Wege zur Komparatistik: Sonderheft für Horst Rüdiger zum 75. Geburtstag [Reprint 2010 ed.] 9783111350615, 9783110098945


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German Pages 168 Year 1983

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Table of contents :
Zu diesem Heft
A. Owen Aldridge: Balancing Careers or Comparatism Triumphant
Roger Bauer
Manfred Beller
Hugo Dyserinck: Auch ein Weg (bzw. Umweg) zur Komparatistik
Manfred Gsteiger: Komparatistik als Vorwand und Rückhalt – Halbernster Brief über eine langwierige Auffindung
Victor Hell: Der Weg eines Elsässers zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft
W. Wolf gang Holdheim: Curriculum Vitae
Gerhard R. Kaiser: Komparatistische Vexierviten
Marianne Kesting: Komparatistische Lese- und Lebenserfahrungen
Zoran Konstantinovic: Über Zufälliges und Entscheidendes im Leben
Erwin Koppen: Über Zufall, Notwendigkeit und anderes – Ein Schlängelweg zur Komparatistik
Franco Meregalli: What is Literaturen
Henry H. H. Remak: How I Became a Comparatist
János Riesz: Die Vertreibung aus dem Paradies oder Wie die Komparatistik bis zu mir kam
Lea Ritter-Santini
Elinor Shaffer: Voyaging on Strange Seas of Thought Alone or How I Became a Comparatist
Jürgen von Stackeiberg: Lucus a non Lucendo oder Von der ‚Tante‘ zu Tacitus
Rüdiger von Tiedemann
György M. Vajda: Wie und warum ich Komparatist geworden bin
Jacques Voisine
Ulrich Weisstein: Vergleich und Vergleich gesellt sich gern: Aus dem Leben eines Komparatisten
René Wellek: How, Why And When I Became a Comparatist?
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Wege zur Komparatistik: Sonderheft für Horst Rüdiger zum 75. Geburtstag [Reprint 2010 ed.]
 9783111350615, 9783110098945

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arcadia ZEITSCHRIFT FÜR VERGLEICHENDE UTERATURWISSENSCHAFT WEGE ZUR KOMPARATISTIK SONDERHEFT FÜR HORST RÜDIGER ZUM

FÜNFUNDSIEBZIGSTEN

GEBURTSTAG

HERAUSGEGEBEN VON ERWIN KOPPEN UND RÜDIGER VON TIEDEMANN

1983 VERLAG WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK

CIP-Kurztitelauf nähme der Deutschen Bibliothek Wege zur Komparatistik: Arcadia, Zeitschr. für vergleichende Literaturwiss.; Sonderh. für Horst Rüdiger zum 75. Geburtstag / hrsg. von Erwin Koppen u. Rüdiger von Tiedemann. — Berlin; New York: de Gruyter, 1983. ISBN 3-11-009894-6 NE: Rüdiger, Horst: Festschrift; Koppen, Erwin [Hrsg.]; Arcadia

© 1983 by Walter de Gruyter & Co., Berlin. Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Übersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien, auch auszugsweise, vorbehalten. Satz und Druck: Omnium-Druck, Berlin. Buchbinder: Fuhrmann KG, Berlin. Printed in Germany.

Mit einer Einleitung der Herausgeber Zu diesem Heft

V und Beiträgen von

A. Owen Aldridge: Balancing Careers or Comparatism Triumphant . . .

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Roger Bauer

6

Manfred Beller

8

Hugo Dyserinck: Auch ein Weg (bzw. Umweg) zur Komparatistik . . . .

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Manfred Gsteiger: Komparatistik als Vorwand und Rückhalt — Halbernster Brief über eine langwierige Auffindung

23

Victor Hell: Der Weg eines Elsässers zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft

31

W. Wolf gang Holdheim: Curriculum Vitae

39

Gerhard R. Kaiser: Komparatistische Vexierviten

43

Marianne Kesting: Komparatistische Lese- und Lebenserfahrungen . . . .

54

Zoran Konstantinovic: Über Zufälliges und Entscheidendes im Leben . .

58

Erwin Koppen: Über Zufall, Notwendigkeit und anderes — Ein Scblängelweg zur Komparatistik

63

Franco Meregalli: What is Literature?

71

Henry H. H. Remak: How I Became a Comparatist

81

Janos Riesz: Die Vertreibung aus dem Paradies oder Wie die Komparatistik bis zu mir kam

92

Lea Ritter-Santini

101

Elinor Shaffer: Voyaging on Strange Seas of Thought Alone or How I Became a Comparatist

107

Jürgen von Stackelberg: Lucus a non Lucendo oder Von der ,Tante' zu Tacitus

116

Rüdiger von Tiedemann

123

György M. Vajda: Wie und warum ich Komparatist geworden bin . . . .

131

Jacques Voisine

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Ulrich Weisstein: Vergleich und Vergleich gesellt sich gern: Aus dem Leben eines Komparatisten

147

Rene Wellek: How, Why And When 1 Became a Comparatist?

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Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muß man es aber vorwärts. S0ren Kierkegaard

Zu diesem Heft In der vorliegenden Sammlung komparatistischer Lebensläufe und Personalia, denn darum und nicht etwa um eine Einführung in das Fach handelt es sich, klafft eine empfindliche Lücke: Horst Rüdiger konnte sich zu der Frage, wie und warum er Komparatist geworden sei, nicht äußern: Dieser Band ist eine Festgabe zu seinem 75. Geburtstag, und die Herausgeber haben ihn hinter dem Rücken des Jubilars und ohne sein Wissen vorbereitet. Indessen wäre es ihnen auch aus einem anderen Grunde unpassend erschienen, ihn darüber zu befragen, wie und warum er zur Vergleichenden Literaturwissenschaft gestoßen sei. Horst Rüdiger verkörpert nämlich in seiner Person diese Disziplin in einer so eindringlichen und gleichzeitig selbstverständlichen Weise, daß eine Fragestellung, die impliziert, er sei irgendwann einmal zum Komparatisten g e w o r d e n , vermessen erscheinen muß. Niemand käme schließlich auf die Idee, Zeus zu befragen, wie, wann und warum er Gott geworden sei, denn Gott war er eben schon immer, und durch diese Eigenschaft erst definiert sich sein Wesen. So erscheint es auch jedem, der (wie die beiden Herausgeber) das Privileg hatte, dem Meister über lange Jahre hinweg zur Seite zu stehen, als unvorstellbar, daß dieser jemals in seinem Leben etwas anderes war als Komparatist oder etwas anderes hätte sein können: Er ist nicht nur Komparatist, er war es schon immer, und er wird es immer bleiben — diese Auskunft hätte grundsätzlich zu genügen. Sie wird im übrigen von Rüdigers akademischer Vita in verblüffender Weise bestätigt: Mit seiner Arbeit Sappho, ihr Ruhm und Ruf bei der Nachwelt debütierte er mit einer komparatistischen Dissertation zu einer Zeit, als es in Deutschland noch gar keine Vergleichende Literaturwissenschaft als Institution gab. Aber er erwählte sich zum Doktorvater einen der wenigen deutschen Germanisten, denen man das Epitheton „komparatistisch" nicht wird verweigern können: Friedrich Gundolf. Später debütierte er dann als akademischer Lehrer nicht an einer deutschen Universität, sondern als Lektor für deutsche Sprache und Literatur an der altehrwürdigen Alma mater von Bologna, wie es sich eben für einen geborenen literarischen Kosmopoliten gehört. Daß er sich auch in seinem nächsten Buch, Wesen und Wandlung des Humanismus (1937, 2. Aufl. 1966) als Komparatist ausweist, bedarf schon fast keiner Erwähnung mehr, ebensowenig wie die Tatsache, daß er sich zwar in Germanistik habilitierte, aber nicht in Heidelberg oder Jena, sondern im fremdsprachigen Ausland und bezeichnenderweise an einem Ort, der synonym mit universaler Geistigkeit und Kultur ist: Rom. War Rüdiger bis zu seiner Habilitation nach institutionellen Maßstäben immerhin noch als Germanist

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anzusprechen, so sollte sich das bald darauf gründlich und für immer ändern: 1958 erfolgte der Ruf auf den Lehrstuhl für Vergleichende Literaturwissenschaft in Mainz, 1962 die Berufung nach Bonn, wo er die ersten vier Jahre in Lehre und Forschung eine bis an die Grenze des Möglichen komparatistisch ausgerichtete Germanistik betrieb, bis ihm schließlich auch dort, eine bereits bei der Berufung verabredete Selbstverständlichkeit, der neugegründete Lehrstuhl für Vergleichende Literaturwissenschaft zufiel. Gleichsam zwangsläufig mußte er der Gründer und Herausgeber der repräsentativen komparatistischen Zeitschrift werden und der Gründer und langjährige Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft. Die Frage, wie Rüdiger Komparatist geworden sei, erledigt sich also gleichsam von selbst: Er war es eben schon immer, oder zumindest von Anbeginn seiner wissenschaftlichen Beschäftigung mit Literatur. Auch das spezifische komparatistische Profil des Jubilars zeigt sich bereits seit seinen frühesten Publikationen: Die Konzeption der europäischen Literatur als einer auf dem Urgrund der griechisch-römischen Antike erwachsenen Einheit (eine Auffassung übrigens, die in jenen dreißiger Jahren dem Trend des Zeitgeistes entschieden entgegenstand), die Überzeugung, daß die deutsche Literatur nur eine Stimme im großen literarischen Konzert Europas darstelle, sein prinzipieller literarischer Kosmopolitismus, der sich nicht nur in einer internationalen Belesenheit, sondern auch in einem ungezwungenen Umgang mit fremden Sprachen (einschließlich der griechischen und lateinischen) kundtut. Eine weitere Eigenschaft, die das komparatistische Profil Horst Rüdigers bestimmt (stärker womöglich als die eben genannten), ist ebenfalls von Beginn in seinem Opus wahrzunehmen: Der bei aller äußeren Nonchalance im Umgang mit Literatur tiefe wissenschaftliche Ernst, mit dem er dieses ja zunächst als etwas unseriös geltende Fach in Forschung und Lehre vertrat. Literarischer Kosmopolitismus war und ist für ihn nie eine Entschuldigug für philologische Leichtfertigkeit gewesen. Auch wenn seine literarische Landkarte von vornherein den Begriff der Landesgrenzen nicht kannte, so legte er doch stets Wert auf eine denkbar präzise und detaillierte Kartographie. Dies bezog sich nicht nur auf literarhistorische Fakten und Zusammenhänge, sondern in erster Linie auf den philologisch sauberen Umgang mit dem Text, den man bei Rüdiger genausogut lernen konnte wie beim strengsten aller klassischen Philologen. Komparatistische Arbeiten, ob von Studenten oder Professoren, in denen ungenau zitiert wurde, die sich auf apokryphe Ausgaben oder gar — horribile dictu! — auf Übersetzungen beriefen, waren (und sind) stets geeignet, ihre Verfasser bei Horst Rüdiger nachhaltig zu diskreditieren und — beispielsweise — einen Abdruck in der arcadia unmöglich zu machen. Nicht ganz ohne Bedenken legen deshalb die Herausgeber Horst Rüdiger zu seinem 75. Geburtstag als Sonderband seiner arcadia eine Festgabe vor, in der es nun freilich denkbar unphilologisch hergeht. Bereits formal verzichten die allermeisten der hier versammelten Beiträge auf philologische Usancen wie beispielsweise gewichtige und gelehrte Fußnoten; mit Fragestellung und Inhalt verlassen sie endgültig den üblichen Rahmen. Als die Herausgeber zu dieser literarischen Gratulationscour einluden und die Teilnehmer anstelle der sonst

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obligatorischen wissenschaftlichen Miszellaneen um eine Antwort auf die Frage baten, wie und warum sie Komparatisten geworden seien, war ihnen füglich klar, daß sie zu einer heiklen und ungewöhnlichen (allerdings nicht ganz unvorbildlichen) Unternehmung anstifteten. Sie wußten von den in Kollegenkreisen verbreiteten Hemmungen, sich derart zu exponieren, sich öffentlich zur eigenen Person und aus persönlicher Perspektive zum eigenen Fach zu äußern, und sie respektieren solche Hemmungen nicht erst, seitdem sie sie am eigenen Leibe kennengelernt haben. Wenn sie sich gleichwohl zu der Frage entschlossen, so weder aus Indiskretion noch aus Wichtigtuerei, noch gar um einem Bedürfnis abzuhelfen, das im Wilhelm Meister als indigenes Merkmal bezeichnet wird: denn er war, lesen wir dort über Serlo, am Ende doch ein Deutscher, und diese Nation gibt sich gern Rechenschaft von dem, was sie tut. (Man mag darüber heutigentags anders denken.) Nein, nicht Rechenschaft, auch nicht große Konfession — das Ziel war viel bescheidener gesteckt. Es bestand einfach darin, einem Mann, der seine Mitwelt immer neu durch die glücklichste Verbindung von fachlicher Kompetenz und persönlicher Ausstrahlung zu beeindrucken vermag, mit einem persönlichen Wort über sich selbst und das Fach Reverenz zu erweisen. Der spontane Zuspruch, den dieser Vorschlag bei den eingeladenen Autoren und nicht zuletzt bei dem Verlag fand, hat die Herausgeber ermutigt und verpflichtet sie zu großem Dank. Sollte der so entstandene Band überdies dazu beitragen, die oft verschwiegene, aber eben kaum zu unterschätzende Rolle zu verdeutlichen, die höchst subjektive Motive, Neigungen und Erfahrungen in unserer Disziplin — wie überall in den Geisteswissenschaften — spielen, so wäre das ein durchaus erwünschter Nebeneffekt in einer Zeit grassierender Fachsprachen und objektivierender Jargons. Persönlich und individuell verschieden sind auch die hier beschriebenen Wege zur Komparatistik. Kaum einer kann so ohne weiteres als typisch oder vorbildlich gelten. Dennoch zeigen sie auffällige Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten, die symptomatischen Charakter haben dürften und dem Band eine über Titel und Fragestellung hinausgehende innere Einheit verleihen. Dazu gehört, daß die Wege fast nirgendwo gradlinig, erst recht nicht planmäßig verlaufen, vielmehr von Zufällen und Unwägbarkeiten, von günstigen und widrigen Augenblicken bestimmt worden sind. Und wie sollte das anders sein in einem Fach, das als solches oft noch gar nicht existierte, als der Weg, der zu ihm hinführte, begann? Wenige wurden Komparatisten, weil sie das Fach als klar umrissene Wirklichkeit vor Augen hatten; aber alle hingen, so scheint es, von Anfang an einer Idee nach, in der die Disziplin als Möglichkeit, als Ahnung aufgehoben war. Vielleicht rührt nicht zum wenigsten daher die besonders enge Bindung an das Fach, die jeden einzelnen Beitrag zugleich zu einem Plädoyer für die Komparatistik werden läßt. Indessen liegt es keineswegs immer an solchen Verhältnissen, wenn die Wege schwierig, lang und umständlich waren. In vielen Fällen, besonders gilt das für die ältere Generation, haben übermächtige, meist düstere und bittere geschichtliche Erfahrungen mitgespielt: Faschismus, Emigration, Deportation und Zwangsarbeit, Krieg und Nachkrieg. Daß andererseits gerade sie dazu beitrugen, die Augen zu schärfen für Sinn und Wert der Literatur und der

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Beschäftigung mit ihr, ist wohl zu den bemerkenswertesten Einsichten zu zählen, die der Band vermittelt. Sind die Problematisierung der Literatur, das Mißtrauen in die Fiktionen, das Unbehagen am ästhetischen Schein, die wir aus der eigenen Gegenwart kennen, möglicherweise eher in Zeiten leiblicher Unversehrtheit, materiellen Wohlstandes und kulturellen Überflusses zuhause als in Notzeiten? Der Band legt jedenfalls an mehr als einer Stelle diese Vermutung nahe. Eine andere, durchaus nicht nur literarische Erfahrung ist zahlreichen Beiträgen gemeinsam — die der nationalstaatlichen, sprachlichen und kulturellen Grenzziehungen, die die europäische Geschichte zumal der vergangenen hundert Jahre geprägt haben. Viele Beiträger stammen aus Grenzländern, aus Gebieten sprachlicher und kultureller Überschneidung; viele sind mehrsprachig aufgewachsen, durch Herkunft und Milieu mit unterschiedlichen nationalen und geistigen Physiognomien vertraut, haben von klein auf sowohl die oft schmerzliche Wirklichkeit und Wirksamkeit als auch die Künstlichkeit und Relativität solcher Grenzen erlebt. Sie bringen mit, was andere sich erst durch mühsame Bildung haben erwerben müssen — etwas von jener urban-kosmopolitisdien Sensibilität, ohne die ein Fach nicht gedeihen kann, das wie die Komparatistik in scheinbarer Paradoxie von den Grenzen zwischen den Literaturen und Sprachen lebt und sie gleichwohl zu überwinden versucht. Wer ihn kennt, wird wissen, daß beinahe alles das mutatis mutandis für den Jubilar selbst gilt. Und wenn er auch seinen eigenen Weg aus den eingangs ausgeführten Gründen hier nicht selbst beschreiben konnte, so ist er doch auf diese vermittelt-hintergründige Weise zugegen. Da zudem etliche Beiträger Zeugnis davon geben, wie entscheidend er ihren Weg beeinflußt hat, und seiner in Form ausdrücklicher Apostrophen als Lehrer und Forscher, als Anreger und Freund gedenken, ist dieses Buch am Ende nicht nur eines f ü r Horst Rüdiger, sondern eben auch eines ü b e r ihn geworden. Bonn, im September 1983 Erwin Koppen Rüdiger von Tiedemann

A. OWEN ALDRIDGE Balancing Careers or Comparatism Triumphant Since I share Dr. Samuel Johnson's proclivity for "the biographical part of literature," I am delighted with the method of paying homage to Horst Rüdiger by the presentation of a group of miniautobiographies. The biographical part of literature has a legitimate place in the discipline of comparative literature since it may be extended to comprise many elements, including fiction and poetry as well as conventional real-life stories from cradle to grave. In recent years biography has, nevertheless, been neglected in literary studies in favor of concentration on individual texts, and it is true that the portrayal of parallel lives does not in itself advance the cause of comparative literature. One must not, however, overlook the contributions to biography by such pioneer comparatists as Georg Brandes, Jean-Marie Car^, and Gilbert Chinard. Historiographers influenced by Sir Lewis Namier have suggested that the writing of history in general is tantamount to the writing of collective biography, and literary history certainly cannot dispense with accounts of the intellectual development of authors. While biographical study as such has been on the decline in recent literary criticism, the structural analysis of autobiography has paradoxically greatly increased. While I applaud the recognition that self-portrayal represents a major literary genre, I regret that much of the criticism devoted to it is sterile or misleading. One of the least tenable views now being aired in reputable journals is that the protagonist of an autobiography is not the same psychological entity as the author. This notion, which was introduced during the hey-day of American New Criticism and remained dormant during subsequent decades, has perhaps been revived because of contemporary linguistic theories denying the power of any language to communicate objective truth. It should be obvious, however, that autobiography is a self-portrait or self-revelation, not the portrayal of a fictional person. The boundaries of genre clearly distinguish between an autobiography and an Ich-roman. When a writer says that he is presenting an account of his own life and character and does so under his own name, the first person pronoun which he uses does indeed refer to himself. Certainly the "I" in the present discourse refers to the historical A. Owen Aldridge, and the activities to be described belong to exactly the same individual who subscribes such mundane documents as income tax declarations with the same name. Challenge one, and you challenge the other. To be sure, one may cheat in both an income tax declaration and an autobiography, but there is no doubt concerning who the person is who does the cheating. Whether or not a reader or an auditor accepts at face value a declaration in prose or in financial figures, there is no

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question that both statements present information which a historical person wishes to be believed about himself. I should like to meet the tax collector willing to accept a metaphysical distinction between the author and the persona. A critic may legitimately inquire into the degree of misrepresentation or self-deception in an autobiography, but if he questions the common identity of the "I" and the author he is merely contributing to the great mass of contemporary critical obfuscation. Should one of these metaphysical critics object to the preceding statement let him ask whether he believes that it represents the honest opinion of the present writer. Should his answer be affirmative, he has lost his case. He has admitted the identity of author and subject. Should his answer be negative, his position will be invalid critically, although it may perhaps pass philosophically as a type of crude Pyrrhonism. The rules of the critical game still require that a statement be accepted as representing the opinion of the person who writes it, whether structuralist or literary historian. In looking back upon my own academic history from the perspective of the comparative study of literature, I am able clearly to discern a series of memorable turning points. Since some twentieth-century authors have labelled autobiographical peaks as epiphanies and a former president of the United States, Richard Nixon, equally esteemed in Europe and at home, has written about his six moments of crisis, I believe that professors of comparative literature are also entitled to record moments of decision along with places and times of watersheds. I shall, therefore, describe my own half dozen. Born in Buffalo, New York, I was blessed with a normal amount of wanderlust, which has remained with me to this day and has undoubtedly contributed to my desire to know as many literatures and cultures as possible. When it came time for selecting a college, I picked an institution as far away from home as my finances would permit. This turned out to be Indiana University. Before this time, I had never been in another state in the United States, although I had naturally crossed the border from Buffalo to Canada many times, and my mother had taken me on a trip to her birthplace in England when I was eleven years old. My earliest ambition was to become a teacher of history in a secondary school, but as the number of my college courses augmented, I realized that I had accumulated equivalent credits in history, French, and English. During my senior year I almost by chance signed up for two courses with the head of the French department at Indiana University, Bert Young, a Moliere scholar and superb teacher, who inspired me to read widely among the Romantics, entirely for pleasure and independent of class assignments. As a result, I absorbed in one stretch of two months most of the fiction of Chateaubriand and a long treatise in French on the influence of Byron in France. Without my realizing it, the latter was my introduction to the methodology of comparative literature. I thereupon decided to shift my major subject from history to literature, although not because of the comparative dimension. Since this was in the midst of the great depression of the 1930's, I chose to specialize in English since the changes of finding eventual employ-

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ment seemed more favorable with a degree in English than with one in a foreign language. This was my first important moment of decision. I began my graduate studies in the history, French, German, and English departments of the University of Georgia, where I obtained the M. A. degree. I then transferred to Duke University for work exclusively in English. While engaged in research for my dissertation on the sources of a minor eighteenthcentury poem, Mark Akenside's Pleasures of Imagination, I utilized without faculty direction the methodology of comparative literature, probing classical, French, Italian, and German texts. During the process I discovered the existence of La Revue de litterature comparee and other research tools bearing upon comparative literature. Since the academic world had not recovered from the depression as rapidly as the industrial system then being geared for World War II, I resolved to devote my energies to acquiring a second doctorate, one in comparative literature, and I even made a few tentative overtures toward the two or three universities in the United States which at that time offered programs in the discipline. This was my second decisive moment. I was diverted from my purpose of further graduate study only by the good fortune — or possibly the bad — of obtaining a teaching position at the University of Buffalo. Because of the exigencies of the war years, I taught during some semesters twenty-three hours a week. I was, nevertheless, able to take language courses in Italian and Russian and to keep up with my research activities. At this time I concentrated on Shaftesbury's Characteristics from the perspective of the history of ideas. A grant from the American Philosophical Society in aid of this research led to a friendship with Gilbert Chinard, a member of the Philosophical Society who represented literature in its official deliberations. Highly impressed by his publications in French-American literary relations, I almost immediately began to develop parallel interests of my own. This dedication to French-American relations represents my third moment of decision. I am at present a professor of French as well as comparative literature. During the academic year 1952—1953, I received a Fulbright grant to teach American literature at two French universities, Toulouse and ClermontFerrand. Reasoning that the optimum manner of exploiting my Francophile and comparatist proclivities to the maximum would be to pursue them jointly, I registered for the degree of Docteur de l'Universito de Paris in the institute of comparative literature, thereby fulfilling my earlier ambition for a doctorate in the discipline. While conversing one day with my thesis director, Charles Dideyan, I was introduced to Jean-Marie Car^, just prior to the latter's retirement. He asked a number of questions about my research and kindly promised, sight unseen, to publish one of my papers in the Revue de litterature comparee, and shortly after this interview the article appeared. This was one of the proudest moments of my life. I returned to Paris in 1955 to defend my thesis on Benjamin Franklin et ses contemporains jranqais, the publication of which represents the high point of my interests in French-American relationships, although I am still continuing to work in that area.

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Before my French sojourn, I had moved to the English department of the University of Maryland. At this institution, I discovered one of the pioneer programs of comparative literature in America, which had been established early in the 1940's by Adolf Zucker, a prominent scholar in Anglo-German relations who had lived in China and had written also on world literature and East-West relations. When he retired, I succeeded him as chairman of comparative literature without fully realizing the significance of the study of East-West relations to the discipline. I, nevertheless, continued to staff a popular undergraduate course on the literature of the Far East and to recommend it highly to students. At the historic second meeting of the International Comparative Literature Association in 1958, I greatly expanded my aquaintance with European colleagues and also realized for the first time that a division of opinion existed concerning the basic methodology of comparative literature. I consciously renewed my commitment to the principles of bio-biblio-based literary history and the history of ideas, which I shared with my mentor Chinard and former associates at the Sorbonne. This was my fourth significant moment of decision. I was not at the time convinced that the methods disparaged as Lansonism are deficient, and I still believe that more can be learned about literature through a historical approach than through shifting modes of esthetic interpretation. My first personal encounter with Horst Rüdiger took place at a later ICLA meeting in Belgrade. He and several other congress members, including my colleague Franyois Jost, regularly lunched on the terrace of a large and opulent restaurant neighboring the University where the sessions were held. On the final day of the congress, a wedding celebration was being held at this restaurant, and the habitues from the ICLA, consequently, extended their lunch break in order to enjoy the wedding music and dancing together with some of the finest native wines. I remember with extreme pleasure being seated next to the editor of Arcadia on this occasion and marveling at his wit, erudition, and social graces. When the journal Comparative Literature Studies was founded in 1963 at the University of Maryland, its editorial policy was announced as the featuring of literary history and the history of ideas. The establishing of this editorial policy I consider to be my fifth moment of decision. Despite the clearlydefined preference for literary history in the editorial policies of this journal, a much larger proportion of articles on criticism and theory has actually appeared in its pages. The reason for this paradoxical situation is that few scholars today undertake the writing of comparative literary history. There is no lack of publications concerning the theory of literary history, and historical studies of single national literatures proliferate, but books and articles devoted to the actual history of literature from a comparative perspective unfortunately remain in short supply. Comparative Literature Studies moved with me to the University of Illinois in 1967, the year during which the University of Illinois was celebrating its centennial. As part of the observance, Etiemble of the University of Paris

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was invited for two weeks to present a series of lectures. During this period, Francois Jost invited me to lunch with Etiemble at his home, an event which I look back upon as a kind of parallel to the luncheon with Horst Rüdiger at Belgrade. I have remained in steady contact with Etiemble and become one of his latter-day disciples, particularly in regard to his concept of universal literature, his effort to determine the invariables of literature, his opposition to the notion of elite or privileged literatures, his principle of activism, and his insistence on clarity and coherence in literary discourse. My recognition of the concept of universal literature as the future direction of the academic discipline now known as comparative literature represents my sixth moment of decision. My present involvement with East-West relations may be traced in a direct line from Zucker through Etiemble to a series of invitations to lecture in Japan, Taiwan, Hong Kong, and, most recently, Kuwait. These invitations have come in large measure because one of my former students at the University of Maryland, Shunzuke Kamei, became head of the department of comparative literature at the University of Tokyo. Meanwhile Claudio Guillen in the spring of 1971 suggested to one of his colleagues at the Univerity of California, Wai-lim Yip, that I be invited to speak at the First International Comparative Literature Conference held in the East, that is, at Tamkang College in Taipei, Taiwan. While en route to Taiwan, I spent a week in Tokyo with my former student Kamei, during the course of which his publisher recorded a dialogue between the two of us on the nature of comparative literature as it is practised in Japan and in the United States. As a result of the publication of this dialogue, a scholar from Nihon University, Masayuki Akiyama, came to the University of Illinois for a year's residence and study. As a consequence of this visit, I have been twice invited to serve as visiting professor of comparative literature at Nihon University. My lectures at Nihon have been published in Japanese translation in Japan, another of the peaks in my career. At present my original dedication to the literature of Augustan England is being rekindled by the publication in Erlangen, Germany, of the Standard Edition of the works of Lord Shaftesbury. This publication is in itself a remarkable tribute to comparative literature. I am still determined to retain the perspective of universal literature as it has been enunciated and promulgated by Etiemble. I believe that individuals may do valuable work in comparative literature on a minor scale by showing the relevance of a single phenomenon in one literature to a parallel phenomenon in another literature, but the discipline as a whole should cultivate a pervasive internationalism. The values of a comparatist may be ethical as well as esthetic and even at times social or political. Most important, however, is his dedication to the universal. While respecting tradition and local affinities, the comparatist rejects elitism and provincialism.

ROGER BAUER Lieber, sehr verehrter Herr Rüdiger! Wie und warum wurden Sie Literaturhistoriker? Das hat man midi, unter anderen Germanisten (nicht, noch nicht Komparatisten), schon einmal vor zwölf Jahren gefragt. Siegfried Unseld sammelte die Bekenntnisse für eine Festschrift zu Robert Minders siebzigster Geburtstagsfeier. Mir wurde schon damals die Antwort nicht ganz leicht, und das hat sich nicht geändert. Zu groß ist immer noch eine gewisse Scheu, an nicht sehr glückliche Umstände zu erinnern, die einen Zufall schufen, der keiner war. Außerdem steht eine neuerliche Beantwortung den Gesetzen unserer Zunft entgegen, sich nicht zu wiederholen. Jenes erste Bekenntnis, damals, wurde mir durch meines Landsmannes Robert Minder Jugenderinnerungen erleichtert. Eine Generation vor mir war dennoch sein Weg zum Literaturgelehrten dem meinen sehr ähnlich, mögen die Umstände 1918 auch verheißungsvoller gewesen sein als 1939. In unserer elsässischen Heimat, die wir beide kritisch und sentimental liebten, war weder eine auf sich beschränkte Germanistik noch ein Studium ausschließlich französischer Literatur möglich. Die doppelbödige Kultur legte uns ihre Verpflichtungen auf! Ich begann mein Studium in Straßburg, setzte es in Paris fort, und war — als junger ,agr£ge d'allemand' — seit 1948 mit großem Eifer Gastdozent und bald Gastprofessor für französische Literatur an mehreren deutschen Universitäten (vom Münsteraner Norden kommend). Ich denke hier dankbar an Herrn Knauer, Herrn Lausberg und Herrn Lennartz, den damaligen Rektor in Münster, und an Fritz Schalk, unseren engen Freund in Köln, sowie an Harri Meier in Bonn ... In Münster begann ich auch an meinen germanistischen , theses d'Etat' zu arbeiten: die Voraussetzung für die — spätere — Wahl und Ernennung zum .Professeur de langue et litteVature allemandes' in Straßburg. Und das österreichische Theater mit seinen Querverbindungen nach Spanien, Italien und Frankreich — von ihm handelte eine dieser ,theses' — bestärkte die Einsicht, daß keine nationale Literaturgeschichtsschreibung möglich ist, ohne die vielen Einflüsse, Anregungen, Rezeptionen etc. zu berücksichtigen. Die etwas diffuse Fachbezeichnung Komparatistik erfuhr so allmählich eine gewisse Präzision und weise Beschränkung ... A posteriori und in Augenblicken persönlicher Unbescheidenheit möchte ich meine zweisprachige Erziehung und Bildung in Elternhaus und Schule als glücklichen Umstand bezeichnen, der einen dem Vergleich geneigt macht: Ich erinnere außer an Robert Minder aus Wasselnheim auch noch an Ernst Robert Curtius aus Thann und an den universal gebildeten Albert Schweitzer aus Kaysersberg... Wenn man aber die Genugtuung über seinen zufälligen Geburtsort etwas reduziert und die Gegebenheiten der geographischen Lage näher betrachtet, kommt man zu einem nüchterneren und wohl richtigeren

Roger Bauer

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Urteil. Die Bewohner der elsässisdien, schweizerischen und anderer Randgebiete haben nicht nur das Privileg der Zwei- oder Mehrsprachigkeit: Bei ihnen blieb, vielleicht dank ihrer Provinzialität und Marginalität und dem Mißtrauen vor allem Fremden, wie in einem Reservat erhalten, was in den großen Zeiten der europäischen Literatur die Norm war. (Eine ähnliche Funktion, wenn auch unter anderen Voraussetzungen, erfüllen heute noch die wirklich kosmopolitischen Großstädte.) Kein großer Dichter, kein großer Kritiker war je der Gefangene seiner einen Muttersprache und seines engsten Kulturkreises. Nicht die nationale Isolierung, die Inzucht und die Idealisierung des Eigenen — ein Erbe des XIX. Jahrhunderts — war die Regel und setzte die Wertungsmaßstäbe, sondern das Gegenteil: die kosmopolitische Offenheit! Für die Altphilologen oder Mediävisten sind das Selbstverständlichkeiten! Im Bereich der modernen Nationalliteraturen hingegen beschwert uns immer noch dieses Erbe, und unsere Studenten, erzogen im selben Geiste, haben damit ihre unverdienten Schwierigkeiten. Eine ähnliche Gefahr bedeutet eine Wissenschaft, die sich als Objekt eine desinkarnierte, aus dem lebendigen, d. h. historischen Kontext gerissene Literatur zurechtmacht, sie zu einem bloßen in sich geschlossenen System von Zeichensystemen reduziert... Vielleicht erwächst aber gerade aus dieser Situation eine unverhoffte Legitimierung unseres Faches: Dem Komparatisten fiele füglich heute die Hauptaufgabe zu, immer dann an die übernationale Dimension der Literatur zu erinnern, wenn sie in den nationalen Philologien, aus welchen Gründen auch immer, außer Sicht zu geraten droht. Dies setzt aber einen sehr engen Kontakt mit diesen Philologien und ihren Vertretern voraus — zumindest implizit, potentiell sind sie ja alle Komparatisten! Die Robert-Minder-Festschrift wurde unter dem frei nach Schiller gefaßten Titel Wie, warum und zu welchem Ende wurde ich Literaturhistoriker publiziert. Aus einem für mich glücklichen Zufall fehlte im Einladungsbrief zur Mitarbeit der Passus zu welchem Ende. Eine Antwort auf diese Frage wäre mir schwergefallen: ihrer Indiskretion wegen, und weil ein apriorisch gesetztes Ziel oder Ende den Forscher in unserem Fach nur in die Irre führen kann. Ein Literaturhistoriker darf sich allenfalls von Arbeitshypothesen mit heuristischer Funktion leiten lassen, nie aber die Flexibilität verlieren. Ihm ist nur erlaubt, der Literatur zu dienen, behutsam die Texte zu deuten, zu werten, einzuordnen. Hat er Glück, so kann er seine Studenten von der Brauchbarkeit seines demütigen Verfahrens überzeugen und sie zu seinen Schülern machen. Lieber Herr Rüdiger, ich verehrte Robert Minder als meinen Lehrer und Landsmann, als den Vertrauten meiner frühen, manchmal recht harten Lebenssituation, die mich auf gewundenen Wegen zur Germanistik u n d Komparatistik führte. Ich verehre auch Sie — den kosmopolitischen Gelehrten, den umsichtigen und vorsichtigen Anwalt unseres Faches, das ihm in diesem Lande so viel verdankt. Mit ergebenem Dank für jede Freundlichkeit, für alle Anregungen und Gastfreundschaft Ihr Roger Bauer.

MANFRED BELLER

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Die Literaturwissenschaft ist eine sehr anspruchsvolle Beschäftigung des menschlichen Spieltriebs. Als ich, schon drei verbummelte Semester alt, zum ersten Mal den Hörsaal Nummer vier der Johannes-Gutenberg-Universität zu Mainz betrat, habe ich das noch nicht gewußt. Vom Katheder herab hatte ich bis dahin kaum das mea res agitur vernommen. Anfangs hatte ich brav soviel wie möglich mitzuschreiben versucht, allmählich beschränkte ich mich auf Stichworte, dann hörte ich nur noch zu und schließlich war ich zu der Meinung gelangt, daß ich das alles besser aus den Büchern selbst erfahren könne. In jenem Hörsaal Nummer vier sagte nun ein Professor, daß es nicht darauf ankomme, alle Bücher zu lesen, was ohnehin unmöglich sei, sondern die richtigen, nämlich einige wenige Hauptbücher. Sein Vorschlag ging im Rahmen der Vorlesung über „Die Wiederentdeckung der antiken Literatur zur Zeit der Renaissance" von Vergil zu Dante und Petrarca, Erasmus und Vico, Winckelmann und Goethe, des weiteren zu den Büchern von Johan Huizinga, Homo Ludens, und Ernst Robert Curtius, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. Letzteres las ich dann zuerst und begegnete im Werk des Romanisten jener lateinischen Kulturtradition, deren allmählich abflachende Ausläufer noch in meine Schulbildung hineingewirkt hatten. Hier konnte ich anknüpfen, und dabei blieb es dann. Selbstverständlich war ich dadurch noch kein Vergleichender Literaturwissenschaftler' geworden, falls sich diese Spezies überhaupt einer akademischen Klassifizierung anbequemen sollte. Aber zwischen den fertig begehbaren Fachstraßen gab es also auch Wege, die, auf alte Tradition verweisend, zur Spurensuche einluden und gleichwohl für neue literaturwissenschaftliche Antworten offenstanden. Obendrein kam der Stil jener Vorlesungen ohne metasprachlichen Aufwand aus. Man verstand zum Beispiel die konkrete Beziehung zwischen der klassischen und der neuzeitlichen Hirtendichtung, auch zwischen alter Epik und neuer Romankunst oder zwischen den Dramen auf dem Spielplan der städtischen Bühnen und der an Variationen reichen Geschichte ihrer Titelgestalten wie Odysseus, Philemon und Baucis, Antigone, Don Juan und Faust. Den

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Höhepunkt bildete ein Seminar über „Goethes Divan als Vorstufe der Weltliteratur-Idee" im Wintersemester 1961/62. Es wurde zu einer Einführung in die Kunst des komparatistischen Interpretierens: zu einer Synthese, die alles, was Nord und West und Süd — und Ost an poetischen Bildern, Motiven und Themen bieten, in den Dienst der philologischen Erkenntnis stellte. Die Einbeziehung der Noten und Abhandlungen ergab den von Goethe vorgezeichneten Brückenschlag vom Historischen zum Allgemeinen, zu den Kategorien von „Form, Stoff und Gehalt", von seinem Versuch einer Vergleichung der Prosa Jean Paul Richters mit der Bilderwelt der orientalischen Poesie zu den Naturformen der Dichtung. Bereitwillig ließ ich mich zur ersten meiner unveröffentlichten Ideen verführen: einem alle Umfangsvorschriften sprengenden Referat über die Entwicklung des Begriffes ,Weltliteratur' aus Goethes Dichtung und Leben, wobei mir der Exkurs einer Rekonstruktion der Unterhaltungen Goethes mit der höchst interessierten und gleichermaßen aufdringlichen Mme de Stael bei ihrem Besuch in Weimar im Winter 1803/04, also eines der historischen Erlebnismomente der litterature comparee, die meiste Freude bereitet hat. Dem Hochkommissar und Botschafter der französischen Republik, Andri Francois-Poncet, verdanken wir die Stiftung des ersten deutschen Lehrstuhls für Vergleichende Literaturwissenschaft an der nach dem Zweiten Weltkrieg neugegründeten Mainzer Universität. Aus dem Hörsaal Nummer vier in dem unter französischer Militärverwaltung errichteten Gebäude ist inzwischen ein Büro der Universitätsliegenschaftsverwaltung geworden. Mag sein, daß das auch besser zu der seinerzeit von deutschen Kriegsgefangenen gemauerten, spitzgiebeligen Kasernenarchitektur paßt. Meine ehemalige Philosophische Fakultät hat längst einen flachbedachten Neubau vom Typus der innenhofbewußten Schachtelstrukturen bezogen. Aber noch ehe der Reformbeton hochgewachsen war, der die neugestaltete deutsche Universitätslandschaft allenthalben sowohl vergleich- als auch verwechselbar gemacht hat, hatte es mich glücklich nach Bonn in das ehemalige Schloß der Kölner Kurfürsten verschlagen, wo Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft eine Institutsehe eingegangen waren. In Bonn konnte man mit einem Blick vom Hofgarten aus die kurfürstliche Fensterfront des Liebfrauen- (heutigen Regina Pacis-)Weges entlang, beginnend beim Kunsthistorischen Institut, das ganze Fächerregister vom Englischen, Germanistischen, Romanischen, Philologischen, Slavistischen bis zum Indologischen, Japanologischen, Orientalischen und Sinologischen Seminar beim Koblenzer Tor erfassen. Was diese imponierende Galerie im Innern bewegt, lernte ich durch die Redaktion von arcadia — Zeitschrift für Vergleichende Literaturwissenschaft kennen. Dann begann ich mit dem Studium noch einmal von vorne, und zwar bei der Vorbereitung der eigenen Einführungen und Proseminare. Auch zog es die philologische Fachwelt aus aller Herren Ländern zu zahlreichen Tagungen und Vorträgen in die Bonner Hörsäle, wo man dabeisein, lernen und mitmachen konnte. In solcher Umgebung wurde das Vergleichen zur Gewohnheit, nicht nur als ein allen wissenschaftlichen Erkenntnisprozessen gemeinsames Verfahren, sondern auch bei der Erforschung spezifischer humanistischer Traditionen und poetologischer Kategorien, bei der Theorie und Praxis des Über2 arcadia Sonderheft

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setzens, bei der Behandlung literarischer Einflüsse, Strömungen und überregionaler Epochenstile. Aus dem Dialog zwischen den Disziplinen ergab sich die Komparatistik als eine historische Wissenschaft aus eigenem Recht nach dem Vorbild jener kulturellen Einheit, die für die Gemeinschaft der Gelehrten bis zum Ausgang des XVIII. Jahrhunderts, also vor der Zeit der babylonischen Nationenverwirrung, selbstverständlich gewesen war. In den mit Zukunftsgedanken spielenden späten sechziger und frühen siebziger Jahren haben als erste die Studenten den praktischen Vorschlag entwickelt, die Komparatistik zu einem Bestandteil des germanistischen Staatsexamens zu machen. Sollte man nicht einfach neben die ältere und neuere Germanistik als dritte Säule des Studiums die vergleichende Behandlung der Weltliteratur stellen? Der Gedanke beflügelte die Phantasie und gab Gesprächsstoff für lange Spazierwege des Oberseminars in die Bonner Rheinlandschaft, einmal auch zum Rolandsbogen hinauf. Einhundertfünfzig Jahre früher sind dort Heine die Gelegenheitsverse auf den kranken Ritter eingefallen, die er für seinen Studienfreund Fritz von Beughem auf eine Ansichtskarte des Klosters Nonnenwerth notiert hat. Dem gleichen Freund hat er damals seine Verehrung für August Wilhelm Schlegel gestanden, den er später in der Romantischen Schule wegen der Verschiebung der historischen Perspektive beim Vergleichen, weil Schlegel jeweils die Gegenwart mit dem Maßstabe der Vergangenheit gemessen habe, ironisch scharf getadelt hat. Aber dieser Einspruch gegen die romantische Altertümelei war zunächst einmal für das französische Publikum bestimmt, und deshalb war es Heine weniger um die alte Querelle des anciens et des modernes als um die Korrektur von Mme de Staels De l'Allemagne durch ein zeitgemäßeres Bild von der deutschen literarischen Kultur gegangen. Das war damals schon ein Angebot zum Paradigmawechsel gewesen. Während aber die auf die nationalhistorische Sehweise festgelegten philologischen Disziplinen anderthalb Jahrhunderte lang die Literaturgeschichte geschrieben haben, ist die wissenschaftliche Bemühung um den interliterarischen Ausgleich im Rahmen der gemeineuropäischen Kulturepochen weitgehend Postulat geblieben. Glücklicherweise sind die Dichter sehr viel bessere Kosmopoliten als die Wissenschaften von der Dichtung. Allerdings muß man der Tatsache Rechnung tragen, daß die verschiedenen Völker und Sprachgemeinschaften stets um die Wahrung ihrer Identität bemüht sind. Hat nicht die von Goethe noch im hohen Alter begrüßte wirtschaftliche und verkehrstechnische Kommunikation paradoxerweise gerade im Zeitalter der Nivellierung der Massen zu scheinbar unzeitgemäßen, nur mehr ethnopsychologisch erklärbaren, neuen .Grenzen' und Autonomieansprüchen auf dem Spielfeld der Kultur geführt? Der gebührende Respekt vor dem Einzelnen mit dem Blick auf den kosmopolitischen Zusammenhang bleibt die Aufgabe einer komparatistischen Zukunftswissenschaft. Die andere von Goethe gewünschte, reisefreudige gesellschaftliche Wirkung, bei der die lebendigen und strebenden Literaturen einander kennenlernen, ist längst zur Regel geworden. Und also fuhr auch ich zu Kongressen. Am Anfang stehen die Reiseerlebnisse, und dann hat man unvermutet komplizierte, diplomatische Begegnungen zu bestehen, bei denen sich ein längst gehörter, gelesener,

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wohl gar schon rezensierter Name plötzlich mit einem Gesicht verbindet. Wer da als Komparatist auftritt, der beherrscht natürlich die paar europäischen Dialekte. Nur begegnet man häufig ausgerechnet den Leuten, die davon ausgehen, daß man ihren angeborenen Dialekt beherrsche, der aber zufällig gerade zu denjenigen gehört, die man nicht beherrscht; denn die übrigen beherrscht man natürlich. Fehlt es auch bisweilen am Verstehen, so bemüht sich doch ein jeder um Verständigung, und die gelingt dann auch. Gewiß hört jedermann gerne sich selbst reden, und also reden auf Kongressen alle, möglichst parallel, gleichzeitig und in den meisten Fällen aneinander vorbei. (Hier irrte Goethe.) Trotzdem ärgert es mich, wenn die Veranstalter schon im voraus alles photound xerokopiert, geheftet und gestanzt beisammen haben wollen. Aus lauter Sorge um die ,Ergebnissec handeln sie sich Schreibtischkonserven ein. Wo bleibt da der Spaß, das Risiko, der Irrtum meinetwegen? Zu Recht gehört der Applaus den freien Rednern, der Auseinandersetzung im rhetorischen Akt. Das Wichtigste ist doch, daß man miteinander spricht, auch auf der Treppe, im Wandelgang, bei der Exkursion im Omnibus und am besten bei gutem Essen und Trinken. Gastlichkeit trägt bestimmt mehr zur Verständigung zwischen den Einzelnen und ganzen Völkern bei als alles Studieren und Reden. Es gehört zum guten Stil der Komparatisten, in der Vielfalt durch solcherart gesellige Vergleichung Einheit zu stiften. Die Suche nach der ,Welt' beginnt beim anderen Land. Ich hatte mir das als eine zusätzliche Erfahrung gedacht, die meine immer noch akademisch befangene Schreibtischperspektive durch die lebendige Gegenwart romanischer Sprache und Kultur öffnen und erweitern sollte. Es wurde jedoch ein unerwartet dauerhafter Versuch daraus; denn abermals bot die Germanistik eine willkommene Heimstatt. Hier in Italien folgte nun auf die postmilitärische, reformorientierte und exkurfürstliche Architektur der karneolfarbene Klassizismus der Alma Mater Ticinensis. Mittelalterliche, humanistische und josephmisch aufgeklärte Tradition halten in Pavia an einer Universitas litterarum fest, die erst durch den Massenandrang der Studenten im vergangenen Jahrzehnt zu zersplittern droht. Die institutionell marmorfest verankerten Fächergrenzen hindern freilich niemanden, sei es als Erbe des ästhetischen Kritizismus oder gemäß neueren strukturalistischen, sozialgeschichtlichen und auch interdisziplinären Modellen, seinem Fach einen allgemeinliteraturwissenschaftlichen Anstrich zu geben. Außerdem trägt die italienische germanistische Literaturwissenschaft ein auf Wechselseitigkeit eingestelltes und zur vergleichenden Perspektive geneigtes Herz in der Brust. In der Tat ergibt sich eine anregende Spannung aus dem Studium und Unterricht einer Sprache und ihrer Literatur in anderssprachlicher Umgebung. Dabei geht nämlich aller Theorie die in jedem Gedanken steckende und mit jedem ausgesprochenen Wort zu vertretende Auseinandersetzung mit der anderen Art zu denken und zu leben voraus. An die Stelle der akademischen Rechtfertigungstendenz zwischen den Nationalphilologien tritt ganz von selbst die vergleichende Praxis im Rahmen der übergeordneten Kultur. Das geht nicht reibungslos vonstatten, vielmehr gehört die Reibung dazu wie das knisternde Funkensprühen zwischen Stromabnehmer und energiespendender

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Oberleitung. Um Kurzschlüsse zu vermeiden, bedarf es eines gewissen Spielraums zwischen Kontakt und Feindistanz: Eben das heißt komparatistisch leben. Dieses spielerische Element erweist die Vergleichende Literaturwissenschaft als eine Kunst. Ihr gegenwärtiges deutsches Hauptbeispiel ist eben jenes die klassische Antike und die humanistische Tradition in der italienischen und der deutschen Literatur umspannende Lebenskunstwerk Horst Rüdigers, dem meine Überlegungen ihren Ursprung verdanken. Der Sinn für das Spielerische ist aus der Literatur und ihrer Wissenschaft so wenig wegzudenken wie aus der Vergleichung der Kulturen, der Sprachen und der Wechselwirkung ihrer Zeichensysteme im historischen Kontext. So ist vergleichshalber die Übertragung der Zeichen und Buchstaben in Lettern für den Setzer eine anstrengende Arbeit, für den Büchermacher (meistens) ein Geschäft, für die Schreibenden von allerart Texten der Drang oder der Zwang, einem möglichen Leser etwas mitzuteilen, für den Wissenschaftler ein Spiel nach akademischen Regeln und für den Dichter (vielleicht) der Sinn der W e l t . . .

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Auch ein Weg (bzw. Umweg) zur Komparatistik Wenn es inzwischen schon als durchaus normal empfunden wird, daß die Komparatistik in der europäischen Universitätswelt des XX. Jahrhunderts eine völlig ungewöhnliche Stellung einnimmt, die sich u. a. dadurch auszeichnet, daß — abgesehen von Frankreich — die meisten Institute und Professuren durch irgendwelche Zwischenfälle oder Ausnahmeregelungen zustande gekommen sind, dann ist es auch kaum verwunderlich, daß die wenigen, die ihre akademische Laufbahn diesem Fach als einer selbständigen Disziplin gewidmet haben, nicht selten auch auf eine ungewöhnliche Weise zu ihrem Beruf und ,Schicksal' gelangten. So war es auch in meinem persönlichen Fall alles andere als eine übliche Fach- bzw. Berufswahl; und obwohl das, was hier folgt, eher ein wissenschaftliches Selbstbekenntnis als ein Kapitel Autobiographie sein soll, werde ich nicht umhin können, bei der Beantwortung der Frage nach dem Wie und Warum meiner Entscheidung, Komparatist zu werden, auf einige ganz konkrete äußere Aspekte meines frühen Lebenslaufs einzugehen. Streng genommen könnte ich natürlich auch mit vollem Recht erklären, daß das komparatistische Interesse in meinem Fall schon bis in die Schulzeit zurückreicht und daß dies mit der damaligen Ausrichtung des Unterrichtsprogramms an den Höheren Schulen Belgiens im allgemeinen und Flanderns im besonderen zusammenhing. In dem — den damaligen Verhältnissen entsprechend — bereits stark niederländischsprachigen Kontext empfand ich in der Tat ein fast gleiches Interesse sowohl für französische als auch für deutsche Literatur, und zwar so prononciert, daß diese international ausgerichtete Hingabe an Literatur, kombiniert mit meinem sehr frühen Interesse für Philosophie, spätestens zwei Jahre vor Schulabschluß auch meine beruflichen Wunschvorstellungen prägte. Wenn es jedoch nicht auch ein paar ausgesprochen außergewöhnliche äußere Umstände gegeben hätte, so wäre daraus bestimmt niemals Komparatistik, geschweige eine akademische Laufbahn geworden. In Belgien war ein gleichzeitiges Studium der französischen und deutschen Literatur nicht möglich, da man entweder Germanist (damals noch mit der Dreifächerkombination Niederländisch, Deutsch, Englisch) oder Romanist (mit dominierendem Schwerpunkt Französisch) werden konnte. Da aber eine Entscheidung für eine dieser Studienrichtungen fast unweigerlich zum Lehrerberuf führte und ich schon sehr früh den festen Entschluß gefaßt hatte, auf keinen Fall in den Schuldienst zu gehen, wurde die Liebe zur Literatur in den Bereich der Liebhaberei verdrängt. Auf diese Weise kam es zur Entscheidung für ein Studium der Philosophie, wobei ich mich ohne weiteres damit abfand, daß dies dann ja wohl durch ein eigentliches Brotstudium ergänzt werden mußte, über dessen Charakter ich mir

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allerdings überhaupt noch nicht im klaren war. — So sollte es zuguterletzt fast ausschließlich einer Kette von Zufällen und wirklich ungewöhnlichen Umständen zuzuschreiben sein, daß ich allmählich auf einen Weg geriet, der in eine komparatistische akademische Laufbahn mündete. Angefangen hat dies alles damit, daß ich als frischgebackener bzw. angehender belgischer Student der Philosophie auf einer für die damalige unmittelbare Nachkriegszeit recht ungewöhnlichen Reise durch das zerstörte Deutschland zu Beginn des akademischen Jahres 1945/46 infolge eines heute fast grotesk anmutenden Zufalls in Marburg an der Lahn mit Universitätsangehörigen in Berührung kam und daraufhin den für jene Zeit zumindest sehr ungewöhnlichen Entschluß faßte, an der dortigen Universität — trotz der unerfreulichen deutschen Nachkriegsverhältnisse — ein paar Semester Philosophie zu studieren, womit natürlich zugleich die schwere Entscheidung zwischen Neigung einerseits und Zwang zum Brotstudium andererseits um mindestens ein Jahr aufgeschoben wurde. Und als ich dann ebenso zufällig im Frühjahr 1946 einen Marburger Romanistikprofessor kennenlernte, der mir den geradezu atemberaubenden Vorschlag machte, den damals an der Philipps-Universität fehlenden französischen Lektor für ein Semester teilweise zu vertreten, wurde tatsächlich schon so etwas wie ein Grundstein gelegt für das, was später kommen sollte. Erst Jahre später erfuhr ich, daß nur noch ein anderer Komparatist (nämlich Jean-Marie Carre in Halle an der Saale, und zwar vor dem Ersten Weltkrieg) eine derartige Lehrtätigkeit in noch jugendlicherem Alter ausgeübt hatte. Sie brachte mich genauso unerwartet mit ganz spezifischen Aspekten der französisch-deutschen kulturellen Konfrontation der jüngeren und jüngsten Vergangenheit in Berührung, von denen ich schon kurze Zeit danach erfahren sollte, daß es für ihre Erforschung auch einen eigenen Namen gab: Litt rature Comparae. Zur Folge hatte dieses Abenteuer verständlicherweise zunächst einmal, daß ich mich ohne langes Zögern dazu entschloß, vorerst nicht an die Universität Gent heimzukehren, sondern vorläufig in Marburg zu bleiben und mir mein dortiges Studium im belgischen curriculum zumindest teilweise anrechnen zu lassen bzw. es für Prüfungen vor dem belgischen ,jury central' als Ausgangsbasis zu benutzen. Und als sich dann noch vor dem Wintersemester 1946/47 zeigte, daß die teilweise Lektoratsvertretung auch noch zu einer umfassenderen und längeren Beauftragung ausgedehnt werden würde, schien mir der Entschluß, zumindest vier Semester in Marburg zu studieren (was der Studiendauer der belgischen Kandidatenausbildung entsprach) oder gar einen ersten Studienabschluß an der Philipps-Universität anzustreben, völlig auf der Hand zu liegen. Marburg war damals trotz der Nachwirkung von .Drittem Reich', Krieg und Zusammenbruch ein bedeutendes Zentrum für das Studium der Philosophie geblieben; und obwohl Julius Ebbinghaus in jener Zeit des allgemeinen Neuanfangs ausgehend von Kant mehr Staats- und Rechtsphilosophie anbot als traditionelle Themen aus Geschichte und Systematik des philosophischen Denkens, so kam man als Student für das Gesamtgebiet des Faches im großen und

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ganzen doch auf seine Kosten. Dies wurde u. a. auch durch die Vorlesungen der außerplanmäßigen Professoren Klaus Reich und Maria Dorer garantiert sowie durch eine Reihe von philosophisch ausgerichteten Lehrveranstaltungen anderer Fachgebiete, an denen man — der Freiheit des deutschen Universitätssystems entsprechend — ohne weiteres teilnehmen konnte, auch wenn sie in anderen Fakultäten durchgeführt wurden. Außerdem gab es im Marburger Angebot des geisteswissenschaftlichen Studiums auch die Besonderheit der Kombinationsmöglichkeit von Philosophie mit einem auf einer weltweit bekannten Marburger Tradition fußenden Studiengang der Vergleichenden Religionswissenschaft, einem Fach, dem — aus Gründen, auf die ich hier nicht näher einzugehen brauche — bereits vor dem Abitur ein Großteil meines jugendlichen Interesses gegolten hatte und das ich nun fleißig bei Friedrich Heiler und Heinrich Frick betreiben konnte. Um die Frage, mit der jeder deutsche Student von Anfang an konfrontiert wurde, nämlich die Wahl der Nebenfächer, hatte ich mich als Ausländer, der sich im Grunde genommen lediglich auf einer längeren Durchreise fühlte, zunächst nicht gekümmert. Aber auch in dieser Hinsicht sollte meine Tätigkeit als stellvertretender französischer Lektor bald eine Änderung herbeiführen: Ganz von selber boten sich Germanistik und Romanistik dafür an. Daß ich überhaupt in der Lage war, das Amt eines französischen Lektors an einer deutschen Universität auszuüben, war genau genommen ebenfalls ungewöhnlich, denn schließlich war ich kein Franzose, sondern Belgier, und dazu noch ein Belgier westflämischer Herkunft, dessen Erstsprache also „Niederländisch" war. Tatsächlich hatte ich es nur einer besonderen Familienkonstellation zu verdanken, daß ich das Französische überhaupt noch in einer Weise beherrschte, die an die Zeiten erinnerte, da in Flandern sehr viel französisch gesprochen wurde und die prominenten Vertreter des flämischen Geisteslebens sich vorwiegend der französischen Sprache bedienten. Also ergab sich auch hier aus einem nicht ganz üblichen (wenngleich typisch belgischen) persönlichen Geschick in einer recht ungewöhnlichen Lage einiges, was sich erst später günstig auf die Entwicklung zum Komparatisten auswirken sollte. Nicht zuletzt aber war meine Herkunft aus Flandern — d. h. einem Berührungsgebiet von Romania und Germania, das in der europäischen Kultur so oft eine Vermittlerrolle gespielt hatte — ein Faktor, der sich für die Mittlertätigkeit eines französischen Lektors an einer deutschen Universität sehr gut verwerten ließ, zumal sie auch so etwas wie kulturpolitische Neutralität garantieren konnte. Schließlich war die Aufgabe eines Lektors ja nicht nur sprachlicher Art: Sowohl in den Kursen als auch in privaten Zusammenkünften mit Studenten wurden zum Teil leidenschaftlich engagierte Diskussionen über Gestalten wie Romain Rolland und Giraudoux, Vercors und Saint-Exupdry und natürlich auch Sartre und Camus geführt. — Und die deutsche Studentengeneration jener Jahre war die aufgeschlossenste, die es seit vielen Generationen gegeben hatte. So begann ich allmählich, dieser Tätigkeit sogar mehr Gewicht beizumessen als meinem eigentlichen Studium, wobei ich mir eben in steigendem Maße der großen Möglichkeiten einer Beschäftigung mit der deutsch-französischen Kulturbegegnung bewußt wurde. Daß ich dabei auch noch eine offizielle Unterstützung

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seitens der französischen Behörden erfuhr (damals von der französischen Besatzungszone jenseits des Rheines aus), sollte mich erst recht in der wachsenden Überzeugung stärken, hier auf einem interessanten und auch wissenschaftlich vielversprechenden Weg zu sein. — Auch sollte es nicht lange dauern, bis ich mich in dieser Funktion von großen Vorbildern inspirieren ließ: Albert Beguin, Denis de Rougemont, Albert-Marie Schmidt usw. Und als französischer Lektor fand ich sogar den Mut, auch außerhalb der Universität in Vorträgen über Gegenstände aus meiner deutsch-französischen Vermittlertätigkeit zu berichten: Meine ersten öffentlichen Vorträge in deutscher Sprache hielt ich bereits 1949/50 im Marburger Amerika-Haus, und später wurde ich von anderen Amerika-Häusern zu Vortragsreisen eingeladen, die mich quer durch Westdeutschland von Bremerhaven bis Regensburg führten. In dieser Marburger Zeit erfolgte dann allerdings das weitere entscheidende Erlebnis auf meinem Weg zur Komparatistik erst durch die Begegnung mit dem gerade aus der englischen Emigration zurückgekehrten Werner Milch. Angekündigt war er mir vorher von Franz Borkenau, der während der ersten Nachkriegsjahre in der amerikanischen Militärregierung eine Art Aufsichtsoder Beraterfunktion für Angelegenheiten der Marburger Universität ausübte und mit dem ich als Staatsangehöriger eines westlichen Landes ohnehin wegen Aufenthaltsgenehmigungen und ähnlichen Formalitäten zu tun gehabt hatte. Borkenau, der ursprünglich am Frankfurter Institut für Sozialforschung bei Horkheimer und Adorno gearbeitet hatte und sich dann nach der Emigration im spanischen Bürgerkrieg auf republikanischer Seite engagierte, um schließlich den Zweiten Weltkrieg in England zu überstehen, war offenbar auch an der Vorbereitung von Milchs Rückkehr und an dessen Entscheidung für die Universität Marburg beteiligt gewesen. Außerdem lag ihm ganz offensichtlich daran, im Sinne einer Öffnung der deutschen Universitäten nach dem westlichen Ausland gerade einem komparatistischen Wirken Milchs den Boden zu bereiten — was er übrigens auch in den Lehrveranstaltungen tat, die er gleichzeitig als außerplanmäßiger Professor an der Universität abhielt und an denen ich vorübergehend ebenfalls teilnahm. So ließ er in den Gesprächen mit mir auch keine Gelegenheit vorbeigehen, mich auf die Bedeutung des Studiums der internationalen und intellektuellen Beziehungen hinzuweisen bzw. mir deutlich zu machen, daß dies gerade auch für einen Studenten mit meinem Hintergrund und meiner Herkunft aus einem ,Überschneidungsgebiet' wie dem belgischen Raum ergiebiger sein würde als ein auf Kant konzentriertes Studium der Philosophie. Und im Gefolge dieser Vorbereitung kam schließlich Werner Milch, der mich in der Tat recht bald unter seine Fittiche nahm und mir eines Tages klipp und klar erklärte, ich sei geradezu der ,geborene Komparatist' und solle ruhig auch eine entsprechende akademische Laufbahn anstreben. Dies alles — kombiniert mit einer gehörigen Dosis an jugendlichem Selbstvertrauen und der ebenfalls noch recht unausgereiften Überzeugung, daß sich aus dieser Komparatistik einmal wichtigere als ,nur' literarische Tätigkeiten ergeben würden — drückte schließlich endgültig seinen Stempel auf meine Marburger Zeit und somit auch auf mein in der Folgezeit immer als europäisch empfundenes wissenschaftliches Engagement.

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Später habe ich öfter gedacht, die Aussage, die Ortega y Gasset über seine eigene in ähnlich jugendlichem Alter in Marburg verbrachte Zeit gemacht hatte (En esta ciudad he pasado yo el equinoccio de mi juventud; a ella debo la mitad, for los menos, de mis esperanzas y casi toda mi disciplina), auch auf mich selber beziehen zu können. Rückwirkend sollte die Fülle an Ereignissen, die midi schließlich unter dem Einfluß Werner Milchs dazu brachte, mein Marburger Studium ganz im Zeichen einer Akzentsetzung zugunsten einer Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft zu einem möglichst raschen Abschluß zu bringen, allerdings gelegentlich doch eher als eine Art Rausch erscheinen, in dem ich mich auch der Gefahr aussetzte, die berufliche und auch wissenschaftliche Realität eines ,normalen' Werdegangs aus den Augen zu verlieren. — Aber Komparatistik erschien nun einmal als das vielversprechende Fach der Zukunft, das möglicherweise sogar einen entscheidenden Einfluß auf die zukünftige Entwicklung Europas würde ausüben können. Und auch eine Publikation wie Carres Les ecrivains jranqais et le mirage allemand trug zu dieser Stimmung das ihrige bei. Zu gedenken habe ich an dieser Stelle freilich auch des Direktors des romanistischen Seminars der Marburger Universität, Alwin Kuhns, der an der für mich weitreichenden ersten Weichenstellung vielleicht ungewollt als einer der ersten beteiligt war und der mir trotz der Tatsache, daß er Linguist war, auch wissenschaftlich doch noch mehr bedeutet hat, als er es sich selbst vorstellte. Zehn Jahre später sollte er als Innsbrucker Ordinarius noch ein zweites Mal eine Rolle in meiner Laufbahn spielen: 1959 brachte er mich in Kontakt mit der Witwe des deutschen Kulturphilosophen Hermann Graf Keyserling, über dessen Rolle in den deutsch-französischen Geistesbeziehungen des XX. Jahrhunderts ich zum Teil an Hand von wertvollem unveröffentlichtem Nachlaßmaterial in den frühen sechziger Jahren arbeitete. Die zweite Etappe meines Weges zur Komparatistik, die Erlanger Periode, sollte mit der größten Überraschung meines Lebens anfangen: der gänzlich unerwarteten Freistellung von der belgischen Militärdienstpflicht, die mich im Dezember 1951 in meinem Elternhaus in Belgien in der Form einer routinemäßigen Mitteilung völlig unvorbereitet erreichte. Was eigentlich zu erwarten gewesen wäre, war schon seit langem klar, und ich hatte mich längst darauf eingestellt: ein zweijähriger Militärdienst, von dem ich zunächst noch lange gehofft hatte, er würde auf Grund von besonderen Umständen wenigstens um einige Monate reduziert werden können, der aber seit dem Winter 1950/51 unumstößlich mit der angekündigten Einberufung im Jahr 1952 festzustehen schien und monatelang meine ganze weitere Planung (einschließlich der Beendigung der Marburger Lektorentätigkeit) bedingt hatte. Andererseits hatte dieser Übergang allerdings auch durchaus positive Aussichten eröffnet. Ich hatte alles vorbereitet, um nach dem Ende der Militärzeit einen zusätzlichen Doktorgrad in Belgien zu erwerben; und außerdem fehlte es nicht an vielversprechenden beruflichen Angeboten sowohl aus dem flämischen Pressewesen als auch aus dem kulturellen und sogar politischen Sektor. Freilich, mit Komparatistik im Sinne einer akademischen Disziplin oder Lauf-

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bahn hatte dies alles kaum etwas zu tun: Was midi daheim vor anderen jungen Akademikern meiner Generation auszeichnete, waren eben meine spezifischen Kenntnisse des deutschen Geisteslebens und meine in mancher Hinsicht tatsächlich einmaligen Erfahrungen mit dem deutschen kulturellen und auch politischen Leben der Nachkriegszeit. Hier hatte ich etwas zu bieten, zumal auch auf Grund meiner deutschen philosophischen Ausbildung. So stand das akademische Jahr 1950/51, das ich rückwirkend als einen ausgesprochenen Tiefpunkt in meiner Entwicklung ansehe, obwohl ich es zum Teil in Paris verbrachte, eigentlich im Zeichen eines sich anbahnenden Verzichts auf meine noch relativ jungen Pläne mit der Komparatistik. Hinzu kam, daß Werner Milch im Frühjahr 1950 ganz unerwartet gestorben war, eindeutig auch infolge der Überanstrengung, die sein Leben sowohl in physischer als auch psychischer Hinsicht während der Jahre der Emigration (und danach) belastet hatte. Und es war ein öffentliches Geheimnis, daß die Sorgen, die ihn während der wenigen Semester seiner Marburger Lehrtätigkeit bedrückt hatten, auch mit der Tatsache zusammenhingen, daß er — der heimkehrende Emigrant — in gewissen alteingesessenen Marburger Kreisen nicht immer den positiven Empfang fand, den er erhofft hatte. Auch die Komparatistik spielte dabei übrigens eine Rolle: Während er sich — auf Grund der Verhandlungen, die er vor seiner Rückkehr mit dem Ministerium geführt hatte — als Professor für ,Neuere Deutsche u n d Vergleichende Literaturgeschichte' empfand und bezeichnete, war er für Fakultät und Hochschulverwaltung lediglich ,Ordentlicher Professor für Neuere Deutsche Literaturgeschichte'; ein Nuancenunterschied, der sogar noch bei den verschiedenen Todesanzeigen zum Ausdruck kommen sollte. — So hatte Milchs Tod für mich auch das Ende von zwar keineswegs konkreten, aber immerhin ansatzweise vorhandenen Plänen hinsichtlich einer Marburger Weiterarbeit im komparatistischen Bereich bedeutet. Außerdem hatten mich einige der komparatistischen Lehrveranstaltungen der Sorbonne eher enttäuscht als ermuntert. Daß hier sehr viel Stoffhuberei im Spiel war und es trotz der Veröffentlichung des neuen kleinen Handbuchs von Guyard mit dem Vorwort von Carre an der nötigen wissenschaftstheoretischen Fundierung fehlte, wurde mir sehr bald deutlich. — Und last but not least hatten mich auch die Gespräche, die ich mit Fernand Baldensperger führen konnte, nicht gerade ermutigt. Die Quintessenz seiner Ratschläge lief eigentlich darauf hinaus, daß es für einen jungen komparatistisch interessierten europäischen Akademiker noch das beste wäre, sich in Amerika nach Karrieremöglichkeiten umzuschauen ... — Nach unserem letzten Gespräch schenkte er mir zum Abschied in seiner Wohnung in der rue d'Odessa einen Sonderdruck, der zu den ältesten meiner Sammlung gehört. Seine Widmung: (...) avec mes voeux de carriers ,comparatiste'. Der zweideutige Charakter der Anführungsstriche war mir nicht entgangen. — Kein Wunder, daß sich Weiterbildung und Weiterstudium — sowie die vage Hoffnung, auf längere Sicht in das belgische Universitätswesen einsteigen zu können — schließlich wieder ganz auf die Philosophie und einige ihrer Randgebiete konzentrierten.

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Aber die Unterbrechung meiner festen Bindung an eine Universität sollte schließlich nicht lange andauern. Denn kurz nach der überraschenden Freistellung von der Militärdienstpflicht folgte ein zweites unerwartetes Ereignis, das sich nachträglich als ebenso entscheidend und jedenfalls als noch erfolgreicher erweisen sollte: Das Angebot, zum Beginn des Sommersemesters 1952 und für zunächst zwei Jahre eine hauptamtliche Lektorenstelle am Romanischen Seminar der Universität Erlangen zu übernehmen. — Die Wahl zwischen einem zweijährigen belgischen Kasernendienst und einem zweijährigen bayerischen Lektorenamt sollte aus der damaligen Sicht wahrhaftig nicht schwerfallen, zumal mit dem Erlanger Amtsantritt keine von den anderen erst für später ins Auge gefaßten belgischen Chancen verloren ging. Natürlich wurde Erlangen für mich zunächst so etwas wie die zweite und auf Grund meiner inzwischen gesammelten Erfahrung natürlich verbesserte Auflage der Marburger Lektorentätigkeit. Aber die folgenden Jahre (denn die ursprüngliche Befristung des Lektoramtes wurde bald rückgängig gemacht bzw. zu einer reinen Formalität reduziert) sollten aus einer ganz anderen, wenngleich in meinem Fall natürlich naheliegenden Richtung einen weiteren Anstoß zu erneuter komparatistischer Ausrichtung und Forschungstätigkeit bringen: Infolge der langen deutschen Semesterferien des Frühjahrs sowie dadurch, daß die Wintersemester in Erlangen erst in den ersten Novembertagen anfingen, während das akademische Jahr in Belgien schon gegen Ende September begann, hatte ich in den an meinem belgischen Wohnsitz verbrachten Monaten in diesen Jahren reichlich die Gelegenheit, das ursprünglich Versäumte an der Universität Gent nachzuholen. Und ausgerechnet dies führte dann wieder zu einem weiteren entscheidenden Ereignis auf meinem an Umwegen nicht armen Weg zur Komparatistik: zur Bekanntschaft mit dem Genter Professor Herman Uyttersprot, die sich im Laufe der Jahre zu einer Freundschaft intensivieren sollte. Bei Uyttersprot fand ich nicht nur die wissenschaftlichen und auch kulturpolitischen Anschauungen vor, in denen ich vieles von meinem eigenen Denken und Streben wiedererkannte, sondern er gab in mancher Hinsicht auch die Anstöße, die bei mir nunmehr zu der endgültigen Weichenstellung für die geistige und berufliche Weiterorientierung führten. Sie erfolgte in der Form einer zweifachen Entscheidung: die mir eröffnete Möglichkeit einer deutschen Habilitation in Erlangen wahrzunehmen und dies eben für das Fach „Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft" zu tun. Auch die Thematik meiner dafür notwendigen größeren Untersuchungen wählte ich auf Grund von Gesprächen, die ich mit Uyttersprot führen konnte: Vor dem wiederum so typisch europäischen Hintergrund des deutsch-französischen Kontextes, in dem meine Erlanger Lektorentätigkeit sich abspielte, traf ich bewußt die ebenso ,europäische' Entscheidung, mich aus einer neuen Sicht mit der Erscheinung der französisch schreibenden flämischen Autoren der Generation von 1880 zu befassen sowie mit deren Rezeption in den größeren Nachbarländern. — Neben einer eingehenden Beschäftigung mit der damals international auf vollen Touren anlaufenden komparatistischen Methodendiskussion (es waren die Jahre der Anfänge des Yearbook of Comparative and General Literature und der von Reno Wellek eingeleiteten Debatte, die uns in Europa

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manches zu denken gab) war dies für midi der Beginn einer begeisterten Beschäftigung mit dem, was später — unter dem Einfluß von Kultursoziologen und -anthropologen wie Oliver Brachfeld und der Gruppe um die in Le Havre erscheinende Revue de Psychologie des Peuples — endgültig Imagologie heißen sollte. Für mich bedeutete das natürlich auch einen Verzicht oder zumindest einen Aufschub auf unbestimmte Zeit von früheren belgischen Plänen. Aber das neue Gebiet der Erforschung des ,£tranger tel qu'on le voit' und der ganzen Problematik der Rolle der literarischen ,images' in der europäischen und auch weltweiten Nationalitätenkonfrontation, von dem ich noch heute überzeugt bin, daß es — um die Überschrift eines der einschlägigen Abschnitte in Guyards La Litterature Comparee aufzugreifen — „un domaine d'avenir" ist, brachte zugleich so viele Möglichkeiten zur Befriedigung auch jener Interessen, in denen ich einmal die Motivierung zum Studium der Philosophie gesehen hatte, daß die Entscheidung auf die Dauer nicht nur leicht fiel, sondern sich geradezu von selber ergab. Freilich wurde bei alledem weit ausgeholt. Außerdem führte vieles auch zu nutzlosen Umwegen und zur Verzettelung; und dies umso mehr, als ich im Rahmen meiner Erlanger Lektorentätigkeit mit dem Stoff meines flämischen Forschungsthemas so gut wie gar nichts anfangen konnte. Aber die Ausrichtung auf ein spezifisch germanisch-romanisches Arbeitsgebiet, in dem französische und deutsche Literatur das Zentrum darstellten und der .neutrale' Raum des belgisch-niederländischen Kulturbereichs ständige Ausweichmöglichkeiten bot, erwies sich für mich auf die Dauer als der ideale Weg zur Koordination meiner vordergründig zunächst als allzu divergierend erscheinenden Interessen — und ganz gewiß als die richtige Orientierung für eine spezifisch westeuropäische Komparatistik. Uyttersprot, mit dem ich dies alles in stundenlangen Gesprächen erörtern konnte, hatte damals in Gent eine Professur für deutsche Literatur inne und war bereits ein weltweit bekannter Kafka-Spezialist. Er war aber auch beauftragt mit der großen, für die Studenten aller geisteswissenschaftlichen Fachrichtungen obligatorischen Vorlesung über die Hauptströmungen der europäischen Literatur der Neuzeit; und dies hat seine eigentliche wissenschaftliche Bedeutung erst richtig zum Tragen kommen lassen. In dem Gedenkbuch, das anläßlich des zehnjährigen Bestehens des Genter „Studiecentrum Prof. Dr. Herman Uyttersprot" herausgegeben wurde, habe ich 1981 unter dem Titel Herman Uyttersprot en het Comparatisme darlegen können, welche Bedeutung er aus meiner Sicht für unser Fach — insbesondere im belgischen und gesamtniederländischen Rahmen — gehabt hat. Er gehörte nicht zu jenen Nationalphilologen, die immer wieder einmal auf den komparatistischen Kongressen aufkreuzen, weil sie der Meinung sind, gelegentlich auch komparatistisch zu arbeiten, und sich ansonsten hauptsächlich durch einen Abgrund der Unkenntnis auf dem Gebiet der Entstehung, Geschichte und Zukunftsmöglichkeiten des Faches auszeichnen. Ganz im Gegenteil: Er hatte sich niemals am organisierten komparatistischen Fachbetrieb beteiligt und sollte es auch bis zu seinem Lebensende nicht tun. Seine Genter Vorlesungen zur europäischen Literatur, in denen

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er, der er von Haus aus ein belgischer Germanist war, naturgemäß längere Zeit bei seinen Lieblingsautoren der deutsch- und niederländischsprachigen Literatur wie Rilke, Kafka und Van Ostaijen verweilte, gehörten zweifellos zum besten, was Komparatistik den Studenten der Einzelphilologien zu bieten hatte. Und seiner Sicht auf die Wechselwirkungen zwischen den europäischen Nationalkulturen — einschließlich der hochmodernen Gedanken, die er dabei bezüglich der Rolle der literarischen Auto- und Heteroimages bei der Entwicklung von nationalem Denken überhaupt vortrug — verdanke ich Wesentliches von dem, was ich später selber in meinem imagologischen Programm habe weiterentwickeln können. So war es auch natürlich, daß ich später dankbar die Hilfe annahm, die Uyttersprot mir durch seine Empfehlungen zuteil werden ließ, die mich von Erlangen nach Groningen brachten. Und auch an meinem späteren Entschluß, an die neugegründete Philosophische Fakultät am Aachener Dreiländereck umzuziehen, war er beteiligt in einer Form, für die ich ihm ungeachtet der Frage, ob dieser (vorläufig?) letzte Schritt ein richtiger war, dankbar bleiben werde. — Er starb in den Wochen, in denen ich in Aachen meine ersten Vorlesungen hielt.

Der Jubilar, dem diese Zeilen zum 75. Geburtstag gewidmet sind, wird beim Lesen meines Selbstbekenntnisses' bestimmt an mehr als einer Stelle den Abstand festgestellt haben zwischen dem, was mich dazu brachte, Komparatist zu werden, und den Zielen, auf die er in seiner komparatistischen Laufbahn seine Arbeitskraft gerichtet hat. Herrschen bei ihm hauptsächlich jene Elemente vor, die man gerne als ,spezifisch literarisch' bezeichnet, so war es bei mir fast ausschließlich ein Interesse an bestimmten Aspekten des sogenannten „extrinsic approach to literature", das mich immer wieder dazu brachte, in der Beschäftigung mit den internationalen Literatur- und Geistesbeziehungen eine lohnende Lebensaufgabe zu sehen. — Es ist leicht zu verstehen, daß sich auch hier noch einiges manifestiert von dem, was in der Vergangenheit einmal als Gegensatz zwischen einer sogenannten französischen und einer sogenannten amerikanischen Schule in der Komparatistik gesehen worden ist. Daß sich dadurch zwischen der Bonner Komparatistik und dem in Aachen entwickelten Programm auch beachtliche Unterschiede ergeben haben, ist in Fachkreisen hinreichend bekannt. Freilich, da es nun einmal nicht gelungen ist, unser Fach an den Universitäten des deutschen Sprachgebiets als eine allgemein anerkannte selbständige Disziplin zu etablieren, und da die wenigen Fachvertreter zum Teil unter den merkwürdigsten Umständen ihren Aufgaben nachkommen, war es letzten Endes nur natürlich, daß an den verschiedenen Hochschulorten auf die Dauer auch verschiedene Wege beschatten wurden. Auch das von mir in Aachen entwickelte und nach wie vor vertretene Programm mit seinem imagologischen Schwerpunkt ist dafür ein Beispiel. Dennoch sollte bei einer Gelegenheit wie dieser auch einmal daran erinnert werden, daß es unter denjenigen, die es mit unserem Fach nach wie vor ernst meinen, immer noch wesentlich Verbindendes gibt, das — wenn es darauf

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ankommt — die Unterschiede in den Schatten zu stellen vermag. In diesem Sinn bin ich mir u. a. immer der Tatsache bewußt geblieben, daß der Humanist Horst Rüdiger, dessen eigener Einstieg in die Komparatistik mit seinen Forschungen zur Nachwirkung der Antike zusammenhing, stets ein Gelehrter geblieben ist, dessen Interesse am gemeinsamen geistigen Erbe der Europäer und an der Pflege der in der europäischen Dichtung zum Ausdruck kommenden Werte unserer abendländischen Kultur zum selben Kontext gehört wie jener Esprit europeen, der durch Mme de Stael am Anfang unserer durch und durch europäischen Disziplin steht und der auch mir zum Leitstern für meine Arbeit geworden ist. So fällt es mir nicht schwer, dem Jubilar diese Zeilen als Gratulation aus der ,Aachener Komparatistik' zu dedizieren — mit dem Ausdruck meines aufrichtigen gebührenden Respekts.

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Komparatistik als Vorwand und Rückhalt Halbernster Brief über eine langwierige Auffindung Verehrter Herr Jubilar, lieber Horst Rüdiger, Ihre Kollegen Koppen und Tiedemann wollen es genau wissen: wie ich zur Komparatistik gekommen sei. Und fast möchte ich ihnen kurz und bündig antworten: wie die Jungfer zum Kind. Aber die Metapher funktioniert im Zeitalter der Pille nicht mehr recht. Und überhaupt, als Beitrag zu einer „Sammlung von Konfessionen", die Ihnen, wie es im Rundschreiben heißt, „dediziert" wird, wäre die Äußerung etwas knapp. Anderseits läßt mich die Bekenntnisforderung zögern. Eine Konfession sei, belehrt mich das Wörterbuch, eine Glaubensbezeugung oder ein Geständnis. Wird mir hier, coram publico, eine komparatistische Konfession abgefordert, oder werde ich gar eingeladen, in die Nachfolge des promeneur solitaire zu treten? An die Eine und Unteilbare Komparatistik vermag ich nicht recht zu glauben, ich bin auch in dieser Sache eher ökumenisch gesinnt. Und um mich — intus et in cute — auszuhäuten, dafür reicht's mit „10 bis maximal 15 Schreibmaschinenseiten" glücklicherweise nicht, mein Fell ist vergleichbar — Verzeihung: komparativ — einer umgekehrt ins Endlose wachsenden peau de chagrin. Sie werden es mir also, verehrter Herr Jubilar, mit der Ihnen gewohnten Urbanität nachsehen, wenn ich für meine Konfession, die keine ist, die weniger verbindliche Form der lettera semiseria wähle, die zwar nicht von einem Wilden Jäger handeln soll, Ihnen aber doch immerhin einige Miniatur-Jagdszenen aus Helvetien als symbolische Trophäen zum komparatistischen Lagerfeuer darbieten möchte, eingedenk des von Ihren Kollegen ausgesprochenen Wunsches nach „einer kurzen und möglichst lockeren Skizze". Commen9ons par le d but. Am Anfang war — nein, am Anfang war gar nichts Komparatistisches. Mit sieben Jahren wollte ich Dampflokomotivführer werden. Mit zwölf Jahren General. Man bemerke die Subtilität: in einem Land, dessen Eisenbahnen nahezu ausnahmslos elektrisch fahren und das in normalen Zeiten keine Generäle, sondern nur Obersten kennt! Anders und allgemeiner formuliert: ich wünschte das Unmögliche, aber noch Vorstellbare. Viel später, anläßlich meiner Antrittsvorlesung als Privatdozent an der Universität Neuchätel, tönte es im Mund des damaligen Dekans, eines Philosophen und Semiotikers, ähnlich, wenn auch weniger kraß: litterature comparee sei ja ganz schön, aber doch etwas utopisch... Eine Art Dampflokomotive, dachte ich, oder ein General mit einer Armee von Zinnsoldaten. Nochmals zurück zu den Anfängen! Nichts hat mich zur Komparatistik vorbestimmt. Meine Vorfahren waren brave Deutschschweizer, Berner Bauern, ein paar Beamte, Volksschul-

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lehrer, ein Pastor. Zuhause standen die Werke Goethes und Gottfried Kellers, nicht übermäßig zerlesen, Im Westen nichts Neues und Der liebe Augustin, unter dem Weihnachtsbaum las der Großvater selbergeschmiedete Verse, und aus der Schulbibliothek holte man sich Elsa von Tannenburg und Sigismund Rüstig, das waren in etwa die literarischen Koordinaten. Ich war weder besonders sprachbegabt noch besonders sprachinteressiert, beschäftigte mich lieber mit Geschichte, den ägyptischen Stufenpyramiden, der Schlacht am Morgarten, Napoleon in Brienne. Noch heute hole ich mir zur Abwechslung gerne Fernand Braudel, George Lichtheim oder Gilberts Nürnberger Tagebuch aus dem Gestell, noch heute spreche ich nicht mehr als zwei Sprachen einigermaßen korrekt, lese weder Russisch noch Japanisch (oh Etiemble!), lese überhaupt langsam und mühsam und lebe mehr und mehr im Gefühl, die ,Weltliteratur' kaum am Rockzipfel gefaßt zu haben. Mit zwanzig Jahren habe ich mir Hofmannsthals Traum von großer Magie rezitiert und in eigenen Versen nachgeschrieben, mit fünfunddreißig habe ich am Mikrofon des Schweizer Radios über die römischen Ausgrabungen von Aventicum berichtet und noch mit fünfzig für eine Tageszeitung gesellschaftskritische Kolumnen geschrieben. Ce n'est pas serieux, tout cela. Nein, nichts prädestiniert mich zum Komparatisten. Wissenschaft, Vergleichende Literaturwissenschaft, ist kein derart frivoles Geschäft. Aber lassen wir einmal die Wissenschaft für einen Augenblick beiseite. Literatur — da beginnt es doch bereits früh zu zünden und zu funkeln. Im erwähnten Koordinatennetz war für allerhand Platz: Gustav Schwabs Sagen des Klassischen Altertums (mit den Zeichnungen von John Flaxman, und das war, unbewußt, schon ,wechselseitige Erhellung der Künste'!), Tausend und eine Nacht, Grimms Märchen, Tom Sawyer und Huckleberry Finn, Nils Holgersson und die Wildgänse, Scotts Talisman und Dumas' Drei Musketiere, King Kong und Rolf Torrings Abenteuer... Ich las, was das Zeug hielt, Literatur, klassische Literatur, Trivialliteratur, Weltliteratur. Der Begriff war mir unbekannt, aber daß in der Literatur Welt ist, daß die Welt in die Literatur eingeht, begriff ich. Robinsons Blätterhut und Siegfrieds Lindenblatt, Anseimus' hechtgrauer Frack und Boccaccios Federkiel, Voltaires Perücke und Gottfried Kellers Bart bevölkerten meine Träume, das Vielfache drängte zum Übervielen und das ließ sich nur noch halten in einer Ordnung, die nicht gegeben, sondern immer wieder neu herzustellen war im Nebeneinander und Nacheinander, im Vergleichen und Verstehen oder auch Nichtverstehen vom einen zum ändern. Vergleichende Literatur — sie war längst eine Wirklichkeit, bevor ich nur eine Ahnung hatte, daß es ein Hochschulfach mit diesem merkwürdigen Namen gibt. Ich könnte sagen: alles drängte und zog mich zur Komparatistik, es genügte, daß ich mich meiner Welt überließ. Die bewaldeten Berghänge mit den Durchblicken auf die rötlich gefiederten Sonnenuntergänge im Westen, das war Eichendorff, aber die Sankt Petersinsel, dieser dunkle Fisch im See, das war Jean-Jacques Rousseau, und Rückkehr zur Natur Praxis ohne alle Theorie, wenn das Ruderboot durch die Schilffelder trieb und am Himmel die Milane glitten. Das Dorf am Wasser nannte sich Twann, aber warum nicht Lubowitz oder Ermenonville? Hier lief das Alemannische ins Romanische über, das Fräulein Doktor, das manchmal zu meinen Eltern ins Haus kam, sprach Fran-

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zösisdi und die Käsehändlerin von der Montagne de Diesse mit ihrer violetten Baskenmütze ebenfalls, und die Tageszeitung war zweisprachig und hatte auf der Frontseite nur Anzeigen, keine redaktionellen Beiträge, weil keine der beiden Sprachen den Vorrang einnehmen sollte. Ein paar Kilometer nach Westen, dann hieß es La Neuveville, ein paar Kilometer nach Osten, dann hieß es Biel-Bienne, dann gab es Boulevardcafes mit Marmortischchen, den Bahnhofkiosk mit den ausgehängten Nouvelles litteraires (eine Zeit lang hingen daneben noch Das Reich und Das Schwarze Korps, doch nicht mehr allzu lange), im Kino liefen Les Enfants du Paradis und dann Les Jettx sont faits, und bald lernte man, obwohl das Städtische Gymnasium uns Terzianern den „Besuch öffentlicher Gaststätten" förmlich untersagte, nachlässig ein „Garfon, encore une speciale!" zum Büffet hinüber zu rufen. Wie hätte ich in dieser Stadt, in diesem Land nicht Komparatist werden sollen? Wo sich der eigenen, noch kaum gefundenen, mehr gefühlsmäßigen als rationalen Identität so früh und eindeutig eine Alterität gegenüberstellt, und zwar nicht als Abstraktion, sondern als unmittelbare Lebenspraxis, an der man selber bald einmal halb absichtslos, halb willentlich Anteil zu nehmen beginnt, kann man dem ständigen Vergleich gar nicht aus dem Weg gehen. Und dieser Vergleich ist in solchem Fall nicht eine Art wiederholte Selbstbestätigung, kann es gar nicht sein, sondern bedeutet eine sehr ernsthafte und nicht immer problemlose Infragestellung des Eigenen — oder dessen, was man eben gerade als das Eigene geistig erworben zu haben glaubt. Die „Welschen" — so hießen bei uns ja die Französischsprachigen — waren anders, aber wir waren auch anders, „Totos" oder „Boches", von den Welschen aus gesehen, und wer hätte behaupten mögen, der Vergleich falle stets zu unserem Vorteil aus. Eichendorff gegenüber Rousseau, oder, aktueller, Wiechert gegen Camus, war nicht dasselbe wie Eichendorff für sich, Wiechert für sich genommen. Wir alle sind, verehrter Herr Jubilar, ein Produkt gesellschaftlicher Zustände (vorsichtiger gesagt: auch das Produkt gesellschaftlicher Zustände). Ich stammte aus einem alemannischen Kleinbürgertum, das seine politische Identität selbstverständlich im schweizerischen Föderalismus fand, seine kulturelle und sprachliche Identität jedoch nicht mehr, wie noch Gottfried Keller, auf das ,große', das ,geistige' Deutschland zurückführen und in ihm begründen konnte. Die zwölf Jahre Hitlerei, die wir zunächst als Kinder, dann als Halbwüchsige und die unsere Eltern aus der Ferne mit Faszination und Abscheu miterlebten, waren für die Wachen unter uns wesentlich auch eine kulturelle Identitätskrise, schon bevor wir als Fünfzehn- oder Sechzehnjährige mit den ersten Reportagen über die Verbrennungsanlagen von Auschwitz konfrontiert wurden (Wolfgang Langhoffs Moorsoldaten und Konrad Heidens Hitler, ein Mann gegen Europa las ich etwa zur selben Zeit wie Ahnung und Gegenwart}. Was sollte ich 1946 mit Carossas Abendländischer Elegie anfangen, wo ich mir Le Silence de la Mer und L'Existentialisme est un humanisme aneignen konnte? Nachdem die praktischen Sprachschwierigkeiten erst einmal überwunden waren — und das ging in diesem jugendlichen Alter und in der gemischtsprachigen Umgebung rasch, schließlich war für uns das Französisch nur graduell mehr Fremdsprache als die ebenfalls angelernte Fremdsprache Hochdeutsch —, wurde der Ruf aus 3 arcadia Sonderheft

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dem Westen immer stärker und vernehmbarer. Bei aller Liebe zu Hofmannsthal, Rilke und George (das waren um Zwanzig die Leitgestirne) hätte ich es mir nie einfallen lassen, Literatur mit d e u t s c h e r Literatur gleichzusetzen, dafür waren mir Sartre und Camus, Baudelaire und Mallarmi, Gide und Giraudoux zu lebenswichtig, obwohl ich natürlich wissen mußte, daß ich sie niemals ganz, sozusagen als Franzose, besitzen konnte. Aus einer solchen doppelten Distanzierung, die zugleich eine doppelte und nie ganz gelungene Annäherung ist, mag einer Komparatist werden. Die Sache ist da, der Begriff kommt irgendwann später dazu. Eine derartige Komparatistik kann keine Ideologie sein und eine Methodologie vielleicht erst in dritter Linie, sie ist eher ein Vorwand: nicht nur privat, sondern auch gleichsam öffentlich — zumindest .akademisch' — in und durch Interferenzen zu leben. Aber bevor ich zur Komparatistik kam, brauchte es den Weg — oder war es gar ein Umweg? — über die Romanistik. Daß ich französische und italienische Literatur studieren würde, darüber konnte es nach dem Abitur (der „eidgenössischen Maturitätsprüfung") keinen Zweifel geben. Italienisch hatte ich auf dem Gymnasium dank einem unkonventionellen Lehrer fast ohne die üblichen grammatikalisch-didaktischen Vogelscheuchen gelernt und in früher Dante- und Pirandello-Lektüre erprobt, und erste Kontakte mit Südfrankreich, mit Paris, dann mit Venedig und Florenz malten mir die ,Romania', an der meine Nation auf so wunderbare und glückhafte Weise teilhatte, als ein gelobtes Land aus, in dem sich Geist und Schönheit, kritische Analyse und synthetische Gesamtschau, Tradition und Gegenwärtigkeit anders als in dem von Widersprüchen aufgewühlten ,Reich' nördlich des Rheins vereinigten und wechselweise bestätigten. Es war und blieb eine Liebe fürs Leben, auch wenn mir der naive Idealismus dessen, der in jedem Italiener einen Repräsentanten des Dolce stil novo und in jedem Franzosen eine Reinkarnation Voltaires zu entdecken glaubte, allmählich abhanden kam. Kollisionen mit einer nicht eben hochgeistig beflügelten Wirklichkeit fanden bereits in den ersten Studiensemestern statt, als es zu meiner Überraschung weniger um „idealistische Neuphilologie" als um altfranzösische Verbalflexionen, vulgärlateinische Derivativa und italienische Diphthongierungen ging. Ich kann ehrlicherweise nicht behaupten, an der Universität Bern „lo mio maestro e mio autore" gefunden zu haben, obwohl ich im französischen Proseminar von Pierre Kohler, des Verfassers der exemplarischen Untersuchung über Madame de Stael et la Suisse, bereits einen komparatistischen Wind, oder doch ein Lüftlein, verspürte — ich schrieb bei ihm unter anderem eine Arbeit über den Einfluß Schillers auf die französische romantische Tragödie — und auch die große Faust-Vorlesung, die der weltliterarische Germanist Fritz Strich am Ende seiner Lehrtätigkeit noch einmal hielt, nicht verpaßte. Mit zweiundzwanzig packte ich dann den alten Kabinenkoffer meines Großvaters, schrieb groß auf die erste Seite eines neuen Tagebuchs „Le vent se leve, il faut tenter de vivre!" und bestieg den Zug nach Paris. An der Rue Toullier Nummer 11, zwischen Sorbonne und Pantheon, wo einst Rilke gewohnt hatte (das war reiner Zufall, aber gehört zum Ambiente der Stadt), in den Hörsälen und auf den Quais, im Cino-Club du Quartier

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latin und im Theatre National Populaire, im Luxembourg und in der Bibliotheque Nationale, in der Foret de Chantilly und vor dem Königsportal von Chartres ergründete ich nicht nur Frankreich, sondern auch mich selber etwas mehr, und wiederum in der doppelten Bewegung von Identifikation und Distanzierung. Als ich im folgenden Jahr in die Schweiz zurückkam, hatte ich wenigstens eines gelernt: mich von vorgeschriebenen Verhaltensmustern, die mir nicht lagen, fernzuhalten, coüte que coüte und auch um den Preis einer möglichen Karriere. Freiheit als das Recht, anders zu sein: Paris hatte sie mir beigebracht. Allerdings handelte es sich nicht um die große Freiheit, die das unterste nach oben kehrt, daran dachte die akademische Jugend von 1953, anders als diejenigen von 1968, nicht, sondern um eine kleine, individuelle Freiheit: zum Beispiel darum, auf das „höhere Lehramt" zu verzichten, sich dem militärisch-gesellschaftlichen Promotionszwang zu verschließen, vor dem Studienabschluß und ohne materielle Sicherheit zu heiraten ... In der Zwischenzeit hatte ich mich in die Bücher von Ernst Robert Curtius eingelesen, sie wurden mir, für einige Jahre, zum Paradigma: Romanistik war hier die Synthese von Philologie und Literaturwissenschaft, vereinigte Kritik und Geschichte, überhöhte und transformierte den mir lästigen Begriff der Nationalliteratur, verband literarische Tradition und Sinn für die Aktualität. Meine Dissertation, die der romanistische Sprachwissenschaftler Siegfried Heinimann mit Strenge und mäßiger Nachsicht gegenüber meinen belletristischen Eskapaden leitete, war denn auch eine Art Übung oder ein Paralipomenon zu Curtius: Ich untersuchte die Tradition der Landschaftstopoi in den Romanen Chrestiens de Troyes — Anlaß und Notwendigkeit, viele Monate lang fast nur noch Altfranzösisches, Altprovenzalisches und Lateinisches zu lesen und zu verzetteln, vom Roman de Thebes über Giraut de Bornelh bis zu Macrobius und zur Vulgata. So fand ich mich — das Ende der Zwanziger rückte schon bedrohlich in die Nähe, und die meisten meiner Kollegen waren in Amt und Würde — als mehr oder weniger unabhängiger und in pekuniärer Hinsicht ziemlich bedrängter Homme de lettres, der interimistisch noch eine halbe Hilfsassistentenstelle versah, Buchrezensionen und kritische Aufsätze für die Tagespresse schrieb, gelegentlich an der Schule unterrichtete, als Hilfslektor für den Verlag Francke die Korrekturen von Auerbachs Literatursprache und Publikum las, Übersetzungen herstellte, eigene Verse publizierte und mit der ihm angetrauten Keramikerin in einer Dachwohnung ohne Bad, aber mit Blick auf die schönsten Altstadthäuser von Bern, zwischen Brennofen, Drehscheibe und Büchergestellen seine nicht immer lustigen „scenes de la vie de Boheme" spielte. Sie werden mich, verehrter Herr Jubilar, mit Recht fragen: Wo bleibt denn die Komparatistik? Fast hätte ich Erich Kästner variiert: Ja, weiß der Teufel, wo die bleibt. Nein doch, sie war noch gar nicht da, sie war erst im Kommen. Als nun immerhin und trotz allem promoviertem Mediävisten war mir nicht nur der Zusammenhang der mittelalterlichen Welt, sondern die „Sinneinheit der europäischen Literatur" (E. R. Curtius) schlechterdings eine Selbstverständlichkeit geworden. Es ging mir entschieden gegen den Strich, daß sich jedenfalls an der Hochschule, aber auch an der Mittelschule und, weiß Gott,

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sogar in der literarischen Publizistik, die neueren Literaturen vom XVI. Jahrhundert an auf nationale und nationalsprachliche Schubladen verteilten. Französische und deutsche Aufklärung beispielsweise empfand ich als komplementär, Lessing und Altnordisch dagegen gehörten völlig verschiedenen Kategorien an, die auch der mir fragwürdige Begriff Germanistik nicht zusammenschloß. Ans Lebendige griff das Problem für mich natürlich in Bezug auf die Mehrsprachigkeit der Schweiz: Die Idee der Nationalsprache führte sich hier ad absurdum. Ich hatte begonnen, einen alten Plan ernsthaft auszuarbeiten, einen Vergleich von Georges Blumen des Bösen mit den Fleurs du Mal. Das war so eine Möglichkeit, zwei poetische Halbgötter meiner Jugend im Zeichen des DeutschFranzösischen zusammenzubringen (schon in der Rekrutenschule hatten der spätere Genfer Germanist Bernhard Böschenstein und ich während der Gefechtspausen eigene Baudelaire-Übersetzungen ausgetauscht). Aber wo sollte ich mit einem derartigen Versuch unterkommen? In Paris hatte ich 1952 ein Büchlein von Marius-Francois Guyard gelesen, La litterature comparee, Collection „Que sais-je?". Eines Tages wurde mir bewußt, daß auch im Romanischen Seminar von Bern ein kleiner Bücherschrank, der kleinste von allen, stand, der mit „Vergleichende Literaturgeschichte" (mit zwei t) angeschrieben war; der Vorgänger meines Doktorvaters, Professor Jaberg, einer der Schöpfer des italienischen Sprachatlas, hatte dort diejenigen Publikationen abgestellt, die sonst nirgends unterzubringen waren. Immerhin: Wort und Begriff waren da, wieder da, wenn auch die Sache selber in der Schweiz schwer auszumachen blieb (die beiden einzigen komparatistischen Lehrstühle in unserem Land, die Extraordinariate von Zürich und Basel, verloren eben zu der Zeit ihre Inhaber und blieben — der eine zunächst, der andere dauernd — unbesetzt). Doch auch in dieser Hinsicht brachte Frankreich das Fehlende: Baldensperger, van Tieghem, Hazard, Carre, Goethe en France, Le Preromantisme, La Crise de la conscience europeenne, Les ecrivains franqais et le mirage allemand, ich brauchte nur zuzugreifen, und ich griff zu. Die Bücher von Fritz Ernst gerieten nun ebenfalls in den Gesichtskreis; in seinen Essais, die mir nicht zuletzt von der literarischen Form her sympathisch waren, entdeckte ich eine spezifisch schweizerische Variante der Vergleichenden Literaturwissenschaft, die Helvetistik. Von der literarischen Kritik, wie sie mir in der nobelsten Gestalt bei Max Rychner entgegentrat, öffnete sich der Durchgang zum komparatistischen Hochschulfach, und Zusammenhänge schienen auf, die ich meinerseits zu artikulieren wünschte und nur als Komparatist artikulieren zu können glaubte. Vergleichende Literaturwissenschaft (ich nahm die ^Wissenschaft' in Kauf, litterature comparee blieb mir ohnehin lieber) zeigt sich mir unversehens als möglicher Rückhalt, nein als d e r Rückhalt meiner intellektuellen Existenz. Doch: wie gewonnen, so zerronnen. Eile mit Weile. Der Mensch denkt, der Institutsdirektor lenkt. Habilitationspläne zerschlugen sich, für Komparatistik war in Bern, der Bundesstadt und Hauptstadt eines zweisprachigen Kantons, kein Platz. Zum Trost zogen wir in die französische Schweiz (es war wirklich ein großer Trost!) und richteten uns samt Keramikofen und der inzwischen beängstigend angeschwollenen Bibliothek im vierhundertjährigen Gemäuer eines turmbewehrten Herrenhauses für den nächsten Lebensabschnitt

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ein. Für meine Frau, die französischer Muttersprache ist (aber ein harmonischeres Hochdeutsch spricht als ich rauhkehliger Südalemanne, was nur Uneingeweihte erstaunen kann), bedeutete es eine Rückkehr zu den Ursprüngen, und für mich, nun, bedeutete es allenfalls eine auf Umwegen gefundene Nuance: vom kleineren Bielersee zum größeren Lac de Neuchätel, vom Twanner Weißwein zum Blanc d'Auvernier, von der Sprachgrenze im Westen zur Sprachgrenze im Osten; der Jurahang blieb sich fast gleich, und die Sonnenuntergänge waren dieselben wie im Kinderland. Fünfeinhalb Jahre lang fuhr ich zwischen Neuchätel und Bern im Zug hin und her, jedesmal vom „Welschen" ins „Deutsche" und wiederum zurück ins „Welsche", und hatte endlich die freiwillig-unfreiwillige Muße, meine lückenhafte germanistische Bildung zu komplettieren, in der Eisenbahn Maler Nolten und den Nachsommer, den Mann ohne Eigenschaften und den Tod des Vergil, Berlin Alexanderplatz und den Zauberberg lesend. In Bern arbeitete ich als Redakteur beim Radiostudio, machte Büchersendungen und organisierte Vorlesungen, führte Autorengespräche mit Peter Bichsel oder Karl Krolow, reiste als Interviewer an die Frankfurter Buchmesse, zum neulateinischen Dichter Josef Eberle nach Stuttgart, zu Karl Kerenyi ins Tessin und zu Carl J. Burckhardt an den Genfer See. War das noch Komparatistik? Es war auf jeden Fall literarisches Leben, und es hat mich davor bewahrt, die Hochschule ernster zu nehmen, als sie es verdient. Und dann trat wieder einer jener merkwürdigen Zufälle ein, von denen man nicht so recht glaubt, sie seien zufällig. Ein Gespräch mit dem Basler Anglisten Rudolf Stamm, mit dem ich aus Anlaß einer Sendung zum 400. Geburtstag Shakespeares zusammengekommen war, brachte etwas in Bewegung, das allmählich Form annahm, und aus dem sich schließlich, wie das Küken aus dem Ei, ein wissenschaftliches Forschungsstipendium und eine Privatdozentur herausschälten. 1964 hatte ich mich am Freiburger Internationalen Komparatistenkongreß noch als Reporter herumgetummelt und Franfois Jost über le mot et la chose befragt, 1970 in Bordeaux war ich, inzwischen Lehrbeauftragter der Universität Neuchätel, bereits als Insider (und als einziger Vertreter einer helvetischen Universität) dabei. Ich hatte das Glück, daß sich zwei komparatistisch gesinnte Westschweizer Germanisten, Werner Günther in Neuchätel und Werner StaufFacher in Lausanne, und dann die Philosophische Fakultät der Waadtländer Universität für meine Arbeit interessierten. Ich hatte das Glück, daß ich in den schwierigen Jahren einer ungefestigten akademischen Stellung für Werner Weber, den Feuilletonchef der Netten Zürcher Zeitung — heute Ordinarius für Literaturkritik an der Universität — als fester Mitarbeiter Berichte über die Literaturszene der Suisse romande schreiben und damit nicht nur meine bescheidenen Einkünfte aufbessern, sondern auch als Vermittler zwischen den Sprachgebieten und Kulturtraditionen Komparatistik hie et nunc praktizieren konnte. Ich hatte überhaupt ziemlich viel Glück, und das größte von allen: meine Arbeit mit einem möglichen Lebenssinn und einer möglichen Lebenserfüllung zusammenzubringen. Später kam das Lausanner Extraordinariat. Es kamen zwei Gastsemester in den USA. Schließlich das Ordinariat. Ob ich je ein .ordentlicher' Professor sein werde? Heute lehre ich auf dem modernsten Universitätscampus der

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Schweiz, alles schon ein wenig XXI. Jahrhundert, aber zwischen BFSH (Bätiment des Facult£s des Sciences Humaines) und BCU/D (Bibliotheque Cantonale et Universitaire de Dorigny) zieht sich eine Allee von alten Bäumen und fließt ein Bach mit buschigen Ufern. Coppet bleibt in Reichweite, der Blick geht nach Süden auf den See, und die Sonnenuntergänge im Westen sind rötlich gefiedert. Das alles gehört nun schon nicht mehr zur Geschichte, wie ich Komparatist geworden bin. Hätte es die Komparatistik nicht längst gegeben, ich hätte sie erfinden müssen. Sie, verehrter Herr Jubilar, wahrscheinlich auch. „In diesem Sinne", wie es geziemend heißt: ad multos annos. Ihr Manfred Gsteiger

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Der Weg eines Elsässers zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft Jean Paul hätte wahrscheinlich das imponierende Wortgebilde, das mir immer wieder wie ein Ritter in voller Rüstung erscheint, als etwas schwerfällig empfunden. Ausdruck eines redlichen, aber humorlosen Bemühens1: Für das Begreifen, das nur Verhältnisse, nicht lebendige Gestalten begehrt (wie etwa die Phantasie), ist keine Kürze zu kurz; denn diese ist Klarheit. Wäre das geläufigere Wort ,Komparatistik', um des Humors und der Kürze willen, besser geeignet gewesen, sich einen stillen Platz im Vokabular eines Autors zu sichern, der die Notwendigkeit deutscher witzigen Kultur einsah und verteidigte? Es evoziert zwar das Artistische, das Jonglieren, wirkt aber zu künstlich, als daß es als witzig gelten könnte; in der Vorschule der Ästhetik stünde es dem Lächerlichen näher als dem Humorvollen. Die paar persönlichen Erfahrungen und Reflexionen, in knapper Form skizziert, haben einen inneren Bezug zu Jean Pauls Grundkonzeption, der mir aber erst allmählich bewußt geworden ist. Auch dieser Beitrag hat eine propädeutische Funktion. Er versucht nicht einige programmatische Ideen über die eigentliche Sache — die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, ihr Wesen und ihre Funktion — zu entwerfen; er möchte hingegen andeutungsweise den Weg beschreiben, der, in einem Grenzland — dem Elsaß — beginnend und in dasselbe zurückführend, zur existentiellen und politischen Erfahrung des Vergleiches, der Sprache, der Literatur geführt hat. Es handelt sich also um Prolegomena eines wissenschaftlichen' Faches; besser noch um Bausteine eines Eigenheims innerhalb eines übermächtigen, weltumspannenden Gebäudes. In diesem vorwissenschaftlichen Bereich hat die Ich-Form sozusagen eine natürliche Berechtigung. Das Elsaß ist ein Grenzland; aber für den jungen Elsässer ist es vor allem die Heimat, das heißt ein Ort als Mittelpunkt, von welchem aus, weil Innenwelt und Außenwelt aufs engste ineinandergreifen und sich gemeinsam entwickeln, das Universum als etwas Grenzenloses erscheint. Meine engere, meine echte Heimat ist der Sundgau im südlichen Teil des Elsaß; die Sprache des Volkes in dieser hügeligen Landschaft ist das Alemannische. Meine Jugend verbrachte ich in meinem Heimatdorf vor dem zweiten Weltkrieg. Die Volksschule — die „ primaire pour garcons et filles" — verursachte die erste Wende und zwang Vergleiche auf, die nicht freimütig und offen ausgetragen werden konnten, sondern meistens verdrängt wurden. Wie wahrscheinlich für viele Kinder und Jugendliche hatten für die jungen Sund1

Jean Paul: Werke V (Vorschule der Ästhetik), München 1963, 177.

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gauer „Büaba" die Wörter, die sie sich aneigneten, die Kraft und die Freiheit echter Lebewesen: Sie schwirrten umher wie die „Summervegel'' (Schmetterlinge) in den Junitagen, krächzten wie „d'Kraabe" (die Raben) im Herbst, füllten die Stube mit dem Geruch der „gbratini Äpfel in d'r Chunscht". In der „ecole primaire" vollzog sich eine eigenartige, tiefgreifende Umstellung. Die Wörter schwebten nicht mehr frei umher; in seltsame Buchstaben zerlegt, mußten sie fein säuberlich in das Heft geschrieben werden. Die Büaba und Maidia strengten sich an, um die „pleins" und die „delies" zu zeichnen. Wehe wenn irgendein Buchstabe mit dem Kopf oder dem Fuß die Linie des Heftes leicht durchbrach! Ein Beispiel mag diese peinliche Umstellung verdeutlichen. Für die Kinder des Sundgaus ist der Mond am nächtlichen Himmel ein erstaunliches Phänomen und ein bezauberndes Erlebnis. Er erscheint wie eine Sichel, die an den runden Teil eines a erinnert — so lehrten es die Eltern — und dann folgte der Halbmond. Erhebt sich irgendwo anders der Vollmond in solcher Pracht? Im Herbst, wenn bereits leichte Nebelschwaden über die stillen Auen ziehen, steht er wie eine mächtige Kugel am Horizont, da wo Basel liegt; ganz deutlich erkennt man die dunkle Gestalt des Mann im Mond mit seinem Reisigbündel auf dem Buckel, der, weil er sonntags leichtes Brennholz sammelte, nun für immer auf dem fernen Gestirn hausen muß. Zum Schluß des sich immer wiederholenden, aber dennoch immer gleich wunderbaren Zyklus ist wieder eine Sichel sichtbar, diesmal in der Form eines begonnenen z. Zuerst wirkt sehr befremdend, daß dieses seltsame und dennoch vertraute Gestirn sein Geschlecht wechselt: „la lune", d'r Mond; aber noch verwirrender ist die unverständliche Verbindung des nächtlichen Freundes mit den strengen Forderungen der Rechtschreibung. In den „ecoles primaires" spielt (spielte?) die Orthographie, die an Bizarrerie kaum überboten werden kann, eine wesentliche Rolle. Eine militärische Ordnung herrscht in der Schreibweise der Buchstaben und in der Art, sie sorgfältig aneinanderzureihen. Der Punkt muß genau auf dem Stab des i sitzen, weder leicht rechts noch links. Ein Bild sollte dies einprägen: „la lune: un point sur un i"; es stammt, so wurden wir belehrt, von Alfred de Musset. Der war bestimmt nie im Sundgau gewesen; kein Sundgauer Büab oder Maidle verstand, wieso das wunderbare, stets ganz langsam in seiner Form sich verändernde Gestirn zu einem winzigen Pünktchen reduziert werden konnte. Man mußte sich so gut wie möglich mit einer merkwürdigen, aber auch peinlichen Situation abfinden. Die französische Schulbehörde hatte den Gebrauch des alemannischen Dialekts strengstens verboten, selbstverständlich in der löblichen Absicht, den Französisch-Unterricht mit besten Kräften zu fördern. Wir hatten „Gleecker" in den Hosentaschen, durften aber nur „jouer aux billes". Sollte ein alemannischer Brocken einem Jungen innerhalb des Schulbereich entschlüpfen, so mußte er Zuhause irgendeinen Satz hundertmal abschreiben, oder es gab eine „retenue". In seinen Erinnerungen erwähnt Hans Mayer2 in prägnanter Form das leidige Sprachenproblem, das in den dreißiger Jahren das politische Leben des Elsaß verunsicherte, als Folge des politischen und administrativen Zentralismus und einer strikten „politique d'assimilation", die unter dem Vorwand der 2

Ein Deutscher auf Widerruf. Erinnerungen, Frankfurt/M. 1982.

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Gleidiheit jegliche regionale Eigenart verkannte, ja sogar auszumerzen versuchte. Er, der noch vor der „Machtergreifung" von Berlin über Belgien nach Straßburg geflüchtet war, begann mit sechsundzwanzig Jahren seine journalistische Karriere in der Hauptstadt des Elsaß als Redakteur (aber nur ein Jahr lang) an der Netten Welt, einer Tageszeitung in deutscher Sprache, die der damalige kommunistische Oberbürgermeister von Straßburg, Charles Hueber, herausgab. Die linguistische und kulturelle Situation hat sich inzwischen grundlegend geändert. Trotz aller politischen Differenzen und Vorbehalte muß doch das Verdienst der sozialistischen Regierung Frankreichs seit 1981 um ein besseres Verständnis der Regionalkulturen innerhalb eines seit nahezu zwei Jahrhunderten jakobinistisch geführten Staates anerkannt werden. Auf jeden Fall ist es zum erstenmal in der Kulturgeschichte des Elsaß, daß ein „Recteur d'Academie" höchst offiziell die Bedeutung der Kultur des Elsaß, insbesondere einer seiner wesentlichen Komponenten, des Dialektes, für das Schulwesen hervorhebt3. Mich überrascht immer wieder, wie schwierig es für große Institutionen ist, besonders für diejenigen, die von Staats wegen über Unterricht und Erziehung bestimmen, einfache „verites de bon sens" zu begreifen und sich nach ihnen zu richten; man schmiedet ambitiöse Pläne für die Zukunft, die dann meist nur auf dem Papier bleiben, und mißachtet die Forderungen der Gegenwart. 1940, nach der raschen Niederlage des französischen Heeres, erfolgte eine neue, aber viel tiefergreifende Wende. Das Elsaß kam plötzlich „heim ins Reich"; es mußte sich seines Deutschtums bewußt werden. Die germanischen Dialekte, alemannisch im Süden, fränkisch im Norden, wurden jetzt als höchstes Kulturgut gepriesen, aber nicht in ihrer natürlichen, überkommenen Form. Viele Wörter sollten „ausgemerzt" werden — so hieß der behördliche Eingriff. Man sagt im Elsaß nicht „guten Tag", auch nicht „Heil Hitler", sondern „Buschur" (bonjour), nicht „Geldbeutel", sondern „portemonnaie". Man mußte sich umstellen; wer Roger hieß, nannte sich nun Rüdiger, die rue du Sauvage in Mulhouse wurde zur Adolf-Hitler-Straße, und Colmar sollte mit einem K geschrieben werden. Überall erschienen Plakate, worauf zu lesen war: „Heraus mit dem welschen Plunder"; ein wilder Besen fegte französische Bücher weg. Dieses Erlebnis wurde sehr bedeutsam für mein Verständnis der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft. Ahnten die damaligen Machthaber, daß sie mit den französischen Büchern auch deutsche Kulturwerte herausschmissen? Mit Gerard de Nerval Goethe, mit Baudelaire den „göttlichen" (le divin) E. T. A. Hoff mann, ja sogar Richard Wagner, mit J. K. Huysmans Schopenhauer? Konnten sie überhaupt verstehen, wie sehr Werke des Geistes, obschon einer nationalen Kultur zugeordnet, mit anderen Kulturformen aufs innigste verflochten sind. In anderen Worten: Was sich ins Bewußtsein drängte, war die Einsicht in die übernationale Bedeutung einzelner Werke der Dichtung. (Mir scheint nun, daß dies zu verdeutlichen eine der 3

Circulaire rectorale sur la langue et la culture regionales en Alsace, Strasbourg, 9 juin 1982.

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wichtigsten Aufgaben der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft ist.) Die deutsche Sprache stand im Elsaß auf dem Lehrplan der Volksschule („icole primaire"); zwei Stunden pro Woche, wenn ich mich erinnere. Sie wurde in einer seltsamen Schrift, der gotischen, vermittelt, wodurch sie die Beziehung zur Gegenwart völlig verlor und als etwas Fernes, Mittelalterliches erschien. Die Nazis ersetzten die gotische durch die Sütterlin-Schrift. Diese Umstellung, obschon befremdend, war unerheblich im Vergleich zum Programm der „Umschulung" und der „Gleichschaltung", das den elsässischen Abiturienten verordnet wurde und jegliche Vergleichsmöglichkeit ausschloß. Was hieß umgeschult, gleichgeschaltet werden? Völlig eingehen in eine unbestimmbare, mysteriöse Welt, ohne Beziehung zu anderen Kulturen, selbstherrisch in ihrem Anspruch; Dichtung und Literatur, das war eine völkische Ausdrucksform, ein Raunen durch die Zeit, von den Uranfängen bis zur Gegenwart, manchmal in wilden, stürmischen Tönen hervorbrechend. Wir wurden eingeweiht in die religiös anmutenden Mysterien des völkischen Theaters eines Kurt Langenbeck, in das Frankenburger Würfelspiel von Eberhard Wolfgang Möller, in die konfusen Vorstellungen über Rasse und Seele, die L. F. Clauss darbot. Das Sich-Lösen aus einer solchen „völkischen Gemeinschaft", der Bruch mit einem System und seinen unausstehlichen Wirkungen, von manchen erahnt, führten zur Entscheidung, über die Schweiz in das unbesetzte Frankreich zu fliehen. Ich erwähne diese dritte Wende von existentieller Bedeutung, die eine innere Wunde, die nie heilen würde, verursachte — meine Mutter wurde wegen meiner Tat deportiert —, weil zu ihrem Vollzug die mehr enthusiastische denn wissenschaftliche Erfahrung mit Werken der Literatur und der Dichtung eine bedeutende Rolle spielte. Ich floh des Nachts über die Schweizer Grenze und hatte in meinem kleinen Rucksack die Pensees von Pascal, Schillers Über die ästhetische Erziehung des Menschen und Also sprach Zarathustra von Nietzsche. Diese Zusammenstellung mag einem Literaturwissenschaftler eigenartig, wenn nicht willkürlich vorkommen. Zur nachträglichen Erklärung nur dies: in jener (für mich) , vorwissenschaftlichen' Zeit eröffneten mir die erwähnten Werke eine Form der Freiheit, die mir heute noch lebenswichtiger erscheint als die politische Freiheit, weil sie die Grenzen der politischen Macht erkennen läßt und jenseits aller staatlichen, völkischen und nationalen Bedingungen eine menschliche Gemeinschaft erschafft, weder idealistischer noch utopischer Art, sondern tief verankert im Existentiellen. Wegen illegalen Überschreitens der Schweizer Grenze befand ich mich während acht Tagen im Gefängnis von Porrentruy. Ich möchte nicht behaupten, daß eine solche Erfahrung den Umgang mit literarischen Werken fördert, aber sie schärft den Blick für den tieferen, ja sogar für den ethischen und moralischen Wert philosophischer und poetischer Werke — wieviel innere Hemmungen und Vorbehalte erschweren uns Heutigen den Gebrauch der Begriffe ,ethisch' und ,moralisch'? Auch wäre es verfehlt, dieses jugendliche Erlebnis, das der Phantasie plötzlich freien Raum ließ, als Bekenntnis zu einer vagen Lebensphilosophie zu deuten, wodurch Werke des Geistes kritiklos mit Lebenserfahrungen identifiziert werden.

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Im unbesetzten Frankreich hatte ich als völlig mittelloser Flüchtling 1942 die Chance, die Bekanntschaft u. a. mit Gertrude Stein, die mich einige Zeit beherbergte, und mit dem feinsinnigen Dichter Francis Ponge zu machen: Er ernannte mich zum „correspondant local" in Belley (Ain) des Progres de Lyon; diese Nebenfunktion war finanziell nicht sehr ergiebig, sie ermöglichte mir aber, des öfteren kostenlos nach Lyon zu fahren und dort in der städtischen Bibliothek zu arbeiten. Der Umgang mit Gertrude Stein — sie schrieb damals Wars I Have Seen —, mit Francis Ponge — er veröffentlichte 1942 Le fartl pris des choses —, auch mit dem bescheidenen, äußerst belesenen Raymond Schwab ermöglichte mir zu erkennen, wie sehr in unserer Zeit das literarische und poetische Schaffen sich in einem übernationalen geistigen Raum vollzieht, in dem das ,Allgemeine' und das Dergleichen' zu den nahezu selbstverständlichen Bedingungen gehören. Gertrude Stein war zu Beginn dieses Jahrhunderts nach Paris gekommen, um, wie sie mir sagte, auf Anregung von William James die Psychologie der europäischen Völker zu studieren: In ihren Augen war der Erste Weltkrieg der letzte (auch der größte) europäische Krieg; der Zweite Weltkrieg hingegen, obschon von Europäern entfacht, würde als amerikanischer Krieg mit den technischen und strategischen Konzeptionen der neuen überseeischen Weltmacht geführt werden. Als Abiturient war ich zur „Umschulung" und „Gleichschaltung" während nahezu anderthalb Jahren im Dritten Reich; mit der lere Armee Franjaise kam ich im April 1945 in ein ganz anderes Deutschland, mit seinen desolaten, zerbombten Städten, seinen gespenstisch herumirrenden Menschengruppen. Aus den vielfältigen Erfahrungen in den ersten Jahren der Nachkriegszeit möchte ich in diesem Beitrag nur diejenigen berücksichtigen, die meinen Weg zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft markieren sollten. Es war die Zeit — sie scheint bereits in eine mythische Ferne gerückt — des „unconditional surrender", der Kollektivschuld, des Auflösens des deutschen Staatswesens und der Übernahme der deutschen Souveränität durch den von vier Siegermächten konstituierten Kontrollrat — d. h. des praktischen Auflösens (für wie lange?) einer Nation. Wenn auch die sich überstürzenden Geschehnisse jener Periode weit entrückt zu sein scheinen, bleiben ihre Folgen und Nachwirkungen, meistens unterschwellig, immer noch aktuell. Materielle Not war vorherrschend; die von Angst gepeinigten Menschen hatten kaum Zeit, über „Kollektivschuld" nachzudenken, sondern mußten all ihre Kräfte für die Bedingungen des einfachen Überlebens einsetzen. Man scheute keinen noch so langen Weg, um ein paar Kartoffeln zu ergattern. Aber ebenso intensiv wie der physiologische Hunger war der geistige Hunger. Ich hatte dieses Phänomen bereits im besetzten Frankreich feststellen können. Mit welchem Eifer, mit wieviel Erwartungen strömten die Menschen zu Dichterlesungen, in dürftigen Behelfsräumen veranstaltet, ohne all die Requisiten heutiger Kulturveranstaltungen! Wann und wo wurden Kunstausstellungen mit solch inniger Anteilnahme besucht, wie diejenigen die Maurice Jardot in Verbindung mit Kurt Martin im Freiburger Augustinermuseum veranstaltete (Matisse, Braque, Juan Gris .. .)? Sinn und Funktion von Kunst und Literatur beschränken sich nicht auf die Freizeitgestaltung.

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Die zweite Erfahrung bezieht sich auf das In-Frage-Stellen allgemeiner, verallgemeinernder Begriffe. Die „Kollektivschuld" hatte zur bewußten oder unbewußten Voraussetzung, daß man die Deutschen en bloc beurteilte. Während meines ersten, von den Nazis verordneten Aufenthalts auf deutschem Boden war mir 1941 aufgefallen, daß die Marktfrauen am Fuße des Freiburger Münsters ihre Kunden immer mit „Grüaß Gott" anredeten. Nach 1945 bemerkte ich die gleiche, wahrscheinlich seit Jahrhunderten bestehende Gepflogenheit. Und ich mußte erkennen, wie unterschiedlich Deutsche sein können; dies führt zur Einsicht — die wohl auch für die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft gilt —, daß man, um den anderen zu verstehen, um Vergleiche herzustellen, stets bereit sein muß, seinen eigenen Standpunkt, sein vertrautes Bezugssystem aufzugeben, und versuchen, die Dinge aus der Sicht der anderen wahrzunehmen. Deswegen betrachte ich die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft als ein dynamisches Fach, das eine eigenartige geistige Beweglichkeit und Kopf Verrenkung erfordert; sie sollte den „Sitzenden", die Arthur Rimbaud evoziert, versperrt bleiben. Mein Umgang mit den geistig Schaffenden, wie es im Deutschen so schön heißt, der damaligen Zeit hatte ferner zur Folge, daß traditionelle Vorstellungen — die Gleichsetzung von Kultur und Politik, das Subsumieren so vieler, völlig unterschiedlicher Phänomene unter einem übergeordneten Begriff (Frankreich, Deutschland, England.. .), ja sogar die Idee der Nationalliteratur — ins Wanken gerieten. Ich erinnere mich an einige vertraute Figuren, an den bescheidenen Walter Heist in Mainz, der sein Studium der Romanistik während der Nazizeit aufgeben mußte, nach 1945 Presse-Chef des Mainzer Magistrats wurde und entscheidenden Anteil an der Bildung der Gruppe 47 nahm, an den Journalisten und Hebel-Forscher Eberhardt Meckel in Freiburg; ich machte Bekanntschaft mit Martin Heidegger und seinem französischen „disciple", Jean Baufret, schloß enge Freundschaft mit dem feinfühligen Dichter Reinhold Schneider und mit Hugo Friedrich, dem subtilen Romanisten, der ganz natürlich ,allgemein und vergleichend' zu denken vermochte. Von verschiedenen Standpunkten aus erkannten sie alle, daß Literatur und Dichtung — sowie Kunst und Philosophie — an sich übernationale Erscheinungsformen des menschlichen Geistes sind; sie erahnten auch, daß nun, da die Nation im Politischen verschwunden war und in der historischen Kontinuität nicht mehr bestand, sie dennoch im geistigen Bereich, aber aufs engste verwoben mit den Werken anderer Völker, erhalten blieb. Das Schrifttum, wie es Hugo von Hofmannsthal verstand, ist nicht nur der geistige Raum der Nation: es ist das gemeinsame Gut verschiedener Völker. Der skizzierte Lebensweg, mit viel Umwegen, führte zurück in das Grenzland Elsaß. Für die Romantiker war die Arabeske die Form der Wanderung des Menschen in Zeit und Raum, wodurch seine Traumwelt sich auf geheimnisvolle Weise verwirklicht. Das Bild gilt nicht mehr für uns Heutige: Zu schroff sind die Wendungen, zu knapp die Frist zu lebensbestimmenden Entscheidungen. Welche Einsicht in die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft eröffnet dieser Weg? Der Begriff Nationalliteratur wurde fragwürdig; dies hat zur Folge, daß die Auffassung über Zielsetzung und Methode der „litt£rature

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comparee", wie sie etwa M. F. Guyard definiert, obwohl sie ihre Berechtigung behalten mag, ihren allgemeingültigen Anspruch verliert4: „La litterature compare, avons-nous dit, c'est l'histoire des relations litteraires internationales." Eine solche Konzeption bevorzugt ganz natürlich die nationale und internationale Bedeutung literarischer und poetischer Werke. „Mais c'est un autre fait que chaque homme, et meme chaque groupe, et meme chaque pays se fönt des autres peuples une image simplifiee, ou subsistent seuls des traits, parfois essentiels a l'original, a d'autres moments accidentels. II n'y a pas l'Allemagne, mais l'Allemagne de Michelet, celle des philosophes, celle des Fran5ais... Ne plus poursuivre d'illusoires influences g nerales, chercher ä mieux comprendre comment s'elaborent et vivent dans les consciences individuelles ou collectives les grands mythes nationaux, tel est le changement de perspective qui a provoque depuis une trentaine d'annees en France un verkable renouvellement de la li^rature comparee..." 5 Das wissenschaftliche Interesse solcher Forschungsaufgaben, zu denen auch die sogenannte komparatistische Imagologie gehört, soll nicht bestritten werden, aber, so scheint mir, synthetische Gesamtdarstellungen, die zu ihrer Zeit wahrscheinlich vollberechtigt waren wie etwa Giraudoux et l'Allemagne oder Rilke et la France, werden wegen anderer Erfahrungen, die das Verhältnis zwischen Werken der Kultur und nationalen politischen Geschehnissen differenzierter erscheinen lassen, kaum mehr möglich sein. Was Rilke bei der Betrachtung der Werke von Rodin und , beim Lesen der Fleurs du Mal sucht und wahrnimmt, das ist nicht „l'image de la France", sondern exemplarische Erscheinungsformen moderner Kunst und Poesie in ihrer zugleich ästhetischen und existentiellen Funktion. An die Stelle der „Histoire des relations litteraires internationales" rückt eine immer wieder sich erneuernde Wechselbeziehung zwischen Texten verschiedener Sprachen, die sowohl das „Historische" sowie das „InterNationale" transzendiert. Diese „Intertextualität" wird eigentlich im Hegelschen Sinn des Wortes „aufgehoben" in einer umfassenderen Geschichte (nicht Historic) der Kulturbeziehungen. Zwei Beispiele mögen einige Implikationen dieser Auffassung der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft verdeutlichen. Das erste bezieht sich auf die Literatur des Elsaß und das zweite auf Goethes Aufenthalt in diesem Grenzland (das aber damals, vor der Entstehung der Nationalstaaten, mehr eine Provinz der Verbindungen als der Grenzen war). Mein Weg führte mich erst spät, nach manchem Umweg, zum dichterischen Werk von Nathan Katz (1892—1981). Während meiner Schulzeit ignorierten sowohl die „ primaire" sowie das „college" Nathan Katz, der mir heute als der subtilste und mächtigste Dichter des Elsaß seit dem Mittelalter erscheint. Mehr noch: Als die Nazis 1940 ins Elsaß drangen, brachten sie ein Buch mit, betitelt Lesebuch für die Volksschulen im Elsaß 1940. 5. bis 8. Schuljahr; herausgegeben vom Chef der Zivilverwaltung im Elsaß, Lahr, 1940. Darin figuriert Adolf Hitler neben J. P. Hebel und verschiedenen elsässischen Dichtern. Etwas später erschien Die Frucht. Elsässische Lyrik der Gegenwart, Straßburg (Hünenburg 4 5

La litt, comp., Paris 1958, 12. Ibid. 110 f.

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Verlag), o. D. In beiden Werken fehlt Nathan Katz, dessen Hauptwerke in alemannischer Sprache bereits veröffentlicht waren. Nathan Katz war Jude. Sein Werk — Das Galgenbüchlein, Sundgaü Gedichter. O loos da Rüef dur D'Garte, die Dramen Annele Baltbasar. Stick in vier Akte, D'Ardwlbele. Ein Spiel im Sundgau in 8 Bildern, verschiedene Kurzerzählungen — ist für die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in mancher Hinsicht von Interesse. Das Wort Martin Heideggers, das J. P. Hebel als einen „weltweiten Dichter" bezeichnet, gilt auch für Nathan Katz. Die Beziehungen zwischen Nathan Katz und J. P. Hebel passen nicht in das Schema der „histoire des relations litteraires internationales". Nathan Katz ist weder ein „po£te rigional" noch ein „ national". (Selbstverständlich gibt es auch im Elsaß manchen liebenswerten Poeten von nur lokalem Interesse.) Nathan Katz hat Gedichte von Shakespeare, Robert Burns, Tennyson, Mistral, Pe'guy, Guillevic u. a. ins Elsässisch-Alemannische übertragen*. — Man mißtraue voreiligen Vergleichen. Nathan Katz bietet ein Beispiel dafür, wie vom Einzelwerk aus das Übernationale und vor allem die ,Welt' in ihrer vielfältigen Bedeutung entdeckt werden können. Weltliteratur ist nicht ein positivistischer Sammelbegriff, der die verschiedensten Nationalliteraturen aufzunehmen vermag: Sie entsteht aus dem immerwährenden Zusammenwirken von Einzelwerken, die, jedes auf seine Art, ,Welt' beinhalten. Das zweite Beispiel bezieht sich auf ,Goethe im Elsaß', d. h. auf ein von den Literaturwissenschaftlern mit Vorliebe erforschtes Thema. Wer kennt denn nicht Goethes Jugendliebe? Die Germanisten bezeichnen sie als „Idyll" (wer kann darüber entscheiden?). Ich möchte abschließend nur einige Gedanken anführen. In Straßburg entdeckt der junge Goethe — wahrscheinlich durch Herders Vermittlung — Shaftesbury. Dieser war der erste, der im XVIII. Jahrhundert den Künstler mit dem antiken Mythos des Prometheus in Zusammenhang brachte. Goethe bezieht sowohl von Steinbach, den Erbauer des „deutschen" Münsters, sowie Shakespeare, den er als „Freund" apostrophiert, auf die Symbolkraft des Prometheus; die Bedeutung dieser eigenartigen, originellen Zusammenstellung kann nur .vergleichend' erfaßt werden. Die in der Entwicklung der Ästhetik entscheidende Dialektik zwischen Genie und Geschmack ( et goüt), wie sie etwa Diderot entwickelte, wird weitergeführt, aber auch essentiell transzendiert durch die moderne Wiederbelebung eines antiken Mythos. Das dramatische Fragment Prometheus ist ein Beispiel, das nur vergleichend' das Ineinanderwirken des Gedankenguts der lumieres, der Philosophie Rousseaus und der Bestrebungen des Sturm und Drang erkennen läßt. Die in Straßburg entstandenen oder konzipierten Jugendwerke sind nicht nur essentielle Texte einer Nationalliteratur: Sie sind Bestandteile der europäischen Literatur in deutscher Sprache.

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Victor Hell: Nathan Katz. Itineraire spirituel d'un poete alsacien, in: Poesie popttlaire: tradition et renouveau. Des textes de Shakespeare, Robert Burns, Tennyson, Mistral, Peguy, Guillevic . .. en alemanique, Colmar 1978.

W. WOLFGANG HOLDHEIM Curriculum Vitae If the prerequisite for becoming a comparatist is perdiance an inability to make up one's mind, then I must have been the quintessential comparatist from the start. In my undergraduate years (at the University of California at Los Angeles) I was successively a student of Sociology, History, Philosophy, and finally French Literature. At that point a Bachelor of Arts degree caught up with me, so that further immediate change became too impractical even by my standards. I stuck with the subject for my Master of Arts (still at UCLA) and even for my Doctorate (at Yale University), although my doctoral dissertation showed signs of my constitutional uncertainty: dealing with Gide and Nietzsche, it was both comparative and interdisciplinary. In my ensuing professional career, I soon gravitated towards Comparative Literature programs, until I was finally called to the chair in Comparative Literature at Cornell which I still occupy. These are the bare outlines, and they must contain some hidden logic. If so, it can only be found (perhaps!) by retrospective interpretation — but this does not bother me, because it fortunately is a procedure to which I am accustomed ex officio. Candor forces me, however, to begin by stating that the logic of my development was not clear to me at the time at all. I like to think that my vacillations reflected a quest for my authentic vocation, and they probably did — but if I now try to recall the ad hoc motives for my changes, it looks as if I mainly blundered along. Sociology, I remember, repelled me almost immediately because I was asked to read statistics instead of Max Weber and Karl Mannheim. I have forgotten why I failed to persist in History. I left Philosophy because in those days, in the United States, it meant either pragmatism or logical positivism, but also because a young professor told me (about 1948) that there were few jobs in the field — the only thoroughly careerist consideration, I am happy to say, that ever moved me. I then faced the choice of a national literature. I rejected English because of my German accent, which was then even thicker than it is now. I did not want to go into German because (so I argued — believe it or not!) I knew the language and was not unfamiliar with all of the literature, and felt that I should really study something important with which my familiarity was minimal. I did know French imperfectly and was almost ignorant of French literature. I therefore decided that I was ideally qualified for the study of that subject. This is indeed the way things then presented themselves to my mind, I now realize that I must have ben impelled by other, more complex reasons, unbeknown to myself — especially in the choice of French. It is almost certain

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that there I was moved by the need to find a counterweight to (perhaps even to get away from) a German heritage which had become problematic for me in my early twenties, right after the war; more than one German emigrant of that generation went into French studies, partly for reasons of this kind. On the positive side, I hope and believe that my choice also reflected a desire to expand my cultural horizon — to conquer or reconquer for myself that broad framework of Western culture into which I had been born, in which I had been brought up as long as a rational education was still possible, and which had been all but shattered by the war and what had preceded it. Surely that tradition did need reconstituting and redefining on the most general level — but for those with my particular background, that reconstitution was nothing less than a quest for identity. There were quite a few of us who studied at the Yale French Department, where we had been received with open arms and found the spirit we needed. In fact it is impossible to do full justice to the atmosphere of broad-minded liberality which was then radiated by that Department, under the chairmanship of Henri Peyre. It was not only an institution for training scholars, it was a veritable center of civilized discourse, a community free from all provincialism and sectarianism. One should record such moments: It is bad enough that they must pass, it would be even worse if they were to be forgotten. I certainly learned about French literature and could indulge my growing love for it. But there was nothing limiting in this training and this experience, and if by any chance I really had ideas about getting away from the German tradition, I had certainly come to the wrong place. I encountered that tradition at its best in Erich Auerbach, a prime representative of a Romanistik which was truly 'comparative' in its range. I gradually came to realize and accept the fact that this intellectual tradition remained mine, albeit refracted (fruitfully, I trust) through an unusual number of international experiences which included prolonged stays in the Netherlands and the United States, and eventually study in France as well. Mindful of Goethe's injunction, I therefore set about acquiring what I had inherited, so that I might possess it. Looking back, how could I really fail to be a comparatist? I was never anything else, even before I came to formalize the fact professionally. That formalization was natural and inevitable. It was furthered by the growing number of Comparative Literature programs and departments in the United States — a growth that clearly betokened a reaction against the narrowness of national approaches to literature. For once, my own propensities coincided with a general trend. The study of French in the United States is not the old German Romanistik (which — let us be fair — was rather an exception in the German academy as well). Nor is it usually practised in the spirit that characterized the Yale French Department thirty years ago. French departments are national literature departments like others. They fortunately lack the material basis for the exacerbated provincialism that often typifies the departments representing the native literature in every country — an attitude based on the all-too-human conviction that the biggest must be the best and the most important, that the tenfold number of professors and lecturers proves

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the tenfold value of the subject. But French departments in the United States do occasionally tend to have a peculiar little national emphasis of their own. For some, indeed for many, French is a Liebhaberfach (we have the thing but not the term), they study and teach it because it is terribly civilized to know the language and to read the literature. This has in many cases led to a habitual stance of rapt admiration for everything literary or intellectual imported from France, much as some ladies of the provinces will gratefully and uncritically extol and wear all the sartorial products corning from Paris. I must admit that this factor gave some extra impetus to my comparative instincts. Ultimately, my reasons for choosing an academic profession had been cognitive rather than sartorial. I continue to be better versed in the literature of France than in any other, to love and admire it together with French thought and culture, but I think that I can honor those subjects most fruitfully by studying them in the broad perspective they deserve, and with the sympathetic detachment that befits an intellectual discipline. Comparative Literature, however, has yet another aspect: it is (and should be) the sphere not only of breadth but also of depth. It is the natural locus for the self-reflection of literature, for that complex endeavor which is now commonly referred to as literary theory. The term, to be frank, has become unbearably clich£ified by now; so, in too many cases, has the activity. For quite a few years now, we have been swamped with efforts in theorizing, and not all of them have been valuable. Theory as well has both a breadth and a depth dimension, it can range from the acute to the downright nonsensical, and if it can be supremely knowledgeable, it can also become narrow to the point of a totally lacking all perspective. By virtue of my background and my training, I was virtually condemned to the painful recognition that much of the theorizing which came our way was squarely on the negative side of the spectrum, and at its worst threatened to lose any connection at all with both literature and reflection. I suppose it really took little to make me revert to my early philosophical interests. Reactivating them, and drawing on my own reacquired intellectual tradition, I have done my best to clarify theoretical issues, to place literary theories in their proper contexts and to judge them by their merits. Thus I have myself been led to give more time to theorizing than I would ideally have liked. But I do believe that we have an educational task to fulfill, and one should consider the dangers of an invasion of heavyhanded ideologizing in a period when historical perspective (in our field the basis of all perspective) is dwindling, and in a very pragmatic country where most students have not been vaccinated with the philosophical antibodies that permit one to evaluate the speculative urge (one's own and that of others) in a critical way. There are, in fact, special dangers for Comparative Literature implicit in this situation. In a sense, in the United States, we comparatists are becoming victims of our success: The trouble is not that we fail to be accepted, the problem is that everyone now deems himself a comparatist. This illusion is supported by the all too frequent assumption that literary works exist for the express purpose of illustrating current theories. The result is often a criticism in which all works tend to become the same, to shrink into one 4 arcadia Sonderheft

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homogeneous mass, regardless of time, place, language, or individuality. The trend is there; if it were to prevail, then a 'comparative literature' of sorts would indeed be the ideal limit, because everything could in principle be compared (no: reduced) to everything else. By a bizarre reversal, the discipline that set out to acknowledge diversities, embrace multiplicities, and open up horizons could thus be made to become the nee plus ultra of a horizonless reductionism infinitely more narrow than any national approach could ever be. It would be very easy to be a comparatist then. If one stays in the field, it is also for the purpose of helping to render it more difficult. Of course there are gratifying rewards. I seem to have been able to revive all my one-time concerns. Perhaps there was really some logic in those intellectual peregrinations. Philosophy, History — and you guessed it: I still read Max Weber and Karl Mannheim as w e l l . . .

GERHARD R. KAISER Komparatistisdie Vexierviten

j e . . . reqoy plus facilement la difference que la ressemblance en nous.

Bei einem seiner letzten Besudle in New York bekam S. G. vor dem Metropolitan Museum of Art einen Zettel aufgedrängt, mit dessen Hilfe ein demokratisdier Kandidat für seine Wahl zum Senat warb. Er warf den Zettel nicht weg, wie er sonst in solchen Fällen zu tun pflegte, denn ihn interessierte der Vorwurf des Rassismus, der dem republikanischen Mitbewerber in dicken Lettern — wenn glaubhaft, dann schwerlich folgenlos in der Vielvölkermetropole New York — entgegengehalten wurde. Beim abschließenden „SixPoint Program" angekommen („Clamp down on drugs and crime" usw.), wollte er den Zettel schon zusammenknüllen, als er am Ende des Forderungskataloges einige Zeilen las, die ihn bewegten: „Restore classical education in our schools. We must get back to the classics which emphasize science, great music, geometry, classical language study, and the literary classics of Dante, Shakespeare, Milton, and Cervantes." Er fühlte sich doppelt angesprochen, professionell, als Komparatist, wie auch, engstens damit verbunden, privat, als Exilant, den der etwas hemdsärmelige Zugriff vieler seiner Landsleute — nicht nur der Politiker — auf die kulturelle Tradition Europas noch dreißig Jahre nach der Einbürgerung immer wieder zugleich komisch-befremdend und sympathieheischend anrührte. S. G. war während des Ersten Weltkrieges als einziges Kind jüdischer Eltern in Berlin geboren worden, wo sein Vater als Rechtsanwalt praktizierte und übrigens mehrfach die Avantgarde, der er als Kunst- und Literaturkenner von hohen Graden verbunden war, in aufsehenerregenden Prozessen vertrat. S. G. zeigte schon früh eine außerordentliche musikalische Begabung, die nach dem Dafürhalten kompetenter Freunde des Hauses so bedeutend war, daß die Eltern es wagen durften, den Wunsch des Sohnes, die Pianistenlaufbahn einzuschlagen, mit allen Mitteln zu unterstützen. Den Staatsstreich der Nazis, den Reichstagsbrand, die Bücherverbrennungen erlebte S. G., gerade achtzehnjährig, aus allernächster Nähe, so nahe, daß es ihm notwendig erschien, unverzüglich Deutschland zu verlassen, wo er seine Eltern zurückließ, die in der festen Überzeugung lebten, die Episode Hitler werde spätestens nach ein, zwei Jahren Vergangenheit sein. Auf immer schwieriger werdenden Wegen durch die Eltern unterstützt, suchte er sich in Prag, später in Paris als Journalist durchzuschlagen (den Pianistentraum hatte er bald aufgegeben). Schließlich brach jeder Kontakt zu den Eltern ab. Die nach dem Ende des Krieges erhaltene Auskunft, sie seien

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mit unbekanntem Ziel deportiert worden, ließ der quälenden Phantasie immer nur das Eine als vorstellbar erscheinen. Der Hitler-Stalin-Pakt und der Überfall auf Polen ernüchterten S. G. gründlich in den prosowjetischen Sympathien, die er seit den zwanziger Jahren gehegt hatte, und ließen ihn der Aufforderung eines Freundes, in Südamerika Sicherheit zu suchen, ohne jedes Zögern folgen, als sich die Möglichkeit einer (bezahlbaren) Überfahrt bot. In Mexiko City, La Paz und Quito arbeitete er als Hotelangestellter, Installateur, Barpianist, Pizzabäcker, schließlich, sich langsam der akademischen Karriere nähernd, als Buchhalter und Dolmetscher. Ein Stipendium, das er dank der Fürsprache Leo Spitzers erhalten hatte, ermöglichte ihm, als er schon auf die Dreißig zuging, die Einreise in die USA zum Zweck eines Romanistikstudiums in Harvard. Von materiellen Sorgen entlastet und im Bewußtsein, eine letzte Chance nutzen zu müssen, warf er sich mit aller Energie auf das Studium und schloß es vorzeitig mit einer Dissertation über Gongora ab, auf den er durch Garcia Lorcas Deutung gestoßen war. Weitere hispanistische Arbeiten folgten in raschem Abstand, einige, wie die Analyse von Schopenhauers Gracian-Ubersetzung, durchaus schon komparatistisch gewichtet. Eine feste Bestallung, die tenure, erhielt S. G. dann aber nicht in der Romanistik, sondern in der Vergleichenden Literaturwissenschaft, wobei ihm die beeindruckenden, extensiven wie intensiven, Kenntnisse englischer und amerikanischer Literatur, die er sich nebenbei, spielerisch — so wenigstens schien es Außenstehenden — angeeignet hatte, außerordentlich nützlich waren. Seit den späten fünfziger Jahren lehrte er, zunehmend auch international beachtet, an einer Reihe nordamerikanischer Universitäten, zuletzt in Yale, respektiert und geehrt durch so ingeniöse Kollegen wie Harold Bloom und Paul de Man. Die Spezialisten schätzen S. G. nicht nur als kenntnisreichen, so subtilen wie energischen Interpreten spanisch-deutscher und spanisch-englischer Literaturbeziehungen, sondern auch wegen seiner wegweisenden Analysen der Vertonungen deutscher romantischer Dichtung. Einem breiteren Publikum der USA gilt er, der Freund von Garcia Marquez und Carlos Fuentes, als einer der wichtigsten Fürsprecher zeitgenössischer südamerikanischer Literatur, besonders des Borgesschen Werkes, im anglophonen Raum. Ausdrücklich literaturtheoretisch, gar methodologisch hat S. G. sich nur selten zu Wort gemeldet, weil er es stets vorzog, seine außerordentliche Distinktionskraft statt in Grundsatzdebatten an begrenzten literaturgeschichtlichen Phänomenen zu erproben. Die Sonderstellung, die er innerhalb der Komparatistik einnimmt, besteht, methodisch gesehen, darin, daß ihm die Internationalität der Literatur in ihren unterschiedlichsten Manifestationen durchweg zum Ausgangspunkt für eine Bestimmung der einzelnen literarischen Werke bzw. poetologischen Programme in ihrer ästhetischen und historischen Singularität wurde. Zwar weiß er, daß aus der Summe des erkennend angeeigneten Einzelnen so etwas wie die Geschichte einer Gattung oder eines Epochenstils entspringen könnte, doch gilt sein idiosynkratisches Mißtrauen all den voreiligen Synthesen, von denen er den Markt und die Köpfe gesättigt sieht. Die emphatische Parteinahme für das Einzelne, das Einzigartige ist ihm angesichts der harmloseren wie der morde-

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rischen Kollektivismen unseres Jahrhunderts mehr als nur ein wissenschaftliches Ethos. So mag zu erklären sein, daß er die Vielzahl der Generalisten und Subsumptionskünstler stets schweigend überging, sich von Viktor 2irmunskijs programmatischen Äußerungen aus den sechziger Jahren aber zu einer ausnahmsweise polemischen und nicht immer gerechten Replik grundsätzlicher Art provozieren ließ. Deutschen Boden hat S. G. bei seinen europäischen Vortragsreisen und Gastprofessuren nicht mehr betreten, vielleicht auch — Freunde wenigstens versichern es —, um sich nicht auch noch das Bild des anderen Deutschland, den Traum von dem, was an deutsch-jüdischer Symbiose möglich gewesen wäre, endgültig zerstören zu lassen. In Augenblicken wie dem vor dem Metropolitan Museum überfällt ihn jenes so schmerzliche Gefühl endgültig verlorener Heimat, der Fremdheit, gegenüber Europa wie gegenüber den USA, das die wichtigste Antriebskraft seiner wissenschaftlichen Produktivität als Komparatist bilden mag.

chacun äff eile barbarie ce qui n'est pas de son usage

]. H., Mitfünfziger, ausgemergelt, langes, strähniges Haar, westafrikanische Dörfer mit dem Tonbandgerät auf der Suche nach einer Literatur durchstreifend, die nie zuvor schriftlich fixiert worden war, wäre einem gestandenen Literaturwissenschaftler als Inkarnation verwerflichen Abenteurertums erschienen. Ihm seinerseits aber kommt, zumal wenn er ihn von Afrika aus betrachtet, der Stamm der Literaturwissenschaftler, dem er gelegentlich bei Vorträgen begegnet, so exotisch fremd vor (wenngleich keineswegs orchideenhaft schön), daß er sich fröstelnd abwenden muß. Dieser Ehrgeiz, das sechzigste oder neunzigste Buch über Thomas Mann zu schreiben, dieses nicht nur physische Absterben in fantastischen Lektürequanten, dieses Getuschel um Professuren vermögen ihn freilich zu anderen Zeiten so zu faszinieren, daß er jener an europäischen und nordamerikanischen Universitäten besonders stark verbreiteten Spezies die ernsthafte Zuwendung eines Ethnologen wünscht. Auf jeden Fall glaubt J. H. sich weitgehend frei von Neid auf all die Sicherheiten und Vorteile, in deren Besitz er die akademischen Verwalter der Literatur weiß. Ihm erscheint die Wiederaufnahme seiner afrikanischen — teilweise auf die Antillen ausgreifenden — Feldforschung stets aufs neue wie das rauschhafte Einatmen reiner Luft nach Monaten großstädtischer Abgasdünste. Wie kommt einer dazu, im afrikanischen Busch eine literarische Kultur zu dokumentieren, die, noch bevor sie entdeckt ist, vernichtet werden könnte? Wie wird einer Außenseiter? J. H., 1925 in Freudenstadt geboren, gehörte zu jenem Kanonenfutter, das der Führer nach Stalingrad für den Endsieg benötigte. Er erlebte, nein, er erlitt die Flucht aus der Sowjetunion, er sah, bevor seine Einheit gerade noch zurückgenommen werden konnte, wie die NaziBonzen Vorbereitungen trafen, sich mit dem Flugzeug aus dem eingeschlossenen Breslau zu retten, er stand fünf Kilometer vor Dresden, das brannte, und

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konnte sich, als die dritte Bombardierungswelle anrollte, des schrecklichen Gedankens nicht erwehren, wie viel schöner das Flammenmeer von oben anzusehen sein müßte. Aus der amerikanischen Gefangenschaft, in die er zuletzt geraten war, entlassen, wandte sich J. H. allen möglichen Schiebereien und Schmuggelgeschäften im südwestdeutschen Raum zu, die ihm, nach all dem, was er erlebt hatte, keinerlei Skrupel bereiteten, die für ihn ebensowenig aber, so wie er es erlebt hatte, den Einstieg in den wirtschaftswunderlichen Paternoster bedeuten konnten. Er wurde festgenommen und vor die Wahl zwischen einer mehrjährigen Gefängnisstrafe und der Fremdenlegion gestellt. Ahnungsloser als er es noch hätte sein dürfen, entschied er sich für die ^gion, die ihn, in Dien Bien Phu, jenen Obersten Castries aus der Nähe erfahren ließ, der sich schon in seiner Geburtsstadt Freudenstadt als Held bewährt hatte. Die folgenden Jahre in Algerien — sie brachten ihn wiederholt in Situationen, die man nur abgestumpft überstehen kann — übergehen wir mit Schweigen. Als Mittel gegen die Selbstaufgabe blieb ihm zuletzt nur noch das Werk Rimbauds, auf das er zufällig gestoßen war und dessen Dissonanzen für ihn zur einzig noch möglichen Katharsis wurden. Die letzte Strophe des OphelieGedichtes hat er niemals, wie Dutzende professioneller Literaturwissenschaftler (einschließlich des Verfassers dieser Zeilen), mißverstanden. Daß man ohne geschulten Feinsinn Le Bateau Ivre sich zu eigen machen kann, bezeugen Freunde, die sagen, nur in Celans Übertragung hätten sie die Energie und Subtilität von H.s improvisierten Kommentaren wiedergefunden. Als er später auf die Hauspostille stieß und hörte, daß sogenannte Gebildete den Refrain in der Marie Tarrar als ernstgemeinten Mitleidsappell mißverstanden, wunderte er sich sehr. 1959 aus der Fremdenlegion entlassen, lernte er bald Jahnheinz Jahn kennen, der ihn für Schwarzafrika und die afrikanische Literatur begeisterte. Bei seiner Entscheidung dürften die Distanz zu Europa, die Utopie eines unversehrten Menschentums und die Gedichte des geliebten Rimbaud (dessen afrikanisches Abenteuer er wohl idealisierend mißverstand) als wichtigste neben anderen Motiven bestimmend gewesen sein. J. H. hat ein halbes Dutzend Bücher zur Literatur Westafrikas und der Antillen publiziert, überwiegend ausführlich kommentierte Anthologien, auch eine kurzgefaßte Literaturgeschichte. Wichtigster Teil seines Werkes ist aber vermutlich ein Tonarchiv, das zunehmend von Ethnologen, Afrikanisten, afrikanisch orientierten Anglisten und Romanisten sowie von Journalisten genutzt wird. Zur Vergleichenden Literaturwissenschaft kam er fast zwangsläufig. Der Schwerpunkt seiner Arbeit lag stets in den ehemals englisch bzw. französisch besetzten Ländern Westafrikas. So konnte er gar nicht umhin, der Auseinandersetzung der autochthonen oralen Traditionen mit der Kultur der Kolonisatoren nachzugehen. Dabei interessierten ihn die Differenzen zwischen den anglo- und frankophon orientierten afrikanischen Literaturen stets weniger als die Frage, welche Entwicklungsmöglichkeiten die rezipierten europäischen Sprach- und Ausdruckssysteme den je spezifisch eigenen Traditionen ließen. Im Sinne der konventionellen Komparatistik „klassisch" wäre wohl nur J. H.s Studie zu C&aires Une tempete, Adaptation de „La tempete" de Shakespeare pour ttn theatre negre zu nennen. Aimi Cisaires abschließender Vision

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des alten, müden, automatenhaften Prospero, auf dessen Sdirei Je defendrai la civilisation! Calibans LA LIBEKTE OHE, LA LIBERTY antwortet, dieser Vision gilt mehr als nur seine Sympathie — aber auch eine wachsende Skepsis, und zwar nicht hinsichtlich der Fragwürdigkeit einer Kultur, deren Dauerkrise er selbst sein ganzes Leben lang aus nächster Nähe erfuhr, als vielmehr im Blick darauf, wie Calibans Freiheit schließlich wohl aussehen mag. Einmal hat J. H. lange in Berlin mit Enzensberger diskutiert, dessen Titanic ihn zu neuerlicher intensiver Beschäftigung mit Rimbaud führte. Er hat die Cuba-Erfahrungen des Dichters mit seinen eigenen in Afrika gemachten konfrontieren können. Möglicherweise war er es, der Enzensberger — ungewollt — darin bestärkte, den ketzerischen Essay Eurozentrismus wider Willen zu schreiben, in dem Sätze wie diese stehen: Eine exotische Alternative zur industriellen Zivilisation existiert nicht mehr. Wir sind eingekreist und belagert von unseren Nachahmern. Aber auch solche: Je mehr im Weltmaßstab das Exotische eingeebnet, je mehr die althergebrachte Vielfalt gleichgeschaltet wird, desto scheckiger werden die Industriegesellschaften im Innern. Nicht nur die Vereinigten Staaten, auch Frankreich, Schweden, Westdeutschland sind heute Schmelztiegel, Vielvölkerstaaten. Ethnische Minoritäten, Subkulturen, politische und religiöse Sekten nisten sich in den Metropolen ein. Dieser unübersehbare Wirrwarr ist nicht nur dem Zuzug von außen zu verdanken, seine Wurzeln liegen in demselben historischen Erdreich, das die Industrie hervorgebracht hat. Müde, zunehmend desillusioniert auch hinsichtlich der exotischen Alternative, doch unverändert jünger als die gleichaltrigen Literaturbeamten, denen die meisten seiner Erfahrungen — und Erkenntnisse — erspart blieben, schaut J. H. zuweilen auf sein Lebenswerk zurück. Und auch das Wissen um ein Alter fast ohne Versorgung vermag ihn in diesen Augenblicken nicht davon abzuhalten, seinen Weg weiterzugehen. Die ihn jetzt lächelnd bemitleiden, werden einst von seinem Werk zehren.

La montre de leurs Inclinations est si tendre en ce bas aage, et si obscure, les promesses si incertaines et fauces, qu'il est mal-ayse d'y establir aucun solide jugement. A. H. wurde in Montreal als Tochter einer Deutschen und eines chinesischen Germanisten mit deutscher Staatsbürgerschaft geboren. Wenn die Familie in der überwiegend französischsprachigen Stadt essen geht, verständigt man sich untereinander deutsch, während der Vater mit dem Kellner chinesisch spricht, A. und ihre Mutter hingegen ihm ihre Wünsche in Englisch mitteilen. A. besuchte zunächst eine französische Schule, wechselte später aber in eine englische über, da ihre eher angelsächsisch orientierten Eltern sie dem wachsenden Druck frankokanadischer Gesinnungseiferer entziehen wollten. Das Englische und Französische sind ihr so vertraut wie das Deutsche, und fragte man sie, in welcher Sprache sie eigentlich denkt und träumt, so könnte es sein, daß

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sie — vorerst noch in weniger differenzierter Weise — ähnlich wie George Steiner antworten würde: „Ich habe keinerlei Erinnerung an eine ,erste' Sprache. So weit ich beurteilen kann, sind mir Englisch, Französisch und Deutsch gleich geläufig... ich empfinde die drei Sprachen meiner Kindheit und Jugend als völlig gleichwertige Zentren meiner selbst. .. Ich träume in allen drei Sprachen mit der gleichen Wort-Verdichtung und sprachsymbolischen Reizstärke." Mit dem Deutschen, Englischen und Französischen hat A. auch Denk- bzw. Verhaltensweisen ihrer Sprecher erfahren und ist sensibel geworden für die gerade in sprachlichen Klischees und Gesten gegenüber Minderheiten ausgeübte Gewalt. Mitte der siebziger Jahre wurde ihr Großvater väterlicherseits, der Filmschaffender in der Volksrepublik China gewesen war und den man während der Kulturrevolution ermordet hatte, indem man ihn ärztlich unversorgt ließ, in Peking rehabilitiert. Ihr Vater war zu der offiziellen Feier eingeladen worden und nahm — undenkbar für Abendländer, in einer fremdartigen, sehr würdigen Veranstaltung, wie er glaubhaft versichert — als Zeichen der Ehrung und der Sühne für den Verstorbenen eine Geldsumme entgegen. Während eines längeren Aufenthaltes in Hongkong, wohin A.s Vater sich, christlichen Glaubens, dreißig Jahre zuvor geflüchtet hatte, fing sie 1979 an, KantonChinesisch zu lernen, doch zog sie den Pekinger Dialekt vor, den sie während des sich anschließenden Urlaubs in der Volksrepublik China die wiedergefundenen Geschwister ihres Vaters sprechen hörte. Über den Besuch in der Grundschule einer auf Gemüseanbau spezialisierten Kommune, in der 43 000 Menschen leben, schrieb sie, gerade neunjährig, im Mont^aler Monitor ein klein wenig hochmütig und mit einer liebenswerten Naivität, die von den klugen Augen auf den daneben wiedergegebenen Photos — sie zeigen sie vor dem Sommerpalast und bei den Ming-Gräbern — dementiert wird: „We went... to Grade 4, the pupils stood up ... and clapped their hands. The teacher has asked me (in English) if I would read something in English to the class and I did. After I had read a short story to the class, I started asking some questions to some of them. They answered half of my simple questions . .. when we walked out of the class they said good-bye in English. Now we were going to see where they grew their vegetables." A. ist heute dreizehn Jahre alt. Freunde der Familie haben ihr, halb scherzend, halb ernsthaft, geraten, sie solle doch Slawistik studieren, um die drei Sprachen, die sie fließend spricht — Deutsch, Englisch, Französisch —, und das Chinesische, dessen Elemente sie beherrscht, im Sinne repräsentativer Universalität zu ergänzen. Für die Komparatistik ließe sich davon nicht nur eine Kollegin erhoffen, die mit dem Gebot ernst machte, die Befangenheit im westeuropäisch-nordamerikanischen Kulturkreis zu sprengen, sondern zugleich — wenn nicht eine zweite Cixous — eine Mitstreiterin von Einzelkämpferinnen wie jener, die auf dem letzten internationalen Komparatistenkongreß in New York über das Thema „The Short Story: Comparative Feminist Issues" sprach. Unlängst nach ihren möglichen Studien- und Berufsplänen gefragt, antwortete A. jedoch, den einbändigen Schul-Shakespeare unter dem Arm (sie lasen gerade Julius Caesar), ihre guten Leistungen in

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Mathematik legten es nahe, an ein Studium der Computerwissenschaft zu denken, das wohl auch noch in einigen Jahren bessere Berufschancen als ein Sprachen- und Literaturstudium eröffnen würde.

C'est estre, mais ce n'est pas vivre, que se tentir attache et oblige par necessite a un seul train.

In den Biographien von Wissenschaftlern wiederholen sich zuweilen Geschichten, die wir aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm kennen. Jedenfalls ist X. Y., einem der fähigsten Komparatisten unserer Zeit, die Literaturtheorie immer wieder wie jener Igel erschienen, der ihm (dem atemlos herbeieilenden vergleichend-literaturwissenschaftlichen Hasen) im Wechselspiel mit seiner Frau (der Methodenlehre) das unverschämteste „ick bün all hier" entgegenschleuderte. Kaum hatte er in einer allgemein gelobten Dissertation über Rilkes Gedichte in fremden Sprachen versucht, das methodische Instrumentarium der sogenannten werkimmanenten Interpretation für die Komparatistik nutzbar zu machen und diese für seine Person vom Vorwurf der Kunstfeindlichkeit zu reinigen, als er in Adornos Ästhetischer Theorie lesen mußte, wie die Modernitätsfeindlichkeit seines verehrten germanistischen Lehrers Emil Staiger als reaktionär abgetan wurde, und — irritierender noch — Sätze wie diesen: „Die subjektive Durchbildung der Kunst als einer nichtbegrifflichen Sprache ist im Stande von Rationalität die einzige Figur, in der etwas wie Sprache der Schöpfung widerscheint, mit der Paradoxie der Verstelltheit des Widerscheinenden." So belehrt, versuchte er in zwei, drei Aufsätzen, die seine Fakultät ihm für die Habilitation außer einer umfangreicheren Schrift abverlangte, Thesen und Postulate der Kritischen Theorie in spezifisch komparatistischen Fragestellungen fruchtbar zu machen. Noch bevor der erste dieser Aufsätze im Druck erschien, war X. Y. im Zusammenhang einer Arbeit über die Spiegelmetaphorik auf Freuds Schrift über das Unheimliche gestoßen. Die Zurückführung der Augenangst auf die Kastrationsangst ließ ihm geraten erscheinen, ein psychoanalytisches Nachholjahr einzuschalten (die geplante Arbeit blieb dann ungeschrieben). Ganz im Banne Freuds und der Verbindungslinien, die dieser zwischen ödipus, Hamlet und den Karamasows gezogen hatte, stieß er auf den Anti-ödipus Deleuzes / Guatarris und mußte schließlich, nun völlig verunsichert und allem, was er zu können geglaubt hatte, entfremdet, im Kafka-Buch derselben Autoren lesen: „Devenir animal, c'est p^cisement faire le mouvement, tracer la ligne de fuite dans toute sä positivite, franchir un seuil, atteindre ä un continuum d'intensites qui ne valent plus que pour elles-memes, trouver un monde d'intensites pures, oü toutes les formes se d font, toutes les significations aussi, signifiants et signifi£s, au profit d'une matiere non formee, de flux deterriorialises, de signes asignifiants." Die Folge war mehr als nur ein Nachholjahr: eine Krise. Im Verlauf dieser Krise mußte X. Y. sich klarmachen, daß er nur zwischen einer begrenzten Zahl von Optionen würde wählen können. Die erste

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bestand in einer epistemologisdien Erforschung des Verhältnisses von (vergleichend-literaturwissenschaftlich) Besonderem und (literaturtheoretisch bzw. methodologisch) Allgemeinem, verbunden mit der so selbstquälerischen wie unbefriedigenden psychoanalytischen Anstrengung, den persönlichen Ursachen seiner wissenschaftlichen Nöte nachzugehen. Sie führte ihn über einige klassische Zitate von Kant, Hegel und Marx nicht wesentlich hinaus und zum schmerzhaft-genußreichen Bewußtsein, daß sein Interesse am literaturgeschichtlich Tatsächlichen nicht weniger als die Fixierung auf die jeweils avancierteste Literaturtheorie auf eine autoritäre Vater-imago zurückverwiesen. Die zweite Option ergab sich aus der restaurativen Wende seit Beginn der siebziger Jahre, die einem fähigen Literaturwissenschaftler die Chance bot, als Apostat der Kritischen Theorie die Schwächen der Linken und die mit der Verbreiterung des Hochschulzugangs verbundenen Folgelasten besonders kenntnisreich und einfühlsam zu denunzieren. Obwohl karrierebewußt — in der Zeit, als andere Lenin zitierten und seine Assistentenkollegen sich den revoltierenden Studenten stellten, forschte er als DFG-Stipendiat und lernte Russisch —, entschied X. Y. sich gegen diesen Weg, in der nicht unbegründeten Furcht, auf die abschüssige Bahn wissenschaftlich verbrämter Polemik zu geraten. Die dritte Option wurde von einem Tag auf den ändern unabweisbar, als sein Institutsdirektor sich im Zusammenhang einer anstehenden Verlängerung nach dem Stand seiner Habilitationsschrift erkundigte, für die Jahre zuvor als Arbeitsthema „Das Bild der Frau in Literatur und bildender Kunst des Fin de siecle" verabredet worden war. Epistemologisch unberaten, verunsichert hinsichtlich der persönlichen Genealogie wissenschaftlichen Forschens, bedroht von unbekannten (oder unerkannten) Kollegen, die sich für das gleiche Thema ohne sein Wissen entschieden haben mochten, und zugleich durch das gebannt, was ihm aus Paris, Tartu und New Haven an neuartigem Fragen zugänglich wurde, machte er sich an die kritische Sichtung des schon früher gesammelten Materials. Damals las er in einer Rezension eines von ihm hochgeschätzten Romanisten Sätze, die ihm als ganz persönlicher Trost zugesprochen schienen: „Wie sich häufig bestätigt, ist e s . . . keineswegs so, als könne allein die Komparatistik vom konstruktiven ,ingenium' Allgemeiner Literaturwissenschaft lernen; auch umgekehrt ergeben sich für die Theorien, seien sie speziell literarischer oder generell ästhetischer und gesellschaftlicher Art, diverse Möglichkeiten, vom präzisierenden oder korrigierenden ,iudicium' Vergleichender Literaturwissenschaft zu profitieren." Er baute auf die Eventualität, daß es so sein könnte, und versuchte also, von den Dichotomien im literarischen und außerliterarischen Frauenbild Westeuropas aus Rückfragen auch an die ästhetische Theorie, die Metaphorologie, die Semiotik der Körpersprache und andere methodisch privilegierte Orientierungen zu richten. Auch jetzt noch war ihm immer mal wieder ein theoretischer Igel voraus, zuletzt noch im Sommer 1980, als er seine Habilitationsschrift einreichen wollte, Julia Kristeva mit ihrem Pouvoirs de l'horreur. Essai sur l'abjection. Doch gab er seine Arbeit schließlich im Herbst des gleichen Jahres ab. Durch die Monate währende Anstrengung erschöpft und gereizt, erschien ihm das Hin und Her zwischen den einzelnen Literaturen und Erklärungsansätzen in seinem opus magnum zuweilen wie ein häßlicher

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Fleckerlteppich, in Stunden schwarzen Humors fühlte er sich gar an makkaronische Verse erinnert: Donque il est nostrae sapientiae Boni sensus atque prudentiae, De fortement travaillare A nos bene conservare In tali credlto, voga, et honore, Et fremdere gardam a non recevere In nostro docto corpore Quam personas capabiles, Et totas dignas ramplire Has plagas honorabiles. Die Fakultät wie die weitere Fachwelt reagierten entschieden freundlicher als erwartet, teilweise sogar enthusiastisch, und als 1982 eine der beiden in Europa ausgeschriebenen Komparatistik-Professuren zu besetzen war, kam es zu der seltenen Konstellation, daß Berufungskommission, Fakultät und Senat der betroffenen Schweizer Universität, für die er sich interessiert hatte, einmütig für X. Y. als persona most capabile votierten. Gleichzeitig aber hatte ihn der Ruf auf eine Professur für Allgemeine Literaturwissenschaft erreicht, und so steht zu befürchten, daß die Komparatistik einen ihrer leistungsstärksten und originellsten Nachwuchswissenschaftler verlieren wird. Inzwischen wird seine Entscheidung zugunsten des Igels gefallen sein.

je me pare sans cesse, car je me deserts

So weit seine Erinnerungen zurückreichen, stößt G. K. auf prestigeträchtige französische Worte. Jenes „merci" zum Beispiel eines lothringischen Mädchens, das seinem Onkel einen entliehenen Gegenstand über die nahe Grenze zurückbrachte. Oder das Wort „Lyoner", mit dem sein Großvater, gleichfalls im Saarland, Fleischwurst zu bestellen pflegte. Später dann, in den Jahren um 1960, kamen andere Wörter hinzu, das mütterliche „mon petit", mit dem eine Kneipenwirtin im populären 19. Arrondissement seiner Schüchternheit aufzuhelfen suchte, oder das aus einem Hauseingang geflüsterte „viens!", als er an einem 15. Juli morgens Paris durchquerte, weil keine Metro mehr fuhr. In Mainz, K.s Geburtsstadt, gab es zu Beginn unseres Jahrhunderts ein „Accouchement" geheißenes Etablissement, in dem vorzugsweise uneheliche Mütter, Dienstmädchen häufig, entbanden; Schaufenster werden von älteren Mainzern noch als „Monter" bezeichnet; und das über Gallien an den Rhein gelangte „aqua(e)ductus" taucht, zur Unkenntlichkeit entstellt, als Gewann-Name „Attach" und „Andau", d. h. Gully, Wasserabfluß, im Mainzer Stadtgebiet auf. Dem Prestige des Französischen begegnete G. K. in Form der Hoheitssymbole beim Überqueren der provisorischen Holzbrücke über den Rhein, der einzigen Verbindung nach dem Krieg zwischen dem amerikanisch

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besetzten Wiesbaden, wo seine Familie damals lebte, und Mainz. Später dann auch, nach der Rückkehr in die weitgehend zerstörte Geburtsstadt, im Schönborner Hof, einem Renaissancepalais, in dem das Institut francais untergebracht war und in dessen Kellerräumen eine kleine Bühne damals moderne Dramatiker wie Anouilh spielte. Neben dem Schönborner Hof liegt das Proviant-Magazin, ein Festungsbau aus dem XIX. Jahrhundert. Bis in die frühen sechziger Jahre beherbergte es eine Reihe französischer Läden, in denen man nicht nur Champagner — er war in deutschen Feinkostläden kaum zu bekommen — kaufen konnte, sondern auch französische Bücher und Zeitschriften. Seine Erstausgabe der Rhinoceros stammt von dort. Die erste Fremdsprache, die G. K. lernte, war Französisch, später kamen Latein und Englisch hinzu. Die erste französische .Ganzschrift', L'enlevement de la redoute, wurde in der Obertertia gelesen. Zwei Jahre später verschlang K. Flaubert, Maupassant und Zola im Original; davon konnte ihn auch die mit schwierigsten Vokabeln gespickte Beschreibung von Charles' Hut auf der zweiten Seite von Madame Bovary nicht abhalten. Den Franzosen vermochte in seinem jugendlichen Lektürepantheon nur noch Dostojewski; das Wasser zu reichen; deutschsprachige Romane des XIX. Jahrhunderts kannte er wenige, am Grünen Heinrich werden ihn, aus damals kaum bewußtem persönlichem Interesse, das Verhältnis Lees zur Mutter und das utopische Vergangenheitsbild des Vaters besonders interessiert haben. Sein eigener Vater war übrigens im Saargebiet, zehn Kilometer von der französischen Grenze entfernt, aufgewachsen und hatte ein humanistisches Gymnasium besucht, wo er außer den beiden alten Sprachen Englisch lernte. Dadurch war er sprachlich denkbar schlecht für die Länder vorbereitet, in die ihn seine Karriere als Soldat führen sollte, Frankreich, die Sowjetunion, Polen, wo er in der Nähe von Radom verschollen ist. Mit G. K. besteht also Anlaß zu der Annahme, daß das Studium der Germanistik, Romanistik und Slawistik, das er 1962 aufnahm, als Nachholen von Versäumtem gemeint war. Es dauerte allerdings nur kurze Zeit, denn schon bald sah er sich gezwungen, dem Russischen und Polnischen vorerst zu entsagen, um außer Deutsch und Französisch wenigstens noch ein bißchen Spanisch und Philosophie betreiben zu können. Wie er Komparatist wurde? Wohl durch Zufall. Victor Hell, Nachfolger Horst Rüdigers auf dem Mainzer Lehrstuhl für Vergleichende Literaturwissenschaft, suchte just zu jener Zeit, 1968, einen Assistenten mit den Schwerpunkten Deutsch und Französisch, als K. das Staatsexamen in diesen Fächern ablegte. 1971 promovierte er dann mit einer Arbeit über Proust, Musil und Joyce. Es waren dies schöne Zeiten für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Schon zwei Jahre später wurde er auf eine neugermanistische Professur in Gießen berufen, die mit den Schwerpunkten „Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft oder Rezeptionsforschung mit Berücksichtigung der Sozialgeschichte" ausgeschrieben war. So hat er Edgar Lohner, Heils Nachfolger in Mainz, nur noch ein Semester erlebt und nicht mehr von ihm lernen können. Komparatisten sind Menschen von fragwürdiger wissenschaftlicher Identität. Glücklicherweise gibt es sie dennoch. G. K. zum Beispiel weigert sich, in starrer Fixierung auf die universitäre Departementalisierung des Wissens Lite-

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ratur zu analysieren und lehrend zu vermitteln. Im Zusammenhang der deutschen Barocklyrik interessiert ihn der europäische Petrarkismus mehr als Grimmeishausen und im Falle Celans Henri Michaux stärker als Rudolf Alexander Schröder; auch möchte er wissen, in welchen Übersetzungen die Deutschen Calderon und Cervantes lasen und wie Italien zum germanischen Sehnsuchtsbild werden konnte. Identität erwächst auch aus Gewohnheit, an die Komparatistik aber gewöhnt man sich schwer. So sieht K. seine (wissenschaftliche) Identität gleich mehrfach bedroht und schwankt: als früh, sehr früh Berufener, der die Existenz gleichaltriger arbeitsloser Kollegen als zusätzlichen Legitimationsdruck empfindet; als ein unter Neugermanisten verschlagener Komparatist, der zwar sein spezifisches Lehrangebot nicht rechtfertigen, aber doch auf die vorrangig an der deutschen Literatur orientierten Ausbildungsinteressen seiner Studenten Rücksicht nehmen muß; vor allem aber als von den Abgründen der Universalinkompetenz umstellter Komparatisten selbst. Hier kommt ihm nun allerdings zu Hilfe, daß er es für sinnvoll, ja notwendig erachtet, der jeweils eigenen Literatur in der Vergleichenden Literaturwissenschaft eine zentrale Stelle zuzuweisen, und daß der französischen Literatur für die Entwicklung und das Verständnis der deutschen eine besonders wichtige Rolle zukommt. Den slawischen Literaturen, heißt es oft, sollten die Komparatisten sich verstärkt zuwenden, den fernöstlichen, den Literaturen der sogenannten Dritten Welt — alles richtig, meint G. K. Kleine Schritte tut er auch in die eine oder andere Richtung (so hat er ab 1977 autodidaktisch Russisch betrieben), aber seine erste Liebe, das Französisch, holt ihn immer wieder ein, und er wird fortwährend darauf gestoßen, wieviel im Bereich einer vergleichenden Betrachtung allein der deutschen und der französischen Literatur, einschließlich ihrer Poetik, zu tun bleibt. So steht — vom Standpunkt Etiemblescher Universalkomparatistik aus — zu befürchten, daß er noch etwas länger Arbeiten vom Zuschnitt jener veröffentlichen wird, wie er sie sich für die nächste Zeit vorgenommen hat und denen sein leicht pedantisches Beharrungsvermögen zur Wirklichkeit verhelfen dürfte: „Der französische Sozialroman des 19. Jahrhunderts in zeitgenössischen deutschen Übersetzungen", „Jean Paul als Kritiker Mme de Staels", „Franzosen, Turkos, Bolschewisten, Juden. Zur Metaphorik deutscher Feindbilder" usw. usw.

MARIANNE RESTING Komparatistische Lese- und Lebenserfahrungen Die Erfahrung, daß Literatur eine übernationale Angelegenheit sei, madite idi sdion in meiner Kindheit, da ich in dem sehr ausgedehnten Bücherschrank meines Vaters gleichgeordnet neben der deutschen italienische, spanische, skandinavische, russische, vor allem aber französische und englische Literatur fand. Mein Vater liebte besonders Ibsen, Strindberg, Dostojewski, E. A. Poe, Flaubert, Maupassant, Zola, Oscar Wilde, Sterne, Heinrich Heine und Thomas Mann, die deutschen Expressionisten und Brecht, dessen Erstausgabe er besaß, und verstand es, mir zur rechten Zeit die Bücher, die mich faszinierten, in die Hand zu drücken und meinen veritablen Lesehunger zu lenken, ohne auf die im Dritten Reich Verbotenen oder Unerwünschten zu verzichten. Sie standen im Bücherschrank in der zweiten Reihe hinter den Klassikern und erweckten natürlich, da sie verboten waren, mein besonderes Interesse. — Anders als mein Vater war meine Mutter, eine geduldige Leserin von Gesamtausgaben, vornehmlich an deutscher Literatur interessiert. Ihre besonderen Lieblinge waren Stifter, Hölderlin, Goethe, Fontäne, Storm, Thomas Mann, aber auch Jens Peter Jacobsen und Knut Hamsun. Sie rezitierte gern Gedichte, nahm Sprechunterricht an der Folkwangschule in Essen und deklamierte mir seit früher Kindheit, als ich noch gar nicht lesen konnte, Märchen und deutsche Balladen vor. Ich wußte sie auswendig, bevor ich sie überhaupt verstand. In der Schule hatte ich in der Nachkriegszeit nicht nur sehr anregenden Deutschunterricht, sondern auch vorzügliche Lehrer des Englischen und Französischen, die mich mit Shakespeare, Shaw und vor allem mit der modernen französischen Lyrik, Baudelaire und Verlaine, vertraut machten. — Einer meiner Lieblingsschriftsteller war, damals wie heute, Edgar Allan Poe, von dem wir nur eine Auswahl seiner Erzählungen besaßen. Mit meinem ersten Taschengeld, das ich in monatlichen Raten von 5 DM zum Antiquar brachte, stotterte ich mir eine sechsbändige Ausgabe zusammen, sehr zum Amüsement des Buchhändlers, der geduldig ein halbes Jahr wartete, bis ich meinen Poe, in schwarz und gold ausgestattet, feierlich heimtragen konnte. — Nachdem ich in unserem eigenen Bücherschrank alles für mich Lesbare verschlungen hatte, plünderte ich die beträchtlichen der Freunde meiner Familie, die besaßen, was wir nicht besaßen, z. B. Gesamtausgaben der deutschen Romantiker. Mit dieser Leseausrüstung begann ich nach dem Abitur — ein Musikstudium in Freiburg i. Br., das mir, neben dem obligaten Geigenunterricht, Einblicke in die Musikgeschichte bescherte, wiederum in der Erfahrung, daß in früheren Jahrhunderten andere Nationen als die deutsche in der Musik führend waren und der Musikaustausch an den Höfen der Renaissance und des Barock übernational war. Wir studierten vor allem die Messen und Motetten der alten

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Niederländer, die Madrigal- und Opernkunst des italienischen Barock, und zwar in Theorie und Praxis. Das alles hielt midi nicht ab, nachdem ich Hugo Friedrich persönlich kennengelernt hatte, bei ihm im Romanischen Seminar Vorlesungen und als Gast Übungen mitzumachen, um endlich mich nach München zu begeben, mein Musikinteresse in ein musikwissenschaftliches Nebenfach umzuwandeln und Germanistik und Theaterwissenschaft zu studieren, zugleich in der Anglistik und Romanistik Seminare zu belegen. Mein musikwissenschaftlicher Lehrer Georgiades, Spezialist der Wort-Ton-Problematik in der abendländischen Musikgeschichte, verlangte Lesefähigkeit in allen europäischen Sprachen und begleitete mit Toleranz meine Versuche, mich mit nur ephemeren Kenntnissen des Italienischen an die Übersetzung von Tasso- und PetrarcaTexten oder von recht schwierigen musiktheoretischen Traktaten zu machen. In der Germanistik hatte ich Lehrer, die keineswegs nur deutsche Literatur betrieben, so den Hofmannsthal-Biographen Edgar Hederer, der sich für das Mysterienspiel begeisterte und u. a. Calderon-Referate verteilte, oder H. H. Borcherdt, der Theatergeschichte der Renaissance und des Barock betrieb, selbstverständlich mit Blick auf Italien und Frankreich. Dazu kamen große Theaterabende im Münchner Residenztheater, der Oper, den Kammerspielen, die sich vorwiegend der modernen ausländischen Dramenliteratur annahmen, die wiederum an der Universität Kritiker-Seminare initiierten. In diesen Seminaren, von denen ich keines versäumte, sammelte ich interne Schreiberfahrungen, und so begann ich schon während der ersten Semester in Zeitschriften zu publizieren. Zufällig drückte mir ein Antiquar die von einem Studenten zurückgegebenen Exemplare der von Th. W. Adorno herausgegebenen Schriften Walter Benjamins in die Hand, dessen Lektüre fürderhin, neben der Adornos, zu einer ganz entscheidenden literaturwissenschaftlichen Anregung wurden, mir vor allem Mut machten, in anderen als den in der Germanistik überlieferten ästhetischen Kategorien zu denken. Nachdem schon in meinem Elternhaus die Dreigroschenoper per Schallplatte an meiner Wiege schepperte und näselte und die Brechtsche Hauspostille zu meiner pubertären Lektüre avancierte, übernahm ich, ausgerüstet mit Walter Benjamin, aber auch in der Erfahrung der großen Brecht-Inszenierungen an den Müncher Kammerspielen unter Hans Schweikart, in einem Brecht-Seminar gegen die An- und Absichten meines Lehrers Hanns Braun eine Verteidigung des ,epischen Theaters' und war glücklich, als mich Freunde meiner Eltern, die wiederum mit Brecht befreundet waren, einluden, an seinem Theater meine kühnen Thesen zu überprüfen und den Meister selbst kennenzulernen. Ich verbrachte in den Jahren 1954 bis zu Brechts Tod 1956 alle Semesterferien dort bei den Proben des Berliner Ensembles, las, von Brecht selbst angeregt, Marx und Lukacs, um endlich die nicht gerade Brecht-orientierte Münchner Universität mitten im Kalten Kriege durch meinen Wunsch zu überraschen, eine Doktorarbeit über den damals noch Lebenden zu verfassen, was nach den strengen Kriterien der dortigen Germanistik nicht möglich war. Also wich ich aus auf meine Recherche des internationalen modernen Dramas und schrieb eine Dissertation über das ,epische Theater' in durchaus komparatistischer Perspektive, indem ich Tendenzen der Gattungsüberschreitung nicht

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nur bei Brecht, sondern einer Vielzahl von modernen ausländischen Autoren behandelte. Nach Brechts Tod schrieb ich über ihn die erste Biographie, die 1959 im Rowohlt Verlag herauskam. Wenngleich ich nach meinem DoktorExamen, das in meinen beiden Hauptfächern Germanistik und Theaterwissenschaft akzeptiert wurde, von meinem Doktorvater Hermann Kunisch das freundliche Angebot einer Assistentenstelle im Germanistischen Seminar bekam, wenig später sogar ohne Habilitation eine theaterwissenschaftliche Professur für mich debattiert wurde, trieb mich doch mein Schreibtemperament in die Theater- und Literaturkritik. Verlagsaufgaben und Herausgeberschaften brachten mir längere Auslandsaufenthalte in Rom und Paris, in denen ich meine Sprachkenntnisse zu vertiefen suchte. In Paris hatte ich Kontakt mit einer Anzahl von Autoren vor allem des sogenannten Absurden Theaters, deren theoretische Schriften ich herausgeben wollte, sah eine Anzahl bedeutender Inszenierungen, so von Jean Louis Barrault und Roger Blin, lernte die Theorien Antonin Artauds kennen, über den ich den ersten Essay 1962 nach Deutschland übermittelte. Fortan wurde die moderne französische Literatur und das moderne französische Theater zu einem Interessenschwerpunkt. Während meiner sehr ausgedehnten Kritikertätigkeit an der Zeit und der Frankfurter Allgemeinen unter Redakteuren notabene, für die die nationübergreifende Literaturbetrachtung im Zeitalter der weltweiten politischen, ökonomischen und kulturellen Verflechtungen eine Selbstverständlichkeit war, übernahm ich vor allem die Vermittlung des internationalen modernen Theaters und der modernen französischen Literatur, vornehmlich des Nouveau Roman, dessen Neuerscheinungen ich systematisch besprach. Ich kritisierte auch moderne englische, amerikanische und, in sehr strenger Auswahl, moderne deutsche Literatur, die mir indes nicht gleichrangig mit der französischen erschien. Als Theaterkritikerin las ich mich durch die internationale moderne Dramenliteratur, um in 50 Dramatikerportraits ein Panorama des modernen Theaters zu verfassen, das 1962 und, in Erweiterung, 1969 im Piper Verlag erschien. Als ich mich im Jahre 1971, der journalistischen Erfahrung müde, an der Universität Köln habilitierte, war es mir selbstverständlich, daß diese Habilitation, meiner Neigung und Ausbildung nach, eine komparatistische sein müsse, was nur bedingt möglich war, da es das Fach in Köln nicht gab und auch heute noch nicht gibt, so daß mein Habilitationsvater Walter Hinck, ein Germanist mit beträchtlichen komparatistischen Neigungen, zusammen mit dem Romanisten Fritz Schalk, dessen Wohlwollen ich durch meine Vermittlung französischer Literatur und durch Vorträge im Romanischen Seminar gewonnen hatte, als Kompromiß die Venia legendi für „neuere deutsche Literatur und vergleichende Literaturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts" formulieren konnten. Im März 1972 wurde mir an der rein komparatistisch ausgerichteten Reformfakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft an der Universität Bielefeld eine Professur, im Februar 1975 ein Ordinariat für „Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft" an der Universität Bochum übetragen, wo ich das Fach neu einzurichten hatte.

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Meine Interessenschwerpunkte liegen in Forsdiung und Lehre bei Fragen der Ästhetik des Dramas und Romans im 19. und 20. Jahrhundert, der Relation zwischen der Literatur und den anderen Künsten, der Themen- und Motivforschung, die ich allerdings nur in nahem Zusammenhang mit Fragen der Ästhetik und Poetik behandele, so z. B. in einer Geschichte des Blickes, die zugleich mit der Augenthematik die der ästhetischen Perspektive vermittelt, oder der Schiffahrtsthematik in der europäischen Dichtung des 19. Jahrhunderts, die zugleich eine Theorie der modernen antimimetischen Poesie entwickelt. Um nur diese Beispiele zu nennen. — So bin ich Komparatist geworden, denke aber, daß ich es auch jenseits des Universitätsberufes immer war.

5 arcadia Sonderheft

ZORAN KONSTANTINOVIC Über Zufälliges und Entscheidendes im Leben Man darf über seine Freunde nicht reden, sonst verredet man sieb das Gefühl der Freundschaft. Nietzsche Es scheint mir in Anbetracht der tieferen Wahrheit dieses Nietzsche-Zitats ein ganz vorzüglicher Gedanke, zu Ehren von Horst Rüdigers fünfundsiebzigstem Geburtstag seine Freunde aufzufordern, anstelle des üblichen Grußwortes eine bestimmte Frage aus ihrem eigenen Leben zu beantworten. Diejenigen, von denen diese Anregung ausging, waren sich dabei sicherlich der Tatsache bewußt, daß ein Komparatist unserer Zeit schwerlich über seinen Werdegang etwas berichten kann, ohne dabei nicht in irgendeiner Weise Horst Rüdiger zu erwähnen, so daß die im Umweg solcher Selbstbetrachtung gestellte Frage, wie und warum jeder von uns eigentlich Komparatist geworden ist, zugleich auch ein von vielen Seiten erfaßtes Bild von Horst Rüdigers Persönlichkeit widerspiegeln wird. Was mich betrifft, so gestehe ich, daß ich gewisse Hemmungen überwinden mußte, um mit meiner Antwort vor die Öffentlichkeit zu treten. Einerseits enthülle ich doch etwas von dem, was ich bis jetzt gewohnt war, allein für mich in mir zu tragen, anderseits bin ich nicht ganz sicher, ob das, was ich zu sagen habe, allgemein auf Zustimmung stoßen wird. Aber der Wert dieser Ehrung für unseren Jubilar beruht zum Teil sicherlich auch in der Offenheit unserer Darlegungen, darin nämlich, daß wir über uns reden und nicht einfach ein Gefühl der Freundschaft verreden. Auf den ersten Blick schien es mir, daß meine Beantwortung der Frage in der Erklärung einer Reihe von Zufälligkeiten bestehen müsse. Aber waren jene drei Entscheidungen — Literatur zu studieren, sich auf die Germanistik zu konzentrieren und dann Komparatist zu werden — wirklich nur ein Resultat von Zufällen, wie ich dies gewohnt war zu glauben, wann immer ich darüber nachzudenken begann? Heute sehe ich, daß die Motivation für den Entschluß, Literatur zu studieren, wohl zutiefst in den Eindrücken meiner Generation zu suchen ist. Inzwischen habe ich zum Beispiel deutsche Altersgenossen getroffen, die aus dem Erlebnis des Krieges heraus Priester geworden sind und heute als bekannte Theologen wirken. Es muß bei vielen von uns ein ähnliches Bedürfnis geherrscht haben, nach den Erschütterungen, die wir erlitten hatten, nach einem Halt in höheren, wirklich humanen Werten zu suchen und diesem Bedürfnis entsprechend auch unser Studium zu gestalten. Im Unterschied jedoch zu meinen Altersgenossen aus Deutschland, die in die ersten Seminare nach dem Krieg noch in den verschlissenen Monturen einer

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geschlagenen Armee kamen, begann ich mein Studium im Wintersemester 1945/46 an der Zagreber Universität in einer englischen Uniform mit den Rangabzeichen eines Tito-Offiziers. Viele von uns waren dort noch Studenten und Soldaten zugleich, manche kamen sogar mit ihren Orden in die Vorlesungen. Es war eine großartige Begeisterung, die uns erfüllte. Wir glaubten an den Sozialismus, an eine Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung, und wir dachten keinen Augenblick daran, daß konsequenter Sozialismus und persönliche Freiheit in irgendwelcher Weise in Widerspruch geraten könnten. Zudem bereiteten sich Tito und Dimitrow vor, in Kürze ihre Unterschrift unter die Gründungsurkunde eines großen südslawischen Staates zu setzen, der die politische Karte Europas mächtig verändern würde. Aber wohl gerade deshalb mußte dieses Projekt noch im letzten Augenblick scheitern, und es war offensichtlich das einzige Mal, daß nach dem Kriege zwischen Churchill und Stalin volle Einmütigkeit herrschte, nämlich ein solches Staatsgebilde nicht zuzulassen und auch weiterhin diesen Raum für das Spiel der Großmächte offenzuhalten. Wir jedoch waren damals noch von einem unerschütterlichen Optimismus beseelt. Unsere Stunde Null war eine Stunde der großen Hoffnungen und unmittelbar zu erfüllender Erwartungen. Wenn sich damals die jungen Deutschen meiner Generation aus ihrer Resignation heraus mit der Losung ,Ohne mich' jeder politischen Kombination verweigerten, so waren wir bis zur aufopferungsvollsten Hingabe bereit, am Wiederaufbau unseres Landes in seiner verheißungsvollen Neugestaltung mitzuarbeiten. So dürfte das einzige, was uns damals gemeinsam war mit der jungen deutschen Generation jener Zeit, wohl nur die Tatsache gewesen sein, daß wir gleichfalls in diesem ersten Wintersemester in eiskalten Hörsälen sitzen mußten und daher vielleicht ebenfalls um so mehr auf die Wärme des gesprochenen Wortes angewiesen waren. Ich hatte dabei nicht die geringste Absicht, wie üblich über den Abschluß eines Philologiestudiums Lehrer zu werden. Zu meiner großen Beschämung muß ich gestehen, daß ich damals den Lehrerberuf als etwas sehr Kümmerliches betrachtete. Begehrenswert schien es damals unter meinen Bedingungen, entweder ins Außenamt zu gehen oder in die Redaktion einer großen Tageszeitung einzutreten. Bis zu diesem endgültigen Entschluß war der Besuch der Vorlesungen ein reines Hobby. Es bereitete mir einfach Vergnügen, der Reihe nach Lehrveranstaltungen über die verschiedensten Literaturen beizuwohnen. Sehr schnell zwangen mich jedoch die Vorschriften, meine Immatrikulation in einer der Philologien als Stammstudium bestätigen zu lassen. Das war nun insofern nicht so einfach, da man sich in eine lange Schlange stellen und viel Zeit verlieren mußte, um am französischen, englischen oder russischen Seminar die entsprechende Teilnahmeerlaubnis zu erhalten. Das Interesse für diese Philologien war sehr groß, und im Entschluß, ein bestimmtes Philologiestudium zu betreiben, kam bei vielen natürlich auch ein unverhülltes Gefühl der Sympathie für die entsprechende Nation und das bei ihr herrschende System zum Ausdruck. Wenn ich heute hier meine damaligen Empfindungen aufdecke, so hätte ich mich mit den gleichen Gefühlswerten in eine jener drei ungefähr gleich langen Schlangen stellen können, die vor dem französischen, englischen und russischen Seminar standen. Denn vor allem war ich — und das muß ich,

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mich zurückerinnernd, offen gestehen — unter den Eindrücken des Krieges sehr antideutsch eingestellt. Als ich Jahrzehnte später in München die Laudatio auf den slowenischen Germanisten Dusan Ludvik hielt, als ihm die Goethe-Medaille verliehen wurde, erwähnte ich auch diese gemeinsame Ambivalenz unserer Gefühle. Wir waren gleichfalls beide Angehörige derselben Generation, mit einer hohen Achtung gegenüber der deutschen Kultur erzogen und mußten beide in unserer Jugend Zeugen der fürchterlichen Verirrung werden, der diese Kultur ausgesetzt war. Allein die Tatsache, daß während des Krieges in der kleinen Stadt Kragujevac 400 Mittelschüler im Rahmen einer Vergeltungsaktion der deutschen Besatzungsmacht aus den Schulräumen herausgeführt wurden, um zusammengeschossen zu werden, mußte es uns schwer machen, unmittelbar nach dem Krieg Germanistik zu studieren. Ich gestehe, daß dieser Entschluß, einzig und allein aus dem Grunde, weil damals im Wintersemester 1945/46 niemand vor dem germanistischen Seminar stand und man dort auf keine Immatrikulationsbestätigung warten mußte und ohne Probleme allen Formalitäten genügen konnte, mein Gewissen belastete. Der Professor für dieses Fach und mein späterer Freund Zdenko Skreb — offensichtlich auch unter dem Eindruck des Erlebten — empfing mich dafür um so herzlicher und bot mir an, seine Lehrveranstaltungen meinen zeitlichen Möglichkeiten anzupassen. Nur noch eine Kommilitonin war mit mir zu diesem Zeitpunkt an der Universität Zagreb an einem Studium der Germanistik interessiert. So habe ich deutsche Sprache und Literatur zu studieren begonnen, um es leichter zu haben, mußte dafür aber andere Schwierigkeiten in Kauf nehmen. Eine junge Medizinerin zum Beispiel, die ich zu jener Zeit sehr verehrte, erklärte mir unverhohlen, daß sie alles verstehen könne, nur nicht, daß in unserem Land jemand Germanistik studiere. Oft dachte ich später darüber nach, daß ich ohne den Verlust dieser Freundin mein Leben sicherlich anders gestaltet hätte. Langsam begann mich jedoch eine solche Einstellung zu ärgern, denn unbewußt spürte ich, daß es doch auch ein .anderes' Deutschland geben müßte. Ich stieß mich auch an bestimmten Pauschalierungen. So wurden zum Beispiel in den ersten Filmen in unserer Sprache, die damals anliefen und die ausschließlich der Thematik des Krieges gewidmet waren, die Deutschlehrer regelmäßig als Kollaborateure hingestellt. Das Gegenteil war in Wirklichkeit der Fall, und den wahren Gefühlszustand dieser Menschen hat erst Helmut Käutner in seinem Film Die letzte Brücke in der Gestalt der jungen Zagreber Germanistikstudentin gezeigt. Der Gang der Zeit und die vielen Berührungen mit deutschen Menschen halfen mir dann aber auch, meinerseits den Unterschied in ihren Gefühlen und in ihrer Verantwortung für das Vergangene besser zu erkennen, die Vorstellung von der Kollektivschuld allmählich abzubauen, Verständnis zu finden für die großen Versuchungen, denen gerade die Deutschen meiner Generation ausgesetzt waren. Besonders beeindruckte mich jedoch der tiefe Wandel ihres Bewußtseins, die unerschütterliche Forderung nach einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, und indem ich diesen Wandel verfolgte, muß sich für mich unmerkbar wohl auch mein Bewußtsein geändert haben. So war ich eigentlich selbst sehr überrascht, als ich mich, als Fachmann

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zu einer Sitzung des serbischen Parlaments geladen, sehr für die Pflege der deutschen Sprache an den Schulen der Teilrepublik Serbien einsetzte. Wenn ich mir nun die Frage stelle, wie ich vom Germanisten zum Komparatisten wurde, so muß ich mir dies gleichfalls sowohl aus den Umständen heraus als auch durch den Zufall bedingt erklären. Für Germanisten im Ausland ergibt sich nämlich von selbst die Frage nach der Beziehung ihrer Literatur zur deutschen Literatur. Man kann vom Ausland aus auch nie in dem gleichen Ausmaß an der Entwicklung der Germanistik teilnehmen, wie es den Kollegen an den deutschen Universitäten möglich ist. So begann auch ich, über die Beziehungen der südslawischen Literatur zur deutschen Literatur nachzudenken und zu schreiben, einzelne Details zu umfassenden Synthesen zusammenzuschließen. Am Anfang aber war es geradezu schmerzhaft, diese Spuren gegenseitiger Berührung in Anbetracht ihrer weiteren unglücklichen Entwicklung zurückzuverfolgen. Jakob Grimm, der große Vermittler der serbischen Volkspoesie, schrieb zum Beispiel in einem seiner Briefe, wie schön es sei, daß sein deutsches Volk gerade mit diesem Volk, das eine solche Poesie hervorgebracht habe, niemals eine kriegerische Berührung gehabt hätte. Und Goethe war in der Erforschung dieser gegenseitigen Beziehungen sicherlich der schönste Lichtpunkt. Als jedoch Pfleiderer, der erste Botschafter der Bundesrepublik in Belgrad, die Germanisten der Belgrader Universität zu Besuch empfing und seine Begrüßung mit der Jugenderinnerung begann, daß er als Schüler, durch Goethe angeregt, gleichfalls serbische Volkslieder übersetzt habe, war dieser schöne Versuch, eine Brücke zu schlagen, durch das Vergangene überschattet, und insgeheim dachten wir: Immer wenn die Deutschen etwas kaputt gemacht haben, muß nachher Goethe herhalten. Aber womöglich ist das ein noch nicht genügend gewürdigter Verdienst des großen Dichters . .. Inzwischen sind junge deutsche Generationen herangewachsen, die ich in ihrer Tüchtigkeit und Lebenseinstellung bewundere, denen ich selbst, einige Semester hindurch an deutschen Universitäten, die Komparatistik vertretend, Lehrer sein durfte und von denen ich überzeugt bin, daß sie sich niemals mehr für etwas Unhumanes mißbrauchen lassen. Im Rahmen meiner komparatistischen Arbeiten aber hatte ich mich ganz besonders für die Beziehungen der Südslawen zur österreichischen Literatur zu interessieren begonnen. Es war ein gleichfalls ambivalentes Gefühl mit ambivalenten Erkenntnissen. Denn einerseits entwickelte dieses Österreich in der Vergangenheit eine Synthese, die in vieler Hinsicht schon den Gedanken eines zukünftigen geeinten Europas enthielt, andererseits aber war es auch Schauplatz erbitterter Nationalitätenkämpfe gewesen, bei denen ich wiederum mit meinen Gefühlen auf jener Seite war, die ich als die unterlegene betrachtete. Die Vorstellung jedoch von einer übernationalen geistigen Aura, die Herman Bahr in seiner Dalmatinischen Reise in der Weise zum Ausdruck gebracht hatte, daß es schön gewesen sein muß, in den Kulturen aller dieser Völker in gleicher Weise beheimatet zu sein, faszinierte mich. Mein Interesse für die Beziehungen zur österreichischen Literatur dürfte wohl auch die Ursache für meine Berufung an die Universität Innsbruck gewesen sein und für die schöne Aufgabe, den ersten österreichischen Lehrstuhl

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für Komparatistik zu begründen. Ich hatte bereits vorher, beim Komparatistenkongreß in Belgrad 1967, Horst Rüdiger persönlich kennengelernt. Allein sein Aussehen, der markante Kopf, beeindruckte mich ungemein, aber auch sein Verhältnis zu seinen Mitarbeitern. Im Jahre 1970 nahm ich dann in Mainz am ersten Symposion der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft teil, schon in Erwartung meiner Aufgabe in Innsbruck. Als ich dann in Innsbruck mehr als ein Jahrzehnt später meinen 60. Geburtstag feierte, haben die Herausgeber einer Festschrift für mich vier Bezugspersonen in meinem Leben festgestellt: meine beiden jugoslawischen Lehrer, Zdenko Skreb und Pero Slijepievic, den Generalsekretär der Alexander-von-HumboldtStiftung, Dr. Heinrich Pfeiffer, und Horst Rüdiger, „den Komparatisten in Bonn und Doyen der Komparatistik im deutschen Sprachraum". Gerade, um mich an dieser Stelle nicht zu verreden, begnüge ich mich mit einem Satz der Herausgeber dieser Festschrift: „Nun stand der deutsche Komparatist seinem aus Jugoslawien berufenen jüngeren Kollegen mit Rat und Tat in dessen Aufbauarbeit bei." Wieviel das an Hilfe bedeutete, kann wohl nur derjenige ermessen, der in ähnlicher Weise von einem Land in ein anderes, von einer Sprache in eine andere, von einem Gebiet der Wissenschaft in ein zwar verwandtes, aber doch völlig autochthones wechselte. Die Arbeiten von Horst Rüdiger waren und sind grundlegend für meine Lehrtätigkeit, die von ihm 1966 begründete Zeitschrift arcadia war und ist mir ein Leitfaden auch in meiner eigenen Entwicklung als Komparatist. Wenn ich nun wiederum, um nicht Gefahr zu laufen, mich zu verreden, einfach darauf hinweise, was ich im Beitrag Vergleichende Literaturwissenschaft im Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte in knappster Form dargelegt habe, so möchte ich zu einem Satz daraus — „Jedoch der richtungsweisende Neugestalter und eigentliche Begründer einer modernen deutschen Komparatistik, der es alsbald auch gelingt, internationale Anerkennung zu finden, ist Horst Rüdiger" — eine Feststellung aus meinen .Confessions' beifügen: Horst Rüdiger war für mich als Deutscher und Freund auch eine große Hilfe, um ein tief einschneidendes Trauma überwinden zu können, eine Bestätigung für ein ,anderes' Deutschland insgesamt zu finden und damit auch die Vergewisserung, daß ich vor fast vier Jahrzehnten keineswegs an der falschen Seminartür angeklopft habe.

ERWIN KOPPEN

Über Zufall, Notwendigkeit und anderes Ein Schlängelweg zur Komparatistik W h y n o t ? W h y not. Dumme, unangenehme oder aufdringliche Fragen, die mit „Warum?" bzw. „Why?" beginnen, werden von Angelsachsen zuweilen mit unschuldsvoller Miene „Why not?" beantwortet. Dies ist auch die erste Antwort, dir mir auf die Frage, warum ich Komparatist geworden sei, durch den Kopf geht. Bei näherem Nachdenken entdecke ich dann freilich, daß eine solche Antwort bzw. Gegenfrage, läßt man das Fragezeichen weg, einen ganz anderen Sinn erhält als den einer humoristischen oder schnippischen Zurechtweisung des Fragers. Es wäre gleichsam die Beantwortung der Frage „Why?" ex negative, in unserem Falle eine Darlegung der Gründe und Umstände, die für die Begründung meiner komparatistischen Existenz n i c h t maßgebend waren. Und da sind einige Geständnisse abzulegen. Ich wurde z. B. n i c h t Komparatist aus innerer Berufung. Literatur im internationalen Zusammenhang zu sehen, war kein Problem, das mich in meiner Jugendzeit aufwühlte und umtrieb, vielmehr las und studierte ich deutsche, französische und englische Literatur treu und brav nebeneinander her. Dementsprechend bin ich auch nicht zur Komparatistik gekommen, indem ich dieses Fach studierte. Dabei hätte ich dies an meiner Alma mater, der damals gerade wiedergegründeten Johannes-GutenbergUniversität zu Mainz schon Anfang der fünfziger Jahre tun können, existierte doch jener mittlerweile legendäre, von Friedrich Hirth besetzte Lehrstuhl für Vergleichende Literaturwissenschaft, der als der erste in Deutschland gilt. Die Wahrheit ist, daß ich die Existenz eines solchen Faches gar nicht richtig wahrgenommen hatte. Später berichteten mir zwei Studienkollegen, Romanisten, daß es bei Hirth einiges zu lernen gebe, ein Lob, das sich wohl eher auf die Persönlichkeit des Lehrenden als auf das Fach bezog. Aber ehe ich den Entschluß fassen konnte, eine dieser exotischen Vorlesungen oder Seminare zu besuchen, war Hirth überraschend verstorben und der Lehrstuhl auf Jahre hin verwaist. Im übrigen ist mir in meiner Jugend auch nie der Gedanke gekommen, mein idealer Lebenszweck solle oder müsse sein, Professor der Literaturwissenschaft (ob vergleichend oder nicht) zu werden. Falls mir überhaupt so etwas wie ein Berufsziel vor Augen schwebte, so war dies der Journalismus, und im Hinblick darauf studierte ich mit wechselndem Erfolg und wechselndem Interesse eine ebenfalls wechselnde und mir und anderen recht chaotisch erscheinende Fächerkombination. Um es — vorerst — kurz zu machen: Komparatist wurde ich nicht aus Notwendigkeit, sondern aus Zufall, besser gesagt einer Serie von

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Zufällen. Der wichtigste dieser Zufälle, zweifellos einer der beiden Haupttreffer, die ich in der Lebenslotterie gezogen habe, war die Tatsache, daß Horst Rüdiger zu einem ganz bestimmten, relativ späten Zeitpunkt in mein Leben trat. Davon noch später. Aber schon vorher hatte mir der Zufall Menschen über den Lebensweg getrieben, die zweifellos gewisse Weichen für mich auf dem Weg zur Komparatistik gestellt hatten, zwei hervorragende Schulmänner, von denen zumindest der erste für die Herausbildung meiner geistigen und wissenschaftlichen Interessen folgenreicher gewesen ist als die Professoren, bei denen ich später mein Studium absolvierte. Ein Schulmann Der eine hieß Andreas Müller, hatte eine vage äußere Ähnlichkeit mit Peter Wapnewski und war wie dieser Germanist. Unter Kluckhohns Aegide mit einer Arbeit über Französische Revolution und deutsche Romantik promoviert, hatte er etliche Bände der „Deutschen Literatur in Entwicklungsreihen" herausgegeben und in den vierziger und fünfziger Jahren in längeren, aber regelmäßigen Abständen weiter publiziert, u. a. über Hölderlin und Goethe. Zwei Jahrzehnte später geboren, wäre er wohl Assistent, später Privatdozent und dann Professor geworden, aber bei der damaligen, heute kaum mehr vorstellbaren knappen Ausstattung der deutschen Universität mit wissenschaftlichem Personal landete er auf einem deutschen Kleinstadtgymnasium. Andreas Müller war von Untersekunda bis Oberprima mein Deutschlehrer. Seine germanistischen Publikationen waren und sind nur guter zeitgenössischer Durchschnitt, aber wenigstens nicht schlechter als das meiste dessen, was damals von Universitätsgermanisten publiziert wurde. Schlechthin überragend war er hingegen als akademischer Lehrer. Ich setze das Wort .akademisch' hier mit vollem Bedacht, hatte sein Unterricht doch durchaus das Niveau von Universitätsseminaren gehobener Qualitätsstufe. Daß es sich bei diesen Eindrücken nicht um schwärmerische Primanerreminiszenzen handelt, davon konnte ich mich als bereits promovierter Endzwanziger noch einmal gelegentlich eines Schulpraktikums überzeugen, das ich an meiner alten Schule absolvierte. Andreas Müller eröffnete mir nicht nur den Horizont der deutschen Literatur und zeigte, wie man in sinnvoller Weise mit Literatur umgehen könne, er erzeugte in mir auch die Vorstellung, daß es auf der Universität wohl nichts Schöneres geben könne, als sich mit Literatur zu befassen, worunter ich damals noch in erster Linie die deutsche verstand. Also begann ich im Wintersemester 1949/50 an der JohannesGutenberg-Universität zu Mainz mit dem Studium der Germanistik im Hauptfach. Zu meiner grenzenlosen Verblüffung stellte ich alsbald fest, daß die Universitätsgermanistik deutlich unter dem Niveau des bis dato genossenen Deutschunterrichts lag, und so degradierte ich die Germanistik bereits im zweiten Semester zum Nebenfach, um sie im fünften dann — wenigstens vorläufig — ganz ad acta zu legen. Noch jemand Der zweite Weichensteller an besagtem Kleinstadtgymnasium war der Französischlehrer Fahrländer. Er, noch nicht einmal promoviert, war kein

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Wissenschaftler, den die Zeitumstände an die Schule verschlagen hatten, sondern verkörperte den Typus, den man als ,Könner* bezeichnet: Sein Französisch, das er (damals noch ganz ungewöhnlich) fast ausschließlich als Unterrichtssprache verwandte, riß uns ebenso hin wie seine pädagogische Entschlossenheit, uns von seinem Können so viel wie möglich zu vermitteln. Letzteres tat er, so modern sein Unterricht für die damalige Zeit auch wirken mochte, nicht auf dem Wege irgendwelchen sprachdidaktischen faulen Zaubers, sondern durch hartes, fast professionelles Training, dem wir uns angesichts sichtbarer Erfolge auch gerne unterzogen. Der Unterricht in der französischen Literatur war wohl weniger seine Sache, aber man wurde durch den intensiven und erfolgreichen Umgang mit der Sprache geradezu dazu provoziert, auf eigene Faust sein Glück zu wagen: So wurde die französische Literatur die einzige fremde Literatur, die ich von vornherein und ausschließlich in der Originalsprache kennenlernte. Im übrigen beschloß ich, Romanistik zu studieren, zunächst nur als Nebenfach, das aber alsbald zum Hauptfach aufgestockt wurde. (Daß ich u. a. auch noch das Fach Geschichte studierte, und zwar im Hinblick auf meine dann nie realisierten journalistischen Berufspläne, sei hier nur am Rande erwähnt. Dieses Studium hat insofern bis heute seine Spuren in meiner wissenschaftlichen Entwicklung hinterlassen, als mein Zugang zur Literatur stets eher ein empirisch-historischer als ein theoretischer gewesen ist.) 15 q m K o m p a r a t i s tik Auch die nächste Weiche auf meinem Weg zur Komparatistik wurde ohne mein Zutun gestellt: Zufällig wurde zum Abschluß meiner romanistischen Promotion am Romanischen Seminar der Universität Mainz die Stellung einer wissenschaftlichen Hilfskraft frei, mein Doktorvater Edmund Schramm bot sie mir an, und damit war mir, spaltbreit wenigstens, die Tür zur wissenschaftlichen Laufbahn geöffnet, die ich eigentlich erst jetzt in Betracht zu ziehen begann. Vorerst bestand sie darin, daß ich abwechselnd, teilweise auch gleichzeitig, die Dienste eines Seminarkustos, einer Sekretärin und eines Bibliothekars zu versehen hatte, dies alles, wie gesagt, bei den Romanisten. Aber da war schon wieder der Zufall, der es wollte, daß das nach Hirths Ableben sechs Jahre lang verwaiste Seminar für Vergleichende Literaturwissenschaft meinem Doktorvater und Chef Edmund Schramm zur kommissarischen Verwaltung anvertraut war, vermutlich, weil dieses Institut, das aus einem etwa 15 qm kleinen Bibliotheksraum mit vier Bücherregalen und zwei Schreibtischen (für Professor und Hilfskraft) bestand, mitten im Romanischen Seminar lag, gleich neben dem Geschäftszimmer, in dem ich meine Tage verbrachte. Die geringfügigen Verwaltungs- und Bibliotheksarbeiten dieses verwaisten Instituts wurden zunächst von einer aus den Mitteln des Stiftungslehrstuhls besoldeten promovierten Anglistin und in der DDR ausgebildeten Bibliothekarin erledigt. Als diese eine bessere Position in Göttingen erhielt, wurde die Stelle nicht mehr besetzt, sondern das Seminar wurde von der Romanistik — und das heißt von mir — gewissermaßen in einem Aufwasch mitverwaltet. So kam ich in den ersten direkten Kontakt mit der Vergleichenden Literaturwissenschaft.

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E n t e r H. R.

Und dann spielte der Zufall seine letzte und entscheidende Trumpfkarte aus. Eines Tages klopfte es energisch an der Tür zum Geschäftszimmer des Romanischen Seminars, und ehe ich auch nur „herein" rufen konnte, stand er schon im Zimmer — ein damals eher noch schlaksig wirkender hochgewachsener Mann von Anfang bis Mitte vierzig (in Wirklichkeit war er schon fast fünfzig), in einem für einen deutschen Professor bemerkenswert eleganten Anzug, Energie und Vitalität verströmend, von Anfang an freilich auch Zutrauen einflößend; mit vorgerecktem Kinn und sonorer Stimme stellte er sich mit seinem Nachnamen vor: „Rüdiger!" Wenige Monate nach dieser Begegnung war ich dann wohl „Komparatist" geworden, d. h. ich, der promovierte Romanist, besuchte Rüdigers Seminar und nahm nach einiger Zeit auch die ihm zugesprochene Hilfskraftstelle ein, in vermutlich unzulässiger Ämterkumulation, denn auch meinen Posten am Romanischen Seminar behielt ich bei. Denn noch sah ich meine wissenschaftliche Zukunft eher in der Romanistik als in jenem exotischen Fach Vergleichende Literaturwissenschaft, mit dem ich nun in Berührung gekommen war. Noch erschien mir der Umgang mit dieser Disziplin als eine Eskapade, wenn nicht gar als eine Affäre. Zumindest war es so aufregend wie ein Seitensprung: Dieser Mann befaßte sich mit Literatur ohne Pedanterie und Getue, ohne tiefsinniges Raunen (wie der Germanist X), ohne schöngeistiges Dröhnen (wie der Anglist Y) und ohne Huldigungen an den Adenauerisch abendländischen Zeitgeist (wie der Romanist Z). Und da war sogar — horribile dictu — Humor mit im Spiele und im übrigen (nicht nur in seinem Umgang mit Literatur, sondern auch mit Studenten und anderen Vertretern der akademischen Fauna) eine mir bis dato im Universitätsbereich nicht vorgekommene Weitläufigkeit und Urbanität. Keinen Augenblick hatte man dabei den Eindruck, daß Windbeutelei mit im Spiele sei. Rüdiger war in seinen Seminaren (damals in seligen Mainzer Zeiten umfaßten sie zehn bis maximal zwanzig Studenten) nicht nur um Einhaltung strengster philologischer Disziplin und historischer Seriosität bemüht, sondern konnte auch mit umfassender Belesenheit und einem Wissen über Literatur aufwarten, das von Archilochos bis zu den Vertretern der neuesten deutschen Literatur (die er merkwürdigerweise großenteils persönlich zu kennen schien) ging. Er war der erste, der mir, dem mittlerweile Achtundzwanzigjährigen, einen Begriff davon verschaffte, was wissenschaftlicher Umgang mit Literatur sein sollte und mußte. Daß ich ohne die Begegnung mit Horst Rüdiger nie Komparatist geworden wäre, braucht nach all dem kaum mehr eigens vermerkt zu werden. Vom Flirt zur festen Bindung Gleichwohl: Die Komparatistik stellte zunächst für mich nur einen faszinierenden Flirt dar. Noch konnte ich mir eine ernsthafte wissenschaftliche Weiterentwicklung nur im Rahmen des großen Mutterfaches Romanistik vorstellen. Aber als ich dann im Herbst 1959 als deutscher Lektor an die Staatliche Universität Mailand ging, waren es nicht meine romanistischen Mentoren, sondern bereits Rüdiger, der mir nicht nur die Stelle verschaffte, sondern mir auch zu

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verstehen gab, daß ihm ein „stage" an einer ausländischen Universität als unverzichtbare Etappe einer wissenschaftlichen Laufbahn erschien. Und er war es dann auch, der mir drei Jahre später die Rückkehr nach Deutschland ermöglichte: Daß ich bei ihm Assistent wurde und nicht, wie erwartet und erhofft, bei den Romanisten, gehörte nicht mehr in das Reich des Zufalls, sondern hatte schon eine gewisse innere Konsequenz an sich. Ich befand mich nunmehr auf dem Wege zur Komparatistik, der indessen auch weiterhin keineswegs gradlinig verlief, sondern sich bis zum heutigen Tage zwischen Germanistik und Romanistik dahinschlängelte. Teils an der Seite Horst Rüdigers, teils auf eigenen Füßen habe ich mich weiterhin in diesen beiden Fächern umgetan und sie auch gelehrt: Germanistik als Lektor, Assistent und Lehrstuhlvertreter, die Romanistik noch einmal als Ordinarius, als mich meine alte Alma mater und mein altes Institut, an dem ich einst als Wissenschaftliche Hilfskraft angefangen hatte, als Ordinarius berief. Inzwischen war ich aber in Vergleichender Literaturwissenschaft habilitiert, und es zeigte sich, daß der ehemalige Flirt inzwischen zur festen Bindung geworden war, so daß sich nunmehr die vorübergehende Rückkehr zur Romanistik als Eskapade und Seitensprung darstellte. Sie sollte mich übrigens nicht reuen. Seitdem ich in diesen Mainzer Jahren wieder in einer großen Philologie festen Fuß gefaßt hatte, gleichsam dort jetzt ein Standbein habe, kann ich mein komparatistisches Spielbein mit größerer Sicherheit bewegen. De libero arbitrio So wäre ich Komparatist nur deswegen geworden, weil mein Lebensschiffchen nur durch den Zufall der Winde und der Strömungen schließlich im komparatistischen Hafen gelandet ist. Aber das ist natürlich zu provokatorisch, um wahr zu sein. Der Steuermann des Schiffes war letztendlich doch ich, und wenn ich auch von günstigen Winden und Strömungen zu meinem Kurs veranlaßt worden bin, so war es doch an mir, mich für eben diese Winde und Strömungen zu entscheiden und nicht für andere. Mit anderen Worten: Ich habe an bestimmten Punkten dieses Kurses eben doch Entscheidungen getroffen und Prioritäten gesetzt. Ganz am Anfang stand die Entscheidung für ein literaturwissenschaftliches, damals noch germanistisch-romanistisches Studium. Am Ende dieses Studiums erhielt die wissenschaftliche Laufbahn die Priorität vor der journalistischen; neben dem Schuldienst (der mir aufgrund eines Staatsexamens sehr wohl offengestanden hätte) habe ich auch andere Berufschancen, die sich mir im Laufe der Zeit anboten, nach jeweils genauer Prüfung ausgeschlagen: Ich bin weder Redakteur in Johannesburg noch Dolmetscher beim Bundeskriminalamt geworden. Auch hat mich niemand dazu gezwungen, Horst Rüdigers Assistent zu werden: das wurde ich aus freiem Willen, wohl wissend, daß dies nicht nur die Entscheidung für eine Person, sondern auch für eine bestimmte wissenschaftliche Disziplin bedeutete. Ich habe mich später auch nicht in Germanistik habilitiert (was möglich gewesen wäre), sondern in Vergleichender Literaturwissenschaft, und habe dann schließlich im Jahre 1974 die letzte und entscheidende Priorität gesetzt, als ich mich gegen den Verbleib in

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der mir sehr ans Herz gewachsenen Mainzer Romanistik und für die Nachfolge Rüdigers auf seinen Bonner Lehrstuhl und damit endgültig für die Komparatistik entschied. Die Sprachen Ich bin also wie so mancher andere deutsche Komparatist der ältesten wie der jüngsten Generationen durch das Studium der Romanistik gleichsam auf die Vergleichende Literaturwissenschaft vorbereitet und eingestimmt worden. Die unbestreitbar bestehende Wahlverwandtschaft zwischen Romanistik und Komparatistik wird nun in der Regel dadurch erklärt, daß der Romanist gleichsam ex officio darauf angewiesen sei, mit mehreren Literaturen gleichzeitig umzugehen. Wenn ich von meinen eigenen Erfahrungen ausgehen darf, halte ich diese Begründung für unzulänglich, ganz abgesehen davon, daß in der deutschen Romanistik im allgemeinen nicht komparatistisch verfahren wird, sondern, wie es ja auch im Interesse einer guten spezialistischen Ausbildung ist, französische, spanische, italienische usw. Literatur getrennt voneinander behandelt und mit der deutschen Literatur auch nur in Ausnahmefällen in Bezug gesetzt werden. Für mich war, wie übrigens für die meisten Romanisten, die Romanistik keinesfalls eine nur literarische Disziplin, sondern in gleichem Maße eine sprachliche. Daß man im Rahmen eines Faches gleich mit drei europäischen Hauptsprachen vertraut werden konnte, habe ich immer als faszinierend empfunden und im übrigen das Geschäft des Spracherwerbs nie als lästige Fron, sondern als geistiges Abenteuer, als Aufbruch zu neuen Ufern betrachtet. Dieses lustbetonte, fast erotische Verhältnis zu fremden Sprachen, das übrigens dem Komparatisten ebenso eignen muß wie jedem Fremdsprachenphilologen, führte mich dann erst zu den in dieser Sprache abgefaßten Literaturen. Sie enthüllten sich mir in ihrer vollen Schönheit und in ihrem vollen Reize erst dann, als ich der geschäftigen Kuppler, wie Goethe die Übersetzer nennt, nicht mehr bedurfte. Der Schritt von der Romanistik zur Komparatistik schien mir also nicht zuletzt deshalb logisch und plausibel, weil es sich bei der einen wie bei der anderen Disziplin um eine polyglotte Wissenschaft handelt. Die Literaturen Zufälle, Personen, das Setzen von Prioriäten an Wendepunkten der äußeren und wissenschaftlichen Vita, die Faszination der fremden Sprachen — können diese Umstände wirklich erklären, warum ich Komparatist wurde, oder gar, warum man Komparatist wird? Vielleicht hat auch der Gegenstand der Vergleichenden Literaturwissenschaft, der ja, wie ihr Name besagt, die Literatur ist, irgendetwas damit zu tun, daß man im Hafen dieses Faches angelegt hat. Also noch einmal zurück ins erste Semester und erneut bekannt: Der Studienanfänger der Germanistik nahm dieses Studium wahrlich nicht als Brot- oder Verlegenheitsstudium auf, sondern fasziniert durch die Literatur, wie geblendet durch das Licht, in dem ein tüchtiger Schulunterricht diese Literatur hatte erstrahlen lassen. Wenn dann die damalige Universitäts-

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germanistik nicht in der Lage war, dieser Faszination zu genügen, so lag dies vielleicht gar nicht so sehr, wie ich damals glaubte, an der unzureichenden Qualität des Gebotenen, und auch meine damalige Einschätzung, dieses Fach koche die Literatur in einem Saft, der sie ungenießbar mache, war zweifellos unreif. Wichtiger war wohl, daß ich mir damals wie im Grunde genommen auch heute für die Germanistik verdorben vorkam, weil mir eine selten ausgesprochene, aber natürlich stets latent vorhandene Grundvoraussetzung des guten Germanisten fehlt, nämlich die Überzeugung, die deutsche Literatur sei im Grunde doch einzig unter den Literaturen der Welt. Um nicht in den Verdacht der Nestbeschmutzung zu geraten, möchte ich ergänzend darauf hinweisen, daß nicht nur der deutsche Germanist, sondern auch der englische Anglist, der spanische Hispanist oder italienische Italianist in gleicher Weise von der Vortrefflichkeit und Einzigartigkeit ihrer Literatur durchdrungen sind, von den französischen Spezialisten für französische Literatur ganz zu schweigen. Eine solche Überzeugung hat wohl auch nichts mit Nationalismus im politischen Sinne zu tun, sondern bildet so etwas wie die psychologische Grundstimmung allen Spezialistentums: Im gleichen Sinne ist auch der Zivilrechtler davon überzeugt, daß das BGB den Angelpunkt der Juristerei darstellt, und der Anatom davon, daß er im Brennpunkt der Medizin steht, denn vermutlich bedarf es eines solchen Glaubens, um einen Wissenschaftler mit den Kräften zu versehen, sich ein ganzes Leben lang auf ein Fach zu konzentrieren. Ich selber bin in dieser Hinsicht ein glaubensloser Agnostiker geblieben. So sehr ich mich der Literatur in meiner deutschen Muttersprache verbunden fühle und so stark die Bewunderung ist, die ich manchen ihrer Vertreter und Kreationen entgegenbringe, so wenig schien und scheint sie mir wert, zum ausschließlichen Gegenstand meines wissenschaftlichen Interesses zu werden, ebensowenig wie irgendeine der anderen Literaturen. Es war nicht zuletzt die Erkenntnis des relativen Wertes bestimmter Erzeugnisse einer Nationalliteratur, die mich zur Komparatistik prädisponierte: Deutlich in Erinnerung ist mir noch der Augenblick, in dem mir bewußt wurde, daß der von mir früher so hochgeschätzte Conrad Ferdinand Meyer ein Zeitgenosse Baudelaires war (dem ich erst als Student begegnete) — nun, kein Wort mehr darüber, sapientibus sät; und im übrigen denke ich an jenen Vortragsabend zurück, an dem Rene Wellek ein überwiegend germanistisches Vortragspublikum mit dem Satz: „Heine gehört zur Weltliteratur, Stifter nicht", ganz offensichtlich verärgerte, mir selber aber aus der Seele sprach. Dies war zu einer Zeit, als ich schon längst im Banne der Vergleichenden Literaturwissenschaft stand, die es mir erlaubte, bestimmte Ölgötzen der Nationalliteraturen links liegen zu lassen, heißen sie nun Stifter, Hopkins, Claudel, Alfieri oder Azorin. Also wäre ich doch nicht nur aus einer puren Summation von Zufällen zur Komparatistik gekommen, sondern zumindest hinter meinen jeweiligen Reaktionen auf diese Zufälle wäre eine Art von Notwendigkeit zu erkennen, die ihrerseits auf eine bestimmte Art des Interesses für Literatur zurückgeführt werden könnte. Ich glaube zu wissen, wann und unter welchen Umständen sich dieses spezielle Interesse heranbildete: Ich gehöre einer Generation an, die

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ihre entscheidenden Lektüreerlebnisse in den ersten Nachkriegsjahren hatte, als nach zwölfjähriger Isolierung sich auch die geistigen und literarischen Grenzen Deutschlands zum Ausland hin öffneten. Daß Deutschland nur eine Provinz der literarischen Weltrepublik war, auf diese Erkenntnis wurde ich geradezu mit der Nase gestoßen, als Rowohlt und Suhrkamp nach 1945 anhüben, die großen Namen der zeitgenössischen ausländischen Literatur wieder der deutschen Leserschaft geläufig zu machen. Erleichtert warfen wir alles, was damals als moderne Literatur galt, also die Bücher der Binding, Muschler, Wiechert, Kolbenheyer, Carossa und Co., in die Ecke und lasen Thornton Wilder, Ernest Hemingway, Albert Camus, Jean Paul Sartre, Graham Greene, John Steinbeck und tutti quanti. Auch die Tatsache, daß alle noch lesenswerten deutschen Autoren freiwillig oder unfreiwillig im Ausland lebten, wie Hermann Hesse, Thomas Mann oder Kurt Tucholsky (der erst nach dem Krieg, lange Jahre nach seinem Tod, seine eigentliche und entscheidende Wirkung auszuüben begann), erteilte mir die entscheidende Lektion, daß die deutsche Literatur wohl erst dann anfange, interessant zu werden, wenn sie sich, in welcher Form auch immer, mit dem Ausland einläßt. So entwickelte sich in mir gewiß schon vor dem Abitur eine internationalistische Konzeption von Literatur, die später auch meinen wissenschaftlichen Umgang mit Literatur bestimmte und damit meinen Weg zur Komparatistik vorzeichnete. . . . und k e i n E n d e So stellt sich also meine komparatistische Vita einerseits nicht als das Resultat zwangsläufiger Entwicklung oder gar Vorbestimmung dar, auch nicht nur als Folge ebenso zufälliger wie entscheidender Begegnungen, sondern auch als das Produkt eines ganz spezifischen Interesses für Literatur, ein Interesse, das eher von einer Faszination durch Fremdes geprägt ist als von dem Bestreben, das Eigene immer besser verstehen zu lernen, und für das das Eigene eigentlich erst dadurch interessant wird, daß es sich im Fremden spiegelt und spiegeln läßt. Nicht aus reinem Zufall bin ich also Komparatist geworden, freilich ebensowenig aus reiner Notwendigkeit. Wie zwischen Romanistik und Germanistik, so schlängelt sich mein Weg zur Komparatistik auch zwischen diesen beiden existentiellen Massiven dahin. Daß der Pfad oft steinig und steil ist, soll nicht unerwähnt bleiben. Ebensowenig aber auch, daß er zu keinem Ende führt: Wer auf dem Wege zur Komparatistik je glaubt, er sei an seinem Ziele angelangt, muß wissen, daß er von diesem Wege abgekommen ist.

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What is Literature? In 1959 Roland Barthes wrote that, through the centuries, literature had not been thinking about itself, did not "see itself as an object in the same time regarded and regarding". Later, it began to feel itself double, "at the same time object and glance upon the object": at first, with Flaubert, it was an artisan conscience of literary manifacturing; then a heroic will of mixing, in the same written substance, literature and thought about literature (Mallarme); again, a hope in succeeding to avoid the literary tautology, putting off, so to speak, literature to the following day (Proust); at last, the surrealism multiplied to infinity the meanings of the word-object, without stopping to an univocal signification. "All these attempts will perhaps allow some day to call our century the century of the many 'Qu'est-ce que la litterature'". Sartre, went on saying Barthes, answered the question "from the outside". Later on, Barthes pointed out that we are lacking a history of the idea of literature. We are writing unremittingly histories of works, of schools, of movements, "but nobody did write the history of the literary being. 'Qu'est-ce la litterature': this famous question remains paradoxically a philosophic or a critic question, it is not yet a historical question". Todorov thought to evoid the problem by dropping the word "literature" and making use of the term "6criture". "ficriture" seems indeed to be more generic, a term less burdened with historical connotations, more available. The proposal seems suitable to me, because beyond the sheer linguistical operation we see the intention of widening the field of our interests to what is anyhow written, with or without the traditional or actual connotations of "literature". After all, "literature" is a word, a word that means etymologically exactly what is meant by "Venture", also in that it refers to something written, not to the real word, the spoken one. But I have the impression that beyond all this there is something more important than the use of the word "literature". When in 1947 Sartre asked himself what "is" literature, or when Barthes complains of the lack of a history of the idea of literature, I guess they are formulating badly the problem. They suppose that there is something that "is" literature, that there "is" an idea of literature, that we must catch up. "Literature", as a matter of fact, is only a word, that has the meaning we give it. When Sartre asks himself "Qu'est-ce que la litterature?" his answer cannot, in one sense, but be exact: as a matter of fact, he is seeking the reasons of why he personally devotes his life to something that he calls "literature", and his acceptation of the word "literature" coincides with the awareness of his writing activity.

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If we carefully read the essay by Sartre Qu'est-ce que la litterature? with the candid expectation to learn from it what literature is, in general, we cannot but be profoundly disappointed. We read for instance that "the essence of the literary work is liberty". This is obviously an ambiguous way of speaking. Liberty can be a condition of the literary activity; this activity can be an expression of one's liberty; but it is clear that "litterature" is something made not with liberty, but with words, written words. We can have liberty, we can act in liberty without making literature. Then Sartre makes a distinction between "poetry" and "prose". He says that the poet "seems to make a sentence, but this is only an appearance". (Sartre points out that he is speaking of the "contemporary" poetry, and that pure poetry and pure prose are only border-line cases); but, according to Sartre, the poet does not use true signs, he uses directly expressive means, as music or picture do. But one would say that poetry is for Sartre something encumbering; he almost immediately forgets about it and he attends to prose, and to the writer as identified with the prosaist. On the other hand, Sartre uses very seldom the word "literature" in his essay about what is literature. From time to time he utilizes the term "aesthetic", or the term "artist", to point to the writer, that is to the prosaist. He does not feel the need of making his terms more precise, so that his terms disclose their meanings only in their contexts; and because the contexts change, the meanings of the terms turn out to be fickle. Often he uses the term "writer" in the specific meaning of "fiction writer", and of a fiction writer "engag ". "To write is to disclose the world and at the same time to propose it to the magnanimity of the writer". So it seems that what makes a writer a writer is engagement. But then Sartre says that "the writer, like all the artists, aims to giving to the readers something that we are used to call "aesthetic pleasure". What does happen when the writer succeeds in doing "aesthetic pleasure" but without engagement, or engagement but not aesthetic pleasure? Is the presence of both elements necessary in order that the writer deserves the name of a writer? It seems that for Sartre the engagement is prevailing, but he says also that "literature is one thing and morals another". It is very surprising that, for him, Karl Marx, that he considers one of his masters, "was not a man of letters". Was he not a man of letters, but was he a writer? What is the difference between a man of letters and a writer? As a matter of fact, Sartre, in his muddling way, does not answer the question "Qu'est-ce que la litterature": what he does is saying what in his opinion is the mission of the writer, intuitively identifying the writer with himself, a narrator, a playwright and an author of polemical essays that were important in a special "situation". He does marginally some suggesting observations, that in his time and in his country were not entirely obvious, for instance some regarding the reader and his active part in literary activity; but substantially, his essay Qu'est-ce que la litterature?, important to understand Sartre, shows a great confusion and lack of speculative sharpness. The great "deus ex machina" of his writing is the concept of "class", and hence, under pain of the obscurity of the whole, some explication would be necessary of

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what is meant by the word "class"; but such an explication is not given, so as no word he uses is defined. We did speak up to now of French authors only; but let's see what others mean by the word "literature". Of course we do not claim to make a systematic investigation: we bound ourselves to some samples almost accidental picked up in different languages and milieus, hoping to have some luck. We take a Marxist, as Sartre was, but an Academician and a German: Werner Krauss, a late member of the Academy of Science of the German Democratic Republic. Krauss gives a precise definition of what literature is. Literature, he says, is "a whole significant of the representations of single problematics of life, representations that have the nature of a message". "No literary work arose for itself, it had always the character of a message for a particular public". This is a definition, a definition that stresses the character of communication of the literature. But Krauss does not discriminate between literature and no-literature; he does not tell us whether this character of communication is enough to single out literature from no-literature. Another German, Peter Wapnewski, stresses this character of communication, asserting that a text becomes literature when it is published. He adds that such a text, to be literary, "must not obey to immediately utilitarian aims". Wapnewski adds that literature is always at least ambivalent: "to write something and to mean some other thing has something literary". Nowadays, he says, we prefer to speak of "text". "Literature is a valid means, perhaps the most valid of all, to communicate the experience of the world". "Literature retains what memory entrusted to it, handing it down to the future". "Literature can be an useful means for the man, to determine himself". Wapnewski writes for an encyclopaedia. Many encyclopaedias, perhaps wisely, renounce to tell us what literature is; sometimes they prefer to say what "poetry" is. The fifteenth edition of the Britannica, nevertheless, entrusted to Kenneth Rexroth, an American author, the task of speaking us of the "Art of Literature". Rexroth affirms that definitions of literature "tend to be circular", in the sense that they "assume that the reader already knows what literature is". Literature is "mankind's entire body of writing"; but such a definition is already misleading, he adds, for one may rightly speak of "oral literature". "As an art, literature is the organization of words to give pleasure". With this definition, we learn that literature is an art, but what is an art? We discover also that literature has an aim: it is made "to give pleasure". Does that mean that what gives pleasure by words is literature and what does not give pleasure is not literature? But what is "pleasure"? A little upset by these "circular" definitions, we try to get to the ground of things; we take as an emergency aid a book edited by Paul Hernadi, What is Literature?, published in the United States and collecting a score of writings that deal with some aspect of literature. The editor revises each of the published contributions in his introduction, and reaches the conclusion that "no text or utterance is completely literary or not literary", and that we cannot make a "clear-cut distinction between aesthetic and non-aesthetic values". β arcadia Sonderheft

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In his contribution Rene Wellek says he is surprised by Roland Bardies' assertion that "litt^rature" is a recent term, and makes a brief historical sketch of the uses of the antecedent of this word, affirming that is seems to disappear in the Middle-Ages and to return in the Renaissance. As a matter of fact, it is a narrow perspective that leads someone to take the term as recent: another contributor says that "reference to the Oxford English Dictionary is disheartening: the history of the word is brief and inglorious". It can be that the English word "literature" is so; but one should not forget (as some Englishspeaking scholars do, with a mixture of arrogance and ignorance, maybe because they do not know Latin) that the word is of Latin origin. The Italian word "letteratura" was used by Giovanni Boccaccio in a meaning close to ours. It is not my intention of speaking of all the contributions of the volume What is Literature?, only I shall try to point out some features among those relating most directly to our question. E. D. Hirsch notes that, if a definition of literature is far from the "usage of the educated man", it is the definition that is erroneous, not the usage. Perhaps he oversimplifies things speaking of o n e usage; but it seems to me that he gets near the substance of things pointing out that "the aesthetic orientation of the usual definitions has tended to aestheticize our choice of texts-to-be-studied and our way of teaching those texts". "If literature were just a sub-species of the category art and if art were something that is only properly understood and appreciated under aesthetic principles, than our literary and cultural lives would be much impoverished". "To regard literature as primarily and essentially aesthetic is not only a mistake; it is also a very infortunate narrowing of our responses to literature". Hirsch refers to the "Coleridgean principle of bringing the whole soul of man into activity". In this direction moves also George Me Fadden, when he affirms that "we require a broader basis than literariness alone to arrive at a valid concept of literature"; "literature includes works primarily artistic and also those whose aesthetic qualities are only secondary". Charles Altieri, as he affirms that modern critcism "remains trapped in a nineteenth century vision of "literature as an aesthetic process", singles out such a criticism in the "New Critics", that "felt it a betrayal of literature simply to assess the direct moral and religious claims some writers intended to make". Joseph Strelka goes back to Ingarden, who distinguishes in the literary work different levels, and stresses the importance of those characters of a literary work that "give life a particular direction and elevation". Some contributors are inclined to identify literature and fiction, and to a predominantly aesthetic conception of literature; but even in these we find some impatience toward a too "artistic" consideration of literature. As a matter of fact, we find in almost all the contributors of What is literature? something in common: a reaction against the New Criticism, that, for historical reasons that made its attitude understandable and even necessary, was inclined to isolate literature from life. In the same direction, but in a different, or rather larger, context, we must put the writing Toward a Semiotics of Literature of Robert Scholes. Scholes is the author also of Structuralism in Literature, where he makes often

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references to Jakobson, Barthes and L6vy-Strauss. That is, Scholes is characterized, in the context of the Northamerican culture, by his reference to the French Structuralism. But he announces, in the beginning of his writing, that though he places himself in the "formalistic, structuralist and semiotic tradition of critical thought", it can be that he bends such a tradition "beyond the breaking point". Jakobson tells us that "a literary work is simply one in which literariness is dominant"; for him, literariness is bound to formal structure. After all, Scholes notes, he, as Ivor Armstrong Richards and the New Critics, are connected with the "kantian assumption about the purposelessness of the aesthetic objects". This way of course, "all those aspects of literature which are cognitive or instructive are found to be impurities". Jakobson, like Richards, "opposes referential to non-referential discourses as a way of describing the difference between utilitarian and aesthetic texts". The contrary is true for Scholes, who knows that he breaks, this way, "with a powerful tradition in semiotic studies that runs from Saussure to Barthes to Eco". For Saussure, a sign joins a significant to a signified, so that what is outside, in the extralinguistic reality, remains inaccessible: there is a "unbridgeable gap beetween words and things". On the contrary, according to Scholes we must not regard the references to the extraliterary reality "a regrettable impurity in otherwise beautiful art"; we must rather affirm "the cognitive function of literature" as "an essential part of it". Literariness must not be mistaken for value: "our reasons for valuing a play may have as much to do with its non-literary function as with its literary form". "To the extent that semiotic studies insist that communication is a matter of purely formal systems, they must be disguided if not pernicious". With such affirmations Scholes sides with the majority of the contributors of the volume; nevertheless his position has another signification. If we see in the others a reaction against the ivory tower of the New Critics, in Scholes we also see a reaction against the ivory tower of the structuralism of saussurian origin. What these movements had in common was a diffidence against political and moral engagement, on the one hand, and the care of the scientific character of the study of literature, considered as something parted from human interests, on the other. If we take the well known handbook of Warren and Wellek, we see that it supports the New Criticism and Jakobson. It shows also a marked interest for Croce's aesthetic. As a matter of fact, Croce's aesthetics, at least in its distinctionist stage, that was the most important and vulgarized, was inclined to devalue the non-aesthetic elements of literary works, considering literature something valid only as an aesthetic activity. Croce spoke rather of "poetry" than of "literature", and considered literature as an hybrid product. Some works that he appreciated, but could evidently not be considered as a pure aesthetic product, were for him not "poetry" but "eloquence", and this distinction had the obvious intention of reducing the importance of the works called "eloquent". There are, of course, essential differences between Croce's aesthetics and structuralism. Croce conceived the "artistic" activity as something intuitive and instantaneous; in his aesthetics the constructive aspects of a work did not find a recognition. So the Divine Comedy was for him not the great

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gothic cathedral it is, but a collection of loose intuitions. (As a matter of fact, Croce's criticism is not always consistent with his aesthetics, because it was frequently bound to his juvenile preferences, formed before the elaboration of his aesthetics.) On the contrary, structuralist criticism tends to consider rather the conscious construction and communication than the intuitive expression. Saussure considers language as communication; Croce's general linguistic considers it as expression. I can not see why we must choose between these two conceptions. Language, and in consequence literature, is both communication and expression: also in this meaning literature has a polysemic character. Nevertheless, New Criticism, Croce and Structuralism have something in common: the profound mistrust for engagement, psychology, ethics, observation of the social reality, reflection. They wanted to protect literature from being used as an instrument by political, religious or economic powers, and to give a scientific dignity to their own critical activity. In their way, they were the heirs of the "art for art's sake" and of Symbolism. In its wish to free literature of impurities, Symbolism stressed the relations between literature and "the other arts", where, of course, the aesthetic element is prevailing: de la musique avant tonte chose says the beginning of the Art poetique of Verlaine. Verlaine used the word "literature" in a depreciative sense: his Art poetique ends: et tout le reste est litterature. In this tradition is the tendence to replace the word "literature" by the word" poetry", stressing the aesthetic element in linguistic expression and communication. Such a tendence has a powerful, tough not well identified, presence in our time too. A particularly influential case can be found in Stockholm Academy's activity along this century. The Stockholm Academy gives, of course, a positive connotation to the term "literature"; but we can observe that the meaning it gives to this terms has been shifting, in the course of the century, toward a prevalence of the aesthetic coefficient. Let's make a summary history of the Nobel Prize for Literature. Like the others, it has been conferred since 1901. There were no Nobel Prizes for Literature in the years 1914, 1918, 1935, 1940, 1941, 1942, 1943, but on four occasions it was divided between two persons. Therefore, there were, from 1901 up to 1981, seventy eight Nobel Prizes for Literature. The fifteenth edition of the Encyclopaedia Britannica and subsequent Yearbooks give sometimes only one qualification for each prizewinner (poet, or novelist, and so on), and other times a combination of definitions. It is hardly necessary to say that such definitions may easily cause discussions: we are asking ourselves what the Britannica means by "poet" or "novelist"; still, we realize that such terms are rather less ambiguous than the term "literature", because they are more specific. If we provisionally accept the Britannica definitions and observe the distribution of the prizes over four periods (the first up to the end of the first World War, the second between the two Wars and the last two during the longer period following the second World War) we have the following chart:

Franco Meregalli Poets Poets and/ Dramat. or Novel. Novel. Novelists Dramatists or Dramat. Essayists

Period

Poets

1901—17 1919—39 1944—60 1961—81

5 2 4 6

5 12 5 13

3 4 — —

1 1 4 1

17

35

7

7

TOTAL

77

Philos.

Histor.

TOT.

— 2 3

1 1 1 —

— 1



18 20 17 23

7

3

2

78

2

1

This chart tells us that the Stockholm Academy's prevailing concept of literature has gone through an evolution in the course of the century. Evidently, at the beginning "literature" meant any writing, even that of reflective nature, which might express the strong personality of an author. In 1902, that is in the second year of its existence, the Nobel Price for Literature was awarded to Theodor Mommsen, a historian; in 1908 the eighth one was given to Rudolf Eucken, a philosopher. The intention of including in the concept of literature also philosophic and historical writings, also of philosophers and historians strictly dedicated to reflection and research and not overconcerned with giving an aesthetic colour to their productions, was evident. It would seem that this tendency was not completely abandoned, since, in the period following, two "philosophers" and one "historian" appear. But the "historian" that we are dealing with is Winston Churchill, who was certainly not a historian in the strict sense of the word. The two philosophers were Bergson and Russell. Since 1953 there is no writer exclusively dedicated to writings of a reflective character, nor yet one who wrote exclusively or predominantly non-fictional narrative, who received the Nobel Prize for literature. It is incredible that no historian deserving the distinction of the Nobel Prize existed in the last thirty years. Many names occur to our memory. It is obvious that the idea the Stockholm Academy had of literature has changed in favour of something which is to be thought of as having a clear-cut aesthetic value. Theoretically, this is perfectly proper, because there are no compulsory meanings of the words; practically, this is something which had, as a deplorable consequence, that some very important intellectual activities are no more recognized in the conferring of the Nobel Prize, contrarily to the practice of the initiators, but in conformity with the current prevailing acceptance of the term "literature" as designating writings having a predominantly "aesthetic" character. In comparison with the first periods of time during which the Nobel Prize was being awarded, we find a strong concentration on the "poets" and "novelists", and, after the second war, even a prejudice against dramatists. On the other hand, all of us contribute with our daily language to such a bias. When we speak of literary "creation" what do we mean? For a narrator, the important thing seems to be his inventive capacity, so that non-fictional narrative (biography, autobiography and so on) is automatically considered of inferior literary value. On the other hand, the emphasized presence of sensory ex-

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periences and metaphorical processes is for a poet the winning trump. Interpretation of life, reflection of human destiny, philosophical speculation are sacrificed to the "aesthetic element", in the tradition of some kind of romanticism and of the French Symbolism. We find such a stress on the aesthetic element even in authors that are characteristically conscious of the presence and necessity of non-aesthetic elements in written works. Jan Mukarovsky himself, who distinguishes aesthetic and non-aesthetic elements in literature, and in so doing admits the value of elements that are for others sheer "impurities", points nevertheless to the domination of aesthetic elements by calling the other elements only negatively, as "non-aesthetic". These "non-aesthetic elements" express and communicate the most high levels of humanity, thought, ethical responsibility, what we try to mean by speaking of "wisdom". Also in such levels there is an aesthetic element, because human activities are separable only in our analysis, not in the actual reality of life. Sensations, that is the most aesthetic element, have relations to emotions, emotions to the vital experience, vital experience to the reflection on it. Emotions and reflections intertwine; every experience becomes the metaphor of something more important; it can take us to considerations about our destiny, the destiny of everyone and of all, that is to philosophy, perhaps to religion. All this can be expressed and communicated by words, and by words only. Sounds or spatial signs are not enough. We spoke of the polysemic character as of the characteristic of literary activity, in that literature is both communication and expression. But literature is polysemic also in another sense. In the spoken communication and expression there is an aesthetic element; but this element, while valuable, and on the other hand unavoidable in every form of speech, is only the bearer of other elements. The most difficult thing for men is to throw a bridge between their interior life, that is the sole thing they directly know, and the lives of others. Men are naturally inclined to solipsism: this is their most natural and most dangerous temptation. Only by analogy and with effort they reach the evidence that also other human beings have an interior life. As a matter of fact, the very experience we have of others is o u r experience. The bridge is always shaky. Literature is the most powerful means to build and strengthen this bridge. It makes us less natural and more human; by allowing us to compare our experience to the experiences of others it enriches us. This is true also of what we call "the other arts", but only partially, only referring to a reduced spectrum of experiences. Painting and music have a more marked aesthetic coefficient than literature, but they cannot express the whole humanity as literature does; they cannot say what humans think: the humans can express their thinking only by words, that is by literature. There was a traditional polemic about moralist literature. The old formula utile dulci hinted to a moral and social usefulness, that could be reached by similes, metaphors, analogies. It can be understood that there was a reaction against such literature, because the usefulness referred to was an adjustement codified from the outside. This exterior codification was sometimes

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the rest of an authentic human life, even of a profound human life; but it was a rest, something turned routine and repeated without the vital experience that originally suggested it. In this context it was appropriate to assert the so called autonomy of art. In reality, what was vindicated was not so much the autonomy of art, as the autonomy of human experience, its independence from something exterior and not understood in its origin and signification. But the autonomy of art does not mean that literature is not an integral activity of the whole human being, that must lead to a fuller human experience and to wisdom. As a matter of fact, the great literature (let say, for instance, Dante, Shakespeare) is a literature that teaches; it teaches not an exterior adjustement to extant codes, but a vital experience and authentic reflection. It can be that great literature leads to a confirmation of old codes; yet it is great not because of such a confirmation, but because of the actual experience such a literature expresses and communicates. As a matter of fact, we are always inside some tradition; even the person who considers himself most open minded accepts, generally without perceiving it, many statements or assumptions he acritically takes for granted. Even the rebellion against tradition places itself in a tradition, the tradition of rebellions against tradition. What is authentically lived is always new, even if it appears traditional; what is not authentic, even if it looks revolutionary, is not new, it is only the result of a very topic longing for novelty for novelty's sake. Aesthetics and ethics, handicraft and inspiration are distinctions that we do and that can be useful; but great literature is something in which such distinctions are unified; is a product of total humanity. Something in which, unlike in music or painting, the aesthetic element is present but not dominating. Great literature is the written (or spoken) expression and communication that concerns the whole man and develops him. What we call "aesthetic pleasure" is sometimes only an aspect of literature, and sometimes it is only a faulty expression to signify that experience of growth of our total humanity we have, when we are receiving that literature, a literature we can call great precisely because it gives us such a growth. In this meaning literature makes us more moral; not because it leads us to accept and observe an extrinsic code, but because it makes us more vital and more understanding of the life of other humans. Man is one; for our intellectual necessity we can discriminate different activities or levels in him, but we must not mistake our epistemological necessities for human reality. Man is a whole: sensitive, emotional, thoughtful, active, speculative. Literature more than other human activities can express all these levels and their unity. There are other activities more aesthetic, such as music and painting, but while they can express more richly the most aesthetic levels of humanity, they cannot express the whole humanity as literature does. That music can be a form of philosophy, as Schopenhauer said, is only a way of speaking, or a metaphor. Literature, on the contrary, can reach a total expression and communication, making use of language, something that is essential to humanity, and reaching, beyond the language, the human experience in its totality.

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The word "aesthetic" is very much used to mean what is valuable in music, in painting and also in literature. It is a Greek word that evidences the sensitive side of such activities. Because literature has a greater scope, because it concerns the humans in their totality, also in their most characteristic activitites, that is reflection, selfconsciousness, we can express this specific character by another Greek word, saying that literature has a "holistic" character, because it wants to express, and someway it attaints to express, the "holon", the whole, of man, his total humanity.

HENRY H. H. REMAK How I Became a Comparatist Professors are paid to read meaning into phenomena that may have no meaning. So say the skeptics. It may be more accurate to put it differently: Some events just happen, they are not planned, but in retrospect one may see links and directions. So it is with my comparatistic destiny. I do not recall entering this world, in Berlin during World War I, with the intention of becoming a comparatist. But ten years before my birth 'Wanderlust' had already sent my father, a mechanical engineer born, raised, and trained in Germany, to America. He roamed the continent for five years, changed jobs with American rapidity but never, so he claimed, missed a payday, worked in steel mills, built bridges, gave himself out to be a pupil of Paderewski and played the piano for any occasion from baptism via weddings to funerals, got himself engaged to an American heiress but, fortunately or alas, did not marry her, and on occasions wrote reports for the Vossische Zeitung of Berlin on the stockyards of Chicago (ä la Upton Sinclair's Jungle), San Francisco right after the 1906 earthquake, and the rising star of Seattle. He fell in love with the west coast and returned there, thirty years afterwards, to spend the last twenty years of life on what he called "a perpetual honeymoon with California". Crossing the Atlantic, which he did five times, meant nothing to him. America was his second home geographically and mentally. He was a well-read man, loved literature, music, and nature in the German tradition but had a free and easy personal style, very American, in whatever he said and did. I would like to think that he influenced my comparative proclivities, intercontinental as well as interdisciplinary. The next and decisive stimulus to my incipient comparativism was the high school I attended by a freak of fortune. I had gone to grade school for three years and had already entered a conventional-type high school in my district when I was unceremoniously kicked out because the educational authorities had decided to leave municipal pupils in grade school for four years before admitting them to high school. My parents did not want to send me back to grade school and cast around for another high school willing to take me. In order to document my brilliance which would brook no grade school fetters they took me to an expert who gave me an oral examination. I vividly remember its outcome: he called in my mother who had been waiting outside and said to her: "Madam, your son is no genius". Nevertheless my parents persisted and finally discovered a Berlin school under the jurisdiction not of the City but of the Prussian State. It was the Französische Gymnasium or Coltege Frangais, located outside my district, in the center of Berlin near

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the Brandenburger Tor and the Reichstag. It had been founded by the Große Kurfürst of Brandenburg for the express purpose of accomodating the children of French Huguenot refugees whom Friedrich Wilhelm had invited to settle in his territories immediately after the revocation of the Edict of Nantes by Louis XIV in October of 1685. Their descendants had first priority in gaining entrance to the College, but other mortals also had a chance to get in regardless of origin or residential district. My admittance to the Coltege, 'Franz', or 'FG', as it was colloquially called, was the greatest stroke of educational and personal fortune combined I have ever encountered. The corps of teachers had its share of Pauker, 'typical' high school teachers in the Prussian cast, but there were also teachers who were real Humanisten (in the Humboldt tradition, also of Prussia). Some had lived in France or had a 'French connection*. Geography, history, Latin, Greek, and, of course, French were taught in French. I had nine years of French, seven years of history, geography, six of Latin, four of Greek, all taught in French and through French textbooks, before high school graduation1. A future though unsuspecting comparatist could not have hoped for a better foundation. Best of all, the clientele was cosmopolitan and its social mix unique. Sons of foreign and German diplomats as well as of embassy doormen and janitors, nobility, baptized (especially) and unbaptized Jews galore, Russian omigre children — what a motley crew! The College took special, ironically tinged pride in having produced outstanding graduates of Huguenot provenance who had subsequently entered the Prussian military and become usually victorious generals in Franco-Prussian conflicts (see the German general de Fontgeloy in Giraudoux' Siegfried). Our school was even allowed the, at that time, extraordinary privilege of accepting girls if they could demonstrate at least partial descendance from the Huguenots or a convincing French association. I have not forgotten one of them, pretty or homely. Yes, we were a special crew. Call it elitist or whatever you want, but don't let any egalitarian theoretician talk you into believing that being special is not one of the deepest-rooted yearnings and satisfactions of mankind! Of my graduating class ("34) of sixteen, I still count four among my close friends though we are scattered over three continents. Former German schoolboys who aspire to any kind of artistic distinction are supposed to have hated their school (viz. Der Grüne Heinrich, Buddenbrooks, Unterm Rad), but I must confess, to my shame, that I loved my high school, all nine years of it. From this cosmopolitan background my departure, in April of 1934, to study in France would seem to have been a logical development. But it was not. I was really supposed to study law in Germany. But a year before my graduation Hitler had come to power. Germany was no longer a place for a young Jew to start a course of studies. So my father hit on the idea of sending me to a fraternity brother of his, an Alsatian Frenchman who ran a successful electrical engineering firm in Strasbourg. There I was to learn 1

Be it said to the credit of the sometimes needlessly and ignorantly maligned Prussian tradition that the College endured through six major wars with France since its founding and is thriving to this day.

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the trade and ultimately, so my father thought, I would return to Berlin to enter his own engineering firm. (In the early years of the Nazi regime there were still hopes that things would straighten out after a while.) But it was well known that the French would not give a work permit to a foreigner at a time of recession. Hence I was sent to the University of Bordeaux in order to qualify for a residential student visa whereupon I would return to Strasbourg and work on the q. t. For once all seemed to go according to plan, but then I was denounced to the authorities in Strasbourg as an illegal worker. I had to, first, hide out at home and then, when my boss did not want to take the risk of having me return to work, I was sent back to school, this time to the University of Montpellier, to stay in this haven until it was safe for me return to Strasbourg and work. So my university studies started out as a subterfuge that became reality. On the one hand, working in France became ever less likely; on the other, I liked the university ambiance more and more. And that's how I became a comparatist! Not that I was ever aware of the phenomenon called Comparative Literature either in Bordeaux or Montpellier, between 1934 and 1936. Since I had no idea that I was going to be a professional, I took whatever subject seemed interesting and congenial to me toward a 'Licence libre': history, economic history, demography, French language and literature, English and German literature (seen through French eyes). Armed with this gentleman's degree, which did not entitle me to anything, I wrote letters to all corners of the world, from Canada to South Africa, hoping to land a job teaching French in a college. I got nothing but rejections. But I thought I had a knack for foreign languages and cultures, so I decided to spend a year at the University of Salamanca to perfect my Spanish which I had started learning on my own. That was in July of 1936. Once again fate willed otherwise. Civil War broke out in Spain that month, and I never got there. What was I to do? A lucky break came to my rescue. The International Student Service in Geneva was working to arrange for American study opportunities for German-Jewish students unable to pursue their education in their homeland. It enlisted the cooperation of American universities and social fraternities connected with them. The remarkable tripartite result was the award of a graduate scholarship by Indiana University and the offer of Sigma Alpha Mu, a social fraternity on its campus, to house and feed me free of charge and to provide me, on top, with pocket money every month until I was able to stand on my own feet. All this during a depression and sight unseen! I still remember looking in a world atlas for Indiana which seemed remote and romantic to me. I arrived in this exotic locale on September 20, 1936. If anyone had told me at the time that I would still be there three years short of half a century later, I would have declared him plumb crazy. From then on my personal and professional life has been most undramatic though immensely satisfying. I took my M. A. in German in 1937, started teaching German and, occasionally, Spanish in Bloomington and Indianapolis beginning in 1938, began to spend the summer terms at the University of

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Chicago in 1940 and obtained the Ph. D. degree in German from there, after three years of war service, in 1947. In the late 1930's I became aware of comparative studies, mostly French, but in the United States they were not yet part of the academic curriculum. With few exceptions (Harvard, Wisconsin, etc), no degree majors were offered. It was still a personal choice of individuals, more in their research than in their teaching. I am inclined to think comparative research led to comparative teaching in the USA rather than the inverse, since research choices were largely left to the individual whereas curricula were collectively determined and therefore more conservative. Hence I continued to take, at Indiana and Chicago, courses in various languages and literatures: German, French, Spanish, Italian, Swedish, Danish and Norwegian, accumulating, in addition to linguistic knowledge, odd vertical pieces of literary history from various cultures without transversal coordination. In some major American universities, this vertical accumulation still goes as Comparative Literature. In my own writing, I was increasingly attracted to Franco-German and Anglo-French literary relations, in line with my lived experiences. With several colleagues I began to work toward the creation of a continuous Franco-German Literary Relations Discussion Group assembling annually at the national meetings of the Modern Language Association of America. When you think of what happened in France in 1940, it seems like a paradox that the first program of our group was staged in December 1941 in, of all places, Indianapolis, Indiana, where the MLA was meeting at the time. But in our youthful enthusiasm — I was still six years away from my Ph. D. — we felt it was political and poetic justice that while the Nazis and Vichy held France in their repressive grip, Franco-German scholars of various origins could meet on the free and neutral but congenial ground of the American Midwest to continue their dialogue. And it was no accident that the majestic Old Testament figure of Gustave Cohen, escaped from France, was the major speaker at our first meeting2. The stages of the programmatic progress of Comparative Literature in North America are, then, approximately in that order: personal research — papers given at regional and national meetings — formation of groups and sections as part of professional organization structure — integration as a distinct unit into the academic curriculum*. The evolution in terms of 2

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It is gratifying to note that the Franco-German MLA Group lasted more than thirty years until the entire system of sections and groups of the MLA was thoroughly reorganized. At this point tribute should be paid to the effect Werner P. Friederich's eloquent plea to make Comparative Literature a regular academic subject in the United States had on me (The Case of Comparative Literature, in: Bull, of the American Assoc. of Univ. Professors, XXXI [1945], 208—219). I remember the moment when, sitting on the train from New York to Indianapolis and Bloomington shortly after the completion of my war service in the spring of 1946, I set about reconditioning myself to academia, opened this issue and found the welcome sounds of this clarion call ringing in my ears. It was written and published just at the right moment when a generation of incipient scholars returned from overseas convinced that cultural isolationism was a thing of the past for the United States and comparative literature was one way of overcoming it. Friederich's effective

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individual scholars was often from the relationship between two particular countries (in my case, Franco-German in general, and the subject of my doctoral dissertation, The German Reception of Stendhal, 1817 to 1918, in particular4) to the definition, theory, and methodology of Comparative Literature as a coherent field of teaching and research. For me, the foreign language came and comes first. I have often thought that if I were ordered to learn a different language every year, I could live happily ever after. I love teaching literature, but if I were 'condemned' to teach nothing but first and second-year language for the rest of my life I would not be despondent. Perhaps my distant Mediterranean ancestry has kept alive in me the pleasure in languages as one of the great boons of life. The language or languages of a country, being distinct and unique, keep a comparatist honest. They prevent us from floating around in a neutral universe. It is good for our balance to teach a particular language and a particular literature along with comparative literature5. The languages I learned spawned an interest in the people who spoke it, their history and culture. The comparative study of different literatures became the specific way in which I have expressed that cultural curiosity. I do not think that I have taught any courses or written any essays, no matter how specialized or text-oriented, when my urge to link up the literary phenomenon with its cultural context and historical moment has not shone through. The filling-in of the wider context is perhaps more urgent for scholarship on a continent which, like the American one, is far away from the foreign cultural segment it seeks to describe and explain, a continent much more oriented toward today and tomorrow than toward yesterday. To Europeans, this context is often understood; to Americans, it has to be articulated. These inclinations and considerations, plus my personal experience of several foreign cultures, form the nutrient from which springs not only my geographical comparatism but perhaps also my, at the time (1961), highly controversial definition of Comparative Literature as embracing systematic interdisciplinary aspects of literature along with the traditional bi- or multinational ones. T h e m i s s i o n o f C o m p a r a t i v e L i t e r a t u r e i s the exploration of the full context of l i t e r a t u r e b e y o n d b o r d e r s and i n t e l l e c t u a l c o mp ar t m en t a l i z ation while safeguarding the primacy of esthetic integration which makes literature literary.

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mix of Swiss-American idealism and practicality was a major factor in getting Comparative Literature going in a structured way in the MLA as well as on American campuses, including mine. In the absence of a Comparative Literature Department or Program, my thesis was sponsored by a language department, in this case Germanics. This practice continues in a good many locations in the U.S. It is also good for comparative literature faculty to teach foreign language lest we get isolated in the false heaven of foreign or comparative literature only without Knowing how laborious a road an American youngster must travel to get to that heaven. There are, obviously, bread-and-butter reasons involved, too: the big enrollments in beginning language courses subsidize our more luxurious literature offerings.

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Although my teaching of comparative literature courses followed the development of my original research interest in the subject by several years, the pedagogical needs of the Comparative Literature Program established in 1948 at my university have, in turn, helped shape my research angles. Whereas I was brought up, from age nine on, in Franco-German cultural relations, my writings on European Romanticism and Realism, on comparative literature theory and practice, and on the organization of introductory surveys of Comparative Literature on the undergraduate and graduate levels are mostly the consequence of a usually unsought opportunity to teach a needed literature course on certain periods or topics. Instruction led to fascination. Unexpected chances of teaching courses on Goethe and the German novella likewise contributed to more comparatively oriented approaches to these topics: Goethe's interaction with French literature, the novella as a modern (post-1800) European genre. More recent directions of my comparative research may be due to more 'philosophical' or personal motivations as yet not centrally related to my teaching. My present 'comparative value judgment' orientation springs from a gradually intensifying dissatisfaction with the axiological indecisiveness of scholarship. Value judgments are crucial to the survival of humanistic study in an ever more technologically specialized society, highly competitive not only for our money but our time. My explorations of the factors that do or should go into value judgments based on Comparative Literature have also been fed by the pedagogical, quasi ethical obligation to help my students decide what is good, better, or best, or bad in the good, or good in the bad, in the literature I have deliberately chosen for them during a particular semester. They are certainly entitled to an explanation for my choices and to guidelines for arriving at value judgments themselves. I even believe that s o m e transfer can be made from value judgments systematically arrived at through comparative literature to value judgments they m u s t make, in many areas, as free citizens. This particular interest originally arose in my teaching and writing about the structure of the German novella. I was faced with the question: What is the possible connection between the observance or non-observance in a particular work of basic structural requirements of a genre or sub-genre like the novella and the quality or lack of such of the composite story? I also became unhappy about 'absolute' value judgments about German novellas and novels made by scholars oblivious of the vaster European literary context. But I have not yet tested my ideas on comparative value judgments in a course or seminar mainly devoted to this question. So, in this case, a problem highlighted by teaching within a national literature led to research within this boundary, then beyond, with comparative teaching still in the future. The meandering and interconnected paths over which I entered this controversial area indicate that the trite generalities frequently mouthed about the separation between teaching and research or, conversely, their 'indissoluble linkage' need to be broken down to make any sense. For a long time I have had a foible for 'little' languages, exotic wallflowers like Hawaiian, Papiamento, Pitcairn Island English, or Rhaetoromantsch. Per-

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haps this innocent passion is a compensation for the linguistic monotony of the American Midwest. After I became active in the "Comparative History of Literatures in European Languages" project of the International Comparative Literature Association, in 1967, this attachment was translated into more systematic literary action, for it is part of our stated credo that "the literary specificities of every nation or cultural entity, large and small, acclaimed or neglected, will be valued", and we add, for good measure: "No discipline is as apt to do justice to the literatures of smaller diffusion as Comparative Literature"'. An early manifestation of personal 'Nordic romanticism' led to my taking a minor in Scandinavian literature at the University of Chicago. But despite family connections with Denmark and Sweden it took forty years before it resulted in my first published essay on a work of Danish literature. The particular choice of the text resulted from teaching in my European Romanticism course, in an effort to highlight a 'little' literature, the beautiful story Bjergtagen I by Mei'r Goldschmidt7. The fact that I am comparing it with an American story, Edgar Allan Poe's The Fall of the House of Usher, is dictated not only by its thematic relatedness but, on the level of personal deep structure, linked up with my steadily growing, gut-level rather than planned interest in the impact of American civilization on European culture, education, and literature, and the comparison between the two. After all, that is also my own story. My endeavors to describe and interpret Goethe's views of America in Wilhelm Meisters Wanderjahre, Fontane's critical assessment of Bret Harte's treatment of our West, and the links between European Romanticism and the contemporary American counterculture reflect that private need. So: the directions my comparative research and teaching have taken are more complex, circumstantial, personal, and comprehensively cultural than strictly logical, exclusively scholarly step-by-step implementations of a long-range, purely literary plan. Even my theoretical writings about Comparative Literature have often rationalized instinctive, common sense, functional, practical decisions that had been taken years earlier. My 1961 incorporation of systematic interdisciplinary studies of literature into the realm of comparative literature was, in considerable measure, an attempt to provide a logical explanation for the successful "Literature and the Arts" courses given on the undergraduate level at Indiana University since the mid-1950's due to the personal interests of one or two faculty members in Comparative Literature. The experiment worked — so others and I set about justifying it in theoretical terms ex post facto. In general, my theorizing has been inductive, in line with my aptitudes and inclinations which happen to coincide with Anglo-American empiricism. 6 7

Henry H. H. Remak, General Preface to The Symbolist Movement in the Lit. of. Europ. Languages, ed. by Anna Balakian, Budapest 1982, 5 f. Most likely I would not have chosen to teach or write about that particular story if it had not been available in a bi-lingual, reasonably priced paperback edition. Such mundane matters must not be overlooked in tracing the why's and how's of our comparative teaching and research.

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All these ingredients have resulted in my latest description of what the domain of Comparative Literature covers. It is the result of forty years of activity in the field. I restate it at this point in order to comment subsequently on its underlying motivations8: "Comparative Literature has five major assignments. First, it constitutes the tangible demonstration or refutation of general tenets about the structure of literature through the comparative analysis or synthesis of specific authors, texts, genres, currents, movements, periods belonging to two or more cultural and/or linguistic units, whether different nations or significantly different cultures within a nation. In this kind of slant, illustrations taken from various literatures are intended to serve as typological specimens somewhat divorced from their spatial or temporal contexts. In brief, Comparative Literature must be the principal laboratory for any theory of literature. Secondly, Comparative Literature provides, by analogy, contrast, or cause-and-effect studies, inductive syntheses of historical periods, movements, currents, trends, themes, and stylistic features on a bicultural or multicultural level (e. g. the Renaissance, Romanticism, Symbolism, Avant-Gardes, Expressionism). In this category national characteristics are preserved but contribute to a supranational synthesis on a higher level. Third, Comparative Literature aims, by intensive juxtaposition of two or more compositions or critical essays not necessarily causally related (e. g. by Mme de Stael or Larra and Heine, James and Fontäne, Rilke and Valery, Dostoevski and Faulkner, Matthew Arnold and Sainte-Beuve) to intensify the verbal and cultural understanding of these texts: in this case it represents a facet, active or passive, of literary criticism. Fourth, Comparative Literature investigates what Wellek has called the '"foreign trade" aspects of certain works: intermediaries, reception, success, influence, translations; foreign travel, national images, and attitude studies also belong here. This type of endeavor is basically a historical, self-contained one. Fifth, Comparative Literature pursues interdisciplinary studies in all preceding four categories." No field of endeavor demanding a place in the academic curriculum can do so without a structured view of what it does and why it does it. Such an organized proposition is not an eternal truth. It is a working hypothesis. It is subject to change and does not need to command universal approval at one time. It proclaims no absolute truths but relative norms. It usurps no particular methodology as unique to itself. My five categories are not in rank order. Their utilization is a matter of personal preference. The first task listed makes Comparative Literature the textual testing ground for any theory of literature. The function is all the more essential as much critical theory is still dependent on the experience of o n e literature or hovers in its own sphere uncontaminated by what makes literature l i t e r a t u r e , viz. the literary text as a structured entity. Since we live in an age of virulent theorizing, the control function of Comparative Literature is central to keeping it sane and balanced. This, then, is the typological function of Comparative Literature. But syntheses 8

In The Future of Comp. Lit., Actes du VHIe Congres de l'Assoc. Internationale de Litt. Comp., Budapest 1980, II, 436.

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can also be arrived at inductively, as conclusions drawn on the basis of partial generalizations: national, period, movement, theme, style. This second option may be preferred by scholars who consider these phenomena as intermediate syntheses contributing to but not eliminated by a higher synthesis. Since most scholars in comparative literature depart from the experience of a national literature, such an equipoise corresponds to their own evolution and psychological needs. These first two missions of comparative literature aim toward synthesis and constitute a most urgent exigency of the Humanities, whose present troubles stem not only from the often cited ideological, technological, vocational, and materialistic priorities and anxieties of our times but from the atomization of our endeavors and our unwillingness to reach and state conclusions, however tentative, that may persuade society that what we are doing may actually amount to something9. It is a fateful misunderstanding to think that we are expected to come up with 'solutions' to the ills of the body politic. We can be ourselves, doing our own thing, follow our historical or critical or typological inclinations — but whatever we do and however we do it, let us pause now and then and tell Humanities scholars in general, and even the public, in language clear of esoteric affectation, something about the trends, directions, insights, preliminary conclusions, and problems in our field. We or others will then discover analogies or contrasts, both equally instructive, to the evolution of research on other segments of society. Why must the study of literature exclude itself from this opportunity, all the more so since we can offer all kinds of mixes from the intangible to the tangible, the metaphysical to the wordly, in the attractive garb of imaginative language? Imagination is, after all, the ultimate and inviolable assertion of man's liberty. Translated into my own efforts, I can very well see, in retrospect, that the thrust of my work, whether on the generic structure of the novella, European Romanticism, or Franco-German literary relations, has been in the direction of arriving at relative norms, patterns, consensus, syntheses. This, too, corresponds to a personal need, a response to the centrifugality of our intellectual value system and the lack of social and political presence resulting, in part at least, from it. The fact that I am chairing the international committee in charge of the "Comparative History of Literatures in European Languages", which consists of historical syntheses (periods, movements, modes), exemplifies this impulse. My recent interest in value judgments via comparative literature points in the same direction. I have had a lifelong (fortunately passive) interest in politics. My first contact with a university occurred when, still a high school student, I enrolled 9

Since writing down these lines I have become aware of a recent speech made by William J. Bennett, Chairman of the National Endowment for the Humanities, in which I am pleased to find some analogous thoughts (The Chronicle of Higher Education, XXV, No. 14 [December 1, 1982], pp.1, 12). — On re-reading an address I gave at the height of the student movement, on May 5, 1971, I find that my thoughts on these matters, if not right, have at least been consistent (The Missions of the Univ., The Review, Indiana Univ. College of Arts and Sciences, XIII, No. 4 [Summer 1971], 17—27).

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in the Hodisdiule für Politik in Berlin, a wonderful oasis of liberal and, by German standards, remarkably pragmatic study of politics. Geography also fascinates me. I am addicted to maps. Politics and geography are fundamental to the understanding of America. I can see a connection between my American experience and my push for consensus (not ultimate truths) in literary study. Consensus on fundamentals and respect for consensus in working together, whatever its real drawbacks in discouraging certain forms of dissent, are the common bond that have prevented the North American continent from suffering the chaotic fate of South America which in turn has led to the establishment of military and otherwise autocratic regimes, of the right and of the left, to control the confusion. Whether in politics or in the study of literature, a subtle balance between liberty and structure is needed for the right proportion between change and continuity, an equilibrium corresponding to existential needs. In helping to build syntheses of literary research I have stayed within the western world. This is not, in the main, an expression of value judgment, but simply an acknowledgment of the limits of my competence already severely strained by the expanse and complexity of the western orbit. Cultural hegemony is, I know, relative in time and space. The cultural axis of the world may be shifting toward the South and/or East as it has, in the modern past, shifted West and still is within the United States. Cultural pluralism is one of the benchmarks of civilization within and between countries. But I do not take the apologetic stance toward western values assumed by many western intellectuals, not to speak of aggressive representatives of other cultures. Just as the values of Christianity as a set of ethical attitudes in action are not undermined by the inadequacy of their implementation or even gross violations by their alleged representatives at certain times and in certain places, so the assessment of western values cannot depend on (though it must take into account) the functional failure of these values when challenged by other powerful fears and wants. But by and large, these norms have resulted in a better mix of spiritual, political, and physical freedom and continuity for a larger proportion of the population than in societies governed by other values and traditions. The synthesis mission of Comparative Literature, exemplified by the first two elements in my quinquapartite delineation of the discipline, points toward breadth rather than depth. We need both, and so does a life well lived. Comparative Literature accomodates both of these fundamental tenets. Its third assignment, with the accent on the 'comparative', brings out the analytic depth, the differentiation, the uniqueness of each work along with its shared characteristics. As its first function serves theory, its second history, so its third serves criticism. The fourth working area, the "foreign trade" one, once again ministers to historical and cultural manifestations, but of a more peripheral nature. And, finally, interdisciplinary studies may serve all of these: theory, history, criticism, peripheral extension, but with the ultimate mission of developing a more embracing synthesis not based on literature alone. In this category as in the third one, the 'comparative' takes on primary significance,

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with an added emphasis here on the methodological problems and potential benefits to be derived from any interdisciplinary endeavor. All five categories share the element of expansiveness — perhaps the fundamental driving force of our field of studies. But this expansiveness must be harnessed in order to be effective. I do not set much store by well-meant cliches such as Comparative Literature seen as a promoter of world peace. I am not sure our influence is that great. Contacts also bring frustration, not just friendship and love, tenacious differences, not just universal solidarity. I had rather claim less and be surer of it. I am certain that it is not possible to have an intelligent perspective of one's culture without having compared it to another one. Judgment in any area of life builds on comparison. Comparative study of cultures increases individual understanding of the rich options of culture, of what binds mankind together and what differentiates it. In most cultures literature plays a major role as perhaps the most complete imaginative way of getting at the experience of life. There could be significant and lasting political consequences to literary insights, but they are hard to prove. I prefer to see comparative literature study as a way of fulfilling the potential of individual man and woman — and that is, after all, what every individual's expectations of life are or should be about. Comparative Literature is a way of stimulating, extending, and partly satisfying the curiosity about life's totality that is, if embryonically, inherent in the human mission, our justification for being. The present dispiritedness about the study and teaching of literature is unjustified. It is caused on the one hand by doubts about its vocational usefulness and on the other by narrow-minded professional ideologists in our midst who attack its 'scientific' (read: 'my ideology') relevance. Literature is for everyone if life is for everyone. It is too bad that the rampant depersonalization of literature research, related to our eagerness to emulate the success of our colleagues in the sciences, has impoverished us by depriving our impact on listeners and readers of the very ingredient in the Humanities for which we might be envied: the human, unpredictable, non-quantitative, subjective element, the artistic flair, the thrill of communication. Scholarship is not synonymous with science. It requires objective monitoring of our subjective impulses, but cannot dispense with either. It should exude the delights of argumentation, of persuasion. It should never lose its unabated sense of wonderment. It is not martyrdom but a mission, not jaundice but joy, not penance but passion.

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Die Vertreibung aus dem Paradies oder Wie die Komparatistik bis zu mir kam Curiosus: Sincerus: Curiosus: Sincerus:

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Wann hat es in Wahrheit mit der Komparatistik angefangen? Mit Adam und Eva. Können Sie das bitte erläutern? Erinnern Sie sich doch bitte: Gott erlaubte den Menschen, von allen Bäumen des Gartens zu essen; nur von dem einen nicht, der in der Mitte stand; aber Eva — Aha, cherchez la femme! Nein, das ist die Romanistik, die kommt später. Aber die Komparatistik? Um es kurz zu machen: Wie Sie wissen, wurden Adam und Eva nach dem Sündenfall aus dem Paradies vertrieben. Und seither versuchen die Menschen immer wieder, in das verlorene Paradies zurückzugelangen. (Zögernd) Die Komparatisten — Heimatvertriebene des Paradieses? Das haben Sie sehr schön gesagt. Können Sie uns einige der komparatistischen Wiederannäherungsversuche an das Paradies erläutern? Nehmen Sie zum Beispiel Odysseus. Aha, ich verstehe! (Unwirsch) Was? (Zögernd) Na ja, Kirke, die Zauberin; die Nymphe Kalypso; das Mädchen Nausikaa; Penelope, die Treue — Nein! Nein? ... die Seirenen, die bezaubern Alle sterblichen Menschen, wer ihre Wohnung berühret. Welcher mit törichtem Herzen hinanfährt und der Seirenen Stimme lauscht, dem wird zu Hause nimmer die Gattin Und unmündige Kinder mit freudigem Gruße begegnen. (Nach einer längeren Pause, in der er die Lektion zu verdauen scheint) Ich kann mir denken, wie es weiter geht — Nur zu! Per varios casus, per tot discrimina rerum tendimus in Latium, sedes ubi fata quietas ostendunt; illic fas regna resurgere Troiae. Durate et vosmet rebus servate secundis.

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Sincerus: Ja, aber vergessen Sie auch nicht: Aspera turn positis mitescent saecula bellis, cana Fides et Vesta, Remo cum fratre Quirinus iura dabunt; dlrae ferro et compagibus artis claudentur Belli portae; Furor impius intus saeva sedens super arma et centum vinctus aenis post tergum nodis fremet horridus ore cruento. Curiosus: Ich kann mir vorstellen, daß Sie als Komparatist mit dem Mittelalter nicht viel im Sinn haben? Sincerus: Sagen Sie das nicht! Es gibt im Mittelalter nicht mehr Finsternis als in anderen Zeiten auch. Und es gibt daneben auch viel Licht. Nehmen Sie zum Beispiel den Novellino. Curiosus: Den Novellino? Sincerus: Ja, die älteste europäische Novellensammlung vom Ende des XIII. Jahrhunderts. Da finden Sie zum ersten Mal die Ihnen vielleicht von Lessing her bekannte Ringparabel, in der die Forderung nach der komparatistischen Grundtugend der Toleranz unüberhörbar gestellt wird. Curiosus: Ja, aber die Kreuzzüge, die Hexenverbrennungen, die Inquisition — das ging doch bestimmt nicht ohne Kampf ab. Sincerus: Gewiß, aber nicht immer verlief der Kampf blutig. In dem schon erwähnten Novellino erzählt die 35. Geschichte von Maestro Taddeo, einem Medizin-Professor, der seit 1260 an der Universität Bologna lehrte. Er stellte die These auf, daß, wer an neun Tagen hintereinander Auberginen äße, unfehlbar verrückt würde. Curiosus: Typischer scholastischer Schwachsinn. Sincerus: Hören Sie weiter: Einer der Studenten von Maestro Taddeo probiert die Sache aus und ißt neun Tage nur Auberginen. In der darauffolgenden Vorlesung stellt er sich vors Katheder und sagt: Was ihr da neulich von den Auberginen gesagt habt, stimmt nicht; ich habe es nämlich ausprobiert und bin nicht verrückt geworden. Dreht sich um und zeigt dem Maestro den entblößten Hintern. Curiosus: Ein frühes Beispiel naturwissenschaftlichen Denkens! — Doch wie reagierte der Professor? Sincerus: Der läßt sich den Fall von seinem Schreiber als erneuten Beweis für die Wirkung übertriebenen Auberginen-Genusses notieren! Curiosus: Ich kann mir vorstellen, daß Sie auch in Dantes Paradiso ein schönes Plätzchen für die Komparatistik gefunden haben. Sincerus: Nein, der Platz der Komparatistik ist im Inferno. Curiosus: In der Hölle? Sincerus: Im vierten Gesang, als sich Homer, Horaz, Ovid und Lukan mit Vergil und Dante zur ,Bella Scuola' im Gespräch vereinen: Cost n'andammo infino alia lumiera, Parlando cose ehe U tacere e bello, St com'era U parlar cola dov'era.

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Curiosus: Warum sind die interessanten Sadien immer in der Hölle und die Paradiese meist so langweilig? Sincerus: Audi darauf finden Sie eine Antwort in einem Text des Mittelalters, in der Chantefable Aucassin et Nicolette. Curiosus: Wie bitte? Sincerus: Als der Graf Beaucaire dem jungen Aucassin seine Liebe zu Nicolette ausreden will und ihm vorstellt, daß er dadurch das Paradies verlieren und in die Hölle kommen würde, antwortet Aucassin: En paradis qu'ai-je a faire? ... c'est en enfer que je veux aller, car c'est en enfer que vont les beaux clercs, les beaux chevaliers marts dans les tournois ou les guerres eclatantes, les valeureux hommes d'armes et les nobles: c'est avec ceux-la que je veux aller. vont aussl les belles dames assez courtolses pour avoir deux amis ou trois en plus de leur man; y vont aussi l'or et l'argent, les fourrures de vair et de petlt-grls; y vont encore les joueurs de harpe, les jongleurs, les rois de ce monde: c'est avec ceux-la que je veux aller, a condition que j'aie avec moi Nicolette ma tres douce arme. Curiosus: Jetzt bin ich aber gespannt, was Sie zur Utopia des Thomas Morus und zur Arcadia des Jacopo Sannazaro sagen, beides doch sicher Grund-Bücher der Komparatistik? Sincerus: Gewiß — Curiosus: Sie scheinen zu zögern, darf ich vermuten — Sincerus: Ja, sehen Sie, da sehen Sie mal, was aus den schönsten Träumen wird, wenn sich die Menge ihrer bemächtigt: utopisch, Utopist, Träumer, Spinner, Anarchist, Terrorist — das denken die Leute doch; und: pastorales Bähen, bukolisches Geblöke. Curiosus: Aber Arcadia hat doch noch immer einen guten Klang? Sincerus: Das kommt von den vielen Schalmeien und Pan-Flöten. Curiosus: Nicht auch von den Satyrn und Nymphen? Sincerus: Ja, schon, auch. Curiosus: Was halten Sie übrigens von der Theorie, wonach am Ursprung der modernen Bukolik der Traum von der Liebes-Freiheit stehen soll? Sincerus: Ein typischer Professoren-Traum. Curiosus: Wollen Sie damit sagen — ? Sincerus: Genau! — Aber vergessen Sie auch nicht, daß Bruno Snell zuerst von der Entdeckung einer g e i s t i g e n Landschaft gesprochen hat! Curiosus: Wenn Sie also gestatten, — Sincerus: Aber bitte — Curiosus: Komme ich dann — Sincerus: Zu Galileo Galilei. Curiosus: (Überrascht) Was hat denn der mit der Komparatistik zu tun? Ach so, vielleicht — Sincerus: Nein, nicht eppur si muove. Vielmehr dies: daß es nicht genügt, daß eine Theorie oder Wissenschaft gut oder nützlich ist und besser als die ändern, sondern daß man sie auch noch entsprechend verkaufen

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muß. Wenn man den Paradigma-Wechsel will, muß man ihn auch durchsetzen wollen. Wie — ? Genau! Lassen Sie uns zu Goethes Weltliteratur-Idee kommen. Es ist doch richtig zu sagen, daß damit die Komparatistik auf eine neue Grundlage gestellt worden ist. Warum hat denn das bislang nicht geklappt? Man hat das immer zu eng gesehen. Die Weltliteratur? Nein, die Welt! Aha! — Sie sollen einmal gesagt haben, der Taugenichts sei ein komparatistischer Prototyp. Können Sie das etwas erläutern? Ja, sehen Sie mal. Ein richtiger Philologe reist doch erst nach Italien, wenn er vorher seinen Reiseführer studiert, alle Übernachtungen gebucht und genügend Geld eingewechselt hat. Und der Komparatist? Der Taugenichts: „Me ne andai attraversando a lenti passi il lungo villaggio. Provavo una gioia segreta, nel vedere, a destra e a sinistra, i miei conoscenti e compagni recarsi al lavoro, vangare ed arare, come iere e l'altro ieri e sempre, mentre io m'avventuravo per il libero mondo. Appagato e fiero mi misi a mandar saluti in tutte le direzioni, ma nessuno se ne curava. Dentro mi sentivo come un'eterna domenica! E quando, finalmente giunsi in aperta campagna, tirai fuori il violino e cominciai a suonare e a cantare avanzando sulla strada maestra." War das nicht italienisch? Die richtige Weltliteratur geht in allen Sprachen. Und hören Sie erst mal, wie das Lied des Taugenichts in der Sprache des Landes klingt, in das es ihn so unwiderstehlich zieht: „Scorron dai monti i ruscelli nell'alto cielo trilla l'allodola. Non cantero anch'io con quelli serenamente a piena gola? Solo al buon Dio mi voglio affidare, egli ehe allodole, boschi e ruscelli, e cielo e terra sa conservare, anche i miei giorni fara sempre belli."

Curiosus: Das klang ja richtig schön! Sincerus: Sehen Sie! Curiosus: Und wie ergeht es der Komparatistik im XIX. Jahrhundert, oder: wie richten sich's die Taugenichtse nach ihrer Rückkehr aus Italien ein? Sincerus: Sie ziehen Hausmantel, Schlaf mutze und Pantoffeln an und leben nach Philisterart im stillen Winkel.

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Curiosus: Und wenn's draußen stürmt, ist es drinnen besonders gemütlidi; ich denke an Mr. Heathcliff — Sincerus: Ich erinnere mich: a situation so completely removed from the stir of society. A perfect misanthropist's Heaven. Curiosus: Und womit vergleichen Sie die Großtaten der Komparatistik zur Zeit des Positivismus? Sincerus: Sie erinnern mich an das Haus Tartarins in Tarascon: carabines, rifles, tromblons, couteaux corses, couteaux Catalans, couteauxrevolvers, couteaux-poignards, kriss malais, fleches caraibes, fleches de silex, coups-de-poing, casse-tete, massues hottentotes, lassos mexicains, est-ce que je sais! Curiosus: Das hört sich aber sehr gefährlich an! Sincerus: Kein Grund zur Beunruhigung: Ce qui rassurait un pen· pourtant, c'etait le bon air d'ordre et de proprete qui regnait sur taute cette yataganerie. Tout y etait range, soigne, brosse, etiquete comme dans une pharmacie; de loin en loin, un petit ecriteau bonhomme sur lequel on lisait: ,Fleches empoisonnees, n'y touchez pas!' Ou: ,Armes chargees, mefiez vous!' Sans ces ecriteaux, jamais je n'aurais ose entrer. Curiosus: Darf ich Sie nun fragen, wie Sie selbst zur Komparatistik gekommen sind? Sincerus: Ein wenig wie die Jungfrau — Curiosus: Zum Kind? Sincerus: Ja, und auch zum Mann, aus Liebe halt. Curiosus: Aber können Sie sich noch an Ihr erstes Rendez-vous erinnern? Sincerus: Angefangen hat es an jenen Sonntag-Nachmittagen, als die Mutter uns Kindern Geschichten vorlas und am Ende, weil wir nie genug kriegen konnten, pour nous sevrer, die Geschichte von dem Kind erzählte, das immer nur Märchen hören wollte, nie genug bekam und eines Tages zum Greis geworden war — das Leben war an ihm vorbeigegangen, es hatte nur Geschichten gehört. Curiosus: Ja? Sincerus: Ja, das Kind hätte ich sein wollen. Deswegen fing ich an, Bücher zu lesen. Curiosus: Soll das heißen, daß Komparatistik oder, was für Sie ja dasselbe zu sein scheint, Bücherlesen, zum Leben untauglich macht? Sincerus: Ja und nein. Curiosus: Können Sie das bitte erläutern. Am besten wieder mit einem Ihrer — wie soll ich sagen — prägnanten Beispiele. Sincerus: Nehmen Sie einmal Francesco de Sanctis, von dessen Geschichte der italienischen Literatur man gesagt hat, sie sei „the finest literary history ever written", was vielleicht nicht zuviel gesagt ist. Curiosus: Da hat das Bücherlesen ja doch etwas genutzt. Sincerus: Der Literaturgeschichtsschreibung. Aber wenn Sie De Sanctis' autobiographische Kindheits- und Jugenderinnerungen lesen, dann sehen Sie auch, welchen Preis er dafür bezahlt hat, daß er nur in und

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durch die Bücher gelebt, oder wie er selbst sagt: „i libri mi tenevano stretto alle parole, e mi toglievano l'impressione delle cose". Wie meinen Sie das mit dem Preis? Zum Beispiel seinen ersten Liebeskummer erlebt er ganz mit den Augen der Bücher. Die tote Kindheitsfreundin Genoviefa beweint er mit Young als Virgina, dank Virgina-Genoviefa versteht er Dantes Beatrice, durch diese Lamartines Graziella, und so fort, eine einzige Bücherwelt, oder nochmal mit seinen eigenen Worten: „ero ancora troppo piccino, e non avevo un cervello mio, e ricevevo le impressioni da' libri". Aber es gibt doch gewiß auch Bücher, die einen ins Leben zurückgeführt, jemandem geholfen haben — wie soll ich sagen — Ja, aber in diesen Fällen hat das Lesen den Charakter einer Therapie für einen Mangelzustand, der anders nicht zu beheben ist. Ein Beispiel? Der schwarzamerikanische Autor Richard Wright erzählt in seiner Autobiographie Black Boy, wie er durch das Lesen erstmals als ganzer Mensch angesprochen wurde, aber er erkennt doch gleichzeitig den Drogen-Charakter der Lektüre, die — Lektüre als Droge? Etwas für Aussteiger? Wright braucht sie wie der Todkranke die tägliche Bluttransfusion: Whenever my environment bad failed to support or nourish me, I had clutched at books; consequently, my belief in books had risen more out of a sense of desperation than from any abiding conviction of their ultimate value. In a peculiar sense, life had trapped me in a realm of emotional rejection; I had not embraced insurgency through open choice. Existing emotionally on the sheer, thin margin of southern culture, I had felt that nothing short of life itself hung upon each of my actions and decisions; and I had grown used to change, to movement, to making adjustments. Soll das heißen, daß es besser wäre, man brauchte gar keine Bücher? Zumindest wären andere Formen einer humanen Verständigung denkbar. Und wo liegen dann die positiven Impulse des Lesens? Am leichtesten ist die Frage für die produktiven Leser zu beantworten, für die Schriftsteller. Der schon erwähnte Wright erzählt, wie ihm das Lesen wieder neue Lust zum Leben, zum Schreiben, zu einer neuen Erfahrung der Wirklichkeit gab. Und wir ändern, die wir keine Schriftsteller sind? Was sind die Bücher für uns? Geschichten, gut erzählte, schlecht erzählte. Bedenklich ist nur, daß uns allmählich die Fähigkeit abhanden zu kommen scheint, Geschichten zu erzählen und zu verstehen. Ist das der Grund für die beklagte Lese-Unwilligkeit der Studenten? Wenn Sie so wollen. Und warum ist das bedenklich?

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Sincerus: Es könnte sein, daß damit eine wichtige Dimension unseres MenschSeins auf dem Spiel steht. Curiosus: Wie das? Sincerus: Wenn es wahr ist — und ich zweifle nicht daran —, wie Simone Schwarz-Bart in ihrem Roman Ti Jean l'horizon sagt, daß das Menschenschicksal so „hauchdünn wie ein Blatt Papier" ist und eine Geschichte nur einmal gelebt werden kann, „ein einziges, winziges Mal in der Ewigkeit", dann kommt alles darauf an, diese Geschichte nicht zu verfehlen, sie zu erkennen, wenn man ihr begegnet. Curiosus: Aha, so etwas wie die Göttin Gelegenheit, die man beim Schöpfe packen muß? Sincerus: Ja. Und auch das Umgekehrte gilt: Wenn die Welt und das Menschenleben eine Geschichte sind, dann geht es in jeder Geschichte auch um die „Gestaltung der Welt selbst", und die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen und zu verstehen, wird zum Prüfstein für unser MenschSein. Curiosus: Und kann man denn nichts unternehmen gegen diese — diese drohende Amputierung unseres Mensch-Seins? Sincerus: (Ernst) Nein, da kann man nichts dagegen tun. (Er zögert) Allenfalls Curiosus: Ja? Sincerus: Bei denen in die Schule gehen, die noch Geschichten erzählen können. Bei denen, die noch nicht ,so weit sind wie wir', den Autoren, die man zur .Dritten Welt' rechnet, den Schriftstellern aus Afrika, Lateinamerika, der Karibik — Curiosus: Ein Vorschlag? Sincerus: Probieren Sie's mal mit Petals of Blood (Dt. „Verbrannte Blüten") von Ngugi wa Thiong'o aus Kenya. Curiosus: Da kann man lernen, wie man Geschichten erzählt? Sincerus: Ja, und warum wir das nicht mehr können, und wie das GeschichtenErzählen mit unserem Mensch-Sein zusammenhängt. Curiosus: Ein Beispiel? Sincerus: Da gibt es zum Beispiel die Figur des Händlers Abdullah, der mit seinem Eselskarren und einer Abordnung seines Dorfes in die Stadt zieht und dabei ein ganz anderer Mensch wird — Curiosus: Wohl aus dem Erlebnis der Gemeinschaft — Sincerus: Vielleicht. Jedenfalls: „Aus einem sauertöpfischen, fluchenden Krüppel war ein lachender und Geschichten erzählender Mensch geworden. Die Leute schienen ihn ins Herz zu schließen. Das konnte man daran erkennen, wie die Kinder ihn ständig umlagerten, und er ihnen Geschichten erzählte." Curiosus: Also: Werd' Mensch, erzähl' was? Sincerus: So ähnlich. Curiosus: Was ist für Sie der schönste Augenblick beim Lesen? Sincerus: Es ist der Zustand, den Alice empfindet, als sie durch das KaninchenLoch hindurch und immer tiefer fällt.

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Curiosus: Wie bitte? Sincerus: Ja, hören Sie: Alice began to get rather sleepy, and went on saying to herself, in a dreamy sort of way, ,Do cats eat bats? Do cats eat bats?' and sometimes, ,Do bats eat cats?', for, you see, as she couldn't answer either question, it didn't much matter which way she put it. She felt that she was dozing off, and had just begun to dream that she was walking hand in hand with Dinah, and she was saying to her, very earnestly, ,Now, Dinah, tell me the truth: did you ever eat a bat?'. Curiosus: Gibt es nodi etwas, was Ihnen ähnliches Vergnügen bereitet wie Bücher lesen? Sincerus: Ja, mit ändern über gelesene Bücher sprechen. Curiosus: Und worin sehen Sie Ihre Aufgabe als Literatur-Lehrer? Sincerus: Den Studenten die paar Bücher ans Herz zu legen, die ich selbst gerne mag. Curiosus: Und die vielen ändern? Sincerus: Die müssen sie selber herausfinden. Curiosus: Und welche Methode halten Sie für die richtige? Sincerus: Die Regel, die Gargantua dem Kloster gegeben hat. Curiosus: Wie bitte? Sincerus: FAY CE QUE VOULDRAS. Curiosus: Aber das können Sie doch nicht ,wissenschaftlich' nennen, das ist ja — Sincerus: Vergegenwärtigen Sie sich einmal das schönste Kapitel im schönsten Buch der Komparatistik — Curiosus: Sie sprechen da ein großes Wort — Sincerus: Ich weiß: gelassen aus. Aber ich spreche vom Rabelais-Kapitel in Erich Auerbachs Mimesis. Erinnern Sie sich? Curiosus: Nur vage — Sincerus: Auerbach interpretiert da eine Szene aus dem vierten Buch des Pantagruel, wo Panurge mit dem Kaufmann Dindenault um einen Hammel feilscht. Dieser preist seinen Hammel an und entfaltet dabei die gesamte zeitgenössische Gelehrsamkeit, die vollständige Wissenschaft von den Hammeln. Curiosus: Muß es nicht Hammeln heißen? Sincerus: Hammeln oder Hammeln: von ihrer Wolle, ihrer Haut, ihren Därmen, ihrem Fleisch „und noch allerhand andere Teile, verbrämt wie gewöhnlich mit Mythologie, Medizin und seltsamem chemischem Zauberwesen". Curiosus: Und was ist daran so verkehrt? Sincerus: Panurge kauft ihm den schönsten Hammel ab, für teures Geld, und wirft ihn gleich darauf ins Meer, wohin ihm alle ändern Hammel, der Hammel-Besitzer und die Vieh-Knechte nachstürzen, denn: comme vous savez etre du mouton le naturel, toujours suivre le premier, quelque part qu'il aille. Aussi le dit Aristoteles, Hb. 9 de Histo. animal., etre le plus sot et inepte animant du monde.

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Curiosus: Ich verstehe, Sie halten die Methode des Herrn Dindenault für verkehrt. Sincerus: Ja, oder wie Auerbach sagt: „er wird hineingelegt und kommt um, weil er sich nicht einstellen und umstellen kann, sondern in seiner eingleisigen Torheit und Großtuerei beschränkt und weltblind vorwärts rennt." Curiosus: Wir haben bislang, wie mir scheint, immer nur von Erzählliteratur gesprochen. Halten Sie nicht auch die geformte Sprache, ich meine die Poesie, für einen wichtigen Bereich Ihrer — wie Sie selbst es ausdrücken — künstlichen Paradiese? Sincerus: Oh ja, ich mag Gedichte sehr gern, Eines kann ich sogar auswendig. Curiosus: Dürfen wir es hören? Sincerus: Bitte sehr: Ambarabä cicci cocco, tre civette sul como ehe facevano l'amore con la figlia del dottore. Ma la mamma le chiamo. Ambarabä cicci cocco. Curiosus: (Beiseite) Ich hab' wieder nur amore verstanden. Sincerus: Es gibt sogar eine interessante Variante. Der fünfte Vers heißt gelegentlich auch: M a U dottore s'ammalo. Curiosus: Gestatten Sie noch zwei kurze Fragen? Sincerus: Aber bitte! Curiosus: Wer ist für Sie der größte lebende Komparatist? Sincerus: Die Antwort wäre mir leichter gefallen, wenn Sie mich nach dem größten Komparatisten aller Zeiten gefragt hätten? Curiosus: Wer ist der größte Komparatist aller Zeiten? Sincerus: Ich kenne nur einen größten Feldherrn aller Zeiten. Curiosus: Was scheint Ihnen ein geeigneter komparatistischer Wahlspruch? Sincerus: Mir fallen immer nur die ändern ein: Gut Ding will Weile haben. — Schuster bleib bei deinen Leisten. — Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Curiosus: Wir danken Ihnen für das Gespräch.

LEA RITTER-SANTINI Caro Erwin Koppen, Lei mi diiede di spiegare in forma breve e possibilmente gradevole come e perdi£ io sia diventata comparatista; una domanda Candida all'apparenza mossa dal piacere legittimo della curiosita scientifica, assomiglia invece ad una pista liscia, piü larga e piü bianca di una pagina e fatta apposta per scivolare — il die puo essere motivo di sicuro divertimento — ma, lo si sa bene, «die Leute aufs Glatteis zu führen, ist eine wenig humane Liebhaberei», nota soprattutto come la passione di chi ama osservare la societa internazionale muoversi sul candore delle nevi per confrontarne poi le abitudini, lo stile la lingua e le parole. Che Lei ami particolarmente i confront! e i bei paragoni l'ho sempre sentito dire e non ne dubito piü da quando ha avuto la gentilezza, per dimostrare la nostra devozione ad un maestro, di attirarci candidamente sulla piü sdrucciolevole delle piste, cosi insidiosa in realtä ehe bisogna avere gran coraggio, sapendo di poter cadere, a non restare in disparte ma a ringraziare per l'invito e cominciare a raccontare una storia. Mi permetta almeno di evitare le superfici piü sottili, quelle trasparenti delle categoric goethiane il cui fondo riflette l'essere diventati quello ehe si , la natura non farebbe nascere nessuno — per sua fortuna — comparatista in quanto, come si continua a dire con ragione e accanimento, nessuno 10 lo puo essere. Da bambini, nelle prime dure prove del gioco o nell'impegno dell'imparare, le domande ehe creavano il piü oscuro imbarazzo in chi era dentro fuori del girotondo si affannava giä a far bella figura, non era certo: «Tu chi sei?» a cui l'ineluttabile cura familiäre aveva insegnato presto a rispondere perche non ci si perdesse, se un qualche sogno d'avventura avesse fatto smarrire la strada di casa, ma quella terribile e insistente, ripetuta come una minaccia dell'altro mondo: «Cosa farai da grande?», una domanda ehe riusciva a fermare ogni corsa e ogni gioco in uno spazio immobile di malessere e di rabbia e a cui riusciva a sottrarsi solo chi, con 1'unica inalterable e inimitabile fermezza, quella infantile, rispondeva: «il papa». Ma di papi, lo si sapeva anche da bambini, ce ne poteva essere solo uno e giä alle prime invidie si alternavano i primi dolorosi dubbi se capitava ehe qualche altro, in altro gioco in gioco uguale, afTermasse tranquillo di voler fare anche lui 11 papa. E non era questione di accento o di plurale quella die divideva la chiassosa comunitä dal solitario sussiego di chi attendeva solo una conferma alia propria elezione, ma erano leggi ben piü segrete die sfuggivano e ehe avrebbero dovuto invece assumere la forza del presagio, la prima ammonizione a riconoscere quanto difficile fosse continuare a giocare insieme ad altri se qualcuno e assolutamente deciso a fare il papa se — ancora peggio — di papi

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ce ne dovesse essere piü d'uno. Anche i piü sicuri ed ostinati, quelli die non si lasciavano convincere a dire die avrebbero fatto l'inventore o la ballerina, il fotografo, l'aviatore o l'avvocatessa e l'ingegnere come il padre o come la zia, erano tutti convinti die avrebbero «fatto» qualcosa di diverso dal giocare. Diventare, si diventava grandi da una stagione all'altra e non si riusciva mai a sapere in die modo, come se tra il fare e il diventare ci fosse una lontananza ancora piü immensa e insuperabile di quella del mare die gli adulti non si stancavano mai di ripetere separa sempre il dire dal fare. Molte cose si dicevano e altrettante non sempre si facevano e cosl si diventava grandi e non erano piü le sciocche domande: «cosa farai» a rendere perplessi e turbati ma quelle sconosciute ancora fra le gomitate, gli urli e le spinte delle risse infantili: «Lei non sä dii sono io!» Pareva die nessuno facesse piü nulla; «era», semplicemente «era» e si permetteva di fare in maniera del tutto naturale quello ehe gli pareva. Qual'era dunque l'atroce differenza die permetteva di dire tranquillamente «sono direttore», «sono ministro» e dii non ci crede se ne dovrä prima o poi accorgere? Certo non il fare, perdi& sarebbe stato possibile vedere e sapere cosa, ma una invisibile e misteriosa forza sconosciuta ai piü ehe trasformava il fare in essere. Nemmeno questa spiegazione sembrava pero soddisfacente se per esempio molti bambini, diventati grandi, potevano affermare di fare il mestiere scelto allora; facevano il ragioniere e la parrucchiera, il commerciante o anche il professore ed erano inoltre, lo dicevano, diventati padri e madri, quasi mai papi. Chi era diventato, nonostante le difficoltä, in qualche modo un papa, parlava piü o meno bene il suo latino ma continuava a conoscere solo le formule di saluto e di augurio nelle diverse lingue straniere perche per impararle meglio non gliene restava davvero il tempo. Nemmeno riuscire a far particolarmente bene una cosa significava essere quello ehe si faceva, al contrario, saperla rappresentare con maggior immedesimazione, come un bravo attore, era sempre piü efficace di una presenza reale ehe lasciava per lo piü insoddisfatta ogni genere di attesa. II piccolo palcoscenico dell'infanzia, anche se trasformato in scena piü profonda dai mutamenti imprevisti e dalle quinte mobili, aveva pur sempre conservato la separazione tra lo spazio dell'agire e quello dell'osservare; accadeva allora di incontrare qualcuno ehe fosse cosl bravo a «fare» il monaco, la madre o il professore da turbare profondamente dii lo era semplicemente diventato — e lo si riconosceva non soltanto dall'abito — tanto da credersi vittima infelice di crudeli inganni ottici o peggio di immeritate malevolenze e perverse trame. Bisognava aver conservato il gusto del gioco apparente — die non muta quasi mai — o non essere ancora usciti dall'infanzia per continuare a distinguere tra il voler fare e il voler essere ehe vi si nasconde. La letteratura, mestiere affascinante, pericoloso, infido e insostituibile, ama la mutevole realtä delle quinte e fare, al suo servizio, l'ispettore di scena o la comparsa, il capocomico o l'attrice, la costumista o il suggeritore esige non solo molta disciplina per costruire la finzione dello spettacolo ma anche la necessaria docilitä per modificare le proprie immaginazioni e i propri desideri e affidarsi alia volontä, tirannica o lunatica, testarda öd ispirata di un autore cui si sottomette anche la voglia d'invenzione del regista. La figura senza la quäle

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assai difficile sarebbe entrare in scena puo essere rappresentata dal caso, a volte dalla ricercata e imprevedibile dea «Gelegenheit» die sulla fronte tiene a farsi ondulare sempre un gran ciuffo (e quanti attratti dalla colorata fiamma dei suoi riccioli, quanti illusi dalla spavalderia del suo toupet son poi ingannati dal posticcio?), una leggiadra tentazione die gli uomini, appresa con facilita e con il solidale aiuto di chi narra di lei imprese illustri 1'arte di essere vaghi nella lode e precisi nella conquista, si affannano a corteggiare. Passatempo lodevole e impegno di sicuro rendimento se lei fosse, appunto, come loro la immaginano e non come invece e: calva dietro senza appigli alle dita, instabile e inquetante forma, una mutazione bizzarra del puer senex ehe li disorienta con la sua ambiguit tanto da attribuire giustamente, quando si volta e li fa slittare lontano da lei, la loro delusione alia volubilita e incostanza del suo carattere di donna. Alcuni sostengono ehe una cosl capricciosa figura femminile debba alia fine manifestare una certa condiscendenza verso chi έ stato posto — come lei — sotto lo stesso principio e abbia dovuto — come lei — imparare a mantenersi acrobaticamente in equilibrio sempre su una sola parte della sfera su cui cammina, un globo die girando puo cambiar faccia ma non ancora posizione e leggi di gravit . Altri credono ehe sarebbe facile per chi ha consuetudine con lo specchio, la finzione ed i ritocchi, convincerla a cambiar pettinatura ο ad usare qualcuno dei «remedia utriusque fortunae» contro la calvizie e ehe lei, per gratitudine, rivelerebbe poi i tempi e i luoghi delle sue apparizioni. La sua ambivalenza la preserva invece dall'obbligo di certi favori ed io continuo ad essere del parere ehe lei sia costretta a rispettare i segnali fissati dalle antiche leggi sul traffico e attenersi assolutamente al principio opposto, quello maschile. Le deviazioni sono ancora accident! malvisti dovuti non all'arbitrio solidale della dea — ehe non ha gli occhi bendati — ma all'urto contro ostacoli non abbattuti in tempo e ehe accelerano appunto le oscillazioni della sua sfera. Io 1'ho incontrata a Clayton, sulla grande pista delle corse, tra il rumore assordante, ed έ stata lei a mettermi in mano una delle trombe forse per vedere se riuscivo a suonare qualcosa die potesse servire per il gran teatro di Oklahoma e die le piacesse ο le ricordasse qualche suo favorito perduto ο lontano. Credo poi di essermi comportata alia meno peggio, soddisfacendo in qualche modo l'arbitro ehe vedeva arrivare tutti dall'alto della sua seggiola; anche se avevo carte disparate mi ha indirizzato poi all'ufficio «per gente con cognizioni tecniche» ehe accettava solo coloro die avevano frequentato le scuole superior! europee. £ stata poi lei — un favore come lei ambiguo e mutevole — a procurarmi il bracciale con su scritto «lavoratrice tecnica», un distintivo ehe conservo ancora per i progetti di un qualche conto, per gli anni bisestili e le rappresentazioni celebrative, quando occorrono le coccarde. In questa funzione ho cominciato ad ordin re le immagini die mi arrivavano dopo essere passate per la mano di tanti. Cosl osservandole mi sono accorta die era sempre lei ad essere raffigurata, sotto le diverse maschere di amore, di rancore, di furore e die lei parlava con ognuno una lingua diversa e 1'aria disperdeva le parole mentre la sfera correva veloce, inafferrabile, cangiante come la luce e i suoi

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miraggi. A Clayton la scambiavano spesso per la Fama, petdii mutando lato sembrava mutasse anche nome e le trombe si erano abituate a suonare sempre piü forte quando credevano di vederla comparire di lontano e lei giocava a confonderle. Cambiava di nascosto con straordinaria abilit^ diverse masdiere, certo per obbligo e per difesa, non sempre per naturale leggerezza o per divertimento perche era sempre inviata nei tempi di transizione quando le vecchie quinte non erano ancora smontate e le nuove non ancora pronte. II suo lavoro appariva leggero e divertente, richiede invece fatica e tenacia; l'apparire e lo sparire sempre in movimento, non potersi mal addormentare, mai fermare sulla riva di un fiume limpido per acconciarsi il ciuffo nello specchio delle acque diiare. Gli uomini potrebbero sorprenderla infatti mentre si riposa e trattenerla con esperimenti finche alia sua sfera non siano finalmente applicati solidi e infallibili congegni di precisione cosi sensibili da prevedere e fissare quindi organizzare ogni suo movimento e strumenti cosl preziosi e unici da riconoscere ogni lingua, distinguere ogni nome, trascrivere ogni voce e ogni suono. lo avevo creduto ehe per diventarle arnica, accettando la necessita. del suo correre e quasi mai ritornare, i motivi della sua ostinazione a sfuggire i grandi assembramenti e il suo appena percettibile invito: «non si cede voce, leggenda o destino» fosse necessario imparare qualche difficile esercizio di equilibrio; furono tentativi per lo piu infelici i miei; le piste, sotto un cielo grigio basso e greve, erano quasi sempre battute dalla pioggia o deserte o affollatissime e persino gli alberi ai margini, lucidi e gelidi nella loro corteccia scura, erano aggrondati sognando misteriose fioriture a venire. Nella volonterosa illusione di cercare e trovare istruzioni utili a capire gli elaborati giochi di celebrati «magistri ludi», ehe apparivano sempre circondati da fortunati adepti tutti devoti, tutti zelanti, tutti perfetti, preoccupata di non distrarli, mi accorsi finalmente ehe secondo le diverse indicazioni scritte ad ogni bivio, chi era venuto a Clayton di lontano doveva rimettersi in viaggio; da allora so ehe chi le ha seguite non arriverä forse mai ad Oklahoma. Come — forse — non crescera mai, sempre distolto e sempre attratto dalle figure ehe incontra e dalle loro storie vere o inventate. Una delle favole ehe avevo sentito raccontare a Clayton e ehe mi ha poi sempre dato da pensare era quella di Giove a cui una volta venne in mente, per soddisfare il suo desiderio di esperienze strane ed estranee, non di trasformarsi in animale, in cigno in toro o in aquila, ma di gettare sulle sue membra divine, come un mantello, una figura umana, quella di un generale ed apparire cosi, complice 1'oscurita della notte ad Alcmene, la di lui consorte. Tutti quelli ehe l'avevano sentita una volta se la facevano raccontare ancora tanto la trovavano meravigliosa, comica e tragica insieme per tutte le complicazioni ehe in ogni nuovo racconto nascevano fra i personaggi; erano figure veramente incomparabili, facevano le stesse cose ehe altri avevano fatto come e prima di loro e non riuscivano ad essere, diventati come loro, quelli ehe invece in quel momento non le facevano ma continuavano ad essere quelli ehe erano ed erano sempre stati.

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Ciascuno la interpretava alia sua maniera, diiedendosi se fosse possibile restare fedeli ad una figura die aveva mutato sostanza rivestendosi della medesima apparenza o se non fosse invece la fedelta dell'apparenza a poter riunire la diversita delle sostanze. Tutti parlavano e si preoccupavano dei sentimenti di Anfitrione, il generale quasi certamente tradito per fedelta e dell'ingegnoso arbitrio di Giove, il signore sempre infedele, della nascita di Ercole, il semidio a cui pero non erano risparmiate, a conoscerne la storia, le fatidie umane. Erano brillant! conversatori e sottili incorruttibili osservatori dei costumi degli dei, delle virtu degli uomini e delle debolezze delle donne. Una volta mi capito di fermarmi ad ascoltare un gentiluomo singolare un po' melanconico e sognatore die intratteneva gli altri piacevolmente raccontando di un suo viaggio: diceva di aver incontrato Giove poco prima die gli fosse venuta 1'idea di rivestirsi della figura di Anfitrione e di sapere ormai cosa 1'avesse mosso ad apparire ad Alcmene diverse da se ma in figura umana. Ιο ero convinta volesse lodarne la finezza segreta, la squisitezza inconsueta di non impaurire la moglie di un valoroso generale con ruvide penne, corna lunate e duri zoccoli. «Wollust des Fremden, der kommt und geht» — spiegava invece — «avere i diritti del signore e padrone ed essere estraneo, andare e venire, a piacere.» «Fremd und daheim» — continuava a dire, nel racconto del viaggio. Ma era lui nel suo andare e venire l'estraneo o era fuori di se, l'estraneita a tentarlo per farlo restare e raccontare poi l'estraneita degli altri? Di tanto in tanto — assicurava — Giove ritorna da Alcmene perche il piu profondo piacere degli uomini e quello delle trasformazioni. Tutti approvavano convinti e nessuno chiedeva se la premessa, il necessario inizio dovesse essere Alcmene, la sempre identica allo specchio di dii la visita. II gentiluomo cosmopolita e un po' sognatore in qualcosa aveva ragione: voleva persuaders! e persuadere ehe la virtu delle trasformazioni protegge dalla estraneita e rende lo straniero meno estraneo e l'estraneo meno straniero, fedele il ricordo e diversa la memoria; non impaurisce Alcmene oltre misura, la fa accettare l'apparenza per lei non mutata, risolve ogni esitazione complice il buio della «lunga notte». lo restavo in dubbio, mi pareva ehe cos! potessero accadere ancora le confusioni ehe tutti avevano trovato comiche ma anche tragiche, una catena di scambi e di errori solo per far nascere un semidio. E avrebbero continuato ad accadere finche Alcmene non avesse saputo o potuto diiedere a Giove non «dii sei?» — preferiva rispondere coi fulmini — non «cosa fai?» — amava lasciare segni inequivocabili — non «cosa sei diventato?» — avrebbe sicuramente dato la colpa a Giunone — ma «perche e come ti trasformi?» I dolorosi equivoci si sarebbero ripetuti finche non le fosse permesso — non di scegliere 0 di accettare — ma di confrontare le figure incomparabili secondo i propri dubbi e scoprire cosl per se la logica dei loro mutamenti. Se era lei l'estranea ad attrarre e la confusione sua e degli altri derivava anche dal suo non saper riconoscere i segni scambiati, le lettere mutate ehe gli uomini-dei lasciavano sul loro cammino, era tempo ormai die imparasse a distinguere le maschere e le loro lingue male-intese, gli aspetti del tempo e 1 contorni dei luoghi in quell'irreversibile accumulazione di stagioni ehe e la 8 arcadia Sonderheft

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storia, a cercare ed amare il nuovo non solo negando o distruggendo il vecdiio, apprendesse a decifrare andie le parole a lei estranee e straniere — e quelle non dette — a capire le loro variazioni e le formule della confusione per scomporle e ricomporle in un linguaggio di cose comuni e di significati non oscuri. Non nascerebbero piii semidei, certo, solo mortali e qualcuno di loro potrebbe andie scegliere di diventare comparatista, trovare il suo lavoro non solo piacevole ma utile e necessario come tutti i buoni mestieri die aiutano a vivere e tornare a vantaggio di molti in un mondo in cui — se continued la vita come possiamo immaginarla noi — si continueranno ad amare — ach — le trasformazioni. Una soave e accorta follia? Con molti auguri per il Suo e il nostro lavoro, mi creda, Sua Lea Ritter-Santini

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Voyaging on Strange Seas of Thought Alone or How I Became a Comparatist — Eh non! dit le voyagettr, encore une fois la nature est comme la nature. Pourquoi lui chercher des comparaisons? Voltaire: Micromegas When I was sixteen I embarked on a ship, the Arosa Kulm by name, whose captain was German and whose crew was Italian, sailing from New York to Le Havre. A child of New England, I had always longed to run away to sea, on a great clipper ship or a whaling ship, to spend two years before the mast, or to follow Queequeg in the harpoonist's longboat, or to round the world with Captain Cook, his naturalists and his chronicler, Forster. I had, after all, arrived by sea, as all New Englanders had, on the Mayflower or (like my German and Russian forebears) one of its later surrogates; when I later read Anglo-Saxon at Oxford, I craved ship-burial. Now I was on my way, certain enough that I would catch my White Whale. I was bound for Germany. We skirted the shores of England, fabled from all my delighted solitary hours of childhood reading; I was up on deck all night, straining to descry the white cliffs. We docked at Le Havre amidst a fiery dawn, and entrained for Paris. I had not yet read The Ambassadors; once I had, my Paris became — for years — Lambert Strether's. For now, I went to bed wiser than I last rose — yesterday morning1. Much that I saw that summer was filled in only later, like Jude the Obscure's Christminster, whose towers were first glimpsed from an impossible afar, and later formed up on a map of the actual streets of his experience. Only when I went up to Oxford did I discover that Oxford was Christminster. But the first great railway journey, from Paris to Frankfurt via Strassburg, is etched on my mind still, as a leitmotif of a lifelong progress. The route through tiny hamlets with spires and orangetiled roofs, the fields divided like the strange striped drawings of medieval viticulture I had been assigned to colour, in all ignorance, at school; the long roads with artful arrangements of coppices; all opened out before me as I crossed Europe in a supremely unsealed train one summer morning. This train was for me like Nabokov's First Love, that grand train that carried him, his family and its entourage each summer from St. Petersburg to Biarritz. Each stop was a sounding name, as in Cendrars' poeme ferroviaire2: 1

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Henry James: The Letters, ed. Percy Lubbock, vol. I, New York 1920, To William James, 30 Oct. 1869.

Blaise Cendrars: La Prose du Transsiberien et de la petite Jehane de France, in: Blaise Cendrars... un choix, ed. J.-H. Levesque, Paris 1953, 100.

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Entends les mauvaises cloches de ce troupeaux galeux Tomsk Tcheliabinsk Kainsk Obi Ta'ichet Verkhne-Oudinsk Kourgane Samara Pensa-Touloune ... Only later did I travel to Russia, to China, and by another train altogether, just as it can only have been on another journey that I stopped to explore Strassburg for the first time; yet that handsome city has become inwoven in my early impression of the unique blending and consonance of France and Germany at the point of crossing. Shall we not, after all, believe Henry James when he tells us that his first impression of Europe, gained at the age of one year old, was of the Place Vendome? For years, like all of us, I have been obliged for professional purposes to keep a curriculum vitae. It assiduously lists and dates schools and universities attended, degrees conferred, academic appointments, honours, publications, lectures invited and delivered, conferences attended. No one has ever expected such a curriculum to tell of life; but to a surprising exent it does not tell of how I became a comparatist either. Was it for this?, as Wordsworth repeatedly asks at the opening of his Prelude to his unwritten grand philosophical poem of Man, Nature and Society. It comes closest perhaps by mapping a geography, a skeletal voyage of a not yet ancient mariner, and suggesting, by accumulation and superimposition, the presence of unsuspected spots of time — Cambridge, Mass.; Chicago; Frankfurt; Oxford; New York; Berkeley; Cambridge, England; but it tells nothing of the albatross or of the strange forces that drove the ship when humanity and nature deserted it; nothing of the invisibile cittä in whose ports it called, by sea or by land. Perhaps, more than is sometimes remarked, it is a powerful sense of incongruities that provides the impulse to movement, to innovation. These may at one level be experimental results that jar against the physical system then in the ascendancy. On another they may simply be the incongruities of reading The Brothers Karamazov in a suburb of Boston; the incongruities of first reading Paradise Lost on the Chicago Midway (which after all had its Tightness, as I felt the brimstone of the pavements where Studs Lonigan walked; but the rightness had to be searched out). Sensing the incongruities and searching out the Tightnesses formed, unconsciously, an embryonic injunction to compare and contrast. The incongruity of reading the past in the present made me wish to move both, an implicit hermeneutics. The incongruities of being mentally at home (as I thought) at once in Salamanca, in Illyria, in Grub Street, and in Cathay led me to make a planetary atlas in which all belonged to our imaginary solar system, if not to our earth — a nineteenth century enterprise desiring the eagle's scope. Gradually the desire grew to put the incongruities right, to find the right place for the right work, to adjust the tone, the colour, the temperament to one another. The unwonted joy of arriving in London, with the names familiar to me from childhood everywhere, and in the most natural way possible, I shall never forget; blue plaques marked the houses where Dickens, Dr. Johnson, Blake, Carlyle and the rest lived; even the place where Shakespeare's Southwark house once stood,

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demolished in Victorian times, was marked by a mental plaque. Later my pleasure knew no bounds when I discovered I was living in a terrace where Walter Pater once lived, unmarked by any plaque. The process of removing the incongruities was a shifting of blue plaques from their station only in my mind to somewhere perhaps half round the world, until they were at rest over the right lintel. This process, of sensing an anomaly, and searching along the reasons to the right milieu, whether in the text or in the system of world harmony, was an intuitive form of what I came to know with a shock of recognition as Leo Spitzer's Stilistik and historical semantics. Germany. The incongruity and the Tightness of coming home to the place my maternal grandfather had left, at the turn of the century, to Hannover, like a Tonio Kroger whose true spiritual home was in the south, but who recognized an image of himself in his opposite seen so sharply, so intimately through glass. I stood entranced before the bookshelves in the Deutsches Seminar of the Johann Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt and opened for the first time Die Leiden des jungen Werthers. I can name many teachers, but few masters, and the greatest were not among the living. I went to buy Goethe's Werke; I was bedazzled by the variety and succession of masterpieces. I went to his father's house; I was amazed by the views of Italy (which I had not yet visited), by the music room, by the silhouettes, most of all by the Stehpult where Goethe was rumoured to have begun writing Faust. A mighty plaque was in place. Foolish as it sounds, for years afterwards I carried about with me a diary containing a Sprichwort from Goethe for every day of the year; each year the incongruity between the year, the date, the day of the week grew, until all the Sprichwörter were simultaneously at my disposal. Ein jeder Halm hat mir Körner gebracht —*. Still today when I open Goethe I am seized by the spacious, formed cadences of his passionate poetry, his magisterial prose. At that time, still in my teens, I also read the German Romantics, especially the Novellen, and found them at first repellent, but strangely insidious, so that I never shook them off again. For the impatient atheist and product of the (colonial) Enlightenment that I then was, this was a strange and terrifying experience, and seemed to keep step with the debates between Settembrini and Naphta that raged every night in my little Studentenbude. I heard the lectures of Horkheimer and Adorno too in the reconstituted Institut für Sozialforschung; and I heard philosophy lectures, and learned to lisp not in numbers, but in das Ich und das Nicht-Ich. In Germany I read all of Henry James, producing not so much incongruity as a prophecy of my next years in England, as a student at Oxford, seen through his eyes. I saw Oxford as Hyacinth Robinson saw anarchism, as a germ of an idea, a pageant half-glimpsed through open doors, as an aura, a conjuration. That once again seized by a work, Lyly's Euphues, I read English literature and language, from Beowulf (under the strict tutelage of Dorothy Whitelock) to the Scottish Chaucerians, from Sidney's Arcadia to Milton (whom I learned from Helen Gardner not to read as a metaphysical), from 8

Johann Wolfgang Goethe: West-östlicher Divan, Gedichte aus dem Nachlaß (Buch der Betrachtungen), hg. von Hans-J. Weitz, Frankfurt, 269.

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Samson Agonistes to Shelley's Prometheus Unbound — no work after 1830 was in those days permitted into the syllabus, for lack of a long perspective — seemed almost incidental, like breathing the dampish air. In that air, the word 'comparative' was never breathed. The imaginative problem presented itself as a practical one: Surely one must live where one's mind was. Much later, when, a research fellow in Cambridge, my students after terms of intense teaching succeeded in conveying to me their natural conviction that Henry James's vision of England had little to do with the reality, it was far too late; les illusions perdues, I was living, with a vengeance, in the place of my imaginings. The blue plaque had been placed. In another of those strange displacements that the syncretic mind is prey to, it was in a cafe late one night in New York after a literary party that I came to the sudden and conclusive certainty that in Coleridge I could find the 7 and the NOT I reconciled, at least asymptotically. The greatest master among my teachers, Lionel Trilling, taught by the sole authority of his authentic inwardness. It was again the poised and long maintained incongruity between his identification with Matthew Arnold and his headship of the New York literary establishment, whose spirit was wholly alien to Arnold, that struck home with a poignancy more memorable than any formal instruction. Culture and Anarchy was indeed the text of his life, and through that contrast, relived daily, he maintained his equilibrium, and learned the lesson of the master. Or so it seemed to me. And thus began the voyage to Xanadu, or the voyage back, retracing steps that cannot be retraced4: 7 have always known That at last I would Take this road, but yesterday I did not know that it would be today. This could never be a biographical matter, nor resolved by biographical methods — biography is stillborn in our century, in any case; for the motions of the imagination are like the grass growing (which few can hear and fewer paint); but far more it presented itself as a Phänomenologie des Geistes, in which the trajectory of a life organises and is organised by the experience of the milieux and the times, even if we may no longer see a pattern in the path of mind in any simple form, of line, curve, full circle, or perpetual ascent or descent. Certain minds persuade us that some such larger movement can be discerned in it, or has touched it at nodal points. Coleridge's is one of these. But there are risks, as no one knew better than he5: Sea, and hill, and wood, With all the numberless goings-on of life, Inaudible as dreams! the thin blue flame * One Hundred Poems from the Japanese, transl. by Kenneth Rexroth, New York, Narihira, LVI, 58. 5 Samuel Taylor Coleridge: Frost at Midnight (The Poems), ed. Ernest Hartley Coleridge, London 1927, 240 f., 11.11—22.

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Lies on my low-burnt fire, and quivers not; Only that film, which fluttered on the grate, Still flutters there, the sole unquiet thing. Methinks, its motion in this hush of nature Gives it dim sympathies with me who live, Making it a companionable form, Whose puny flaps and freaks the idling Spirit By its own moods interprets, every where Echo or mirror seeking of itself, And makes a toy of Thought. Although Coleridge's mind was at times fanciful or merely whimsical, at its best it was sensitive to the fluxes and refluxes of authentic intellect. Such a mind, venturing itself and strengthening itself by venturing against and within systems, is still a better guide even to the factual circumstances that may condition it than the inert facts themselves. Of Coleridge's lifework, however fragmented it may at first appear, one can say, as Henry James said of one of his own proposed, as yet unwritten tales": It only looms, it only shines and shimmers, too beautiful and too interesting; it only hangs there too rich and too interesting; it only hangs there too rich and too full and with too much to give and to pay; it only presents itself too admirably and too vividly, too straight and square and vivid, as a little organic and effective Action .. . Coleridge's little organic and effective Action was the response that shaped the mental and psychic conditions of the modern world we are born into. One of Coleridge's greatest virtues — indeed, his achievements as a critic are inconceivable otherwise — was his recognition, his instinct for the best and most stimulating and profound thought of his own time; and that thought was German, beginning with the epochmaking work of Kant, and proceeding through Fichte, Schelling, and in more literary contexts, Schiller, Solger. The unhappy stress on national boundaries in vernacular literary studies led to charges of plagiarism, which had an added degree of animus because he had acquainted himself with foreign sources; as long as he employed impeccably English sources — the Cambridge Platonists, Berkeley — no one seemed to object to the breadth of his reference. This attitude always seemed incomprehensible, not to say reprehensible to me. As Goethe tolerantly remarked7: Man wirft den Engländern vor, daß sie ihren Teekessel überall mitführen und sogar bis auf den Ätna hinaufschleppen; aber hat nicht jede Nation ihren Teekessel, worin sie, selbst auf Reisen, ihre von Hause mitgebrachten getrockneten Kräuterbündel aufbraut? But there are times, especially on the climb up Aetna, the long climb to the summit and self-immolation which Coleridge, like Hölderlin's Empedocles, undertook, when even English teakettles stop whistling8: '7 Quoted by Percy Lubbock, Introd. to The Letters, op. cit. (n. 1); p. xxi. Johann Wolfgang Goethe: Winckelmann (1805), in: Werke XXXVII, Stuttgart 1827—42. 8 Bertolt Brecht: Der Schuh des Empedokles, in: Gedichte 1934—41, Frankfurt/M. 1961, 47.

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Sie bestiegen den Ätna Die Mühe des Steigens Erzeugte Schweigen. To me, then, 'comparative' signified the kind of internationalism that makes no distinction of passport or point of origin as a qualification of interest or acceptability. In practice, this emerged as historical investigation into the closely intertwined intellectual roots of modern thought and experience, especially the philosophical, religious, and scientific movements since the seventeenth century. Any comparatism which deals in national stereotypes obscures the trade routes of thought. In this way, the English insistence on the precise nuance of a poetic text — which often in English criticism is identified, explicitly or implicitly, with a close adherence to native roots — for me became identified with the need for more precise reading of a context or milieu which surpassed any one native root and flowered from a complex root system. Only with that does one read aright the nuance of the poetic text9: Warum ist Wahrheit fern und weit? "Birgt sich hinab in tiefste Gründe?" Niemand versteht zur rechten Zeit! Wenn man zur rechten Zeit verstünde, So wäre Wahrheit nah und breit, Und wäre lieblich und gelinde. Coleridge's superb timeliness — as F. R. Leavis said, he "lived at the fine point of his age" — gave his abstruse researches at their best a truth lieblich und gelinde. Not least was this so of his religious insights, gained through the historical-critical movement and its transformation into a Romantic apologetics. The eighteenth century had perceived the connection between their own sacred books — once thought to be uniquely revealed by God — and the other sacred books of the Orient; perceived it as a possibility for ironic attack on all that was irrational, primitive, tribal in the claims of their own society and its authorities in church and state. But they also perceived it as opening new paths back to a common stock of emotional responses on which religions the world over had been founded, and so too to a potentially common poetry of humanity at the root of lyricism. Gradually the historical links between fundamental experiences, ritual, the written symbol, and the milieux in which they had been given their precise forms began to be sketched in and then more systematically delineated and analysed. For the Romantics, the relation between exoticism, the extension of sympathies, and the discerning of community amid the finest shades and tones of difference was a fundamental intuition and a programme. The early routes to India were only an extension of Romantic exoticism and pan-theism, an escape from the now familiar continent of Europe, crossed " Johann Wolfgang Goethe: West-östlicher Divan, op. cit. (n. 3), Buch der Sprüche, 52.

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and recrossed, to Greece and Asia Minor, Sicily and Sardinia, Rome and the city states of the Italian Renaissance, the feudal castles and flamboyant cities of Spain. Here was another world, other religious cultures — more ancient or more recent? — of Buddha and boddhisavas, of strange and overwhelmingly dense and fluid carving of the Hindu mythological epics in sculpture, architecture, and dance. The connective tissues were there, however, at first apparently only fine filaments, overstretched trade routes like camel caravanserai between oases, philological surmises, speculations on origins, false etymologies10: Weave a circle round him thrice — Sir William Jones supplied me with the earliest reticulations: his 'Asiatick researches' into the manuscripts of Sanskrit law and poetry, his translations of Arabic, Persian, and Sanskrit poetry, and his superb letters from Bengal. In those letters Jones, a classicist first and professor of Poetry at Oxford, recalls for his former pupil, Visount Althorp, then on the grand tour in Italy, his own memories of the classical landscape from which he had set out — until even Greek seemed dry to him by comparison with Persian — and interweaves them with his present landscapes of India. From Jones, Indo-European philology took its beginnings, absorbed and advanced by Schlegel and Bopp; through his translations Goethe and indeed all of Europe became stimulated and penetrated by Oriental images. Once again the historical links grew stronger and enabled the gossamer imagery and the oases of lyricism and even the mirages of the voyage to flourish in their proper places and times11: Soll ich dir die Gegend zeigen Mußt du erst das Dach besteigen. The increase in information through voyages of discovery and experiment, claim and conquest, and subsequently through occupation and rule, particularly in India and Egypt and some areas of the Pacific provided the basis for the new disciplines of comparative religion and mythology, anthropology, and comparative literature, in short, the Geisteswissenschaften or the human sciences. The imperialist basis of the human sciences — a seeming paradox — is an aspect of comparative methodology that, like nationalism, still needs questioning and revision. The great modern critical question, the relation of our fundamentally scientific criteria for truth-to-nature to the modes of thought of the humanities and especially of the literary arts, is often traced to Dilthey. But of course the attempt to formulate a method for the Geisteswissenschaften began for Dilthey, and in fact, with the effort to transform higher-critical hermeneutics into general hermeneutics, the complex path which Dilthey explored in his early work on Schleiermacher. The problem that Dilthey identified as the distinction of method between the natural sciences and the human sciences was not a new one, but had already been powerfully expressed in romantic Naturphilosophie. For a Schelling, a Coleridge it was not any longer 10 11

Samuel Taylor Coleridge: Kubla Khan, op. cit. (n. 5), 297 f., l. 51. Johann Wolfgang Goethe: West-östlicher Divan, op. cit. (n. 3), Buch der Sprüche, 53.

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traditional religion that is at stake (both of them effectively poured new wine into old wineskins), but modes of thought in which religious responses were implicated, which were not allowed for or adequately theorized in the new natural sciences. Naturphilosophie attempted ambitiously to ground the new scientific outlook itself within a larger framework, and to restore as its basis not the judicial laws of nature, but an aesthetics of nature. They adumbrated a history of thought that deliberately refused to make the break more and more commonly seen as occurring at the onset of modern science in the seventeenth century, and suggested a history of mythological explanation from the earliest attempts of the human race to explain and adequately respond to its surroundings to the premises of the most recent experimental science. In short, Naturphilosophie attempted to found an all-embracing hermeneutic method applicable to science as to art. By the time of Dilthey the advance of positivism and of reductive scientific methods was too powerful to resist, and he was obliged to divide the territory, and to make his claim only for a freshly defined group of human sciences. As in England, where the first book with the title Comparative Literature was written by H. M. Posnett in a series of books on the social sciences, and built on J. S. Mill's Logic, especially his discussion of 'the Historical Method' and the anthropological and legal investigations of Sir Henry Maine on Indian village communities (influenced by German work on Saxon communities), so Dilthey's literary critical practice took place within the framework of his hermeneutics12. Dilthey's choice of literary materials in Das Erlebnis und die Dichtung proved decisive for German literary hermeneutics in the twentieth century; Hölderlin in particular came to occupy the foreground and to be the focus of discussion for Heidegger, and so necessarily for those who wished to correct, combat, or simply to come to terms with Heidegger. In Germany, then, the Romantic centre of hermeneutics is still visible (though Gadamer depicts it with a certain disapproval), and Peter Szondi has restored the eighteenth-century context of Hölderlin's hermeneutic insights. Elsewhere the lines from Biblical and general hermeneutics and the methodological concerns of nineteenth century social science to our immediate critical concerns have tended to be lost, and the brilliant but local and partly hermetic example of Hölderlin has yet to be brought fully to light. It is time to give literary hermeneutics its wider context again, to return to the fundamental concerns which animated Coleridge and Schelling, and to display the range to which a revised hermeneutic methodology could be applicable. We need a comparative mythology of modern thought, or better still, the seamless mythology of human mental processes adumbrated by Schelling and Coleridge. 12

For Posnett and Mill, see Elinor Shaffer: The "Scientific" Pretensions of Comp. Lit., in: Comp. Criticism 2 (1980), —xxi. On Dilthey see Elinor Shaffer: The Great Code Deciphered: Biblical and literary hermeneutics, in: Comp. Criticism 5 (1983).

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In the famous Chinese tale13 of the quest to find and bring back the Buddhist scriptures from India, the disciple Tripitaka and his Monkey companion discovered on the return journey that the Scriptures had nothing written on them; they hastened back to the Buddha, who assured them that this was quite right, but if they really felt they needed characters inscribed for the benefit of the Emperor, he would be glad to oblige. — For those of us who like the Emperor of China — or the secretary of the academie des sciences — are so mundane as to require our scriptures to be written down, in the grand enterprise of Joseph Needham's Science and Civilisation in China, planned and carried out on a scale and scope comparable with the works of the great founders, Herder, Gibbon, and Sir William Jones, we find inscribed the characters of early Chinese thinking about nature and the principles governing it, and an account of the scientific work built on them, in astronomy, mathematics, alchemy, botany, medicine, and a variety of technologies, with indications also of Indian and Arab contributions and on the road of these discoveries to the West". I am proud to be able to claim him as master and, still more, friend. His is a great work of Naturphilosophie as well as of the positive history of science and technology. It remains for us in comparative literature to aim at the old mark set by the founders of our discipline and to rise to this new challenge. And now perhaps the moment has come to set off once again into space to visit the homestar of Micromegas, who, we recall, parcourt la voie lactee en peu de temps.

Arthur Waley, transl., Monkey. New York 1943. For a more recent scholarly translation, see The Journey to the West, transl. and ed. by Anthony C. Yü, Chicago 1977 ff., 4 vols. For an account of Joseph Needham's quest, see Lu Gwei-djen The First Half-Life of Joseph Needham, in: Explorations in the Hist, of Science and Technology in China, Special Number: Collections of Essays on Chinese Lit. and Hist., Shanghai 1982, 1—38.

JÜRGEN VON STACKELBERG Lucus a non Lucendo oder Von der ,Tante' zu Tacitus Die Schuld daran, daß ich Komparatist wurde — wenn ich es wirklich bin —, trägt ursprünglich die ,Tante'. Nicht meine Tante, sondern eine Lehrerin, die wir als Schüler so nannten, weil ihr Neffe in unserer Klasse saß. „Mein Neffe Rolleff — eine Fünneff!" pflegte die ,Tante' mit schöner Regelmäßigkeit zu sagen, wenn sie die Lateinarbeiten zurückgab, denn sie unterrichtete dieses Fach und stammte aus Köllen am Rhein. Ich war nicht viel besser im Lateinischen als Rolleff. Und das lag vor allem an der ,Tante', die ich nicht ausstehen konnte. Mein Ehrgeiz richtete sich darauf, das Abitur zu machen, ohne die unregelmäßigen Verben auswendig zu lernen. Ich hielt das für völlig überflüssig und habe das Abitur tatsächlich auch so geschafft. Dann kam das Militär, dann die Kriegsgefangenschaft, dann das Studium. Mein erstes Semester studierte ich in Zürich. Schweizer Freunde hatten mich gleich nach dem Kriege dazu eingeladen. Ich wollte Pädagogik studieren. Es war ein Reinfall: Ich habe nie langweiligere, wohlmeinendere und provinziellere Vorlesungen gehört als die von Professor Stettbacher, den eine Kantonsschule an die Universität abgeordnet hatte und der über „Peschtallozzi" sprach. Eine musikgeschichtliche Vorlesung, Besuche im Museum und C. G. Jung interessierten mich mehr. Aber ernsthaft wurde mein Studium erst in Freiburg, wo ich unter Hugo Friedrichs Einfluß geriet. Romanistik wurde die Hauptsache, dazu kam Englisch (weil ich die Sprache gut konnte) und Latein (weil ich es nicht konnte). Nun mußte ich die unregelmäßigen Verben nachholen. Um es gründlich zu machen, wählte ich Latein gleich als Fach und bestand tatsächlich, wenn auch erst im zweiten Anlauf, das Staatsexamen: Ich mußte einen Absatz aus Ciceros De re publica aus Karl Büchners Deutsch (das Gottseidank ein sehr lateinisches Deutsch war) ins Lateinische zurückübersetzen. Aber die Hauptsache war, wie gesagt, die Romanistik. Als Hugo Friedrich mich einmal fragte — ich weiß noch genau, wo und wie das geschah —, warum ich eigentlich Romanistik studierte, antwortete ich (sicher ohne zu wissen, wie geschickt diese Antwort war), man gehe ja auch manchmal in eine Kirche, hauptsächlich, um den Pfarrer predigen zu hören... Zudem war es wahr: Friedrichs faszinierende Lehre hatte mich völlig eingefangen. Ich habe kaum andere akademische Lehrer gehabt und weiß, was jurare in verba magistri bedeutet. Andere gingen zu den Lektoren, in Grammatikkurse, zu den Linguisten. Ich hörte Friedrich. Mein Französisch lernte ich im Austausch mit einer netten Französin, der ich Deutsch beibringen sollte. Eines Tages schrieb ich eine kleine Arbeit, die mehr einem Essay als einem Referat glich. Sie trug den Titel: „Andre Gide und die Reise". Ich brachte sie Friedrich, dem es ungewohnt vorkommen mochte, daß einer eine Arbeit schrieb, die keiner verlangt hatte.

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Wahrscheinlich trug das nicht wenig dazu bei, daß er mich später zu seinem Assistenten auserkor. Zunächst mußte ich jedoch promovieren (man konnte damals vor dem Staatsexamen promovieren, das ersparte einem die Abfassung einer Staatsexamensarbeit). Als Dissertationsthema wählte ich: „Die Kritik an der modernen Technik in der französischen Literatur". Das schien mir das wichtigste von den Themen zu sein, die Friedrich anzubieten hatte. Ich las Victor Hugo, Balzac, Zola, Jules Verne und Villiers de l'Isle-Adam, schließlich SaintExupery, aber auch Duhamel, Daniel-Rops, Bernanos, Emmanuel Mounier, Gabriel Marcel und andere heute vergessene Autoren des frühen XX. Jahrhunderts. Wenn ich heute in das Inhaltsverzeichnis meiner Dissertation sehe, wird mir schwindelig. Gottseidank ist sie nie im Druck erschienen. (Sie existiert nur in sieben, mit eigener Hand auf der Schreibmaschine geschriebenen Exemplaren, die schlecht lesbar und vergilbt sind.) Das war zwar noch keine Komparatistik, aber insofern allgemeine Literaturwissenschaft, als es von den üblichen Bahnen philologischer Arbeitsweise abwich. Nach der Promotion wurde ich zunächst einmal arbeitslos, denn die Assistentur, die Friedrich mir versprochen hatte, war erst beantragt, und es vergingen zwei Jahre, bis ich sie antreten konnte. Ich mußte versuchen, auf andere Weise wenigstens etwas zum Unterhalt meiner inzwischen gegründeten Familie beizutragen. Irgendwie gelangte ich in Verbindung mit dem HolleVerlag in Darmstadt (später Baden-Baden). Dieser Verlag gab damals eine Reihe von schmucken Bändchen heraus, die alle den Titel Geisteswelt trugen. Ich ergatterte den Auftrag, eine Italienische Geisteswelt zusammenzustellen, für die Friedrich die Einleitung schrieb. Sie erschien 1954 und brachte mir tausend Mark ein, eine für damals stattliche Summe. Die meisten Geisteswelten aus Holies Verlag waren nach nationalen Gesichtspunkten angelegt. Es gab deutsche, englische, französische und spanische Geisteswelten, die leider alle schon vergeben waren. Ich machte dann einen Vorstoß in einer etwas anderen Richtung: eine Humanistische Geisteswelt wollte ich herausbringen — und der Verlag stimmte zu. 1956 erschien das Büchlein mit dem Untertitel Von Karl dem Großen bis Philip Sidney. Damit hatte ich, ohne es zu wissen, den Weg in die Komparatistik beschriften, zumindest insofern nationale Grenzen bei meinem Konzept keine Rolle spielten: Ob meine in der überwiegenden Mehrzahl lateinischschreibenden Autoren aus Frankreich, England, Italien oder Deutschland stammten, war gänzlich unwichtig. Nur Humanisten mußten sie sein, das heißt Autoren, die für das Studium der Antike eintraten. In dem Buch kommen der Reihe nach zu Wort: Karl der Große (mit einem Sendschreiben an Abt Baugulf, das ich Mignes Patrologia latina entnommen hatte), dann Alcuin, Walahfrid Strabo, Einhart, Lupus von Ferneres, Gerbert von Aurillac (alias Papst Silvester II.), Abälard, Johannes von Salisbury, Peter von Blois, dann Cola di Rienzo, Petrarca, Boccaccio, Coluccio Salutati, Leonardo Bruni, Poggio Bracciolini, Leon Battista Alberti, Cristoforo Landino, Polizian, Machiavelli, schließlich Erasmus, Vives, Melanchthon, Montaigne — und Sir Philip Sidney (mit seiner Defense of Poetry). Eine — wie ich immer noch finde — nützliche Bibliographie beschließt den Band, der ohne viel jugendliche Kühnheit nicht

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zustandegekommen wäre (um von der Notwendigkeit des Geldverdienens nicht weiter zu reden). Ein Jahr nach der Humanistischen Geisteswelt erschien dann bei Niemeyer in Tübingen ein Bändchen der „Sammlung romanischer Übungstexte", das den Titel trug Humanistische Prosatexte aus Mittelalter und Renaissance und in dem ein gut Teil der lateinischen Originale wiedergegeben ist, die ich für meine vorhergehende Anthologie übersetzt hatte. Keine meiner späteren Publikationen ist so vieler gelehrter Rezensionen gewürdigt worden, einige davon rügen zu Recht die vielen Schreibfehler, die wohl hauptsächlich auf meine schlecht-leserliche Handschrift zurückzuführen sind (denn damals gab es noch keine Kopiermaschinen). Ob die Sammlung lateinischer Texte, wie es gedacht war, wohl je einem Seminar zugrundegelegt worden ist? Ich zweifle sehr daran. — Kein Zweifel aber besteht für mich daran, daß ich bei meinen Streifzügen durchs Gebiet des europäischen Humanismus viel gelernt habe. Wenn es ausreichen sollte, Literatur-, Geistes- oder Bildungsgeschichte so zu betreiben, wie ich es hier betrieb, um Komparatist zu sein, so bin ich es seitdem. Die Basis meiner Komparatistik ist jedenfalls der europäische Humanismus, verstanden als das immer wieder andersartige, tausendfach neu verlebendigte Verhältnis der Neueren zu den Alten — die AntikeRezeption also. Gepriesen sei die ,Tante', die mich, par contre-coup, dazu zwang, das Latein, das ich von ihr nicht gelernt hatte, nachzuholen! Wenn es eine Frage gibt, die sich bei der Beschäftigung mit dem Humanismus als zentral herausstellte, so war es die nach dem Verhältnis von Originalität und Nachahmung. Daß wir die beiden Begriffe in einem Gegensatz zueinander sehen, muß mit dem Kult des Original-Genies zu tun haben, den die Romantik aufgebracht hat. Vielleicht liegt es auch an einer Veranlagung, die ich wahrscheinlich habe, daß ich diesen Gegensatz nicht als solchen empfinde: Ich mache zu gern etwas nach, Leute, Sprache, Dialekte — und empfinde das nicht als unoriginell. Jedenfalls hat es mich eigentlich nie verwundert, daß auf der Basis der humanistischen Imitatio originale Werke entstehen konnten. (Mein erster Zeitschriftenaufsatz, der der Geschichte des Bienengleichnisses galt, kreist bereits um dieses Thema. Die Pointe dabei war die Frage nach der sich wandelnden Relation von Imitatio-Theorie zu Imitatio-Praxis, die mir für das unterschiedliche Verhältnis von Mittelalter und Renaissance zur Antike bezeichnend zu sein schien: hier, bei Dante, eine schüchterne Theorie und eine geniale Praxis, dort, bei Petrarca und seinen Jüngern, eine ungleich kühnere Theorie und, innerhalb der lateinischen Dichtung, doch eine weit weniger originelle Praxis!) Ging es schon in der Humanistischen Geisteswelt und der sich daran anschließenden Auswahl lateinischer Texte aus Mittelalter und Renaissance im wesentlichen um das, was man mit einem inzwischen überstrapazierten Wort Rezeption nennt, so war mir das anno sechsundfünfzig noch nicht klar. In meiner Habilitationsschrift gebrauche ich dann das Wort bereits im Titel: Tacitus in der Romania. Studien zur literarischen Rezeption des Tacitus in Italien und Frankreich (Tübingen 1960). Der Prozeß der Aneignung, der Einverleibung eines antiken Autors steht da nun im Mittelpunkt, insofern ist es wohl wirklich ein komparatistisches Werk. Daß es sich auf Italien und Frank-

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reidi beschränkt und nicht nur Deutschland oder England, sondern auch Spanien weitgehend außer acht läßt, liegt nur an der Begrenztheit der Kräfte des Verfassers. Ein Rezensent schrieb zu Recht, man könne die romanistische Limitierung von der Sache her eigentlich nicht vertreten. (Immerhin habe ich in einem Ableger der Tacitus-Arbeit, der der Bedeutungsgeschichte des Wortes Aphorismus galt, die spanische Tacitus-Rezeption einbezogen.) Tacitus — das war nun etwas anderes, als „die Kritik an der modernen Technik"! Um die Arbeit überhaupt machen zu können, mußte ich mich von der Lateinphobie, die mir die ,Tante' eingeflößt hatte, nicht nur ganz und gar entfernen, sondern es wagen, mich auf einen der schwerigsten Autoren der lateinischen Literatur einzulassen. Freilich habe ich dabei Übersetzungen immer gern mit benutzt, vor allem die französischen der Bude-Ausgabe. Hier nun wurde mir erst recht bewußt, welche Probleme das Übersetzen stellt und wie hilfreich Übersetzungen sind, nicht nur zum primären Textverständnis, sondern auch als Mittel, durch den Vergleich die künstlerische Qualität des Originals besser zu erfassen. Ein weiterer Ableger der Tacitus-Arbeit, das französische Aufsätzchen über Diderot, D'Alembert und Rousseau als Tacitus-Übersetzer (erschienen 1958) belegt den neuen Interessenschwerpunkt. Seitdem habe ich wohl kein Thema so oft wieder aufgegriffen wie das der Übersetzung, wobei mich vorzugsweise der Vergleich verschiedener Übersetzungen des gleichen Textes interessiert, sei es, daß diese Übersetzungen sich durch ihre Zielsetzungen unterscheiden, sei es, daß sie, bedingt durch historische Unterschiede, verschieden ausgefallen sind. Natürlich habe ich als junger Assistent spitze Ohren gemacht, als Horst Rüdiger — wann war das wohl? — nach Freiburg kam, um dort einen Vortrag übers Übersetzen zu halten. Das war Wasser auf meine Mühle. Im übrigen war der Griff zu Tacitus, ohne daß ich das wußte, so etwas wie ein Akt der Wahlverwandtschaft gewesen, zumindest im allgemeineren Sinne eines verwandten historischen Zeitempfindens. Eine Art Skepsis oder auch ein Pessimismus, der einen jedes zustandegebrachte Werk als ein Wunder (und jeden fröhlich verlebten Tag als ein Geschenk) ansehen ließ, war mir, wie vielen meiner dem Krieg entronnenen Generationsgenossen, gleichsam selbstverständlich zu eigen. Ich habe diesem skeptischen Empfinden im Schlußsatz meiner Arbeit einen Ausdruck gegeben, der bekenntnishaft klingt und den ich hier (wo es sich doch um .Konfessionen' handelt) aus diesem Grunde anführen möchte. Er lautet: „Tacitus' hoffnungslosen Pessimismus, seine trotzdem tapfere Haltung, seine Resignation ohne Glauben, seine Erkenntnis des Unheils, seinen Verzicht auf die Stütze philosophischen Systemdenkens im Ertragen und die Größe seiner Leistung im Bannen der Übel dieser Welt durch die Kunst verstehen und würdigen wir heute wohl besser als unsere Väter gestern." So war damals meine — und nicht nur meine — Stimmung. Es bedarf keiner langen Worte, um zu erklären, inwiefern den Angehörigen dieser Generation der — auf „philosophisches Systemdenken gestützte" — Optimismus der nächstjüngeren Generation, der sich alsbald breitmachen sollte, im Grunde völlig unverständlich war und die neuerliche Skepsis, die sich wieder eine Generation später, das heißt heute, breitmacht, uns als durchaus normal erscheint. Daß man mit Aporien leben muß, die kein Systemdenken aus der

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Welt schaffen kann, war mir seit langem klar geworden. Vielleicht hätte es einer ,Tante' im Philosophie-Unterricht bedurft (aber das gab es nicht), um mich eines anderen zu belehren. So habe ich nur mein Lateindefizit einigermaßen ausgleichen können, ein mögliches Defizit in Philosophie nicht. Aber vielleicht ist auch hier wieder eine Veranlagung im Spiel, denn die Kunst geht mir nun einmal über alles Philosophieren. Für das Wort „Bannen", das ich im Schlußsatz meiner Arbeit gebrauche — und das möglicherweise etwas zu viel Anspielungscharakter trägt, um verständlich zu sein —, verwendet Marcel Proust den Begriff „Exorzismus". Er tut das zwar in einem engeren, spezielleren Sinne, wenn er meint, das „Pastichieren" von Kunstwerken, also deren karikierende Nachbildung, habe eine befreiende Wirkung, wie ein Exorzismus sie haben könne. Und doch geht es um ein verwandtes Phänomen. Ich meinte, man könne von einem Autor (wie Tacitus) nicht erwarten, daß er die Übel aus der Welt schaffe; sie verlören aber etwas von ihrer Bedrohlichkeit, wenn sie im Kunstwerk, in das der Künstler sie gebannt hat, wiedererschienen. Jeder, der das beseligende Gefühl kennt, das einen etwa beim Hören Mozartscher Musik ergreift — obwohl nichts von den Übeln dieser Welt durch sie geringer wird —, weiß, was gemeint ist. Proust ging mit seinen Überlegungen in eine etwas andere Richtung: Ihm ging es (bekanntlich) um das Zurückfinden-zu-sich-Selbst nach einem überwältigenden Kunsterlebnis. Dafür empfiehlt er die Exorzismuswirkung der Parodie. Ich erinnere daran, weil dies nun das zweite Leitthema meiner Arbeit geworden ist, neben und nach dem Thema Übersetzung. Ich denke, als eine literarische Rezeptionsform gehört es erst recht in das Gebiet der Komparatistik. Die Rolle, die die Parodie als ein Mittel literarischer Evolution spielen kann (und in der Geschichte immer wieder gespielt hat), wurde mir bewußt, als ich aus einer Vorlesung ein Buch über die ältere Geschichte des französischen Romans (Von Rabelais bis Voltaire, 1970) machte. Wer Romangeschichte sagt, sagt Geschichte des Realismus — oder „Vorgeschichte des Realismus", und damit ist zugleich gesagt, daß hier nun, mehr als weiland Hugo Friedrich, Erich Auerbach für mich ausschlaggebend wurde. Ich versuche immer noch, auf seinen Spuren weiterzuwandeln. Daß man das nur komparatistisch tun kann, ist so selbstverständlich, daß es keiner weiteren Begründung bedarf. Ich finde eigentlich überhaupt, daß die Komparatistik, wenn es um Literaturwissenschaft geht, das Normale, das Selbstverständliche ist: Erklären, warum sie es nicht sind, müßten die anderen, die Nicht-Komparatisten. Wie nun soll man aber einem danken dafür, daß er das Selbstverständliche (das nur bisher noch nicht selbstverständlich war) getan und auch in Deutschland der Komparatistik zu ihrem Recht verhelfen hat? Vermutlich wird, was ich da Horst Rüdiger zum Geburtstag geschrieben habe, hauptsächlich Kopfschütteln hervorrufen — Kopfschütteln und ein wenig Schmunzeln vielleicht. Möge das letztere anhalten und allemal Grund genug dafür sein, daß es anhält!

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Soweit mein Beitrag für den Sammelband, den Erwin Koppen und Rüdiger von Tiedemann dankenswerterweise herauszugeben und über den bewährten Verlag de Gruyter dem Gründer und Altpräsidenten der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft auszuhändigen übernommen haben. Ich lese noch einmal durch, was ich geschrieben habe, und werde mir dabei bewußt, daß ich mit der Formel, die Komparatistik sei eigentlich das Selbstverständliche, doch wohl der Tatsache nicht gebührend Rechnung getragen habe, daß es eine Gesellschaft gibt, die diese und keine andere Wissenschaft zu pflegen und zu fördern hat — und daß im September 1981 ausgerechnet mich die Ehre traf, ihren Vorsitz zu übernehmen. Wie es dazu kam, gehört nicht mehr zum Thema dieses Sammelbandes, in dem man sagen sollte, „wie und warum eigentlich" man Komparatist geworden sei. Über das w i e habe ich berichtet. Das w a r u m hängt damit zusammen. Nämlich weil mir durch die romanistische Lehre, wie Hugo Friedrich sie betrieb, rechtzeitig genug deutlich wurde, was Ernst Robert Curtius „das Axiom von Saintsbury" nannte: „Ancient without Modern is a stumbling-block, Modern without Ancient is foolishness utter and irremediable". Ich habe mich aber dann doch insofern von Friedrich fortbewegt, als ich das XVIII. Jahrhundert zu meinem Lieblingsstudiengebiet auserkor (nur das XVII. — und das XVI. machen ihm manchmal Konkurrenz!). Wie seine etwas älteren Generationsgenossen, die großen Romanisten Voßler, Spitzer, Curtius und Auerbach, mied Friedrich das XVIII. Jahrhundert: Ein Laclos-Aufsatz, ein VoltaireEssay, das ist alles, was es dazu vom reifen Friedrich gibt (ich sehe von seiner Dissertation über Abb£ Prevost in Deutschland ab). Zumal immer alles, was mein ehemaliger Lehrer von sich gab, schlechterdings perfekt, daher unübertrefflich und nicht einmal ergänzungsbedürftig war (so jedenfalls schien es mir), lag nichts näher, als sich einem Gebiet zuzuwenden, auf das er sich kaum je begeben hatte. So wurde ich ,Dix-huitiemist'. Und damit nun erst recht Komparatist. Denn mit der Einbeziehung der Antike und Italiens war ich ja, nach dem damaligen Selbstverständnis dieser Disziplin, immer noch Romanist geblieben. Indem ich nun England hinzuzog, wie es sich von der Sache versteht, war ich nicht mehr ,nur Romanist'. Hier war nun doch die Grenze der Wissenschaft überschritten, in der ich herangewachsen war. Habe ich eingangs von Kriegsgefangenschaft gesprochen, so wäre dem hinzuzufügen, daß diese mich nach England verschlug. Ich wollte natürlich freikommen — und kam auch frei dadurch, daß ich die Sprache des Landes vor Ort immerhin weitgehend erlernte, daß man mich als Dolmetscher gebrauchen konnte und als solchen der britischen Militärregierung in einem norddeutschen Städtchen — es war Oldenburg — unterstellte. Das war noch vor meinem Studienbeginn. Es hatte mit der englischen Literatur nichts zu tun, legte es aber dann nahe, sich in sie einzulesen, als es ans Studieren ging. Daß ich kein Anglist geworden bin, lag wohl wirklich daran, daß sich hier kein akademischer Lehrer fand, der Friedrich das Wasser hätte reichen können. Aber meine Liebe zum Angelsächsischen habe ich mir bewahrt und noch heute lese ich (darf man es sagen?) Dickens lieber als Balzac. Vor allem aber bin ich dem Pragmatismus der Engländer (der im XVIII. Jahrhundert nach Frankreich einströmt) dankbar dafür, daß ich keine 9 arcadia Sonderheft

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allzu großen Gewissenbisse empfinden muß, wenn ich von systematischer Philosophie wenig oder nichts verstehe und einen Horror vor der Theorie um der Theorie willen habe. Der neuerliche Ansatz, in dem ich mich etwas deutlicher zur Komparatistik bekennen wollte, hat, wie ich sehe, nicht viel mehr gebracht, als das zuvor Gesagte. Ich glaube, ich muß das bedauern und den Versuch beenden, in der Richtung weiter voranzukommen. In der Praxis der Vergleichenden Literaturwissenschaft fühle ich mich wohl und Zuhause: Ihre Theorie ist bei anderen besser aufgehoben.

RÜDIGER VON TIEDEMANN Man muß gestehen, auch die achtere Kritik, wie nützlich und nothwendig sie seyn möge, gehört, für sich betrachtet, keineswegs unter die ergötzlichsten Dinge auf dieser Erde [...] August Wilhelm Schlegel: Etwas über William Shakespeare bey Gelegenheit Wilhelm Meisters (1796).

Wie und warum ich Komparatist geworden bin? Darüber habe ich bisher, das sei zugegeben, nicht sonderlich angestrengt, nicht sonderlich oft und schon gar nicht mit sonderlichem Erfolg nachgedacht. (Vermutlich hängt das eine mit dem ändern zusammen.) Und warum auch hätte ich über eine Frage nachdenken sollen, die in dieser ein wenig katechetisch-problematisierenden Form sich mir kaum je gestellt hat? Nichts, keine politische, fachliche oder persönliche Situation hat mich bislang veranlaßt, meinen Beruf in irgendeiner Form öffentlich zu verantworten oder ihn zum Gegenstand bekenntnishafter Erörterungen zu machen. Mit Blick auf die Geschichte des Jahrhunderts halte ich das, ohne zu zögern, für ein großes Glück. Doch soll das natürlich nicht gegen die Frage sprechen ... Auf der Suche nach einer Antwort will mir beharrlich ein Spätnachmittag vor gut zehn Jahren einfallen; da wurde sie, in unwesentlich anderer Form, schon einmal gestellt, mit dem Unterschied allerdings, daß sie sich nicht an mich richtete, sondern an keinen anderen und Geringeren als den Adressaten dieser Zeilen, und daß ich es war, der sie stellte, Student damals noch und Teilnehmer an einem seiner Seminare. Wie es dazu kam, habe ich vergessen, nicht jedoch die Antwort. Sie lautete prompt und verblüffend einfach — so einfach, daß ich es kaum glauben mochte: „Weil es mir Spaß macht!" Ich habe das bis heute im Ohr. Wie, mehr sollte nicht daran sein an einer Entscheidung für die Literaturwissenschaft und für die Literatur, die immerhin eine lebenslange geworden war und eine ertragreiche obendrein? Ich hatte eine umständliche Begründung erwartet (und provozieren wollen), etwas über Sinn und Ziel der Literaturwissenschaft, ein Bekenntnis womöglich von jemandem, der doch etwas dazu zu sagen haben mußte — und wurde statt dessen so lakonisch-unverbindlich beschieden! Nichts gegen den Spaß, aber als Argument schien er mir hier denn doch unbefriedigend. Und übrigens: Worin bestand er eigentlich? Nein, die Antwort, so fand ich damals (und finde es aus anderem Blickwinkel heute noch) verdeckte etwas, verschwieg mehr, als sie sagte. Mit diesen Einwänden hielt ich nicht zurück. Hätte ich es gelassen! Denn nun wurde ich von dem zuvor Befragten aufgefordert, meinerseits eine raison d'etre literarischer Studien zu liefern — bis zur nächsten Sitzung.. . Am Anfang war ich unverzagt. Mir schwebte nicht weniger als eine grundsätzliche Apologie vor, welche die Literaturwissenschaft als Bestandteil

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einer umfassenden Sozialwissenschaft erweisen und ihre aufklärerisch-gesellschaftskritische Rolle belegen würde. Das Schiffchen meiner Gedanken segelte munter im Wind, der vom Ende der sechziger Jahre her blies. Indessen nahm mein Elan ab, je länger ich nachdachte, und es stellten sich immer mehr Zweifel ein, so daß ich so gut wie nichts vorweisen konnte, als die Sache eine Woche darauf neuerlich diskutiert werden sollte. Jedenfalls war der Mantel gesellschaftlicher Legitimation und Würde, den ich der Disziplin (nicht zuletzt zu eigener Genugtuung) etwas pathetisch umlegen wollte, nicht fertig geworden. Er ist es auch seither nicht. Im Gegenteil, mein Interesse daran hat mit den Jahren abgenommen. Heute mißtraue ich derartigen Unternehmungen und neige dazu, in ihnen Symptome einer vornehmlich in den Geisteswissenschaften verbreiteten Rechtfertigungssucht zu sehen. Gleichwohl habe ich die Frage selbst seit jenem Tag nie ganz vergessen, und daß sie nun abermals eine Antwort haben möchte, berührt mich seltsam. Mittlerweile will es mir manchmal scheinen, als sei sie an sich bereits, noch vor jeder möglichen Antwort, problematisch. Würde man von Vertretern anderer Berufe, beispielsweise von einem Bauern, einem Ingenieur, einem Prokuristen, einem Schreiner wissen wollen, wie und warum sie wurden, was sie sind, und ihre Antworten gar noch veröffentlichen? Wohl kaum. Was also macht, um alles in der Welt, einen Komparatisten derart fragwürdig? Sicherlich nicht die Fremdartigkeit des Begriffs, der selbst unter gebildeten Zeitgenossen gelegentlich zu Mißverständnissen Anlaß gibt (nein, nur ganz am Rande, als im weitesten Sinne eben auch artistische Disziplin, hat die Komparatistik etwas mit der Äquilibristik oder der Ventriloquistik zu tun); sicherlich ist es ebensowenig die Rarität eines Berufs, der zumindest hierzulande selten genug sein dürfte, um in Robert Lembkes notorischer Schau vorgeführt zu werden. Eher ist es denn doch wohl die unleugbare Affinität dessen, was im Deutschen unter dem etwas einschüchternden Begriff Literaturwissenschaft' läuft, zu dem, was gemeinhin als .Literatur' bezeichnet wird. Mit dieser teilt jene, ob sie will oder nicht, und ich behaupte, nicht im schlechtesten Fall, den Geruch des Überflüssigen, Luxuriösen, des Unsoliden, Verdächtigen in einer Gesellschaft, die in Kategorien zweckorientierter ökonomischer und technischer Rationalität und Effektivität zu denken gewohnt und deren Wissenschaftsbegriff (möglicherweise veralteten) naturwissenschaftlichen Modellen verpflichtet ist. Ähnlich wie diese steht jene der Frage nach ihrem gesellschaftlichen Nutzen zuweilen unbeholfen, verwirrt und unsicher gegenüber. Wie sollte sie anders? Es bedeutete die Quadratur des Zirkels, wenn die Analyse und Interpretation von Werken, die sich ihrem Begriff nach problematisch zur Wirklichkeit verhalten und aus der Spannung zu ihr leben, bruchlos sich in ebendiese einzufügen vermöchten. Machen wir uns nichts vor, die literarischen Fächer spielten eine Exotenrolle an unseren Universitäten, die zunehmend als höhere Berufsschulen mißverstanden und umfunktioniert werden, wenn sie nicht (auf zuweilen dubiose Weise) zur Ausbildung von Deutsch- und Fremdsprachenlehrern beitrügen. So scheint mir die eingangs gestellte Frage denn auch auf eine radikale Verunsicherung in der Sache hinzudeuten, die sich wohl durch keine Antwort vollständig aus der Welt schaffen läßt. Freilich hat diese Verunsicherung (soll

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man sagen zum Glück?) ihr ausgleichendes Komplement. Denn offenbar fällt nicht nur vom Unbehagen an der Literatur, sondern auch von ihrem Glanz (und sei es Talmi) ein wenig selbst noch auf ihre bürgerlich-beamteten Interpreten. Etwas anderes kommt hinzu. Bekantlich sind Literaturwissenschaftler nicht nur Leser, sondern sie schreiben auch. Manche gehen diesem Geschäft mit einer erstaunlichen, geradezu lustvollen Bereitschaft nach und mit einer solchen Produktivität, daß man sich fragen könnte, wann und wie sie denn alles das, worüber sie schreiben, gelesen haben. Andere geben der Forderung des Produzierens mehr notgedrungen und mit vielen Skrupeln nach. Und einige legen dabei sogar literarisches Talent an den Tag. Alle aber neigen dazu, ihre Tätigkeit allein aufgrund der Tatsache, daß sie zur großen Zunft der Scribenten gehören, für besonders wichtig zu halten. Vor dieser latenten Selbstüberschätzung, ja Eitelkeit, ist schwerlich jemand völlig gefeit, dem das eigene Wort in gedruckter Form entgegentritt. Auch das steckt in unserer Frage. Man sollte ihr das nachsehen. Dennoch rät einiges zur Bescheidenheit. Man muß gar kein Anhänger des modischen Effektivitätsdenkens sein, um angesichts der von Jahr zu Jahr anwachsenden Flut fachlicher Veröffentlichungen Zweifel zu hegen. Zu wessen Nutz und Frommen das alles in die Welt gesetzt wird, außer zur Selbstbestätigung innerhalb des Wissenschaftsbetriebs, ist nicht ganz klar. Nur das allerwenigste findet eine größere Leserschaft; das allermeiste wandert unbeachtet in den Orkus der Seminar- und Universitätsbibliotheken, gelegentlichen Fleddereien ausgeliefert; ein Erfolg schon, wenn eine Publikation die Aufmerksamkeit einer respektvoll interessierten Fachwelt erregt. Eine ungeheure wissenschaftliche Betriebsamkeit, die sich in Kongressen und Symposien, Zeitschriften und Buchreihen manifestiert, eine Publikationswut, die kein an noch so entlegener Stelle vorgetragenes Wort ungedruckt läßt, können über den Mangel an öffentlicher Resonanz nicht hinwegtäuschen. Sie machen, von Ausnahmen abgesehen, die Literatur, um die es ihnen geht, weder leichter lesbar, noch verhelfen sie ihr zu mehr Lesern. Hier ist nicht der Ort, den vielfältigen Ursachen nachzugehen. Lassen wir es damit bewenden, nüchtern festzustellen, daß wir es bei jener professionellen Beschäftigung mit Literatur, die sich deren Wissenschaft nennt, in mehr als einer Hinsicht mit etwas Marginalem zu tun haben. Wie bin ich zu dieser Marginalie gekommen? Durchaus nicht so wohlüberlegt und planvoll, wie die Frage nach dem Warum nahelegt. Je länger ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir, daß am Anfang keineswegs nennenswerte Entscheidungen und Absichten standen. Weder hatte ich ein bestimmtes Berufsziel, noch machte ich mir Gedanken über die Zukunft; es lag mir fern, .etwas zu werden', und die berühmte Frage nach den Brötchen, die es irgendwann und irgendwie zu verdienen galt, berührte mich ebenfalls nicht. Zu solcher Sorglosigkeit gehörte kein Mut. Ich verdanke sie einem Elternhaus, das mich lange und auf bewunderswerte Weise mit dem angenehmen und beruhigenden Anschein der Wohlhabenheit zu täuschen verstand. Außerdem ließ man mir völlige Freiheit bei der Wahl eines Studiums oder Berufs (vielleicht nicht ohne heimliche Unruhe!). Immerhin, sie hätte aus der Sicht einer Familie, die väterlicherseits vorzugsweise cholerische Reserveoffiziere hervorgebracht hatte,

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schlimmer ausfallen können: Mit der Psychoanalyse liebäugelte ich und mit der Malerei. Ich ließ das eine (glücklicherweise), weil ich vor einem vorgeschalteten Medizinstudium zurückschreckte, und das andere, weil mir der Mut fehlte, und studierte, einer Neigung zur Literatur folgend, die sich während der letzten Schuljahre entwickelt hatte und durch einen außergewöhnlich verständnisvollen, mitreißenden Deutschlehrer gefördert wurde, Literaturwissenschaft — ohne lange nachzudenken, worauf ich mich einließ. Eigentlich war es ein Akt der Unentschlossenheit — und ein Mißverständnis. Gut möglich, daß ich bei weniger Ahnungslosigkeit mich anders entschieden hätte. Ich kam (das ist wohl nichts ungewöhnliches) mit einer kleinen Zahl großer, fanatischer Lektüreerlebnisse im Gepäck (neben Kafka und Valery waren dort vor allem Autoren der ,klassischen' anglo-amerikanisdien Avantgarde verstaut, Eliot, Pound, Joyce, Gertrude Stein, auch Thomas Wolfe und Faulkner). Vieles davon hatte ich nur angelesen, manches nicht verstanden, noch mehr falsch verstanden, allem aber einen geradezu verschwörerischen Glauben entgegengebracht. Woran glaubte ich? Ganz einfach an die Wichtigkeit der Kunst. Da es mir an anderen Erfahrungen mangelte, war ich versucht, die Welt durch ihr Glas zu sehen. Sie wurde ein Fenster zur Wirklichkeit. Unbekümmert hing ich ästhetischem Rigorismus und Radikalismus an. Die Kunst durch das Glas der Welt zu betrachten und sie als einen winzigen Teil der Wirklichkeit zu begreifen, lernte ich erst langsam. Heute scheint mir, ich bin ein ästhetischer Snob gewesen. Die Literaturwissenschaft interessierte mich, weil ich sie für einen Teil der Literatur hielt, an die ich glaubte. Mag sein, daß ihr das in seltenen Fällen gelingt und sie sich ihrem Gegenstand derart anzunähern vermag, daß sie ihm angehört, ohne mit ihm identisch zu werden. Doch ist das — der alte Traum der Romantiker — die Ausnahme. Daß ich darin die Regel sehen wollte und von der Literaturwissenschaft einen unmittelbaren Zugang zur Literatur erwartete, mußte zu Enttäuschungen führen. Denn was mich erwartete, war ganz anderes, keine literarische Provinz, in der alle Wege ins Zentrum wiesen, sondern eine akademische Disziplin, deren Pfade höchst verschlungen waren. Die Professoren redeten nicht wie Paul Valery oder Ezra Pound, sondern eben wie Professoren, und fühlten sich offenbar gar nicht so sehr zuständig für die Dinge, an denen mein Herz hing: Ich wollte literarische Qualität erkennen und bewerten lernen; mein Sinn stand nach dem, was man im Englischen .criticism' und ,evaluation' nennt. Statt dessen wurde ich mit philologischer Archäologie bekannt gemacht, mit Althochdeutsch, Altkirchenslawisch, Altenglisch, mit literarischen Werken, denen ich zum Teil nichts abzugewinnen wußte und die mir durch die Art ihrer Behandlung nicht näherkamen. Im Gegenteil, ich hatte zuweilen den Eindruck, als führte mich die historische Perspektive, in die ich die Literatur gerückt sah, von ihr weiter weg. Hinzu gesellten sich die üblichen akademischen Dressurakte, die Einführungen' in die Verfahrensweisen, Sprachregelungen, Denkweisen einer .wissenschaftlichen' Disziplin, von der Bibliographie bis zur Methodologie. Das alles war mir, dem fröhlichen Dilettanten, fremd. Mein erstes, erwartungsvoll abgeliefertes Referat wurde

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— wen wird es überraschen? — ein Fiasko; das hatte durchaus sein Gutes: Seither weiß ich, was das ist, ein .Referat'. Nein, ich war nicht begeistert. Ich habe mich gewöhnen müssen. Ein bißchen Phlegma half mir dabei. Zwischen der Literatur, die mich faszinierte, und der Literaturwissenschaft, die ich studierte, gab es offensichtlich gravierende Differenzen — die mich bedrückten, weil ich sie nicht verstand. (Symptomatisch und bemerkenswert ist der Sprachgebrauch im Deutschen: Man studiert Literaturw i s s e n s c h a f t , nicht Literatur.) Ich habe lange Zeit gebraucht, um mir über die Gründe klarzuwerden. Heute weiß ich, daß diese Differenzen zum Teil notwendig und fruchtbar sind. Ich sprach von der wünschenswerten und seltenen Nähe zwischen beiden. Müssen das Erkennen und Verstehen nicht vielleicht eine exzentrische Bahn nehmen, die sich vom Mittelpunkt, dem Text, entfernt, um zu ihm zurückkehren zu können? Vieles von dem, was mich zu Beginn störte und befremdete (z. B. ein gewisser Grad von persönlicher Distanz und von rein historischem Interesse) ist dieser Bahn zuzurechnen. Nach wie vor jedoch halte ich eine Literaturwissenschaft für verfehlt, deren Geist und Sprache vor lauter angeblicher Wissenschaftlichkeit vergessen lassen, daß ihr Gegenstand in sinnliche Rede geformte menschliche Phantasie und Erfahrung ist. Das alles erklärt freilich nicht, wie ich ausgerechnet auf die Komparatistik kam. Sie war Mitte der sechziger Jahre, als ich zu studieren begann, in Deutschland nahezu unbekannt und mit eigenen Lehrstühlen nur an einer Handvoll von Universitäten vertreten. Deshalb mag es großsprecherisch klingen, wenn ich um der Wahrheit willen sage, daß ich von Anfang an just dieses Fach im Auge hatte. Das lag nicht etwa an einem Hang zum Ausgefallenen, sondern wiederum an meiner Lektüre. Zu den ersten ernstzunehmenden Büchern über Literatur, die ich noch während der Schulzeit las, gehörten die literarischen Essays Pounds, sein ABC of Reading und Motz el son. Ich las sie voller Begeisterung. Was imponierte mir an ihnen so? Es waren wohl die Leidenschaft, die Subjektivität, die Respektlosigkeit, mit denen hier eine auf eigenen Entdeckungsfahrten basierende Weltkarte großer Dichtung entworfen wurde. Auf ihr existierten die geschichtlichen und sprachlichen Entfernungen nicht, galten allein die Abstände der Qualität, war es ein Sprung nur vom japanischen No zu den eigenen Cantos, von der Odyssee zum Seafarer, von Catull zu Cavalcanti, von Flaubert zu Joyce. Alles gehörte ein und derselben Welt an, in die das Abenteuer des Lesens führte. Als ich dann im Rundfunk den Vortrag einer New Yorker Komparatistin (deren Namen ich leider vergessen habe) hörte, die ihr Fach vorstellte und auf den akademischen Begriff brachte, was mir in noch unklaren Umrissen vorschwebte, bedurfte es keiner großen Entscheidung mehr; ich wollte jene Literaturwissenschaft studiern, die solche Abenteuer sich ins Programm geschrieben hatte. Doch das war nichts ganz ohne Hindernisse. Wohin sollte ich gehen? Tübingen erschien mir zu romanistisch, Saarbrücken angesichts meines holprigen Französisch zu frankophon; blieb Mainz. Dort, so hatte ich gehört, hätte ein gewisser Horst Rüdiger den Lehrstuhl für Vergleichende Literaturwissenschaft. Daß das Vorlesungsverzeichnis die im Fach angebotenen Veranstaltungen allesamt mit einem seltsamen „N. N." versah, beunruhigte mich nicht weiter —

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und als mir dessen Bedeutung aufging, war es zu spät: Ich war eingeschrieben, der Lehrstuhl leer, Vertretung nicht in Sicht und sein einstiger Inhaber seit geraumer Zeit schon in Bonn — wohin ich mich nach einem ersten, mit Germanistik und Slavistik verbrachten Semester schleunigst ebenfalls verabschiedete. Dort lagen die Dinge nun gerade umgekehrt: Es gab zwar Horst Rüdiger, aber keine Komparatistik. Doch das war zu verschmerzen, denn sehr bald bemerkte ich, daß bei ihm das germanistische Etikett wenig besagte. Ob unter seiner Ägide nun Heine oder der alte Goethe, das literarische Tagebuch oder metrische Probleme verhandelt wurden — stets geschah es mit Blick über den deutschen Kirchturm hinaus auf den weltliterarischen Horizont. Daher kam es mir bloß wie ein Wechsel der Etiketten vor, als nach Jahren das, was immer schon betrieben worden war, nun auch bürokratisch sanktioniert sowie akademisch institutionalisiert wurde und sich hinfort offiziell Vergleichende Literaturwissenschaft nennen durfte. Wenngleich sich dadurch nichts Grundlegendes änderte, ermöglichte mir diese Entwicklung doch immerhin, das gewünschte Fach endlich zünftig zu studieren und in ihm — wenn ich nicht irre, als erster in Bonn — zu promovieren. So gesehen, wurde ich mittels eines Verwaltungsakts Komparatist. Vielleicht liegt es an alledem, daß ich gewissen Diskussionen über die Komparatistik nur geringes Interesse entgegenzubringen vermag. Sie erschien und erscheint mir ihrer Idee nach derart selbstverständlich, daß ich mich schwer tue, über sie als Fach zu streiten. In den Vorlesungen und Seminaren Horst Rüdigers habe ich anschaulich und eindrucksvoll gelernt, daß Literatur bei allen Verschiedenheiten der Epoche und der Zunge eins und unteilbar ist und daß ihre nationalen Departements ein und derselben Republik angehören. Eine Lehre, die sich mir um so tiefer eingeprägt hat, als sie nicht mit großer Geste beschworen, sondern stillschweigend vorausgesetzt und am einzelnen Beispiel immer wieder neu bewiesen wurde. Hatte mir ähnliches nicht schon gedämmert, als ich Pound las? Hatte mich das Abenteuer des Lesens (und wer käme anders denn als Leser zur Literaturwissenschaft?) nicht von Beginn an auf diese Lehre vorbereitet? Man mag die Republik notgedrungen — zu Verwaltungszwecken! — in Provinzen teilen, wobei dahingestellt sei, ob die Grenzen immer nach Sprachen und nicht ebensogut oder besser nach anderen Gesichtspunkten (Gattungen, Epochen beispielsweise) gezogen werden sollten: Kein Leser wird sich auf seinen Reisen von ihnen beeindrucken lassen; oft wird er sie gar nicht wahrnehmen. Warum sollte der Literaturwissenschaftler vor ihnen zurückschrecken? Mir jedenfals ist das nie in den Sinn gekommen. Dazu bedurfte es keiner komplizierten theoretischen Erwägungen. An dieser — meinetwegen naiv zu nennenden — Einstellung haben auch zählebige Vorbehalte, philologische Skrupel oder Angst vor dem Dilettantismus, nichts geändert. Wer sich in den zahlreichen Einführungen und in den noch viel zahlreicheren Aufsätzen zur Begriffsbestimmung der Komparatistik umschaut, wird sich allerdings des Eindrucks kaum erwehren können, daß es mit dem Selbstbewußtsein des Fachs nicht zum besten steht. Apologetische Töne herrschen vor. Wer über die Komparatistik schreibt, sieht sich, so scheint es, fast zwangsläufig bemüßigt, über ihre Existenzberechtigung nachzusinnen und diese mög-

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lidist detailliert zu beweisen. Dabei wird immer wieder die Frage gestellt, wo denn das Fach im Kreis der einzelnen Philologien zu plazieren und wie seine Stellung zu ihnen zu definieren sei. Die Antworten sind bekannt. Da die Komparatistik weder über eine eigene Theorie verfügt noch über einen Gegenstand, der ein grundsätzlich anderer wäre als der der übrigen literaturwissenschaftlichen Disziplinen, neigt sie dazu, ihre fachliche raison d'etre auf eine Reihe von Arbeitsgebieten zu gründen, für welche sie eine besondere Zuständigkeit reklamiert — von der Rezeptionsforschung über die Themengeschichte bis hin zu den Beziehungen der Literatur zu den anderen Künsten. Bei genauerem Hinsehen handelt es sich um Bereiche, die teils an der Peripherie der einzelnen Philologien liegen und von ihnen kaum oder gar nicht zur Kenntnis genommen werden (z. B. Übersetzungsprobleme), teils aus nationaler Perspektive nur unzulänglich zu erforschen sind (z. B. Gattungs- und Epochenprobleme), teils die Zusammenarbeit mit außerliterarischen Disziplinen, z. B. der Kunstgeschichte oder der Musikwissenschaft, erfordern. Wie anders ließe sich beim derzeitigen Stand der Dinge das Fach etablieren, könnte man einwenden. Dennoch werde ich die Vorstellung nicht los, daß sich die Komparatistik hierbei benimmt wie ein zu spät gekommener Gast, der die Tafel besetzt findet und nun angestrengt nach einem freien Plätzchen und einem noch nicht abgegessenen Teller sucht. Es ist, wohlverstanden, gut, daß sie als akademisches Fach existiert, und es wäre besser, wenn sie an viel mehr Universitäten heimisch würde. Aber ich glaube nicht, daß sie gut beraten ist, wenn sie sich insgeheim ängstlich an dem vermeintlich solideren Selbstverständnis der Einzel-Philologien orientiert, deren universitäre Institutionalisierung früher begann und die ideologisch sowie kulturpolitisch (von der einstigen, fragwürdigen Parallelisierung nationaler, sprachlicher und literarischer Geschichte bis zur heute noch üblichen Fächeraufteilung an den Schulen) ganz anders untermauert ist. Vielmehr dürften der geschichtliche Vorteil und die Chance der Komparatistik gerade in ihrer Freiheit von den universitären Traditionen und den akademischen Definitionen der herkömmlichen Philologien bestehen. Sie sollte diese Freiheit nicht unnötigerweise dadurch aufs Spiel setzen, daß sie Denkgewohnheiten übernimmt, die ihr im Grunde fremd sind. (Nirgendwo habe ich öfter von ,Nationalliteratur' reden hören als unter Komparatisten!) Nicht dadurch wird sie überzeugen, daß sie die Lücken und toten Winkel auszufüllen sucht, welche die anderen Fächer lassen. Das hieße endlich nur, deren Grenzziehungen zu respektieren. Ihr Ziel und ihre Legitimation kann nicht darin bestehen, fremde Defizite zu decken und sich solchermaßen als willkommene Ergänzung zu empfehlen. Geboten scheint mir hingegen eine Literaturwissenschaft, die durch ihre Praxis immer wieder aufs neue sinnfällig macht, daß die gewohnte, zuweilen für unabänderlich oder gar selbstverständlich gehaltene Arbeits- und Ressortteilung ihrem Gegenstand, der Literatur, innerlich unangemessen und ihm von außen organisatorisch auferlegt worden ist. Nenne sie sich dann, wie es ihr gefällt: Komparatistik, Vergleichende Literaturwissenschaft oder einfach Literaturwissenschaft. Wo diese Idee gilt und sich mit Kompetenz in der Sache verbindet, werden nicht nur manche Diskussionen über das Fach, seine Berechtigung und seine Arbeitsgebiete an Bedeutung verlieren, sondern wird man auch

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notfalls ohne das Fach auskommen können. Illustre Beispiele beweisen es: Erich Auerbach, Ernst Robert Curtius, Walther Rehm, Rene Wellek — und eben Horst Rüdiger. Er zumindest wird mir hoffentlich die kleine Abschweifung in programmatische Regionen nachsehen. Sie beruht auf Erfahrungen und Eindrücken, die ich den Lehrjahren bei ihm verdanke. Er hat zudem nicht wenig dazu bewirkt, daß ich Komparatist geworden und trotz aller Zweifel und Reserven bei diesem seltsamen und fragwürdigen notier geblieben bin, dessen Gegenstand bekanntlich nicht mehr ist als eine Anordnung von Buchstaben und Lauten, ein Nichts, eine Illusion, ein Spiel — Hekuba. Und nicht zu vergessen : Spaß gemacht hat es auch ...

GYÖRGY M. VAJDA Wie und warum ich Komparatist geworden bin Ich war schon am Ende meiner vierziger Jahre als mir klar wurde, daß ich mich eigentlich immer darauf vorbereitet habe, ein Komparatist zu werden. Denn Komparatistik, wie ich sie mir vorstelle, bedeutet das Streben nach dem Allgemeinen, die Untersuchung der Zusammenhänge, einen auf verschiedene Erscheinungen und mit ihnen verbundene äußere und innere Umstände ausgebreiteten Horizont. Studiert habe ich Hungaristik, Germanistik und Anglistik an der Universität Budapest als Mitglied des Eötvös-Collegium, das die Budapester Ecole Normale Superieure war und in seiner ursprünglichen Form und Verfassung bis 1949 bestand. Bald aber wendete ich mich der Philosophie und auch der philosophischen Psychologie' zu, saß einige Monate lang in Heidelberg bei Jaspers im Seminar und machte meinen Doktor in Philosophie in Budapest. Erst heute weiß ich, daß das Thema, das ich 1936/37 bearbeitet habe, eigentlich ein komparatistisches war. Ich untersuchte die Lehren und die Tätigkeit einer philosophischen Schule in Ungarn Mitte des XIX. Jahrhunderts, die sich die Harmonisierung der Dinge der Welt zum Prinzip machte und deren eklektische Theorien von Victor Cousin, von damaligen Sozialutopisten und von deutschen Popularphilosophen der Zeit beeinflußt wurden. Meine Doktorarbeit erregte kein Aufsehen, erst nach einem Vierteljahrhundert entdeckte man sie wieder, und seitdem wird sie hie und da zitiert. Nach Beendigung meiner Studien warf ich mich in die pädagogische Praxis eines humanistischen Gymnasiums in der Provinz und publizierte kleine und unbedeutende philosophische Arbeiten. Aus der Praxis, die mir übrigens viel Vergnügen machte und mich zu einem unverbesserlichen Pädagogen formte, wurde bald Theorie: Anfang meiner dreißiger Jahre las ich Pädagogik an der Budapester Pädagogischen Hochschule und an der Universität, redigierte eine philosophische, dann eine pädagogische Fachzeitschrift, arbeitete in einem pädagogischen Forschungsinstitut, schrieb eine Reihe Schulbücher und war erziehungspolitisch tätig. Dies nahm mit dem Jahre 1950 ein Ende, und bald kehrte ich zur Literatur zurück. Meine Aufgabe ist es aber nicht, eine Vita zu schreiben. Und wenn ich doch etwas ähnliches wagte, wäre es eine innere Lebensbeichte. Denn die vierzehn Jahre, die zwischen meiner Promotion und der Rückkehr zur Literatur vergingen, waren alles andere als Jahre des ungestörten Heranreifens. Die Welt war inzwischen aus den Fugen geraten, Haß und Intoleranz warfen ihre dunklen Schatten über die mit Trümmern und Toten bedeckte Erde. Es galt für ein Wunder, wenn man dem Tode in der Armee, in den Lagern und Kerkern oder in den brennenden Städten entkam; es galt für ein Glück, wenn man nicht alles verlor, wenn etwas von dem Wenigen übrig blieb, das man als

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Intellektueller besaß. Es war nicht leicht, im Mitteleuropa des Zweiten Weltkrieges zu überleben; es war schmerzhaft zuzusehen, wie Völker und Rassen einander die Kehle durchzubeißen trachteten, wie das internationale ,Herrund-Knecht-Spiel' getrieben wurde, wie man zu vergessen schien, daß Völker, Rassen und Nationen aus Menschen bestehen, die — wie dies bereits im Jahrhundert der Aufklärung kodifiziert wurde — alle das gleiche Recht auf Glückseligkeit haben. Und als die Kanonen und die Bomben endlich verstummten, mußte man feststellen, daß die Menschheit einer neuen Aufklärung bedurfte — als ob sie ihrer heute schon nicht mehr bedarf! Die Erlebnisse der Schreckenszeiten trugen zweifelsohne dazu bei, daß einige Angehörige der überlebenden Generation darüber nachzudenken begannen, ob statt des Trennenden und Unterscheidenden nicht gerade das Verbindende zwischen den Menschen und das Gemeinsame zu suchen wäre. Das Jahrzehnt der Erschütterungen barg eine moralische Folgerung in sich, die bei dem angehenden Literaturwissenschaftler zu einer toleranten, unchauvinistischen Haltung, zur Wertung alles Humanen, kurz zur Entwicklung einer komparatistischen Sicht der Literatur beitrug. Zurückblickend auf diese heute bereits fast historisch entfernte Zeit, muß ich feststellen, daß ich die Achtung vor dem Fremdmenschlichen und Fremdnationalen eigentlich damals erlernte, gerade weil der Epochengeist das Gegenteil suggerierte, gerade weil der Mensch vom Menschen bis zum Äußersten gedemütigt wurde. Die zweite Hälfte der vierziger Jahre, die unmittelbare Nachkriegszeit, verging mit der Suche nach Mitteln, wie man Menschen zum menschenwürdigen Leben erziehen könnte. Der methodologische Aspekt der Komparatistik wurde mir aber noch lange nicht bewußt, und als es für mich galt, zur Literatur und Literaturforschung zurückzukehren, bot mir die humane Welt der deutschen Klassik die Möglichkeit zur Vertiefung, die ich brauchte. Jahrelang beschäftigte mich das Studium Schillers und Lessings, und die ersten Arbeiten, die ich als bekehrter Literaturforscher herausbrachte, waren zwei kleine Monographien über diese beiden Vertreter der Aufklärung und der klassischen Humanität. Ich brauche aber nicht zu betonen, daß sie — besonders vom Ausland her gesehen — gerade zu jenen deutschen Dichtern gehörten, die am tiefsten im europäischen Denken, in der europäischen Geschichte verankert waren und deren reiche Zeitwirkung und Wirkungsgeschichte auf dieser Verankerung beruhte. Sie führten mich zu Goethe weiter und von Goethe in die europäische Welt des ausgehenden XVIII. und des angehenden XIX. Jahrhunderts, in die Welt der riesigen technischen, sozialen und geistigen Veränderungen, die sich auf ganz Europa und Amerika verbreiteten. Ich blieb dieser Periode des Übergangs vom ancien regime zur bürgerlichen Etablierung bis heute ergeben: als Germanisten hielt mich besonders das Drama dieser Zeit in seinem Bann, als Komparatist versuchte ich später, ihre geistigen, künstlerischen, literarischen und stilistischen Strömungen aus europäischer Perspektive zu untersuchen, und veröffentlichte 1982 einen kollektiven Band über die Versgattungen der europäischen Literatur dieser Zeit. Auch die Lehrtätigkeit, die ich in den fünfziger Jahren an der Theaterhochschule ausübte, leitete mich zur Komparatistik hin. Ich las über die Ge-

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schichte des europäischen Dramas und Theaters. Der internationale Verkehr der Bühnengattung, das ununterbrochene Geben und Nehmen von Themen, Situationen, Typen und Kunstgriffen gab mir die Einsicht in die tiefe kulturelle und menschliche Einheit Europa, die sich trotz nationaler und sprachlicher Unterschiede in seiner Theatergeschichte immer wieder manifestierte. Theaterwissenschaftler halten sich von den Komparatisten, jedenfalls organistorisch, meistens fern, obwohl ihre interdisziplinäre Disziplin von ähnlichen übernationalen Vorbedingungen ausgeht und eine ganze Kulturtradition samt ihrer Wechselwirkungen überdeckt. Demjenigen aber, der das Theater vornehmlich von der literarischen Seite untersucht, bietet es eine Gelegenheit, komparatistisch denken zu lernen und auch philologische Mittel auf Probleme der Geschichte der Bühnengattung anzuwenden. Gegen Ende meiner Tätigkeit an dieser sympathischen Institution, wo ich mehr als zehn Jahre lang beschäftigt war, klagte ein Teil meiner Hörer, die vor allem Künstler waren oder Künstler werden wollten, daß ich ihnen zu viel Literaturwissenschaftliches aufbürdete. Vielleicht hatten sie recht, ich kann es nicht beurteilen. Es kam zum Abschiednehmen, und ich freute mich, einem Ruf zum Mitarbeiter im Institut für Literaturwissenschaft der Ungarischen Akademie der Wissenschaften entgegensehen zu können. Das neugegründete Institut, an dem ich im August 1956 angestellt wurde, ist mir dann zu einer zweiten Schule geworden. Es gab dort von Anfang an eine Sektion für Weltliteratur, d. h. für fremde Literaturen, wo ich mit Fachleuten verschiedener Sprachgebiete zusammenarbeitete und Kenntnisse über für mich weniger bekannte Literaturen, Ansichten, Auffassungen, Methoden sammeln konnte. Ich vertrat dort die Germanistik, auf deren Gebiet ich bis dahin das meiste publizert hatte. Als ich aber nach einigen Jahren die Leitung dieser Sektion übernahm, war ich eigentlich schon gezwungen, komparatistisch vorzugehen. Die Initiative zur .Neubelebung' vergleichender Literaturforschung in der östlichen Hälfte Europas ging vom Institut aus, und die berühmte, in die neueste Geschichte der internationalen Komparatistik eingegangene Konferenz, Literature Comparee en Europe Orientale, wurde 1962 im Institut veranstaltet. Sozusagen zur Vorbereitung dieses Ereignisses stellte ich mir die Aufgabe, eine Bestandsaufnahme der Vergangenheit der vergleichenden Literaturforschung auf ungarischem Gebiet zu unternehmen, woraus dann eine längere Studie wurde, die ich — obwohl es um eine wissenschaftsgeschichtliche Untersuchung ging — als meine erste wirklich komparatistische Arbeit einschätze. Während ich daran arbeitete, wurde mir zum ersten Mal ganz klar, daß das Herz der Literaturwissenschaft in Ungarn schon immer komparatistisch schlug und daß die bedeutendsten Literaturhistoriker und Kritiker seit der Romantik, indem sie die spezifischen Züge der Nationalliteratur herauszuarbeiten suchten, traditionell danach trachteten, das Nationale im Rahmen des Internationalen zu sehen. Vielleicht hängt dies mit der Isoliertheit der Sprache zusammen, vielleicht mit dem Zusammenleben mehrerer Völker im Rahmen des einstigen Königtums und innerhalb des Habsburger Reichs, vielleicht mit dem römischlateinischen Kultureinfluß, der das Überleben der lateinischen Sprache im

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öffentlichen Leben und in den mittleren und höheren Schulen des Landes fast bis zur Mitte des XIX. Jahrhunderts sicherte. Man war sich also des Eigenen inmitten des Fremden (und des doch nicht , Wesensfremden') bewußt geworden. Ich hatte die Tatsache zuvor nicht wahrnehmen wollen und habe mich, mich selbst immer wieder vergewissernd, erst davon überzeugen müssen, daß die ungarische Universität von Klausenburg in Siebenbürgen 1877 zur Geburtsstätte der ersten Fachzeitschrift unserer Disziplin, der Acta Comparationis Litterarum Universarum, wurde, deren erste zwei Jahrgänge noch einen ungarischen Haupttitel trugen. Es überraschte mich die rege Tätigkeit der Komparatisten des Landes zwischen den beiden Weltkriegen sowie die bedeutende Rolle, die sie in dem Leben der internationalen Komparatistik gespielt haben. Selbst György Lukacs, dessen wissenschaftliche Autorität später unumstritten wurde, bediente sich komparatistischer Betrachtungsweisen — obwohl er sich zeitlebens dagegen gewehrt hätte, ein Komparatist genannt zu werden. All dies schien mir zu beweisen, daß die komparatistische Methode, so paradox es auch klingen mag, zu einer ,nationalen' Methode und Disziplin in Ungarn geworden und der Fortführung würdig war. In diese Zeit fällt meine erste — zwar nur geistige — Begegnung mit Horst Rüdiger. Ich hatte die Fambachschen Bände der Literaturkritik der deutschen Klassik rezensiert, und Oskar Fambach brachte mich in Verbindung mit dem führenden deutschen Komparatisten, der mir einige seiner Separata zuschickte, in denen er Fragen der Komparatistik und der Weltliteratur behandelte. Ich war tief beeindruckt vom Gedankenreichtum dieser Schriften, doch vor allem von der Weltoffenheit und dem Weitblick des Autors, und erhielt von ihm so manche Anregung, die ich mir in meinen verschiedenen Arbeiten über Goethe, seinen Begriff der Weltliteratur und die Entstehung der vergleichenden Methode der Literaturforschung zunutze machte. Der Initiative von 1962 zufolge wurden vom Akademieinstitut in Budapest Studienbände über zweiseitige Literaturbeziehungen der ungarischen mit anderen, vor allem benachbarten Literaturen herausgebracht, die je nach Inhalt in verschiedenen Sprachen: Deutsch, Italienisch, Polnisch, Russisch, SerboKroatisch, Tschechisch und Slowakisch und natürlich Ungarisch erschienen, und zwar meistens in Zusammenarbeit mit Literaturwissenschaftlern der betreffenden Länder. Heute sehe ich, daß diejenigen Bände, an denen ich aktiv mitgearbeitet habe, für mich eine Vorbereitung für eine weitere Aufgabe bedeuteten, die anderthalb Jahrzehnte lang einen großen Teil meiner Arbeitskraft in Anspruch nahm — die als Idee 1964 auf dem Fribourger AILC Kongreß von Jacques Voisine lancierte und 1967 vom Belgrader AILC Kongreß als Projekt akzeptierte Vergleichende Geschichte der Literaturen in europäischen Sprachen. Bereits seit Ende 1963 kam ich mit vielen bedeutenden Komparatisten Europas und Amerikas in Berührung, doch die Mitarbeit an der Verwirklichung dieses Projekts machte mich eigentlich zum bewußten Verfechter der vergleichenden Betrachtungsweise der Literatur. Die Teilnahme an der internationalen Zusammenarbeit und Kräfteanstrengung hat erst nach jahrelanger Arbeit erste Früchte gebracht, doch können wir uns heute, da wir vor einer verhältnismäßig reichen Ernte stehen, darauf berufen, daß unsere Bemühungen nicht eitel und

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ergebnislos gewesen sind. Die dritte .Schule', die midi zum überzeugten Komparatisten gebildet hat, war die internationale Tätigkeit. Es wurde mir aber noch eine vierte ,Schule' gegönnt, nämlich die Rückkehr zum Lehramt an der Universität Szeged, wo ich einen komparatistischen Lehrstuhl aufbauen konnte. Nachdem ich als Gastprofessor an mehrern Universitäten — Sorbonne, University of Alberta, New York University, Universität Wien — Einblick in die unterschiedlichen Methoden des Unterrichts und der Ausbildung der jungen Komparatisten gewonnen hatte, war es mir möglich geworden, eigene Studenten zu Vergleichenden Literaturwissenschaftlern zu erziehen, ihren Blick auf weite Gebiete der europäischen und der Weltliteratur zu öffnen, ihr Denken für theoretische und methodologische Überlegungen zu schärfen, sie für verschiedene Forschungsgebiete zu interessieren. Zum Glück habe ich ausgezeichnete Mitarbeiter gewinnen und ausbilden können, die dem Lehrstuhl einen guten Ruf unter Fachleuten im In- und Ausland einbrachten. Dank ihrer Neigungen und der verschiedenen Richtungen ihrer wissenschaftlichen Arbeit hat sich der Lehrstuhl in der Literaturgeschichte wie in der Literaturtheorie hervortun und sich einen nicht ganz bescheidenen Platz unter den Forschungswerkstätten des Landes sichern können. Nach unserer Ansicht ist die Komparatistik nicht weniger eine theoretische als eine historische Disziplin. Mit der Theorie verbindet sie nicht nur der Umstand, daß sowohl die komparatistische als auch die theoretische Literaturuntersuchung von mehreren Literaturen ausgehen und ihre Folgerungen aus der Beobachtung der Erscheinungen mehrerer Literaturen ziehen müssen. Sie stimmen auch in der Hinsicht überein, daß sie sich mit der einfachen Kenntnisnahme und Beschreibung literarischer Tatsachen nicht begnügen können, sondern zur Entdeckung und Feststellung von Gesetzmäßigkeiten gelangen wollen, indem sie die tiefere Struktur der Erscheinungen aufzuhellen bestrebt sind. Die reichen geschichtlichen Erfahrungen und Kenntnisse des Komparatisten kommen den theoretischen Erkenntnissen zugute. Soll zum Beispiel die Struktur einer literarischen Gattung analysiert werden, so kann dies ohne die Berücksichtigung der Erscheinungsformen dieser Gattung in verschiedenen Literaturen und zu verschiedenen Zeiten nicht geschehen. Wo liegt in einem solchen Fall die Grenze zwischen komparatistischer Forschung und Literaturtheorie? Sollen prinzipielle Fragen der Periodisierung der Literatur untersucht werden, so kann der Theoretiker der praktischen Erfahrung, wie die verschiedenen Literaturen geschichtlich periodisiert werden, nicht entbehren. Im Grunde besteht in der Komparatistik eine ständige Überlappung von Geschichte und Theorie. Soll zum Beispiel das historische Phänomen des Wechsels im Literaturprozeß untersucht werden, so ist die theoretische Frage nach der Natur des Wechsels nicht weniger ausschlaggebend als die Kenntnis und Erkenntnis der historischen Umstände, die einen Wechsel im Literaturprozeß tatsächlich hervorgebracht haben. Wollen wir eine Strömung oder Bewegung, eine Stiltendenz oder eine Geistesrichtung in der Geschichte der Literatur und der Künste veranschaulichen, so taucht vor allem die Frage nach der Definition, der allgemeinen Struktur und dem Gehalt der literarischen und künstlerischen Strömungen, Bewegungen, Stiltendenzen oder Geistesrichtungen

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auf. Wenn man innerhalb der Literaturwissenschaft zwisdien Theorie und Geschichte im Prinzip unterscheiden kann, so müssen sie sich — geht es um mehr als um eine bloße Darstellung und Aufzählung der Tatsachen — gegenseitig ergänzen und dasselbe Phänomen von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehend beleuchten. Wenn man einerseits die .Durchtheoretisierung' der Komparatistik für notwendig halten muß, so scheint es anderseits unentbehrlich zu sein, die Tore unserer Disziplin nicht nur im Prinzip, sondern auch in der Praxis allen Literaturen der Menschheit zu öffnen. Für den Komparatisten kann es keine wichtigen und weniger wichtigen Literaturen geben, nur solche, die vielleicht unter glücklicheren Umständen und auf einer höheren Stufe der Zivilisation ästhetisch wertvollere Werke hervorgebracht haben als andere, die das noch schuldig sind. Doch vor unseren Augen wurden solche Schulden in Afrika, Latein-Amerika und anderswo getilgt, und wer weiß, in welchem Winkel der heutigen Welt ein neuer Homer oder Shakespeare das Licht erblicken wird. Wir warten darauf, und wir Komparatisten werden hoffentlich die ersten sein, die dieses neue Genie entdecken und begrüßen werden. Ich habe auf die moralische Seite unserer Wissenschaft bereits hingewiesen. Komparatist sein heißt nicht nur, sich einer Methode, einer Disziplin, einer Forschungsrichtung zu widmen: Es birgt auch eine menschliche Haltung in sich. Nirgends und in keinem Fach habe ich so freundliche, wohlwollende, gebildete, vorurteilsfreie und für alles Menschliche offene Leute wie unter den Komparatisten gefunden. Wenn ich mir die Frage stelle, was mich entscheidend beeinflußte bei der endgültigen Wahl meines Fachgebiets, so sei auf diesen für mich äußerst wichtigen Umstand last not least verwiesen.

JACQUES VOISINE Les organisateurs de l'hommage a Horst R diger meritent certes d'etre filiertes de 1'occasion qu'ils donnent aux comparatistes d'honorer un des plus grands d'entre eux. Mais n'ont-ils pas ete imprudents de nous inviter parier de nous-memes? Car c'est un fragment d'autobiographie qu'ils attendent de nous. Es ziemt sich in einer Biographie, von sich selbst zu sprechen, est-il έοπι dans Dichtung und Wahrheit. II est toutefois peu opportun d'encourager ce penchant ίηηέ chez la plupart des hommes, et surtout chez les universitaires. Tout le monde n'est pas capable de pratiquer, dans le go t de la r£miniscence, le deiicat melange de sentimentalite et d'ironie qui distingue Jean Paul. J'espere du moins que dans mon cas ces dix pages d'autobiographie constitueront un traitement homeopathique preventif, qui m'evitera de rediger plus tard cinq cent pages de memoires, dont le public n'a nul besoin. Le comparatisme est international par definition. Mais une vocation comparatiste exige plus que le seul contact livresque avec 1'etranger, quelles que soient l'£tendue et la variete des curiosites du lecteur. Le comparatisme commence la ou 1'etranger cesse d'etre tout fait 1'etranger. Les sejours — et pas seulement les voyages — et les amities personnelles sont ici necessaires, et si possible quelque experience de la vie quotidienne, et aussi de ce qui contribue fortement a la formation d'une mentalite, έ savoir le Systeme scolaire et universitaire. Le Systeme frangais, tres cloisonne, n'oblige pas l'ikudiant, comme c'est le cas dans beaucoup d'autres pays, a. choisir deux specialhes, comme latin et allemand, ou anglais et fran^ais. La France n'a pas non plus l'avantage de former des comparatistes de fait ou des comparatistes en puissance — ce que sont ne'cessairement les e"tudiants romanistes ou germanistes d'Allemagne, de Belgique ou des Pays-Bas. A plus forte raison trouvera-t-on des comparatistes virtuels parmi les citoyens des pays ou coexistent deux ou plusieurs langues officielles, et o 1'occasion se rencontre de participer a plus d'une culture. C'est pourquoi ces contacts vecus avec 1'etranger me semblent particu^rement necessaires pour un Francais aspirant a devenir comparatiste. II est difficile de se defaire de 1'idee que la litteVature nationale est incontestablement supeVieure aux autres, pour quiconque a toujours vecu dans un pays dont la langue a rigni pendant deux ou trois siecles sur une Europe qui continue a consider la capitale de ce pays (et pourquoi pas?) comme un des premiers foyers mondiaux de rayonnement artistique et litteraire. Dans ma premiere naivete ]υνέηί1ε, le comparatisme se resumait pour moi l'iternel trio France-Angleterre-Allemagne, dans l'ordre d£croissant de mes connaissances. II faut bien reconnaitre que trop de travaux comparatistes aujourd'hui encore, qu'ils soient allemands, americains, anglais ou fran9ais, s'enferment sans aucun scrupule dans les memes ^troites limites, alors qu'ils ne s'interdisent pas de s'aventurer sur le domaine de la littirature g 10 arcadia Sonderheft

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A l'extreme oppose, le comparatisme intercontinental qu'Etiemble appelle de ses voeux reste une vue de l'avenir, d'un lointain avenir. Une seule vie ne suffirait guere, helas, pour acqi^rir l'equipage indispensable au comparatiste occidentale capable de bien connaitre l'ensemble des litteratures de langues europe^nnes, liees par le double heritage commun, greco-latin et judeO-chretien. Gar si ces litteratures doivent etre pour nous mieux qu'une simple compilation de noms d'auteurs et de titres, si nous voulons en p£n£trer tant soit peu l'esprit, comment y parvenir sans quelques lumieres sur la langue et s structure? Les circonstances — et ici encore je me refere au Goethe de Dichtung und Wahrheit — ont leur part dans la naissance ou l'infl£chissement de la vocation. Combien de brillants comparatistes ne se sont-ils pas reveles du fait de leur installation sur le continent americain au cours de la derniere guerre, qui les avait chassis de leur pays d'origine et leur imposait une double culture? J'avais etc deux ans etudiant de litt£rature comparee a Paris avant la guerre, mais je n'oserais pas pretendre que c'etait la le debut d'une vocation. La guerre m'a valu a moi aussi, sinon l'exil, du moins l'experience de la vie dans d'autres milieux nationaux que ceux de ma premiere jeunesse. Ces s£jours ont beaucoup fait pour encourager mes curiositos. Le premier germe itait sans doute un interet pour la langue anglaise et l'Angleterre, qu'ont su me communiquer, au lycee, d'excellents professeurs; int6ret entretenu, dans mes den^res annees dans ce meme Lycee Henri-IV, l'ombre du Pantheon, par un lecteur anglais devenu plus tard un ami, et distingue spe'cialiste de litte'rature franfaise. Je pourrais facilement me laisser entrainer a evoquer longuement ce lycee dont je fus quinze ans l'eleve — de la classe enfantine a la troisieme annee de preparation &. l'Ecole Normale Supirieure. J'ai acquis la une dette intellectuelle et morale envers de nombreux professeurs qui m'ont appris respecter ma langue, aimer s litteVature, et m'ont fait dlcouvrir la Grece, Rome et leur h£ritage. A l'issue de mes etudes secondaires, mon embarras otait grand, car il fallait choisir. En me destinant a l'agrέgation de lettres classiques, je renoncais a poursuivre des έη^ββ d'anglais, mais non a lire beaucoup d'anglais. La riche bibliotheque de l'Ecole Normale, qui permettait la flanerie, allait m'apporter, dans ce domaine comme dans d'autres, bien des satisfactions. Le regime tres liberal de l'Ecole permettait de s'initier a des connaissances nouvelles. Je compris vite que 1'archeologie grecque, qui me tentait, exigeait autre chose qu'une inclination d'amateur. Mais je pus commencer l^tude de 1'allemand; le lecteur attact^ a I'atablissement, fort populaire 3υρΓέβ de nous, etait Hans Sckommodau, plus tard eminent romaniste, que j'ai retrouvi dans les congres de l'Association internationale des Etudes francaises, avant d'avoir l'honneur et le plaisir de contribuer au volume d'hommages qui lui fut offert. C'est la le timide de'but de ma sp£cialisation en Iitt6rature comparee, concretisee en 1952 par ma nomination dans une chaire universitaire. En entrant l'Ecole Normale j'ignorais et le mot et la chose, pour reprendre les termes de Fernand Baldensperger dans l'article liminaire du premier nume'ro de la Revue de litterature comparee qu'il avait fondie en 1921. Lors de ma

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annee ä l'Ecole, Baldensperger etait dlarg d'un cours d'initiation a la litterature comparee. C^tait sa derniere ann£e d'enseignement en France; 1'annee suivante il partait pour les Etats-Unis et allait ouvrir une nouvelle etape de la discipline en collaborant avec Werner Friederich a la future Bibliographie qui porte leurs noms. Son cours assez anecdotique, ne me convertit pas d'embiee. Mon impression reste celle d'un homme maitrisant moins bien dans ses cours que dans ses livres son immense culture, et paradoxalement se presentant plutot comme un mondain que comme erudit. Mais sans doute aurait-il fallu, pour mieux le juger, avoir son eleve quelques annees plus tot et non pas dans un cours qui etait peut-etre pour lui un peu accessoire. L'annee suivante, en revanche, je fus conquis au comparatisme par les cours en Sorbonne de Jean-Marie Carre qui, venant de Lyon, succedait a son maltre Baldensperger dans la chaire parisienne. Assez mondain lui aussi — Madame Carre tenait un brillant salon dans leur bei appartement de la Place du Pantheon, dominant les jardins de mon eher Lycee Henri-IV — Carre etait un professeur jeune et vif, elegant et entretenant avec ses etudiants des rapports de simplicite humaine qui firent de plusieurs d'entre eux des amis respectueux et fideles ä son souvenir. Ses cours etaient completes par ceux de Paul Van Tieghem, qui nous paraissait beaucoup plus age a cause de sa petite barbe blanche bien taillee, qui le faisait ressembler a un po£te parnassien du sikcle precedent. Ce grand erudit etait aussi un bon organisateur, en relation avec de nombreux comparatistes etrangers, et qui prit une part d terminante dans le succes des grands congas de la Commission internationale d'Histoire litteraire moderne — 1'ancetre, dans les annees 1930, de ce qu'est aujourd'hui la Federation internationale des Langues et LitteVatures modernes. Je n'ai pas connu autrement que par un bref ^change de correspondance le quatrieme des grands comparatistes franjais d'alors, Paul Hazard, qui enseignait depuis 1925 au College de France, ou plusieurs camarades de ma generation suivirent avec attachement ses cours. A la Sorbonne, les enseignements de litterature compare p^paraient a un certificat de licence, purement honorifique, puisqu'il ne figurait pas parmi les quatre certificate statutaires de la licence d'enseignement. Une quinzaine d'annees plus tard, la creation d'une licence de Lettres modernes ä cote de celle de Lettres classiques, que je preparais au temps de mes etudes en Sorbonne, devait permettre d'intigrer le Certificat de litterature comparee, mais seulement comme une option, dans la licence de lettres ou de langues vivantes. Je crois £tre un des rares d^tenteurs de ce certificat parmi les comparatistes franjais d'aujourd'hui. Du petit groupe qui suivait les cours, la majorite etaient des etrangers dont plusieurs preparaient le Doctoral de l'Universite de Paris. J'avais moi-m^me entrepris sous la direction de Carre la redaction d'un m^moire pour le Diplome d'Etudes superieures (appele aujourd'hui Maitrise), sur 1'acueil (on ne disait pas encore ) reserve en Angleterre et en Allemagne a la Nouvelle Heloise de J.-J. Rousseau. Mon terminus ad quem etait la publication de Werther. Mais contrairement a ce qu'on pourrait croire, ce n'etait pas par {'Heloise que j'etais venu ä Werther, mais l'inverse. Avec l'ardeur du neophyte, j'avais commence 1'etude de Pallemand dans un texte peu recommandable pour un debutant, Über naive

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und sentimentalische Dichtung, qui etait l'annee precedente au programme du certificat de litterature comparee. La lecture de Werther suivit, qui me plut, et la decouverte du livre deja vieux, mais qui faisait encore autorite1, d'Erich Schmidt sur Richardson, Rousseau und Goethe. Le rapprochement entre ces trois textes serait bien banal aujourd'hui. Sans ce livre, qui salt si mon interet pour une large partie au moins de I'o3uvre de Rousseau, interet qui s'est developpe et ne m'a pas quitte, aurait pris naissance? La preparation de mon memoire me faisait decouvrir le prodigieux renouvellement qu'avait constitue, pour les lettres allemandes, cette quinzaine d'annees sur lesquelles portait mon enquete. Je ne pouvais aborder de fajon plus enrichissante et seduisante une litterature qui m'etait auparavant pratiquement inconnue. Les de l'Ecole Normale etaient peu assidus aux cours de la Sorbonne, car ils b£neficiaient sur place de cours assures pour eux par des agregis-repetiteurs ou . Mon assiduite au cours de Carre et de Van Tieghem etait assez exceptionnelle. Parmi les avantages que nous offrait l'Ecole etaient les Ie9ons particulieres donees en ville ä des fils et filles de parents fortunes qui pouvaient s'offrir les tarifs plus elev£s que pouvait attendre un Normalien. J'eus ainsi pendant quelques semaines un fort peu studieux qui n'apprit guere d'anglais avec moi, car il s'obstinait ä siffloter pendant que je m'evertuais — mais dont le pere me paya royalement. Une ressource d'un grand prix etait de pouvoir obtenir une bourse d^tude a l'etranger. C'est ainsi que j'eu la bonne fortune, au cours de l'annie 1936, de preparer mon memoire en passant une partie de l'annee ä Londres, puis une autre ä Francfort oü je connus le privilege de travailler librement dans la bibliotheque de la maison natale de Goethe, maniant des livres que le avait peut-etre eu lui-meme entre les mains. La vieille ville de Francfort, autour du Dom, etait encore pratiquement intacte; j'en garde un souvenir, par une maladroite aquarelle que j'executai en plein air, non loin du Römer, a un coin de rue tout parfume par l'odeur des saucisses vendues sur le trottoir. Le soir, mes lectures du theatre classique s'animaient sur cette place du Römer, riche d'histoire, transformee en theatre pour la belle saison. A la diff rence de l'Allemagne, l'Angleterre n'ätait pas pour moi, avant mon entree ä l'Ecole, un pays tout ä fait inconnu. A Francfort, il m'etait profitable d'etre log£ dans une famille; ä Londres je pouvais m'en passer. La bourse que m'accordait Plnstitut de France me permettait d'etre accueilli comme pensionnaire dans la maison qu'il entretenait a Londres pour y loger les academiciens, savants ou artistes franfais de passage. Ce noble edifice proche de Kensington Gardens, derriere l'Albert Hall, fut detruit lors d'un bombardement au cours duquel son directeur trouva la mort. II etait concu sur le modele des grands londoniens, et le port du (que les Franfais appellent smoking; imites je crois par les Allemands) etait de rigueur si l'on y prenait le repas du soir. Le petit etudiant que j'etais pouvait se frotter la ä quelques-uns de ses plus celebres compatriotes du monde des sciences, des arts ou des lettres, s'il avait la chance d'y sejourner assez longtemps. II pouvait utiliser une bibliotheque assez commode, et le matin, avant de prendre l'autobus pour le British Museum, il avait pu se nourrir pour la

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journee a la table du breakfast — un breakfast encore victorien par son faste et ses proportions — ou officiait un butler plein de dignite qui vous murmarait a Poreille avec deference «Will you have or porridge, Sir?» Cette annee-la fut sans doute decisive dans ma vocation de comparatiste, mais celle-ci ne devait se materialiser qu'apres une longue interruption causee par les annees de service militaire et de guerre. Peu avant la guerre j'avais depose a la Sorbonne, sous la direction de Carr£, un sujet de these qui devait porter sur la fortune des ecrits de Rousseau en Angleterre. Demobilise, et detacr^ au Canada en 1941 pour y enseigner dans un college francais, je pus commencer un depouillement des periodiques anglais de la fin du XVIIIe siecle et du debut du XIXe, dans la riche bibliotheque de l'Universite* McGill a Monacal, avant de m'engager, quelques mois plus tard, dans les Forces franjaises libres et gagner Londres. Demobilise dans cette ville a la fin de 1945, j'eus la chance de pouvoir etre nomme sur place professeur a 1'Institut franfais du Royaume-Uni, et d'y donner des cours qui preparaient aux examens de licence de l'Universite de Lille. A cote d'un cours de litterature franfaise, j'avais un cours de litterature comparee; j'en ai ουΗϊέ le sujet, et me souviens seulement que parmi les textes au programme figuraient Antony and Cleopatra de Shakespeare et All for Love de Dryden. J'avais dans 1'intervalle epouse une Anglaise et trouve dans ce pays ma seconde patrie; mes enfants y sont nes, ma fille s'y est fixee, et j'y serais venu prendre ma retraite comme c'etait notre projet, si ma femme n'etait pas disparue prematurement. A la fin de 1946, revenu en France, j'enseignai un an les langues classiques dans un lycee parisien avant d'etre nomme assistant de litterature franjaise la Sorbonne; mon maitre Jean-Marie Carre obtenait de distraire une heure de mon service pour la litterature comparee. L'annee suivante, cette heure de service allait s'etrendre un service complet; je crois avoir ete ainsi, en 1947, le premier assistant de litterature comparee dans une universite franjaise. Les etudiants etrangers qui suivaient ces cours etaient proportionnellement moins nombreux que par le passe, mais j'avais 1'occasion d'en connaitre beaucoup dans les cours de Civilisation franfaise qu'organisait en έΐέ la Sorbonne; par divers cours pour Hnstitut britannique de Paris — symetrique de 1'Institut franjais du Royaume-Uni; et surtout dans mes fonctions de conseiller-orienteur pour les etudes litteraires aupres de la Commission Fulbright, qui organisait 1'accueil en France des boursiers americains. La situation du comparatisme fran5ais n'itait plus celle de l'avant-guerre. Paul Hazard etait mort; Baldensperger, revenu d'Amerique, ne donnait plus de cours; les habitues le rencontraient quelquefois dans son ancien bureau de la Sorbonne o il aimait faire une apparition nostalgique et bavarder quelques minutes. Carre, tres eprouve par les privations et angoisses de la guerre (une de ses filles avait ete deportee), devait mourir en 1958, dix ans apr£s Van Tieghem. Au temps des grands comparatistes professionels allait sunder le temps des institutions comparatistes, societes nationales et association internationale. Charles Peguy — qui vendait jadis ses Cahiers de la quinzaine dans une boutique situee sous les fenetres meme de 1'Institut de litterature comparee, sur le trottoir oppose de la rue de la Sorbonne — aurait dit que la politique

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remplajait la mystique. C'e t ete trop dire; Peguy n'aimait pas la Sorbonne. Mais c'est un fait que ce qu'on a appele de Iitt6rature comparee έΐ3Ϊι disperse, alors que paradoxalement les croations de chaires commen9aient a se multiplier dans les universes existantes, puis dans les nouvelles, cr£6es par la suite. Ce n'est pas moi qu'il conviendrait de medire des associations; j'ai consacre a l'Association internationale de litterature comparee, encore au berceau lorsque j'en suis devenu en 1955 secretaire europeen, beaucoup de temps et d'efTorts — qu'on pourrait me reprocher de n'avoir pas ειηρίονέ a publier des livres. Je ne le regrette pas. L'Association internationale, plus encore peut-etre que les societ£s nationales comparatistes (de creation plus recente) a assure, le Statut de la discipline, non pas tant en 1'institutionnalisant, qu'en etablissant des liens personnels entre des hommes et des femmes ouverts a la diversite des cultures. L'AILC, qui existait sur le papier depuis le congres de la FILLM a Oxford en 1954, prit conscience de son existence lorsque se tint a Venise en 1955 son premier congres. La date n'avait pas ete bien choisie, car eile co'incidait avec la rentree des universites americaines. Les nombreux Italiens et Francais presents n'etaient renforces que par une demi-douzaine de ressortissants d'autres nation europeennes. Heureusement, les Statuts avaient prevu une double secretariat, europeen et americain. Cette particularite qui ne se retrouve, a ma connaissance, dans aucune des grandes associations groupέes au sein de la FILLM, s'est τένέίβε alors, et depuis, un avantage — si bien que 1'Association 1'a conserv£e. II etait indispensable, si ^Association devait n^riter son titre d'«internationale», de rem£dier έ ce ita.t de choses. Une correspondance s'etablit entre les deux secrataires (Werner Friederich avait έιέ ηοιηπιέ secr£taire amoricain in absentia) et donna a la question de la participation americaine la ρποπΐέ. Friederich etait connu des deux cotes de l'Atlantique par le fameux BFB, la bibliographic comparatiste publiee en collaboration avec Baldensperger, et par son Outline of Comparative Literature en collaboration avec F. W. Malone, paru en 1954. Sa notoriite, son apostolat, son ^έηϊοβΐΐέ, aboutirent vite a des ^sultats. L'Universito de la Caroline du Nord o il enseignait (il y resta fidele jusqu'a s retraite, et vit toujours a Chapel Hill) s'offrit a accueillir le congres privu pour 1958. Des aides financieres considirables furent obtenues, en particulier une quarantaine de bourses de voyage de la Ford Foundation destinees a faciliter la venue en Ameiique de savants d'autres continents. On sait quelle fut 1'importance, pour le dέveloppement de notre discipline, de ce Congas de Chapel Hill. Congres historique sur un plan plus geniral, car c^tait le premier tenu sur le sol americain par une association internationale d'etudes litteraires. Get exemple devait conduire la FILLM nous imiter en se ^unissant a New York quelques an^es plus tard. A Chapel Hill έtaient presents, avec tous les grands noms du comparatisme des Etats-Unis deux rep^sentants de l'Amerique latine, deux Australiens, huit Canadiens; 1'Asie avait envoyέ deux participants, et l'Europe plus de quarante, repartis entre douze nations. Ce fut le vέriΐable dipart de PAssociation — et pour plusieurs

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des Europ^ens le debut de solides amities entre eux — sans parier de celles nouies outre-Atlantique. L'Association allait bientot en beneficier. Une circonstance mat rielle joua ici son role: en 1958, les tarifs des compagnies d'aviation ne concurren^aient pas encore serieusement ceux des paquebots reliant 1'Europe a 1'Amerique. Le voyage se fit done par mer, et les cinq a six jours de traversee nous donnerent ample occasion de faire connaissance ä l'aller, et de l'approfondir au retour. Ce ne serait plus possible aujourd'hui, et on peut le regretter. Les progr£s dans l'internationalisation du comparatisme organise furent desormais rapides. Le presence, trois ans plus tard, au congres d'Utrecht (consacri, importante Ouvertüre, aux litteratures «de diffusion non universelle») d'une delegation hongroise, prepara la venue de representants de l'AILC au Congres «La litterature comparee en Europe Orientale» organise a Budapest en 1962; et cinq ans plus tard, ä Belgrade, d'importantes delegations des divers pays socialistes participaient au cinquieme congres de l'AILC. Mais il faut revenir ä ma propre activite de professeur de litterature comparee. C'est a l'Universite de Lille, oü j'ai enseigne de 1952 a 1965, qu'elle s'est d'abord exercee. Et apres Bordeaux, oü en 1956 Robert Escarpit avail organise le Congres constitutif de la Societe fran9aise de litterature compare, c'est Lille qui accueillit 1'annee suivante le congres national. Un certificat de licence de litterature compare existait a Lille des la fin des annees 40, et pouvait comme ä Paris entrer comme option dans la licence ricemment cre£e de Lettres modernes, ou dans celle de langues vivantes. Il etait, avant ma venue, p^pare independamment dans 1'Institut d'ltalien, sur un programme franco-italien, et dans, 1'Institut d'etudes anglo-americaines, sur un programme franco-anglais. Hiritant de ce double programme, je les combinai le moins mal possible dans un programme transitoire qui ouvrait aussi le certificat ä des etudiants venant des sections de fran9ais et d'allemand. L'annee suivante, la creation a Lille d'un enseignement de l'espagnol me valut une source de recrutement supp^mentaire. J'avais appris assez d'italien pour pouvoir conserver une option «Italien» dans mon programme, et en attendant d'avoir un assistant — en 1960 seulement — la collaboration amicale de 1'Institut d'Espagnol m'etait acquise. Heureux temps oü l'on pouvait encore, comme lorsque j^taits moi-meme itudiant, exiger des candidats au certificat de licence de litterature comparee la connaissance, au moins pour la lecture, de deux langues etrang£res ... Dans mon public peu nombreux mais agreablement composite, les «francisants» ne brillaient pas toujours sur ce plan, mais ils avaient, comme les italianistes, un sens litteraire assez fin; les hispanistes avaient pour eux l'enthousiasme, et les germanistes la solidite. Les anglicistes, malheureusement, etaient rares, car ils preferaient au certificat le litterature comparee celui de litterature americaine, qui exigeait d'eux moins d'efforts linguistiques. Pourtant on n'a pas peur du travail dans nos departements du Nord. J'ai connu de grandes satisfactions avec mon petit groupe d'etudiants, toujours assidus et qui appreciaient ce contact b£nefique avec des spedalistes d'autres disciplines, lequel fait trop souvent defaut dans 1'enseignement francais. Dans un pays aussi fortement centralise que la France, en ces annees du moins, les universites de province s'affranchissent difficilement d'un complexe

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d'inf^riorite a l'igard de Paris. Cela έtait et reste surtout sensible dans les Facult£s des Lettres; la concentration Paris de la plupart des bibliotheques, la richesse et la variete des manifestations intellectuelles et artistiques qui s'y tiennent, constituent une tres serieuse excuse a la non-residence souvent reprochee aux professeurs. J'ai toujours considere quant a moi que cette situation de fait ne justifiait pas la dictature exercee par Paris dans la vie universitaire (je ne parle pas ici des facultes des sciences ou de medecine, qui disposent, avec leurs laboratoires, leurs institute spicialises, de moyens qui assurent leur prestige) — et ma venue a la Sorbonne ne m'a pas fait dianger d'avis. Depuis 1969—70, l'eclatement de l'ancienne Sorbonne en treize «universites» de la region parisienne — terme tout a fait impropre pour designer des Facultis, ou tout au plus des mariages forces entre deux ou trois facultes — n'a nullement modife ce rapport defavorable entre la province et Paris. Les etudiants l'admettant implicitement, peu de theses de lettres sont preparees dans les universites de province. II faudra plus que des reformes (Dieu sail si le Systeme universitaire en a connu depuis trente ans!) pour remedier ^ cet etat de choses. Un avantage appr£ciable pour un comparatiste, dans une universiti situie comme Lille dans une region frontaliere, est la facilit£ d'entretenir d'actifs echanges au-dela des frontieres. L'Institut francais du Royaume-Uni έtait rattache administrativement a Lilie et Paris, mais les programmes etaient ceux de Lilie, et les professeurs de Lilie allaient a l'occasion Londres faire passer les examens et donner une conference. Chaque annee, une delegation de germanistes et de romanistes nous venait de M nster. Les £changes etaient actifs avec Gand, en Belgique flamande, particuli^rement pour les historiens et les francisants; Lilie avait en έchange la visite hebdomadaire d'un assistant beige, qui dut etre un des premiers a enseigner le neerlandais dans une universite de province franjaise. II etait tentant pour un comparatiste de s'initier une langue et une litterature trop peu connues en France, malgre l'eclat du «Siecle d'Or» des Pays-Bas, peine moins brillant que celui de l'Espagne, et malgre' le renouveau flamand qui n'a cesse de s'amplifier depuis les annies 1880. L'apprentissage sommaire du neerlandais n'a pas facilite, il est vrai, mes progres dans le maniement de la langue allemande (et reciproquement. . .). Mais cette experience, si eile m'a convaincu des limites de mes capacites linguistiques, m'a fait comprendre combien etait injuste l'ostracisme de fait qui a si longtemps frappe en Europe occidentale les litt^ratures (depuis le cong^s d'Utrecht, il n'a pas encore έΐέ ΐΓουνέ une formule moins lourde que «litteratures de diffusion non universelle»). Je voudrais mentionner encore avant de quitter Lille une autre experience que j'ai bien appreciie. Sur l'invitation de mon ancien lecteur d'anglais du Lycee Henri-IV, John S. Spink, devenu un des plus reputes parmi les Rousseau-Forscher, j'ai donne en 1961 un trimestre de cours a Bedford College Londres, au coeur de Hyde Park. Les satisfactions qu'ont pu m'apporter mes annies parisiennes a partir de 1965, d'abord l'ancienne Sorbonne (Faculti des Lettres de Paris) puis a la Sorbonne-nouvelle (Universite Paris III) ont έΐέ d'un autre ordre, personnel plutot que pedagogique, vu les inormes effectifs. C'est seulement dans les

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demises αηηέεβ que le renforcement des obligations d'assiduite au niveau de la maitrise et du doctoral, ont retabli des contacts plus etroits avec les etudiants, parmi lesquels — c'est l'avantage de Paris — beaucoup d'itrangers de provenance tres diverse. En 1969, j'ai ete invite donner un trimestre de cours a l'Universite de Budapest. Je reste profondement reconnaissant a mes amis hongrois de m'avoir fourni alors la diversion dont j'avais grand besoin a la suite d'un deuil domestique cruel, qui venait s'ajouter au desarroi causέ par Peffondrement, en 1968, du Systeme universitaire francais. De ce sejour en Hongrie, qui m'a laisse d'excellents souvenirs sur le plan de l'enseignement et a elargi le cercle de mes amities, date aussi le dέbut de mon interet pour les literatures de 1'Europe centrale, interet qu'avaient prepare mes contacts au sein de l'AILC. C'est aussi de cette annee 1969 que date un ambitieux projet de collaboration sous les auspices de cette association. Du grand ouvrage en quatre volumes que nous preparons sur Le Tournant du· Siede des Lumieres, 1760—1820, dans les litteratures de langues europeennes, nos amis hongrois ont publie en 1982 celui qui concerne la production en vers. Le travail sur la prose, vaste domaine (surtout 1'epoque consideree) aux contours imprecis, se poursuit en France, avec plusieurs collaborations etrangέres. II est temps de parier de la Revue de litterature comparee, dont j'ai έιέ amene m'occuper depuis une douzaine d'an^es a l'invitation de son directeur d'alors, Marcel Bataillon, qui nous a quitte en 1977 apres avoir ajoute son nom, vingt ans plus tot, ceux des premiers directeurs de la Revue, Fernand Baldensperger, Paul Hazard, Jean-Marie Carre. Bataillon, a la difference de ses predecesseurs, n'a jamais occupe une chaire de litterature compare. C^tait un hispaniste, respecte et honore dans tous les pays hispanophones et lusophones, non seulement pour l'e^gance de son erudition, pour ses curiosit6s intellectuelles qui depassaient tr£s largement le domaine de s spedalite, mais aussi pour I'etonnante combinaison, dans sa personnaliti, de charme aristocratique, de modestie et de simplicite, et en meme temps de fermete de caractέre. II allait chaque έΐέ travailler a la Casa Velasquez, mais jamais il n'accepta, tant que Franco fut au pouvoir, de faire une conference publique en Espagne ou d'y recevoir un doctorat honoris causa. President des 1955 de l'AILC, et l'annee suivante de la Societe francaise de Litterature comparee, il fut pour les comparatistes fran9ais, et pas seulement fran9ais, un vivant exemple, aim£ et respecte. Sa succession la tete de la plus ancienne des revues comparatistes constitue pour moi une serieuse responsabilite. Apr£s la disparition de notre maitre, le Comite de la revue s'est interroge sur l'equilibre trouver entre tradition et renouvellement. La culture gen6rale qu'attendait le lecteur de 1921, et qui est dans la nature meme du comparatiste, exclut toute specialisation etroite, mais doit s'ouvrir aux exigences scientifiques du jour. L'historicisme souvent exclusif du comparatisme fran9ais d'avant 1939 doit s'elargir pour faire leur place a celles des vues theoriques qui ont fait leurs preuves. Des nouvelles littiratures sont apparues sur la scene internationale — en Afrique notamment; elles soulevent une reflexion sur le fait litteraire a laquelle nous ne saurions rester indifferents, car eile a son incidence

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sur le domaine qui reste pour nous primordial, celui des litteratures occidentales. Entendons ce terme dans le sens le plus large, en y faisant entrer non seulement la famille des litteratures slaves, mais d'autres litteratures qui, pour les memes raisons d'ordre linguistique, ne se trouvent que rarement rep^sentees dans nos revues comparatistes. La «confession» a laquelle m'invitaient les organisateurs de l'hommage a Horst R diger touche s fin. Le mot confession, comme son homologue Bekenntnis, signifie aussi profession de foi. «Warum ich eigentlich Komparatist geworden bin?» — parce que je crois a la litterature compare comme terrain de comprehension entre les hommes, comme reconnaissance a la fois de la specificite et de la solidarite des litteratures nationales. La conception que je me fais de la mission de la Revue de litterature comparee rejoint les vues que j'ai toujours defendues au sein de l'AILC, opposees l'«imperialisme» d'une demi-douzaine de «grandes» litteratures. La RLC, publiee en France, fait naturellement une large place a la litterature francaise, mais ne 5'ίηΐέΓ685€ pas exclusivement aux rapports entre la France et l'£tranger. Elle reste ce qu'avaient voulu faire d'elle ses fondateurs, une revue internationale. II en existe d'autres, parmi lesquelles il lui appartient d'affirmer sa personnalito dans un esprit non de concurrence, mais de complementarite avec les efforts deploye's ailleurs. Le champ de nos etudes est sans limites. On ne saurait tracer des frontieres p^cises entre litterature comparee, litterature gen£rale, ΐηέοπε de la litterature. Chacune a besoin des deux autres. Mais il n'est pas de comparatiste, si doue soit-il, qui puisse tout faire. Le temps des grandes syntheses n'est pas revolu; il conviendrait au contraire qu'elles soient de nouveau tentees, mais elles ne peuvent plus etre l'ceuvre d'un seul. L'etude des relations entre les diverses cultures, qui constitue la mission propre et la definition meme de la litterature comparee, demeure la base concr£te indispensable a 1'edification d'une litterature generale et d'une th£orie de la Immature. Mais le comparatisme ne se developpera avec succ£s que dans la mesure ou il pourra depasser le cadre etroit des recherches individuelles, cadre qui risque d'assujettir le chercheur a l'optique propre a une litterature nationale. Inventer des methodes appropriees a une recherche collective sur une base internationale est un probleme ardu. L'AILC, qui s'y efforce depuis une quinzaine d'an^es, en est encore aux t tonnements. Le poids des habitudes demeure lourd. L'individualisme du chercheur lin&aire £tait encore la regie pour la plupart des hommes qui ont ίοπηέ ma gineration. Cette pratique ne permet g^re de depasser le stade de la juxtaposition de travaux iso!6s. Il s'agit de vaincre έ la fois la routine d'une methode de travail Ιιέπΐέβ, et le ρΓ6)^έ national. Si les generations qui nous suivent y parviennent, 1'avenir du comparatisrne — aujourd'hui toujours en situation defensive — est

ULRICH WEISSTEIN

Vergleich und Vergleich gesellt sich gern: Aus dem Leben eines Komparatisten En Amerique, professeur [...] Surexcite par Emporheben Au grand air de Bergsteigleben; J'erre tottjours de-cl de-lä A divers coups de tra la la ... T.S.Eliot: Melange Adultere de Tout Wohl steht es dem unbehausten Intellektuellen an, sich seines Ursprungs zu vergewissern und seinen Lebens- bzw. Bildungsgang im Umriß nachzuvollziehen; nur fragt sich, zu welchem Zeitpunkt dies geschehen soll. Autobiographien schreiben sich am besten im Ruhestand, wenn die Zukunft von der Vergangenheit zehrt und das zur wahren Retrospektive geeignete, mit einem Schuß Skepsis und einem Quentchen Humor durchsetzte Selbstverständnis vorliegt. Aus eigenem Antrieb hätte ich mich kaum dazu entschlossen, im achtundfünfzigsten Lebensjahr in den Rückspiegel zu schauen, der allzu leicht zum Zerrspiegel wird, bin ich doch der Meinung, das Vergessen sei vielfach heilsamer und wohltuender als das Erinnern. Dennoch will ich die Gelegenheit, die die Herausgeber dieser ungewöhnlichen Festschrift bieten, beim Schöpfe fassen und mich sozusagen coram publico fragen, wie es dazu kam, daß ich das Panier der Vergleichenden Literaturwissenschaft ergriff. Die Entwicklung des Komparatisten, die ich im folgenden skizzenartig nachzeichnen will, erfolgte in zwei Abschnitten, einem Stadium der jugendlichen Weltoffenheit und einem des bewußten Kosmopolitismus, zwischen die sich eine Lücke von zwei Jahren (1944—1946) schob — Jahre, in denen ich, vom geistigen und kulturellen Leben abgeschnitten, bedeutende Menschenkenntnis erwarb, die mir nachmals pädagogisch sehr zustatten kommen sollte. So gliedern sich meine Ausführungen zwanglos in zwei Teile, die sich als Vorgeschichte und Geschichte des Penchants zu der mir eigenen Fachspezifik bezeichnen ließen. In der ersten Phase erfolgte, noch weitgehend unartikuliert, das anscheinend ziellose Sammeln der Kräfte, die sich in der zweiten im Lichte wachsender wissenschaftlicher Einsicht bewußt entfalten sollten. Schon in der Wiege betrieb ich ohne mein Zutun Vergleichende Religionswissenschaft; denn als sogenannter Mischling ersten Grades war ich, noch ehe ich gehen konnte, ein Wanderer zwischen zwei Welten: der jüdischen, keineswegs orthodoxen, meines Vaters und der christlichen (protestantischen) meiner Mutter. Daß der von meinen Eltern angestellte pragmatische Vergleich zugunsten des Christentums ausfiel — ich wurde in der Johanniskirche zu Breslau

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vom liebenswerten und hilfsbereiten Pastor Reinhart getauft und später konfirmiert — hat sicher meinem Vater, vielleicht aber auch mir selbst das Leben gerettet. Auch geographisch gesehen könnte die Vermutung auftauchen, ich sei zur Komparatistik vorbestimmt gewesen. Ich stamme nämlich aus Schlesien, wo sich, dem Vernehmen nach, die Füchse gelegentlich gute Nacht sagen. Es böte sich also ein Vergleich mit dem Grenz- und Sprachbewußtsein mancher Väter der Vergleichenden Literaturwissenschaft (Fernand Baldensperger, Louis P. Setz und Hugo Meltzl de Lomnitz) an. Aber die Stadt, in der ich aufwuchs, war sowohl sprachlich als kulturell deutsch, und das Polnische — geschweige denn das Tschechische — konnte man im Gegensatz zum Italienischen nicht einmal als Wahlfach in der Schule belegen. Das schöne Hirschberg im Riesengebirge, wo die Familie meines Vaters herkam, lag im deutschen Sprachraum; und meine Mutter, die ihre Kindheit nahe bei Militsch verbrachte, hatte höchstens ein paar Brocken Polnisch aufgeschnappt. Ich bin also von Natur und Herkunft aus keineswegs zweisprachig. Ist mir das Slawische bei aller Bewunderung für die russische Literatur und Musik (eher Schostakowitsch als Tschaikowsky) im Grunde fremd, so fließt womöglich ein Tröpfchen Mongolenblut in meinen Adern, war doch im dreizehnten Jahrhundert ein Heer des Khans Batu bis nach Schlesien vorgedrungen und hatte in der Schlacht von Wahlstatt bei Liegnitz (1241) die verbündeten Deutschen und Polen besiegt, ehe es sich, Europa im Stich lassend, an die Untere Wolga zurückzog. Rein physiognomisch wenigstens schien der Spitzname ,Eskimoc, den mir meine relativ breiten Backenknochen und die mandelförmigen ,Schlitzaugen' in der Schule eintrugen, berechtigt. Eine zum Vergleich reizende, mir recht früh bewußt gewordene Polarität war diejenige von Preußentum und Austriazismus, war doch ein Großteil Schlesiens 1742 aus dem Besitz der Kaiserin Maria-Theresia in den Friedrichs des Großen übergegangen und seinem Staat einverleibt worden. Mir persönlich war, wie vielen meiner Landsleute, das Preußentum von der Mentalität her verhaßt, und ich fühlte mich als Wahl-Schlawiener, der in der Donau-Metropole seine wahre geistig-seelische und künstlerische Hauptstadt erblickte. Vielleicht hängt dies zusammen mit meiner Leidenschaft für die Schaubühne — nicht für das Drama einer bestimmten Nation, sondern für das wahre Welttheater, wie es Hofmannsthal vorschwebte und schon bei Grillparzer beredten Ausdruck gefunden hatte. Als im Jahre 1940 — nach dem .Anschluß' — die Wiener Staatsoper mit dem zuvor bei uns tätig gewesenen Erich Kunz, einem Figaro von Gottes Gnaden, in Breslau gastierte, empfand man dies wie eine triumphale Heimkehr. Die Berliner Staatsoper oder ihr Pendant, das von Gustaf Gründgens so glänzend geleitete Staatliche Schauspielhaus, hätten sich nie dazu herabgelassen, der Provinz ihre hochherrschaftliche Aufwartung zu machen. Schließlich gab es ja den Fliegenden Schlesier, einen Blitzzug, der den Enthusiasten mit einiger Gefahr für Leib und Leben in dreieinhalb Stunden in die Reichshauptstadt befördern konnte. Das war also die Stadt, in der ich aufwuchs und die ich, damals noch kein Weltenbummler, als Heimat empfand. Was die Zeit angeht, in die ich hinein-

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geboren wurde, so konnte ich sie mir natürlich so wenig aussuchen wie den Ort. Es ist also genau so müßig, darüber zu spekulieren, was aus mir geworden wäre, wenn ich zehn, zwanzig oder fünfzig Jahre früher oder später das Licht der Welt erblickt hätte, als zu fragen, welches Los mir beschieden gewesen wäre, wenn meine Eltern in Zwickau, Aarhus oder Bogota ihre Zelte aufgeschlagen hätten. Schön wäre es freilich gewesen, wenn ich Goethe in Weimar besuchen und der Premiere der Zauberflöte im Theater an der Wie(de)n hätte beiwohnen können. Aber ich war und blieb nun einmal ein Kind des zwanzigsten Jahrhunderts, wie sehr ich mich auch dagegen sträuben mochte, den Federkiel mit der Füllfeder, die Füllfeder mit der Schreibmaschine und die Schreibmaschine mit dem Computer zu vertauschen. Wie war es mit meiner Familie bestellt? Lassen sich aus dem biologischen oder soziologischen Ambiente meine schöpferischen bzw. nachschöpferischen Neigungen erklären? Wenig genug im Stammbaum meiner Mutter deutete auf Künstlertum oder Wissenschaftlichkeit. Ihre Vorfahren waren Bauern oder Waldhüter, keine Gelehrten. Daher ihr Dickschädel, der eiserne Wille, der bei aller Frohnatur in der Charakter-Anlage die Familie auch unter den widrigsten Umständen zusammenhielt und das Überleben ihres Kerns sicherte. Der Vater, ein kluger, leicht pedantischer Mensch, war mit Leib und Seele Jurist, wenn auch kein streitbarer. Ihm fehlte die sinnliche Ader, die den Großvater Alfred, Inhaber der historischen Mohren-Apotheke in Breslau, bis ins hohe Alter auszeichnete. Das Literarische grassierte in der Verwandtschaft. Der Onkel Fritz, ein stets zu Spaßen aufgelegter Junggeselle, war Bibliothekar im linkshändig ausgeübten Hauptberuf. Er rezitierte gern bei festlichen Anlässen wie der Goldenen Hochzeit meiner Großeltern, die das Ende einer Ära signalisierte, und wartete mit Gedichten und sprühend witzigen Tischreden auf. Zu den entfernten Verwandten gehörte der bekannte Berliner Theaterkritiker Fritz Engel sowie wahrscheinlich Gotthilf Weisstein, ein Bibliophile von Rang, dessen Bibliotheks-Katalog, von Fedor von Zobeltitz eingeleitet, in den größeren Büchereien Europa und Nordamerikas zu finden ist. Man sieht schon: ich bin nicht , schlechten Eltern'. Übrigens schlug mein Bruder Wolfgang, der in den allerletzen Kriegswochen ein Opfer der Nazis wurde, in die gleiche Kerbe. Noch heute besitze ich von seiner Hand ein längeres Expos£ über wesentliche Aspekte der Filmkunst, der er sein Leben widmen wollte. Zuhause, d. h. in unserer Wohnung in der Kirschallee, aus der wir 1942 auf Wunsch des damaligen Breslauer Polizeipräsidenten, der ein begehrliches Auge darauf geworfen hatte, vertrieben wurden, gab es eine für bürgerliche Verhältnisse ungewöhnlich reichhaltige Sammlung von Werken deutscher und ausländischer Klassiker, aus denen ich früh reiche Nahrung sog. Besonders stark vertreten waren die Russen (Dostojewski, Turgenew, Tschechow und Leskow) und Franzosen (Balzac, Maupassant und Moli£re in der fünfbändigen bibliophilen Ausgabe des Münchener O. C. Recht-Verlages mit den Holzschnitten von Tony Johannot, die den Krieg überlebte); aber auch skandinavische Dichter (Hamsun, Herman Bang) und der Schlegel/Tiecksche Shakespeare in der zehnbändigen Ausgabe des Bibliographischen Instituts waren vorhanden, hingegen kaum irgendwelche Lyrik, nicht einmal Rilke oder George.

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Eine erheblich wichtigere Rolle als die Literatur spielte im Leben meines Vaters die Musik, weniger die sogenannte absolute (in welchem Bereich er Mozart fast als einzigen gelten ließ) als das theatralische Gesamtkunstwerk Oper. Schon als Student versäumte er kaum eine Aufführung, memorierte Erst- und Zweitbesetzungen und sammelte fleißig Programme, von denen ich später profitierte. Wie sehr ich ihn noch heute um das umfangreiche Repertoire beneide, standen doch damals etwa achtzig Werke dieses Genres im regulären Spielplan der Breslauer Bühnen! Hier lag also der Keim zu meinem künftigen Interesse an den Wechselbeziehungen zwischen Literatur und Musik, das in meiner Dissertation über Otello und den Rosenkavalier erste wissenschaftliche Früchte tragen sollte. Mehr noch als das Sprechtheater, das selbst die Nazis nicht gänzlich einzudeutschen vermochten, ist das Musiktheater seinem Wesen nach international, und zwar sowohl in bezug auf den Spielplan (wer könnte sich in Deutschland eine Spielzeit ohne Verdi und Puccini, in England oder den Vereinigten Staaten eine solche ohne Wagner und Strauß vorstellen, von den Franzosen, Russen und Tschechen ganz abgesehen!) als auch im Hinblick auf die Quellen und die Entstehung einzelner Werke (Beaumarchais/Daponte/ Mozart, Auden/Henze usw.). Der Musik, einschließlich der modernen, die ich in den Nadikriegsjahren vor allem während der jährlich stattfindenden Frankfurter Tage für Neue Musik in Konzerten der führenden Rundfunkorchester kennen und zum Teil (Strawinsky, Bartok, Hindemith) lieben lernte, galt und gilt nach wie vor meine eigentliche Liebe. Ich bilde mir sogar ein, musikalisch begabt zu sein; doch kam es im kritischen Stadium meiner Entwicklung nicht einmal zur Talentprobe. Als ich wenige Jahre nach der Machtübernahme meine Eltern bat, mir doch Klavierunterricht erteilen zu lassen, hieß es, die Zeit sei nicht dazu angetan, ein Pianoforte für den Hausgebrauch anzuschaffen. Und als ich nach dem Krieg einem bekannten Mitglied der Hessischen Staatsoper, Lothar Weber, vorsang, sagte mir dieser trocken, meine Stimme sei verformt. Am liebsten wäre ich freilich Dirigent geworden, womöglich ein zweiter Furtwängler. Noch heute dirigiere ich zum Schrecken der Familie auf der Straße und beim Wandern ein unsichtbares Symphonie-Orchester. Dahin! Dahin! Meine Passion für die Bildende Kunst, vor allem die Malerei, erwachte erheblich später als die Leidenschaft für Musik. Zuhause war selten davon die Rede, und das Breslauer Museum war nicht eben reich an unsterblichen Meisterwerken. Auch führten uns unsere sommerlichen Ferienreisen meist ins Gebirge und nur selten in die großen Städte. Immerhin gewann ich schon als Teenager einen ersten, unauslöschlichen Eindruck von Venedig und prägte mir manches Bild in der Alten Pinakothek in München ein. Der stärkste Anstoß kam zweifellos von meinem Zeichenlehrer am Gymnasium und Realgymnasium am Zwinger, dem unter dem Spitznamen Fridolin stadtbekannten Maler Hoffmann (sein Vorname ist mir entfallen), der selbst einen zeichnerisch völlig unbegabten Knaben wie mich zu inspirieren wußte und der auch als Mensch unsere Achtung verdiente. Großen Dank schulde ich ebenfalls dem Kunsterzieher Walter Gösch, ein auch der Kunst des XX. Jahrhunderts aufgeschlossener, aber schwieriger und äußerst sensibler und politisch nicht ganz stubenreiner Mensch, mit dem

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ich in den Nachkriegs jähren so manches tiefschürfende Gespräch führte. Als Anschauungsmaterial dienten uns die Schätze der Berliner Staatlichen Museen, die bis zu ihrer Rückkehr nach Dahlem in Wiesbaden untergebracht waren und in ständig wechselnden Ausstellungen gezeigt wurden. Systematisch mit Bildender Kunst befaßt habe ich mich erst in der Frankfurter Studienzeit. Leider waren am dortigen Kunsthistorischen Seminar die Gewichte ungleich verteilt. Der Schwerpunkt lag eindeutig auf der Antike (Kaschnitz-Weinberg und Homann-Wedeking) und dem Mittelalter (Harald Keller und Otto von Simson, der im Rahmen des Austauschprogramms Frankfurt/Chicago über byzantinische Kunst las), während ich mich zusehends für die Malerei der italienischen Frührenaissance begeisterte und Masaccio, Uccello und die großen Farbkünstler Andrea dal Castagno und Domenico Veneziano verehrte. So war es fast unvermeidlich, daß ich in den Semesterferien in die Toskana abwanderte, um in Museen und Kirchen Lokalstudien zu treiben. Um ein Haar wäre ich Kunsthistoriker geworden. Was mich vor diesem Entschluß zurückschrecken ließ, war eine Scheu, deren Ursache ich mir anfangs nicht erklären konnte, bis ein Vorfall sie schlagartig erhellte. Ich besuchte als Gasthörer eine Vorlesung über ostasiatische Kunst, innerhalb derer es wiederholt zu peinlichen Kommunikations-Pannen kam. Der Koryphäe, die uns in die Geheimnisse des chinesischen Kunstgeschmacks einweihen sollte, gelang es nämlich nicht, uns gewisse Meisterwerke einfühlbar zu machen. Besonders vor einem Stilleben mit drei oder vier zartfarbigen Pfirsichen — oder waren es Äpfel? — vor einem völlig neutralen Hintergrund verschlug es ihm die Sprache. Was bei Chardin und Cezanne selbstverständlich war, wurde hier zum Rätsel. Das also war des Pudels Kern und der Grund für das Unbehagen, das mich bei der Beschreibung und Deutung — wohlgemerkt: nicht bei der Betrachtung — von Bildern beschlich. Will heißen: im Gegensatz zur literarischen Analyse, die stets im gleichen Medium wie das zu interpretierende Werk, d. h. mit sprachlichen Mitteln, erfolgte, setzt die Analyse von Gemälden, Skulpturen, Holzschnitten, Kupferstichen usw. einen Mediensprung voraus; sie gilt daher stets im übertragenen Sinn. Nur die Ikonologie als vordringlich thematische, inhalts- bzw. gehaltsbezogene Betrachtungsweise entgeht dieser semantischen Zwickmühle und ist schon aus diesem Grunde ein ideales Vehikel für den mit der wechselseitigen Erhellung von Literatur und Bildender Kunst Befaßten. Solchen Einwänden zum Trotz kam mir das, zum Teil autodidaktische, Studium der Kunst beruflich sehr zustatten. Der erste Lehrauftrag z. B. machte es dem frischgebackenen Ph. D. zur Pflicht, neben der deutschen Sprache und Literatur auch Kunstgeschichte zu unterrichten; er war gehalten, in einem Zyklus von vier semesterlangen Veranstaltungen den ganzen Kreis derselben — von den Ägyptern bis zum Abstrakten Expressionismus — auszuschreiten. Dies waren wirtschaftlich schlechte Zeiten, und der junge Instruktor verdiente sich ein Taschengeld, indem er für eine führende Kunstzeitschrift Bücher rezensierte und während der Wintersaison in deren Auftrag New Yorker Museen und Galerien besuchte, um über die dort stattfindenden Ausstellungen zu berichten. Und wie sonst wäre es ihm gelungen, Wolfgang Kaysers einfluß-

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reiches Buch Das Groteske — Seine Gestaltung in Malerei und Dichtung sinngerecht ins Englische zu übertragen, es dabei in Einzelheiten, die dem kunsthistorisch nicht vorgebildeten Autor entgangen waren, verbessernd? Und nun zu den sprachlichen Voraussetzungen meines Komparatismus. Ich sprach von der weltliterarisch repräsentativen Bibliothek meiner Eltern, ohne ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß in ihr ausländische Werke durchwegs in deutscher Übersetzung existierten, obwohl mein Vater des Französischen, wie übrigens auch des Griechischen und Lateinischen, mächtig war. In der Urgestalt lernte ich viele Texte erst kennen, als meine Sprachkenntnisse weit genug gediehen waren. Das Englische war mir dank meiner sanften und stets freundlichen Tante Cäcilie, die wie ihr Bruder vom Holocaust verschlungen wurde, seit meiner frühesten Jugend einigermaßen vertraut; auch stand es auf dem Stundenplan der Privatschule Wohl, die ich anstatt der Volks- bzw. Grundschule besuchte. Nach sechs Jahren Unterricht in diesem Fach durfte ich mich auch an relativ schwierige Texte wagen; den sprachlichen Ausdruck perfektionierte ich allerdings erst während des Studiums am Frankfurter Anglistischen Seminar, wo man den Unterschied zwischen Oxford English und American English sehr genau nahm. Englische Eintragungen in mein Tagebuch häufen sich seit Ende der vierziger Jahre, und schon 1952 erschien eine während meines ersten Amerika-Aufenthaltes angefertigte Arbeit über Eliots Cocktail Party in der gut angesehenen Western Review. Ihr Stil läßt allerdings zu wünschen übrig, und ich frage mich heute, warum ihn der Herausgeber vor der Drucklegung nicht verbessert hat. Latein kam in der Sexta hinzu und wich uns Gymnasiasten sechs Jahre lang nicht von der Seite. Gegen die Sprache, die leicht zugänglich war, hatte ich wenig einzuwenden; doch stießen wir in der ganzen Zeit nie bis zur Dichtung vor, sondern mußten uns mit Historikern wie Caesar und Sallust begnügen, einer trockenen Materie. Den Vergil lernte ich im Original erst auf dem Umweg über Dante kennen, den Horaz gar erst als Postgraduate. Französisch lernte ich von Sekunda an, ein wenig Umgangsspanisch bei einem Hauslehrer, der uns auf die Auswanderung nach Chile, die am Widerstand meiner Mutter scheiterte, vorbereiten sollte. Als Studiosus erwarb ich recht unzureichende Grundkenntnisse im Griechischen und machte, zunächst unter Anleitung des Lektors Luigi Biagioni, einem Pirandello-Übersetzer, und anschließend durch eigenes Studium der Commedia und des Decamerone, Bekanntschaft mit dem Italienischen, die sich seither vertieft hat und mir bei interdisziplinären Forschungen sehr zustatten kommt. Hätte man mir als Kind prophezeit, daß ich künftig die Vergleichende Literaturwissenschaft als akademisches Fach vertreten werde, so hätte ich mir gewiß ,somewhere along the line' eine slawische Sprache, wenigstens passiv, angeeignet, vielleicht sogar, Etiembles mir damals noch unbekanntem Rate folgend, zusätzlich eine ,exotischec. Wie wichtig der Umgang mit fremden Sprachen — nicht allein für den Komparatisten — sein kann, bewies ein wahrhaft existentielles Erlebnis. Als ich im August 1944, der Zwangsarbeit glücklich entronnen, mit zwei Freunden den französischen Maquis in die Arme lief, die sofortige Befreiung erhoffend,

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stellte man uns, da es an Zeit gebradi, Nachforschungen anzustellen, kurzerhand an die Wand und hätte uns als potentielle Spione oder Gestapo-Agenten an Ort und Stelle erschossen, hätte der Uhrmacher Ernst Frankenstein, der fließend Französisch sprach, keinen lebensrettenden Aufschub erzwungen. Das war eine Lehre, die keiner von uns so leicht vergessen wird. Mit dem Erwerb von Sprachkenntnissen Hand in Hand ging bei mir ein wachsendes Bewußtsein des oft tiefschürfenden Unterschieds zwischen Original und Kopie bzw. Nachdichtung. Ich selbst erteilte mir Anschauungsunterricht, indem ich den damals weitgehend als apokryph bezeichneten und in der Schlegel/Tieck-Ausgabe fehlenden Pericles, Prince of Tyre ins Deutsche übertrug. Als sporadischer Übersetzer blieb ich im folgenden trotz gelegentlicher Ausflüge in die Lyrik (Bachmann, Benn, Eich) dem Drama treu. Allerdings wandelte sich meine Auffassung bezüglich des Verhältnisses von Ursprache und Zielsprache in der Weise, daß ich es zunehmend vorzog, aus dem Deutschen ins Englische, meiner zweiten Muttersprache, zu übertragen. So stellte ich englische Fassungen von Georg Kaisers Von morgens bis mitternachts und Reinhold Goerings Seeschlacht her, weil mich das Wagnis der Sprache — die Aufgabe, unidiomatische Texte auch unidiomatisch wiederzugeben — reizte. Hier befand ich mich im Widerspruch zu Eric Bentley, dessen in stilreinem Englisch gehaltene Fassungen Brechtscher Dramen eher wie Bearbeitungen anmuteten und nach einiger Zeit wortgetreueren Obersetzungen von dritter Hand Platz machen mußten. Das Übersetzen — dies die nächste Stufe der für den Komparatisten symptomatischen fortschreitenden Erkenntnis — ist eine Art des Vergleichs, und zwar eine (nach-)schöpferische. So muß denn die Theorie und Praxis der translatio als Kernzone der Vergleichenden Literaturwissenschaft gelten. Der Gefahr, der diejenigen Forscher und Kritiker ausgesetzt sind, die glauben, man könne sich auf Übersetzungen stützen, wurde ich mir in ihrer ganzen Größe erst in den Vereinigten Staaten bewußt. Ihr waren vor allem die New Critics unterlegen, deren werkimmanente Verfahrensweise, soweit sie auf die angloamerikanische Dichtung (primär Lyrik und sekundär Epik — zum Drama hatten sie keinen Zugang) angewandt wurde, ich im übrigen uneingeschränkt bewunderte. Sobald sie die ihnen von der ,native tongue' gesetzte Grenze überschritten, gerieten sie aufs sprachliche Glatteis. Um so peinlicher war es, daß sie, die Yeats und Eliot, Pound und Henry James so feinfühlig interpretierten, ausgerechnet an Dante einen Narren gefressen hatten. Sie legten ihn auf ihre Weise aus, ohne ihm sprachlich gewachsen zu sein. Von bösen Zungen wurde berichtet, man habe einen ungenannt bleiben sollenden New Critic, der fleißig über die Commedia schrieb, beim Abhören von italienischen BerlitzSprachschallplatten überrascht. Wie es die Suche nach der verganenen (und teilweise verlorenen) Zeit mit dem ihr eigenen assoziativen Verfahren nun einmal mit sich bringt, bin ich den Ereignissen chronologisch vorausgeeilt. Ich will deshalb nachholen, daß die vielversprechenden, vielseitigen Ansätze zu einer Laufbahn, in der die gegenseitige Befruchtung der Künste und Literaturen zu deren wechselseitiger Erhellung im Rahmen einer großzügig betriebenen Vergleichenden Literatur-

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Wissenschaft beitragen sollte, durch die politische Entwicklung nach 1933 zusehends frustriert wurden. Mit der ,Kristallnadit' am 9. November 1938 begann der Ernst des Lebens. Noch durfte ich die Schule besuchen, und wiederholte Bildungsreisen nach Berlin verstärkten in mir das Bewußtseins meiner theatralischen Sendung. Die Aufführungen von Calderons Das Leben ein Traum mit Bernhard Minetti, Shaws Heiliger Johanna mit Käthe Gold und Grillparzers Bruderzwist In Habsburg mit Werner Krauss haben sich dem Gedächtnis unauslöschlich eingeprägt. Zuhaus in Breslau lernte ich unterdes unter dem Eindruck beachtlicher Klassiker-Aufführungen in der Regie des SS-Intendanten Schlenck mehrere Lieblingsrollen (Gyges, Tasso, Faust und Hamlet) auswendig. All das endete mit einem Schlag, als ich, der Halbarier, „laut Erlaß des RMfWEV vom 2. 7. 1942" (nach Absolvierng der Obersekunda) die Schule stante pede verlassen mußte. Da mir ein meinen geistigen Interessen angemessener Bildungsgang nunmehr verschlossen war, ich aber beschäftigt werden mußte, trat ich der Firma Hans Lopotsch KG, Lebensmittel en gros, als Lehrling bei. Dort vertiefte ich mich, Lane Coopers Kritik an der Formulierung .Comparative Literature' beim Wort nehmend, in vergleichende Kartoffeln, Heringe und Rosinen. Aber auch diese, auf drei Jahre festgesetzte Lehrzeit, bei der ich als Handelsschüler in Kurzschrift, Schreibmaschine und doppelter Buchführung so brillierte, daß mir — Ironie des Schicksals — ein Buch über Hitlers Frankreich-Feldzug als Prämie zuteil wurde, führte nicht zum Ziel. Sie wurde im Mai 1944 durch meine Einberufung zu einer Sondereinheit der Organisation Todt unsanft unterbrochen. Dort befand ich mich in einer aus Mischlingen, Zigeunern, Abkömmlingen schwarzer US-Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg und ehemaligen Strafgefangenen bunt zusammengewürfelten Gesellschaft, die in der Arnimschen Isabella von Ägypten oder im dritten Akt von Carmen ohne weiteres als Staffage hätte dienen können, zumal wir malerisch zerlumpt in Drillichhosen und Holzpantinen herumliefen. Von nicht mehr fronteinsatzfähigen Landsern und ihren gestrengen Vorgesetzten aus der Waffen-SS bewacht, reparierten wir unentwegt immer wieder zerbombte Eisenbahnlinien und Tunnels im Nordwesten Frankreichs und lernten, ohne daß wir eigens dazu ausgezogen waren, das Fürchten. Dann kam die Invasion, und ,the Hun was on the run'. Doch uns blühte aufgrund eines zwischen den Alliierten getroffenen Abkommens ohne Ansehen der Person statt der triumphalen Heimkehr die Zivilinternierung, aus der diejenigen von uns, die aus der „russischen Zone" stammten und nicht repatriiert werden konnten, erst im Frühjahr 1946 entlassen wurden. So zog ich, materiell völlig auf den Hund gekommen, aber geistig regsam, unter dem Geläut der Osterglocken in München ein, wo ich, in einer Baracke hausend, als Dolmetscher im Bayerischen Staatsministerium für Sonderaufgaben (sprich Entnazifizierung) Arbeit fand. Die Stadt des alten Peter war ein Trümmerhaufen, aber trotz der unvorstellbaren Not blühte das Kulturleben in den Ruinen, und ich konnte mein Nachholbedürfnis — vor allem durch den regelmäßigen Besuch der von Erich Engel geleiteten Kammerspiele — einigermaßen befriedigen. Im November zog ich nach Wiesbaden, wo sich meine Eltern nach einem kurzen Zwischenspiel in Erfurt niedergelassen hatten. Das

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im Dritten Reich unterbundene Abitur wurde in einem Sonderkurs, in dessen Verlauf mir die Mathematik beinahe ein Bein gestellt hätte, nachgeholt; und nach dem Besuch eines Sommerkurses an der neueröffneten Universität Mainz, bei dem der bekannte Philosoph Otto Friedrich Bollnow mit einem Loch in den Hosen den Existentialismus predigte, bezog ich mit dem Herbstsemester 1947 die Universität Frankfurt. Meine Hauptfächer waren die Anglistik und die Germanistik; die Kunstgeschichte studierte ich im Nebenfach. Wie kaum verwunderlich, plagte midi eine wahrhaft enzyklopädische und polyhistorische Neugier, und ich belegte mehr Veranstaltungen als an den Fingern beider Hände abzuzählen waren. Das Spezialisten- und Fachidiotentum war mir schon damals ein Horror. So informierte ich mich bei dem vor seinem genialen Sozius Adorno nach Deutschland zurückgekehrten Max Horkheimer über die „Theorie der Gesellschaft seit Saint-Simon" und hörte mir an, was dem nach Frankfurt übergesiedelten ehemaligen Rektor der Universität Leipzig, Hans Georg Gadamer — damals noch keine Kultfigur der Hermeneuten —, zum Thema „Das Ende der abendländischen Metaphysik" einfiel. Den weitaus stärksten Eindruck auf mich machte ohne Zweifel der damals fast siebzigjährige Gräzist Karl Reinhardt, ein begeisterter Radler und Autor einer mir schon wegen des Titels, Aischylos als Regisseur und Theologe, symphatischen Studie über den Vater der Tragödie. Reinhardt machte selbst die Lektüre der naturphilosophischen Fragmente Heraklits zum Vergnügen. Und seine Vorlesungen über das griechische Satyrdrama wurde zur Theatervorstellung in camera; denn er dozierte nicht, sondern demonstrierte. Überhaupt hielt mich das Theater weiter im Bann. Ein paar Wochen lang hospitierte ich als Regieassistent an dem von Karl-Heinz Stroux dynamisch geleiteten Hessischen Staatsschauspiel, das mit brisanten Inszenierungen von Wilders Wir sind noch einmal davongekommen und O'Neills Trauer muß Elektra tragen (in einer fast pausenlos abrollenden sechsstündigen Inszenierung, die die meisten Zuschauer überforderte) aufwartete. Auch an der Studiobühne der Universität war ich mit großem Engagement tätig und versuchte, sehr zum Leidwesen des anglistischen Lehrstuhlinhabers, Theodor Spira, Eliots Fragment of an Aristophanic Melodrama, Sweeney Agonistes aufführungsreif zu machen. Zu unserer großen Enttäuschung nahm Ernst Beutler, der einen Lehrauftrag für Theaterwissenschaft hatte, diesen nicht wahr. Trotzdem lernte ich ihn in einem Seminar über Dichtung und Wahrheit, in welchem ich über Goethes Verhältnis zu Shakespeare referierte, schätzen und als Mensch verehren. Was die Vergleichende Literaturwissenschaft anbetrifft, so kann ich mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wann diese magische Formel an meinem geistigen Horizont auftauchte — ob in Frankfurt, am Salzburg Seminar of American Studies, dem ich die endgültige Befreiung aus der kulturellen Provinzialität verdanke, oder erst jenseits des großen Teiches, über den mich und hundert andere Kommilitonen ,aus deutschen Gauen' die dem Vernehmen nach schon mehrmals auf dem Meeresgrund gelandete S. S. Brasil der Home Lines Fratelli Consulich bugsierte. Der Sache nach war mir das Phänomen vertraut. Auch in dieser Hinsicht war T. S. Eliot, der 1949 in Frankfurt einen Vortrag hielt und uns im Seminar besuchte (wobei der Ordinarius,

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aus Furcht sich sprachlich zu blamieren, seinen Hauptassistenten die kurze Begrüßungsrede halten ließ), mein Leitstern. So schrieb ich ins Tagebuch: „Seine Komplexität, die ihn zu einem Brennpunkt und Spiegel aller europäischen Dichtung seit dem Symbolismus macht, strahlt in alle Länder und alle Zweige der Literatur-Historie aus." Die endgültige akademische Weichenstellung erfolgte während des Studienjahres 1950/51, das ich mit Hilfe eines State Department Scholarship — damals gab es noch keine Fulbright-Stipendien — bestritt, zunächst an der University of Iowa (wo der Neohumanist Norman Foerster gelehrt hatte und Rene Wellek bis vor kurzem tätig gewesen war) und anschließend an der Indiana University, wo neben der School of Letters (vormals: Kenyon School of English) ein von Horst Frenz ins Leben gerufenes und geleitetes Comparative Literature Program florierte. Nach Europa zurückgekehrt hatte ich, zumal mein Doktorvater, ein Konvertit, theologische Bedenken gegen meine Auslegung der Family Reunion und der Cocktail Party erhob, keine rechte Lust mehr, mich mit den Einzelphilologie herumzuschlagen. Ich sondierte das Terrain und brachte in Erfahrung, daß man in Deutschland nur an zwei Orten, an denen die Franzosen nach Pariser Muster Lehrstühle errichtet hatten, Komparatistik studiern konnte. Ich fuhr also eines schönen Tages nach Mainz, um mich bei dem dortigen ,incumbentc Friedrich Hirth vorzustellen und ein Dissertations-Projekt mit ihm zu besprechen. Ich wollte ein Referat über Synästhesie bei Dante, das ich für den als Mensch und Lehrer großartigen Allen Täte in Bloomington angefertigt hatte, im Sinne der Vergleichenden Literaturwissenschaft ausbauen und erweitern. Leider stieß ich bei dem verdienstvollen Manne, der sich als Herausgeber der Korrespondenz Heinrich Heines einen Namen gemacht hatte, auf Unverständnis. Meine Tagebuch-Eintragung vom 19. 10. 1951 spricht von „pedantischen Einwendungen" und bezeugt meinen Willen, „keine Konzession an den Pragmatismus" zu machen. In Deutschland war also nichts zu holen, und nach dem Fehlschlag in Mainz stand ich vor der Wahl, an die Sorbonne zu gehen oder Europa erneut — diesmal ,for good' — den Rücken zu kehren. Die Entscheidung fiel mir nicht schwer, da mir an der Indiana University eine Assistentenstelle angeboten wurde. Ich ergriif die Gelegenheit. So war ich denn endlich lanciert und stand am Beginn einer nunmehr dreißigjährigen Laufbahn, die mich in vieler Herren Länder geführt hat und hoffentlich noch führen wird. Wer weiß, vielleicht blüht mir, was Eliot der persona seines anfangs zitierten Gedichts aus der Sammlung Poems (1920) in den Mund gelegt hat: Je celebrai mon jour de fete Dans une oasis d'Afrique Vetu d'une peau de girafe. On montrera mon cenotaphe Aux cotes brulantes de Mozambique.

RENE WELLEK How, Why And When I Became a Comparatist? It is easy for me to answer this question. I was born in Vienna. My father Bronislav (1872—1959) who was in the Austrian Civil Service, came from Prague and was very conscious of his Czech nationality. He had literary interests since his youth as a student of law at the University of Prague. He knew some of the then prominent Czech poets personally and translated their poems into competent German verse. They were published in a three-volume anthology of Czech poetry edited by a Viennese surgeon, Eduard Albert, as Neuere Poesie aus Böhmen (1893) and Neueste Poesie aus Böhmen (2 volumes, 1895). Even as a schoolboy I tried my hand at verse translation from Czech and I was barely nineteen when I published a little volume of stories by the Czech poet, Julius Zeyer (1841—1901), as Florenz im Schnee (Rikola-Verlag, Vienna, 1922) with an odd, condescending and misinformed Preface by the then well-known Prague German poet, Hugo Salus. By that time, after the collapse of the Austrian-Hungarian monarchy, my family had moved to Prague: I had graduated from a Czech Realgymnasium and decided to study what was then called Germanic Philology at the Czech University. It seemed a natural choice as I had native German, had read much German literature and had also developed an interest in English (which was part of Germanic Philology). At the University there was a Chair of Comparative Literature held by Vaclav Tille (1867—1937) since its founding in 1911. It must have been in 1922 when I entered the University that I first heard of comparative literature as an academic subject. I took Professor Tille's seminar alongside my main work with the Germanisten (Arnost Kraus, Josef Janko, Otokar Fischer) and the anglistic Vilem Mathesius, later the founder and President of the Prague Linguistic Circle. Tille was mainly a folklorist who had studied fairy-tales and written fairy-tales himself but had begun as a student of French literature with a monograph on Hippolyt Taine. At the time I knew him he had become a theater critic who was feared for his sarcastic reviews. I am not sure that I learned anything about the methods of comparative literature. His seminar was rather a wide-ranging discussion group of almost any problem or figure in contemporary literature. Tille loved to tease the aspiring writers and poets who attended with epigrams and quotations. I remember his quoting the German painter Wilhelm Leibl saying: "Talentlosigkeit ist keine neue Richtung" (I have never traced the source), or defining Tendenzroman, after listening to tortuous attempts by students as "more Tendenz than Roman." In general comparative literature in Prague was, as in the other Slavic countries, largely a study of folk literature, partly due to the influence of the great Russian comparatist, Alexander Veselovsky,

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and Tille's own collegue Jiri Polivka (1858—1933), the co-author with Johannes Bolte, a Dutchman, of the still standard formidable three-volume Anmerkungen zu den Hausmärchen der Brüder Grimm (1913—1918), which collects analogues from all over the world, from New Zealand to Kamchatka. I sampled Polivka's lectures but stuck to my German studies at first, and after 1924 when I visited England for the first time, moved slowly over into Anglistik. I wrote a thesis for the D. Phil, for Mathesius on a comparative topic: "Carlyle and Romanticism" of which a part, Carlyle and English Romanticism, appeared as my first publication in English in a Festschrift for Kraus and Janko (Xenia Pragensia, Ernesto Kraus septuagenario et Josepho Janko sexagenario ... oblata, Prague, 1929, reprinted in my Confrontations, Princeton, 1965) and planned further work on Coleridge and his German contacts which bore fruit only much later. I spent the years 1927—1930 in the United States first as a post-graduate student of English at Princeton University and then as an instructor of German at Smith College and at Princeton. There was at that time no Comparative Literature at either Princeton or Smith and I do not remember that it ever came up as an issue. When I returned to Prague in 1930 I brought with me the manuscript of a monograph on Immanuel Kant in England as a Habilitationsschrift for the Dozentur in English Literature at the Czech University. It was again a comparative topic, a reputation and influence study, mainly a contribution to the illumination of an episode in the history of philosophy. The book was published under the imprint of the Princeton University Press in 1931 though, for financial reasons, I had it printed in Prague. I became a Dozent in 1932 and lectured and held seminars in the history of English literature mainly in the nineteenth century. As hopes for an early appointment to a Chair were remote I accepted the position of a Lecturer of Czech Language and Literature at the School of Slavonic Studies at the University of London in 1935. Though my lectures given at King's College were mainly on Czech topics, much of my work was comparative: a study, Bohemia in English Literature, collected materials mainly from English travel books, and a paper, Macha and English Literature, studied the finest Czech romantic poet, who died in 1836 at the age of 26, in relation to Shakespeare, Byron, Scott and Bulwer-Lytton. (They are both reprinted in my Essays on Czech Literature, The Hague, 1963). When Hitler occupied Prague on March 15, 1939, I decided to emigrate to the United States as post-Munich England, with the imminence of the war in the air, was not a Promised Land for refugees. I found a position first as lecturer and soon as Professor in the English Department of the University of Iowa at Iowa City. As the only foreigner I was asked to teach a course on the European novel in translation, which ranged from Balzac to Thomas Mann, taking in Dostoevsky and Tolstoy on the way. I gave also a graduate seminar on German-English literary relations, later expanded to GermanAmerican topics. Some of this teaching resulted in papers on Emerson and German Philosophy, The Minor Transcendentalists and German Philosophy, Carlyle and the Philosophy of History and De Quincey's Status in the History of Ideas, all concerned mainly with their German contacts and later reprinted

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in Confrontations: Studies in the Intellectual and Literary Relations Between Germany, England, and the United States During the Nineteenth Century (Princeton, 1965). Also the paper, The Concept of Baroque in Literary Scholarship (1945), written in Iowa City, is definitely comparative. At the Congresses of the Modern Language Association of America I took part in organizing a section on Comparative Literature and in founding a periodical, Comparative Literature, which eventually began publication under the sponsorhip of the University of Oregon in 1948 with Chandler B. Beall as editor. The first number contained my essay The Concept of Romanticism in Literary History (since reprinted in Concepts of Criticism, New Haven, 1962), which was an attempt to refute A. O. Lovejoy's scepticism about the very existence of the phenomenon and to reassert the basic unity of Western European Romanticism. It was thus hardly surprising that when in 1946 I had a call to Yale University, I was brought in as Professor of Slavic and Comparative Literature. Yale had never had a department or even program like Harvard, Columbia or Wisconsin. I was encouraged to develop the subject, at first, single-handed with very few students in a graduate program leading to the Ph. D. But it grew steadily though slowly. I was appointed Sterling Professor of Comparative Literature, a name Chair, one of 25 in the University, which allowed me to shed the "Slavic" in my title though I remained Chairman of the Slavic Department. In 1960 at last an independent Department of Comparative Literature was formed, of which I served as Chairman and Director of Graduate Studies until my retirement in 1972. Formally then I became Professor of Comparative Literature only in 1946. As I have said many times, also in print, I do not consider the term 'comparative' a happy choice, though it can and must be defended against the accusation that it makes "neither sense nor syntax" as Lane Cooper charged insisting on calling the department at Cornell University "Department of Comparative Study of Literature". As the history of the word 'literature' in English and French shows, 'literature' originally meant the 'knowledge or study of literature' and thus 'comparative literature' was and still is a perfectly justifiable ellipsis for the comparative study of literature. But the adjective 'comparative' is open to the objection that comparison is a universal method not only in all literary studies even of individual writers and national literatures, but also in the other humanities, social and natural sciences. After all, the model for 'comparative literature' was a term such as Cuvier's 'comparative anatomy'. Comparison is not the only and not even the dominant method in our discipline. We describe, analyze, interpret, characterize, evaluate and what not, more than we compare, at least explicitly. But 'Comparative Literature' has acquired academic status as a term for the study of several literatures and their interrelations and, more generally, for the study of literature from an international point of view. It is now thoroughly accepted and its necessity is fully understood. Only laymen ask us: What do you compare? I would actually be happier if I could have been able to call myself simply Professor of Literature, as there are Professors of History or of

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Philosophy who need not specify their particular range of interest or method. But in practice Comparative Literature has accomplished its task (not, I am afraid, in all countries) of breaking down the barriers between the old philologies and in re-establishing the idea and the ideal of an international literary scholarship. I hope I have helped to further this goal and can only reflect that my birth and education at the crossroads of nations and my later American experience which made me see Europe as a totality from the other shore have prepared me for it.