS P L E N I S S I M U M D A T V E N I A M . " 1 9 7 Vergleicht man die Passagen Vasaris und Sansovinos, dann wird noch einmal deutlich, daß Vasari beschrieb, was er sah, während Sansovino im wesentlichen Inschriften paraphrasierte und — wie Bellini in seinen Bildern - die dauernde Bedeutung der Ereignisse für den venezianischen Staat herausstellte. Vasari gibt dieses Bild dem Gentile, hebt es aber zusammen mit der anschließenden Seeschlacht (Bild 13), die nach Sansovino von Giovanni war, wegen der besonderen Qualität hervor. Nach den bisherigen Erfahrungen kann man vermuten, daß die beiden Aussagen sich nicht widersprechen, sondern ergänzen, und das Bild zwar zu Gentiles „parte" gehörte, aber von Giovanni gemalt wurde. Daß Gentile die Bilder 1 0 - 1 4 selbst gemalt haben sollte, ist ohnehin unwahrscheinlich, denn seine Arbeitskraft muß durch die großen Bilder der Kreuzeslegende, die in den 90er Jahren entstanden, stark in Anspruch genommen gewesen
194 Barbarigo wurde i486 zum Dogen gewählt, 1488 ist das Bild signiert. i«s Vasari, III, S. 1 J 7 . 196 Sansovino, fol. 128 recto. 147 Sansovino, fol. 128 verso.
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sein198. Nachdem er 1504 noch zwei große Bilder für die Scuola Grande di San Marco übernahm, kann ihm für die Sala des Maggior Consiglio nicht viel Zeit geblieben sein199. Klären läßt sich die Frage allerdings erst durch Stilkritik. Ein Blatt im Britischen Museum überliefert die Hauptgruppe 200 (Abb. 44). Offenkundig handelt es sich um eine Nachzeichnung und nicht um einen Entwurf, denn bei einem Entwurf wären Mängel wie das fehlende rechte Bein des Dogen nicht zu erklären. Offen muß bleiben, ob es sich um eine Kopie des ausgeführten Bildes handelt oder um die Kopie eines Entwurfes. Nach Ausweis einer Kopie des Londoner Blattes, die Wickhoff veröffentlichte, ist die Zeichnung vermutlich einmal im Besitz Rembrandts gewesen201. Wickhoff hat ebenso wie Colvin, der wenig später die Vorlage für die Wiener Zeichnung publizierte, an Vasaris Zuschreibung der Komposition an Gentile festgehalten202, obwohl eine Aufschrift auf der Rückseite des Londoner Blattes das Bild Giovanni zuzuschreiben scheint203. Wäre diese Komposition wirklich von Gentile, dann paßte sie zu keinem der Bilder, die uns seine Entwicklung von den 90er Jahren an bezeugen, denn nirgendwo sonst hat Gentile so eindeutig aus der Menge die Hauptgruppe und aus der Hauptgruppe wieder die Protagonisten herausgehoben. Wie bei Carpaccio muß man bei Gentile oft die Hauptpersonen suchen, denn beide erzählen im Stil der Chronik ohne entschiedene Wertung und Akzentuierung das Nebensächliche mit der gleichen Anteilnahme und Ausführlichkeit wie das Wichtige. Daß sich auf Gentiles „Markuspredigt" (Brera) die Hauptgruppe stärker absetzt, ist Giovanni Bellini zu verdanken, der das Bild nach des Bruders Tod zuende führte 204 . Für die Zuschreibung an Giovanni Bellini spricht außer der Nachricht bei Sansovino vor allem die Ähnlichkeit der Komposition mit der des Frieses in Washington, auf dem vermutlich die Mildherzigkeit des Scipio gezeigt ist205 (Abb. 45). Bellinis Washingtoner Bild ist wahrscheinlich Teil eines größeren Ensembles gewesen, das von Mantegna begonnen und nach dessen Tod 1506 von Bellini vollendet wurde. Es ist auf den Kontrast zwischen den Barbaren und den Römern abgestellt. In der Kleidung wie im Auftreten sind die Barbaren unbeherrscht und roh, die Römer dagegen voller Beherrschung und gesittet. Daß Bellini die Venezianer nicht den Barbaren angleicht sondern den Römern, ist zwar
i«8 V g l . Moschini-Marconi, 1955, S. 61 ff. i»9 V g l . Paoletti, 192.9, S. 137. 200 C o l v i n , S. 23 ff.; vgl. jetzt auch P o p h a m - P o u n c e y , S. 6 f., Kat. N r . 9. 201 Wickhoff, Abb. 1. 202 Wickhoff, S. 36 f . ; C o l v i n , S. 23 ff. 20s „schizo di mà di Z a . . . b e . . . / q u ä d o fece li quadri nel g r ä . . . / q u ä d o p a p a ales a d r o . . . / Ziani che andò . . . ba . . . rossa." (Nach P o p h a m - P o u n c e y , S. 7). 204 D e n Anteil G i o v a n n i Bellinis hat Arslan, 1962, S. 54 f . einleuchtend abgrenzen können. 20» Z u diesem Bild Bottari, 1963, II, S. 33. Z u Mantegnas Fries: D a v i e s , S. 330 f., Kat. N r . 902. D i e Ausführung des Frieses in Washington wird nicht v o n Bellini sein, doch wird er den E n t w u r f geliefert haben, galt es doch, ein Werk des verehrten M a n t e g n a zu vollenden. H i n z u k o m m t , d a ß es für eine so ungewöhnliche A u f g a b e k a u m e x e m p l a gegeben haben wird.
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zu erwarten, vielleicht aber auch ein Indiz dafür, daß er die venezianische Geschichte ebenso als von Gesittung bestimmt verstand wie die römische. Unterschiede gibt es vor allem im Kostüm, denn die Venezianer tragen zeitgenössische Rüstung. Diese freilich hat Bellini nicht hervorgehoben, wie es Carpaccio zu tun pflegte, sondern nach Möglichkeit überspielt: In ihr, ja gegen sie, hat er die Leiber zur Geltung gebracht, und zwar bei den Hauptleuten mehr als bei den Soldaten und beim Dogen mehr als bei den Hauptleuten. Man muß nur den zweiten Soldaten von rechts ansehen, dann den Hauptmann links von ihm und schließlich den Dogen. Immer weniger ist die Stellung durch die Rüstung bestimmt, immer mehr wird sie zum Ausdruck einer inneren Haltung, und es ist vielleicht kein Zufall, daß gerade der Doge den Römern des Washingtoner Bildes am nächsten steht. Die Haltungen von Doge und Papst sind denen in der Correr-Handschrift (Abb. 46) ganz ähnlich, nur haben beide den Platz getauscht 206 . Bellini wird sich in diesem Punkt an das exemplum gehalten und das übrige dann hinzuerfunden haben 207 . U m so bewundernswerter, wie er die übernommenen Haltungen und Gebärden zum Höhepunkt der ganzen Szene werden läßt. Sein wichtigster Kunstgriff ist die Differenzierung der Gruppen: Erst kommt die Menge der nobili, von denen die abgehoben sind, die in den Krieg ziehen werden. Bei ihnen wird zwischen Soldaten und Hauptleuten unterschieden, und vor diesen ist dann noch einmal der Doge ausgezeichnet. E r tritt dem Papst entgegen, der sich seinerseits von seiner Begleitung löst. So hat Bellini zwar Im Vergleich mit der Miniatur viele neue Motive eingeführt, doch nicht einfach größerer Mannigfaltigkeit wegen, sondern zur Klärung des Themas, ganz im Gegensatz zu der Motive um ihrer selbst willen häufenden Kompositionsweise Gentile Bellinis, der sich manchmal nur durch die Schönheit und das Interesse des Details von denen unterscheidet, die, in Albertis Formulierung: . . dove vogliono parer copiosi nulla lassando vacuo, ivi non compositione, ma dissoluta confusione disseminano . . .". 2 0 8 Das fünfzehnte Bild, das von Vivarini, zeigte nach Vasaris Beschreibung: „Ottone . . . che si offerisce al papa et a'Viniziani d'andare a procurare la pace f r a loro e Federigo suo padre, e che ottenutola si parte, licenziato in sulla fede. In questa prima parte . . . dipinse il Vivarino con bella prospettiva un tempio aperto con scalee e molti personaggi. E dinanzi al papa, che è in sedia circondato da molti sentori, è il detto Ottone in ginocchioni, che giurando obbliga la sua fede." 2 0 9 Bei Sansovino heißt es: „Othone tratto di prigione prometteva su la sua fede d'esser mezzano f r a il Papa Se suo padre, di conchiuder la pace, onde si partiva . . .". 2 1 0 Die Inschrift sagte: „Otho imperatoris filius divina motus volonl0
* D a s bedeutet freilich auch anschaulich eine Verschiebung der Gewichte zugunsten des D o g e n . Bewahren durch V e r w a n d l u n g ist auch sonst ein charakteristischer Z u g in der großen venezianischen Kunst. D i e Architektur Sansovinos ist ein berühmtes Beispiel.
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Alberti, S . 9 i . » Vasari, I I I , S . I J 9 . ,lc Sansovino, folio 1 2 9 recto. ,0
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täte, se futurae pacis cum Federico patre arbitrum pontifici et Venetis pollicetur atque ita fide ab eo accepta, custodia liberatur." 211 Von diesem Bild gibt es keine Nachzeichnung, aber ein Eciio in Giuseppe Salviatis Fresko in der Sala Regia des Vatikan (Abb. 43), das den Fußfall Barbarossas zeigt. Dieses Bild ist vermutlich um 1565 gemalt worden, also zu einer Zeit, als die Bilder Bellinis und Vivarinis noch nicht verbrannt waren 212 . Beim Studium der Komposition stößt man auf eine Diskrepanz zwischen der altertümlichen Mittelgruppe und den Randfiguren rechts und links. Zwei ganz verschiedene Arten, Geschichte zu erzählen, treffen aufeinander, links die dramatisierende und in Effekten schwelgende des 16. Jahrhunderts und in der Mitte die mehr chronikartig ausbreitende des späten 15. Nun hat F. Zuccari bei dem Bild gleichen Themas, das er nach dem Brand von 1577 für die Sala del Maggior Consiglio malte, die Mittelgruppe des Vorgängerbildes mit nur geringfügigen Änderungen übernommen213, und es liegt nahe, daß auch Salviati eine ältere Komposition aus dem Dogenpalast verwendet haben könnte. Aber welche? Die gleiche Szene kann es nicht gewesen sein, denn wie diese aussah, wissen wir durch Zuccari. Sonst kommt aber nur noch ein Bild infrage, das mit dem Fußfall Ottos vor dem Papst. Aus dem Bild des Palma Giovane, das das Vivarinis nach dem Brand ersetzte, und aus den Schriftquellen, die der Darstellung zugrunde liegen, läßt sich erschließen, daß auf diesem Bild auch der Doge zu sehen war 214 . Es waren nämlich zwei Ereignisse, die vor 1474 vermutlich getrennt gezeigt wurden, zu einem Bild zusammengezogen worden: die Ubergabe des gefangenen Kaisersohnes an den Papst und der Fußfall Ottos 215 . Die alte Komposition dem veränderten Thema anzupassen, war Salviati sicherlich ein leichtes, denn er brauchte ja nur an Ottos Stelle den Kaiser zu setzen und Otto einen Platz an der Seite zu geben. Zuverlässigere und aufschlußreichere Bilddokumente gibt es zum neunzehnten Bild des Zyklus. Nach Vasari: „ . . . si vede il papa in roccetto, che al doge dona un'ombrella; dopo averne data un'altra all'imperatore, e serbatone due per se." 216 Sansovino schreibt: „ . . . il Papa concedeva l'ombrella al Principe, & ai suoi successori, & le lettre caduche (der Inschrift) non si potevano a patto alcuno vedere." 217 Die ältere Fassung der Inschrift sagte: „Dum applicant ad civitatem Ancone occurrunt eisdem Anconitani cum duabus umbrellis, una pro papa, altera pro imperatore; papa mandat ut tertia umbrella portetur pro duce conferens
211
Sansovino, fol. 129 recto. 1 5 6 $ soll Salviati eine Zahlung bekommen haben (Venturi, V I I , S. 399, der sich auf Lanciani, III, S. 228 stützt); nach Vasari, V I I , S. 39, wäre das Bild allerdings von Francesco Salviati, dodi steht dagegen der Stil, der deutlich auf Giuseppe Salviati weist. 213 Tietze-Conrat, 1940, S. 19 f. 214 Palmas Bild ist abgebildet bei Venturi, V I I , S. 183, Abb. 102. 215 Die zwei tituli bei Sanudo, S. 3 $4 f. deuten auf zwei verschiedene Bilder. « « Vasari, III, S. 1 6 1 . 217 Sansovino, fol. 1 3 0 recto. 212
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ipsam sibi et successoribus suis perpetuo deferendam." 218 Vorder- und Rückseite eines Blattes von Carpaccio überliefern uns zwei Fassungen der Komposition 219 (Abb. 47, 49). D a dies die einzigen Zeichnungen sind und Carpaccio seine Mitarbeit an diesem Bild in einem Brief selbst erwähnt 220 , ist auch die Komposition Carpaccio zugeschrieben worden 221 . Wahrscheinlich zu Unrecht, denn Carpaccio war nach Ausweis eines Vertrags nur einer von drei Gehilfen Giovanni Bellinis222 und damit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht für den Entwurf verantwortlich. Dagegen spricht auch die Komposition, denn w o wäre bei Carpaccio so sorgfältig zwischen Handelnden und Anwesenden unterschieden wie hier?223 Vermutlich hat Carpaccio zwei der Entwürfe Bellinis kopiert 224 , die ihm als einem der Gehilfen bei diesem Bild sicherlich zugänglich gewesen sind. Die Fassung des recto geht auf einen früheren Entwurf zurück, die des verso auf einen späteren, möglicherweise sogar auf das ausgeführte Bild 225 . Vasaris Beschreibung paßt nur auf das verso, dafür ist beim recto noch die Verbindung mit der Miniatur (Abb. 48) und damit dem exemplum greifbar. Wie in der Miniatur wird auf dem recto der dritte Schirm, der für den Dogen, herbeigebracht, während man auf dem verso sieht, wie er dem Dogen verliehen wird. In der früheren Fassung sind die Anconitaner gezeigt, die zusammen mit dem Gefolge die Fürsten umstehen. Von links wird der dritte Parasol gebradit, einige im Gefolge knien nieder, und der Doge wendet sich zum Papst. Welchen Privilegs er teilhaftig wird, kommt aber erst in der zweiten Fassung heraus, wo er im Beisein des Kaisers den Parasol aus der Hand des Papstes empfängt. Das ist nicht einfach als Vorgang gezeigt, sondern als feierliche Zeremonie: Der Papst trägt in dieser Fassung Meßkleider, und der Doge beugt das Knie. Die Auffassung ist die gleiche wie bei dem Bild mit der Szene vor S. Maria della Carità. Wieder hat Bellini, indem er die Übergabe zur Verleihung, den Vorgang zur Zeremonie steigerte, nicht nur den Ablauf, sondern auch die Bedeutung des Ereignisses sichtbar gemacht.
Sanudo, S. 3 5 7 . Tietze-Conrat, 1 9 4 0 , S. 2 0 f. Vgl. auch Lauts, 1 9 6 2 , S. 2 J 7 , 2 7 7 . 220 D e r Brief neu abgedruckt und ausführlich kommentiert bei Muraro, 1966, S. 61 ff. 8 2 1 Tietze-Conrat, 1 9 4 0 , loc. cit.; Lauts, 1 9 6 2 , loc. cit. 222 Lorenzi, S. 142, Dok. 296. 223 Man vgl. eine zeitgenössische Zeichnung Carpaccios, z. B. Lauts, Katalog der Zeidinungen, Nr. 1 7 , S. 2 7 8 , wo die Stellungen parallelisiert sind, nicht differenziert, wo sie außerdem alle Bewegungen anzeigen, nicht Haltungen. 22* Auch nach einer Entwurfszeichnung Mantegnas (Donnington Priory) gibt es eine Kopie (Paris). Vgl. Tietze-Conrat, 1 9 5 5 , S. 2 2 4 . Die Kopie ist (irrtümlich als das Original) abgebildet bei Heinemann, Abb. 1 8 8 , Kat. Nr. 3 3 3 . 225 j ) a s Bild gleidien Themas, das nach 1577 von Girolamo Gambarata gemalt wurde (TietzeConrat, 1940, Abb. 5) schließt an das verso an.
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II Wo die Uberlieferung so fragmentarisch und problematisch ist und wir nichts über die Chronologie der Bilder wissen, die uns Einblick in die Entwicklung von Bellinis Historienmalerei geben könnte, muß sich deren Chrakterisierung auf allgemeine Hinweise beschränken226. Nach Albertis Traktat soll die Historienmalerei auf Mannigfaltigkeit, varietà, und Würdigkeit, dignità, gegründet werden. Albertis Neigung galt der varietà. Er behandelt sie ungleich ausführlicher und gibt Ratschläge, wie sie zu erreichen sei, während die Behandlung der dignità verhältnismäßig kurz ist. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, daß die Dialektik zwischen beiden bei Alberti nicht thematisch wird, sondern nur zwischen den Zeilen durchscheint: „Ein Historienbild, das man loben und bewundern kann, muß sich mit seinen Reizen so schmudkreich und gefällig darbieten, daß es jeden fesselt, der es ansieht, den Gebildeten wie den Ungebildeten. Genuß (voluptà) wird im Historienbild in ersten Linie durch die Fülle (copia) und Verschiedenheit (varietà) der Dinge bewirkt; wie auch bei Speisen und in der Musik Neuigkeit und Überfluß um so mehr gefallen, je mehr sie sich vom Hergebrachten und Gewohnten unterscheiden, so erfreut sich auch der Geist (anima) an jeder Fülle und Verschiedenheit, und deshalb gefallen auch in der Malerei Fülle und Verschiedenheit. Ich sage deshalb, daß das Historienbild das mit der größten Fülle ist, bei dem an den richtigen Stellen Alte und Junge, Knaben, Frauen, Mädchen, kleine Kinder, Vögelchen, Pferde, Schafe, Gebäude, Landschaften (province) und ähnliche Motive beigegeben sind. Ich werde jede Art von Fülle loben, die Teil jenes Historienbildes ist und sich einfügt, wo der Betrachter alle diese Dinge sieht, (denn) dort gewinnt die Fülle des Malers große Anmut. Freilich möchte ich, daß diese Fülle durch eine gewisse Abwechslung und Verschiedenheit geschmückt ist, die in ihrer Würde (dignità) und Wahrhaftigkeit (verecundia) maßvoll ist. Ich tadle die Maler, die, wo sie Fülle zeigen sollen, nichts leer lassen und nicht Zusammenhang (compositione) sondern zusammenhangloses Durcheinander (dissoluta confusione) stiften, denn dann scheint das Historienbild nicht etwas Wertvolles zu leisten, sondern in Tumult verstrickt zu sein. Vielleicht wird dem, der in seinem Bild vor allem Würde sucht, die Einsamkeit gefallen. Den Fürsten pflegt bei ihren Anordnungen Kargheit der Worte Majestät zu geben, und so bewirkt auch im Historienbild eine beschränkte Anzahl von Körpern keine geringe Würde. Mir jedoch mißfällt die Leere im Historienbild, doch lobe ich ebensowenig die Fülle, die keine Würde hat." 227 Es folgen, beginnend mit Haltungen und Gesten, detaillierte Anweisungen, wie die varietà gesichert werden kann. Das Ideal wäre die bruchlose Vereinigung von dignità und varietà. Aber wie « • Vgl. Hendy, S. 26; Lauts, 1962, S. 14. S " Alberti, S. 91 f.
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das Gleichgewicht finden? Das Problem wird noch dadurch kompliziert, d a ß in Albertis T e x t bei der A n w e n d u n g der beiden Prinzipien zwischen H a u p t - und Nebenmotiven nicht deutlich unterschieden ist, die dignità also keineswegs nur f ü r die Protagonisten gilt und varietà nicht allein f ü r das Beiwerk. N u n könnte man Albertis Programm als Spekulationen eines Theoretikers beiseite lassen, träten die in ihm behandelten Probleme nicht auch in der Malerei des Quattrocento auf. Extreme Positionen vertreten unter den bedeutenden Malern auf der einen Seite Carpaccio und Gentile Bellini, auf der anderen Seite Piero della Francesca. Bei diesem w i r d die hohe Stilisierung, die für die Königin v o n Saba und ihr engeres Gefolge vollkommen angemessen war, problematisch, wenn auch die Pferdeknechte und die Pferde ihrer teilhaftig werden. Bei C a r paccio und Gentile Bellini wird umgekehrt die varietà fragwürdig, wenn die Vielfalt der M o t i v e das Geschehen verdunkelt und man selbst nach den Protagonisten noch suchen muß 228 . Ein Gegengewicht ist die Faszination, die gerade von der extremen Lösung ausgeht, bestehe sie nun in feierlicher Stilisierung oder im Entfalten der Vielfalt. Jeder der genannten Künstler ist mit Konsequenz seinen W e g zuende gegangen, und schon deshalb w ä r e es nicht angebracht, ihnen das Fragliche ihrer Werke als subjektives Unvermögen vorzuwerfen. Ebensowenig läßt sich aber auch die historische Dialektik übersehen, in die sie verstrickt sind. Dies um so weniger, als sich diese auch noch bei einem Mantegna geltend macht, bei dem sie, w i e Goethe gezeigt hat, bis in die einzelne Figur hineinreicht. D e r einzige, der sich v o r Leonardo und Raffael dieser Dialektik hat entziehen können, w a r Donatello. In den Paduaner Reliefs etwa dadurch, d a ß er nach Vöges Einsicht die Menge selbst zum Protagonisten gemacht hat, nicht mehr nur den Einzelnen, und daß er die Wunder des H l . Antonius mittels der R e a k tion der Menge auf diese Wunder dargestellt hat 229 . D e r außerordentlichen Vielfalt an Haltungen und Wendungen, deren es dazu bedurfte, hat er dadurch entgegengewirkt, daß er im Detail, besonders bei den K ö p f e n , auf eine genaue Ausformung des Einzelnen verzichtete. Das verhindert nicht nur, daß die A u f merksamkeit des Betrachters auf Details abgelenkt wird, sondern bewirkt auch, daß das Pathos des Themas sich auf die Form überträgt und dadurch zu einem durchgängigen wird, das allem Besondern voraus ist. Bei den Reliefs der K a n z e l n von San Lorenzo hat Donatello den Ausgang noch weniger v o n der einzelnen Figur genommen, sondern immer mehr von der Situation, und dabei ist er auf Probleme geraten, die sich den Alberti'schen Kategorien entziehen 230 . Wirklich aufgehoben scheint die Dialektik von Albertis Programm zum ersten Male bei Leonardo und später dann bei Raffael. Leonardos entscheidende Wendung besteht darin, daß bei ihm die Person und ihr Tun nicht mehr zweier-
228 D a s gilt bei Gentile besonders für die Bilder der Kreuzlegende. 22» Vöge, 1896, S. 26. ««> Huse, S. 149 f.
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lei sind, das zweite nicht mehr accidens des ersten, sondern daß sich Charakter und Besonderheit der Person überhaupt erst in ihrem Tun und ihren Reaktionen zeigen, nur daraus zu erschließen sind und sich erst in der Differenzierung des Geschehens die Besonderheit des Einzelnen entfaltet 231 . Bellinis Eigenart als Historienmaler zu bestimmen, ist auch mit Hilfe der Nachzeichnungen noch schwierig, denn diese sind ja nicht einmal vollständig. Besonders erschwerend ist, daß die Hintergründe fehlen. Vasari gebraucht mehrfach den Ausdruck „ritrarre" 232 , so daß sie wohl ähnlich genau waren wie die in den erhaltenen Bildern Gentiles. Die Markuskirche soll man gesehen haben, den Markusplatz, die Piazzetta und die Scuola S. Maria della Carità 233 . Die Figuren, die verhältnismäßig klein gewesen zu sein scheinen234, haben vor diesen Architekturprospekten sicherlich anders gewirkt als auf den Nachzeichnungen, wo man sie allein sieht. Außerdem war sicherlich der Unterschied zu Bellinis Bildern mit religiöser Thematik viel größer, denn bei diesen ist die Architektur ja gerade keine reale und mit keinem wirklichen Gebäude vergleichbar. Außerdem war sie nach Größe und Aussehen auf die Personen abgestimmt, was bei den Historienbildern kaum der Fall gewesen sein wird. Der Unterschied wird mindestens so groß gewesen sein wie der zwischen den Figuren der Sacra Allegoria in den Uffizien und den Figuren der Pala di San Zaccaria. Isoliert betrachtet, sehen die Figuren ähnlich aus, doch wirken die des Florentiner Bildes wegen ihrer Kleinheit und der Landschaft, in der sie stehen, ganz anders. Wie Carpaccio und Gentile hat auch Giovanni Bellini seine Historienbilder aus Einzelfiguren komponiert, nicht aus Gruppen wie etwa die zeitgenössischen Florentiner in der Sixtinischen Kapelle. Donatello und Mantegna haben in dieser Hinsicht in Venedig keine Wirkung ausgeübt. Vorstufen dafür finden sich in den Mosaiken der Vorhalle von San Marco, die sich nicht an mittelbyzantinisdien Vorbildern orientieren, sondern an spätantiken oder frühbyzantinischen. Dieser Zusammenhang läßt sich zwar nicht unmittelbar beweisen, wäre aber als Teil der im 15. Jahrhundert in Venedig z . B . auch in der Architektur zu beobachten231 D a s zeigt sich schon in Leonardos Theorie, die sich anders als die Albertis nicht mit der varietà, etwa von Bewegungen, zufrieden gibt, sondern jede Bewegung als Ausdruck versteht und eine entsprechende Motivierung verlangt. Es heißt dann etwa, Leonardo, II, fol. 48 recto: „ L a più importante cosa che ne discorsi della pittura trovare si possa sono li movimenti apropriati alli accidenti mentali di ciascun animale come desiderio, sprezzamento ira pietà è simili." Oder ebda., III, fol. 1 2 2 verso: „ F a li moti delle tue figure apropriati à gli accidenti mentali d'esse figure, cioè die se tu la fingi esser irata di'el viso, non dimostri in contrario . . 232 Vasari, III, S. 156 f. 23» Bild 8, 12, 1 7 . 234 Sansovino, fol. 1 2 7 recto f.: die Figuren von Bild 8 seien „poco più di un braccio" hoch gewesen. 235 Vgl. Hubala, 1965, S. 609. Z u den Mosaiken der Vorhalle: Demus, 193$, S. 53 ff., zur Frage der „Protorenaissance": Demus, i960, S. 16$ ff., zur allgemeinen Bedeutung der Mosaiken für die spätere Malerei: Hetzer, 1923, S. 204 f.
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den Neuentdeckung und Wiederbelebung der „venezianischen Protorenaissance um 1200" gut verständlich 235 . D a ß Bellini seine Historienbilder vor allem auf die dignità hin entwickelt hat, lehren die Nachzeichnungen, dodi schließen dignità und varietà sich bei ihm nicht aus. Bei der Schwertverleihung z. B. sind varietà wie dignità gerade bei den Handelnden am größten. Bei den nobili, würdigen und achtbaren Männern, sind in den Wendungen der Köpfe Motive der Bewegtheit eingeführt. Varietà wird daraus erst bei den Soldaten, die in mannigfaltigen Stellungen gruppiert sind. Der Höhepunkt, nicht etwa die Verneinung der varietà, ist beim Dogen und beim Papst erreicht, bei denen gerade die A r t ihrer Bewegungen Ausdruck ihrer spezifischen dignità ist. Die Fassungen der Parasol-Geschichte, bei denen uns ein wenn auch flüchtiger Einblick in die Entstehung einer historischen Komposition Bellinis vergönnt ist, lehren, daß auch genetisch die Steigerung der dignità eins ist mit der Steigerung der varietà, und eins das andere bedingt. In der ersten Fassung, die dem exemplum nodi näher ist, knien nur der Träger des Parasols und die zwei Kleriker rechts. Die Hauptfiguren sind vor allem durch ihren Platz ausgezeichnet, dadurch, daß sie innerhalb des von den anderen gebildeten Halbkreises stehen. Über den Platz entscheidet vor allem der Rang, weniger die Erfordernisse der Darstellung. In der zweiten Fassung (Abb. 49) dagegen ist der in diesem Zusammenhang weniger wichtige Otto in die Menge der Zuschauer zurückgetreten und die Mitte bleibt den drei wirklichen Protagonisten vorbehalten, dem Papst, dem Dogen und dem Kaiser. Der Page, der den Parasol gebracht hat, kniet zwischen Kaiser und Dogen. Nicht mehr um das Überreichen eines Gegenstandes geht es, sondern um die Verleihung eines Würdezeichens. D a ß der Doge kniet, verliert in der zweiten Fassung alles Demütige und jeden Anklang an Unterwerfung, denn seine Haltung mißt sich nicht mehr allein an der des stehenden Papstes, sondern auch an den anderen Knienden, die zum Teil neu eingeführt worden sind, an dem Pagen mit dem Parasol und an den beiden Klerikern rechts. Der Papst wird durch einen Schleppenträger vom Kaiser getrennt, so daß Papst und Doge, auf die es den Venezianern ankam, enger zusammenrücken. Außerdem steht der Kaiser so, daß er, wie auf der Gegenseite sein Sohn, als Wortführer der Gruppe hinter ihm wirkt und so mit dieser verbunden ist, während der Doge und der Papst sich von ihrem Gefolge gelöst haben. Wirklich deutlich wird Bellinis Historienmalerei aus diesen wenigen Zeugnissen noch nicht. Vielleicht wäre sie leichter zu beurteilen, wenn wir mehr über ihre historische Stellung und Bedeutung wüßten. D a aber herrscht noch weitgehend Dunkel. Wir kennen weder von Giovanni noch von Gentile Bellini frühe Historienbilder, und auch die, die Jacopo Bellini in seinen späteren Jahren gemalt hat, sind verloren 236 . Über Maler wie Lazzaro Bastiani und Lauro Padovano, die
Es waren Passionsbilder in der Scuola S. Giovanni Evangelista. Vgl. Ridolfi, I, S. 64.
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bei der Entwicklung der Gattung eine Rolle gespielt haben können, wissen wir fast nichts 237 . W a s Giovanni angeht, so können wir aus den Zeugnissen einzig den Rang seiner Bilder erahnen. Der Verlust wird dadurch freilich nur nodi schmerzlicher. Z u ermessen, wie groß er ist, stelle man sich für einen Moment vor, R a f faels Stanzen wären verloren 288 .
237 Ei n Problem sind z. B. noch immer die beiden Hieronymusbilder der Accademia, die Lazzaro Bastiani zugeschrieben werden (Moschini-Marconi, 1955, S. 52 ff., Kat. Nr. JI, 52). Gamba, S. 55 ff. wollte sie auf Giovanni Bellini zurückführen. Gemalt hat Giovanni Bellini die Bilder sicher nicht, aber das muß nicht ausschließen, daß die Kompositionen, die zum Teil sehr erfolgreich waren (vgl. Gamba), nicht auf Bellini zurückgehen können. 238 Außerdem zeigt die Rekonstruktion der verlorenen Bilder, daß manche von den Bellini oft zugeschriebenen Werken nicht von ihm sein können, denn die Kompositionen halten einem Vergleich nicht stand. Das gilt für die beiden Bilder der Petrus Martyr Legende in der National Gallery und im Courtauld Institute in London, gegen die schon Davies, S. 6j f. berechtigte Bedenken erhoben hat (vgl. jetzt auch Robertson, 1968, S. 125 ff.), und für das Bild mit der Marter des Hl. Markus in Venedig (Moschini-Marconi, 1955, S. 91 f., Kat. Nr. 87), das Vittore Belliniano wohl ohne Anmaßung ij26 als eigenes Werk signiert hat. Den Anteil Giovannis an des Bruders Bild mit der Markuspredigt in Alexandria hat Arslan, 1962, S. J4 ff. überzeugend geklärt. Die zwei Tafeln mit Schachern am Kreuz, die 1957 in London verkauft wurden und nadi Bottari, 1963, I, S. 40, mit dem Kruzifix der Slg. Niccolini in Florenz (Bottari, 1963, II, Taf. 60) zusammengehören könnten, sind mir nicht im Original bekannt geworden. Nach den Fotos könnten sie von Bellini sein, doch scheinen mir zu dem Florentiner Bild stilistische Unterschiede zu bestehen. Außerdem ist die Authentizität des Kruzifixbildes problematisch. Es geht vermutlich auf ein antonelleskes exemplum zurück (vgl. auch Bottari, 1963, I, S. 38 f.).
Probleme des Spätwerks I Daß die späten Bilder Bellinis eine relativ geschlossene Gruppe bilden, wird allgemein angenommen, doch ist ihr Zusammenhang noch wenig untersucht239. Meist wird ihre Besonderheit aus einer Reaktion Bellinis auf die frühen Werke von Giorgione und Tizian verstanden, in: » . . . the aged Giovanni's capacity to keep level with new trends while remaining within the frame-work of his inherited tradition, and this is the great achievement of his late years. His art, like Titian's, and in a briefer compass, Rembrandt's is evergreen and shows a continuous development." 240 Zugrunde liegt die Vorstellung einer: „ . . . lunga operosità quasi immune, come per uno stato die grazia, da ogni inqietudine e da ogni turbamento . . ." 241 , die am klarsten vielleicht von Hetzer formuliert worden ist: „An epochemachender Bedeutung und Kühnheit steht er (Bellini) hinter Giorgione, an elementarer Gewalt und königlicher Haltung hinter Tizian, an spielender Leichtigkeit hinter Tintoretto weit zurück; auch vielseitig und umfassend wird man ihn nicht nennen. Seine Innerlichkeit und Schlichtheit aber, seine Reinheit und Wahrheit sind von keinem übertroffen worden." 242 „Giovanni Bellini hat nie etwas anderes getan, als sich selbst gelebt und in seine eigene stille Welt geschaut." 243 „So hat er auch in seinem hohen Alter, als ein neues Weltempfinden eine neue, rein menschliche, nicht politisch gebundene Kunst heraufführte, sich nicht feindselig abgewandt und nicht sein Gleichgewicht verloren, sondern in seinen Spätwerken sich dem Neuen geöffnet und darin behauptet." 244 In diesem letzten Kapitel sollen in mehreren Schritten einige Aspekte des nodi immer wenig durchdrungenen und gelegentlich auch unterschätzten Spätwerkes behandelt werden. Der erste Abschnitt versucht, am Beispiel des Altarbildes von San Zaccaria einige Besonderheiten von Bellinis Alterskunst herauszuarbeiten. Der zweite Abschnitt gilt Überlegungen zum Verhältnis zwischen Bellinis eigenen Werken und der Produktion seines Ateliers. Der dritte Abschnitt 23» D i e e r s t e zusammenfassende Arbeit und die Grundlage für alles Spätere ist Gronau, 1928. Robertson, 1968, S. 109. 2 4 1 Fiocco, nach Bottari, II, S. $2. 2 4 2 Hetzer, 1957, S. 7. 2 4 3 Hetzer, 19J7, S. 8. 2 4 4 Hetzer, 1957, S. 8. 240
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behandelt am Beispiel der Verhandlungen mit Isabella d'Este die Stellung des Künstlers zu einem wichtigen Auftraggeber. Im vierten Abschnitt geht es um die historische Beurteilung von Bellinis Spätstil, und im fünften Abschnitt schließlich soll durch Beobachtungen an Einzelwerken etwas vom Rang der späten Bilder sichtbar gemacht werden. Zu den zeitlich frühesten der großen Spätwerke gehört die Pala di S. Zaccaria (Abb. 65). Die Wirkung des Bildes wird heute verfälscht, denn die drei untersten Streifen des Paviments sind angestückt, und dadurch ist die Höhe wichtiger geworden als die Breite, auf die die Komposition angelegt ist245. Das aber widerspricht den Konzeptionen Bellinis, der bei allen vergleichbaren Bildern die Komposition mit den Figuren begonnen und die Architektur über diesen errichtet hat, nicht um sie herum. Anders als bei der Pala di San Giobbe blickt man an den Seiten ins Freie, doch hat das Freie auch hier keinen Eigenwert, denn außer einem schmalen Streifen Himmel sieht man nur den allegorischen Lobeerbaum rechts und den ebenso allegorischen Feigenbaum links. Die Unvergleichbarkeit der Bildarchitektur mit realen Gebäuden wird durch den Ausblick nur noch betont. Die Zahl der Heiligen ist gegenüber der Pala di San Giobbe reduziert, es gibt auf jeder Seite nur noch zwei und in der Mitte nur noch einen Engel. Trotzdem ist bei dem späteren Bild der Eindruck von Weite und Fülle unvergleichlich stärker. Das liegt daran, daß Bellini viel mehr mit Verbindungen, Variationen und Nuancen arbeitet: Im Kolorit dominieren nicht die Primärfarben, sondern Zwischentöne, die verbinden und vermitteln. Wo es Entgegensetzungen gibt, sind auch sie allgemeinerer Natur. So ist links alles konzentrierter, aber auch unruhiger. Die innere Sammlung ist bei Petrus und Caterina deutlich etwas angestrengter und weniger gelassen als bei Lucia und Hieronymus. Vergegenwärtigt ist sie vor allem im Gewand, weniger in den Gesichtern. Bei Petrus sind die Faltenzüge in immer engeren Bögen zu seiner linken Hand geführt. Bei Caterina gibt es dieselben, den Leib umfahrenden Falten, nur laufen sie bei ihr von links nach rechts, nicht von unten nach oben. In den Silhouetten, die einander trotz der unterschiedlichen Haltung der beiden Figuren paraphrasieren, kommt die in den Falten vergegenwärtigte Sammlung und Konzentration zur Ruhe und in Einklang mit den anderen Figuren. Vollkommene Ruhe gibt es freilich auch 245
Ober die Geschichte des Bildes, das v o r 1 8 1 5 in Paris v o n H o l z auf L e i n w a n d übertragen wurde, v g l . Gronau, 1 9 3 0 , S . 2 1 $ . C i c o g n a , I V , S . 6 9 1 , erwähnt eine Restaurierung 1 8 3 5 , bei der das Bild einen neuen Rahmen bekam. W a n n die Erweiterung vorgenommen wurde, ist schwer zu entscheiden. D a ß eine solche vorliegt, w a r ganz eindeutig zu sehen, als das Bild im Sommer 1968 in der Sakristei stand und unter guten Lichtverhältnissen aus der N ä h e studiert werden konnte. V g l . Lorenzetti, S. 2 8 3 , das Bild sei „. . . adattato con aggiunte a questo alt. nel sec. X V I I I . . . " . Über die Ikonographie der Bäume im Hintergrund v g l . G ö t z , S. 86. — D i e A n g a b e n bei Pallucchini, 1 9 5 9 , S. 1 5 3 , über den Stifter sind irreführend, denn die von Pallucchini benutzte Nachricht bei C i c o g n a bezieht sich nicht auf dieses Bild, sondern auf das Halbfigurenbild der Darstellung im Tempel im Chorumgang von S a n Z a c c a r i a .
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dort noch nidit, denn dem Bogen des Umrisses widerstreitet bei Caterina der Gegenbogen ihres Rades. Für den Gehalt ist diese Metaphorik der Formen so bestimmend, daß der Unterschied der Köpfe sie nur noch modifizieren, aber nicht mehr aufheben kann. Die besondere Stellung des Petrus hat wahrscheinlich auch mit seiner Funktion im Bild zu tun. Schon Alberti empfahl'den Malern, wenigstens eine Figur im Bild so zu geben, daß sie dem Betrachter Zugang verschafft, indem sie z. B. die Bedeutung der Szene verkörpere oder Haltung und Reaktion des Betrachters246. Dieser Regel entsprechend, gibt es in vielen Bildern der italienischen Renaissance, in der Regel links, wo normalerweise die Kompositionsfolge beginnt, eine Gestalt, die sich nach außen wendet, oft noch mit einer erläuternden oder einladenden Geste. Bei Bellinis Marienkrönung in Pesaro fiel diese Aufgabe Paulus zu, bei der Pala di San Giobbe Franziskus. Petrus ist dem Betrachter frontal gegenüber gestellt, zugleich aber durch die nach links sich ausrundende Silhouette mit der Caterina zusammen - und in die Komposition hineingezogen. Beim Hl. Hieronymus ist - anders als bei Petrus, seinem Widerpart - die Silhouette ringsum gerundet und geschlossen. Innen aber gibt es groß gebauschte Faltenwürfe, die an den Seiten weit ausfahren, um sich in der Mitte in einer einzigen großen Form zu sammeln. Dem Hinauf im Mantel des Hieronymus antwortet das Hinab im Mantel der Magdalena. Als einzige lauscht sie der Musik des Engels, und dabei fällt alles Schwere von ihr ab. Diese Züge sind schon oft beobachtet, jedoch meist nur formal verstanden worden. Luitpold Dussler schrieb: „Kurven sind e s . . . , die das figurale Beieinander verbinden, nicht bloß wie die drei Frauenköpfe zu schönem Rund sich zusammenschließen, auch Petrus und Katharina fügen sich in solch ornamentalen Komplex, und an anderen Stellen wie beim geigenden Engel, der Gewandsilhouette Lucias und dem Mantel des Kirchenvaters waltet das gleiche Prinzip, wenn auch nicht so kontinuierlich."247 Theodor Hetzer hat in dem Bild „neben großen Schönheiten" „doch auch eine leichte Trübung des reinen Bellinischen Stiles, wie er in der Frarimadonna in vollkommener Ausbildung erscheint" gefunden. „Bellini ist auf die neue große und reichere Form, die zu Anfang des 16. Jahrhunderts sich anbahnte, eingegangen, er ist sich selbst dabei treu geblieben, aber er ist nicht mehr ganz mitgekommen."248 Später heißt es: „Alles ist voller, massiger, breiter geworden, an die Stelle der Linie tritt die Fläche, an die Stelle des Körpers das Volumen. Die plastischen Übergänge sind differenzierter, der Raum hat alle Härte des Konstruktiven verloren, ist ganz Lebenselement der F i g u r e n . . . Durch die strenge Frontalität der beiden Eckfiguren wird die Bildebene mehr als früher b e t o n t . . . In alledem sind Momente der kommenden Kunst
24» Alberti, S. 69. Dussler, 1 9 3 5 , S. 1 1 0 . 248 Hetzer, 1957, S. 30 f. 247
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des 16. Jahrhunderts enthalten, zugleich ein Wiederanknüpfen an spezifisch venezianische Traditionen. Aber Bellini ist nicht mehr imstande gewesen, das Neue ganz lebendig zu durchdringen. Das Massige wird zur auseinandergezogenen Breite, der Verzicht auf strengen Vertikalismus führt ihn zu monoton asymmetrischen Kurven. Die Art, wie er versucht, jeweils die beiden Heiligen zu einer Gruppe zusammenzufassen, die Schwingungen der weiblichen Heiligen der der männlichen anzugleichen, ist nicht überzeugend, hat etwas von Zirkelschlag an sich.. .". 249 Nimmt man die Bilder aus den achtziger Jahren zum Maßstab und setzt man voraus, daß Bellini bei der Pala di San Zaccaria im wesentlichen dasselbe erreichen wollte, nur mit anderen, moderneren Mitteln, dann ist die Kritik berechtigt. Gerade diese Voraussetzung ist jedoch problematisch, denn in den von Hetzer beobachteten Veränderungen zeichnet sich eine Wende vom Existenzbild zum Zustandsbild ab, die in Bellinis Spätwerk immer wieder deutlich wird 250 . War es in den siebziger und achtziger Jahren Bellinis Bestreben gewesen, die verschiedenen Existenzweisen göttlicher, heiliger und menschlicher Personen zu entwickeln und in ihrer Besonderheit wie ihrem Zusammenhang darzustellen, so ist sein Thema jetzt ein Zustand innerer Sammlung. Sie führt von angestrengter Konzentration links bis zur Versunkenheit des Hieronymus, der nicht einmal mehr vom Spiel des Engels erreicht wird. In vielfachen Variationen und Brechungen wird dieser Zustand entfaltet, und nicht nur in den Motiven des Musizierens, Lauschens und Lesens gibt es Sammlung, sondern auch in den Formen, vor allem wieder in den Falten. Auch bei diesen reicht die Spannweite von Konzentration über ruhige Ausbreitung bis hin zum Versinken, vom Aktiven bis zum Passiven. Das Thema des Bildes ist weniger das Wesen religiös bedeutsamer Personen, etwa der Heiligen und Marias, als die Darstellung eines inneren Zustandes, der Verschiedenes zum spezifischen Gegenstand haben kann: Maria, Christus, die Heiligen, den Engel oder auch alle zusammen. Vom Betrachter sind Sammlung und religiöse Gestimmtheit nicht vorausgesetzt, vielmehr werden sie erst im Bild und durch das Bild geschaffen, durch dessen Ikonographie sie dann ihren spezifischen Inhalt bekommen. In dem Triptychon von S. Maria dei Frari von 1488 (Abb. 42) hatte Bellini ganz andere Ziele verfolgt. Die Architektur ist im Zusammenhang mit der Pala di S. Giobbe schon besprochen worden. Bei den Heiligen der Seitenkompartimente bestimmt jeweils der vordere den Eindruck. Von den hinteren prägen sich nur die Köpfe ein, rechts im Kontrast mit dem des Wortführers, links im Einklang. Die Gegenüberstellung der vorderen Heiligen, Nikolaus und Benedikt, ist ausgeweitet zum Kontrast 251 . Dabei hat Benedikt die Rolle des Energischen, » Hetzer, 1957, S. 31. 250 Den Begriff des Existenzbildes übernehme idi von Burckhardt, IV, S. 342 („Der Cicerone"). 251 D i e Identifizierung der Heiligen ist durch einen Hinweis bei Fogolari, 1949, T e x t zu Tafel 24, möglich geworden, wo es heißt, daß 1478 Niccolò, Marco und Benedetto, die Söhne des Pietro Pesaro, einen nodi erhaltenen Grabstein für ihre Mutter in diese Kapelle stifteten. 24
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Nikolaus die des Älteren, Milderen, auch Weiseren. Markus, obgleich ganz zurückgedrängt und in kontemplativer Haltung gegeben, ist dem Benedikt ein würdiger Partner. Ganz anders die beiden Heiligen der Gegenseite, besonders der Hl. Nikolaus. Sein Kopf löst sich aus dem zu weit und starr gewordenen Bischofsgewand, das Buch hält er locker auf offener Hand, ähnlich die Krümme. Für Nikolaus ist die Amtstracht schwer, eine Last, während Benedikt sie ohne Mühe ausfüllt. Auch das Kolorit ist verschieden. Daß es bei der Kutte des Benedikt nur eine Farbe geben kann, bei dem Bischofsornat des Nikolaus dagegen viele, ist nur der ikonographisch bedingte Ausgangspunkt. In Bellinis Belieben hätte es gelegen, intensive Farben zu nehmen, statt der milden Zwischentöne, die er gewählt hat, um den in den Motiven bereits angelegten Kontrast der beiden Wortführer auch koloristisch zu entfalten 252 . Da der Unterschied sich nicht auf die Köpfe oder den Gesichtsausdruck beschränkt, überschreitet er das Psychologische. Nicht nur verschiedene Männer sind gezeigt, sondern auch zwei verschiedene Haltungen, die beide die von Heiligen sein können. Was Heiligkeit ist, wird nicht mehr - wie noch bei der Pala di S. Giobbe - aus dem Begriff einer idealen durch die Heiligen vertretenen Menschheit entwickelt, sondern aus der Verschiedenheit derer, die Heilige waren. Das mittlere Kompartiment ist Maria vorbehalten. Ihr Rückhalt ist nicht mehr eine Thronlehne, sondern die ganze Apsis. Um so auffälliger ist, welch große Rolle der Sockel spielt. Er steht, reich inkrustiert, auf drei polygonalen Stufen aus braun gemasertem Stein. Er ist ebenfalls polygonal, aber anders als die Stufen, denn er ist über deren Schrägseiten noch einmal gebrochen. Die Engel auf der ersten Stufe sind im Vergleich zu ihren Gefährten auf anderen Altarbildern Bellinis nicht nur jünger, sondern auch kindlicher. Sie sind auf den unteren Bereich beschränkt, keiner überschneidet das den Sockel abschließende Gesims. Auch im Kolorit ist diese untere Zone mit ihren Gelb-, Grün- und Brauntönen von der oberen abgehoben. Sie ist das Vorspiel, das das Rot, Blau und Gold darüber nur umso voller erklingen läßt. Nicht ohne Überlegung wird sich Bellini Blau, Gold und Rot für die Mitte aufgespart haben, hat er doch selbst beim Markusmantel, wo die Ikonographie Rot verlangte, nur so viel gegeben wie zur Identifikation unerläßlich war. Um so intensiver ist dann das Zusammenwirken der drei Hauptfarben in der Mitte, wo ihnen die durchweg runden und gewölbten Formen der Architektur, die zu den knapp bemessenen Gehäusen der Seitenkompartiments in deutlichem Kontrast stehen, noch besondere Resonanz verschaffen. Die in der Architektur angelegte Heraushebung der Mitte gegen die Seiten kommt erst durch das Kolorit zur vollen Entfaltung. An,M
Das Kolorit sdieint im ganzen recht gut erhalten, doch ist das Bild von einem gelben Firnis überzogen, der es weit „stimmungsvoller" macht, als das in Bellinis Absicht gelegen haben kann. Die im folgenden besprochenen koloristischen Unterschiede zwischen den seitlichen Kompartimenten und dem mittleren dürften allerdings ursprünglich eher stärker als geringer gewesen sein.
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ders als in den Seitenkompartimenten, w o das Besondere stärker ist als das Gemeinsame, ist in der Mitte dem durch das Kolorit bewirkten Grundton als der zusammenfassenden Einheit der Vorrang gegeben. Einzelnes wie das Muster des Mosaiks oder der Apsis, der Mantel der Madonna und selbst ihr Gesicht und das K i n d sondert sich je nach seiner Bedeutung heraus, bleibt aber anschaulich diesem Grundton verbunden. Sammlung, links als Konzentration dargestellt und rechts als Versunkenheit - das ist bei der Pala di S. Zaccaria das Thema. In der Mitte hebt sich die Gruppe der heiligen Personen heraus, die in das Widerspiel der Beziehungen zwischen links und rechts nicht unmittelbar hineingezogen sind. Audi bei ihnen aber gibt es Vorbereitung und Umschreibung. So sind bei dem Engel Konzentration und Versunkenheit vereint, denn er spielt und lauscht zugleich seinem Spiel. In seinem Mantel gibt es zusammenfassende Falten wie bei den Heiligen links, aber auch weit sich aufbauschende Partien wie beim Hieronymus, so daß in der Mitte des Bildes verknüpft ist, was nach den Seiten auseinandertritt. Neben dem Engel beginnt Marias Mantel, dessen unterstes Stück über eine Thronstufe heruntergefallen ist. Er ist immer wieder zu weiten, in sich reich gegliederten Vertiefungen zusammengefaßt, die groß genug sind, den Blick verweilen zu lassen, aber nicht so groß, daß sie aufhielten. Über dieser Partie steht das Christuskind. Marias Kopfneigung ist auf die der Heiligen und des Engels bezogen: Die vier K ö p f e lassen einen inneren Bezirk entstehen, zu dem die männlichen Heiligen nicht gehören. Wirksam wird dieser Bezug durch Maria. Sie selbst ist freilich aus diesem Zusammenhang sogleich auch wieder herausgehoben. Einmal durch den Thron, dann auch durch die Gemeinsamkeit mit dem Kind. Christus steht, doch richtet er sich nicht auf. Die rechte H a n d öffnet sich, aber er segnet nicht wirklich, und selbst die Haltung des Armes ist durch das Heben des linken Beines in ihrer Bedeutsamkeit abgeschwächt. Die Tendenz des späten Bellini, zu lockern, auszubreiten und das Einzelne zu entfalten, dann aber auch wieder enge Zusammenhänge über weite Entfernungen herzustellen, zeigt sich auch an der Bildarchitektur, w o am Gebälk und an den Pilastern alle Verkröpfungen nicht nur reich ausgebildet sind, sondern auch noch reichlich Licht bekommen, und w o an der Rückwand die Verbindung von rechts und links wichtiger ist als die Wölbung und das Hinterfangen der Madonna. Auch das Mosaik hat im Vergleich zur Pala di San Giobbe größeres Eigengewicht. Die Besonderheit dieses und auch der anderen Alterswerke würde noch sehr viel deutlicher, wäre nicht das Kolorit durch den schlechten Erhaltungszustand so gut wie völlig um seine Wirkung gebracht. Eine Ahnung von dem, was verloren ging, vermittelte 1 9 7 1 die Ausstellung „Arte a Venezia", für die an einigen Stellen der Pala di San Zaccaria Reinigungen vorgenommen wurden. Definitive Schlüsse werden zwar erst nach einer gründlichen Restaurierung möglich sein, doch läßt sich bereits jetzt erkennen, daß das Kolorit dieses 1505 datierten Werkes Giorgione an Zartheit und Komplexität nicht nur vorwegnimmt, sondern weit
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übertrifft. Anscheinend ist das ganze Bild von einem farbigen Grundton durchzogen, der durch ein helles Blau bewirkt wird, das nach Weiß, Gelb oder auch Rosa changieren kann. Bei diesem Blau handelt es sich nicht um eine Gegenstandsfarbe, denn es kommt, immer neu abgewandelt, z. B. im Kleid des Petrus und der Lucia vor, dann auch im Futter von Hieronymus' Mantel, in den Schattenpartien seines Buches und in der Landschaft neben ihm.
II Wenn die Pala di S. Zaccaria für andere Werke der Spätzeit repräsentativ ist, dann wird man auch bei diesen erwarten können, daß sie sich von früheren Bildern nicht nur in den Mitteln unterscheiden, sondern auch in der Konzeption. Die nächste Frage ist, welche Bilder überhaupt zum Spätwerk Bellinis rechnen und welche zur Produktion des Ateliers. Zu klären ist sie nur, wenn es gelingt, in die Arbeitsweise der Werkstatt etwas mehr Licht zu bringen. In einer Arbeit von Feiton Gibbons ist dafür schon Entscheidendes geleistet. Aus seinen Ergebnissen scheint mir zu folgen, daß Bellinis Atelier anders organisiert gewesen sein muß als die Ateliers von Raffael und Rubens. Das hat wichtige Konsequenzen für die Zuschreibungspraxis, denn die bisher implizit zugrunde gelegte Vorstellung ließ - wie bei Rubensbildern - viel Spielraum für die Ausführung durch Gehilfen 253 . Die Untersuchungen von Gibbons konzentrieren sich in erster Linie auf die Andachtsbilder, bei erzählenden Bildern war die Arbeitsweise Bellinis möglicherweise anders (s. u. S. 90). Prüft man die zahlreichen Werke, die dem späten Bellini im Laufe der Jahre zugesdirieben worden sind, dann zeichnen sich deutlich verschiedene Gruppen ab. So gibt es Kopien und Varianten, die von der Werkstatt und von anderen Künstlern nach Vorbildern des Meisters in großer Zahl gemalt wurden, zum Verständnis der Kunst Bellinis aber nur wenig beitragen. Dann gibt es eine Reihe von Bildern, die entweder Bellini selbst zugeschrieben werden oder aber - wie bei Gibbons - als das Produkt einer Zusammenarbeit zwischen dem Meister und einem Gehilfen gelten. Es handelt sich vor allem um die oft sehr qualitätvollen Halbfigurenbilder, unter denen drei Gruppen sowohl wegen ihrer Häufigkeit als auch ihrer Qualität hervorstechen: die Bilder mit der Darstellung im Tempel (Abb. $2), die der Beschneidung (Abb. 51) und die der meist vielfigurigen Pietà (Abb. 50). Hinzu kommen mehrere Bilder vom Typus der „Madonna con santi", merkwürdigerweise alle, bei denen ein Stifter gegeben ist. Eine kleinere Gruppe
258 Gibbons, 1965, S. 146 ff. Außer den bei Gibbons genannten Arbeiten sind in diesem Zusammenhang noch von Interesse: Venturi, 1899; Gronau, 1 9 2 4 ; Puppi, 1 9 6 1 ; vgl. zu Raffael Dollmayr, 1895 und Oberhuber, 1962, S. 1 1 6 ff.; zu Rubens: Oldenbourg, 1922, S. 5 8 ® .
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bilden die Brustbilder, die Christus entweder segnend zeigen oder unter dem Kreuz 2 5 4 . Werkstattbilder sind auch drei Werke, die o f t Bellini selbst gegeben werden, das Emmausbild in S. Salvatore, das Altarbild in S. Francesco della Vigna und die „Himmelfahrt Mariae" in Murano. Von ihnen hat das Bild in S. Salvatore (Abb. 53) die wenigsten Verteidiger gefunden, vielleicht deshalb, weil bekannt ist, daß ihm ein heute verlorenes, nur durch einen Stich überliefertes Bild Bellinis gleichen Themas und gleicher Disposition vorausgegangen war 2 5 5 . Ob dieses von Bellini selbst gemalt war, läßt sich nach dem Stich nicht beurteilen, doch wäre es in jedem Fall höchst ungewöhnlich, hätte sich Bellini so weitgehend selbst wiederholt. Ungewöhnlich wäre es auch, hätte er im Unterschied zur ersten Fassung in der zweiten ein Portrait eingeführt. Daß in der zweiten Fassung die äußeren Umstände der Mahlzeit so wichtig genommen sind, während sie in der ersten ganz zurücktreten, spricht ebenfalls nicht dafür, daß die zweite Fassung von Bellini ist, denn schon diese kleinen Änderungen verschieben die Bedeutung: In der ersten Fassung ist Christus ganz der Stifter, die anderen die Empfangenden, der Verweis auf das Abendmahl ist deutlich, während sich die zweite Fassung sehr viel weniger an den Sinn des biblischen Berichtes hält, wo es heißt: „ U n d es begab sich, als er mit ihnen sprach, nahm er das Brot, sprach das Dankgebet darüber, brach es und gab es ihnen. D a wurden ihnen die Augen aufgetan, und sie erkannten ihn . . ( L u k . 24, 30 f.). In der zweiten Fassung ist der Moment des Segnens gewählt, der Teil einer jeden Mahlzeit sein könnte, in der ersten dagegen der Moment des Brotbrechens und der Erkenntnis Christi durch wenigstens einen der Jünger, denjenigen links. Es ist auch weniger die Darstellung des Themas gewesen, die manche Interpreten an Bellini denken ließ, als der K o p f Christi, nach Burckhardt: „vielleicht der erhabenste Christuskopf der modernen Kunst, nur Leonardo ausgenommen." 258 Dies ist dann auch wirklich das stärkste Argument f ü r Bellinis Autorschaft, allerdings nicht notgedrungen auch der zweiten Fassung, denn der K o p f scheint ohne bedeutende Änderungen von der ersten Fassung übernommen worden zu sein und ist möglicherweise Kopie. Das Bild in S. Francesco della Vigna ist nicht gut erhalten und meist nur schlecht zu sehen. Der Stifter ist vermutlich von einem Maler aus dem Umkreis Tintorettos gemalt worden, doch scheint es bereits von Anfang an einen gegeben zu haben, denn anders wären Stellung und Geste des Johannes unverständlich. Manche der Motive sind aus früheren Werken Bellinis bekannt, so der Hieronymus aus der Pala di San Zaccaria. Die Madonna wiederholt fast unverändert die zwanzig Jahre ältere aus dem Dogenvotivbild von Murano, und schon das Gibbons, 1965, S. 1 4 7 ff. «55 Vgl. zuletzt Robertson, 1968, S. 97. Ober die Kopie und ihre Zuverlässigkeit vgl. Geiger, S. 129 ff. 258 Burckhardt, I V , S. 2 1 6 . Vgl. auch die Notizen Burckhardts, die bei Kaegi, III, S. 39 zitiert sind.
So
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scheint mir auszuschließen, daß es sich um ein eigenhändiges Werk Bellinis handelt. Auch die Ausführung hält nirgends den Maßstäben stand, die Bellini mit seinen Bildern gesetzt hat 2 5 7 . Das gilt ebenso f ü r die sogenannte „Himmelfahrt Mariae" in Murano, von der Gibbons wohl mit Recht angenommen hat, daß sie in der Hauptsache von Rocco Marconi gemalt wurde. Freilich würde das nicht ausschließen, daß die auf den ersten Blick sehr eindrucksvolle Komposition auf Bellini zurückginge, zeigten sich nicht bei näherem Zusehen auch da Ungereimtheiten, die man Bellini schlecht zutrauen kann. Die Schwierigkeiten beginnen bereits mit der Disposition, denn die Rolle der Madonna, die hinter den Heiligen erscheint, doch von diesen nicht gesehen werden kann, obwohl sie alle verzückt nach oben schauen, ist durchaus nicht klar. Das könnte sich aus einer besonderen, uns nicht bekannten Interpretation des Themas erklären, z. B. daraus, daß die Heiligen die Stimme Gottes hören, aber dann fehlt im Bild selbst jede Andeutung davon, und die A u f m e r k samkeit der Heiligen wäre noch immer ohne Bezugspunkt. Möglicherweise erklären sich die Unstimmigkeiten aber auch einfach aus dem Mißverständnis eines Vorbildes, das gut Mantegnas Madonna aus dem Castello Sforzesco gewesen sein könnte, w o Maria hinter, aber auch zwischen den Heiligen erscheint 258 . Auch formal spricht vieles gegen Bellini, denn das Bild ist o f t gerade da schwach, w o Bellini groß war. Man vergleiche nur die Cherubimgruppen hier, die sowohl in sich als auch in ihrem Verhältnis zueinander und zur Gesamtkomposition nicht überzeugen, mit denen in der Marienkrönung von Pesaro und dem Dogenvotivbild von Murano. Problematisch ist auch die Landschaft, die in den Bildern Bellinis die Figurenkomposition steigert, während sie hier, vor allem bei der Madonna, eher mit ihr in Konflikt gerät. Gegen Bellini sprechen schließlich auch Ubernahmen, die zugleich helfen, das Bild zu datieren, denn die Quelle sind Werke, die gegen Ende des ersten Jahrzehnts in Bellinis Werkstatt zugänglich gewesen sein werden: das Mailänder Bild von 1 5 1 0 f ü r die Madonna und der Altar von S. Giovanni Crisostomo für den H l . Ludwig. Was alle diese Bilder wesentlich von denjenigen unterscheidet, die Bellini selbst gemalt hat, ist die außerordentlich starke Typisierung in den K ö p f e n 2 5 9 (Abb. 50, 5 1 , 52); andererseits unterscheidet ihre Qualität, deretwegen sie oft Bellini selbst zugeschrieben werden, sie auch wieder von der Menge der Kopien und Varianten. Die Typisierung in den Köpfen, die in Bellinis eigenhändigen Bildern nicht begegnet, schließt aus, daß es sich hier um eigenhändige Werke handelt. Dagegen spricht schon die in der Regel zwar schöne, aber selbst bei den S57 Vgl. {j)j er dieses Bild auch Robertson, 1968, S. 122. Nach Lorenzetti, S. 367, ließ Federico Curelli sein Porträt 1 5 7 9 an die Stelle dessen des ursprünglichen Stifters Giacomo Dolfin setzen. 859
Vgl. Robertson, 1968, S. 1 2 1 . Ihm zufolge handelt es sich nicht um eine Himmelfahrt Mariens, sondern um eine Immaculata Conceptio. Vgl. von Einem, S. 163, Anm. 64. Für eine zeichnerische Vorlage vgl. Tietze/Tietze-Conrat, S. 8$, Kat. N r . 299.
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besten Exemplaren vergleichsweise undifferenzierte und schematisierte Malweise. D a f ü r jedoch, daß sie ganz ohne jedes Eingreifen Bellinis entstanden sein sollen, sind die Bilder wieder zu gut. N u n hat Gibbons wahrscheinlich machen können, daß vermutlich ein Bildtypus mehrfach vom gleichen Gehilfen ausgefertigt worden ist und daß es z. B. Spezialisten gab f ü r die Beschneidung (Abb. 5 1 ) und die Darstellung im Tempel (Abb. 52), solche f ü r die Madonna con Santi und solche f ü r bestimmte Madonnentypen. Gibbons hat weiterhin angenommen, daß der zuständige Gehilfe den Prototyp in Zusammenarbeit mit Bellini entwickelt hat, was einleuchtend scheint und den Januscharakter dieser Bilder verstehen ließe260. Daß es Prototypen gegeben hat, ist schon deshalb wahrscheinlich, weil die Bilder gleichen Themas sich in der Komposition so ähnlich sind. Darüber hinaus muß es auch f ü r die K ö p f e Prototypen gegeben haben, denn das Repertoire ist beschränkt, und die einzelnen Typen können ausgetauscht werden. D a die Farben bei den einzelnen Bildern sehr unterschiedlich sind, hat es sich bei den Vorlagen vermutlich um Grisaillen gehandelt. Für die Werkstatt des Jacopo Bellini sind solche Vorlagen möglicherweise bezeugt, denn dessen Witwe überließ Gentile zusammen mit dem Werkstattmaterial nicht nur die „libros de dessignijs", sondern auch „quadros designatos", bei denen es sich nach dem Zusammenhang („quadros" im Unterschied zu Zeichnungsbüchern) nicht um Zeichnungen handeln kann, sondern nur um Bilder, und vermutlich nicht um farbige („designatos"). Vielleicht sind hier einfach angefangene Bilder gemeint, doch scheinen mir Prototypen wahrscheinlicher. Eine Vorstellung, wie eine solche Vorlage bei Giovanni ausgesehen haben könnte, gibt die Beweinung in den Uffizien. Deren Hauptgruppe kommt als eigenes Bild in der Pietà von Berlin vor, Varianten haben sich in den Werkstattbildern von Stuttgart und Toledo erhalten. Bei diesen ist nur das allgemeine Muster der Komposition beibehalten, bei dem Berliner Bild finden sich auch die K ö p f e von Johannes und Maria wieder. Für den Mann mit dem Turban gibt es in den Uffizien noch das zeichnerische exemplum 261 . 260 Gibbons, 1 9 6 5 , S . 1 4 7 . 281
Paoletti, 1 8 9 4 , S . 1 1 : „ . . . dimitto Gentilj filio meo omnia laboreria de Zessio, de marmore et de relevijs, quadros designatos et omnes libros de dessignijs et alia omnia pertinentia pictorie et ad dipigendumque fuerunt quondam prefati magistri Jacobi bellino v i r o mei." D a s Berliner Bild bei Gronau, 1 9 3 0 , A b b . 98, das in T o l e d o ebda., A b b . 9 7 . V g l . auch das in Stuttgart (Gronau, 1 9 3 0 , A b b . 99). Ü b e r die Zeichnung vgl. Tietzes, 1 9 4 4 , S. 85. - D e r V e r wendungszweck des Florentiner Bildes ist ebenso w i e die Zuschreibung (vgl. Dussler, 1 9 3 5 , S. 1 4 2 ) nicht unumstritten. Ober die ältere Literatur siehe Pallucchini, 1 9 4 9 , S. 1 6 8 . V g l . zuletzt Robertson, 1 9 6 8 , S. 1 1 7 fr. Robertson erkennt die Zwiespältigkeit des Werkes an und versucht sie dadurch zu erklären, daß Bellini hier, v o m Venezianischen abweichend, der Technik Dürers gefolgt sei, wie man sie in dem unvollendeten Christusbild des Metropolitan Museums (Robertson, T a f . C I A ) studieren kann. F ü r eine solche Abweichung kann ich einen einleuchtenden G r u n d nicht sehen. Außerdem würden dadurch weder die f ü r ein W e r k G i o vanni Bellinis problematische Komposition, die Robertson S. 1 1 8 selbst hervorhebt, erklärt noch die schon v o n den Tietzes, loc. cit. beobachtete Typisierung in den K ö p f e n . Auch Rosand, S. 7 4 , hält das Uffizienbild f ü r ein „simile". D i e K o p f t y p e n kehren v o r allem in den beiden Kompositionen der Beschneidung Christi und der Darbringung im Tempel
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Treffen diese Folgerungen aus den Beobachtungen von Gibbons zu, dann sind die genannten Werke nidit nur in dem Sinne Werkstattbilder, daß sie von Gehilfen ausgeführt wurden, sondern auch in dem Sinn, daß sie von vornherein f ü r die Werkstatt bestimmt waren und in einem ganz anderen Sinn Werke Bellinis sind als die Bilder, die er selbst gemalt hat. Das aber würde bedeuten, daß Bellini zwischen dem eigenen Schaffen und der Produktion des Ateliers einen scharfen Trennungsstrich gezogen hat.
III Daß bei Bellini der äußeren Unabhängigkeit, die er 1483 rechtlich durch die Entbindung von allen Verpflichtungen gegen die Zunft 2 6 2 und wirtschaftlich durch das Florieren der Werkstatt gewonnen hatte, eine innere Unabhängigkeit entsprach, bezeugen am besten die Verhandlungen mit Isabella d'Este, bei denen er trotz des starken Drucks der Bestellerin seine eigene Auffassung behauptete und durchsetzte. Es ging darum, daß Bellini ein Bild für das Studiolo der Herzogin malen sollte, f ü r das ihm, nidit anders als Mantegna, Perugino und Costa, ein genaues Programm vorgeschrieben war. Vianello, Isabellas Agent, berichtet über Bellinis Reaktion: „ . . . er sagte mir, er sei sehr begierig Euch zu dienen, aber von dem Sujet, das Ihr ihm gegeben habt, könne man nicht sagen, wie ungern er es malen würde, denn er kennt Euer Urteilvermögen, und außerdem tritt er in Vergleich mit jenem Werk des Meisters Andrea ( = Mantegna), und deshalb will er in diesem Werk leisten, was er nur könne. Und er sagte, daß er mit diesem Sujet nichts madien könne, was gut aussehe und Qualität habe. E r macht es so ungern wie nur denkbar, so daß ich zweifle, daß er Euch so dienen würde, wie Ihr es wünscht, weshalb ich sicher bin, daß Ihr sehr viel besser bedient wäret, ihm die Freiheit zu geben, zu malen, was ihm gefiele . . ." 2 6 3 .
1,1 265
wieder (vgl. Geiger, S. 10 ff.), von denen keine als Original gelten kann, und w o es ein „Original" vermutlich audi nie gegeben hat, sondern nur einen Prototyp. — Auf die zahllosen Nachahmungen und Varianten von Bellinibildern, die ebenfalls oft auf die Bellinischen Prototypen zurückgreifen, kann hier nicht eingegangen werden. Zu erwähnen ist jedoch, daß die Kopftypen anderer venezianischer Maler, besonders die des Cima da Conegliano aus den Bellinischen Vorlagen entwickelt worden zu sein scheinen. Lorenzi, Dok. 197, S. 92. Uber die Verhandlungen mit Isabella d'Este vgl. Braghirolli, 1 8 7 7 , und Yriarte. Zusammenfassend Wind, 1948, und in größerem Zusammenhang Wittkower, S. 35 f. Uber das Bild zuletzt Robertson, 1968, S. 1 3 3 ff. Vianellos Brief (Braghirolli, S. 3 7 7 ) ist vom I J . 6 . 1 5 0 1 : mi dise essere molto desideroso de servir vostra Sig. ma de qual istoria li a dato V . S. non si poria dire, quanto la f a male volontieri, per che sa il giudizio di V . S. poi va al paragone de quel opera de M . Andrea e per tanto lui in questa opera vole fare quanto saperà e dise che in questa istoria non pole fare chosa che stia bene non che abia del buon e falla tanto male volentieri quanto dir si posi per modo die mi dubito che non sirvi V . E x . chome quella dexidera, siche sei paresse a quella de darli libertade fazesse quello li piazesse son zertissimo V.ra S. molto melio serà servita . .
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Das Bild, zu dem Bellini sich schließlich bereit fand, gilt als verloren, ist aber vielleicht doch erhalten, und zwar in der „Sacra Allegoria" der Uffizien (Abb. 56). Sie wird meist in die Nähe der Pala di San Giobbe gerückt, weil die beiden Heiligen rechts, Hiob und Sebastian, von dieser übernommen zu sein scheinen. D a es von Bellini kein der Gattung nach vergleichbares Bild gibt, das in derselben Zeit entstanden sein könnte, ist die Entscheidung schwierig. Formen wie die Falten am Gewand des Mannes, der sich über die Brüstung lehnt, sprechen für eine spätere Zeit. Die Hypothesen über die Ikonographie gehen weit auseinander und sind schon deshalb schwer zu verifizieren, weil wir die Bestimmung des Bildes nicht kennen. Rasmo, der spät datierte, hat bereits vermutet, daß es sich um das Bild handeln könnte, das Bellini 1504 an Isabella d'Esté geliefert hat 264 . D a s würde die Sonderstellung des Bildes in Bellinis œuvre verständlich machen und auch der möglichen Entstehungszeit nicht widersprechen. P r ü f t man die erhaltenen Schriftquellen, dann stößt man auf eine Reihe weiterer Indizien, die Rasmos Annahme stützen. Z u berücksichtigen ist dabei, daß der heutige Zustand des Bildes wahrscheinlich nicht der ursprüngliche ist. Klarheit könnten erst Röntgenaufnahmen schaffen, doch scheinen zwei Figuren spätere Zutat zu sein: Als der Orientale links außen gemalt wurde, war vermutlich das Gras schon vorhanden, das heute unter seinem Mantel wieder sichtbar geworden ist. Dasselbe gilt für die Fliesen unter dem Fuß des Sebastian. Ist man erst einmal auf das Problem aufmerksam geworden, dann wird auch deutlich, daß der Sebastian in der Qualität nicht an den „ H i o b " heranreicht, wie man schon an der Zeichnung der Hände und Knie, vor allem aber auch an der weichlichen Modellierung des Körpers ablesen kann 265 . Außerdem fällt auf, daß der Platz des Sebastian im Unterschied zu dem aller anderen Figuren nicht durch Muster des Paviments fixiert ist. „ H i o b " dagegen steht genau auf der Mittellinie und außerdem noch vor dem mittleren Intervall der rechten Balustrade. Sehr groß kann der zeitliche Abstand zwischen der Vollendung des Bildes und der Einfügung Sebastians und des Orientalen nicht gewesen sein, aber trotzdem wird man sie bei der Rekonstruktion der ursprünglichen Bedeutung des Bildes ausklammern müssen. Vergleicht man die Angaben, die über das von Bellini f ü r Isabella schließlich gemalte Bild überliefert sind, dann zeigen sich viele Ubereinstimmungen, aber keine Widersprüche. Nachdem Bellini es abgelehnt hatte, das von Isabella f ü r ihr studiolo bestellte Bild zu malen, wurde der A u f t r a g in ein „presepio", also eine
184 265
Nach Verdier, S. I I J . Daß „ H i o b " und Sebastian erst gemalt wurden, als das Muster des Paviments vorgezeichnet war, ist schon bei Braunfels, 1956, S. 1 1 , beobachtet. Nicht berücksichtigt sind dort die Unterschiede zwischen den beiden Figuren. Bei „ H i o b " scheinen nur die Linien des Paviments durch, was nicht mehr heißen muß, als daß diese vorgezeichnet waren, als die Figur gemalt wurde. Bei Sebastian dagegen scheint die Farbe des Paviments durch, was bedeutet, daß die Figur erst nach Vollendung des Paviments gemalt wurde, also spätere Zutat ist.
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Darstellung der Geburt Christi, geändert. Aus einem Brief vom 20. 10. 1502 erfahren wir daß das „presepio" in ein Schlafzimmer im Kastell kommen sollte. Aus dem nächsten Bericht von Isabellas Agenten Vianello vom 3. i x . des gleichen Jahres geht außerdem hervor, daß Bellini sich an bestimmte Maße halten mußte, was impliziert, daß der Platz des Bildes vorgegeben war. Das scheint nun auch bei der Sacra Allegoria der Fall gewesen zu sein, denn deren perspektivische Konstruktion rechnet mit einem Blickpunkt rechts von der Mittelachse des Bildes. Stellt man sich in den Uffizien entsprechend, dann wird der Zusammenhang der Komposition, der auf den Reproduktionen sehr locker wirkt, ungleich fester. Vianellos Brief vom 3. 11. ist auch noch aus anderen Gründen interessant, denn es heißt: „ . . . ich habe ihn (Bellini) aufgesucht und ihm das Verlangen Eurer Hoheit nach einem Krippenbild (prexepio) wissen lassen und auch Euren Wunsch, daß er in diesem Bild einen S. Giovanni einführe. Er antwortete darauf, er stünde Eurer Exzellenz gern zu Diensten, doch schiene ihm dieser Heilige in einem Krippenbild unangebracht. Wenn es Eurer Hoheit gefalle, wolle er jedoch ein Bild malen, das das Christuskind (el puto) und auch S. Giovanni Battista zeige, dazu noch etwas Landschaft im Hintergrund (qualche luntani) und andere Erfindungen (fantaxia) . . . " . Isabellas Antwort an Vianello vom 12. 12.: „Nachdem beschlossen ist, daß Bellini statt des Krippenbildes ein anderes mit der Madonna, dem Christuskind und S. Giovanni Battista malt, gefiele es mir und wollen wir, daß er zusammen mit den anderen Erfindungen, die ihm angebracht erscheinen werden, auch einen Hl. Hieronymus e i n f ü h r t . . . " Auch in diesem Fall hat Bellini wieder seine Unabhängigkeit verteidigt und sich gegen ein ihm problematisch erscheinendes Thema mit Erfolg zur Wehr gesetzt. Eine Geburt Christi kann das von ihm gemalte Bild nach dem Wortlaut der Briefe nicht mehr gewesen sein. Was wir erwarten können, sind Maria, ein Christuskind und ein junger Johannes, die nicht im Zusammenhang eines tradierten Bildthemas, sondern in einer „fantaxia" erscheinen. Darüber hinaus können wir mit einem an Ausdehnung und Bedeutung über das Übliche hinausgehenden landschaftlichen Hintergrund rechnen („luntani") und schließlich mit dem auf Wunsch Isabellas zugefügten Hieronymus 268 .
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Brief vom 3. 1 1 . I J 0 2 , nach Braghirolli, S. 3 8 0 : „ . . . fui a trovarlo (B.) e fezili intendere la intenzione de V. S. dello prexepio et che V. S. voleva diel entrasse in detto quadro uno san Joanbattista el quale mi rispoxe che l'era contento de servir V.Ex. ma che li parea diel fosse fuora de propoxito ditto santo a questo prexepio, et che piazendo a V.S. 111. lo faria lavoro dove sie el puto, eziam el San Zoan batista et qualche luntani et altra fantaxia che molto staria m e g l i o . . I s a b e l l a s Antwort vom 12. 12. des gleichen Jahres, nach Braghirolli, S. 381: Essendosi risolto il Bellino de farne in loco del presepio uno quadro cum la Madonna et Putto et S. Zoan Baptista, mi piacerà et volemo se li pona ancora uno S. Hieronimo cum le altre inventioni che poi parerano a l u i . . S d i o n am 10. 9. 1502 hatte Lorenzo di Pavia an Isabella gemeldet: „ . . . dice che lui farà il quadro e farà una fantasia a suo m o d o . . . " (Braghirolli, S. 379). Der Brief vom 20. 10. 02 bei Yriarte, S. 219.
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Daß die Sacra Allegoria eine „fantaxia" ist, bedarf keines langen Beweises. Die Landschaft hat im Hintergrund sehr viel größere Bedeutung als bei Bellini üblich. Maria ist auf dem Thron gezeigt, und zwar in Anbetung des Christuskindes, hinter dem der Johannesknabe die Äpfel vom mystischen Baum schüttelt. Der Heilige rechts, den man wegen der scheinbaren Analogie zur Pala di San Giobbe Hiob getauft hat, könnte auch ein Hieronymus sein. Seine Stellung ist in manchem aufschlußreich, denn er ist einmal besonders hervorgehoben, zum anderen aber steht er außerhalb des Geschehens links. Die wenigen Äußerungen, die über das fertige Bild überliefert sind, lassen sich ebenfalls auf die Sacra Allegoria beziehen. Lorenzo di Pavia schreibt am 6. 7. 1504 an Isabella: „ . . . heute morgen war ich wieder und wieder bei Giovanni Bellini, bis er das Bild beendet hatte, so daß ihm nichts mehr fehlt. Es ist wirklich schön und besser, als ich geglaubt hätte, und ich bin sicher, daß es Eurer Exzellenz gefallen wird. Er hat sich in diesem Bild sehr bemüht, höchste Ehre einzulegen, schon aus Respekt für Meister Andrea Mantegna, wenn man auch in der Erfindung Meister Andrea nicht erreichen kann . . V i a n e l l o berichtet Isabella am 13. 8., die Figuren seien zu klein, und man hätte sich besser Skizzen zeigen lassen, aber Bellini habe sich ja geweigert, das Bild irgend jemand zu zeigen, bevor es fertig war267. Die Werke, mit denen Isabellas Agenten es vergleichen, sind zweifellos die Mantegnas im Studiolo, und im Vergleich zu diesen sind die Figuren Bellinis tatsächlich verhältnismäßig klein. Auch Bellinis invenzione mochte weniger tiefsinnig erscheinen. Daß aber ein soldier Vergleich überhaupt gezogen werden konnte, spricht dafür, daß Bellini nicht die ursprünglich bestellte Geburt Christi gemalt haben kann. Wo alle Angaben, die wir über Isabellas Bild haben, auf die Sacra Allegoria passen und dieses das einzige Werk Bellinis ist, das wir mit diesem Auftrag verbinden können, wird die Hypothese nicht gewagt sein, daß wir es bei dem Florentiner Bild mit dem für Isabella gemalten zu tun haben. Wenn Bellini selbst bei einer solchen Bestellerin nicht bereit war, seine geistige Unabhängigkeit aufzugeben und seine Fähigkeiten in den Dienst eines Unternehmens zu stellen, bei dem er seine Mitarbeit nicht verantworten zu können glaubte — wie wenig wird er sich da um die Wünsche weniger prominenter Besteller gekümmert haben. Bei ihnen wird er erst recht unter den einlaufenden Bestellungen eine Auswahl getroffen und für sich zurückbehalten haben, was ihm als Thema lohnend schien. Und wo er etwas hätte malen müssen, was seinen Prinzipien zuwiderlief, wie Stifter in der Gesellschaft von Heiligen, da wird er dem Konflikt ausgewichen sein und das Bild der Werkstatt überlassen haben. Umge267
Lorenzo da Pavias Brief, nach Braghirolli, S. 382: „ . . . e questa matina sono stato con giovane belino e pu e pu volte unde che l'ha finito el quadro che non li mandia niente, e invero l'è bela cosa, a fato melio de quelo die me credeva, so die el piacerà a la ecelencia vostra, e in questo quadro s'è molto sforcato per l'onore masime per respeto de M. Andrea Mantegna, ben è vero die de invencione non se po andare apreso a M. Andrea ecelentisimo." Siehe Vianellos Schreiben am 13. S. 1504 bei Yriarte, S. 224.
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kehrt wird sich - und das bestätigt auch der Augenschein - bei den Bildern, die er selbst malte, die Mitarbeit der Gehilfen auf technische Handreichungen beschränken268. Diese Deutung könnte extrem scheinen und zu modern, dodi sind wir gerade in dieser Frage - das einzige Mal — über Bellinis eigene Auffassung gut unterrichtet. Die Quelle ist ein Brief Pietro Bembos von I J O 6 an Isabella d'Este: „La invenzione che mi scrive V. S. che io truovi al disegno bisognerà che l'accomodi alla fantasia di lui che l'ha à fare; il quale ha piacere che molti segnati termini non si dieno al suo stile, uso come si dice di sempre vagare a sua voglia nelle pitture, che quanto è in lui possano soddisfare a chi le mira." 269 Die Ubersetzung ist, vor allem für den zweiten Teil, nicht leicht. Möglich ist: „Das Programm, das ich, wie Ihr schreibt, für die Komposition finden soll, muß der Einbildungskraft dessen entgegenkommen, der die Komposition schaffen muß."Weiterhin:„... liegt ihm daran, daß seiner Darstellung keine sehr genau definierten Grenzen gesetzt werden, sei er doch gewohnt, nach eigenem Gutdünken (seiner Einbildungskraft) in seinen Bildern freien Lauf zu lassen, damit diese, soweit an ihm liegt, den Betrachter zufriedenstellen können." 270 Der erste Teil dieses Berichts ist oft zitiert und interpretiert worden. Nicht weniger wichtig scheint mir der zweite, denn Bellini wehrt sich ja nicht nur gegen die Vorschriften der Bestellerin, sondern versucht auch, über sie hinweg, sich mit dem Betrachter zu verständigen, in dem er offensichtlich die höhere Instanz sieht, und von dem er annimmt, daß er gerade das Persönliche, nicht durch den Auftrag Vorbestimmte zu würdigen weiß.
IV Läßt man die Werkstattbilder beiseite, dann muß sich die Untersuchung von Bellinis Spätwerk vor allem auf die folgenden Bilder stützen: die Taufe Christi in Vicenza (Abb. 57), die Pietà der Accademia (Abb. $9), die „Wiesenmadonna" der National Gallery in London (Abb. 60), das Altarbild in S.Zaccaria (Abb. 65), die Madonna von I J I O in der Brera (Abb. 61), das Altarbild von S. Giovanni Crisostomo (Abb. 64), das Porträt des Dogen Loredan (Abb. 58) und das Götterfest in Washington (Abb. 62) 271 . Alle diese Werke sind entweder gut bezeugt oder
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Thesen, daß 2. B. bei der Taufe Christi in Vicenza Giorgione (Arslan, 1956, S. 66) oder bei dem A l t a r von S. Giovanni Crisostomo Tizian (van Marie, X V I I , S. 334) mitgearbeitet haben sollen, scheinen mir ohne Grundlage zu sein. Werkstattbilder, w o Heilige in Gesellschaft von Stiftern erscheinen, sind z . B . die Tafeln in Conbury Park, Düsseldorf und Baltimore (Gronau, 1930, T a f . 1 6 1 , 186, 187). Zitat nach Robertson, 1968, S. 1 3 8 . Robertson, 1968, S. 1 3 8 , hat im gleichen Sinne übersetzt. Es fehlen hier zwei Tafeln, die heute allgemein als eigenhändige Werke Bellinis gelten, die Madonna Giovanelli der Accademia und die Madonna in Detroit. Z u r Madonna in Detroit
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doch wenigstens allgemein anerkannt. D a ß ihre Z a h l verhältnismäßig klein ist, muß bei der starken Belastung Bellinis durch die Ausmalung der S a l a del M a g g i o r Consiglio und die Beaufsichtigung der Werkstatt nicht verwundern, zumal es sich bei den Altarbildern v o n V i c e n z a , S. Z a c c a r i a und S. G i o v a n n i Crisostomo sowie beim Götterfest um große und zeitraubende Arbeiten handelt. V o n den genannten Bildern können w i r nur wenige mit einiger Sicherheit datieren. U n t e r diesen sind die T a u f e Christi (Abb. 57) und die P a l a di San Z a c caria (Abb. 6 j ) die frühesten. D a s Vicentiner W e r k w u r d e vermutlich 1 5 0 1 begonnen, die Vollendung hat sich vielleicht mit der A r b e i t an der P a l a di San Z a c c a r i a überschnitten, die 1 5 0 5 datiert ist. M i t diesen Bildern setzt f ü r uns das S p ä t w e r k ein, und z w a r , so scheint es, völlig unvermittelt und aus den früheren Werken Bellinis nicht wirklich verständlich. Es lag deshalb nur nahe, nach E i n wirkungen anderer Künstler zu suchen. I n f r a g e kamen v o r allem Giorgione und Tizian, und auf deren Einfluß w i r d die Veränderung v o n Bellinis K u n s t dann auch in der Regel zurückgeführt. I m einzelnen sind diese Zusammenhänge noch k a u m studiert worden. Erforderlich w ä r e eine detaillierte und umfassende U n t e r suchung der venezianischen Malerei im ersten J a h r z e h n t des 16. Jahrhunderts, doch ist auch v o n ihr fraglich, ob sie hinreichende Sicherheit schaffen könnte, denn über die Informationen, die z. B . nötig wären, das zeitliche Verhältnis v o n G i o r giones A l t a r b i l d in C a s t e l f r a n c o zu dem Bellinis in S. Z a c c a r i a genau zu bestimmen, v e r f ü g e n w i r nicht. S o selbstverständlich w i e gelegentlich unterstellt w i r d , ist es jedoch nicht, daß die jungen M a l e r die führende R o l l e gehabt haben: „ . . . the innovation m a y be due as much to Bellini himself as to the younger painters' influence on h i m " (M. Davies) 2 7 2 . Auch wenn die Unsicherheit dadurch nur noch größer w i r d , muß doch entschiedener als bisher die Möglichkeit erwogen werden, ob nicht die Quellen f ü r Bellinis S p ä t w e r k bei Bellini selbst zu suchen sind. Schon die Beobachtung, daß die frühesten Bilder des S p ä t w e r k s , w i e die T a u f e Christi und die P a l a di S. Z a c caria, w e d e r stilistische Unentschiedenheit zeigen noch irgendeine D i s k r e p a n z zwischen T h e m a und Darstellungsweise, läßt vermuten, daß sich die Wende in Bellinis K u n s t vorher, wahrscheinlich in den neunziger J a h r e n , vollzogen hat. D i e untere Grenze bezeichnen das A l t a r b i l d v o n S. M a r i a dei F r a r i (Abb. 42) und das D o g e n v o t i v b i l d in M u r a n o (Abb. 40), die beide 1488 datiert sind. D a s Triptychon v o n S. M a r i a dei F r a r i ist schon besprochen worden. A l s Ausgangspunkt f ü r das S p ä t w e r k k o m m t es nicht infrage. D a s gilt auch f ü r das V o t i v b i l d in Murano, das der P a l a di San Giobbe weit näher steht als den späten Bildern.
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vgl. S. 99. Für die Madonna Giovanelli scheint mir die ablehnende Beurteilung bei Dussler, 1 9 3 5 , S. i j 2 , nach wie vor zutreffend. Es fehlt auch die Trunkenheit Noahs in Besançon, die mir, wie Gilbert, 1956, S. 296 ff., vorgeschlagen hat, von Lotto zu sein scheint. Davies, S. 55.
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Im Unterschied zur Tradition 273 wird Agostino Barbarigo, der Doge, nicht von seinem Namenspatron empfohlen, sondern vom H l . Markus, dem Schutzheiligen der Stadt, aber auch seines Bruders und Vorgängers Marco Barbarigo. Sein eigener Schutzheiliger, der H l . Augustinus, steht ihm gegenüber und hält ihm, wie ein Richter, ein Buch entgegen. Die Engel sind nach hinten gerückt, so daß das Gegenüber der beiden Parteien vor dem Thron nicht verdunkelt wird. A u f Marias Schoß steht Christus, der den Barbarigo segnet, ihm Gnade erweist 274 . Der Ort ist ein irdischer, aber kein wirklicher. Daß die Personen dort nicht dauernd zusammen sind, was schon des Dogen wegen nicht möglich wäre, ist an der Anordnung deutlich abzulesen, denn bei dem Dogen und beim H l . Markus ist das Herantreten noch erkennbar. Bei dem Breitformat hätte das Nebeneinander leicht stärker werden können als das Zueinander, doch hat Bellini dem mittels des V o r hangs entgegengearbeitet, der hinter dem Baldachin der Madonna ruhig ausgebreitet, an den Seiten aber von außen nach innen zusammengeschoben ist. Außer den nach hinten gerückten musizierenden Engeln hat Bellini auch noch Cherubim aufgeboten. Sie erscheinen alle auf gleicher Höhe und geben der Lokalität die Aura des Überirdischen. Von den Personen ist der H l . Augustinus, der die Wendung der Madonna wiederholt, der bedeutendste. E r allein genügt als Äquivalent zu S. Marco und seinem Schützling auf der Gegenseite. Daß ein Mensch wie der Doge Barbarigo in der Gesellschaft von Heiligen erscheinen kann, ist für Bellini äußerst ungewöhnlich und vermutlich nur aus den besonderen Bedingungen des Auftrags erklärlich. U m ein normales Porträt handelt es sich auch nicht, denn der Kopf des Dogen ist so weit idealisiert, und das Individuelle, das Bellinis Porträts sonst 273
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Zum Typus des Dogenvotivbildes vgl. Sinding-Larsen, S. 147, und Puppi, 1969; und f ü r die späteren Beispiele im Dogenpalast, wo aus dem privaten Devotionsbild ein Staatsdevotionsbild wird, Hubala, 1965, S. 659. Sinding-Larsen vermutet S. 160 f., daß das Votivrelief in der Sala degli Scarlatti des Dogenpalastes (vgl. auch Hubala, 1965, S. 6jo) auf einen Entwurf Bellinis zurückgeht, doch scheint mir das nur eins von mehreren Beispielen zu sein, die Bellinis Einfluß auf die zeitgenössische Skulptur zeigen. Vgl. dafür Anm. 142. - Das Bild in Murano ist stark restauriert worden und im Kolorit kaum noch zu beurteilen; allgemein vgl. auch Robertson, 1968, S. 90 f. und Hubala, 1965, S. 277. Uber den geschichtlichen Hintergrund vgl. Zanetti, 1863, S. j i f . und Zanetti, 1869. Zanettis Annahme, daß sich das Bild auf die Umstände von Agostino Barbarigos Wahl bezieht, scheint nicht ganz unmöglich. Auffallend ist ja, daß der Doge nicht von seinem Namenspatron empfohlen wird, sondern von dem seines Bruders Marco und der Stadt Venedig. Und zwar wird er gerade seinem eigenen Patron, der ihm das Buch entgegenhält, empfohlen. Zwischen beiden thront die Madonna mit dem Christuskind, das den Dogen segnet und ihm damit vergibt. Agostino Barbarigo war nicht ohne Widerstände Nachfolger seines Bruders geworden. Es wurde ihm nachgesagt, er habe den Bruder im R a t zu einem Wortwechsel provoziert, an dessen Folgen der kranke Marco gestorben sein soll (so Zanetti). Agostino bot sogar seinen Rücktritt an. Das Bild in Murano, das erst i486 in Auftrag gegeben worden sein kann, als Agostino Doge wurde, war laut Signatur bereits 1488 fertig. Das Bild hing zunächst im Privatpalast der Barbarigo und wurde dann von Agostino testamentarisch dem Kloster S. Maria degli Angeli in Murano vermacht, wo zwei Töchter Agostinos Nonnen waren. Ganz offensichtlich handelte es sich also um ein privates Votivbild, nidit um ein öffentliches.
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auszeichnet, ist so weit geopfert, daß sich der Doge kaum noch von den Heiligen unterscheidet, mit denen er dank seiner Amtstracht auch noch das idealische Kostüm gemeinsam hat. Ungleich stärker als in der Pala di S. Giobbe hat Bellini die Gewänder für seine Komposition ausgenutzt. Das des Hl. Augustinus ist ganz aus großen ungebrochenen Formen aufgebaut. Es schließt mit dem Boden ab, kein Zipfel löst sich heraus, alles trägt dazu bei, das Aufgerichtete der Figur zu betonen. Anders beim Hl. Markus, wo kleines Gefältel und große Faltenzüge gegen Partien stehen, bei denen sich der Körper durchprägt. Der Leib ist nicht völlig vom Gewand ummantelt, sondern als dessen Träger fühlbar gemacht, vielleicht eine formale Entsprechung dafür, daß bei Markus die Person wichtiger ist als das Amt. Die wenigen Beobachtungen zeigen bereits, daß von dem Votivbild in Murano kein Weg zu den Spätwerken führt. Da die Historienbilder im Dogenpalast verloren sind, kennen wir sonst aus dieser Zeit hauptsächlich Madonnen, die sich jedoch in den durch die Altarbilder von Murano und S. Maria dei Frari bezeichneten Grenzen halten. Die vier allegorischen Bilder der Accademia stehen isoliert, und ihre Datierung ist so ungewiß, daß aus ihnen keine weitergehenden Schlüsse gezogen werden können275. So wichtig die neunziger Jahre für Bellinis Entwicklung gewesen zu sein scheinen, so wenig wissen wir über sie. Aus den Urkunden ergibt sich, daß Bellini von der Ausmalung der Sala del Maggior Consiglio stark in Anspruch genommen war 276 . Den Schriftquellen zufolge zeigten diese Historien viele Bildnisse, und vermutlich werden auch die meisten Porträts, die von Bellini erhalten sind, in den neunziger Jahren gemalt worden sein277. Im ganzen aber scheint sich Bellini in diesem Jahrzehnt vor allem mit erzählenden Bildern beschäftigt zu haben278. Zu dieser Gattung rechnete auch das für 1490 bezeugte Emmausbild, das uns aber nur in Kopien überliefert ist, deren Genauigkeit sich nur schwer abschätzen läßt (Abb. 5 3 ) 2 7 8 . Vergleicht man diese Kopien mit den Altarbildern von S. Maria dei Frari und Murano (Abb. 40 und Abb. 42), dann zeigen sich z. B. in den schlanken Proportionen der Figuren und dem sehr reichen, vielfach gebrochenen Falten werk Züge, die wir sonst erst aus dem ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts kennen, etwa von der Pala di S. Zaccaria. Verwandt ist dem Emmausbild die Verkündigung (Abb. 55) auf den ehemaligen Orgelflügeln der 1489 fertiggestellten Kirche S. Maria dei Miracoli280. Uber die Allegorien zuletzt Robertson, 1968, S. 103 if. 276 Vgl. u . a . Lorenzi, Dok. Nr. 192, 195, 239, 296 und Braghirolli, 1877, S. 375. 2 7 7 Eine Untersuchung der venezianischen Portraitmalerei um 1500 wäre dringend, und erst in diesem größeren Zusammenhang ließen sich auch für die Porträts von Bellini neue Perspektiven gewinnen. Zum augenblicklichen Stand vgl. Robertson, 1968, S. 106 ff. 2 7 8 Uber den Zusammenhang zwischen Porträts und erzählenden Bildern vgl. Burckhardt, X I I , S. 170, 200, und Gronau, 1930, S. X X V . 2 7 9 Vgl. Geiger, S. 129 ff. 280 Moschini-Marconi, 1955, S. $3. 275
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Es ist unwahrscheinlich, daß Bellini selbst dieses Bild gemalt hat, doch wird man bei der für das Belliniatelier ungewöhnlichen Aufgabe vielleicht einen Entwurf annehmen können, der dann von einem Gehilfen ausgeführt wurde 281 . Ob eine solche Annahme berechtigt ist, bleibt offen. Sie widerspricht auf den ersten Blick den oben vorgetragenen Überlegungen zur Arbeitsweise der Bellinischen Werkstatt. Es ist jedoch naheliegend, daß Bellini bei erzählenden Bildern, die ja andere Probleme stellten als Andachtsbilder oder Altartafeln, auch anders verfahren ist. Bei Historien mit ihren von Bild zu Bild wechselnden Themen ließ sich ja weit weniger mit Prototypen arbeiten als bei Halbfigurenbildern. Man wird damit rechnen können, daß Bellini in diesen Fällen in der üblichen Weise Entwürfe geliefert hat, die dann ganz oder teilweise von den in den Urkunden vielfach bezeugten Gehilfen ausgeführt wurden. Audi bei den anderen Gattungen gibt es Ausnahmen, allerdings immer nur dann, wenn es sich um neue Typen handelt 282 . Selbst für das Emmausbild von 1490 ist im übrigen ungewiß, ob es von Bellini selbst ausgeführt war, doch ist das für unseren Zusammenhang auch nicht von entscheidender Wichtigkeit. Die Beobachtung, daß charakteristische Züge des Spätwerkes möglicherweise schon um 1490 auftauchen, bleibt bestehen. Die Indizien sind zu schwach, um aus dieser Beobachtung sichere Schlüsse zu ziehen, doch erlauben sie m. E. die Hypothese, daß die Quellen für Bellinis Spätstil, der für uns erst gleichzeitig mit dem Auftreten Giorgiones greifbar wird, in Bellinis eigenem oeuvre zu suchen sind. Allerdings nicht bei den Altarbildern, sondern bei den erzählenden. Die Wende der neunziger Jahre wäre dann so zu verstehen, daß Bellini, der in diesen Jahren vor allem im Dogenpalast arbeitete, die scharfe Trennung zwischen den Gattungen, die wir aus früheren Perioden kennen, aufgegeben hätte. Bei den Werken der siebziger Jahre waren die Unterschiede hypothetisch aus der Verwendung verschiedener Stillagen erklärt worden. Die erzählenden Bilder größeren Formats gehörten zum mittleren Stil, die Altarbilder und die Andachtsbilder zum hohen Stil. Wenn die Kopien des Emmausbildes nicht trügen, dann gilt diese Unterscheidung bis zu den späten achtziger Jahren. Man vergleiche nur die Altarbilder in Murano und in S. Maria dei Frari sowie die ihnen folgenden Madonnenbilder. Im Spätwerk gibt es die Differenzierung nach Stillagen nicht mehr. Die Engel der Taufe Christi (Abb. j 7) unterscheiden sich nicht wesentlich von den weiblichen Heiligen der Pala di San Zaccaria (Abb. 65) oder den Nymphen des Götterfestes (Abb. 62). Die Figuren dieser Bilder haben mit den Werken mittleren Stils aus den siebziger Jahren weit mehr gemeinsam als mit denen des hohen Stils. Selbst Bilder wie die Pala di S. Zaccaria, die nach den Maßstäben der siebziger
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Robertson 1968, S. 96 £. Das gilt z . B . für die „Venus" von i j i j in Wien, die schon wegen der Verzeichnung des linken Armes nidit von Bellini ausgeführt worden sein kann, aber doch sicherlich von ihm entworfen wurde, und auch für die Detroiter Madonna (vgl. Anm. 304).
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und achtziger J a h r e zum hohen Stil gehören müßten, zeigen immer wieder Züge, die früher f ü r den mittleren Stil charakteristisch waren, z. B . in dem reich nuancierten, auf delikaten Zwischentönen basierenden K o l o r i t . Robertson spricht bei der Berliner Auferstehung (Abb. 28) v o n : „ . . . parts, which seem to touch M a n tegna at one end of the scale and Giorgione at the other." 2 8 3 D a ß Bellini in den späten religiösen Bildern auf die früher bei ihm übliche Stimmung verzichtet hat, ist immer wieder beobachtet und als Vermenschlichung interpretiert worden. Ü b e r die P a l a di S. Z a c c a r i a liest m a n : „ . . . w ä h r e n d im Gnadenbild v o n S. Giobbe noch immer die sakrale Stimmung v o m Überirdischen her ihre W i r k u n g bezog, sofern die M a d o n n a und das göttliche K i n d in die Sphäre des Potentiellen und Visionären entrückt schienen, w i r d jetzt das erhöht Menschliche schlechthin zum S y m b o l des Heiligen. E i n mildes huldreiches Wesen spricht nun aus dem A n t l i t z der Mutter, und ein gleich schlichter Empfindungston ist auch den hl. Begleitern eigen" (Dussler) 2 8 4 . Schließlich läßt sich auch noch ein drittes Charakteristikum der S p ä t w e r k e aus dem mittleren Stil der früheren Phasen ableiten: die große Bedeutung der Landschaft 2 8 5 . N i m m t man einmal an, daß die Voraussetzungen f ü r Bellinis S p ä t w e r k in seinem eigenen ceuvre liegen, dann rückt audi Bellinis Verhältnis zur venzianischen Malerei des frühen 16. Jahrhunderts in ein anderes Licht. Es ist in diesem Zusammenhang meist sowohl v o n T i z i a n als auch v o n Giorgione die R e d e . L ä ß t man jedoch die zwischen Giorgione und dem jungen T i z i a n strittigen Werke beiseite und hält sich an sichere F r ü h w e r k e Tizians, w i e die Paduaner Fresken, die Holzschnittfolge des T r i o n f o della Fede und das A l t a r b i l d in der Sakristei v o n S. M a r i a della Salute 2 8 6 , dann kann m. E . weder in der Figurenbildung noch in 883
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Robertson, 1968, S. 74. Z u r Charakterisierung des späten Kolorits vgl. Gronau, 1930, S. X X V I . Wie immer bei Bellini ist audi bei den Spätwerken das Kolorit im einzelnen nur schwer zu beurteilen, da die Bilder in der Regel stark restauriert und oft auch noch sehr schlecht zu sehen sind. Dussler, 1 9 3 5 , S. 1 1 0 . Z u Bellinis Landschaften vgl. Klauner, 1958, S. 1 3 1 ff., w o die Raumprobleme im Zentrum stehen; Turner, S. J 7 ff. behandelt die Landschaften hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt des Naturgefühls; Bonicatti, S. 107 ff., hat versucht, zwischen den späten Landschaften Bellinis und dem zeitgenössischen Aristotelismus eine Verbindung herzustellen, die aber m. E . nicht überzeugend ist. Die genannten Werke sind alle mit einiger Sicherheit um 1 5 1 0 datierbar, vgl. Valcanover, Kat. N r . 30, 3$ und S. 84 f. — Ein besonderes Problem stellt, gerade im Zusammenhang mit Bellini, das Antwerpener Votivbild dar. Neben Forschern, die das Werk als in einem Zug entstanden betrachten ( z . B . noch Wethey, 1969, S. I J 2 ) , stehen solche, die wegen der offenkundigen stilistischen Unterschiede zwischen dem Petrus und den beiden anderen Figuren zwei verschiedene und zeitlich auseinanderliegende Arbeitsphasen annehmen. Dabei zeichnen sich, bei allen Unterschieden im einzelnen, zwei Hauptpositionen ab (Ubersicht u. a. bei V a l canover, Kat. N r . 14, und bei Pallucdiini, 1969): Die Vertreter der ersten Position nehmen an, daß das Bild von Giovanni Bellini begonnen und erst später von Tizian übernommen und vollendet worden wäre. Dagegen halten die Vertreter der zweiten Position an der Autorschaft Tizians fest, nehmen aber ebenfalls zwei verschiedene Arbeitsphasen an. Die erste Phase wird oft gegen I J 0 8 / 1 0 angesetzt, die zweite gegen i$20. Die historische U m -
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der Komposition, noch im Kolorit von wesentlichen Gemeinsamkeiten gesprochen werden. Anders ist es mit Giorgione, doch muß auch da sogleich eingeschränkt werden, daß es nur bei seinen früheren Werken mit Bellini Vergleichbares gibt, nicht aber bei seinen späteren287. Schon das spricht eher dafür, daß Giorgione der Lernende war. Wäre es umgekehrt, dann müßte man erwarten, daß sich auch von der Entwicklung Giorgiones - und vom selbständigen Auftreten Tizians - bei Bellini Wirkungen zeigten. Das ist jedoch nicht der Fall. Bezeichnenderweise wird in der Belliniforschung Giorgiones Name auch meist bei denjenigen Werken genannt, die kurz nach der Jahrhundertwende entstanden sind, nicht bei den späteren. A m deutlichsten sind die Berührungspunkte in der Figurenbildung. Man vergleiche z. B. den Joseph und die Maria der Geburt Christi aus der Slg. Allendale, jetzt in Washington, mit dem Hieronymus und der Caterina der Pala di S. Zaccaria 288 . Ähnlichkeiten gibt es auch in den Draperien, z. B. zwischen Giorgiones Judith und Bellinis Londoner „Wiesenmadonna" (Abb. 60). Schließlich zeigen sich auch in der Verwendung der Landschaft Ubereinstimmungen, w o die Figuren im Vordergrund vor einem reich ausgebildeten Hintergrund stehen. Bellini hat bis zur Mailänder Madonna von I J I O (Abb. 6 1 ) an dieser Auffassung festgehalten, während Giorgione spätestens seit der Tempestä die Figuren nicht nur kompositioneil, sondern auch koloristisch der Landschaft verbunden hat. Gerade das Neue an Giorgiones späteren Landschaften kommt also bei Bellini nicht vor. Und schließlich gibt es auch da keine Übereinstimmungen, w o seit jeher die besondere stände sprechen allerdings, wie Crowe und Calvacaselle, 1877, I, S. 62, dargelegt haben, eindeutig für einen Arbeitsbeginn um 1502/3. - M. E . lassen sich die verschiedenen Beobachtungen und Überlegungen zu folgender Hypothese zusammenfassen: Das Bild ist tatsächlich 1502/3 begonnen worden, und zwar von Tizian, der allerdings damals noch stark unter dem Eindruck Bellinis gestanden hat, der damals Bilder wie die Pala di San Zaccaria (fertig 1505) und die Sacra Allegoria der Uffizien (wahrscheinlich 1504 abgeliefert) in Arbeit gehabt haben muß. Der Vergleich des Tizianschen Petrus mit diesen Bildern zeigt einerseits, daß der Petrus nicht von Bellini sein kann, denn dafür sind die Unterschiede zu groß, daß aber andererseits die Bellinischen Bilder der Ausgangspunkt des jungen Tizian waren, wie man sich vor allem an den Draperien klarmachen kann. Auf die Jahre 1502/3 dürften die Disposition des Bildes und der Entwurf des Petrus entfallen. In einem zweiten Arbeitsgang wird Tizian - bei ihm nichts Ungewöhnliches - das Bild knapp zwei Jahrzehnte später vollendet haben. Aus dieser Zeit stammen die Figuren des Stifters und des Papstes sowie die Oberfläche des ganzen Bildes. Dieser Hypothese zufolge wäre der Petrus des Antwerpener Bildes das einzige deutliche Dokument für die erste, von Giovanni Bellini geprägte Stufe von Tizians Entwicklung, die nach Vasari, V I I , 426 f., gegen 1507 mit der Wendung zu Giorgione ihren Abschluß fand. Die weitere Entwicklung Tizians kann man sich u. a. am Vergleich des Antwerpener Petrus mit den nächsten Sitzenden verdeutlichen: dem Christus des Trionfo della Fede (1508) und dem Markus des Altarbildes von S . M a r i a della Salute (kurz nach 1 5 1 0 ) . 287 D i e Datierung von Giorgiones Werken ist unsicher und sehr kontrovers, dodi scheint eine gewisse Einigkeit darüber zu bestehen, daß die folgenden Bilder zu den früheren gehören: Judith, Anbetung der Hirten in Washington, ehem. Slg. Allendale, Pala di Castelfranco und TempestL «88 Zampetti, T a f . X V I .
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Leistung Giorgiones gesucht wurde, im Kolorit und im sfumato 289 und dem durch diese bewirkten atmosphärischen und stimmungsmäßigen Zusammenhang. Wäre es wirklich Bellinis Bestreben gewesen, mit der neuen Malerei Schritt zu halten, dann hätte er sich aber gerade diese Momente zu eigen machen müssen. Vielleicht ist Vasari den tatsächlichen Verhältnissen sehr nahe gekommen, als er in der ersten Auflage der Viten über Giorgione schrieb: „ . . . cercò nello stare coi Bellini et da se, di imitare sempre la natura il più che è poeta." 290
V Von den erhaltenen Hauptwerken der Spätzeit ist die Taufe Christi von S. Corona in Vicenza (Abb. $7) aller Wahrscheinlichkeit nach das früheste. Der Altar, zu dem das Bild gehört, ist zwischen 1501 und 1502 errichtet worden, und in diesen Jahren wird auch Bellini sein Bild gemalt oder doch wenigstens begonnen haben. Ausnahmsweise läßt sich bei diesem Werk einmal ein exemplum namhaft machen: Cima di Coneglianos Taufe Christi aus S. Giovanni in Bragora in Venedig 291 . Die Wahl des Vorbilds war vermutlich eine Entscheidung des Bestellers, nicht des Malers, denn Bellini hat nur Äußerliches übernommen, den Gehalt aber völlig verändert. Die drei Engel, Johannes, die Taube, die Landschaft - das gibt es ähnlich schon bei Cima, und das war auch ikonographisch das Übliche. Den Christus hat Bellini dagegen verändert, und Gottvater hat er überhaupt erst eingeführt. Schon dadurch aber verschiebt sich die Thematik des Bildes, denn es geht nun nicht mehr allein um die Taufe mit Wasser durch Johannes, sondern ebensosehr um die Taufe mit dem Hl. Geist durch Gottvater. Nähme man das Bild ausschließlich als ein erzählendes, dann ließe sich Kritik kaum zurückhalten, denn nirgendwo ist das Ereignis zum Knoten geschürzt, und selbst Steigerungen wie die in der Neapler Transfiguration fehlen fast völlig. Die Zusammenordnung der Personen, von denen keine wirklich als handelnde aufgefaßt ist, wirkt nicht nur locker, sondern auch eine Spur formelhaft und zeremoniös. Das Symbolische ist dem Geschehen nicht mehr immanent wie noch in Neapel, wo Bellini zwar gesteigert hatte, aber doch immer so, daß das Erhabene und Übernatürliche über Zwischenstufen dem Natürlichen verbunden blieb. Bei der Transfiguration wäre es nicht vorstellbar, daß Gottvater in einer traditionellen Bildformel gegeben wäre und konventionelle Attribute und Requisiten so 28» V g l . Vasari, I V , S. 92 f. 28« Ricci, III, S. 16. 881
Z u r Gesdiidite des Altars vgl. Bortolan, S. 263, w o S. 267, eine starke Restaurierung erwähnt wird, die 1840 stattgefunden und v o r allem den oberen Teil des Bildes betroffen haben soll. Zusammenfassend über die Gesdiidite des Bildes Arslan, 1956, S. j6 f. und S. 66 f. Z u Cimas Bild in S. G i o v a n n i in Bragora, das um 1494 entstanden sein wird, vgl. Coletti, 1959, S. 75 und Menegazzi, S. 21 f. V o n Gottvater gibt es in Pesaro eine Kopie (Bottari, 1963, II, S. 27), die nadi Gibbons, 1965, S. 151, vermutlich ein „simile" zum Gebrauch in der Werkstatt ist.
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viel Gewicht hätten wie hier die Schale, die von Johannes weit weg in die Mitte des Bildes gerückt ist. Die Wasser- und die Geisttaufe haben in der Schale ihren Schnittpunkt. Die Entbindung des Details von einer einzigen spezifischen Funktion, in deren Erfüllung es ganz aufginge, läßt es frei werden, in vielfache neue einzutreten. Das gilt nicht nur f ü r die Gewandung, sondern auch für die Figuren, vor allem für Christus. E r ist aus jedem unmittelbaren und ihn völlig in Anspruch nehmenden Bezug herausgenommen, wodurch er frei wird, in mehreren Bezügen gleichzeitig zu stehen: mit Johannes, mit Gottvater und mit den Engeln. D a ß keiner dieser Bezüge Christus ganz in Anspruch nimmt, ist darüber hinaus die Voraussetzung dafür, daß er sich in seiner Besonderheit zeigen kann. Die Darstellung des fast unbekleideten Christus war den Malern ein beinahe unlösbares Problem. Sieht man den Christus Bellinis allein, so ist die Auffassung auch zunächst nicht spezifisch christlich, sondern kommt in vielem dem Idealbild antiker Götterdarstellungen nahe, das in Hegels Spekulation so entworfen ist: „Das ruhige Götterbild in seiner seeligen Beschlossenheit in sich kampflos hinzustellen, ist ihre (der Skulptur) Hauptaufgabe. Eine Mannigfaltigkeit der Bewegungen fällt da von selbst fort, es ist mehr ein in sich versunkenes Dastehen und Liegen, was zur Darstellung kommt; dies in sich Trächtige, das nicht zu einer bestimmten Handlung fortgeht und somit auch seine ganze K r a f t nicht auf einen Moment reduziert und diesen Moment zur Hauptsache macht, sondern die ruhige gleiche Dauer. Man muß sich vorstellen können, daß die Göttergestalt in derselben Stellung unvergänglich so dastehen werde." 2 9 2 Gemeinsam hat Bellinis Christus mit solchen Götterbildern die Gelöstheit und Freiheit der Haltung und das „in sich Trächtige". Verschieden aber ist die wie ein Hauch durch die Gestalt gehende Schwingung, die Christus wieder mit den anderen Figuren in Verbindung setzt. Formal bewirkt sie, daß zwar Christi K o p f unter Taube, Schale und Gottvater zu stehen kommt, zugleich aber Christi Körper aus dieser zeichenhaft starren Vertikalbindung wieder befreit ist und mit Johannes und den Engeln in Verbindung tritt. Stünde dieser Christus gerade aufgerichtet wie der der Neapler Transfiguration (Abb. 32), dann wäre dieser zweite Zusammenhang nicht mehr möglich. Bis ins Detail hat Bellini versucht, die Bedeutung des Vorgangs klarzustellen. Die allegorischen Pflanzen sind schon von früheren Bildern her vertraut. N e u ist der Papagei, möglicherweise ein Zeichen für die jungfräuliche Geburt Christi 2 9 3 . Aus demselben Bestreben erklären sich vermutlich auch die o f t nur stilistisch, als Zeichen des Einflusses oder gar der Mitarbeit von Giorgione, verstandenen Farben bei den Engeln. Wie herkömmlich halten die Engel während der Taufe die Gewänder Christi. Bellini hat deren Farben, das Blau und das Rot, mit dem gelben Kleid des vorderen Engels zu einer leuchtenden Trias verknüpft, die sich von der Hegel, II, S. 123. " » Panofsky, 1969, S. 28 f.
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natürlichen Umgebung deutlich abhebt und zugleich auf die in der himmlischen Zone, um Gottvater, gebrauchten Farben verweist. Johannes, der nicht zu dieser Sphäre gehört, hat dagegen die Grün- und Brauntöne der Landschaft. Vielleicht die bedeutendste Erfindung Bellinis in diesem Bild ist der Gottvater. Seine Gegenwart ist in den Taufbildern des Quattrocento selten, vermutlich wegen der großen Schwierigkeiten, die seine Darstellung mit sich brachte. Bei Verrocchio zum Beispiel sind nur noch am oberen Bildrand zwei Hände zu sehen, zwischen ihnen die Taube. Bellini dagegen hat Gottvater die ganze Bogenzone gegeben. Die Cherubim über ihm wiederholen die Rahmenform, die unter ihm antworten ihr. Aus den Wolken löst sich die Taube. Sie ist nicht nur Attribut, sondern hat so viel Selbständigkeit, daß Bellini die Taufe zugleich als Epiphanie der Trinität darstellen konnte. Vielleicht ist es nicht zufällig, daß die Haltung Gottvaters, der nicht nur die Taube entläßt, sondern segnend und schützend an dem Geschehen teilnimmt, der bei Gnadenstuhldarstellungen ähnlich ist 294 . Die Landschaft des Bildes ist wie bei den Bildern mittleren Stils aus den siebziger Jahren von Vordergrund und Hintergrund bestimmt. Anders als bei diesen zieht sich aber jetzt der Hintergrund durch das ganze Bild und ist nicht auf einen Ausblick beschränkt. Den Mittelgrund nimmt das Wasser des Jordans ein, das um Christus eine Ruhezone schafft. Vorder- und Hintergrund sind an den Seiten durch Überschneidungen verknüpft, also in der Fläche, nicht in der Tiefe. Dadurch hat Bellini der Tiefenillusion entgegengewirkt und den Zusammenhang zwischen Christus und Gottvater gefestigt. Für das Spätwerk ist charakteristisch, daß die Landschaft zwar eine große Rolle spielt, aber immer im Rücken der Figuren bleibt. Anders als bei Giorgione sind Figuren und Landschaft nicht unmittelbar zu einer Einheit verbunden. Folgerichtig hat Bellini auch den Schritt zum sfumato, das bei Giorgione die Figuren atmosphärisch und stimmungsmäßig zusammenbindet, nicht getan. Er konnte diesen Schritt auch nicht tun, wollte er nicht die f ü r sein oeuvre grundlegende Konzeption der autonomen Einzelfigur aufgeben. Ein kurzer Hinweis noch auf Taufdarstellungen von zwei Zeitgenossen Bellinis: In Verrocchios Bild in den Uffizien 2 9 5 ist nicht Christus die Hauptperson, sondern Johannes. Von der Seite tritt er zu Christus ins Wasser, Christus wendet sich ihm zu. Deutlich ist ein bestimmter Moment gezeigt, dessen allgemeine Bedeutung vorausgesetzt, nicht aber ausdrücklich zum Thema gemacht wird. Schon die Motive, mit denen diese Bedeutung dargestellt werden müßte, etwa die Hände Gottvaters, sind Verrocchio sichtlich eine Verlegenheit gewesen, und daran können auch die massiven Heiligenscheine und die Goldstrahlen um die Taube nichts ändern. Peruginos Taufbild in Perugia 296 zeigt Christus und Johannes nebenein-
s
" Wie ungewöhnlich die Darstellung Bellinis ist, zeigt im Kontrast auch das Fresko Ghirlandaios (Lauts, 1943, T a f . 90). 8,5 Passavant, S. $8 ff. 296 Passavant Abb. 81.
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ander. Die Haltung Christi ist der bei Bellini ähnlich, doch neigt sich Christus hier zu Johannes, mit dem er eine Gruppe bildet. Uber ihnen, vor einer großen runden Aureole, schwebt die Taube, und um diese schweben Engel. Anders als bei Verrocchio gießt Johannes die Schale nicht aus, sondern hält sie nach oben, als müsse sie da gefüllt werden. Sein verzückter Blick folgt der Schale, doch bleibt diese Erfindung kraftlos, denn sie ist isoliert, nur die Engel könnten auf die Schale bezogen werden 297 . E t w a gleichzeitig mit der Taufe Christi wird Bellini auch sein einziges Vesperbild, heute in der Accademia (Abb. 59), geschaffen haben 298 . Das ungewöhnliche Thema geht vielleicht auf Rechnung des Bestellers, doch muß Bellini auch selbst Interesse an diesem Bild gehabt haben, sonst hätte er es nicht selbst gemalt. Die Madonna sitzt auf einer sichelförmigen Felsbank, den Leichnam Christi auf dem Schoß. U m sie legt sich ein dicht wie ein Beet bewachsener Bodenstreifen, der sie gegen die leere Weite des Mittelgrundes abhebt. D a im Mittelgrund alle Pflanzen abgestorben sind und alle Motive des Lebens fehlen, kann der Streifen Wiese nicht einfach als Teil der natürlichen Lokalität betrachtet werden. Nicht zufällig wächst auch gerade dort der allegorische Baum. Anscheinend hat Bellini den an diesem bedeutsamen und sinnbildlichen Gegensatz von verdorrtem und neu beginnendem Leben auf die ganze Landschaft ausgedehnt 299 . Aber nicht einmal die Zeichen neuen Lebens besänftigen in diesem Bild des Todes. In der Gruppe selbst etwas Tröstliches zu zeigen, oder gar Schönheit wie Michelangelo in der Pieta von St. Peter, hat Bellini sich gescheut. Unschön und schon beinahe unförmig ist die Haltung der Maria, erkaltet und steif der Leichnam; Bewegung und Leben sind gewichen. Wie auch sonst in Bellinis späten Werken sind Stimmung und Gehalt vor allem mittelbar und metaphorisch ausgesprochen. Bis ins Detail ist die K o m position nicht von Rundungen und Bögen bestimmt, sondern von Geraden, spröden Umbrüchen und Winkeln, Metaphern zerstörten und gebrochenen Lebens. Der Wundmale bedarf es kaum noch, zu zeigen, daß Christus tot ist. Auch das Kolorit wirkt erlöschend, verdüstert, aber nicht im Sinn einer Entkräftung, sondern im Sinn einer Steigerung zu schmerzhafter Gegenwärtigkeit. Maria und Christus sind zu einer „Figur" gefügt. Wollte man nachrechnen, wie Maria sitzt und wie sie den Leichnam hält, dann käme man zu einem grotesken Ergebnis. Marias Leib ist unter den immer wieder neu sich brechenden Falten verschüttet, die sich nirgends zu größeren harmonischen Bildungen befreien. Gäbe es die beiden K ö p f e nicht, dann näherte sich die Silhouette einem Dreieck. Freilich hat gerade hier, w o auf starre und tote Umrisse so viel Wert gelegt ist, die Abweichung besonderes Gewicht, selbst wenn sich am Ende auch die K ö p f e nicht dem Bann der Todesstarre entziehen, die über allem liegt. Marias Gesicht löst sich zwar 297 Vgl. auch Passavant,
S. 1 9 4 , A n m . 2 5 9 . 298 Moschini-Marconi, 1 9 5 5 , S. 75 f. und Robertson, 1 9 6 8 , S. 1 1 4 . D a s Gesicht der M a d o n n a ist in einer offensichtlich völlig verfälschenden Weise übermalt. 299 d ' A n c o n a , 1 9 6 8 , S. 44. Z u r Identifizierung der Pflanzen v g l . Minio, S . 1 6 4 ff.
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aus der Last der Tücher, doch gemahnt gerade ihr Gesicht daran, wie gänzlich sonst unter dem vielen Tuch alles Leben erloschen ist. D e m Gesicht, das v o n keiner Regung mehr belebt w i r d , teilt sich sogar etwas v o n der starren Nacktheit des Leichnams mit. D a s K o l o r i t des Bildes ist auf starren Kontrasten aufgebaut. Ohne Ubergang stehen Blau, Violett und Weiß gegeneinander. Mögliche Übergänge sind überall ausgelassen. D i e Intensität der Farben ist im Hellen w i e im Dunklen gleich, w a s ihre Gegensätzlichkeit nur noch erhöht. D i e zahllosen Brechungen und Winkel in den Farben kommen gegen die Starrheit der farbigen Gegensätze nicht a u f , denn sie sind schon in sich selbst so starr und spröde, daß der B a n n noch das G e f ä l t e l der K o p f t ü c h e r erreicht. Bei der Londoner „Wiesenmadonna" (Abb. 60) ist der Todesbann zu vorausahnender T r a u e r gemildert 3 0 0 . D i e M a d o n n a ist so weit nach v o r n gerückt, daß nicht mehr zu sehen ist, w o genau sie sitzt. Typologisch sind das vermutlich R e miniszenzen an die altertümliche M a d o n n a dell'umiltà. D a z u gehört auch das Beten, das hier jedoch nicht einfach als A t t r i b u t übernommen, sondern neu motiviert ist: M a n sieht noch an der L a g e der Falten, w o Marias rechter A r m gelegen hat. Wieder sind Stimmung und E m p f i n d u n g nicht unmittelbar ausgedrückt, etwa in Gestik und M i m i k , sondern metaphorisch vermittelt, v o r allem im G e w a n d . Charakteristisch ist, w i e f ü r den G e h a l t Marias K o p f t u c h f a s t wichtiger ist als der Ausdruck ihres Gesichts. D i e Falten sind nirgends zu großen pathetischen F o r mationen drapiert, sie w i r k e n durchbebt, nicht durchwogt. Besonderes Gewicht hat wieder die Landschaft. Wie schon bei der T a u f e Christi und der Pietà der A c c a d e m i a ist sie mehr als nur der O r t f ü r die Figuren. Sie ist ein selbständiges Element, das hier sogar zu den Figuren in Gegensatz tritt. D e r besondere O r t der M a r i a ist w i e bei der Pietà noch einmal durch einen dicht bewachsenen Streifen ausgesondert. D a ß er nicht einfach ein Ausschnitt ist, lehrt der K o n t r a s t zu den unbewachsenen Flächen. D i e Landschaft, die im Unterschied zur M a d o n n a v o n geraden und stereometrischen Formen bestimmt w i r d , ist nicht in die T i e f e entfaltet, sondern nur in die Breite. Sie trägt so unmittelbar zum Ernst und der Feierlichkeit des Bildes bei. In den J a h r e n , in denen die P a l a di San Z a c c a r i a entstand, also um 1 5 0 5 , hat Bellini auch das bedeutendste seiner Portraits gemalt, das des Dogen Loredan, jetzt in London 3 0 1 (Abb. 58). V o n dem Porträtierten berichtet ein Zeitgenosse: „ . . . macilento de carne, tutto spirito e statura grande, de poca prosperità, v i v e v a con assai regola era assà collerico, m a savio al governo di la república." U b e r das B i l d notierte Burckhardt: „ . . . Geist, E r f a h r u n g , ruhige Besonnenheit reden hier deutlich zu Ehren v o n ganz A l t - V e n e d i g , so lange diese T a f e l bestehen
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Vgl. Davies, S. 57 f. Röntgenaufnahmen bespricht Robertson, 1968, S. 1 1 9 f f . Die ikonographische Interpretation von Cast, S. 247 f f . geht m. E . zu weit. Vgl. Davies, S. J J , und Pope-Hennessy, 1966, S. 52 f.
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wird." 8 0 2 Vergleicht man die Charakterisierung des Dogen mit seinem Portrait, dann zeigt sich sogleich, daß es Bellini nicht auf das Widersprüchliche im Charakter dieses Mannes ankam, sondern auf dessen Tugenden. Das heißt nicht, daß das Bild eine Verherrlichung wäre. Im Gesicht sind der schmale Mund und die klugen Augen hervorgehoben. Es ist mehr eine aus Erfahrung erworbene Klugheit, weniger die einer strahlenden Intelligenz. An sich hat das schmale Gesicht nichts besonders Edles und nichts Ungewöhnliches, doch zeugt es von der Beherrschtheit dieses Mannes, über dessen cholerisches Temperament die Schriftquellen berichten. Bellini kam es offenbar mehr auf die geistige Haltung des Loredan an als auf die Besonderheit seiner Gesichtszüge, denn auch das „macilento di carne" hat er gemildert. Die innere Haltung des Dogen ist nicht - wie später bei Tizian — durch eine spezifische Stellung oder Wendung des Porträtierten vergegenwärtigt. Bellini hat sich an den traditionellen Typus des Büstenporträts gehalten, vielleicht auch halten müssen. Der Umriß ist karg und streng, Gewicht und Stofflichkeit des Brokats sind nicht hervorgehoben. Im Kolorit ist das Gewand, ebenso wie der Hintergrund, auf die Augen des Dogen abgestimmt. Von dessen faltigen Hals läßt Bellini zwar wenig sehen, aber doch genug, um K o p f und Gesicht abzuheben. Bellini macht einen Unterschied zwischen dem Gesicht und der Dogentracht, der Person und dem Amt, und die Differenz kommt keineswegs umstandslos dem Amt zugute. Loredan ist als ein Mann gezeigt, der sein Amt zwar ausfüllt, sich aber nicht in ihm verliert, und gerade das macht in der Darstellung durch Bellini seinen Rang aus. Selbstverständlich ist es ja keineswegs, daß bei einer solchen Differenz zwischen dem hohen Amt und der Person, die es bekleidet, der Preis der Person gilt. Schon bei Tizian ist das anders. Das letzte uns erhaltene Andachtsbild Bellinis ist die Madonna in der Brera von 1 5 i o 3 0 3 (Abb. 61). Für ein Andachtsbild ist das Format (85 x 1 1 8 cm) ungewöhnlich groß. Vorausgegangen w a r die Detroiter Madonna, bei der jedoch nur der Entwurf von Bellini ist304. Wie bei dieser hat Bellini auch in das Mailänder Bild Motive des Altarbildes ins Andachtsbild übertragen: z. B. steht Christus auf dem Oberschenkel der Mutter, er wendet sich segnend zum Betrachter. Wie und w o die Madonna sitzt, ist nicht gezeigt, und es ist auch so unerheblich wie die Frage, w o und wie der Vorhang angebracht sei. Im Kolorit dominieren Rot, Blau, Grün und Braun. Keine Farbe ist isoliert, und mit Ausnahme des Rots von Marias Kleid ist keine auf einen einzigen Gegenstand beschränkt.
Die Charakterisierung Loredans nadi da Mosto, S. 267. - Burckhardt, XII, S. 210. sos Vgl. Pallucchini, 1949, S. 198 ff., und Robertson, 1968, S. 122 f. 3 0 4 So urteilte sdion Dussler, 193$, S. 146. Das Bild begründet durch sein Format (83 x 104 cm) und durch seine Komposition einen neuen Bildtypus, bei dem charakteristische 2üge des Altarbildes wie das auf den Knien der Mutter stehende, dem Betrachter sich zuwendende und ihn segnende Christuskind in das Altarbild übernommen werden. Die Malweise ist jedodi die des Bellini der späteren aditziger Jahre, so daß man das Bild in der Ausführung einem Gehilfen zusdireiben muß. 302
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Den höchsten Sättigungsgrad erreichen die Farben in der Gewandung und im Vorhang. Das Braun des Bodens kehrt im Futter des Mantels wieder, das Blau des Himmels im Mantel, das Grün der Pflanzen im Vorhang. Am stärksten und intensivsten ist die Farbigkeit bei der Madonna, bei der das Kolorit eine Mächtigkeit gewinnt, die in deutlichem Kontrast zu den milderen Tönen der Landschaft steht. Die Schönheit der Farben ist immer einer der Ruhmestitel von Bellinis Kunst gewesen, doch sollte das nicht darüber täuschen, daß die Farbe bei ihm erst ganz spät und nur in ganz wenigen Bildern zum konstitutiven Moment seiner Malerei wurde. Erst bei diesen Werken wird seine Malerei eine: „ . . . die den Gehalt der Bilder dahin bestimmt, durch Farben zu sprechen, Farbkompositionen zu sein, und die daher ihre Themata derart verwandelt, daß sie in Farben, Farbwahl, Farbkombination aufgehen. Und zwar so, daß die themengebundene Formbestimmung des Ganzen wie die plastische Gestaltung von Objekten zu Figuren mehr und mehr, und schließlich ganz und gar, von den Farben bestritten wird." 305 Noch bei der Pala di San Giobbe hatte sich Bellini in erster Linie plastischer und zeichnerischer Mittel bedient, und an früheren Werken wie der Marienkrönung in Pesaro läßt sich sogar ablesen, daß Bellini der Farbe einen geringeren Rang zubilligte als der Zeichnung, denn sonst hätte er sich bei der Mitteltafel nicht so ausschließlich auf die Zeichnung gestützt und sich nur in den Predellen eine reichere Farbigkeit gestattet. Bei der Madonna in Mailand hat sich das umgekehrt, denn die Komposition ist besonders im Gewand darauf abgestellt, dem Kolorit zur Entfaltung zu verhelfen. So sieht man die Gewandung nicht mehr auf ihr Verhältnis zum Leib an - wie monströs wäre da der Mantel - sondern als ein Farbformgebilde, in dem kompositionell, aber vor allem auch farbig, die Möglichkeiten entfaltet sind, die Maria in sich begreift: das Sanfte wie das Mächtige, das Zarte wie das Große, Ruhe wie Bewegung. Wie sich der Mantel über dem Knie bauscht und wie er an den Seiten fällt, das erklärt sich nicht aus seiner Stofflichkeit und auch nicht aus der Stellung seiner Trägerin, sondern allein aus der Komposition. So öffnet er sich links neben dem Christusknaben nur deshalb so weit nach außen, damit dort eine ebenso runde und bergende Silhouette entstehen kann wie auf der Gegenseite. Selbst die Glieder entziehen sich dieser Tendenz zur Auffächerung und Ausbreitung nicht ganz: man sehe nur auf Marias linke Hand. Bellinis letztes Altarbild ist das in S. Giovanni Crisostomo zu Venedig (Abb. 64). Es ist XJ13 datiert, war aber schon seit 1493 bestellt 306 . Wann die Grundzüge der Komposition festgelegt wurden, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Die lapidare Zusammenstellung von drei Figuren schließt nicht aus, daß so' Badt, 196J, S. 46. so« Paoletti, 1929, S. IJI. Zusammenfassend jetzt Robertson, 1968, S. 128 ff., wo audi die Inschrift aufgelöst ist. Ebda., S. 129, zur Identifikation der Heiligen. Mir scheint die herkömmliche Meinung, die in dem Bischof den H l . Ludwig und in der Mittelfigur den Hl. Hieronymus sieht, die riditige zu sein. Jedenfalls waren dies die Heiligen, die Bellini zu malen hatte.
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die Anlage des Bildes auf die Zeit der Bestellung zurückgeht. Die Kompositionsweise würde eher zu dem Votivbild in Murano von 1488 (Abb. 40) passen als zur Pala di San Zaccaria oder gar der Mailänder Madonna. Mit den verfügbaren Informationen läßt sich diese Frage jedoch nicht beantworten, so daß ungewiß bleiben muß, ob die leise Diskrepanz zwischen der Komposition des Bildes und seiner Ausführung aus dessen Geschichte zu erklären ist. Die Komposition ist vor allem auf Entgegensetzungen aufgebaut: der knapp bemessene Platz der Heiligen unten gegen die Weite des Landes oben; Christopherus gegen St. Ludwig von Toulouse; Feierlichkeit vorn gegen Versunkenheit hinten. Gäbe es nicht die Einheit stiftende Architektur, dann könnte man die Komposition als zwei ineinander geblendete Bilder lesen: eine sacra conversazione vorn, ein Andachtsbild im Hintergrund. Wie auch in den beiden Madonnenbildern von Detroit und Mailand hat Bellini in das Altarbild Momente einer anderen Gattung eingebracht. Die beiden Heiligen sind vorn so nahe an die Seitenmauern herangenommen, daß sie den Blick auf Hieronymus frei geben und ihm auch noch die Wölbung überlassen, die man anschaulich in erster Linie auf ihn bezieht. Diese Verknüpfung wird noch durch die Inschrift unterstrichen, die von Tod und Auferstehung spricht, auf die auch der Feigenbaum bei Hieronymus anspielt. Mit der kühnen Gelassenheit des Alters hat Bellini den Baum so weit deformiert, daß er als Lesepult dienen kann. Einen der Äste hat er so geführt, daß er den Blick daran hindert, sich in der Weite des Himmels zu verlieren und ihn auf Hieronymus zurücklenkt. Mit lockerer Hand hat Bellini diese Fäden geknüpft, aber deshalb sind sie nicht weniger fest. Doch nicht nur durch Verbindungen hat er Zusammenhänge geschaffen, sondern auch durch Auslassen: So ist völlig ungewiß, wo genau der Felsen beginnt, auf dem Hieronymus seinen Platz hat. Bellinis Problem war es, den Heiligen trotz seiner Ferne und seiner Einsamkeit gegen die Heiligen vorn zur Geltung zu bringen. Für beides, für das A b rücken wie das Naherücken, durfte die Entfernung nicht abmeßbar sein. In früheren Analysen des Bildes ist mehrfach, besonders von Hetzer und Dussler 307 , dargelegt worden, wie sehr kompositionelle Mittel wie der Felsen durch ihren Bezug auf Rahmen und Bildebene zum Zusammenhalt der Komposition beitragen. Dieses Vorgehen hat es aber Bellini gleichzeitig auch ermöglicht, die ihm so wichtige Autonomie der Einzelfiguren zu bewahren. Das Gegenüber von Christopherus und St. Ludwig ist ganz auf Kontrast gestellt. Die beiden sind nicht einmal durch die Architektur zusammengefaßt und durch den Pilaster der Balustrade sogar noch getrennt. Hinzu kommt der Gegensatz in ihrem Wesen, der Gegensatz zwischen dem Kräftigen und Tätigen auf der einen und dem Introvertierten, Kontemplativen auf der anderen Seite. Der Gegensatz zeigt sich wieder indirekt, und in der Hauptsache nicht in den Gesichtern, die sich in Schnitt und
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Dussler, 193j, S. 113. Vgl. Hetzer, 1957, S. 33 f.
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Aussehen unerwartet ähnlich sind, sondern an den Gewändern. Ludwig ist dicht umhüllt und wie verpuppt, während Christopherus auch im Stehen noch tätig und regsam ist. Die Stoffe wirken an ihm leicht und bewegt, und sie legen sidi nicht in große feste Rundungen, sondern in viele kleine Fältchen. Der Gegensatz zwischen den beiden ist aber keiner des Rangs; der Hl. Christopherus steht dem Hl. Ludwig in nichts nach, und selbst dessen Bischofskrümme, die seinem Wanderstab entgegen gesetzt ist, wirkt nicht vornehmer und bedeutender. Dabei sind selbst Details wie die Art des Zugreifens verschieden: bei Christopherus durchbricht die Hand den Kontur, die des Hl. Ludwig bleibt in seinem Bann. Nirgends sind diese Gegensätze zu psychologischen Kontrasten pointiert oder zu solchen der sozialen Stellung. Nach Robertson und anderen Autoren ist es möglich: „ . . . that the relation of the three main figures here reflects the influence of Giorgiones work ( = in Castelfranco)." 308 Die Madonna thront jedodi bei Giorgione zwischen den beiden Heiligen, nicht hinter ihnen, wie der Hieronymus des Bellini. Eine zusammenfassende Architektur gibt es bei Giorgione nicht, so daß der kompositionelle Zusammenhalt der Figuren lose bleibt. Zusammenhang bewirkt erst das sfumato, das bei Bellini fehlt. Giorgiones Heilige bleiben trotz ihrer Stellungen als Charaktere unbestimmt. Zwar sind sie kompositionell isoliert, doch ist aus dieser Vereinzelung kein Thema geworden wie bei Bellini. Auch zu Tizians Bild in der Sakristei von S. Maria della Salute 309 gibt es nur äußerliche Verbindungen. Landschaft fehlt bei Tizian überhaupt. Zum ersten Mal begegnet dafür bei ihm die Idee, den Ort der Figuren nur aus ikonographisch bedeutsamen Architekturformen, wie den Säulen hier, und dem freien Himmel zu bilden. Die Heiligen stehen bei Tizian in einer Gruppe, sie sind keine Einzelfiguren. Durch Wendungen und Gesten sind sie vielfach miteinander verbunden. Auch in seinem letzten Altarbild hat Bellini noch an der strengen Vereinzelung jeder Figur und der darin sich ausdrückenden Absolutheit ihrer Existenz festgehalten. Diese Auffassung ist für alle Entwicklungsstufen Bellinis bezeichnend, doch hat er erst allmählich gelernt, die Schwierigkeiten zu meistern, vor die sie ihn stellte. Auch im Spätwerk hat er neue Möglichkeiten des Zusammenhanges entwickelt. Eine solche Möglichkeit fand er in dem neuen, auf reich nuancierten und auf vielfadi verbundenen Zwischentönen aufgebauten Kolorit, eine andere in der Verwendung von Formen, die sich auf Rahmen und Bildebene beziehen. Diese Mittel sind weniger direkt als die früher gebrauchten, aber deshalb
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Robertson, 1968, S. 130. Dieses Werk hatte vermutlich in dem verlorenen Bild von I J O J , das Bellini für S.Cristoforo in Murano gemalt hatte, ein Vorbild. Zanetti, 1 7 7 1 , S. 51 f.: „In San Cristoforo a Murano v ' è una tavola di Giovanni al secondo altare alla sinistra con S. Girolamo, S. Pietro, e S. Paolo diptina come l'altare (von S. Giov. Crisostomo) nel 1 5 0 5 . Il carattere n'è grande e maestoso; ma d'altro parlar non si può, perchè il tempo, che quasi intieramente la consumò, non ne lascio il modo."
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nicht weniger wirksam. Sie erlauben auch da noch enge Zusammenhänge, w o die Vereinzelung der Figuren bis zur Einsamkeit gesteigert ist. Die Ruhe und die Feierlichkeit, die durch den dauernden Bezug auf Rahmen und Bildfläche in die Komposition einziehen, teilen sich auch den Figuren mit. Deren Feierlichkeit würde jedoch zur Starre, wäre sie nicht durch das neue Kolorit durch und durch belebt, das nicht mehr auf Einzelfarben gegründet ist, sondern auf Ubergänge 310 . Wegen des schlechten Erhaltungszustandes der Tafel kommt freilich das Kolorit kaum noch zur Geltung, was nicht nur die Wirkung des Bildes erheblich beeinträchtigt, sondern auch die Beurteilung ungewöhnlich schwierig macht. Zwei Jahre vor seinem Tod hat Bellini ein Werk vollendet, das wohl niemand mehr von ihm erwartet hätte: das Götterfest für Alfonso d'Este 311 (Abb. 62). Jahrelang hatte es Isabella d'Este weder an Schmeicheleien noch an Drohungen fehlen lassen, ein solches Bild von ihm zu bekommen. Daß Bellini es ein Jahrzehnt später für Alfonso I. doch gemalt hat, kann eigentlich nur heißen, daß er erst damals, im höchsten Alter, der Mythologie etwas abgewinnen konnte. Das Sujet geht auf eine der olympischen Geschichten bei Ovid zurück: Bei einem Fest der Götter, denen Nymphen und Satyrn aufwarten, versucht Priap, der schlummernden Lotis das Kleid zu lüpfen. In diesem Moment aber erhebt der Esel des Silenus ein durchdringendes Geschrei, das die Schlafende weckt. Eine Erzählung also, bei der alles auf einen Moment und eine Pointe ankommt. Das Bild ist für Eingeweihte gemalt, die mit der Geschichte vertraut sind und gerade das Aussparen der Pointe als neuen Reiz genießen können. Schauplatz des Gelages ist ein Hain. Es ist spät, die Schatten werden lang, und die Götter, des Weines voll, sind meist ihrer Glieder nicht mehr ganz mächtig. Der Gegensatz zwischen dem lüsternen und trunkenen Priap und der schönen und keuschen Lotis ist zum Thema des Bildes erhoben, nachdem sich auch die anderen Götter, selbst Apoll und Jupiter, in Aussehen und Gebaren von Priap kaum noch unterscheiden. Jedem von ihnen wäre zuzutrauen, was Priap im Sinn hat. Mit Ausnahme vielleicht des Apollo rechts, der bereits so trunken ist, daß ihm schon die Leier als Stütze herhalten muß und er die Schale nicht mehr allein zu Munde führen kann. Am würdevollsten betragen sich noch Kybele und Neptun. Die Komposition hat drei Teile, wobei im Vergleich zu Ovid das Verhältnis von Rahmen- und Haupthandlung verschoben wird: Die Geschichte von Priap und dem Esel des Silenus ist aufgespalten und als Anfang und Schluß benutzt, während das Götterfest zum Hauptteil wird. Links gibt es eine ausführliche Exposition: Ein Satyr schleppt neuen Wein heran, das Gelage ist noch nicht zuende, 8X0 VGL, 311
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Dussler, 1 9 4 9 , S. J I .
Robertson, 1 9 6 8 , S. 1 3 3 ff. hat die wichtigsten Probleme noch einmal zusammenfassend besprochen. Anders als in den früheren Arbeiten geht es bei den folgenden Überlegungen nicht um die Ikonographie und auch nicht um die Entstehungsgeschichte, sondern nur um einige kompositioneile Fragen. Vermutlich urteilt Battisti, S . 1 3 3 ff., richtig, wenn er annimmt, daß die O v i d t e x t e als literarisdie Basis des Bildes ausreichen.
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und auch der Bacchusknabe, dem zu Ehren das Fest stattfand, holt neuen Wein. Hinter ihnen steht deutlich sichtbar Silen mit seinem Esel, der alle anderen überragt. Es folgt, als Hauptsache, das Göttergelage. Durch die Gruppierung der Figuren und selbst durch die Bodenformationen ist dieser Teil von der Exposition geschieden. Das Gelage geht rechts in die Priap-Lotis-Episode über, doch ist auch diese wieder kompositioneil abgehoben. Die Götter selbst sind etwas schräg gruppiert, so daß an den Seiten nach vorn und hinten für Vor- und Nachspiel genug Platz bleibt. Die Pointe von Bellinis Disposition liegt gerade darin, daß die Geschichte nicht als Ablauf erzählt ist, sondern eigentlich nur der eine Moment, bevor der Esel anfängt zu schreien, ausgesponnen wird. John Walker hat durch Röntgenaufnahmen (Abb. 63) sowohl die ursprüngliche Komposition Bellinis als auch die Tizianschen Änderungen aufklären können 312 . Bei den Figuren sind diese Änderungen im einzelnen nicht sehr groß, aber trotzdem wichtig. Mit Sicherheit hat Tizian die Attribute der Götter eingefügt. Außerdem hat er versucht, durch neue Motive Bellinis Bild seinem eigenen anzunähern. So hat er bei Lotis und bei der Nymphe mit der Amphore die Brüste entblößt und aus Neptun und Kybele ein Hochzeitspaar gemacht. Ursprünglich fehlte die eindeutige Geste Neptuns, und Kybeles Arm war nicht um seine Schulter gelegt. Diese Änderungen bringen nicht nur neue erotische Züge in das Bild, sondern wirken sich auch auf die Komposition aus, denn sie verknüpfen die Einzelfiguren Bellinis stärker miteinander. Aus diesem Grund scheint Tizian auch mehrere Figuren verbreitert zu haben, wodurch die Abstände zwischen ihnen kleiner wurden. Freilich verloren die Figuren dadurch auch an Leichtigkeit und Beweglichkeit. Die Zwischenräume, die ihm Lücken scheinen mochten, hat Tizian an einigen Stellen auch durch Draperien ausgefüllt. Eine solche Draperie hat er z. B. bei der Nymphe, die hinter Jupiter steht, unter der Schale eingefügt. Bei der Nymphe mit der ausgestreckten Hand ist der Ärmel von ihm, bei der Nymphe mit der Amphore die Draperie über ihrer linken Schulter und bei Priap die Draperie über dem linken Arm. Leider lassen uns die Röntgenaufnahmen gerade bei einer wichtigen Stelle im Stich, bei Silvanus, der hinter dem Weinfaß sitzt. Die heutige Figur ist sicherlich ganz von Tizian gemalt. Ob ihr an dieser Stelle eine andere Figur vorausgegangen war, lassen die Fotos nicht erkennen. Da Silvanus aber die einzige Figur ist, die ganz von Tizian stammt, liegt die Vermutung nahe, daß sie auch von Tizian erfunden wurde. Für die Beurteilung der Komposition ist das nicht unwichtig, würde sie doch ohne diese Figur gewinnen, jedenfalls im Sinne Bellinis: Die Gruppen rechts und links wären deutlicher abgehoben, ihre Analogie wäre wirksamer, und die Selbständigkeit des Göttergelages in der Mitte wäre größer. Bellinis Darstellung der mythologischen Erzählung steht noch in der mora-
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Walker, S. 48 ff., auf den ich midi im folgenden stütze.
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lisierenden Tradition, Priap ist einer der „nemici della castità" 313 . Eindeutig hat Bellini die keuschen Nymphen über die Götter gesetzt. Tizians Preis der Liebe, des Weines und der sinnlichen Schönheit lag ihm fern, die Beisdirift: „Chi boyt et ne reboyt / Il ne scet que boyre soit" 314 wäre bei ihm undenkbar. Von einem scharfen Gegensatz zwischen Gut und Böse, Laster und Tugend kann jedoch auch bei Bellini nicht die Rede sein. Die Anwesenden gehören alle zur gleichen Sphäre. Sie zeigen verschiedene Stufen natürlichen Lebens, das jedoch - anders als bei Tizian - den moralischen Forderungen nach Keuschheit und Gesittung unterliegt, und diese Kontrastierung von Gesittung und Unbeherrschtheit paßt zu anderen Spätwerken, wie dem Scipiofries in Washington (Abb. 45). Am schwerwiegendsten sind die Veränderungen Tizians im Hintergrund. Bellini hatte einen Hain mit schlanken Bäumen auf hohen Stämmen gegeben315, Tizian dagegen hat im Hintergrund Felsen aufgetürmt, Bäche rauschen lassen und das Gehölz, wo er es beließ, zu Dickicht in Kontrast gerückt. Bellinis ursprüngliche Disposition zeigte mehrere aufeinander bezogene und ineinander verschränkte Zonen. So entsprachen die Figuren in der Höhe etwa dem Laubwerk der Bäume, ebenso korrespondierte der Abstand vom unteren Bildrand zu den Köpfen ungefähr dem von den Köpfen zum oberen Bildrand. Der hellen Vordergrundszone vor den Figuren scheint eine andere helle Zone zwischen ihnen und dem Beginn des Laubwerks entsprochen zu haben. Diese Lichtzone in der Mitte des Bildes war auch für die Figuren wichtig, die weiter in sie hineinreichten und an ihrer Helligkeit teil hatten. In dieser Zone war wegen der Abstimmung der Stämme auf die Figuren teilweise auch der Zusammenhalt der Komposition begründet. Rechts außen kann man auf dem Bild und auf den Röntgenfotos noch sehen, wie wichtig diese Zusammenhänge waren. So werden z. B. Lotis und Priap durch zwei Bäume gerahmt und dadurch verbunden. Der Baum rechts von Priap trennt die beiden zugleich von der Mittelgruppe. Hinter der Nymphe mit der Amphora betonte ein aufwachsender Stamm ihre Haltung. Ihre Nachbarin war von zwei schmaleren Stämmen eingefaßt, die sich über ihr verschränkten. Die Trennung zwischen Pan und der Nymphe mit der Majolikaschale wurde durch einen Baum verstärkt, die Nymphe selbst aber wieder von einer Gruppe von Stämmen hinterfangen. Bei aller Vereinzelung der Figuren muß audb dieses Bild ursprünglich den gleichen festen und zugleich freien Zusammenhang gehabt haben, den wir von den anderen Spätwerken Bellinis kennen. Wie immer bei Bellini, war es jedoch ein Zusammenhang von Einzelfiguren, nicht einer von Gruppen, wie bei Tizian.
,14 815
Die Formulierung stammt aus dem Programm, das Isabella d'Este für Peruginos Bild im studiolo ausarbeiten ließ. Braghirolli, 1 8 7 3 , S. 163 ff. Zitiert nach Panofsky, 1969, S. 100. Vgl. die Werkstattbilder mit dem Tod des Hl. Petrus Martyr in London (Davies, S. 6$ f.).
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VI Bellinis œuvre hat keinen Abschluß, sondern nur ein Ende. Weder im Gehalt noch in der Darstellungsweise gibt es eine alles einbeziehende Synthese. Sein Spätwerk zeigt viele Züge, die sich auch im Altersstil anderer Künstler finden, doch ist bei ihm auch im höchsten Alter keine den spezifischen Themen vorausliegende Sicht der Welt erkennbar, wie sie sich bei Tizian in der Bildern verschiedensten Sujets gemeinsamen Darstellungsweise ausdrückt316. Bis zum Schluß scheint die Verschiedenheit der Gattungen eine Rolle gespielt zu haben. Eine genauere Vorstellung läßt sich jedoch nur von den religiösen Werken gewinnen; bei den anderen Gattungen bleibt vieles rätselhaft und hypothetisch, denn die Historienbilder im Dogenpalast sind verloren, das Götterfest ist im einzelnen zu stark verändert, und von dem Scipiofries ist schon wegen mangelnder Vergleichsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit zu sagen, wie weit er eigenhändig ist. Zudem ist uns wegen der Überarbeitung des Götterfestes durch Tizian ein genaueres Studium des Kolorits verwehrt. Der Verlust wiegt umso schwerer, als die Indizien dafür sprechen, daß aucii das Kolorit der erzählenden Bilder von dem der religiösen verschieden war. Nimmt man an, Tizian habe vielleicht einzelne Farben, aber nicht das Kolorit im ganzen verändert, dann lehrt das Götterfest, daß Bellini bei diesem erzählenden Bild anderen Prinzipien gefolgt ist als bei seinen religiösen. Das Kolorit ist hier nicht in erster Linie verbindend, sondern trennend. Jede Farbe ist von ihrer Umgebung isoliert und abgehoben, doch wird sie an anderen Gegenständen im Bild wiederholt. Der allgemeine Charakter von dem die erreichbaren Farbreproduktionen einen falschen Eindruck geben, ist kühl und hell. Beherrschend sind Weiß und helles Blau. Blau gibt es beim Mantel des Bacchusknaben und dem der beiden Nymphen mit der Wasserschale und dem Gefäß auf dem Kopf, außerdem im Unterkleid Apollos. Weiß gibt es beim Bacchusknaben, bei Merkur, dem Ärmel Jupiters, dort zusammen mit dem Blau, das auch Merkurs Strümpfen beigegeben ist. Ferner gibt es Weiß bei allen Nymphen und bei Priap. Lotis schließlich ist ganz in Weiß gekleidet. Das Inkarnat ist in der Regel dunkel, fast hellbraun, hellt sich aber bei den Nymphen auf. Die Wahl der Farben ist charakterisierend, denn die hellen und kühlen Farben sind vornehmlich den Nymphen gegeben, und außerdem lichtet sich das Gesamtkolorit nach rechts zu, wo mehr und mehr die Nymphen dominieren. Die Übergänge zwischen den Einzelfarben sind nicht verbindend, sondern stufenweise trennend, ganz anders also als bei den späten Altarbildern Bellinis. Setzt man voraus, daß die am Götterfest getroffenen Beobachtungen allgemein für erzählende Bilder aus Bellinis Spätzeit gelten, dann rücken auch die religiösen Werke dieser Periode in ein anderes Licht. Unterschiede wie die zwischen der Pala di S. Giovanni Cri-
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Allgemein zur Charakterisierung spezifischer Altersstile: Badt, 1956, S. 244.
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sostomo von 1 5 1 3 und dem Götterfest von 1 5 1 4 sind dann nicht zufällig, sondern Indiz für eine wesentliche Verschiedenheit der Gattungen. Die Gattungen sind Bellini keine starr vorgegebenen Kategorien gewesen, sondern wurden auf jeder Stufe seiner Entwicklung neu definiert. Welche Rolle dabei, vor allem im Spätwerk, Einwirkungen von außen gespielt haben, könnten nur ausgreifende Untersuchungen zeigen, die anders als die hier vorgelegten nicht von einzelnen Werken, sondern von der historischen Gesamtsituation ausgehen müßten. Ob solche Untersuchungen schon möglich sind, ist fraglich. Vermutlich müßte ihnen erst durch exemplarisch verfahrende Detailforschung vorgearbeitet werden. Solange der größere Zusammenhang, in dem Bellinis oeuvre steht, noch so wenig geklärt ist wie bisher, sind zur geschichtlichen Bedeutung seiner Kunst kaum mehr als Vermutungen möglich. Immerhin zeichnet schon jetzt sich ab, daß die Emanzipation der Kunst, die sich in Italien im 15. Jahrhundert auf den verschiedensten Ebenen vollzog, auch bei Bellini Spuren hinterließ. Dies zeigt sich u. a. in der Organisation der Werkstatt und in Bellinis Stellung zu den einlaufenden Aufträgen, außerdem - und das ist wichtiger - in seinem reflektierten Verhältnis zu den überlieferten Themen. Am deutlichsten wird dies bei den religiösen Bildern, wo in immer wechselnder Weise eine Neubegründung der christlichen Malerei versucht ist, die sich auf die Themen und ihre besondere Darstellung gründet, nicht mehr auf den Gebrauch, der in Kirche und privater Andacht von den Bildern gemacht wurde. In der Frühzeit scheint der Ausgangspunkt eine stärkere Anlehnung an die Texte gewesen sein, und eine genauere Reflexion der theologischen Problematik zeigt sich bis in die Spätwerke immer wieder. Sie wurde notwendig, nachdem die Bilder nicht mehr bereits durch ihren Gebrauch legitimiert waren, sondern sich jeweils neu durch ihren spezifischen Gehalt ausweisen mußten. Seit den siebziger Jahren scheint für Bellini mehr und mehr das Problem der Heiligendarstellung in den Vordergrund getreten zu sein, was bei der Zwischenstellung der Heiligen zwischen den Menschen und den göttlichen Personen nicht überrascht. Analog dazu wurde bei der Darstellung Christi das Paradox seines gottmenschlichen Charakters zum Thema. Bellini scheint es vor allem auf Abgrenzung angekommen zu sein, die er zunächst mittels einer Hierarchie von Stillagen und einer entsprechenden Zuordnung der darzustellenden Personen zu geben versuchte. Bei der Pala di San Giobbe ist er von einer durch die Heiligen verkörperten Idealität ausgegangen und in den achtziger Jahren (Triptychon von S. Maria dei Frari) von der individuellen Besonderheit derer, die als Heilige gelten. Im Vergleich zu diesen Versuchen zeigen spätere Werke, wie die Pala di San Zaccaria, Spuren von Verzicht, des Verzichts auf die unmittelbare Darstellung heiliger Personen in ihrer religiösen Bedeutsamkeit. Inhaltlich hat sich das Verhältnis der Personen, etwa der Heiligen zu den in den Porträts Dargestellten, auf jeder Stufe geändert, Gleichsetzung aber gibt es nirgends. Auch einzelne Elemente der religiösen Bilder haben zu verschiedenen Zeiten verschiedenen Stellenwert. So gewinnt die Landschaft, die zunächst zu den Figuren und
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um der Figuren willen erfunden war, in einigen Spätwerken so viel Eigengewicht, daß sie zu den Figuren als fast gleichberechtigtes Gegenüber in Kontrast treten kann. Für alle Perioden Bellinis ist das Komponieren mit Einzelfiguren charakteristisch, die Einzelpersonen in ihrer Besonderheit, aber auch in ihrer Isolierung und manchmal sogar Einsamkeit darstellen. In einer Epoche, in der nach Burckhardts Darlegungen 317 das Problem der Individualität und der Emanzipation des Einzelnen in Italien allenthalben thematisch wurde, gehört wahrscheinlich auch dieser Aspekt der Bellinischen Kunst in einen größeren historischen Zusammenhang. Solche Einwirkungen sind keineswegs ohne Krise vor sich gegangen, und Bellini ist der entstehenden Probleme durchaus nicht immer völlig Herr geworden. Es gehört aber zum Rang seiner Kunst, daß sie sich der geschichtlichen Problematik nicht entzogen, sondern sie in sich ausgetragen hat. Vermutlich ist es dazu nicht so sehr durch ein höheres Geschichtsverständnis Bellinis gekommen, als durch die schon bei den frühesten Werken erkennbare Tendenz, sich ganz den Themen zu überlassen, so daß Bellini gerade bei der Versenkung in die Sache der geschichtlichen Problematik begegnete, und zwar nicht als abstrakt allgemeiner, sondern vermittelt in den spezifischen Problemen des jeweiligen Bildes.
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Vgl. den Abschnitt „Entwicklung des Individuums" in Burckhardts „Kultur der Renaissance in Italien".
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Abbildungsnachweis Alinari: Abb. 42, 52, 57 Anderson: Abb. 43, 53, 65 Boehm: Abb. 1, 2, 3, 4, 6, 7, 10, 1 1 , 13, 20, 21, 22, 23, 24, 2 j , 26, 27, 31, 32, 34, 3J, 36, 37, 39, 40, 5°. J5> 56. 59»
64
Copyright: The Frick Collection, New York: Abb. 30 Kunsthistorisches Institut Florenz: Abb. 12, 16, 17. Museen: Abb. 5, 8, 9, 14, 15, 18, 19, 28, 29, 30, 33, 38, 41, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 51, 54, 58, 60, 62, 63 The National Gallery, London (reproduced by courtesy of the Trustees): Abb. 5, 8, 9, 19, 51, j8, 60
Verzeichnis der Bilder Bellinis Vorbemerkung: Aufgenommen sind nur Bilder, die im Text erwähnt werden, darunter auch solche, die m. E. nicht von Bellini sind, ihm aber von anderen Autoren zugeschrieben worden sind. Bari Pinacoteca S. 52 f.
Provinciale,
Baltimore Walters Art Gallery, Anm. 268
St. Petrus Matyr,
Sacra Conversazione;
Bergamo Accademia Carrara, Pietà, S. i f., 13, 15 Berlin-Dahlem Staatliche Museen, Auferstehung Christi, s 22 - > 2 7i 37 f-» 39 f-> 41 ff-, 91 Pietà (mit Engeln), S. 47 Pietà (mit Maria u. Johannes), S. 81 Besancon Musée des Beaux-Arts, Anm. 271
Trunkenheit Noahs;
Birmingham Barber Institute of Fine Arts, H l . Hieronymus, S. 13 Cornbury Park Coli. Watney, Sacra Conversazione; merkung 268 Detroit Institute of Arts, Madonna, Anm. 271, 282, 304 Düsseldorf Städtisches Kunstmuseum, sazione; Anm. 268
An-
S. 98, 100;
Sacra
Conver-
Florenz Uffizien, Beweinung Christi, S. 78, 81 „Sacra Allegoria", S. 69, 83 ff.; Anm. 286 Coli. Contini Bonacossi, Kreuzigung, S. 12 H l . Hieronymus, S. 38 f., 42
Porträt Jörg Fugger, S. 28, 31 f. Coli. Conte Niccolini da Camugliano, Kruzifix; Anm. 238 London Kunstmarkt,
Sdiächer am Kreuz; Anm. 238
National Gallery, „Sanguis Christi", S. 4, 13 Christus am ö l b e r g , S. 6 ff., 13, 40 f. Beschneidung Christi, S. 78, 81 Madonna auf der Wiese, S. 86, 92, 97; Anm. I2 s
.
Pietà, S. 27, 47 P o r t r ä t des Dogen Leonardo Loredan, S. 86, 97 f. Tod des H l . Petrus M a r t y r ; Anm. 238 Courtauld Institute, Tod des H l . Petrus M a r t y r ; Anm. 238 Mailand Coli. Bagatti Valsecchi, S. Giustina, S. 14, 18 f., 22, 32 Museo di Brera, Madonna (mit griech. Inschrift), S. 47 f. Madonna (1510), S. 80, 86, 92, 98 f., 100 Pietà, S. 1, 14, 15 ff., 18, 39; Anm. ¡4 Museo Sforzesco, Madonna, S. 3, 14 Murano S. Pietro Martire, H i m m e l f a h r t Mariae, S. 79 fVotivbild des Dogen Agostino Barbarigo, S. 24, 61 f.,79 f., 87 ff., 100 Neapel Gallerie Nazionali di Capodimonte, Verklärung Christi, S. 15, 23, 25, 38, 40, 42, 43 ff-> 93 f-; Anm. j4, 76 New York Coli. Frick, H l . Franziskus, S. 38, 41 f.
Verzeichnis der Bilder Bellinis Coli. Lehman, Madonna, S. 3, 13 Metropolitan Museum oj Art, Davis, S. 4, 5, 13
Madonna
Paris Musée du Louvre, Christus, S. 4 f., 14, Anm. 49 Pavia Museo Malaspina, Madonna, S. 13 Pesaro Museo Civico, Gottvater; Anm. 291 Johannes d. T. (Kopf), S. 12 Kreuzigung, S. 1 2 ; Anm. 38 Marienkrönung, S. 15, 23 f., 25 ff., 28 ff-, 40, 42, 52 f., 74, 80; Anm. 76, 142 Philadelphia Museum of Art,
Madonna Johnson, S. 3,
13 Pietà, S. 14, 17 f., 39; Anm. 62
Rom Pinacoteca Capitolina, Männerporträt, S . J 3 Pinacoteca Vaticana, Salbung Christi, S. 27, 29. 35 f-. 46; Anm. 93 Stuttgart Staatsgalerie, Grablegung, S. 81 Toledo Kathedrale,
Scuola Grande di S. Marco, Martyrium des Hl. Markus; Anm. 238 Trunkenheit Noahs (Entwurf), S. 22, 38 f. S. Francesco della Vigna, Sacra Conversazione, S. 79 f. S. Giovanni Crisostomo, Altarbild, S. 80, 86, 99 ff., 105 f.; Anm. 268 SS. Giovanni e Paolo, Sacra Conversazione (verbrannt), S. 14 f., 19 f., 23, 27 f., 32, 39, 49, 51 fTriptychon des Hl. Vincenz Ferrer, vgl. unter Lauro Padovano S. Maria della Carità, chiaroscuri (ehemals), S. 25 ; Anm. ¡9 Triptychen, vgl. bei: Gallerie dell' Accademia S. Maria
R imini Pinacoteca,
Dogenpalast, Historienbilder (ehem.), S. 1 1 , 22, 56 ff., 87, 89 f.,105 Pietà, S. 21
Grablegung, S. 81
Venedig Gallerie dell' Accademia, Allegorien, S. 89 Christuskopf, S. 53 Madonna degli alberetti, S. 21 Madonna Giovanelli; Anm. 271 Madonna mit schlafendem Kind, S. 3 f., 14 Madonna mit totem Christus, S. 86, 96 f. Pala di S. Giobbe, S. 22 f., 26 f., 48 ff., 73 f., 76 f., 83, 85, 87, 89, 91, 99, 106 Triptychcn aus S. Maria della Carità, S. 1 1 , 14 f., 18 f., 25; Anm. 30, 42, 78 Verkündigung, S. 89 f. Museo Civico Correr, Pietà, S. 2 f., 1 3 ; Anm. 9/ Verklärung Christi, S. 5 ff., 13, 18
dei Frari,
Triptychon, S. 50 f.,
74, 75 ff., 87, 89, 90, 106 S. Maria dell' Orto, Madonna; Anm. 62 S. Salvatore,
Emmaus, S. 79
S. Zaccaria, Sacra Conversazione, S. 20, 50 f., 69, 72 fr., 79, 86 f., 90 f., 92, 97, 100, 106 Darstellung im Tempel; Anm.
24j
Verona Museo di Castelvecchio, Darstellung im Tempel, S. 78, 81 Vicenza S. Corona, Taufe Christi, S. 86 f., 90, 93 ff., 97 W a s h i n g t o n , D. C., National Gallery, Götterfest, S. 86 ff., 90, 102 ff. „Mildherzigkeit des Scipio", S. 63 f., 104 f.; Anm. 108 Wien Kunsthistorisches Museum, Venus; Anm. 282 Zeichnungen,
S. 24 f.
Verzeichnis der Künstlernamen Altichiero Anm. 95
G e n t i l e da S-57
Angelico, Fra Anm. 78, 94
Ghirlandaio, Domenico S. 48; Anm. 294
A n t o n e l l o da Messina S. 26 ff., 52; Anm. 46, 238
Giorgione S. 41, 72 f., 77 f., 87 f., 91 fi., 101 ; Anm. 268
Antonio S-57
Giotto S. 30, 38
Veneziano
Fabriano
Bastiani, Lazzaro S. 12, 70; Anm. 23j
Giusto de'Menabuoi Anm. 47, 95
Bellini, Gentile S. ioff., 56 ff., 68, 70, 81; Anm. 39, 42, 238
Guariento S. $7 f.; Anm.
Bellini, Jacopo S. 2, 10 f., 35, 4$, 70, 81; Anm. 42
Lauro Padovano S. 12 f., 70; Anm. _J7, 42
Bellini, Leonardo Anm. 76
L e o n a r d o da S. 68 f.
Belliniano, Anm. 2j8
Lippi, S-33
Vittore
ij6
Vinci
Filippino
Botticelli, Sandro S. 4 f., 45, 48
Lombardo, Pietro S. 49 f.; Anm. 142
Carpaccio, Vittore S-4, 59 f-, 63 f-> 65 U 68 f.
Lotto, Lorenzo Anm. 271
Cima da C o n g e l i a n o , Battista S. 30, J2, 93; Anm. 78, 261 Correggio, S.ji
Antonio
Donatello S. 2, 40, 68 f.; Anm. 76
Giovanni
Mantegna, Andrea S. 2 f., j, 7 fi., 10 ff., 13 ff., 17, 20, 30 f., 35, 41, 45, 63, 68 f., 80, 82, 8j, 91; Anm. j , 76, 224 Marconi, S. 80 Masaccio Anm. 140
Durer, Albrecht Anm. 1, 261
Michelangelo S. 96
Gambarata, Anm. 22$
Montagna, S. 22
Girolamo
Rocco
Bartolomeo
I20 Padovano, vgl. Lauro
Verzeichnis der Künstlernamen Salviati, Anm. 212
Francesco
P a l m a , G i o v a n n i d. J . S. 65
Salviati, S. ¿5
Giuseppe
Perugino, Pietro S. 46, 57, 82, 95 f., Anm. 313
Sansovino, Anm. 207
Piero della S. 30, 40, 68 Pisanello, S.57
Lauro
Francesca Vittore
P o1y k 1et S. 48 f. Raf f ael S. 45 f., 51, 54» 68 f., 71, 78 Rembrandt S. 63, 72 Rizzo, Antonio Anm. 39
Jacopo
Tintoretto S- 72, 79 T izian S. 60, 72 f., 87, 91 ff., 98, 101, Anm. 268 Verrocchio, S.95f.
Andrea
Vivarini, Alvise S. 3 f., 52, 56 fi., 64 f.; Anm. 95, 142 Vivarini, Bartolomeo S. 3, 12 f.; Anm. 39,
Rubens S. 78
Zoppo, Marco S. 23; Anm. 37, 93
Ruggeri (Familie) S. 12 f.; Anm. 39
Zuccari, S. 65
Francesco
103 ff.;
BILDTAFELN
i . G i o v a n n i Bellini: P i e t à . B e r g a m o , A c c a d e m i a C a r r a r a .
2. G i o v a n n i B e l l i n i : P i e t à . V e n e d i g , M u s e o C o r r e r .
3. G i o v a n n i Bellini: Madonna. N e w Y o r k , Metropolitan Museum of Art, D a v i s Bequest.
4- G i o v a n n i Bellini: M a d o n n a . V e n e d i g , G a l l e r i e d e l l ' A c c a d e m i a .
5- G i o v a n n i Bellini: „Sanguis Christi". London, N a t i o n a l Gallery.
6. G i o v a n n i Bellini: C h r i s t u s . P a r i s , L o u v r e .
7- G i o v a n n i Bellini: T r a n s f i g u r a t i o n . V e n e d i g , M u s e o C o r r e r .
12. G i o v a n n i Bellini (Stich v. Z a n o t t o ) : A l t a r b i l d . E h e m a l s V e n e d i g , SS. G i o v a n n i e P a o l o .
l}. G i o v a n n i Bellini: Santa
Giustina.
M a i l a n d . Slg. B a g a t t i - V a l s e c c h i .
14. G i o v a n n i B e l l i n i : H l . A n t o n i u s A b b a s . V e n e d i g , Gallerie
dell'Accademia.
15- G i o v a n n i Bellini: H l . J o h a n n e s d. T. Venedig, Gallerie dell'Accademia.
16. G i o v a n n i Bellini: Heilige. Ehemals Slg. Koenigs.
1 7 . G i o v a n n i Bellini: Johannes d. T . Ehemals Slg. Koenigs.
18. A n t o n e l l o da M e s s i n a : P i e t à . M a d r i d , P r a d o .
19. G i o v a n n i B e l l i n i : P i e t à . L o n d o n , N a t i o n a l
Gallery.
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20. G i o v a n n i Bellini: M a r i e n k r ò n u n g . Pesaro, Museo Civico.
2 i . G i o v a n n i B e l l i n i : St. P e t r u s u. St. P a u l u s . D e t a i l aus A b b . 20.
2 2 . G i o v a n n i B e l l i n i : St. H i e r o n y m u s u. St. F r a n z i s k u s . D e t a i l aus A b b . 20.
G i o v a n n i Bellini: J ö r g F u g g e r . F l o r e n z , Slg. C o n t i n i Bonacossi.
24- G i o v a n n i Bellini: H l . Hieronymus. Detail aus Abb. 20.
25- Giovanni Bellini ( K o p i e ? ) : H l . Hieronymus. Florenz, Slg. Contini Bonacossi.
z6. G i o v a n n i B e l l i n i : H l . A n t o n i u s D e t a i l aus A b b . 20.
v.Padua.
27. G i o v a n n i B e l l i n i : P i e t à . R o m , P i n a c o t e c a V a t i c a n a .
28. G i o v a n n i Bellini
3o. G i o v a n n i B e l l i n i : H l . F r a n z i s k u s . N e w Y o r k , T rick C o l l e c t i o n .
3 i . G i o v a n n i B e l l i n i : H l . F r a n z i s k u s . D e t a i l aus A b b . 20.
G i o v a n n i Bellini: C h r i s t u s k o p f . V e n e d i g , G a l l e r i e d e l l ' A c c a d e m i a .
34- G i o v a n n i B e l l i n i : A l t a r b i l d a u s S. G i o b b e . V e n e d i g , G a l l e r i e d e l l ' A c c a d e m i a .
3 J . G i o v a n n i B e l l i n i : H l . F r a n z i s k u s . D e t a i l aus A b b . 34.
36. G i o v a n n i B e l l i n i : H I . S e b a s t i a n . D e t a i l aus A b b . 34.
37- Giovanni Bellini: P o r t r ä t . Rom, Pinacoteca Capitolina.
Giovanni Bellini: HI. Petrus M a r t y r . Bari, Pinacoteca Provinciale.
39- G i o v a n n i Bellini: M a d o n n a . M a i l a n d , P i n a c o t e c a di B r e r a .
4 i . K o p i e nach G i o v a n n i Bellini (?): A l e x a n d e r I I I . u n d D o g e Z i a n i . F l o r e n z , U f f i z i e n .
4 2 . G i o v a n n i B e l l i n i : A l t a r b i l d . V e n e d i g , S . M a r i a dei F r a r i .
47- Carpaccio (nach Bellini ?): „Historia de A n c o n a " . Sacramento, C a i . , E. B. Crocker A r t G a l l e r y , recto. 48. Miniatur des 14. J h . : „Historia de A n c o n a " . Venedig, Museo Correr.
5 2. Giovanni Bcllini (Werkstatt): Darbringung im Tempel. Verona, Museo di Castelvecchio.
5 5- G i o v a n n i B e l l i n i (?): V e r k ü n d i g u n g . V e n e d i g , G a l l e r i e d e l l ' A c c a d e m i a .
57- G i o v a n n i Bellini: T a u f e Christi, Vicenza, S. Corona.
58. Giovanni Bellini: P o r t r ä t des Dogen Leonardo Loredan. London, N a t i o n a l Gallery.
6o. Giovanni Bellini: „Wiesenmadonna". London, N a t i o n a l Gallery.
G i o v a n n i Bellini: G o t t e r f e s t . W a s h i n g t o n D . C., N a t i o n a l G a l l e r y , W i d c n e r C o l l e c t i o n .
63- R ö n t g e n a u f n a h m e v o n A b b . 62.
65- G i o v a n n i Bellini: A l t a r b i l d . V e n e d i g , San Z a c c a r i a .