Werden. Sein. Vergehen: Zur Grundlegung der Philosophie auf naturwissenschaftlicher Basis [Reprint 2019 ed.] 9783111647982, 9783111264677


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German Pages 110 [112] Year 1897

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
1. Einleitung
2. Raum und Zeit. Substanz, Energie und Denken
3. Das elektromagnetische Bewegungssystem und das Atom
4. Das Verhalten der Uratomringe zu einander
5. Der geologische und biologische Kreisprocess
6. Das allgemeine Denken
7. Der Bewusstseinsprocess im Atom
8. Das höhere psychische Leben
9. Die Form des Weltalls
10. Das Unsterblichkeitsproblem
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Werden. Sein. Vergehen: Zur Grundlegung der Philosophie auf naturwissenschaftlicher Basis [Reprint 2019 ed.]
 9783111647982, 9783111264677

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Werden. Sein. Vergehen. Zur Grundlegung der Philosophie auf naturwissenschaftlicher Basis. Von

Adolf

Drescher, Dr. med.

M i t 17

Abbildungen.

Giessen J. R i c k e r s c h e

Buchhandlung

1897.

Vorwort. Die nachstehende Abhandlung stellt die Ergebnisse einer Reihe von Untersuchungen zusammen, die, von verschiedenen Ausgangspunkten unternommen, schliesslich in einen Knoten zusammenliefen, den man als die Basis jeder naturwissenschaftlichen und philosophischen Forschung zu betrachten hat, die F r a g e n a c h d e m W e s e n d e r S u b s t a n z . Trotz der K a n t s c h e n These, dass das „Ding an sich" für uns unerkennbar sei, und der Proklamation des D u b o i s s e h e n Ignorabimus diesem Problem gegenüber hat man sich immer wieder bemüht, der Angelegenheit auf den Grund zu kommen, ohne im wesentlichen, falls man im Sinne des Idealismus verfuhr, über ein Gespinnst ungreifbarer Schemen hinauszukommen oder, sofern man die materialistische Betrachtungsweise anwandte, die alten D e m o k r i t s c h e n Atome endgiltigüberwinden zu können. Zwar ist seit S p i n o z a die m o n i s t i s c h e Idee nicht mehr aus der Philosophie verschwunden, allein die exakte Definition dafür zu finden, wie das Princip der Energie und des allgemeinen Denkens in der einen absoluten Weltsubstanz koincidiert, ist bisher ein frommer Wunsch geblieben. Das Fehlerhafte der seitherigen Betrachtungsweise führt auf das eingewurzelte Dogma zurück, das „unveränderliche" Substrat des Weltgeschehens könne rücksichtlich seines Seins nicht anders gedacht werden, als wie wir die Dinge der Körperwelt, den Fluss der Zeit überdauernd, uns vorzustellen gewohnt sind, obwohl der Anblick einer auf der Oberfläche eines Wasserspiegels fortschreitenden Welle es

IV

Vorwort.

immerhin hätte nahe legen sollen, die im Wechsel des dynamischen Substrates, auch was dessen Essentialität überhaupt anlangt, sich erhaltende F o r m als das für den Begriff der Dauer Wesentliche anzuschauen. So jedoch war man zu dem folgenschweren Irrtum gekommen, unveränderliche, d. h. tote statt lebendige Bausteine für das Weltgebäude zu statuieren, an die schon sehr gezwungen die eine Seite des „Lebens", die Dynamik, sich angliedern liess, denen dessen zweites Attribut, das des allgemeinen Denkens, naturgemäss völlig fremd bleiben musste. Einen Anhaltspunkt für die Annahme des „ m e t a b o l i s c h e n " Princips ergab insbesondere die Erwägung, dass die U n e n d lichkeit des Universums das ewige W e r d e n und Verg e h e n postuliert, da der Begriff des Unendlichen sich direkt mit den Begriffen des Werdens und Vergehens, nicht aber des Seins identificiert, demnach auch das unendliche Substrat des Weltgeschehens, die S u b s t a n z , nicht als u n v e r ä n d e r l i c h e , sondern nur als in i h r e m S e i n f l i e s s e n d e Realität gedacht werden muss. Sobald einmal erkannt war, dass die Substanz nach Art der Welle ihre in A t o m e gesonderte Individualität vermöge des Kreislaufs des Werdens und Vergehens konstant erhält, war es die nächste Aufgabe, deren dynamische Struktur in ihren Einzelheiten zu erforschen. Die bekannte Doppelwirkung der Materie, Attraktion und Repulsion, nebst den bereits mit einiger Sicherheit zu ermittelnden Eigenschaften der elektrodynamischen Mechanik bot die Möglichkeit, das stoffliche Urgebilde in der Form des A t o m r i n g e s zu eruieren. Obwohl sich gegen die aufgestellte Hypothese mancherlei Einwände erheben lassen, so ist doch nicht zu verkennen, dass damit eine grosse Reihe physikalischer und chemischer Thatsachen zwanglos sich erklären lässt, und dass, wenn sich auch manches als korrekturbedürftig herausstellen dürfte, das metabolische Princip als solches davon nicht berührt wird.

Vorwort.

V

Kaum antastbar dürfte die Erklärung der F e r n e w i r k u n g sein, als beruhend auf der algebraischen Summierung der zur Superposition gelangenden differenten Substantialitätsphasen der den einzelnen Atomen zugehörigen Wirbelmassen. Je nach Dichte und Drehrichtung werden dadurch statische Druckdifferenzen zwischen den Ringen gebildet. Ebenso gelingt die Erklärung der Natur der s t r a h l e n d e n W ä r m e als einer Induktionserscheinung, ausgehend von oscillierenden Atomkomplexen und teils übermittelt durch das eigene Wirbelgerüst, teils transformiert, d. h. gebrochen, reflektiert etc. durch dazwischen gelagerte andere Atomringe nach Art der H u y g h e n s schen Elementarkugelwellentheorie. Ein besonders wichtiges Resultat ist ferner die Erkenntnis, dass die K o n s o l i d a t i o n der Masse in den Himmelskörpern nur solange dauert, als ihr durch kompensatorische D i s g r e g a t i o n in den Interastralräumen das Gleichgewicht gehalten wird. Wodurch die primäre Sonderung der Stoffthätigkeit in Association und Dissociation, wie sie der Beginn der Entwicklung des K a n t - L a p l a c e s c h e n Urnebels erfordert, eintritt, ist noch schwer zu sagen, ebenso bietet die Erklärung der verschiedenen Aggregatzustände noch mannigfache Schwierigkeiten. Eine sehr wesentliche Vereinfachung haben die Fragen rücksichtlich des g e o l o g i s c h e n u n d b i o l o g i s c h e n K r e i s p r o c e s s e s erfahren. Beide beruhen auf einer cyklischen Mitbewegung der Erdoberfläche, die durch den Wärmestrom, der von der Sonne ausgeht und in den Weltraum sich ergiesst, unterhalten wird. Dabei stellt der biologische Kreislauf eine Unterabteilung des geologischen dar, eine Auffassung, die deshalb umso plausibler wird, als sich die Substanz infolge ihres metabolischen Existenzmodus bereits schon in anorganischer Form auch in psychischer Hinsicht als „belebt" erweist. Das p s y c h i s c h e P r o b l e m erforderte zunächst eine Sichtung der seitherigen Anschauungen über das Wesen der Seele. Hier fand sich, dass nur zwei Bewusstseinsprincipien, das

VI

Vorwort.

W o l l e n und das F ü h l e n , das Primäre der Thätigkeit einer Icheinheit darstellen, dass das eigentliche E r k e n n e n aber die Zusammenfassung aller Veränderungen ist, die das zu einem psychischen Individuum cyklisch abgerundete Wollen und Fühlen erfährt, aus denen das Wirken des Nichtichs auf das Ich, bezw. dessen Reaktion auf die äussere Beeinflussung erkannt wird. Das Ergebnis, dass die Uratome durch die Veränderung ihres Wollens und Fühlens bereits denkende Icheinheiten sein müssen, mit der durch die Betrachtung ihres dynamischen Verhaltens erkannten Möglichkeit, durch Verschmelzung mit anderen ihre Individualität partiell oder total verlieren zu können, um sie jedoch stets wieder zu regenerieren, lieferte die weiteren Folgerungen über die Mechanik des Bewusstseinsprocesses in höheren Formen relativ ungezwungen. Das wichtige Resultat, dass die S u m m e des a l l g e m e i n e n D e n k e n s k o n s t a n t sein müsse, konnte bei der Koincidenz des psychischen Processes mit dem dynamischen nicht überraschen, wohl aber dürfte die extremste Konsequenz, dass die F o r m des W e l t a l l s in j e d e r H i n s i c h t s i c h s e l b s t g l e i c h b l e i b e n müsse, nicht sofort Anerkennung finden, obwohl dadurch nur dem Gedanken Ausdruck gegeben worden ist, dass das Weltall die denkbar grösste Vollkommenheit besitzen müsse, dass es die Summe des Inhaltes, den es nach der gewöhnlichen Anschauung erst im Verlaufe der unendlichen Zeit gewinnen kann, in jedem Augenblick schon enthält, indem für alle Bildungsmöglichkeiten der Substanz im unendlichen Weltraum die Existenzbedingungen bereits als simultan vorhanden angenommen werden. M ü n z e n b e r g , im Mai 1896. Dr. Adolf Drescher.

Inhalt. Seite

1. Einleitung 2. Raum und Zeit.

I 6

Substanz, Energie und Denken

3. Das elektromagnetische Bewegungssystem und das Atom 4. Das Verhalten der Uratomringe zu einander

. . . .

14 28

5. D e r geologische und biologische Kreisprocess

55

6. Das allgemeine Denken

65

7. Der Bewusstseinsprocess im Atom

73

8. Das höhere psychische Leben

76

9. Die Form des Weltalls 10. Das Unsterblichkeitsproblem

92 98

I. Einleitung. Die psychische Aktivität des tierischen Gehirnes fasst einen Stammbesitz an Bewusstseinselementen zu einer Einheit zusammen, die wir I c h nennen, und bringt in dessen Veränderungen die Existenz, d. h. das W i r k e n eines N i c h t i c h s , zur Vorstellung. Das v e r ä n d e r t e Ichempfinden, die Abfolge der Vorstellungsreihe, hat ihr materielles Substrat innerhalb der Hirnganglien in gewissen Atombewegungen, die durch eine K e t t e von einander abhängiger Processe mit den Dingen der Aussen weit, den E r k e n n t n i s o b j e k t e n , in Verbindung stehen. Diese Reihen als Zwischenglieder, wie die Dinge selbst, als die ihrem Dasein und Wirken nach zu erkennende Realität, kommen demzufolge nicht als Wesenheiten w i e s i e s i n d zur Vorstellung, sondern ausschliesslich in den Endeffekten, die sie in den Gehirnganglien bewirken. Das Nichtich, die Aussenwelt, wird darum nicht als „Ding an sich" erkannt, sondern lediglich in der E r s c h e i n u n g , die in dem Spiegel des Selbstbewusstseins, des Ichs, sich von ihm bildet. Da das Erkenntnisobjekt neben seiner stofflich-dynamischen Erscheinung s e l b s t ein denkendes Wesen sein kann, wie z. B. das Gehirn eines lebenden Menschen — während unser eigenes Gehirn seinerseits den Ausgangspunkt für eine Erkenntnisreihe abgeben kann, die in diesem zweiten Erkenntnisapparat endigt, demnach ein erkennendes Subjekt zum erkannten Objekt werden kann und umgekehrt — so ist es klar, dass wir von einem t h ä t i g e n Gehirn erst recht eine unvollständige Erkenntnis haben, wenn wir es, wie die Dinge der Aussenwelt ganz allgemein, n u r als bewegte Materie betrachten, da wir D r e s c h e r , Werden. Sein. Vergehen.

1

2

Erkenntnistheoretisches.

aus der Selbstbeobachtung unseres eigenen Gehirnes wissen, dass die Aktivität der Gehirnganglien (was wir bei anderen Menschen n i c h t sinnlich wahrnehmen können) auch noch den psychischen Process in sich einschliesst. W a s wir durch Selbstbeobachtung über den psychischen Inhalt unserer Gehirnthätigkeit wissen, ist a b s o l u t e E r k e n n t nis. W i r erkennen die innere Aktivität unseres Hirnes als das, was sie in Wahrheit ist, als W o l l e n u n d F ü h l e n . W a s wir dagegen von der Aussenwelt wissen, auch von einem zweiten thätigen Gehirn, ist das B i l d , das wir von ihnen in der Veränderung unseres Ichbewusstseins, der subjektiven Einheit unseres (potentiellen) Wollens und Fühlens, erkennen, ihre E r s c h e i n u n g , nicht ihre adäquate Wesenheit, insbesondere nicht die psychische Thätigkeit. Da wir nun kein Mittel haben, die Totalität des Wesens der Dinge zu erkennen, so müssen wir sie so nehmen, wie sie uns unsere Erkenntnis zeigt, nämlich als stoffliche Bewegung, und müssen, falls wir Grund haben, in der D y n a m i k d e r M a t e r i e auch noch ein psychisches Geschehen anzunehmen, wie etwa in einem thätigen Gehirn, diese Erscheinung den genannten anzugliedern suchen. Worauf der zweifache Erkenntnismodus des Weltprincips, der psychische einerseits und der stofflich-dynamische Adspekt andrerseits oder gar die Trias Substanz, Energie und Denken zurückzuführen ist, ist nicht schwer zu erkennen. Wollen und Fühlen, d. h. Erkennen, bezeichnet die i n n e r e s u b j e k t i v e Aktivität des Weltprincips, Stoff und Kraft seine nach a u s s e n gekehrte, von einem erkennenden Subjekt als O b j e k t erkannte Wesensentfaltung, die demnach, da sie nur in dem Rahmen der Subjektivität, d. h. des Ichs, erkennbar ist, auf dieses zweite Sein so einzuwirken imstande sein muss, dass dadurch dessen inneres, subjektives Geschehen eine Veränderung erfährt. Da wir keinen Grund haben, zu bezweifeln, dass unser Seelenleben auf derselben Art von Thätigkeit der Substanz beruht, wie das übrige Weltgeschehen auch, besonders da wir keine Grenze angeben können, wann die psychische

Idealismus und Materialismus.

3

Aktivität in der Tierreihe nach abwärts authört, so erfordert es die logische Konsequenz, in dem psychischen Process eine ebenso allgemeine Eigenschaft der Materie zu erblicken, wie in ihrer Dynamik auch. In dem höheren animalischen Leben sind beide Thätigkeitsprincipien nur komplicierter geworden, entsprechend der verfeinerten molekularen Struktur der organischen Zelle. Keineswegs aber haben wir das Neuentstehen einer Funktion zu verzeichnen, die ausschliesslich hier und nicht auch in den primitivsten Gestaltungen der Substanz gleichfalls gegeben wäre. Diese Auffassung wurde nicht zu allen Zeiten geteilt. Die rein d u a l i s t i s c h e Anschauung, für Geist und Kraft-Stoff zwei getrennte Principien anzunehmen, wollen wir nicht weiter verfolgen, da sie naturwissenschaftlich nicht zu verwerten ist. Der extreme I d e a l i s m u s leugnet die Realität der stofflichen Dynamik überhaupt und fasst das Universum als einen in jedem Ichbewusstsein enthaltenen Komplex von psychischen Vorgängen auf. Jedes Ich stellt einen Sammelpunkt der unendlichen g ö t t l i c h e n Allheit dar, in dem diese selbst sich spiegelt, dadurch, dass in ihm ein Nichtich mit grösserer oder geringerer Deutlichkeit vorgestellt wird. Das s u b j e k t i v e Denken vermag allein absolute Erkenntnis zu bieten, während Stoff und Kraft Abstraktionen sind, hinter denen sich in der Gestalt des Nichtichs das wahre Wesen des „Seins an sich" verbirgt. Der M a t e r i a l i s m u s geht von den Begriffen Stoff und K r a f t als realer Wesenheiten aus und sucht nachzuweisen, wie sich das Universum als A t o m b e w e g u n g darstellt. Dabei wird das bewusste Leben, die I c h b i l d u n g , sowie die V o r s t e l l u n g e i n e s N i c h t i c h s , als das Resultat der Wirkung gewisser Bewegungsreihen der an und für sich als unbeseelt gedachten Substanz definiert. Die gesamte anorganische Welt, sowie auch die Pflanzen, werden als unbeseelt aufgefasst. Nicht gelöst ist von ihm die Frage, warum in der Reihe des Geschehens, das in der materiellen Aussenwelt beginnt und in der Erkenntnisthätigkeit unseres Gehirnes endigt, eben d i e s e s E n d g l i e d , das für ein zweites erkennendes Ich in 1*

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Endlich und Unendlich.

keiner Weise von den Mittelgliedern sich unterscheidet, neben seiner stofflich-dynamischen Natur zugleich eine psychische Aktivität zu entfalten vermag, wenn das Denken an sich nicht zugleich eine allgemeine Funktion der Substanz ist. Aus diesem Grunde bleibt der Materialismus wie der Idealismus einseitig. Beide zeichnen das Weltgeschehen wohl als konsequent durchzuführende Kausalitätsreihe, jeder zieht jedoch nur einen von zwei parallel laufenden resp. in sich identischen Processen des Weltgeschehens in das Bereich seiner Betrachtung. Vor dem Idealismus hat das materialistische System einen Vorzug voraus: Es lässt bis in detaillierte Einzelheiten hinein den Weltprocess in ziemlich befriedigender Weise sinnlich begreiflich erscheinen. Da es ihm jedoch nicht gelingt, das seelische Leben aus der Thätigkeit unbeseelter Atome herzuleiten, so enthält es gleich dem Idealismus nur eine relative Wahrheit. Die folgenden Betrachtungen werden zeigen, dass im Sinn des Idealismus eine A l l b e s e e l u n g des Weltalls besteht, dass der Bewusstseinsprocess, durch den das Weltprincip zur Erkenntnis seiner selbst gelangt, im grossen und ganzen auf den von dieser Weltanschauung vorgezeichneten Bahnen sich bewegt, dass aber die Methode des Materialismus auch hier für die weitere Forschung Anwendung zu finden hat. Dabei wird sich das Resultat ergeben, dass die zwischen beiden Weltanschauungen bestehende Dissonanz a u f e i n e r f a l s c h e n D e f i n i t i o n d e s S u b s t a n z b e g r i f f e s beruht, dass darum auch nicht auf dem W e g e des Eklekticismus sich ein monistisches System herleiten lässt, sondern nur durch Preisgabe wesentlicher Principien sowohl des Idealismus wie des Materialismus. Der principielle Fehler der seitherigen Naturbetrachtung führt im Wesen zurück auf die Verkennung der Bedeutung der mathematischen Grössenbegriffe: E n d l i c h u n d U n e n d l i c h . Die Objekte der Anschauung, aus denen der Mensch seine Erkenntnisbilder formt, sind zunächst sämtlich endlicher Natur. Den Begriff des Unendlichen, insbesondere der unendlichen All-

Werden und Vergehen.

5

heit gewinnt er erst durch die Beobachtung, dass keine vergrössernde oder verkleinernde Rechenoperation, die er an endlichen Grössen vornimmt, zu einem Abschluss zu bringen ist, derart, dass schliesslich sich ein W e r t ergiebt, an dem keine weitere Vergrösserung oder Verkleinerung mehr möglich wäre. Der Grund hierfür kann aber kein anderer sein, als dass das Unendliche überhaupt nicht als f e r t i g e r , sondern nur als ein entweder im W e r d e n o d e r im V e r g e h e n b e f i n d l i c h e r G r ö s s e n b e g r i f f gedacht werden kann. Das Endliche bezeichnet das in sich definite S e i n , das Unendliche das ewige W e r d e n nach der Seite des unendlich Grossen, das niemals aufhörende V e r g e h e n nach der Seite des unendlich Kleinen. Nachdem dieser Gegensatz klar erkannt ist, hat man sich für die alleinige Realität der einen und die Idealität der anderen Begriffskategorie zu entscheiden, da es unmöglich ist, dass beide zugleich in einem und demselben Wesen, hier dem Weltprincip, Realität besitzen: Ist das a b s o l u t e S e i n nach irgend einer Seite als u n e n d l i c h aufzufassen, so müssen seine übrigen Attribute gleichfalls die Qualität des Unendlichen tragen, während der e n d l i c h e n E r s c h e i n u n g nur ideelle Bedeutung zugemessen werden darf, d. h., ihre Entstehung aus der unendlichen Allheit ist als sekundärer Werdeprocess zu betrachten. Da nun die beiden wesentlichen Grundbedingungen für die Existenz jeglicher Realität, mithin auch des Weltprincips, R a u m u n d Zeit, als unendlich zu gelten haben, so muss für dasselbe ebenfalls die Qualität der U n e n d l i c h k e i t in Anspruch genommen werden. Daraus ergiebt sich mit Notwendigkeit, dass auch für alle übrigen Erscheinungsformen des absoluten Seins das Wesenhafte des Unendlichen, das ewige Werden und Wiedervergehen als wesentliches Attribut vorhanden sein muss. D a s W e l t p r i n c i p i s t d a m i t c h a r a k t e r i s i e r t als d a s , w a s w i r d u n d v e r g e h t , a b e r n i e m a l s ist. Folglich kann der SubstanzbegrifF insbesondere nicht das bezeichnen, was man mit ihm für gewöhnlich verbindet, das im Wechsel Beharrende, sondern auch der Stoff muss dem ewigen Werden und Wiedervergehen unterworfen sein. W a s

6

Raum und Zeit.

aber das E n d l i c h e anlangt, unter dessen Formen uns die W e l t in ihren Einzelheiten erscheint, so hat es als dasjenige zu gelten, das sich dadurch bildet, dass das unendliche Werden und Vergehen in seinen Interferenzen zeitliche und räumliche Grenzmarken erzeugt, zwischen denen das „Begrenzte", d. h. das Endliche, in sich a b g e s c h l o s s e n erscheint.

2. Raum und Zeit.

Substanz, Energie und Denken.

R a u m u n d Zeit sind notwendige Existenzprincipien für jedes reale Sein. Nimmt ein Sein stetig bis zum Nichtsein ab, so verlieren damit Raum und Zeit wohl an Inhalt, aber sie verschwinden nie selbst aus der Existenz, wir bekommen nur den leeren Raum und die leere Zeit. Beide bleiben als Grenzbegriffe bestehen, ähnlich wie der Punkt bezw. die Linie als Grenze übrig bleibt, wenn wir die Linie bezw. die Fläche bis zum Verschwinden kleiner werden lassen. Die räumlichzeitliche Leere ist gewissermassen das Nichtsein selbst, die Basis, auf der das Sein sich aufbaut. K a n t ging so weit, die objektive Realität des Raumes und der Zeit, unabhängig von unserem Erkenntnisvermögen, zu bestreiten, indem er beide für apriorische Anschäuungsformen unseres Denkens erklärte. Erst durch die Aufnahme der äusseren Dinge in unser Bewusstsein als Erkenntnisobjekte sollen sie räumliche und zeitliche Qualität erhalten. Diese extreme Auffassung findet zur Zeit nur noch wenige Anhänger. Nach Ü b e r w e g * ) „spiegelt sich in der räumlichzeitlichen Ordnung der äusseren Wahrnehmung die eigene räumlich-zeitliche Ordnung und in der inneren Wahrnehmung die eigene zeitliche Ordnung der realen Objekte ab. Die sinnlichen Qualitäten aber, die Farben, Töne etc., die den Wahrnehmungsinhalt ausmachen, sind zwar als solche nur subjektiv und nicht Abbilder von Bewegungen, stehen aber *) System der Logik.

1865.

S. 78.

Die Zeit.

7

zu bestimmten Bewegungen als deren Symbole in einem gesetzmässigen Zusammenhang. R a u m u n d Z e i t s i n d s u b j e k t i v und objektiv zugleich." Es ist einleuchtend, dass von der dahinfliessenden Zeitbewegung immer nur ein Moment, das augenblickliche J e t z t , an den Dingen real sein kann, während der in seiner Kontinuität angeschaute Zeitbegriff lediglich eine subjektiv-ideale Begriffsbildung darstellt. Mathematisch ausgedrückt heisst das, alles V o r h e r und N a c h h e r in der Zeit ist von imaginärer Bedeutung, nur das J e t z t ist reell. Erst durch unser Denken formen wir aus Früher, Jetzt und Später eine zusammenhängende Reihe, indem wir das Succesive in der Zeitbewegung zur simultanen Anschauung bringen. Trotzdem ist die Genesis des s u b j e k t i v e n Zeitbildes ein wichtiges Mittel, um das wahre Wesen der o b j e k t i v e n Zeit zu erkennen. Wären wir auf die alleinige Vorstellung des realen Augenblicks beschränkt, so wäre uns diese Erkenntnis für immer versagt. Stellt man sich die subjektive Zeitfolge als eine nach beiden Seiten ausgedehnte unendliche Linie vor, so bildet das subjektive, wie objektive r e e l l e J e t z t den Trennungspunkt des positiven und negativen Abschnittes. Mit Ausnahme des reellen Jetztpunktes ist die Linie i m a g i n ä r in dem üblichen mathematischen Sinn. Wollte man sie durch ein zweiaxiges Koordinatensystem, dessen Ebene selbst reell wäre, darstellen, so würde die Zeit durch den Nullpunkt des Koordinatenkreuzes als dritte imaginäre Koordinatenaxe senkrecht durch die Ebene hindurchzulegen sein. Wir nennen den Abschnitt, der die Zukunft bezeichnet, positiv, denjenigen, der der graphische Ausdruck für die Vergangenheit ist, negativ imaginär. Rückt der reelle Trennungspunkt, der das augenblickliche Jetzt darstellt, bezw. die Koordinatenebene in der Richtung von dem Vorher zu dem Nachher auf der Zeitlinie weiter, so verwandelt sich die Bedeutung der intermediären, von ihm durchlaufenen Strecke: Jeder in ihr enthaltene Punkt wird successive einmal als Gegenwart reell, sodann wieder imaginär, aber negativ: D i e Zeit ist n i c h t s a n d e r e s , als d e r U m w a n d l u n g s p r o c e s s eines E t w a s , d a s n o c h n i c h t ist, in ein E t w a s ,

8

Der Raum.

d a s s c h o n g e w e s e n ist, sie ist das eigentliche Förderungsmittel, das das Nichtsein erst zum Sein erweckt, um es jedoch sofort wieder in das Nichtsein zurücksinken zu lassen. Da die Zeit einen Unendlichkeitsbegriff darstellt, so ist ihrem Wesen das ewige Werden und Vergehen auch durchaus angemessen. Ein zeitliches Stillestehen, wenn ein solches überhaupt möglich wäre, so dass die Gegenwart nicht aus der Zukunft herabstiege, um sofort wieder in die Vergangenheit zu versinken, würde das unveränderliche Sein, die Dauer bezeichnen und die Zeit als Endlichkeitsbegriff charakterisieren. Ist die Zeit an den Dingen real, gewissermassen ein integrierender Faktor des Produktes „Ding", so verändert dieses zugleich mit den Wandlungen der Zeit seine Wesenheit. Sein reelles Sein in dem augenblicklichen, reellen Zeitmoment J e t z t wird negativ imaginär, es geht über in das Nichtsein der Vergangenheit: D a s D i n g v e r g e h t . Gleichzeitig wird es aber zur alten Integrität wieder ergänzt, indem sein positiv imaginäres Sein, das Nichtsein der Zukunft, sich in das reelle Sein des Jetzt verwandelt: D a s D i n g e n t s t e h t . Das Ding taucht somit im Strom der Zeit auf aus dem Nochnichtsein der Zukunft und tritt in die Gegenwart ein, es geht jedoch sofort wieder unter in den Strom der Zeit nach der Seite der Vergangenheit. Hat ein Ding reale Existenz, dabei scheinbar unveränderliche Dauer, so heisst dies im eigentlichen Sinn des Wortes, das Ding wird fortwährend neu erzeugt, da es immerwährend vergeht. Wie die Regeneration in der Zeit im einzelnen sich vollzieht, davon später. Der R a u m ist in den Dingen real wie die Zeit. Wir schreiben ihm eine dreifache Ausdehnung zu und bilden Unterabteilungen von ihm in Gestalt von Flächen, Linien und Punkten, die dann als R ä u m e der zweiten, ersten und nullten Dimension bezeichnet werden. Die vier Raumarten stehen in der Weise mit einander in Verbindung, dass man zur nächst niederen gelangt, wenn man die höhere zum Verschwinden kommen lässt, während im Gegensatz dazu die nächst höhere sich aus der niederen als

Die Substanz.

9

ihrer unteren Basis durch einen selbständigen Werdeprocess entwickelt. Als Rest bei dem Vernichtungsverfahren, das ein Nichts der höheren Raumform erzeugt, bleibt immer noch ein reales Etwas übrig, nämlich die niedere Dimension, Der Wachstumsprocess dagegen lässt ein Etwas neu auftreten, das vorher noch keine Existenz besass. Es wäre ein logischer Widerspruch, den Punkt etwa als den unendlich kleinen Teil der Linie zu definieren oder eine Linie mit einer unendlich dichten Punktreihe zu indentificieren, da dann der Teilbegriff mit dem Begriff des Unendlichen, das als solches den Teil, d. h. das endliche Sein nicht enthält, in Verbindung gebracht würde. Die Linie verschwindet stets als selbständiger Grössenbegriff, bevor wir zu dem Punkt gelangen. W i r ersehen daraus, dass die verschiedenen Raumdimensionen ihrem Wesen nach durchaus heterogener Natur sind und nicht durch unendliche Additionen resp. Subtraktionen — wiederum eine sich widersprechende Definition — von einander abhängen. Aus diesen Gründen müssen wir, um den doch offenbar vorhandenen Zusammenhang der verschiedenen Raumdimensionen verstehen zu können, gleich dem zeitlichen Werden der realen Dinge überhaupt auch auf dem fiktiven mathematischen Gebiet ein zeitliches Werden der höheren Raumform aus der niederen, ihrem Nichts, annehmen und ein Vergehen in dasselbe Nichts, wenn wir zwei verschieden dimensionierte Räume von einander ableiten wollen. Der Zweck der vorstehenden Auseinandersetzung ist der, einen weiteren Begriff, den der S u b s t a n z , mit dem Raum in Beziehung zu bringen. Stellt man sich nämlich ein homogenes Substanzvolumen an „Dichte" stetig abnehmend vor bis zur Grenze, so wird es zum leeren R a u m , gleich wie es möglich ist, den Raum zur Fläche, die Fläche zur Linie, die Linie zum Punkt zu reducieren. Umgekehrt wird durch zunehmende „Verdichtung" der dreidimensionierte Raum zur Substanz. Die Substanz ist gewissermassen die vierte Dimension des Raumes unter der Voraussetzung, dass bis zur dritten der Dimensionsbegriff eine n a c h a u s s e n g e k e h r t e G r ö s s e n z u -

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Der metabolische Substanzbegriff.

n ä h m e der jedesmal nächst niederen Raumkategorie bezeichnet, durch die deren Inhalt auf eine höhere Stufe gehoben wird, dass er von der dritten ab jedoch e i n e in sich s e l b s t z u r ü c k f ü h r e n d e W a c h s t u m s r i c h t u n g angiebt, durch die dem kubischen Raum ein erhöhter Inhalt durch innere V e r d i c h t u n g zu teil wird. D e r R a u m e n t w i c k e l t s i c h v e r m ö g e s e i n e s zeitlichen W e r d e n s zur S u b s t a n z , diese v e r m ö g e ihres V e r g e h e n s w i e d e r zum R a u m . Bringen wir damit zusammen, was wir oben über die Bedeutung der Zeit vernahmen, dass sie nämlich alle Dinge in ihrem Sein dadurch erhält, dass sie in stetem Fluss aus der Zukunft ihre Realität neu ergänzt, die sie durch ihr kontinuierliches • Versinken in die Vergangenheit sonst verlieren würden, so ergiebt sich, dass die konkrete Substanz im Strom der Zeit beständig aus dem dreidimensionalen Raum entsteht, um in gleichem Flusse wieder in ihn zurückgebildet zu werden. E s erhellt daraus, dass das Weltprincip unmöglich aus freien Atomen, die im leeren R a u m schweben, sich zusammensetzen kann, demnach das Dasein der Substanz, als des Substrates des Weltgeschehens, nicht auf einem unwandelbaren F ü r s i c h s e i n der Materie beruhen kann, sondern auf ein G e s c h e h e n basiert sein muss, dass es einen P r o c e s s , nicht eine W e s e n h e i t darstellt, der durch das ewige spontane Werden und Vergehen der Substanz unterhalten wird. Eine ähnliche Anschauung vertritt G e o r g e * ) . E r geht vom gasförmigen als dem ursprünglichen oder dem Äther ähnlichsten Zustand aus. Der R a u m ist das sich expandierende Sein selbst, und d i e s p e c i f i s c h e D i c h t e g i e b t d e n B e g r i f f d e r M a t e r i e . Sie ist kein starrer Stoff, an dem sich mit seiner Existenz die Prädikate der Ausdehnung und Undurchdringlichkeit vorfinden; sie ist vielmehr, wie die Gase in demselben Raum, schlechthin durchdringlich und die Eigenschaft der Ausdehnung ist mit ihrem Wesen eins. Die Ex*) G e o r g e , Krit.

1856.

K r i t i k d. bish. Theorie d. Mat., Zeitschr. f. Philos. u. philos.

XXIX.

S . 99 ff., vergl. S . 1 4 2 ff.

Der metabolische Substanzbegriff.

11

pansion wird als Thätigkeit gefasst, aber nicht als Bewegung; sie ist die Veränderung des Druckes der gasförmigen Massen, aber keine Ortsveränderung. Gehen wir nunmehr zur Betrachtung der Weltsubstanz über, wie sie nach den genannten Voraussetzungen gestaltet sein muss, so haben wir zunächst zwei Möglichkeiten, die denkbar wären, ihrer absurden Konsequenzen wegen auszuscheiden. Die Zeit könnte erstens den unendlichen Weltraum homogen mit Substanz von einer mittleren Dichte erfüllt haben. Das schaffende und vernichtende Princip, die zeitliche Regeneration, wäre dann in jedem einzelnen Raumelement gleichzeitig thätig. Wir hätten eine gegenseitige Durchdringung eines positiven und eines negativen Geschehens anzunehmen. Abgesehen von der darin steckenden logischen Schwierigkeit — es müssten sich nämlich beide Thätigkeiten wegen ihrer Koincidenz gegenseitig aufheben — wäre es unmöglich, einzusehen, wie dabei der in bunter Mannigfaltigkeit sich abspielende Weltprocess zustande käme. Wir hätten die unveränderliche Dauer, das blosse Sein des Weltprincips, wenn auch in etwas veränderter Auffassung, statt der an ein räumliches Nebeneinander gebundenen stofflich-dynamischen Differenzen, des Sansäras des kosmischen Lebens. Zweitens könnten wir uns vorstellen, dass das Werden und Vergehen der gesamten Weltsubstanz in gleicher Phase verliefe, dass es eine einzige grosse stehende Welle darstellte, ähnlich dem rasch erfolgenden Wechsel des Aufblitzens einer durch einen Induktor erregten Geisslerschen Röhre. Da dabei gleichfalls der bekannte Weltprocess unmöglich wäre, ausserdem der Fluss der Zeit, statt kontinuierlich zu sein, intermittierend wäre, der R a u m mit der Substanz in stehender Welle alternierte etc., so kann die Entstehung des absoluten Seins aus dem Nichtsein, die R a u m Verdichtung, die Entwicklung der Substanz aus dem dreidimensionalen Raum, andrerseits ihre Rückbildung in denselben zurück, die Substanz Verdünnung, das Vergehen des Seins in das Nichtsein, unmöglich in den verschiedenen Volumelementen des Weltraums zu gleicher Zeit in gleicher Phase sich abspielen, noch können die

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Die Energie.

verschiedenen zeitlichen Phasen in denselben Raumteilen sich vorfinden. D i e e i n z e l n e n P h a s e n d e r S u b s t a n t i a l i t ä t müssen vielmehr gleich a n e i n a n d e r g e r e i h t e n Wellenp h a s e n an ein s e r i e n w e i s e s r ä u m l i c h e s N e b e n e i n a n d e r g e b u n d e n sein. Das einzelne Element des unbeweglich gedachten Weltraumes ist somit erfüllt von der in e w i g e m C y k l u s in i h r e m D i c h t e z u s t a n d auf u n d n i e d e r w o g e n d e n Subs t a n z . Die Vorgänge in benachbarten Raumelementen sind in ihrer Phase stets verschieden. Offenbar setzt sich, wie die atomistisch zu deutenden chemischen und physikalischen Thatsachen beweisen, d a s W e l l e n chaos des Universums gleich den musikalischen K l ä n g e n a u s E i n z e l w e l l e n z u s a m m e n , die die c h a r a k t e r i s t i s c h e E i g e n s c h a f t der A t o m i n d i v i d u a l i t ä t bes i t z e n . Ihre Erforschung ist darum die nächste Aufgabe der Naturphilosophie und soll uns nach einigen Zwischenbemerkungen fortan beschäftigen. In der räumlich-zeitlichen Umwandlung der Substanz ist, wie leicht zu ersehen, der E n e r g i e b e g r i f f mit enthalten. Der Existenzmodus der Substanz, ihr „ m e t a b o l i s c h e s " Sein infolge ihrer zeitlichen Regeneration ist eben zugleich Energie. Damit wäre die Identität, d. h. Einheit von Zeit, Raum, Substanz und Energie ohne besondere logische Schwierigkeit gegeben. Der l e e r e R a u m ist der Anfangs- und Endzustand der S u b s t a n z , wie mathematisch das Werden und Vergehen einer Fläche auf die Linie, einer Linie auf den Punkt zurückführt. Das Attribut der Zeit besagt, dass alle Realität der Verwandlung, d. h. Regeneration unterworfen ist, demnach weder der Raum noch die Substanz davon eine Ausnahme machen kann. Aus gewissen allgemeinen Betrachtungen ergiebt sich, dass die zeitliche Umwandlung des Stoffes zur Ursache eines Wellenchaos werden muss, in dem zugleich die E n e r g i e mit enthalten ist. Die Welt hat somit in jedem Augenblick ihren Anfang und ihr Ende, die Kontinuität ihres Seins ist eine Abstraktion,

Das allgemeine Denken.

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die auf die gleiche Betrachtungsweise zurückzuführen ist, die uns die Welle als seiendes Individuum erscheinen lässt. Zugleich wird ersichtlich, dass in dem Wellenchaos des Universums, erzeugt durch das Werden und Vergehen der Substanz, von eigentlicher M a s s e n b e w e g u n g keine Rede mehr sein kann. Alle räumliche Ortsveränderung eines jeden scheinbar fixen Gebildes, sei es ein Atom, sei es ein Himmelskörper, ist als die in der Kontinuität seiner Bahn fortschreitende materielle Regeneration zu betrachten. Identificieren wir die untere Dichtebasis der Substanz mit dem leeren Raum, so erheben sich alle Wellenberge von ihm aus zu verschiedener Höhe (Amplitude). Der jeweilig mittlere Dichtequerschnitt der einzelnen Welle giebt die mittlere Dichte der Weltsubstanz an dieser Stelle an. Je flacher die Wellen sind und je grösser ihre Wellendauer ist, je geringer die statische Potentialdifferenz ist zwischen Wellenberg und Wellenthal, umso mehr nähern sie sich in ihrer Gesamtheit der Qualität des leeren Raumes; je höher dagegen die Amplitude bei kürzer werdender Wellendauer wird, um so grösser ist die in ihnen verkörperte Substanz auf gleichen Raumelementen, umso mehr erzeugen sie den Charakter materieller Raumerfüllung (specifischer Dichte) in dem alten Sinn. In dieser Weise ist die Differenz der verschiedenen Dichtezustände, wie sie vielleicht in dem Gegensatz der Himmelskörper zu den Interastralräumen am deutlichsten hervortritt, aufzufassen. Das an der Bildung der Masse beteiligte Substanzquantum ist für deren specifische Dichte, für die Arbeitsfähigkeit bei ihrer räumlichen Verschiebung (hier selbstverständlich als eine in der Richtung der Bewegung sich vollziehende Transformation zu denken) das Ausschlaggebende, nur tritt es nicht mehr als konstantes Sein auf, sondern als das aus dem Process des Werdens und Vergehens zu vorübergehender Existenz sich aussondernde Dichteprincip des Raumes. Als fünftes und letztes Attribut ist dem absoluten Sein das a l l g e m e i n e D e n k e n immanent. Es ist in den Daseinsprocess der Substanz mit eingeschlossen und ist die Ursache,

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Das metabolische Princip und das Atom.

weshalb diese sich in ihrem Sein erkennt. Gerade die Möglichkeit, wie wir später sehen werden, diese wichtigste Eigenschaft des absoluten Seins aus der von uns angenommenen zeitlichen Wesensumwandlung der Substanz herleiten zu können, ist der hervorragendste Vorteil, den das „ m e t a b o l i s c h e P r i n c i p " uns bietet. W i r nehmen im Sinn des p a n t h e i s t i s c h e n H y l o z o i s m u s an, dass in der primitivsten Form alles Geschehens sich bereits geistiges Leben vorfindet, und dass alle höheren, während des kosmischen Fortschrittes allmählich sich entwickelnden Seelenprocesse nur aus Kombinationen der Urwellen, von ihrer psychischen Seite von uns begriffen, entstanden sind, und werden später zeigen, wie die stofflich-dynamischen Existenzphasen des Weltprincips zugleich das psychische Leben zu entwickeln vermögen.

3. Das elektromagnetische Bewegungssystem und das Atom. Ist das Weltgeschehen nichts anderes, als das Wellenchaos der m e t a b o l i s c h e n Substanz, das sich nach A r t der Klanganalyse in eine Reihe interferierender Partialwellen auflösen lässt, so muss, bevor wir uns auf weitere Konsequenzen einlassen dürfen, es unsere erste A u f g a b e sein, die Grundgestalt der interferierenden Wellengebilde zu ermitteln. Die seitherige Physik dachte sich als Träger aller kosmischen Erscheinungen die Materie in ihrer absoluten Geteiltheit in unveränderliche, für sich bestehende Atome, deren W e c h selwirkung, vermittelt durch einen hypothetischen Zwischent r ä g e r , den Ä t h e r , den Weltprocess bedingen sollte. Die Kräfte, auf die sich alle Beziehungen der Atome zu einander redueierten, werden auf Anziehung und Abstossung zurückgeführt, wobei man den Massenatomen zumeist die attraktive, dem Ä t h e r die repulsive Thätigkeit zuschrieb. E s ist ohne weiteren Nachweis klar, dass dem Substanzbegriff in dieser Ausgestaltung niemals eine dynamische Wirksamkeit innewohnen k a n n , und dass die Annahme eines

Das elektromagnet. Bewegungssystem.

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„Äthers" zwischen den Atomen nur eine Verlegenheitshypothese darstellt, durch die die Schwierigkeiten, die sich bei den Erscheinungen der Wechselwirkung „unveränderlicher" Atome unter einander ergeben, nur um eine Stufe weiter zurückgeschoben werden. Anders wird es, wenn wir aus der metabolischen Weltsubstanz, die sowohl Materie, wie Energie ist, und, wie wir später sehen werden, die psychischen Grundprincipien enthält, Gebilde uns hervorgehend denken, die, in formeller Hinsicht dem Wellencharakter des Weltprincips entsprechend formiert, einerseits das Wesen substantieller Individualität an sich tragen, andrerseits in dieser Ausgestaltung den dynamischen und psychischen Postulaten gerecht werden. Um das Schlussresultat in kurzen Umrissen bereits vorweg zu nehmen: Es gelingt den gesamten Weltprocess einzig und allein auf die Wechselwirkung gewisser Urgebilde der metabolischen Substanz von r ü c k l ä u f i g e m W e l l e n c h a r a k t e r , die wir wegen ihrer principiellen Bedeutung U r a t o m e nennen wollen, zurückzuführen. Aus ihnen entwickelt sich sekundär und tertiär die Materie in ihren verschiedenen Erscheinungsformen, sowie das Princip der Energie und des Bewusstseins in seinen komplicierteren Ausgestaltungen. Das Mittel, die Konstitution des Uratomes zu ergründen, ergiebt sich uns aus den Analogien zwischen der Wirkungsweise des Stoffes im allgemeinen und der Dynamik gewisser elektrischer Stromgebilde. Zu diesem Zweck ist es notwendig, erstens das Wesen der E l e k t r i c i t ä t , wenn auch nicht in allen Einzelheiten, so doch in grossen Umrissen festzustellen, und zweitens nachzuweisen, dass die physikalischen Atome sich zu einander so verhalten, wie die von uns als Analogien aufgestellten elektrischen Stromgebilde. W i r gehen aus von dem g e r a d e n M a g n e t s t a b . Seine Kraftwirkung im Raum wird durch ein bekanntes Experiment zur Darstellung gebracht. Man bedeckt den Magneten der Länge nach mit einer Glastafel oder einfach mit einem Blatt Papier und siebt darüber Eisenfeilspäne. Bei leichtem Be-

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Die magnetischen Kraftlinien.

klopfen der Platte ordnen sich die Eisenteilchen in Kurven an, die von einem Pol zum andern verlaufen. Zerbricht man den Stahlstab in einzelne Teile, so bleibt für den Fall, dass die Stücke in die alte Reihenfolge gelegt werden und das Bestreuen mit Eisenfeilicht wiederholt wird, die Erscheinung die gleiche, nur werden jetzt auch noch die Lücken zwischen den Stabfragmenten gleichfalls durch kleine Brücken aus Eisenfeilspänen überspannt. Es ergiebt sich aus diesem Versuch, dass die magnetische Kraft in Kurven auftritt, die in

Fig. I. Magnetkraftlinien eines geraden Magnetstabes mittels Eisenfeilspänen zur Darstellung gebracht.

sich geschlossen sind, die ausserhalb des Stahlmagnetes vom Nordpol nach dem Südpol ziehen, in dem Magneten selbst den Südpol wieder mit dem Nordpol verbinden oder umgekehrt. (Fig. i.) Man kann die magnetischen Kraftkurven auch ganz in Eisen verlaufen lassen, wenn man einen langen biegsamen Stahlmagnet zu einem R i n g umbiegt oder einen Hufeisenmagnet mit einem Anker armiert. Der Magnetismus ist dann kurz geschlossen (die Magnetkraftlinien besitzen ein Minimum an Ausdehnung). Oder man kann sie vollständig in die Luft oder ein beliebiges Medium, auch den luftleeren Raum, verlegen, wenn man den Magnetismus durch den elektrischen Strom erzeugt. Durchfliesst nämlich ein elektrischer Strom einen Draht, so ist der den Stromleiter umgebende Raum von magnetischen

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D i e magnetischen K r a f t l i n i e n .

Kraftlinien durchzogen. Stellt man mit Hilfe einer Magnetnadel oder durch Eisenfeilspäne ihre Richtung fest, so findet man, dass sie den Draht koncentrisch umgeben. Sie sind vollständig in den äusseren R a u m verlegt, ohne dass Eisen zu ihrer Bildung nötig wäre. (Fig. 2.) Denkt man sich den stromdurchflossenen Leiter als geschlossenen R i n g , so umgeben die magnetischen Kraftlinien ebenfalls den Draht, sie sind jedoch im Innern des R i n g e s mehr zusammengedrängt als ausserhalb, wo sie mit ab-

M a g n e t i s c h e K r a f t l i n i e n k o n c e n t r i s c h um einen e l e k t r i s c h e n

Strom.

nehmender Dichtigkeit sich in den unendlichen R a u m verlieren. (Vergl. Fig. 6, Seite 26.) Nimmt man statt des einfachen Drahtes ein stromdurchflossenes offenes Solenoid, so durchsetzen die Kraftlinien sämtlich die Solenoidröhre, um ausserhalb ebenfalls ihren Zusammenschluss zu geschlossenen K u r v e n zu finden. Sie verbreiten sich auch hier mit abnehmender Dichte in den unendlichen Weltraum. Lässt man das Solenoid nach A r t der W i c k e l u n g eines Kerntransformators oder eines G r a m m e schen R i n g e s in sich zurücklaufen, so liegen sämtliche Kraftlinien jetzt im Innern der ringförmigen Röhre, wie in dem obengenannten, zu einem R i n g umgebogenen dünnen Magnetstab in dem Eisen. Zwischen den permanenten Stahlmagneten und dem elektrischen Kreisstrom resp. dem offenen oder dem in sich geschlossenen Solenoid findet kein wesentlicher Unterschied in der dynamischen W i r k u n g statt. D r e s c h e r , Werden.

Sein. Vergehen.

2

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Die magnetische Kraftlinie als Wirbelring.

W e g e n der Ähnlichkeit der Wirkungsweise der Stahlmagnete und der eines geschlossenen elektrischen Stromes, insbesondere sobald er ein enges Solenoid durchfliesst, nahm A m p è r e zur Erklärung des magnetischen Bewegungssystemes an, die Moleküle eines Eisenmagnetes seien in der Richtung seiner Kraftlinien in Reihen angeordnet und jedes sei von einem

Fig. 3Wirbelring. Die kleinen Pfeile geben die Drehrichtung der Moleküle koncentrisch um die Peripherie des centralen Wirbelkreises an, der grosse Pfeil bezeichnet die Fortpflanzungsrichtung des ganzen Wirbels. Als magn. Kraftlinie gedacht geben die eingezeichneten N und S die Richtung der Nord-Südaxe an.

elektrischen Strom in äquatorialer Richtung in gleichem Sinn umflossen. Da die Natur des elektrischen Stromes jedoch nicht zu definieren war, so ergab sich als Resultat seiner Betrachtung zunächst nur die Erkenntnis, dass die g e s c h l o s s e n e m a g n e t i s c h e K r a f t l i n i e ein Rotationsgebilde sein m ü s s e , das im g r o s s e n g a n z e n den W i r b e l r i n g e n a n a l o g g e b i l d e t sei, etwa wie sie von Tabaksrauchern erzeugt werden. (Vergl. Fig. 3.)

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Die Wirbelbewegung im allgemeinen.

W a s ist n u n a b e r d e r e l e k t r i s c h e S t r o m ? Der stromdurchflossene Leiter ist von einem System koncentrisch ihn umgebender Magnetkraftlinien eingehüllt, es muss darum offenbar in ihm eine Bewegung der Leitersubstanz gegeben sein, die in dem äusseren R a u m die eben beschriebene magnetische Wirbelbewegung hervorzurufen vermag. Um zunächst in anderen, der Analyse zugänglicheren Fällen die Wirbelbildung zu untersuchen, empfiehlt es sich, die Wirkungsweise des W e i n h o l d s c h e n Luftstossapparates, der zu diesem Zweck konstruiert ist, etwas näher zu betrachten. Es besteht dieser aus einem einseitig mit einem Lederfell geschlossenen Blechcylinder, dessen zweiter fester Boden mit einer centralen Öffnung versehen ist. Lässt man etwas Zunder im Innern verbrennen, so dass der Cylinder sich mit einem dichten Rauch erfüllt, so erzeugt jedes leichte Beklopfen der Membran einen aus der Öffnung hervortretenden Wirbelring. Ein gewisses Quantum vorher unter Pressung versetzter, infolge seiner rauchigen Beschaffenheit sichtbar gemachter Luft wird zunächst in gerader Richtung in die äussere Atmosphäre hinausgeschleudert, nimmt jedoch hier infolge des elastischen Gegendruckes sofort die Form des Wirbels an, der offenbar der Ausdruck ist für den Gleichgewichtszustand zwischen der eigenen fortschreitenden Bewegungstendenz der exprimierten Luftmasse und dem reaktiven Widerstand des elastischen Mediums. W o also die fortschreitende Bewegungstendenz eines elastischen „luftähnlichen" Stoffes einen gleichfalls elastischen äusseren Widerstand zu überwinden hat, entsteht die Gestalt des Wirbels. Wir unterscheiden an jedem Wirbel die W i r b e l a x e , entlang deren seine Bewegung als ganzes erfolgt, die W i r b e l e b e n e und den W i r b e l w u l s t . Dieser stellt die eigentliche Wirbelmasse dar, den Molekülkomplex, der um den W i r b e l k r e i s (den centralen Kreis im Innern des Wirbelwulstes) rotiert. An der inneren Peripherie des Wirbelwulstes erfahren die Moleküle eine Ortsveränderung, die der Gesamtbewegung gleichgerichtet ist, am äusseren Wirbelumfang rotieren sie in entgegengesetzter Richtung. 2*

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Wirbelring und Wirbelröhre.

Wird der Wirbel statt von transportablen Massenmolekülen von der m e t a b o l i s c h e n Substanz, d. h. aus der ihrem innersten Wesen zufolge mit zunehmendem elastischen Druck und wachsender Dichte sich in dem Welträume spontan entfaltenden Materie gebildet, so ist die Rotationsrichtung der Wirbelmasse die umgekehrte. Auf der Aussenseite des Wirbelwulstes findet von hinten nach vorne der Verdichtungsprocess statt, im Innern von vorn nach hinten die Verdünnung der Substanz, als des Ausdruckes dafür, dass ihrer schrankenlosen Entfaltung in der um die Existenz gleichfalls ringenden anderweitig gebildeten Materie ein Widerstand entgegentritt, der die reaktive Involution in das Nichts hervorruft. Dass die Bewegungsrichtung die umgekehrte sein muss, ergiebt sich daraus, dass die m e t a b o l i s c h e R e g e n e r a t i o n , als Substitut für die Bewegung selbst, die bewegte Masse von vorne nach hinten erneuern muss, also entgegengesetzt der räumlichen Verschiebung. Der voranschreitende vordere Kreis des Wirbels markiert den Wellenberg, als geometrischer Ort der grössten Substanzdichte, der zuletzt nachfolgende hinterste Kreis das Wellenthal, zumeist die Stelle, an der die Substanz bis zur Qualität des dreidimensionalen Raumes herabgesunken ist. Der R i n g w i r b e l ist die einfachste Gestalt, unter der die in sich geschlossene elastische W e l l e sich präsentiert. Der Wirbelcharakter, d. h. die Rückläufigkeit dieser Wellenform elastischer Medien, bleibt aber auch dann noch erhalten, wenn der Wirbelwulst in der Richtung der Wirbelaxe eine elipsoidische oder gar eine parabolische Verlängerung erfährt, wenn der einfache W i r b e l r i n g zu einer eliptischen (endlichen) oder parabolischen (unendlichen) W i r b e l r ö h r e wird. Der centrale Wirbelkreis, um den die Rotation dort erfolgt, als l i n e a r e s Gebilde, wird in diesem Fall zu einem endlichen oder unendlichen röhrenförmigen F l ä c h e n g e b i l d e von cylindrischem oder konischem Kaliber. Der „Ring"wirbel wird eben dann gebildet, wenn die ihn erzeugende Kraftwirkung nur von kurzer Dauer ist, während bei längerem oder gar kontinuierlichem Ausfliessen einer Luftsäule aus einem Rohr (wobei die Rohröffnung mit der gleichen Geschwindigkeit, mit der der Wirbel

Der elektrische Strom als Generator einer Wirbelbewegung.

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als Ganzes fortschreitet, nach vorne zu bewegen wäre) er eine röhrenförmige Verlängerung erleidet, wobei er in seinen älteren Teilen zugleich eine konische Erweiterung erfährt. Es entsteht ein nach hinten geöffneter Wirbeltrichter, wie die immer weiter werdenden Ringe der Wasserwellen beweisen, die durch das Niedersinken eines Steines in einem Teiche erzeugt werden. Der sichtbare Ring stellt hier den Querschnitt des in vertikaler Richtung im Wasser nach abwärts fortschreitenden longitudinalen Wellenkonus dar. Folgt in gewissen Abständen der zuerst hervorgeschleuderten Luftmasse an der Stelle, wo die Wirbelbildung ihren Anfang nahm, eine zweite, dritte u. s. f., so bilden diese ebenfalls Wirbeltrichter, die alle koncentrisch in einander zur Entwicklung kommen. Da somit einerseits der Wirbel resp. der Wirbelschlauch, soweit er als Individuum in Betracht kommt, nichts anderes ist, als eine einzige longitudinale Welle, deren Wellenlänge, solange die Wirbelbildung an der Spitze des Wirbeltrichters kontinuierlich sich erneut, immer grösser wird, während sie selbst, in den älteren Teilen sich konisch erweiternd, in den äusseren Raum hinausgeworfen wird, andrerseits die magnetische Kraftlinie aber bereits als Wirbelbewegung magnetisierbarer Medien erkannt wurde, wenn auch zunächst nur in Ringform, so ist anzunehmen, dass der elektrische Strom, als Generator magnetischer Wirbel, selbst nichts anderes darstellt, als eine fortschreitende molekulare Pressung in metallischen Leitern, die am -f- Pol ihren Wellenberg, am — Pol ihr Wellenthal besitzt und gleich den aus einem R o h r während einer gewissen Zeit kontinuierlich hervorgepressten Luftmassen das umgebende dielektrische Medium zur konformen Mitschwingung anregt. Bestätigt wird diese Vermutung durch das Ergebnis einer genaueren Untersuchung der galvanischen Kette. Wählen wir als Beispiel das Daniellsche Element: Zn in H., S 0 4 und Cu in Cu SO,. Zink dient als Auflösungs-, Kupfer als Ableitungselektrode. Zur Vermeidung der Polarisation durch frei werdenden Wasserstoff taucht das Kupfer in Kupfervitriol. Dadurch wird der ganze Vorgang zwar etwas kom-

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Die Daniellsche Kette.

plicierter, indem ein Teil der durch die Oxydation des Zinkes frei werdenden Energie zur Reduktion des Kupfersulfates ohne Gewinn wieder verloren geht, der Process selbst gewinnt aber wesentlich an Anschaulichkeit. Das Umlagerungsschema ergiebt sich am besten aus einer sorgfältigen Betrachtung der nachstehenden Zeichnungen: Dadurch, dass das Zink die Schwefelsäure zerlegt, wird den frei werdenden H 2 -Molekülen an der Auflösungselektrode ein elastischer Impuls mitgeteilt, der in der Richtung nach dem Kupferpol in der Kette wellenartig fortschreitend jedesmal serienweise eine Umlagerung sämtlicher in Reihen geordneter Moleküle von H 2 S 0 4 und Cu S 0 4 bewirkt. Das letzte frei werdende Cu-Atom wird wider die Kupferplatte geschleudert und erzeugt in dem Schliessungsbogen eine fortschreitende Pressungswelle, die allmählich abfallend am Zinkpol endigt, dadurch dass ein Umrangieren sämtlicher Kupfermoleküle nach voraufgegangener Zerlegung in ihre Atome stattfindet. Im Centrum des Schliessungsdrahtes bewegen sich die Atome im Sinn des Stromverlaufes, in der Peripherie in umgekehrter Richtung. Die Gesamtbewegung der Moleküle des Leiters sowohl wie der Flüssigkeit der Kette stellt sich somit dar als ein vollständiger Wellencyklus in Gestalt des bekannten Wirbelschlauches. Die Tête der im Raum voranschreitenden Wirbelbewegung ist in der Flüssigkeit der Kette zu suchen und zwar in der infolge des Freiwerdens von Spannkräften sich einleitenden Molekularthätigkeit am Kupferpol, das nachfolgende hintere Ende im Schliessungsbogen. Die Trennungsstelle zwischen dem Beginne des anabolischen Aufbaues des Wellenberges und dem Ende des katabolischen Abfalles des Wellenthales ist demnach der Ort, wo die Zinkmoleküle der Auflösungselektrode abgegliedert werden, um bei ihrem Eingang in die Verbindung Zn S 0 4 die Strombewegung einzuleiten. Demzufolge ist das statische Potential in der Flüssigkeit und am Kupferpol am grössten, es fällt in dem Schliessungsdraht gradatim ab, bis es an der Zinkpolklemme seinen niedrigsten W e r t erreicht. An dieser Stelle ist ein plötzlicher Potentialabfall entsprechend ihrer eben genannten Bedeutung zu finden. (Fig. 4.)

Die Danielische Kette.

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Fig. 4Schema für die Wirbelbewegung in einer Danielischen Kette. Die eingezeichneten Pfeile geben die Richtung der molekularen Verschiebung an.' Bei a befindet sich der Wellenberg, bei b das Wellenthal.

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Statische W i r b e l .

Der Strom dauert so lange, als dem elektrischen Wirbel in der Flüssigkeit infolge des Vorhandenseins von freier Schwefelsäure noch Gelegenheit geboten ist, sich in das Zinkende des Schliessungsbogens, die Zinkelektrode, gewissermassen hineinzufressen. Die Geschwindigkeit des elektrischen Stromes, als Ausdruck für die Geschwindigkeit der Umschiebung des elektrischen Wirbelschlauches im Raum, ist demnach eine sehr geringe, da sie mit dem trägen Jonentransport identisch ist. Das, was wir gewöhnlich die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Elektricität nennen, ist allein die Überleitung des elastischen Molekulardruckes, infolge dessen die Molekülbewegung in allen Teilen des Leiters ziemlich gleichzeitig beginnt. Die von einem Elektrometer entlang des Schliessungsdrahtes nachzuweisende freie, d. h. statische Elektricität bezeichnet offenbar den molekularen Druck, unter dem die Leitermoleküle stehen. Denken wir uns den Leitungsdraht an einer Stelle plötzlich durchschnitten, so läuft die Wirbelbewegung an dem Ende des Leiters auf. Die elastische Spannung, das statische Potential, das infolge der Bewegung der Leitermoleküle von dem -j- Pol beginnend gradatim bis zum — Pol abnahm, wächst bis zur Trennungsstelle zu der Höhe an, die es während des Stromschlusses allein an der Kupferklemme hatte. Die Molekulargeschwindigkeit ist alsdann auf der ganzen Strecke gleichförmig geworden, d. h. sie hat die Form eines stehenden Wirbels angenommen, dessen centrale Bewegung im Innern des Drahtes in der Richtung des Stromes, an der Peripherie in entgegengesetztem Sinn verläuft. Auf dem neg. Ende des Schliessungsdrahtes ist die dort vorhandene molekulare Strömung so weit nach der negativen Elektrode abgeflossen, als der elektrischen Spannung dieses Poles entspricht, d. h. sie ist weder null noch negativ, sondern zeigt einen Wert, der gleich ist der absoluten statischen Spannung des Zinkpoles. Verbindet man die offenen Enden des Schliessungsdrahtes mit zwei Kondensatorplatten, so sammelt sich auf jeder ein gewisses Quantum elektrischer Energie an, d. h. von elektrischen Wirbeln, deren Ebenen mit den Kondensatorflächen zusammen-

Der elektrische Ringstrom im allgemeinen.

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fallen. Die A x e n dieser stehenden Wirbel geben die s t a t i s c h e n Kraftlinien an, im Gegensatz zu den W i r b e l k r e i s e n , die die Richtung der e l e k t r o m a g n e t i s c h e n Kraft bezeichnen. Die Mitbewegung der dielektrischen Medien, die jeden Leiter umgeben, ist, wie bereits hervorgehoben, die Ursache jeglicher Fernewirkung. Die Form dieser Mitschwingung kann aber keine andere sein, als die des sich nach aussen

Fig. 5Schema für die Wirbelspirale des elektrischen Kreisstromes (Atomes). Schnitt in der Stromebene. Die Formel für die hier dargestellte Spirale ist T — 1,2^'

konisch erweiternden Wirbelschlauches, der in unendlicher Wiederholung koncentrisch den Leiter umgiebt. Die Normalform des elektrischen Stromes ist der g e s c h l o s s e n e R i n g . Obwohl sich praktisch wegen des galvanischen Widerstandes das konstante Fliessen der Elektricität in einem Drahtring nicht anders als durch Einschaltung einer galvanischen Kette, die den Stromverbrauch stets wieder ergänzt, bewerkstelligen lässt, so dürfen wir für die theoretische Betrachtung von dieser Notwendigkeit abstehen und können uns einen R i n g denken, in dem konstant ein Strom in sich zurückkehrend kursiert. Die den Leiter fortdauernd

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D e r elektrische Ringstrom als "Wirbelspirale.

umkreisenden Wellen versetzen die Moleküle des umgebenden Dielektrikums in eine konforme Mitbewegung, deren Schlussresultat die Bildung eines spiralförmigen unendlichen Wirbelschlauches ist, -dessen vorderes Ende kontinuierlich in den Trichter hineinkriecht und die früher entstandenen Teile auseinanderdrängt. Die Form der Spirale dürfte die logarithmische sein, da diese allein sich dem Centrum in unendlichen Windungen asymptotisch nähert, ohne es je erreichen zu können,

Das Kraftliniensystem eines elektrischen Ringstromes (Atomes) im Axenschnitt. Die

stark gezeichneten Linien markieren

den Verlauf des Wirbelschlauches,

die punktierten Linien die Flächen gleichen Potentials.

und, nach aussen sich immerwährend erweiternd, erst in der sogen, unendlichen Geraden ihren Abschluss findet. (Fig. 5 u. 6.) Der ganze unendliche Wirbelschlauch, als der Träger resp. Vermittler jeder Fernewirkung, ist aber wiederum nichts anderes, als ein einziger Wellencyklus; die Tête der Spiralbewegung entlang der Leiterperipherie ist der Wellenberg, das hintere Ende (im unendlich Kleinen im Centrum des Ringes einerseits gelegen und im unendlich Grossen des äusseren Raumes andrerseits) ist das Wellenthal. Alle nach dem Leiter zugekehrten Flächen des Wirbelschlauches zeigen eine

Das Uratom.

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Rotation im Sinn des Stromverlaufes, alle davon abgekehrten Seiten die entgegengesetzte Bewegung. Ein elektrischer Ringstrom ist in seiner dynamischen Wirksamkeit durchaus analog einem Magneten. Die Ringaxe ist identisch mit der magnetischen Axe, die beiden Seiten der Ringebene entsprechen der magnetischen Polarität. Treten darum mehrere Ringströme in Wechselwirkung, so lässt sich ihr Verhalten in die engste Beziehung mit allen Wechselwirkungen magnetischer Massen bringen, zugleich aber auch, und das ist der Zielpunkt unserer ganzen Auseinandersetzung, mit der Wirkung der Atome. Wir nehmen aus diesem letzten Grunde an, d a s s die m e t a b o l i s c h e S u b s t a n z die U r a t o m e d a d u r c h b i l d e t , d a s s sie s i c h n a c h e i n e m S c h e m a b e w e g t , w e l c h e s dem oben b e s c h r i e b e n e n B e w e g u n g s s y s t e m des elektrischen R i n g s t r o m e s völlig a n a l o g g e b i l d e t ist, jedoch ohne dass sie zur Herstellung des unendlichen Wirbelschlauches in Spiralform einer Führung bedarf, wie sie der elektrische Stromleiter darstellt zur Erhaltung des Zwangszustandes der dielektrischen Medien, sondern dass sie den in sich selbst hineinkriechenden Schlauchwirbel direkt herstellt. So kompliciert auf den ersten Blick dieses Gebilde vielleicht erscheint, so ergiebt sich doch bei näherem Zusehen, dass es die einfachste Form der in sich abgeschlossenen und nicht uferlos verlaufenden longitudinalen Welle ist, als derjenigen Bewegungsform, die einzig und allein den primitivsten Bewegungstypus der metabolischen Substanz darstellen kann. Die Bahn der Welle ist eine kreisförmige oder vielmehr eine spiralförmige, da bei dem Fortfall des starren Stromleiters, im Gegensatz zu dem nichtleitenden Dielektrikum, der innerste Umlauf des Wirbeltrichters sich principiell nicht von den aufgereihten ihn umhüllenden konischen Wirbelschalen unterscheidet. Obwohl infolge der Interferenz mit anderen Atomindividuen niemals der ideale Typus der Atomspirale verwirklicht ist, so ermöglicht die Betrachtung des in seiner Vollendung, d. h. Unendlichkeit gedachten Atomringes uns doch erst das Verständnis für das Wesen der Fernewirkung, indem der Wirkungsbereich eines jeden Atomes stets soweit sicherstreckt,

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Das Verhalten der Uratomringe zu einander.

als seiner expansiven Entfaltung kein Hindernis in Gestalt anderer, gleichfalls üm ihre Existenz ringender Atome entgegentritt. Die allgemeinen Thätigkeitsprincipien der metabolischen Substanz werden uns verständlich aus der Überlegung, dass ihr dynamisches Wirken im Raum erstens abhängig sein muss von ihrer specifischen Dichte an der in Frage stehenden Stelle, indem die höhere Dichte der niederen an dynamischer Wirksamkeit selbstverständlich überlegen ist, zweitens von dem Sinn der als Drehcyklus sich vollziehenden Substanzmetamorphose, d. h. von der Bewegungsrichtung der durch den Process des Werdens und Vergehens in der Existenz sich erhaltenden Weltsubstanz. Ist von zwei verschiedenen Atomen an derselben Stelle des Raumes die gleiche Substantialitätsphase zu bilden, aber in umgekehrtem Sinn der Bewegung, so wird das Sein an dieser Stelle zum leeren Raum zurückgebildet, es entsteht ein substantielles Vakuum, in das je nach den elastischen Spannungsverhältnissen sich andere Wirbelzüge hineindrängen. Ist die Drehrichtung die gleiche, so muss die Substanzdichte an dieser Stelle infolge der gegenseitigen Raumbeengung wachsen, es kommt umgekehrt zur „Kraftlinienverdichtung". Über den Durchmesser der postulierten Atomringe positive Angaben zu machen, reichen unsere Kenntnisse zunächst noch nicht aus, ebensowenig um die die Spirale kennzeichnende Formel in Zahlen anzugeben. Erst wenn es gelungen sein sollte, das erste chemische Atom aus Kombinationen unserer Uratome herzuleiten, dürfte dazu Aussicht vorhanden sein.

4. Das Verhalten der Uratomringe zu einander.

Ist unsere Annahme, dass die Uratome dem Kraftliniensystem elektrischer Ringströme entsprechend aus der in metabolischem Kreislauf begriffenen Weltsubstanz gebildet

Das Verhalten der Uratomringe zu einander.

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werden, richtig, so ist es notwendig, die Eigenschaften elektrischer Ringströme mit den uns auf dem Gebiet der Atome bekannten Erscheinungen zu vergleichen. In demselben Masse aber, wie sich analoge Verhältnisse hier wie dort nachweisen lassen, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die aufgestellte Hypothese auf richtigen Principien beruht. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, die wichtigsten Eigenschaften der Masse, soweit sie uns die Lehren der Physik und Chemie an die Hand geben, kurz zu rekapitulieren und ebenso die elektrischen Wirkungen geschlossener Ringströme in grossen Umrissen zu skizzieren, um die gesuchten Analogien nachweisen zu können. Die moderne Naturwissenschaft nimmt die Substanz als geteilt an in kleinste, einer weiteren Reduktion unzugängliche, undurchdringliche Urteilchen, die sie A t o m e nennt. Da das Princip der Unteilbarkeit, von welcher Seite wir es auch anzuwenden bestrebt sind, mit den Erscheinungen der Elasticität, die den Atomen notwendigerweise anhaften muss, im Widerspruch steht, so wird den Atomen zumeist eine Hülle zugeschrieben aus einem zweiten Substanzprincip, dem W e l t ä t h e r . Es ist nun ohne weiteres klar, dass die Annahme einer Ätherhülle die Schwierigkeiten nicht hebt, sondern nur verdeckt, d. h. sie um eine Stufe weiter zurückschiebt, da der Äther, wenn er wie die Atome als permanent aufzufassen ist, auch wiederum nur entweder in kleinste Teilchen geteilt, oder unteilbar gedacht werden kann, wobei im ersten Fall die gleiche Frage nach der Elasticität sich wiederholt, im zweiten die Beziehungen zwischen Äther und Atomen noch unverst ndlicher wie vorher sich darstellen. Im Zusammenhang mit der Unerklärbarkeit der Substanz selbst steht die Unmöglichkeit, das Kraftprincip mit ihm in Beziehung zu bringen. Auch hier hört jedes fernere Verständnis auf, sobald die energetischen Erscheinungen auf Attraktion resp. Repulsion der Masse zurückgeführt sind. Kraft und Stoff bleiben ihrem wahren Wesen nach ebenso unerklärt wie die psychische Thätigkeit des Weltprincips selbst, solange sie im Sinn des Materialismus definiert werden.

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Die chemischen Elemente.

Der Stoff tritt in drei Aggregatzuständen auf, deren principieller Unterschied auf den Mengenverhältnissen darin wirksamer attraktiver oder expansiver Molekularthätigkeit beruht. Die Chemie kennt ca. 70 zunächst nicht weiter teilbarer, darum Elemente genannter Urstoife, obwohl es heutzutage keinem Physiker mehr zweifelhaft erscheint, dass die innere Verwandtschaft der Wirkungsweise des Stoffes nur auf einer gemeinsamen Ursache beruhen kann, d. h. dass die Elemente wiederum nur verschiedene Strukturgebilde eines wirklichen Urstoffes sein können, wie die chemischen Verbindungen A g gregate der Elemente sind. Dieser Schluss lässt sich selbst dahin erweitern, die Atome der Elemente wegen ihrer optischen Eigenschaften, ihrer Bindung nach multiplen Proportionen, ihrer sogenannten Wertigkeit und anderem, insbesondere ihres Zusammenlagerungsbestrebens nach polyedralen K r y stallen selbst bereits als verschiedenartig gestaltete K r y s t a l l g e b i l d e e i n e s U r s t o f f e s zu betrachten. D a zwischen den Wirkungen des Stoffes im grossen und im kleinen kein wesentlicher Unterschied bestehen kann, so müssen im Gebiet der Atome dieselben mechanischen Gesetze gelten, wie zwischen den Himmelskörpern auch. Dieser A n a logie zufolge dürften die Bewegungen der A t o m e vielfach weit kompliciertere Formen annehmen, als der landläufigen Anschauung entspricht, die nur geradlinige Oscillationen kennt. Solange die Naturphilosophie an unveränderlichen A t o m e n mit oder ohne Hinzunahme eines gleichfalls als permanent gedachten Ä t h e r s festhält, kann die K r a f t nur als B e w e g u n g des Stoffes gedacht werden. Der Unterschied zwischen potentieller und kinetischer Energie wird darin gefunden, dass erstere auf rückläufiger Massenbewegung im kleinen, die letztere auf Massentransport im grossen beruhen soll, ohne dass für die kinetische Form das Princip der Rückläufigkeit in Anspruch genommen wird. Ist jedoch die Masse selbst in ihren letzten Seinsprincipien nur im W e r d e n und Vergehen existent, so identificiert sich der Substanzbegriff direkt mit dem Begriff der K r a f t , d. h. ein ruhendes A t o m nach unserer Definition ohne Aktivität

Die Fernewirkung.

31

einem anderen gegenüber ist selbst schon K r a f t und zwar solche in potentieller Form. Ä n d e r t es seinen B e w e g u n g s zustand infolge der Wechselwirkungen zu anderen Atomringen, so entwickelt es kinetische Energie. D a kinetische Energie nur aus der potentiellen hervorgehen kann, so wird diese aus ihrer letzten Quelle, der Masse selbst, entnommen, indem ein V e r s c h w i n d e n v o n M a s s e a u s d e r E x i s t e n z zur Beo b a c h t u n g kommt. Diese wichtige Thatsache, dass die M a s s e mit der (kinetischen) K r a f t in einem kompensatorischen Austauschverhältnis steht, erhellt aus folgenden Betrachtungen, wobei wir uns, da wir die A t o m e als Analoga zu elektrischen R i n g s t r ö m e n anzusehen haben, zuerst an deren Verhalten zu orientieren suchen. Denken wir uns den Weltraum erfüllt statt von Atomen von einer Anzahl elektrischer Ringströme von gleicher Grösse und, falls die einzelnen R i n g e zunächst genügend weit von einander entfernt sind, von gleicher Stromintensität, die auf einer unzerstörbaren Ursache beruht, ähnlich wie etwa ein magnetisches Stahlmolekül einen solchen Ringstrom aus innerer K r a f t konstant erhält. Die dynamische Wechselw i r k u n g , die zwischen den Ringströmen dann eintritt, kann in nichts anderem gesucht werden, als in den Veränderungen, die die Wirbelsysteme durch gegenseitige Beeinflussung erfahren. Offenbar giebt über die F r a g e nach der Natur dieser V e r ä n d e r u n g e n das neu entstandene Potentialflächensystem uns Aufschluss, ebenso wie uns die B e t r a c h t u n g der Potentialflächen eines g e n ü g e n d isolierten elektrischen Ringstromes zusammen mit der Berücksichtigung des Wellencharakters des elektrischen Stromes zur A n n a h m e eines in Spiralform um den Stromleiter sich bewegenden Wirbelschlauches führte. W i e nämlich zwei oder mehrere elektromagnetische S y s t e m e , wenn ihre Kraftlinien graphisch dargestellt werden, einerseits eine Konkrescenz, andererseits ein gegenseitiges Sichausweichen der Kraftlinienkurven zeigen, d. h. dort infolge der vereinfachten Kraftlinienentwicklung, als A u s d r u c k für verminderten expansiven Druck im Raum, ein statisches Wellen-

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Anziehung und Abstossung.

thal erzeugen, hier infolge der Zusammendrängung gleicher Kraftlinienmengen auf verkleinertem Raum vermehrten expansiven Druck, d. h. einen statischen Wellenberg hervorrufen, so müssen auch die elektrischen oder die primär aus dem absoluten Sein hervorgegangenen Wirbelspiralen der Atome fähig sein, einerseits zu verwachsen und an der Verwachsungsstelle statischen Unterdruck zu erzeugen, andrerseits

Fig. 7F u s i o n zweier Wirbel bei gleicher Dreh- und Fortpflanzungsrichtung. A n z i e h u n g ungleichnamiger Magnetpole.

sich im R a u m zusammenzudrängen und damit statischen Überdruck zu bilden. Der letzte Grund für diese Erscheinungen ist der, dass an allen Verwachsungsstellen die Verwachsung zweier verschiedener Wirbelspiralindividuen deshalb eintritt, weil der Sinn der Drehrichtung der Substanzumwandlung (Werden — Vergehen) der einen Wirbelspirale der umgekehrte ist, wie der der anderen. Es kommt der Vorgang des Werdens mit dem Process des Vergehens zur Koincidenz und umgekehrt. Infolge davon reduciert sich die Substanz zum leeren Raum. Es entsteht s t a t i s c h e r U n t e r d r u c k . Deutlicher wird dieses Verhalten, wenn wir die einfachere A m p e r e s c h e Auffassung über das Wesen der magnetischen Kraftlinie als eines einfachen Wirbelringes unserer Betrachtung zu Grunde legen. Die magnetische Polarität eines solchen

33

Anziehung und A b s t o s s u n g .

Ringes wird durch die Drehrichtung der Wirbelrotation erkannt. Berühren sich zwei solcher magnetischer Urwirbel in Ringform — nicht zu verwechseln mit der Wirbelmasse der Uratome, die erst der ringförmigen Aufreihung einer unendlichen Anzahl solcher einfachen Wirbel gleich käme —. so veranlasst die entgegengesetzte Drehrichtung, vergleichbar dem Gegenübertreten von Nord- und Südpol, das Aufhören

F i g . 8. Abstossung

zweier W i r b e l bei entgegengesetzter D r e h - und Fortpflanzungsrichtung.

A b s t o s s u n g gleichnamiger Magnetpole.

der Rotation an der Berührungsstelle,. die beiden Ringe verwachsen zu einem eingewürgten Doppelring, weil ein -)- und ein — Process die algebraische Summe o ergiebt. Umgekehrt vermögen sich zwei Wirbelringe, deren Drehrichtung an der Berührungsstelle die gleiche ist, nicht in ihrer Existenz zu gefährden, wohl aber müssen sie mit einem kleineren Entfaltungsraum sich begnügen. (Fig. 7 u. 8.) Da bei der grossen Schwierigkeit für alle hauptsächlich mathematisch zu lösenden Fragen nach der Wechselwirkung des Stoffes in seiner Ausgestaltung zu den Wirbelspiralen der Uratome eine erschöpfende Darstellung zunächst noch unmöglich erscheint, so wollen wir uns im Folgenden darauf beschränken, nur in grossen Zügen den W e g zu zeigen, wie eine vom Einfacheren zum Komplicierteren fortschreitende Analyse sich etwa ausführen Hesse. D r e s c h e r , Werden.

Sein. Vergehen.

3

34

Anziehung gleichgerichteter elektrischer Ringströme.

Wir betrachten zunächst zwei elektrische Ringströme (bezw. zwei Atome) in ihrem Verhalten, darnach wie ein dritter, vierter R i n g (Atom) sich anschliesst u. s. w. Was die Methode dieser Darstellung anlangt, so schliesst sie sich an die Betrachtungsweise elektrodynamischer Erscheinungen direkt an, wobei jedoch die auf dem Gebiet der Atome nicht zur Anwendung gelangenden Wirkungen ausser Betracht bleiben. Die einfacheren Fälle sind folgende:

F i g . 9. Zwei konaxiale gleichgerichtete Kreisströme (Atome), s i c h

anziehend.

1. Befinden sich die A x e n zweier elektrischer Ringströme in einer geraden Linie und ist die Strombewegung an den sich gegenüberstehenden parallelen Peripheriepartien gleichgerichtet, so wirken die R i n g e so auf einander ein, wie zwei mit ungleichnamigen Polen sich zugekehrte Magnete, d. h. sie stehen unter einem elastischen Druck, der sie zu nähern sucht. Derselbe wird, wie sich aus dem Früheren ergiebt, dadurch hervorgerufen, dass zwischen den beiden Ringen ein statisches Wellenthal durch Verwachsung der beiderseitigen Wirbelmassen nach vorausgegangener teilweiser Zerstörung von Substanz entsteht, weil die Drehrichtung der beiden Wirbelsysteme hier einerseits in entgegengesetztem Sinn erfolgt, andrerseits die Sübstantialität rücksichtlich ihrer ' Dichte sich gleichkommt, mithin in einem relativen substantiellen Vakuum, d. h. dem leeren dreidimensionalen Raum, sich neutralisiert. Die

Abstossung entgegengerichteter elektrischer Ringströme.

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Wirbelmassen auf jeder der beiden äusseren Seiten stellen diesem Unterdruck gegenüber einen statischen Wellenberg dar. Indem die beiden Wellenberge in dem gemeinsamen Wellenthal ihren Überdruck aufzuheben suchen, verursachen sie die Annäherung der beiden Ringe. (Fig. 9.) 2. Fallen die Ringaxen zusammen, während die Stromrichtung an den gegenüberstehenden parallelen Peripherieabschnitten die entgegengesetzte ist, so ist das Verhältnis umgekehrt; zwischen den Ringen bedrängen sich die gleich-

Fig. 10. Zwei konaxiale entgegengerichtete Kreisströme (Atome), s i c h

abstossend.

rotierenden, entweder Nord- oder Südpolarität bildenden Wirbelmassen, während ausserhalb der expansiven Entwicklung der Kraftlinien kein Hindernis entgegentritt. Der Wellenberg befindet sich demnach zwischen den Ringen, die beiden Thäler sind ausserhalb anzutreffen, der statische Druck sucht die Ringe von einander zu entfernen. (Fig. 10.) 3. Befinden sich die Ringe in derselben Ebene und sind die Ströme an den einander zugekehrten Peripheriepartien gleichgerichtet, so bildet sich zwischen den Ringen ein Wellenthal, während ausserhalb die beiden Wellenberge entstehen, es tritt Annäherung ein. (Fig. 1.1.) 4. Sind die Stromesrichtungen einander entgegengesetzt, so ist das dynamische Verhältnis das umgekehrte. (Fig. 12.) Die geschilderten elektrodynamischen Erscheinungen können direkt auf die Atome übertragen werden. Die Ursache 3*

36

Analoges Verhalten der Atomringe.

ihrer Fernewirkung und zwar zunächst ihres Attraktionsvermögens ist demnach auch das Auftreten eines statischen Wellenthales zwischen den Atomringen, da hier die koincidierenden Wirbelmassen in entgegengesetztem Sinn ihre metabolische Umwandlung ausführen. In jedes derartige Thal sucht der durch Raumbeengung vermehrte Druck gleichrotierender Wirbelmassen, d. h. der Wellenberg auf der abgekehrten Seite der Ringe einzufliessen. Für den mit zu-

Zwei in gleicher Ebene befindliche Kreisstiöme, s i c h a n z i e h e n d , wie zwei mit ungleichnamigen Polen parallel sich gegenüberstehende Magnete.

nehmender Geschwindigkeit wachsenden Verlust an Substanz (potentieller Energie) wird Ersatz geschaffen in Gestalt einer äquivalenten Menge kinetischer Energie. Der Strom wert (die Substantialität) zweier spontan aufeinander wirkender Stromringe (Atome) wird während ihrer Bewegung erniedrigt und zwar um einen Betrag, der dynamisch in dem Arbeitswert der erlangten kosmischen Geschwindigkeit der wirkenden Massen seinen Ausdruck findet. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die unter No. 2 und 4 genannten Ausgangsstellungen zweier Atomringe nur möglich sind, wenn andere Atome in den dynamischen Wechselprocess eingegriffen haben,

Induktion.

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da zwei Atome primär nie in die qu. dynamische Zwangslage spontan sich begeben hätten. Infolgedessen ist der kompensatorische Verlust oder Gewinn an potentieller Energie bei diesen dritten und vierten Atomen zu suchen, nicht aber bei den primär in Frage stehenden. Das Auftreten von Stromintensitätsschwankungen, im Falle dass elektrische Stromleiter ihren Bewegungszustand relativ ändern, wird in den Lehrbüchern für Elektricität gewöhnlich unter

Zwei in gleicher Ebene befindliche Kreisströme, s i c h a b s t o s s e n d , wie zwei mit gleichnamigen Polen parallel sich gegenüberstehende Magnete. Die punktierte Linie giebt die Grenze der beiden Kraftgebiete an.

dem Sammelnamen der Induktionserscheinungen entwickelt. Man fasst nämlich die Schwächung resp. die Verstärkung eines elektrischen Stromes auf als entstanden durch Überlagerung eines sekundären „Induktionsstromes" über einen primären und zwar auch dann, wenn in nichtstromführenden Leitern, sobald sie sich in einem elektrischen Kraftfelde bewegen, Strombewegungen auftreten, während von einem primären Strom überhaupt nicht die R e d e sein kann. Unter dem Gesichtspunkt der Induktion betrachtet, erhalten wir, wie nicht anders zu erwarten, die gleichen Re-

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Induktion.

sultate, wie bei der oben gegebenen Betrachtungsweise der Wechselwirkung zweier Stromringe (Atome). Bei der Annäherung zweier konaxialer gleichgerichteter Stromkreise entsteht in beiden Leitern ein dem primären Strom entgegengesetzter Induktionsstrom, mithin wird die Intensität des ersteren um den Betrag des letzteren erniedrigt. Für die verschwundene Stromstärke ist eine entsprechende Geschwindigkeit der beiden Stromträger entstanden. Ahnlich ist das Verhalten, wenn die Ströme in derselben Ebene sich befinden und der Stromverlauf an den einander zugekehrten Peripheriepartien der gleiche ist. Auch hier entsteht ein dem primären Strom entgegengesetzter sekundärer Induktionsstrom. In beiden Fällen lässt die Entfernung der Stromkreise einen dem primären gleichlaufenden Strom auftreten, der die Intensität des ersten um seinen Betrag erhöht, ein Fall, der jedoch, wie bereits erwähnt, erst später zur Betrachtung kommen kann. Analoge Verhältnisse treffen wir bei der Annäherung und Entfernung entgegengerichteter Ringströme entweder mit zusammenfallenden Axenrichtungen oder Stromebenen. Die Dauer des inducierten Stromes ist gleich der Dauer der. Bewegung seines Trägers in dem fremden inducierenden Kraftfeld, seine Intensität ist proportional der Kraftmenge, die im Gebiet des inducierten Leiters in einer bestimmten Zeit eine Veränderung erfährt. Aus dem Vergleich des ersteren Betrachtungsmodus, das Wesen der Wechselwirkung zwischen Stromkreisen anlangend, mit den analogen Fällen der Induktion ergiebt sich zugleich die wahre Bedeutung der Induktion. Sie beruht auf der Einwirkung des elektrischen Wirbelschlauches in pos. oder neg. Sinn auf eine zweite von einem Leiter ausgehende Wirbelmasse oder das in dem Leiter potentiell schlummernde Vermögen, bei geeigneter Erregung diesen Wirbelschlauch zu bilden. Die spontan erfolgende Annäherung zweier konaxial und antipolar gerichteter Atomringe — von hier versagt die Exemplificierung auf an starre Leiter gebundene elektrische Ringströme — findet ihr natürliches Ende, wenn die Ringkreise zur Koincidenz gelangen. (Fig. 13 a und b.)

Verschmelzung und Wiedertrennung zweier gleichger. Atome.

Ein derartig durch Verschmelzung zweier vorher getrennter Atomringe entstandener Einzelring kann jedoch offenbar nicht mehr Substanz enthalten, als einer seiner Komponenten hätte, falls dieser genügend isoliert im R ä u m e sich befände, da in ihm der metabolischen Substanz keine andere Existenz- resp. Entfaltungsmöglichkeit sich darbietet, wie dort auch. Sind demnach die beiden Komponenten des späteren Verschmelzungsringes aus dem Unendlichen sich entgegengekommen, so hat jeder genau die Hälfte seiner ursprünglichen Substanzquantität eingebüsst, oder anders ausgedrückt, es sind die wechselsweise einander zugekehrten Hemisphären der beiden Uratome zum Verschwinden gekommen, und aus den äusseren Hemisphären ist ein neues Atomindividuum gebildet worden. A n Stelle der verschwundenen Masse haben die beiden Atomringhemisphären einen äquivalenten Betrag an kinetischer Energie gewonnen. Da sie mit gleichen Bewegungskräften

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/ / A 0- / 0 V / u

/

0

/ b.

/

F

/ c.

Fig. 13. Zwei konaxiale gleichgericht. Kreisströme (Atome); a. sich a n z i e h e n d , b. zu einem Ring v e r s c h m o l z e n , c. sich lconcentrisch t r e n n e n d . Die Bewegung wird in umgekehrter Reihenfolge rückläufig.

40

Verschmelzung und Wiedertrennung zweier gleichger. Atome.

und gleichen Massen sich gegenüberstehen, so ist ihnen das Beibehalten der alten Bewegungsrichtung, d. h. derjenigen in axialer Richtung, fernerhin unmöglich geworden. Da Energie resp. Masse jedoch nicht verloren gehen kann, so wird die Transformation M a s s e (potentielle Energie) — K r a f t (kinetische Energie) in einer zur A x e n r i c h t u n g s e n k r e c h t e n E b e n e , nämlich in der Ringebene des durch die Verschmelzung entstandenen Kombinationsatomes fortgeführt, derart,

Das Kraftliniensystem des in F i g . 1 3 c dargestellten koncentrischen Atompaares.

dass das Kombinationsatom sich von neuem in z w e i nun k o n c e n t r i s c h in e i n a n d e r s c h w e b e n d e R i n g e s p a l t e t , von denen der eine sich erweitert, der andere sich verengert. Der Peripherienabstand nimmt solange zu, bis die wirksame lebendige K r a f t in den elastischen Zugkräften, die dieser Trennung widerstreben, aufgezehrt ist, d. h. bis aus der lebendigen K r a f t wieder die potentielle Form der Energie, die Substanz in der früheren Menge sich regeneriert hat (Fig. 1 3 c und 14). Da der Sinn der Strombewegung der beiden koncentrischen R i n g e der gleiche ist, so wird, wenn die Atome das Maximum ihrer Entfernung erreicht haben, von neuem das koncentrische Näherkommen sich herstellen, das wiederum

Elastischer Stoss.

Princip der Zeugung.

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sein Ende erreicht, wenn die beiden Atome zu einem einzigen verschmolzen sind. Aus Masse ist dann wieder Bewegung geworden, die, weil sie sich in der ursprünglichen Richtung nicht erschöpfen kann, die S p a l t u n g in z w e i p a r a l l e l e A t o m r i n g e m i t g l e i c h e r A x e n r i c h t u n g bewirkt. In der eben gegebenen Auseinandersetzung ist das wichtige Princip d e s e l a s t i s c h e n S t o s s e s enthalten, insbesondere ist es deutlich geworden, dass der sogenannte Rückstoss zweier elastischer Massen, etwa zweier Billardkugeln, nur so zustande kommt, dass in dem kurzen Augenblick, wo die Verwandlung der ursprünglichen Bewegungsrichtung der Massen sich vollzieht, ein vollständiger Cyklus des Transformationsvorganges zwischen kinetischer Energie und potentieller (Substantialität) in umgekehrter Ordnung eingeschaltet ist. Ein noch wichtigeres Resultat unserer Betrachtung und zwar in Hinsicht auf ein biologisch-psychisches Problem, das späterhin ausführlich dargestellt werden soll, ist die Erkenntnis, dass die Individualität der Bausteine unserer W e l t keine unvergängliche ist, sondern dass bereits im Gebiet der Atome das Princip der Autoregeneration durch den Vorgang der Z e u g u n g sich vorfindet. Offenbar stellt die Konfluenz zweier sich suchender Atome nichts anderes dar, als die Kopulation zweier, geschlechtlich allerdings noch nicht getrennter Individuen, aus der eine Tochtergeneration in Gestalt des koncentrischen Ringpaares, eine Enkelgeneration in Form des in axialer Richtung sich trennenden Atomzwillings successive hervorgeht. Dabei wird jedesmal ein Teil der eigenen Leibessubstanz zerstört, dafür jedoch die Kraft für die Neuerzeugung der nächsten Generation in Gestalt der kinetischen Energie gewonnen. Wir sehen daraus, dass neben der steten Regeneration des Weltprincips in einfachster Gestaltung in dem Spiralwirbel des Atomes selbst auch noch eine Regeneration der Wirbel nach ganzen Hemisphären sich vorfindet. Wirken zwei Atome aufeinander, deren Flächen in g l e i c h e n E b e n e n liegen, so beobachten wir im Fall der Annäherung, die bis zur Berührung führt, einen ähnlichen Vorgang der Teilung, wie bei dem Zusammensturz in Axenrichtung. Auch

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Verschmelzung u. Wiedertrennung zweier Atome in gl. Ebenen.

hier erfolgt eine transversale Spaltung der vorher zur Verschmelzung gelangten Peripheriepartien. Ist die kinetische Energie eine sehr grosse, so kommt es zur successiven Zerspleissung der beiden Ringe in einer Ebene, die in dem ersten Berührungspunkt zur ursprünglichen Bewegungsrichtung senkrecht steht. Auf dieser neuen Bahn trennt sich das sekundäre Atompaar ebensoweit im R a u m , als das Elternpaar ursprünglich von einander abgestanden hatte, um dann das alte Spiel der VereinigungundWiederzerreissung zu erneuern. (Fig. 15 a, b, c.)

Fig- «5Zwei in derselben Ebene befindliche, an den einander zugekehrten Peripherieabschnitten gleichen Strom führende Kreisströme (Atome); a. sich a n z i e h e n d , b. sich s p a l t e n d , c. sich t r e n n e n d . DieBewegung w.umgek. rückläufig. Vergl.Fig. 1 3 .

Bisher haben wir das gegenseitige Verhalten je zweier Atome untersucht, deren Axenorientierung resp. deren Flächen eine identische war, und deren relative Stromrichtung spontane Annäherung, weiterhin Abstossung bedingte. Da jedoch weder die Axenstellung der Atome noch damit im Zusammenhang d. Stromrichtung im Raum bestimmt ist, so lassen sichin allen übrigen Ausgangsstellungen je 2 Atome gleichfalls denken.

Axenrotation der Atomringe.

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Nach einem bekannten Verfahren (Parallelogramm der Kräfte) lässt sich die Wechselwirkung zweier derartiger Atome in zwei Komponenten zerlegen, in eine solche, die uns die Kraftwirkung in der Verbindungslinie der Ringmittelpunkte zeigt, und in eine zweite mit in der Stromebene gelegenen Richtung. Da die Atomringe als frei im R a u m rotierende Gebilde zu betrachten sind, so haben sie offenbar das Bestreben, ihre Axenrichtung im Raum beizubehalten. Auf alle Einwirkungen von aussen, die die A x e zu drehen suchen, antworten sie demzufolge mit einer K e g e l m a n t e l r o t a t i o n , gleichwie die Erdaxe unter dem Einfluss der vereinigten Kräfte von Sonne und Mond auf das Erdellipsoid um den Pol der Ekliptik sich bewegt. Analoge Rotationen lassen sich auf elektrischem Gebiet nur dadurch herstellen, dass mindestens ein Stromleiter durch Einschaltung entweder von Gleitkontakten oder einer Flüssigkeit in den Stromverlauf konfigurabel gemacht wird. Obwohl damit der experimentelle Nachweis sich für obige Annahme nicht erbringen lässt, so lässt sich daraus doch auch kein bindender Schluss für die Unmöglichkeit der geforderten Kegelrotationen herleiten, da die Strombahn des Atomes überhaupt weder durch einen festen noch flüssigen Stromleiter fixiert ist, sondern überall und jederzeit der dynamischen Umformung zugänglich ist, die an der Kontaktstelle der bekannten Rotationsvorrichtungen der elektrische Strom erfährt. W i r halten darum zunächst daran fest, dass, wenn ein Atom ganz allgemein unter einer dynamischen Einwirkung von aussen steht, es einen Impuls erhält, der es in der Richtung seiner A x e im Raum geradlinig fortzubewegen sucht, und diese A x e zu drehen bestrebt ist. Der Kombinationseffekt dieser vereinigten Wirksamkeit ist der, dass die Oscillation der Atome im allgemeinen in Schraubenform erfolgt, dass zwei Atome z. B., deren Axen zu einander einen Winkel bilden, während die einander zugekehrten Flächen entgegengesetzte Polarität besitzen, auf Schraubenbahnen sich nähern, bis ihre Peripherien successive verschmelzen, um sich

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Verhalten der A t o m e in repulsiven Ausgangsstellungen.

darauf koncentrisch auf Schraubenflächen zu trennen, rückläufig zu werden und das alte Spiel zu erneuern. In vorstehender Auseinandersetzung werden zwei Atome vorwiegend in solchen Ausgangsstellungen betrachtet, wo die attraktive Wirksamkeit im Übergewicht ist. E s zeigte sich, dass unter diesen Umständen die beiden Atome sich auf Schraubenbahnen zumeist zu nähern suchen, um, wenn sie das Ziel dieses Strebens, die Verschmelzung zu einem Ring, erreicht haben, sich von neuem zu trennen und zwar in einer auf der ursprünglichen Bewegungsrichtung senkrechten Ebene, bis ihre kinetische Energie wieder vollständig in die potentielle Form zurückverwandelt ist, d. h. die ursprüngliche Substanzmenge wieder regeneriert ist, die sie vorher besessen hatten. Da damit wieder der frühere Zustand hergestellt ist, so muss die Bewegung rückläufig werden, das Atompaar sich wieder vereinigen, um von neuem sich zu trennen, und zwar jetzt wieder auf den gleichen Bahnen, auf denen es seine Bewegung begann. Eine ähnliche Betrachtung, wie die bei einem Atompaar, bei dessen dynamischer Wirksamkeit die attraktiven K r ä f t e den repulsiven überlegen sind, verlangen die umgekehrten Ausgangsstellungen: i. dass die Atome bei gleicher Axenrichtung sich mit gleichnamigen Polen gegenüberstehen, 2. dass sie in gleicher Ebene sich befinden, während die Stromrichtung an den einander zugekehrten Peripheriepartien die entgegengesetzte ist, 3. dass die Atomebenen einen Winkel mit einander bilden, während die zugekehrten Flächen, d. h. diejenigen, die den Raum des spitzen Winkels flankieren, die gleiche Polarität besitzen. Der Vergleich mit den vorher bereits kurz angedeuteten elektrodynamischen Erscheinungen resp. analogen Fällen der Induktion ergiebt auch hier das wahre Verhalten der Atome; dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Fälle, wie erwähnt, insofern eine gesonderte Betrachtungsweise verlangen, als die spontane Aktivität der beiden Atome allein nie zu den qu. Ausgangsstellungen geführt hätte, dass sie deshalb nur dann praktisch in Frage kommen, wenn durch Eingreifen

Einwirkung oscillierender Ringpaare auf andere Atome.

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weiterer Atome die beiden ersten zwangsweise in die fragliche L a g e gekommen sind. Wir werden hiermit auf die Untersuchung des Einflusses dritter und vierter Atome auf ein erstes Atompaar gewiesen. Hier häufen sich nun, wie wir gleich anfangs bemerken wollen, die Schwierigkeiten so — man denke an das Dreikörperproblem auf dem Gebiete der Astronomie —, dass wir nur in grossen Umrissen das Wichtigste hervorheben können. Die dynamische Wirksamkeit eines oscillierenden Atompaares auf ein drittes Atom ist offenbar pulsatorischer Natur. Sein Bewegungszustand wird im Sinne einer isochronen Oscillation beeinflusst, während umgekehrt seine eigene Trägheit auf die primäre Oscillation retardierend wirkt. Der schliessliche Effekt ist ein kompensatorischer Austausch zwischen ursprünglicher Ruhe einerseits und Bewegung andrerseits, derart, dass das dritte Atom mit den beiden ersten zu einem in seiner dynamischen Wirksamkeit äquilibrierten Bewegungssystem vereinigt wird. Dieser kurz beschriebene Vorgang findet auf elektrischem Gebiet sein Analogon in der Wechselwirkung zweier mit einander verbundener Wechselstrommaschinen. Entsteht in der primären Dynamo durch Umdrehung des Ankers ein Wechselstrom, so wirkt derselbe auf die zweite Maschine, die wir uns als unbelastet vorstellen wollen, so ein, dass allmählich deren Anker sich in Bewegung setzt, wobei er an Rotationsgeschwindigkeit so lange zunimmt, bis völliger Synchronismus zwischen den beiden Maschinen hergestellt ist. Der Strom in der Leitung hat anfangs seine grösste Intensität, er nimmt jedoch fortdauernd an Amperezahl ab, bis bei idealem Synchronismus der Bewegung (von unvermeidlichen Verlusten durch Reibung etc. abgesehen) die Leitung vollständig stromlos wird. Aus diesem Beispiel wird ersichtlich, dass zwischen einem bewegten und einem in Ruhe befindlichen Kraftsystem (primäre und sekundäre Dynamo), die in dynamischer Verbindung stehen, ein Kraftabfluss von dem bewegten nach dem ruhenden so lange stattfindet, bis sich aus beiden ein neues in sich aequilibriertes gemeinsames Kraftsystem gebildet hat. Ist

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Analogieen auf elektrischem Gebiete.

die sekundäre Dynamo belastet, so wird stets eine solche Kraftmenge von der ersten Maschine (der Energieproduktionsstelle) zur zweiten (der Energiekonsumptionsstelle) abfliessen, als der geleisteten Arbeit entspricht. Statt dass die sekundäre Dynamo mechanische Arbeit verrichtet, kann sie so stark gebremst werden, um überhaupt nicht mehr rotieren zu können, während ihre Schenkelbewicklung mit einer elektrischen Fernleitung in Verbindung gebracht wird. Die Dynamo wirkt dann als Wechselstromtransformator, sie dient lediglich dazu, den Strom der Erregerdynamo umzuformen, ihn aber nicht in irgend einer Form von Energie, etwa in' mechanischer Arbeit oder Wärme, in dem eignen System zurückzubehalten. W i r ersehen daraus, ein Massensystem, das imstande ist, von einem anderen in synchrone Bewegung versetzt zu werden, kann gegebenen Falls, statt Bewegung aufzunehmen, die anlangende Energie auch weitergeben, ohne vorher in der gröberen Bewegung seiner Masse ein Abbild des Bewegungszustandes des erregenden Systems geboten zu haben. Im ersten Fall wird der Cyklus des Geschehens schon mit dem Übergang der Energie auf das zweite System abgeschlossen. So wäre z. B., wenn wir von den Energieverlusten durch Reibung absehen, die primäre Wechselstromdynamo nur so lange durch eine äussere Kraft zu drehen, bis die damit verkoppelte unbelastete zweite Maschine völligen Synchronismus zeigt. Würde dann die äussere Kraft ausgeschaltet, so bewegten sich beide Dynamos beliebig lang weiter, ohne dass Strom von der einen zur anderen flösse, wobei aber die beiden Zuleitungsdrähte stetig ein differentes elektrisches Potential zeigten. Wirkt dagegen die zweite Dynamo dadurch, dass ihr Anker festgestellt wird, als Transformator, so umfasst der dynamische Cyklus einen viel grösseren Massenbezirk, in den der Transformationsprocess des elektrischen Stromes als kurzes Zwischenglied eingeschaltet ist. In gleicher Weise verhält sich jedes fremde Massensystem einem oscillierenden Atompaar gegenüber; es ist entweder fähig, den Synchronismus der Bewegung anzunehmen, oder, falls die äusseren Umstände dieses verhindern, wenigstens als

Die Huyghensschen Elementarkugelwellen.

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Umformer, resp. Weitergeber für die anlangende Energie zu dienen. Das Beispiel der beiden Dynamos zeigt uns den wesentlichen Unterschied in dieser doppelten Wirksamkeit des Stoffes. Ein oscillierendes Atompaar wirkt in die Ferne durch den Wechsel seiner „expandierten oder retrahierten" Substantialität, d. h. den Wechsel seiner Stromintensität. W i e die Wirksamkeit eines in seiner Stromintensität schwankenden elektrischen Systemes durch Entwicklung von Induktionsströmen in fremden Stromleitergebieten entweder, falls diese im R a u m fixiert sind, eine U m f o r m u n g bezw. Richtungsableitung erfährt oder, falls sie fähig sind, in einen synchronen Bewegungszustand versetzt zu werden, mit ihnen zu einem in sich geschlossenen dynamischen Kreislauf sich vereinigt, so erzeugt ein oscillierendes Atompaar entweder synchrone B e w e g u n g in fremden Massensystemen und zieht diese damit in sein eigenes Thätigkeitssystem herein, oder es verändert pulsatorisch die Intensität der fremden Atomströme in pos. oder neg. Sinn und lässt sie damit zu sekundären Erregungscentren für eine der eigenen isomorphe Erregungskategorie werden. Das letztere Verhalten eröffnet zugleich das Verständnis für die von H u y g h e n s zur Erklärung der Wellenfortpflanzung angenommene Elementarkugelwellentheorie. Huyghens suchte die Erscheinungen der Wellenfortpflanzung dadurch zu erklären, dass er annahm, jedes Molekül des elastischen für die Fortpflanzung der in F r a g e stehenden Wellenart (Licht, W ä r m e , Töne) geeigneten Mediums werde von dem primären Oscillationscentrum aus in eine E r r e g u n g versetzt, die es als selbständiges Wellencentrum erscheinen lasse; durch die vereinigte W i r k u n g aller sekundär entstandenen Centren würden durch algebraische Summierung der zur Superposition kommenden Wellenphasen die bekannten Erscheinungen der Fortpflanzung, Brechung, Reflexion, B e u g u n g usw. des Lichtes, der W ä r m e , des Tones erzeugt. Solange die auf dem W e g e der Induktion fortgeleitete Energie die Form fortschreitender Wellen hat, die auf ihrem W e g e der H u y g h e n s s c h e n Theorie entsprechend gebrochen, reflektiert etc. werden, ist die Molekularbewegung natürlich

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Konkrescenz der Atoraringe zu Polyedern.

nicht zu cyklischer Ordnung gekommen, d. h. es sind aus den beteiligten Atomringen noch nicht für sich b e s t e h e n d e Gebilde hervorgegangen, wie sie die Atome der Elemente sowie deren Aggregate, die Moleküle resp. Molekülverbindungen, darstellen. Eine Reihe von Gründen spricht nämlich dafür, dass es sich bei diesen um krystallographisch geordnete Ringgruppierungen handelt, möglicherweise auch um cyklisch geordnete Systeme solcher Ringgruppen, da nach den voraufgegangenen Auseinandersetzungen nur der Kreislauf der Energie, d. h. der Bewegung der Atome resp. der damit vergesellschafteten Induktion, einem Massensystem die innere Stabilität zu verleihen vermag. Obwohl das vorliegende Thatsachenmaterial zwar noch nicht ausreicht, die Atome der Elemente aus unseren Urringen herzuleiten, so zeigt doch die folgende Betrachtung, wie sich die Entstehung einer komplicierteren Ringaggregation etwa denken liesse. Unter allen Kollisionsmöglichkeiten der Atomringe giebt es solche, die sich gegenseitig in ihrer associativen Wirksamkeit unterstützen. Es mag hier zunächst nur auf eine Möglichkeit hingewiesen werden, wie aus Ringen eine bekanntere Krystallform, der reguläre O k t a e d e r , gebildet werden kann, der alle Bedingungen zu einem relativen Zusammenhalt seiner Teile in sich trägt. Acht Atomringe treten in der Richtung der auf den Oktaederflächen senkrecht stehenden Axen zusammen und bilden vier nordmagnetische und alternierend vier südmagnetische Flächen, neben denen ferner die Krystallkanten ebenso wie die Ecken auf andere Kanten oder Ecken als attraktiv oder repulsiv wirksame Krystallteile bestehen. Statt des bipolaren Ringes der einfachen Atomspirale wirkt ein multipolarer Polyeder, der mit den dynamischen Ureigenschaften der alten Atome, Anziehung und Abstossung, nur in eigentümlicher Weise vervielfältigt, ausgestattet ist. (Fig. 16.) Da das den Atomringen angemessenste Verhalten die Annäherung der Ringperipherien ist, d. h. die Ringvereinigung, die erneute Spaltung in zwei koncentrische Ringe, die zweite Vereinigung, der zweite Auseinandertritt etc., d. h. die ununter-

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Die Fortleitung der molekularen Stossbewegung.

brochene Transformation von potentieller Energie in kinetische Formen und umgekehrt, von Masse in Kraft und rückwärts, so fragt es sich, wo kommt beim Zusammenprall der Urringe, sobald sie einen Krystall gegebenen Falls zu bilden imstande wären, die S t o s s k r a f t hin, die im Moment des Zusammentreffens auch bei ihnen die grösste Intensität besitzt und jedesmal den früheren Zustand wiederherstellen würde, während die Polyederbildung das Ausbleiben oder doch wenigstens die Herabsetzung der Amplitude der Rückbewegung verlangt.

Fig. 16. Schema für den aus 8 Atomringen gebildeten regulären Oktaeder.

Die Ursache für diese Erscheinung kann im Hinblick darauf, dass die sekundären und tertiären Zusammenlagerungen der Materie, die Vereinigung der Elemente zu Molekülen, von Molekülen zu gasförmigen, flüssigen oder festen Aggregationen, mit der Produktion von nach aussen abfliessender Energie verbunden ist, keine andere sein, als dass in Form von Induktionswellen die anfangs sehr heftige Oscillation gebremst wird, indem der A g g r e g a t i o n der Masse irgendwo im Weltraum eine entsprechende D i s g r e g a t i o n — nichts anderes besagt „Aufnahme von Energie" — gegenübersteht. D r e s c h e r , Werden. Sein. Vergehen.

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Die strahlende Wärme.

Denken wir an die bekannte Versuchsanordnung M a r i o t t e s , die dazu dient, die Gesetze des elastischen Stosses zu demonstrieren und darin besteht, dass eine Serie von gleichgrossen Elfenbeinkugeln an Doppelfäden aufgehängt werden, so dass die Kugelreihe sich in einer geraden Linie berührt. Hebt man die erste Kugel ab und lässt sie der natürlichen Schwere folgend auf die übrige in R u h e gebliebene Serie fallen, so wird die Stosskraft, durch die ganze Kugelreihe fortgeleitet, das Wegfliegen der letzten Kugel bewirken. Wie nun die e r s t e K u g e l nach ihrem Zusammenprall mit der f o l g e n d e n dadurch zur R u h e kommt, d. h. mit ihr verbunden wird, dass die Stosskraft auf dem W e g e der elastischen Welle die l e t z t e K u g e l in Bewegung setzt, so können auch zwei Atomringe zu dauerndem Zusammenschluss nur gelangen, wenn ihre kinetische Energie in Form einer elastischen Welle auf andere Atomgruppen abgeleitet werden kann. Sind die Bedingungen zu einem derartigen Unschädlichwerden der dissociativ thätigen Stosskraft nicht vorhanden, so ist die erstrebte Verbindung nicht zu realisieren. Der ganze soeben beschriebene Vorgang beweist, dass bei der E n t s t e h u n g aller Massenaggregationen, auch s c h o n in p r i m i t i v s t e r F o r m b e i d e r G e n e s e d e r E l e m e n t a t o m e , S t o s s k r a f t a b g e l e i t e t w e r d e n m u s s . Die in Form elastischer Wellen fort geleitete Stosskraft der Atome ist aber die W ä r m e . Träger dieser Wellen sind die Atomringe oder ihre Komplexe. Da die Genese der Elemente wie deren Aggregate Teilerscheinungen des grossen kosmischen Entvvicklungsprocesses sind, durch den nach der K a n t - L a p l a c e s c h e n Theorie unser Sonnensystem entstanden ist, so fällt die Frage, auf welche Massen ist die bei der Konsolidation des Nebels freigewordene Stosskraft, die Wärme, übergetreten, mit derjenigen zusammen: Wie erhält sich die Automatie des Universums überhaupt. Diese wichtige Frage soll später ausführlich besprochen werden. Wir wollen uns daher hier auf die kurze Bemerkung beschränken, dass der mit Wärmeproduktion verbundene Konsolidationsprocess des kosmischen Nebels, der zur Bildung von

Weiteres über polyedrale Ringagglegate.

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Sonnen und Planeten führt, mit dissociativen Vorgängen verbunden ist, die sich in den Interastralräumen abspielen. In dem oben beschriebenen O k t a e d e r , aus acht Ringen gebildet, sind die Verwachsungsbedingungen in ausserordentlich günstiger Weise verwirklicht. Die dem Inneren des Krystalles zugekehrten Wirbelpartieen der Komponenten sind räumlich wesentlich reduciert, da sie ja nicht weiter als bis zum Mittelpunkt des Polyeders reichen können, während die äusseren Partieen ideell sich ins Unendliche zu erstrecken vermögen. Die ideale geometrische Gestalt würde der Polyeder indessen nur aufweisen, wenn er auf den absoluten thermischen Nullpunkt abgekühlt werden könnte. Da er jedoch noch aktive Stosskraft, d. h. W ä r m e besitzt, so müssen wir uns die acht Komponenten in beständiger Bewegung von und nach dem Mittelpunkt begriffen denken, wobei, wie bei der einfachen Ringoscillation, beständig Vereinigungen und Trennungen der Ringperipherieen stattfinden, derart, dass an den Kanten Spaltungen und Wiederverbindungen wechselsweise auftreten. W i r erhalten somit zuzeiten sowohl zwei in einander steckende Oktaeder, wie alternierend einen Polyeder mit gelöster Kantenverbindung, etwa zu vergleichen dem entkanteten und enteckten Oktaeder, dessen Flächen die Ringe zu repräsentieren haben. In ähnlicher Weise, wie der reguläre Oktaeder, als Repräsentant des regulären Krystallsystemes, eine Aggregationsmöglichkeit der Substanz in primitivster Form darstellt, lassen sich Bildungen aus Ringen hervorgegangen denken, die andere stereometrische Gesetze befolgen. Es wäre so z. B. möglich, dass durch ein gewisses Übergewicht der attraktiven W i r k u n g einzelner Ringe auch Ringe in repulsive Zwangslagen eingegliedert würden, eine Möglichkeit, die uns das Wesen e x p l o s i v e r Verbindungen verständlich erscheinen liesse. Obwohl sich über alle diese detaillierten Fragen zunächst nur Vermutungen aussprechen lassen, so mögen hier doch noch einige Erscheinungen von allgemeinerer Bedeutung kurz berührt werden. Als charakteristisches Kennzeichen des Stoffes gilt sein 4*

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Molekularkräfte (Licht, Schwerkraft, Elektricität).

s p e c i f i s c h e s L e u c h t v e r m ö g e n beim Glühen in gasförmigem Zustand. Da wir unter diesen Verhältnissen den Stoff in relativ einfacher Aggregatform untersuchen, so dürfen wir annehmen, dass die einzelnen Spektrallinien der Ausdruck sind für die auf specifischen elastischen Spannungsverhältnissen beruhende s p e c i f i s c h e E r r e g u n g s f ä h i g k e i t d e s b e treffenden Stoffes für bestimmte Wellenkategorien. Sie haben etwa in gleicher Weise, wie die verschiedenen Töne eines vielsaitigen Instrumentes auf der Bewegung der verschieden stark gespannten und verschieden langen Saiten beruhen, als Repräsentanten für die Schwingungsformen der in differenter Länge und Spannung in dem Krystall enthaltenen Kantenabschnitte zu gelten. Die M o l e k u l a r k r ä f t e der primitiven Krystallgebilde beruhen auf ihrer vielflächigen Polarität. Je flächenreicher sich der Stoff gestaltet, um so mehr wird die äussere Wirksamkeit in ein Mosaik von Kraftfeldern aufgelöst, das in gleichem Verhältnis anderen Massen gegenüber den Unterschied zwischen Attraktion und Repulsion verliert zu Gunsten der Attraktion, da die von den beiden getrennten, gröberen Massen ausgehenden Kraftlinien rücksichtlich ihrer Polarität stets die mit ihnen ungleichnamigen Flächen der angezogenen Masse aufsuchen werden. Diese Erscheinung ist aber nichts anderes als die M a s s e n a n z i e h u n g ganz allgemein, im kleinen in Form der A d h ä s i o n und K o h ä s i o n , im grossen in der Gestalt der Gravitation. Das Wesen der E l e k t r i c i t ä t und des M a g n e t i s m u s , das uns auf die wahre Konstitution des Stoffes zuerst geführt hatte, ist in bestimmten Bewegungszuständen der Materie zu suchen. Statt der anabolischen und katabolischen Substanz bewegt sich der bereits zu Atomen und Molekülen geformte Stoff in anabolischen resp. katabolischen Thätigkeitsphasen, die wir bei der Untersuchung des Verhaltens der Atomringe zu einander bereits kennen gelernt haben. Die verschiedenen A g g r e g a t z u s t ä n d e hängen in der Weise zusammen, dass vom gasförmigen zum flüssigen und festen fortschreitend eine immer komplicierter werdende Zu-

Aggregatzustände (Gase, Flüssigkeiten, feste Körper).

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sammengliederung des Stoffes stattfindet. Die Ursache dieser Erscheinung ist einerseits das Konsolidationsvermögen, das ein von aussen auf den zu verdichtenden Stoff ausgeübter D r u c k besitzt, andrerseits die dargebotene Möglichkeit, die frei werdende W ä r m e auf andere Massensysteme a b z u l e i t e n . Der äussere Druck kommt in der mannigfaltigsten Weise zur Wirkung, vor allem in der Form der Schwerewirkung auf die eigene Masse (Kohäsion). Änderungen der Temperatur- und Druckverhältnisse sind die Mittel, um die Körper in die verschiedenen Aggregatzustände überzuführen, beide sind in ihrer Wirkung von antagonistischer Bedeutung. Der äussere Druck wirkt kompressiv, die innere Wärme expansiv, umgekehrt der innere Druck (bei Explosionen etwa) repulsiv, die Freigabe der inneren W ä r m e attraktiv. In den G a s e n überwiegt das Expansivbestreben der inneren Wärme das Kompressivvermögen des äusseren Druckes, repräsentiert durch die Kohäsivkraft der Masse selbst. In den F l ü s s i g k e i t e n ist die Kohäsivkraft der Moleküle so weit gewachsen, dass sie dem Expansivbestreben der noch restierenden Atombewegung, der inneren Wärme, das Gleichgewicht hält. Erst in den f e s t e n K ö r p e r n sind die in den Gasen vollständig, in den Flüssigkeiten halbfreien Moleküle soweit stabilisiert, dass die innere Wärme den molekularen Zusammenhang nicht mehr zu zerstören vermag. Der allgemeine Befestigungsmodus der Atomringe in den höheren Aggregationen der Gase, der Flüssigkeiten und der festen Körper ist, elektrodynamisch gefasst, gleichbedeutend mit einer ausserordentlich komplicierten, netzartigen Verzweigung elektrischer Ströme, die nur dadurch für die analysierende Betrachtung verständlich wird, dass man jede einzelne kleinste in sich geschlossene Strombahn als Individuum ansieht, das durch appositionelle Verwachsung mit anderen gleichen Individuen (Uratomen) die Bildung des nun bestehenden übergeordneten individuellen Gesamtgebildes veranlasst hat. Die Frage, haben wir Aussicht, den Stoff in seiner ein fachsten Gestalt, in der Atom r i n g f o r m kennen zu lernen,

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Strahlende Materie.

mit der weiteren leicht abzuleitenden F o l g e r u n g , liegt es im Bereiche der Möglichkeit, ein Element in das andere zu verwandeln, dürfte, wenn sich die vorstehenden A u s f ü h r u n g e n bewahrheiten sollten, etwa in folgendem Sinn zu beantworten sein: Zunächst ist es erforderlich, den Stoff auf den höchsten Grad der V e r d ü n n u n g zu bringen, wie z. B. in den bekannten H i t t o r f s c h e n R ö h r e n ; sodann haben wir die stärksten dissociativen K r ä f t e anzuwenden, um die letzte Lösung der noch restierenden R i n g a g g r e g a t i o n e n zu bewirken. Vermutungsweise m a g hier ausgesprochen werden, dass wir dieses R e s u l t a t vielleicht schon vor uns haben in der E r r e g u n g der H i t t o r f schen R ö h r e n durch den elektrischen Funkenstrom zur Bildung der R ö n t g e n s c h e n dunklen Strahlen. Das specifische Leuchten der Gase in diesen R ö h r e n hört bei einem gewissen Grad der V e r d ü n n u n g auf, ein Zeichen dafür, dass das eingeschlossene Gas seine specifische Individualität verloren hat. Die für das A u f t r e t e n der charakteristischen Spektrallinien verantwortlich zu machende Krystallform ist zerstört und h a t der durch specifische Schwingungsformen nicht weiter ausgezeichneten B e w e g u n g der Atomringe selbst Platz gemacht. Die R ö n t g e n s c h e n Strahlen wären dann der A u s d r u c k der Thätigkeit des Stoffes in einfachster Gestalt, die B e w e g u n g der von C r o o k e s schon so bezeichneten s t r a h l e n d e n . M a t e r i e , als eines vierten Aggregatzustandes. Da die molekulare Beschaffenheit der von den genannten Strahlen getroffenen K ö r p e r nicht in gleicher Weise zu ihnen in Beziehung steht, wie die specifische Elasticität der chemischen K ö r p e r a g g r e g a t e zu den Spektrallinien, so erklärt sich daraus relativ ungezwungen ihr ausserordentlich grosses Penetrationsvermögen. Liessen sich die B e d i n g u n g e n , unter denen die freien R i n g e beim Nachlass der E r r e g u n g der H i t t o r f s c h e n R ö h ren sich wieder vereinigen, verändern, so erscheint der Gedanke nicht absurd, dass wir dann einen anderen Stoff in d e r R ö h r e vorfänden, als ursprünglich einer darin war.

Der geologische und biologische Kreisprocess.

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5. Der geologische und biologische Kreisprocess.

Mit dem kosmischen Abkühlungsprocess unserer Erde steht das Auftreten des organischen Lebens, durch das die höchste u n s b e k a n n t gewordene Bewusstseinssteigerung des Weltprincips entwickelt wird, in unmittelbarer Verbindung. Obwohl ja die metabolische Substanz sowohl nach der dynamischen wie psychischen Seite in den Atomringen bereits „Leben" besitzt, so bietet sich doch erst in der stufenweise gewonnenen Vervollkommnung der eigentlichen organischen Schöpfung - die Möglichkeit, auch das psychische Princip zu höheren Formen auszugestalten. Seiner Bedeutung entsprechend, die Blüte aller aufsteigenden kosmischen Evolution in dieser Hinsicht zu sein, bildet das organische Leben nur einen verschwindend kleinen Anteil des gesamten Weltgeschehens, indem einerseits immer nur eine sehr geringe Menge der Weltsubstanz daran teilnimmt, andrerseits dieses geringe Quantum nur in eng begrenzten Entwicklungsstadien der Weltsysteme seine lebenbildende Thätigkeit zu entfalten vermag. Auf keiner einzigen der uns durch unsere Teleskope sichtbar werdenden Welten des Fixsternhimmels ist Leben in höherer Form vorhanden. Sie haben noch nicht dasjenige Stadium der Abkühlung erreicht, bei welchem allein die komplicierten Stoffumlagerungen möglich werden, die wir als Träger des höheren organischen Lebens zu betrachten gewohnt sind. Wir dürfen noch weiter gehen in unserer Einschränkung, auch auf ihren dunkelen Begleitern, vergleichbar unseren Planeten, tritt es im allgemeinen nur dann auf, sobald ihre Oberflächenerkaltung sich in dem Temperaturintervall zwischen ioo°C und o° bewegt. Endlich von diesen wirklich von Organismen bewohnbaren Weltkörpern ist es wiederum nur eine verschwindende Oberflächenschicht, d. h. ein minimaler Bruchteil ihrer Gesamtmasse, der durch einen eigentümlichen Kreislauf, den wir jetzt betrachten wollen, zur Bildung des organischen Lebens herangezogen wird.

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Das kosmische Entwicklungsstadium unserer Erde.

Als einziges Demonstrationsmaterial für den Nachweis, wie organisches Leben sich bildet, steht uns, wie leicht begreiflich, nur unsere Erde zur Verfügung. Allein die Ursachen für den biologischen Process sind offenbar allgemeiner Natur und in gleichen Entwicklungsverhältnissen ähnlicher Weltkörper enthalten, so dass wir nicht annehmen dürfen, anderswo auf im Wesen neue Bildungen zu stossen. Wir haben darum das augenblicklich erreichte Entwicklungsstadium unserer Erde als Paradigma nach seinen „lebenbildenden" Einzelheiten zu erforschen. Die Erde befindet sich zur Zeit in einem Zustand ihres kosmischen Daseins, in welchem die Epoche des Gasballes sowie des glühenden Flüssigkeitstropfens bereits überschritten ist. Ihre Oberfläche hat sich mit einer festen Erstarrungsrinde überzogen, die jedoch noch nicht eine solche Mächtigkeit erlangt und eine so bedeutende Abkühlung erfahren hat, um in ihren Poren die Meere und die Atmosphäre aufnehmen zu können, ein Vorgang, wie er auf dem Mars z. B. in der Entwicklung begriffen ist, auf dem Monde bereits seit langem seinen Abschluss gefunden zu haben scheint. Es ist klar, dass unter diesen Umständen auf der Erdoberfläche eine grosse Freiheit zu kompilierter Stoffthätigkeit, bestehend in molekularer Aggregation und Disgregation, zu finden ist. Die noch vorhandene Temperaturhöhe ermöglicht das Auftreten des Stoffes in den drei verschiedenen Aggregatzuständen — die Erdrinde ist f e s t , das Wasser f l ü s s i g und l u f t f ö r m i g , die Atmosphäre ein ungesättigtes Gas. D i e G e s a m t h e i t aller aus diesen K o m p o n e n t e n durch die S o n n e n s t r a h l u n g a n g e r e g t e n S t o f f u m l a g e r u n g e n ist der geologische und biologische Process. Befände sich die Erde in Fixsternweite von dem nächsten glutflüssigen Stern, so wäre es unwahrscheinlich, dass ihre Oberflächenbewegung eine nennenswerte Bedeutung hätte; es würde sich sehr bald ein Gleichgewichtszustand herstellen, der nur ab und zu durch vulkanische Eruptionen vorübergehend gestört würde. Die organische Schöpfung wäre über ihre ersten Anfänge nicht hinausgekommen.

D i e Sonnenthätigkeit im allgemeinen.

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Wesentlich anders gestalten sich die Verhältnisse dadurch, dass die Erde einem Fixstern, d e r S o n n e , so nahe steht, dass nicht nur ihre kosmische Bewegung, sondern auch ihre Beleuchtung und Erwärmung vorwiegend von ihr abhängig ist. Der Attraktionseffekt der Sonne wie ihre thermische Wirksamkeit beruht auf der Dynamik ihrer Atome. Die Sonne wirkt, wie jede Masse ganz allgemein, auf andere Massen ein durch ihre bez. der Dichte mit dem Quadrat der Entfernung gradatim abnehmende Hülle, nämlich durch das in d e n W e l t r a u m s i c h a u s b r e i t e n d e W i r b e l g e r ü s t i h r e r A t o m r i n g e , das, soweit sein statisches Verhalten in Betracht kommt, die Erscheinung der G r a v i t a t i o n bedingt, soweit die Wirbelsysteme zu einander in Oscillation begriffen sind, t h e r m i s c h wirksam ist. Die Glut der Sonne ist nichts anderes, als der oscillatorische Transformationsprocess zwischen dem potentiellen (stofflichen) und kinetischen (kraftlichen) Energieinhalt ihrer Atome, die Gravitation aber die in stetem Wechsel begriffene, jedoch eine konstante mittlere Summe bildende Substantialität resp. deren Attraktionswirkung auf andere Massen selbst. Da die Atome der Erde ebenfalls oscillieren, so hat für sie die gleiche Betrachtung zu gelten, nur mit dem Unterschied, dass ihre gravitierende und thermische Hülle wegen der kleineren Anzahl der konstituierenden Atome und ihrer verlangsamten relativen Bewegung von geringerer Wirksamkeit ist. Der Charakter jeder für sich bestehenden Atomoscillation kann nur der der s t e h e n d e n Welle sein. Die die Sonne umgebende „gravitierende Pyrosphäre" im weiteren Sinne hat darum von sich aus nicht das Bestreben, ihre W ä r m e zü verausgaben, sondern sie würde sie in alle Ewigkeit bewahren, wenn sich anderswo nicht Bedingungen fänden, die sie zu einer Energieausgabe veranlassten. Solche Bedingungen sind alle Massensysteme, die infolge ihrer molekularen Beschaffenheit imstande sind, die von einem Wärmecentrum auf sie übertragene Stosskraft aufzunehmen und festzuhalten. Wie nun die Wärmebewegung auf das a s s o c i a t i v e Z u s a m m e n s t ü r z e n der Atomringe zurückzuführen ist, so kann der

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Die Einwirkung der Sonne auf unsere Erde.

Wärmekonsumptionsprocess nur die d i s s o c i a t i v e T r e n n u n g von früher entstandenen Molekülkomplexen darstellen. Mit anderen Worten, ein wärmerer Körper kann seine Wärme nur dadurch verlieren, dass er mit einem kälteren in Verbindung' gebracht wird, wobei die Intensität seiner eignen Molekülbewegung herabgesetzt wird, während die des kälteren Körpers ansteigt, oder indem sein Molekularverband stabileren Gleichgewichtszuständen sich mehr und mehr nähert, während vorher stabilere chemische Aggregationen des Energie konsumierenden Systems zu weniger stabilen „reduciert" werden. Dem Weltraum gegenüber befinden sich alle konsolidierten g r ö s s e r e n kosmischen Massen im Zustand der Wärmeabgabe, nicht deshalb, weil der kosmische Raum, wie man gewöhnlich glaubt, von einem gleichfalls in dynamische Erregung zu versetzenden Äther erfüllt ist, sondern weil die in ihm enthaltenen k l e i n e r e n Massenanhäufungen, die aus der Zersplitterung der grösseren Weltkörper hervorgegangen sind, wie Meteoriten, Kometen, kosmischer Staub, wärmekonsumierend wirken, da deren Atomaggregationen durch die kompressive Druckwirkung der eigenen Gravitation gegen die auflösende Wirkung der anlangenden Wärmestrahlen nicht genügend geschützt sind. Der Sonne gegenüber verhält sich die Erde auf ihrer Tagseite wie ein kälterer Körper gegenüber dem wärmeren, dem kosmischen Raum auf ihrer Nachtseite wie der wärmere resp. wärmeproducierende zu dem kälteren, d. h. wärmekonsumierenden. Wäre die Erde vollkommen diatherman und durchsichtig oder vollkommen spiegelnd, so würde die Wellenbewegung der Sonnenpyrosphäre nur eine Ablenkung nach den Gesetzen der Optik erfahren. Anders ist es jedoch in Wirklichkeit. Die Erdoberfläche ist teilweise reflektierend, teilweise absorbierend, d. h. die Licht- und Wärmewellen werden von ihr aufgenommen, es werden ihre Moleküle durch optische und thermische Resonanz von der Sonne in Mitschwingung versetzt, aber nicht um wie bei der Reflexion oder Refraktion die Energie direkt wieder weiterzugeben, sondern um sie in einem

Kraftproducierende und kraftkonsumierende Molekularthätigkeit.

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eigentümlichen Kreislauf, den wir jetzt betrachten wollen, zur Bildung des geologischen und biologischen Processes zu verwenden. Wie bereits erwähnt, gliedern sich alle Atomumlagerungen in zwei Klassen, in solche, bei deren Entstehung (zumeist Aggregation der Atome) W ä r m e n a c h a u s s e n tritt und in solche (Moleküldisgregation), bei denen v o n a u s s e n kommende Stosskraft (Induktion der Wärme) erst gewisse elastische Spannungen überwinden muss, um den neuen Atomkomplex zu bilden. Beispiele für die zuerst genannten Processe sind die Oxydationen, die Chlorierungen, in specie die Bildung des Wassers, der Kohlensäure, sowie die Explosionen des Pulvers, der Zerfall des Eiweisses, des Stärkemehls, der Fette. Beispiele für Umlagerungen, die mit Wärmekonsum verbunden sind, die Reduktionen der zuerst genannten „stabilen" Verbindungen, die Bildung der explosiven Körper aus „chemisch toten" Komponenten, in specie die Bildung des Stärkemehls, des Zuckers, des Fettes etc. Wird bei einer bestimmten, konstant erhaltenen Temperatur eine beliebige Mischung verschiedener Moleküle sich selbst überlassen, so treten spontan nur die wärmeproducierenden, d. h. Kraft nach aussen abgebenden Processe auf. Die stabilsten Verbindungen entstehen zuerst und in der grössten Menge, da sie die meiste Stosskraft freimachen, die weniger stabilen je nach dem Quantum von ihnen producierter W ä r m e in stufenweiser Ordnung in geringerer Anzahl. Zuletzt bleiben nur diejenigen Stoffe noch übrig, für deren Zusammenlagerung ein Wärmeverbrauch stattfinden müsste. Der ganze Vorgang verläuft keineswegs in strenger Regelmässigkeit. Es kann z. B. die von den wärmeproducierenden positiven Umlagerungen erzeugte Energie zur Bildung negativer verwandt werden, oder es bilden sich zuerst Verbindungen geringerer Stabilität, die dann durch das Eingreifen neuer Moleküle in den Umlagerungsprocess wieder zerrissen werden, sobald diese neuen in den Existenzkampf eintretenden Stoffteilchen mit den Bruchstücken des früheren Aggregates stabilere Komplexe zu bilden vermögen.

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D e r kosmische Kreislauf der Materie.

Wird dem genannten Stoffchaos, statt dass es unter konstanter Temperatur gehalten wird, von aussen W ä r m e zugeführt, so gewinnen die anabolischen, wärmeverbrauchenden oder die dissociativen Umlagerungen ein gewisses Ubergewicht, indem die Stosskraft der anlangenden W ä r m e in potentielle Formen der Energie übergeht. Die S o n n e n w ä r m e wird in letzter Linie zur Auflösung der Trümmer zerstörter Himmelskörper verwandt; es findet demnach kontinuierlich ein Energieabfluss von dem Sonnenball in den Weltraum statt. Unsere Erde empfängt dagegen auf der Tagseite nur dasselbe Quantum von Wärme von ihr, das sie auf der Nachtseite wieder ausstrahlt. Es befinden sich darum die Stoffe der Erdoberfläche in einem Energiestrom (ähnlich wie etwa ein Mühlrad in einem strömenden Wasser), der sie einem chemischen Umwälzungskreislauf unterwirft und so lange im Gang bleibt, als der augenblickliche Zustand unseres Sonnensystems Bestand hat. Es wird daraus zugleich ersichtlich, dass das ganze organische Leben notwendig das Altwerden, d. h. das Erkalten des Sonnensystems erfordert. Die Permanenz des einmal erreichten kosmischen (thermischen) Entwicklungszustandes, d. h. die Unmöglichkeit der Abfuhr der Sonnenwärme in den Weltraum wäre gleichbedeutend mit dem Tod jeder organischen Schöpfung auf unserer Erde. W i r gehen auf den geologischen Kreislauf nicht weiter ein, sondern betrachten fortan nur noch das organische Leben. Die hervorstechendste biologische Erscheinung, die das eigentliche Wesen des „Lebens" darstellt, ist der S t o f f w e c h s e l , der aus Nahrungsaufnahme und Ausscheidung der Stoffwechselendprodukte sich bildende organische Kreislauf, die Selbsterhaltung des Individuums, die sowohl für die pflanzlichen wie tierischen Wesen charakteristisch ist. Die ersteren bedürfen dazu der Sonnenwärme, die letzteren der Möglichkeit der Wärmeabgabe nach aussen. Die neugewonnene Auffassung der Substanz, als des durch metabolische Transformation sich erhaltenden Weltprincips, das seinen principiellen Existenzbedingungen zufolge zugleich

Urzeugung und Individuationsprincip.

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die Energie und, wie wir später sehen werden, das allgemeine Denken involviert, vereinfacht zwei weitere Fragen bedeutend, die früher grosse logische Schwierigkeiten bereitet haben, die Frage nach der sogenannten Urzeugung und dem Begriff des Individuums, ausserdem nach dem Verhältnis zwischen dem organischen Leben und dem organischen Leibe. Die Frage nach der U r z e u g u n g kann, nachdem wir die Substanz bereits in einfachster Form mit dem Prädikate des Lebens begabt gefunden, nur noch so formuliert werden, wie wächst die organische Schöpfung aus der sogenannten unorganischen hervor, d. h. wann erhalten die primitiven Stoffumlagerungssysteme eine solche Abrundung, dass sie als T i e r e oder P f l a n z e n sich zu erkennen geben. Bei Beantwortung dieser Frage werden wir auf die gleiche Schwierigkeit zurückgeführt, wie bei derjenigen, die sich bei der Zeugung erhebt: Mit welchem Moment trennt sich das neue Leben von der Elternindividualität ab. Sie ist nur zu lösen, sobald wir eine erschöpfende Definition des Begriffs Individuum und Individualität gewonnen haben. Die neueren biologischen Forschungen haben uns diesem Ziel bedeutend näher gebracht, vor allem ist der Standpunkt aufgegeben worden, als sei das Individuum, wie man etwa aus dem Namen schliessen könnte, eine abgeschlossene Einheit, die von jeder Gemeinschaft mit anderen Individuen dauernd getrennt sei. Bei der Betrachtung des Verhaltens eines oscillierenden Atompaares wurde bereits darauf hingewiesen, dass dessen getrennte Individualität auch nur ein relativer Begriff ist, weil die totale Vereinheitlichung desselben, vergleichbar der geschlechtlichen Kopulation, durch Konkrescenz der Wirbelmassen zu einem neuen Individuum, dieselbe gänzlich aufhebt, dass sie sich jedoch in Gestalt zweier getrennter Tochteratome von neuem herstellt. E s ergiebt sich daraus, dass die I n d i v i d u a t i o n einen W a c h s t u m s p r o c e s s d a r s t e l l t , eine Abzweigung selbständig werdender Kraftsysteme aus einem, dem neuen Sonderwesen ursprünglich gleichgearteten Mutterschoss. D i e s o g e n a n n t e U r z e u g u n g ist d e m n a c h n i c h t s a n d e r e s , als das S e l b s t ä n d i g w e r d e n g e w i s s e r im

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Der organische Stoffwechsel.

K a m p f ums D a s e i n i m m e r m e h r sich v o l l e n d e n d e r s t o f f licher U m l a g e r u n g s p r o c e s s e , denen das M e r k m a l des pflanzlichen bezw. t i e r i s c h e n S t o f f w e c h s e l s a n h a f t e t . Dass der S t o f f w e c h s e l p r o c e s s , nicht aber das k o n s t i t u i e r e n d e Baumaterial das Merkmal für den Begriff Organismus darstellt, wird bei unserer Auffassung des Weltprincips als der werdenden und vergehenden Substanz wesentlich deutlicher, als bei den hypothetischen Annahmen des Materialismus über die Bedeutung des Stoffbegriffes. Gewöhnlich fasst man den ein organisches Individuum bildenden Stoff als etwas relativ Fixes auf und identificiert das Leben mit dessen Thätigkeit. Es wird dabei zumeist übersehen, dass der Stoff, wenigstens im Tierreich, fast ausschliesslich in der Passage durch den Körper begriffen ist, er d e m n a c h in d e r V e r ä n d e r u n g , die er w ä h r e n d s e i n e s D u r c h g a n g e s e r l e i d e t , nicht aber in seiner Veränderung als dauernd konstitutives Baumaterial das Leben bildet. W e n n demnach dem Stoff in relativ gesicherter Position in dem organischen Körper auch nicht ganz jede Bedeutsamkeit abgesprochen werden soll, so wollen wir damit hervorheben, dass für den charakteristischen Unterschied zwischen den beiden grossen organischen Abteilungen doch nur der m o b i l e A n t e i l entweder im Eintreten in den Organismus resp. beim Verlassen desselben oder im Ein- und Austreten von Wichtigkeit ist. Das Hauptergebnis der Pflanzenphysiologie ist die Erkenntnis, dass in den Zellen des Pflanzenkörpers aus chemisch relativ inaktiven Stoffen der Erdoberfläche inkl. Wasser und Luft unter Latentwerden von Sonnenwärme Verbindungen gebildet werden, die potentielle Energie, Spannkraft aufhäufen. Diese Körper führt die tierische Lebensthätigkeit direkt oder indirekt unter Freigabe von W ä r m e auf den Ausgangszustand wieder zurück. D a s p f l a n z l i c h e L e b e n i s t im g r o s s e n u n d g a n z e n b e t r a c h t e t ein R e d u k t i o n s p r o c e s s , es bildet durch Hinzutreten von aussen aus chemisch inaktivenMolekülen durch Disgregation und damit in Verbindung stehend Erhöhung der potentiellen Energie (Substantialität) Molekularverbände von

Pflanzliche und tierische Biologie.

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hoher chemischer Spannkraft. Das t i e r i s c h e L e b e n stürzt die auf diese Weise hergestellten labilen Verbindungen wieder von ihrer dynamischen Höhe herab. E s s t e l l t d e m n a c h seinem innersten W e s e n zufolge einen Oxydationsv o r g a n g dar. Das Pflanzenleben allein würde die anlangende Sonnenwärme in Form chemischer Arbeit festlegen, von welcher aus eine Rückverwandlung in W ä r m e spontan nicht mehr möglich wäre. Die ganze Entwicklung würde sich festfahren, wenn eben nicht das tierische Leben eingriffe und die Ausgangsstoffe wiederherstellte, von denen aus der Kreislauf seinen A n f a n g nahm. Das organische Leben in seinen beiden Hauptzweigen ist somit eine Unterabteilung des gleichfalls auf a n a b o l i s c h e r resp. k a t a b o l i s c h e r Umlagerung der Erdoberfläche beruhenden g e o l o g i s c h e n K r e i s l a u f s , es bezeichnet im Pflanzenreich die Verwandlung von kinetischer Energie in potentielle, im Tierreich von potentieller in kinetische. Es ist jedoch jeder Reduktionsprocess als Pflanzenleben, jeder Oxydationsprocess als Tierleben aufzufassen, welch letzteres nur mit dem Verbrauch des zur Verfügung stehenden stofflichen Materials aufhören würde. W i e es aber nicht ausserhalb der Möglichkeit komplicierter Maschinenthätigkeit liegt, für die Zufuhr neuen Kraftmaterials selbstthätig zu sorgen — man denke an eine Gaskraftmaschine —, so liegt es durchaus in dem Wirkungsbereich der Naturthätigkeit, durch den Kampf ums Dasein automatische Einrichtungen hervorzubringen, die imstande sind, den tierischen Verbrennungsprocess selbstthätig zu unterhalten. Damit wäre das wichtige Princip der organischen Schöpfung, das der A u t o m a t i e der zum Bestand des Individuums notwendigen Lebensverrichtungen, erklärt. Da sich der Vorgang der Z e u g u n g bereits in dem Gebiet der Atome findet, so kann eine mit der übrigen Entwicklung schritthaltende Komplikation dieser für die Erhaltung der Gattung so wichtigen Einrichtung für das Verständnis keine principiellen logischen Schwierigkeiten mehr haben.

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Pflanzliche und tierische Biologie.

Indem wir so zu dem Resultat gekommen sind, dass die beiden einander entgegengesetzten Thätigkeiten des Stoffes, die wärmekonsumierende D i s g r e g a t i o n und die wärmeproducierende A g g r e g a t i o n , die Grunderscheinungen des Pflanzenund Tierlebens darstellen, wird, wie hervorgehoben, die F r a g e nach der Urzeugung im Princip gegenstandslos, indem von einer solchen in dem alten Sinne gar keine Rede mehr sein kann. Die Stoffthätigkeit wird eben komplicierter, und da wir die Natur im allerkleinsten Wirken nicht beobachten können, so nennen wir ihre Produkte, die bereits eine merkliche Differenzierung in organischer Entwicklung im Kampf ums Dasein aufzuweisen haben, im Gegensatz zur scheinbar unbelebten Natur, je nachdem die anabolischen oder die katabolischen Stoffumlagerungen im Übergewicht sind, entweder P f l a n z e n oder Tiere. Dieser grosse Gegensatz hat in den meisten Fällen äusserlich ein sehr charakteristisches Kennzeichen. Der zur Aufnahme und zur Einverleibung der Energie der Sonnenwärme in dem Pflanzenkörper thätige Stoff ist das grüne C h l o r o p h y l l . Es absorbiert die Kohlensäure der Luft und zerlegt sie in Kohlenstoff und Sauerstoff, es ist der eigentliche Repräsentant des Reduktionsprocesses im Pflanzenleben. Im Gegensatz dazu nimmt das rote H ä m o g l o b i n des tierischen Blutes den Sauerstoff der Luft auf und führt ihn als Oxydationsmittel den inneren Organen zu. Die Automatie des organischen Lebens selbst ist somit ausschliesslich ein mechanisches Problem, dessen Einzelheiten von der pflanzlichen und tierischen Physiologie immer besser erkannt werden. Eine principielle logische Schwierigkeit, wie sie der alte Materialismus bei der Annahme unbelebter Atome fand, ist darin nicht mehr enthalten. Auf den psychischen Inhalt des organischen Lebens werden wir in den nächsten Kapiteln näher eingehen.

Der metabolische Seinsprocess nach seinem psych. Inhalt.

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6. Das allgemeine Denken.

Solange man an der Unveränderlichkeit der Substanz festhält, gelingt es weder den Stoffbegriff mit den Erscheinungen der Kraft in Verbindung zu bringen, noch für die psychischen Processe eine Erklärung zu finden, die den Forderungen der Logik zu entsprechen imstande wäre. Nimmt man eine Wesensumwandlung der Substanz an, derart, dass sie aus dem Nichts, der Einheit R a u m und Zeit entsteht, um in dasselbe Nichts zurückzukehren, so lösen sich beide Schwierigkeiten in gleich befriedigender Weise. Obwohl ja zunächst der Begriff des Werdens und Vergehens gleich demjenigen des Seins dem Verständnis unzugänglich ist, so wird seine Annahme doch zur Notwendigkeit, einmal weil das Weltprincip keinen endlichen Charakter besitzt, der als solcher das unveränderliche e l e a t i s c h e S e i n bezeichnen und die Atome des Materialismus erfordern würde, sondern unendlich ist und darum nur m e t a b o l i s c h , d. h. im W e r d e n u n d V e r g e h e n gedacht werden kann, dann aber, weil sich damit alle dynamischen und psychischen Erscheinungen zwanglos erklären lassen. Das Nichts, aus dem sich das Sein erhebt, bezeichnet das Gebiet des Unbewussten. Das Auftreten der Substanz, das wir nicht als das Resultat der Schöpferthätigkeit eines mit Bewusstsein arbeitenden t r a n s c e n d e n t e n Wesens zu betrachten haben, kann nur auf einer blinden, s i c h s e l b s t e r s c h a f f e n d e n A k t i v i t ä t , e i n e m W i l l e n z u m D a s e i n beruhen. Der Wille ist die s u b j e k t i v e S p o n t a n e i t ä t des Werdeprocesses, der die Substanz als solche zum o b j e k t i v e n Inhalt hat. Da der Entfaltungsdrang des Raumes, der Wille, an dem anderweitig entstandenen Sein eine Beschränkung seines Wirkens erfährt, die Substanz somit einen auf sie selbst zurückgeworfenen Druck erleidet, so erzeugt der in seinem Sichausleben gehemmte Wille infolge seiner „Nichtbefriedigung" ein an Intensität zunehmendes L e i d e n a m D a s e i n . Das s u b j e k t i v e Moment des Entstehungsprocesses der Substanz besteht demnach in seinem W e r d e n aus der sponD r e s c h e r , Werden. Sein. Vergehen.

5

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Der Wille zum Sein — das Leiden am Dasein.

tanen Aktivität, dem W i l l e n , und in seinem G e w o r d e n s e i n aus der receptiven Passivität, dem F ü h l e n , und zwar der Unlust am Dasein. In ihrer gegenseitigen Bedingtheit sind beide Affekte die Principien des S e l b s t b e w u s s t s e i n s , der Fähigkeit, das eigene Sein im Gegensatz zu dem fremden zu erkennen. Proportional der Zunahme der Substanz an R e a lität, d. h. proportional dem Verschwinden der Intensität des Willens und der Zunahme der Stärke der Empfindung gewinnt dieses Vermögen immer mehr an Klarheit, bis es an dem Zielpunkt der Raum Verdichtung, dem Wellenberg, die grösste Deutlichkeit der Selbstbespiegelung erreicht. Die Wurzel des substanzschaffenden Willens liegt dem Gesagten zufolge im Unbewussten, sein Zielpunkt im Reiche des Bewusstseins. Der Widerstand, den sein Wirken, das auf die Erfüllung schon vorher besetzter Räume mit Substanz gerichtet ist, von seiten des darin bereits gebildeten Seins erfährt, hemmt seine weitere schrankenlose Entfaltung. D e r n i c h t b e f r i e d i g t e W i l l e ist a b e r d a s L e i d e n , und zwar in seiner einfachsten Gestalt, d a s L e i d e n am Dasein. Der W i l l e zum Sein ist erloschen, seine K r a f t ist erlahmt, wenn die Substanz auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung angelangt ist, mit anderen Worten, wenn die äusseren Widerstände mit der Kraft des Erhaltungstriebes der Substanz im statischen Gleichgewicht stehen. Das L e i d e n am Dasein hat dann seinen Kulminationspunkt erreicht und verhindert seinem innersten Wesen zufolge seine weitere Permanenz , indem es aus sich den das Sein wieder in das Nichtsein zurückführenden, substanzvernichtenden Willen gebiert, das N i c h t w o l l e n d e s D a s e i n s . Denn da das Resultat des früher Gewollten zu dem Gegenteil dessen geworden ist, was dem Willen allein adäquat gewesen wäre, das ungehinderte Sich-ausleben-können, so richtet sich das fernere Wollen auf den staffelweisen Abbruch des vorher geschaffenen. Der Wille auf dem absteigenden Ast des metabolischen Bewusstseinskreislaufs wirkt negativ, substanzvernichtend, die

Das Leiden am Dasein — der W i l l e zum Nichtsein.

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Unlust am Dasein aufhebend, bis er an der Grenze seines Wirlcenkönnens in dieser Richtung angekommen ist, im UnRichtg.d.Wirbelfortpflanzung.

nberg itanz)

Nichtsein Wellenthal ( Raum|&. Zeit) Fig. 17. Schema f ü r den der metabolischen Substanz immanenten dynamischen und psychischen Inhalt. Die beiden Ringe für das allgemeine. Denken wie für die Energie sind in Wirklichkeit koincidierend. Die Figur stellt den linken Axenschnitt des vereinfachten Wirbelringes, von hinten gesehen, dar.

bewussten, dem Nirväna, dem leeren Raum und der leeren Zeit. Da im Unbewussten die Erfahrung, die das substanzschaffende Wollen in dem voraufgegangenen nunmehr abge^ 5*

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W i l l e und Empfindung in ihren relativen

Grössenbeziehungen.

laufenen Cyklus gesammelt hatte, wiederum verloren geht, nämlich die Erkenntnis, dass alles Sein seinem innersten Wesen zufolge ein Leiden sein muss, so beginnt das alte Spiel von neuem und erhält sich in infinitum konstant. (Fig. 17.) Entsprechend dem dynamischen Cyklus lässt sich der Kreislauf des Wollens mit der Variation des Cosinus, der des Fühlens mit der Grössenänderung des Sinus im ersten und zweiten Quadranten vergleichen. Befindet sich bei o° resp. 1800 der leere Raum, bei go° die Substanz auf ihrem Dichtemaximum, so bejaht der W i l l e mit von o° an wachsendem Winkel das Dasein mit abnehmender Intensität, bis sein Wert bei 900 gleich null wird. Von da ab wird er negativ, d. h. er verwandelt sich in sein Gegenteil, das Nichtwollen des Daseins, das gradatim an Intensität zunehmend die Substanz wieder in das Nichtsein zurückführt. Das L e i d e n nimmt von o° an mit grösser werdendem Winkel zu bis 90o, es erreicht hier seinen Höhepunkt, von dem aus es wieder in das Nirvana, das Nichtfühlen, zurückgeleitet wird, bei seinem Verschwinden die Lustempfindung, als eine Erlösung vom Leiden darstellend. Der Übergang aus dem Nichtsein in das Sein hat die Bedeutung eines Verschwindens von Willen und eines kompensatorischen Entstehens von Empfindung und zwar des Leidens am Dasein. Das Vergehen des Seins in das Nichtsein ist das Verschwinden des Leidens unter Zunahme des Strebens nach dem Nichts, d. i. der Bewusstlosigkeit des Nirvanas. (Vergl. Fig. 17.) Da der substanzschaffende Wille seinen Ursprung im Nichtsein, dem Gebiet des Unbewussten hat, so wird es verständlich, warum die spontane Schöpferkraft ihre eigene Unseligkeit zu erzeugen imstande ist, es wird die Existenz der Welt mit ihrem Leiden begreiflich. Wäre das Verhältnis umgekehrt, d. h. könnte der substanzschaffende Wille bereits erkennen, was einst das Resultat seines Wirkens sein wird, nämlich das Leiden am Sein, so würde die Welt einfach nicht existieren, da der mit dem Bewusstsein seines zukünftigen Leidens ausgestattete Wille die eigene Unlust nicht ins

Thatsachen aus der höheren psych. Erscheinungswelt.

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Dasein rufen würde. Die Rückkehr des Seins in das Nichtsein bewirkt gleichfalls ein A k t des Willens, jedoch derjenige Anteil, der, im Gebiet des Seins wurzelnd, mit der Erkenntnis des negativen Wertes jeder Realität gepaart ist. Nur dieser letztere Teil des Cyklus des Wollens wird von uns gewöhnlich als W i l l e bezeichnet, während der positive Ast, als Zwang von aussen resp. aus dem Gebiet des Unbewussten kommend, nur durch das Resultat seines Wirkens, das L e i d e n , sich zu erkennen giebt. Ein Bedürfnis w i l l befriedigt sein heisst nichts anderes, als eine im Bewusstsein auftretende Unlust sucht vernichtet zu werden. Die Befriedigung kann aber nur durch einen A k t der Selbstvernichtung erreicht werden. Der Inhalt des ein Bedürfnis befriedigenden Willens ist darum die Reduktion eines Seins, als des Trägers einer Unlustempfindung, in das Nichtsein, die wir gewöhnlich als Lust zu bezeichnen pflegen. Die Lustempfindung ist demnach nicht eine positive psychische Realität, sondern nur das gradatim an Intensität geringer werdende Leiden am Dasein. Der im Unbewussten wurzelnde positive Anteil des Willens ist die Ursache der Perpetuierung jeder Existenz schlechthin. Er ist der Grund für das Erhaltungsstreben jedes Seins, des Individuums wie des der Gattung. E r kommt uns infolge seiner Genese aus dem Gebiet des Unbewussten überhaupt nicht als spontaner Trieb zur Erkenntnis, sondern giebt sich nur durch das Resultat seines Wirkens zu erkennen, durch ein irgendwie geartetes Leiden, insbesondere in Gestalt der Ursache der Selbsterhaltung, des H u n g e r s und der U n l u s t des nicht befriedigten Geschlechtstriebes. Ebenso wie der Umwandlungscyklus der Weltsubstanz als Zu- resp. Abnähme des Seins an r ä u m l i c h e r „Dichte" gedacht den darin enthaltenen psychischen Process illustriert, so vermag es auch die z e i t l i c h e Bedeutung dieses Vorgangs: Zukunft, Gegenwart, Vergangenheit sind die zeitlichen Beziehungen, die mit Werden, Sein, Vergehen in Parallele stehen. Das Wollen des Seins führt aus der Zukunft das Leiden in die Gegenwart herein. Das Nichtwollen übergiebt die Un-

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D i e Entstehung der Ichvorstellung aus W i l l e und Empfindung.

lust am Dasein der Vergangenheit zur Auslöschung, dabei die Illusion der Lust erzeugend. Der metabolische Cyklus des Seins nach seiner psychischen Bedeutung stellt in seiner Totalität eine individuelle Einheit dar, die wir I c h nennen. Das Ich befindet sich in einem Zustand relativer Indifferenz, wenn der metabolische Cyklus in seinen einzelnen Abschnitten psychisch äquilibriert ist, wenn demnach das Wollen und Leiden das Nichtwollen und die Lustempfindung als Erlösung vom Leiden neutralisieren. Vermöge der von der Weltsubstanz in ihrer Urform ausgehenden Selbstbejahung (Wollen-Leiden = Raum Verdichtung) und ihrer Selbstverneinung (Nichtwollen-Lust = Substanzverdünnung) treten zwischen allen Icheinheiten kontinuierlich Verschiebungen in dem Stammbesitz an Bewusstseinselementen auf, deren momentaner Effekt jedesmal ein einseitiges Überwiegen bald des positiven, bald des negativen Anteiles am Wollen und Fühlen ist. Aus der Reihe aller successiven Änderungen, die jedes einzelne Ichbewusstsein erfährt, stellt es das Bild der äusseren Welt, des Nichtichs, als der Gesamtheit aller übrigen Icheinheiten fest. Das D e n k e n , als die das Wollen und Fühlen zusammen« fassende Hauptthätigkeit der- Seele, das eigentliche Erkennen der Existenz des eigenen und des fremden Seins, ist somit die Fähigkeit, aus den kombinierten succedierenden Änderungen des Wollens und Fühlens die Beziehungen zwischen dem eigenen subjektiven Ich und dem objektiven Nichtich herzuleiten. Alles Erkennen hat stets nur das v e r ä n d e r t e innere Geschehen, Wollen-Leiden und Nichtwollen-Lustempfinden zum Inhalt. Die Erkenntnis des Objektes ist darum transcendenter Natur, d. h. seine Realität kann nur in der Erscheinung erkannt werden, sie wird nicht als Ding an sich begriffen, sondern als Veränderung in dem Rahmen der subjektiven Willens- und Gefühlssphäre. Der Grund, warum überhaupt die Existenz eines fremden Seins angenommen wird, ist darin zu suchen, dass, wenn nicht schon für die Ichbildung als solche, für das indifferente Fühlen des eigenen blossen Da-

Die Entstehung der Nichtichvorstellung.

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seins, so doch für jede Änderung seiner Indifferenz, für eine Trübung seines Bewusstseinsspiegels eine ausreichende Ursache in ihm selbst nicht gefunden wird. W e n n bereits die Entstehung des Leidens am Dasein den äusseren Widerstand erfordert, an dem sich die Kraft des Willens bricht, so werden darum noch viel mehr in allen scheinbar regellosen Wechselbeziehungen zwischen den Atomen Wirkungen und Gegenwirkungen äusserer Beeinflussung erkannt. Da in der metabolischen Substanz ganz allgemein eine psychische Aktivität vorauszusetzen ist, während sie als Erkenntnisobjekt niemals als mit diesem Inhalt behaftet vorgestellt werden kann, so ist es klar, dass unsere Erkenntnis nicht ihren Gegenstand erschöpft. Wir erkennen das Objekt nicht als „Ding an sich", d. h. als Totalität seiner Wirkungen, sondern nur die nach aussen gekehrte Bethätigung. Das psychische Geschehen dagegen, als integrierender Bestandteil seines Wesens, das schöpferische Entfaltungsstreben des Raumes, der Wille, dessen Reflex an den äusseren Widerständen auf sich selbst das Leiden erzeugt, weiterhin das Nichtwollen des eigenen Daseins mit der damit verbundenen Lustempfindung bleibt unerkannt, da es sich dabei um Thätigkeiten handelt, von denen keine aus sich heraus kann und demzufolge ein zweites Sein in i h r e m s p e c i f i s c h e n S i n n zu tangieren vermag. Infolge davon wird von dem Objekt als Ding an sich nie dessen psychischer Inhalt erkannt, wohl aber seine Wesensäusserung, soweit sie als Repulsion (fremde Existenzentfaltung beschränkende) und Attraktion (diese fördernde Aktivität), d. h. als E n e r g i e erscheint. Wir erkennen die Welt allein von ihrer dynamischen Seite und können nur durch Analogieschlüsse, ausgehend von der Beobachtung unseres eigenen Seelenlebens, ihren psychischen Inhalt rekonstruieren. Wie die Trennung der Erscheinungsformen des Seins in ein dynamisches und ein psychisches Geschehen auf das innere Wesen des Erkenntnisaktes zurückführt, so sind auch die Begriffe R a u m und Zeit, als die Existenzprincipien jeder Realität schlechthin, in den Grundbedingungen des Erkenntnis-

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Die Entstehung der Zeit- und Raumvorstellung.

aktes mit gegeben. Wollen und Fühlen sind die Urformen, nach denen jede Erkenntnis erfolgt, beide erzeugen das Bewusstsein und zwar für die Existenz des eigenen Ichs und des mit ihm in Wechselbeziehung stehenden Nichtichs. Das Wollen, die Raumverdichtung führt infolge des Reflexes an dem bereits bestehenden Sein zum Leiden am Dasein. Dieses stellt darum das fremde Sein als ein dem eigenen Sein v o r a u s g e h e n d e s Princip vor. Das Nichtwollen, das die Unlustempfindung zu vernichten strebt, sucht in den Widerständen zu verschwinden, da das Sein im Kampf mit denselben unterlegen ist, vielmehr seine Koexistenz mit ihnen sich als Leiden herausgestellt hat. Es werden darum die Widerstände als das Ü b e r d a u e r n d e erkannt. Beide Abschnitte der Bewusstseinskurve sind somit befähigt, den Begriff der S u c c e s s i o n , d. h. d e n F l u s s d e r Zeit zur Vorstellung zu bringen. Die Zeit ist aus diesem Grunde eine angeborene Anschauungsform unseres Denkens im Sinne K a n t s , da wir keine Vorstellung zu koncipieren vermögen, ohne zeitliches Vorher, Zugleich und Nachher mit vorzustellen. Die Ablösung der eben noch existenten Substanz durch die nachrückende neuentstehende ist nur mit r ä u m l i c h e r Verlagerung des Indifferenzpunktes, des Wellenberges, möglich. Das Ich als idealer Einheitsbegriff der Bewusstseinsmetabolie ändert darum beständig seine perspektivische Lage zu allen übrigen Icheinheiten. W i e nun in dem Begriff der Succession derjenige der Zeit liegt, so wird der Raumbegriff aus den Lageänderungen zwischen Ich und Nichtich abgeleitet. R a u m und Zeit haben sowohl eine subjektive Bedeutung, es sind angeborene Vorstellungsmodi unseres Denkens, wie K a n t es lehrte, als auch eine objektive. Beide wurzeln in den Bedingungen der metabolischen Umwandlung der Substanz. W i e in dem ewigen W e r d e n und Vergehen des Weltprincips die Summe des koexistenten absoluten Seins sich nach seiner substantiellen wie dynamischen Seite konstant erhält und diese Thatsache in den Gesetzen von der E r h a l t u n g d e s S t o f f e s u n d d e r K r a f t ihren formalen Ausdruck gefunden hat, so verlangt unsere Auffassung von dem „Leben"

Der Bewusftseinsprocess im Atom.

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der Substanz eine Ergänzung, die erst die wahre Einheit des Weltprincips herzustellen vermag: Die Summe des allgemeinen

Denkens des Weltalls ist konstant. Dasselbe gliedert sich in e i n e a k t i v e u n d e i n e p a s s i v e H ä l f t e , d a s W o l l e n u n d d a s F ü h l e n , j e d e r d i e s e r b e i d e n T e i l e in e i n e n positiven und einen n e g a t i v e n A b s c h n i t t , das W o l l e n und das Nichtwollen des Seins — das L e i d e n am W e r d e n u n d die L u s t a m V e r g e h e n . Beide Teile sind sich vollständig gleich, i h r e a l g e b r a i s c h e S u m m e ist null. Dass diese zunächst für das Denken in primitivster Form zu begründende These auch für die höheren Formen des psychischen Lebens gültig bleibt, kann erst später bewiesen werden.

7. Der Bewusstseinsprocess im Atom.

Die vorstehende Betrachtung gilt für das psychische Verhalten des metabolischen Kreislaufs der Weltsubstanz ganz allgemein. Da dieser Cyklus in seiner Totalität in den Uratomringen zum erstenmal vollständig in die Erscheinung tritt, so stellen diese die primitivsten zu Ichindividuen ausgestalteten Bewusstseinseinrichtungen dar. Bei der Untersuchung ihrer psychischen Aktivität ist zu unterscheiden zwischen dem, was sie als erkennende Individuen für sich sind, und demjenigen, was sie als Bausteine zum A u f b a u höherer Bewusstseinseinheiten, wobei ihre frühere psychische Selbständigkeit, wie es bei jeder Aggregation stattfindet, verloren geht, speciell im organischen Leben zu leisten vermögen. Bewusstseinsindividuen sind sie infolge der Gruppierung der werdenden und vergehenden Substanz zu einem in sich abgeschlossenen einheitlichen Bewegungssystem. In Spiraltouren windet sich der W i l l e z u m S e i n — centrifugal aus dem Gebiet des unendlich Kleinen im Centrum des Atomes, centripetal aus der den ganzen Weltraum umfassenden Sphäre des unendlich Grossen hervorgehend — nach dem Innern des

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Der Bewusstseinsprocess im Atom.

Atomwulstes, in zunehmender Dichte die Substanz und damit in steigender Intensität das L e i d e n am D a s e i n in die Existenz rufend. In gleichen Spiralen von entgegengesetzter Bewegungsrichtung beseitigt das N i c h t w o l l e n d e s D a s e i n s die Unlust des Seins, indem es die Substanz auf ihren Anfangszustand, den dreidimensionalen Raum, wieder zurückführt, dabei die I l l u s i o n d e r L u s t , als einer Erlösung vom Leiden, erzeugend. Der Einfachheit der angewandten Mittel entspricht der niedere Grad der Leistungsfähigkeit der Atomseele auf dem Gebiet des psychischen Lebens. Solange die Integrität des Bewegungsschemas besteht, das in dem Atomcyklon seine Verwirklichung gefunden hat, bleibt die Konstanz des Ichbewusstseins erhalten, der Erkenntnis der eigenen auf sich selbst gegründeten Existenz. Alle einseitigen Schwankungen in dem normalen Ablauf der Substanzmetamorphose, die dem Atom als verändertes Wollen und Fühlen nach der positiven und negativen Seite zum Bewusstsein kommen, werden, da für ihr Auftreten keine ausreichende Ursache in der eigenen Seele zu finden ist, als Zeichen für die Koexistenz resp. das Zusammenwirken mit einem f r e m d e n S e i n gedeutet. Da das einzelne Atom potentiell unendlich ausdehnungsfähig ist, so steht die gesamte übrige Welt mit seinem Wirbelkomplex in Wechselwirkung, insbesondere befindet sie sich in beständiger perspektivischer Verschiebung zu dem Orientierungsmittelpunkte eines jeden, seinem Centrum. Die Reihe der hierdurch hervorgerufenen Störungen ist aber das, was das Nichtich als Bild (als Erkenntnisobjekt) in dem Spiegel des Ichbewusstseins eines jeden einzelnen Atomringes zur Vorstellung bringt. Die Bewegungen der Atome im Raum können gleichsam als Forschungsreisen angesehen werden, die sie in dem Ocean des Weltalls ausführen, durch welche sie zur Erkenntnis desselben gelangen. In dieser speciellen Thätigkeit besteht der Inhalt ihres bewussten Lebens. W i e sie diese Thätigkeit im einzelnen ausüben, werden wir bei der Betrachtung der höheren Bewusstseinseinrichtungen zu untersuchen haben.

Die Leibnizsche Monadenlehre.

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Die Auffassung der Atome als beseelter Wesen führt uns auf die L e i b n i z s c h e Monadenlehre. L e i b n i z ersetzte die toten Atome durch empfindende, unzerstörbare, unendlich kleine, „fensterlose" Monaden. Die Aussenwelt ist als Vorstellung in einer jeden mit verschiedener Deutlichkeit enthalten. Der Vorstellungsinhalt aller steht in einem ewigen Zusammenhang, in einer vollkommenen vor Anbeginn der Zeiten prästabilierten Harmonie. Diese erhält sich beständig bei allem sonstigen Zustandswechsel der Monaden. Der Vorstellungsinhalt der die anorganische Natur bildenden Monaden neutralisiert sich, während er in der empfindenden tierischen Schöpfung sich in den höheren Formen des geistigen Lebens zu erkennen giebt. L e i b n i z hatte die Notwendigkeit erkannt, irgendwo das geistige Geschehen in dem dynamischen Substrat des Weltprocesses unterzubringen. Er baute darum den materiellen Makrokosmos als Vorstellung in unendlicher Wiederholung in die räumlich unendlich klein gedachten Monaden hinein. Jede derselben ist ein Mikrokosmos für sich, ein Centrum, in dem sich das Universum mit grösserer oder geringerer Deutlichkeit spiegelt. Mit den willkürlich konstruierten Annahmen d e r L e i b n i z schen Theorie liess sich der psychische und dynamische Inhalt des Universums ziemlich gut erklären, sobald man im übrigen die Monaden die Rolle der Atome in materialistischem Sinne spielen liess. Eine Erläuterung jedoch, wie die intellektuelle Harmonie der R a u m und Zeit überbrückenden Vorstellungen der Monaden zu denken sei, brachte sie ebensowenig, wie eine Erklärung für das Mysterium der Fernkräfte. Besitzt dagegen das Massenatom als Spiralwirbel einerseits in seiner Hauptkreisfläche eine räumliche Ausdehnung, die dem Postulate der Kleinheit, wie sie die physikalische Teilbarkeit erfordert, entspricht, andrerseits in der elastischen Ausbreitungsfähigkeit seiner Kraftlinien (Wirbelzüge) räumliche Unendlichkeit, so ist beiden Forderungen Genüge geleistet. Dynamisch wie psychisch reicht die Wirkungssphäre des

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Das höhere psychische Leben.

Atoms so weit, als auch substantiell sich seine Ausdehnung erstreckt. Das Brauchbare der L e i b n i z s e h e n Monadenlehre, nicht nur substantielle sondern auch psychische Atome zu statuieren, übertragen wir auf die aus der metabolischen Weltsubstanz gebildeten, räumlich ihre Erkenntnisorgane ins Unendliche erstreckenden Spiralwirbel der Uratomringe. Dabei ist die W e l t nicht mehr in dem Bewusstsein der einzelnen „fensterlosen" Monaden als verkleinerte Kopie enthalten, sondern sie existiert in einem Original als D i n g a n sich und wird, soweit sie, auf das einzelne Atom einwirkend, dessen Ichbewusstsein zu alterieren vermag, als d y n a m i s c h e s W i r k e n erkannt. D a s S e i n d e r W e l t ist, s o w e i t es S u b s t a n z u n d E n e r g i e ist, E r k e n n t n i s jedes einzelnen Atoms.

8. Das höhere psychische Leben.

Wie die Atome von der Natur als Bausteine zu den immer reicher sich entfaltenden Formen der Erscheinungswelt in substantiell-dynamischer Hinsicht verwandt werden, so sind sie zugleich das Mittel, das Denkprincip auf immer höhere Stufen zu erheben. Welche Einrichtungen dazu geeignet sind, erhellt aus folgenden Betrachtungen: Existierten im Universum nur zwei Uratome, so würde das Weltgeschehen sich beschränken auf die ewige Wiederholung der früher geschilderten Oscillation der beiden Ringe, ihrer Verschmelzung, ihrer Regeneration durch Wiedertrennung usw. Stehen mehr wie zwei Atomringe in Wechselwirkung, so werden die Erscheinungen komplicierter. Zunächst ist es aus äusseren Gründen für eine grössere Anzahl von Atomen unmöglich, die einfachen Oscillationen auszuführen, es kommt vielmehr zu den mannigfaltigsten und kompliciertesten Kollisionen der Ringwülste, Verschmelzungen, Wiedertrennungen, aus denen unter günstigen Angliederungsbedingungen insbesondere dann,

Die psychischen Vorgänge bei der Oscillation eines Atompaares.

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wenn die von den Komponenten mitgebrachte Stosskraft (kinetische . Energie) auf dem W e g e elastischer Wellen (Wärme, Elekricität) von ihnen auf andere Atomgruppen abgeleitet werden kann, sekundäre Massenaggregationen, die Atome der chemischen Elemente, deren Moleküle usw. hervorgehen. Denn ein aus Atomringen zu bildendes A g g r e g a t kommt, wie wir früher gezeigt haben, nur dann zustande, wenn eine anderweitige Massendisgregation kompensatorisch sich damit in Verbindung bringen lässt. Die Disgregation ist entweder molekularer Natur, d. h. sie besteht in der Wiederauflösung fertiger Komplexe, oder sie erteilt, wie bei der Entstehung der Sonnensysteme aus dem K a n t - L a p l a c e s c h e n Urnebel zu beobachten ist, der neu entstandenen Verbindung eine fortschreitende Bewegung im Raum, in der die vorher getrennte Stosskraft der Komponenten sich parallel vereinigt findet. Zwei Atomringe vermögen ihrem dynamischen Verhalten analog nur einen einfachen Denkcyklus auszuführen. Befinden sie sich in unendlicher Entfernung von einander, so besitzt jedes ein Maximum an potentiellem Seinswert (Substantialität), d. h. von U n l u s t am D a s e i n . Ihre Thätigkeit ist darauf gerichtet, dieses Leiden zu beseitigen. Sie erreichen diesen Zweck, indem sie sich nähern, wobei sie infolge des sich superponierenden entgegengerichteten Induktionsströmes oder infolge der durch ihre Konkrescenz sich vermindernden Substantialität an Seinswert abnehmen. Das Annäherungsbestreben ist darum nichts anderes als der W i l l e zum N i c h t s e i n . Fallen ihre Ebenen zusammen, so haben sie ihr Seinsminimum erreicht, ihre Sonderindividualität ist verschwunden, von jedem Atomring ist gewissermassen nur noch die Hälfte übrig geblieben. Die beiden Hälften haben sich jedoch zu einer neuen Einheit zusammengeschlossen. Die kosmische Geschwindigkeit der Teile, als ein dem Verschmelzungsring seinem wahren Wesen nach nicht erkennbarer Drang ( W i l l e z u m Dasein), bewirkt, dass entgegen dem voraufgegangenen bewussten Streben seiner Komponenten nach psychischer Ruhe ( N i c h t w o l l e n d e s D a s e i n s ) der R i n g sich wieder trennt, sodass der Tochtergeneration von neuem wieder die gleiche Last des Daseins progressiv auf-

78

Parallele zw.

dem p s y c h , und

dynam. W i r k e n

der

Substanz.

gezwungen wird, die die Eltern in ihrer Kopulation zu vernichten bestrebt waren. (Vergl. Fig. 13, S. 39.) Es zeigt sich, dass das, was wir unter p o t e n t i e l l e r E n e r g i e verstehen (der Seinswert der Atomringe in substantieller Hinsicht), psychisch das Princip der E m p f i n d u n g ist und zwar z u n e h m e n d e s L e i d e n , sobald der Seinswert, die Substanz im Zustand des Wachsens begriffen ist, L u s t e m p f i n d u n g , d. h. E r l ö s u n g v o m L e i d e n , sobald sie der Vernichtung entgegenstrebt. D i e k i n e t i s c h e E n e r g i e ist der W i l l e . Er ist positiv, d. h. Realität schaffend, wenn die beiden Atomringe, um das einfachste Beispiel beizubehalten, auf ihrem Seinsminimum angekommen sind, demnach ihre Ringwülste zusammenfallen und in diesem Augenblick ein Doppelindividuum bilden, das aber infolge der erlangten Geschwindigkeit seiner Komponenten sich wieder zu trennen strebt. Der Wille wirkt negativ, d. h. substanzvernichtend, wenn die Atomringe von einander getrennt sind, ihr Seinswert demzufolge ein hoher ist. Das deshalb intensiv empfundene Leiden am Dasein ist die Veranlassung ihrer Annäherung, durch die sie die gesuchte Erlösung von ihrem Leiden erlangen. Der p o t e n t i e l l e S e i n s w e r t des Ringes als ganzes ist demzufolge dem S e i n ganz allgemein zu vergleichen, der Substantialität des Weltprincips in primitivster Form im Gegensatz zum Nichts, zur Einheit Raum und Zeit. Die k i n e t i s c h e E n e r g i e , die kosmische Bewegung des Ringes als ganzes, steht in Parallele zur r ä u m l i c h - z e i t l i c h e n L e e r e , zum N i c h t s e i n selbst, dieses jedoch gefasst als Aktivitätsprincip, durch das das Sein entsteht, bezw. in das es, sich selbst vernichtend, wieder zurückkehrt. A l l e im Z u s t a n d d e s W a c h s e n s an i m m a n e n t e r , p o t e n t i e l l e r E n e r g i e begriffenen Atome, in Verbindung mit der Abnahme ihrer kosmischen Bewegung (kinetischen Energie) bilden ein Analogon zur R a u m v e r d i c h t u n g , zu der im Aufstreben befindlichen Substanz in dem anabolischen Teil der Atomspirale. Hier ist die Ursache der Substanzverdichtung das Entwicklungsvermögen des Raumes schlechthin, das Princip

Fortsetzung.

RÏDgaggregate in psychischer Hinsicht.

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des Anderswerdens nach Raum und Zeit, dort die Bewegung der Atomringe, die als solche ja auch nichts anderes ist als die Verbindung von Raum und Zeit. E s ist in beiden Fällen deutlich zu sehen, dass die das Sein und damit das Leiden am Dasein erzeugende wie es vernichtende Aktivität (der Wille) an sich keine greifbare Realität zur Basis hat, die alleinige Koincidenz von Raum und Zeit genügt, um sich als Schöpfungs- bezw. Vernichtungsprincip der Substanz zu bethätigen. Die A b n a h m e der A t o m r i n g e an p o t e n t i e l l e m S e i n s w e r t infolge des Entstehens dés entgegengesetzten Induktionsstromes e n t s p r i c h t der A b n a h m e der S u b s t a n z an R e a l i t ä t in dem niedersteigenden Teil der Atomspirale. Der zugrunde liegende W i l l e wurzelt hier wie dort im Gebiet des B e w u s s t e n , dem Wissen, dass alles Sein ein Leiden ist. Er hat seinen Kreislauf vollendet, wenn er den Atomring als Einheit resp. die Substanz als solche im Seinswert auf das tiefste Niveau, das möglich ist, hat gelangen lassen. Er findet im Gebiet des Unbewussten wieder seinen Anschluss an den, hier sich erhebenden und Realität schaffenden Willen, da er auf die gleiche Bewusstseinsstufe mit diesem zurückgesunken ist. E s ist einleuchtend, dass die psychischen Grundthätigkeiten der Atomringe, Wollen und Fühlen, bei der Aggregatbildung je nach dem Umfang der dynamischen Konfluenz psychisch zusammenfliessen, dass demnach die Uratome bei weitgehender Konkrescenz mit anderen grösstenteils ihren Charakter als selbständige Individuen verlieren können, um ihr Ich in den Dienst höherer Einheiten, etwa derjenigen eines Atomkrystalles zu stellen. E s wird damit verständlich, wie die in dieser Weise entstandenen chemischen Individuen ein dem Bewusstsein der einzelnen Ringkomponenten ûbergèordnetes gemeinschaftliches Ichbewusstsein haben, während andrerseits lockrere Zusammenhänge die ein Ichindividuum isolierenden Grenzmarken bezeichnen. Denn streng genommen hängen alle Atome des Weltalls zusammen, das ganze Universum ist von konfluierenden und divergierenden Strömen des Wollens und

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Der organische Stoffwechsel als das höhere Individuationsprincip.

Fühlens durchzogen, somit dieses geistigen Zusammenhanges wegen als eine lebendige „göttliche" Wesenheit aufzufassen; allein unsere eigene abgeschlossene Individuation liefert uns den Beweis, dass nicht jede Verbindungsbrücke ausreichend ist, mehr oder weniger abgeschlossene Individualitäten sofort in höheren „persönlichen" Einheiten aufgehen zu lassen, da es uns selbst ja nicht gelingt, uns mit den Teilen der Aussenwelt zu identificieren. Aus diesem Grunde wird es wahrscheinlich, dass die Natur besonders in der organischen Schöpfung, der wir zugehören, noch über ein zweites Mittel zu verfügen hat, um höhere Icheinheiten entstehen zu lassen, als die einfache Formation von Atomaggregaten. Nach dem, was wir ausser von der Konkrescenz der Atömindividuen über die Einrichtung des organischen Lebens in substantiell-dynamischer Hinsicht hörten, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die StofFwechselmetamorphose nach ihrer psychischen Bedeutung es ist, die dieses Mittel darstellt, zumal sie sich in die engste Analogie mit dem A u f b a u der primitivsten Icheinheit, der Atomspirale, aus der an Realität zu- und abnehmenden Substanz bringen lässt. Nicht der molekulare Polyeder, das k o n t i n u i e r l i c h e Sein eines einmal geschaffenen Bewusstseinsspiegels aus fixen Atomen, sondern der die Kontinuität seiner Existenz aus dem Werden und Vergehen seiner Teile herstellende metabolische K r e i s l a u f d e s S t o f f e s ist das bedeutungsvolle Schema, das für alle höheren Bewusstseinseinrichtungen notwendig wird. Wie die Raumverdichtung, kompensiert durch eine äquivalente Substanzverdünnung, zur Ursache der primordialen Individuation der Weltsubstanz wird, so setzt sich aus Serien von wärmekonsumierenden, d. h. p o t e n t i e l l e n S e i n s w e r t ( U n l u s t ) a n s a m m e l n d e n und wärmeproducierenden, p o t e n t i e l l e n S e i n s w e r t v e r l i e r e n d e n , chemischen Stoffumlagerungen der organische Stoffwechsel zu seinen beiden Hauptabteilungen, dem pflanzlichen und tierischen Leben, zusammen. Der erste Fall chemischer Umwertung findet sich wieder bei allen Reduktionen, der Genese explosiver Körper, wie des

Pflanz!, und tierisches Leben verglichen mit dem L e b e n d. Atomspirale.

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Eiweisses, der Fette, der Kohlehydrate usw., d. h. der Bildung aller derjenigen Verbindungen, die aus Luft, Wasser und den festen Stoffen der Erdrinde unter Eingang der Sonnenwärme im P f l a n z e n l e b e n gebildet werden. Der zweite Fall ist in allen Oxydationen, Chlorierungen gegeben, in specie der Bildung aller t i e r i s c h e n Stoffwechselprodukte, des Wassers, der Kohlensäure, des Harnstoffes usw. Das p f l a n z l i c h e L e b e n gleicht demnach dynamisch wie psychisch im wesentlichen dem aufsteigenden Aste der metabolischen Substanzumwandlung. In ihm werden Stoffe von niederem potentiellem Seinswert aus dem Zustand relativer Bewusstlosigkeit unter Eingang von lebendiger Kraft (Wille zum Sein) von aussen (von der Sonne) auf eine bestimmte Spannungshöhe gehoben und in einen Zustand steigender Unlust versetzt. Das L e b e n d e r t i e r i s c h e n Z e l l e beruht auf dem katabolischen Niedersinken seiner materiellen Träger im Seinswert, der Verwandlung der mit hoher chemischer Spannkraft in der Nahrung aufgenommenen explosiven Verbindungen in solche von geringerer Arbeitsfähigkeit unter Freigabe von kinetischer Energie zumeist in Form von mechanischer K r a f t und W ä r m e nach aussen. Dadurch, dass das Thier automatisch den Abgang der verbrauchten Stoffe ergänzt, bewirkt es a k t i v seine Perpetuierung, die der Pflanze durch die Thätigkeit der Sonnenwärme nur p a s s i v garantiert ist. Der tierische Stoffwechsel verhält sich wie die metabolische Substanz auf dem absteigenden Zweige ihres Cyklus in ihrer einfachsten Ausgestaltung im Spiralwirbel des Atomringes, wo die an realem Seinswert auf ihrer Höhe angelangte Substanz von neuem zum Nichtsein herabsteigt. Das anabolische Emporklimmen im .Sein, das Sammeln potentieller Energie, ist nur in geringem Umfang im tierischen Leben verwirklicht, es wird gewissermassen in abgekürzter Form ersetzt durch die Aufnahme bereits fertiger, d. h. auf ihrem Seinsmaximum angekommener Molekülverbindungen. Psychisch involviert demnach das tierische Leben das kontinuierliche Verschwinden der Erkenntnis, dass alles Sein D r e s c h e r , Werden. Sein. Vergehen.

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Pflanzl. und tierisches Leben verglichen mit dem Leben d. Atomspirale.

ein Leiden ist. Das Vehikel dazu ist der Wille. Alle Willensakte des Tieres sind auf dieses Endziel gerichtet, bestimmt geartete Unlustempfindungen zu beseitigen, B e d ü r f n i s s e zu befriedigen. In den Atomringen ist der metabolische Cyklus, der die Unabhängigkeit und Permanenz der Individualität, wenn auch zeitweilig nur durch Autoregeneration, gewährleistet, vollständig gegeben. In centripetalen Spiraltouren windet sich die Substanz von immer höherer Dichte (zunehmendem Leiden am Dasein) infolge des im räumlich-zeitlichen Nichts (dem Gebiet des unendlich Kleinen im Centrum des Ringes und dem Gebiet des unendlich Grossen in der Peripherie) wurzelnden, hier in grösster Intensität auftretenden W i l l e n s bis zum innersten Kerne des Wirbelwulstes empor, um in centrifugalen Zügen wieder in das Nichts zurückzukehren. Die grösste Klarheit des Bewusstseins im Inneren des Ringes zeigt, dass das Sein an sich ein Leiden ist, sie wird die Veranlassung, dass der s u b s t a n z v e r n i c h t e n d e Wille unter Zunahme seiner K r a f t das Sein an Realität vermindert, bis es wieder zum Nichtsein zurückgekehrt ist, bei dieser Wirksamkeit das L u s t e m p f i n d e n a m e i g e n e n Verg e h e n erzeugend. In den Pflanzen ist der anabolische Ast, in den Tieren der katabolische in höherer Ausbildung realisiert. Zum Aufbau des A t o m w i r b eis wird die einfache Substanz verwandt, einerseits an Realität im Wachsen befindlich, andrerseits im Abfallen. Zur Herstellung des o r g a n i s c h e n L e b e n s werden die Massenmoleküle benutzt, entweder in dem Zustand, in dem sie an kinetischer Energie verlieren, um an potentieller zu wachsen, oder umgekehrt. Der Inhalt der an R e a l i t ä t z u n e h m e n d e n S u b s t a n z in einfachster Form ist aber psychisch der gleiche wie der an p o t e n t i e l l e m E n e r g i e w e r t g e w i n n e n d e n M o l e k ü l e , er bezeichnet das an Intensität zunehmende Leiden am Dasein bei gleichzeitiger Verminderung der Kraft des das Dasein bejahenden Willens. Umgekehrt ist die S u b s t a n z v e r d ü n n u n g der A b n a h m e d e r M o l e k ü l e a n p o t e n t i e l l e r E n e r g i e zu vergleichen bei

Pflanzl. und tierisches Leben verglichen mit dem Leben d. Atomspirale.

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gleichzeitigem Wachsen ihrer kinetischen Kraft. Psychisch bezeichnet sie das Streben des (bewussten) Willens, aus der Unlust am Sein in das Nirväna zurückzukehren. Die P f l a n z e gleicht einem Pumpwerk, durch das Wasser aus einem niederen Niveau in ein höher gelegenes Reservoir gehoben wird. Die Triebkraft ist die Sonnenwärme. W i e die motorische Kraft, die die Pumpe konsumiert (kinetische Energie), sich wiederfindet in der stärkeren Spannung der Kraftlinien der Atome, des Erdkörpers und derjenigen des Wassers im Reservoir, beruhend auf der Erhöhung ihres individuellen Seinswertes (potentiellen Energie), so haben wir die Energie der Sonne in der vermehrten Arbeitsfähigkeit (vermehrten potentiellen Energie) der Pflanzenstoffe zu suchen, im Gegensatz zu der niederen Spannung ihres Bildungsmateriales. Von seiner psychischen Seite kommt der Aufbau des Pflanzenkörpers einer steten Zunahme an innerer Unlust, einem immer mehr wachsenden Leiden am Dasein gleich. Der blinde, weil allein auf der Bewegung der Atome, d. h. der leeren Verbindung von Raum und Zeit beruhende Wille zum Sein, den die Sonnenwärme in ihnen erregt, ist sich der psychischen Qualität seines Produktes noch nicht bewusst. Nur so ist es verständlich, warum er sein eigenes Leiden „wollen" kann. Die Pflanze müsste vor Schmerzen aufschreien, wenn von ihr in einem centralisierten Bewusstsein das Wesen ihres innersten Lebens percipiert werden könnte, nämlich als das, was es in Wahrheit ist, ein immer grösser werdendes Leiden am Dasein. Das t i e r i s c h e L e b e n repräsentiert die glücklichere Seite des metabolischen Kreislaufs der Substanz in psychischer Hinsicht. E s führt die ihm von der Pflanze gelieferten Stoffe von hohem Energieinhalt, darum im Zustand des Leidens befindlich, auf ein niederes Seinsniveau zurück, im Vergehen die Lust der Erlösung vom Leiden empfindend. Es lebt den schöneren Teil des kosmischen Daseins der Substanz. Die Natur hat ihm darum im Gegensatz zur Pflanze ein centralisiertes Bewusstsein gegeben, so dass es das Wesen des katabolischen Stoffwechsels der konstitutiven Zellen nach seiner 6*

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Der Schlaf der Tiere.

Mechanik des Bewusstseinsprocesses.

psychischen Bedeutung als Lust, wenn auch nur als Erlösung vom Leiden zu gemessen vermag. Nur noch ganz wenige normale physiologische Processe sind mit Schmerzen verbunden. Vielleicht wird uns hier sogar eine Erscheinung verständlich, für die man bisher vergeblich eine Erklärung gesucht hat, der S c h l a f d e r T i e r e . Es wäre denkbar, dass sich die Natur des Mittels der Narkose bedient, derart, dass die psychologische Verbindung der Gehirnganglien unter einander aufhört — die Zellen des Gehirns psychisch sich so verhalten, wie diejenigen der Pflanze überhaupt, nämlich dass sie k e i n g e m e i n s a m e s B e w u s s t s e i n producieren—,um die Angliederung gewisser Nahrungsbestandteile, die offenbar anabolischer, d. h. schmerzverursachender Natur ist, schmerzlos bewirken zu können. Von dem im Schlafe angegliederten Vorrat an Bewusstseinsmaterial lebt das Tier dann im Wachen sein bewusstes Leben, solange bis die Reservoire wieder neuer Füllung bedürfen. Diese Anschauung findet dadurch keine Entkräftung, dass die arterielle Nahrungszufuhr zum Gehirn auch während des Wachens erfolgt, da an dem, was wir unsere Seele nennen, nur ein bestimmter Anteil des Nervenlebens beteiligt ist. W i r können das tierische Leben, insbesondere den Bewusstseinsprocess mit dem Vorgang beim Absturz einer Kaskade vergleichen, deren Reservoire in Pausen neu zu füllen sind, teils im Wachen, teils, wenn die Füllung schmerzverursachender Natur ist, im Schlafe. Wie ein jeder Windstoss hier die niederrinnenden Wasserfäden in einen Sprühregen zerstäubt, jede Unebenheit des Bodens der Wasserrinne den gleichmässigen Abfluss stört, wie sich das Licht in ihr in tausend Farben bricht, so tritt die Aussenwelt mit ihren tausend und abertausend Störungen unserer Seele gegenüber in ihrem gleichmässigen Niedersinken aus dem Zustand des klaren Bewusstseins um das Wesen ihrer selbst, als eines Leidens am Dasein, das in dem Nirväna unterzutauchen trachtet. Teils sind es Hemmungen, teils sind es Förderungen, im allgemeinen jedoch Förderungen und Hemmungen, d. h. Wellenbewegungen in rascher Folge, die das normale Streben erfährt. Wie das

Sinnesqualität.

Erinnerung.

Autornatische Regeneration.

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Bild der Welt bereits in einfacher gedanklicher Ausgestaltung in der Atomseele zur Vorstellung kommt, so sind es im höheren organischen Leben in gleicher Weise die Störungen des Bewusstseinsspiegels als einer katabolischen Kaskade, mittels deren unsere Seele zu der Aussenwelt, dem Nichtich, in Beziehung tritt. Dort wie hier ist die Ursache der Alteration des normalen Wollens und Fühlens, d. h. des I c h bewusstseins, aus der die Erkenntnis des N i c h t i c h s resultiert, in letzter Linie die auf dem W e g e der induktiven Wellenbewegung in den Gehirnganglien wie in den Atomen bewirkte Änderung ihres normalen Gefüges. Möglicherweise ist die S i n n e s q u a l i t ä t (Farben, Töne) direkt ein Ausdruck für die nach specifischen Wellenkonstanten abgestimmten Atomschwingungen der Hirnganglien rücksichtlich ihrer Bewusstseinsthätigkeit selbst. Die E r i n n e r u n g würde dann die reproducierte, d. h. vor dem Bewusstseinsspiegel wieder erscheinende Erregung derjenigen Atomgruppen darstellen, die während der Aufnahme der Erinnerungsobjekte als bleibender Bestandteil den Ganglien inkorporiert worden sind. Mathematisch betrachtet müsste der den Tieren entströmende Wille (kinetische Energie, Wärme) ausreichend sein, die Stoffwechselendprodukte wieder auf die dynamische Höhe zu heben, auf der sie zur Nahrung tauglich wären. Allein wie ein Perpetuum mobile wegen der unvermeidlichen Nebenverluste bei allen Energietransformationen technisch nicht möglich ist, so wird auch von den Tieren (schon weit mehr von dem Menschengeschlechte) nur ein geringer Teil der zu ihrer Ernährung notwendigen Stoffe selbst hergestellt. U m das Triebwerk als ganzes zu erhalten, ist der Bestand unseres Sonnensystemes, mittelbar des Pflanzenreiches unerlässlich. Um einzelne der gewonnenen Resultate in ihrer praktischen Verwirklichung in ein helleres Licht zu setzen, wollen wir unser eigenes Seelenleben noch etwas genauer betrachten. Das Leben des tierischen Körpers ist die Summe des Lebens seiner konstitutiven Zellen. Da eine jede einzelne im allgemeinen dem gleichen Stoffwechsel, allerdings in indivi-

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Die innere Einrichtung des (Zentralnervensystems.

dueller Ausgestaltung, unterworfen ist, so besitzt wohl eine jede ein, wenn auch der Centraileitung unterstelltes, so doch im ganzen für sich bestehendes Bewusstsein. Der tierische Organismus beruht dynamisch wie psychisch auf der Zusammengliederung von Sonderindividuen, denen alle mehr oder weniger Selbständigkeit zukommt, die sich dieser Selbständigkeit nur so weit entäussern, als es zum Wohle des Einheitstieres erforderlich ist. Die uns hier allein interessierende Vergesellschaftung ist jedoch nur der Verbindungsmodus der psychischen Funktionen der Gehirnganglien, als der Unterglieder des Centrainervensystems zu einem das ganze Tier während des Wachens beherrschenden centralen Ichbewusstsein. Wie diese Vereinheitlichung zustande kommt, ist uns unbekannt, vielleicht beruht sie auf dem auf gemeinschaftlicher Basis angelegten Stoffwechsel und auf der physiologischen Verbindung der Ganglien unter einander. Für die höhere Denkarbeit hat die Gliederung des Centrainervensystems in eine Reihe von Unterprovinzen den grossen Wert, dass hier die psychologische Detailarbeit verrichtet wird, die, wenn sie an der obersten Centralstelle vorgenommen werden müsste, den Denkprocess ausserordentlich verlangsamen würde. In den einzelnen Ganglien wird die Permanenz der Denkfähigkeit durch den Stoffwechsel unterhalten, der die katabolische Kaskade erzeugt, in der die Störungen der Aussenwelt nach der Seite des Wollens sowohl wie derjenigen des Fühlens wie in einem Spiegel sich brechen. Statt des Bildes der Kaskade lässt sich für das Leben der tierischen Zellen auch das eines immer lodernden Verbrennungsprocesses gebrauchen. Die arterielle Nahrungszufuhr gleicht dabei dem kontinuierlichen Herbeischaffen neuen Brennmateriales, d. h. von Stoffen von hohem potentiellem Seinswert, die mit Hilfe des Atmungssauerstoffes zu den Endprodukten des Stoffwechsels oxydiert werden. Psychisch gedacht werden Verbindungen, die sich im Zustand hohen Leidens am Dasein befinden, in das Nirväna, das Unbewusste, versenkt. Dem Bewusstseinsspiegel der höheren Tiere werden die Störungen der Aussenwelt im Gegensatz zu den primitiven

Sensitive und motorische Nerven und ihre Xhätigkeit.

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Einrichtungen der Atomseele zumeist in solchen Formen zugeführt, dass daraus sofort eine möglichst vollkommene Objekterkenntnis resultiert. Zu diesem Zweck steht das Centrainervensystem mit einer Reihe von Körperorganen in Verbindung, deren Bestimmung unschwer zu erkennen ist. Ihre Gesamtheit gliedert sich in zwei grosse Gruppen, in eine erste, die durch die s e n s i t i v e n und eine zweite, die durch die m o t o r i s c h e n Nerven an das Gehirn angegliedert sind. Dieser Unterschied weist aber zurück auf das psychologische Grundgeschehen in der Atomspirale, das centripetale Hinstreben des Seins (des Princips des F ü h l e n s ) nach dem Centraisitz des Ichbewusstseins auf dem anabolischen Ast des metabolischen Cyklus und auf das centrifugale Zerfliessen des Seins in das Nichts (des Princips des b e w u s s t e n W i l l e n s ) auf dem katabolischen Ast. W i e mit der zunehmenden Klarheit des Empfindens der positive, Substanz „schaffende" W i l l e verbunden ist, so ist mit dem das Sein zerstörenden Willen inhaltlich die Lustempfindung vergesellschaftet, d. h. auf jedem Zweige des Bewusstseinskreislaufes ist sowohl Wille wie Empfindung anzutreffen. Dieses Verhältnis ist wichtig für die Beurteilung der wahren Bedeutung der sensitiven und motorischen Nervenreize. Die E m p f i n d u n g s n e r v e n sind die Transportwege für centripetal fortgeleitete Energien, die das Centrainervensystem in einen Zustand erhöhten Zwanges, vergrösserten L e i d e n s am D a s e i n versetzen. Der „positive" W i l l e , der darin enthalten ist, hat seine Wurzel in der Aussenwelt, er kommt uns als solcher deshalb nicht zum Bewusstsein. D i e m o t o r i s c h e n N e r v e n w e l l e n bezeichnen die centrifugale A u s s c h e i d u n g g e s t a u t e r U n l u s t auf dem W e g e der Muskel-, Drüsen- etc.-Thätigkeit. D e r W i l l e in dieser Wesensäusserung wird in unserem Bewusstsein wirklich als Wille erkannt, d. h. als Streben, eine Unlust zu beseitigen. Hat er sein Ziel erreicht, so scheidet er als Bestandteil unseres Bewusstseinsbesitzes aus. Das sensitive (passive) Empfangen von Eindrücken von

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W e s h a l b fehlt der Pflanze ein Centralbewusstsein?

aussen einerseits, die motorische (aktive) Reaktion andrerseits sind die Wege, auf denen die Wechselwirkungen zwischen dem Centrainervensystem und der Aussenwelt sich abspielen. Beides sind Mittel, um das gleichmässige Abfliessen des Bewusstseins in das Gebiet des Unbewussten in geeigneter Weise zu modificieren, in dem Sinne, dass dadurch die Erkenntnis sich reicher gestaltet, als es möglich wäre, wenn diese Einrichtungen fehlten. Die Frage, warum das anabolische Hebewerk des Pflanzenlebens nicht auch als Bewusstseinsspiegel von der Natur benutzt wird, oder warum nicht der vollständige metabolische Cyklus, etwa in einem Pflanzentier verwirklicht, zu dem gleichen Zwecke dienstbar gemacht worden ist, um höhere Icheinheiten zu schaffen, beantwortet sich leicht dadurch, dass weder der nur zum Leiden am Dasein führende anabolische Stoffwechsel der Pflanze, noch die zwischen Leid und Freude die Mitte haltende Stoffmetamorphose eines Pflanzentieres, der erste seiner absoluten Negativität, die zweite wegen ihrer Indifferenz die eigene Selbsterhaltung bewirken würden. Wird doch selbst das Tier nur durch eine Art von Selbsttäuschung über den wahren Wert seines Seins zur Selbst- und Gattungserhaltung veranlasst. Für die psychische Gesundheit des tierischen Individuums ist es erforderlich, dass die äusseren Störungen, die seiner Seele gegenübertreten und in ihr das Bild der äusseren Welt zur Vorstellung bringen, gewissen Bedingungen genügen, d. h. dass sie das normale Abströmen des Fühlens des Daseins in das Gebiet des Unbewussten, in das Nirväna, nur innerhalb gewisser Grenzen, nämlich der individuellen Gesundheitsbreite, unterbrechen. Jede Überschreitung dieser Grenzen ergiebt das Bild der geistigen Erkrankung. Besonders instruktiv ist in dieser Hinsicht die Betrachtung der zwei Hauptformen primärer Psychosen, der Melancholie und der Manie. Bei beiden handelt es sich um Störungen der Gefühls- und Willenssphäre. Hervorgerufen durch gewisse Ermüdungs- resp. Degenerationserscheinungen der Nervensubstanz findet sich bei der M e l a n c h o l i e eine gesteigerte Sensibilität, eine intensivere

Psychische Störungen: Melancholie und Manie.

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Aufnahmefähigkeit für sinnliche Reize, bei gleichzeitiger Erschwerung des Abflusses der Willensbethätigung auf motorischen Bahnen. Infolge davon wird der äussere Reiz die Unlust am Dasein intensiver wecken als bei psychisch Gesunden, da der gestauten Unlust der kompensatorische Abfluss auf motorischen W e g e n versperrt ist. Die Kapacität des Bewusstseinsspiegels für sensitives Empfangen von aussen einerseits und motorisches Geben nach aussen andrerseits ist gewissermassen überschritten. Die natürliche Folge der Unluststauung ist der tiefe seelische Druck, die schmerzvolle Verstimmung, die angstvolle Beklemmung des Melancholikers, verbunden mit der völligen L ä h m u n g seiner Willensbethätigung. U n t e r Umständen allerdings gewinnen die gestauten Spannkräfte eine solche Intensität, dass sie explosionsartig sich den Abfluss auf motorischen W e g e n erzwingen, gewissermassen die angehäuften Hindernisse durch die Gewalt ihres gemeinschaftlichen Wirkens überwindend, eine Erscheinung, die unter dem Namen raptus melancholicus von grosser psychiatrischer Bedeutung ist. Die M a n i e ist dadurch charakterisiert, dass die anlangenden sensiblen Reize (Unlust am Dasein) einen krankhaft beschleunigten Abfluss auf motorischen Bahnen finden, der sich kund giebt in starkem Bewegungsdrang, Schwatzhaftigkeit, verbunden mit einer excessiv heiteren Stimmung usw. Die Unlust wird sehr schnell beseitigt, indem ihre T r ä g e r rasch von ihrer dynamischen H ö h e wieder herabsinken, während dieses überschnellen Selbstvernichtungsprocesses das gesteigerte Lustempfinden erzeugend. Da dabei jedoch gleichzeitig die zur V e r f ü g u n g stehenden Brennstoffe des normalen Verbrennungsprocesses allzu rasch verbraucht werden, so tritt bei allen Maniakalischen sehr bald eine Erschöpfung ihrer psychischen Leistungsfähigkeit ein. Vielfach zeigt sich ein periodischer Wechsel zwischen beiden Zuständen, insbesondere entwickelt sich bei Psychosen, die später zur Heilung kommen, häufig zuerst eine Melancholie, allmählich verschwinden deren Symptome, um denjenigen der Manie Platz zu machen. Entweder tritt schon

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Kausalität der psychischen Vorgänge.

jetzt Gesundung ein, oder es wechseln noch mehrmals melancholische Depressionszustände und maniakalische Exaltationen mit Staffel weise abnehmender Heftigkeit, bis schliesslich der normale Zustand dauernd zurückkehrt. Zwischen diesen pathologischen Extremen nach der Seite des Fühlens (Melancholie = Unlustempfindung, gehemmtes Wollen) wie des Wollens (Manie = gesteigertes Wollen, Lustempfindung) und den normalen Affekten bestehen alle Übergänge. Insbesondere dürfte hier derjenige Zustand die i n d i f f e r e n t e M i t t e bezeichnen, der das eigene Sein in übergrosser Deutlichkeit zur Erkenntnis kommen lässt, während die Einwirkungen von aussen sich in unbefriedigender Intensität in seinem Bewusstseinsspiegel brechen, die L a n g e w e i l e . Es wird in diesem Falle das Zwecklose des Daseins, dessen Wesen ja im besten Fall nur eine Erlösung vom Leiden sein kann, allzu klar erkannt, während gewöhnlich diese trostlose Einsicht durch die Illusion des ewigen Wechsels zwischen Wollen und Nichtwollen, zwischen Leid und scheinbarer Freude verdeckt wird. In der Welt des Geschehens herrscht überall und zu jeder Zeit die strengste K a u s a l i t ä t . Die aus den Interferenzen der unendlichen Verdichtungs- und Verdünnungszüge des Raumes in der Zeit hervorgehende endliche reale Erscheinungswelt ist das Ergebnis einer unerbittlichen Notwendigkeit. Das Leben des Universums ist sowohl nach seiner dynamischen wie psychischen Seite determiniert. W a s die Erscheinung des F ü h l e n s anlangt, so hat sie stets als p a s s i v e Receptivität der Seele gegolten und wurde darum niemals mit dem Prädikate der Freiheit belegt. Anders mit dem W i l l e n . Seit Jahrhunderten wird ein erbitterter Kampf um die W i l l e n s f r e i h e i t geführt. Wie wir sahen, wurzelt der anabolische, substanzschaffende, zum Leiden am Dasein führende Ast des Willens im Unbewussten. Sein Auftreten ist durch keinen Akt des Bewusstseins bestimmt, demnach ist er selbst ein Erzeugnis des Unbewussten, der räumlich-zeitlichen Leere. Durch das Resultat seines Wirkens, das Leiden am Dasein, erzeugt er das Wissen der Substanz um ihre eigene Existenz.

Willensfreiheit.

Optimismus und Pessimismus.

Kulturziele.

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Auf dem Höhepunkt des Seins hat der Wille aufgehört, dagegen das Bewusstsein seine grösste Klarheit erlangt, nämlich das Wissen, dass alle Realität ausschliesslich ein Leiden ist. Dieser Erkenntnis zufolge entwickelt sich der das Leiden wieder aufhebende negative Ast des Willens. E r ist gleichfalls determiniert, da die Substanz in ihrem Leiden nur denjenigen Willen produciert, der auf dem kürzesten W e g e ihre Unlust wieder aufhebt. In einem bestimmten Bewusstsein ist demnach nur e i n e Möglichkeit einer Willensemanation gelegen. Jedes scheinbare Wählen zwischen zwei W e g e n führt stets nur zu dem Resultat, dass deijenige wirklich gewählt wird, der im Sinne des voraufgegangenen Leidens am Dasein gelegen ist. Ein ähnlicher Streit dreht sich darum, ob wir in einer b e s t e n oder in einer s c h l e c h t e s t e n aller denkbaren Welten wohnen. Nach dem, was bisher gesagt wurde, ist nur e i n e Welt, und zwar eine solche, wie sie thatsächlich besteht, möglich und darum allein denkbar. Damit fällt jeder Vergleich mit einer besseren oder schlechteren weg. Da das Sein der Welt auf metabolischen Principien beruht, so ist in ihr als ganzes gleich viel Lust wie Leid, gleich viel Wollen wie Nichtwollen des Daseins enthalten. Die algebraische Summe ist für das Universum wie für das Atom als primitivste Einzelheit gleich null, für die Pflanzen ist sie negativ in jeder Hinsicht, für das tierische Individuum allein scheint sie positiv zu sein, wenn wir das Vergehen der Unlust am Dasein als Lustempfindung bezeichnen wollen. Alle tierische Freude ist aber auf Kosten der Pflanze gebildet. Wie es eine Aufgabe der Physiologie ist, die biologischen Stoffwechselverhältnisse nach ihrer dynamischen Seite klar zu stellen, unter denen eine bestimmte Tier- oder Pflanzenspecies die günstigsten Lebensbedingungen findet, so ist es die Aufgabe der Psychologie, soweit sie praktische Lebenskunst ist, diejenigen Gesetze zu finden, auf Grund deren der biologische Kreislauf auf unserer Erde in der vernünftigsten, d. i. gerechtesten Weise sich vollziehen kann. Aller Kulturfortschritt wird zwar, was die Glücksbilanz des ganzen Cyklus anlangt, keine Änderung bringen können, da die Differenz zwischen

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Die Foim des Weltalls.

Lust und Leid, Wollen und Nichtwollen ihrem Wesen nach null sein muss, allein er wird d a s n o t w e n d i g e L e i d a u f n i e d e r e B e w u s s t s e i n s s t u f e n z u r ü c k d r ä n g e n , es allen höheren Bewusstseinsindividuen dagegen möglichst zu ersparen suchen.

9. Die Form des Weltalls.

Die in räumlicher und zeitlicher Hinsicht wichtigsten Umwälzungsprocesse im Weltgeschehen sind einerseits die Bildungs-, andrerseits die Wiederauflösungsvorgänge der grossen kosmischen Massen und ihrer Systeme. Die K a n t - L a p l a c e s c h e Theorie berücksichtigt im wesentlichen nur die Entstehungsgeschichte der Himmelskörper, während sie für den Auflösungsprocess keine befriedigende Erklärung zu geben vermag. Sie geht aus von grossen Nebelmassen von sehr geringer substantieller Dichte. Infolge der bedeutenden Zerteilung der Materie besitzt ein jeder solcher Nebelball einen grossen Vorrat an potentieller Energie, der sich bei dem nun beginnenden Konsolidationsprocess in W ä r m e und Massenbewegung verwandelt. Der Grund, warum die Nebelmasse sich von einem gewissen Zeitpunkt an zu konsolidieren beginnt, ist offenbar das Aufhören derjenigen Bedingungen, die zu ihrer Bildung geführt haben, d. h. dissociativ wirksam gewesener Einflüsse von aussen. Vermutlich ist die Ursache dieser Änderung eine Wanderung des Nebels nach Stellen des Himmelsraumes, wo er vor Einwirkungen von Seiten benachbarter Sonnen genügend geschützt ist. Infolge der Wechselwirkung der Atomringe — wir wollen den Beginn der Konsolidation der Masse noch um eine Stufe zurückschieben — bilden sich die chemischen Elemente, deren Moleküle, Molekülverbindungen usw., während die jedesmal beim Zusammenprall auftretende Stosskraft, die den neuentstandenen Komplex stets wieder zerreissen würde, in Gestalt von strahlender W ä r m e nach aussen abgeführt wird.

Die Kant-Laplacesche Kosmogonie.

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Der Grund für die dauernde Aggregation der Atomringe ist, nach den Principien des Kampfes ums Dasein betrachtet, einerseits das Sichfinden von Atomringen, deren Axenorientierung günstige Konsolidationsmöglichkeiten darbieten, andrerseits das Vorhandensein von äusseren Umständen, die die Abfuhr der entstandenen W ä r m e ermöglichen. Bilden z. B, 8 Atomringe im Augenblick ihres Zusammenstosses einen Oktaeder, sodass dessen Kanten von Peripherieabschnitten der Urringe gebildet werden, deren Stromrichtung hier die gleiche ist, so bleibt der Oktaeder als solcher bestehen, wenn die zunächst noch störende Oscillation der Komponenten durch Übertritt der Stosskraft auf dem W e g e der elastischen Induktionswelle (Wärme) auf fremde Atomkomplexe unschädlich gemacht werden kann. Nach dem Princip actio par est reactioni wird dabei die um den neuen Schwerpunkt fixierte Masse von da ab das gemeinsame Bewegungssubstrat. Die frühere Sonderbewegung der Atomkomponenten ist verschwunden, dafür ist die gemeinschaftliche Ortsveränderung des neugebildeten Aggregates eingetreten. Infolge asymmetrischer Verteilung der Masse des Nebels leitet sich seine Rotation ein, es bildet sich die von K a n t postulierte linsenförmige Abplattung der rotierenden Kugel, es kommt zu äquatorialer Ringbildung usw. Die losgelösten R i n g e zerreissen, bilden sich zu Planeten um, an denen vielfach sekundäre Ring- oder Trabantenbildungen zur Beobachtung kommen. Die entstandenen Einzelgebilde nehmen im weiteren Verlauf den flüssigen, zuletzt den festen Aggregatzustand an und bilden sich auf dem W e g e der Auslese relativ vollkommene Bahnverhältnisse aus, infolge deren ihr Bestand lange Zeiträume hindurch gesichert bleibt. Den K a n t - L a p l a c e s c h e n Abkühlungsprocess würde man in der vollständigen Erkaltung der gebildeten Himmelskörper, d. h. in dem engsten Zusammenschluss ihrer Masse zu suchen haben, unter Verwandlung der freigewordenen Wärme in Massenbewegung im grossen im eigenen System und Massen-

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Die Dissipation der kosmischen Massen.

Zerstreuung in fremden Gebieten, ein Vorgang, den wir jetzt zu betrachten haben. Offenbar stehen den geschilderten Werdeprocessen bei der Bildung kosmischer Systeme Zerstörungsvorgänge gegenüber, die zum Endziel nichts anderes haben können, als die Bildung von Nebelmassen gleich denjenigen, von denen jede Entwicklung von Himmelskörpern ihren Anfang nehmen muss. Das Substanzmaterial kann jedoch nur von den Trümmern völlig erkalteter, aus früheren Schöpfungen hervorgegangener Weltkörper geliefert werden. Wodurch solche Zertrümmerungen zustande kommen, lässt sich nur mit einiger Wahrscheinlichkeit sagen. Soviel scheint sicher, dass die Festigkeit jedes Körpers mit Abnahme der Temperatur geringer wird. Seine Sprödigkeit nimmt zu, seine Elasticität, die bei Strukturveränderungen infolge von Kollisionen mit anderen Körpern das gestörte molekulare Gleichgewicht wieder herstellen würde, wird geringer. Stossen nun etwa zwei Himmelskörper von genügend niedriger Eigentemperatur zusammen, so wird die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Bruchstücke zerfallen, um so grösser, je spröder sie infolge ihrer niederen Temperatur geworden sind. Sind sie jedoch noch glutflüssig oder nur mit einer Erstarrungsrinde überzogen, so wird das elastische Reparationsvermögen die Herstellung einer neuen Tropfenform ermöglichen. Jedenfalls ist uns durch die Beobachtung der unregelmässig gestalteten Körperform der Asteroiden, der scharfkantigen Meteorsteine etc. ein hinreichend beweiskräftiges Demonstrationsmaterial dafür geliefert, dass bereits völlig erstarrte Himmelskörper wieder in Trümmer zerfallen können. Je kleiner aber ein solches Bruchstück ist, umso geringer ist der infolge seiner eigenen Gravitation auf seiner Masse lastende konstriktive Druck, der der Dissociationswirkung der äusseren Wärmebestrahlung das Gleichgewicht zu halten vermöchte, umso leichter kann von seiner Oberfläche durch äussere Bestrahlung Stoff abdunsten. Gegen einen solchen mehr oder weniger intensiven Stoffverlust scheinen selbst die festesten Körper nicht ganz geschützt zu sein. Dieses Verhalten des Stoffes giebt uns aber die Erklärung

Das kosmische Gleichgewicht.

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für den Verbleib der von sich abkühlenden (sich bildenden) Weltsystemen ausgestrahlten Wärme. Nach vorstehendem kann sie zu nichts anderem Verwendung finden, als den molekularen Bewegungszustand solcher Weltentrümmer zu ändern, d. h. diese zu dissociieren, sie in kosmischen Nebel gleich demjenigen zu verwandeln, dem sie selbst einst ihre Entstehung zu verdanken hatten. Da die Konsolidation kosmischer Massen somit stets mit einer anderweitigen Dissociation der Weltsubstanz Hand in Hand geht, so dürfte der Schluss erlaubt sein, dass im Universum in jedem Augenblick ebenso viel Stoff sich im Zustand der Aggregation befindet, wie eine gleiche Menge sich dissociativ zerstreut. Die fixen Himmelskörper wären Repräsentanten des ersteren Geschehens, in den Interastralräumen würde die ihnen entströmende W ä r m e dazu benutzt, eine gleiche Menge Materie wiederum auf den Anfangszustand jeder Entwicklung, den der isolierten Atomringe, zurückzuführen. Erinnern wir uns, dass das tierische Leben mit dem Associationsprocess der Substanz unter Verlust an W ä r m e resp. Massenbewegung, das pflanzliche mit der Dissociation der Materie infolge der Aufnahme von W ä r m e sich identificiert, so kann der K a n t - L a p l a c e s c h e Konsolidationsprocess eines grossen Urnebels als tierisches Leben aufgefasst werden. Die Dissociation der die Interastralräume erfüllenden Massentrümmer, bewirkt durch die jenen Systemen entstrahlende Wärme, würde dann dem kompensatorischen Pflanzenleben des Weltalls zu vergleichen sein. Wie wir sehen, scheidet die Natur ihre Thätigkeit auch in ihrem grössten Thun wieder in die zwei grossen Gruppen, in das katabolische Herabstürzen der Substanz von hohem potentiellem Energieniveau und in die anabolische Wiedererhöhung ihres Arbeitswertes, ein Antagonismus, der allein imstande ist, die Permanenz des Universums zu bewirken. Der geschilderte Process des Werdens und Vergehens der Himmelskörper lässt sich ausserdem noch vergleichen mit denjenigen Vorgängen, die wir nach neueren Anschauungen in jedem Gase beobachten. Die Gasmoleküle sind nach der

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Vergleich mit der kinet. Gastheorie.

Universalität des Geschehens.

C l a u s i u s s e h e n Theorie in beständigem Zerfall und beständiger Neubildung begriffen. Infolge ihres Zusammenprallens zerfallen sie fortwährend in Bruchstücke, aus denen sich bei erneutem Zusammenstoss unter günstigen Angliederungsbedingungen durch Ableitung resp. Umformung ihrer kinetischen Energie immer wieder neue chemische Verbände bilden. Dort hat der infolge der Konsolidation der Urbestandteile seiner Masse gebildete Himmelskörper so lange Bestand, als er infolge seiner Bewegung im „freien" R a u m vor Kollisionen bewahrt bleibt, hier kann das neue Gasmolekül schon in unnennbar kurzen Zeitintervallen seiner Auflösung anheimfallen, aus der es sich jedoch ebenso rasch wieder neu zu bilden vermag. Die konsolidierten Himmelskörper dürften im allgemeinen die grössten festen Molekülaggregate sein, die überhaupt möglich sind. Es scheint, dass ebenso, wie im kleinen das Atom in seinem Ringdurchmesser eine u n t e r e endliche Grösse besitzt, auch im grossen die festen Himmelskörper nicht über eine o b e r e endliche Grösse wachsen können. Wie der Weltprocess nach der Seite der Kleinheit in den Atomen endlich wird, so sind die Himmelskörper, trotzdem auf ihnen in reichster Entfaltung das Gestaltungsvermögen der Weltsubstanz sich entwickelt, im Gegensatz zu dem unendlichen All doch ebenfalls nur endliche, d. h. in Zahlen zu fassende Erscheinungen. Das Unendliche wird niemals durch Summation oder Variation des Endlichen erschöpft. Welche Atomkombination als Substrat für eine einzelne Erscheinung im Weltgeschehen auch erforderlich sein mag, in der unendlichen Anzahl aller verwirklichten Fälle muss sie enthalten sein. E s sind d a r u m a l l e im E n d l i c h e n zu r e a l i s i e r e n d e n E r s c h e i n u n g s f o r m e n d e r S u b s t a n z im U n e n d l i c h e n s o w o h l g l e i c h z e i t i g n e b e n e i n a n d e r v o r h a n d e n , w i e sie an j e d e r S t e l l e d e s f i x i e r t g e d a c h t e n R a u m e s im L a u f e d e r s u c c e d i e r e n d e n Zeit v e r w i r k l i c h t w e r d e n m ü s s e n . Wie in einem bestimmten Gasvolum, das unter konstanter mittlerer Temperatur gehalten wird, nur eine bestimmte Anzahl von Molekülkombinationen simultan sich bilden kann,

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D i e Form des "Weltalls ist konstant.

so müssen im Unendlichen a l l e überhaupt möglichen Kombinationen der Massenelemente entstehen und zwar nicht erst im Verlauf der unendlichen Zeit, sondern sie werden zu gleicher Zeit realisiert sein, da jede Einzelbildung nur ein Endlichkeitsbegriff ist, dem die allumfassende Unendlichkeit gegenübersteht. Zugleich ist zu berücksichtigen, dass jedes Atom seinen Wirkungsbereich ideell in das ganze Universum erstreckt, dass dieses demnach trotz seiner Unendlichkeit ein Einheitsorganismus ist, dessen Einzelteile sich äquilibrieren. Das Gleichgewicht ist aber am vollkommensten, wenn ein Sichgleichbleiben in jeder Hinsicht vorhanden ist, anstatt eines wenn auch kompensatorischen Auf- und Niederwogens der Teile in der Zeit. Das Universum bleibt somit bei allem endlichen Wechsel im Inneren als ganzes sich selbst kongruent. Es kann ihm nichts mehr hinzugefügt werden, um ihm auf dem Gebiet der Formen oder der damit in psychischer Hinsicht identischen Ideen eine grössere Reichhaltigkeit oder Vollkommenheit zu geben, seinen Inhalt in dieser Hinsicht zu erhöhen, noch kann umgekehrt etwas hin weggedacht werden, dergestalt, dass es als ganzes auf eine tiefere Bildungsstufe zurücksinken würde. Im Unendlichen sind alle Höhen und alle Tiefen der Entwicklung zu einem Zustand ewiger R u h e gegenseitig ausgeglichen. W i e in dem Atom, solange man von seinen Beziehungen zu anderen absieht, aus dem Werden und dem Vergehen der Substanz das konstante Sein von Stoff, Kraft und Denken zustande kommt, wie in jedem organischen Individuum mit gewissen Einschränkungen aus Nahrungsaufnahme und Ausscheidung der Stoffwechselendprodukte sich die Konstanz des Lebens inkl. des höheren Bewusstseins erhält, so entwickelt sich aus dem sich zur Kontinuität ergänzenden Werden und Vergehen aller Einzelformen des endlichen Geschehens im Universum wiederum nur das auf höchster Stufe sich selbst erhaltende m e t a b o l i s c h e S e i n d e r G e s t a l t u n g , p s y c h i s c h der darin v e r k ö r p e r t e n Ideen. D r e s c h e r , Werden. Sein.

Vergehen.

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Die Platonische I d e e als Unsterblichkeitsprincip.

10. Das Unsterblichkeitsproblem.

Unter dem neugewonnenen Gesichtspunkt, dass die Form des Weltalls einen konstanten metabolischen Seinswert besitzt, gewinnt die Unsterblichkeitsidee eine neue Bedeutung. W e n n im Universum alle endlichen Bildungsmöglichkeiten der Substanz in jedem Augenblick realisiert sind, so ist auch das einzelne Individuum in jedem Zustand seines Daseins zwischen Geburt und Tod in unendlicher Reihe vorhanden. Hört sein Repräsentant auf einem Weltkörper zu existieren auf, so wird er auf einem anderen neu geboren. Zwischen diesen Extremen ist die Kontinuität seines Wesens auf eine unendliche Reihe von Einzelindividuen verteilt: Die P l a t o n i s c h e I d e e in ihrer Objektivation in Form bestimmter realer Gebilde der Körperwelt ist ewig und unveränderlich, zwar nicht, wie Plato meinte, bereits auf unserer Erde, sondern erst im unendlichen Universum. Das wahre Verhältnis des kontinuierlichen Zusammenhangs aller Einzelgebilde ist mit dem Schema zu vergleichen, das für die Darstellung des erweiterten Zahlensystems Anwendung findet. Wie man dort in einer Ebene ein zweiaxiges Koordinatensystem annimmt, dessen Abscissenaxe nach rechts die positiv reellen, nach links die negativ reellen Zahlen enthält, dessen Ordinatenaxe nach oben die rein imaginären positiven, nach unten die rein imaginären negativen Grössen bestimmt, während alle Punkte der Ebene der vier Quadranten die komplexen Zahlen bezeichnen, so sind von jedem Einzelgebilde des Weltprocesses wie von dem Nullpunkt der Koordinatenaxen unendliche Reihen von in der Entwicklung bereits vorangeschrittener oder noch zurückgebliebener, entweder gleicher (Abscissenaxe) oder bloss in der Form angenäherter Wesen anzunehmen. Die Zusammenfassung aller dieser so bestimmten Formen bildet aber die absolute Universalität aller endlichen Bildungsmöglichkeiten der Substanz. W e n n demnach auch dem Einzelindividuum nach dem Tode keine die persönliche Kontinuität fortsetzende Existenz zuteil wird, so ist doch die in ihm verkörperte I d e e nicht

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D i e Erhaltung der Identität des Bewusstseins.

verloren gegangen, sondern sie bleibt in einer unendlichen Reihe von Repräsentanten erhalten. Damit wird auch die Klage, dass durch das Zugrundegehen eines Himmelskörpers ein noch grösserer Wert, als das Einzelindividuum in sich trägt, unwiederbringlich verloren gehe, nämlich die Kultur selbst, die während einer nach Äonen zu bemessenden biologischen Entwicklungsperiode gewonnen wurde, gegenstandslos. Das, was hier zu Ende geht, ist im Universum immerfort in ewigem Blühen begriffen. W i e jedes Einzelleben, sowohl was die Existenz des Individuums wie die eines Weltkörpers anlangt, seinem innersten Wesen zufolge das Princip der Veränderung, des immerwährenden Vergehens des Gewordenen zum Inhalt hat, so kann seine wahre Wesenheit auch nur in einem Ringen und Streben nach einem Endziel bestehen, nicht aber in dessen dauerndem Innehaben. Ist eine Entwicklung an ihrem Zielpunkt angelangt, so ist es ihr darum beschieden, wieder diejenige Rückbildung zu erfahren, die sie auf ihren Anfangszustand zurückversetzt. In Wirklichkeit beruht das Interesse, das wir an der persönlichen Fortdauer unserer Seele nach dem Tode zu haben glauben, auf einer Illusion, nämlich der Annahme, dass dereinst die höchste moralische und intellektuelle Vollendung uns an das ersehnte Ziel, die dauernde Glückseligkeit, führen werde. Zur Erhaltung der Identität unseres Bewusstseins nach Unterbrechungen im Schlafe wie ganz besonders im Tode hält die gewöhnliche Anschauung die Existenz einer immateriellen Seele für absolut notwendig. Thatsächlich genügt jedoch für das Konstantbleiben des Ichbewusstseins schon die erhaltene oder neugebildete Ähnlichkeit des das Ich producierenden Apparates vor und nach jeder Intermittenz, um den gleichen Effekt zu erzielen, wie aus folgendem ersichtlich wird: Im Schlaf wie während des Wachens wird durch den Stoffwechsel ein Teil unseres Leibes inkl. des Centralnervensystemes regeneriert, während der der Regeneration augenblicklich nicht unterworfene Anteil die Form des Organismus 7*

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Die Erhaltung der Identität des Bewusstseins.

Schlaf und Tod.

in ihren wesentlichen Teilen beibehält. Es findet eine Reparatur des organischen Gebäudes statt, nicht ein Neubau nach neuen Plänen und Modellen. Wie das Gebäude in seinen wesentlichen Bestandteilen konserviert wird, d. h. trotz allem Wechsel des konstituierenden Stoffes sich selbst ähnlich bleibt, so bleibt die Einheit, d. i. die Identität des Individuums erhalten. Das Centralbewusstsein, das nach dem Schlafe, während dessen es thatsächlich verloren gegangen war, wieder erwacht, ist demnach dem vorhergegangenen in gleicher Weise „ähnlich" geblieben, wie die körperliche Ähnlichkeit sich erhielt. Die Seele hat ihre Unterbrechung im Schlafe „überlebt". Indessen könnte eine Art Identität der Person auch bei gänzlicher Neubildung des materiellen Substrates gedacht werden. Stellen wir uns vor, während des Schlafes eines Menschen träte dessen Tod ein, gleichzeitig würde aus anderen Molekülen ein völlig gleiches Gebilde hergestellt, so würde in diesem ein Bewusstsein erwachen, das sich scheinbar früherer Erlebnisse ebenso erinnern würde, wie der erste Mensch, wenn er wieder erwacht statt gestorben wäre. W e d e r dieses neue Ich noch sonst irgend jemand würde daran zweifeln, dass es dasselbe sei, wie das, was in dem ersten Leibe in die Erscheinung trat. Für das Ich, die Seele, ist es ohne Bedeutung, wo und aus welchen Molekülen sie gebildet wird, da sie keine objektive Realität, sondern nur eine Erscheinung ist, die aus bestimmten Bewegungsreihen der Substanz resultiert. Der T o d als physiologische Erscheinung unterscheidet sich dadurch vom S c h l a f , dass die katabolische Abgliederung der Körperstoffe den höchsten Grad erreicht, dass eine vollständige Rückgabe sämtlicher Leibesbestandteile an die Aussenwelt eintritt. Statt der Reparatur des Gebäudes wie im Schlaf kommt es zu dessen völligem Zerfall, während ein Neuaufbau unmöglich geworden ist, weil alle Modelle, alle Schemata, nach denen die Restitution des „lebenden" Organismus erfolgte, verloren gegangen sind. Die Seele, die im Leben beständig ihre Kraft erneut, indem ihr aus dem Born der „göttlichen" Allheit, der Aussenwelt, kontinuierlich ein Strom an Rohstoffen

Die christliche Unsterblichkeitslehre.

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des Wollens und Fühlens zugeführt wird als Ergänzung für das, was sie infolge des Lebensprocesses an fertigen Denkprodukten an dieselbe göttliche Allheit hatte zurück geben müssen, kehrt in molekularer Auflösung dahin zurück, wo die Wurzel für ihr Dasein zu suchen ist, in das Gebiet des Unorganischen, mit ihrer früheren Bewusstseinsstufe verglichen, in das Unbewusste. Sie zerfliesst in das All, ihre Ichindividualität ist zerstört. Die Quintessenz der christlichen Unsterblichkeitslehre ist der Glaube, dass die menschliche Seele ein jenseitiges Leben führe und eine Fortentwicklung in moralischer und intellektueller Hinsicht erfahre, wodurch sie Gott immer ähnlicher werde. Die dazu notwendige Auferstehung des Leibes stellt sich das Christentum entweder vor als eine Wiederbelebung der alten Körperbestandteile, im allgemeinen in der Form ihrer letzten Zusammengliederung, oder als Neubildung eines der irdischen Persönlichkeit ähnlichen neuen Leibes. In beiden Fällen denkt es sich den Körper als Wohnstätte einer zeitweise von ihm getrennten immateriellen Seele, nicht als Seelenleben erzeugenden Mechanismus selbst. Vergegenwärtigt man sich das oben Gesagte über die Erhaltung der Identität des Bewusstseins, so wäre der Gedanke des Lebens nach dem Tode als Auferstehung eines neuen Leibes, wenn er dem alten rücksichtlich seiner Ähnlichkeit genügend adaptiert wäre, nicht absurd. Selbst ohne dass eine immaterielle Seele zur Übertragung der Identität erforderlich wäre, würde ein jenseitiges Leben als Fortsetzung des irdischen gedacht werden können. Da alles Geschehen, insbesondere jedoch das organische Leben, auf Entwicklung beruht, niemals aber durch das Eingreifen einer transcendenten Schöpfermacht sofort als fertiges Produkt in das Dasein gerufen werden kann, so kann die Unsterblichkeit unseres Wesens nur die Form der Unsterblichkeit der in uns verkörperten Platonischen Idee haben in ihrer Objektivation in einer unendlichen Reihe von Repräsentanten, während die Entwicklung des einzelnen Individuums keine höhere Stufe erreichen kann, als sie zwischen Lebensanfang und Ende enthalten ist.

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Die persönl. Gottheit und das psychische Individuationsproblem.

Die sittliche und intellektuelle Vollendung, die die menschliche Seele nach christlicher Anschauung erreichen würde, müsste sie schliesslich Gott gleich werden lassen. Da die simultane Existenz Gott gleicher Wesen ein Unding wäre, so liesse sich die Idee der stufenweisen Vervollkommnung aller Lebewesen zu einem befriedigenden Abschluss erst bringen, wenn man ein schliessliches Eingehen der zur Vollendung gekommenen Seelen in die Person Gottes annehmen wollte. Die Einzelpersönlichkeit würde sich in der nach christlicher Auffassung persönlich zu denkenden Gottheit verlieren müssen. Umgekehrt würde die Seelenzeugung bei jeder Geburt dem Freiwerden einer Seelenknospe aus einem fortan von ihr getrennten höchsten Schöpfungsprincip gleichkommen. Das Entstehen der Seele aus Gott und das Eingehen derselben in Gott wäre dann aber wieder nichts wesentlich anderes, als nach unserer Auffassung der mit der Nahrungsaufnahme erfolgende anabolische A u f b a u des höheren Bewusstseins, der Seele während des Lebens, sowie die katabolische Rückgabe der verbrauchten Seelenbestandteile an das All, hier das Unbewusste — ihre Neubildung überhaupt bei der Zeugung, ihr gänzlicher Zerfall in molekulare Bruchstücke im Tode. Die höchste Vollendung, die das Weltprincip nach christlicher Anschauung in der Person Gottes erreicht, das allumfassende Erkennen des Universums mit dem darin enthaltenen höchsten sittlichen Wollen und Fühlen, wäre der Zielpunkt, nach dem alle Entwicklung hier und im Jenseits strebt, aus der sich umgekehrt aber auch alle Seelenkeime losringen. Die Frage, warum Gott aus sich selbst heraus stets wieder Seelenknospen in ein zunächst von ihm isoliertes Dasein versetzt, um sie den Entwicklungsgang einer steigenden in ihm selbst einst zum Abschluss kommenden Vollendung durchlaufen zu lassen, könnte nur damit beantwortet werden, dass auch die Gottheit in der Permanenz der höchsten Vollendung ihres Wesens k e i n e d a u e r n d e B e f r i e d i g u n g f i n d e t , und darum die Entwicklung, das Streben ihrer in Individuen zerlegten Allheit nach derselben dem ruhigen Besitz vorzieht. Die höchste sehende Vernunft wäre zu dem Schluss-

Das pantheistische Ideal.

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resultat gekommen, dass das Streben nach der höchsten Vollkommenheit wohl den Inhalt des Lebens bilden könne und müsse, dass aber die Vollendung selbst die dauernde Befriedigung, d. h. die Seligkeit, nicht in sich berge. Anders ist es, wenn wir den Ursprung des Lebens nicht in der höchsten Realität, der persönlich zu denkenden Gottheit suchen, sondern im Gebiet des Unpersönlichen, des Unbewussten. Der b l i n d e , Substanz d. h. Realität schaffende Wille erkennt noch nicht, dass das Endresultat seines Wirkens einst das Leiden am Dasein sein wird. Ist das Sein, d. h. die Unseligkeit der Kreatur in die Existenz eingetreten, so entwickelt sich aus der gleichzeitig entstandenen Erkenntnis des wahren Wesens alles Seins, als einer Unlust, das Selbstvernichtungsstreben, der b e w u s s t e Wille zum Nichtsein, der dadurch, dass er das Leiden am Dasein aufhören macht, die Beseligung herbeiführt, d. h. das Nichtsein, den Zustand des Nichtfühlens, das Nirväna. N i c h t die h ö c h s t e R e a l i t ä t , die p e r s ö n liche Gottheit, sondern das Nichtsein, das unpersönliche, das Sein jedoch p o t e n t i e l l e n t h a l t e n d e N i r v ä n a e n t h ä l t die w a h r e S e l i g k e i t . Wie die Bewusstseinskeime dem Unbewussten ihr Dasein verdanken, so ist auch der ganze aufbauende Ast des metabolischen Cyklus in den höheren Formen des Seins auf die Thätigkeit des U n b e w u s s t e n zurückzuführen, während der katabolische Niedergang, das Suchen nach Glückseligkeit auf dem b e w u s s t e n Streben unserer Seele beruht. Der Inhalt dieses Strebens ist aber nichts anderes, als der Selbstvernichtungsdrang der Unlust am Sein, der dahin abzielt, das eigene Sein in den Strom des Vergehens zu versenken. Der sogenannte Selbsterhaltungstrieb ist das Resultat des Wirkens des Unbewussten, des Willens zum Dasein, der uns als solcher nur durch den Effekt seines Wirkens, das Leiden, bewusst wird. E r ist nicht das Resultat des aus dem Born des Bewusstseins hervorquellenden und darum uns scheinbar frei zur Verfügung stehenden -(negativen) Willens, da dieser letztere nur in selbstvernichtendem Sinne thätig sein kann. Da demnach das b e w u s s t e Streben unserer Seele in ihren

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D a s pantheistische

Ideal.

einzelnen Akten nicht auf ihre Perpetuierung, sondern auf ihre Selbstvernichtung gerichtet ist, da sie nur in dem Aufhören ihres stets als ein Leiden beschaffenen Seins zur Ruhe gelangen kann, so ist auch das Endziel alles Strebens nicht auf die Erlangung der höchsten Seligkeit im ewigen Leben, auf die Gemeinschaft mit Gott als dem Inbegriff aller Vollkommenheit gerichtet, sondern auf die e n d l i c h e B e s c h w i c h t i g u n g a l l e s L e i d e n s im T o d e , im N i r v ä n a .

C. G. R ö d e r , Leipzig.