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German Pages 1163 Year 1996
WEGE ZUR GANZHEIT Festschrift für
J. Hanns Pichler
Wege zur Ganzheit Festschrift für J. Hanns Pichler zum 60. Geburtstag
herausgegeben von
Geiserich E. Tichy Herbert Matis und Fritz Scheu eh
Duncker & Humblot . Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Wege zur Ganzheit: Festschrift für J. Hanns Pichler zum 60. Geburtstag / hrsg. von Geiserich E. Tichy ... - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 ISBN 3-428-08993-6 NE: Tichy, Geiserich E. [Hrsg.]j Pichler, Hanns: Festschrift
Alle Rechte, auch die des.. auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISBN 3-428-08993-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9
Vorwort Am 12. Mai 1996 begeht o.Univ.-Prof.Dkfm.Dr.Dr.h.c. J. Hanns Pichler, M.Sc. seinen 60. Geburtstag. Die Herausgeber legen diese Festschrift vor, um den Jubilar in gebührender Weise zu ehren und die herzlichsten Geburtstagswünsche aller, die zu diesem Werk beigetragen haben, zum Ausdruck zu bringen. Die behandelten Themen, die große Zahl der Autoren und die Tabula Gratulatoria, die Namen sehr vieler bedeutender Persönlichkeiten trägt, geben dieser Festschrift ein besonderes Gewicht und widerspiegeln in beeindruckender Weise die vielen Interessensgebiete des Jubilars; viele der Autoren sind ihm freundschaftlich verbunden, was das vorliegende Werk auch zu einer Freundesgabe macht. Die in diesem Band vorliegenden Beiträge berühren fast alle wichtigen Lebensbereiche des Menschen und damit der Gesellschaft. Das Wesentliche kann daher nicht in wenigen Worten umrissen werden, zudem haben die Herausgeber bewußt die Wahl der Themen freigestellt; jeder Autor sollte einen Inhalt wählen können, der ihm ein besonderes Anliegen ist. Und dennoch haben alle ein Gemeinsames mit dem Jubilar, nämlich eine im europäischen Geistesleben wurzelnde Grundhaltung, aus der ein unerschöpfliches Bemühen resultiert, das Erhaltenswerte zu bewahren wie auch das aufkommende Neue bewußt zu gestalten. Dies zu tun erfordert verantwortungsvolle Menschen mit Bildung, Fachwissen und einem Blick aufs Ganze. Könnte sich der geneigte Leser einer solchen Sicht anschließen, läge darin die Chance auf eine über den unmittelbaren Anlaß hinausgehende Wirkung, durchaus auch im Sinne des Jubilars, dessen persönliches Schaffen in dieser Tradition steht. Die Herausgeber haben vielen ihren tief empfundenen Dank auszusprechen, vor allem allen Autoren und allen in der Tabula Gratulatoria verzeichneten Persönlichkeiten, aber auch Dr. Gerhard Buchinger, der die erste Anregung zu dieser Festschrift gab, und Dr. Edith Buchinger, die die undankbare Aufgabe des KorrekturIesens auf sich nahm, sowie Romana Rümmele rur die Mühe des Formatierens in Zusammenarbeit mit dem Verlag und nicht zuletzt auch diesem selbst. Ihnen allen ist diese dem Jubilar gewidmete Festschrift zu verdanken. Wien, im Mai 1996 H. Matis, F. Scheueh, G.E. Tichy
Herausgeber
Inhalt Geiserich E. Tichy J. H. P.......................................................................................... XVII Tabula Gratulatoria............................................................................ .XXIX
Erster Teil
PHILOSOPHIE, ERKENNTNIS, HUMANITÄT Thomas Chaimowicz Montesquieu. ein Römer im 18. Jahrhundert................................................ 3 Joachim Dalfen P1aton über die Verantwortung des Philosophierenden und über die Grenzen philosophischer Erkenntnis.............................................................. .13 Inge Franz Des Menschen Antlitz.......................................................................... 25 Hans Thomas Hakt Rene Guenon und seine Kritik der modernen Zivilisation...............................35 Erich Heintel Zum Begriff der "Leistung" im Gesamtraum der Humanität............................ 43 Herbert Kessler Wege zur Ganzheit.............................................................................. 53 Pau1 König Der Religionsphilosoph Leopo1d Ziegler und seine "Florentinische Introduktion"........................................................................................... 61
VIII
Inhalt
Alfred Locker "Synolologie" und "Chaologie" oder die widersprüchliche Einheit von Ganzheit, Gestaltung und System............................................................ 71 Herbert Pietschmann Sind naturwissenschaftliche Paradigmen in den Wirtschaftswissenschaften brauchbar? .......................................................................... 103 Arnulf Rieber Zur Sinn- und Ganzheitsproblematik in der Philosophie Jan Pato~kas.............. l11 Brigitte Sob Philosophie der Romantik: Blütezeit - Verfall- Erneuerung? ....................... .127 Felix Unger Europa in der Revolte........................................................................ )37
Zweiter Teil KULTUR,GESELLSCHAFT,SYSTE~ANDEL
Hans Bach Die Umgestaltung des Industrialismus in das Erbe der Agrarkultur................. .143 Leonhard Bauer "Archäologie der Sozialwissenschaften". Überlegungen zur Methode der Theoriegeschichte............................................................................. .153 Walter Becher Identität in unserer Zeit. Gedanken zur Erhaltung ihrer Bindekraft................. .167 Heinrich Beck Transkulturelle Aspekte menschlicher Identität. Ein kultur- und evolutionsphilosophischer Beitrag zur aktuellen geistigen Neuorientierung.............. 173
Inhalt
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Vincenzo Cappelletti Einzigartiges Europa, Vereinigtes Europa................................................ 185 Alois Eder Und sie verändert sich doch ....... - auf der Suche nach einer humaneren Schule............................................................................................ 199 Herbert Matis Organisationsbildung und soziale Disziplinierung im "Zeitalter der Aufklärung"..........................................................................................207 Herbert Schambeck Politik und Recht.............................................................................. ,225 Wolfgang Speyer Kulturwandel und Wanderungen in Europa.............................................. 245 Klaus Zapotoczky Zur Entwicklungspolitik von Kleinstaaten................................................261
Dritter Teil ETHIK IN GESELLSCHAFf UND WIRTSCHAFf Erwin Fröhlich Systemisch-ganzheitliche Wirtschaftsethik und -kultur................................ 283 Sophie Latour Eine ethische Gesellschaft: Europas Weg ins dritte Jahrtausend......................295 Friedrich Romig Gemeinwohl - Illusion oder Realität..........................,............................. 305
x
Inhalt
Walter Sertl und Rene Clemens Andeßner Unternehmensethik, Marktwirtschaft und betriebswirtschaftJiche Sachzwänge.......................................................................................... .315
Vierter Teil NATUR UND MENSCH WernerBiffl Wasser ist Leben.............................................................................. .325 Adolf H. Malinsky Ökologisch orientierte Produktgestaltung ................................................335 Anton Schöpf Ganzheitsmedizin............................................................................. .347
Fünfter Teil WIRTSCHAFfSTHEORIE UND WIRTSCHAFfSPOLITIK Christoph Badelt Sozialpolitik und die Krise öffentlicher Haushalte..................................... .361 Alois Brusatti Die Volkswirtschaftslehre an der Hochschule für Welthandel (1898-1975>... .....369 Christian Bellak and Werner Clement International Production, Transnational Corporations, Networks and New Policy Approaches.............................................................................377 RudolfEder Das Konsum-Leistungs-Profil der elementaren Wirtschaftseinheit...................389
Inhalt
XI
BemdGenser Hat Österreich seit 1993 eine duale Einkommensteuer? ...............................399 Kurt Holzer Zukunftsaspekte ganzheitlich orientierter Wirtschaftswissenschaft.................. 411 Hansjörg Klausinger Mißbrauch und Nutzen der Theoriegeschichte...........................................425 Alfred Klose Minderheitenpolitik - ein Grundanliegen christlicher Soziallehre....................433 Alfred Kyrer Vemetzte Wirtschaftspolitik und Masterpläne........................................... 439 Gerhard Lehner Budgetpolitik im Wandel.....................................................................447 Reinhard Neck Zur Gestaltung der "Stabilisierungsabteilung" des österreichischen Budgets.......................................................................................... 459 Ewald Nowotny Staatsquote und Staatsfunktion in langfristiger Betrachtung ......................... 477 Helmut Pech Der Einfluß von Kapitalbewegungen auf die Währungspolitik....................... 491 Maria Schaumayer Währungspolitische Strategien und das Stabilitätsziel..................................499 Gunther Tichy Glaubwürdigkeit, Reputation und Hartwährungspolitik................................505
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Inhalt Sechster Teil
WELTWIRTSCHAFf UND ENTWICKLUNG Werner Behrens Das Konzept zeitgemäßer industrieller Feasibility Studien: Rückblick über die methodische Entwicklung für Dritte-Welt-Länder und Ausblick auf das Anwendungspotential in Industrieländern.......................................517 KIaas Havenga The South African Reconstruction and Development Programme and Training of Entrepreneurs............. : ...................................................... 529 . Hans-Rimbert Hemmer Marktwirtschaftliche Ordnung und Armut in Entwicklungsländern................. 547 Josef Schmid Für einen Malthus des 21. Jahrhunderts...................................................557 Karl-Heinz Schmidt Deregulierung und Dezentralisation - ein Beitrag zur Theorie der Entwicklungspolitik................................................................................567 Christian Seidl und Karen Ehlers Armut und ihre Messung. .................................................................... 575 Willi A. Wapenhans The Future of Multilateral Development Finance..................................... " 599
Siebenter Teil
INTEGRATION, GROSSRAUM-, REGIONALWIRTSCHAFf Fritz Breuss Die Wirtschafts- und Währungsunion - eine Jahrhundertaufgabe.................... 617
Inhalt
XIII
Gerhard Buchinger Partnerschaften in der Stadtentwicklung. ................................................. 653 JanDegadt Economic Policy in an Urban Area in Transition. The Case of the Brussels Metropolitan Region ............................................................... 665 Stefan Griller Staat - Volk - Verfassung. Zur Zukunft der Europäischen Integration..............675 Gerald Hinteregger Ziele, Wege und Grenzen der Europäischen Integration............................... 689 Erlch Hochleitner Die Herausforderungen einer gemeinsamen Europäischen Sicherheitsund Verteidigungspolitik - Konsequenzen für Österreich............................. .701 Markus F. Hofreither Europas Landwirtschaft zwischen Handelsliberalisierung und Umweltprotektion........................................................................................715 Bettina S. Humi Quo vadis Europa? ........................................................................... .129 Gabrlel übermann Zur Zukunft öffentlicher Dienstleistungen in der Europäischen Union............. 739 Jan Stankovsky Auf dem Weg zu einem vereinten Europa: Chancen, Risiken und Kosten einer üsterweiterung der EU................................................................ .149 David E. Dowall and Walter B. Stöhr The Role of Cities in Developing Countrles............................................. .169
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Inhalt Achter Teil
UNTERNEHMUNG, UNTERNEHMENSPOLffiK, ORGANISATIONS LEHRE Otto Altenburger Entscheidungshilfen fiir den wissenschaftlich tätigen Betriebswirt, abgeleitet aus seiner persönlichen Verantwortlichkeit....................................... .787 Engelbert J. Dockner Die Quantifizierung und Prognose des Marktrisikos....................................799 Rolf Eschenbach Qualität und Management....................................................................811 Hans Haumer Ganzheitliches und evolutionäres Management. Von der Organisation zum sozialen Organismus .....................................................................821 H. Peter Holzer Accounting and Economic Development..................................................831 Emest Kulhavy Marketing fiir Universitäten..................................................................845 Ludwig Mochty Unternehmensbewertung und Prozeßdynarnik........................................... 859 Reinhard Moser Betriebswirtschaftliche Aspekte der europäischen Einheitswährung: Kon· . zeptionelle Grundlagen aus Finanzierungs- und Kurssicherungssicht............... 877 Karl Sandner und Renate Meyer (Mikro-)Politisches Handeln in Organisationen - Konzeptionelle Überlegungen......................................................................................... 885
Inhalt
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Gerhard Seicht Finanzierung und Insolvenzgefahr..........................................................897 Dieter Stiefel Zahlungsmoral. Aus der Praxis des Geschäftslebens im 19. Jahrhundert........... 905 Wilfried Stoll Lemunternehmen - Reflexion und Perspektiven.........................................913 Karl Vodrazka Vorsicht und Sorgfalt. Zum Vorsichtsgrundsatz der handelsrechtlichen Rechnungslegung ............................................................................. 929
Neunter Teil KLEIN· UND MITfEL.UNTERNEHMEN, THEORIE UND PRAXIS Ingolf Bamberger und Thomas Wrona Globalisierungsbetroffenheit von Klein- und Mittelunternehmen. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung.............. : ...................................... 949 Rudolf Bratschitsch Die Abteilung "Gewerbe und Handwerkswirtschaft" an der Universität Innsbruck........................................................................................961 Wilhelm Bühler und Bemulf Bruckner Die Analyse von Branchenerfolgsfaktoren - Ein Ansatz zur Verbesserung der Bonitätsbeurteilung in Klein- und Mittelbetrieben................................. 965 Jürgen Bussiek Grundsätze einer Unternehmenspolitik der KMU im 21. Jahrhundert...............977 Rik Donekels Small and Medium-sized Family Businesses on their Way to the Next Millennium......................................................................................991
XVI
Inhalt
Antti Haahti Value Structures of Austrian, Belgian, Finnish and Swiss Entrepreneurs........ .IOO1 Per-Anders Havnes The "Smali Holes" in our Knowledge: Exporting by Micro Firms..................1017 Raymond W.Y. Kao Entrepreneurism, the Third Option....................................................... 1027 Josef Mugler Innovationsimpulse für Klein- und Mitte1betriebe..................................... 1039 Hans Jobst Pleitner Mitarbeitermotivation und Arbeitszufriedenheit in KMU unter dem Aspekt der Qualitätsorientierung. ......................................................... 1055 Herbert Strunz Managementinstrumente für kleine und mittelständische Untemehmen.......... .1073
SchriJtenverzeichnis........... ................................................................... .1 089 Kurz-Curriculum...... ............................... ;............................................ 1123 Autorenverzeichnis................................................................................ 1125
Auf dem und jenem Kopfe glüht ein Flämmchen. das ich angesprüht; von einem zu dem anderen hüpfts. an diesem hält sich's. dem entschlüpfts. Knabe Lenker. Goethe. Faust. 2. Teil. 1. Akt
J. H. P. Von Geiserich E. Tichy Geboren am 12. Mai 1936, "... an einem Dienstag, wie Goethe, ... ", so lautet die Eintragung des Paten im Taufbuch der Pfarrgemeinde Aspach in Oberösterreich, in deren barocker Kirche, die Aeneus Silvius Piccolomini (Pius 11) gewidmet ist, der Jubilar seine Taufe empfängt. Die Eltern hat wohl Freude und Stolz über den Erstgeborenen erfüllt, doch ist nicht auszuschließen, daß insbesondere dem Vater, Franz Pichler, Lehrer von Beruf, die Frage, welches Schicksal dem Sohne bevorstünde, in den Sinn kam. Denn leicht war sein eigenes Leben nicht; er hatte seine Mutter früh verloren, und der Krieg - damals wohl nicht vorausgeahnt - sollte ihm und der Familie manches Leid zuftlgen. Franz Pichler, der Vater also, als Halbwaise bei der Großtante aufgewachsen, absolvierte, da das angestrebte Chemiestudium aus fmanziellen Gründen versagt blieb, als Jahrgangsbester die Lehrerbildungsanstalt in Linz, bekam in schwierigen Zeiten als Junglehrer eine Stelle in Aspach und wurde kurz danach Oberlehrer in der Marktgemeinde Molln, gefOrdert durch den dort ansässigen Hammerherrn Piesslinger, in dessen Familie er auch als Privatlehrer tätig war. Er wurde als einer der ersten zur Wehrmacht an die Ostfront einberufen und erst nach Jahren der Verschollenheit kam er als einer der letzten 1949 aus der Kriegsgefangenschaft in Rußland zurück. Der Sohn Hanns ist schon in der dritten Klasse Gymnasium, als er seinen Vater näher kennenlernt, und es sollte nur eine Spanne weniger gemeinsamer Jahre werden, bis der Vater, in den Lehrberuf an der dortigen Hauptschule zurückgekehrt, relativ früh wohl auch an den gesundheitlichen Folgen der Kriegsjahre im Jahre 1964 verstarb. In all den schweren Jahren war es die Mutter, die, weitgehend auf sich selbst gestellt, die auf drei Kinder angewachsene Familie durchbrachte. Die Schwester Margaretha Maria war, neben der Mutter, ein Familienmittelpunkt und ist dies am Stammsitz der Familie bis heute geblieben, während Schwester Erika mit ihrer eigenen Familie nunmehr in Salzburg lebt. 2 Festschrift Pichler
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Geiserich E. Tichy
Die Mutter, Berta, geb. Mayr, verkörperte den "Unternehmergeist in der Familie", war sie doch mit dem elterlichen Geschäfts- und Bäckereibetrieb und mit landwirtschaftlichem Besitz aufgewachsen, den die Familie ihrer Mutter, aus Preussen stammend, hier aufgebaut hatten. In den Kriegsjahren und danach war sie die Säule, der tragende Mittelpunkt fUr die drei Kinder, die mit ihr im elterlichen Haus, " ... neben dem Pfarrhof dem zweitgrößten Haus am Marktplatz in Molln ... ", aufwuchsen. Ihr Verständnis fUr die spätere akademische Laufbahn ihres Sohnes ist wohl nicht unwesentlich beeinflußt von den Eindrücken in jenen Jahren, die sie als junges Mädchen in der Familie eines bekannten Universitätsprofessors in Münster verbrachte. Liebe und beglückender Stolz sprechen auch aus den Augen des Jubilars, der sich mit seinen GefUhlen Freunden gegenüber nicht immer leicht öffnet, wenn er von der Mutter spricht. Sohn Hanns, schon in jungen Jahren mit den Wirren des Krieges konfrontiert, wächst unter den fUrsorglichen Händen der Mutter in kritischen Jahren ohne Vater heran. In der Volksschule überspringt er die dritte Klasse und kommt von der fUnften Klasse Volksschule in Molln nach Steyr in das Internat "Vogelsang" zu den Franziskanern, zunächst in die Hauptschule. Doch schon in der ersten Klasse überreden Präfekt und Klassenvorstand die Mutter, ihren Sohn ins Gymnasium wechseln zu lassen. Ein humanistisch hochgebildeter Onkel nimmt sich als "guter Geist" seiner an und ermöglicht es ihm, ein Jahr Latein in sechs Wochen nachzuholen; fUr die Lateinaufnahmsprüfung in die zweite Klasse des Gymnasiums erhält er die Note sehr gut. Von dreißig Klassenkollegen der Unterstufe kommen nur zwölf in die Oberstufe und bis zur Matura. Daß Hanns alle Jahrgänge mit Auszeichnung absolviert, versteht sich fast von selbst, und mit wöchentlich acht Stunden Lateinunterricht in der Unterstufe erarbeitet er sich ein Sprachenfundament, das ihn in späteren Jahren andere Sprachen, wie Englisch, Spanisch, Russisch, Urdu u.a., leicht erlernen läßt. Die positiven Einflüsse dieser Schule sind an der Lebendigkeit seiner Erzählung leicht erkennbar, wenn er rückblickend von der Zucht der Franziskaner, der glasklaren Logik und Strenge des Lateinlehrers in der Unterstufe, der Genialität seines Mathematikprofessors und von der FeinfUhligkeit und Sensibilität des Deutschlehrers fUr Literatur und Sprache erzählt. All dies hat ihn nachhaltig geprägt. Geprägt haben ihn allerdings auch Lebensrhythmus und Lebensbedingungen im Internat der Franziskaner. Täglich um fUnf Uhr Früh aufstehen, Winter und Sommer nur kaltes Wasser zum Waschen, Sängerknabenprobe, Messe, erst danach Frühstück, anschließend eine Einheit Morgenstudium, Bettenmachen, Schuhputzkontrolle, und dann, um acht Uhr, in den Unterricht. Erst wenn man das weiß, versteht man die Diszipliniertheit, mit der der Jubilar ein Leben lang seinen Aufgaben vorbildlich nachkommt. Nach der Matura ist der Rat des Deutschlehrers, er möge Deutsch und Literatur studieren, keine Überraschung und der des Mathematiklehrers, er möge sich dem Studium der Mathematik widmen, ebensowenig. Zudem begeistert den
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jungen Maturanten die Astronomie. Trotz des völlig anderen beruflichen Werdeganges bleibt die Astronomie bis heute die "geheime" Liebe, und es scheint nicht unwahrscheinlich, daß sich der Jubilar einmal nach seiner Emeritierung diesen Jugendtraum noch erfUllen wird. Sein Gesicht strahlt, wenn er erwähnt, daß der Bogen einschlägiger astronomischer Literatur sieben Jahrtausende überspannt, nämlich von den Arabern über Kepler und Newton, bis in unsere Zeit. Besonders fasziniert ihn die Entdeckung immer neuer Galaxien, die mit Hilfe der physikalischen Mathematik errechenbare Existenz von Planeten, die Entstehung und Ausdehnung des Universums bis zur Infragestellung seines Alters. Auf die Frage allerdings, was diese Entdeckungen und Erforschungen an den philosophischen Fragen änderten, antwortet der auch in der Philosophie Kompetente: " ... die philosophischen Fragen allerdings bleiben im Grunde immer gleich ... ". Ein Berufsberater, dessen Test er sich unterzieht, bringt 1. Hanns Pichler auf die Idee, es mit dem Wirtschaftsstudium zu versuchen, wobei dieser seinem Rat mit dem Bonmot Nachdruck verleiht: " ... schauen Sie, Max Planck hat vor dem Wirtschaftsstudium das Handtuch geworfen, weil es ihm zu schwierig und zu komplex schien, und hat sich rur Physik entschieden ... , lassen Sie sich von Max Planck nicht entmutigen, machen Sie es umgekehrt ... ". Warum die Entscheidung zur Wirtschaftswissenschaft filllt, ist im Rückblick nicht ganz eindeutig rekonstruierbar. War es der Reiz des völlig Neuen oder doch die Geschichte vom resignierenden Max Planck?! Auch die Entscheidung zur damaligen Hochschule ft1r Welthandel, und nicht zur Universität in Wien, erscheint erstaunlich und gleichzeitig doch wieder nicht, denn sie sollte wichtigste Fügungen im weiteren Leben bringen. Schließlich begegnete er dort Walter Heinrich, seinem späteren Doktor- und Habilitationsvater, dessen Nachfolger am Lehrstuhl er nach einigen Zwischenstationen seines Lebens noch werden sollte. Für diesen Walter Heinrich allerdings, demzufolge sich der ökonomischen Theorie nur gebildete Menschen widmen sollten, ist der angehende Student bestens gerüstet. Er beherrscht Latein souverän, hat einen umfassenden Überblick über die deutsche Literatur, denn in der Mittelschulzeit liest er alle Dramen der deutschen, ebenso die wichtigsten englischen Klassiker im Original und macht, wie vom Lehrer geraten, " ... Auszüge über alles, was daran fasziniert ... ". Die Neigung und Liebe zur idealistischen Philosophie allerdings wird nicht in der Schule geweckt. Es ist vor allem der Vater, der dazu das Fundament legt und damit dem Sohn den Zugang zu Erkenntnissen eröfthet, die ft1r sein gesamtes Leben zu einer Quelle geistiger Anregung werden. Unter diesen Vorzeichen also kommt es zum Wirtschafts studium an der damaligen Hochschule rur Welthandel, der heutigen Wirtschaftsuniversität. Die fachliche Problematik wird nicht als Herausforderung empfunden, das Fachwissen filllt eher mühelos zu; dabei herrscht das Geruhl vor, daß es, so wie die Fachdisziplinen im engeren Sinne betrieben werden, vor allem darum geht" ... 2'
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Geiserich E. Tichy
einen Wust von Dingen in einer gewissen Weise zu ordnen ... ". Das Handswerkzeug, nämlich Buchhaltung und Kostenrechnung u.a.m., wird, wie auch alle anderen Fächer, gründlich erarbeitet, vielleicht auch eingedenk der Worte Goethes, der meinte, die Buchhaltung sei eine der schönsten Erfindungen des menschlichen Geistes. Wiewohl es aufgrund der Zuteilungskriterien nur selten gelingt, bei Walter Heinrich Prüfungen abzulegen, wird Hanns Pichler von ihm sehr bald in den Bann geschlagen, vor allem durch die geistig tieferen Darstellungen von Zusammenhängen im ganzheitlichen Sinne. Schon während des Studiums zum Diplom wird Hanns Pichler im Institut für Gewerbeforschung tätig, dessen Gründung auf Walter Heinrich zurückgeht, und er wird zugleich auch wissenschaftliche Hilfskraft an dessen Lehrkanzel, dem Institut für Politische Ökonomie. Die Doktorarbeit zum Thema "Reformen und Dezentralisationstendenzen in der Sowjetunion" (über die erste Liberalisierungwelle im Sowjetsystem), filhrt den Dissertanten auf mehrere Monate nach Moskau. Seine Arbeit stößt dort auf wenig Gegenliebe, um nicht zu sagen auf Ablehnung, sie ist aber richtig in der Analyse und im Befund. Die Kenntnis der ganzheitlichen Wirtschaftstheorie beflihigt ihn, sofort zu erkennen, daß die Vorgänge in der Sowjetunion nichts mit einer wesenhaften Dezentralisation zu tun haben, und daß Dezentralisation in einem kollektivistischen System nicht verwirklichbar ist, weil sie dem Grundgedanken nach auf der nicht kollektivistischen Kategorie des Eigenlebens basiert. Die Begegnung mit dem amerikanischen Gastprofessor Zimmerman in Wien, dem nachmaligen Dekan der Graduate School of Business der University of Illinois, filhrt Pichler an eben diese Universität, wo er seine Tätigkeit auch mit zwischenzeitlichen Lectureships an weiteren Universitäten verbindet. In den eineinhalb Jahren in Illinois ist er mit dem Aufbau eines Curriculum über International Business befaßt und studiert Ökonometrie und Spezialgebiete der anglikanischen Wirtschaftstheorie. Seine Thesis: "Soviet Doctrine and Policy toward Underdeveloped Economies" bringt ihm den Master ofScience. Nach Wien zurückgekehrt, widmet er sich seiner Habilitationsarbeit bei Walter Heinrich zum Thema "Modell analyse und Modellkritik", die er nach eineinhalb Jahren abschließt und der Fakultät einreicht. - In dieser Zeit kommt es 1965 " ... ohne viel Zutun .... " zum Engagement des jungen Ökonomen an die Weltbank in Washington. Aus ca. 2.000 Bewerbern werden neun ausgesucht, Hanns Pichler ist einer von ihnen. Damit beginnt eine jahrelange intensive Auslandstätigkeit mit Verantwortungsbereichen in fast allen Kontinenten, am ausgedehntesten in Asien, die den Jubilar, der, erst neun Jahre später, 1974 wieder nach Wien zurückkehrt, auch heute noch fallweise, mit besonderen Missionen betraut, rund um die Welt fUhrt.
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Die mit größten Herausforderungen verbundene Tätigkeit, die fast die Hälfte eines Jahres in Anspruch nehmenden Reisen, stellen eine große Belastung dar, nicht nur fUr ihn, sondern auch fUr die Familie, die Hanns Pichler mittlerweile gegründet hat. Im Jahr seiner Promotion, 1963, nach der Rückkehr vom ersten USA-Aufenthalt, heiratet er Hannelore Haslinger, " ... eine viel bessere Betriebswirtin, als ich es bin ... ", die er bereits während des Studiums kennenlernte. Die Akademikerin, mit Doktorat aus Betriebswirtschaftslehre, erwirbt auch die Befugnisse eines Steuerberaters, sammelt ihre ersten beruflichen Erfahrungen in der Steuerberatungskanzlei ihres Vaters in Bruck an der Mur; sie ist überdies Absolventin der Lehrerbildungsanstalt in Graz und studiert Klavier am Musikkonservatorium ebenfalls in Graz. Diese Frau ist bereit, die eigene Karriere zurückzustellen, um mit ihrem Mann alle Stationen seiner Auslandstätigkeiten mitzugehen, nachdem die erste Tochter Adelheid, " ... die einzige Wienerin in der Familie ... ", bereits 1964 zur Welt gekommen war. 1965 übersiedelt die junge Familie nach Washington. Erst nach der endgültigen Rückkehr nach Wien, 1974, macht Frau Hannelore auch noch das Lehramt aus "Wirtschaftspädagogik" fUr Betriebs- und Volkswirte an der Wirtschaftsuniversität in Wien, ist wieder einige Jahre als Steuerberater in der inzwischen erweiterten Kanzlei des Vaters tätig und wechselt mit erworbenem Lehramt an das Technologische Gewerbemuseum, wo sie mit großem Erfolg heranwachsende Ingenieure in wirtschaftlichen Fächern ausbildet. Das geliebte Klavierspiel, das sie durch Auslandsaufenthalte und der Familie wegen lange zurückstellen mußte, bereitet ihr wieder viel Freude, aber auch den Freunden, wenn sie in ihrem stets gastfreundlichen Haus zu Besuch sind und ihr bei List, Scarlatti, Haydn u.a. zuhören dürfen. Als die Familie Pichler jedoch 1965 mit der einjährigen Tochter Adelheid nach Washington übersiedelt, weiß sie noch nicht, daß sie Jahre später mit drei Kindern nach Wien zurückkehren würde. In Washington werden die zweite Tochter Regine und der Sohn Markus geboren. Heute ist Adelheid eine nach glänzendem Studium und erfolgreicher Forschungstätigkeit an der Universität von San Francisco hervorragend ausgebildete Pharmazeutin, Regine sowohl eine diplomierte im Spitalswesen erfahrene Krankenschwester, wie auch eine erfolgreiche Absolventin der Wirtschaftsuniversität und Sohn Markus ein an der Technischen Universität Wien wie auch in England ausgebildeter und in der Forschung tätiger vielversprechender Biochemiker. Damals allerdings waren sie Kinder, deren Lebensmitte fast ausschließlich die Persönlichkeit der Mutter ausftlllte, weil der Vater überwiegend auf Reisen und zudem von seinem Beruf völlig eingenommen war. Die ftirsorgliche Liebe und die Hingabe der jungen Mutter an ihre Kinder, ihr großer Einsatz und ihr Unternehmergeist, sind der Garant fUr den Zusammenhalt in der Familie; nach der Rückkehr nach Wien ist sie es, die den Hausstand aufbaut und erst mit dem Heranwachsen und der Selbständigkeit der Kinder sich auch den eigenen persönlichen Interessen widmet.
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Geiserich E. Tichy
In Washington ist Hanns Pichier 1965 zunächst als (damals) erster Ökonom in der neugeschaffenen Weltbank-Abteilung filr Erziehungsprojekte zur Bildung von Humankapital tätig; die Projektevaluierungen fUhren ihn nach SüdostAfrika, vor allem nach Kenia, Tansania, Malawia, Uganda u.a. Nach einem weiteren Jahr als Ökonom in der Südasien-Abteilung, mit Missionen insbesondere nach West- und Ost-Pakistan (heute Bangladesh), Afghanistan und Indien, wird er 1967 Senior Economist in der Lateinamerika-Abteilung mit Zuständigkeit filr die Karibik, Teile Mittelamerikas und Mexiko zur Prüfung und Analyse gesamtwirtschaftlicher und sektoraler Voraussetzungen filr Investitionsprojekte in dieser Region. Im Jahr 1970 geht Hanns Pichier an die Resident Mission der Weltbank in Islamabad, in deren Verantwortungsbereich das bis heute größte Entwicklungsvorhaben, u.a. der bis dahin größte Dammbau der Welt (ca. dreimal so groß wie Assuan), im Rahmen des Indus-Basin-Projektes flUit. Das Ziel besteht darin, die Bewässerungsgrundlagen im Fünfstromland des Subkontinents im "Punjab" auch nach der Teilung von Indien und Pakistan sicherzustellen. Die Verwirklichung dieses Projektes ermöglichte u.a. die "grOne Revolution" in Asien und sichert so die Lebensgrundlage von rund 200 Millionen Menschen. Zudem hat es eine nachhaltige Verbesserung des Wasserhaushaltes des Indus und seiner Nebenflüsse bewirkt, die Energieerzeugung flUit quasi als "Kuppelprodukt" zusätzlich an. Dieses faszinierende Projekt - Pichier ist vor Ort filr die Weltbank verantwortlich - ist filr ihn wohl die bis dahin herausforderndste Aufgabe und mit Erfahrungen verbunden, die den Ökonomen nachhaltig prägen. Dem Freunde ist, wenn auch nur punktuell miterlebt, der Kampf erinnerlich, den Hanns Pichier mit sich austragen mußte, als an ihn der Ruf erging, den durch die Emeritierung Walter Heinrichs freiwerdenden Lehrstuhl in Wien anzunehmen. Es war filr ihn und wohl auch fUr die Familie eine schwerwiegende Entscheidung, zwischen einer glänzenden, durch die Weltbank vorgezeichneten internationalen Karriere und der Hinwendung zum akademischen Lehramt in Wien; die Entscheidung ist eindeutig. 1974 kehrte Hanns Pichier mit seiner Familie nach Wien zurück, übernimmt den mittlerweile freigewordenen Lehrstuhl unter der Bezeichnung "Politische Ökonomie, Internationale Wirtschaft und Entwicklung", den er bis heute innehat, bleibt aber auch weiterhin in verschiedenen internationalen Funktionen bis heute tätig. Anzunehmen ist wohl, daß filr diese höchst persönliche Entscheidung auch die innere Bindung an Walter Heinrich maßgeblich war, deren Wurzeln bis an den Beginn des Studiums zurOckreichen. Es ist nämlich von Anfang an die Faszination und der Ernst der Erarbeitung und die Hinwendung zum ganzheitlichen Denken, das gleichsam einen in sich gefUgten Bogen vom GeistursprOnglichen mit Religion und Philosophie zur Gesellschaftslehre und von dieser zu den ökonomischen Disziplinen spannt, die Pichier in den Bann ziehen. Diese Art zu denken weist einen Weg zur Lösung jenes Problems, das der
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schwedische Ökonom Gunnar Myrdal als die Crux aller Sozialwissenschaften bezeichnete; nämlich, daß der Mensch in Fachdisziplinen denkt, die konkreten, vom Menschen gestalteten Gebilde hingegen alle Teilinhalte in sich ausgliedern, weshalb ökonomische Lösungen nur dann "richtig" sind, wenn sie nicht nur ökonomisch, sondern auch rechtlich, soziologisch, technisch usw. entsprechen, oder anders ausgedrückt, wenn es darauf ankommt, vom wissenschaftlich-systematischen Denken zum konkreten Handeln eine Brücke zu schlagen. Es ist aber auch die Tätigkeit zunächst als wissenschaftliche Hilfskraft und später als Assistent am Institut Walter Heinrichs und die prägende Kraft der philosophischen Seminare, die Walter Heinrich - unter der Leitung des unvergeBlichen Josef Lob - in seinem Kreis ihm nahestehender Schüler hält, die Pichlers Entschluß reifen lassen, durch eine Habilitation sich den akademischen Lehrberuf ftlr die Zukunft offenzuhalten. Schon damals ist Pichier Mitarbeiter in der Redaktion der damals noch jungen 'Zeitschrift ftlr Ganzheitsforschung', die nun schon 40 Jahre erscheint, 23 Jahrgänge davon unter seiner Herausgeberschaft. Zu erwähnen ist aber auch seine Mitarbeit im Zusammenhang mit der zweiten Auflage der zweibändigen Wirtschaftspolitik von Walter Heinrich, 1964 - 1967, und schließlich die Referententätigkeit und die Seminarleitungen im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesellschaften, deren Gründungen auf die Initiative Walter Heinrichs zurückgingen. Walter Heinrich wurde von dem Jubilar als fesselnde Persönlichkeit erlebt, der hohe bündische Kraft ausstrahlte, der durch seine persönliche Haltung als Vorbild wirkte und auch wirken konnte; dazu kam etwas an ihm, das über das rein rational Erfassende, über profane Intelligenz fühlbar hinausging, nämlich die Fähigkeit, einen Blick rur das Überrationale, Metaphysische zu entfalten und einen Funken daftlr auch im Anderen zu erwecken. In dieser Hinsicht hat Walter Heinrich wohl auf viele aufnahmebereite Studenten gewirkt und mit einigen davon lebenslange Freundschaften begründet. Walter Heinrich sprach es oft auch selber aus: " ... neben den wirtschaftlich kaufmännischen und sonstigen konkreten Dingen im tieferen Sinne zugleich den Blick auf die Geisteswissenschaften und die Philosophie zu öffnen .... ", um damit letztlich die Wirtschaft selbst im vollumflinglichen Sinne als Teilinhalt der Gesellschaft verstehen, begreifen, zu können, " ... und so auch als Wirtschaftsakademiker einen Tropfen des akademischen Öles zu bekommen." Freundschaftsfllhigkeit bis hin zu persönlichem Einsatz und Opfer war ftlr Walter Heinrich eine Selbstverständlichkeit. Seine auch dem jungen Studenten gegenüber großzügige, ungemein akademisch-liberale Haltung war stets auch auf die bewußte Förderung der persönlichen Anlagen des Studenten bedacht; von ihm wurde der Student in unvergleichlicher Weise pädagogisch ernstgenommen, ohne Dogmatik und ohne persönliche Allüren. Der Respekt im Umgang mit anderen, und die kritische Auseinandersetzung mit der Ganzheitslehre
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selbst - die ihn, den bedeutendsten Schüler Othmar Spanns, als einen von diesem unabhängigen und eigenständig-schöpferischen Geist ausgewiesen hat -, wiesen ihm einen besonderen Rang zu. Heinrichs schier unglaubliche akademische Toleranz - sein Bemühen, dem eigenständig Schöpferischen des Menschen zum Durchbruch zu helfen - und sein großes Herz, das sich auch dem Studenten wie dem jungen heranwachsenden Wissenschaftler, besonders aber dem Freunde gegenüber in Güte öffnen konnte, ohne Eigennutz und ohne Eigendünkel, beeindruckten auch den jungen Hanns PichIer, sowie nicht zuletzt - wenn es um wirklich Grundlegendes ging - auch seine fesselnde Rede. In diesem Zusammenhang war es immer einnehmend, daß Walter Heinrich auch in den volkswirtschaftlichen Vorlesungen neben den normalen dogmenkritischen Inhalten - er war stehts bemüht, Andersdenkenden gerecht zu werden - im jeweils relevanten Zusammenhang von den geistigen Strömungen, insbesondere der idealistischen Philosophie und von deren großen Vertretern und damit von Dingen sprach, für die dem jungen Hanns PichIer durch viele Fügungen frühzeitig schon das Interesse geweckt worden war. Als Walter Heinrich 1984 starb, ist der einstige Schüler Hanns PichIer bereits in alle Positionen hineingewachsen, die ihn dazu befiihigen, das Erbe des Lehrers in einer den Anforderungen der Zeit gemäßen Weise zu tradieren. Als Hanns PichIer im Alter von 37 Jahren im Jahre 1974 mit seiner Familie aus Asien in seine Heimat zurückkehrt, übernimmt er an der damaligen Hochschule für Welthandel, der heutigen Wirtschaftsuniversität, den Lehrstuhl für Politische Ökonomie, dessen Bezeichnung er im "Internationale Wirtschaft und Entwicklung" erweiterte. Bereits 1975 wird er zum Vorsitzenden der Fachgruppe für Volkswirtschaft gewählt, eine Funktion, die dem Dekan anderer Universitäten mit Fakultätsgliederung entspricht, und die er seither ununterbrochen, über nun 20 Jahre, einnimmt. Das Schwergewicht seiner wissenschaftlichen Arbeit liegt neben Theorie und Wirtschaftspolitik insbesondere auf dem Gebiete der Internationalen Wirtschaft und der Entwicklungsstrategien, letztere unmittelbar auch praxisbezogen, was sich auch in zahlreichen u.a. auch fremdsprachigen einschlägigen Publikationen niederschlägt. Im Rahmen der Internationalisierungsbestrebungen der Wirtschaftsuniversität ist er mit verschiedenen internationalen Partnerschaften und Programmen betraut, insbesondere mit der langjährigen Partnerschaftsuniversität St. Gallen (Schweiz) und neuerdings mit der Etablierung des nicht unwesentlich auf seine Initiative zurückgehenden Schumpeter-Programms an der Harvard Universität (USA). Neben dieser umfassenden Tätigkeit des auch international anerkannten Forschers und akademischen Lehrers, übernimmt der Jubilar von Walter Heinrich nicht nur die Herausgeberschaft der bereits genannten 'Zeitschrift für Ganzheitsforschung', sondern auch den Vorsitz in der Gesellschaft für Ganzheits-
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forschung und wirkt auch noch in der Abschlußphase an der Herausgabe des letzten Bandes der von Walter Heinrich herausgegebenen 21-bändigen Othmar Spann-Gesamtausgabe mit und trägt dazu bei, dem vielfach verkannten und aus Irrtümern der Zeit heraus falsch interpretierten Philosophen, Soziologen und Nationalökonomen Othmar Spann in eigenständiger, objektivierender Weise wissenschaftlich gerecht zu werden. Pichlers Eintritt in das akademische Lehramt fällt zeitlich mit der EinfUhrung des Universitätsorganisationsgesetzes 1975 zusammen; als Fachgruppenvorsitzender hat er seit 1975 den mühsamen Umsetzungsprozeß mitgetragen. Ihn bedrückt die Tatsache, daß die Massenuniversität es kaum zuläßt, die Persönlichkeit zu fördern, und der einzelne Student kaum Chancen hat, an Wissen und Erfahrungen der Lehrer unmittelbar zu partizipieren; es ist dies heute nur in glücklichen Ausnahmefällen möglich. Neben den bereits genannten Schwerpunkten seiner Tätigkeit widmet sich der Jubilar auch der Rolle und Bedeutung klein- und mittelbetrieblicher Strukturen in wirtschaftspolitisch-konkretem und entwicklungsstrategischem Hinblick im Sinne angewandter Wirtschaftsforschung, vor allem im Rahmen des Wiener Instituts filr Gewerbe- und Handwerksforschung. Dort ist er zunächst Vorstandsstellvertreter, seit 1981 Vorstand des Instituts. Zu den wichtigsten Aufgaben gehört hiebei u.a. die Erarbeitung des gewerblichen Teiles des "Mittelstandberichtes" der Bundesregierung, der "Gewerbe-Strukturbericht" filr die betreffenden Sektionen der Bundeswirtschaftskammer, sowie die vierteljährliche Konjunkturbeobachtung im Gewerbe u.a.m. Im europäischen Zusammenhang hat das Institut eine filhrende Rolle bei zwei großen, jeweils acht Länder umfassenden Forschungsprojekten, und ist eingebunden in das "European Observatory" filr klein- und mittelbetriebliche Unternehmen im Rahmen der EU. Dazu kommt seit Jahrzehnten das Engagement bei den "Rencontres de StGaB" in Zusammenarbeit mit dem Institut filr gewerbliche Wirtschaft an der Universität St. Gallen. Die Kompetenz des Jubilars hat ihn zu einem beachteten Lehrer und Berater gemacht und ihm zahlreiche wissenschaftliche Mitgliedschaften und Funktionen eingetragen. Die ihm gezollte Anerkennung manifestiert sich auch in einer Anzahl wissenschaftlicher Preise und Auszeichnungen. Für seine Dissertation erhält er 1960 den Preis der Arbeiterkammer Wien; 1966 erhält er einen Kardinal Innitzer-Preis; den Preis der Wirtschaftsuniversität 1982. Das Österreichische Ehrenkreuz filr Wissenschaft und Kunst I. Klasse wird ihm vom Bundespräsidenten 1988 verliehen, der Leopold Kunschak-Preis folgt 1990. Den vorläufigen Höhepunkt bildet das (erstmals verliehene) Ehrendoktorat filr Wirtschaftswissenschaften der Katholischen Universität Brüssel im Jahre 1994. Die Tätigkeit als akademischer Lehrer bildet zweifellos den Mittelpunkt seines Wirkens, aber auch all seiner Sorgen und Bemühungen mit Blick in die
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Zukunft. Zu den ihn besonders bewegenden Anliegen zählt die Wiedergewinnung eines im rechten Sinne verstandenen "elitären" Bildungswesens ohne soziale Ausgrenzung, gehört eine innere Konsolidierung der Universität unter Besinnung auf Ausgewogenheit von Forschung und Lehre und eine Weichenstellung zu nachhaltiger Internationalisierung, insbesondere auch im Forschungsbetrieb, bei Wahrung und Förderung kultureller Eigenständigkeiten in der Zusammenarbeit und Vernetzung übernationaler Forschungsgemeinschaften, indem Zusammenarbeit und Eigenständigkeit sich einander nicht ausschließen sondern gegenseitig bedingen und fi)rdern. Einer seiner Wünsche ist es noch zu erleben, daß sich die Universität aus ihrem heutigen Massendasein befreit und es nicht nur dem Lauf der Dinge überlassen bleibt, ob die private Universität einmal die einzige Alternative sein wird oder österreichische Studenten ins Ausland werden gehen müssen, um dort wegen der besseren Qualität der Ausbildung zu studieren und so internationalen Ansprüchen gemäß ausgebildet zu werden. Das bedarf allerdings eines neuen Verständnisses von "Akademikertum" im Sinne bewußter Trennung von konkret beruflicher Ausbildung auf Hochschulniveau (berufliche QualifIkation) und von Bildung in eigentlicher, persönlichkeitsbezogener Weise, d.h. Heranbildung von Fähigkeiten, die den Menschen in die Lage versetzen, über Fachgrenzen hinauszudenken, mit dem Anspruch einer "universitas litterarwn.", im Sinne etwa der "Magna Charta" eines Leopold Zieglers. Dies würde ein entsprechend ausgewogenes, gezieltes System von Eintrittsbedingungen an Universitäten zur Voraussetzung haben, bewußt leistungsbezogen, aber keinesfalls diskriminierend, verbunden mit einer gewissen Entmeritorisierung höherer Bildung im Wege zumindest einer Teilabgeltung ft1r dieses "Ausbildungsgut" in gesellschaftlich vertretbarem Maße bei großzügiger leistungsbezogener Hilfe und Förderung ft1r tatsächlich Bedürftige. Dies würde den Weg freimachen für Bildungsansprüche im eigentlichen Sinne neben einer QualifIkationsorientierung, indem man allgemein bildenden Gegenständen den ihnen zukommenden Platz einräumt, um so z.B. das Doktoratsstudium zu vertiefen und das fachwissenschaftlieh Hypetrophe in angemessener Weise zurückzunehmen. Damit würden Bildungswege frei werden, die der europäischen Bildungstradition entsprächen, die auch in der Vergangenheit über Jahrhunderte hinweg das Fundament für geistige Führerschaft und Fortschritt bildeten und die nun zeitbezogen erneuert, der europäischen Bildung wieder einen führenden Rang zuweisen würden. Alles in allem also eine zeitgemäße Aktualisierung der Idee, daß Bildung nicht nur ein "Gut" ist, das man einmal erwirbt, sondern daß die Universität auch die Aufgabe hat, den Blick und die Aufgeschlossenheit ftlr lebenslanges Lernen zu erwecken.
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So denkt ein Mann im Zenith seiner Laufbahn, die noch so manche Höhepunkte erwarten läßt. So spricht ein Mann von hoher Bildung, reicher Erfahrung, großer Schaffenskraft, immer darauf ausgerichtet, das aus eigener "professio" und Einsicht heraus als richtig Erkannte auch zu verwirklichen. Es ist Fügung und Glück zugleich, diesen in seiner Art bescheidenen und liebenswerten Menschen zum Freunde zu haben und eine besondere Freude, ihm hiermit alle guten Wünsche zum 60. Geburtstag, wie auch ftlr noch viele erfolgreiche Jahre und ein weiterhin erftllltes Leben darzubringen.
Tabula Gratulatoria em.Univ.Prof.Dr. Hans Bach, Schlierbach Präsident Shmuel Bahat, Tel Aviv Bank Austria AG, Wien Dr. Wolfgang Baumann, Basel Dkfm.Dr. Winfried Baxa, Wien Dr. Walter und Editha Becher, Pullachllsartal Dr. Werner Behrens, Wien Univ.Prof.Dr. Janko Belak, Maribor Dr. Roger P. Bernard, Genf o.Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr. W. Biffi, Wien Dr. Richard Bock, Wien Dkfm. Ernst Braun, Wien Dr. Alfred Brogyänyi, Wien Prof.Dr. P. Andreas Bsteh, Mödling Bundesländer Versicherung, Wien Dkfm.Dr. Edith und Dkfm.Dr. Gerhard Buchinger, Wien Dir. Leo C.F. Bursky, Wien Casinos Austria, Wien Hon.Prof.DDr. Thomas Chaimowicz, Salzburg-Aigen Mag.Dr. Leo Chini, Wien Dkfm.Dr. Allan M. und Julie Chytrowski, New Jersey Cordt & Partner, International Business Consultants, Wien Konsul Univ.Prof.Dr. Klaus E. Czempirek, Linz o.Univ.Prof.Dr. Joachim Dalfen, Salzburg Univ.Prof.Dr. Jan Degadt, Brüssel Dkfm.Dr. Karl Dippold, Bruck a.d. Mur o.Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr. Engelbert J. Dockner, Wien Dkfm.Dr. Friedrich DolleschalI, Wien Univ.Prof.Dr. Rik Redder Donckels, Brüssel Dkfm.Dr. Gerhard und Dkfm.Dr. Edith Buchinger, Wien DDr. Robert Ehrlich, Wels Präsident KR Herbert Eller, Wien Dr. Kurt Engleitner, Wien lng., Ernest F. Enzelsberger, Bregenz Primar Dr. JUrgen Euler-Rolle, Wien Europa Treuhand Ernst & Young, Wien FESTO KG, Esslingen Univ.Doz.Dipl.Ing.Dr. Helmuth Fleckseder, Wien Dr. loge Franz, Chemnitz
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Tabula Gratulatoria Generaldirektor tit.o.Univ.Prof.Dkfm.Dr. Konrad Fuchs, Wien Prof.Dkfm.Dr. Gerhard Fuchshuber, Linz Vorstandsdirektor Helmut Gaiswinkler, Salzburg Dr.Hermann GeiszIer, Mixnitz Dr. Heinz Giger, Wien Dr. Helmut Glas, Wien em.Prof.Dr. Rudolf Haase, Wien Dr. Hans Thomas Hakl, Graz Dr. Wemer Hammel, Frankfurt HR Dipl.Ing. Georg und Dkfm. Lotte Hanreich, Pram Dr. Ernst Happel, Wien Univ.Prof.Dr. Klaas Havenga, Potchefstroom Ing.Dkfm.Dr. Peter M. Hawranek, Wien Mag.Dr. Peter HärteI, Graz Dr. Helmut Heidinger, Leibnitz-Kaindorf o.Univ.Prof.Dr. Georg Heinrich, Graz em.Univ.Prof.Dr.Dr.h.c. Erich Heintel, Wien Dkfm.Dr. Norbert Hentschel, Wien Mag. Friedrich O. Hief, Wien Dr. Eduard Hochreiter, Wien em.Univ.Prof.Dkfm.Dr. Kurt Holzer, Wien Univ.Prof.Dkfm.Dr. H. Peter und Gertrude Holzer, Wien Dr. Georg Horcicka, Klagenfurt Univ.Doz.Dr. Lothar Höbelt, Wien Prof.DDDr. Ivo Höllhuber, Innsbruck KR Dipl.Ing. Werner Hutschinski, Wien Univ.Doz.Dr. Bettina S. Humi, Genf Institut für Gewerbe- und Handwerksforschung, Wien Investmentbank Austria AG, Wien Univ.Prof.Dr. Stefan Kajzer, Maribor Prof.Dr. Herbert Kessler, Mannheim Oskar Khun, Frankfurt Dr. Bernhard Kilga, Innsbruck HR Dipl.Ing.Dr. He:mut Kienberger, Saalfelden Ass.Prof.Univ.Doz.Mag.Dr. Hansjörg Klausinger, Wien o.Univ.Prof.Dr. Dieter Klein, Wien Gen.Dir.Stv.Dkfm. Rudolf Klier, Wien a.o.Univ.Prof.DDDr. Alfred Klose, Wien Dr. Paul Knotter, Warschau Dip.lng.Dr. Friedrich W. König, Freiburg Dr. Paul König, Baden em.Univ.Prof. Senator h.c. Dkfm.Dr.Dr.h.c. Emest Kulhavy, Linz-Auhof Dkfm. Helene Kunsch, Wien Dkfm.Dr. Harald Lang, Wien Dr. Klaus Laub, München Univ.Prof.DDr. Hans Rene Laurer, Wien Dr. Gerry Leunich, Wien
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Präsident Dr. Klaus Liebscher, Wien em.Univ.Prof.Dkfm.Dr. Erich Loitlsberger, Wien Dr. Ernst Löschner, Wien Lic.Dr. Jürgen Löwe, St. Gallen Dr. Otto Ludwig, Wien Dr. Walter Lukas, Wien Mag.Dr. Herbert Maier, Wien Heinrich Maschke, Wien Dr. Ernst Mathiaschitz, Graz o.Univ.Prof.Dr. Herbert Matis, Wien Dkfm.Dr. Norbert Mayr, Salzburg Dkfm.Dr. Erich Meyringer, Perchtoldsdorf Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr. Ludwig Mochty, Essen Dr. Richard Moissl, Salzburg o.Univ.Prof.Dkfm.Dr. JosefMugler, Wien Dir.Dr. Klaus Mündl, Wien em.Prof.Dr. Philip A. Neck, Lismore Univ.Prof.Mag.Dr. Reinhard Neck, Osnabrück KR Dipl.Ing.Dr. Gerhard Nitsche, Feldbach o.Univ.Prof.Dr. Ewald Nowotny, Wien Werner Olbrich, Hadersfeld/Greifenstein ÖFSE - Österreich ische Forschungsstiftung für Entwicklungshilfe, Wien Ökosoziales Forum Österreich, Wien o.Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr.Dr.h.c. Fritz Paschke, Wien Dkfm.Dr. Karl Pelikan, Wien o.Univ.Prof.Primar Dr. Gerhard Pendl, Wien Dkfm.Dr. Helmut Pech, Wien o.Univ.Prof.Dr. Herbert Pietschmann, Wien HR Dipl.Ing.Dr. Friedrich Plöckinger, Wien Dr. Hans Pollan, Linz Dr. Friedrich Poppmeier, Graz Dir. Theodor Poppmeier, Graz Dkfm.Dr. Franz Pöschl, Klagenfurt Dr. Pöschl Wirtschaftstreuhand GesmbH, Klagenfurt KR Dkfm.Dr. Rudolf Pöschl, Wien Prof.Dr. Enrique H. Prat de la Riba, Wien Dr. Haimo Puschner, Wien Ing. Ingo Puschner, Hinterbrühl Dipl.Ing.Dr. Wilhelm Putz, Bad Goisern Dr. Annemarie Rabuse, Wien Raiffeisen Zentral bank Österreich AG, Wien Dr. Peter Raits & Dr. Alfred Ebner, Salzburg em.Univ.Prof.Dr. Mohammed Rassem, S.alzburg Dr. Harald RassI, Wien Dkfm.Dr. Johannes Rauchwarter, Wien MR Dkfm.Dr. RudolfReim, Wien Univ.Prof.Dr. Arnulf Rieber, Bamberg
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Tabula Gratulatoria Dkfm.Dr. Alfred Rosenfeld, Wien Dr. Stephan Ruggenthaler, Wien a.o.Univ.ProfDr. Karl Sandner, Wien ProfDkfm.Dr. Schaffier-Glössl, Winzendorf o.Univ.Prof Dr.Dr.h.c. Herbert Schambeck, Wien Dipl.Ing. Franz Rupert Schmid, Wien Univ.Prof.Dr. Karl-Heinz Schmidt, Paderborn Gen.-Dir.Senator h.c. Dr. Guido Schmidt-Chiari, Wien Dkfm.Dr. Werner Schmieder, Gauting-Buchendorf Dr. Nikolaus Schönburg-Hartenstein, Wien Dipl.Ing. Paul Senger-Weiss, Bregenz o.Univ.Prof.Dkfm. Dr. Walter Sertl Small Business Authority Israel, Tel Aviv Dr. Brigitte Sob, Wien o.Univ.ProfDr. Karl Socher, Innsbruck Dir.Dr. Christi an Stadler, Wien Sekt.-Chef tit.a.o.Univ.Prof.Dr. Anton StanzeI, Wien Irmgard Starke, Wien Dkfm.Dr. Wolfgang Steffanides, Wien a.o.Univ.Prof.DDr. Dieter F. Stiefel, Wien Hon.Konsul Hans Strasser, Honolulu o.Univ.ProfDkfm.Dr.Dr.h.c. Heinrich Stremitzer, Wien Dkfm .. Susanne Sulke-WiesenthaI, Wien o.Univ.Prof.lng.Dkfm.Dr. Geiserich E. und Dr. Barbara Tichy, Wien MMag. Max Tichy, Wien Dkfm.Dr. Hubert Verhonig, Laab im Walde Vienna Revisions- und Treuhand GmbH, Wien Dkfm.Dr. Norbert und Dkfm. Edith Voack, Saalfelden lM.Voith AG, St. Pölten o.Univ.Prof.Dkfm.Dr. Karl Vodrazka, Linz Volkswirtschaftliche Gesellschaft für Wien und Niederösterreich Generaldirektor Senator h.c. KR Adolf Wala, Wien Gen.-Dir. Dkfm.Dr. Leo Wallner, Wien Doz.DDr. Willi A. Wapenhans, Königswinter Mag.Dr. Gert Wehinger, Wien em.Univ.Prof.DDr. RudolfWeiler, Wien Dkfm.Dr. Günther Weyrich, Mödling Dkfm.Dr. Alois Wiesinger, Wien Dkfm.Dr. Herfried Wiesmayr, Steyr Dr. Erik Wintersberger, Wien Wirtschaftskammer Österreich, Wien Dkfm. Oskar und Dkfm. Heidemarie Wladarsch, Wien Prof.Dr. Ernest und Elisabeth Zahn, Minusio Dir.Dr. Peter Zdrahal, Wien
ERSTER TEIL Philosophie, Erkenntnis, Humanität
Montesquieu, ein Römer im 18. Jahrhundert Von Thomas Chaimowicz Charles Louis de Secondat, Baron de la Brede et Montesquieu, reiste im Jahre 1729, dem Geburtsjahr Edmund Burkes, als Vierzigjähriger nach England. Der frühere Präsident des Parlamentes (1716-26) der Guyenne war ein gelehrter Kenner der Antike, besonders der römischen Historiker und des römischen Rechts 1 und erwies sich bald auch als ein Kenner Englands und seiner Verfassung, die in seinem Geburtsjahr infolge der nicht ganz zu Recht so benannten "Glorreichen Revolution" 2 einen neuerlichen Wandel durchgemacht hatte, der fUr Montesquieus Idee der Gewaltentrennung 3 Bedeutung erlangte. Als Absolvent des College de Juilly der Oratorianer war ihm das Lateinische so geläufig, daß er nicht nur täglich die Lektüre der Römer 4 mit eiserner Konsequenz betrieb, sondern auch Lateinisch sprach - und dachte, was inbesondere seinen Stil im Französischen geprägt hat. S Im 11. Buch seines Hauptwerkes "De l'Esprit des Lois" sagt er: "On ne peut jamais quitter les Romains" - nie kommt man von den Römern los 6 - und gibt damit den Anhaltspunkt rur seine Rombezogenheit 7. Vom Französischen Montesquieus sagt C.A. Sainte-Beuve 8, "la langue de Montesquieu c'est faite 1 Thomas Chaimowicz, Freiheit und Gleichgewicht im Denken Montesquieus und Burkes, Springer Verlag, Wien/New York 1985, 14. 2 loc. cit. 15. Nicht nur die Glorreiche Revolution war ein rechtlich fragwürdiges Unternehmen, sondern auch deren vermeintlicher Urheber, lohn Locke, war nicht wirklich ihr Architekt. Die Vorstellung, daß lohn Locke mit seiner Theorie der Auflösung Montesquieu beeinflußt habe, gehört in den Bereich des politischen Mythos. Dazu lohn Dunn, The Political Thought of lohn Locke, Cambridge 1969, passim. Locke gesteht dem Parlament das Recht zu, die Verfassung der Monarchie jederzeit aufzulösen, wahrend Montesquieu vor einer Vorrangstellung der Legislative vor der Krone immer wieder warnte. 3 Vgl. Gonzalo Fernandez de la Mora, "La partitocracia", Madrid 1977, passim. Der Umstand, daß eine oder mehrere Parteien in mehreren Bereichen der Verwaltung tätig sind, hebt den Gedanken der Gewaltentrennung auf, gestattet jedoch eine TEILUNG der Gewalten. Vermutlich aus diesem Grund spricht man hauptsächlich von der GewaltenTEILUNG. 4 Lois, XI, 13. Dazu im 15. Kapitel der Considerations "Je ne puis rien passer que serve a faire connaitre le genie du peuple Romain". Dazu Ernst Cassirer, Die Philosophie der Aufklärung, Tübingen 1932,287. 5 Chaimowicz, Freiheit und Gleichgewicht, 4. 6 Lois, XI 13. 7 Hippolyte Taine, Essai sur Tite Live, Paris 1856, 175. 8 C.A. Sainte-Beuve, Causeries du Lundi, 25. Oktober 1852, ibid. 70: Stil und Inhalt der "Considerations" stehen so sehr im Zeichen Roms, daß "on dirait en verite qu'ils (sc. les Romains) soient venus au monde expres pour que Montesquieu les considerit". 3'
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comme latine, et elle a un caractere de concision ferme qui la rapproehe de la langue de Tacite ou de Salluste". Damit bin ich an dem Punkt angelangt, an dem ich erklären muß, wie ich auf den Gedanken kam, eine Umkehr der Methode 9 bei der Interpretation Montesquieus vorzuschlagen. Man muß mit den großen Historikern Roms in ihrer Originalsprache vertraut sein, um Montesquieu wirklich zu verstehen, eine Forderung, die heute schwer zu erfüllen ist. Montesquieu verbrachte viele Jahre seines Lebens mit der immer wieder vorgenommenen Lektüre der Historiker Roms, Sallust, Livius, Tacitus, Sueton, Ammianus Marcellinus, um nur einige zu nennen. Wenn man, zufallsbedingt, durch mehr als vier Jahrzehnte einen ähnlichen Weg gegangen ist, kann man bei einer neuerlichen Lektüre von seinem kleineren Meisterwerk, den "Considerations sur les Causes de la Grandeur des Romains et de leur Decadence" und seines Hauptwerkes, des "Esprit des Lois" nicht daran vorübergehen, daß hier eine Rezeption der Römer stattgefunden hat, deren Kenntnisse man voraussetzen muß, um Montesquieu zu verstehen 10 . Man muß selbstverständlich auch die Lektüre Ciceros, Senecas, des Cassius Dio, des Herodian, Ammianus Marcellinus u.a. hinzufügen. Nur im Laufe vieler Jahre 9 Chaimowicz, Freiheit und Gleichgewicht, S. 4. Während Montesquieu und Burke bereits in jungen Jahren eine profunde Kenntnis der antiken Autoren hatten, war es mir erst in vielen Jahren, sogar Jahrzenten möglich, das ganze Ausmaß der Beziehung Montesquieus zu den Römern zu erkennen. Wenn man seit seinem zwanzigsten Lebensjahr die ersten zwei Stunden des Morgens mit der Lektüre des Tacitus oder des Livius, etc. verbracht hat, und mit dieser Grundlage wieder Montesquieu liest, trifft man auf die ihm eigene Rezeption der Römer. Es wäre jedoch ein Irrtum anzunehmen, daß Montesquieu nicht auch die Griechen, wenigstens teilweise, im Original gelesen habe. Charles Harne!, Histoire de l'Abbaye et du College de Juilly, Paris 1867, 218-219. Der zweite Ordensgeneral, der P. de Condren, hat festgelegt, daß es ein Studium des Griechischen geben sollte, das demjenigen des Lateinischen nicht nachstehe. So weiß man, daß auch Montesquieu Homer, Hesiod, Theokrit, Pindar, Platon oder Demosthenes gelesen hat. Beeinflußt durch den P. Condren, der ein begeisterter Leser des Cicero war, hat Montesquieu in seiner Jugendzeit auch einen "Discours sur Cicero" verfaßt. Auch in anderen Werken spielt Cicero eine bedeutende Rolle. Dazu Markus Lakebrink, Montesquieus CiceroRezeption, Diss. Freiburg 1967. In einer Hinsicht hatte jedoch das Lateinische den Vorrang: in der Ratio studiorum der Kongregation aus dem Jahre 1634 heißt es: "Intra septa Collegii Quartani quique eos anteeunt, omnes latine loquantur". Wenn man gewohnt ist, Lateinisch zu sprechen und zu schreiben, dringt die Sprachebene auf eine viel gründlichere Art und Weise ein. Montesquieu hat nicht nur die Historiker Roms gekannt, sondern war auch mit Lucrez, Vergil, Seneca und Juvenal vertraut, natürlich auch mit Terenz. Dieses klassische Fundament hat mich dazu veranlaßt, von der Notwendigkeit einer "UMKEHR DER METHODE" zu sprechen. Von bleibender Bedeutung blieb die Unterweisung im Römischen Recht, die ihm sein Vater zuteil werden ließ. Montesquieu gehörte als Parlarnentsprasident dem Stand an, den sein Biograph, der P. Jean Dedieu, 1913 so definierte: "un corps de magistrats qui conserve le depöt des Lois". I 0 Mein eigener Werdegang ist in mancher Hinsicht ähnlich zustandegekommen, was auf die filr mein Leben entscheidenden Jahre des Studiums an zwei romanischen Universitaten zurUckzufilhren ist, an denen einerseits filhrende Humanisten Spaniens als Flüchtlinge vor dem Bürgerkrieg lehrten, andererseits an der Universität des Jesuitenordens in Bogota, die im P. Felix Restrepo S.J. einen gelehrten Kenner der griechisch-römischen Antike und ebensolchen Verfechter der pragmatischen Anwendung dieser Kenntnisse filr die Analyse der politischen Ereignisse unserer Zeit hatte.
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ergibt sich ein Bild, das über die landläufige Kenntnis Montesquieus hinausgeht. Die "Considerations" erschienen 1734, nach der Rückkehr Montesquieus aus England, und fanden begeisterte Aufnahme bei keinem Geringeren als Friedrich d. Großen, der dieses Werk ftlr das wesentlichste seit dem Geschichtswerk des Thukydides hielt. 11 Man muß bedenken, daß Montesquieu in diesem ein Jahrzehnt vor seinem Hauptwerk erschienenen Buch mit scharfem Blick aus den antiken Quellen erworbene Erkenntnisse wiedergibt, die Spätere in anderer Form aufgrund einer bereits vorhandenen großen Zahl von Werken der Sekundärliteratur verarbeitet haben, die sie zu einer Neuinterpretation so mancher in früherer Zeit veröffentlichten Werke veranlaßten. Man denke an Theodor Mommsen, Eduard Meyer, Friedrich Münzer, Anton v. Premerstein, Matthias Gelzer, Sir Ronald Syme, Ernst Meyer oder Karl Christ, um nur einige wenige Namen zu erwähnen. Die Methode Montesquieus setzt eine sich über viele Jahre erstreckende Lektüre der Primärquellen voraus, die heute kaum ein Student befolgen kann. Montesquieu hat in diesem Werk über Rom auch die Grundlagen für seinen "Esprit des Lois" gelegt. Bei Erfüllung dieser Voraussetzungen kam ich erst bei einer in späteren Jahren vorgenommenen neuerlichen Lektüre von "De l'Esprit des Lois" dahinter, daß mutmaßlich Montesquieu das berühmteste Kapitel, in dem er die Gewaltentrennung in der englischen Verfassung behandelt (11, 6), den Annalen des Tacitus entnommen hat, der in seinem Werk eine besondere Rolle spielt. Dort heißt es (Ann. 13,4): "Non se negotiorum omnium iudicem fore ... discretam domum et rem publicam." Er wolle nicht in allen Belangen den Richter abgeben, ... das Haus des Princeps sollte vom (Rest) des Gemeinwesens getrennt werden." Es sind Worte der sogenannten "Thronrede" Neros, die von Seneca verfaßt wurde, der früh erkannt hatte, daß sein Zögling Nero nur allzu leicht zum Tyrannen werden könnte, dessen Opfer er ja selbst aus Anlaß der Pisonischen Verschwörung gegen Nero wurde, die so manches mit den Ereignissen des 20. Juli 1944 gemeinsam hat, und der Machiavelli im 6. Kapitel des dritten Buches der "Discorsi"("Dalle congiure") eine eindrucksvolle Betrachtung widmet. Was für diese Annahme spricht, ist der Tatbestand, daß Montesquieu den vollen Wortlaut dieser Zeilen des Tacitus im 6. Kapitel des 5. Buches seines "De l'Esprit des Lois" in seiner Übersetzung zitiert. Es dürfte nach meinem Dafürhalten die einzige Stelle der möglichen Quellen sein, in der von einer
11 Frederic le Grand, Histoire de mon temps, Publikationen aus den Preußischen Staatsarchiven, herausgegeben von Max Posner, Leipzig 1897, Bd. IV, 196.
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TRENNUNG der Gewalten, nicht nur von einer GEWALTENTEILUNG die Rede ist, was einen erheblichen Unterschied ausmacht. 12 In der Darstellung der Gewaltentrennung (Lois, XI, 6) findet sich die Ansicht, daß eine Behinderung des Königs durch die Legislative, etwa seine Vertreibung, das Gleichgewicht der gemischten Verfassung so empfmdlich störe, daß aus dieser Situaton eine "republique non libre", eine unfreie Republik, entstehen muß. 13 Die Darstellung der Gewaltentrennung ist eng mit der Tradition der Briten verbunden, die seit den Tagen des unglücklichen Königs Karll. den Begriff der "mixed constitution"in ihr Verfassungsdenken aufgenommen hatten. 14 Der König selbst hat in seinem Konflikt mit dem Parlament über Anraten seines Beraters Sir John Colepeper und Viscount Falkland auf den Begriff der Mischverfassung zurückgegriffen und diesen in das Verfassungsdenken der Briten eingefilhrt. In seinen Ausführungen (Ris Majesties Answer to the XIX Propositions ofboth Rouses ofParliament) übernimmt er 1642 die Thesen, die infogle der Rezeption des Polybios in England von nun an eine große Rolle spielen sollten, denen zufolge eine aus der Monarchie, der Aristokratie und der Demokratie, also aus drei einzelnen Regierungsformen "Gemischte Verfassung" die dauerhafteste und freieste ist. 15 "In this kingdom the Laws are jointly made by a King, by a Rouse of Peers and by a Rouse of Commons chosen by the people." Zuvor erklärte der König im gleichen Dokument die Vorzüge der einzelnen Teile der Verfassung und kommt zu dem Schluß, "For all these Reasons to all these demands Dur answer ist, Nolumus Leges Angliae mutari." Die Existenz dieser Form einer konstitutionellen Monarchie mit einer starken Krone, die nicht der Legislative unterworfen sein darf, ist f'llr Montesquieu eine Voraussetzung für die Gewaltentrennung, die er auf England beschränkt und ausdrücklich erwähnt, daß es auf dem Kontinent anderer Elemente des Gleichgewichtes bedürfe, um durch diese die Freiheit zu erreichen 12 Das Gleichgewicht, das für die Freiheit nötig war, konnte nur dort bestehen, wo daftlr gesorgt wurde, "que ... le pouvoir arrete le pouvoir" (Lois XI, 4).
13 Lois, XI, 6 Lf.
14 Diese Rezeption des Polybios fand um die gleiche Zeit statt wie diejenige Machiavellis, lG.A. Pocock, The Machiavellian Moment, Princeton 1975,361 ff. Dazu: Tbe Political Works of James Harrington, edited by lGA Pocock, Cambridge 1977, Introduction 16 ff. 15 Einige Väter der Verfassung der Vereinigten Staaten, unter ihnen Alexander Hamilton, dachten ähnlich. Vemon Louis Parrington, Main Currents in American Thought (Gesamtausgabe der 3 Bde., vol. 11, New York 1927, 292 ff.) Der spätere erste Finanzminister, der in den beiden Amtsperioden George Washingtons als eine Art Premierminister die Zügel in der Hand hielt, war ein Gegner der Lehren der Französischen Revolution. Er hielt die britische konstitutionelle Monarchie für "tbe most perfect govemment which ever existed". Er war Anhänger einer konstitutionellen Monarchie in Amerika, das damals eine hochgebildete natürliche Aristokratie besaß, welche unter Umstanden eine solche Verfassung ermöglicht hätte.
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und zu erhalten, nämlich der "Puissances Intennediaires", der zwischen Krone und Volk geschalteten Institutionen, des Adels, der Noblesse de Robe, der Kirche, der Parlamente (Gerichtshöfe), etc. Die modemen Republiken seiner Zeit hielt er filr unfreie Staatswesen. Sowohl die demokratischen als auch die aristokratischen Republiken entsprechen nicht den Prinzipien, die Montesquieu filr die Erhaltung des Gleichgewichtes und der Freiheit filr unverzichtbar hält. Dies gilt auch filr die absolute Monarchie und filr den "Etat Populaire", den Volksstaat. In beiden Fällen gibt es eine "Balance precipitee", das Gleichgewicht ist empfindlich gestört. Das Kapitel 6 des 11. Buches des "Esprit des Lois" schließt mit einem Hinweis auf Harringtons "Oceana", in dem man auch eine Anspielung auf Cromwell sehen muß. 16 "11 a bäti Chalcedoine, ayant le rivage de Byzance devant les yeux." "Er hat Chalkedon gebaut, obwohl er das gegenüberliegende Byzanz vor seinen Augen hatte". (Der Gedanke wurde durch die Lektüre Herodots, IV, 144, ausgelöst.) Wenn man eine funktionsfllhige Monarchie vor Augen hat, soll man nicht auf das Experiment einer "Republique non libre" zurückgreifen. Ihr folgt stets irgendeine Fonn der Tyrannis. Die Gefahr des "Precipiter la Balance" ist auf diese Weise gegeben. Montesquieu suchte nach Wegen, den Zustand der absoluten Monarchie in Frankreich zu verändern, ohne einen Volksl!taat herbeizufilhren. Wenn er von lobenswerten Republiken spricht, meint er stets die antiken Republiken, insbesondere die römische "Republik der Tugend", die in der Fonn, in der sie uns im Geschichtswerk des Livius und des Dionys von Halikamass erhalten ist, nicht wirklich existiert hat. Livius selbst gibt uns den Schlüssel filr seine stoische Idealisierung der frühen Republik in der Praefatio, Vorwort zu seinem Gesamtwerk 17: Er sucht in der frühen Republik die Tugenden, die seiner Zeit, dem ausgehenden Freistaat, abhanden gekommen waren, die der unserigen nicht unähnlich war. Praef. 9: " ... haec tempora quibus nec vitia nostra nec remedia pati possumus". Die heute immer wieder zur Debatte stehende Frage, ob eine Republik oder eine Monarchie vorzuziehen sei, geht am Problem vorbei: Die Monarchie des Hauses Österreich war, zumindestens in ihren letzten Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten, dem Begriff der RES PUBLICA nicht nur nahe, sie war eine solche. "Res Publica" heißt nicht "Republik" im modemen, etwa von Jellinek in seiner Allgemeinen Staatslehre geprägten Sinn, sondern Commonwealth, Gemeinwesen. So muß man auch das widerspruchsvolle Urteil des Tacitus, der Montesquieu so viel bedeutet hat, in Erinnerung rufen, der (Hist. 11, 38) bereits 16 Lois XI, 6 i.f. 17 Ober der Innenseite des Tores des Verwaltungsgerichtshofes in Wien befindet sich eine Inschrift aus der Zeit Maria Theresias, die von ihrem Reich als ihrer "res publica" spricht. Dazu auch Ch. Wirszubski, Libertas as a Political Idea at Rome Ouring the Late Republic and Ear1y Principate, Cambridge 1960, passim.
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die Zeit des Marius und Sulla als den Beginn des Wegs in ein blutiges Jahrhundert und das persönliche Regiment bezeichnet und bei dem der modeme Begriff der "Republik" nur an wenigen Stellen Verwendung findet 18, der keineswegs ein prinzipieller Gegner des Prinzipats war, sondern wußte, daß dieser aus dem persönlichen Regiment entstanden war, und die Frage, ob man ihn positiv oder negativ beurteilen soll, von der Person des Prinzeps abhängt. Er wollte nicht den bestdenkbaren, sondern den bestmöglichen Princeps. Dies ist leicht zu ersehen aus dem hohen Lob, das er dem Vespasianus inmitten der Tiberiusbücher zollt (Ann. III 55). Montesquieu wurde von den Exponenten der Französischen Revolution des öfteren als Gewährsmann herangezogen. Dies war eine folgenschwere Fehlinterpretation. Edmund Burke, der Montesquieu verehrte, meinte dazu, daß die "obscure provincial advocates" und die "pettifoggers run mad in Paris" Montesquieu entweder nicht gelesen oder nicht verstanden hätten. 19 Edmund Burke, der in Frankreich als "Champion of liberty" verehrt wurde, war ein gelehrter Jurist, nicht ein "advocatus", sondern ein "iuris peritus", wie die Römer es formuliert haben würden. Er wußte um die umfassende klassische Bildung Montesquieus, er nannte Montesquieu "a genius not born in every country, or every time; a man gifted by nature with a penetrating aquiline eye". Lediglich Montesquieus Bezugnahme auf die Germanen, wie Tacitus sie idealisierend in seiner "Germania" darstellt, lehnt Burke, der ebenfalls umfassende Kenntnisse der antiken Historiker hatte, entschieden ab; sie seien ein "barbarous people" gewesen, die nicht in den Kategorien einer gemischten Verfassung zu denken vermochten. 20 In seinen Historiae hat Tacitus, nur wenige Jahre nach dem Erscheinen der "Germania", die Germanen in äußerst dunklen Farben dargestellt. 18 Sir Ronald Syme, Tacitus, 2 vols., 549. 19 Edmund Burke hat unmittelbar nach dem Beginn der Französischen Revolution diese als den Anfang eines Zeitalters der Unfreiheit dargestellt, und man geht nicht fehl in der Annahme, daß das Zeitalter der Tyrannen, das Burke kommen sah, mit dieser Revolution seinen Anfang nimmt. Es ist das Zeitalter der abstrakten Prinzipien der Arithmetik in der Politik. Alles, was Montesquieu bewahrt wissen wollte, wurde nunmehr in Frage gestellt. In einem Brief an einen unbekannten Adressaten schreibt Burke: "You say my dear Sir, that they read Montesquieu. I believe not. If they do, they do not understand hirn ... Sure is, that they have not followed hirn in any one thing they have done. Had he Iived at this time, he would certainly be among the fugitives from France." (The Correspondence of Edmund Burke, 10 Bde., Cambridge/Chicago 1958-1978), Bd. VI, 80-81. Die Einberufung der Generalstände wäre bei Montesquieu auf Ablehnung gestoßen, nicht zuletzt wegen der Anordnung, daß dem Dritten Stand die gleiche Anzahl von Vertretern zugestanden wurde, wie den beiden privilegierten Ständen zusammengenommen. Das war ein Schlag gegen Montesquieus Vorstellung einer "Balance", die allein die Freiheit zu vermitteln vermochte. 20 Edmund Burke, Works VI, 280-281 in seinem Abridgement ofEnglish History. Dazu Ronald Syme, Tacitus 125 ff. J.G.A. Pocock, The Ancient Constitution and the Feudal Law, Cambridge 1957,20. Die These Montesquieus hat ihren Ursprung bei Hotmans "Francogallia" und seinen englischen Anhängern im 17. Jahrhundert. Auch Syme spricht (Tacitus, 125 ff.) vom beabsichtigten Kontrast zwischen Barbaren und der zivilisierten Welt. Ähnlich verhält es sich mit
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Der Jubilar ist Nationalökonom. Ich möchte deshalb und angesichts der schwerwiegenden Probleme der Defizite in so manchem Industriestaat der Gegenwart, auf eine diesbezügliche Erkenntnis Montesquieus in seinem kleineren, besonders lesenswerten Werk, den Considerations sur les Causes de la Grandeur des Romains et de leur Decadence, hinweisen. Im 18. Kapitel dieses Werkes, das bereits 1734 erschienen war gemeinsam mit dem damals nach der Rückkehr aus England fertiggstellten, später im "Esprit des Lois" veröffentlichten Kapitel über die Gewaltentrennung, sagt Montesquieu über die Lage des Reichs im späteren 4. Jahrhundert: "Kein Staat hat (zusätzliche) Steuern nötiger als einer der geschwächt ist", was zu "unerträglichen Belastungen führt: "11 n'y a point d'Etat ou l'on ait plus besoin de tributs que dans ceux qui s'affaiblissent; de sorte que l'on est oblige d'augmenter les charges, a mesure que l'on est moins en etat de les porter: bientöt, dans les provinces romaines, les tributs devinrent intoIerables." Wer mit dem Werk Michael Rostovtzeffs "The Social and Economic History of the Roman Empire" vertraut ist und weiß, daß die Defizite bereits vor diesem Zeitpunkt zu einer Art Steuertyrannei geführt haben 21, wird leicht verstehen, daß Montesquieu fast zwei Jahrhunderte zuvor diese Erkenntnisse vorweggenommen hat. Montesquieu entnahm seine Erkenntnisse fast ausschließlich der Lektüre der römischen Historiker und hatte nicht die Vielfalt der uns bekannten Sekundärliteratur zur Verfügung. Der letzte große Historiker Roms, Ammianus Marcellinus, hat als Zeitzeuge Julians des Apostaten (361363) beschrieben, welchen Terror die Steuereinnehmer unter der Leitung der "Agentes in Rebus", einer Art Gestapo, in vielen Bereichen des Reiches ausübten, insbesondere durch Eintreibung des sogenannten "Aurum Coronarium", das schon im letzten Jahrhundert des Freistaates in den östlichen Provinzen eingehoben wurde, später dem jeweiligen Princeps zugute kam, eine unregelmäßig eingeforderte Abgabe, die immer häufiger vorgeschrieben wurde. Wer ein Amt in der Stadtverwaltung innehatte, haftete persönlich für das Aufkommen der unerträglich gewordenen Steuern. Der Steuerterror hat nicht wenig zum Nachlassen jeder unternehmerischen Initiative geführt. Gewiß, die Wirtschaft im Römischen Reich war nicht mit derjenigen zu vergleichen, die in unseren Breiten oder in der westlichen Hemisphäre im Gefolge der industriellen Revolution entstanden war. Dennoch gibt es beachtenswerte Parallelen. Die kostspielige Verwaltung, die Notwendigkeit, ein großes Heer zur Verteidigung der dem Arminius-Kult. Dazu Dieter Timpe, Arminius Studien, Heidelberg 1970, passim. HäUe Tacitus ihn nicht Ann. II 88 als "Iiberator Germaniae" bezeichnet, wäre sein Name wahrscheinlich untergegangen. Er war ein römischer Offizier und gehörte dem Ritterstand an. Diese Betrachtungen betreffen nur die Germanen der Zeit des Tacitus, der keine persönliche Kenntnis der germanischen Stämme hatte. 21 M. Rostovtzeff, The Socia! and Economic History ofthe Roman Empire, 2 vols., Oxford 1971 (first ed. 1926).
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Grenzen des Reiches zu erhalten, der Cursus Publicus, die Subsidien, die an die eindringenden Barbaren gezahlt werden mußten, um sie wenigstens in den entfernteren Gegenden des Reiches anzusiedeln und als Vorhut des eigenen Heeres zu betrachten - was sich als Fehlschlag erwies, als der Gotensturm im Jahre 378 den Römern die Niederlage von Adrianopel zuftlgte. All diese ins Unermeßliche gehenden ständigen Ausgaben waren von einer stetig zunehmenden Inflation begleitet. Man glaubte zunächst, etwa Diokletian mit seinem "Preisedikt" (aus dem Jahr 301), man könne die Inflation durch die Festlegung von Höchstpreisen einschränken, ein schwerwiegendes Fehlurteil, das auch in unserer Zeit des öfteren wiederholt wurde. Dazu kommt die mangelnde Kontinuität an der Spitze des Reiches, in dem oft von der Soldateska gekürte Gegenkaiser zu einer ständigen Gefahr filr Handel und Verkehr wurden und die Einheit des frühen Prinzipats in Frage stellten. Montesquieu hat im 16. Kapitel der "Considerations" diesen Zustand mit den Worten bedacht, daß das Römische Reich in dieser Zeit eine "republique irreguliere" gewesen sei und daß die Herrschaft von Militärs eher zu einer Republik passe als zu einer Monarchie: "c'est une regle generale, que le gouvernement militaire est, a certains egards plutöt republicain que monarchique." Die Frage der Kontinuität und der immer drückender werdenden Besteuerung fällt eben unter Montesquieus feine Unterscheidung der Ursachen historischer Prozesse. 22 Die "causes generales" ... (die allgemeinen physischen und moralischen Ursachen) liegen oft weit zurück. Ein bestimmtes Ereignis, das uns oft besonders beschäftigt, ist mitunter nur eine "cause particuliere" - eine besondere Ursache im Rahmen der Folgen der "Cause generale". So kann man etwa in der von Sueton in der Vita Vespasiani 23 angeftlhrten Klage des Kaisers, der die Bürgerkriege des Jahres 69 beendete, daß er vierzig Milliarden Sesterzen benötige, "ut res publica stare pos set" , um den Fortbestand des Reichs zu sichern, wohl mehr sehen als eine solche "cause particuliere". Es handelt sich um den größten Betrag, der in der antiken Geschichtsschreibung genannt wird. Sueton hatte als Briefsekretär des Kaisers Hadrian, als "Ab epistulis" Einsicht in die vorhandenen Unterlagen. Wir wissen nicht allzuviel über die Methoden, die Vespasian zur Anwendung brachte, um diesen ungeheuerlichen Betrag des Defizits auszugleichen. Tenney Frank schätzt aufgrund seiner Berechnungsmethode (über den Getreidepreis) die Summe auf etwa 2 Millarden Dollar des Jahres 1939. Wollte man die Entwertung der amerikanischen Währung seit diesem Zeitpunkt zur Anwendung bringen, müßte man 22 Considerations XVIII "si le hasard d'une bataille, c'est-a-dire une cause particuliere, a ruine iI y avait une cause generale qui faisait que cet Etat devait perir par une seule bataille ... ". 23 Sueton, Divus Vespasianus 16,3, wo es heißt, daß eine "summa aerarii fiscique inopia" eingetreten sei, "de qua testificatus sit initio statim principatus, professus quadringentes milies opus esse, ut res publica stare posset". Tenney Frank, An Economic Survey of Ancient Rome, Reprint der Ausgabe von 1940, Paterson, New York 1959, vol. V,44 ff.
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mit 40 - 50 Milliarden Dollar heutiger Währung rechnen. Gleichgültig, ob diese Rechnung stimmt, kann man die im Gefolge des Ausgabenwahns Neros und der hohen Kosten der sich fast über das gesamte Reich erstreckenden Bürgerkriege des Jahres 69 zumindestens eine Vorwegnahme späterer Defizite großen Ausmaßes sehen, die zu einer Zunahme der Enteignungen, der Zwangssteuern und zur wirtschaftlichen und geistigen Nivellierung führten, zu einer "Democracy of slaves", wie Rostovtzeff es ausdrückt. Wenn der Zeitpunkt kommt, zu dem ein Defizit so dauerhaft und bedrückend wird, daß auch eine Erholung mancher Bereiche der Wirtschaft nicht wenigstens zu einem wesentlichen Abbau des Defizits beiträgt, wird eine "Line of no return" überschritten, die zum Steuerterror und letztlich zum totalitären Staat führt. Rostovzeffs Darstellung und Montesquieus Betrachtungen über die Besteuerung sollten uns eine Warnung sein. Rostovtzeff schrieb sein fundamentales Werk quasi als Warnung vor dem sozialistischen Experiment. Vieleicht sollten wir, auf Montesquieu und Rostovtzeff zurückgreifend, die Gefahren erkennen, die der Marktwirtschaft drohen, wenn die mangelnde Kontinutät der Institutionen nicht durch eine verantwortungsvolle Handhabung der öffentlichen Besteuerung kompensiert wird. Die "cause generale" liegt in unserem Falle wohl im Verlust der Kenntnisse der Geschichte und der Historiker der Alten Welt, die Montesquieu so viel zu sagen hatten. Unserem modemen Bildungswesen entspricht eine höchst oberflächliche Vorstellung von der römischen Geschichte, die laut Ortega y Gasset den einzigen vollständig vor unseren Augen ablaufenden Zyklus der Historie darstellt. Montesquieu und Rostovtzeff wußten es. In unseren Breitengraden drohen diese Kenntnisse verlorenzugehen. Hatte der große deutsche Archäologe Ludwig Curtius in seinen Lebenserinnerungen (Deutsche und Antike Welt, Stuttgart 1958, 217 ff.) die Altphilologen kritisiert, die nicht auch in den modemen Sozialwissenschaften und neuerer Geistesgeschichte unterrichtet werden und ihnen das Beispiel Englands entgegengehalten, wo, etwa in Oxford oder Cambrigde, eine intensive Lektüre der "Classics" auch von zukünftigen Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern verlangt wird, so muß man mit Fug und Recht auch die umgekehrte Forderung aufstellen: Die Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler sollten vor oder während ihres Studiums wenigstens eine Vorstellung der Bedeutung der römischen Geschichte, des Römischen Rechts und der großen Historiker Roms erlangen, deren pragmatischer Wert durch nichts zu ersetzen ist. 24 Vor dreißig Jahren war ich Gast eines Vice-President der General Motors-Werke und lernte dort 24 Thomas Chaimowicz, Apuntes sobre el valor paradigmätico de la Historia Romana para la economla contemporänea, Universitas (Zeitschrift der Pontificia Universidad Javeriana in Bogotä (Rechtswissenschaftliche Fakultät), Juni 1991, 125-147, verfaßt kurz nach dem Fall der Berliner Mauer, als nach und nach die hohen Kosten der Wiedervereinigung beIDrchten ließen, daß auch in der Bundesrepublik ein großes DefIZit entstehen könnte.
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einen Herrn gleichen Ranges kennen, der den Konzern bei der Administration vertrat, Dr. Gordon Hall. Auf meine Frage, ob Dr. Hall seinen Ph.D.-Grad in Economics erworben habe, sagte mein Gastgeber: "He is a cIassical scholar, who took his B.A. degree in Economics and the Humanities and took his Ph.D. degree in Classics." Dr. Hall war Latinist und wurde, auch das ist heute noch möglich, vom Konzern eben deshalb für einen Posten ausgewählt, der einen größeren Weitblick voraussetzte. Man mag das als Ausnahme betrachten, doch gibt es zahlreiche Parallelfälle. Während bei uns die Kenntnis des Lateinischen zu verschwinden droht, ausgenommen die Ausdrucke "super", "ultra", "optimieren" und "minimieren", "Konfrontation" etc. etc. in den Nachrichten und den Werbeeinschaltungen des Fernsehens und den Reden der Politiker, hat man sich in den Vereinigten Staaten im kleinen Rahmen zu einer Wiedergewinnung dieser Kenntnisse aufgerafft. Der Pseudo-Pragmatismus der vergangenen sechs Jahrzehnte hat das Niveau der Universitätsabsolventen erheb.lich herabgesetzt. Wie so oft, wird in Österreich die Bildungskatastrophe in dem Moment nachvollzogen, in dem man in der Neuen Welt diese Entwicklung zu bedauern beginnt.
Platon über die Verantwortung des Philosophierenden und über die Grenzen philosophischer Erkenntnis Von Joachim Dalfen Die Systematik der antiken Philosophiegeschichtsschreibung teilte die Philosophen in Dogmatiker und Skeptiker ein (Diog. Laert. I 16). Dogmatiker sind diejenigen, welche Aussagen über die Dinge machen, weil sie voraussetzen, daß sie erkennbar sind. Platon galt selbstverständlich seit jeher als Dogmatiker, und das ist völlig berechtigt, denn er hat wohl sicher angenommen, daß die Welt und die Dinge in ihr erkennbar sind. Ob er aber dogmata formuliert hat, ob er Ergebnisse seines Philosophierens in Lehrsätzen ausgesprochen hat, ob er dies überhaupt für möglich gehalten hat, muß wohl ebenso sicher bezweifelt werden: Platon scheint ein Dogmatiker ohne dogmata gewesen zu sein. Platon schreibt Dialoge, in denen er Gespräche darstellt, die zwischen konkreten Personen an lokalisierbaren Stellen in Athen in bestimmten Situationen stattgefunden haben. Seine Dialoge sind fiktionale Texte: die Gespräche des Sokrates mit verschiedenen Zeitgenossen haben sicher nicht so stattgefunden, wie Platon sie ablaufen läßt, aber Platon gestaltet sie - nach seinen eigenen Absichten - so, wie sie stattgefunden haben könnten. Auch wo Platon - selten genug, wie in der Apologie und im Symposion - nicht Gespräche nachahmt, die in Frage und Antwort gestaltet sind, ahmt er doch Kommunikationsformen nach, die zu jener Zeit in Athen ihren festen Platz hatten: Reden vor Gericht bzw. Reden, welche die Teilnehmer an einem Symposion über ein vorgegebenes Thema halten. Es ist unbestritten, daß die literarische Form des platonischen Dialogs vor allem zwei Wurzeln hat: die sokratische Art, alle möglichen Leute in ein kritisch-elenktisches Gespräch über philosophische Dinge zu verwickeln, und Platons eigene Auffassung von Philosophie und Philosophieren. Philosophieren geschieht, wie es im 7. Brief heißt, wenn verschiedene Menschen auf die "Sache" Philosophie stoßen und sich an der "Sache" und aneinander reiben. Dieses "Reiben" geschieht in Gesprächen, die durch Frage und Antwort strukturiert sind. Jeder Gesprächspartner bringt seinen Denkhorizont, seine Erfahrungen, seine Argumente in das Gespräch ein, aber auch seine Interessen, sein Temperament und seine Emotionen. Es ist am Anfang völlig offen, in welche Richtung die Gespräche gehen werden, und auch die Schlüsse sind offen, nicht nur in den aporetischen Dialogen. Es werden keine Ergebnisse festgehalten
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und keine zusammenfassenden defmitiven Aussagen darüber gemacht, was diese oder jene Tugend ist, was die Idee des Guten letzlich ist, daß und warum die Seele unsterblich ist. Der Autor mischt sich (in der literarischen Fiktion) nie ein, er tritt nie als Gesprächsteilnehmer auf, lenkt nicht und korrigiert nicht. Platons Dialoge zeigen ein offenes Philosophieren, der Autor läßt seinen Personen die Freiheit des Denkens und auch die Freiheit, sich aus sturer Rechthaberei in tiefsinnige Absurditäten zu verrennen. Und doch zeigt er, daß Philosophieren nicht subjektiver Beliebigkeit überlassen ist. Es gibt zwar die "Sache" Philosophie nicht ohne die Menschen, die über sie im Gespräch reden. Aber die "Sache" hat ihre innere Gesetzmäßigkeit, die befolgt werden muß, wenn das Gespräch sinnvoll sein soll. Was hier als "innere Gesetzmäßigkeit" bezeichnet wird, nennt Platon griechisch logos. Der logos des Menschen ist seine Vernunft, seine Fähigkeit zu denken, das Denken als Tätigkeit, die durch Denken gewonnenen Gründe und Argumente, der Ausdruck des Denkens im Wort, in der Rede, im Gespräch und noch manches andere. Der logos ist und wirkt aber auch im Kosmos, der Bereich des Seienden ist durch den logos vernünftig strukturiert. Platon ist nicht der einzige Grieche, der eine vernünftige Struktur der Wirklichkeit angenommen hat und der überzeugt war, daß es eine Verbindung zwischen dem logos im Menschen und dem logos in der Welt gibt. Von daher sein Vertrauen, daß der Mensch die Wirklichkeit erkennen kann, daß es einen wahren und festen logos gibt und daß dieser wahre logos erfaßbar ist (Phaid. 90c). Und von daher seine ständigen Hinweise darauf, daß der logos dem Philosophierenden Verpflichtungen auferlegt, nicht nur im Gespräch über die "Sache" Philosophie, sondern auch in den Konsequenzen, die sich aus den Gesprächen filr das Leben ergeben. An einer Stelle des Dialogs Gorgias (453 bc) sagt Sokrates, er vermute bereits, worauf Gorgias hinauskommen wird, dennoch werde er es nicht aussprechen, sondern weiterfragen. Warum? Nicht des Gorgias, sondern des logos wegen, damit er so vorangehe, daß er den Gesprächspartnern so gut wie möglich deutlich mache, worüber sie gerade reden. Platon läßt nicht alle Gesprächspartner des Sokrates bereitwillig der Forderung gehorchen, daß man dem logos Schritt für Schritt folgen muß. Manche wollen aus Ungeduld oder aus Ehrgeiz, ihre eigene These durchzufechten, den zweiten Schritt vor dem ersten machen und eine Frage diskutieren, bevor deren Voraussetzungen geklärt sind. Platon läßt Sokrates gegen solches Vorgehen immer wieder protestieren, und er zeigt - etwa an Kritias im Dialog Charmides - in welche Höhen tiefsinnigen Unsinns solche "unlogische" Sturheit führen kann. Philosophieren ist für Platon ein dialogischer Prozeß. In der Struktur seiner Dialoge zeigt er dies dadurch, daß er Sokrates ständig versuchen läßt, in Frage und Antwort mit seinen Dialogpartnern zu einem gemeinsamen logos zu
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kommen: zu einer homologia (das Verbum homologein und die davon abgeleiteten Wörter stellen zahlenmäßig wohl die größte Wortgruppe in Platons Dialogen dar). Eine solche intersubjektiv erreichte Übereinstimmung gilt als Indiz, daß der bisherige Gang des Gesprächs mit dem logos übereinstimmt, und sie bildet die Grundlage fUr den nächsten Schritt auf der Suche nach der Antwort auf die Frage, auf die die Gesprächspartner gestoßen sind. Aber die homologia der Gesprächspartner ist kein Garant, daß auch nur eine partielle Wahrheit gefunden und festgestellt worden wäre. Führt eine homologia im weiteren Verlauf des Gesprächs zu Widersprüchen, muß zurückgegangen werden, bis man zu einer tragfähigen kommt, von der aus man neu ansetzen kann. Ein solcher durch homologia erreichter logos ist nicht nur theoretisch relevant, er ist es auch - und nicht zuletzt - moralisch. Philosophieren hat bei Platon eine eminent existenzielle Dimension. Daß Philosophieren diese Dimension hat, ist heute keine sehr weit verbreitete Auffassung. Schon in der Antike hat man sich bald nach Platon in Fragen der LebensfUhrung mehr an der Stoa, an den Kynikern und Epikur orientiert, vom platonischen Sokrates hat auf diesem Feld vor allem der Sokrates der Apologie nachgewirkt, ansonsten aber mehr der Sokrates des Xenophon und der Kyniker. Und doch hat Platon diese existenzielle Seite des Philosophierens sehr eindringlich gezeigt, und zwar gerade im Zusammenhang mit der Feststellung, daß jede vom Menschen erreichte Einsicht grundsätzlich stets als vorläufig zu betrachten ist, daß sie überholt werden kann durch bessere logoi, und im Zusammenhang mit der Betonung der Verpflichtung, die der Philosophierende dem logos gegenüber hat, aber auch dem Gesprächspartner gegenüber. Mit dem Priester Euthyphron läßt Platon den Sokrates die Frage diskutieren "Was ist Frömmigkeit?". Für Sokrates wäre eine kompetente Antwort des Fachmanns wichtig, um sich im Prozeß auf sie stützen zu können. Der Priester glaubt in seiner Selbstsicherheit, die Antwort leicht geben zu können, aber unter den kritischen Fragen des Sokrates erweisen sich nicht nur seine Antworten der Reihe nach als ungenügend, sondern es stellt sich auch heraus, daß Euthyphron eine sehr abgestandene Theologie vertritt. An einem Punkt des Gesprächs stellt Sokrates fest, daß eine jetzt formulierte Defmition der Frömmigkeit mit einer früheren übereinstimmt, die bei der kritischen Prüfung als falsch verworfen worden war: eine der beiden homologiai muß falsch sein. Für Sokrates ist die Konsequenz klar: man muß an den Anfang zurück und die Frage von neuem anpacken. Er - Sokrates - ist nicht bereit aufzugeben (Euth. 15 bc). Euthyphron hat schon früher erkannt, daß die Sache schwieriger ist, als er sich vorgestellt hatte. Er hat bald die Lust verloren und war nicht bereit, sich anzustrengen (Euth. 12 a). Jetzt, da Sokrates Anstalten macht, die Sache vom Anfang an neu durchzudenken, hat er endgültig genug: er muß gehen, er hat es eilig, er hat einen Termin. Also: "Auf ein andermal!". Sokrates bleibt enttäuscht zurück. Er hatte gehofft, von Euthyphron zu erfahren, was das Fromme
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ist. Damit hätte er sich gegen die ihm vorgeworfenen Anschuldigungen verteidigen können, und er hätte sein künftiges Leben besser leben können (Euth. 15 ef.). An Euthyphron und Sokrates zeigt Platon in der literarischen Form des dramatischen Dialogs die zwei gegensätzlichen Einstellungen zur Sache Philosophie, von denen auch der 7. Brief spricht (epist. VII 340 c ff.). Euthyphron ist weichlich und ist nicht bereit, sich den Anforderungen der "Sache" Philosophie zu stellen. An ihm zeigt Platon einen der subjektiven Gründe rur die Begrenztheit menschlicher Einsicht. Von einem anderen subjektiven Grund ist schon gesprochen worden, von dem ungeduldigen Ehrgeiz, seine eigene Meinung zum Sieg zu fUhren, statt sich vom logos fUhren zu lassen. Im Euthyphron zeigt sich - wie auch in anderen Dialogen -, daß erreichte homologiai sich als revisionsbedürftig erweisen können. Dies darf nicht zur Skepsis gegenüber der Tragfähigkeit der logoi fUhren und nicht dazu, die Sache aus Bequemlichkeit aufzugeben. Der Weg durch die logoi muß von neuem begonnen werden. Wer wirklich Philosoph ist, stellt sich den Schwierigkeiten, die in der "Sache" Philosophie stecken. Ein positives Gegenbild zu Euthyphron stellen die beiden alten Strategen Laches und Nikias dar, mit denen Sokrates über das Wesen der Tapferkeit diskutiert. Auch dieses Gespräch endet in einer Aporie, und Sokrates meint, dieser Zustand könne nicht hingenommen werden, man müsse weiter gemeinsam suchen. Laches ist sofort dazu bereit, trotz oder wegen seines hohen Alters und obwohl das Denken rur seinen Soldatenschädel eine ungewohnte Anstrengung ist: gleich morgen früh soll das Gespräch fortgesetzt werden (Lach. 200 e ff.). Noch etwas macht der Euthyphron bewußt: die existenzielle Bedeutung des Philosophierens und die Verantwortung dem Gesprächspartner gegenüber. Eine tragfähige Antwort auf die im Raum stehende Frage hätte dem Sokrates in einer kritischen Situation helfen können, und sie hätte ihm erlaubt, den Rest seines Lebens besser zu leben. Euthyphron als zuständiger Fachmann hätte sich bemühen können, gemeinsam mit Sokrates eine solche Antwort zu finden. Aber er entzieht sich. Nikias und Laches unterziehen sich der ungewohnten und harten Denkarbeit nicht aus theoretischem Interesse, sondern weil sie zusammen mit Sokrates herausfinden wollen, wie zwei junge Männer, Söhne gemeinsamer Freunde, richtig erzogen werden können. Im Dialog Kriton zeigt Platon den alten Freund des Sokrates bei dem Versuch, Sokrates im letzten Augenblick vor der Hinrichtung aus dem Gefiingnis herauszuholen: alles ist vorbereitet, Sokrates braucht nur mitzugehen. Aber Sokrates zwingt den widerstrebenden Kriton, die Sache zu prüfen: darf er aus dem Gefiingnis fliehen? Kriton muß noch einmal die Gespräche durchgehen, die er in früheren Jahren mit Sokrates gefiihrt hat. Damals hatte man sich immer wieder darauf geeinigt, daß man kein Unrecht tun darf, weil begangenes Unrecht
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der Seele schadet, und daß man nicht Unrecht mit Unrecht vergelten darf. Stehen diese logoi noch oder haben sie ihre Gültigkeit verloren, weil sich die Situation des Sokrates geändert hat? Sokrates erklärt, daß er seit jeher nur dem logos folgt und gehorcht, der sich ihm bei gedanklicher Prüfung jeweils als der beste erweist. Er kann seine früheren logoi nicht über Bord werfen, nur weil ihn jetzt dieser Wechsel des Schicksals getroffen hat. Wenn sie jetzt keine besseren logoi sagen können, wird er nicht aus dem Gefängnis fliehen (Krit. 46 bc). Sokrates prüft die Frage auf der Grundlage früherer homologiai, dies verlangt der logos (Krit. 48 bc). Was man im gemeinsamen Gespräch übereinstimmend als gerecht festgestellt hat, daran muß man festhalten, und demgemäß muß man handeln (Krit. 4ge, 50a). Platon läßt Sokrates die existenzielle Verbindlichkeit des Philosophierens betonen. Der logos verlangt, daß auch in einer Extremsituation nur die moralische Qualität des Handeins geprüft wird. Homologiai, die gemeinsam gefunden wurden, und der logos, der jeweils der beste zu sein scheint, sind filr das Handeln verbindlich. Platon deutet die Möglichkeit an, daß bessere logoi gefunden werden können, daß Sokrates nicht überzeugt ist, daß er den besten, wahren und sicheren logos hat. Es ist der Hinweis auf die Grenzen menschlicher Erkenntnisflihigkeit und auf die prinzipielle Möglichkeit, daß einmal eine bessere Einsicht gefunden werden kann. Alle bisher betrachteten Seiten des Philosophierens zeigt Platon auch im Dialog Phaidon. Thematisch gehört der Phaidon zu den Dialogen um den Prozeß und Tod des Sokrates, wie der Euthyphron und der Kriton. Nach allgemeiner Ansicht ist er aber später entstanden, gehört nicht wie die beiden anderen zu den Frühschriften, sondern zu den Werken der mittleren Periode, wie das Symposion und das große Werk vom Staat. Der Phaidon spielt im Gefängnis, am letzten Lebenstag des Sokrates. Platon läßt Sokrates mit einer Gruppe junger Freunde über die Unsterblichkeit der Seele sprechen. An sich ist Sokrates mit sich selbst genug beschäftigt: er möchte sich in den letzten Stunden vor dem Sterben noch einmal die Argumente rur die Unsterblichkeit der Seele vorsagen, um gestärkt und vertrauensvoll in den Tod gehen zu können. Sokrates fUhrt die "Beweise" filr die Unsterblichkeit der Seele, aber seine jungen Gesprächspartner sind skeptisch, sie bringen Einwände vor, wodurch die schönen Beweise wieder in Frage gestellt werden. Die anfängliche Überzeugung der Zuhörer weicht einer Verwirrung und Skepsis, sie fragen sich, ob sie vielleicht zu schwach sind, solche Sachen zu beurteilen, oder ob die Sachen selbst vielleicht so sind, daß man sie nicht entscheiden kann. Obwohl Sokrates mit sich selbst beschäftigt ist, sieht er die Stimmung seiner Gesprächspartner, ruft sie wieder zurück und fordert sie auf, den logos weiter gemeinsam zu prüfen (Phaid. 88 c ff.). Die Gesprächspartner spüren selbst, daß es nicht richtig ist, an diesem Tage dem Sokrates mit skeptischen Einwänden Schwierigkeiten zu machen, doch Sokrates meint, es 4 Festschrift Pichler
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wäre das Schlimmste, wenn ihnen der logos stürbe und sie ihn nicht wieder zum Leben erwecken könnten. Sokrates darf seine jungen Freunde nicht in die misologia stürzen, darf in ihnen keine Abneigung gegen die logoi entstehen lassen (Phaid. 89 b fI.). Sokrates gibt zu, daß er sich jetzt unphilosophisch verhält: er will, daß seine Worte wahr erscheinen, nicht den anderen, sondern ihm selbst. Denn wenn sie wahr sind, ist es gut, sich von ihnen überzeugen zu lassen, wenn nicht, wird er wenigstens die Zeit bis zum Tode den anderen weniger lästig sein. Aber die anderen sollen sich nicht um Sokrates kümmern, sondern um die Wahrheit, und zustimmen, wenn sie glauben, daß er etwas Wahres sagt, andernfalls sollen sie mit jedem nur möglichen logos widersprechen, damit Sokrates sie nicht täuscht, einen Stachel in ihnen zurUckläßt und weggeht (Phaid. 90d fI.). Sie dürfen nicht allein wegen ihres Vertrauens zu ihm seine logoi rur wahr halten, denn ~päter, beim erneuten Durchdenken der Sache, würden sie vielleicht seine logoi als falsch erkennen und dann überhaupt an der Zuverlässigkeit der logoi zweifeln. Sokrates zeigt die Verantwortung des Philosophierenden den Gesprächspartnern gegenüber, und er spricht von der Verantwortung dem logos gegenüber. Und er spricht von der Möglichkeit, daß die jetzt von ihm vorgebrachten logoi sich einmal als falsch herausstellen könnten. Bereits an einem früheren Punkt des Gesprächs hatte Kebes, einer der jungen Freunde des Sokrates, Zweifel angemeldet an einem logos, den Sokrates oft vorzubringen pflegt, an der anamnesis: "wenn dieser logos wahr ist" (Phaid. 72 e). Die Theorie, daß Lernen Wiedererinnerung an das ist, was die Seele vor ihrem Eintritt in den Körper geschaut hat, ist eingebettet in Platons Theorie der Ideen. Im weiteren Verlauf des Phaidon läßt Platon den Sokrates darüber sprechen, wie er die Fragen nach den letzten Ursachen und nach der Wahrheit des Seienden zu beantworten versucht hat (Phaid. 99 d ff.). Die Wahrheit müsse man in den logoi betrachten. Er nehme an, daß es ein Schönes und ein Gutes an sich gibt, und alles Schöne und Gute usw. in der Welt ist so durch die Teilhabe an der Idee des Schönen, des Guten usw. Er hält diese Erklärung rur eine sichere hypothesis, und wenn man diese hypothesis begründen sollte, müßte man eine weitere hypothesis zugrundelegen, die sich als die beste zeigt. Und man muß prüfen, was sich aus der hypothesis ergibt, ob es in sich stimmig ist oder nicht (Phaid. 101 c fI.). Die Existenz der Ideen und die methexis werden von den Gesprächsteilnehmern akzeptiert. Von dieser homologia aus wird der letzte "Beweis" rur die Unsterblichkeit der Seele geruhrt; nur ein Gesprächspartner, Simmias, hat noch Zweifel: einerseits wegen der Größe der Sache, über die geredet wird, andererseits wegen der menschlichen Schwäche. Das transzendente Sein der Ideen und die letzten Ursachen der Dinge scheinen ihm die menschliche Erkenntnisfähigkeit zu übersteigen. Sokrates erkennt die Vorbehalte als berechtigt an und rugt hinzu, sie müßten die ersten hypotheseis überprüfen, ob sie rur sie zuverlässig sind; er glaubt, daß sie nach einer geeigneten Analyse dieser ersten hypotheseis
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dem logos folgen werden, soweit es dem Menschen möglich ist. Und wenn dies klar wird, werden sie nichts weiter suchen (phaid. 107 b). Platon baut seine Ideentheorie auf hypotheseis auf. Man mag hypothesis als "Hypothese" oder als "Axiom" verstehen, Inhalt eines Dogmas sind die Ideen sicher nicht. Die Richtigkeit der Theorie muß sich durch die Folgerungen, die aus ihr abgeleitet werden, ausweisen. Und Platon weist auf die Grenzen der Erkenntnis hin: dem logos in dem Maße folgen, in dem es einem Menschen am meisten möglich ist. Die Grenzen werden objektiv durch die Größe des Erkenntnis gegenstandes gesetzt und durch die Schwächen der Menschen, wie Platon den Simmias hatte sagen lassen. Schon vorher hat er Kebes sagen lassen, daß er - Kebes ebenso wie vielleicht auch Sokrates - glaube, daß es in diesem Leben unmöglich oder doch ganz schwer sei, über solche Dinge exaktes Wissen zu erreichen; aber das, was darüber gesagt wird, müsse man auf jede mögliche Art und Weise kritisch prüfen und dürfe nicht früher aufgeben, bevor man es von allen Seiten betrachtet hat, sonst wäre man ein weichlicher Mensch. Es gibt zwei mögliche Ziele: entweder zu lernen und herauszufinden, wie es ist, oder - wenn dies unmöglich ist - wenigstens den besten und am schwersten zu widerlegenden menschlichen logos zu nehmen und auf ihm wie auf einem Floß die Fahrt durch das Leben zu riskieren, wenn man kein sichereres Fahrzeug hat, nämlich einen göttlichen logos (Phaid. 85 cd). Bereits früher hatte Platon den Sokrates auf die Meinung der echten Philosophen verweisen lassen, daß die Seele die Wahrheit nicht erkennen kann, solange sie mit dem Körper verbunden ist. Im Leben kann man vollkommenes Wissen nicht erreichen, erst nach dem Tode werden wir durch uns selbst das Klare und Reine erkennen, und das ist dann vielleicht das Wahre. Solange die Seele mit dem Körper verbunden ist, kann der Mensch sich in dem Maß dem Wissen annähern, in dem er die Seele von der Beeinflussung durch den Körper frei zu halten vermag. (Phaid. 66 b ff.) Am Schluß des Dialogs Phaidon läßt Platon seinen Sokrates einen Mythos erzählen von dem Schicksal der Seele im Jenseits. Sokrates will nicht behaupten, daß es so ist, wie er es erzählt hat. Das paßte nicht zu einem vernünftigen Menschen. Aber es ist wohl irgendwie so, wenn die Seele wirklich unsterblich zu sein scheint. Und wer glaubt, daß es so ist, fllr den lohnt sich das Risoko; wer sich im Leben um seine Seele gekümmert hat, kann zuversichtlich die Reise in den Hades antreten (Phaid. 114 d ff.). Bei Kebes und Sokrates geschieht der Übergang vom Erkenntnistheoretischen zum Existenziellen. Wenn der Mensch auch vollkommene Erkenntnis nicht erreichen kann, darf er doch auf die Einsicht setzen und auf die logoi, die er bei größtmöglicher Bemühung jeweils als die besten und sichersten annimmt. Er kann auf ihre Tragflihigkeit vertrauen und auf ihnen die Fahrten wagen, die durchs Leben und die ins Jenseits.
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Man mag einwenden, daß im Phaidon die Aussagen über die Begrenztheit und Vor läufigkeit menschlicher Erkenntnis, wenn es sich um Dinge wie die Unsterblichkeit der Seele und die Ideen handelt, durch die Stimmung und die Situation der Todesnähe, in der die Gespräche stattfinden, hervorgerufen werden, und daß dies nicht Platons Auffassung an sich ist. Daß dies nicht so ist, zeigt ein Vergleich mit den Ausführungen über die Ideen, die Platon den Sokrates in der Politeia vortragen läßt. Die Gespräche über die Gerechtigkeit und über die beste Ordnung der polis sind an die Frage nach dem Guten gelangt. Die Gesprächspartner des Sokrates wollen darüber seine dogmata hören, denn er beschäftigt sich schon so lange damit. Sokrates repliziert mit der Frage, ob es dann recht sei, über etwas, was einer nicht weiß, wie ein Wissender zu reden: bloße Meinungen ohne Wissen sind schlecht (Pol. 506 bc). Über das Gute an sich, also über die Idee des Guten, will Sokrates im Augenblick nicht reden, denn es erscheint ihm zu viel, als daß man vom gegenwärtigen Ansatz das erreichen könnte, was ihm jetzt darüber richtig zu sein scheint. Sokrates will statt dessen über einen Abkömmling der Idee des Guten sprechen: es wird das Sonnengleichnis sein, dem das Linien- und das Höhlengleichnis folgen werden. Seine Gesprächspartner meinen, über die Idee des Guten selbst werde er ihnen "ein andermal" erzählen, aber Sokrates winkt wieder ab: er möchte gerne in der Lage sein, über das Gute an sich direkt zu reden ... ; und er fordert seine Gesprächspartner auf, vorsichtig zu sein, damit er sie nicht gegen seinen Willen täuscht (Polit. 506 e f.). Dann rekapituliert Sokrates, was früher und an anderem Ort oft über die Ideen gesprochen worden war. Die Idee des Guten gibt dem, was in der Welt ist, das Sein, die Wahrheit und die Möglichkeit, erkannt zu werden bzw. zu erkennen, sie ist Grund des Wissens und der Wahrheit. Im Liniengleichnis beschreibt Sokrates den Aufstieg der Erkenntnis im Verhältnis zu den Stufen der Realität, von den bloßen Abbildern der Dinge über die in der sichtbaren Welt existierenden Lebewesen und Dinge und über die Gegenstände der mathematisch-geometrischen Wissenschaften zu den Ideen (Pol. 509 d ff.). Die letzte und höchste Stufe der nur noch geistig - ohne jede Stütze durch die Sinneswahrnehmungen -erfaßbaren Erkenntnisobjekte erfaßt der logos mit seiner Fähigkeit zum dialegesthai. Er verwendet dabei hypotheseis. Solche hypotheseis - Hypothesen oder Axiome - verwenden auch die mathematischgeometrischen Wissenschaften, und sie geben für sie keine Begründungen an, da sie für jeden evident sind. Da die Fragen der mathematisch-geometrischen Wissenschaften in eine andere Richtung gehen als die Frage nach der Idee des Guten, haben in ihnen die hypotheseis auch eine andere Funktion. Der logos, mit seiner Fähigkeit zum dialegesthai, zum Gespräch in Frage und Antwort, verwendet die hypotheseis als wirkliche hypotheseis, als Stufen und Ausgangspunkte, um zu dem Anfang von allem zu gelangen, der selbst ohne hypothesis ist.
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Die hypothesis für den Aufstieg zum letzten Anfang und Grund ist aber nichts anderes als die Ideen selbst. Der Weg geht mit Hilfe der Ideen durch sie in sie hinein und endet in Ideen (pol. 510 b, 511 c). Wie im Phaidon werden die Ideen als hypotheseis bezeichnet, über die keine Rechenschaft abgelegt wird und die nicht begründet werden. Das in der Politeia folgende Höhlengleichnis (Pol. 514 a ff.) setzt das Sonnen- und Liniengleichnis in eine Beziehung zur menschlichen Existenz. Der Aufstieg des Menschen aus der Höhle und die Schau der Realität in der sichtbaren Welt steht tUr den Aufstieg der Seele zu dem nur geistig erreichbaren Ort der Ideen. Hier (Pol. 517 bc) läßt Platon den Sokrates von seiner Hoffuung sprechen. Diese Hoffuung wollen ja seine Gesprächspartner hören. Und Sokrates fügt hinzu: "Gott weiß wohl, ob sie wahr ist". Seine Hoffnung besteht darin, daß es den Aufstieg der Seele zu dem rein geistigen Ort und die Schau der Dinge "dort oben" gibt. Die Ideentheorie gilt wohl zu Recht als die große Leistung der platonischen Philosophie, als Zentrum von Platons Ontologie, Erkenntnistheorie, Ethik, Staatsphilosophie und Ästhetik. Aber Platon spricht deutlich aus, daß er seinen Sokrates keine dogmata vortragen läßt, sondern Meinungen ohne Wissen, daß die Ideen hypotheseis sind, daß er die Hoffnung hat, es möge so sein, aber daß nur ein Gott weiß, ob diese Hoffuung wahr ist. Platon ist sich der Grenzen menschlicher Erkenntnis bewußt und auch der Grenzen, die dem menschlichen Sprechen gesetzt sind, wenn der Mensch sich mit den Fragen nach dem letzten Grund und Anfang von Allem befaßt. Sokrates möchte gerne in der Lage sein, über die Idee des Guten ohne Bilder direkt zu sprechen, aber er kann es nicht. Und das liegt nicht an seinem Willen und nicht an der mangelnden Fassungskraft seiner Zuhörer. Es liegt an der Natur des Gegenstandes, nach dem der menschliche logos dann greift. Sokrates möchte gerne in der Lage sein, über die Idee des Guten direkt und ohne Bilder zu sprechen: am Ende der "Schriftkritik" im Phaidros läßt Platon ihn auch einen Wunsch aussprechen. Platon läßt seinen Sokrates von einem Menschen reden, der glaubt, nur in den logoi, die über das Gerechte, Gute und Schöne in die Seele geschrieben werden, liege Deutlichkeit und Vollkommenheit. Solche logoi sind echte Söhne, zuerst in diesem Menschen selbst, wenn sie gefunden worden sind und in ihm sind, dann in anderen Seelen, wenn sie als Abkömmlinge seines logos dort hineingewachsen sind. Ein solcher Mann sagt Sokrates abschließend - scheint doch so zu sein, wie ich und du beten möchten, daß du und ich so werden (Phdr. 278 ab). Auch diese Worte klingen nicht so, als hätte Platon geglaubt und den Anspruch erhoben, ein solcher Mann zu sein. Im 7. Brief heißt es, daß es über die Dinge, mit denen sich Platon ernsthaft beschäftigt, keine Schrift Platons gibt und auch nie eine geben wird. Der höchste Gegenstand menschlichen Lernens ist nicht aussagbar wie andere Lern-
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inhalte, sondern aus langem Zusammensein mit der "Sache" kann in der Seele plötzlich, wie aus einem Funken, Licht entstehen (epist. VII 341 cd). Erkenntnis kann "plötzlich" aufleuchten, aber sie ist nicht verfUgbar. Und sie ist auch nicht mitteilbar: Platon sagt, wenn er persönlich über das, womit er sich ernsthaft beschäftigt, geschrieben oder gesprochen hätte, dann wäre es wohl am besten gesagt worden (epist. VII 341 d). Platon galt schon bald nach seinem Tod als der bedeutendste Philosoph, als der göttliche Platon. Solch ein Philosoph mußte eine feste Lehre von seinen tiefsten Einsichten gehabt haben. Gleich nach Platon begannen die Philosophen ganz anders zu lehren und zu schreiben: sie sagten, A ist das und das, B ist so und so, wenn und weil es C gibt, gibt es D. Wenn sie nicht Skeptiker waren, hatten die Philosophen dogmata, sie wußten, schrieben und sagten, was Gott ist, was die Tugend ist, was das Glück ist. Man gewöhnte sich daran zu erwarten, daß ein großer Philosoph große Lehren verbreitete, die man in griffigen Formeln formuliert bekam und an die man sich halten konnte. Da konnte man Platons Hinweise auf die Grenzen der menschlichen Erkenntnis nicht mehr so gut gebrauchen und ebensowenig seine Vorstellungen, daß Einsichten verbindlich sind, auch wenn es vielleicht bessere gibt, und daß man das Risiko auf sich nehmen muß, sich im Leben an Grundsätzen zu orientieren, die man denkerisch nicht beweisen, sondern nur existenziell als tragflihig erweisen kann. Platon hat offenbar die Spannung ausgehalten, mit dem Bewußtsein zu leben, daß er mit ehrlicher Bemühung und mit den besten verfUgbaren denkerischen Mitteln versucht hat, die letzten Fragen zu beantworten, und trotzdem nicht weiß, ob er die richtigen Antworten gefunden hat. Die Späteren haben dies nicht mehr verstanden, sie haben die Spannung nicht mehr ausgehalten, sondern Eindeutiges und Handfestes gesucht. Und um dieses zu fmden, haben ganz Späte erklärt, Platon habe eine ungeschriebene esoterische Lehre gehabt, arcanae scholae, die er in den Dialogen sogar aus ängstlicher Zurückhaltung verborgen habe: beim göttlichen Platon mußte es doch etwas geben, woran man sich halten konnte. Von einem solchen Philosophen erwartete man klare, tiefe und eindeutige Aussagen, nicht ein Nachdenken darüber, ob solche Aussagen möglich sind. Platon gehört - wie Demosthenes - zu den Letzten einer langen und großen Epoche der griechischen Kultur und Geschichte. Er reichte noch zurück in die Zeit der vorsokratischen Philosophen, fUr die die Frage der Erkenntnis, der Mitteilbarkeit des Erkannten und die Beurteilung der Wahrheit der eigenen Erkenntnis und der Aussage darüber ein Problem war. Was Xenophanes im 6. Jh.v.Chr. gesagt hat, ist nicht weit weg von Platon: "Genaues über die Götter und die anderen Dinge, von denen ich rede, weiß kein Mensch und wird auch nie jemand wissen. Denn selbst wenn es sich träfe, daß er Vollendetes sagt, so weiß er es doch nicht. Alles ist Annahme" (VS 21 B 34). Und Platon war noch in einer freien und autonomen polis geboren, in der die Bürger im
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konkurrierenden Zusammenspiel der Meinungen und Absichten ihre Lebensfonn selbst bestimmten. Platon hat die Schwächen der inneren Verfassung Athens gesehen und scharf kritisiert und theoretisch zu überwinden versucht. Aber sein offenes Philosophieren, seine Berücksichtigung der geistigen und sozialen Voraussetzungen der Menschen, die auf die "Sache" Philosophie stoßen, mit allen Folgen, die sich ft1r die "Sache" ergeben, erklärt sich wohl aus den Lebensprinzipien der polis. Nach Platon herrscht mehr als 2000 Jahre überall dort, wo philosophiert wird, Monarchie in irgendeiner ihrer Spielfonnen. Die Menschen haben sich daran gewöhnt, gesagt zu bekommen, was richtig ist und wie es gut ft1r sie ist. Das ein großer Philosoph sagen könnte, daß er sich um Einsicht in die letzten Fragen bemüht, ohne behaupten zu können, daß seine Einsichten wahr sind, daß er aber trotzdem die jeweils erreichten Einsichten als verbindlich ft1r sein Tun anerkennt, rückte allmählich aus dem Verständnishorizont der Menschen heraus.
Des Menschen Antlitz Von Inge Franz "Das Antlitz des Menschen ist der Höhepunkt des kosmischen Prozesses ... " In dieser Aussage findet sich in stärkster Verdichtung die religiös-ethische Position Nikolai Berdjajews (1874 - 1948) 1 gesammelt. Die Bestimmung eines Höhepunktes setzt eine Entwicklung voraus, welche die Frage nach den bewegenden Prinzipien ebenso nahe legt wie jene nach einer wertenden Interpretation. So fährt N. Berdjajew zum "größten" vom Kosmos "erschaffene(n) Werk" fort: "... es kann nicht nur ein Erzeugnis kosmischer Kräfte sein; es setzt die Wirkung einer geistigen Kraft voraus, die größer ist als der Kreislauf der natürlichen Kräfte. Das Menschenantlitz ist das Bestürzendste im Leben der Welt; die andere Welt schimmert durch es hindurch. Es ist der Eintritt der Persönlichkeit in den Weltprozeß mit ihrer Einmaligkeit, Einzigartigkeit, Unwiederholbarkeit. Durch das Angesicht nehmen wir wahr nicht das körperliche, sondern das seelische Leben des Menschen. Und wir kennen das seelische Leben besser als das Leben des Leibes. Des Leibes Form ist eine seelischgeistige. Die Ganzheit der Persönlichkeit liegt darin beschlossen."2 1 N. Berdjajew gilt als führender Repräsentant russischer religiöser Philosophen der Jahrhundertwende. Gegenwartig erfolgt eine Rückbesinnung innerhalb des philosophischen Lebens der ehemaligen Sowjetunion auf ihn, der 1922 ausgewiesen worden war, wie ebenfalls auf Wladimir Solowjew (1853-1900) und andere Denker jener Zeit. 2 Nikolai Berdjajew: Von des Menschen Knechtschaft und Freiheit. Versuch einer personalistischen Philosophie. Darmstadt und Genf 1954, S. 40 (Hervorh. I.F.). In der Hinftlhrung zu dieser Position verwahrt sich N. Berdjajew gegen den bis dato noch oft vertretenen Dualismus von Leib und Seele, welchen er aber als solchen von Geist und Natur gelten laßt, sofern nicht Persönlichkeit eben "der Sieg des Geistes über die Natur" ist: "Die Form des menschlichen Körpers ist schon ein Sieg des Geistes über das Chaos der Natur." Er hebt hier, wie d.ö., die Verdienste des von ihm geschatzten "Psychologe(n) und Anthropologe(n) der romantischen Epoche, Carus", hervor, der sagte, "die Seele befllnde sich nicht im Gehirn, sondern in der Form" (vgl. ebd.). Ebenfalls zitiert bei N. Berdjajew: Selbsterkenntnis. Versuch einer philosophischen Autobiographie. Übersetzt von Reinhold von Walter. Darmstadt und Genf 1953, S.191. Bei C.G. Carus heißt es in verwandtem Sinne u. a.: "So sind die Linien, welche z. B. ein menschliches Antlitz begranzen, allerdings ihrem Wesen nach keineswegs anderer Art, als die, welche die Form eines Krystalles umschreiben; allein die ersteren sind nur Linien einer höheren Ordnung, sie sind Curven, welche noch kein Mathematiker bisher zu berechnen im Stande war ... ". Carl Gustav Carus: System der Physiologie. Zweiter Theil. Zweite völlig umgearbeitete und sehr vermehrte Aufl. Leipzig 1849, S. 39. Vgl. ferner S. 202 - 205, 267 f., 306 ff., 436 - 443 (Erster Theil: Leipzig 1847). - ... - Bemerkenswert bei C. G. Carus unter ganzheitlichem Aspekt sind die ethisch - moralischen Schlußfolgerungen, die er an die Einheit und Wechselwirkung des Physiologischen und Psychischen/Psychologischen knüpft. Vgl. ferner Derselbe: Vorlesungen
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Den umfassenden Rahmen, innerhalb dessen die Persönlichkeit wir d, stellt der Kosmos dar, zu dessen Verständnis als Akteur (aktiv und re-aktiv) dieses Prozesses hier nur einige Gedanken Berdjajews angedeutet werden können. Zunächst soll versucht werden, den Begriff "Antlitz" nach seinem kategorialen Gehalt zu hinterfragen. Es sei erlaubt, entsprechend der Intentionalität N. Berdjajews, neben der nüchternen definitorischen Sachlichkeit die emotionale Geladenheit des Begriffes, attributiert mit "bestürzend", zu verfolgen.
1.
Realdefinition:
2.
Nominaldefinition: speziell die semantische Defmition des "Antlitzes",
1.1. Antlitz kann formalistisch im genannten Bezugsrahmen dem Menschen als Merkmal physiologisch zugeordnet werden (Genus proximum und differentia specifica), doch der Vorzug ist zu geben dem 1.2 genetischen Aspekt: er erfaßt das Wesen des "Antlitzes" im kosmischen Werden, die angestrebte Explikation inhaltlich stützend. welches sinnhaft über das Formalistische des Begriffs hinaus weist, es ist Zeichen oder Symbol für das Mensch - Werdesein im positiven und/oder negativen BeziehungsgefiUle. Damit ist der Begriffaxiologisch auf einen Handlungsträger fixiert.
Gleich inkarnatorisch erscheint der Begriff des Antlitzes bei N. Berdjajew als Maß des Ethisch - Moralischen. In stets neuen Zugängen, zirkelhaft, nähert er sich ihm, methodisch analog der "wahrhaften Gnosis" Franz von Baaders 3, zu welchem sich N. Berdjajew nicht nur dieserhalb bekennt. 4 EinmögHcher Zugang, der sich auch aus der Suche nach einer Defmition ergibt, ist z. B. der, Antlitz im Rahmen einer Nominaldefmition in seiner Wesenhaftigkeit zu bestimmen. Erstens: Vorwiegend mit der Tendenz des Geistwesenhaften. Für den ReHgionsphilosophen N. Berdjajew ist durchgängig die Thematik des Verhältnisses über Psychologie. Leipzig 1832. - Auf das Interesse N. Berdjajews an Forschungen Wilhelm Wundts zum "psycho - phys. Standpunkt" bezüglich der Seele kann hier nur verwiesen werden. 3 Franz von Baader: Vorlesungen über speculative Dogmatik. Fünf Hefte. 1828-1838. In: Derselbe: Sämtliche Werke. Hrsg. von Franz Hoffmann u. a. Aalen 1987 (2. Neudruck der Ausgabe Leipzig 1855). Bd. VIII, S.ll: "Da übrigens die wahrhafte Gnosis keine Reihe von Begriffen, sondern einen Kreis derselben bildet, so kommt es weniger darauf an, von welchem dieser Begriffe aus man im Vortrage der Wissenschaft anhebt, wohl aber darauf, dass man jeden derselben bis ins Centrum durchfUhrt, aus welchem dieser Begriff notwendig sodann auf alle anderen regressiv oder anticipirend wieder weiset und ftlhrt, welche Durchführung darum allein als die systematische in der That und im Wesen sich erweiset." 4 Die baaderische Erkenntnismethode kommt ihm seinem "Typus" nach "am nächsten". Vgl. Nikolai Berdjajew: Selbsterkenntnis. Versuch einer philosophischen Autobiographie. A. a 0., S. 101. - Philosophische - insonderheit ethische - Übereinstimmungen und Verwandtschaften aufzudecken, ware m. E. von großem Gewinn.
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von Freiheit und Geist typisch. Der Geist realisiert sich in des Menschen Antlitz als Gestaltungsprinzip. Das Antlitz ist Spiegel, "Ertrag" des menschlichen Wandels als Aussage erreichter Reife auf ein höheres (geistiges) Ziel hin, in bewußter Lebensorientierung oder mehr unbewußt, Widerspiel innerer Prüfung. Insofern kann Antlitz als geistiges Gestaltungsprinzip zerstörend auf den Menschen wirken, wie N. Berdjajew darstellt in "Konstantin Leontjew. Skizze des russischen religiösen Denkens". Leontjew, Repräsentant der russischen Lebensphilosophie, sah sich getrieben, sein persönliches Schicksal dem "Antlitz der Ewigkeit" 5 gegenzuspiegeln und ist daran zerbrochen. Es ist eine Analogie zur Ahasver - Tragik, allerdings in den bedrückenden Extremen von zerrüttender Unrast und größter Apathie, Individuelles antlitzhaftes "bestürzend" sichtbar werden lassend. Von seiner Lebenshaltung her lehnt N. Berdjajew solcherart "apokalyptische Stimmungen" ab als unproduktiv, sie haben den Charakter" einer degenerativen Passivität und einer Verneinung der schöpferischen Aufgaben angenommen" 6 Zweitens: Vorwiegend mit der Tendenz des Sachwesenhaften. Wohl ist die Brücke zum Geistwesenhaften schon in Form der Personifizierung der Kategorie "Antlitz" innewohnend, doch der Tendenz nach - wenn auch nicht scharf abgrenzbar - überwiegt das Sachwesenhafte, wenn N. Berdjajew sich vom "geistigen Antlitz" der Revolution von 1917 abwendet, deren Unvermeidlichkeit er jedoch unterstreicht. Er wendet sich gegen die Art der Materialisierung, deren zugrunde liegendes Modell "auf dem Primat der Gesellschaft über der Persönlichkeit gründet". Sein Kampf um die Geistesfreiheit brachte ihm 1922 die Ausweisung aus der Sowjetunion. Er "kehrte zu jener Wahrheit des Sozialismus zurück", wie er sie in seiner Jugend bereits verfochten hatte, "nun aber auf Grund von Ideen und Glaubenserfahrungen", die sich aus seinem Leben ergeben hatten. Seine Sozialismusauffassung bezeichnet er fortan als "personalistischen Sozialismus". 7 Jene Materialisierung des Lebens, verbunden mit dem Umsturz bisheriger ideeller Werte, bewirkte filr viele Menschen einen "bestürzenden" Wandel: "Der Gesichtsausdruck der russischen Menschen hat sich zu sehr verändert; in wenigen Monaten wurde er unkenntlich." Das" Losgerissensein von der Tiefe"
5 Vgl. Nikolai Berdjajew: Konstantin Leontjew. Skizze des russischen religiösen Denkens. Paris 1926, S. 8 f. - Siehe hierzu Wolfgang Dietrich: Provokation der Person - Nikolai Berdjajew in den Impulsen seines Denkens. GelsenhausenlBerlin 1975, Bd. III, S. 191 f. 6 Vgl. Nikolai Berdjajew: Selbsterkenntnis. A. a. 0., S. 332. 7 Nach N. Berdjajew: Von des Menschen Knechtschaft und Freiheit. A. a 0., S. 20 ff.
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brachte massenhaft auch Verborgenes der Vergangenheit, menschlich - unmenschlich Entstelltes g , das seine Prägungen antlitzhaft hinterließ. Die Krise des Menschen, die Krise der Philosophie, die Krise des Menschenbildes führen den Existenzphilosphen und Verfechter eines personalistischen Sozialismus Berdjajew in seinen Reflexionen zu Bitterkeit und intellektueller Einsamkeit. Weil mögliche Wege zur Menschwerdung, zur Personwerdung nicht beschritten werden ? Eine weitere Möglichkeit der Definition: Der negative Zugang geschieht induktiv vom konkreten einzelnen Antlitz, für welches metaphorisch Maske steht. Diese Komparation ist nicht neu - und Berdjajew verweist auch hier auf z. B. den positiv wertenden C.G. Carus 9 -, wohl aber ist die Sichtweise auf menschliche Abgründe erschreckend, "bestürzend". Auf die Identität im Lateinischen (persona - Maske) verweisend, stellt er fest: ."Persönlichkeit ist in erster Linie Maske. Der Instinkt der Theatralität hat einen doppelten Sinn. Er hängt damit zusammen, daß der Mensch immer vor die sozi.ale Menge gestellt ist. In dieser sozialen Menge möchte die Persönlichkeit eine Stellung einnehmen, eine Rolle spielen. Der Instinkt der Theatralität ist sozial. Aber er enthält auch eine andere Seite. Das "Ich" verwandelt sich in ein anderes "Ich", es wechselt die Inkarnation, die Persönlichkeit setzt eine Maske auf. Und das bedeutet immer, daß die Persönlichkeit in der Gesellschaft, in der natürlichen Kommunikation der Menschen nicht aus ihrer Einsamkeit herausgeht. Wer eine Rolle spielt, wer eine Maske anlegt, bleibt allein." 10 Diese Erkenntnis Berdjajews ist für ihn zum autobiografischen Bekenntnis geworden. Dem Rollenverhalten der Menschen gewinnt er an anderer Stelle aber auch den Aspekt ab, daß Jeder im Leben einen bestimmten Platz auszufüllen habe -
8 Nikolai Berdjajew: Die Geister der russischen Revolution (1918). In: Helmut Dahm: Grundzüge russischen Denkens. Persönlichkeiten und Zeugnisse des 19. und 20. Jahrhunderts. München 1979, S. 347, 355. - N. Berdjajew bringt die typisch Gogolsche Überzeichnungen des Bösen. Das Sachwerthafte der Tendenz nach ist auch in solchen Formulierungen gegeben wie sie z. B. Paul Eluard zu Lithographien von Pablo Picasso findet: Das Antlitz des Friedens - La visage de la paix. Frankfurt a. M. 1988. Mehr als geistiges personifiziertes Prinzip in seinem Gedicht: Kaum entstellt, dessen letzte Zeile zum Titel einer Gedichtsammlung gewählt wurde: Trauer schönes Antlitz. In Nachdichtung und mit Nachbemerkung von Stephan Hermlin. Berlin 1974. 9 S6 bewertet C. G. Carus ganz im Sinne seiner eingangs angedeuteten Intentionalität hinsichtlich der Individualitat bzw. des Charakters, dessen Form als Seelenleben "den gesammten Menschen erst zu einer Person erhebt", wozu die Seele "sich hindurchbilde": "Person von persona und personare, durchtönen der Stimme durch die Maske des Schauspielers", erscheint hier um so besser angewendet, da es das Durchtönen oder Durchleuchten eines bestimmten Göttlichen durch die Erscheinung eines Menschen bezeichnen soll. Vgl. System der Physiologie. Zweiter Theil a. a. 0., S. 728 (Hervorh. orig.). 10 Vgl. Nikolai Berdjajew: Das Ich und die Welt der Objekte. Versuch einer Philosophie der Einsamkeit und Gemeinschaft. Darmstadt 0.1., S. 212 f.
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"persona ... nicht bloß in theatralischem, sondern in einem ganz realen Sinn ... zu einer Berufung und zum schöpferischen Wirken ... Persönlichkeit ist eine unendliche Aufgabe; sie ist nicht etwas Fertiges und Stabiles ... (sie muß) den auf ihre Zerstörung gerichteten Kräften Widerstand" leisten. 11 Die Genesis der Persönlichkeit - das werdende Antlitz - zu beleuchten, ist nur vermittels der Nominaldefinition möglich. Die von N. Berdjajew bevorzugte Methode ist eben diese, vom Konkreten auszugehen, den Werdeprozeß in seiner Widersprüchlichkeit voller Leiden, seiner Tragik und ethisch moralischer Paradoxa von je anderem Zugang her aufzuweisen und zu einem höheren Konkreten zu gelangen. In diesem Zusammenhang ist ein Blick auf Plotin interessant, den N. Berdjajew d. ö. quellenmäßig sowohl zur Mystik als auch zur Gnosis heranzieht. Wohl spricht Plotin den konkreten Menschen an. So stellt er in seiner Abhandlung über das Schöne u.a. die Frage: "Wie kommt weiterhin die Schönheit alles dessen zustande, was mit der Seele zusammenhängt?" Er verneint eine Ursache innerhalb des Leiblichen und modifiziert verschiedenste seelische und geistige Spiegelungen im Antlitz. 12 Hervorhebenswert ist dabei seine Einforderung der Selbstverantwortung des Menschen, die notwendig mit der Selbsterkenntnis einhergeht: "Kehre ein zu dir selbst und sieh dich an; und wenn du siehst daß du noch nicht schön bist, so tu wie der Bildhauer, der von einer Büste, welche schön sein soll, hier etwas fortmeißelt, hier etwas ebnet, dies glättet das klärt, bis er das schöne Antlitz an der Büste vollbracht hat: so meißle auch du fort was unnütz und richte was krumm ist, das Dunkle säubere und mach es hell und laß nicht ab an deinem Bild zu handwerken, bis dir hervorstrahlt der göttliche Glanz der Tugend ... " \3 Aber: dieser konkrete Bezug auf den einzelnen Menschen ist dennoch grundsätzlich unterschieden zu dessen Verständnis bei N. Berdjajew als dem höchsten Maß an Individualität. Die Kritik ist im wesentlichen folgende: "Die vorchristliche und außerchristliche Mystik, auf ihrem Gipfelpunkt, bei Plotin geht von der vielfachen Welt zu dem Einen hin ... Plotin ist darin gerade groß, daß er aus der sterbenden und sich zersetzenden heidnischen Welt in die neue geistige Welt hinüberfand und dorthin die griechische Idee von der Schönheit des
11 Nikolai Berdjajew: Die menschliche Persönlichkeit und die überpersönlichen Werte. 2. Aufl. Wien 1938 (1. Aufl. Wien 1937), S. 23 f. 12 Plotins Schriften. Übersetzt von Richard Harder. Neubearb. mit griech. Lesetext und Anmerkungen. Bd. I a . (Der Philosophischen Bibliothek. Bd. 211 a). Hamburg 1956, S. 3 (1,2) ff. Das o. g. Rollenverhalten übrigens ist bei ihm durchgllngig dargestellt in: Von der Vorsehung I. Plotins Schriften. Übersetzung von Richard Harder. Neubearbeitung mit griech. Lesetext und Anmerkungen fortgeftlhrt von Rudolf Beutler u. Willy Theiler - Bd. V a (Der Philosophischen Bibliothek. Bd. 215a), S. 41 - 95 (I - 173). 13 Vgl. ebd., S. 23 (9,41), die originale Orthografie wurde beibehalten.
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Kosmos mit sich nahm. Eine Lösung des Problems hat er nicht gefunden." 14 "Der Vielheit und der Individualität kommt in Plotins Auffassung keine metaphysische Realität zu." 15 Auf derselben Linie der Kritik verallgemeinert Berdjajew, daß durch das derart reflektierte Verhältnis des Einen zum Vielfachen die Gefahr besteht, daß nicht die Erleuchtung, sondern das Erlöschen "des Seelenlebens der Menschen, der menschlichen Psyche, d. h. die konkrete Vielheit menschlicher Antlitze" in den Mittelpunkt des Erkennens gestellt wird. "Dieses ist vor allem der Weg der Abgeschiedenheit. Im Einen verschwindet das Vielfache; im Geist verschwindet die Seele. Das menschliche Antlitz ist aber ein Verwachsensein des Geistigen mit dem Seelischen und Leiblichen." 16 Ebenso wird die Betrachtung des kreativen Momentes, d. h. die die Individualität ermöglichenden unterschiedlichen Gaben, vernachlässigt, eben jene Seite, die bei Berdjajew schöpferisch das Werde sein initiiert. Dem Kriterium der Konkretheit zu folgen, bedeutet, das Werden des Antlitzes als Widerspiegelung konkreter Wertkonflikte zu verstehen, deren Verursachung N. Berdjajew u.a. auf das Wesen des Menschen als "Schnittpunkt" mehrerer WidersprUchlichkeiten, Paradoxa, zurUckfilhrt. 17 Das heißt erstens, daß er gegen Abstrakta oder wenig lebensverbundene Auffassungen polemisiert, z.B. gegen die der Möglichkeit persönlicher Identifizierung ermangelnde "Auflösung der Person, der unwiederholbaren Individualität, in der antlitzlosen Göttlichkeit, in der abstrakten göttlichen Einheit", sie "ist der christlichen Idee vom Menschen und von der Gottmenschlichkeit entgegengesetzt. Es bedeutet dies immer einen Sieg des Kosmozentrismus über den Anthropozentrismus." 18 (Den Kosmos allerdings als allumfassende Göttlichkeit reflektiert N. Berdjajew LS. [so auch Eingangszitat !] des hier nicht zu er14 Nikolai Berdjajew: Die Philosophie des freien Geistes. Problematik und Apologie des Christentums. Deutsch von Reinhold von Walter. Tübingen 1930, S. 305. Problematisch zudem ist die Mehrdeutigkeit der Begriffe vom Einen sowie vom Kosmos bei Plotin. 15 N. Berdjajew: Der Sinn des Schaffens. Versuch einer Rechtfertigung des Menschen. Tübingen 1927, S. 324, vgl. demgegenüber die Wertung der Mystik J. Böhmes als "ganz und gar konkret, bildhaft, durchaus verbunden mit der Person Christi und mit der Person des Menschen". Ebd., S.327. Allerdings ist der Einfluß J. Böhmes auf N. Berdjajew ungleich größer und anders einzuordnen. 16 Vgl. ebd., S. 301 f. - Die Erwähnung der Abgeschiedenheit verweist (auch namentlich) auf Meister Eckhart. Es könnte auch rur die Berdjajew - Forschung weiterftlhrend sein, wenn neuere Eckhart - Forschungen einbezogen würden. So z. B. zu der (auf Avicenna zurückgehenden) Auffassung, "diu sele habe zwei antlütze". Nach Karl Albert: Meister Eckharts Mystik der Seinserkenntnis. In: Abendländische Mystik im Mittelalter. Symposion Kloster Engelberg 1984. Hrsg. von Kurt Ruh. Stuttgart 1986 (Germanistische Symposien Berichtsbände. Bd. VII), S. 12. 17 Beispielsweise in seinen Schriften: Das Ich und die Welt der Objekte. A. a. 0., S. 225; Von des Menschen Knechtschaft und Freiheit. A. a. 0., S. 320; Selbsterkenntnis. A. a. 0., S. 34. 18 Vgl. Nikolai Berdjajew: Selbsterkenntnis. A. a. 0., S. 169 f. - Er verwendet an dieser Stelle wie d. ö. - rur Person lienost' ,eigentlich Persönlichkeit, auf den Zusammenhang zu Gesicht oder Antlitz, lico, sei verwiesen.
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örternden Verhältnisses von Mikro- und Makrokosmos). Für den Personalisten N. Berdjajew sind solche Abstrakta antlitzlos. Das heißt zweitens, den konkreten Menschen in seinem Leiden an der Welt, in seiner inneren Zwiespältigkeit zu betrachten, "erhaben und gemein, frei und Sklave, zugleich Ebenbild Gottes und der niederen tierischen Natur. Als daher tragisches Wesen hat Pascal den Menschen gesehen. Dostojewski und Kierkegaard entdeckten die Unterwelt im Menschen. " Das tragische Element insonderheit ist es, welches fUr N. Berdjajew Zeugnis fUr das Vorhandensein einer höheren Natur des Menschen ablegt 19 , auch dieser Umstand wirkt prägend auf das menschliche Antlitz. Niederes und Höheres im Menschen nach Pascal 20 - das "Ausleben" einer solchen Zweidimensionalität ist vor allem als Akt des Sichanpassens der Menschen "an Herrschaft und Macht" qualvoll rur Berdjajew, es sind wiederum "bestürzende" Erfahrungen. 21 Leiden unter der "Doppelwesenheit des Menschen" 22, durch dieses ausgelöst das Denken in Paradoxa - die klassische Vorlage bei B. Pascal bringt ihn N. Berdjajew nahe - Kenntnis und Selbsterkenntnis des Höchsten und Niedersten, der Größe und des Elends, der Mensch ist Alles und Nichts - eingegraben im Angesicht als reale Aussage zur Stellung des Menschen im Kosmos. "Bestürzender" noch rur N. Berdjajew ist jedoch der Zugang zum Antlitz mit B. Pascals existentieller Erfahrung der Unendlichkeit selber. Nichtigkeit des Menschen und - "das ganze Universum schweigt"
23.
Die existentielle Befmdlichkeit der Einsamkeit gründet infolgedessen auf dem "verlorenen Gott" 24, Berdjajew empfindet die Bedrohung der Persönlichkeit ebenso durch das "antlitzlose kosmische Urelement" wie durch den Rückzug in sich selber. 2S
19 Nikolai Berdjajew: Die menschliche Persönlichkeit und die überpersönlichen Werte, a. a. 0., S. 8 f.; ähnlich zu Pascals Auffassung, der "besser als alle anderen die Zwiespältigkeit der Menschen zum Ausdruck gebracht" habe. Vgl. N. Berdjajew: Von des Menschen Knechtschaft und Freiheit. A. a. 0., S. 26. 20 Vgl. Nikolai Berdjajew: Existentielle Dialektik des Göttlichen und Menschlichen. München 1951, S. 110. N. Berdjajew stellt fest, daß Pascal dieses "mit unvergleichlicher Klarheit" ausgesprochen habe. 21 Vgl. N. Berdjajew: Selbsterkenntnis. A. a. 0., S. 346. 22 Blaise Pasca/'s Gedanken. Nebst Anmerkungen Voltaire's a. d. Frz. v. Heinrich Hesse. Leipzig o. J., S. 197. 23 Vgl. ebd., S. 205, ferner S. 64 ff., 250. - Hierzu N. Berdjajew: Wahrheit und Lüge des Kommunismus. Mit einem Anhang "Der Mensch und die Technik". Deutsch von J. Schor. Luzern 1934, S. 119. - Zu B. Pascal als Existenzphilosophen vgl.·N. Berdjajew. Das Ich und die Welt der Objekte, A. a. 0., S. 67. Derselbe: Selbsterkenntnis. A. a. 0., S. 106, 115. 24 B. Pascal's Gedanken. A. a. 0., S. 198. 25 Vgl. N. Berdjajew: Von des Menschen Knechtschaft und Freiheit. A. a. 0., S. 319.
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Das heißt drittens, nach konkreten Lösungen zu suchen, die entsprechend dem Wesen des Menschen eines ganzheitlichen Ansatzes bedürfen, der LeibSeele-Geist-Einheit. Pascal: "Die Menschwerdung zeigt dem Menschen die Größe seines Elends durch die Größe des Heilmittels, welches jenes erfordert." Und: "Der Mensch ist nur ein schwaches Rohr der Natur, aber er ist ein denkendes Rohr ... also besteht all' unsere Würde in dem Gedanken ... Sorgen wir also dafür, gut zu denken: das ist das Prinzip der Moral." Zu diesem weist er auf zwei Gesetze, die genügen sollten, " um den ganzen Staat zu ordnen, besser als alle politischen Gesetze: die Liebe zu Gott, und die Liebe zum Nächsten," 26 Hieran knüpft N. Berdjajew an, indem er konkret auf das Ich verweist: " Das 'Ich', sagte Pascal, ist hassenswert; von der Person kann man das nicht sagen." 27 Es ist das Ich, welches sich die Egoismen ins Gesicht schreibt. Das Werden des Antlitzes, die Personwerdung, führt vom Konkreten zum höheren Konkreten als dem Idealen nur über die Gemeinschaft. Die Liebe ist das dem Menschen würdige geistige Gestaltungsprinzip. Sie überwindet den geistigen Aristokratismus der Einsamkeit ("Maske") und läßt den Kosmos positiv erleben als materielle und geistige Person-Um-Welt. Daher läßt sich nur dialogisch das Menschen-Antlitz erwerben. Es wird geprägt a m Anderen 28 und "d ure h das Gesicht kommt die Persönlichkeit in erster Linie in Gemeinschaft mit der Persönlichkeit" 29. Zur christlichen Liebe: "Das Mysterium der Liebe ist ein Mysterium der Persönlichkeit, ein Eindringen in das einzige und unwiederholbare Antlitz eines anderen Menschen, das Schauen dieses Antlitzes in Gott ... Nur durch die Liebe kann man die Schönheit des menschlichen Antlitzes erblicken." 30 Für die Motivation des Werdens ist eben diese Position stets neuer konkreter Ausgangspunkt, wenn N. Berdjajew abrundet: " In der Liebe erfährt das Antlitz eines jeden menschlichen Lebens, einer jeden Schöpfung Gottes, eines jeden Staubkorns seine Bestätigung." 31. In bewußter dialogischer Selbstvervollkommnung zur Würde des eigenen Antlitzes zu gelangen, das ist der Weg, den 26 B. Pascal's Gedanken. A. a. 0., S. 199 f., 69, 284. 27 Vgl. N. Berdjajew: Existentielle Dialektik des Göttlichen und Menschlichen. A. a. 0., S. 69. 28 H. Ibsen wurde dieserhalb von N. Berdjajew besonders geschätzt, wie er außerhalb seines Aufsatzes zu Ibsen (Figur Peer Gynt) u. a. betont in: Selbsterkenntnis. A. a. 0., S. 99, 109,240. 29 N. Berdjajew: Das Ich und die Welt der Objekte. A. a. 0., S. 214 (Hervorh. I. F.). 30 N. Berdjajew: Die Philosophie des freien Geistes. A. a. 0., S. 323. - von hier aus wendet sich N. Berdjajew's Kritik an die "patristische asketische und mystische Literatur", deren "unterschiedslose, leidenschaftslose, gleichbleibende Liebe zu allen, der Liebe, die die menschliche Persönlichkeit, das Antlitz einer jeden Kreatur nicht ansieht". Er wünschte eine neue Mystik der Liebe i. S. der Apostel Johannes und Paulus. Vgl. ebd., S. 302. - Desgleichen resümiert er in diesem Sinne: "Nur in Christo wird das Antlitz des Menschen gerettet und die menschliche Gemeinschaft zugleich aufgerichtet." In: Die geistige Situation der modernen Welt. In: Tatwelt, H. 4. Berlin 1932, S. 188. 31 N. Berdjajew: Die Philosophie des freien Geistes, A. a. 0., S. 196.
Des Menschen Antlitz
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N. Berdjajew weist, "die ganze Fülle des kosmischen Lebens" vermittels "konkreter Geistigkeit" in sich aufzunehmen 32, zum "Höhepunkt des kosmischen Prozesses" wieder aufzusteigen.
32
Vgl. ebd., S. 60.
5 Festschrift Pichler
Rene Guenon und seine Kritik der modernen Zivilisation Von Hans Thomas Hakl Obwohl es bereits an die vierzig Bücher und umfangreichere Sondernummern von Zeitschriften über Rene Guenon (l886 - 1951) in französischer, italienischer, englischer und spanischer Sprache gibt, fmden wir in der deutschen Literatur nur einige kurze Hinweise auf sein Werk 1 .Ebenso verhält es sich mit den Schriften von Guenon selbst. Während in französischer und italienischer Sprache faktisch sein gesamtes Werk (über 20 Bücher und Essaysammlungen) und auf englisch ein Großteil davon lieferbar ist, sind auf deutsch gerade vier seiner Bücher erschienen, zwei davon in stark verkürzter Fassung. Das sind auch die einzigen, die derzeit erhältlich sind2 . Um dem Informationsmanko wenigstens etwas abzuhelfen, soll diesem Aufsatz eine kurze Biographie Guenons vorangestellt werden. Wegen seiner schwachen körperlichen Konstitution, die ihn fast sein gesamtes Leben begleitet, besucht er erst ab dem zwölften Lebensjahr eine öffentliche Schule. Nach dem Baccalaureat ergreift er das Studium der Mathematik, was sich auch in seinem sehr konzisen, auf den Intellekt ausgerichteten Schreibstil bemerkbar macht. Nach Abbruch des universitären Studiums wird er Mitglied mehrerer okkultistischer und esoterischer Orden, die im Paris der lahrhundertwende florieren. Bald gibt er auch eine esoterische Zeitschrift unter dem Titel La Gnose heraus. 1912 tritt er in einen "traditionalen" Sufi-Orden ein und bekennt sich - allerdings noch nicht öffentlich - zum Islam. 1915 erwirbt er das Lizenziat in Philosophie. Darauf folgt eine kurzzeitige Lehrtätigkeit in Paris. 1921 wird seine Dissertation über den Hinduismus abgelehnt, was höchstwahrscheinlich zu seiner spürbaren Abneigung gegenüber dem wissenschaftlichen und universitären Sektor beiträgt. Von 1930 an lebt er in Kairo wie ein Araber unter Arabern. Dort heiratet er (in zweiter Ehe) eine Ägypterin, die
1 So z.B. L. Ziegler: Rene Guenon in: Deutsche Rundschau, September 1934, derselbe: Vorwort zu Rene Guenon: König der Welt, MUnchen-Planegg 1956; W. Heinrich: Über die traditionelle Methode, Salzburg 1954, Neudruck in W. Heinrich: Der Sonnenweg, Interlaken 1985; Th. Burang: Ein Mann, den man totschwieg in Mensch und Schicksal, Villach, v. 1.1.1953, S.7; H. Küry: Spiritus et ratio in Zeitschrift fUr Ganzheitsforschung, Wien, 1/1976, S. 7f. und G.K. Kaltenbrunner: RG. in Vom Geist Europas, Asendorf 1987, S. 395f. 2 RG.: Die Symbolik des Kreuzes, Freiburg 1987 und RG.: Stufen des Seins, Freiburg 1987. Die älteren, nicht mehr erhältlichen Werke sind: Die Krisis der Neuzeit, Köln 1950 und das schon in Anm. 1 erwähnte König der Welt. 5'
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ihm vier Kinder gebiert, und dort stirbt er auch - ohne jemals noch nach Europa zurückzukehren - im Jahre 1951. Seine schriftstellerische Tätigkeit umfaßt Kampfschriften gegen den Spiritismus und gegen die Theosophie von H.P. Blavatsky. Ebenso aber Werke über Dante, Bernhard von Clairvaux, über Infinitesimalrechnung, Symbolik und Initiation, über Freimaurerei, Hinduismus, Islam und Taoismus. Dazu kommen seine kulturpessimistischen Schriften La crise du monde moderne (Die Krisis der Neuzeit, deutsch aaO.) und Le regne de /a quantite et /es signes des temps, auf die wir hier etwas näher eingehen wollen, da sie sich unter anderem mit wirtschaftsphilosophischen Fragen beschäftigen. Damit soll zumindest am Rande auch das Arbeitsgebiet des mit dieser Festschrift Geehrten berührt werden. Guenon gilt als Begründer der philosophisch-esoterischen Richtung der sogenannten "Integralen Tradition", zu deren Einflußbereich Leopold Ziegler, Julius Evola, Frithjof Schuon, Titus Burckhardt, Ananda K. Coomaraswamy ebenso zu zählen sind wie die ReligionswissenschaftIer Seyyed Hossein Nasr, Huston Smith und Jacob Needleman. Mit Einschränkungen kann man aber auch den Theologen Hans Urs von Balthasar oder den Wirtschaftswissenschaftler Walter Heinrich dazurechnen. Interessant ist eine Eintragung des Schriftstellers Andre Gide in sein Tagebuch3, worin er ausdrücklich bedauert, nicht schon in seiner Jugend - "als er die Lektionen von Fichte hörte" - mit Guenons Büchern in Berührung gekommen zu sein (sie waren damals noch nicht geschrieben). In diesen Zusammenhang gehören auch die rur manchen Leser vielleicht überraschenden Ehrbezeugungen des Schriftstellers und Theoretikers des Surrealismus Andre Breton, der sogar anmerkt, daß sich der Surrealismus insgesamt dem Kern der Kritik Guenons an der modemen Welt anschließe4 . Ein universitärer Historiker der Esoterikgeschichte wie Joscelyn Godwin bezeichnet Guenon und die Begründerin der Theosophie H.P. Blavatsky sogar als die zwei bedeutendsten Repräsentanten dieser Geschichte in moderner Zeit5 . Unter "Integraler Tradition" versteht man nach Guenon die Urüberlieferung der Menschheit überhaupt. Sie soll den gemeinsamen transzendenten Überbau, Hintergrund und Kern aller Religionen und Philosophien bilden und beansprucht daher Gültigkeit für alle Menschen aller Zeiten. Das ist nur so zu verstehen, daß diese Urüberlieferung auf transzendenten, d.h. das Individuelle ebenso wie die Zeitläufte übersteigenden und somit unveränderlichen Prinzipien 3 Andre Gide: Journal 1942 - 1949, Paris 1950, S. 195-196. Hier zit. nach P.M. Sigaud (Hrsg.): Rene Guenon, Dossier H, Lausanne 1984, S. 268. 4 S. "Medium", revue d"'Informations surrealistes", Mai 1953, hier wiedergegeben nach P.M. Sigaud (Hrsg.): Rene Guenon aaO, S. 267. 5 in Theosophical History, vol. 3, No. 7-8, California State University, Fullerton 1991, S. 234.
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beruht. Also eine philosophia et religio perennis, die allerdings mit dem diskursiven Denken nicht erfaßt zu werden vermag. Diskursives Denken wurzelt in der Dualität, die "traditionale" Überlieferung hingegen versteht sich als über der Dualität in der Ureinheit ruhend. "Begreifen" kann sie der Mensch also nicht, aber von ihr "ergriffen" werden, wie Hans Küry in geglückter Formulierung einmal schreibt6 . Da der Mensch von Natur aus ein Teil dieser Ureinheit ist, kann er sich ihr auch öffnen. Die damit eintretende Erkenntnis, die zugleich immer auch eine metänoia, eine innere Verwandlung des Menschen bedeutet, erfolgt durch die direkte Schau der "intellektuellen Intuition". Diejenigen, denen diese Umwandlung geglückt ist und die die Fähigkeit dieser über den Menschen hinausweisenden intellektuellen Intuition "besitzen", sollen nach Guenon auch die Führung im Staatswesen einnehmen. In der Politik räumt er also der Kontemplation den Vorrang vor der Aktion ein. Der Einfluß Platons ist deutlich. Als Geschichtsphilosoph hängt er der indischen und auch antiken Lehre von den Weltzeitaltern an, die mit dem "goldenen" beginnen und in stetigem Abwärts im heutigen "eisernen" oder kali-yuga enden. Also kein Fortschritt, sondern immer dunklerer Abstieg. Dieser Abstieg ist nach Guenon durch eine zunehmende "Verfestigung" (er nennt das "solidification") gekennzeichnet, so daß wir aus den geistigen Welten in die jetzt herrschenden materiellen gestürzt sind. Dies sei der eigentliche biblische "Fall". Die hier genannte Verfestigung flinde ihren Ausdruck z.B. auch in der Seßhaftwerdung einstiger nomadischer Völker, deren Zahl beständig abgenommen hat. Das Streben nach Sicherheit sei zum Streben nach Besitz, also nach "festen", handgreiflichen Dingen geworden, was in weiterer Folge die Industrialisierung hervorrief. Maschinen wurden entwickelt und schließlich endete der Mensch in der Neuzeit als Sklave dieser Maschinen. Wie Marx von der Entfremdung spricht Guenon von der Sinnentleerung der Arbeit7 . Nicht mehr um Werte bemühe sich die Wissenschaft heute, sondern nur noch um Produktions steigerung. "Gewerbe, Handel, Geldwirtschaft; anscheinend zählt nur dies, womit zusammenstimmt, daß die einzige noch bestehende gesellschaftliche Unterscheidung auf dem äußeren Reichtum beruht"8. Statt um Qualität geht es um Quantität. "Reich der Masse" nennt Guenon unsere Welt. Die materia signata quantitate des Thomas von Aquin kennzeichnet sie. Nicht mehr auf Wahrheit, sondern nur auf Nützlichkeit ziele Wissenschaft und Forschung. Da die Konsumenten ebenso auf Nutzen und Bequemlichkeit be-
6 in der Zeitschrift filr Ganzheitsforschung aaO., S.5.
7 S dazu die Studie Rene Alleau: De Marx a Guenon, d'une critique "radicale" "principielle" des societes modemes in P.M. Sigaud (Hrsg.) Rene Guenon, aaO.
8
.. .
.
R. G.: DIe Knsls der NeuzeIt, aaO., S. 130.
a une critique
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dacht seien, konnte der Pragmatismus sogar zu einer philosophischen Richtung erhoben werden9 • Ein ganzes Kapitel widmet Guenon in seinem Werk Le regne de /a quantite et /es signes du temps dem Unterschied zwischen der alten Handwerkskunst und der modernen industriellen Beschäftigung. Er beginnt mit der Bemerkung, daß der Unterschied zwischen Künstler und Handwerker (in der französischen Sprache wortspielerisch zwischen "artiste" und "artisan") ein spezifisch moderner sei. Im Altertum hätte es einfach den "artifex" gegeben, der sowohl künstlerisch als auch handwerklich tätig war. Auch das tagtäglich zu Verwendende sollte nicht nur einen reinen Nutzwert besitzen. Da nun in der Antike der Individualismus nicht den heutigen Stellenwert einnahm, versuchte man in der Gestaltung allgemein gültigen, höheren Prinzipien Ausdruck zu verleihen. Ein letzter und doch gewaltiger Widerhall dieser Denkordnung sei bei den Bauleuten und Konstrukteuren des Mittelalters zu fmden. Man denke an die Kathedralen. Guenon verweist auch auf die noch heute lebendige Handwerkskunst in den islamischen Staaten, wo in der Ästhetik nach wie vor religiöses Empfmden die entscheidende Rolle spielt. Auch im deutschen Wort "Beruf' ist noch der "Ruf' (von wem und von wo?) gegenwärtig und auch die Berufung ist nicht zu
fern.
Im besonderen betont Guenon, daß man in traditionalen Gesellschaften nicht einfach irgendeinen Beruf ergreifen konnte, denn die Tätigkeit mußte dem innersten Wesen des jeweiligen Menschen entsprechen. Der Beruf sollte eben nicht etwas bloß Äußerliches sein, sondern eine echte, tragende Bindung zu dem haben, was dieser Mensch nun tatsächlich in seinem Wesen war. Bei einer rein mechanischen Arbeit, wie sie die Industrie nunmehr so häufig verlange, komme es natürlich auf den einzelnen nicht dermaßen an. Aber ganz automatisch würde auf diese Weise aus dem Menschen eine "austauschbare Einheit, eine Nummer". Wenn nun der Beruf tatsächlich dem Menschen entspricht und so etwas wie eine Manifestation seiner ihm eigenen Natur darstellt, kann er sogar die Basis filr eine echte Höherentwicklung bilden. Hier sehen wir die Grundlage filr die früher so oft mit dem Beruf in Zusammenhang stehende "Initiation". Wenn auch die Initiation das Ziel verfolgt, über die Grenzen des Individuums hinauszufilhren, so muß sie doch sein innerstes geistiges Wesen zum Ausgangspunkt nehmen. Und das Wesen wiederum muß so sein, daß eine Erhebung in den "Meisterstand" auch möglich ist. Beruf und Mensch müssen also korrespondieren. Hier kommt Guenon ebenfalls auf den grundlegenden Unterschied zu sprechen, der zwischen einer initiatischen und einer profanen Lehre besteht. Was auch immer erlernt wird, gilt im traditionalen Bereich so lange als nebensächlich, als es äußerlich bleibt, also einer bloßen Einübung gleichkommt. Das 9 R. G.: Le Regne de la quantite... aaO., S. 143f.
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ist das Lehrlings- bzw. Gesellenstadium. Worum es in der Initiation geht, ist das "Erwecken" der latenten Möglichkeiten, die der Mensch in sich trägt. Denn diese machen aus ihm - sind sie einmal erwacht - einen anderen, einen neuen und umfassenderen Menschen. Ein deutlicher Bezug zur platonischen anamnesis. Umgekehrt wird sich eine solche Initiation in gleichem Maße auf die Ausübung des Berufes auswirken. Im Falle des Handwerkers wird das in Arbeit befindliche Produkt nunmehr nicht bloß mechanisch erzeugt, sondern zusätzlich von universelleren, geistigen Prinzipien durchströmt werden. So kann aus einem mehr oder weniger perfekt hergestellten Gegenstand ein "Meisterwerk" im wahren Sinne entstehen. Auf den Unterschied zum modernen Fabriksarbeiter müssen wir hier nicht eingehen. Was Guenon da zu sagen hat, haben auch viele andere kritisiert. Interessant ist vielleicht noch der Unterschied, den Guenon zwischen Werkzeug und Maschine zieht. Er sieht nämlich die Maschine nicht als bloße Weiterentwicklung des Werkzeuges, sondern als etwas grundlegend anderes. Während das Werkzeug nur eine "Verlängerung" des Menschen darstelle und seine Fähigkeiten sogar vervollkommne, der Mensch also die Oberhand behalte, sei das bei der Maschine weit weniger gegeben und der Mensch müsse sich anpassen. Er entwickle sich also in Richtung Maschine, d.h. Mechanisierung, womit er die "Kunst" in sich abtöte und seine Fähigkeiten verliere. Daß immer gleiche industrielle Produkte auch die Menschen immer mehr angleichen, ist ein anderer Aspekt, auf den hingewiesen wird. Ein weiteres Thema bildet für Guenon die Entsakralisierung des Geldes. Wie erstaunlich es auch scheinen mag, so hat nach Guenon das Geld lange Zeit einen qualitativen und nicht nur quantitativen Charakter gehabt. Wie wäre es sonst zu erklären, fragt er, daß die antiken Münzen so häufig mit traditionalen Symbolen bezeichnet waren? In der Nachfolge hätte man dann religiöse Mottos verwendet, um den sakralen Charakter anzuzeigen. Obwohl der Autor dieser Zeilen der These Guenons nicht zu folgen vermag, könnte man doch auf die amerikanische Dollarnote hinweisen, die jetzt noch solche Symbole und Sinnsprüche aufweist. Und ein letzter Rest davon würde sich in der Abbildung von Künstlern und Wissenschaftlern auf den Geldscheinen zeigen. Dieser sakrale Charakter sei auch dafür verantwortlich gewesen, daß edle Metalle die Grundlage der Münzen bildeten. Für eine rein quantitative Verwendung hätte (wie heute) selbst Papier genügt. Nur mit dieser Begründung sei nach Guenon zu erklären, daß man früher die Monarchen mit einer derartigen Verbitterung der Geldverschlechterung anklagte, daß dadurch sogar die Throne wankten. Des weiteren verweist Guenon auf die Bedeutungsänderung des Wortes "schätzen", das von einem geistigen Wert zu einem vor allem mengenmäßigen verkommen sei.
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Eine Umkehr dieser Entwicklung sieht Guenon nicht und hält sie auch gar nicht fiir möglich. Zu sehr ist sein Denken deterministisch gelenkt. Er entwickelt dabei auch konspirationistische Vorstellungen, die sich allerdings nicht in einem politisch-ökonomischen Bereich bewegen, sondern in einem dem Menschlichen entrückten, geistigen. Die Kräfte dessen, was er als "contre-initiation" bezeichnet, sind es, die nach ihm die Geschichte lenken. Aber das ist nicht Thema dieses Aufsatzes. Wenn Guenon überhaupt noch Hoffnung oder besser Linderung sieht, dann in der Annäherung des Westens an den östlichen Geist, der noch mehr vom "traditionalen" Erbe bewahrt hätte. Am weitesten entfernt vom östlichen Geist und daher am geftihrlichsten sind fiir ihn interessanterweise die Angelsachsen und ganz besonders die Deutschen. Für die deutsche Philosophie empfindet Guenon ganz und gar keine Wertschätzung. Schon in seinem Erstlingswerk Introduction generale a l'etude des doctrines hindoues lO sind eine ganze Reihe von Seiten dem nefasten Einfluß der Deutschen im allgemeinen und auf die indologische Forschung im besonderen gewidmet. In späteren Auflagen hat er die ärgsten Beschuldigungen zwar wiederum weggelassen, was nach dem wohl kundigsten Guenon-Kenner und Biographen, Jean-Pierre Laurant, auf den schwindenden Einfluß seines deutschfeindlichen Mitstreiters Matgioi (Albert de Pouvourville) zuruckgefiihrt werden könnteil . Während die Engländer sich wenigstens mit rein praktischen Fragestellungen und der experimentellen Wissenschaft zufrieden gäben, würden sich die Deutschen in "Metaphysik" versuchen. Diese wirke dann zwar sehr anspruchsvoll, sei aber vor allem nebulös. Nichts sei weiter von der wahren Metaphysik entfernt als die Pseudometaphysik der Deutschen, die die allen Europäern gemeinsamen Fehler auf die Spitze trieben. Sie würden sich auf Grund ihrer eingebildeten Überlegenheit in Europa so aufführen wie die Europäer im Rest der Welt. Damit sei ihnen - trotz ihrer unbestreitbaren philologischen und wissenschaftlichen Kenntnisse - ein Zugang zu östlichem Wissen völlig unmöglich. Schopenhauer wirft er vor, aus dem Buddhismus einen pessimistischen Moralismus gemacht zu haben, und Deussen gäbe vor, den Indem die wahre Lehre des Shankara beibringen zu können. Nicht zufrieden damit, wünscht er sich ein Ende des deutschen Einflusses auf intellektuellem Gebiet überhaupt. Die Quellen der kulturpessimistischen Einstellung Guenons sind vielfiiltig. Unter den älteren Autoren ist vor allem Joseph de Maistre zu erwähnen. Unter 10 Paris, 1921, S. 287f. 11 S. Jean-Pierre Laurant: Le sens cache dans l'oeuvre de Rene Guenon, Lausanne 1975. Eine sehr gute Zusammenfassung dieser Frage gibt auch Piero di Vona in seinem detailreichen Werk: Evola, Guenon, de Giorgio. Borzano 1993, S. 75f. Der Autor, Philosoph an der Universität Neapel, erweist im übrigen die vielfachen Übereinstimmungen der Metaphysik Guenons, die wir hier nicht behandeln konnten, mit derjenigen Spinozas. S. dazu seinen Aufsatz: Spinoza e Guenon in Lo Spinozismo ieri e oggi, Archivio di Filosofia, Padua 1978, S. 333 - 355.
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den zeitgleichen dürfte Henri Massis mit seinem damals überaus einflußreichen Werk Defense de ['Occident (Paris 1926) einen besonderen Stellenwert einnehmen. Ebenso wichtig wird Guenons schon frühe Freundschaft mit dem katholischen Philosophen Jacques Maritain 12 zu bewerten sein. Eine gerechte Behandlung Guenons - im Guten wie im Schlechten - ist im Rahmen dieses Beitrages leider nicht möglich, denn dazu müßte man erstens ebenso auf seine esoterischen und religiösen Quellen eingehen und zweitens seine Weltanschauung im gesamten aufrollen 13 . Zu dem Teilbereich, den wir hier angeschnitten haben, muß aber gesagt werden, daß Guenon gerade in den von uns behandelten Werken häufig einen sehr polemischen Ton anschlägt und Gegenargumente nicht zuläßt. Damit widerspricht er, der immer auf intellektuell-neutrale und eben nicht emotionale Darstellung pochte, sich selbst. Sein Stil ist hier eher der eines Sehers als der eines Denkers, was natürlich der Schau einer "Urüberlieferung" gemäßer sein mag. Wer die "Wahrheit" schaut, kann mit ihr nicht feilschen. Das ist andererseits aber auch ein Grund seines "Erfolges". Der Mensch liebt es nun einmal, in etwas aufgehoben zu sein, was über ihn hinausgeht. Und wer will wissen, wie weit unser Unbewußtsein von derartigen, in der Tradition angesprochenen "Archetypen" mitgelenkt wird? Esoterisch Denkende - und Guenon war zweifels frei ein solcher - werden an die Ureinheit denken, die alles in sich faßt und in der sich alles entsprechen muß. Dann finden sich auch die höchsten Prinzipien im kleinsten Menschen wieder. Was Guenon aber mit Recht anspricht, ist die fortschreitende Sinnentleerung, das Durchschneiden des geistigen Bandes, die Entmythologisierung oder gar "Entsakralisierung" der modernen Welt. Und da er diesen Punkt als wichtigsten ansieht, wird vielleicht so manche Übertreibung oder einseitige Argumentation dem "guten Zwecke" dienlich gemacht worden sein. Wie es Antoine Faivre, der einzige Inhaber eines Lehrstuhles für "Esoterik" (an der Sorbonne), in einem Kolloquium zu Guenon gesagt hat: 14 "Die schizomorphe Zersplitterung des Westens .. findet ihre konkrete Allegorie in der Kernspaltung. Es ist vielleicht nicht böse an sich, Atome zu spalten. Wenn das aber in einem Umfeld geschieht, das völlig losgelöst ist von jeder integrierenden Spiritualität, bedeutet das eine Katastrophe." Oder wie es Massimo Cacciari, Professor der Philosophie, viel gelesener Literat, ehemals Abgeordneter der Kommunistischen Partei Italiens und jetziger Bürgermeister von Venedig, in 12 sh. dazu das Faksimile eines Briefes von Guenon in Francisco Garcia Bazan: Rene Guenon la Tradicion viviente, Buenos Aires 1985, S. 182.
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13 Eine sehr interessante Diskussion zu Guenon und dem Traditionalismus allgemein erfolgte in der akadamisch-esoterischen Zeitschrift ARIES Nr. 11, 12-13, Paris 1990, 1991. 14 Rene Alleau I Marina Scriabine (Hrsg.): Rene Guenon et I'actualite de la pensee traditionelle, Actes du Colloque International de Cerisy-La-Salle, Mailand 1980, S.287.
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einem Interview zu Guenon formuliert hat 15 : Er fragt nämlich, nachdem er rein traditionale Vorstellungen ebensowenig als Lösung für das nächste Millennium anerkennt wie das kraftlose Nachgeben angesichts aller heute herrschenden auflösenden, zentrifugalen Kräfte: "Tertium datur?" Wobei er allerdings sofort hinzufügt: "Guenon selbst würde das sicherlich verneinen."
15 in Diorama Letterario Nr. 151, Florenz 1991, S. 11.
Zum Begriff der "Leistung" im Gesamtraum der Humanität Von Erich Heintel I. Alle Philosophie, die ihrem systematischen Anspruch im Gesamtraum der Humanität wirklich gerecht werden will, kann und muß in der Lage sein, ganzheitliche Verfahrensweisen rur diesen Gesamtraum zu entwickeln. Kant stellt im Sinne dieser Aufgabe im Anschluß an die europäische Tradition der Philosophie drei Hauptfragen: "Was kann ich wissen?" - "Was soll ich tun?" "Was darf ich hoffen?" Aus ihnen ergibt sich die folgende systematische Gliederung der Philosophie, die weitgehend auch auf die aristotelische Tradition zurückgeht: I. Theoretische Philosophie (Wissen) 2. Praktische Philosophie (Handeln) 3. Theologie (Glaube) Im Sinne der ThemensteIlung dieser Arbeit geht es hauptsächlich um den ersten Problembereich, freilich nicht ohne Bezugnahmen zu den beiden anderen Fragengebieten. Denn Kant bemüht sich bezüglich allen Wissens überhaupt die Frage nach seinem jeweiligen Anspruch, seiner Begründung und seiner Grenzen klarzustellen. Er bezeichnet ein so orientiertes Denken als "Transzendentalphilosophie". Sie ist zunächst und vordergründig an der neuzeitlichen Entwicklung und ihrem Gegensatz von Cartesianismus und angelsächsischem Empirismus interessiert. Kant geht es dabei vor allem um die neuzeitliche Physik seit Galilei, besonders im Hinblick auf ihre Grundlegung durch Newton, die durch den Skeptizismus des angelsächsischen Denkens in seiner Entwicklung geflthrdet erschien. Die dadurch in die Geschichte getretene Krise des Anspruchs der neuzeitlichen Naturwissenschaft überhaupt ist bis zur Gegenwart nicht völlig geklärt und überwunden. - Denn schon aus der Vielzahl der neuzeitlichen Wissenschaften ergeben sich filr die transzendentale Fragestellung in ihrer Systematik bezüglich des Gesamtraums der Humanität, einschließlich ihres Gottesverhältnisses, eine Reihe von fundamentalen Problemen, die seit Kant offenkundig geworden sind und grundsätzlich die verschiedenen Voraussetzungen der sogenannten empirischen Einzelwissenschaften in ihrem Verhältnis zur Philosophie der praktischen Vernunft und schließlich auch der Theologie betreffen. Es sei hier nebenbei bemerkt, daß es kein Zufall war, daß schon 1. G. Fichte sein Denken nicht von dem Begriff der "Tatsache" zum Ausgang genommen hat, sondern ihm in fundamentalphilosophisch bedeutender Gegen-
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übersteIlung durch denjenigen der "Tathandlung" ersetzt hat. Nicht uninteressant ist es auch, daß L. Tieck die "Taten" des Don Quijote in seiner Übersetzung des Cervantes als "Tathandlungen" bezeichnet. Es geht in diesen Zusammenhängen um motiviertes Handeln überhaupt und nicht nur um die Begründung theoretischer Wissenschaft. Die im Geschichtsverlauf sich verändernden Motivationshorizonte der praktischen Vernunft bis zum motivierenden Narrentum hin können nicht außer acht gelassen werden. Bezüglich des letzteren ist zu beachten, ob es nur im Gegensatz zum bloßen Verstand (eben bei Don Quijote) wie zur Vernünftigkeit überhaupt und damit immer auch schon zum Glauben stehen kann (Paulus, 2. Kor, Kap. 11 u. 12). Ich habe mich mit diesen Problembeständen ausfilhrlicher in meiner Schrift "Mündiger Mensch und christlicher Glaube" befaßt, von der ich hoffe, daß sie noch in diesem Jahr erscheinen wird. Bezüglich Kants sei hier vorwegnehmend gesagt, daß er schon im Übergang ·von der theoretischen Vernunft zur praktischen Vernunft in große Schwierigkeiten gerät, wie sich noch näher ergeben wird. Wenn er nämlich dem transzendentalen Ich bezüglich seines Erkennens und damit jeder weiteren Differenzierung eine unüberwindbare Schranke setzt, so muß er dennoch dieses Ich in seiner Philosophie der praktischen Vernunft näher bestimmen, und zwar in seinem "intelligiblen Charakter", der in einer "Kausalität aus Freiheit" sich bestimmt. Nur durch diese Annahmen kann er überhaupt zu einer Philosophie der praktischen Vernunft gelangen. 11. Ich wende mich nun zunächst der historischen Situation näher zu, die sich von der schon erwähnten Krise neuzeitlichen Denkens ergeben hat. Hier ist in grundsätzlicher Hinsicht insbesondere David Humes zu gedenken. Dieser zieht alle Konsequenzen aus der angelsächsischen Tradition des Empirismus und endet im Skeptizismus. Humes Destruktion der Tradition ist bei seinem fundamentalphilosophischen Nominalismus gegen alles Substanzdenken gerichtet und wendet sich damit vorzüglich gegen den Aristotelismus der europäischen Tradition und erst in zweiter Linie gegen den neuzeitlichen Transzendentalismus. Jedenfalls versteht Hume alles erscheinende Seiende als eine Zusammensetzung (bundle, collection) von Impressionen (impressions) und auf ihnen fundierten Vorstellungen, d. h. Ideen (ideas). Die allein als real angesetzten Impressionenbündel werden durch unsere Einbildung zu identischen Gegenständen gemacht. Unser Irrtum besteht dabei darin, daß "wir die Vorstellung der Identität an die Stelle der Vorstellungen zueinander in Beziehung stehender Gegenstände setzen". So gelangen wir zu der Auffassung, "die verschiedenen durch Beziehungen miteinander verbundenen Gegenstände seien in der Tat dasselbe, wie unterbrochen und veränderlich sie auch sein mögen. Um uns wegen dieser Ungereimtheit zu rechtfertigen, erdichten wir dann noch ein besonderes, obzwar unserem Vor-
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stellungsvennögen sich entziehendes Prinzip." Auf diese Weise vennögen wir den verschiedenen Gegenständen Identität zuzuschreiben, wobei uns als weitere Einbildung der Gedanke zu Hilfe kommt, "die Teile nähmen [gewissennaßen] Bezug aufeinander und vereinigten sich so zu einem gemeinsamen Zweck oder Ziel." In diesen Sätzen gebraucht Hume freilich Begriffe, die sich mit seinem grundsätzlichen Ansatz kaum bzw. überhaupt nicht vereinen lassen. Doch meint er mit diesen Hinweisen viele Fliegen auf einem Schlag zu treffen. Denn mit Hilfe des für ihn systematisch als Irrtum bezeichneten Zweckgedankens erreicht er in der Eliminierung der Substanz nicht nur Pflanzen, Tiere und den Menschen, sondern auch vom Menschen hervorgebrachte (künstliche) Dinge: "ein Schiff, das durch wiederholte Reparaturen größtenteils ein anderes geworden ist, wird noch immer als das gleiche Schiff betrachtet; auch die Verschiedenheit der Materialien hindert uns nicht, demselben Identität beizulegen". In ähnlicher Weise argumentiert Hume gegen die Identität von Gebäuden, z. B. einer Kirche. So sucht er die venneintliche substanziale Identität aller "veränderlichen Erzeugnisse der Kunst oder der Natur" zu erklären und schließt seinen Gedankengang in folgender Weise ab: "Auch die Identität, die wir dem Geist des Menschen beilegen, ist nur eine fingierte, sie ist von gleicher Art wie diejenige, die wir Pflanzen und tierischen Körpern beilegen ... So ist überhaupt aller Streit über die Identität miteinander verknüpfter Gegenstände schließlich bloßer Wortstreit ... " Er bringt damit einen Kunstgriff zur Anwendung, der auch weiterhin die von ihm begründete Tradition bestimmt: man versucht immer wieder, unvermeidbare Fragestellungen auf bloß verbal durchschaubare Wendungen zu bringen, die ausreichend zur Widerlegung geeignet erscheinen. Doch gerät schon Hume selbst auf diese Weise in eine von ihm durchaus zugegebene Schwierigkeit. Die erwähnten Grundsätze seines Denkens stehen insgesamt schon in dem Frühwerk Humes, dem "Traktat über die menschliche Natur" (1739/40, 1. Buch, 6. Abschnitt). An der angegebenen Stelle ist freilich auch "von der persönlichen Identität" des Menschen die Rede. Hume greift die Behauptung derjenigen Philosophen an, die von dem "Ich" als der am meisten unmittelbar gewissen Tatsache ausgehen; er fordert von diesen Philosophen, die der Ansicht sind, durch einen derartigen Wortgebrauch einen Begriff von der Substanz unseres Geistes zu haben, "den Eindruck, auf dem diese Vorstellung beruht, aufzuzeigen". Nun ist aber das Ich keine Impression, sondern auch nach Hunie selbst das, worauf sich venneintlich alle Impressionen und Vorstellungen beziehen. Er selbst aber "stolpert" in dem Versuch, das Ich vorzustellen, immer "über die eine oder andere bestimmte Perzeption". Mit dieser Auffassung gerät Hume in große Schwierigkeiten. Zu diesen bemerkt Hegel (Ausg. Glockner, Bd. 18, S. 320): "In der bloßen Veränderung ist ... das Erhalten seiner in der Veränderung noch nicht enthalten." Auch nach
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Kant ergäbe sich auf Humes Basis ein "so vielfarbiges verschiedenes Ich, als ich jeweils Vorstellungen habe" (Kritik der reinen Vernunft, A 113, B 134). Sehr deutlich werden diese Schwierigkeiten bei E. Mach. Dieser gerät nämlich als Physiker mit seiner Position in der Nachfolge Humes in einen auffiilligen Gegensatz. Nach Mach sollen nämlich alle Dinge außerhalb der Haut (!) aus Atomen, innerhalb der Haut als Impressionen alles gegebene Seiende jeweils "zusammensetzen". Er gebraucht daher an Stelle der beiden genannten fundamentalen Gegebenheiten den Begriff des "Elements", wobei er eigentlich hätte wissen müssen, daß diese Bewältigung der Problematik nur eine verbale, wenn auch in sich konsequente Lösung der Sachlage bringe. - Es gibt eben Konsequenzen, die zwar in sich konsequent, aber philosophisch trotzdem purer Unsinn sind. E. Schrödinger spricht im Hinblick auf E. Mach von dem "grotesken Phänomen, daß naturwissenschaftlich durchgebildete, geistig hochstehende Menschen eine unglaublich kindliche - unentwickelte oder verkümmerte - philosophische Weltanschauung haben." (E. Schrödinger, Die Natur und die Griechen. Kosmos und Physik, Hamburg 1956, S. 18 f.) Hume selbst hat sich zur Zeit des "Traktats" alle diese Schwierigkeiten zum Bewußtsein gebracht. Er spricht davon, daß er sich bei der Überlegung des von der Identität der Persönlichkeit (des Selbstbewußtseins) handelnden Abschnitt in ein "Labyrinth von Gedanken" verirre. Er gesteht ein, daß er weder weiß, wie er die dort ausgesprochenen Ansichten berichtigen bzw. wie er sie als haltbar erweisen soll. Er nimmt sein Privileg als "Skeptiker" in Anspruch und gibt zu, daß die Lösung dieser Schwierigkeiten rur seinen "Verstand eine zu harte Aufgabe" darstellt. - In späteren Jahren als arrivierter und allseits verwöhnter Philosoph hat er diese Problematik nicht wieder behandelt. III. Kant entzieht mit seiner transzendentalen Fragestellung allem Sensualismus und Impressionismus als letztem Wort der Philosophie die haltbare Grundlage. - Wir gelangen am raschesten in das Zentrum der ganzen Problematik, wenn ich an dieser Stelle Kant selbst sprechen lasse. Er schreibt: "Ich bin mir meiner selbst bewußt, ist e!n Gedanke, der schon ein zweifaches Ich enthält, das Ich als Subjekt und das Ich als Objekt. Wie es möglich sei, daß ich, der ich denke, mir selbst ein Gegenstand der Anschauung sein, und so mich von mir selbst unterscheiden könne, ist schlechterdings unmöglich zu erklären, obwohl es ein unbezweifeltes Faktum [I] ist; es zeigt aber ein über alle Sinnenanschauung so weit erhabenes Vermögen an, daß es, als der Grund der Möglichkeit eines Verstandes [I], die gänzliche Absonderung von allem Vieh [I], dem wir das Vermögen, zu sich selber Ich zu sagen, nicht Ursache haben beizulegen, zur Folge hat und in eine Unendlichkeit von selbst gemachten Vorstellungen und Begriffen hinaussieht. Es wird dadurch aber nicht eine doppelte Persönlichkeit [I] gemeint, sondern nur Ich, der ich denke und anschaue, ist die Person, das Ich aber des Objektes, was von mir angeschaut
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wird, ist gleich anderen Gegenständen außer mir [I], die Sache. Von dem Ich in der ersten Bedeutung (dem Subjekt der Apperzeption), dem logischen Ich, als Vorstellung apriori [I], ist schlechthin nichts weiter zu erkennen möglich, was es ftlr ein Wesen, und von welcher Naturbeschaffenheit [I] es sei - es ist gleichsam wie das Substantiale das übrigbleibt, wenn ich alle Accidenzen, die ihm inhärieren, weggelassen habe, das aber schlechterdings gar nicht weiter erkannt werden kann, weil die Accidenzen gerade das waren, woran ich seine Natur [I] erkennen konnte. Das Ich aber als empirisches Bewußtsein, ist mannigfacher Erkenntnis fähig ... " (Werke, Ausg. Cassirer, Bd. VIII, S. 248 f.) Ich habe mich mit dieser Stelle immer wieder beschäftigt und möchte hier nur schlagwortartig die Schwierigkeiten bzw. Aporien anführen, die mit ihr bezüglich des Begriffs des Menschen als "daseiende Transzendentalität" gegeben sind. Doch ist zuvor noch daran zu erinnern, daß Kant ausdrücklich bemerkt, daß ich "mir meiner selbst in der transzendentalen Synthesis des Mannigfaltigen der Vorstellungen überhaupt, mithin in der synthetischen ursprünglichen Einheit der Apperzeption, bewußt bin, nicht wie ich mir erscheine, noch wie ich an mir selbst bin, sondern nur daß ich bin" (Kritik der reinen Vernunft B 157). Die sich aus diesen Festlegungen ergebenden Konsequenzen lassen sich folgendermaßen näher beleuchten: Zunächst lehnt Kant - wie Hume sich auf Descartes beziehend - das Ich (sum cogitans) als eigene und besondere Substanz ab. Dazu läßt sich kurz sagen, daß Descartes mit der Fixierung des Ich als geistige Substanz (res cogitans) im Gegensatz zur körperlichen Substanz (res extensa) in eine ausweglose Situation geraten ist: das erscheinende Ich (diese "Gliederpuppe") kann überhaupt nicht Leib und Individualität gewinnen, zuma1 ja auch rur den Organismus als lebende Materie in dieser Systematik von Anfang an kein Ort anzugeben ist (vgl. E. Heintel, Tierseele und Organismusproblem im Cartesianischen System. In: Gesammelte Abhandlungen, Bd. 1, Stuttgart - Bad Cannstatt 1988, S. 114 ff.). - Doch auch von dem zweifachen Ich bei Kant her läßt sich zuletzt mit dem Personalpronomen "mein" (mein erscheinender Leib, mein transzendentales Ich) kein haltbarer Sinn verbinden. Alle Erscheinungen, einschließlich ich mir selbst als Erscheinung, sind in gleicher Weise in Anschauungs- und Verstandesformen zu denen auch die "Kategorie" Substanz gehört - vermittelt. Wie aber soll bei dieser Sachlage die postulierte "Einheit der Persönlichkeit", die ich bin, in ihrer Individualität zu gewinnen sein, bzw. wie soll der Unterschied von Tier und Ich-sagendem Menschen zur Geltung kommen? - Das organische Dasein in seiner Leiblichkeit im Unterschied zur bloßen Körperlichkeit (res extensa) wird Kant in seiner "Kritik der Urteilskraft" zum Problem und zwar an der "inneren" Zweckmäßigkeit des "Naturzwecks", der lediglich als methodische Fiktion (das "Als ob") einer reflektierenden Urteilskraft angesetzt ist. -
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Schelling fragt mit Recht nach den Kriterien einer solchen bloß reflektierenden Urteilskraft, bei deren Vorgehen wir ja keineswegs bloß willkürlich oder beliebig verfahren dürfen ("Ideen zu einer Philosophie der Natur als Einleitung in das Studium dieser Wissenschaft", 1797, Ausg. Schröter, I, 1, S. 693 f.). Wie soll von diesen Voraussetzungen her der Mensch als "daseiende Transzendentalität" erreicht bzw. zum Problem gestellt werden? (Vgl. E. Heintel, Naturzweck und Wesensbegriff. In: Gesammelte Abhandlungen, Stuttgart - Bad Cannstatt 1988, Bd. 2, S. 67 ff.) IV. Hegel hat diese und eine Reihe anderer Schwierigkeiten schon im Ansatz seiner "Logik" hinter sich gelassen, indem er sich gegen die abstrakten und unhaltbaren Trennungen der transzendentalen Logik Kants wendet. Es genügt hier an folgendes Zitat (Hegel, Ausg. Glockner, Bd. 4, S. 70 f.) zu erinnern, daß es nämlich "nichts giebt, nicht im Himmel oder in der Natur oder im Geiste oder wo es sey, was nicht ebenso die Unmittelbarkeit enthält, als die Vermittelung, so daß diese beiden Bestimmungen als ungetrennt und untrennbar und jener Gegensatz sich als ein Nichtiges erweist". Läßt sich aber als Alternative zu dieser Einsicht nur die Dialektik seiner "Logik" (in "absoluter Methode") ansetzen? Diese Sache kann uns hier nicht beschäftigen. An unserem Beispiel ergibt sich, daß auch in Hegels Naturphilosophie gerade in der "Selbstbewegung des Begriffs" große Schwierigkeiten liegen. An diese "absolute Methode" vermag nämlich die "Natur" nicht heranzukommen, denn in ihr finden sich "in einer Gattung mehr als zwei [d.h. dialektisch vermittelte] Arten ... Es ist dieß die Ohnmacht der Natur, die Strenge des Begriffs nicht festhalten und darstellen zu können, und in diese begrifflose blinde Mannigfaltigkeit sich zu verlaufen. Wir können die Natur in der Mannigfaltigkeit ihrer Gattungen und Arten, und der unendlichen Verschiedenheit ihrer Gestaltungen bewundern, denn die Bewunderung ist ohne Begriff, und ihr Gegenstand ist das Vernunftlose. Der Natur, weil sie das Außersichseyn des Begriffes ist, ist es freigegeben [I], in dieser Verschiedenheit sich zu ergehen wie der Geist, ob er gleich den Begriff in der Gestalt des Begriffes hat, auch aufs Vorstellen sich einläßt, und in einer unendlichen Mannigfaltigkeit desselben sich herumtreibt. Die vielfachen Naturgattungen oder Arten müssen für nichts Höheres geachtet werden, als die willkürlichen Einfalle des Geistes in seinen Vorstellungen." (A.a.O., Glockner, Bd. 5, S. 45). Dem jeweils nach Gattung und Art ausgesagten natürlichen Individuum (der Monade bei Leibniz) kann es freilich gleichgültig sein, ob es in der "absoluten Methode" der Hegeischen "Logik" oder im Nominalismus bloß abstrakter Allgemeinheiten sein eigenständiges substantielles Dasein als Monade verliert. - Man denke hier weiter daran, daß Hegel in seiner Ästhetik den geringsten Einfall des Geistes über die Schönheit der Natur stellt, während Leibniz im Gegensatz dazu meint, daß die schöne Kunst niemals die Schönheit der Natur als Schöpfung Gottes erreichen kann. Auch daß Hegel in seiner Religionsphilosophie die "Vorstellungen" der
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positiven Religion durch den "Begriff" überhöht, gehört in diese Zusammenhänge. - Alle diese Einwände sollen freilich den Ruhm Hegels nicht beeinträchtigen, der alles in allem in seiner "Logik" die bedeutendste "Kategorienlehre" unserer Tradition entwickelt hat. V. Doch geht es für uns an dieser Stelle der Beweisruhrung zunächst darum, die Thematik von Philosophie und EinzelwissenschaJt (im Sinne des neuzeitlichen Denkens) zu betrachten. Dabei ergibt sich folgendes: wenn wir nämlich noch einmal zu Kants zweifachem Ich zurückkehren, dann ist festzustellen, daß mit der auf diesem Lehrstück beruhenden Unterscheidung von "empirischem Realismus" und "transzendentalem Idealismus" einerseits den empirischen Wissenschaften ein weites Feld ihrer Forschungen freigegeben wird, aber zugleich ihre jeweilige kritische Grenze, die in der transzendentalen Voraussetzungsproblematik liegt, ausgeschaltet erscheint. Bezüglich des Verhältnisses von Philosophie und Einzelwissenschaft ist jedenfalls zu beachten, daß sich im Raum der theoretischen Vernunft eine Vielheit von Wissenschaften findet, wobei sich grundsätzlich unterscheiden lassen erstens EinzelwissenschaJt (im Sinne des neuzeitlichen Forschungsprogramms), zweitens Philosophie (mit der Aufgabe die Voraussetzungsproblematik alles Wissens zu behandeln) und schließlich drittens Theologie (die von ihrem "Gegenstand" Gott her eine besondere Grundlegung verlangt). Außerdem ist zu bedenken, daß Philosophie über die theoretische Vernunft (als universale "Theorie" allen und jeden Wissens hinaus) sich auch anderen Sinnmöglichkeiten und Sinnverwirklichungen des Menschen im Gesamtraum der Humanität widmet, nämlich solchen, die - schon nach der Systematik des Aristoteles - in das Gebiet der "praktischen Vernunft" (Begriff und Sinn des Handeins, z. B. in der Ethik) und der "poietischen Vernunft" (Begriff und Sinn des "Gestaltens" und des "Herstellens", z. B. in Handwerk und Technik, aber auch in der Kunst) gehören. Was nun den Begriff der Einzelwissenschaft im Sinne des neuzeitlichen empirischen Forschungsprogramms betrifft, ist zunächst daran zu erinnern, daß es sich bei diesem Begriff um einen Inbegriffvon Wissenschaften handelt, die ihrer Voraussetzungsproblematik nach jeweils auf sehr verschiedenen und auf-einander nicht reduzierbaren Ansätzen begründet sind. Keineswegs genügt in dieser Hinsicht die herkömmliche Unterscheidung von Natur- und Geisteswissenschaften, zumal wenn man dann in typisch einzelwissenschaftlicher Haltung die Philosophie zu den Geisteswissenschaften rechnet. Auch wenn wir von den "Formalwissenschaften" absehen, ist jedenfalls zu beachten, daß zwischen dem Programm Galileis im Sinne der mathematischen Naturwissenschaft über Methodenfragen der Biologie, weiterhin der Geschichte und der Hermeneutik bis zu solchen der Sprachwissenschaft, der Sozialwissenschaft und der Rechtswissenschaft ein weiter Raum von Möglichkeiten vermittelten 6 Festschrift Pichler
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Wissens sich eröffnet, wie er jedem Lektionskatalog heutiger Universitäten entnommen werden kann. Von dieser Situation her ist der Gedanke einer "Einheitswissenschaft" (z. B. als "Physikalismus") von vorneherein als unmöglich zu qualifizieren. Das bedeutende Mitglied des "Wiener Kreises" O. Neurath konnte seinen Physikalismus nur dadurch aufrechterhalten, daß er sich vor allem als Bedenker dessen, was "Bildung" bedeutet, auf die Alltagssprache menschlicher Kommunikation berufen mußte. Das Haupt des "Wiener Kreises", M. Schlick, hat sich über diese Thematik seien eigenen Gedanken gemacht (vgl. E. Heintel, Der "Wiener Kreis" und die Dialektik der Erfahrung. In: Gesammelte Abhandlungen, Bd. I, Stuttgart - Bad Cannstatt 1988, S. 77 ff.). Zur beispielhaften Erläuterung der ganzen Sachlage mag es genügen, ganz allgemein jene Wissenschaften zu bedenken, die sich mit der Abfolge des Geschehens in der Zeit beschäftigen. Zu nennen sind dann: die Geschichte des Kosmos, die Geschichte der Erde, die Geschichte des Lebens auf der Erde, die Weltgeschichte und schließlich die Heilsgeschichte. Daß sich bezüglich dieser filnf "Geschichten" verschiedene Voraussetzungsprobleme stellen, liegt auf der Hand, auch wenn man das von jeweils auftretenden imperialen einzelwissenschaftlichen Ansätzen her entweder naiv nicht bemerkt oder in sogenannten "Übertheorien" zu bewältigen sucht. - Denn es ist doch einfach nicht zu übersehen, daß man -auch wenn wir nicht auf die Details eingehen - bezüglich der Weltgeschichte in der Voraussetzungsproblematik in neuer Fragedimension über die schon vorangehenden "Geschichten" hinaus -die freiheitliche SelbstbestiInmung des Menschen in allem seinen Handeln bedenken muß. - Erst recht ist mit der Heilsgeschichte eine besondere Situation gegeben: in ihr geht es ja nicht nur um den Menschen, sondern um sein Gottesverhältnis, also um Gott. Abschließend sei zu diesen Ausfllhrungen noch bemerkt, daß im Rahmen des Inbegriffs empirisch-einzelwissenschaftlicher Forschung jede besondere Einzelwissenschaft einfach von ihrer Methode her zu bestimmten Abstraktionen gezwungen ist. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange diese methodische Abstraktion nicht ontologisch mit dem Anspruch, jeweils und vorrangig das eigentliche Sein (Seiende) zu erfassen, interpretiert wird, bzw. alle Versuche aufgegeben werden, mit den Kategorien einer bestimmten Einzelwissenschaft ein Ganzes zu erfassen, das in dieser Kategorialität nicht erreicht werden kann, sodaß das Denken in diesem Bemühen jeweils unausweichlich in Scheinprobleme geraten muß. - Das ist z. B. bei dem sogenannten "psycho-physischen Problem" zunächst und zumeist immer der Fall gewesen. Wenn J. C. EccIes (Das Rätsel Mensch, München - Basel 1982, S. 206 ff.) ein "Liaisonhirn" (eine schon von der Sprache her etwas sonderbare Wendung) erfindet, einerseits um eine Verbindung zwischen Geist und Gehirn zu stiften, andererseits um (wie er meint als "Theologe") den Geist als unabhängige Entität fllr das Leben nach dem Tod in seiner Existenz zu sichern, dann ist mit
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E. Oeser (in dem zusammen mit F. Seitelberger verfaßten Buch: Gehirn, Bewußtsein und Erkenntnis, Darmstadt 1988, S. 96 f.) mit Recht festzustellen, daß Eccles "damit philosophisch gesehen in eine Gespenstermetaphysik und neurobiologisch in eine neue 'Hirnmythologie'" gerät. - Eccles meint, daß nur durch seine Hypothese die Zukunft des Menschen als Menschen zu sichern wäre. Man kann in diesem Zusammenhang den Satz riskieren, daß man jeweils eine erbauliche Rede dann zum Zuge kommen läßt, wenn die Argumente ausgehen. VI. Es ist klar, daß es bezüglich des Gesamtraumes der Humanität immer darum gehen wird, den Begriff des Menschen und ft1r uns insbesondere des handelnden Menschen ebenso als daseiende Transzendentalität wie im Rahmen aller seiner jeweils sich ergebenden Differenzierungen dieses Handelns zu berücksichtigen. Aus diesen Voraussetzungen folgt die Forderung nach einer ganzheitlichen Methodenlehre, die in ihrem Gesamtbau sich der "Rückverbundenheit" bis zur letzten sinngebenden Instanz bewußt ist und bewußt bleibt. Außerdem ist vorausgesetzt, daß über das bloße "daß ich bin" Kants hinaus die Gesamtheit aller Bezüge der Mitmenschlichkeit und Mitgeschöpflichkeit in ihrer Möglichkeit und Notwendigkeit bedacht wird. Hier geht es um den Begriff der "Leistung" des handelnden Menschen in allen genannten Bezogenheiten, und damit kann es in ganzheitlicher Systematik niemals um die "Zusammensetzung" aus elementhaften empirischen Gegebenheiten gehen, sondern um eine "innere Einheit", die in "kategorial wie verfahrensmäßig grundlegendem [systematischem] Sinne" zu dem Grundsatz aller "ganzheitlichen Kategorienlehre" fUhrt: "alles was ist besteht als Glied eines Ganzen" (1. H. Pichler, Ganzheitliches Verfahren in seinem universalistisch überhöhten Anspruch. In: Philosophia perennis. Erich Heintel zum 80. Geburtstag, Frankfurt a. Main 1993, Bd. 1, S.468). Über alle methodischen Abstraktionen der Einzelwissenschaften hinaus wird dadurch der Begriff der "Leistung" zum Grundbegriff der ganzheitlichen Methode. Dieser Grundansatz fUhrt besonders auch im gesellschaftlichen Raum zu der Einsicht einer fmalen (teleologischen) Ordnung "gemäß der Gliedhaftigkeit, d. h. des 'Aufeinanderangelegtseins' der Leistungen im jeweiligen Ganzen" (a.a.O., S. 469 f.). Anders läßt sich im Gesamtraum des die Mitmenschlichkeit behandelnden Denkens der jeweils spezifische Zusammenhang nicht angeben. Nehmen wir als ein in der Gegenwart vieldiskutiertes Beispiel die Leistung ärztlicher Tätigkeit. Im Wissen des Arztes kommen eine ganze Reihe einzelwissenschaftlich-empirisch erhebbarer Gegebenheiten zum Zuge, immer aber im Zusammenhang eines gegliederten Ganzen mit dem Ziele, die "Heilung" der jeweils in Frage stehenden Erkrankung zu erreichen. Die zu starke Bindung an bloß einzelwissenschaftlich verstandene Glieder in diesem Ganzen führen 6"
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häufig zur Gegenüberstellung von bloßer "Schulmedizin" und ganzheitlich am Vollbegriff des menschlichen Individuums orientierten, auch als "Ganzheitsmedizin" bezeichneten Vorgehen des Arztes. In solchen Diskussionen kommt ebenso zum Ausdruck, daß niemals die einschlägigen empirischen Fakten (methodische Abstraktionen) zu vernachlässigen sind, ohne daß damit der Mensch als transzendentales geistiges Dasein in seiner Mitmenschlichkeit außer Sicht gerät. Dadurch wird wie bei allen Leistungsbegriffen über die naturwissenschaftlichen Kausalzusammenhänge hinaus eine "Wissenschaft von ganz anderer begrifflicher Natur" sichtbar, in deren Zusammenhang "in einem umfassenden Sinne zugleich das Geschichtliche, das in zeitlicher Hinsicht sich Umgliedernde" mitbefaßt wird. Davon war schon in allgemeiner Hinsicht beispielhaft die Rede. J. H. PichIer verweist in diesem Zusammenhang ganz konsequent auf die Tradition des wissenschaftlichen europäischen Denkens in seinen "idealistisch zu interpretierenden 'Hauptgestalten der Methodologie' in Ideenlehre, Dialektik und Ganzheitslehre. Die Verfahrenslehre selbst erflihrt solcherart ihre ganzheitliche Überhöhung im Geistursprünglichen, indem sie anknüpft an die große Tradition der philosophia perennis, in dieser zugleich rückverbunden und aufgehoben ist." (A.a.O, S. 471 ff.)
J. H. PichIer knüpft auf diese Weise an den Begriff der "traditionellen Methodik" von W. Heinrich an (a.a.O., S. 475). In dieser so verstandenen traditionellen Methode wird freilich der Leistungsbegriff je nach der vorausgesetzten Religion in besonderer Weise zu prüfen sein. So wäre z. B. im Christentum zu berücksichtigen, daß alle in ihm wirksame freiheitliche Selbstbestimmung über alle menschliche Leistung hinaus in der immer schon vorgängigen Leistung des Schöpfergottes (des Gottes der Liebe) liegt.
Wege zur Ganzheit Von Herbert Kessler Angeregt von Goethe, fußt mein Werk 1 weltanschaulich und methodisch auf der Polarität; ansonsten huldige ich je nach Gegenstand einem MethodenPluralismus, wie ihn schon Aristoteles für angemessen hielt. Die Polarität bezeichnet das Spannungsgefiige zwischen zwei simultanen Polen - Mann und Frau, weiblich und männlich -, das sich in Wandlungen dynamisch behauptet. Eine Korrelation, eine Wechselbeziehung: die Pole sind gleichzeitig und bedingen einander; kein Pol existiert ohne seinen Gegenpol.Die stetige Beziehung kann sehr wechselhaft verlaufen; gleichmäßig oder unruhig, krisenhaft; beharrlich oder dialektisch. Für Goethe vermittelte die Polarität eine Steigerung; sie kann statt dessen im Fall enden. Der schlimmste Fall: die Dualität pervertiert zum feindseligen Dualismus mit dem Ziel, den Gegenpol zu liquidieren und endgültig einen Monismus zu etablieren(so im Gnostizismus und Marxismus). Eine friedliche Trennung oder Scheidung erlaubt hingegen die Eingehung eines neuen polaren Verhältnisses; beide Entscheidungen - der Entschluß zur Trennung wie die neue Wahl- zwingen zum Entweder-Oder, schalten das polare Sowohl-als-auch demnach aus. Der Polar ismus erhebt keinen Monopolanspruch. Häufig sind multipolare Verhältnisse, so bei komplexen Strukturen, die Lebewesen aufbauen. Komplexe sind Zusammenfassungen; sie verknüpfen Teile zu einem geschlossenen Ganzen. Die Teile sind verschieden, aber auf Ergänzung, auf eine Ganzheit angelegt. Die vielschichtige Gesamtheit, die Komplexität, wird durch Polaritäten stabilisiert, denn diese wird dem Teil oder Glied ebenso gerecht wie dem Ganzen.
Die Paare bilden zusammen ein Ganzes: den Menschen, das Pferd - Stute, Hengst -, die Richtung: links, rechts; unten, oben; vom, hinten. Der Kontrast zwischen den Geschlechtern wird mehr oder minder dadurch abgemildert, daß Frauen Männliches und Männer Weibliches an sich haben. Das dunkle Yin der Chinesen enthält einen kleinen hellen Kreis in sich, das helle Yang einen dunklen. Ein unversöhnlicher Gegensatz zwischen den Geschlechtern ist willkürlich konstruiert; die Gemeinsamkeit ist unauthebbar, ungeachtet aller Grenzstreitigkeiten. Ein Ganzes ist aber auch die einzelne Frau, der einzelne Mann für sich. Das Individuum ist unteilbar. Wenn wir von seinem Körper, von der Gestalt, von Temperament, Charakter, Intelligenz, Willenskraft reden, so heben wir einzelne Eigenschaften je nach Interesse und Sprachgebrauch hervor, weil I Besonders einschlägig: a) Das schOne Wagnis, Denkschrift für Selbstdenker. Wien 1975. b) Die Welt des Menschen. Sankt Augustin 1992.
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wir Totales doch nicht erfassen, es sei denn summarisch, Pars pro toto oder oberflächlich. Nur ein talentierter Stilist oder Künstler vermag den Eindruck zu wecken, an der Darstellung fehle nichts. Man kann dem Individuum Arme oder Beine amputieren, ein fremdes Gewebe oder Organ einpflanzen - die Unteilbarkeit besteht weiter. Diese evidente Tatsache ist auch ftlr die philosophische Theorie verbindlich: man darf Körper oder Leib, Seele und Geist nicht auseinanderreißen, denn sie sind nur Momente der einen Person. Man kann nun die Pole je nach Bedarf paaren: Körper (Leib) und Seele, Körper (Leib) und Geist, Seele und Geist. Seelisches bietet zahlreiche Polaritäten an, aber auch körperlich, geistig fmden sich viele polare Spannungsgeftlge. Der Mensch ist multipolar verfaßt. Diese anthropologische Bestimmung greift im Individuum über dieses hinaus: der Einzelne repräsentiert die Gattung 'Mensch'. Das Eigentümliche des einzelnen ist im Vergleich zum Gattungswesen zweitrangig, zudem nicht auszuschöpfen. Menschen sowie Tiere, die sich sexuell fortpflanzen, werden von Eltern in die Welt gesetzt, die Eltern-Kind-Polarität ist hier unabdingbar. Zum vollen Verständnis des Menschentums gelangt man auf dem Weg von unten nach oben durch die multipolaren Strukturen hindurch, so daß der Reduktionismus vermieden wird. Eine Ontologie hat Nico/ai Bartmann (1882-1950) ausgearbeitet; nach ihm gibt "es eine greifbare Höhenabstufung des Seienden, in welcher greifbare Schichtendistanzen auftreten", da "wiederkehrende niedere Kategorien" durch das "Novum der höheren Schicht" abgewandelt werden",2 Von den Kategorien der Körperwelt heben sich jene des Lebendigen und wiederum jene des Seelischen ab; darüber jene des Geisteslebens. "Der Schichtenverband bildet eine unlösbare Einheit." Die "gesetzliche Ordnung des Ganzen" macht den "Einheitscharakter der Welt" greifbar. 3 Auf dem Weg von oben nach unten kann man sich an die "Kategorien/ehre" von Othmar Spann (1878-1950) halten; er will beweisen, "daß der Begriff der Welt als eines geordneten Ganzen dem menschlichen Wissen nicht unerschwinglich ist". In den Mittelpunkt stellt Sp. den Begriff der Ganzheit und erörtert die Eigenschaften, die ihr wesensnotwendig zukommen. Das Ganze hat kein Dasein; es wird in den Gliedern geboren, geht in ihnen nicht unter, sondern ist im Grunde der Glieder und vor ihnen. So ist das Ganze alles in allem. Im Verhältnis der Glieder zu ihrem Ganzen wird die Tatsache der "Ausgliederung" wichtig, worunter Sp. das Erscheinen des Ganzen in seinen Gliedern versteht (S. 90). Jedes Ganze ist ein sinnvoll funktionierendes Gebilde und besitzt eine Art von Vollkommenheit. Dieses Wesen des Ganzen spiegelt sich in seinen Gliedern wider und verleiht ihnen Eigenleben, jedoch in verschiedenem Grade, woraus sich eine Abstufung der Glieder, die sich zu Teil2 Nicolai Hartmann: Neue Wege der Ontologie. Stuttgart 1964, S. 65. 3 Ebenda, S. 50-53.
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ganzen zusammenftlgen, ergibt. Dieser Gedanke der Abstufung oder Verschiedenheit des Ranges charakterisiert Sp.s Philosophie in allen ihren Einzelgebieten. Den Zusammenhang zwischen Glied und Ganzem sieht Sp. als vermittelt an, nicht als unmittelbar. Entwicklung ist "Entfaltung oder Umgliederung". Zu den Eigenschaften des Ganzen gehört auch die "Rückverbundenheit des Gliedes im Ganzen": "Als Rückverbundenes hat das Glied zugleich die Weise der Einerleiheit mit sich selbst und der Selbstfremdheit" (S. 218). Soweit das "Philosophen-Lexikon". 4 Auch ich erkenne das Weltall als das "geordnete Ganze" an; es ist beweglich und bringt Neues hervor, nach dem Standardmodell der Kosmologie vom Urknall bis zum Menschen. Im Vergleich zu den Tieren ist der Mensch weltoffen; er hat weIt, lebt in der Welt, und er weiß darum. Aber niemals verlassen wir die Welt des Menschen; niemals transzendieren wir das Weltganze; keiner von uns kann, wie der Laplacesche Geist, von einer Weltformel aus alle künftigen Zustände des Weltalls vorauswissen. Die Begriffswelt der Wissenschaften ist sehr viel enger als die Symbolwelt der Religion, der Kunst und der Metaphysil,----ECU=I Einheitswlh~ mit qualifizierter Mehrheit Frühjahr '98 rungs-Euro); Euro=vollkomrnmenes Substitut für nationale Wlhnmgen ""ierend auf Daten von 1997 Tennin für den Start der WWU • Übergang nationaler Geldpolitk auf ESZBIEZB IIIgekilndigt (oder besWigt) Geld- und Wechselkunpolitk in Euro Endtermin für die endg1lltige • Interbanken-, Geld-, Kapital- und Umstellung auf die einheitliche Deviserun.!rlrte in Euro Wlhrung • Neuemissionen der öffentlichen Erriehtung des ESZB IDId der EZB Hand in Euro ("kritische Masse") Bekanntgabe des Termins für die • Jeweilige Brutto-Zahlungssysteme Ausgabe der eW'Opaischen Banknoten in Euro (TARGET des EWI)
Wahrend der Phase:
Umsetzung der beschlossen Maßnahmen: Rechtliche Rahmenbeding...gen (Vertrage, Auf- und Abrunden etc.) Zentrale Koordinier\Dlgssteile UmstellungspIllne von Banken und Finlllzsektor
Wahrend der Phase:
• Banken IDId Finanzinstitute setzen Umstell ...g fort ("Verbraucher verwenden weiter nationale Wlhrungen") • Offentliche ...d private Nichtbanken setzen die Umstell ...g soweit als mOoIichfort
Phase C Einfiihnmg der Einheitswlhrung
Zu Beginn der Phase:
• 1.1.2002: Einfiiluung von EuroBanknoten ...d -Münzen • Umstell...g der Banken (Massen-Zahlungsverkehrssysteme) IMerhaib von 6 Monaten: • Einzug von Noten IDId Münzen in nationaler Wlhnmg • Komplette UmstelllDlg des öffendiehen und des privaten SektoR • Ab I. 7.2002 veriie/aJ nationale BIlIknoten IDId Münzen im gesamten europllischen Wlhnmgsgebiet ihre Gültigkeit als gesetzliehes ZahI...gsmittel.
1 Jahr: 1998 3 Jahre: 1999-200 I I Sechs Monate: 2002 Quellen: "Grünbueh" über die praktisehen Fragen des Ubergangs zur einheitlichen WIhrung, Europaische Kommission, 29.5.95 "Der Überglllg zur Einheitlichen Wlhrung", EW'Opaisehes Wlhrungsinstitut (EWll, November 1995.
Nach der Festlegung des Szenarios für die Einführung der Einheitlichen Währung in der EU gibt es vier kritische Phasen: -
Die Übergansphase 1996-1998 Die Bestimmung der Zahl der Teilnehmer an der Währungsunion 1998 Die Festlegung der Umrechnungskurse zum Euro 1999 Die Phase der Parallelwährung in Europa 1999-2002
5.1. Die Übergangsphase 1996-1998 In dieser Phase (es handelt sich nach dem Maastrichter Vertrag um Phase 11, die am 1. Jänner 1994 mit der Gründung des EWI in Frankfurt begonnen hat) versuchen alle EU-Staaten, die fiskalische und monetäre Konvergenz auf Basis eines hohen Maßes an Preisstabilität zu erreicheri um letztlich die Eintrittskriterien entsprechend dem Vertrag von Maastricht - die Konvergenzkriterien - zu erfüllen. Wie aus Tabelle 6 hervorgeht, bestehen die Probleme nur bei den Haushaltskriterien (Defizit und Schuldenstand). Da mit Ausnahme Luxemburgs alle Mitgliedstaaten der EU 1995 die Haushaltskriterien verfehlten, bedeutet dies, daß alle EU-Länder in unterschiedlichem Ausmaß gezwungen sind, bis
Die Wirtschafts- und Währungsunion - Eine Jahrhundertaufgabe
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1997 eine restriktive Fiskalpolitik zu betreiben26 . Die Gefahr einer europaweiten Rezession ist damit nicht auszuschließen. Die jüngsten mittelfristigen Prognosen von OECD und der Europäischen Kommission haben diesem Umstand schon dadurch Rechnung getragen, daß sie ihre Schätzungen bezüglich Wirtschaftswachstum und Inflation heruntergesetzt, jene für die Arbeitslosigkeit hinaufrevidiert haben27 • Über die Auswirkungen dieses synchronen (kollektiven) fiskalpolitischen Restriktionskurses in Europa geben am besten Simulationen Aufschluß. Zwei Studien geben darüber Auskunft:
1) Beschäftigungseffekte der Konvergenzkriterien: In einer Studie im Auftrag des Europäischen Parlaments über die Auswirkungen der Erfüllung der Konvergenzkriterien auf die Beschäftigung in Europa kommen Barrel et al. (1995) aufgrund von Simulationen mit ihrem makroökonomischen Welmodell (NiGEM des National Institute ofEconomic and Social Research, London) zu folgenden Schlußfolgerungen: Wenn auch alle schwachen Länder (Belgien, Griechenland, Italien, Schweden etc.) die Fiskalkriterien zu erreichen versuchen, würde das reale BIP in der EU um durchschnittlich jährlich 1/4% pro Jahr zwischen 1995 und 1999 langsamer wachsen. Die Beschäftigung würde kumulativ von 1995 bis zum Jahr 2002 um bis zu 1,1 Millionen zurückgehen. Das Problem dieser Modellsimulationen besteht darin, daß auch Länder einbezogen wurden, die die Konvergenzkriterien sicher nie bis 1998 erfüllen können. Dadurch werden die negativen Beschäftigungseffekte überzeichnet. 2) Makroökonomische Auswirkungen der Anpassung an die WWU in zwei Szenarien: Die OECD kommt in einer internen Vorstudie zum Economic Outlook (OE CD, 1995) zu viel positiveren Aussagen bezüglich der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der fiskalpolitischen Vorbereitungsmaßnahmen auf die WWU. Zwei Szenarien werden mit dem makroökonomischen Weltmodell INTERLINK durchgerechnet: a) Im ersten Szenario nimmt eine Gruppe von 8 Ländern (Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Luxemburg, Niederlande, Österreich) and der WWU teil. b) Im zweiten Szenario nimmt eine Gruppe von 12 Ländern (8 + Italien, Portugal, Spanien und Schweden) teil. In beiden Fällen ist das Muster der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen gleich. Durch die fiskalpolitische Restriktionen kommt es bis 1998 zu einem Rück26 Auch Österreich versucht mit einem 100 Mrd.S-Sparpaket die Konvergenzkriterien bis 1997 zu erreichen. In Anlehnung an Berechnungen anläßlich des Sparpakets I von 1995 (BreussSchebeck, 1995) kann man ableiten, daß das reale BIP in Österreich kumulativ von 1996 bis 1997 um ungefähr 1 Prozentpunkt verringert werden dürfte. 27 In ihren Prognosen vom Dezember 1995 haben sowohl die OECD (OECD, 1995) als auch die Europäische Kommission (EG, 1995b) das Wachstum des realen BIP der EU-15 - nach 2,5% im Jahr 1995 - rur 1996 (EU 2,6%, OECD 2,5%) und rur 1997 (2,9"10; 2,7%) noch recht optimistisch eingeschätzt. Aufgrund der aktuellen Verschlechterung der Konjunktur in Europa hat die Kommission die Wachstumsprognosen rur 1996 bereits auf 2% heruntergesetzt. Sowohl die EG als auch die OECD erwarten bis 1997 einen Rückgang der Arbeitslosenquoten. Auch dieser Optimismus dürfte nur schwer einzulösen sein.
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Fritz Breuss
gang des realen BIP. Ab 1999 steigt das reale BIP dieser Gruppen allerdings bereits wieder stärker als im Basisszenario (ohne restriktive Fiskalpolitik). Die durch die restriktive Fiskalpolitik bewirkte Dämpfung des Inflationsauftriebs, niedrigere Zinsen und geringere Budgetdefizite schaffen Spielraum fi1r private Investitionen und damit für einen Wirtschaftsaufschwung. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit stellt kein so großes Problem dar wie in der Studie von Barrel et al, allerdings liegt im zweiten Szenario die Zahl der Arbeitslosen immer über den Werten des Basisszenarios. Die konkreten Auswirkungen des kollektiven Restriktionskurses der Fiskalpolitik in Europa sind nicht eindeutig vorauszusagen. Aufgrund der ungünstigen Ausgangsbedingung in der ersten Jahreshälfte 1996 wird aber die Konjunkturlage noch einige Zeit gedrückt bleiben. Eine anhaltende Rezession birgt aber auch die Gefahr in sich, daß die Budgetkonsolidierung noch schwerer zu erreichen ist, da automatische Stabilisatoren (zusätzliche Ausgaben filr die .Arbeitslosenunterstützung) einer Konsolidierung entgegenwirken.
5.2. Die Bestimmung der Zahl der Teilnehmer an der Währungsunion 1998 "Zum frühestmöglichen Zeitpunkt 1998" (wohl im Frühjahr 1998) werden die Konvergenzkriterien auf der Grundlage volkswirtschaftlicher Ist-Daten filr das Jahr 1997, die die Europäische Kommission zur Verfügung stellt, geprüft. Nach Art. 109j Abs. 2 EGV beurteilt der Rat auf Grundlage der Berichte der Europäischen Kommission und des EWI über die Erfüllung der Konvergenzkriterien ("Primär-" und "Sekundärkriterien ", siehe Tabelle 3) und auf Empfehlung der Kommission mit "qualifizierter Mehrheit, ob die einzelnen Mitgliedstaaten die notwendigen Voraussetzungen fi1r die Einfilhrung einer einheitlichen Währung erfüllen, [ob eine Mehrheit der Mitgliedstaaten die notwendigen Voraussetzungen filr die Einfilhrung einer einheitlichen Wärhung erfillltF8, und empfiehlt seine Feststellungen dem Rat, der in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs tagt." "Das Europäische Parlament wird angehört und leitet seine Stellungnahme dem Rat in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs zu."
28 Die in eckigen Klammem erwähnte Passage von Art. I 09j Abs 2 EGV bezog sich auf den ursprUnglichen 3-Stufen-Plan, wonach bis zum 31. Dezember 1996 entschieden werden sollte (Art. I09j Abs 3 EGV), ob die 3. Stufe am I. lanner 1997 beginnen könnte, sofern eine Mehrheit (nunmehr 8 Mitgliedstaaten) die Konvergenzkriterien erfUllt. Nach dem Beschluß des Europaischen Rates vom Dezember 1995 in Madrid ist der Beginn der 3. Stufe der WWU mit I. lanner 1999 festgelegt worden. Wahrend aber im ursprUnglichen Zeitplan bei der ersten PrUfung (Ende 1996) eine "Mindestmenge" an Teilnehmern (namlich die Mehrheit der Mitgliedstaaten) definiert wurde, ließ man rur den Beginn der WWU am I. lanner 1999 dieses Problem offen. Theoretisch könnten auch nur zwei Staaten die WWU grUnden!
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Da die Letztentscheidung über den Kreis der Teilnehrnerstaaten auf höchster politischer Ebene (Rat in der (politischen) Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs) fiillt, ist mit Überraschungen zu rechnen. Wie würde ich aufgrund der vorliegenden Prognosen fUr das Jahr 1997 entscheiden, wer an der WWU teilnehmen kann? Meine Entscheidung hängt davon ab, ob man die Konvergenzkriterien sehr streng auslegt, oder etwas milder (siehe Tabelle 4). Tabelle 4
Belgieo
Dlnemark
Deutschland Griechenland poruen rankreich r1and lalien uxembu'l! Niederlande Ostemeich ortugal
innland Schweden Gmßbritannien
PIoisstabilitlt GesamlstUlliches Finanzierungs. Inflationsratei) defIZit (in%) (in % des BIP) 1995 1996 1997 1995 1996 1997 1,5 2,4 2,2 -4,5 -3,1 -3,5 2,0 2,4 2,7 -2,0 -1,3 .(l,5 1,8 2,1 2,2 -3,5 -3,5 -3,0 9,2 7,9 7,0 -9,3 -8,3 -7,3 4,9 3,9 3,6 -5,9 -4,7 -3,6 1,9 2,1 1,8 -5,0 -3,9 -2,9 2,5 2,3 2,4 -2,7 -2,0 -1,3 5,6 4,3 3,7 -7,4 -6,0 -5,2 1,9 2,2 2,5 0,4 0,6 0,7 1,6 1,8 2,0 -3,1 -2,7 -2,2 2,4 2,3 2,4 -6,1 -4,5 -3,0 4,2 3,6 3,3 -5,4 -4,7 -4,1 1,2 2,0 2,2 -5,4 -1,5 0,0 2,8 2,6 3,0 -7,0 -4,5 -3,2 2,9 3,0 2,6 -5,1 -3,7 -2,8
Konv.'1enzkriterieu (laut EGV, Art. l09j) Brutto-Schuld Lanfristig.r Wechscllwrse im EWS All. Kriteri.n elfQllt des NomillllnnedWb reilnsbme strenge milde G.samtstutes zinssatz am AusAusnome" (in%de,BIP) (i.%) Bandbreiten WKM I...... IeJlUna21 1995 1996 1997 1995 1996 1997 1995 1995 1997 1997 nein 134.4 132,3 130,0 7,6 6,8 6.8 ja ja ja j03) 73,6 72,7 70,S 1,3 7,5 7,5 nein Ja Ja 61,0 62,0 61,0 6,9 6,3 6,3 nein ja ja ja 114,4 114,0 113,1 18,4 18,0 18,0 nein nein nein nein 64,8 65,8 65,4 10,9 9,1 9,7 nein nein nein ja 51,S 53,4 54,2 7,6 6,9 6,8 ja ja ja ja 85,9 81,3 76,9 8,3 7,7 7,7 ja ja nein ja 124,9 123,9 122,3 11,8 10,8 10,4 nein nein nein nein 6,3 6,7 6,8 6,2 6,0 6,0 ja ja ja ja 7,0 78,4 71,2 77,8 6,3 6,3 ja ja nein ja 68,0 71,0 70,0 6,7 6,6 6,6 nein ja ja ja 70,S 71,0 70,9 11,7 11,0 11,0 nein ja ja RO" 63,2 64,6 64,S 8,0 7,3 7,3 nein nein nein ja nein nein 81,4 80,8 19,1 10,3 8,8 1,1 nein ja j03) nein nein 52,S 53,3 53,2 8,2 7,9 7,9 nein
LInder Llnder pID-15 Durchschnitt 3,1 3,0 2,7 -4,8 -3,6 -2,1 71,0 71,6 71,3 9,2 8,5 8,5 9 (11) 2 eierenzwerte (EGY) 2~ 3,5 3,5 -3,0 -3.0 -3,0 60.0 60,0 60.0 9,5 1,6 1,5 I) Laut Maaslricht-Vertrag (EUV, ProtokDlI6) wird die PIoisstabiliw anband des Verl>rauchelJ""isindex I!'messe.. Die EU- und OECD-Prognosen liel!'D nur io Form des Deflatoß des privaten Konsums vor. ) Laut EGV, Art. 104c, Ab.. 2; 3) DInemarIc und Großbritannien haben ei.. 'opting out'-Regelung (PmtokDlle 11 und 12 des EUY). ~II..: OECD, Economic Oudock 58, December 1995; European Commi..ion: Report on Convergence in the European Union in 1995; November 1995 Die Wirtschaftsaussichten der Gemeinschaft: 1995-1997, EuropAische Wirtschaft, Beiheft A, Nr. 1211995. Eumpean Mo..taJy Institute: Progress IDwanls Conv.rge... , Nov.mber 1995. !Vonangi8 wurden die Pro_n der EU herangezogen, als EJ!lnzung auch je.. der OECD. EU- und OECD-Prognosen sind sehr Ihnlich. Deutschland unter B.rilcksichtigung der nouesten Prognose .. Ostemich unter Berücksichtigung der Wirkungen des Sparpokets 11. GV=EG-Vertrag; EUV=V.rtrag llber die EuropIische Union ('Maaslricht-Vertllg'); EWS=EuropAisches WlhruoJ!SSYstem; WKM= Wechselkußmechanismus des EWS.
Interpretiert man die Konvergenzkriterien ("Primärkriterien") exakt, so würden im Jahr 1997 aufgrund vorliegender Prognosen nur zwei Länder, nämlich Luxemburg und Frankreich alle Kriterien erfilllen. Legt man einen etwas milderen Maßstab an (Art 104c Abs.2)29, so könnten 11 Mitgliedstaaten der 29 Beim Defizit (3% des BIP) berUcksichtigt der Maastricht Vertrag außergewöhnliche und vorUbergehende Umstände sowie einen positiven Trend, allerdings innerhalb der sehr engen Grenzen, die durch die Worte "in der Nähe des Referenzwertes" gesetzt sind (Art. 104c(2)a), Dies wUrde auch, die Verwendung von konjukturbereinigten Defiziten" einschließen (Neumann, 1995; EG, 1996, S. 10-11). Beim Schuldenstand (Schuldenquote 60% des BIP) wird auf das Trägheitsmoment dieser Gesamtgröße RUcksicht genommen. Selbst bei gUnstigen
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EU an der WWU teilnehmen. Davon haben sich allerdings zwei Länder (Dänemark und England) mittels der Protokolle 11 und 12 zum Maastrichter Vertrag von der Verpflichtung ausgenommen, an der WWU teilnehmen zu müssen ("opting-out"-Klausel)30. Damit blieben neun EU-Staaten, die in die dritte Stufe der WWU eintreten könnten. Bei Finnland und Schweden ist die Erfilllung des Wechselkurskriteriums noch unklar, da sie (bis jetzt) noch nicht dem Wechselkursmechanismus des EWS angehören. Für eine strenge Auslegung spricht, daß die maßgeblichen Europapolitiker darauf pochen. Insbesondere Deutschland ist daran gelegen, die Konvergenzkriterien nicht zu "verwässern". Zum einen, weil das Bundesverfassungsgericht dies dezidiert als Vorbedingung filr die Teilnahme Deutschlands an der WWU festgeschrieben hat und zum anderen, weil Deutschland ein Interesse daran hat, ihre stabile DM nur gegen einen (nahezu) ebenso stabilen Euro zu tauschen (siehe Breuss, 1993). Angenommen, eine genügend große "kritische Masse" an Teilnehmerstaaten (dazu müßten sicherlich Deutschland und Frankreich zählen) wird filr den Eintritt in die dritte Stufe der WWU festgelegt, so entsteht ein Spannungsfeld auf den Devisenmärkten. Werden jene nicht ganz so stabilen Währungen wie die DM, die in den illustren Kreis der WWU-Teilnehmer aufgenommen wurden, dem Druck der Spekulation bis zur unverrückbaren Festlegung der Umrechnungskurse am 1. Jänner 1999 standhalten können? Dürfen die auserwählten Mitgliedstaaten nicht noch vor dem Beginn der WWU eine "endgame"-Abwertung vornehmen, um sich einen wettbewerspolitischen Vorteil zu verschaffen? Was passiert mit den Währungen der "outs"? Diese Fragen sind noch ungelöst3 !. In der Interimsphase (Frühjahr 1998 bis Ende 1998) soll auch das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) und die Europäische Zentralbank (EZB) nach Art. 1091 EGV errichtet werden. Dies kann erst geschehen, nachdem die Teilnehmerstaaten an der WWU (im Frühjahr 1998) festgelegt Rahmenbedingungen (hohes Wirtschaftswachstum und geringes Defizit) kann eine signifikante Reduzierung des Schuldenstandes viele Jahre in Anspruch nehmen. Ein Schuldenstand, der "hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert" (Art. 104c(2)b) kann als Zeichen für einen glaubwürdigen Konsolidierungsprozeß interpretiert werden (EG, 1996, S.IO). 30 Vor Eintritt in die dritte Stufe der WWU müßten im Falle Englands erst die Regierung und das Parlament zustimmen (Protokoll 11), im Falle Dänemarks wäre eine Volksabstimmung notwendig (Protokoll 12). Ohne diese Vorbedingungen können diese Länder nicht verpflichtet oder gezwungen werden - auch bei ErfIlllung der Konvergenzkriterien - , automatisch an der WWU teilnehmen zu müssen. Im Falle Deutschlands hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Erkenntnis vom 12. Oktober 1993 ähnlich Vorbehalte geltend gemacht. " .. ohne deutsche Zustimmung - und damit ohne maßgebliche Mitwirkung des Deutschen Bundestages - (können) die Konvergenzkriterien nicht 'aufgeweicht' werden." (S. 71-72). 31 Auch im "Grünbuch" der Europäischen Kommission zur Einfilhrung der Einheitwährung (EG, 1995a) wird auf die Gefahr von Spekulationen in dieser Übergangsphase hingewiesen.
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worden sind. Bis 31. Dezember 1996 soll vom EWI bereits der regulatorische, organisatorische und logistische Rahmen fiir EZBIESZB im Hinblick auf deren Aufgaben während der dritten Stufe (insbesondere das Konzept und die Instrumente der Geldpolitik) festgelegt werden. Auch die Rechtsvorschriften für EZBIESZB und die Einführung der einheitlichen Währung müssen bis dahin abgeschlossen sein. Nach der Entscheidung über den Kreis der Teilnehmerstaaten wird das EZB-Direktorium von den Regierungen der Teilnehmerstaaten ernannt (Art. 1091 Abs. 1 EGV). Für folgende Bereiche werden die sekundären Rechtsvorschriften angenommen: Schlüssel für die Kapitalzeichung bei der EZB; Erhebung statistischer Daten, Mindestreserven; Konsultation der EZB; Bußgelder und Geldstrafen fiir Unternehmen. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, daß spätestens zum Zeitpunkt der Errichtung des ESZB die innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit dem Maastricht Vertrag sowie der Satzung des ESZB und der EZB in Einklang stehen (Art. 108 EGV). Dies bedeutet vor allem, daß die nationalen Notenbanken bis zu diesem Termin mit der erforderlichen Unabhängigkeit ausgestattet sind (Art. 10ge Abs. 5; Deutsche Bundesbank, 1996, S. 56)32.
5.3. Die Festlegung der Umrechnungskurse zum Euro 1999 Mit Beginn der WWU am 1. Jänner 1999 werden die Umrechnungskurse zwischen den Währungen der teilnehmenden Länder untereinander und zum Euro durch einstimmigen Beschluß der "Mitgliedstaaten ohne Ausnahmeregelung" unwiderruflich festgelegt 33 . Der offizielle ECU-Korb hört auf zu existieren 34 . Die Umstellung der offiziellen ECU auf den Euro soll mit 1: 1 erfolgen. Gleichzeitig geht die Verantwortung für die Geldpolitik von den beteiligten nationalen Notenbanken auf das ESZB über. Zur selben Zeit treten eine Reihe von Rechtsvorschriften in Kraft, die die Einführung des Euro betrefffen (rechtlicher Status, Fortdauer von Verträgen, Auf- und Abrunden, etc.). Eine Ratsverordnung, die am 1. Jänner 1999 in Kraft tritt, wird den rechtlichen Rahmen für die Verwendung des Euro bilden. Von diesem Zeitpunkt an wird der Euro eine eigenständige Währung sein, und der offizielle ECU-Korb wird 32 Im Falle Österreichs bedeutet dies, daß das Nationalbankgesetz 1984 (BGBI, Nr. 50 vom 1. Februar 1984) geändert werden muß. Es geht im wesentlichen um zwei Punkte, um a) die Bestimmungen über die versteckte Finanzierung des Staates (§41, §43) und b) über die Unabhängigkeit (Staatskommissar im Bundesministerium rur Finanzen; siehe Potacs, 1993). 33 Ab diesem Zeitpunkt gibt es keine Devisenmarkte mehr rur die Währungen jener Länder, die an der WWU teilnehmen. Die dann unwiderruflich fixen Umrechnungskurse nennt die Deutsche Bundesbank "Konvertoren" (Deutsche Bundesbank, 1996, S. 61), anstelle von Wechselkursen. 34 Mit der vierten EU-Erweiterung um Finnland, Österreich und Schweden am 1. Jänner 1995 wurde der ECU-Korb nicht auf 15 Währungen erweitert, sondern er ist entsprechend Art. 109g EGV mit 12 Währungen unverändert geblieben (Breuss, 1995). 43 Festschrift Pichler
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nicht mehr existieren. Diese Verordnung wird dazu führen, daß die nationalen Währungen und der Euro nur noch unterschiedliche Bezeichnungen dessen sein werden, was im wirtschaftlichen Sinne ein und dieselbe Währung ist. Die Ratsverordnung wird für den Zeitraum, in dem die verschiedenen nationalen Währungseinheiten noch existieren (1. Jänner 1999 bis 1. Juli 2002), eine rechtlich erzwingbare Äquivalenz zwischen dem Euro und den nationalen Währungseinheiten vorsehen. Die Verordnung wird weiters vorsehen, daß die nationalen Banknoten innerhalb der jeweiligen nationalen Hoheitsgebiete so lange gesetzliches Zahlungsmittel bleiben, bis die Umstellung auf die Einheitswährung abgeschlossen ist (bis spätestens 1. Juli 2002). Die unwiderrufliche Festlegung der Umrechnungskurse zwischen den Währungen der teilnehmenden Länder untereinander und zum Euro wirft die Frage auf, zu welchen Kursen diese Länder in die Einheitswährung am 1. Jänner 1999 einsteigen werden. Nach Aussagen von Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer (Neue Zürcher Zeitung, 14.2.1996, S. 11) können die Umtauschkurse auf der Basis rückwirkender Durchschnittswerte berechnet werden. Wie lange rückwirkend, hat er allerdings nicht verraten. Mein Vorschlag rur die Festlegung der Umrechnungskurse basiert auf der Logik der Konvergenzkriterien, die "Einhaltung der normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus des EWS seit mindestens zwei Jahren ohne Abwertung gegenüber der Währung eines anderen Mitgliedstaates" (Art. 109j Abs. 1) und eine "... Teilnahme am Wechselkursmechanismus des EWS" vorsehen. Dies impliziert, daß man mit dem gegenwärtig (seit 6. März 1995) gültigen Paritätengitter und dessen Leitkursen zur ECU in die WWU einsteigen sollte. Wenn man 1996 und 1997 nicht abwerten soll, heißt dies im Idealfall, daß man von den Leitkursen gar nicht abweichen soll. Also stellen die gegenwärtig gültigen Leitkurse die Eintrittskurse rur den 1. Jänner 1999 dar. Hinsichtlich der Methode rur die Festlegung der Umrechnungskurse sind daher derzeit zwei Verfahren (Leitkurs- und Durchschnittsverfahren) in Diskussion (siehe Lehment, 1996). Auch einige andere Bestimmungen im "Szenario rur die Einheitswährung" des Madrider Gipfels sind (bis zur entsprechenden Verordnung) nicht zweifelsfrei klar. Die Tatsache, daß die ECU in den Euro mit 1: 1 umgestellt wird ist insofern ein Problem, als im gegenwärtigen ECU-Korb 12 Währungen vertreten sind, an der WWU aber wahrscheinlich eine kleinere Gruppe teilnehmen wird. Zwar ist der Euro keine Korbwährung mehr, er repräsentiert aber die Summe der ökonomischen Macht jener Volkswirtschaften, die an der WWU ab 1. Jänner 1999 teilnehmen werden. Die Maxime, daß durch den Übergang zum Euro die Kontinuität der vertraglichen Rechtsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden darf, ist verständlich. Kann man daraus aber ableiten, daß festverzinsliche Wertpapiere und Darlehen durch den Übergang zum Euro der vom Schuldner zu entrichtende nominelle Zinssatz nicht verändert werden darf (es sei denn, daß im
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Vertrag etwas anderes vorgesehen ist). Das bedeutet, daß belgisehe (7,9%) und deutsche Wertpapiere (7,1%) nach dem 1. Jänner 1999 mit demselben Zinssatz in einem einheitlichen Währungsraum nebeneinander existieren sollen. Der ureigenste Effekt einer Währungsunion ist, daß sich die Zinssätze angleichen! Ab 1. Jänner 1999 werden die Teilnehmerstaaten an der WWU handelbare Neuernissionen der öffentlichen Hand - insbesondere nach dem 1. Jänner 2002 fällig werdende Schuldtitel - in Euro vornehmen. Spätestens ab 1. Juli 2002 werden auf die früheren Landeswährungen laufende Schulden der öffentlichen Hand nur noch in der einheitlichen Währung (Euro) erfüllbar sein. Der Privatwirtschaft ist es im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften freigestellt, die Verwendung des Euro innerhalb der Interimsphase vom 1. Jänner 1999 bis 1. Jänner 2002 zu bestimmen. Laut Bundesbank (1996, S. 62) stellt gerade die unbeschränkte Verwendungsmöglichkeit des Euro im Rahmen der Privatautonomie bei gleichzeitigem Verzicht auf jede Form eines Benutzungszwangs durch den Einsatz von "Konvertoren " (Umtauschkurse zwischen den nationalen Währungen) einen kostspieligen und wettbewerbsverzerrenden Währungsdualismus filr jene dar, die zu einer Vewendung des Euro noch nicht bereit sind (kleine versus große Firmen). Unzweifelsfrei werden die sozialen Transaktionskosten durch eine Einheitswährung minimiert3s • Es gibt eine Parallele zu einer gemeinsamen Sprache. Einen gemeinsame Sprache und eine gemeinsame Währung hat der "Binnenmarkt" der USA der EU noch lange voraus. Die EU will zumindest mit der Einführung einer Einheitswährung einen Teil der Kommunikationsprobleme und -kosten minimieren. Aber dennoch sind sie, selbst wenn man später mit der Einheitwährung Effizienzgewinne im Binnenmarkt lukrieren wird können, recht beachtlich. Effizienzüberlegungen alleine (nicht politische Rücksichten) würden es angebracht erscheinen lassen, daß als Europawährung eine Währung verwendet wird, die bereits weitgehend benützt wird. Aus solchen Überlegungen haben einige Autoren (Dowd-Greenaway, 1993; Buiter 1995, S. 5) vorgeschlagen, die DM als Europawährung einzuführen. Nun, da der Name der Einheitswährung mit "Euro" festgelegt wurde, müssen auch die immensen Umstellungskosten berücksichtigt werden. Während das EWI in zahlreichen Arbeitsgruppen die zukünftige Strategie für das ESZBIEZB entwirft (von der Gestaltung der Geldpoltik bis zum Design des Euro und der Logistik für deren Verteilung nach 2002), müssen sich private Unternehmen und Banken auf die Modalitäten der neuen Währung umstellen. Viele bezeichnen diese Umstellungskosten als "vending machine costs". Im soge-
35 Den Vorteilen einer (großen) Währungsunion (geringere Transaktionskosten, Wegfall des Wechselkursrisikos, Euro als Weltwährung) steht als Nachteil der Wegfall des Instruments des nominellen Wechselkurses gegenüber. Das reale Bruttoinlandsprodukt könnte langfristig um bis zu 15 % höher liegen (s. Breuss, 1996, Tabelle 8). 43'
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nannten "Maas-Bericht" vom Mai 1995 (Maas, 1995) wurden die Kosten ftlr Banken und Versicherungen zusammengestellt. Es geht um die Umstellung des EDV-Systems, um Einbußen im Wechselkursgeschäft und um die Doppelbuchhaltung in der Phase der Parallelwährung (1. Jänner 2000 bis 1. Juli 2002). Die Umstellungskosten der EDV-Programme im Bankebereich schätzt man ftlr die gesamte EU auf rund 130 Mrd.S, ftlr Österreich auf 6-8 Mrd. S (Rene Alfons Haiden, Wirtschaftskammervizepräsident; Kurier, 8.3.1996, S. 19).
5.4. Die Phase der Parallelwährungen in Europa 1999-2002 Ab Beginn der WWU am 1. Jänner 1999 bis zum endgültigen Übergang zum Euro als gesetzliches Zahlungsmittel gibt es de facto ein Parallelwährungssystem in jenen Ländern, die an der WWU teilnehmen. Im Zwischenbankenverkehr und im Bereich der öffentlichen Stellen wird von Anfang an mit dem Euro gearbeitet, im privaten Verkehr steht es den Wirtschaftssubjekten frei, in welcher Währung sie arbeiten wollen. Das stellt neben den Firmen (doppelte Preisauszeichnung) insbesondere ftlr die Banken eine zusätzliche Herausforderung dar (Sparbücher in Euro und nationalen Währungen etc.). Spätestens ab dem 1. Jänner 2002 werden Euro-Banknoten und -Münzen parallel zu den nationalen Banknoten und Münzen umlaufen. Euro-Banknoten und -Münzen gelten dabei gleichermaßen (parallel) als gesetzliche Zahlungsmittel. Der Zeitraum des parallelen Umlaufs beider Währungen sollte möglichst kurz gehalten werden. Nach dem "Szenario zur Einheitswährung" verlieren die nationalen Banknoten und Münzen spätestens sechs Monate nach EinfUhrung der Euro-Banknoten und -Münzen - also am 1. Juli 2002 - ihre Gültigkeit als gesetzliches Zahlungsmittel. Ab Juli 2002 ist lediglich der Euro gesetzliches Zahlungsmittel in den Ländern, die an der WWU teilnehmen. Seitens der Oesterreichischen Nationalbank möchte man diese Umstellungsphase möglichst kurz halten. Laut Aussagen von Dr. Thomas Lachs sollte die Umstellung auf den Euro in ein bis zwei Wochen ab dem 1. Jänner 1999 abgeschlossen sein.
6. Das Verhältnis von "ins" und "outs" oder wird der Euro zum Spaltpilz der EU? Bereits im Maastricht Vertrag sind fUr jene Länder, die die notwendigen Voraussetzungen fUr die Aufnahme in die WWU nicht erfUllen, Vorkehrungen getroffen. Diese Staaten werden als "Mitgliedstaaten, fUr die eine Ausnahmeregelung gilt" bezeichnet (Art. 109k, Abs. I). Diese Länder können später nachrücken, da (Art. 109k Abs. 2) "mindestens einmal alle zwei Jahre bzw. auf An-
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trag eines Mitgliedstaates, für die eine Ausnahmeregelung gilt, die Kommission und die EZB dem Rat nach dem Verfahren des Artikels 109j Abs. 1 (Prüfung der Konvergenzkriterien) berichtet. Erfüllen die Nachzügler die Konvergenzkriterien später, kann die Ausnahmeregelung für sie aufgehoben werden. Eine Ausnahmeregelung hat zur Folge, daß eine Reihe von Bestimmungen des EGV für den betreffenden Mitgliedstaat nicht gilt (Art. 109j, Abs. 3): diese reichen von Saktionsmaßnahmen bei NichterfUllung der Defizitkriterien bis zur Teilnahme am ESZBIEZB. Die Hauptgefahr der WWU besteht darin, daß sie im Extremfall zu einer Spaltung der EU bzw. zu einem Auseinanderdriften des Binnenmarktes führen könnte 36 . Daher gibt es intensive Überlegungen, "das künftige Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten, die an dem Euro-Währungsraum teilnehmen, und den nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten vor dem Übergang zur dritten Stufe unter anderem im Hinblick auf die Gewährleistung der Stabilität der Währungen im gesamten Binnenmarkt festzulegen" ("Szenario für die Einheitswährung", Madrid, Dezember 1995, Anlage 1). Zur Diskusssion steht eine Art EWS IP7. Das würde bedeuten, daß man die "outs" verpflichtet, ihre Währungen nur innerhalb gewisser Bandbreiten zum Euro schwanken zu lassen. Die Gefahr des Auseinanderbrechens des Binnenmarktes wurde bereits in den Jahren seit den EWS-Krisen sichtbar, als z.B. die Lira deutlich gegenüer allen anderen EWS-Währungen abwertete. Damit sollte eine gewisse Wechselkurs sicherheit zwischen den "Ins" and "Outs" gewährleistet werden. Dies wäre besonders wichtig z.B. im Falle von Österreich ("in") und Italien ("out") zur Vermeidung von unnötigen Abwertungen seitens Italiens. Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer (Der Standard, 16./ 17.3 .1996, S. 23) empfiehlt den Euro als Ankerwährung für die Nichtmitlgieder der WWU. Um Spekualtionen zu minimieren, sollten weite Bandbreiten zwischen dem Euro und den Währungen der Nichtmiglieder formuliert werden, die auch je nach Land unterschiedlich ausfallen könnten, um so auf die stabilitätspolitischen Besonderheiten Rücksicht zu nehmen. Tietmeyer schließt Finanztransfers im Zusammenhang mit dem EWS 11 aber kategorisch aus. Das Beispiel der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion der Bundesrepublik Deutschland, geschlossen am 1. Juli 1990 zwischen den alten und neuen Bundesländern Deutschlands hat eines gelehrt. Eine mit den Fundamentaldaten (im Falle der Ex-DDR zu niedrige Produktivität) nicht übereinstimmende Wechselkursrelation (Konversion in der künftigen WWU) kann nur 36 Laut Aussagen von Kommissar Fischler (Fischler, (996) gingen in Europa allein durch Wechselkursschwankungen der letzten eineinhalb Jahre der Wirtschaft der EU im Jahr 1995 400 Mrd.S (ungefllhr 1/2% des EG-BIP) verloren. 37 "Exchange rate relations between participating and non-participating countries in stage three ofEMU", European Commission, Brussels, 29 November 1995.
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mit immensen Transferzahlungen vom wettbewerbsfähigen (Westdeutschland) zum nicht wettbewerbsfähigen Land (Ex-DDR) aufrechterhalten werden. Übertragen auf die multilaterale WWU bedeutet dies, daß man sich in jedem Fall Gedanken machen muß, was es kostet, zwei Länderblöcke in der EU zu haben. Im Falle der Spaltung in "ins" und "outs", verbunden mit einem EWS 11 werden die "ins" um Transferzahlungen an die "outs" zur Aufrechterhaltung der engen Bandbreiten nicht herumkommen. Wäre es nicht besser, wenn man gleich alle EU-Staaten in die WWU eintreten ließe. Auch dann müßte man den "schwachen" Ländern unter die Arme greifen, um an der preisstabilitätsorientierten Geldpolitik der WWU mitzuhalten. Aber man wUrde die Spaltung des Binnenmarktes vermeiden. Zusätzlich könnte man den noch nicht den Konvergenzkriterien entsprechenden Ländern Sitz und Stimme im EZB-Rate entziehen, damit sie die stabilitätsorientierte Geldpolitik nicht konterkarierten (siehe DeGrauwe, 1995). Allerdings - so behaupten zumindest einige Ökonomen (z.B. DeGrauwe, 1995) - wäre es fUr die schwächeren Länder einfacher, innerhalb der WWU die Haushaltskriterien zu erftlllen, als wenn sie draußen bleiben müßten. Inwieweit der in der EU fehlende "fiscal federalism" - d.h. ein automatischer Finanzausgleich bei Schocks, die die einzelnen Staaten unterschiedlich (asymmetrisch) treffen (wie in den USA; siehe Bayoumi-Masson, 1994) - das Funktionieren der WWU gefährden wird, ist umstritten. Der budgetäre Spielraum auf EU-Ebene ist mit knapp 2% des EG-BIP (über Strukturfonds) viel zu gering, um einen solchen Ausgleichsmechanismus bilden zu können. Allerdings -und dies attestieren auch Bayoumi-Masson (1994) - fungieren, die auch noch in der WWU auf nationaler Ebene einsetzbaren Budgets zur Konjunkturstabilisierung in ähnlicher Weise wie die Umverteilungsmechanismen in den USA und in Kanada. Buiter (1995, S. 32) kritisiert die immer wieder (am Beispiel der USA) vorgebrachte Kritik am mangelnden internationalen Transfermechanismus in der EU, da die Kritiker (z.B. Sachs-Sala-i-Martin, 1992) nicht unterscheiden zwischen einer Versicherung gegen temporäre Schocks und einer permanenten Umverteilung über den Bundeshaushalt der USA. Die EU bräuchte nur ein Instrumentarium fUr den temporären Ausgleich von Schocks. Und gerade dafUr sind die nationalen Budgets allemal gut geeignet.
7. Schlußfolgerungen Die Wirtschafts- und Währungsunion ist in mehrfacher Hinsicht ein Jahrhundertprojekt. Zum einen ist es historisch einmalig, daß eine Vereinigung unabhängiger Staaten - der "Staatenverbund" der EU - rur eine Einheitswährung plädiert. Zum anderen ist der technische und logistische Aufwand im Zusammenhang mit der EinfUhrung einer Einheitswährung von kaum zu unterschätzender Dimension. Zunächst wurde auf die historischen Vorläufer der
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jetzigen Konzeption der Währungsunion (Werner-Bericht, EWS, Delors-Bericht) hingewiesen. Sodann wurde die grundlegende Frage untersucht, ob Europa ftlr eine Einheitswährung überhaupt geeignet ist. Die Theorie der optimalen Währungsräume gibt hier - insbesondere deren empirische Tests - keine eindeutige Antwort. Dies ist nicht weiter tragisch, bezweifeln doch viele Autoren, ob die USA selbst ein optimales Währungsgebiet sei! Die Konvergenzkriterien des Maastrichter Vertrages machen weniger ökonomisch einen Sinn, als vielmehr politisch: sie sind ein Disziplinierungsinstrument rur Länder, die noch nicht der preisstabilitätsorientierten politischen Linie des bisherigen Ankerwährungslandes Deutschland verpflichtet sind. Im Zusammenhang mit der Einführung der Währungsunion gibt es mehrere kritische Phasen. Zum einen die Übergangsphase von 1996 bis 1998, in der die meisten Mitgliedstaaten versuchen, ihre öffentlichen Haushalte mit den Zielen der Konvergenzkriterien in Einklang zu bringen. Die damit verbundene kollektive Einschränkung der öffentlichen Haushalte könnte die gegenwärtige Rezession verschärfen. Allerdings bewirkt die Sanierung der Staatshaushalte, daß die Regierungen in Zukunft wieder mehr Manövrierspielraum haben. Das Jahr 1998 wird besonders spannend. Zu Jahresbeginn wird der Kreis der Teilnehmer an der Währungsunion bestimmt. Aufgrund der bisher vorliegenden Prognosewerte rur die Konvergenzkriterien kann er klein und groß zugleich sein. Es hängt sehr stark von der (politischen) Entscheidung ab, wie die Konvergenzkriterien interpretiert werden. Die Größe der "kritischen Masse" der teilnehmenden Länder an der Währungsunion bestimmt letztlich auch, in welchem Ausmaß die erhofften Vorteile (Senkung der Transaktionskosten, Euro als Weltwährung etc.) zum Tragen kommen. Nach der Festlegung des Teilnehmerkreises im Frühjahr 1998 bis zur Fixierung der Umrechnungskurse der einzelnen Währungen untereinander und gegenüber dem Euro könnten Spekulationen das Währungsgeftlge erschüttern. Ab Beginn der Währungsunion (1999) bis zur Bestimmung des Euro als gesetzliches Zahlungsmittel ftlr alle, kommt es zu einer Phase unangenehmer Parallelwährungen.
Der immensen technischen Herausforderung der Einftlhrung einer Einheitswährung steht leider immer noch eine relative große Ablehnung in der Bevölkerung gegenüber. Die Europäische Kommission hat daher rund 2 Mrd.S ftlr eine Aufklärungskampagne über Sinn und Zweck der Währungsunion zur VerfUgung gestellt. Die alte Regel dient hier auch als Warnung: eine Währung, die von der Bevölkerung nicht akzeptiert wird, ist zum Scheitern verurteilt.
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Partnerschaften in der Stadtentwicklung Von Gerhard Buchinger
I. Stadtentwicklung als integrativer Prozeß Ein geordnetes Stadtganzes ist mehr als die Summe von Einzelgebäuden. Die Raumgestalt einer Stadt ist gelungen - leistungsfähig und ansprechend -, wenn sie eine sinnvolle Ordnung der Werte und Aufgaben der Gesellschaft angemessen ausdrückt und unterstützt (vgl. Braunfels; Buchinger in: Schadei, S. 386 i). Die Weltwirtschaft wird heute durch Stadtregionen geprägt. Im Jahr 2000 leben mehr Menschen in Städten als am Lande. Für die Stellung einer Stadtregion im nationalen und internationalen Standortgefilge sind das gesellschaftliche Wertesystem, Lebensqualität, soziale und kulturelle Strukturen ebenso wichtig wie die unmittelbaren Produktionsbedingungen (vgl. Lüder; Buchinger in: Mugler et al.). Eine Stadt, die ihre Zukunft aktiv gestalten und nicht Spielball räumlicher Tendenzen in der Weltwirtschaft sein will, muß über langfristige Perspektiven, eine strategische Orientierung und einen gewissen Konsens zwischen öffentlichen und privaten Interessen verfilgen. Stadtentwicklung in umfassendem Sinn betrifft aber nicht nur die physische Gestaltung eines bestimmten Gebietes, sondern auch Maßnahmen im gesellschaftlichen Bereich, in Steuerwesen, Forschung, Finanzierung, Aus- und Weiterbildung sowie Unternehmensentwicklung (vgl. Healey et al., S. 289 fi). Bei der Gestaltung des städtischen Lebensraumes geht es somit vorrangig um die Steuerung gesellschaftlicher Vorgänge. Dies erfordert eine ganzheitliche Betrachtungs- und Arbeitsweise. Dabei wirken in der Stadtplanung viele Partner zusammen. Stadtentwicklung ist somit als integrativer politischer Prozeß zu sehen (vgl. Adams, S. 8 ff). Die komplexen Stadtentwicklungsaufgaben der heutigen Zeit erfordern außer der Kooperation von Politikern und Behörden mit Unternehmern und Unternehmen eine weitreichende multidisziplinäre Zusammenarbeit von Ökonomen, Ökologen, Soziologen, Stadtplanern, Architekten und anderen Fachleuten, sowie Mitwirkung der Betroffenen (vgl. Klose, S. 23 ff). Ein Schlüsselfaktor einer erfolgreichen Stadtentwicklung ist die Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor (Public-Private-Partnership). Diese Kooperation ist in der Geschichte Europas nichts völlig Neues. So erfolgten im 12. und 13.Jahrhundert zahlreiche Städtegründungen zum Landes-
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Gerhard Buchinger
ausbau im östlichen Mitteleuropa in Zusammenwirken von Landesherren und Unternehmern (vgl. Menzel, S. 24 f).
11. Objekte von Entwicklungspartnerschaften Kern einer Entwicklungspartnerschaft ist die Vereinigung der Kräfte von zwei oder mehreren Partnern, um die Risiken und Früchte einer Entwicklung zu teilen. Die Partnerschaft kann ein einzelnes Projekt betreffen oder mehrere Projekte, sich auf Einzelbaulichkeiten bzw. Gebäudekomplexe oder ein Gebiet beziehen, bestimmte Entwicklungsphasen und Leistungsbereiche betreffen.
1. Einzelbaulichkeiten Einzelbaulichkeiten sind meist dann Gegenstand einer Zusammenarbeit, wenn es sich um Projekte handelt, deren Risiko auf mehrere Partner verteilt werden soll. Sogenannte Flaggschiffprojekte sollen einen Schwarm anderer Vorhaben in ein bestimmtes Gebiet ziehen. Flaggschiffe sind meist Pionierprojekte und damit besonders riskant. Ihre Aufgabe besteht darin, Standortqualität und -image zu schaffen oder wiederherzustellen und positive Spin-offs ftlr Geschäfte, Hotels, Restaurants und andere konsumorientierte Dienste zu bewirken, die mit neuen Arbeitsplätzen und Steuerleistungen verbunden sind. Wenn es sich um Projekte handelt, die eine einflußreiche und katalytische Rolle in der Stadtentwicklung spielen sollen, sind sie meist Objekte einer Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor (vgl. Bianchini et al., S. 245 ff). Typische Projekte dieser Art sind Veranstaltungs-, Wissenschafts-, Sport-, Kultur-, Einkaufs- und Unternehmenszentren (vgl. ULI 1989, S. 123 ff; ULI 1985, S. 93 ff). In ihnen treffen sich unterschiedliche Interessen. Derartige Projekte kommen dem Bedürfnis nach rasch sichtbaren Ergebnissen bei der Stadterneuerung oder -erweiterung, oder dem Setzen neuer Akzente im Charakter der Stadt, entgegen. Sie können von vermarktbaren Standortstärken ausgehen, wie Gewässern, Kulturdenkmälern und anderen Anziehungspunkten. Eine andere Ausgangslage sind oft ausgeprägte Schwächen einer Stadt, wie eine einseitige Wirtschaftsstruktur, unzureichende Forschungs- und Ausbildungsstätten oder ein Mangel an attraktiven Betriebsansiedlungsgebieten. Erfolgreiche Flaggschiffe haben schwer kopierbare Brennpunkte, wie die Beziehungen zu bestimmten Ländern oder die Verkörperung besonderer Lebensstile. Flaggschiffe sind ein wirksamer Weg, um nicht allgemein bekannte Standortstärken hervorzukehren. Sie sind aber kein Ersatz rur weniger unmittelbar sichtbare und erst längerfristig wirksame Maßnahmen zur Stimulation endo-
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gener Entwicklung durch Investitionen in Ausbildungs-, Forschungs-, Kommunikations- und Verkehrswesen. 2. Gebiete
Die Regeneration größerer Industriebrachen, ausgedienter Hafenanlagen oder heruntergekommener Wohnviertel erfordert Zusammenarbeit der Grundeigentümer untereinander und mit den Behörden. Dies gilt auch rur die Errichtung neuer Stadtviertel oder größerer Gewerbeparks auf grüner Wiese. Solche Vorhaben benötigen eine umfassende, ganzheitlich angelegte Konzeption, einheitlich geplante Infrastrukturen, komplexe Finanzierungspakete und ein einheitliches Management, und haben die Schaffung abgerundeter Grundstücksverhältnisse zur Voraussetzung. Für große Entwicklungsvorhaben können in manchen Ländern, wie den USA, Planungsgebiete für Mischnutzung mit gesamthaft festgelegtem Nutzungsmix, im einzelnen aber fließender Widmung (Floating Zones) vereinbart werden (vgl. UU 1988, S. 25 ff). Flächenwidmungen dieses Typs geben Projektentwicklern Flexibilität in der Bodennutzung, mit positiven Auswirkungen auf Standortausnutzung und Multifunktionalität. Eine bedeutsame Form der Gebietsentwicklung sind Unternehmensparks in ihren vielfältigen Typen, wie Gewerbe- bzw. Businessparks, Industrieparks, Technologie- und Forschungs- bzw. Technologieparks (vgl. Buchinger in: Mugler et al.; Fröhlich et al., S. 66 ff). Sie bieten leistungsfähige Verkehrs anbindungen, Kommunikations-, Ver- und Entsorgungssysteme und Kooperationsmöglichkeiten besonders rur Klein- und Mittelbetriebe, junge Unternehmen und Existenzgründer, sowie gute Voraussetzungen filr Betriebe mit Forschungsund Entwicklungsaktivitäten. Betriebe in Unternehmensparks zeichnen sich durch Wachstumsdynamik aus, eine überdurchschnittlich gute Ertragssituation und überwiegend positive Geschäftserwartungen (Hennike/Tengler, S. 220 f).
3. Entwicklungsphasen In vielen Fällen lassen sich spezielle Phasen des Entwicklungsprozesses durch partnerschaftliches Handeln wirksamer lösen als durch Alleingänge. Dies kann betreffen die Identifizierung von Entwicklungschancen, die Projektkonzeption, die Grundstücksbeschaffung, die physische Grundstücksfreimachung, die Finanzierung, die Schaffung von Infrastrukturen, den Bau, das Marketing und den Betrieb des Endproduktes (vgl. Healey, S. 151).
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Die Identifizierung von Entwicklungschancen wird durch fehlende Marktinfonnationen erschwert. Zusammenarbeit bei der Schaffung besserer Marktübersicht reduziert das Risiko der Fehl- oder Überversorgung. Zersplitterte Verfügungsrechte über Grundstücke verhindern manche sinnvolle, ganzheitlich zu planende, Projektentwicklung größeren Stils. Zusammenarbeit der Grundeigentümer ist oft eine Voraussetzung für die Schaffung neuer großzügiger Stadtviertel oder Unternehmensparks. Gemeinsames Vorgehen erleichert auch eine umfassende strukturelle Landschaftsgestaltung zur Verbesserung von Erscheinungsbild und ökologischer Qualität eines ganzen Gebietes. Zur verbesserten Einordnung von Projektentwicklungen in den städtebaulichen Kontext und zum Schutz der Nachbarschaft werden in den USA oft weitreichende Gestaltungsrichtlinien zwischen öffentlicher Hand und privaten Entwicklern vereinbart (vgl. UU 1988, S. 28).
Im Bereich der Infrastruktur geht es um Zusammenarbeit bei der Schaffung des Zugangs zu Entwicklungsgebieten durch Verkehrswege, Verkabelung und sonstige Ver- und Entsorgungssysteme. Auch die Sicherung der Finanzierung und von Förderungen setzt oft Kooperationen voraus. Der Zeitbedarf für die notwendigen Kettenreaktionen bis hin zur Gewinnung von Partnern für Kofmanzierungen kann bei komplexen Projekten mehrere Jahre betragen. Von entscheidender Bedeutung ist Zusammenarbeit meist beim Marketing eines Vorhabens. Sie ist oft ein Schlüssel zum Erfolg. Die marktorientierte Gestaltung eines Vorhabens muß auf den Eigenheiten des Standortes aufbauen und einen internationalen Schematismus venneiden, der ein Vorhaben ununterscheidbar macht. Dies erfordert eine umfassende Analyse der Stärken und Schwächen, Chancen und Konkurrenz, und die Findung einer angemessenen Stellung in der neuen internationalen Arbeitsteilung. Gegenstand gemeinsamer Vennarktungsaktionen von städtischen Gruppen, wie Entwicklungs-, Tourismus- und Stadtmarketingagenturen, Handelskammern, Inner Cities Coalitions, können städtische Ereignisse und profilierte Veranstaltungen sein (vgl. Wilkinson, S. 11 ff). Die gemeinsame Erarbeitung eines Stadtleitbildes und -images kann den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Treue zum Ort verbessern und eine geistige Heimat schaffen in einer Welt, in der Kapital als mehr oder weniger mobil und ortsungebunden gesehen wird (Robins et al., S. 273). Partnerschaft kann selbst zum Ziel des Stadtmarketing werden, zum Instrument der Politikfonnulierung und zum Symbol von Veränderungen. Auch beim Betrieb des Endproduktes eines Entwicklungsprozesses, z.B. eines Wissenschaftszentrums, bewähren sich gemeinsame Trägergesellschaften
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unter Beteiligung von Gebietskörperschaften, Kammern, Universitäten und einschlägig bedeutsamen Unternehmen. 4. Vorrangige Leistungsbereiche Die Objekte einer Entwicklungspartnerschaft haben filr die Stadtgestaltung unterschiedlichen Rang, der nicht der dargestellten Phasenfolge entspricht. Vielmehr bedingen ihrem Wesen nach gewisse Leistungsbereiche und damit Partnerschaftsinhalte andere, nachgeordnete, die ohne die ersteren unmöglich wären. Aus ganzheitlicher Sicht haben als Leistungsbereiche und damit Partnerschaftsinhalte organisierende Leistungen - wie die kommunale Wirtschaftsverfassung, Kammer- und Verbändewesen -, sodann Finanz- und Steuerwesen, Forschungs-, Entwicklungs- und Ausbildungswesen, Markt-, Werbe- und Ausstellungswesen, vorrangige Bedeutung filr die Stadtentwicklung; und Nachrichten-, Kommunikations- und Informationswesen, Verkehrs- und Energiewesen weiterreichende Bedeutung als Fabrikationswesen im engeren Sinne (vgl. Heinrich 1954, S. 43 ff). Hochentwickelte Stadtregionen sind durch einen hohen Anteil an Wissensproduktion (Forschungsstätten) und Wissenstransfer in wissensbasierte Industrien gekennzeichnet (vgl. Heinrich 1977). Partnerschaften zwischen öffentlichem und privatem Sektor im tertiären Ausbildungswesen (Universitäten, Fachhochschulen), im Wissens- und Technologietransfer (Wissenschafts- und Technologiezentren) sowie der Bildungs- und Weiterbildungskultur sind wichtige Hebel filr die Wettbewerbskraft von Stadtregionen. Sinngemäßes gilt filr das Marketing von Stadtregionen, Städten und Stadtteilen als Leistungsbereich hohen Ranges.
111. Träger von Entwicklungspartnerschaften Der Gestaltungsprozeß filr urbane Strukturen erfordert hohe Steuerungsintelligenz und beträchtliche Zeit. Das Konzept der Partnerschaft, im besonderen zwischen öffentlichem und privatem Sektor, beruht auf der Erkenntnis, daß weder der freie Markt noch die politische Lenkung durch die Gebietskörperschaften filr sich jeweils allein filr eine gedeihliche Stadtentwicklung ausreichen, und daß getrenntes Handeln zu Fehlentwicklungen führt, z.B in den Innenstädten und an den Stadträndern. Das Koordinationsmittel der Vereinbarung ergänzt die Koordinationsinstrumente Markt und Zentralsteuerung (vgl. Pichler 1995, S. 93; Romig, S. 100). Koordinationsaufgabe ist die Verknüpfung einander ergänzender Leistun44 Festschrift Pichler
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gen, die Umsetzung neuer Kombinationen in der Stadtgestaltung. Eine Zusammenarbeit ist auch gesellschaftspolitisch sinnvoll. Partnerschaft ist als ein Weg zu sehen, Ressourcen zusammenzubringen, die ansonsten gewissen Aufgaben nicht zugeordnet würden, wie der Sanierung innerstädtischer Gebiete, dem Redevelopment großer Industriebrachen oder der Erschließung neuer Stadtteile. In einer solchen Kooperation kommt das Aufeinanderangewiesensein, die Gegenseitigkeit der verschiedenen Leistungsbereiche zum Ausdruck. Die Herausbildung von Netzwerken bzw. Clustern von einander sinnvoll ergänzenden, spezialisierten Funktionen und Unternehmen in einer Stadtregion bestimmt wesentlich die Stellung und Wettbewerbsstärke im internationalen StandortgefUge. Sie steht daher zunehmend im Blickpunkt der kommunalen und nationalen Wirtschaftspolitik und Standortgestaltung (Porter, S. 72 ff, S. 148 ff; ULI 1988, S. 315 ft). Ausmaß der öffentlichen und privaten Bereiche, Initiative und Rollenverteilung unter den verschiedenen Partnern der Zusammenarbeit sind Ausdruck der jeweiligen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung. Sie sind in sozialen Marktwirtschaften westeuropäischer Prägung anders verteilt als in den liberalistischeren USA oder in Zentralverwaltungswirtschaften. Im folgenden werden die verschiedenen Träger von Partnerschaften als treibende Kräfte der Stadtentwicklung beleuchtet.
1. Unternehmen und Unternehmer In zunehmendem Maße bilden Grundstückseigner, Projektentwickler, Infrastrukturagenturen, höhere Bildungseinrichtungen, Baufirmen, Vermarkter und interessierte Nutzer Partnerschaften zur Entwicklung eines bestimmten Gebietes. In den USA und Großbritannien gibt es starke Netze örtlicher Geschäftsleute, die ihre Kräfte zu sogenannten Wachstumskoalitionen vereinigen (Harding, S. 223 ft). Hauptteilnehmer sind Grundeigentümer und Projektenwickler. Unterstützende Interessenten können Versorgungsunternehmen und lokale Medien sein. Daneben können Wachstumskoalitionen höhere Bildungs- und Kultureinrichtungen umfassen (Adams: 144ft). In rasch wachsenden städtischen Gebieten schließen sich Eigentümer, Entwickler und Nutzer von Businessparks und anderen kommerziellen Baulichkeiten vielfach eigeninitiativ zu Vereinigungen zusammen, um spezielle Anliegen wie öffentliche Verkehrsverbindungen, Ausbildungs- und Gesundheitseinrichtungen zu verfolgen (ULI 1988, S. 328). Die durch private Immobilienprojekte vorangetriebene Stadterneuerungspolitik, wie sie in den angelsächsischen Ländern in den 80er-Jahren Platz griff, hat gezeigt, daß in alten Industriestädten ein Schlüsselproblem darin liegt, die Instabilität des Immobilienmarktes zu reduzieren, die eine schwache lokale Wirtschaft mit sich bringt. Der öffentliche Sektor muß möglichst zur Sicherheit
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der Entwicklungsperspektiven und zur Verstetigung des Marktes beitragen, um die lokalen Projektentwickler zu ermutigen und zu stützen. Partnerschaften sind in solchen Regionen unumgänglich (Whitney, S. 264). 2. Interessensgemeinschaften In manchen Stadtregionen, Z.B. in Nordengland und Schottland, wird die wirtschaftliche Entwicklung zunehmend durch lokale Interessensgemeinschaften bzw. Unternehmenskonsortien unter öffentlicher Beteiligung oder Führung organisiert. Ziel ist die Schaffung einer dynamischen eigenständigen Wirtschaft, in der Investionen und Ausbildung stärker vom privaten Sektor getrieben und finanziert werden. Die Aufgaben entsprechender öffentlich-privater Entwicklungsagenturen sind die Stärkung der industriellen Effizienz und internationalen Wettbewerbsfilhigkeit, die Verbesserung der physischen Umwelt (z.B. in ehemaligen Bergbaugebieten), die Akquisition von Investoren, das Investment banking mit Betonung auf Bodenbeschaffung und Errichtung von Gebäuden rur die industrielle Entwicklung. Diese Aufgaben wurden in den frühen 80er-Jahren ausgeweitet auf regionale wirtschaftliche Entwicklungsinitiativen, die Förderung des endogenen Untemehmerpotentials, die Unterstützung von Wachstumsbereichen wie Hightech, das leveraging von öffentlich/privaten Investitionen, insbesondere durch wirtschaftliche Infrastrukturen (wie den Bau von Fabriksgebäuden, Industrieparks, Umweltverbesserung, Finanzpakete) in Gebieten mit Chancen, aber hohen Startrisiken (Lloyd, S. 243). 3. Gebietskörperschaften Wesentliche Standortqualitäten werden durch die Gebietskörperschaften (Gemeinden, Länder, Staaten) bestimmt. Dazu zählen besonders die Flächenwidmung und Bebauungsplanung sowie Infrastrukturen wie das Bildungs-, Verkehrs-, Kommunikations-, Ver- und Entsorgungssystem. Sie werden durch die Gebietskörperschaften zu standörtlichen Nutzungspotentialen mit jeweils eigenen Standortbedingungen kombiniert (s. Bökemann 1982, S. 323 fi). Die Entwicklung einer Stadt im Kontext der umgreifenden Gebietskörperschaften kann durch miteinander zusammenhängende Faktoren gekennzeichnet und gesteuert werden. Dazu zählen wirtschaftliche Schlüsselgrößen wie Art und Anzahl der Betriebe und Funktionen, Beschäftigten- und Einwohnerzahl, ausgebildete Arbeitskräfte, Sachkapital und Management, kommunales Finanzaufkommen und gemeindliche Infrastruktur (vgl. Bökemann, S. 301). Aus ganzheitlicher Sicht ist auf die Vorrangverhältnisse der Lebens- und Leistungsbereiche zu verweisen, wonach bestimmte Bereiche die Vorbedingungen fiir andere 44*
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darstellen. Vorrangige - geistursprüngliche - Bereiche sind Religion, Philosophie, Wissenschaft und Kunst. Diese bedingen die weiteren Bereiche wie: Sittlichkeit und Recht sowie Erziehung, Gesundheitspflege und Wirtschaft mit deren Teilinhalten organisierende Leistungen, Forschungs-, Ausbildungs-, Finanz-, Verkaufs-, Verkehrs-, Lager- und Erzeugungswesen. Die Kontrolle bzw. Steuerung der privaten Projektentwicklungen durch die Gebietskörperschaften hat in den späten 80er-Jahren, besonders in den USA, in der Folge des unausgewogenen, teils raschen Wachstums, teils Verfalls in vielen großstädtischen Gebieten, zu neuen Methoden der rechtlichen Gestaltung und Moderation durch die öffentliche Hand geftlhrt. Einer der Wege, um Herausforderungen zu bewältigen, war die Einfilhrung formeller und informeller öffentlich-privater Zusammenarbeit. Öffentlich-private Vereinbarungen ersetzen Flächenwidmungen und Bebauungspläne nicht, sondern sie ergänzen sie und machen sie flexibler, sodaß eine Gemeinde und Entwicklungspartner (wie örtliche Grundeigentümer und Projektentwickler) gemeinsam mehr erreichen können als jeder für sich allein. Es wird erwartet, daß solche Vereinbarungen zunehmende Verbreitung fmden (vgl. ULI 1988, S. 29 ff, S. 328 f; Department ofthe Environment). Da der Stadtkörper selbst Teil übergeordneter Ganzheiten darstellt, ist die Stadtplanung mit der Regionalplanung abzustimmen. Das betrifft z.B. die Verkehrs- und Bildungsinfrastruktur sowie den ökologischen Haushalt. Herausforderungen, die die Kräfte der einzelnen Volkswirtschaften übersteigen, wie großräumige Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsnetze, Sicherung der kontinentalen und globalen Naturgrundlagen, erfordern als Gemeinschaftsaufgaben Zusammenarbeit und Unterstützung auf übernationaler Ebene, wie z.B. der Europäischen Union (vgl. Adams, S. 175 ft).
4. Öffentlich-private Zusammenarbeit Die wachsenden Herausforderungen im städtischen Raum führen zu einer Ausweitung der Aufgaben sowohl des öffentlichen wie des privaten Sektors. Bedeutende städtische Entwicklungsvorhaben sind ohne öffentliche Unterstützung kaum möglich. Der öffentliche Sektor liefert den strategischen und strukturellen Rahmen, Informationssysteme und oft den Zugang zum erforderlichen Baugrund sowie zu öffentlichen Mitteln, etwa der Europäischen Union. Der öffentliche Sektor übernimmt aber auch neue Aufgaben, die traditionell privat waren, wie die Mitwirkung an Entwicklungsgesellschaften. Andererseits muß der private Sektor - Grundstückseigentümer bzw. Developer-nunmehr oft für externe Infrastrukturen aufkommen, die seine Projekte unterstützen bzw. erst sinnvoll ermöglichen, wie adäquate Straßen, Medien, Schulen, Freizeit- und Gesundheitseinrichtungen (s. ULI 1988, S. 29 ff, S. 328 f). Der private Sektor
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bietet weiters oft Zugang zu Finanzierungen, die früher eine öffentliche und vornehmlich eine lokale Domäne waren, sowie vor allem das für komplexe Vorhaben erforderliche Management. Auch in Europa wird Public-Private-Partnership immer häufiger. Der Aufbau einer leistungsflihigen Infrastruktur erfordert geeignete Organisationsformen, ein leistungsflihiges Management, um die komplexen Planungs- und Abwicklungsvorgänge zu beherrschen, die mit der DurchfUhrung großer Entwicklungsvorhaben verbunden sind (Sachverständigenrat, S. 251 ft). Privatwirtschaftlich geruhrte Unternehmen können die Gemeinden beim Angebot von Infrastrukturen entlasten. Hiebei kann es sich um eigentliche private Unternehmen handeln, ebenso aber auch um solche, die als Kapitalgesellschaften im öffentlichen Eigentum stehen, im Eigentum einer größeren Gruppe von Gemeinden oder anderen öffentlich rechtlichen Trägem; auch Mischformen von privatem und öffentlichem Eigentum kommen in Frage. Wesentlich ist, daß sie durch ein professionelles Management geleitet werden, Zugang zum privaten Kapitalmarkt haben und sich am Markt bewähren müssen. Die Aufgaben von Entwicklungs- und Erschließungsgesellschaften umfassen die Anbindung des Geländes an Verkehrs- und Kommunikationsnetze, die Bereitstellung der erforderlichen Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen, die Beseitigung von Altlasten und reichen bis zum Verkauf oder zur Verpachtung an die Nutzer (Sachverständigenrat, S. 253). In der Praxis ergreift z.B. in Großbritannien der öffentliche Sektor in Public-Private-Partnerships die Initiative, um Ideen zu testen, neue Entwicklungen einzuleiten und zu koordinieren, und die in Gang befindliche Entwicklung dann an den privaten Sektor zu übergeben, wenn die Startinvestitionen greifen und die Risiken für private Projekte geringer sind (Healey et al., S. 282). Eine Schlüsselfrage öffentlich-privater Partnerschaften sind die Bedingungen und Verantwortlichkeiten. Aus der Sicht der Stadtplanung ist bedeutsam, wieweit Partnerschaften trotz Versuches einer kohärenten Vision und Strategie rur ein Gebiet in der Praxis zu einer fragmentierten, partiellen und kurzfristigen Sicht tendieren. Hauptbedenken betreffen hier die selektive Natur vieler Zusammenarbeitsvereinbarungen und Konflikte mit Vorstellungen anderer Organisationen (Whitney, S. 264).
IV. Rechtsrahmen von Entwicklungspartnerschaften Zusammenarbeit und Interessensausgleich zwischen den Partnern können durch Vereinbarung unmittelbar wechselseitig zu erbringender Leistungen, im Wege einer Entwicklungsgemeinschaft oder einer gemeinsamen Gesellschaft geregelt werden.
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I. Vereinbarung wechselseitiger Leistungen
In diesem Fall werden zwischen den Partnern Vereinbarungen über wechselseitige Leistungen getroffen, mit dem Ziel, Kosten und Nutzen von Entwicklungsmaßnahmen auszugleichen. Im Falle einer öffentlich-privaten Partnerschaft betreffen solche Vereinbarungen den Ausgleich von öffentlichem und privatem Nutzen (z.B. Steuereinnahmen, Widmungsgewinne) und Kosten von Entwicklungsmaßnahmen (z.B filr erforderliche Infrastruktur und öffentliche Einrichtungen). 2. Entwicklungsgemeinschaft Die Partner behandeln die Erfolgspoolung und -aufteilung als Meta-Geschäft. Dabei entsteht kein besonderer Rechtskörper, sondern lediglich ein Rechtsverhältnis, bei dem sich die Beteiligten zu Geschäften verbinden, wobei jeder Metist im eigenen Namen abschließt, der erzielte Gewinn oder Verlust aber auf gemeinsame Rechnung geht und geteilt wird. 3. Entwicklungsgesellschaft Die Partner gründen einen gemeinsamen Rechtskörper filr ein bestimmtes Projekt. Dieser handelt entweder auf Rechnung und im. Namen der Partner, oder die Partner bringen bestimmte Ressourcen und Aktivitäten in den gemeinsamen Rechtskörper ein (z.B. Grundstücke, Personal). 4. Leistungsverrechnung Eine Partnerschaft setzt voraus, daß der gemeinsam erarbeitete Nutzen fair, dem Leistungsbeitrag angemessen, verteilt wird. Der Klärung dieser Fragen dienen betriebs-, kommunal- und regionalwirtschaftliche Machbarkeits- und Wirkungsanalysen. Sie durchleuchten die verschiedenen Entwicklungsoptionen im Hinblick auf die Erreichung einzel-, kommunal- und regionalwirtschaftlicher Ziele (z.B. höhere Grundstückswerte durch bestimmte Bebauungs- und Nutzungsmöglichkeiten, Schaffung von Arbeitsplätzen und Kommunaleinnahmen, ökologische Qualität, öffentliche Einrichtungen).
V. Strukturorientierte Entwicklungspartnerschaft Die Qualität des städtischen Gefüges - sowohl in sozioökonomischer als auch baulicher Hinsicht - beruht auf der Spannung von Ordnung und Spontaneität, dem Wechsel- und Zusammenspiel von politischer und privater Tätigkeit.
Partnerschaften in der Stadtentwicklung
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Dabei ist immer wieder ein maßvoller Ausgleich, ein ausgewogenes Verhältnis, zwischen öffentlichen und privaten Interessen zu finden (vgl. Benevolo, S. 248 ft). Die entsprechenden Formen der Zusammenarbeit stellen somit Schlüsselfaktoren einer "strukturorientierten Entwicklung" und damit Effizienzbedingungen der Stadt dar (vgl. Pichler 1995, S. 93).
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Gerhard Buchinger
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Eeonomie PoIiey in an Urban Area in Transition 'DIe Case oftbe Brussels Metropolitan Region Von Jan Degadt
1. Tbe position of tbe eities in tbe eeonomy "The great commerce of every civilized society, is that carried on between the inhabitants of the town and those of the country" (Adam Smith in the 'Wealth ofNations', 1776) As Adam Smith aready noted more than two centuries ago, the complementarity between cities and the countryside has always had a stimulating effect on the economy. Cities have existed for centuries, but since the Industrial Revolution, the urbanization has grown at an accelerated pace in most countries. This evolution has been encouraged by the growth of productivity in agriculture, which made possible a dramatic shift of population from the countryside to the cities. The following table illustrates the growth of the population of some European capital cities between 1750 and 1950. 1750 1850 1950 1992 1993
Berlin 90 419 3.337
Brussels 60 251 956
3.466
950
Vienna 175 444 1.616 1.568
Paris 576 1.053 2.850 2.155
(in thousands) Sourees: Mitchell (1992) and Britannica (1995)
The large agglomerations can induce economic growth but they can also cause many problems. These need a specific approach in economic policy. "Large cities and urban areas exist because it is advantageous to pursue production and consumption activities in a spatially concentrated fashion. Cities are characterized by high population densities, congested intra-city movement, expensive land and the substitution of capital for land. Since persons and frrms interact in high density concentrations, the essence of urban economics is the analysis of externalities, neighbourhood effects and related forms of market failure. Traffic congestion, agglomeration economies, pollution, racial segrega-
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tion, and the provision of public goods all involve externalities and jointness in consumption or production." (Peter Mieszkowski in the 'Palgrave Dictionary ofEconomics') Each great city has its own specific history , but we also can see that they owe their economic development to certain functions they have performed in the past. Some cities have flourished thanks to a political or administrative function as capital of their country, such as Vienna, Paris and London. The most outspoken example is Washington D.C., which has not been selected as a capital city among other contenders, but has been specifically built as a capital. Other cities had other functions. Milan and New York have always been the center of great commercial activity while Manchester, Turin and Düsseldorf are at the center of large industrial areas. In some cases, different functions can be combined. Important transitions can change the economic environment of a city. They can promote their development but they can also cause some barriers. There are lots of examples. A typical case is the recent history ofBerlin. Berlin owed its growth largely to its function as capital city of Prussia, later Germany . The division ofthe city after the second World War had disastrous consequences for its economic development. The Western part ofthe city was isolated from its hinterland while the metropolitan function of the Federal Republic of Germany was transferred temporarily to Bonn. The economic development of West Berlin was only secured by large subsidies and lower tax rates, granted by the German govemment to investors in Berlin. Since 1989, the economic and political environment of Berlin again changed dramatically. Berlin is regaining its metropolitan function and is reintegrating its economy with its hinterland, so it will have anormal economic development in the future. The special subsidies and tax regulations, however, will no more exist. In this paper, we want to introduce a very interesting case: Brussels. In most countries, Brussels is known as the seat of the Commission of the European Union. However, it is less known that Brussels also has a very interesting local economy. The Belgian capital is going through aperiod of transitions, causing some risks but also providing some opportunities. The experience of Brussels can be useful for other cities elsewhere in the world.
2. Some elements of recent history Brussels has been founded on the crossing of the river Zenne and the big trade route between Cologne and Flanders. Although the site was selected for
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obvious economical reasons, the further development of Brussels had been defmed to a large degree by its political and administrative functions. In the Middle Ages, it became the residence of the Dukes of Brabant. In the fifteenth century, the Dukes ofBurgundy unified the Duchy ofBrabant with its neighboring provinces in a personal union. They resided at several places and never opted for a central capital city. In the sixteenth century however, the Emperor Charles the Fifth finaHy settled for Brussels as capitaI of his Netherlands provinces. Since then,the function of Brussels as a capital city never has been chaHenged seriously in what is now Belgium. During the reign of Philip, the son of Charles V, the Northern Provinces seceded and Brussels became the capital of the Southern Netherlands. This function was not disputed until 1795, when present-day Belgium was occupied and annexed by revolutionary France and Brussels was reduced to the role of a provincial city. After the defeat ofNapoleon, the Netherlands were reunited and the metropolitan function of the new Kingdom was shared by Brussels and The Hague. FinaHy, with the secession of Belgium in 1830, BrusseIs became its undisputed capital. This situation remained stable for many years. Belgium used to have a very centralizing administration, so the metropolitan function was very important. In the second half ofthe twentieth century, however, Brussels has witnessed important transitions on the international level and on the national level. On the international level, Brussels became the seat of important multilateral decision centers. The Commission of the European Communities, later the European Union (E.U.), resides in Brussels. Commissions of the European Parliament also can convene in Brussels. Brussels also is the seat of the General Secretariate ofNATO. Thanks to this international position, Brussels is the residence of other activities and professional groups as weH such as diplomats, lobbyists and foreign correspondents. In 1986, 145 states had a diplomatie representation in Belgium. 130 states had diplomats accredited with the E.U. and 16 at NATO. Besides the diplomatie missions representing the Member-states at the E.U., there were 140 non-Member states who had a diplomatie representation with the E.U. in 1990. No less than 121 ofthem were present in Brussels with 869 fuHy accredited diplomats. Brussels also has become an important international press center, which can be compared with Washington D.C. or Geneva. In 1990, 581 journalists were accredited with the Commission of the E.U., while in Washington their number was 695 in 1991. In surplus of these international developments, also the position of Brussels in Belgium has changed profoundly. Although the administration of Belgium used to be very centralizing, the Belgian state has been reformed profoundly in
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the recent past. In order to settle actual and potential tensions between the Flemish (Dutch-speaking) and French-speaking communities, a number of constitutional amendments were adopted, granting autonomy to the (linguistic) Communities and (geograpical) Regions. Dutch-speaking Flanders in the North and French-speaking Wallonia in the South received their autonomy and have their own institutions. As the historical capital of a bilingual country, Brussels has a bilingual statute. It does not belong to either Flanders or Wallonia, so it has its own regional statute, with an autonomous Parliament and Government. The first autonomous Parliament of the Brussels Metropolitan Region (BMR) was elected in 1989, the second in 1995. The Regional Govemment has important competences, a.o. urbanization, transports (with the exception of the railroad system) and economic development. Evidently, the economy of the BMR remains completely open towards the rest of Belgium and is opening more and more towards the rest ofthe E.U.
3. Elements of transitions affecting the BMR In the Brussels Metropolitan Region we find the City of Brussels and 18 other municipalities. It has a surface of 161.4 km2 or 0.53 % of the Belgian total. The BMR is highly urbanized and had a population of 951,580 on Jan. 1, 1995. This population represents a share of9.39 % ofthe Belgian total of 10,130,574. Traditionally, the economy of the Brussels Metropolitan Region was complementary to its metropolitan functions. In the past, Brussels was famous for its industry of luxury goods. At present, the local economy of the BMR has developed to a typical urban economy. More than the average of the Belgian economy, it is a service economy. In 1994, the number of employees in the BMR was estimated at 555,549. The tertiary sector (services) represented 485,440 jobs or 87.38 % ofthese jobs. The importance of the services sector in the Brussels economy also is illustrated by the relatively large number of white-collar workers: 75 % ofthe employees in Brussels fmns are white-collar workers, compared to a Belgian average of 59 %. The dominance of white-collar workers is the largest in the services sector, which is relatively more important in the BMR. Although the economy of the BMR is a typical economy of a large city in a post-industrial economy, the industrial sector also keeps an importance that may not be neglected. The industrial sectors (incl. the construction industry) together represent 69,835 jobs. This is a minority in the context of the
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Brussels economy, but these industrial jobs are necessary to guarantee a diversity in the economic activities in the BMR. The economy of the BMR is in the midst of a process of transition because most elements of the extemal and intemal environment of the BMR are in transition. The most important elements of this process are as follows: - The Belgian state is in transition. The restructuring process is not yet finished. Three Regions (Flanders, Wallonia and BMR) are developing their own institutions. Wallonia has transferred its capital to Namur. The regional administration of Wallonia is moving gradually towards the new capital. This will reduce the number of jobs in Brussels, but also will reduce commuter trafiic between Brussels and the Southem part ofBelgium. The federal Belgian administration, the Flemish administration and the administration of the BMR will stay in Brussels. - The E.U. and NATO are in transition. After years of discussion, a consensus seems to be growing about the location of the institutions of the E.D. The Maastricht Treaty provides that the Commission of the E.U. with its administration will have its seat in the BMR while also some parliamentarian work will be performed here. Although there is no real "capital" in the E.U. like Washington DC is in the United States, the BMR will perform several metropolitan functions. However, the E.U. is still developing itself: the Intergovemmental Conference will redefine its competences while also the admission of new Member-States will be discussed in the near future. Also NATO is still redefining its role in the post-Cold-War period and is considering the admission ofnew Members. - The opening of the extemal borders of the E.U. with Central and Eastem Europe. The democratisation of Eastem and Central European nations, together with their transition toward market economies have made possible new economic contacts. Besides trade of goods and services, there is also an intense exchange of production factors. Attracted by low labour costs, new investments are moving from the West to the East while there is at the same time a movement of migrant workers from the East to the West. The European labour market is in transition, also in Brussels. - Traffic has exploded and is congested. As the space is limited very strictly in the BMR, the possibilities to expand the infrastructure are limited. Although there are continuing technological innovations in the transportation sector, such as the High Speed Train, the overall mobility has decreased, due to congestion. - Overall mutations in the economy. The world economy is in a process of deep structural mutations, caused by several factors, a.o. the mundialisation, technological changes, the development of the newly industrialized countries. These changes are also deeply feIt in Brussels, where some sectors and groups are very vulnerable.
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4. Tbe eeonomy of tbe BMR and eeonomie poliey The factors mentioned above gave a great influence on the structure of the local economy in the BMR. However, it is difficult to give a clear qualificati on to these developments as "good" or "bad". Some developments are creating opportunities, others could be rather negative. The most imminent danger, however, is not a threat of overall decline, but a threat of dualisation. This means that some persons or groups could be excluded from the positive effects of economic growth. We have to keep in mind that the Brussels economy can take advantage from certain characteristics, but the same characteristics could also cause disadvantages. We will discuss three elements: the geographicallocation, the population and the employment.
In the first place Brussels has an extremely advantageous geographical location and an extremely efficient transportation infrastructure. There are almost no natural barriers. The BMR is centrally located in Belgium. As long as Belgium had a centralizing government, most infrastructure was built with Brussels as a reference. Brussels still is the central point in the Belgian railroad and highway systems. Its airport and port have excellent connections with the European networks. The Belgian transportation system, of which Brussels is the center, is completely integrated with France, the Benelux partners and Germany. The highly populated regions of the Paris area, the London area, the Western part of the Netherlands and the Ruhr area all are within less than three hours drive. All these areas represent markets with high purchasing power. This geographical position and the good transportation system make Brussels a very attractive place for investment. However, the BMR is threatened by congestions. More and more investments, and the jobs they induce, are relocating to suburban areas. These suburban areas are very elose to Brussels, so they enjoy the advantages of its geographical position. However, they are located in the Flanders or Wallonia Regions. This means that the BMR is not taking full advantage of its own geographical position.
In the second place there is the population factor. With a population of 9.39 % of the Belgian total in 1995, Brussels is the largest urban center of Belgium. The average purchasing power is almost equal to the Belgian average. However, the Brussels population has specific characteristics. There is a large cultural diversity. Almost 30 % has a non-Belgian ("allochtonous") nationality. The population of Belgian ("autochtonous") nationality is divided
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between a French-speaking majority and a Dutch-speaking minority. Most people speak (or at least understand) more than one language. The share of the allochtonous population is not only larger than in the Flanders or Wallonia Regions, but this population also has a distinct ethnic composition. While for the whole of Belgium, a majority of the almost 900.000 allochtonous inhabitants are citizens of another Member-State of the E.U., this is not the case for the BMR. In Brussels, a majority of the allochtonous population are citizens of countries outside the E. U. There are also differences in the demographical structure of the autochtonous and allochtonous groups. While the share of senior citizens is very large in the autochtonous population, this share is extremely low for the allochtonous group. On the oher hand the share ofyoung people is larger in the latter group. In asense, the population pyramids are complementary against each other. We already noted that the average income is almost equal to the average for Belgium, making Brussels a very attractive local market, but we also have to note that inequality is higher than the Belgian average. There is a larger share of persons with high incomes and also a larger share of persons with low incomes. A last element in our discussion on the population is a negative one: just like most large urban areas in Europe, the population ofthe BMR has declined during the last decades. In 1970, the BMR had a population of 1,075,136, representing 11,14 % of the Belgian total. Between 1970 and 1995, the population of the BMR has decreased with 123.556 units, while the Belgian population increased with almost a half million persons. Most people who left the BMR just moved to the suburban areas. They keep working inside the BMR. This is one ofthe explanations for the numerous trafiic congestions. There are various explanations of the decrease in the population. Without doubt, there is an economic element. The scarcity of space in the BMR caused a rise in the prices for real estate in the eighties. Although the prices still are very competitive compared to Paris or London, the cost of living in Brussels has risen relatively. This is one of the causes for the decline of the Brussels population. It has been suggested (e.g. by Degadt (1992» that especially the upper middle class families left the BMR and moved to the suburbs. The lower income classes and the upper income classes stayed. As the upper middle classes are in general contributing a large share to the income tax revenues of the govemment, this evolution must be considered disadvantageous for the budget of the BMR. This means that the share of the BMR in the taxable incomes ofBelgium has decreased in the recent past. As large segments of the economically active population no longer live in the BMR, and as inequality in income and wealth is increasing, the local
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economy has become more vulnerable for dualisation. The economic viability of the BMR in the future will be determined by the evolution of its population. This brings us to the third element in our discussion on the economy: employment. The good accessability, in combination with its metropolitan functions, made Brussels an attractive location for a large number of institutions and enterprises. The economic importance of the BMR is much larger than its share of the population. The share of the BMR in the gross geographical product of Belgium was estimated at 14.22 % in 1993. Combining employees and independent workers, total employment in the BMR consisted of 613,856 jobs in 1992, representing a share of 16.46 % of the Belgian total. However, only 46.36 % of those employed also live in Brussels. The others are commuting. Although the job creation is very important, the unemployment remains very high. In December 1995, there were 62,015 unemployed in Brussels, 12.28 % ofthe Belgian total. In the unemployment, young people, unqualified workers and people who have been unemployed for more than a year are overrepresented. Unemployment has also been growing rapidly: between 1985 and 1995, unemployment increased with 16.22 %, compared to an increase of 10.83 % for the rest of Belgium. Although the labour market in Brussels is very dynamic and a lot of jobs with high value added are created, unemployment also remains very high. Unless the unemployment will be absorbed, there will be a fundamental disequilibrium on the labour market. As a large share of the unemployed are "structurally unemployed" (poorly qualified, with a low chance to fmd ajob), there is a great danger of dualisation.
5. Conclusions and prospects for the future Brussels is very well-known in many places in Europe and the world as the location where the seat of the Commission of the European Union and also the General Secretariate ofNATO are located. However, Brussels also is a Region with a local economy. This economy has very specific characteristics. The Government of the Brussels Metropolitan Region is responsible for the local economic development of the BMR. The international image and the metropolitan function have to be complemented by a local economic policy. The metropolitan functions for Belgium and the E.U. have important advantages for the local economy of the BMR. Other advantages are, a.o., the centrallocation, its transportation infrastructure and its important local market. The name of Brussels has become a very familiar international label. Some-
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times also other advantages are quoted such as the relatively low real estate eosts (eompared to other metropolitan areas), the availability of multilingual personnel and the stimulating eultural environment. Disadvantages are the eongestion and the danger of dualisation eaused by a growing inequality in revenue and wealth and the searcity of spaee. Although the transportation infrastrueture is exeellent, there also is eongestion. Investment and job ereation are moving to suburb an areas. Also the aetive population is moving out, depriving the government of tax revenues. Nevertheless, the eommuting remains high. The labour market is very dynamie but is not able to absorb unemployment. Part of the Brussels population, espeeially the poorest segments, are poorly qualified. They have problems to beeome integrated in the services eeonomy, whieh needs predominantly highly qualified employees. By way of eonelusion, we suggest that an eeonomie poliey must support the transition proeess. It needs to emphasize the eomparative advantages ofthe loeal eeonomy, but has to take aeeount ofthe possible dangers. In the Brussels ease that means that the metropolitan funetions need to be integrated in the loeal eeonomy. The eongestion must be ehallenged by aglobai urbanisation and infrastruetural poliey that takes into aeeount the needs ofthe eeonomy and the limits imposed by the natural and physieal environment. A priority of eeonomie poliey should be to prevent the dualisation and a further deerease of the population. Without doubt, the ethnie and eultural diversity eontains a high potential of entrepreneurial talent. Loeal eeonomie initiatives should be eneouraged. A lot of attention should go to the labour market. Although the dynamic elements should be sustained, a special effort is needed to integrate the unemployed in the loeal eeonomy and to prevent a further growth of the unemployment. Even when the desindustrialisation is irreversible, the presenee of a seeundary sector remains important in order to keep diversity in the eeonomy and the labour markets. Beeause of its metropolitan funetion and the extreme openness of its eeonomy, the Brussels Metropolitan Region has had to eope with several transitions at the same time. We are eonvineed that in the near future most large and middle-sized European eities will have to go through similar transitions. Most cities will live with a growing eultural diversity and will have to eope with the problems eaused by a deerease of the population, congestion and unemployment. So our analysis of the situation in Brussels will prove to be relevant for other cities as weIl.
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Ian Degadt References
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Staat - Volk - Verfassung Zur Zukunft der IDropüschen Integration Von Stefan Griller
I. Einleitung Seit März 1996 tagt die in Art N Abs 2 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) vorgesehene Regierungskonferenz. Neben einer Fülle von Detailrefonnen steht dort auch ein Umbau der Fundamente der westeuropäischen Integrationsentwicklung seit dem 2. Weltkrieg auf der Tagesordnung. Demokratisierung der Union, Erhöhung der Transparenz und Effizienz der Entscheidungsmechanismen, nicht zuletzt zur Vorbereitung auf eine mögliche Verdopplung der Mitgliederzahl - das sind die Kristallisationspunkte der Debatte!. Darin eingeschlossen sind die Fragen: Braucht die EU eine Verfassung? Soll sie zu einem Bundesstaat weiterentwickelt werden? Soll das Europäische Parlament zusammen mit oder statt dem Rat der EG zum zentralen Rechtsetzungsorgan werden? Es erscheint in Anbetracht der höchst unterschiedlichen Ausgangspositionen der Mitgliedstaaten2 heute sehr zweifelhaft, ob in diesen Punkten weitreichende Ergebnisse erzielbar sein werden. Was immer das Resultat sein wird: Orientierung ist nötig, sei es zur besseren Fundierung von Verhandlungspositionen, sei es zur Beurteilung des Ergebnisses der Konferenz, sei es zur Festlegung der Desiderate für die Entwicklung der nächsten Jahrzehnte. Eine solche Orientierung erfordert die Besinnung auf Grundfragen der Organisation von Staat und internationaler Gemeinschaft.
11. Eine Verfassung flir Europa? Die jüngere Verfassungdebatte in Europa und vor allem in der Bundesrepublik Deutschland läßt sich plakativ durch den Satz: "Wo kein Staat, da keine
I Der Anmerkungsapparat in diesem Beitrag ist auf das Nötigste beschränkt. Statt vieler vgl Leicht (1996). Zu einigen Positionen des Autors siehe GrillerlMüller (1995). 2 Siehe Griller et aI (1996), hier insb 21 ff. 45*
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Stefan Griller
Verfassung." charakterisieren3 • Dazu kommt die Heraushebung des Volkes als Staatselement. "Volk" ist dabei nicht einfach die Summe der Rechtsunterworfenen, sondern nach manchen Autoren nur eine Gemeinschaft im Zustand der "relativen Homogenität"4. Folgerichtig ist dann die - aus einem "relativ homogenen Volk" bestehende - Nation die "Grundlage des Verfassungsstaates"5. Dabei spielen unter anderem ethnische, sprachliche, religiöse, kulturelle Gemeinsamkeiten eine Rolle 6 . Entscheidend sei aber ein "Wir-Gefühl"7, der "Wille(n) der beteiligten Menschen zu staatlicher Gemeinsamkeit."8 Da diese Voraussetzungen, insbesondere jene einer "kulturellen Einheit" in der EU nicht gegeben und ihr Erreichen auch ausgeschlossen sei9, ist die Konsequenz klar: Der EU fehlt das Volk, damit die wesentliche Voraussetzung eines Staates, und damit zugleich die wesentliche Voraussetzung für eine Verfassung. Wie weitreichend und praktisch-politisch bedeutsam diese Konstruktion für die Zukunftsperspektive der EU ist, zeigt sich unter anderem am sog Maastricht-Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts lO (BVerfG), das auf einer abgemilderten Variante der soeben skizzierten Sicht fußt: "Vermitteln die Staatsvölker - wie gegenwärtig - über die nationalen Parlamente demokratische Legitimation, sind mithin der Ausdehnung der Aufgaben und Befugnisse der Europäischen Gemeinschaften vom demokratischen Prinzip her Grenzen gesetzt. Jedes der Staatsvölker ist Ausgangspunkt für eine auf es selbst bezogene Staatsgewalt. Die Staaten bedürfen hinreichend bedeutsamer eigener Aufgabenfelder, auf denen sich das jeweilige Staatsvolk in einem von ihm legitimierten und gesteuerten Prozeß politischer Willensbildung entfalten und artikulieren kann, um so dem, was - relativ homogen - geistig, sozial und politisch verbindet..., rechtlichen Ausdruck zu geben." Auch an anderer Stelle scheint das Gericht deutlich davon auszugehen, daß die Union als Staat nur bei Bestehen eines relativ homogenen europäischen Volkes denkbar sei, wenn es betont, daß die Union einen Staatenverbund begründe, aber "keinen sich auf ein europäisches Staatsvolk stützenden Staat" 11. Bedeutsam ist dies unter anderem für die Demokratiediskussion. Im Lichte der Begriffstrias "Staat - Volk - Verfassung" läßt sich nämlich schließen: Da es kein europäisches Volk gibt, kommt auch 3 Isensee (1987) Rz 1: Die Verfassung sei "nicht zu verstehen ohne Staat. Dieser ist ihr Gegenstand und ihre Voraussetzung.". 4 ZB Bäckenfärde (1987) Rz 63 ff. 5 Kirchhof(1994) 79. Isensee (1987) Rz 111: "In der Tat setzt die staatliche Einheit als Zweck-, Organisations- und Verfassungseinheit voraus die nationale Einheit des VolkeS." 6 ZB Kirchhof(1994) 71 ff. 7 Böckenllirde (1987) Rz 63. 8 Isensee (1987) Rz 111. 9 Kirchhof (1994) 71. 10 BVerfUE 89, 155 (186) - Hervorhebung von mir. 11 BVerfGE 89, 155 (188).
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seine gesamteuropäische parlamentarische Repräsentation nicht in Frage. Demokratische Legitimation europäischer Entscheidungen müsse daher primär über die nationalen Parlamente geleistet werden l2 . So gesehen ist jeder Ausweitung der Befugnisse des Europäischen Parlaments mit Skepsis zu begegnen \3 • Diesem Gedankengebäude nahert man sich am besten schrittweise. Nicht sehr schwierig ist es, die in der engen Verknüpfung von "Verfassung" und "Staat" gelegene, völlig unbegründete Abweichung vom allgemeinen juristischen Sprachgebrauch herauszuarbeiten. Im Schrifttum ist es selbstverständlich, als "Verfassung" einer internationalen Organisation ihre rechtliche Grundordnung zu bezeichnen l4 . Meist handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, der die Errichtung der Organisation, ihre Rechtspersönlichkeit sowie Änderungs- und Beendigungsvorgänge regelt. Die GTÜndungsverträge zB der UNESCO, der WHO, der ILO und der FAOl5 sind wörtlich als "Verfassung" bzw "constitution" überschrieben. Es ist kein guter Grund ersichtlich, sich diesem Sprachgebrauch zu verschließen. Auf seinem Boden ist es zum einen selbstverständlich, daß die EU bereits eine Verfassung hat l6 17. Zum anderen kann es dann in einer "Verfassungsdiskussion" nur darum gehen, in welcher Weise tatsächliche oder vermeintliche Schwächen der geltenden Rechtsordnung beseitigt werden sollen l8 . Dabei kann die Frage, ob die EU zu einem Staat weiterentwickelt werden soll, zunächst getrost ausgeklammert werden. Man könnte sich konkret der Beseiti12 BVerfUE 89, 155 (186). Demokratische Legitimation sei beim gegenwärtigen Stand der innergemeinschaftlichen Demokratie nur gewährleistet, wenn "dem Deutschen Bundestag Aufgaben und Befugnisse von substantiellem Gewicht verbleiben". Vgl dazu und zu den Konsequenzen Griller (1995) 165 1f. 13 ZB Ossenbühl (1993) 633 ff. Eng damit verknüpft ist ein weiteres Argument - vgl zB Grimm (1995): Wesentlich seien "die vielfältigen intermediären Strukturen innerhalb der Gesellschaft" (587), aber doch auch eine irgendwie darauf ruhende "kollektive Identität" (589 t). Über den demokratischen Gehalt eines politischen Systems sage die Existenz gewählter Parlamente weniger (!) "als die Pluralität, innere Repräsentativität, Freiheitlichkeit und KompromißflIhigkeit des intermediären Bereichs der Parteien, Verb linde, Assoziationen, Bürgerbewegungen und Kommunikationsmedien." (588). Diese Voraussetzungen ließen sich auch nicht ohne weiteres schaffen. "Aussichten auf eine Europäisierung des Kommunikationssystems bestehen vollends gar nicht." (588). Insgesamt wird der Schluß gezogen, "daß eine volle Parlamentarisierung der Europäischen Union nach dem Muster des nationalen Verfassungsstaats das europäische Demokratieproblem eher verschärft als löst" (589). Zutreffend kritisch zu diesen Gedankengllngen bereits Pernice (1993) 479 ffmwN. 14 Statt aller Schermers (1980) § 1002 mwN. 15 In der Reihenfolge: BGBI1949/49, 96, 223 und BGBI1950/181. 16 So zB Petersmann (1995) 172, Seidel (1995) 221 ff. Vgl ferner Schwarze (1984), insb 23 ff. Wie im Text auch Bieber (1995) 292 ff. 17 Vgl aus der jüngeren Jud des EuGH insb Gutachten 1/91, EWR 1, Sig 1991-1,6079 (Rz 21). Dort - also bereits vor dem Inkrafttreten des EUV - hat der EuGH den damaligen EWG-Vertrag als "die grundlegende Verfassungsurkunde" der Gemeinschaft bezeichnet. 18 In diese Richtung gehen auch etliche Beiträge in der aktuellen Auseinandersetzung. Vgl zB Läufer (1995), insb 363 ff, Petersmann (1995) 174 f.
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gung von Schwächen der geltenden Ordnung ohne eine solche begriffliche Verkrampfung widmen 19. Freilich ist der Refonndebatte damit zunächst nur ein begriffliches Hindernis aus dem Weg geräumt. Wie die Grenze zwischen Staatenbund und Bundesstaat zu ziehen ist, und vor allem, was eine Grenzüberschreitung für Konsequenzen hätte, ist damit nicht gesagt. Darauf ist zurückzukommen.
III. Volk und Staat Die eingangs skizzierte These vom homogenen Volk als Voraussetzung des Staates knüpft an die sog 3-Elementen-Lehre des Staates an: Danach besteht der Staat aus Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt20 . Wesentlich ist hier also ein qualifizierter Volksbegriff. Prüft man diesen, so dürfte zunächst unbestritten sein, daß das Völkerrecht, für welches der Staatsbegriff vor allem zur Bestimmung seiner Rechtssubjekte wichtig ist, keinerlei Homogenitätsbedingung enthält. "Staatsvolk" ist völkerrechtlich ein Synonym für "Bevölkerung"21. Die Besorgnis um die Völkerrechtssubjektivität der EU oder der drei EG kann es also nicht sein, die zu einer solchen "inhaltlichen Aufladung" des "Staatsvolkes" Anlaß gibt. Aber auch etwaige verfassungsrechtliche Bedenken dürften ausscheiden, auch unter Berücksichtigung rechtsvergleichender Aspekte. Zum einen hat es der Verfassungsgeber in der Hand, das Volk im Rechtssinn zu definieren22 , und es ist dafür keine vorgegebene Bindung an besondere kulturelle, ethnische oder sonstige Homogenitätsanforderungen ersichtlich. Das schließt nicht aus, daß solche Festlegungen tatsächlich vorgenommen werden. Sie beruhen aber auf einer rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers und nicht aufunentrinn19 Desiderata gibt es genug: Vgl zB GrillerlMüller (1995) 27 Cf, Griller et al (1996). 20 Bahnbrechend insb Jellinek (1914) 394 ff. Vgl die Anknüpfung zB bei /sensee (1987) Rz 30 ff. 21 Statt vieler Geiger (1994) 21: "Das Staatsvolk besteht aus einer Anzahl seßhafter Menschen. Staatsvolk bedeutet daher dasselbe wie Bevölkerung. Eine ethnische Verbindung dieser Bevölkerung ist dagegen nicht notwendig. Das Staatsvolk muß, mit anderen Worten, keine Nation bilden. Dies zeigt schon die große Zahl der Vielvölkerstaaten." Ohne Einwand zB auch Isensee (1987) Rz33. 22 So auch Isensee (1987) Rz 113 ff. Daß in diesem Zusammenhang auch heute noch unter unbefangenem Verweis auf earl Schmitt der gesamten "Staatstheorie" unterstellt wird, sie betone "den Gegensatz von Freund und Feind, um dem Denken und Handeln eine ·verläßliche Ausrichtung zu geben" - so Kirchhof(1992) Rz 31 - sollte man aufmerksam registrieren, vor allem, um diese Sicht nicht unreflektiert auch dem Verfassungsgesetzgeber zu unterschieben. Saladin (1995) 218 bemerkt im übrigen treffend zur ungebrochenen "Nachfrage" nach Werken earl Schmitts: "Dies ist ein Phllnomen, dem ich als Ausillnder verstllndnislos gegenüberstehe. Denn alle Brillianz bildet doch rur sich allein nicht eine tragfllhige Brücke, auf der man unbeschadigt über die von earl Schmitt aufgerissenen inhaltlichen Abgründe schritte. Oder werden seine Lehren zum Zwecke der Abschreckung so eifrig bewegt?"
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baren Implikationen der Abgrenzung des Kreises der Staatsbürger. Dabei mag in Rechtsordnungen wie der deutschen oder österreichischen, in denen die Orientierung primär am ius sanguinis erfolgt, eine ethnisch-kulturelle Abgrenzung im Vordergund stehen (wenngleich sie selbst in diesen Ländern keineswegs allein maßgeblich ist). Es liegt auf der Hand, daß dies von vornherein dort anders ist (zB in den USA), wo primär das ius soli maßgeblich ist. Es ist schon mehrfach zutreffend hervorgehoben worden23 , daß es genügend Beispiele gibt, die es nachgerade absurd erscheinen lassen, ethnisch-kulturelle Homogenitätsanforderungen in die Nähe von Bedingungen der Staatlichkeit zu rücken, und seien es auch so bedeutsame Merkmale wie die gemeinsame Sprache. Man denke nur an die USA, Kanada, Belgien oder die Schweiz, aber auch an den Deutschen Bund und die Habsburger Monarchie. Diesen Gemeinschaften wird wohl kaum jemand ihre Staatlichkeit absprechen wollen, obgleich sie die hier zur Debatte stehenden Homogenitätsanforderungen offensichtlich nicht erftlll(t)en. Es ist auch zutreffend bemerkt worden, daß die Auflösungserscheinungen der Staatselemente gerade wegen der zunehmenden internationalen Verflechtungen auch vor dem Staatsvolk nicht Halt machen24 . Davon ausgehend ist gar kein Grund ersichtlich, warum nicht das Konzept der Unionsbürgerschaft, in dem an die Staatsangehörigkeit der Mitgliedstaaten angeknüpft wird, wenigstens prinzipiell ein tauglicher Ansatz rur eine zukünftige Abgrenzung des "Europäischen Volkes" werden könnte 2S - wenn man nur einmal unterstellen möchte, die anderen Attribute der Staatlichkeit würden sich fmden. Wenn weder das Völkerrecht noch verfassungsrechtliche Überlegungen tragend sind, bleibt ein Blick auf die Allgemeine Staatslehre zu tun. In diesem Rahmen muß dies ein kurzer Blick sein. Schon in der 3-Elemente-Lehre Jellineks fmdet sich die These, eine Vielheit von Menschen, die unter einer gemeinsamen Herrschaft stehen, "ohne die subjektive Qualität eines Volkes zu besitzen, wäre kein Staat, weil jedes die einzelnen zu einer Einheit verbindende Moment mangelte"26. Allerdings stellt Jellinek hinsichtlich dieser subjektiven Qualität nicht auf ethnisch-kulturelle Aspekte, sondern auf den Charakter des Staates als Genossenschaft ab, näherhin auf das Bestehen von subjektiven Rechten des einzelnen gegenüber dem Staat, was ihn vom Objekt zum Rechtssubjekt macht 27 . earl Schmitt28 blieb es vorbehalten, in Anknüpfung daran und an Wurzeln schon in der Französischen Revolution ein explizit nationalistischausgrenzendes Konzept zu formulieren. Er meinte: "Staat ist ein bestimmter 23 Statt vieler nur Bieber (1995) 301 f, Schneider (1995) 702 ff; Ferner zB Oeler (1995) 691 f. 24 Saladin (1995) 26 ff. 25 Vgl Art 8 ffEGV. Ob das im Detail ein glückliches Konzept ist, braucht hier nicht erörtert zu werden. 26 Jellinek (1914) 407. 27 Jellinek (1914) 409: "Das subjektive öffentliche Recht ist die Grundlage des korporativen Charakters des Staates." Siehe dazu die Kritik bei Kelsen (1925) 160 ff. 28 Schmitl (1928) 205.
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Status eines Volkes, und zwar der Status politischer Einheit." Die Voraussetzung der Demokratie nach dem Modell der französischen Revolution sei die "nationale Homogenität". "Nation" bedeute "gegenüber dem allgemeinen Begriff Volk ein durch politisches Sonderbewußtsein individualisiertes Volk". Dabei sei die gemeinsame Sprache wichtig, aber nicht allein ausschlaggebend. "Maßgebend sind Gemeinsamkeit des geschichtlichen Lebens, bewußter Wille zu dieser Gemeinsamkeit, große Ereignisse und Ziele." Ein national homogener Staat erscheine als etwas Normales, ein Staat, dem diese Homogenität fehlt, habe etwas Abnormes. In einem solchen Fall, wenn etwa ein Staat aus verschiedenen Nationen bestehe oder Minderheiten enthalte, gebe es vor allem zwei Möglichkeiten. "Zunächst der Versuch eines friedlichen Ausgleichs; das bedeutet aber in Wahrheit entweder friedliche Auseinandersetzung und Trennung, oder aber, friedliche Assimilierung an die herrschende Nation ... Die andere Methode ist schneller und gewaltsamer: Beseitigung des fremden Bestandteils durch Unterdrückung, Aussiedlung der heterogenen Bevölkerung und ähnliche radikale Mittel."29 Es verwundert kaum noch: "Die demokratische Gleichheit ist wesentlich Gleichartigkeit, und zwar Gleichartigkeit des Volkes. Der zentrale Begriff der Demokratie ist Volk und nicht Menschheit. "30 Es ist schon mehrfach bemerkt worden 3): Die Nähe dieser - historisch schwer belasteten - Formulierungen zu der vom BVerfG offenbar als "normal" betrachteten "relativen Homogenität" des Staats volkes ist viel größer als jene der Thesen Hermann Hellers, auf den sich das GerichP2 flUschlich beruft. In Wahrheit läßt sich kaum ein besserer Opponent aus jener Zeit fmden als Heller, der sich scharf gegen "volkliche Bedingungen" des Staates wendeP3: "Weder das Volk noch die Nation dürfen als die gleichsam natürliche Einheit angesehen werden, die der staatlichen Einheit vorgegeben wäre und sie selbsttätig konstituierte. Oft genug war es ... umgekehrt die staatliche Einheit, welche die 'natürliche' Einheit des Volkes und der Nation erst gezüchtet hat ... Es zeigt sich also ... , daß eine Relativierung der staatlichen Einheit auf ihre Substanz, das Volk, nicht möglich ist." Man braucht also gar kein Anhänger der Kelsenschen Identifizierung von Staat und Recht zu sein, um die in Rede stehende Auffassung von der relativen Homogenität des Volkes als Voraussetzung der Staatlichkeit einer Gemeinschaft oder zumindest als Normalzustand eines Staates abzulehnen und ihre politische Schlagseite aufzuweisen. Nichtsdestoweniger lohnt in unserem Zusammenhang ein Blick auf die hier tatsächlich ideologiekritische Schärfe der Reinen Rechts29 Schmitt (1928) 231 ff. 30Schmitt (1928) 234. 31 Griller/Müller (1995) 32 fFN 39 f, Schneider (1995) 712 f, Weiler (1995) 1654 f. Vgl auch schon Bryde (1994). 32 BVerfGE 89, 155 (186). 33 Heller (1928) 148 ff, 158 ff(Zitat 164 f).
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lehre, welche die einheits stiftende Kraft der Rechtsordnung hervorhebt. Das einheitliche "Volk" bildet danach ein Staatselement nicht als Voraussetzung und nicht einmal als anzustrebendes Desiderat, sondern als rechtlich erst erzeugte Größe, und seine ethnische, religiöse oder sonstige Homogenität ist rur die QualifIkation eines Zusammenschlusses als Staat ebenso irrelevant wie grundsätzlich fUr die Eignung einer Gemeinschaft, einen Staat zu grUnden. In der inzwischen klassischen Formulierung von Kelsen 34 : "Es ist im Grunde nur ein juristischer Tatbestand, der sich als Volkseinheit einigermaßen präzise umschreiben läßt: Die Einheit der das Verhalten der normunterworfenen Menschen regelnden staatlichen Rechtsordnung. In ihr konstituiert sich - als Inhalt der die Ordnung bildenden Rechtsnormen - die Einheit der Vielheit menschlicher Handlungen, die das 'Volk' als Element des Staates, als einer spezifIschen sozialen Ordnung, darstellt. Als solche Einheit ist das 'Volk' gar nicht - wie die naive Vorstellung vermeint - ein Inbegriff, ein Konglomerat gleichsam von Menschen, sondern nur ein System von einzelmenschlichen Akten, die durch die staatliche Rechtsordnung bestimmt sind." Mit Blick auf die EU ist daraus folgendes zu lernen: Ob die EU ein Staat ist oder sich dahin entwickelt kann zunächst getrost ausgeklammert bleiben. Der Bestand eines ethnisch-kulturell homogenen Volkes ist keine notwendige Voraussetzung rur die Gründung oder den Bestand eines Staates. Noch weniger kann dies fUr eine supranationale Organisation gefordert werden. Natürlich bleibt ein wichtiger Punkt: Was bewegt die einer staatlichen oder staats ähnlichen Gewalt unterworfenen Menschen, das System zu akzeptieren? Was sind die Bedingungen fUr das gute Funktionieren einer Rechtsgemeinschaft, eines Staates? Ist das erwähnte "Wir-GefUhl", wenn schon nicht als Element des Staatsbegriffs, so vielleicht doch fUr die Perspektiven einer staatlichen oder staatsähnlichen Gemeinschaft von entscheidender Bedeutung, vor allem, wenn diese demokratisch organisiert und damit von der Zustimmung der Bürger getragen sein soll? Es lohnt, hier kurz inne- und festzuhalten: Wir verlassen das Terrain der juristischen und staatswissenschaftlichen Begriffsabgrenzung und treten in die vor allem in der Politikwissenschaft gefUhrte Legitimitätsdebatte35 ein. Diese kann hier nur angedeutet werden. Im Kontext der europäischen Integration wird man nicht alle Varianten der Legitimationsstiftung36 in Betracht ziehen müssen, sondern angesichts der historischen Entwicklung während der letzten zwei Jahrhunderte annehmen dürfen, daß zB Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaat34 Kelsen (1929) 14 ff, Zitat: 15. Vgl auch Kelsen (1925) 149 ff, insb 160 ff. 35 Siehe zB Schneider (1994); Hrbek (1995); jeweils mwN. Vgl im übrigen disziplinübergreiCend zur Abgrenzung der Begriffe "Staat", "Volk", "Nation" und "Ethnizitllt" aus der jüngeren Lit Marko (1995) 37 ffmwN. 36 Ausgehend von der Grundlegung durch Max Weber (1922) 475 Cf.
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Iichkeit, Subsidiarität und ausreichender Grundrechtsschutz37 wesentliche Bausteine eines funktionierenden Systems sein werden. NatUrIich gehört dazu auch die aktuelle Debatte darüber, die Gewaltentrennung zu verbessern sowie die Entscheidungsprozesse transparenter und leichter verständlich zu machen38 . In all diesen Punkten lassen sich gute Gründe fUr die Reformbedürftigkeit der EU angeben, völlig unabhängig von ihrer juristischen Qualität. Nur auf einen wichtigen Punkt sei nochmals zurückgekommen. In der jüngeren Literatur wird in unserem Zusammenhang das "Wir-Gefllhl" als wesentliche Bedingung eines Volkes aufgegriffen, versucht, es von seinen ethnisch-kulturellen Bestandteilen zu befreien und so fUr die EU fruchtbar zu machen. Das Zugehörigkeitsgefllhl zur EU könne als Bekenntnis zu den in der Unionsverfassung ausgedrückten Werten aufgefaßt werden. "The substance ofmembership (and thus of the demos) is in a commitment to the shared values of the Union as expressed in its constituent documents, a commitment to the duties and rights of a civic society covering discrete areas of public life, a commitment to membership in a polity which privileges exactly the opposites of classic ethnonationalism - those human features which transcend the differences of organic ethno-culturalism ... What is special in this concept is that it invites individuals to see themselves as belonging simultaneously to two demoi, albeit based on different subjective factors of identification."39 In der Tat ist der Gedanke der "Mehrfachzugehörigkeit" (zB Tiroler - Österreicher - Europäer) ein wichtiger Ansatz, sofern man das Identiftkationsgefllhl als vitale Bedingung fUr das gute Funktionieren einer Rechtsgemeinschaft sieht. Wie bedeutsam dieser Aspekt wirklich ist und welchen Eigenwert er neben den anderen, oben beispielsweise angesprochenen Legitimationselementen besitzt, kann hier offen bleiben. Allein ausschlaggebend ist er wohl nicht. Jedenfalls wird man nicht leugnen können, daß die stetige und umfassende Überprüfung bestehender Strukturen sinnvoll ist, um die stabilisierende und nutzenmaximierende Funktion rechtlicher Gemeinschaften zu optimieren, wie sie schon Thomas Hobbes zum Ausdruck gebracht hat: "Die Absicht und Ursache, warum die Menschen bei all ihrem natUrlichen Hang zur Freiheit und Herrschaft sich dennoch entschließen konnten, sich gewissen Anordnungen, welche die bürgerliche Gesellschaft trifft, zu unterwerfen, lag in dem Verlangen, sich selbst zu erhalten und ein bequemeres Leben zu fllhren; oder mit anderen Worten, aus dem elenden Zustande eines Krieges aller gegen alle gerettet zu werden."4o
37 Vgl die Vorgaben für die EU in Art 23 Bonner Grundgesetz. 38 Hrbek (1995)180 ff, Schneider (1994) 254 tI. 39 Weiler (1995) 1683 ff (Zitat: 1685). 40 Hobbes (1651) 151.
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IV. Die Relevanz der Staatlichkeitsdebatte Es gibt Stimmen, die als Konsequenz einer "Verfassung" rur die EU den Schritt zu einer neuen Staatlichkeit sehen41 . Wie sich aus den bisherigen Ausftlhrungen ergibt, ist dies nicht zwingend. Zu erörtern bleibt, worin die wesentliche Bedeutung einer solchen Veränderung läge42 . Gibt es doch immerhin folgenden prominenten Standpunkt in der Literatur: "Staatenbund und Bundesstaat, diese beiden Haupttypen der Staatenverbindungen, unterscheiden sich voneinander nur durch den Grad der Dezentralisation oder Zentralisation."43 Aus völkerrechtlicher Perspektive ist grundsätzlich die schon erwähnte DreiElemente-Lehre maßgeblich44 . Soweit zu sehen, behauptet kaum jemand, die EU bzw die EG seien in diesem Sinn bereits heute Staaten, bzw die Mitgliedstaaten hätten ihre Staatsqualität bereits verloren. Nach wohl überwiegender Ansicht ist es angesichts der längst gegebenen Staatsähnlichkeit der EU bzw der drei EG vor allem das Fehlen der Kompetenz-Kompetenz, was nach wie vor einen wesentlichen Unterschied ausmacht45 . Davon ausgehend kann man sagen: Nur wenn in die "Verfassung" der EU eine Kompetenz-Kompetenz aufgenommen wird, die es bisher nicht gibt4 6, wird die Union oder werden die drei Gemeinschaften zum Staat47 Nehmen wir an, es käme zu einer solchen Kompetenz-Kompetenz der Union oder der Gemeinschaften, und das dann entstandene Gebilde hätte eine lliderale Struktur. Dann müßte man wohl mit der überwiegenden Meinung sagen: Ein Unterschied bestünde zum einen in der Ausweitung der beschränkten Völkerrechtssubjektivität der Union bzw der Gemeinschaften zu einer unbeschränkten,
41 ZB Lecheier (1995) 393 ff, insb 403, Seidel (1995) 223. 42 Nur der Klarheit wegen sei darauf hingewiesen, daß die EU nach herrschender Auffassung bisher gar keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, sodaß sich die Frage einer neuen Staatlichkeit wenn überhaupt aktuell nur fIlr die drei EG (EG, EGKS und EURATOM) stellt. Im Text geht es nicht um dieses Detail, sondern um die Gesamtentwicklung. 43 Kelsen(1925) 193 ff(Zitat 194). 44 Verdross/Simma (1984) §§ 378 ff mwN; zur (beschrankten) Völkerrechtspersönlichkeit internationaler Organisationen ebendort §§ 415 ff. 45 ZB Steinberger (1991) 16 fFN 21, 22, Streinz (1990) 955; Streinz (1995) Rz 121. Vgl im übrigen zu weiteren Unterschieden Oppermann (1994), insb 91. Vorsicht ist allerdings angebracht, wenn etwa der Umstand hervorgehoben wird, wonach Militär, Polizei, ja "die ganze Ausftlhrung des europäischen Rechts ... so gut wie vollstandig im nationalen Bereich" verbleibe. Immerhin können die Mitgliedstaaten diesbezüglich auch funktionell ftlr die Gemeinschaften tätig werden, eine Konstruktion, die in Bundesstaaten durchaus selbstverstandlich ist. 46 Vgl dazu BVerfGE 89, 155 (192 ff, insb 194 ff). 47 Man wird kaum leugnen können, daß etwa der Zweite Bericht des Institutionellen Ausschusses über die Verfassung der Europäischen Union v 9. 2. 1994 (Berichterstatter: Fernand Herman), PE 203.601lendg 2, 13, va in seinem Art 31 eine Kompetenz-Kompetenz anstrebt - so auch das Urteil von Petersmann (1995) 190; AA zB Seidel (1995) 225 f. Ein solches Konzept durfte allerdings keine Chance auf Verwirklichung im Rahmen der laufenden Regierungskonferenz haben.
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zum anderen im Verlust der Völkerrechtsunmittelbarkeit der Mitgliedstaaten. Diese Völkerrechtsunmittelbarkeit - im Sinne ausschließlicher und direkter Unterworfenheit unter das Völkerrecht - besteht bei Mitgliedern eines Staatenbundes, nicht aber bei Gliedstaaten eines Bundesstaates, die auch der Staatsverfassung untergeordnet sind48 . Allerdings ist hier sogleich anzumerken: Auch Gliedstaaten eines Bundesstaates können völkerrechtliche Zuständigkeit besitzen49, ohne daß die Staatenverbindung dann schon zum Staatenbund wird50 . Dies könnte ohne weiteres auch in einer veränderten EU der Fall sein, in der bereits heute eine Teilung der Zuständigkeit zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge mit Dritten besteht. Teils ist es die EG, teils die Mitgliedstaaten, teils alle gemeinsam, die zum Abschluß eines Vertrags zuständig sind51 . Daran müßte sich nichts Grundsätzliches ändern. Aber auch die interne Zuständigkeitsverteilung könnte - mit der einen Ausnahme der Kompetenz-Kompetenz unverändert bleiben. Die praktischen Änderungen wären also nicht notwendig umwälzend im Vergleich zum Status quo. Freilich, auf dem Boden der herrschenden Souveränitätslehre müßte man dann sagen: Eine solche Entwicklung hätte nicht nur (wie bisher) eine Beschränkung der politischen Souveränität der Mitgliedstaaten zur Folge, sondern einen Übergang der Souveränität im Rechtssinne auf die Union bzw die Gemeinschaften52 . Auf dem Boden der älteren, neuerdings aber wieder in die Diskussion gebrachten53 Konzeption von der geteilten Souveränität wäre nicht einmal in diesem Punkt eine gravierende Änderung zu konstatieren. Auf dieser Grundlage könnte man in der Tat schon heute einen Zustand geteilter oder dualer Souveränität feststellen 54 , der durch die Entwicklung der EU zu einem Bundesstaat keinen Qualitätssprung erführe. Auch als Glieder eines Bundesstaates würde der Rechtsstatus der Mitgliedstaaten keine dramatische Änderung erfahren, sondern sich dann einfach anband der "Bundesverfassung" statt der "Unionsverfassung" bestimmen. Es soll kein Mißverständnis entstehen: Das ist kein Plädoyer für die Errichtung eines Europäischen Bundesstaates. Es sei auch klargestellt, daß eine solche Entwicklung wohl nach den meisten, wenn nicht nach allen Verfassungen der Mitgliedstaaten als fundamentale Änderung zu behandeln wäre und in vielen Ländern einer Volksabstimmung bedürfte. Schon deshalb ist dies in näherer 48 Verdross (1926) 101 ff, 109 ff. Vgl auch Kunz (1929) 44 f, 51, 53, 59 f, 100 ff. 49 Vgl zB Art 32 Abs 3 Bonner Grundgesetz; Art 16 B-VG.· 50 1m einzelnen ist manches strittig: Vgl va Kunz (1929), insb 127 f, 130 (der hier zwischen "teilweis-souveräne(n) Staaten" und "unechten Bundesstaaten" unterscheidet; ferner Verdross (1926) 122 ff: Man könne dies als Fall dezentralisierter Organe des Bundesstaats bezeichnen. 51 Vgl nur das Gutachten 1194, wrO-Abkommen, Sig 1994,1-5267. 52 Vgl zu Souveränitätsdiskussion im Zusammenhang mit der Übertragung von Hoheitsrechten Griller (1989) 13 ff. 53 Oeler (1995) 670 ffmwN. 54 Oeler (1995) 685.
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Zukunft kaum zu erwarten. Wohl aber filhren diese Überlegungen zur Konsequenz: Nüchtern betrachtet zwingt der Schritt zur Staatlichkeit der Union oder der Gemeinschaften nicht zur völligen Neuordnung des Verhältnisses zu den Mitgliedstaaten. .
v.
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Die zuletzt angestellte Überlegung läßt sich "umdrehen" und ist dann zugleich die wichtigste Konsequenz dieses Beitrags: Wenn der Schritt zur Staatlichkeit keine radikale Umwälzung zur Folge hätte, dann gibt es keinen Grund, sinnvolle Reformen mit dem bloßen Hinweis auf die fehlende Staatlichkeit zu blockieren. Das gilt filr die gesamte Verfassungsdebatte. Ein besonders wichtiger Punkt, an dem sich dies demonstrieren läßt, ist die Auseinandersetzung um die Demokratisierung der Union. Diesbezüglich wird, wie schon ausgefilhrt, eine Aufwertung des EP mit der Begründung abgelehnt, mangels europäischem Volk sei die demokratische Legitimation europäischer Rechtsakte über die nationalen Parlamente herzustellenS5 . Nun läßt sich allerdings zeigen, daß dies aus verschiedenen Gründen nicht funktioniert S6 . Das scheinbare Dilemma ist aber überwindbar. Die Aufwertung des Europäischen Parlaments (vor allem durch die Übertragung der Rechtsetzungsbefugnis) wäre in Wahrheit kein entscheidender Schritt zum Europäischen BundesstaatS? Denn damit muß weder die Einräumung von Kompetenz-Kompetenz an die EU oder die EG noch die Ausweitung der EU-Kompetenzen insgesamt verbunden werdenS8 . Aber selbst wenn man das anders sehen wollte, ist die Alternative nicht sehr verlockend: Lieber eine demokratisch schwach legitimierte staatsähnliche Rechtsordnung als eine demokratisch ausreichend legitimierte bundesstaatliche Ordnung? Kontrastierend zur eingangs skizzierten Position gesagt: Wo eine Verfassung, da ein Volk, zumindest aber eine Rechtsgemeinschaft von Völkern, wo eine Verfassung mit Kompetenz-Kompetenz, da ein Staat. Wie lange die Staatsqualität der EU und den Gemeinschaften auch noch fehlen mag, dies ist kein Grund, nötige Reformen mit besonderen Denkverboten zu belasten.
55 Siehe oben im Text bei FN 13. Ferner zum Thema Oeter (1995) 661 f, 688 ff, 694 ff, 700 ff mwN. 56 Vgl Griller (1995) 172 ff. 57 So aber zB schon Badura (1966) 73 f. Ferner zB Streinz (1994) 332. 58 Vgl zB auch Ress (1989) 646 f, insb aber 673 f. Es soll aber nicht verkannt werden, daß der Einfluß der Mitgliedstaaten dadurch geschwächt würde; vgl die Einwände gegen Ress zB bei Streinz (1990) 959 mwN.
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Ziele, Wege und Grenzen der Europäischen Integration Von Gerald Hinteregger Die Einigung Europas ist, wie ihre Geschichte seit 1945 demonstriert, ein vielschichtiger und langwieriger Prozeß, der nicht einem apriori akkordierten Gesamtplan gefolgt ist; er wurde vielmehr durch verschiedene politische Initiativen und Zielvorstellungen vorangetrieben. Daher hat es unterschiedliche Ansätze zur Integration Europas gegeben, die teils visionären Vorstellungen großer europäischer Politiker und Denker, teils limitierten Lösungsansätzen von Pragmatikern entsprungen sind. Trotz dieses komplizierten Willensbildungsprozesses, der auf den Prinzipien der Freiwilligkeit und des Konsenses der teilnehmenden Staaten beruht, ist es bereits zu einer sehr weitgehenden Integration des westlichen Teils unseres Kontinentes gekommen. Zu einer Zeit, da die fünfzehn Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgerufen sind, im Rahmen einer großen Regierungskonferenz weitreichende Entscheidungen über den Fortgang des Integrationsprozesses zu treffen, ist die Frage legitim, was die Endziele dieser Integration sind und wo ihre Grenzen liegen.
I. Große Visionen und limitierte Ziele Bald nach Kriegsende setzte einer der großen Europäer, Winston Churchill, in einer Rede in Zürich am 19. September 1946 ein hohes Ziel für die europäische Einigung: "Wir müssen etwas wie die Vereinigten Staaten von Europa schaffen." Als Realpolitiker fügte er jedoch hinzu: "Der erste Schritt ist die Bildung eines Europarates. Wenn zu anfang auch nicht alle Staaten Europas willens oder in der Lage sind, der Union beizutreten, müssen wir uns dennoch ans Werk machen, diejenigen Staaten, die dies wollen und können, zusammenzufassen und zu vereinen ... ".1 Eine grundlegend andere Sicht des künftigen Europas vertrat Charles de Gaulle, der für ein Europa der Vaterländer, also eine nur lose Vereinigung von Nationalstaaten, eintrat. Heute zählt Frankreich zu den treibenden Kräften einer möglichst weitgehenden Integration Europas, während sich das Vereinigte Königreich einer weiteren Abtretung von Souveränitätsrechten an die Union am stärksten widersetzt.
1 Salesny, Anton (Hrsg.): Europa im Werden - eine Idee wird Wirklichkeit. Wien: Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände, 1974, S. 23 46 Festschrift Pichier
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Ein maßgeblicher Mitgestalter des europäischen Einigungsprozesses war der langjährige Außenminister Frankreichs, Robert Schuman. Zur grundlegenden Frage des Verhältnisses zwischen den Nationalstaaten und der zu schaffenden Gemeinschaft sagte er: "Es geht nicht darum, die Staaten zu verschmelzen und einen Superstaat zu schaffen. Unsere europäischen Staaten sind eine historische Realität; es wäre psychologisch unmöglich, sie verschwinden zu lassen. Ihre Verschiedenheit ist sogar sehr beglückend... Was wir brauchen, ist eine Union, einen Zusammenhalt, eine Koordination. "2 Eines der wichtigsten Ziele war für ihn, die nationalen Grenzen möglichst durchlässig zu machen: "... Es geht nicht darum, die ethnischen und politischen Grenzen zu beseitigen ... Was wir wollen ist, den Grenzen ihre Starrheit, ich würde sogar sagen ihre unnachgiebige Feindseligkeit zu nehmen ... "3. Er war aber auch überzeugt davon, daß sich der Gedanke der Supranationalität gegenüber dem nationalistischen Denken durchsetzen werde: "Das Gefilhl der Solidarität der Nationen wird über die nunmehr überholten Nationalismen siegen .... Das Supranationale wird auf den nationalen Grundlagen beruhen. "4 Schuman hat also schon damals die Kernprobleme der Integration mit bemerkenswerter Klarheit, aber auch mit großem Realismus aufgezeigt. In dem Kräfte- und Spannungsfeld zwischen der großen Vision von den Vereinigten Staaten von Europa und der im nationalstaatlichen Denken verhafteten Vorstellung von einem lose verbundenen Europa der Vaterländer hat sich dieser Einigungsprozeß bisher entwickelt. Dabei hing es jeweils vom politischen Willen der beteiligten Staaten ab, ob die institutionalisierte Zusammenarbeit nach den Regeln zwischenstaatlicher Kooperation gestaltet wurde, oder ob es zur Bildung von gemeinsamen Organen mit supranationalen Exekutivbefugnissen kam. Wie dem auch sei, jede der seit 1945 geschaffenen europäischen Institutionen hat auf ihre Weise einen Beitrag zur europäischen Integration im weiteren Sinn geleistet.
11. Die Gründungsphase der europäischen Institutionen (1946-1960) In der "Gründungsphase" von 1946 bis 1960 lassen sich bereits die verschiedenen Ansätze zur Integration unseres Kontinents erkennen. Der 1947 errichteten Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen rur Europa (UNIECE) gehörten als Gründungsmitglieder die maßgeblichen europäischen Staaten einschließlich der Sowjetunion, aber auch die USA an. Damit wurde ein gesamt2 Schuman, Robert: Pour I'Europe. Genf: Nagel, S. 24 (Übersetzung von mir). 3 ibid., S. 33 4 ibid., S. 23
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europäisches Wirtschafts forum mit einer transatlantischen Dimension geschaffen. Allerdings zog der bald darauf einsetzende Kalte Krieg der gesamteuropäischen Kooperation und Integration vorerst enge Grenzen. Während einiger Jahrzehnte bildete die UNIECE die einzige institutionelle Brücke zwischen Ost und West. Die auf Betreiben der USA im Jahre 1948 zwecks Koordination der MarshallPlan-Hilfe gegründete Organisation rur Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) stand ursprünglich auch den Staaten Mittel- und Osteuropas offen, doch mußten diese unter dem Druck Moskaus auf die Teilnahme am Marshall-Plan verzichten. Damit wurde die OEEC zur ersten, ausschließlich westlichen Institution in Europa. Durch die als Antwort auf die OEEC im Osten erfolgte Gründung des Rates fitr Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW oder COMECON) wurde die Spaltung Europas auch in institutioneller Hinsicht vollzogen und eine unüberwindliche Barriere rur die gesamteuropäische Integration errichtet. In ihrem Bereich hat die OEEC durch die Multilateralisierung des Handels- und Zahlungsverkehrs die Schaffung eines großen arbeitsteiligen Wirtschaftsraumes eingeleitet. Diese Erfahrung hätte es verdient, hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf Mittel- und Osteuropa nach dem Umsturz von 1989 ernstlich geprüft zu werden. 5 Die zunehmende militärische Bedrohung von Seiten der Sowjetunion ruhrte 1949 zur Gründung der NATO, des Nordatlantischen VerteidigungsbÜßdnisses. Ebenso wie beim Marshall-Plan demonstrierten die USA in eindrucksvoller Weise ihre Solidarität mit Westeuropa, diesmal in Form einer kollektiven Sicherheitsgarantie. (Das östliche Gegenstück zur NATO, der Warschauer Pakt, wurde erst 1955 als Reaktion auf die Aufnahme Westdeutschlands in die NATO, geschaffen.) Die erste europäische Institution, welche ohne die "Geburtshilfe" der USA entstand, war der 1949 geschaffene Europarat. Wenn dieser Zusammenschluß der demokratischen Länder Westeuropas auch weit hinter der Vision von den Vereinigten Staaten Europas zurückblieb, so erhielt er doch eine wichtige Aufgabe von gesamteuropäischer Bedeutung, nämlich die Wahrung des "gemeinsamen europäischen Erbes". Damit wurden die gemeinsamen politischkulturellen Wertvorstellungen der freien Völker Europas, die parlamentarische Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und der Schutz der Menschenrechte, Gegenstand poliischer europäischer Einigungsbestrebungen. Einen grundlegend anderen Weg beschritt eine Gruppe großer Europäer der Nachkriegszeit, Schuman, Monnet, Spaak, Adenauer und de Gasperi, mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). Diese zunächst "kleineuropäische Lösung" war in zweierlei Hinsicht begrenzt: in geographischer Hinsicht, da nur Frankreich, Deutschland, Italien und die drei 5 siehe hiezu die Vorschläge des ECE-Sekretariats: Economic Survey of Europe in 1989 - 1990. New York: United Nations Publication, 1990, S. 10 ff. 46*
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BENELUX-Staaten an ihr teilnahmen; und in Bezug auf das Mandat, da die Aktivitäten der EGKS auf den Sektor der Montan- und Schwerindustrie beschränkt waren. Dennoch brachte diese erste Institution der europäischen Integration im engeren Sinn zwei wichtige Elemente in den Einigungsprozeß ein: neben der wirtschaftlichen Zielsetzung hatte sie eminent politische Bedeutung, sollte doch durch die gemeinsame Kontrolle der Schwerindustrie jede künftige kriegerische Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Frankreich unmöglich gemacht werden. Überdies wurde durch die Abtretung nationaler Souveränitätsrechte an ein Gemeinschaftsorgan, die Hohe Behörde, ein wichtiger Schritt in Richtung auf eine höhere Form der Integration mit Exekutivrechten einer supranationalen Instanz getan. Durch den Erfolg der EGKS ermutigt, wurden 1957 die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) gegründet. Die beiden diesbezüglichen Römer Verträge waren zunächst auch auf das Europa der Sechs beschränkt, standen jedoch grundsätzlich anderen europäischen Staaten offen, wodurch die Möglichkeit der Erweiterung dieser europäischen Gemeinschaften eröffnet wurde. Vor allem aber schuf der EWG-Vertrag durch seine weitblickende und umfassende Konzeption die Grundlagen filr die Dynamik und zunehmende Breitenwirkung der europäischen Einigung. Bereits im EWG-Vertrag waren wichtige Etappenziele der Vertiefung des Integrationsprozesses vorgezeichnet: eine Zollunion und in weiterer Folge die Schaffung eines Gemeinsamen Marktes. In diese Zeit fallen auch die ersten Bemühungen um eine größere Lösung, welche die Einbeziehung von jenen Ländern in einen loseren Integrationsprozeß gestatten sollte, die an der EWG nicht teilnehmen konnten oder wollten. Um den Kern der Sechs sollten Länder wie das Vereinigte Königreich und die neutralen Staaten Österreich, Schweden und die Schweiz in eine Freihandelszone gruppiert werden. Dieses Projekt scheiterte am Veto Frankreichs. So wurde 1959 die Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) gegründet, welche sich allerdings auf den Sektor der industriellen Güter beschränkte. Angesichts der heutigen Diskussion über ein "Kerneuropa" und einen sekundären, weniger eng integrierten Kreis von Staaten könnte man sich fragen, ob nicht die Lösung einer großen Freihandelszone gewisse Verzögerungen und Umwege im Integrationsprozeß hätte vermeiden können. Wenig erfolgreich waren die frühen Bemühungen um eine gemeinsame europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Der Vertrag von 1954 über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft trat infolge Ablehnung durch das französische Parlament nie in Kraft,und die wenig später gegründete Westeuropäischen Union (WEU), die durch den Vertrag von Maastricht neue Aktualität erlangt hat, blieb weitgehend auf dem Papier. Angesichts der militärischen Macht der Sowjetunion wäre eine auf Westeuropa beschränkte Verteidigungsgemeinschaft wenig glaubwürdig gewesen wäre.
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Zusammenfassend läßt sich sagen, daß in der GrUndungsperiode eine beachtliche Vielfalt von europäischen Institutionen geschaffen wurde, welche mit verschiedenen Zielsetzungen und Funktionsweisen als Instrumente der europäischen Einigung dienten. Auf diesem breiten Experimentierfeld des Integrationsprozesses konnten die verschiedenen Institutionen, welche zum Teil zueinander in Konkurrenz traten, ihre Effektivität beweisen. Mangels wirksamer Koordinationsmechanisme auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene mußte es zu gewissen Überschneidungen und Unklarheiten in der Arbeitsteilung der Institutionen untereinander kommen.
III. Die Konsolidierungsphase der Institutionen Die nächste Periode der europäischen Einigungsbestrebungen zwischen 1960 und dem Umbruch der Jahre 1989/1990 diente der Konsolidierung und Fortentwicklung des Integrationsprozesses. Es wurden keine neuen europäischen Institutionen geschaffen, wohl aber gewannen die bestehenden an Profil bzw. wurden sie an die sich verändernden Gegebenheiten angepaßt. Die OEEC wurde nach ErfUllung ihrer Aufgabe 1960 in die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) umgewandelt. Durch die Mitgliedschaft einer Reihe von außereuropäischen Staaten wurde sie zum Forum der höchstentwickelten Marktwirtschaften weltweit, blieb aber weiterhin fitr den europäischen Integrationsprozeß von großer Relevanz. Zum Motor der wirtschaftlichen Integration in Westeuropa entwickelte sich zunehmend die EWG. Sowohl die Vertiefung der Integration als auch die Erweiterung der Gemeinschaft gingen in Schüben vor sich, wobei Phasen des dynamischen Fortschritts mit Perioden der Stagnation abwechselten. Immer wieder erhielt dieser Prozeß in entscheidenden Momenten die erforderlichen politischen Impulse. In diese Periode fiel die Verwirklichung der Zollunion im Rahmen der EWG, die allerdings zwölf Jahre in Anspruch nahm. Eine wichtige Weiterentwicklung der Gemeinschaften erfolgte durch die Einheitliche Europäische Akte von 1987. Neben der Einfithrung von Mehrheitsentscheidungen im Rat, einem wichtigen supranationalen Element, wurde auch die Realisierung des nächsten wichtigen Etappenzieles eines europäischen Binnenmarktes beschlossen, der - von einigen Ausnahmen abgesehen - fristgerecht mit 1. Jänner 1993 in die Tat umgesetzt werden konnte. Was den Prozeß der geographischen Erweiterung der Europäischen Gemeinschaften betrifft, so wurden nach einem durch das Veto Frankreichs verhinderten Versuch im Jahre 1961 Großbritannien, Dänemark und Irland nach sechsjährigen Verhandlungen 1973 in die EG aufgenommen. Die zweite, die sogenannte "Süderweiterung" , gestaltete sich insofern schwieriger, als es sich bei der Integrierung Griechenlands, Portugals und Spaniens um Länder handelte, deren
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wirtschaftlicher Entwicklungsstand beträchtlich unter dem Niveau der bisherigen Mitgliedsstaaten - von Irland abgesehen - lag. Dies erklärt auch die lange Verhandlungsdauer von sechs bzw. neun Jahren, die Konzedierung langer Übergangsfristen sowie die Gewährung besonderer technischer und fmanzieller Hilfe im Geiste europäischer Solidarität. Die EG bewiesen ihre zunehmende Attraktionskraft auch gegenüber den neutralen EFTA-Staaten, filr welche damals aus politischen Gründen ein Beitritt zur EWG nicht in Betracht kam. Die bilateralen Freihandelsverträge, welche Österreich, die Schweiz und Schweden 1972 mit der EWG abschlossen, erwiesen sich jedoch als wichtige Instrumente der de facto-Integration. So erreichte die Verflechtung der österreichischen Wirtschaft mit der EWG bereits vor dem Beitritt zwei Drittel des gesamten Außenhandels. Auch der Europarat stellte in dieser Periode seine Bedeutung fUr den europäischen Einigungsprozeß unter Beweis. Durch die wachsende Zahl von Konventionen und Abkommen entwickelte sich ein bedeutender Bestand gemeinsamen europäischen Rechtes, der zu einer zunehmenden Harmonisierung des Rechtes der Mitgliedstaaten beitrug. Eine große Errungenschaft war die Europäische Menschenrechtskonvention, durch welche der Schutz der Menschenrechte zu einem besonderen Anliegen der europäischen Staatengemeinschaft wurde. Die UNIECE erwies sich ebenfalls - trotz der Teilung Europas - als ein wirksames Instrument zur Schaffung von Europäischem Recht im weiteren Sinn. Vor allem auf dem Gebiet des Transportwesens, in späterer Folge auch auf dem Gebiet des Umweltschutzes, wurden zahlreiche ECE-Konventionen ausgehandelt, die auf Grund der umfassenden Mitgliedschaft in den ansonsten stark abgeschirmten kommunistischen Herrschaftsbereich hineinwirkten. Die erste, 1979 verabschiedete ECE-Konvention zum Schutz der Umwelt - eine Pionierleistung auf diesem Gebiet - ging auf eine Empfehlung der KSZE-Schlußakte von Helsinki zurück. Auch in anderen Belangen fungierte die UNIECE als Instrument zur Umsetzung von KSZE-Empfehlungen. Die Konferenz filr Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) war der erste Versuch seit dem Beginn des Kalten Krieges, ein gesamteuropäisches Forum filr Dialog und Kooperation zu schaffen. Die ursprüngliche sowjetische Initiative zielte darauf ab, den status quo in Europa und somit die nach dem Zweiten Weltkrieg entstandene politische Ordnung festzuschreiben. Die auf Insistenz des Westens vereinbarte umfassende Agenda, die vor allem die Berücksichtigung von Menschenrechtsfragen und anderer humanitärer Anliegen erwirkte, sollte sich als wirksames Instrument zur Förderung von Strömungen im kommunistischen Herrschaftsbereich erweisen, die schließlich zum Zusammenbruch der kommunistischen Regime beitrugen. Die von der KSZE-Gipfelkonferenz im Jahre 1975 verabschiedete Schlußakte von Helsinki war ein wichtiger
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Meilenstein auf dem mühseligen Weg gesamteuropäischer Kooperation bis zur großen Wende im östlichen Teil Europas.
IV. Die Ostöffnung des Integrationsprozesses Die revolutionären Veränderungen im Osten schufen eine völlig neue Situation in Europa. Der durch Gorbatschow eingeleitete Kurs der Perestrojka und des "Neuen Denkens" in der Außenpolitik gestattete es zunächst den Staaten Mittel- und Osteuropas, ihre politischen und wirtschaftlichen Systeme selbst zu bestimmen. Ihre eindeutige Entscheidung zugunsten des demokratischen Pluralismus und der freien Marktwirtschaft schuf radikal neue Voraussetzungen für die Ost-West-Beziehungen wie auch für eine Integration im gesamteuropäischen Maßstab. Weitere Folgen dieser Entwicklung waren der erstaunlich rasche Zusammenbruch der östlichen multilateralen Institutionen - RGW und Warschauer Pakt - und die Desintegration der multinationalen kommunistischen Staatengebilde. Durch den zunehmenden Druck nationalistischer Strömungen zerfielen die Sowjetunion, die Jugoslawische Föderation und die Tschechoslowakei in ihre Bestandteile, die sich als neue souveräne Nationalstaaten etablierten. Eine der wichtigsten Konsequenzen des Zusammenbruchs der Strukturen im Osten war die den ehemaligen RGW-Staaten eröffnete Möglichkeit, ihre Beziehungen zum Westen individuell und nach eigenem Ermessen zu gestalten. Die Integrierung in die ihnen bis dahin verschlossenen, rein westlichen Institutionen wurde zu einem der Hauptziele ihrer Politik. Gleichzeitig lehnten sie jede Form einer multilateralen Kooperation untereinander ab aus Sorge, daß dadurch die Aufnahme in westliche Institutionen verzögert werden könnte. Die westlichen Staaten traf diese Entwicklung weitgehend unvorbereitet. Sie sahen sich mit der großen Herausforderung konfrontiert, auf die neue Situation möglichst prompt zu reagieren und auf das Drängen der Reformstaaten in Mittel- und Osteuropa, so bald wie möglich in die Gemeinschaft freier Völker integriert zu werden, eine befriedigende Anwort zu geben. Mit der Ausweitung der europäischen Integrationsbestrebungen auf den ehemaligen kommunistischen Herrschaftsbereich wurde dem Integrationsprozeß eine wahrhaft pan-europäische Dimension eröffnet. In diesem Zusammenhang stellten sich eine Reihe von grundsätzlichen Fragen: -
Unter welchen Voraussetzungen und zu welcher Zeit konnten die Reformstaaten in die westlichen Institutionen aufgenommen werden, ohne deren eigene Identität zu kompromittieren?
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Wo sollten angesichts der Tatsache, daß durch den Zerfall der Sowjetunion die Frage der Abgrenzung Europas gegenüber Asien aktualisiert wurde, die Grenzen der europäischen Integration gezogen werden? Waren die bisher geschaffenen institutionellen Strukturen rur den Integrationsprozeß im pan-europäischen Maßstab ausreichend oder mußten neue Institutionen geschaffen werden? Die westlichen Institutionen reagierten unterschiedlich auf die Herausforderung, eine neue "Ostpolitik" gegenüber den Staaten des ehemaligen Ostblocks zu entwickeln. Je nach ihrem Mandat, ihrem Selbstverständnis und den Kriterien für ihre Mitgliedschaft zeigten sie sich mehr oder weniger flexibel und aufgeschlossen gegenüber den Bestrebungen der Reformstaaten, möglichst bald als privilegierte Partner der Zusammenarbeit und in weiterer Folge als Mitglieder akzeptiert zu werden. Diese unterschiedlichen Reaktionen, welche den politischen Willen der jeweiligen Mitgliedsstaaten dieser Institutionen reflektierten, erklärten sich unter anderem aus dem Umstand, daß auch hier nicht nach einem akkordierten Gesamtplan vorgegangen wurde, sondern Willensbildungsprozesse in jeder Institution unterschiedliche, wenig koordinierte Entscheidungen hervorbrachten. Dennoch können für diese neue Phase des europäischen Integrationsprozesses einige gemeinsame Charakteristika identifiziert werden: Alle bis dahin rein westlichen Institutionen öffneten sich sukzessive gegenüber den Reformstaaten. Alle europäischen Institutionen entwickelten Programme zur Unterstützung der Reformstaaten beim Übergang zur pluralistischen Demokratie und zur Marktwirtschaft. Die bereits bestehenden pan-europäischen Institutionen und Prozesse wurden an die neuen Gegebenheiten angepaßt und neue pan-europäische Institutionen und Prozesse wurden geschaffen bzw. eingeleitet. Von den wichtiger westlichen Institutionen zeigte sich der Europarat den Reformstaaten gegenüber besonders aufgeschlossen. Die Schaffung eines "special guest"- Status ermöglichte die baldige Teilnahme interessierter Reformstaaten an bestimmten Aktivitäten. Auch in der Frage der Mitgliedschaft kam der Europarat den Reformstaaten so weit wie möglich entgegen, ohne die grundsätzlichen Erfordernisse für die Aufnahme - demokratische Wahlen, Rechtsstaatlichkeit und Respektierung der Menschenrechte - in Frage zu stellen. Bei einigen Beitrittswerbern gab es heftige Debatten darüber, ob sie diesen Kriterien bereits genügen, wie z.B. in jüngster Zeit hinsichtlich des Beitritts der Russischen Föderation. Die große Mehrheit in der Parlamentarischen Versammlung zugunsten der Mitgliedschaft Rußlands und die positive Entscheidung des Ministerkomitees zeigen, daß sich gegenüber Bedenken über die ungenügende Respektierung der Menschenrechte die politische Überlegung durchsetzte, den Demokratisierungsprozeß wirksamer durch eine volle Einbeziehung Rußlands in den Europarat unterstützen zu können. Durch die Aufnahme der europäischen
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Nachfolgestaaten der Sowjetunion hat der Europarat die Grenzen seines Wirkens weit nach Osten vorgeschoben. Er ist damit zu einer pan-europäischen Institution im wahren Sinn des Wortes geworden. Die Erfahrung wird zeigen, inwieweit es dem Europarat gelingt, die gemeinsamen politischen und humanitären Wertvorstellungen der westlichen Demokratien auch in diesem weiten Rahmen wirksam durchzusetzen und zu festigen. Im Gegensatz zum Europarat verfolgte OECD eine restriktive Linie in der Frage der Osterweiterung. Es gab tiefgehende Meinungsunterschiede: während die USA und andere westliche Mitglieder in der OECD ein wichtiges Instrument für die Unterstützung des wirtschaftlichen Transformationsprozesses sahen, legten andere OECD-Länder wie Japan größten Wert auf die Erhaltung der Organisation als exklusiven "Klub" hochentwickelter Marktwirtschaften. Schließlich wurde eine selektive Teilnahme an bestimmten Aktivitäten ermöglicht, wobei die vier Visegrad-Staaten Polen, Slowakei, Tschechien und Ungarn als "partners in transition" einen privilegierten Status erhielten. Als erstes Reformland wurde kürzlich die Tschechischen Republik als Mitglied aufgenommen. Die übrigen Visegrad-Staaten werden bald folgen. Eine weitere Osterweiterung der OECD wird hingegen auf sich warten lassen. Die neue Situation in Europa nach dem Umbruch der Jahre 1989/1990 stellte auch die bestehenden gesamteuropäischen Institutionen bzw. Prozesse, nämlich die UNIECE und die KSZE, vor die Frage ihrer künftigen Rolle. Als Ergebnis einer intensiven Reform im Jahre 1990 wurden die prioritären Aktivitäten der UNIECE neu definiert und ihr das zusätzliche Mandat erteilt, die Reformstaaten beim Übergang zur Marktwirtschaft zu unterstützen und ihre Integrierung in die europäische Wirtschaft zu fördern. Die Teilnehmerstaaten der KSZE verabschiedeten bei einer Gipfelkonferenz im November 1990 die "Charta für ein neues Europa", in welcher sich alle Staaten einschließlich der Sowjetunion zu den Prinzipien der pluralistischen Demokratie und der freien Marktwirtschaft bekannten. Auch wurden die Grundsätze rur die Kooperation im gesamteuropäischen Rahmen neu festgelegt. Die KSZE erhielt in der Folge permanente Strukturen und wurde in Organisation rur Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) umbenannt. 6 Die Definition ihrer Rolle im Neuen Europa ist noch im Gang, doch zeichnen sich Schwerpunkte auf dem Gebiet der Friedenssicherung und -erhaltung wie auch der Stärkung demokratischer Strukturen ab. Die durch den Zerfall der Sowjetunion aufgeworfene Frage, wo im Osten die Grenzen der Mitgliedschaft gezogen werden sollten, erfuhr in beiden Fällen eine maximalistische Lösung: alle Nachfolgestaaten der Sowjetunion sind nunmehr Mitglieder der UNIECE und der OSZE.
6 Nach Ansicht von Völkerrechtsexperten ist die OSZE mangels rechtlichen Statuts noch nicht als internationale Organisation anzusehen.
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Die zentrale Rolle im Prozeß der europäischen Integration kommt in steigendem Maße der EG bzw. EU zu. Ihre neue "Ostpolitik" nach 1989/1990 entwickelte sich in mehreren Phasen. Nach dem Abschluß von eher traditionellen Handels- und Kooperationsverträgen folgten die Assoziations- oder Europa-Abkommen, welche u.a. ein bilaterales Freihandelsregime zwischen der EG und den einzelnen Reformstaaten schufen. Der Europäische Rat faßte in Kopenhagen im Juni 1993 den historischen Beschluß, die Europäische Union auf Mittelund Osteuropa auszuweiten. Die zehn Reformstaaten, mit welchen bisher Europa-Abkommen verhandelt wurden (die vier Visegrad-Staaten, Slowenien, Bulgarien, Rumänien und die drei baltischen Staaten) sowie die Mittelmeerstaaten Malta und Zypern markieren vorerst die Grenzen, bis zu welchen sich die Europäische Union in absehbarer Zukunft ausdehnen wird. Die vom Europäischen Rat formulierten Beitrittsbedingungen lassen ermessen, daß die nächste Erweiterungsrunde besondere Anstrengungen erfordern wird. Offen ist die Frage einer künftigen "Südosterweiterung", d.h. einer künftigen Mitgliedschaft der Nachfolgestaaten Jugoslawiens (abgesehen von Slowenien) und Albaniens. Was den Erweiterungsprozeß verkompliziert, ist der Umstand, daß die Europäische Union im Vertrag von Maastricht von 1992 neue ehrgeizige Integrationsziele aufgestellt hat: die Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion im Jahr 1999, aber auch die Entwicklung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und schließlich die Schaffung einer Politischen Union. Dabei zeigt sich immer deutlicher, daß der Integrationsprozeß umso schwieriger wird, je mehr er die Kernbereiche nationaler Souveränität und nationaler Interessen erfaßt. Das war der Fall bei der Frage der Freizügigkeit der Personen, die in einer separaten Vereinbarung außerhalb der EU, dem Abkommen von Schengen, geregelt werden mußte, an dem nicht alle EUStaaten beteiligt sind. Auch die Verwirklichung der Wirtschafts - und Währungsunion und insbesondere der Abschied von den nationalen Währungen erweist sich als schwieriges und kontroversielles Unterfangen. Im besonderen gilt dies aber fUr die Entwicklung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, wie die enormen Schwierigkeiten und Divergenzen bei der Bewältigung der Probleme im ehemaligen Jugoslawien zeigen. Diese Problematik läßt erkennen, daß unter den gegebenen Umständen Fragen der europäischen Sicherheit nur im gesamteuropäischen Rahmen und nicht ohne Beteiligung der USA und Rußlands gelöst werden können.
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v. Gesamteuropäische Perspektiven - Ziele und Grenzen Bei der Schaffung einer gesamteuropäischen Sicherheits- und Friedensordnung, dem wohl wichtigsten Ziel der europäischen Einigungsbestrebungen, ist davon auszugehen, daß nicht mit der Schaffung großer neuer Strukturen zu rechnen ist, sondern daß die bereits vorhandenen Institutionen NATO, EU und WEU im Verein mit der OSZE durch eine sinnvolle Rollenverteilung und Kooperation zu einem wirkungsvollen Sicherheitssystem auszubauen sind. Der heftige Widerstand Rußlands gegen eine Osterweiterung der NATO legt eine Lösung nahe, die dieses als Regionalmacht noch immer bedeutende Land nicht ausgrenzt. Andererseits stellt sich die Frage, ob die USA und vor allem der amerikanische Kongreß tatsächlich bereit wären, die Sicherheitsgarantie auf Mittel- und Osteuropa auszudehnen. Letzten Endes ist die NATO nach wie vor ein Instrument der "Pax americana", und Europa wird beweisen müssen, daß es im Rahmen der Europäischen Union, allenfalls durch eine aufgewertete WEU, willens und in der Lage ist, sich auch im Sicherheitsbereich von den USA zu emanzipieren. Eines ist klar: auch nach einer maximalen, an die Grenzen ihrer Absorptionskapazität gehenden Erweiterung der EU wird deren künftige Ostgrenze nicht gleichbedeutend sein mit den Grenzen Europas. Eine der großen Herausforderungen fUr die EU wird darin bestehen, ihre Beziehungen zu den europäischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion auf eine solide Basis zu stellen. Die mit Rußland und der Ukraine abgeschlossenen Partnerschaftsabkommen sind ein erster Schritt in diese Richtung. Auch die allen Nachfolgestaaten der Sowjetunion angebotene NA TO-Friedenspartnerschaft ist ein Mittel, um diese Länder stärker in ein Netz gesamteuropäischer Bindungen einzubeziehen. Die von den südlichen EU-Staaten in jüngster Zeit besonders forcierte Entwicklung einer strategischen Politik der Union fUr den Mittelmeerraum zeigt, daß über den Rahmen der EU hinaus institutionelle Lösungen fUr die Schaffung engerer Beziehungen sehr wohl in Betracht kommen, wie etwa die Vereinbarung von Freihandelsarrangements mit den nordafrikanischen und nahöstlichen Mittelmeerstaaten oder die Zollunion mit der Türkei. Warum sollte nicht als strategisches Fernziel eine gesamteuropäische Freihandelszone unter Einschluß Rußlands und der Ukraine in Aussicht genommen werden? Es wäre dies eine adäquate politische Antwort Europas auf die Initiativen zur Schaffung großräumiger Freihandelszonen im panamerikanischen bzw. asiatisch-pazifischen Raum. Auch sollten die bestehenden pan-europäischen Institutionen effektiver eingesetzt werden, um die Nichtmitglieder der EU im Osten und Südosten fester in ein gesamteuropäisches System einzubinden. Auf die große politische Bedeutung der Osterweiterung des Europarates wurde bereits hingewiesen. Eine
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gestärkte OSZE, eine wirkungsvoller genützte UNIECE und eine erweiterte Rolle der Europäischen Bank fUr Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), der einzigen, nach dem Umbruch von 1989/1990 neu geschaffenen pan-europäischen Institution, könnten als Klammer zwischen der EU und den Nichtmitgliedern im Osten fungieren und nicht als unerwünschte Konkurrenz, sondern als Ergänzung der Bemühungen der EU beim Ausbau ihrer Beziehungen über ihre Grenzen hinaus nützlich sein. Eine größere strukturelle Flurbereinigung könnte durch eine organisatorische Zusammenlegung von OSZE und UNIECE erzielt werden, wodurch die OSZE die ihr fehlende wirtschaftliche Kompetenz erhalten würde. Die nächsten Jahre und vor allem die große EU-Regierungskonferenz werden zeigen, ob die hochgesteckten Ziele für die nächsten Integrationsschritte wie vorgesehen erreicht werden können, bzw. wo die Grenzen der Integration überhaupt liegen. Die Verwirklichung der WWU zum vereinbarten Termin 1999 ist wegen der durch die Konvergenzkriterien auferlegten Härten Gegenstand heftiger Diskussionen. Erschwert wird die Situation durch das immer akuter werdende Problem wachsender Arbeitslosigkeit und die Forderung nach einer energischen Beschäftigungspolitik in Ergänzung zur WWU. Die enttäuschenden Fortschritte auf dem Gebiet der Außen- und Sicherheitspolitik wie auch der Inneren Sicherheit lassen das Ziel einer politischen Union in beträchtliche Feme rücken. Und die Erweiterung um die derzeit zwölf Beitrittskandidaten, die gewiß nur sukzessive und über einen längeren Zeitraum verteilt realisiert werden kann, wird die Absorptionskapazität der Union und die Solidarität ihrer Mitgliedsstaaten gegenüber den Assoziierten Staaten bis an die Grenzen auf die Probe stellen. Dennoch berechtigen die in den vergangenen fünfzig Jahren trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge erzielten großen Fortschritte auf dem Weg der europäischen Einigung zu begründeter Hoffnung, daß der Integrationsprozeß durch die EU-Regierungskonferenz die nötigen politischen Impulse zur Erreichung der nächsten Etappenziele erhalten wird. Dabei wird sich unvermeidlicherweise die Frage stellen, ob es möglich sein wird, alle EU-Mitgliedsstaaten im Geleitzug - wenngleich in langsamerem Tempo - an den weiteren Fortschritten des Integrationsprozesses teilhaben zu lassen, oder ob sich die Forderung nach einem zügigeren Integrationstempo, bei dem allerdings nur eine limitierte Kemgruppe mithalten könnte, durchsetzen wird.
Die Herausforderungen einer gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungs politik Konsequenzen für Österreich Von Erich Hochleitner
J. Das sicherheitspolitische Umfeld Das sicherheitspolitische Umfeld Europas und damit Österreichs hat sich mit dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums grundlegend verändert. Die Gefahr russischer Machtprojektion nach Mitteleuropa ist vorerst geschwunden und die unnatürliche Teilung Europas nach 1945 wurde überwunden. Mittelund Osteuropa bleiben jedoch eine Zone von Instabilität und sind mit großen Unsicherheiten belastet. Die Demokratien Mitteleuropas empfinden, daß sie Teil eines großen Sicherheitsvakuums zwischen der Sicherheits zone EU NATO und der Großmacht Rußland sind. Als östlichster Randstaat der EU ragt Österreich geopolitisch wie ein Balkon in diese Zone der Unsicherheit hinein. Europa und damit Österreich ist heute mit einer Fülle neuer multipler und komplexer Risken konfrontiert: Nationalismus, ethnische Konflikte, wirtschaftliche Destabilisierung, große Umwelt- und Atomrisken und die Proliferation von Raketen und Nukleartechnologie sind diejenigen Risken, die den europäischen Raum am meisten bedrohen. Ein Unsicherheitsfaktor ist die innerpolitische Entwicklung Rußlands. Behaupten sich die Kräfte der Reform oder setzen sich beharrende hegemonistisch denkende Kräfte durch? Der Einsatz von Gewalt wurde im europäischen Raum wieder Instrument der Politik und regionale Kriege wurden in unserer unmittelbaren Nachbarschaft wieder führbar. Die Gefahr der Beeinträchtigung Österreichs und der österreichischen Lebensverhältnisse sowohl durch nicht-militärische als auch durch militärische Risken und Bedrohungen ist in den letzten Jahren damit eher gewachsen. In unserer unmittelbaren Nachbarschaft konnten hochgerOstete skrupellose und zum Einsatz militärischer Gewalt bereite lokale Machthaber jahrelang die internationale Gemeinschaft und ihre Grundsätze herausfordern. Das UN-System der kollektiven Sicherheit erwies sich dabei als unwirksam. Aggressionen wurde lange nicht entgegengetreten und die Opfer nicht geschützt. Das Fehlen
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einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik in der Union bewirkte, daß die EU-Politik in der Jugoslawienkrise im großen Maße deklaratorisch blieb. Der Weg zum Ende der Gewalt und für den Frieden in ex-Jugoslawien wurde erst durch das nunmehrige Engagement der amerikanischen Supermacht im Balkan und durch einen erfolgreich kombinierten Einsatz von amerikanischer Diplomatie und militärischer Mittel der NATO möglich. Das sicherheitspolitische Umfeld erfordert eine umfassende, breit angelegte Sicherheitspolitik mit einer politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und auch einer unverzichtbaren militärischen Dimension, wie die Ereignisse am Balkan zeigen. Nur dadurch wird das für Europa notwendige Maß an Sicherheit sichergestellt werden.
11. Die Triade EU, WEU und NATO als Träger der europäischen Sicherheit Die Sicherheit des west- und mitteleuropäischen Raums und auch der Union wird durch die Triade Europäische Union (EU), Westeuropäische Union (WEU) und NATO gewährleistet. Als ineinandergreifende und sich gegenseitig stärkende Institutionen sind sie die Kemelemente eines europäischen Sicherheitssystems und projizieren Stabilität und Sicherheit über ihre Vertragsgebiete hinaus. Die WEU und die NATO befmden sich einem weitgehenden Prozeß des Wandels, um ihre Aufgaben und Strukturen dem neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen anzupassen. Grundlage dieser Kooperation ist das Faktum, daß die EU und die NATO grundsätzlich gemeinsame strategische Interessen verbinden. Es muß davon ausgegangen werden, daß eine sich in den kommenden Jahren entwickelnde west- und mitteleuropäische Stabilitäts- und Sicherheitszone auf der Grundlage dieses Rahmens durch die Erweiterung der EU, WEU und NATO entstehen wird. Damit soll die Rolle der OSZE und ihr Entwicklungspotential im Rahmen der europäischen Sicherheitsarchitektur nicht gemindert werden. Es ist aber notwendig sich der Grenzen, was OSZE kann und was sie nicht kann, bewußt zu sein. Um effektiv agieren zu können, braucht die OSZE, ebenso wie die UN, auch militärische Mittel, über die nur die NATO, WEU und größere europäische Länder verfügen. 1. Die sicherheitspolitische Bedeutung der Europäischen Union (EU)
Die Mitgliedschaft in der EU bedeutet die Teilnahme an einer Friedens- und Solidaritätsgemeinschaft, die nicht nur kriegerische Auseinandersetzungen
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zwischen ihren Mitgliedern undenkbar macht, sondern auch Stabilität und Sicherheit nach außen ausstrahlt. Die EU ist weltweit einer der Hauptakteure auf dem Gebiet der Wirtschaft und Politik und der zentrale politische Akteur Europas. Die EU hat die politische und wirtschaftliche Macht, Sicherheit und Stabilität auch nach Mittel- und Osteuropa zu projizieren. Sie tut dies mit einer Reihe von politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen, wie Europaverträge, Partnerschaftsverträge, die Einbindung der mittel- und osteuropäischen Länder (MOEL) in politische Zusammenarbeit, Stabilitätspakt, Präventivdiplomatie und Krisenmanagement. Auch die in die Wege geleitete Erweiterung der Union durch die MOEL ist eine umfassende Stabilisierungsstrategie des mittel- und osteuropäischen Raumes. Damit würde die Stabilitäts- und Friedenszone der Union über Österreich und Deutschland hinweg erweitert und Österreich würde, nach erfolgter Erweiterung, nicht mehr östliches Grenzland der Union, sondern eines der wichtigen Zentren der erweiterten Union sein. Trotzdem der Europäische Unionsvertrag (EUV) die Gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik (GASP) umfassend sieht und auch das Ziel einer gemeinsamen Verteidigungspolitik und zur gegebenen Zeit auch einer gemeinsamen Verteidigung im Auge hat, kann die Union derzeit nur mit wirtschaftlichen und politischen Mitteln ihre Sicherheit und die ihrer Mitglieder stärken. Sie verfUgt, wie die Krise am Balkan deutlich demonstriert hat, über keine eigene militärische Macht, die ihre diplomatischen Aktionen stützen könnte und auch vor Gewalt schützt. Sicherheit vor Gewalt entsteht filr die EU-Staaten erst durch das Zusammenwirken der EU mit der WEU und der NATO. Bis zum Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens waren, von Irland abgesehen, alle Mitglieder auch Mitglieder der NATO. Die Realisierung der im EUV vorgesehenen gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik befindet sich im Anfangsstadium. Die Union zeigte sich wenig auf die Folgen des Zusammenbruches des Sowjetreiches vorbereitet und nahezu alle im Hinblick auf die IGK 1996 angestellten Analysen zeigen ziemlich übereinstimmend erhebliche Schwächen im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik der Union auf: - das Fehlen einer gemeinsamen Analyse- und Beurteilungskapazität, - komplizierte Entscheidungsprozesse, die die Willens bildung schwierig machen, - das unzureichende Zusammenwirken der EU mit der WEU, - die fehlende Instrumentalisierung der WEU als militärischer operativer Arm der EU - fehlende Kapazitäten, diplomatische Aktionen der Union notfalls durch militärische Optionen zu stützen.
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Im Rahmen der Union besteht daher großer Handlungsbedarf, um eine wirksame und glaubwürdige GASP zu realisieren. Ob die Regierungskonferenz (IGK) 1996 allerdings die aufgezeigten Probleme echt lösen wird, wird davon abhängen, ob die politisch Verantwortlichen echte Fortschritte zum Ausbau einer wirksamen GASP wagen oder sich mit Maßnahmen mehr kosmetischer Natur begnügen. 2. Die Rolle und die Möglichkeit der Westeuropäischen Union (WEU)
Die WEU ist gemäß Art. J. 4 EUV Bestandteil der Entwicklung der Union und hat die Aufgabe, Entscheidungen und Aktionen der EU, die verteidigungspolitische Züge haben, vorzubereiten und durchzufilhren. Die dem EUV angeschlossene WEU-Erklärung sieht vor, daß im Rahmen der WEU schrittweise eine europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität (ESDI) entwickelt wird. Politisches Ziel ist es, daß Europa eine größere Verantwortung fUr seine eigene Sicherheit übernehmen soll. Die Maastrichter WEU-Erklärung sieht gleichzeitig vor, daß die zu entwickelnde gemeinsame europäische Verteidigungspolitik der Union mit der Politik der NATO vereinbar sein soll. Die WEU ist daher sowohl als Verteidigungskomponente der EU, aber auch als Mittel zur Stärkung des europäischen Pfeilers der Atlantischen Allianz zu entwickeln. Sowohl nach Art. J.4 des EUV, aber auch die Maastricher WEU-Erklärung, sehen im Rahmen der IGK 1996 eine "review" vor, wobei auch relevant ist, daß einzelne WEU-Staaten den Brüsseler Vertrag 1998 beenden können, wofUr allerdings derzeit keinerlei Hinweise existieren. In den letzten drei Jahren konnte die WEU eine Reihe wichtiger Maßnahmen realisieren, um sie als sicherheits- und verteidigungspolitischer operativer Arm der EU aufzubauen: Die Aufgaben der WEU wurden den neuen Bedrohungsbildern im Sinne einer zeitgemäßen, umfassenden Verteidigungspolitik angepaßt (Petersburger Erklärung): WEU-Kräfte können demgemäß auch fUr neue Aufgaben wie humanitäre und Rettungseinsätze, friedenserhaltende und friedens schaffende Operationen eingesetzt werden. Dabei wird die WEU grundsätzlich auf der Grundlage eines VNÖbzw. OSZE-Mandates tätig. Eine Fülle konkreter Maßnahmen wurden gesetzt, die operativen Kapazitäten der WEU zu stärken, um diese in die Lage zu versetzen, Aufgaben im Bereich des Krisenmanagements zu übernehmen. Das Erreichte kann sich durchaus sehen lassen:
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- Verbesserung der WEU-internen Konsultations- und Entscheidungsverfahren durch Schaffung einer pennanenten Pol-Mil-Gruppe; - Schaffung der Planungszelle; - Errichtung eines Lagezentrums und einer Organisationseinheit fUr Nachrichtenwesen; - Aufbau multinationaler Verbände, wie das Eurocorps, Eurofor, etc., die von großer Bedeutung fUr die zukünftige Entwicklung sind; - verstärkte Rüstungskooperation; - Aufbau eigener Satellitenaufklärungskapazitäten. Für die mit der EU assoziierten MOE-Länder wurde in Perspektive ihres EUBeitritts der Status von Assoziierten Partnern geschaffen und damit diese bereits in großem Maße in die WEU-Arbeit eingebunden. Im Jahre 1995 erarbeitete die WEU zwei wichtige Dokumente in Richtung der Entwicklung einer europäischen Sicherheitspolitik: - Ein gemeinsames Konzept der 27 WEU-Nationen für eine europäische Sicherheitspolitik, in dem nicht nur die sicherheitspolitische Situation analysiert, sondern auch notwendige gemeinsame europäische Maßnahmen aufgezeigt werden. - Einen gemeinsamen Beitrag der WEU Mitgliedstaaten zur IGK 1996, der die bisherige WEU-Entwicklung überprüft und Optionen fUr die Weiterentwicklung der ESDI und das Beziehungsverhältnis WEU - EU aufzeigt. Trotz Fortschritten bestehen bei der WEU, im besonderen in den Beziehungen zwischen der EU und der WEU, echte Defizite. - Im operationellen Bereich sind die der WEU zur Verfügung stehenden Mittel weiterhin nicht ausreichend, um größere Operationen im Sinne der Petersburger Erklärung durchzuführen. In zahlreichen Bereichen (z.B Aufklärung, Transportkapazitäten, etc.) muß die WEU NATO-Ressourcen ansprechen, da die WEU-Mitgliedstaaten den Aufbau doppelter operativer Kapazitäten in WEU und NATO venneiden und nicht fmanzieren wollen. Hier kommt der Realisierung des Combined Joint Task Force-Konzeptes eine Schlüsselrolle zu. - Trotz der besonderen Rolle der WEU im EUV sind die Beziehungen zwischen WEU und EU stark unterentwickelt und ist auch das Zusammenwirken zwischen WEU und EU unzureichend. Hier ist ein echter Handlungsbedarf gegeben, um das gegenwärtige unbefriedigende Nebeneinander WEU und EU zu überwinden. - Die variable Geometrie der Mitwirkung in der WEU erlaubt zwar allen WEU-Nationen verschieden abgestufte Möglichkeiten der Mitarbeit, ist aber auf Dauer mit dem Ziel des Aufbaus einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unvereinbar. Es ist jedenfalls auflängere Sicht im Lichte des in J4 EUV enthaltenen Programmes unbefriedi47 Festschrift Pichler
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gend, daß von 15 EU-Mitgliedern nur 10 WEU Vollmitglieder sind und 5 nur den Status von Beobachtern in der WEU einnehmen. Österreich wurde seit dem Tag des Inkrafttretens der EUV auch eine WEUNation und arbeitet seither als Beobachter in der WEU mit. Österreich ist bemüht, die Beobachterrolle aktiv wahrzunehmen, doch zeigen bereits die Erfahrungen des ersten Jahres deutlich, daß der Beobachterstatus kaum echte Mitsprache- und Mitwirkungsrechte gibt. Er ist daher auf Dauer fUr ein EU-Mitglied äußerst unbefriedigend. Auch wenn eine gewisse Verbesserung des Beobachterstatus vorgesehen ist, sollte Österreich das Ziel verfolgen, Mitglied der WEU zu werden. Diese Option steht gemäß der 2. WEU-Erklärung von Maastricht allen EU Mitgliedern offen. Obwohl rechtlich die Bedingung einer gleichzeitigen NATO-Mitgliedschaft nirgendwo verankert ist, ist es heute ein politisches Faktum, daß nach Ansicht der großen Mehrheit der WEU-Mitglieder eine WEU-Mitgliedschaft auch die Mitgliedschaft in der NATO erforderlich macht, da die Aufgaben der kollektiven Verteidigung gemäß Art. V des Brüsseler Vertrags de facto der NATO übertragen wurden und daher von den WEU-Staaten nur im Wege der NATO wahrgenommen werden können. Von der USA wurde ein Konsultationsrecht bei jeder Ausdehnung der WEU Sicherheitsgarantien angemeldet und der Grundsatz vertreten, daß es keine "backdoor guarantees" gäben dürfe. Dies bedeutet nicht, daß WEU- und NATO-Beitritt auch zeitlich zusammenfallen müssen. In diesem Punkt besteht weiterhin rur die neuen EU-Mitglieder ein gewisser Verhandlungsspielraum.
3. Die Rolle der NATO für die europäische Sicherheit Die NATO ist nach wie vor ein unverzichtbarer Faktor rur die Sicherheit Europas und wird dies auch in den kommenden Jahren sein. Die NATO versteht sich nicht nur als ein Bündnis der westlichen Demokratien zu ihrer kollektiven Verteidigung im Sinne des Art.51 der UN-Charter, sondern auch als eine politische Wertegemeinschaft und zentrales Forum der politischen transatlantischen Kooperation. Die NATO hat sich seit dem Ende des Kalten Krieges im großen Maß verändert und an das neue sicherheitspolitische Umfeld angepaßt. Dieser Prozeß der Transformation geht heute verstärkt weiter. So entwickelt sich die NATO zunehmend von einem Bündnis kollektiver Verteidigung zu einem europäischen Stabilitätsbündnis: - Unter Aufrechterhaltung ihrer Kernfunktionen auf dem Gebiet der kollektiven Verteidigung erfllllt heute die NATO wichtige Aufgaben auf dem Gebiet der Konfliktverhinderung und -bewältigung, unter der politischen Verantwortung der UN und OSZE.
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- Mit der IFOR wurden dabei neue Maßstäbe ft1r das Konfliktmanagement im europäischen Raum gesetzt. Die IFOR und ihre Erfahrungen werden ft1r die Gestaltung der zukünftigen europäischen Sicherheitsordnung von nachhaltiger Bedeutung sein. Die IFOR spiegelt auch in anschaulicher Weise die Mutation der NATO vom defensiven Bündnis zu einem europäischen Stab ilitätsbündnis wieder. - Im Sinne einer breit angelegten, umfassenden Sicherheitspolitik setzt die NA TO primär politische Mittel (Zusammenarbeit und Dialog) als Instrumente der Sicherheitspolitik ein und hat mit dem NA TO-Kooperationsrat (NAKR) und der Partnerschaft rur Frieden vollkommen neue Kooperationsinstrumente entwickelt. Der NAKR ist heut ein umfassendes, politisches Kooperationsforum, in dem 43 Staaten, von Vancouver bis Wladiwostok, zusammenarbeiten. - Mit der Partnerschaft ft1r Frieden entstand auf der Grundlage des Konzeptes Sicherheit durch Demokratie und Kooperation ein neuer permanenter Ansatz einer kooperativen gesamteuropäischen Sicherheitspolitik: Durch ein Netzwerk flexibler bilateraler Kooperationsabsprachen mit der NATO wird die Arbeit des NAKR ergänzt und funktionelle Sicherheit geschaffen. Durch die Herstellung der Kompatibilität der Führungsverfahren und -mittel sowie der Ausrüstung der Kräfte, soll ein effizientes Zusammenwirken im Bereich des Peacekeeping und Krisenmanagements erreicht werden. Im Zentrum des Programms steht jedoch die Schaffung einer neuen demokratischen Militärkultur im gesamteuropäischen Raum. Durch IFOR werden viele Ziele der pfP bereits in Realität umgesetzt. Die Entwicklung verläuft somit in einem gewissen Maß schneller als es das Programm seinerzeit vorsah. Österreich ist seit dem 10. Feber 1995 einer der 27 Partner der NATO im Rahmen der ptp und beteiligt sich auch an der IFOR. Mit der internen NA TO-Erweiterungsstudie wurde eine "Road Map" rur die Erweiterung der NATO erarbeitet und damit ein Erweiterungsprozeß in Gang gesetzt, der voraussichtlich bis über die Jahrhundertwende dauern wird. Die NA TO versteht diesen Prozeß grundsätzlich als einen komplementären und parallelen Prozeß zur EU-Erweiterung. Ziel ist es, die unter dem NATO-Schirm in den letzten 40 Jahren entstandene Zone der Stabilität und des Friedens in Europa auf die neuen Demokratien zu erweitern. Grauzonen und Pufferstaaten sollen dabei nach dem Grundsatz der Unteilbarkeit der Sicherheit Europas vermieden werden. Der Prozeß der Erweiterung soll parallel mit dem Ausbau einer umfassenden strategischen Partnerschaft mit Rußland auf der Grundlage "no surprises, no veto" Hand in Hand gehen. Ohne Rußland ein Vetorecht einzuräumen, will man jedoch beim Vorgehen jede Schwächung der Reformkräfte in Rußland vermeiden. 47*
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Alle europäischen Staaten, die die von der NATO festgelegten Voraussetzungen und Kriterien erfiillen und bereit sind, zur gemeinsamen Sicherheit und Verteidigung beizutragen, sollen mittelfristig NATO-Mitglieder werden können, wobei EU-Mitgliedern eine Präferenz zukommen soll. Die heutige NATO ist somit der Motor dreier wichtiger parallel laufender Prozesse, die wesentliche Elemente einer neuen gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur sind: 1. Die sich dynamisch entwickelnde Partnerschaft ftlr Frieden, in der 43 Länder des euro-atlantischen Raumes zusammenarbeiten. 2. Die NATO-Erweiterung als paralleler und komplementärer Prozeß zur EUErweiterung. 3. Die umfassende strategische Partnerschaft mit Rußland, die in einer der Bedeutung Rußlands entsprechenden Form entwickelt werden soll (Mitarbeit mit der PfP, Schaffung eines umfassenden Konsultationsmechanismus, Charter bzw. Vertrag NATO-Rußland).
111. Die Konsequenzen f"ür die österreichische
Sicherheits politik
Österreichs Sicherheit ist untrennbar mit der der Union verbunden. Im Sinne einer realistischen und wirksamen Sicherheitsvorsorge wäre es erforderlich, daß auch Österreich sowohl im österreichischen als auch im europäischen Sicherheitsinteresse seine Sicherheitspolitik den neuen Rahmenbedingungen anpaßt. Die nächsten Jahre, v.a. die Jahre 1996 - 1998, werden für die sicherheitspolitische Zukunft Europas und auch Österreichs von entscheidender Bedeutung sein. Österreich wird dabei seine Sicherheits- und Verteidigungspolitik den neuen Entwicklungen anpassen müssen. In diesem Zusammenhang wird sich die österreichische Sicherheitspolitik mit zwei wesentlichen sicherheitspolitischen Fragen auseinanderzusetzen haben: 1. Als EU-Mitgliedstaat wird Österreich vollberechtigt an den Verhandlungen über die Weiterentwicklung der GASP, d.h. auch der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union im Rahmen der IGK 1996 teilnehmen. Das bedeutet ftlr Österreich ein großes Maß an Verantwortung ftlr die Sicherheit der Union und unsere eigene Sicherheit. 2. Parallel mit der Erweiterung der Union wird sich auch Österreich mit dem Prozeß der NATO-Erweiterung und unserer Stellung in diesem Zusammenhang auseinandersetzen müssen. Die Behandlung des Beziehungsverhältnisses zwischen EU- WEU und NATO im Rahmen der IGK wurde bereits in Maastricht vorgesehen und wurde
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auch durch die jüngste Erweiterung um drei neue Mitglieder, die keinem Bündnis angehören, und die kommende nächste Erweiterung erforderlich. 1. Österreich und die gemeinsame Europäische Sicherheitsund Verteidigungspolitik
Zunächst ist zu bemerken, daß heute die Begriffe Verteidigungspolitik und Verteidigung weiter und umfassender gesehen werden müssen als im traditionellen Sinn. Sie umfassen heute auch alle militärischen Maßnahmen, die im Sinne eines modemen Krisenmanagements erforderlich sind und von Kräften durchgeftlhrt werden. Es scheint auch wichtig darauf hinzuweisen, daß Österreich die Bestimmungen des EU-Vertrags auf dem Gebiet der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bei seinem EU-Beitritt vorbehaltlos akzeptiert hat, was eine politische Grundbedingung fiir die Aufnahme in die EU war. Der Aufbau einer gemeinsamen Verteidigungspolitik in Realisierung des politischen Projektes Europäische Union ist auch die logische Konsequenz des politischen Integrationsprozesses. Während die frühere EPZ nur die wirtschaftlichen und politischen Aspekte im Auge hatte, legt der Vertrag von Maastricht in Art. J4/1 eindeutig fest, daß die GASP sämtliche Fragen, welche die Sicherheit der Union betreffen, umfaßt, wozu auf längere Sicht auch die Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zur gegebenen Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung filhren könnte. Die gleichen Ziele sind auch im Artikel B des Unionsvertrages enthalten. Der Art. 11 bestimmt, daß die Union und ihre Mitgliedstaaten eine zu erarbeitende und verwirklichende gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Stärkung der Sicherheit der Union und ihrer Mitgliedstaaten in allen ihren Formen zum Ziel hat. Mitgliedstaaten verpflichten sich auch gleichzeitig, die Außen- und Sicherheitspolitik der Union aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität zu unterstützen. Sie enthalten sich jeder Handlung, die den Interessen der Union zuwiderläuft oder ihre Wirksamkeit als kohärente Kraft in internationalen Beziehungen schaden könnte. Der EU-Vertrag enthält daher im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik klare Perspektiven. Der Art. J4 verankert die WEU im Vertrag als integraler Bestandteil der Entwicklung der EU, deren Aufgabe es ist, Entscheidungen und Aktionen der Union, die verteidigungspolitische Bezüge haben, auszuarbeiten und durchzufUhren.
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Bei der Regierungskonferenz 1996 werden auch fllr Österreich auf dem Gebiet der Sicherheits- und Verteidigungspolitik drei Schlüsselfragen zu beantworten sein: -
Das Verhältnis zwischen der WEU und der EU, die Rolle der EU und WEU im Bereich des Krisenmanagements und die Frage gegenseitiger Sicherheitsgarantien der EU-Partner.
Das Beziehungsverhältnis der WEU und der EU: Bei den Verhandlungen über die Neuregelung des Beziehungsverhältnisses WEU - EU sollte es das Hauptziel sein, das gegenwärtige wenig effiziente Nebeneinander der WEU und der EU zu überwinden und die WEU zu einem echten operativen militärischen Instrument der Union zu machen. Beim ZusammenfUhren der WEU mit der EU stehen drei mögliche Optionen im Raum: - Der "Status Quo" unter Beibehaltung der vollen Autonomie der WEU, wobei die WEU weiterhin auf Ersuchen der EU tätig werden würde (Option A) und - Modelle, die einen graduellen Konvergenzprozeß WEU - EU mit dem Ziel vorsehen, die WEU nach einer Übergangszeit in die EU zu integrieren. In einer ersten Phase würde die WEU rur die Union im Bereich des Krisenmanagements tätig sein und dieser unterstellt werden (Option B). - Die Fusionierung der WEU mit der EU, wobei auch die Frage reziproker Sicherheitsgarantien gelöst werden müßte (Option C). Österreich, das als Konsequenz seiner EU-Mitgliedschaft eine WEU-Nation wurde, tritt fllr die Option B ein, sollte jedoch darüber hinausgehend auch das Ziel der Integration der WEU in die EU voll akzeptieren. Nur eine solche Politik entspricht der Logik des politischen europäischen Integrationsprozesses.
Konfliktmanagement und Konjliktbewältigung: Die Union bedarf vordringlich Kapazitäten, Krisen und Konflikte im europäischen Raum bzw. in den mit der Union assoziierten Überseegebieten vorzubeugen bzw. zu bewältigen. Die europäische Politik sollte aus den Fehlern in ex-Jugoslawien dringend lernen und die daraus notwendigen Konsequenzen ziehen. Situationen wie in ex-Jugoslawien müssen in Zukunft unbedingt vermieden werden, wenn man die Glaubwürdigkeit der europäischen Institutionen nicht zerstören will. Die WEU müßte daher Kapazitäten rur ein wirksames europäisches Krisenmanagement weiter ausbauen, um unter UN- bzw. OSZE-Mandat tätig werden zu können, wenn wichtige europäische Interessen berührt werden und ein Engagement der USA nicht erwartet werden kann. Österreich tritt daher richtigerweise rur Maßnahmen zum Aufbau europäischer Krisenmanagement-
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kapazitäten (Option B) ein, Maßnahmen, denen auch die derzeitige Verfassungslage nicht entgegen steht. Die Schlüsseljrage gegenseitiger Sicherheitsgarantien der EU-Mitglieder:
Alle derzeitigen WEU-Mitgliedstaaten sehen in reziproken Sicherheitsgarantien ein wesentliches Element einer kUnftigen gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union. In dieser Frage muß Österreich die bisherige Grundhaltung überdenken. Daftlr sprechen wichtige grundsätzliche Überlegungen, aber auch die Interessenslage Österreichs: Zu einer Union, die sich als eine politische Solidaritäts- und Schicksalsgemeinschaft versteht, gehört nicht nur eine gemeinsame Währung, sondern auch das gemeinsame Eintreten ftlr das Wesentlichste: die Sicherheit aller ihrer Mitglieder. In einer Union kann die Sicherheit auf Dauer nicht teilbar sein und mit der politischen Finalität der Union sind auch unterschiedliche Zonen der Sicherheit unvereinbar. Eine variable Geometrie auf dem Gebiet der Sicherheit widerspricht daher dem Grundsatz der ungeteilten Sicherheit der Union. Mit der Zeit sollten daher alle EU-Staaten auf dem Gebiet der Sicherheit und Verteidigung die gleichen Rechte und Pflichten haben. Aber auch die harten sicherheitspolitischen Eigeninteressen Österreichs sprechen ftlr eine derartige Regelung. Es scheint widersprüchlich, wenn ,z.B. unter UN-Mandat österreichische Kräfte zwar in Afrika im Rahmen der WEU ftlr Peacekeeping verfassungskonform eingesetzt werden können, aber Österreich die Idee einer Sicherheitsgarantie ftlr EU-Partnerstaaten ablehnt und auch seinerseits keine Garantien ftlr die eigene territoriale Integrität erhält. Wollen wir wirklich auf Dauer ftlr unsere EU-Partner "out of area" sein und unser Land und Lebensform alleine schützen und verteidigen? Ist nicht unsere Sicherheit besser im solidarischen Verbund mit den EU-Partnern garantiert? Es scheint mir jedenfalls nicht sehr klug, ohne echten Sicherheitsgewinn ftlr sich selbst mit der gesamten Welt solidarisch zu sein, nicht jedoch, wenn die engsten Partner bedroht werden bzw. man allenfalls eines Tages die Solidarität der engsten Partner brauchen könnte. Im Falle Österreichs sprechen daher starke sicherheitspolitische Eigeninteressen daftlr, daß Österreich aktiv darauf hinarbeitet, daß es gerade bei der IGK 1996 auf dem Gebiet der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu echten wirksamen Fortschritten kommt. Für ein Land in einer exponierten geopolitischen Situation wie Österreich sind gerade im Bereich der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik echte Fortschritte von vitalem Interesse. Österreich müßte jedenfalls großes Interesse daran haben, daß gemeinsame europäische Sicherheitsstrukturen im Zusammenwirken mit unseren EU-Partnern entwickelt werden, die sicherstellen, daß wirksam Friedensbrechern und Aggressoren entgegengetreten wird.
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2. Konsequenzen der NATO-Erweiterung Österreich wird sich auch echt mit der Option einer Teilnahme an der NATO, der zentralen europäischen Sicherheits struktur, beschäftigen müssen, da alle wichtigen EU-Partner auflängere Sicht eine Kongruenz der Mitgliedschaften EU, WEU, NATO für unerläßlich halten. Auch der Prozeß der Erweiterung der NATO ist grundsätzlich ein paralleler Prozeß zur Strategie der EU-Erweiterung. Alle mitteleuropäischen Länder sind auch fest entschlossen, nicht nur Mitglieder der EU- sondern vor allem auch der euro-atlantischen Sicherheitsstruktur, d.h. der NATO zu werden. Die österreichische Politik wird in diesem Zusammenhang vor sehr verantwortungsvollen Entscheidungen stehen und ich möchte in diesem Zusammenhang als Entscheidungshilfe einige Fakten aufzeigen und einige wichtige Fragen aufwerfen. - Die Europäische Union und NATO verbinden grundsätzliche politische, strategische Interessen. - Es ist auch ein Faktum, daß sich die ursprünglich sehr zarte Pflanze der europäischen Integration nur unter dem Schirm der Atlantischen Allianz entwickeln konnte und damit in Europa durch die Europäische Union eine große Zone des Friedens und der Sicherheit entstand, in der heute Kriege undenkbar sind. - Die trans atlantische Verbindung ist für die Sicherheit Europas unerläßlich. Es ist notwendig, daß die USA ihr Engagement für die Sicherheit Europas aufrechterhalten, denn nur dieses sichert das strategische Gleichgewicht gegenüber den großen GUS-Staaten. - Kein EU-Staat ist bereit, die bestehenden Sicherheitsgarantien relativieren zu lassen. Die Sicherheit der Union verlangt daher, daß eine starke transatlantische Beziehung erhalten bleibt. - Die NATO hat sich im großen Maß transformiert und entwickelt sich zunehmend zu einem europäischen Stabilitätsbündnis. - Alle mitteleuropäischen Staaten, darunter alle unsere östlichen und südöstlichen Nachbarn, wollen nicht nur Mitglieder der EU werden, sondern streben auch die Mitgliedschaft in der WEU und NATO an. Mit der Erweiterungsstudie wurde eine "Road Map" für die Erweiterung beschlossen und im nächsten Jahr wird es vor allem die Aufgabe der pfP-Partner sein, die Zeit bis 1997/98 zu nutzen, die Kooperations- und Konsultationsmöglichkeiten der PfP und der NA KR zu einer Annäherung zu nutzen. Für Österreich ergeben sich eine Reihe von wichtigen Fragen, die realistisch geprüft und beantwortet werden müssen. Wollen wir, daß die NATO-Erweiterung im mitteleuropäischen Raum auf den einen oder anderen Staat selektiv beschränkt bleibt, und dadurch erneut Grauzonen und Zonen unterschiedlicher Sicherheit in unserem Umfeld entstehen? Was bedeutet für ein Nachbarland wie
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z.B. die Slowakei, wenn dieses nicht zur ersten Gruppe, die in die NATO aufgenommen werden, gehört? Kippt dieses Land? Ist es nicht vielmehr im Interesse der Union und auch Österreichs, den gesamten zentraleuropäischen Raum möglichst gleichzeitig und umfassend sicherheitspolitisch abzusichern? Wollen wir durch eine Politik des Abseitsstehens sicherheitspolitisch die Stabilisierung unserer unmittelbaren und mittelbaren Nachbarn erschweren oder gar verhindern? Wollen wir unsren Platz als natürliches geopolitisches Zentrum des donaueuropäischen Raumes bewahren oder den Platzvorteil, den wir uns durch unsere EU-Mitgliedschaft gesichert haben, in Frage stellen? Gefährdet nicht auf die Dauer der Verbleib in einer sicherheitspolitischen Grauzone den Wirtschaftsstandort Österreich? Können wir als EU-Mitglied riskieren, zu einem Sicherheitsvakuum zu werden und uns dem Risiko der Erpreßbarkeit aussetzen? Keiner unserer EU-Partner wird jedenfalls auf die Dauer akzeptieren, daß Österreich nur Konsument, aber nicht Produzent von Sicherheit ist und aus der im Rahmen der Union gebotenen Solidarität ausschert. Diese Fragen zeigen deutlich auf, daß Österreich heute ein großes Maß von Verantwortung rur seine eigene Zukunft, aber auch gegenüber seinen EUPartnern und Nachbarn hat. Österreich wird daher in den nächsten zwei bis drei Jahren grundlegende sicherheitspolitische Entscheidungen zu treffen haben. Dabei müßte Österreich alles tun, um sicherzustellen, daß es als EU-Mitglied das gleiche Maß an Sicherheit hat, das alle unsere derzeitigen und auch künftigen EU-Partner in unserem Raum haben, d.h. im Klartext, daß nach dem EUBeitritt Österreich auch das Ziel der vollen Teilnahme an WEU und NATO verfolgen sollte. Sicherheitsvorsorge ist die erste staatspolitische Aufgabe jedes Gemeinwesens. Für die österreichische Politik muß daher die maximale Sicherheit rur das Land und seine Bevölkerung im Vordergrund jeder Sicherheitspolitik stehen. Wirtschaft und Wohlstand können nur florieren, wenn Frieden und die Sicherheit der Länder und seiner Bürger voll gewährleistet sind. Eine Politik, die diese Grundmaximen ignoriert, gefährdet auf Dauer die politischen und wirtschaftlichen Grundlagen des Staates und der Gesellschaft. Eine gemeinsame, staatspolitische Anstrengung wird daher in den nächsten Jahren notwendig sein, um den mit dem EU-Beitritt begonnenen europapolitischen Weg konsequent weiterzugehen und Österreich den Platz und auch das Maß an Sicherheit zu sichern, das seine geopolitische Lage erfordert und das seiner europäischen Aufgabe entspricht.
Europas Landwirtschaft zwischen Handelsliberalisierung und Umweltprotektion Von Markus F. Hofreither
A. Problemstellung Das Ergebnis der 8. GATT-Runde ("Uruguay Runde", UR) stellte filr den Agrarbereich eine markante Zäsur dar. Ein hervorstechendes Merkmal dieser fast ein Jahrzehnt dauernden Verhandlungen bestand darin, daß den Problemen auf den internationalen Agrarmärkten verstärktes Augenmerk geschenkt wurde. Die bis dahin verfolgte Agrarpolitik hatte zu gravierenden Produktionsüberschüssen in zentralen Bereichen wie Getreide, Milch oder Fleisch gefUhrt, die zunehmend Druck auf die realen Preise international gehandelter Agrarprodukte ausübten. Durch die weitgehende Immunisierung der Landwirtschaften vieler Industrieländer gegenüber dem Weltmarkt wurde die wichtige Korrekturfunktion dieser Preissignale filr den einzelnen nationalen Produzenten ausgeschaltet. Der Umfang der Agrarexporte wurde primär durch die Finanzkraft eines Landes, nicht aber durch die Konkurrenzfllhigkeit seiner Landwirtschaft bestimmt. Reiche und stützungswillige Länder mit wettbewerbsschwacher Landwirtschaft drängten auf dem Weltmarkt finanzschwache oder aber grundsätzlich gegen agrarische Stützungsmaßnahmen eingestellte Exportstaaten aus ihren angestammten Märkten hinaus. Aus der Sicht der traditionellen Agrarexportländer - z.B. USA, Australien oder südamerikanische Staaten - mußte gegen diese "unfairen", weil wettbewerbsverzerrenden Exportpraktiken (die u.a. auch die EU anwandte) vorgegangen werden. Eine relativ kostengünstige Gegenmaßnahme besteht in einem derartigen Fall darin, durch multilaterale Übereinkünfte diese Handelspraktiken fllr unzulässig zu erklären. Die GATT-Verhandlungen waren dafilr das am besten geeignete Forum. Dieser Beitrag behandelt auf Basis der fllr den Agrarbereich gültigen Verhandlungsergebnisse der 8. GATT-Runde (Uruguay Round Agreement, URA) sowohl die zu erwartenden ökonomischen Konsequenzen als auch mögliche Konfliktpotentiale im Bereich "Handel und Umwelt" durch den Wegfall traditioneller Protektionsmechanismen.
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B. Ergebnisse der GATT-Uruguay Runde im Agrarbereich Im folgenden werden jene Ergebnisse der UR im Agrarbereich rekapituliert, die für das Verständnis der weiteren AusfUhrungen relevant sind.
a) Marktzutritt Grundsätzlich sind alle Importbarrieren, die keine Zölle darstellen!, durch Zölle zu ersetzen ("Tarifizierung") und in der mit 1995 beginnenden 6-JahresPeriode um durchschnittlich 36 % zu reduzieren. Zusätzlich sind Möglichkeiten für einen Mindestmarktzutritt im Ausmaß von wenigstens 3 % des entsprechenden Inlandsverbrauchs einzurichten und bis zum Jahr 2000 auf 5 % auszudehnen.
b) Exportstützung Die rur den Export aufgewendeten Ausgaben (inklusive entgangener Einnahmen) sind produktbezogen bis zum Ende der mit 1995 beginnenden 6Jahres-Periode auf 64 % des Durchschnitts der Basisperiode 1986/90 zu reduzieren. Die Mengen eines mit Stützungen exportierten agrarischen Erzeugnisses sind im gleichen Zeitraum auf 79 % des Durchschnitts der Basisperiode 1986/90 zu senken.
c) Inlandsstützung Das Ausmaß an Inlandsstützungen ist mittels eines Aggregierten Stützungsmaßes ("Aggregate Measure ofSupport", AMS) zu bestimmen und bis 2000 auf 80 % des Durchschnitts der Basisperiode 1986/88 zu senken. Nicht Bestandteil des AMS sind bestimmte, ausdrücklich als zulässig beurteilte Stützungsformen ("green box"). Typische Beispiele dafilr sind Direktzahlungen, z.B. in Form von Zuwendungen im Rahmen von Sozial-, Regional- oder Umweltprogrammen, sowie Ausgaben für Agrarmarketing oder Forschung. d) Sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen Die "Vereinbarung über sanitäre und phytosan,itäre Maßnahmen" (Agreement on Sanitary and Phytosanitary Measures) zielt darauf ab, den bisherigen GATT-Artikel XX(b) zu verbessern. Damit soll klarer zwischen echten Ge-
I Beispiele rur derartige "nichttarifllre Maßnahmen" sind quanitative Importrestriktionen, variable Importabgaben, Mindestimportpreise, diskretionare Importlizenzen oder auch "freiwillige" Exportbeschrankungen.
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sundheits- und Umweltanliegen und versteckter Protektion unterschieden werden können. Das Abkommen garantiert das Recht jedes Landes auf Maßnahmen "to protect human, animal or plant life or health". Die gesetzten Maßnahmen können durchaus auch strenger als international akzeptierte Standards sein, dürfen jedoch nicht willkürlich zwischen Ländern diskriminieren oder versteckte Handelsbeschränkungen darstellen.
C. Theoretische Konsequenzen einer Handelsliberalisierung J. Marktliche und ökologische Konsequenzen einer Handelsliberalisierung im Zwei-Länder-Fall
1. Model/beschreibung Das folgende graphische Modell versucht, die grundlegenden Effekte einer Handelsliberalisierung nach dem Muster der Ergebnisse der GATT-UruguayRunde abzubilden. Dabei wird versucht, die rur die praktische Situation typischen Aspekte zu integrieren, so z.B negative Externalitäten agrarischer Produktion und mengenmäßige Produktionsbeschränkungen. Unvermeidlich fiir eine einfache graphische Analyse verbleibt aber noch eine ganze Reihe von gravierenden Einschränkungen gegenüber der real existierenden Welt2. Generell zeigen die Abszissen der Diagramme in Abbildung 1 jeweils die Mengen des agrarischen Gutes und die Ordinaten die Preisniveaus, wobei zwischen Land E (='Exporteur'), Land I (= 'Importeur') und dem Weltmarkt (W) unterschieden wird. Das linke Diagramm zeigt das Ipnd .§, welches - ausreichend geschützt durch variable Importabgaben (VIL ~PE - PW) - das Inlandspreisniveau auf PE fixiert hat. Entsprechend der J\ngebotsfunktion AE bewirkt dieses Preisniveauoein Produktionsvolumen von qA.E. Die positive Differenz zur Inlandsnachfrage qN.~ stellt einen Angebotsüberschuß dar, der zur Absicherung des Preisniveaus PE aus dem Markt genommen werden muß. Die in der Graphik unterbrochen eingezeichnete Funktion U E steht rur die aus der Agrarproduktion des Landes E resultierenden Umweltschäden, hier konkret in Form der monetär bewerteten Grenzschäden3.
2 So werden die komplexen Gegebenheiten auf den Weltagrarmarkten durch zwei Lander approxirniert, implizit wird unterstellt, daß diese Markte kompetitiv sind, keine Transaktionskosten auftreten und das gehandelte Gut homogen ist. 3 Die Fläche unterhalb der UE-Kurve ergibt damit den Gesamtbetrag der durch die Agrarproduktion entstandenen Umweltschäden. Weil landwirtschaftliche Aktivitäten auch positive Externalitaten hervorrufen können, ist die Kurve UE als Nettowert aus positiven und negativen Extemalitaten zu interpretieren.
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Das im rechten Teil von Abbildung 1 dargestellte Diagramm stellt die Situation des Importlandes I dar, wobei die eingezeichneten Kurven sowie deren Bezeichnungen analog zum Export-Land zu interpretieren sind. Die mittlere Graphik schließlich stellt den Weltagrarmarkt dar. Unter Wettbewer~sbedin gungen würden die Produzenten des Landes E ab dem Preisniveau Pw Angebotsüberschüsse erwirtschaften und auf dem Weltmarkt anbieten. Den Umfang des Weltmarktangebot,s der Exporteure in Abhängigkeit vom Preisniveau illustriert die Funktion ~ (=AE( p)- NE(p). Das Ausmaß der Importnachfrage des Landes I auf dem Weltmarkt wird von der alsNw(=N/(p)-Adp) bezeichneten Importnachfragekurve wiedergegeben. Der Angebotsüberschuß des Landes E ist auf dem Weltmarkt nicht zym Iplandspreis abzusetzen. Erst wenn der Verkaufspreis im Ausmaß von (PE-PW) subventioniert wird, absorbiert die Weltmarktnachfrage das gesamte Überschußangebot des Landes E. Die daraus resultierenden Exportsubventionen entsprechen der Fläche klmn im Weltmarkt-Diagramm bzw. abgj in der Graphik des Landes E. 2. Markteffekte und Handelsströme Nun wird unterstellt, daß man sich im Zuge internationaler Vereinbarungen auf eine vollständige Eliminierung der Exportsubventionen geeinigt habe 4• Land E ist damit nicht mehr in der Lage, beliebige Mengen an Produktionsüberschüssen mithilfe von Budgetmitteln zu exportieren. Wenn man vereinfachend vom Einsatz alternativer agrar- und außenhandelspoli!j,scher I9strumente absieht, dann sinkt dadurch im Land E das Preisniv~au von PE auf P , weil nur zu diesem Preis die gesamte Inlandsproduktion (q A,E) von Binnen- und Weltmarkt absorbiert wird, Das Land I, welches bereits vor der Handesliberalsierung keine regulierenden Markteingriffe eingesetzt hat, erfährt damit jedoch eine gravierende Preiserhöhung, die zu einer Ausdehnung der Inlandsproduktion und einer Senkung der Nachfrage fUhrt. Der verbleibende I!1}portbedarf entspricht wieder dem nunmehr niedrigeren Welthandelsvolumen qw. Diese Handelsliberalisierung über ein Verbot von Exportsubventionen hat damit zu einer Produktionsausweitung im Importland, einer Produktionssenkung im Exportland und - per saldo - zu einer leichten Reduktion des Welthandelsvolumens geführt, Diese Reaktion ist bei typisch verlaufenden Angebots- und Nachfragereaktionen in den beiden Ländern eindeutig. Weniger eindeutig gestalten sich die daraus resultierendeI1Netto-1f'0hlfahrtseffekte. In Land E kommt es durch die Preissenkung von PE auf P zu einem 4 Tatsächlich wurde diese Forderung zu Beginn der 8. GATT-Runde von den USA erhoben, später aber sukzessive zurückgenommen.
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Verlust an Produzentenrente im Ausmaß von PEbdp . Weil gleichzeitig jedoch d~ Kqnsumenten einen Vorteil aus dieser Preisreduktion im Ausmaß von PEaep lukrieren und die Steuerzahler sich die Exportsubventionen abgj ersparen, resultiert daraus eine positive Wohlfahrtsveränderung (AWE). Im Detail ergibt sich DWE aus einem Gewinn an Handelsvorteilen (aej), einem Gewinn aus der verstärkten Spezialisierung der Produzenten (+ bcd) sowie einer Budgetersparnis durch den positiven Effekt der Handelsliberalisierung auf die Terms of Trade (ToT) (+cgjj). Umgekehrt die Situation in Land I: hier kommt es durch die Verschlechterung der ToT eindeutig zu einem Nettowohlfahrtsverlust (AW I = - opqr), weil der Vorteil der Produzenten nicht ausreicht, die preisbedingten Nachteile der Konsumenten zu kompensieren. Der globale Wohlfahrtseffekt DWW ergibt sich aus AW E + AW I ' also dem Saldo von aef + bcd + cgjf - opqr. Dieser Effekt ist nicht eindeutig, er kann sowohl positiv als auch negativ sein. In erster Linie zeichnen daftlr die Reaktionen der Marktteilnehmer in den einzelnen Ländern verantwortlich, die in der graphischen Darstellung den Steigungen der Angebots- und Nachfragekurven entsprechen. Dynamische Einflüsse bleiben aus diesen Überlegungen ausgeklammert. 3. Umwelteffekte einer Handelsliberalisierung Grundsätzlich ergeben sich Umwelteffekte aus einer Handelsliberalisierung durch zwei Mechanismen: Unmittelbare Umwelteffekte können entstehen, wenn im Zuge der Verhandlungen konkrete Vereinbarungen bezüglich zulässiger Maßnahmen getroffen und auf nationaler Ebene implementiert werden. Ein Beispiel daftlr ist die oben angeftlhrte "Green Box" der GATT-Uruguay-Runde, die zulässige Aktivitäten zum Schutz der Umwelt definiert. Mittelbare Umwelteffekte ergeben sich aus der Verlagerung der Handelsströme, wenn sich dadurch nationale Produktionsvolumina, die mit Umweltexternalitäten verbunden sind, verändern. Beide Effekte wurden vereinfacht in Abbildung 1 inkludiert. Die strichliert eingezeichneten Kurven U E und UI stehen ftlr die (Grenz-)Umweltschäden in den heiden Ländern. Wie zuvor gezeigt, ftlly1 die H~delsliberalisierung im Land E zu einem Produktionsrtickgang von q".E auf q".E. Nachdem diese Produktion mit Umweltbeeinträchtigungen verbungen war, ergibt sich daraus ein zusätzlicher Wohlfahrtanstieg im Umfang vonq,..#tcf.t.E. Umgekehrt die Lage i':l1 Lanp I: hier verursacht die zusätzliche Produktion einen Umweltnachteil von qA,iuvct..I. Weil dieser jedoch im konkreten Fall absolut geringer ist als jener i~ Lans;t E, reJlultiert daraus eine globale Erhöhung der Netto-Wohlfahrt von [q,..Estq'A.E _ q".IUVqA.I]. Diese wird umso höher sein, je größer (kleiner) die Produktions senkung (Produktions ausweitung) und je höher (niedriger) die monetäre Bewertung von Umweltschäden in Land E (Land I) ausfällt.
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Als Beispiel fUr einen unmittelbaren Umwelteffekt wurde in Abbildung 1 eine obligatorische Produktionsbeschränkung (Flächenstillegung) eingeführt. Diese hat zur Folge, daß sich die Grenzkostin der Produktion erhöhen, was sich in einer Drehung der Angebotskurve auf AE nach oben ausdrückt. Die kontingentbedingte Senkung der Pr~uktionsmenge in Land E bewirkt eine Reduzierung des Exportangebotes (A w), was eine weitere Erhöhung des Weltmarktpreises auf P zur Folge hat. Das fUhrt in Land E zu einer Intensivierung auf den verbleibenden Flächen und damit - gegenüber dem 9ptimalen Umfang beim Preisniveau p' - zu einer Produktionsausweitung auf qA,E. Die Wohlfahrtseffekte aus dieser Maßnahme in Land E sind ambivalent5: Als Vorteil ist zu verbuchen, daß eine kontingentbedingte Produktionssenkung zu einer Senkung der Umweltschäden fUhrt (Fläche unter U E ). Diesem Vorteil steht jedoch der Nachteil höherer Grenzkost~n der verbleibenden Produktion im Ausmaß der vertikalen Differenz zwischen AE und AE gegenüber. Die Angebotsreduktion auf dem Weltmarkt auf qw fUhrt zu ToT -bedingten Vorteilen fUr die Anbieter, denen jedoch entsprechende Nachteile der Nachfrager gegenüberstehen. Im Falle des Landes I verschlechtert die Preiserhöhung auf dem Weltmarkt die Terms 0/ Trade, der globale Wohlfahrtseffekt bleibt damit eine empirische Frage. 11. Praktische Konsequenzen der UR für Welthandel und Binnenmärkte Die praktische Evaluierung der ökonomischen Konsequenzen des GATI-Abschlusses fUr die EU ist deshalb schwierig, weil sie zeitlich mit jenen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zusammenfallen und über die Marktverflechtungen auf EU- und Weltmärkten vielfältige "cross commodity linkages" bestehen. Dennoch lassen sich die Grundmuster der theoretischen Analyse in der Realität wiederfinden. Neben dem mittelbaren Effekt über die Stärkung der multilateralen Handelsregeln, der Streitschlichtungsverfahren und der Durchsetzungsmechanismen ergeben sich die unmittelbaren Markteffekte der UR aus den Veränderungen der Außenhandelsregelungen, den Bestimmungen bezüglich der nationalen Stützungsniveaus sowie der Vorgaben bezüglich zulässiger agrarpolitischer Instrumente, aber auch den Nachfrageeffekten infolge des erwarteten Zuwachses der globalen Pro-Kopf-Einkommen.
5 Um die Übersichtlichkeit der Darstellung zu wahren, wird von einer expliziten Darstellung dieser Effekte in Abbildung I abgesehen. 48 Festschrift Pichler
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Die Weltmarkteffekte der UR im Bereich der Pflanzenproduktion ergeben sich zum Teil aus dem verbesserten Marktzutritt, in erster Linie aber aus der Reduktion der Exportstutzungen bzw. -mengen (USDA, 1994). Kurzfristig haben die drastischen Senkungen der EU-Getreidepreise in Verbindung mit obligatorischen Flächenstillegungen die Produktionsmengen etwas reduziert und gleichzeitig den internen Verbrauch in der Veredelung stimuliert, was in Richtung einer Entschärfung des Preisdrucks auf den Weltmärkten wirkte. Analoge Effekte hatte die erforderliche Rücknahme der durch das "Export Enhancement Program" gestutzten US-Getreideexporte. Weil gleichzeitig eine unerwartete Nachfragesteigerung auftrat, ist der Anteil der einzelnen Einflüsse an den seit etwa einem Jahr steigenden Weltgetreidepreisen kaum exakt zu eruieren. Bis 2000 werden die Anpassungsprozesse aus der UR abgeschlossen sein, wobei die Weltmarktpreise moderat steigen dürften. Im Bereich der tierischen Produktion ergeben sich aufgrund der globalen Außenhandelsstruktur zwar signifikante Handels-, zumeist aber nur marginale Inlandseffekte. Bei Rindfleisch erhöht sich das Welthandelsvolumen nachfrageseitig wegen des erweiterten Marktzutritts in Ostasien und Nordamerika sowie des mittelfristig steigenden Welteinkommens. Die EU exportierte bisher als einzige mit Subventionen und muß daher ihre gestutzten Exporte bis zum Jahr 2000 um etwa 30 % reduzieren. Der Einfluß der UR auf den Weltmilchmarkt scheint eher gering, die EU wird durch ihren marktdominierenden Status dennoch spürbar betroffen sein. Im Bereich des Marktzugangs sind bis zum Jahr 2000 zusätzliche Kontingente bei Mager- und Trinkmilch als auch Käse bereitzustellen sowie die Exportsubventionen zu reduzieren. Auflängere Frist rechnet man als Folge der UR dennoch mit steigenden EU-Exporten bei Butter und Trinkmilch, wogegen sich Käse eher rückläufig entwickeln wird. Global dürfte sich aufgrund der Subventionskürzungen eine mäßige Angebotsreduzierung in Verbindung mit einer leichten Nachfragesteigerung einstellen, was Preiserhöhungen zur Folge haben wird. Angesichts der langfristig weiterhin steigenden Faktorproduktivität im Agrarbereich sind die langfristigen Markteffekte der UR eher unsicher. Als eine bedeutsame Konsequenz des UR-Abkommens wird gesehen, daß die neuen WTO-Regeln auch eine Reinstrumentierung der nationalen Agrarpolitiken erforderlich machen, die potentiell in Richtung einer gezielteren Abgeltung von Standortnachteilen und positiven Externalitäten geht. Allerdings ist nicht auszuschließen, daß - als Ersatz fl1r den Wegfall traditioneller Schutzmechanismen neue nicht-tarifäre Handelshemmnisse in einer mit Umweltaspekten begründeten Form ein Wiederaufleben alter Handelskonflikte bewirken.
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D. Konfliktpotentiale im Bereich "Handel und Umwelt" I. Divergierende Grundpositionen
Die Diskussionen im Bereich "Handel und Umwelt" sind besonders stark von Werturteilen und versteckten ökonomischen bzw. ökologischen Interessen geprägt. In der einfachsten Form lassen sich zwei Argumentationslinien unterscheiden: - Von den 'Umweltaktivisten' wird gegen Handelsliberalisierungen ins Treffen gefilhrt, daß diese das Niveau der wirtschaftlichen Aktivitäten erhöhten und der gesteigerte Ressourcenverbrauch die Umwelt in Mitleidenschaft ziehe (u. a. Daly, 1994). - Von den 'Freihandelsaktivisten' wirdfiir Handelsliberalisierungen ins Treffen geführt, daß diese das Niveau der wirtschaftlichen Aktivitäten stimulierten, dabei jedoch die Effizienz des Ressourcenverbrauchs durch Spezialisierung und Ausschöpfung komparativer Vorteile steige und dadurch Umweltbelastungen verringert wUrden (u. a. Bhagwati, 1994). Die empirische Evidenz ist in bezug auf beide Positionen nicht eindeutig. Weder lassen sich eindeutige Belege fUr die umweltschädigenden Effekte einer Handelsliberalisierung fmden, noch bestätigt sich das letztgenannte Argument positiver Effekte auf die eingesetzte Umwelttechnologie eindeutig (z.B. Tobey, 1990). Umwelteffekte hängen zudem von der konkreten Implementierung der Maßnahmen ab (NestorlPasurka, 1995). Modellanalytische Analysen mit Bezug auf den Agrarbereich (Anderson, 1992, Runge, 1992) kommen zu dem im graphischen Modell aufgezeigten Ergebnis: die Liberalisierung des Agrarhandels in den Industrieländern fUhrt c.p. zu Produktionssenkungen, womit auch negative EinflUsse auf die Umwelt tendenziell zurückgehen. Empirische Untersuchungen bestätigen diese These eindeutig fUr Neuseeland (Reynolds et al., 1993), wogegen filr europäische Gegebenheiten diese Effekte schwerer nachweisbar sind, weil hier drohende Verschlechterungen teilweise durch vorgegebene Umweltstandards verhindert werden (Biom, 1994). In der Praxis sind es verschiedene Motive, die Konflikte im Bereich von "Handel und Umwelt" hervorrufen können. Zum einen differiert die Einschätzung von Umweltgefahren zwischen verschiedenen Ländern immer noch substanziell, und zwar nicht nur im Nord-SUd-Kontrast, sondern auch zwischen Industriestaaten. Die zweite Gruppe von Motiven rankt sich um die Wettbewerbsposition: Niedrige Umweltniveaus werden als Kostenvorteil gesehen, welcher die Wettbewerbsfliliigkeit erhöht. Umweltsensibiere Staaten wiederum nehmen ein derartiges Verhalten zum Anlaß für Vergeltungsmaßnahmen, um damit den Nachteil aus diesem "Öko-Dumping" zu eliminieren. 48'
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Das GA TI war fiir die Lösung derartiger Konflikte ein denkbar ungeeignetes Instrument, weil dieses Regelwerk in den 40er Jahren entstanden ist und damals Umweltaspekte praktisch nicht existent waren. Die in den Artikeln XX und XXI vorgesehenen Ausnahmen vom Verbot mengenmäßiger Importrestriktionen reichten zwar von der Schutzwürdigkeit der nationalen Sicherheit über die öffentliche Moral bis hin zu Gesundheitsaspekten und erschöpfbaren Ressourcen, sahen jedoch keinen expliziten Bezug zur Umwelt vor. Die Schaffung bzw. Reanimierung des Committee on Trade and Evironment im Rahmen der Abschlußkonferenz der UR in Marrakesch stellt einen Schritt zur Verbesserung dieses Zustandes dar. Der Fortschritt durch das Agreement on Sanitary and Phytosanitary Measures kann zur Zeit mangels einer ausreichenden Zahl von gelösten KonfliktflUlen noch nicht wirklich abgeschätzt werden. Abschließend sollen noch zwei fiir den Agrarsektor geeignet erscheinende praktische Ansätze aus diesem Bereich angesprochen werden. 11. Praktische Ansätze zur Implementierung von Umweltinteressen Das Grundprinzip zielt darauf ab, über eine Verbesserung der Informationsbasis bzw. die Angleichung von technischen Standards die Wahrscheinlichkeit von Handelskonflikten zu reduzieren. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Möglichkeiten zur Harmonisierung von umweltrelevanten Bestimmungen. Tabelle 1: Ansätze zur internationalen Harmonisierung von umweltrelevanten Bestimmungen Produktstandards
Produktions- und Prozeßstandards (PPMs)
Umweltstandards
N ahrungsmi ttelsicherheit
Umweltkontrolltechniken
Luftqualität
Verpackungsvorschriften
Erntemethoden
Wasserqualität
Landwirtschaftliche Produktionsmethoden (Integrierter Zulassungsbestimmungen Pflanzenschutz, Ökolandbau, (Registrierung für Pesti... ) zide, Crash-Tests für Automobile, ... ) Zertifizierung Eco-Labels
Bodenzustand Artenschutz Biodiversität
QueUe: Marchant, Ballenger (1994, 111)
Die Harmonisierung von Produktstandards hat bereits im Laufe der letzten Jahre Anerkennung in internationalen Gremien gefunden. Für Produktions- und Prozeßstandards, die z.B. im Agreement on Technical Barriers to Trade ge-
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regelt werden, gilt dies erst in eingeschränktem Umfang. Vielfach werden derartige Bestrebungen noch als Einmischung in nationale Interessen abgelehnt. Aus agrarischer Sicht stellt dieser Bereich jedoch einen wesentlichen Beitrag zur Kompensation von Kostendifferenzen aus unterschiedlichen Produktionsmethoden dar. Grundsätzlich gilt dabei, daß derartige Regelungen dann nicht als Importbehinderung eingesetzt werden dürfen, wenn die beanstandeten PPMs zwar die Umwelt im Erzeugerland belasten, dies jedoch ohne jeden Effekt filr die Eigenschaften des Produkts bleibt. Probleme treten häufig dann auf, wenn sich die inländischen Produzenten an strengere PPMs halten müssen. PPMs gewannen vor allem durch den "Tuna-Dolphin-Case" (Esty, 1994) an Publizität, ohne daß die Debatte als abgeschlossen gelten kann. Die Relevanz vom PPMs wird durch das Auftreten von Rinderwahnsinn in Großbritannien sehr drastisch verdeutlicht. Der schon länger schwelende Konflikt zwischen den USA und der EU in bezug auf mit Hormonen behandelte Rinder ist ein weiteres Beispiel. Die Harmonisierung von PPMs in der Landwirtschaft ist dann schwierig, wenn Unterschiede in den Produktionstechniken als Folge der unterschiedlichen Faktorausstattung von Ländern auftreten. Identische Vorschriften können in verschiedenen Naturräumen grundlegend verschiedene ökologische Konsequenzen zeitigen. Die Einfiihrung von Umweltzeichen (Eco-Labels) entspricht der Forderung nach Stärkung der Konsumentensouveränität, weil erst Information den Konsumenten eine ihren Präferenzen entsprechende Güterauswahl ermöglicht. Ein "Eco-Label" an sich stellt zwar kein Handelshemmnis dar, kann in Verbindung mit Konsumenteninteressen jedoch so wirken. Probleme ergeben sich häufig dann, wenn auch ausländische Anbieter ihre Produkte damit ausstatten wollen. Wenn der Herstellungsprozeß ein Merkmal darstellt, dann ist bei der für die Güte eines solchen Zeichens unerläßlichen Kontrolle nicht auszuschließen, daß ausländische Anbieter benachteiligt werden. Die Harmonisierung von Umweltstandards zwischen Ländern ist von einem grundlegenden Dilemma geprägt: ein sehr niedriges Niveau würde es zwar jedem Land ermöglichen zuzustimmen, bliebe jedoch weitgehend ohne positiven Umwelteffekt. Je wirksamer dagegen diese Standards in ökologischer Hinsicht sind, umso weniger Staaten werden zustimmen. In der Praxis wird es daher in vielen Fällen zuerst darum gehen, internationale Akzeptanz filr über dem Durchschnittsniveau liegende Vorgaben eines oder mehrerer Länder zu erreichen.
E. Ausblick Die Diskussion von handelsrelevanten Umweltrestriktionen findet seit 1995 im Rahmen der WTO statt. In vielen Fällen ist noch nicht abzusehen, wie sich die neuen Bestimmungen im Detail auswirken und bewähren werden. Festge-
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legt wurde jedenfalls, daß von einzelnen Ländern gesetzte Maßnahmen sowohl theoretisch und empirisch belegt als auch durch regelmäßige Prüfungen kontrolliert werden müssen. (Charnovitz, 1994; Lang, 1994; Petersmann, 1993). Das bedeutet in der Zukunft, daß agrarpolitische Praktiken zum Schutz der Umwelt verstärkt durch wissenschaftliche Untersuchungen in bezug auf ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit abzusichern sind. Besonders die europäische Landwirtschaft wird dadurch stärker als bisher gezwungen sein, politisch vorgegebene Ziele und Instrumente der Gemeinsamen Agrarpolitik durch objektiv abgesicherte Argumente zu unterlegen. Weil Umweltprobleme im Agrarbereich nur zu einem geringen Teil durch das Volumen bzw. die Zusammensetzung des Handels, sondern in erster Linie durch Produktionspraktiken in Verbindung mit den natürlichen Bedingungen vor Ort entstehen, werden sich die künftigen Streitpunkte primär auf inländische PPM-Standards und deren Einfluß auf die nationale Wettbewerbsposition konzentrieren. Eine Intensivierung des Dialogs zwischen den zuständigen multinationalen Institutionen und den betroffenen Interessengruppen auf nationaler Ebene wird dabei einen unabdingbaren Schritt darstellen, soll den drohenden Konflikten im Bereich "Handel und Umwelt" wirksam, den konträren Grundpositionen ausgewogen gerecht werdenden Weise begegnet werden. Literatur Anderson, K. (1992), Effects on the Environment and Welfare of Liberalizing World Trade: the Cases of Coal and Food, in: Anderson, K., Blackhurst, R. (1992), The Greening 01 World Trade Issues, Hempstead (Harvester Wheatsheaf), pp. 145172. Bhagwati, J. (1994): Ein Plädoyer für freien Handel. Spektrum der Wissenschaft (Januar) 34-39. Biom, J. C. (1994): Environmental Policies in Europe and the Effect on the Balance of Trade. Paper presented at the Symposium "Agricultural Trade and the Environment: Understanding and Measuring the Critical Linkages", Toronto, June 17-18. Charnovitz, S. (1994): Competitiveness, Harmonization, and the Global Econonomy. Paper presented at the Symposium "Agricultural Trade and the Environment: Understanding and Measuring the Critical Linkages", Toronto, June 17-18. Daly, H. E. (1994): Die Gefahren des freien Handels. Spektrum der Wissenschaft (Januar) 40-46. Esty, D. C. (1994): Greening the GATT. Institute for International Economics, Washington.
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Lang, W. (1994): Is the Protection of the Environment aChallenge to the International Trading System? Paper presented for the GATI Symposium on Trade and the Enviroment, Geneva, Switzerland, June 10-11, Genf. Marchant, M. A. und N. BaI/enger (1994): The Trade and Environment Debate: Relevant for Southern Agriculture? Journal of Agricultural and Applied Economics (1) 108-128. Nestor, D. und C. Pasurka (1995): CGE model of pollution abatement process for assesing the economic effects of environmental policy. Economic Modelling 12 (1) 53-59. Petersmann, E.-U. (1993): International Trade Law and International Environmental Law. Journal of World Trade 27 (1) 43-81. Reynolds, R., W. Moore, M. Arthur-Worsop, and M. Storey, (1993): Impacts 01;1 the Environment of Reduced Agricultural Subsidies: A Case Study of New Zealand. Ministry of Agriculture and Fisheries, Policy Section, MAF Policy Technical Paper 93/1, Wellington. Runge. C. F. (1992): Environmental Effects of Trade in the Agricultural Sector - A Case Study. Working Paper P92-1, Center for International Agricultural Policy, University of Minnesota, Minnesota. Tobey, J. A. (1990): Tbe Effects of Domestic Environmental Policies on Patterns of World Trade: An Empirical Test. Kyklos 43 (2) 191-209. USDA (1994), Effects of the Uruguay Round on U.S. Agricultural Commodities, Economic Research Service, March 1994.
Quo vadis, Europa? Von Bettina S. Hurni "Good government consists in winning the loyalty 0/ the people nearby and attracting the people /ar away" Conjucius. 551 - 479 B.C.
This year 1996, Europe is at a crossroads. This is a common place statement. Why is Europe at a crossroads? The common place answer to that is "because of the Intergovemmental Conference for the Revision of the Maastricht Treaty". It is less common place l. to look for the reasons why such arevision is necessary, and 2. to state that Europe is and means much, much more than the European Union and its "crown of integration", the economic and monetary Union! Confucius said about 2'500 years ago: "Good govemment consists in winning the loyalty of the people nearby and attracting the people far away".
With the Maastricht Treaty, the European Commission clearly sees itself as an embryo of a collective European government, but so far in fifty years of the history of European integration since Churchill's speech in Zurich (SeptemberI946), where he talked of "a sort of a united states of Europe", the targets of the Treaty of Rome have not been met, let alone those of the Maastricht Treaty - cynically one might say - fortunately so! But less cynically, one has to admit that this enterprise of implementing the Maastricht Treaty is very, very costly, not only in money. And the European Commission has not been able to follow the quoted principle by Confucius : "Europe close to the citizens" according to the Maastricht treaty is on the contrary further away than ever. A common place excuse for this is to say that "we are all building Europe" , brick by brick - "Rome was not built in one day", so it is a long-term enterprise, and "we leap forward after each crisis". Again it all depends on a cost-benefit-analysis, which is not only financial. It is however much less common place to ask "what kind of Europe do we want to build and for whom"? lt remains to be seen if the Maastricht Treaty is a "building block" or a "stumbling block" in this construction, and subsequently, if the construction
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has not been started by putting the roof fIrst without worrying too much about a "solid basement"! Common place rhetoric admits such a lack of a "solid basement", calls it the "democracy defIcit" and has therefore included the subsidiarity principle in the Maastricht treaty. The subsequent debate about this notion is weil known to all, as well as the basic misunderstanding between the AngloSaxon world and continental Europe about what ''federal'' means, which is of course also a - perhaps deliberate - misunderstanding between Latin and Germanic continental European Union members. Let me come back to the reasons why the Maastricht treaty needs revision, only two and a half years after its entry into force and its rather shaky implementation, apart from the foreseen revision mechanism written into it. Once these reasons are clear, I will then dwell on the future of a different European construction from the present European Union, because Europe means so much more than a Common Market or a monetary Union imposed by governments on rather reluctant citizens in many European countries. 1. The most evident fIrst reason for revision is that the Maastricht Treaty is utterly unintelligible for the non-specialist, common citizen. The "Economist" (edition of July 3, 1993) defmed it as "a conspiracy oftechnocrats against the citizen" - and one could add that the citizens have tried to take revenge, unfortunately in vain! I have a great deal of admiration for the way in which the British government negotiated its exceptions - even though I might add that the same government also deliberately did everything it could to avoid having a popular vote on the simple question of "Do you want to adopt the Maastricht Treaty?". And again, contrary to common place European Union rhetoric, the UK economy has recovered faster and more solidly than the economies of the continental European Union members. So the "scare-crow" rhetoric that you cannot survive as a nation without the Maastricht Treaty has proved wrong. In this respect the Danish government has made a colossal mistake before its fIrst popular vote on the Maastricht Treaty with its well-known negative issue: Each household received a copy ofthe full text ofthe Maastricht treaty - so the normal citizen at least started to read it... and then voted no relatively massively!
2. The second reason for revision is that at present only one country, Luxemburg, meets the Maastricht convergence criteria for monetary Union. Luxemburg only has in addition a surplus in its balance of payment. Officially since January 11, 1996, the Federal Republic of Germany's public defIcit has increased above 3 % of GDP, so that the Federal Republic of Germany does no longer meet the criteria, even though it has been pushing for monetary Union and for leaving the convergence criteria unchanged. It is quite unlikely, especially after the long strikes in France, that a majority of larger European Union member states (all of the required eight states) meet those criteria by
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1999. The debate goes on about "softening" those criteria, or extending the very strict time table for monetary Union, such a time extension being in my view the only reasonable solution. The German "hard core" proposal, where only a handful of countries create the monetary Union is pernicious for the internal market, as it will economically split the European Union in two halves - the "good boys" and the "bad boys" - which is worse than its present divisions. Yet a Europe with "variable geometry" or at "different speeds" is a reality since quite a while already. Only common place rhetoric qualifies these notions as "dirty words". There is a timid recognition ofthis fact in the FrenchGerman proposal (7 December 1995) to include the so called "flexibility clause" into the revised treaty. Yet the two "dirty words" remain - as exceptions should only be permitted temporarily through the "flexibility clause". And an even dirtier word is "a la carte Europe" . Yet I believe that for about 4'000 years ofhistory, this variable geometry has made Europe's richness, Europe's cultural and political values, its intellectual and artistic achievements, all for which the rest ofthe world has so far admired the "old continent". As for the monetary Union, the original British proposal to keep the national currencies and have a "Euro" for international transactions, a bit like the IMF's Special Drawing Rights, is the most likely to become reality, as it is a pragmatic, practical compromise solution, which combines the advantage of less business trans action costs within the European Union with avoiding the very high costs of a complete systems' change. The change to the metric system in the UK implied nearly 20'000 information meetings, - this is an element for evaluating the general costs of such a system's change. A representative of the "Banque de France", an institution officially a fervent defender of monetary Union, has calculated that such a system's change will cost about FF 1 billion ($ 210 million) for a medium-size bank. The list of obstacles only proves that the EU is still very far from what economists call an "optimum currency area", where inflation and GDP growth rates are roughly similar and other conditions of economic stability and convergence are met.
3. The third reason for revision of the Maastricht Treaty is that one of the greatest dangers for economic integration within the European Union is the growing prosperity gap between the North and the South as well as the growing prosperity gaps among regions at a rate of I : 14 in the over 170 regions classified by the European Commission for revenue redistribution through different subsidy programs, the Cohesion Fund and the like. These dangerous prosperity gaps are obvious from the statistics. And despite massive financial transfers from Commission administered funds, these gaps tend to widen and deepen : Greece is a case in point: Since its adhesion to the European Union, there was a mass death of sm all and medium sized enterprises, which had formerly created a tissue of economic stability. And
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there was an as massive increase of monopolistic and oligopolistic economic power on the other hand. 4. And what is called the "prosperity banana" , stretching from the South of England through the Netherlands, and Germany to Northern Italy, (including Switzerland,) has become richer - which seems to prove what integration theory says, namely that with successful economic integration, the rich become richer and the poor poorer. This is a "terrible simplification" - but so far, no ever so massive transfer of European Union funds has been able to stop this trend ofwidening prosperity gaps. In this context, there is a fourth reason for arevision of the Maastricht Treaty. Because of these massive transfers of funds, fraud becomes ever more frequent and has doubled in the last years to amount to roughly 10 % of the Community budget or over $ 1,3 billion in 1994, ofwhich only few cases are detected. Recently a special anti-fraud unit (UCLAF- with a 130 officials) was created, where thousands of files pile up, an anonymous telephone in each European Union country accepts denunciations, and since recently pays the informers a fee, and special and very sophisticated "spy planes" are needed to check neuralgie spots, where the subsidy roles of the Common Agricultural Policy are "twisted" - to say the least. The fight against fraud with European Union budget funds reminds us a bit of the worst scenarios in Orwell's 1984 or even worse, of Nazi or communist state security methods. In short: The massive transfers of funds could not decrease the gaps between rich and poor regions within the European Union and has led to enormous fraud. 5. There is another reason for urgent revision: The provisional VA T-system with widely divergent rates (from 25 % in Denmark to 15 % in Luxemburg). These divergent VA T-rates have not helped either to fulfill the convergence criteria of the Maastricht Treaty. These divergent VA T rates had moreover a formidable perverse effect as a true obstacle to the internal market. The network of236 Euro-Info-Centres is daily confronted with VAT problems. Ifthere is another change to the final VA T-system, this will again create numerous non-tariff barriers. The second annual report of the "European Observatory for SMEs" sponsored by Directorate-General XXIII ofthe European Commission, explicitly lists that by far the number one obstacle to trade are administrative burdens, eating up on average over 3 % of German SMEs' turnover. The German SME Institute in Bonn has calculated that overregulation costs DM 4'000 per worker p.a., i.e. an average of DM 62'000 per enterprise. The SMEs pay 20 % more of these administrative burdens than large enterprises. And the administrative costs for the German economy as a whole amount to DM 56 billion p.a., out ofwhich the SMEs bear 96 %! But there are even more fundamental reasons for revision of the Maastricht Treaty:
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6. It was an ill-prepared treaty too far, a "fuite en avant": Hence it went too fast and too far. Its magie potion or panacea called "transparency, democracy and subsidiarity" has so far not been very helpful, as it is designed to reduce the powers of the supranational institutions and for that reason has been opposed by exactly those powers and others, also at national level. Even though the three words have been repeated "ad nausearn" in each Community text, it is not sure that those quoting them and power play decision-makers have actually a practicalliving experience ofwhat these words truly mean. 7. In addition, the Maastricht Treaty's whole centralizing concept was designed in a world, where the iron curtain was taken to be eternal. Now Europe has greatly changed through the capitulation of communism. Tbe "Charter 1977" groups, the opposition to the communists, based on the Helsinki Agreement or on International Labour Organisation's (lLO) trade union free dom of assocation, defended democratic values, often at the danger of their lives. Some still continue this fight. Hence the European Union's institutions are certainly not - and never were - the only ones to defend democratic values and individualliberties, despite their rhetoric. For political and strategie security reasons, the European Union has to admit the ex-communist countries of at least Central Europe, the Baltic Republies and maybe some Balkanian states. Nothing in the Maastricht Treaty and in the institutional structures of the European Union is designed for this. Yet this is much more of achallenge than the revision of the Maastricht Treaty at the Intergovemmental Conference. For economic reasons on the other hand, the European Union has so far excluded from the free circulation of goods, exactly those products where the CEFTA countries are most efficient producers (textiles, agricultural goods, steel - under the sarcastic motto "Dutch Harn for Hungary"). In aperiod of recession within the European Union, many are afraid of CEFTA competition. This dichotomy between the political need to accept the CEFTA states as members and the economic fears of their competition has led to a lot of official hypocrisy and half-measures, so that for Hungary for exarnple the most profitable trade expansion in 1995 was strangely enough with Romania, even though a much larger part of its trade is with the European Union. In a way it is also understandable, that the citizens of some founding members ofthe European Union, for instance in the Netherlands, are not very enthusiastic about enlargement towards the East. And the very old, ideological debate ab out deepening and/or widening of European integration has been rekindled - without any solutions to be found as yet. 8. One might truly ask, if the monetary Union is really the "crown on integration". Or is that design creating a prolonged period ofmonetary instability ? In addition, a single currency would deprive the poorer members of the EU of the comparative advantage of having a "cheap" currency to make them more competitive. Tbis in turn would stimulate the much feared competition from
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Central and Eastern Europe, as these countries could continue to operate with "cheap" currencies, which reduce their production costs even below those of the Asian "tigers" (Singapore, Hong Kong, Taiwan, Corea). Switzerland being in the midst of such a zone of monetary instability , already experiences some of the negative consequences of such instability: It witnesses an enormous increase in foreign direct investment from the European Union (frs. 1'848 million in one single year 1994), mostly from the Federal Republic of Germany, followed by the Netherlands and Luxemburg. And a large number of German banks have established susidiaries in Switzerland in 1995. Of course, this does not help the already very high value of the Swiss franc. But perversely and strangely enough, Swiss exports have also increased, not in all sectors of course, but in the main exports (precision instruments and pharmaceuticals). Hence in the International Competitiveness Report published by the "World Economic Forum" (the Davos Symposium) and IMD, Switzerland in 1995 has overtaken the Federal Republic of Germany and advanced to rank five, being the first country in Western Europe after the United States, Singapore, Hong Kong and Japan in that order. However, the period of instability created by the schedules and conditions for monetary Union will make this capital flow into Switzerland from our neighbouring countries increase further , push up the franc even higher. And like during the oil crisis Switzerland might again be compelled to introduce negative interests for foreign investments. At least Switzerland will have to live with a highly valued Swiss franc and gain other competitive advantages than a cheap currency! In the prevailing insecurity and with an average degree of acceptance of a single currency of a little over 52 % in the European Union, the member governments should have the courage to admit that the Maastricht Treaty's convergency criteria cannot be met, because too strict austerity programs to cut public deficits increase unemployment - the major problem within the European Union. The strikes in France have just shown this. These govemments should have the courage to extend the schedule in the Maastricht Treaty or to put off the idea altogether. (The book "The Wrotten Heart of Europe" has been qualified by some as the major event of the year 1995. At least its author, an uncontested specialist on the preparation of the monetary Union, has had his own personal courage to criticize this concept - and has dearly paid for it!). The European Union member govemments should also publicly admit that a relatively stable monetary arrangement exists within Europe since years: It functions with the DM as a leading currency and several hard currencies like the Dutch gulden, the Austrian shilling and the Swiss franc practically, yet informally pegged to it. This has given the continent more monetary stability than the "snake" or the plans of monetary Union in the Maastricht Treaty - at little costs for the tax payers.
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So "Quo vadis, Europa"? There are numerous proposals for the Intergovernmental Conference. But none goes for any fundamental change of direction. Yet it is such a fundamental change of direction which the whole of Europe badly needs at the present crossroads! A change of direction away from bureaucratic, supranational centralization towards a confederate structure - it is a Hamlet's question "to be or not to be" for the whole of Europe. I am not suggesting here what is sometimes ca11ed in Germany and - after the strikes increasingly in France "the Swiss model", as we do not think that our Confederation is a model. And we do not think that it is exportable. At best it is a "patchwork" of different ethnic groups or tribes, languages, religions, and after Luxemburg and Liechtenstein, with the highest percentage of foreign residents in Western Europe (19 % without the diplomats, international officials or asylum seekers). This percentage is more than three times the European Union average. As most of these foreigners are even born in Switzerland andlor live there since over thirty years, it shows a remarkable capacity of assimilation of the country. Switzerland is a patchwork or a laboratory. It has taken 700 years to build this Confederation, which is by no means perfect and functions so, so "tant bien que mal", but it functions. Why? Because the citizens feel concerned by the "res publica" much more directly than in the neighbouring EU countries, because the popular rights are far more extended - which is simultaneously a curse and a blessing. But the Swiss have a practical experience of daily living the principle of subsidiarity with a11 its compromises, shortcomings and slowdown devices. What then would the European Union need to make such a radical turn from bureaucratic absolutism towards a confederate structure ? It would need a new constitution, a kind of "Magna Charta" or Basic Law which would fix the mIes of a common life of the European nations. This idea is not new and it is not revolutionary. Several drafts exist already. The frrst one who fought for this idea to be presented to the Intergovemmental Conference was the German Prof. Bernholz of Basle University. But so far, these drafts of a constitution have only margina11y been taken into account by the Intergovemmental Conference on the Revision ofthe Maastricht Treaty. What would be decisive however is to have popular votes or "referenda" in all European states, which want to partici pate in the Confederation in order to reach a national consensus by the citizens of Europe on where to go and what to value. It would be essential to provide for a simplified decision-making mechanism based on two Chambers, one a representation of states per population, where larger states have more voting power and one where a11 the states have approximately the same number ofvotes, much like the Swiss or the US Parliament (House ofRepresentatives Senate/Chamber ofCantons). On budgetary issues, a bit like at the World Bank or in a private company, large contributors should have a greater say. The "optout" should become common practice so that no people will be forced into a
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way or a direction it does not want to go. This is rather more easily said than done because certain mental conditions must be metfirst: a) First and foremost the European Union - especially its continental members - need to become much less ethnocentric and more cosmopolitan. European Union members have lost their competitiveness in recent years to the US, Japan and many ofthe Asian emerging markets. One ofthe reasons is that the large debate in Europe about a "world economic recession" does not take into account that this recession is largely within the European Union, certainly not in the United States or in Asia, despite self-critical voices from Japan. In Western Europe, another acknowledged reason for the recession is overregulation - and again, "ethnocentrism", "I'Europe, c'est moi" - . Ifyou look at a "mappa mundi", Europe is but a very small corner of a huge Eurasian continent, but so far the EU institutions have not mentally realized this yet, nor practically adjusted to it. Worse - the EU institutions behave as if Europe still were the center of the world, but it no longer iso The "capitulation of communism" has helped to completely change the mappa mundi, also economicaIly! In this respect, the United States and with it, the "Western hemisphere" has made this mental change first with the creation of NAFTA and then logically with the launching of the Asia Pacific Economic Cooperation (APEC), as the flows of trade and capital over the Pacific have at present become larger than those over the Atlantic. And even though Asia is by far not a homogeneous trade block, and also develops at very different speeds and variable geometry, the United States, quickly out of its latest recession, sees its economic and political future as a partner to Asia - quite rightly so! b) The second condition is that the elements of "Fortress Europe" like collective anti-dumping measures against Asian countries, the Voluntary Export Restraint Agreements imposed on Japan, and other non-tariff barriers to trade, commonly grouped under the heading of "overregulation" should be phased out, the sooner the better. The results of the UruguayRound will partly see to this. c) A third mental change would be to construct a European Confederation open to the world where the members ofthe club join for other reasons than trying to get the maximum of financial aid out of a budget paid by others, or getting very weIl paid jobs for their civil servants in the European Union's institutions ! In its beginnings, European integration was a means to an end, namely a means to create a more peaceful world, to at least avoid war on the European continent. Today Europe is again quite unstable. I have deliberately been provocative about "Quo vadis, Europa" . I am not a Euro-sceptic, but a European Union-sceptic, probably because I deal with
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matters of integration daily for eight to ten hours, which perhaps means that I simply know too much about the fights on irrelevant details having little to do with Europe as a grand design. The former communist countries managed a very basic systemic change without much bloodshed. Does the European Union need an external threat like Stalin's Red Arrny when Churchill made his speech in Zurich in 1946 to be able to go beyond a cosmetic reform of an ill-fitting Maastricht Treaty, and for resolutely changing on to another path, the one towards a Confederation respectful ofthe particularities ofEuropean nations? I do hope that we will achieve this without bloodshed. Or is Islamic fundamentalism the new external threat which makes the whole of Europe move closer together? It may be very positive thinking to believe that agrand European design embodied in a generally accepted "Magna Charta" creating a Confederation of like-minded states with common interests and values to defend should be the new direction in which Europe must go. Perhaps it is only wishful thinking. If however that grand design were to come true in the future, Europe would be truly a "citizens' Europe" worth building. "Good govemment", like Confucius said, would then consist - not only in wishful thinking! - but in "winning the loyalty ofthe people nearby and attracting the people far away".
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Zur Zukunft öffentlicher Dienstleistungen in der Europäischen Union Von Gabriel Obennann
1. Einleitung Die Rechtfertigung von staatlichen Interventionen und Leistungen in zahlreichen Lebensbereichen erfolgt häufig mit dem Hinweis auf wichtige öffentliche Interessen. Diese Begründung gilt für viele hoheitliche Aufgaben, aber auch und besonders für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand. Welche Aktivitäten oder Leistungen in öffentlichem Interesse gelegen sind, wird in der Praxis für den Einzelfall im politischen Willensbildungsprozeß auf der jeweiligen staatlichen Ebene von den hiefür legitimierten Entscheidungsträgem beantwortet. Der Inhalt und die Reichweite des öffentlichen Interesses wird in aller Regel im nationalen Rahmen bestimmt. Das öffentliche Interesse kann dabei lokale, regionale oder nationale Bezüge aufweisen - übernationale Motive werden nur selten von Bedeutung sein. Nicht nur einzelne Staaten, auch die Europäische Union beruft sich bei ihren Maßnahmen gelegentlich auf allgemeine oder öffentliche Interessen. Das Gemeinschaftsrecht im allgemeinen und insbesondere die bisher in Kraft gesetzten und geplanten Maßnahmen zur Verwirklichung des Binnenmarktes haben weitreichende Konsequenzen für die Bereitstellung von Gütern und Diensten in öffentlichem Interesse sowie für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand. Besonders betroffen sind solche öffentlichen Unternehmen, die in der Vergangenheit maßgeblich zur Bereitstellung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen bzw. von Dienstleistungen in öffentlichem Interesse beigetragen haben. Die Gleichbehandlung von öffentlichen und privaten Unternehmen hinsichtlich der Anwendung der Wettbewerbsregeln und die weitgehende Aufhebung bestehender Ausschließlichkeitsrechte zugunsten öffentlicher Unternehmen hat zur Folge, daß viele der bisher verfügbaren öffentlichen und gemeinwirtschaftlichen Leistungen nicht mehr in der gewohnten Art und Weise angeboten werden können. Hinzu kommt, daß in einigen Mitgliedstaaten - wie auch in Österreich - der öffentliche Unternehmensektor große gesamtwirtschaftliche Bedeutung hat. Mit der Verwirklichung des Binnenmarktes zeigt sich für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union immer häufiger ein Konflikt zwischen dem behaupteten 49·
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öffentlichen Interesse eines Mitgliedstaates und dem EU-Recht bzw. den Interessen der Gemeinschaft. Zugleich wird das Spannungsverhältnis zwischen dem dominierenden Wettbewerbsprinzip der Gemeinschaft und den historisch gewachsenen Grundsätzen des Angebotes von öffentlichen Dienstleistungen sichtbar. Im folgenden sollen am Beispiel der öffentlichen Dienstleistungen einige Hinweise zu dieser Problematik und zu aktuellen Entwicklungen gegeben werden. Zunächst ist zu fragen, ob und wie im Rahmen des primären und sekundären EU-Rechtes auf nationale öffentliche Interessen Rücksicht genommen werden kann. Danach wird auf einige wirtschaftliche Konsequenzen und auf die Frage nach der Zukunft der öffentlichen Dienstleistungen in der Gemeinschaft eingegangen.
2. Berücksichtigung nationaler öffentlicher Interessen im Gemeinschaftsrecht Das allgemeine oder öffentlichen Interesse wird im primären und sekundären Recht der EU an verschiedenen Stellen explizit oder implizit angesprochen. Für einen ersten Überblick ist es zweckmäßig, zwischen verschiedenen Formen und Abgrenzungen des allgemeinen Interesses zu unterscheiden (siehe zum folgenden übermann 1996). Es ist eine Unterscheidung zu treffen zwischen dem - nationalen - Interesse eines Mitgliedstaates und dem Interesse der Gemeinschaft bzw. dem "europäischen" Interesse. Das nationale Interesse rechtfertigt primär Ausnahmen von bestimmten Vertragsregelungen. Das Gemeinschaftsinteresse dient einerseits als einschränkende Bestimmung, um nationalen Handlungen Grenzen zu ziehen, andererseits wird bzw. wurde das europäische Interesse auch geltend gemacht, um neue Kompetenzen filr die Gemeinschaft zu begründen. Weiters kann zwischen wirtschaftlichem und nicht-wirtschaftlichem Interesse unterschieden werden. Wirtschaftliches Interesse betrifft übergeordnete ökonomische Zielsetzungen, nicht-wirtschaftliches Interesse bezieht sich auf Schutzfunktionen, die der Staat gegenüber seinen Bürgern wahrnimmt (etwa dem Schutz des Lebens und der Gesundheit). Auf Basis dieser zweifachen Unterscheidung können die FundsteIlen im EGV systematisiert werden. Allerdings ist die Zuordnung in manchen Fällen nicht eindeutig möglich. Auch ist der Begriff des öffentlichen Interesses in den angefilhrten Vertragsbestimmungen nicht immer ausdrücklich erwähnt. Die folgende Tabelle gibt einen ersten Überblick.
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Öffentliches Interesse im Gemeinschaftsrecht nationales Interesse
Gemeinschaftsinteresse
wirtschaftliches Interesse
Dienstleistungen von aUgemeinem wirtschaftlichen Interesse (Art. 90), öffentlicher Dienst im Verkehr (Art. 77), Sektorregelungen, * Ausnahmen Beihilfeverbot (Art. 92)
transeuropäische Netze (Art. 129b), Förderung Forschung und Entwicklung (Art. 130f), Förderung Wettbewerbsfähigkeit (Art. 130), Kohäsion/Regionalförderung (Art. BOa), Ausnahmen Beihilfeverbot (Art. 92)
nicht- wirtschaftliches Interesse
Ausnahmen von den Grundfreiheiten (Art. 36, 48, 56, 73d), Verbraucherschutz (Art. 129a), Umweltschutz (Art. BOr), Gesundheitsschutz (Art. 129), Kulturförderung und -schutz (Art. 128)
Kulturförderung und -schutz (Art. 128), Bildungsförderung (Art. 126)
•
Bei den sektoralen Bestimmungen handelt es sich zwar um sekundares Gemeinschaftsrecht, ihre Nennung ist jedoch gerechtfertigt, da sie Kembereiche nationalen wirtschaftlichen Interesses regeln.
2.1 Wirtschaftlich begründete nationale Interessen Artikel 90 und 77 EG-Vertrag
Art. 90 Abs. 2 EGV nennt "Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse" und meint damit das nationale Interesse. Für Unternehmen, die mit derartigen gemeinwirtschaftlichen Leistungen betraut sind, können Ausnahmen von den Wettbewerbsregeln des Vertrages gemacht werden, wenn die volle Anwendung der Wettbewerbsvorschriften die Erfilllung der besonderen Aufgabe tatsächlich oder rechtlich verhindern würde. Der Handelsverkehrs darf jedoch nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft (siehe ausfilhrlich Obermann/Soukup 1992, Kap. 4 und 5). Die Einstufung von Dienstleistungen als solche von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse hat primär durch die nationalen Stellen und Gerichte zu erfolgen. Der EuGH äußert sich in Rechtsstreitigkeiten zur Eignung einzelner Leistungen filr die Inanspruchnahme der Ausnahmevorschrifl:. Diese Ausnahmeregelung ist restriktiv zu interpretieren.
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Der (hypothetische) Anwendungsbereich der Vorschrift umfaßt hauptsächlich den Bereich der Daseinsvorsorge, d.h. die Infrastruktursektoren im engeren Sinn. Das sind Verkehr (insbesondere Eisenbahn, Luftverkehr und städtischer Verkehr), Kommunikation (Postdienst, Telekommunikation, Rundfunk), Versorgung (Gas, Elektrizität, Wasser, Wärme) und Entsorgung (Müll, Abwasser). Der tatsächliche Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung wird allerdings in den letzten Jahren durch gemeinschaftliche sektorale Regelungen, die Vorrang gegenüber Art. 90 Abs. 2 EGV haben, zunehmend eingeschränkt. Für die meisten der oben genannten Infrastruktursektoren ist die Bestimmung daher heute nicht mehr anwendbar bzw. wird sie es in naher Zukunft nicht mehr sein. Die wichtigsten verbleibenden Anwendungsbereiche sind insbesondere die kommunalen Ver- und Entsorgungsdienstleistungen, für die es bisher kaum spezifische EG-Regelungen gibt. Für den Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr gestattet Art. 77 EGV Beihilfen zur Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen. Diese Bestimmung teilt jedoch das Schicksal des Art. 90 Abs. 2; aufgrund der sektoralen Spezialregelungen, die den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Leistungen einschließen, ist Art. 77 heute praktisch ohne Bedeutung. Sektorregelungen Für wichtige Infrastruktursektoren wurden bereits Verordnungen und Richtlinien erlassen oder befinden sich gegenwärtig in Vorbereitung. Regelungen sind vorgesehen für den Schienenverkehr, die Binnenschiffahrt, den Straßen- und den kombinierten Verkehr, den Luftverkehr, den Postdienst, den Telekommunikationsbereich, die Elektrizitäts- und Gasversorgung. Die Sektorregelungen geben unter anderem mehr oder weniger detailliert vor, welche Aufgaben im jeweiligen Sektor als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse anerkannt werden und wie deren Bereitstellung organisiert und fmanziert werden kann (zB. Universaldienste). Auf diese Weise werden die öffentlichen Aufgaben der einzelnen Bereiche in zunehmendem Maße gemeinschaftsweit einheitlich definiert und die zu ihrer Erfüllung erlaubten Wettbewerbsbeschränkungen festgelegt (siehe ausführlich Soukup 1996). 2.2 Nicht-wirtschaftlich begründete nationale Interessen Nicht-wirtschaftlich begründete öffentliche Interessen sind vor allem für die Rechtfertigung von Ausnahmen bezüglich der vier Grundfreiheiten des EGV von Bedeutung (siehe in einzelnen Obemann 1996). Als zulässige Argumente für Beschränkungen der Freiheit des Warenverkehrs, des Personenverkehrs, des Dienstleistungsverkehrs und des Kapitalverkehrs anerkannt sind unter anderem der Schutz der öffentlichen Gesundheit und
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der Umwelt, Gründe der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit sowie das Interesse an der Erhaltung nationalen Kulturgutes.
3. Wirtschaftliche Konsequenzen ("ür die Bereitstellung von öffentlichen Dienstleistungen 3.1 Wahrung des öffentlichen Interesses - Handlungsspielräume der Mitgliedstaaten Die vorangegangenen Hinweise zeigen, daß das Gemeinschaftsrecht vielfältige Ansatzpunkte bietet, unter Berufung auf wirtschaftliche oder nicht-wirtschaftliche Gründe (nationalen) öffentlichen Interessen zum Durchbruch zu verhelfen. Die Handlungsspielräume der Mitgliedstaaten sind in den einzelnen Aufgabenbereichen allerdings unterschiedlich (siehe zum folgenden Obermann 1995). In den Kembereichen staatlichen unternehmerischen Handelns, den Infrastruktursektoren, werden die Gestaltungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten immer mehr durch gemeinschaftliche Rechtsetzung eingeschränkt. Dies hat zum einen den Vorteil, daß in diesen Bereichen die Existenz eines allgemeinen Interesses explizit anerkannt ist. Zum anderen legen diese Bestimmungen aber auch eine gemeinschaftseinheitliche Defmition dieses öffentlichen Interesses fest und regeln die zulässigen Maßnahmen zu seiner Erreichung. Einige wichtige öffentliche Aufgaben werden in den einschlägigen EG-Bestimmungen explizit angeftlhrt. Dies gilt beispielsweise ftlr die Sicherheit und Qualität der Versorgung im Elektrizitätsbereich oder die Bedeutung eines leistungsfähigen Universaldienstes im Postbereich. Die ausdrilcklich angeftlhrten Aufgaben der Sektoren werden zum Teil - wie etwa ftlr den Postdienst geplant EU-weit einheitlich definiert, zum Teil - wie etwa bei Gas und Strom - nur prinzipiell erwähnt, sind aber damit anerkannt. Die Regelung im einzelnen bleibt den Mitgliedstaaten überlassen. Eine Reihe anderer öffentlicher Aufgaben kann fakultativ erbracht werden. Solche Leistungen werden von der EU bzw. der Kommission als öffentliche Aufgaben anerkannt, jedoch nicht ftlr die gesamte Gemeinschaft verpflichtend und einheitlich geregelt. Die Entscheidung über ihre (nationale) Erftlllung liegt bei den Mitgliedstaaten. Dies gilt beispielsweise für gemeinwirtschaftliehe Leistungen im Schienenverkehr, über die die Mitgliedstaaten Verträge mit den Eisenbahnunternehmen abschließen können. Im Hinblick auf andere Sonderaufgaben oder Nebenbedingungen im Infrastruktursektor, an deren Erftlllung die Mitgliedstaaten öffentliches Interesse haben, ist im Einzelfall zu prüfen, ob rur diese Ziele eine Ausnahmeregelung des
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Vertrages - insbesondere Artikel 90 Abs. 2 EGV - anwendbar ist. Ansonsten kann nur versucht werden, die Aufgabe unter Einhaltung aller Bestimmungen des EGV wahrzunehmen.
3.2 Wirtschaftliche Folgen für den öffentlichen Unternehmensektor Die Umsetzung der genannten Regelungen des Gemeinschaftsrechts hat in den meisten Mitgliedstaaten zu teilweise einschneidenden wirtschaftlichen Veränderungen im Bereich der öffentlichen Unternehmen geführt. Der Prozeß der Marktöffnung und Deregulierung ist derzeit noch in vollem Gange (siehe für Österreich Obermann/Soukup 1996). Von den Sektorregelungen und dem Artikel 90 Abs. 2 ist insbesondere die Tätigkeit von öffentlichen Unternehmen, die bisher in geschützten Bereichen (auch) im allgemeinen Interesse tätig waren, betroffen. Diese Unternehmen verlieren ihr bisheriges Branchenmonopol und müssen künftig ihren Markt mit privaten Konkurrenten teilen. In vielen Fällen gehen auch bisher bestehende Quasimonopole öffentlicher Unternehmen auf die Bereitstellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen verloren. Private Unternehmen werden sich künftig verstärkt um ausgeschriebene Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse bewerben, da diese explizit und kostengerecht abgegolten werden müssen. Das Management öffentlicher Unternehmen wird sich künftig stärker an betriebswirtschaftlichen Kriterien orientieren müssen. Einerseits erschweren die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts die Begünstigung von öffentlichen Unternehmen durch (verdeckte) Beihilfen, andererseits wird die öffentliche Hand aus budgetären Gründen zunehmend an einer möglichst kostengünstigen Bereitstellung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen interessiert sein - sei es durch öffentliche oder durch private Unternehmen. Ob unter Wettbewerbsbedingungen die Kosten und Preise der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse niedriger und/oder die Leistungen qualitativ besser sein werden als das bisher von (überwiegend) öffentlichen Unternehmen bereitgestellte Angebot, kann heute nur in Einzelfiillen beantwortet werden. Bei zahlreichen wichtigen Aufgaben ist derzeit noch nicht absehbar, wie die Akteure - die öffentliche Hand als Auftraggeber sowie öffentliche und private Unternehmen als Anbieter - ihre individuellen Handlungsspielräume nutzen werden.
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3.3 Zwischenergebnis Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, daß das Gemeinschaftsrecht durchaus Möglichkeiten bietet, national geprägte öffentliche Interessen zu berücksichtigen. Die Mitgliedstaaten sind dabei an die Rahmenbedingungen gebunden, die ihnen das Vertragswerk und die interpretatorische Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes vorgeben. Bei beabsichtigten Einschränkungen der marktwirtschaftlichen Grundprinzipien des Vertrages haben die Mitgliedstaaten jedoch künftig stärker als bisher das spezifische öffentliche Interesse und die Notwendigkeit einer Ausnahmeregelung von den allgemeinen Wetlbewerbsbestimmungen zu begründen. Dieser Kurs der EU hat zahlreiche Befilrworter gefunden, die sich als Konsumenten, Arbeitnehmer oder Produzenten bessere Dienstleistungen oder wirtschaftliche Vorteile erwarten. An den bestehenden Regelungen wird allerdings von verschiedenen Seiten - auch grundsätzliche Kritik vorgetragen. - Es ist unübersehbar, daß die Entwicklung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts nicht auf einem konsistenten Konzept beruht. Manche Bestimmungen, vor allem in den Sektorrichtlinien, sind ad hoc entstanden und lassen insgesamt nur wenig innere Systematik erkennen - wie z.B. einige Organisationsund Finanzierungsregeln. - Die gegenwärtigen Bestrebungen der EU auf die Durchsetzung von gemeinschaftsweit geltenden Sektorregelungen können in Widerspruch zum - häufig beschworenen - Subsidiaritätsprinzip gesehen werden. Insbesondere im Infrastrukturbereich wird einheitlichen EU-Standards der Vorrang vor - möglicherweise unterschiedlichen - nationalen Regelungen eingeräumt. - Das erklärte Ziel der strikten Gleichbehandlung von öffentlichen und privaten Unternehmen hat zur Folge, daß die Bereitstellung mancher öffentlicher Dienstleistungen in der bisher gewohnten Qualität und Dimension unter Wettbewerbsbedingungen nicht mehr möglich ist und zum begründungspflichtigen Sonderfall wird, für den eine Ausnahmeregelung in Anspruch genommen werden muß.
4. Ist die Bereitstellung von öffentlichen Dienstleistungen in der Europäischen Union in Zukunft gesichert? Vor diesem Hintergrund sind die in jüngster Zeit verstärkten Bestrebungen zu sehen, die politische und wirtschaftliche Verantwortung der Mitgliedstaaten filr öffentliche Dienstleistungen im Gemeinschaftsrecht besser zu verankern und zugleich die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen fi1r deren Bereitstellung besser abzusichern.
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Einen bemerkenswerten Vorstoß hat der Europäische Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) unternommen. Der CEEP ist einer der drei europäischen Sozialpartner und vertritt auf Gemeinschaftsebene die Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung und solche Unternehmen, die öffentliche Dienstleistungen erbringen. Auf Initiative des damaligen Präsidenten der Europäischen Kommission, Jacques Delors, und mit Unterstützung der Kommission, hat sich der CEEP in den letzten Jahren ausführlich mit der Problematik der Sicherstellung eines adäquaten Angebotes von öffentlichen Dienstleistungen im Binnenmarkt befaßt. Die Ergebnisse der bisherigen Arbeiten sind in mehreren Dokumenten vorgelegt worden. Sie sollen in die im April 1996 aufgenommenen Verhandlungen der Regierungskonferenz einfließen und - entsprechend den Erwartungen des CEEP letztlich zu einer Ergänzung bzw. Modifikation des EU-Vertrages fUhren (siehe Europa, Wettbewerb und öffentliche Dienstleistungen 1996). Den Ausgangspunkt der Vorschläge des CEEP bildet die kritische Feststellung, daß öffentliche Dienstleistungen im Konzept der Gemeinschaft in verschiedenen Formen und Bereichen zwar anerkannt werden, die öffentlichen Dienstleistungen aber in ihrer Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft unterschätzt werden. In der Gemeinschaftsphilosophie wird ihnen insgesamt eine untergeordnete Rolle beigemessen. Die Verpflichtung der Gemeinschaft auf den Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb bedeutet, daß die Bereitstellung von öffentlichen Dienstleistungen eine Ausnahme von den allgemeinen Wettbewerbsregeln des Vertrages erforderlich macht. Diesem Konzept wird entgegengehalten, daß in Europa staatliche Interventionen bzw. behördliche Regelungen zugunsten bestimmter Güter und Leistungen ein wesentliches Element der Gesellschaftsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten bilden und auf einer meist jahrzehntelangen Tradition beruhen. Nach Auffassung des CEEP ist daher nach einem neuen Gleichgewicht zwischen dem Wettbewerbsprinzip und dem Konzept der öffentlichen Dienstleistungen zu suchen. Der Wettbewerb sollte gegebenfalls zugunsten der Bereitstellung von öffentlichen Diensten beschränkt werden können. Eine neue Synthese muß jedenfalls mit den Zielen des Vertrages von Maastricht vereinbar sein. Als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gelten soll künftig ''jede im allgemeinen Interesse aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, des Verbraucherschutzes, des sozialen Zusammenhaltes oder der Vorbereitung einer dauerhaften Entwicklung im Auftrag eines Mitgliedstaates oder der Europäischen Gemeinschaft ausgeübte Tätigkeit. "
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Die Bereitstellung von öffentlichen Dienstleistungen durch private oder öffentliche Unternehmen soll insbesondere die Kriterien -
des gleichberechtigten Zuganges der Nutzer der bereitgestellten Leistungen, der Kontinuität der Dienstleistung, der Anpassungsfähigkeit, der Qualität und Effizienz, der Transparenz, der Öffnung zu abgestimmtem Vorgehen bei der Erbringung der Dienstleistung erftlllen. Die Vorschläge des CEEP konzentrieren sich auf drei Anliegen:
- Eine Änderung des EU-Vertrages, die in Form der Einfilgung eines neuen Kapitels über "Dienstleistungen von allgemeinen öffentlichen Interesse" im Dritten Teil erfolgen könnte. - Die Verabschiedung einer "Europäischen Charta der Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse", die die Grundsätze enthält hinsichtlich der Zuständigkeiten der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten im Rahmen der Subsidiarität sowie Regelungen über die Pflichten und Rechte der privaten und öffentlichen - Dienstleistungserbringer. - Die Einrichtung einer Bewertungsinstanz, die in Abstimmung mit allen betroffenen Partnern die weitere Entwicklung der einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Politiken überwacht. Vorschläge von anderen Organisationen und Institutionen gehen zum Teil wesentlich weiter und fordern eine Verankerung von persönlichen Grundrechten auf den Zugang zu öffentlichen und sozialen Dienstleistungen (siehe etwa Public Utilities - Services of General Interest and Govemmental Conference 1996). Die Erfolgsaussichten solcher Initiativen sind gegenwärtig noch nicht abschätzbar. Die - im einzelnen mitunter unterschiedlichen - Vorschläge beleben jedenfalls die gesellschafts- und wirtschaftspolitische Diskussion über die Rechtfertigung und Bedeutung von Gütern und Diensten, deren Bereitstellung mit dem Hinweis auf öffentliche Interessen begründet wird. Sie machen aber auch deutlich, welche inhaltlichen Unterschiede zwischen den Interessen der Mitgliedstaaten und denen der Gemeinschaft bestehen.
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Gabriel übermann
Literatur Europa, Wettbewerb und öffentliche Dienstleistungen, Bericht des CEEP und Vorschläge zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie für eine Europäische Charta der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, herausgegeben von der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft, Beiträge zur öffentlichen Wirtschaft Heft 15, Berlin 1996 Obermann Gabriel, Die Problematik der Aufrechterhaltung öffentlicher Aufgaben im Binnenmarkt bei Öffnung des Infrastrukturbereiches für den Wettbewerb, in: Peter Eichhorn (Hg.), Perspektiven öffentlicher Unternehmen in der Wirtschaftsund Rechtsordnung der Europäischen Union, Baden-Baden 1995, S. 103-127 Obermann Gabriel, Öffentliches Interesse in den Europäischen Verträgen juristische Grundlagen und wirtschaftliche Konsequenzen, Beitrag zum Forschungsprogramm der internationalen wissenschaftlichen Kommission Öffentliche Unternehmen des IFIG, März 1996 Obermann Gabriel/Soukup Karl, Auswirkungen des EU-Beitritts Österreichs auf den öffentlichen Unternehmenssektor, in: Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliehe Unternehmen, Band 19, Heft I, 1996 Obermann Gabriel/Soukup Karl, Öffentliche Unternehmen und die europäische Integration, Wien 1992 Public Utilities - Services of General Interest, Working Seminar, Brüssel, Feber 1996
Soukup Karl, Gemeinwirtschaftliche Leistungen der Infrastruktursektoren in der EU, erscheint in Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliehe Unternehmen, 1996
Auf dem Weg zu einem vereinten Europa: Chancen, Risiken und Kosten einer Osterweiterung der EU Von Jan Stankovsky
1. Der politische Umbruch im Osten Ende 1989 hat Osteuropa Abschied vom alten System genommen und den Übergang zur Marktwirtschaft und Demokratie eingeleitet. In der UdSSR hat erst der fehlgeschlagene Putsch vom August 1991 den politischen Bruch ausgelöst. Die zentrifugalen Tendenzen wurden verstärkt und haben letztlich zur Auflösung der Sowjetunion Ende 1991 gefillut. Das wohl verhängnisvollste soziale Experiment der Geschichte hat sein Ende gefunden. Die politische Stabilität Rußlands - das die Nachfolge der UdSSR übernommen hat - ist keineswegs gesichert, wie die Ereignisse vom Herbst 1993 sowie die Wahlen Ende 1995 gezeigt haben. Die Wiederherstellung der parlamentarischen Demokratie ist nur in OstMitteleuropa (Tschechische und Slowakische Republik, Ungarn, Polen) und Slowenien gelungen. Noch erhebliche Schwierigkeiten - aber auch Erfolge haben Rumänien, Bulgarien sowie einige Nachfolgestaaten der Sowjetunion aufzuweisen. Wesentlich schwieriger als erwartet hat sich der Aufbau einer funktionierenden Marktwirtschaft erwiesen. In den Jahren 1990 bis 1992 haben alle Oststaaten eine tiefe Krise durchgemacht. Die reale Wirtschaftsleistung (Brutto-Inlandsprodukt) ist in diesen drei Jahren in Ost-Mitteleuropa um etwa ein Fünftel, in Südosteuropa und in der (damaligen) Sowjetunion um jeweils etwa ein Drittel geschrumpft. Die gemeinsame Ursache des Produktionseinbruchs waren die Umstellung des Wirtschaftssystems, die Folgen der wirtschaftlichen Desintegration nach der Auflösung des RGW sowie die Anpassungen der Produktionsstruktur. Dazu sind weitere, länderspezifische Probleme gekommen, die z.T. politische Ursachen (insbesondere den Ausbruch des in der kommunistischen Ära nur unterdrückten Nationalismus) hatten. In Osteuropa (ohne Ex-UdSSR) hat sich die Wirtschaftslage im Jahr 1993 stabilisiert. Das Jahr 1994 brachte einen Aufschwung, der sich 1995 gefestigt hat und der auch 1996 sowie 1997 anhalten dürfte. In Russland ist es bisher nur zu einer Abschwächung des negativen Trends gekommen. Der Außenhandel der
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Region wurde vom Osten zum Westen verlagert. Bei der Bekämpfung der Inflation und der Arbeitslosigkeit war bisher die Tschechische Republik erfolgreich. Für den Westen hat ein Erfolg der Transformation Osteuropas eine große wirtschaftliche und politische Bedeutung. Die Unterstützung beim Aufbau einer leistungsflihigen Marktwirtschaft liegt im Interesse aller westlichen, besonders der westeuropäischen Industriestaaten. Im Vordergrund steht die politische Stabilität in Osteuropa. Auch der Migrationsdruck wird sich nur dann abschwächen, wenn eine wirtschaftliche Verbesserung sichtbar wird. Darüber hinaus stellen nur wirtschaftlich gesunde Länder aufnahme- und zahlungsflihige Märkte dar.
2. Osteuropa und die EU 2.1 Wirtschaftliche Integration Osteuropas durch Liberalisierung des Handels Die Europäische Gemeinschaft war sich seit dem politischen Umbruch in Osteuropa ihrer großen Verantwortung rur die künftige Entwicklung dieser Region bewußt und hat auch auf diesem Gebiet eine aktive Rolle gespielt. Sie hat in beachtlichem Umfang fmanzielle und technische Hilfe geleistet (PHARE) und ihre Märkte gegenüber Osteuropa schnell geöffnet. Die "erste Generation" der Verträge über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der EU und den Oststaaten waren die langfristigen, nicht präferenziellen Handels- und Kooperationsabkommen, die zum Teil noch mit den kommunistischen Regierungen abgeschlossen worden sind. Nach dem politischen Umbruch im Osten hat die EU die meisten Oststaaten in das Allgemeine Präferenzsystem (einseitige ZollbegUnstigungen ft1r Entwicklungsländer) einbezogen. Die Importbeschränkungen ft1r nicht sensitive Güter hat die EG gegenüber den meisten Oststaaten zum 1. Oktober 1990 beseitigt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde der Großteil der Importregelungen weiterhin von den einzelnen EG-Staaten gehandhabt (die Maßnahmen wurden nur von der Gemeinschaft verlautbart). Einer engen Anbindung an die Union dienen die Europa-(Assoziations-)Abkommen, die die EU bisher mit 10 Ländern vereinbart hat: Mit Ungarn, der CSFR und Polen im Dezembe.r 1991, mit Rumänien und Bulgarien Anfang 1993, mit den drei baltischen Ländern und Slowenien im Juni 1995. Die in die Verantwortung der Europäische Kommission fallenden Teile der Abkommen mit der CSFR, mit Ungarn und mit Polen wurden als Interimsverträge bereits am 1. März 1992, mit Rumänien am 1. Mai 1993 und mit Bulgarien am 31. Dezember 1993 in Kraft gesetzt. Der mit der CSFR abgeschlossene Vertrag wurde nach der Auflösung der Föderation Ende 1992 durch
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neue Abkommen mit den Nachfolgestaaten (Tschechische und Slowakische Republik, die eine Zollunion bilden) übertragen. Die Interimsverträge mit den drei baltischen Ländern sind am 12. Juli 1995 in Kraft getreten, das Abkommen mit Slowenien soll - nach Überwindung politischer Vorbehalte Italiens - gelten. Die Interimsverträge betreffen Kapitel 3 des Vertrages, d. h. Handelspolitik, insbesondere den Zollabbau. N ach Ratifizierung durch das Europäische Parlament sowie durch die nationalen Parlamente sind die (endgültigen) Europa-Verträge mit Ungarn am 1. Februar 1994, mit Tschechien, der Slowakei, Bulgarien und Rumänien am 1. Februar 1995 in Kraft getreten. Nach dem EU-Recht sind sie Assoziationsabkommen gemäß Art. 234 des EWG-Vertrages. Ungarn und Polen haben bereits im April 1994, die anderen assoziierten Länder bis Jänner 1996 Anträge auf eine Aufuahme in die EU gestellt. Die Europa-Abkommen sehen die Errichtung einer Freihandelszone nach einer Übergangszeit von zehn Jahren vor, die aus zwei Abkommensperioden von je fünf Jahren besteht. Die EU hat rur die meisten industriell-gewerblichen Produkte aus dem Osten die Zölle und die mengenmäßigen Beschränkungen mit dem Inkrafttreten der Verträge abgebaut. Für einige Industriewaren war der Zollabbau innerhalb von sechs Jahren vorgesehen, die Mengenbeschränkungen sollten ebenfalls innerhalb von sechs Jahren beseitigt werden. Auf dem EUGipfel in Kopenhagen im Jahr 1993 wurde eine wesentliche Verkürzung dieser Fristen festgelegt. Mit Ausnahme von Stahl und Textilien werden ab Beginn 1995 alle industriell-gewerblichen Produkte aus den assoziierten Ländern ohne Zölle und mengenmäßige Beschränkungen in die EU importiert. Der Agrarhandel wird durch die Europa-Abkommen nur wenig liberalisiert. Das Importschutzsystem der EU im Agrarbereich bleibt erhalten. Für die osteuropäischen Länder ist der Zeitraum bis zum vollständigen Zollabbau länger als für die EU. Die Übergangsfristen sind je nach Warengruppe und Land unterschiedlich, betragen aber höchstens zehn Jahre. Die Europa-Abkommen enthalten Bestimmungen über den Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr, über den Wettbewerb sowie über finanzielle und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Als institutioneller Rahmen ist der Assoziationsrat vorgesehen. Im Bereich des Wettbewerbs gelten die Rechtsvorschriften der Europäischen Union.
3. Vorbereitung der assoziierten Staaten auf die EU-Aufnahme Die Länder Osteuropas waren seit dem politischen Umbruch um einen Beitritt in die EU bemüht. Die Union stand diesem Wunsch ursprünglich reserviert
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gegenüber. Die Präambel der Europa-Verträge enthält zwar eine Beitrittsoption, in der festgehalten wird, daß das assoziierte Land die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft anstrebt und daß die Europa-Abkommen bei der Verwirklichung dieses Ziels hilfreich sein werden. Dem Wunsch, die Aufuahme auch zuzusagen, ist aber die Gemeinschaft nicht nachgekommen. Im Jahr 1993 hat sie diese Haltung revidiert und eine prinzipielle Bereitschaft zur Aufuahme der Oststaaten erklärt. Der Europäische Rat in Kopenhagen hat im Juni 1993 beschlossen, daß "die assoziierten ost-mitteleuropäischen Länder, die dies wünschen, Mitglieder der Europäischen Union werden können. Der Beitritt kann erfolgen, sobald ein assoziiertes Land in der Lage ist, den mit einer Mitgliedschaft verbundenen Verpflichtungen nachzukommen und die erforderlichen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen erfiillen". Zu diesen Bedingungen gehören: die institutionelle Stabilität als Garantie rur demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, filr die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz der Minderheiten; eine funktionsfliliige Marktwirtschaft; die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten; die Fähigkeit, die aus einer Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen zu übernehmen und sich auch die Ziele der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion zu eigen zu machen. Der Europäische Rat in Korfu hat im Juni 1994 die Kommission ersucht, sobald wie möglich konkrete Vorschläge zur Durchfilhrung dieser Vorschläge vorzulegen. Diesen Auftrag folgend hat die Kommission das als "Strategiepapier" bezeichnete Dokument "Die Europa-Abkommen und die Zeit danach: Eine Strategie zur Vorbereitung des Beitritts der Länder Ost-Mitteleuropas" vorgelegt. Das Strategiepapier enthält folgende Punkte: - Schaffung eines Rahmens filr vertiefte Beziehungen; - Schaffung eines geeigneten rechtlichen und institutionellen Umfelds rur die wirtschaftliche Integration; - Förderung des Handels; - makroökonomischer und struktureller Wandel. Auf dieser Grundlage hat der Europäische Rat in Essen im Dezember 1994 eine umfassende "Heranfilhrungsstrategie" filr die Länder Mittel- und Osteuropas im Vorfeld des Beitrittes beschlossen. Diese Strategie stützt sich auf zwei Hauptinstrumente: die bilateralen Europa-Abkommen und die strukturierten Beziehungen zwischen den assoziierten Ländern und den Institutionen der Europäischen Union, durch die ein multilateraler Rahmen filr einen verstärkten Dialog und filr Konsultationen geschaffen wird. Im Strategiepapier wurde die Ausarbeitung eines "Weißbuches über die Annäherung der Rechtsvorschriften" vorgeschlagen. Das Weißbuch wurde von der EG-Kommission am 3. Mai 1995 (Teil I: Politikdokument) bzw. am 10. Mai
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(Teil 11: Anhang) verabschiedet. Es wurde vom Europäischen Rat in Cannes (26. bis 27. Juli 1995) zustimmend zur Kenntnis genommen. Das Weißbuch enthält ein Programm für die Erfiillung von Binnenmarktverpflichtungen, das von den assoziierten Staaten befolgt und von der Union überwacht werden kann. Zu den wichtigsten Neuerungen des Weißbuches zählt das Projekt eines Amtes für den Informationsaustausch über technische Hilfe. Es soll im Rahmen eines länderübergreifenden PHARE-Programms errichtet werden. Die von diesem Amt angebotene Unterstützung bezieht sich auf die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, deren Umsetzung in innerstaatliches Recht, die Rechtsterminologie, die Übersetzungen sowie Ausbildungs- und Austauschmaßnahmen einschließlich kurzer Praktika in den Kommissionsdienststellen und entsprechenden Einrichtungen in den Mitgliedstaaten. Mit diesem Amt wird eine AnlaufsteIle rur Anträge auf Unterstützung durch fachliche Beratung geschaffen. Das Amt wird die Beratung über die Rechtsvorschriften und Anwendungsstrukturen erleichtern. Zu diesem Zweck soll durch ein PHARERahmenübereinkommen ein Netz aus Experten der Kommission und der Mitgliedstaaten mit einschlägigen Erfahrungen in den verschiedenen Politikbereichen geschaffen werden. Um die erforderliche Transparenz zu gewährleisten und Überschneidungen zu vermeiden, wird eine Datenbank mit Informationen der Kommission, der Mitgliedstaaten, der assoziierten Länder und privater Einrichtungen aufgebaut, die allen beteiligten Parteien zugänglich ist. Die Kommission hat am 4. Juli 1995 die Errichtung des "Büro" beschlossen, das der GD IA (Außenbeziehungen) und GD XV (Binnenmarkt) unterstehen wird.
4. Vorteile und Kosten einer Osterweiterung der EU 4.1 Hintergrund
Die Osterweiterung der EU ist nicht nur mit zahlreichen Problemen verknüpft, in die Diskussion spielen auch andere, z. T. weit entfernte Zielsetzungen und Interessen mit hinein. Alle Fragen können nur vor dem Hintergrund und im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung über die Zukunft der europäischen Integration verstanden und interpretiert werden. Seit Mitte der achtziger Jahre entwickelt die EG eine eindrucksvolle Integrationsdynamik. Die erfolgreiche Süderweiterung war ein wichtiger Impuls, der zur Überwindung einer lange anhaltenden Stagnation ("Eurosklerose") beigetragen hat. Der wichtigste Grund, weshalb die Europäische Gemeinschaft die Kraft zu einem neuen Aufbruch gefunden hat, war der offensichtliche und wachsende Rückstand gegenüber den neuen und alten Industriestaaten in Über50 Festschrift Pichler
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see. Trotz Beseitigung der Zölle ist in der Gemeinschaft kein einheitlicher Markt entstanden, was als die Hauptursache filr das Zurückbleiben im internationalen Wettbewerb gesehen worden ist. Das ehrgeizige Projekt der Vollendung des EG-Binnenmarktes im Jahr 1992 - mit dem Ziel einer Verwirklichung der "Vier Freiheiten" - stützte sich auf das "Weißbuch" und die Einheitliche Europäische Akte und wurde durch den Cecchini-Report flankiert, in dem die Kosten von "Nicht-Europa" kalkuliert worden sind. Die Erfolge des Binnenmarktprojekts waren Grund fUr neue, weitreichende Pläne einer Ausweitung und Vertiefung der Integration, deren Ergebnis eine auf drei Säulen beruhende "Europäische Union" (Vertrag von Maastricht 1992) gewesen ist. Dieses Konzept der (west)europäischen Einigung ging aber von einem geteilten Europa aus. Auf ein Ende des Kommunismus war die Gemeinschaft nicht vorbereitet. Die erste "Störung" hat der Beitrittsantrag Österreichs Mitte 1989 verursacht. Er war nur vor dem Hintergrund der beginnenden Auflösung des sowjetischen Machtbereiches möglich, der in Österreich eben früher als anderswo wahrgenommen und genutzt worden ist. Die Aufnahme eines - damals glaubwürdig neutralen - Landes hätte aber unter den noch bestehenden Machtverhältnissen den europäischen Einigungsprozeß zweifellos erheblich erschwert oder gar unmöglich gemacht. Die Gemeinschaft hat daher versucht, Österreich und anderen potentiellen neutralen Beitrittswerbern - die Alternative des Europäischen Wirtschaftsraums anzubieten. Die Wiedervereinigung Deutschlands war die wichtigste, unmittelbar die Gemeinschaft betreffende Folge der Ostöffnung. Sie hat die Gründe rur die Bemühungen um eine politische Einigung Europas verstärkt und die Notwendigkeit einer Änderung des ursprünglichen Konzepts deutlich aufzeigt. Etwa zur selben Zeit ist der europäische Einigungsprozeß auf Hindernisse, insbesondere auf eine unzureichende Akzeptanz in der Bevölkerung, gestoßen (Dänemark, Frankreich). Die Auflösung aller militärischen, politischen und wirtschaftlichen Bindungen des Ostblocks sowie der (vorübergehende) Verzicht der UdSSR auf Großmachtambitionen hat die Bedingungen für die europäische Integration fundamental geändert. Zum einen haben die Bedenken gegen die Aufnahme neutraler Länder in die Gemeinschaft an Bedeutung verloren. Mit der Auflösung des Warschauer Paktes ist die Neutralität zur Folklore mutiert. Dies hat den Spielraum filr die Außenpolitik in Österreich sowie auch in Schweden und Finnland erheblich vergrößert. Zugleich haben aber auch die frei gewordenen Länder Osteuropas von der Europäischen Union nicht nur Hilfe, sondern "Aufnahme" verlangt. Ein Beitritt zur EU wurde rur sie zu einem Symbol filr die "Rückkehr nach Europa". Ebenso wichtig wie wirtschaftliche Ziele (Marktzugang, Investitionskapital, Technische Hilfe) waren rur diese Länder sicherheitspolitische An-
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liegen. Entgegen von Stehplätzen in Sonntagsreden mancher westlicher Politiker spielte bei den Beitrittskandidaten aus Ost-Mitteleuropa die Hoffnung auf ein "goldenes Füllhorn" der EU kein wichtiges Motiv rur den Wunsch nach Aufnahme in die Union. Es ist nicht die "Schuld" der Osteuropäer, daß im gegenwärtigen EU-System das Agrarsystem zu kostspielig und die Finanzhilfe an ärmere Länder unabweisbar ist.
4.2 Interessen und Probleme der EU Die EU hat an einer engen Anbindung Osteuropas sowie an einer Stabilität und Prosperität dieser Region erhebliche politische, sicherheitspolitische und wirtschaftliche Interessen. Wirtschaftlich steht dabei die Erschließung und Sicherung aufnahmebereiter Märkte im Vordergrund. Auf mittlere Sicht kann ein anhaltendes Wachstum der Ostmärkte nur durch eine Wirtschaftsdynamik gewährleistet werden. Durch Nutzung der kostengünstigen Arbeitskräfte in Osteuropa kann die internationale Wettbewerbsfiihigkeit der europäischen Industrie und der Dienstleistungsanbieter gestärkt werden. Osteuropa ist zu einem attraktiven Standort rur Direktinvestitionen geworden, die sowohl der Versorgung der lokalen Märkte dienen als auch als integrierte Produktionsstätten im Rahmen multinationaler Unternehmen verwendet werden. Zu den wichtigsten Zielsetzungen der Union zählt aber, einer politischen Destabilisierung in (Teilen) Osteuropas zuvorzukommen, die bei einem anhaltenden wirtschaftlichen Niedergang der Region kaum zu vermeiden wäre. Auch ein unerwünschter und schwer kontrollierbarer Migrationsdruck aus Osteuropa kann nur durch eine Verringerung der Wohlstandsunterschiede zwischen den beiden Teilen des Kontinents bewältigt werden. Die EU hat bisher erhebliche Beiträge zur Unterstützung Osteuropas geleistet. Viele Analysen kommen zum Schluß, daß die politische Stabilisierung und ein wirtschaftlicher Aufschwung der Region am ehesten durch eine Aufnahme in die Gemeinschaft verwirklicht werden kann. Die EU ist hiezu heute auch bereit. Mit gutem Grund wird aber auch darauf hingewiesen, daß die Osterweiterung die größte Herausforderung der Gemeinschaft seit ihrer Gründung darstellt. Die Gefahr ist groß, daß durch eine schlechte Vorbereitung dieses Schrittes die Integrationsdynamik verloren und die zentrifugalen Kräfte gestärkt werden könnten, was letztlich zu einer Auflösung der heutigen Union fllhren könnte. Dadurch wären aber auch die neuen Mitglieder aus Osteuropa geschädigt. Die Probleme einer Osterweiterung aus der Sicht der EU-Mitglieder können in folgende Bereiche zusarnmengefaßt werden:
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hohe Kosten, die politisch unzumutbar sein könnten;
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die Notwendigkeit einer zu schnellen Strukturanpassung, insbesondere in sensiblen Bereichen: hiezu zählt auch die Frage der freien Bewegung der Arbeitskräfte in der Union; die Aufrechterhaltung der Funktionalität und der Fähigkeit zur Weiterentwicklung der Union, die folgende Aspekte einschließt: Funktionsflihigkeit der Organe der Gemeinschaft nach der Erweiterung sowie Anwendung der Regeln und Verfahren des Binnenmarktes in den neuen Beitrittsländern; Folgen für die Sicherheitspolitik, auch wenn diese Frage heute vor allem im Zusammenhang mit der Aufnahme Osteuropas in die NATO diskutiert wird. Da die Sicherheitspolitik zu einer Säule der EU werden soll, muß auch dieser Aspekt mitberUcksichtigt werden. 4.3 Argumente für und gegen eine Osterweiterung der EU
In der EU hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß insgesamt die Vorteile der Osterweiterung größer als die Kosten und Risken sind. Dazu hat zweifellos auch die Einsicht beigetragen, daß viele, insbesondere die indirekten Kosten (z. B. jene der Strukturanpassung) eine unausweichliche Folge der Wiedereingliederung Osteuropas in die internationale Arbeitsteilung sind und somit auch ohne EU-Beitritt anfallen. Erhebliche Probleme ergeben sich aber aus der sehr ungleichen Verteilung der Vor- und Nachteile, der Gewinne und Kosten, der Osterweiterung innerhalb der Union. Dies gilt einmal für die zeitliche Dimension. Die meisten Kosten bzw. Nachteile fallen unmittelbar an. Viele Vorteile (insbesondere die politischen und sicherheitspolitischen) kommen erst langfristig zum Tragen. Unterschiedlich sind aber auch die Auswirkungen auf verschiedene Wirtschaftszweige (wobei man hier wieder zwischen den Folgen für die Unternehmen und für die Arbeitnehmer unterscheiden muß), auf Regionen und auf Länder. In dem Geflecht der Interessenkonflikte lassen sich dennoch einige Linien erkennen: Die Nachbarstaaten Osteuropas haben ein größeres politisches Interesse an einer Stabilisierung der Region als weiter entfernte Länder. Wirtschaftlich fortgeschrittene EU-Länder sehen in Osteuropa größere Marktchancen und erwarten sich weniger Ostkonkurrenz als jene EU-Staaten, die einfache Produkte anbieten. EU-Staaten mit niedrigem Einkommensniveau (bzw. einer hohen subventionsintensiven Agrarquote ) befürchten eine Verringerung der Unterstützung aus EU-Mitteln, sie setzen sich rur eine Aufstockung des EU-Haushalts im Falle einer Osterweiterung oder filr die Ausklammerung kostenintensiver Bereiche ein. EU-Mitglieder, die Nettozahler an den Haushalt sind, befilrworten eine Reform des Finanzierungssystems. Ein spezielles Problem ergibt sich
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daraus, daß eine Osterweiterung das Gewicht kleinerer Nationen bei der Abstimmung in den EU-Organen erheblich verstärken würde. Die unterschiedlichen Positionen zur Osterweiterung spiegeln aber nicht nur die wirtschaftlichen und politischen Interessen der Beteiligten wider. Eine wichtige Rolle spielen auch die Zielvorstellungen in bezug auf die "Finalität" der Union. Im Prinzip wird durch jede Erweiterung - und schon gar durch eine um Problemländer - der Prozeß der Vertiefung der politischen Integration erschwert. Dementsprechend sind die Befilrworter des "Bundesstaates" eher im Lager der Gegner einer baldigen Osterweiterung zu fmden, die Gegner eines europäischen "Staatenbundes" wollen hingegen durch die Osterweiterung den europäischen Zug auf ihr Geleise bringen. Die Auseinandersetzung um die Osterweiterung wird noch durch eine weitere Problemschicht erschwert. Die Aufnahme Osteuropas soll auch als Anstoß filr überfällige, politisch aber bisher nicht realisierbare Reformen der Union dienen. Ein prominentes Beispiel hiefilr ist die Agrarpolitik. Die "Ökonomen" verlangen - mit Hinweis auf die enormen Agrarkosten der Osterweiterung - eine fundamentale Änderung der bestehenden GAP (Gemeinsame Agrarpolitik). Die "Pragmatiker" meinen hingegen, daß auf Grundlage der 1992er-Reform die Osterweiterung durchaus finanzierbar ist (vgl. hiezu ausfilhrlich Schneider, 1995). Eine ähnliche Situation besteht auch in bezug auf die Strukturfonds. Die Verknüpfung der Osterweiterung mit fundamentalen Strukturreformen der Union stellt filr das Ziel einer baldigen Aufnahme Osteuropas eine große Gefahr dar, da das - ohnehin schwere - Paket der Osterweiterung so stark belastet werden könnte, daß es letztlich untragbar werden könnte. Die Auseinandersetzungen über die Osterweiterung wurden auf das viel schwerer durchschaubare Gebiet der Bedingungen und des Zeitprofils der Aufnahme verlagert. Für die meisten der aufgezeigten Probleme gibt es - auch filr die Beitrittsgegner akzeptable - Scheinlösungen: Eine Ausklammerung des Bereiches bzw. eine sehr lange zeitliche Verschiebung (Übergangs frist). Die Befürworter setzten sich dafür ein, daß (zumindest einige) Länder Osteuropas innerhalb einer kurzen Frist (5 bis 6 Jahre) mit nur wenigen und kurzen Übergangsbestimmungen aufgenommen werden. Die Skeptiker (Nichtbefürworter) plädieren filr lange Übergangszeiten und/oder filr die Ausklammerung schwieriger Bereiche (z. B. Landwirtschaft). Großteils als scheinheilig können in diesem Zusammenhang hingegen Argumente bezeichnet werden, wonach eine schnelle Aufnahme in die Union die Oststaaten schädigen würde, da sie Schutz brauchen. Aufgrund der Europa-Verträge müssen diese Länder ohnehin alle Schutzbestimmungen spätestens bis zum Jahr 2002 abbauen. Ein Vergleich mit dem wirtschaftlichen Kollaps von Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung ist insofern irreführend, da die ost-
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deutsche Wirtschaft von einem Tag auf den anderen die westdeutschen Löhne übernehmen mußte. Eine Osterweiterung innerhalb einer überschaubaren Zeitperiode (5 bis 6 Jahre) ist nur dann realisierbar, wenn die Union den politischen Mut fmdet, von der bisherigen Fiktion einer "Blockabfertigung" abzugehen und sich fUr eine schrittweise Aufnahme neuer Mitglieder entscheidet. Nicht alle Beitrittskandidaten aus Osteuropa werden gleichzeitig bzw. im gleichen Maße die Bedingungen für die Aufnahme in die Union erfüllen. Die Vorgaben wurden vom Europäischen Rat in Kopenhagen genannt. Die Annäherung an die EUStandards im Bereich der Institutionen und Gesetze ist Gegenstand des Strategiepapiers sowie insbesondere des Weißbuches. Für manche Aufnahmebedingungen (z. B. fUr eine funktionsfiihige Marktwirtschaft) wird es aber schwer sein, operationale Kriterien zu fmden. Die Union wird sich auch schwer tun, die Institutionen eines souveränen Staates zu evaluieren. Ein möglicher Ansatz wäre daher, die Aufnahme an die Erfüllung bestimmter volkswirtschaftlicher Kriterien (z. B. Inflation, Arbeitslosigkeit, Verschuldung öffentlicher Hauhalte usw.) zu knüpfen ("Ost-Maastricht"). Dabei ist allerdings zu bedenken, daß in der EU vergleichbare Kriterien nur für die Aufnahme in den "inneren Kreis", in die Wirtschafts- und Währungsunion, herangezogen werden. Die Beitrittswerber aus Osteuropa würden somit gegenüber den Altmitgliedern diskriminiert, doch ließen sich hiefUr durchaus Argumente fmden. Ein ehrlicher - politisch aber nur schwer durchsetzbarer - Ansatz wäre es, bei der Aufnahme auch die wirtschaftliche Entwicklungsstufe des Beitrittswerbers (z. B. BIP pro Kopf) oder sogar explizit die Kosten der Mitgliedschaft zu berücksichtigen (Agrarquote, Bevölkerungszahl). Im Bezug auf die Reformstaaten in Ost-Mitteleuropa werden Alternativen zum EU-Beitritt (z. B. Aufnahme in die EFTA bzw. in den EWR (Stehn, 1994) bzw. die Schaffung einer globalen Freihandelszone in Europa (Baldwin, 1994» heute bestenfalls in akademischen Vierteln diskutiert. Von osteuropäischer Seite werden diese Ansätze als ein "Abschieben" auf ein Nebengleis, bestenfalls als ein Umweg empfunden und prinzipiell abgelehnt (vgl. hiezu z. B. Inotai, 1993). Der Weg einer schrittweisen Osterweiterung legt dennoch die Überlegung nahe, den länger außerhalb der Union verbleibenden Ländern geeignete institutionelle Arrangements anzubieten. Durch die bilateralen Abkommen zwischen der EU und den einzelnen Oststaaten entsteht eine als "hub and spoke" bezeichnete Integrationsform, in der die wirtschaftliche Verflechtung in der Peripherie (d. h. zwischen den Oststaaten) nicht nur vernachlässigt, sondern zum Teil sogar erschwert wird (durch die Ursprungsregeln). Baldwin (1994) hat rur die wirtschaftliche Integration Europas ein System konzentrischer Kreise vorge-
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schlagenI: Der innere Kreis, die EU, wird den am weitesten fortgeschrittenen osteuropäischen Ländern in einer Art EWR (Organisation of European Integration - OEI) die Teilnahme an einem "abgeschwächten" Binnenmarkt ermöglichen, aus dem die Landwirtschaft, Migration, Transfers und die Teilnahme an der Abstimmung ausgeklammert wären. Die übrigen osteuropäischen Länder sollten sich gemeinsam mit der OEI zu einer "Assoziation der Assoziationsabkommen" (AAA) zusammenschließen. In der Praxis nimmt allerdings ein anderes Konzept zunehmend Gestalt an. Die wirtschaftliche Integration Oste uropas findet - auf niedriger Ebene - in der CEFTA (Mitgliedsländer Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei, Slowenien) statt. Der entscheidende Schritt zur Vermeidung unnötiger Nachteile einer geteilten Integration zulasten Osteuropas wäre der Übergang zu einer gesamteuropäischen Kumulierung. Die Initiative hiezu müßte aber allein von der EU ausgehen.
4.4 Belastung des EU-Budgets durch eine Osterweiterung Die EU-Erweiterung Anfang 1995 ist u. a. deshalb relativ schnell abgeschlossen worden, weil alle Beitrittskandidaten ein über dem EU-Durchschnitt liegendes Einkommensniveau erreichen und deshalb zu den Nettozahlern an das EU-Budget zählen. Eine vollkommen unterschiedliche Situation besteht im Falle der Aufnahme von Kandidaten aus Osteuropa. Im Jahr 1995 hat das wirtschaftliche Entwicklungsniveau (BIP pro Kopf zu Kaufkraftparitäten) der "reichsten" Länder (Slowenien, Tschechien) nur knapp die Hälfte (48% bzw. 46%) des EU-Durchschnitts erreicht und dürfte bis zum Jahr 2000 auch unter günstigen Annahmen nur auf etwa 56% bzw. 53% ansteigen. Im bevölkerungsreichsten Beitrittswerber (Polen) dürfte das BIP pro Kopf im Jahr 2000 nur 35% des EU-Durchschnitts ausmachen, im ärmsten (Rumänien) 21% (vgl. hiezu Breuss, 1995A). Bei einem Vergleich des BIP pro Kopf zu Wechselkursen bzw. von Lohnkosten ist der Abstand noch viel größer. Die große und nicht schnell zu schließende Einkommenslücke steht zwar einer Aufnahme in die Union prinzipiell nicht im Weg - in Griechenland entsprach 1995 das BIP pro Kopf zu Kaufkraftparitäten nur 48% des EU-Durchschnitts - sie würde aber aufgrund der heute bestehenden Verfahren eine erhebliche Belastung des EU-Budgets zur Folge haben. Die voraussichtlichen Budgetkosten sind daher zu einem wichtigen Faktor in der Diskussion um eine Osterweiterung geworden. Trotz klarer Budgetregeln variieren die Ergebnisse der verschiedenen Berechnungen und Schätzungen stark. Schwierigkeiten bei der Kostenkalkulation bereiten zum einen die Projektionen der Ausgangsdaten rur die beitrittswilligen Oststaaten (insbesondere in 1 Baldwin erwartet allerdings eine Osterweiterung erst in etwa 20 Jahren.
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bezug auf die landwirtschaftliche Produktion, aber auch in bezug auf das BIP). Eine realistische Schätzung der Budgetkosten der Osterweiterung muß aber auch Änderungen der EU-Verfahren berücksichtigen. Diese bestehen aus den bereits vereinbarten Änderungen (1992 Agrarreform; Änderungen aufgrund von Vereinbarungen im Rahmen des GATT) sowie aus neuen Änderungen. Die Schätzung der Beitrittskosten ist zum Teil zu einem "Politikinstrument" geworden. Mit hohen Kosten wird die Schwierigkeit, mit niedrigen die Einfachheit einer Osterweiterung argumentiert. Eine der ersten Schätzungen der budgetären Kosten der EU-Osterweiterung wurde in der CEPR-Studie "Is Bigger Better?" (CEPR, 1992) vorgelegt. Sie ergibt tUr das Jahr 1989 Nettokosten der Osterweiterung von 12,9 Mrd. ECU (für die ersten vier assoziierten Länder 7,8 Mrd. ECU). Eine aktualisierte Version dieser Berechnung (Stehn, 1994), in der eine Verdoppelung des ProKopf-Einkommens und ein Strukturwandel (Rückgang des Anteils der Landwirtschaft an der Gesamtproduktion um 25%) angenommen wird, zeigt etwas geringere Nettokosten in Höhe von 11 Mrd. ECU (vier Länder 6,5 Mrd. ECU). Diese Werte entsprechen einem Anteil von 0,2% am EU-BIP bzw. von 18% des EU-Budgets. Courchene et al. (1993) hat tUr die vier assoziierten Oststaaten die Budgetkosten auf 43 Mrd. ECU geschätzt. Baldwin (1994) kombiniert in einer Variante (Baldwin I) die Schätzung von Courchene mit einer Berechnung der Agrarkosten von Anderson - Tyers (1993) und kommt zu Gesamtkosten tUr die vier assoziierten Oststaaten in der Höhe von 58,1 Mrd. ECU. In einer anderen Schätzung (die er als Untergrenze bezeichnet) kommt er zu Nettokosten für 4 MOL in der Höhe von 11,7 Mrd. ECU, für 6 MOL von 23,3 Mrd. ECU und für 10 MOL von 26,7 Mrd. ECU (Baldwin 11). Eine detaillierte Kalkulation der Belastung des EU-Budgets durch die Osterweiterung im Jahr 1995 hat Breuss (1995A) vorgelegt. Er schätzt die Nettokosten für 6 MOL auf knapp 20 Mrd. ECU (für vier Länder auf 12,6 Mrd. ECU), für 10 Länder auf 22,3 Mrd. ECU. Diese Werte entsprechen etwa 0,3% bis 0,4% des BIP der EU bzw. 15% bis 29% des EU-Haushalts. Bis zum Jahre 2000 dürften die Budgetkosten der Osterweiterung auf 27,6 Mrd. ECU (16,8 Mrd. ECU für vier Länder bzw. 30,2 Mrd. ECU tUr 10 Länder) anwachsen, was 0,6% des EU-BIP bzw. 29% bis 31 % der Ausgaben entspräche. Bei dieser Projektion wurde ein Wirtschaftswachstum in der EU um 2% p. a. und in Osteuropa um 5% bis 6% p. a. sowie Anpassungen des Agrarsystems infolge der Uruguay-Runde angenommen.
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4.5 Osterweiterung der EU und die Landwirtschaft Die fmanzielle Solidarität, ein Grundpfeiler der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), sichert der Agrarbevölkerung der EU ein angemessenes Einkommensniveau, großteils durch garantierte Mindestpreise ft1r wichtige Agrarprodukte. Die Agrarpreise der EU sind höher als jene auf dem Weltmarkt. Die Marktinterventionen zur Stützung der EU-Preise werden zur Gänze vom EU-Budget garantiert. Von der Gemeinschaft wird auch die Agrarstrukturpolitik mit finanziert. Die Agrarausgaben der EU beliefen sich 1994 auf39,5 Mrd. ECU, 54% der Gesamtausgaben des EU-Budgets. Die EU ist um eine Beschränkung des Zuwachses der Agrarausgaben bemüht (Schneider, 1995). In Osteuropa sind die Agrarpreise deutlich niedriger als in der EU, großteils liegen sie auch unter dem Weltmarktpreisniveau. Im Jahr 1992 erreichte das Subventionselement der Agrarproduktion (PSE)2 in der EU 47% (in Österreich 55%), in Polen hingegen nur 16%, in Ungarn 8% (bei Weizen belief sich das PSE auf 52%, 9% und 4%). In Tschechien und in der Slowakei dürften die Subventionen etwas höher sein, in Bulgarien etwas niedriger (Breuss, 1995A; Schneider, 1995). Eine Anpassung an das Agrarsystem der EU würde auch auf eine Verteuerung der Agrarerzeugnisse zu Lasten der Verbraucher in Osteuropa hinauslaufen. Die Eingliederung Osteuropas in das Agrarsystem der Union zählt zu den schwierigsten Aufgaben der Osterweiterung. Zu diesem Thema liegt bereits eine Anzahl von Studien mit z. T. erheblich unterschiedlichen Schlußfolgerungen vor. Die zentralen Probleme sind die Budgetkosten sowie - damit zusammenhängend - die Einschätzung der Realisierung des kilnftigen Agrarpotentials Osteuropas. Im Hintergrund der Auseinandersetzung steht dabei oft die Frage, ob die Agrarpolitik der Union eine fundamentale Änderung braucht. Es kann deshalb nicht überraschen, daß die von den für die Finanzierung zuständigen Generaldirektionen bestellten Gutachten zu wesentlich höheren Kosten der Osterweiterung als die von der Agrarkommission angeforderten Gutachten kommen (vgl. hiezu im Detail Schneider, 1995). Die Spannweite der Schätzungen für die sechs assoziierten Länder reicht von 5 Mrd. ECU bis 32 Mrd. ECU). Anderson - Tyers (1993) haben die Kosten für das Agrarbudget fiir die vier assoziierten Länder auf 37_ Mrd. ECU (47 Mrd. $) geschätzt. In dem vom Agrarkommisar Fischler dem Europäischen Rat vom Dezember 1995 in Madrid vorgelegtem Dokument werden die Kosten für den Agrannarkt bei einer Aufnahme von 10 assoziierten Oststaaten bei unveränderten Regeln auf 10 bis 12 Mrd. ECU jährlich geschätzt. In dem Dokument wird aber eine konsequente Weiterfiihrung der 1992-Refonn befiirwortet, wodurch die Kosten ganz wesentlich reduziert werden könnten.
2 Producer subsidy equivalent; UnterstUtzung an die Landwirtschaft in Prozent des Produktionswertes.
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Die budgetären Kosten decken nur einen (wichtigen) Aspekt der Vor- und Nachteile der Osterweiterung ab. Sie können durch eine Kalkulation der Wachstums-, Außenhandels-, Arbeitsmarkt- und Preiseffekte ergänzt werden. Da Osteuropa für die Wirtschaft der Europäischen Union heute nur einen geringen Stellenwert hat, bleiben die kalkulierten Impulse der Osterweiterung im allgemeinen nur schwach. Eine Simulation mit Hilfe des Oxford Econometric Forecasting Modell (Breuss, 1995A, S. 13ft) ergibt, daß eine anhaltende Zunahme des realen BIP in Osteuropa um 10% (dieser Wert entspricht etwa jenem der Transfers im Beitrittsfall) das Wirtschaftswachstum in Westeuropa um 0,1 % bis 0,5% beschleunigen könnte.
5. Schlußfolgerungen Die erste Osterweiterung der EU zu Regelbedingungen um das Jahr 2000 ist realisierbar3 . Voraussetzung hiefür ist, daß die Regierungskonferenz 1996 zumindest zu einem Komprorniß in den Hauptfragen führt und ein neuer Grundsatzvertrag ("Maastricht 11") vereinbart werden kann. In diesem Sinn hat sich auch der Europäische Rat im September 1995 in Mallorca geeinigt. Die Regierungskonferenz soll Anfang 1997 abgeschlossen werden. Innerhalb von 6 Monaten danach sollen Beitrittsverhandlungen mit Malta und Zypern beginnen, in welche auch einige Länder aus Ost-Mitteleuropa einbezogen werden dUrften. Die Union muß ein politisch tragfithiges Modell für die Kosten der Osterweiterung fmden. Der Sparzwang im EU-Budget könnte zwar die Durchsetzung von Reformen erleichtern, die Osterweiterung mit einer fundamentalen Systemänderung zu verknüpfen, könnte aber beide Zielsetzungen zum Scheitern verurteilen. Die Eintrittskosten können durch eine schrittweise Erweiterung, am besten an Hand eines objektiven Katalogs von Aufuahmebedingungen, auf ein erträgliches Maß reduziert werden. Ein solcher Kriterienkatalog würde auch die Durchsetzung schmerzhafter Reformen in Osteuropa erleichtern. Der Öffentlichkeit der Union sollte darüber hinaus bewußt gemacht werden, daß die Budgetkosten der Osterweiterung nur einen Aspekt des Gesamtproblems darstellen. Einer vollständigen Antwort näher käme nur eine Untersuchung der "Kosten der Nichterweiterung", die auch die außerökonomischen Aspekte (etwa die Folgen einer politischen Destabilisierung in Mitteleuropa) mitberücksichtigen würde. Der Cecchini-Report hat aber gezeigt, wie schwierig und nur bedingt aussagekräftig ein solcher Ansatz selbst dann ist, wenn er nur auf wirtschaftliche Fragen
3 Bundeskanzler Kohl hat anlaßlich seines Besuchs in Warschau im Juli 1995 festgestellt, daß bis zum Jahr 2000 zumindest ein ausgehandelter Beitrittsvertrag mit Polen vorliegen könnte, der dann noch ratifiziert werden mUßte (Financial Times, 10. Juli 1995).
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beschränkt bleibt. Somit kann über die Osterweiterung letztlich nur der politische Wille der Unionsländer entscheiden. Auch für die Beantwortung der Frage, ob die Institutionen des Eintrittswerber für eine Aufnahme in die Union reif sind, gibt es keine schlüssige Antwort. Die Integrationsflihigkeit ist letztlich "like the beauty - it lies in the eyes of the beholder". Ein Mißerfolg der Regierungskonferenz 1996 würde unweigerlich ein Hinausschieben der Osterweiterung zu regulären Bedingungen zur Folge haben. Er könnte aber die Option einer "Osterweiterung light" eröffnen. Die Erfahrungen zeigen, daß sich die Gemeinschaft bei Rückschlägen im Prozeß der Vertiefung der Integration in eine Erweiterung flüchtet. Eine solche "Seitendynamik" hat sich bisher durchaus bewährt - Österreich hat jedenfalls von ihr profitiert. Dies muß aber nicht auch in bezug auf Osteuropa zutreffen. Eine Osterweiterung unter Ausklammerung konstituierender Elemente der Gemeinschaft (Landwirtschaft, Strukturfonds, freie Bewegung der Arbeitskräfte) würde mit großerWahrscheinlichkeit eine fundamentale Änderung der gesamten Architektur der europäischen Integration zur Folge haben.
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Tbe Role of Cities in Developing Countries By Oavid E. Oowall and Walter B. Stöhr l
I. Introduction Industrialization as weIl as urbanization have traditionally both been considered indicators of national development. The higher the share of industry in GOP and in employment of a country, the more developed it was considered. Equally, the higher the share of population living in cities, the more modernized was a country considered to be. These two types of indicators usually were held to be mutually highly correlated, so that a elose inter-relation between industrialization and urban development was assumed. Growth was considered the prime objective. At least in the course ofthe last decade this view has dramatically changed: At present, over half of the world's population live in cities. Particularly in the developing countries a growing part of its urban population is increasingly polarizing in one primate city, accompanied by seemingly insurmountable conditions ofpoverty, lack ofhousing and infrastructure, environmental degradation and social tension. Indeed, in most developing countries this tendency is aggravating rather than improving, Le. the often quoted "polarization reversal" (Richardson 1977) is just not taking place within the foreseeable - and politically relevant - future. Industrial development of cities, on the other hand, also has undergone a dramatic change in recent years. The increasing globalization of national economies and the ensuing new international and inter-regional division of labor has led to a rapid process ofrestructuring ofmost urban economies: Manufacturing activities are increasingly being locationally separated from service and information-based functions. In part this trend was promoted by the ever greater role played by transnationally operating enterprises and organizations. High-level financial activities, for instance, are increasingly being concentrated world-wide in three or four world cities such as New York, 1 David E.Dowail is Professor of City and Regional Planning at the University of Califomia at Berkeley, and Walter B. Stoehr is Professor emeritus ofCity and Regional Planning, University of Economics and Business Administration, Vienna. The present paper is based on work which the authors have done for UNIDO in preparation for the HABITAT II Conference 1996. 51 Festschrift Pich1er
David E. Dowall and Walter B. Stöhr
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London and Tokyo. In many cities pure manufacturing functions are leaving their tradi tional urban locations and moving to metropolitan fringe areas or to peripheral areas where wages and the cost of land are lower, and environmental regulations less strict or absent. In many cases these functions are even being closed down in favor of competing ones in less or least developed countries. Cities world-wide are therefore often faced with drastic and urgent restructuring needs which require not only changes in the activity mix of the urban economy and in their locational patterns and inter-relations, but at the same time demand concerted technological innovation, qualitative upgrading of human resources and the labor market, environmental improvement and management, new forms of administrative organization - often in the form of public-private partnership - as weIl as new decision-making structures involving NGOs and citizen participation.
11. Urbanization, cities and economic development This is the century of the great urban explosion. Between 1950 and 1990, worldwide urban population has tripled, increasing by 1.5 billion persons. Developed countries accounted for less than 30 percent of the increase-- 430 million (see Table 1). The urban population of developing countries increased fourfold-- growing by over 1 billion. By 1990, about one person out of the three was an urban dweIler, and about one out of every ten persons lived in a city of more than one million persons. Table 1 Urban Population in Developed and Developing Countries, 1950-1990 Developing Countries
Developcd Countries
Source:
Year
Urban Population (millions)
%of Total
Ufban Population (millions)
%of Total
1950 1960 1970 1980 1990
447 571 698 798 877
53.8 60.5 66.6 70.2 12.5
287 460 673 966 1,357
17.0 22.2 25.4 29.2 33.6
United Nations, Urban and Rural Population Projcctions, 1950-2025: The Asscssmcnt, 1986.
The Role of Cities in Developing Countries
771
Table 2 presents projections of future urban population trends. Between 1990 and 2025, the world's urban areas will add 2.7 billion persons, and more than 90 percent of the increase will occur in developing countries. Over the next 30 years, the urban population of developing countries will reach 3.8 billion. By 2025 half of the world's population will reside in cities. Rural population in developing countries should stabilize by 2015 and thereafter a11 net growth will occur in cities. Table2 Projected Urban Population in Developed and Developing Countries, 1990-2025
Year 1990 2000 2010 2020 2025 Source:
Developed Countries Urban Population (millions) 877 950 1011 1063 1087
%of Total
Developing Countries Urban Population (millions)
72.5 74.4 76.0 77.2 77.8
1357 1904 2612 3425 3845
%of Total 33.6 39.3 46.2 53.1 56.5
United Nations, Urban and Rural Population Projections, 1950-2025: Tbe Assessment, 1986.
Future projections of urban population growth indicate an uneven pattern of urbanization in developing countries. African urbanization rates will be the highest, but in terms of absolute numbers Asia will have the largest increases, about 500 million between 1980 and 2000. By 2025, 3.8 billion persons will live in cities in developing countries. Latin America will be the most urbanized region with 85 percent of its population living in cities. Africa will have about 58 percent and Asia will have 53 percent. A troubling manifestation of this rapid transformation will be the growth of mega-cities, cities with population in excess of 8 million. Table 3 presents estimates on population trends for the largest 15 cities in the world ranked by size over the 1960-2025 period. The trends are very clear. The large cities in the developed world have stabilized while the large developing country metropoles continue to grow. As a consequence, by 2025, the largest cities in the world will be overwhelmingly located in developing countries.
51*
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David E. Dowall and Walter B. Stöhr
Table3 Population Trends in the World's 15 Largest Mega-eities, 1960-2000 Urban Population (millions) Mega-City 1960 MexicoCity Sao Paulo TokyoNokohama Calcutta Bombay NewYork Seoul Tehran Shanghai Rio de Janeiro Delhi Jakarta Buenos Aires Karachi Dhaka Source:
5.2 4.8 10.7 5.6 4.2 14.2 2.4 1.8 10.7 5.1 2.3 2.8 6.9 1.8 0.7
Annual Average 1980 2000 14.5 12.8 17.7 9.5 8.5 15.6 8.5 5.8 11.8 9.2 5.9 6.7 10.1 5.2 3.4
Percent Change 1960-80 1980-2000
25.8 24.0 20.2 16.5 16.0 15.8 13.8 13.6 13.3 13.3 13.2 13.2 13.2 12.0 11.2
17.9 16.7 6.5 7.0 10.2 1.0 25.4 22.2 1.0 8.0 15.7 13.9 4.6 18.9 38.6
7.8 8.8 1.4 7.4 8.8 0.1 6.2 13.4 1.3 4.5 12.4 9.7 3.1 13.1 22.9
United Nations, Urban and Rural Population Projections, 1950-2025: The Assessment, 1986.
While many European cities such as Copenhagen, Vienna and Munich will continue to remain attractive to their residents, Asian and Latin American mega-cities will become dysfunctional centers ofpoverty, pollution and social collapse [Kennedy, 1993]. Why do these cities continue to grow, despite their obvious problems? The answer lies in natural increase of population in rural areas, limited rural economic development and the decision-making calculus of urban migrants [Dogan and Kasarda, 1989]. In most developing countries, declining mortality rates brought on by public health and medical advances have not been matched by declines in fertility rates. Consequently rural population continues to increase (and it is expected to grow for at least another 15 to 20 years). The growing ranks ofrural peasants cannot be sustained in agricultural or rural economic activities. Migration flows from rural areas to cities in search of economic opportunities. Most rural to urban migrants are young and they frequently marry and start families. Programs to limit migration have been difficult to implement [UNDP, 1990]. In other cases, government pro grams to promote industrial development, infrastructure expansion and modernization as weIl as overall macroeconomic policies have been biased in favor of cities. On the other side, attempts to promote rural development or to establish growth poles have not been widely successful in generating alternatives to urban migration. Some cities have attempted to repel migrants by bulldozing squatter settlements or by expelling
The Role of Cities in Developing Countries
773
foreign guest workers. In most cases these draconian measures have failed and they are rarely used more than once or twice. Experience in developing countries indicates that attempts to stop rural-to-urban migration have not been successful. At the same time, in virtually all countries, cities are the engines of economic growth. They serve as centers of banking, business services, manufacturing and trade. The largest cities typically serve as centers for international trade and development providing facilities and know-how necessary for international transfers of goods and services. Cities exist because they provide cost and efficiency advantages to business activities. Cities derive productivity advantages over rural areas in three ways: economies of scale; urbanization and localization economies; and location factors. Cities imply the concentration of people and businesses. Large cities mean larger markets, allowing businesses to lower their costs of production by producing more output for a larger market.
III. Dilemmas of urban development Of course there is a "flip-side" to the economies of scale, urbanization and localization economies-- diseconomies of scale, urbanization and localization dis-economies, which imply that if cities are too large or too congested, they will be inefficient and confer external costs on businesses. Industrial employment is growing rapidly in developing countries, but it is also very uneven. In Southeast and East Asia, industrial employment is growing rapidly, but in Africa it is stagnant. Industrial employment growth in Latin America and South Asia is growing moderately. Industrial growth is largely clustered in 13 newly industrializing countries (NICs), which accounted for 80 percent of all developing countries industrial employment growth [Dicken, 1992]. The fast-growing cities of the NICs, Singapore, Hong Kong, Shanghai, Santiago, Buenos Aires worry about coping with growth and industrialization-- traftic congestion, air pollution, infrastructure provision, and on how to improve the distribution of benefits to low and moderate income residents. Policy-makers have oscillated back and forth over whether big cities are efficient or inefficient, depending on recent research results and what types of policies are in fashion. In the 1960's and 1970's many analysts argued that cities were inefficient and that they drained scarce resources away from central govemments and provided little in return. Policy analysts pushed for rural development pro grams and advocated that rural development be given precedent over urban initiatives [Kasarda and Parnell, 1993] Typically a number of arguments were made: first, rural areas are where the people are-- in
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the 1960s, 77 percent of the population of developing countries was located in rural areas; second, cities already have benefited from an urban bias in most central government policies; third, cities are too expensive, they require costly infrastructure such as piped water, wastewater collection and treatment, transportation systems and housing; and fourth, cities increase unemployment as more and more peasants move to the cities in search of jobs. Support for the rural development agenda began to break down in the 1980's as it became clear that rural areas simply could not absorb the levels of population growth taking pace in most developing countries. The green revolution and other technological changes in the agricultural sector have continued to diminish the demand for rural labor. Research on urban labor markets has pointed to more dynamism and efficiency in third world cities and less polarization between formal and informal labor markets. In fact, research shows that informal sector activities play an important role in driving urban economic development, and are not, as previously believed, marginal and unproductive activities. During the 1970s and 1980s urban population growth surged and the economic output of large cities in developing countries rapidly expanded. Figure 1 provides another illustration of the clear positive relationship between cities and economic productivity. As the level of urbanization increases, so does output per worker. Cities work, they are highly productive centers of economic activity. By 1989, more than 50 percent of GDP of developing countries was generated in cities. According to the World Bank, about 80 percent of future growth will come from urban economies in Latin America and Asia [The World Bank, 1991].
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The Role of Cities in Developing Countries
775
In the urban areas of countries able to attract foreign capital and manufacturing facilities, employment is increasing. As Table 4 shows, of the 23 countries maintaining an annual average growth rate of 5 percent in manufacturing output between 1980 and 1992, only Japan and Turkey are members of OECD. Twenty-one of the 23 are developing countries. As is no surprise, most of these countries are rapidly urbanizing and on average their urban populations are increasing by 4.5 percent per year, about 60 percent higher than the global average. In these emerging economies policy makers are concerned with enhancing their international competitiveness and their ability to attract foreign capital for business formation. The picture in lagging economies is sharply different. Table 4 High Growth*) Manufacturing Countries Country Oman Bhutan Lesotho Indonesia SouthKorea Cameroon Thailand Mauritius Malaysia Botswana Saudia Arabia Pakistan Singapore Turkey India SriLanka Tunisia Congo Iran Japan Burundi Senegal Benin ~
Manufacturing Annual Output Growth Rate 1980-1992 18.3 13.2 12.3 12.0 11.9 10.6 10.1 10.1 10.0 8.9 8.1 7.4 7.1 6.7 6.S 6.S 6.3 S.9 S.8 S.8 S.S S.I S.O
Output Growth is S Percent or More per Year Source: World Bank, 1994.
On the other hand, many cities in advanced economies are under stress [Sassen, 1991]. Cities such as Los Angeles, New York, Philadelphia, Chicago and Baltimore as weIl as London, Birmingham, Hamburg and Turin have lost
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David E. Dowall and Walter B. Stöhr
tens of thousands of manufacturing jobs as plants elose or relocate to lower cost off-shore locations [Harrison, 1994]. For example, between 1980 and 1990, the cities ofBoston, Cleveland, Indianapolis, Minneapolis and Pittsburgh collectively lost 204,000 manufacturing jobs, nearly one out of every five manufacturing jobs. In Pittsburgh, manufacturing employment declined by nearly 50 percent between 1980 and 1990. Western European cities have been devastated by industrial restructuring as weIl. Birmingham lost 50 percent of its manufacturing jobs between 1971 and 1981. In Glasgow, manufacturing employment deelined by two-thirds between 1952 and 1990. With the decline of manufacturing and rising unemployment, most policy makers in OECD countries are pre-occupied with reducing unemployment, promoting economic development, and increasing labor productivity and competitiveness [OECD, 1987]. Very similar processes occur within and between metropolitan areas and cities and their hinterlands. As cities move up the development ladder, less productive and less qualified activities will be dislocated to less developed cities or towns or to peripheral areas where labor and land are cheaper and social and infonnation infrastructure less sophisticated.
IV. The challenge of urban development If metropolitan areas and cities want to continue developing they must equally make concerted efforts to upgrade the qualification of their labor force and population at large, successively shift to knowledge-based industries and high-level services, and in general create conditions which foster technological and organizational innovation. The International Labor Organization study of mega-city labor markets provides interesting insights into the growth and transfonnation of developing country labor markets. Table 5 provides estimates of labor market and population trends in six mega-cities. In Latin America, the labor forces of Mexico City and Rio de Janeiro have doubled between 1970 and the late 1980s. In Asia, Seoul's labor force increased by 5.1 percent per year during the 1970s and by 3 percent during the 1980s. In Bombay, the labor force was increasing by 2.7 to 3 percent per year over the 1961-1981 period. In some cases, the rate of job fonnation has been sufficient to absorb increases in the labor force, as was the case in Seoul between 1970 and 1988, and Mexico City during 19791988. In other cases, employment fonnation has lagged behind labor force expansion and unemployment has increased. This is the case in Bombay, and Cairo.
The Role of Cities in Developing Countries
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Table 5 Labor Force and Employment Growth in Selected eities, 1970-1988 Population Labor Force Annual % Growth Rates (millions) Period Population Labor Force Employm. Unemploym.
City Bombay 1970 Bombay 1981
5.9 8.2
2.3 3.1
1961-71 1971-81
3.6 3.2
2.7 3.0
2.6 2.6
3.9 8.3
Cairo 1976 Cairo 1984
5.0 6.0
1.4 1.8
1960-76 1976-86
2.6 1.7
3.1 1.7
3.0 2.4
4.8 10.1
Mexico City 1970 Mexico City 1987
9.2 16.7
2.6 6.0
1970-9 1979-87
4.5 3.0
6.9 2.3
6.9 2.4
6.2 0.0
Rio de Janeiro 1970 Rio de Janeiro 1988
7.0 10.9
1.6 4.8
1970-80 1980-88
2.4 2.5
8.0 4.2
7.9 4.0
10.7 9.4
Seou11970 Seou11988
5.5 10.3
1.7 3.6
1970-80 1980-88
4.1 2.6
5.1 3.0
7.2 3.5
-5.2 -3.7
Shanghai 1971 Shanghai 1988
11.6 12.6
5.6 7.7
1971-81 1981-88
0.9 1.2
2.9 0.5
2.9 0.5
Source:
überai, 1993.
Increases in labor force participation as weIl as increases in the population of economically active persons has lead to increases in unemployment in developing country mega-cities. In the cities covered by the ILO mega-cities survey, services account for most of the urban employment, ranging from 28 to 71 percent (International Labor Office 1986). Only in the case of Shanghai, does manufacturing exceed services. Manufacturing employment increased significantly during the 1970s, ranging from a 2.1 percent annual growth rate in Bombay to 11.4 percent in Rio de Janeiro. However, during the 1980s manufacturing employment slowed and in many cases it declined; falling by -0.2 percent in Cairo, -0.3 percent in Mexico City and -1.0 percent in Rio de Janeiro. Only in Seoul and Shanghai did manufacturing employment grow during the 1980s. Part of the explanation for the slow down in the growth of manufacturing in these cities is that production processes became more productive and required fewer workers per unit of output. These increases in productivity led to a slowing in the labor force absorption of manufacturing. In Seoul for example, the growth rate of manufacturing output increased from 6.4 percent per year in the 1970s to 8.7 percent per year in the 1980s, but manufacturing employment growth declined from 10.6 percent per year in the 1970s to 2.9 percent in the 1980s. In Seoul, the rate of increase in value added per worker more than doubled between the 1970s and 1980s [Oberai, 1993].
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According to the ILO, and estimates prepared by Rondinelli and Kasarda, between 1990 and 2025, the economically active population of developing countries will increase by 1.2 billion persons [Rondinelli and Kasarda, 1993]. Most of the increase will take place in urban areas. What this means is that shortly after the turn of the century, more than 50 percent of the world's population will live in urban areas and over 50 percent of the world's labor force will be non-agricultural. Table 6 presents projections of the urban labor force of developing countries, by region. As it illustrates, the urban labor force of developing countries is projected to increase by 1.1 billion persons. About 60 percent of the increase will occur in Asia. Africa will account for 25 percent, and Latin America will comprise 15 percent. Table 6 Estimated Urban Labor Force Growth in Developing Countries, 1990-2025 Labor Force (millions) 1990 2000 2010 2020 2025
Region
Africa Latin America & Caribbean Asia
79.4
125
194
296 360
5.7"10
5.6%
5.2%
4.3%
212 411
266 322 564 769
370 392 9881083
2.6% 3.7"10
2.1% 3.6%
1.5% 2.8%
1.2% 1.9%
955 1285 16541834
3.6%
3.5%
2.9%
2.2%
Developing Country Total 702 Source:
Annual Average Percent Change 1990-2000 2000-10 2010-20 2020-25
Rondinelli and Kasarda, 1993.
Developing countries face serious challenges in expanding employment opportunities for their growing urban labor markets over the next several decades. Large-scale manufacturing is likely to playa limited role in providing employment. Small and medium sized frrms in manufacturing, services and trade, as weIl as micro-enterprises in the informal sector are likely to provide most ofthe employment opportunities [Rondinelli and Kasarda, 1993].
v. The importance of enhancing urban productivity and competitiveness
The globalization of economic activities creates challenges and opportunities. On the opportunity side it offers the potential for cities and urban regions in developing countries to attract and mobilize investment. With such investments, cities can expand their economies and increase employment. With increased employment and incomes, cities will be able to expand their systems of taxation and overall revenue generation and use these resources to fmance the provision of infrastructure and urban services.
The Role of Cities in Developing Countries
779
However, there are some challenges posed by globalization. International businesses and capital are highly mobile. If cities are not efficient, businesses will quickly relocate to other more hospitable environments. Cities therefore are confronted with increased competitive pressures. Bangkok must compete with Jakarta and Manila, Bogota with Caracas, Sao Paulo with Buenos Aires. Competition forces cities to continually appraise their strengths and weaknesses and to upgrade and improve business conditions. Studies of economic development and industrialization suggest that countries which pursue market-based development strategies and carefully invest in physical and human capital tend to have high levels of economic growth and employment expansion. Where government policies discourage investment in businesses or physical or human capital economic development stagnates. Central and local governments play a critical role in helping to create the right climate for economic growth. Govemments need to facilitate the provision of modern infrastructure, such as roads, ports, telephone systems, and water and sanitation systems [World Bank, 1994]. Govemments need to provide the institutional and legal frameworks to foster business activity, risk taking and entrepreneurial action. Governments can playa key role in fostering investments in human capital by providing adequate primary, secondary and vocational education. The key determinant in what boosts economic development is how the public sector, businesses and households invest in ways that increase output per worker. If governments can create business friendly environments, then they will be able to attract capital to finance industrial and export oriented development. Providers of capital are looking for good returns and investment at low risks [World Bank, 1995]. Experience suggests that the key factors are: good infrastructure, a reliable, productive and skilled work force, competitive wages, guarantees of the right to repatriate both capital and income, and social and political stability [Castells and Hall, 1994]. At the urban level, the key policy areas are in infrastructure, land. management, education and training, and social services. If cities are highly congested, polluted and poorly provided with infrastructure services, it will be difficult to attract capital. In recent years, multilateral and bilateral assistance organizations have been stressing the importance of making cities more productive. Cities need to increase their attractiveness to potential businesses and investors in order to attract capital. While it is imperative that countries have sound and marketdriven macroeconomic policies in place, it is only part of the overall policyframework. Cities and regional governments can and should develop policies which will make them more productive [Kahnert, 1987]. This requires modemizing infrastructure, upgrading the skills of the local labor market, creating a market-friendly regulatory environment and providing appropriate
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David E. DowalJ and Walter B. Stöhr
institutional and legal frameworks conducive to business and economic development. The situation in cities in developed countries is different, but there are striking similarities. First off, many older industrial cities do not have adequate infrastructure to support modem high technology manufacturing. Education and vocational training is frequently poorly articulated to the needs of industry. Many cities in developed countries have suffered from substantial declines in industrial employment. Although service sector jobs have expanded, they typically do not provide jobs which are attractive to displaced industrial workers. Many of these older industrial cities, therefore have launched aggressive economic development programs aimed at attracting new businesses. Some efforts are aimed at developing high technology centers-- new science parks and industrial zones [Castells and Hall, 1994 and Cohen and Zysman, 1987]. Cities need to develop working partnerships to continually promote economic development. They need to focus on how to make their cities highly productive centers of economic activity, how to make them high amenity environments and on how to make them attractive and competitive locales for business activity. The next section outlines the principal strategic objectives for a program on urban economic development.
VI. Strategie objectives Increasing the economic productivity of cities requires a focused program of activities aimed at enhancing the effectiveness of private enterprises. The key areas of attention include: urban infrastructure, human capital, land management, business and regulatory climate, social and environmental amenities, reduction of inequalities and enhancement of fmancial self-sufficiency. Such a program should not expect to implement these objectives alone. It needs to develop broad partnerships with municipal govemments, private enterprises, research and training institutions, and other non-profit and nongovemmental actors. A key aspect is to bring all stakeholders together to identify constraints to productivity enhancement and to identify promising methods for increasing the competitiveness of cities. The following is a list ofkey objectives which, if achieved, will enhance urban productivity: A. Building efficiency enhancing infrastructure
The lack of adequate (world-class level) infrastructure is undoubtedly one of the most significant limitations on the industrialization of developing countries. Studies of the effects of infrastructure deficiencies on manufacturing productivity clearly indicate that poor infrastructure quality raises the costs of
The Role of Cities in Developing Countries
781
doing business. In Nigeria, Lee and Anas [1989] found that finns invest 10 to 35 pefCI":; (T) = a; gilt. Das ARCH(p) Modell wurde von Bollerslev (1986) zum GARCH(p,q) Modell erweitert. Dabei steht die Idee im Vordergrund, daß nicht nur Beobachtungen bis zur Periode p Einfluß auf die Volatilität ausüben, sondern auch dahinterliegende. Daher wird ähnlich wie beim EWMA Modell eine unendliche Persistenz unterstellt, wodurch man das GARCH(p,q) Modell p
C1} = ao + L
q
a i Ri+1-i + Lßier}-i
i=1
erhält. Beschränkt man sich auf die Klasse der GARCH(1, I) Modelle, ergibt sich in Analogie zu den vorangegangenen Modellbeschreibungen
ao ~ ßi-1R2 ur - -I-ßl - + ~ai 1 T+l-i i=1 _2 _
wobei die Gewichte in diesem Fall durch Wj ( T) = aIß;-1 gegeben sind. Aus dieser Formulierung wird ersichtlich, daß das GARCH(1, I) Modell im Falle von al + ßI = 1 mit dem EWMA Modell zusammenfällt. Diese Identität zeigt, daß das EWMA Modell einem nichtstationären GARCH( I, I) Modell entspricht. Aus der Sicht des praktischen Risikomanagements ist es nun von entsprechender Bedeutung, die Prognosequalitäten der vorgestellten Modelle zu
806
Engelbert J. Dockner
kennen. Deshalb werden in der nachfolgenden empirischen Analyse die einzelnen Modelltypen zur Prognose des Marktrisikos des österreichischen Aktienmarktes auf der Basis des Austrian Traded Index (ATX) verwendet.
v. Marktrisikoprognose tlir den österreichischen Aktienmarkt
Die Volatilitätsmodelle des vorangegangenen Abschnittes werden nun zur Pronose des Marktrisikos ft1r den österreichsichen Aktienmarkt herangezogen. Als Datenbasis dienen die täglichen Kurse des ATX über den Zeitraum August 1992 bis Februar 1995. Die Stichprobe umfaßt 619 Beobachtungen und wird in zwei Subperioden getrennt. Die Daten der Periode August 1992 bis März 1994 stellen den in-sample Bereich dar. Auf Basis dieser Beobachtungen werden die Parameter im EWMA und in den GAReR Modellen geschätzt. Die Daten der Periode April 1994 bis Februar 1995 dienen im Rahmen von out-of-sample Verfahren der Beurteilung der Prognosegüte der einzelnen Modelle. Als Gütekriterium dient der normierte mittlere quadratische Fehler (NMSE). Abbildungen 1 und 2 zeigen die Kursentwicklung und die täglichen Renditen ft1r den gesamten Stichprobenumfang. Aus der Darstellung der Renditen wird das Phänomen des Volatilitätsclusterings deutlich, welches auch die Basis ft1r die Risikomodelle darstellt.
Kursentwicklung ATX 1400-r-------------------, 1200 1000
800 600 400 200
o ~. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I 41
81 121 161201241 281 321361 401441481 521 561 601
Abbildung J
Die Quantifizierung und Prognose des Marktrisikos
807
A TX-Volatilitäten 0.08 0.06 0.04 0.02 0 -0.02 -0.04 -0.06
Abbildung 2
Die Abbildungen 3 und 4 zeigen den NMSE ftlr die in-sample Periode und ftlr die out-of-sample Periode. Daraus können folgende Schlüsse gezogen werden: Das einfache exponentiell geglättete Modell weist in beiden Fällen die beste Prognosegüte auf. Der A TX ist somit durch ein nichtstationäres GARCH(I,I) Modell beschreibbar, wie auch aus den Schätzungen der GARCH Parameter in Tabelle 1 ersichtlich ist. Damit stellt das EWMA-Modell eine adäquate Beschreibung der dynamischen Entwicklung der ATX-Volatilitäten dar. Da das zweite Moment der ATX-Renditen durch einen integrierten Prozeß dargestellt werden kann, ist auch das sehr gute Abschneiden des naiven Volatilitätsmodells plausibel. Für die out-of-sample Periode stellt es das zweitbeste Verfahren dar. Bei den GARCH Modellen wurden zwei Varianten untersucht. Das klassische GARCH(I,I) Modell und das GJR Modell (vgl. Glosten et al. 1993). Das GIR Modell berücksichtigt neben dem Volatilitäts-clustering auch noch den sogenannten Leverage-Effekt, der bei vielen Renditereihen empirisch nachgewiesen wurde. Er besagt, daß negative Renditen mit höherer Volatilität korrelieren. Die beiden GARCH Modelle weisen eine unterschiedliche Prognosegüte auf. Während sie ftlr die in-sample Periode hinter dem EWMA Modell rangieren, ist deren Abschneiden ftlr die out-of-sample Periode enttäuschend. Hier liegt der Schluß nahe, daß bei integrierten Volatilitäten der größere Aufwand bei der Schätzung der Modellparameter mittels GARCH Ansätzen nicht zielftlhrend ist und sogar die naiven Prognosen hinreichend gute Ergebnisse liefern.
808
Engelbert J. Dockner
ATX - Volatilitlltsprognosen (in-sam pie) 12
l.4J
1.02
r---
0.99
1.01
1.01
r--
r---
r---
Naives M.
EWMA
GARCH(1 ,1)
GJR(1 ,1)
0.8
~ 0.6
z
0.4
02
o
Abbildung 3 ATX - Volatilitätsprognosen (ou t-of-sa mple) 12
.v ::s
::.
00
o
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~ 5. ::>
ri1
8:
22.4
GFI = .96
x2
Figure 3
AGFI = .90
df= 14 RMSR = .051
p= .07
PLI
AUI
Va1ue structure: Finnish entrepreneurs
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Figure 4
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~
Value structure: Belgian entrepreneurs
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o
o
-
Value Structures of Austrian, Belgian, Finnish, Swiss Entrepreneurs
1011
Participative Orientation In our case, the Belgian measures of participative orientation were reliable, and the model fit is good. The pattern of Belgian correlations is identical with Austrian and Swiss models. The Finnish model (where DEI and DE2 alphas where almost .50) differ from these three models. Whereas there is a strong link between authoritarian and control orientation and participative orientation in Austrian, Belgian and Swiss models, the Finnish model presented no links between participative orientation and personal goals. Neither influences the other. Also among Finnish respondents the relations and the links were weaker between authoritarian orientation and participative orientation, and control orientation and participative orientation than was evident in all other models. A strengthening in the participatory practices in the enterprise is often based on a deep belief in the worth of reciprocity in human relations. On the surface, such behavior is often indicated and entail an increase in the team-work, adoption of fair wage policy to enhance performance, equality in pay for equal work, and the possibility of employee share in the ownership of the firm. Often risk aversive behavior is manifested in attempts to increase job security and increased concern about the future of the firm. Tribe-like formations are not uncommon. Concern for the quality of the work, products and the entrepreneurial and working life is of concern. There are shared views and strong convictions in the necessity of ethical foundation for action. Often such convictions are explicitly expressed in mission statement in larger firms and in volitional statements of entrepreneurs in SMEs. Reciprocal expectations and reciprocity being respected by others, conflict avoidance, importance of ethical principles, belief in open, mutual exchanges are in the core of such behavior. Participative orientation builds on fair play rules and on an aim to build a stable and an equality conscious firm and an achieving work place.
Authoritarian Orientation Authoritarian orientation refers here to search for effiency that is based on the establishment of unequivocal managerial authority in a hierarchy. This view structures the patterns of behavior in terms of adesire for clear hierarchical relations, established authority structure, control, efficiency in the use of rules and regulations, effieciency in communication and centralization of decision making. There is in authoritarian orientation a thread, an approach to daily matters that becomes an end itself and not just a means for achieving what is valued. These givens are not to be suspected nor discussed, but taken for granted. It is evident from these research results that the different value orientations are very much 66'
1012
Antti Haahti
intervowen, interlinked and overlapping. What is also evident is the surfacing of four interrelated valuefields in all national models. This is the core of the respective structures - they are highly similar for all entrepreneurs.
Control Orientation The third value orientation - control orientation - should by definition accompany authoritarian views. But as a focal orientation, necessary for the results centered and achievement focus of any purposeful organisation, control related with a strong wish to be personally responsible with all aspects of the business. This is a typical behavioral pattern with the entrepreneurial spirits who enjoy the total control of their firms. As a possible reflection of high achievement orientation it is a common characteristic of entrepreneurs. The one person responsible for everything, and active all over the enterprise is a typical view of entrepreneurs that also often hold strong patronizing views of life within their spheres.
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Appendix Table 1. Latent variable indicators Authoritarian orientation Auth 1: 103 111 118 120 125 145 148 165
Managers should not be afraid of putting the interests of the firm before the welfare of society A firm should use any method to guarantee its survival The manager should control even those employees whom he trusts Firms should use all legal means to weaken union power The policy of a business should be a matter for the management and not for the employees Firms should be able to fire employees without being constrained by legal restrictions Managers should not need to justify their decisions and actions to their subordinates Free enterprise and social justice cannot coexist
Auth 2: 141 172 135 149 162 163
Managers should establish their authority A manager should not be afraid of exercising power Even at the risk of the management being considered unco-operative by the staff, cJear hierarchical relationships should be established Management is mans work Managers should earn substantially more than their employees Firms should not take on employees with extreme political views
1014 182 184
Antti Haahti
= A firm should not employ foreign workers = One should not blame firms if they get around the law sometimes
Control orientation Cont 1: 104 112 123 146 151 183
Business should take precedence over family life A manager should use hislher leisure-time to promote the interests of his business Managers should require their employees to observe the organisations rules and regulations strictly Managers should criticise poor work by employees in front of their colleagues Firms should only introduce proven office procedures and production techniques Managers should monitor closely and continuously all business activites
Cont 2: 144 174 13 I 167 168 175 126
Small business managers should be personally responsible for marketing Small business managers should take personal responsibility for the recruitment of all employees The manager should appreciate work for its own sake It would be asking too much of managers that they should involve themselves in the personal problems of their employees In family-owned businesses the management should stay in the hands ofthe family The manager should co-ordinate all tasks and activities himself The govemment should not restrict competition even through the use of incentives (eg to new firms)
Particitative orientation Demo 1: 130 133 139 143 152 I 78 179
Firms should adopt a high wage policy A manager should be more concemed about the future of a firm than about the present A manager should consider ethical principles (eg related to his religion) in his behaviour As far as possible managers should avoid conflicts It is very important to be respected by other people A firm should not leave the region where it is estabIished Firms should support cultural institutions
Demo 2: 119 134 142
The work of the manager should allow himlher a maximum of self-fulfilment Professional bodies and similar organisations should only provide assistance to their members A firm should primarily be considered as a family afIair
Value Structures of Austrian, Belgian, Finnish, Swiss Entrepreneurs
101 5
153Small finns should not need public support 156 Product quality should be a matter of professional pride 171 It should be more satisfying to be one's own boss in a small firm than a senior manager in a larger one 177 Attitudes to employees should be based on the belief that satisfied employees are always good employees
Planning orientation Plan 1: 113 121 122 132 157 158 170 185
Jobs should be clearly described and defined in detail Managers should plan rather than follow their intuition A finn should plan in detail even at the risk of losing flexibility When in doubt the manager should seek further infonnation rather than take an immediate decision A manager should delegate even important tasks A small business manager should be more a manager than a technologist All working methods and procedures should be explained in the finns manuals The policy of the finn should be decentralisation of its decisions
Plan 2: 129 13 6 137 138 154 155 164 169
A manager should strive for profit maximisation A finn should get into foreign markets A manager should encourage even risky innovation Even managers at the top level should regularly take part in training programmes A finn should develop a written job description of the tasks which have to be fulfilled by every employee A finn should aim at growth even if this in the short run results in cash and profitability problems Those who carry out day to day decisions should have a hand in making them A finn should try to hold the largest market share and to become the market leader
Personal goals Persgoal: 191 192 193 194 195 196 197 198
Personal independence (= working for yourself and organise your own work) Financial independence for you and your family Self-fulfilment Job satisfaction Doing better than other businessmen High level of income Influence Building up a business for my family
10 16 199 200 201 202 203 204
Antti Haahti Maintaining family traditions Playing a role in society Attractive Iife-style High social status Meeting people Making good products
Goall: 191 192 193 194 196
Personal independence (= working for yourself and organise your own work) Financial independence for you and your family Self-fulfilment Job satisfaction High level of income
Goal 2: 195 197 198 199 200 201 202 203 204
Doing better than other businessmen Influence Building up a business for my family Maintaining family traditions Playing a role in society Attractive life-style High social status Meeting people Making good products
Finn goals Finngoal: 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253
Survival Contraction Consolidation Growth Profit Productivity Image ofthe business Product quality Economic independence eg from suppliers/dominant customers Financial independence of the firm Flexibility Sound Iiquidity position Creativity and innovation Cost reduction Market share
The 'Small Holes' in our Knowledge: Exporting by Micro Firms By Per-Anders Havnes
A. Introduction It is appropriate, when making a contribution in honour of a scholar, to base this contribution on his own work. We are referring to small business research and the wealth of informative knowledge to be drawn from the INTERSTRA TOS' data set. Professor J. Hanns Pichler was instrumental in establishing the INTERSTRATOS project and has been a driving force during the more than five years it has existed. During this period, data has been collected on internationalisation strategies of small and medium-sized manufacturing fmns in 8 European countrles. The same questionnaire has been used in each country and mailed yearly to the same addresses. The fmns in the sampie have been selected randomly with the same number of firms within each of five selected industry sectors2, representing, presumingly, different levels oftechnology and orientation towards domestic or foreign markets. The sampie has been stratified in five size classes from 1 to 499 employees, with the same number of fmns in each size class. The responses from all countries are consolidated into yearly international data sets comprising 2500 to 5000 firms. A substantial The INTERSTRATOS group consists of: Austria: J. Hanns Pichler, Wirtschaftsuniversität Wien; Erwin Fröhlich, loge Fröhliclr, Peter Voithofer, Institut fl1r Gewerbe- und Handwerksforschung, Wien Belgium: Rik Donckels (Chairman), Ria Aerts, Catholic University Brussels Finland: Great Britain: Netherlands: Norway: Switzerland: Sweden:
Antti Haahti, University of Tampere; Petri Ahokangas, University of Oulu Graham Hall, University of Derby Koos van Dijken, Yvonne Prince, Econornisch Instituut voor het Middenen Kleinbedrijf, Zoetermeer; Harold Gankerna, University of Groningen Per-Anders Havnes, Arild SEther, Agder College, Kristiansand; Johanne Sietten, Agder Research foundation, Kristiansand Hans Jobst Pleitner, Margrit Habersaat, Schweizerisches Institut rur gew. Wirtschaft,.St. Gallen Häkan Boter, Carin Holrnquist, University of Urne!
2 Textile & shoes, food & beverages, electrical/electronics, wood & furniture, and rnechanical engineering
1018
Per-Anders Havnes
nurnber of these flIßls are represented in all or several of the yearly data sets. This is by far the most extensive set of business panel data currently available. In this chapter we will focus on a very small part of this data set from the frrst three years to shed light on a phenomenon that to a large extent has been overlooked by academia, that is export behaviour of micro flIßls. Since we are looking at a short time period, we will not take advantage of the panel properties ofthe data. These can, however, be used for more in depth analyses which are oustside the scope of this contribution. Small business researchers have not yet established common definitions of size classes of firms. This also applies to the fairly new term 'micro flIßls', which some consider to be firms with less than 10 employees3 while others reserve the term for flIßls with less than 5 employees. Such differences reflect the fact that size concepts are relative. A firm is small or large only in comparison with other flIßls in a given setting. We shall here use the frrst defmition, micro flIßls are flIßlS with less than 10 employees, mainly because ofthe convenience ofbeing able to compare with other studies.
B. Importance of Exporting The importance of the small firm sector for all national economies, both in terms of employment and nurnber of flIßls, is now recognised in political as weIl as academic circles. In 1990 92.5% of all European flIßls were micro flIßls. They accounted for 31 % of the employment and 23% of the total turnover of the private sector this yea.r4. There is, however, one feature of the micro firms which is not so readily visible, namely to what extent exporting has become an ordinary business activity even among these firms. The data collected by the INTERSTRATOS group covers a wide spectrurn of concepts. Among the data, we also find records of a substantial nurnber of exporters among the micro firms. We will here use the data from the INTERSTRATOS project to throw light on the export behaviour ofmicro firms. The first aspect to illuminate the importance of exporting regards the nurnber, or more correctly the percentage, offlIßls that are exporters. At present, there is no way of giving good estimates ofthe total nurnber of exporting flIßls in Europe, since this is generally not reported in national statistics. For the cohorts ofthe INTERSTRATOS data sets we have very good yearly figures for the nurnber of exporting flIßls. In Table 1 we have given a weighted three year 3 La. the EU Comrnission, ref. the ENSR: SME Observatory 4th report, 1996 4 ENSR: SME Observatory 3rd report, 1995
The 'SmalI Holes' in our Knowledge: Exporting by Micro Firms
1019
average of the yearly percentage of firms that are exporters, broken down on seven of the participating countries; and the two size classes: micro firms, with less than 10 employees, and sm all and medium sized firms, with 10 to 499 employees. Tbe first and important feature of Table 1 is that a substantial percentage of the manufacturing micro firms do export. As might be expected, the percentage of exporters is consistently higher for small and medium sized firms than for micro firms. It is also important that variations in export propensity between the countries is much higher among micro firms than among larger firms. For the micro firms, Austria has the lowest number of exporters with 29% of the fmns and Belgium the highest with 74%. For the group of the largest firms variations are between 71 and 88%, with extreme values for the same two countries.
Table 1 Percentage ofexporting manufacturingfirms Average 1991-1993 Micro firms (1-9 employees) Non~ Exporters exporters Austria Belgium Finland Netherlands Norway Sweden Switzerland All countries
29 74 58 40 51 53 56 47
71 26 42 60 49 47 44 53
Small & medium firms (10-499 employees) Exporters Nonexporters
71 88 83 75 82 80 79 79
29 12 17 25 18 20 21 21
Source: INTERSTRATOS project
Another characteristic of the data, which is apparent in more detailed analyses, is that the percentage of exporting firms fluctuates strongly over these three years. Tbe variations over time are largest for the micro fmns. Tbe reason for this is partly that a large number of the micro fmns are not consistent exporters. In some periods they are exporting while in other periods they are not 5 . It is estimated6 that in 1990 around 2.5% of the total export value of 18 European countries was generated by micro fmns. Tbis provides, however, no estimate of the importance of the export tumover for the individual firm. For 5 Haahti, 1996; Havnes, 1996 6 ENSR, 1996.
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Per-Anders Havnes
this we need to look at actual export sales for each exporter. A different, and equally interesting, measure of the importance of exporting is therefore the export ratio, or exports as apercentage oftotal turnover for the exporting firms. This measure is depicted in Table 2 and similarly reflects large variations between the countries. Despite national variations, the overall picture is that as much as one forth to one third of the sales for exporting micro firms is derived from export sales. Further, in most of the countries the export ratio is generally higher for the micro fmns than for the larger fmns. Only in Belgium does the group of largest fmns exhibit higher average export ratios than micro fmns. The implication is that export activities and export markets are equally or more important to micro fmns than to larger fmns. Table 2 Exports in % 0/ total sale, manu/acturing jirms Average/or exportingjirms 1991-1993 Micro firms (1-9 employees) Austria Belgium Finland Netherlands Norway Sweden Switzerland All countries
Small & medium firms (10-499 employees)
34
24 29 33 33 25 46 29
30 33 23 24 22 18 24 24
Source: INTERSTRATOS project
Due to effects of stratified sampies and the unavoidable bias introduced by self selection, these figures do not purport to be an assessment of the average number of exporters or the extent of exporting in the total population of manufacturing firms. However, Tables 1 and 2 do show that exporting is not an activity belonging solely to the domain ofthe large manufacturing fmns, as the general media picture often may seem to indicate. Further, we may safely conclude that the size of the exporting fmn is no good indicator of the importance of its export sales.
c. The Exporting Micro Firm There is, of course, no such thing as 'the average exporting micro firm'. For all countries, as weIl as for micro and larger fmns, we find exporters and nonexporters in all ofthe five industry sectors ofthe survey.
The 'SmalI Holes' in our Knowledge: Exporting by Micro Firms
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There are, however, patterns as to the propensity to export. The food and beverage industry has typically low number of exporters in all countries and for all three years. Only around 20% of the micro firms and around 55% of the larger firms in the food and beverages industry were exporters during these years. The electricaVelectronics industry had a high number of exporters, around 57%, among the micro frrms during this period and 85-90% of the larger frrms. The picture for the larger frrms, however, is not as consistent over the years as for the micro firms. In the 1991 survey, the micro firms ofthe textile and shoe sector had the highest percentage of exporters, 89% of for the total sampie. It is important to bear in mind the national differences as to which industry sector has the highest number of exporters, see Table 1. This combined with the national differences in industry sector structures, which is not reflected by the national sampIes of the INTERSTRATOS project, supports the assumption of national industrial specialisation on the international market place. When attempting to characterise the exporting frrms according to their export ratios, we find even larger variations in observations than for percentage of exporters. This measure does not reflect any specific pattern. Table 2 demonstrates that the two selected size cIasses do not discriminate between different levels of export ratios. Neither can we fmd any industry sector or country that may be characterised by having consistently high or consistently low export ratios throughout the three year period. This could be expected since export ratio is a much more delicate measure than the robust binary measure exporter/non-exporter.
D. Export Markets Distances to export markets are here measured by three concentric groups of export markets; the neighbouring countries, other countries in Europe and countries outside Europe. This is a very simple, and efficient, way of standardising market distance7 • We find very distinct differences between firms from different countries regarding distance to their export markets. The majority of Austrian and Swiss firms found their most important export markets in neighbouring countries. The majority of firms in the other countries found their most important export markets in Europe beyond their neighbouring countries. This pieture is very similar for micro frrms and larger frrms. Equally important is the large proportion of micro frrms that had their most important markets outside Europe. For Finland and Norway around 20% of the micro firms found their most important market outside Europe. This is considerably higher than for the larger frrms in these countries. 7 Haahti,I996
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Per-Anders Havnes
Table 3 demonstrates quite elearly that we very likely have signifieant national struetural differenees in the export markets ofthe small firm seetor. Tbe geographie distanee to major markets may explain some, but not all of these differenees. Firms in Austria and Switzerland have short distanees to the large and important markets of Germany and Franee, but so do firms in Belgium and Netherlands. Yet these two groups display different geographie struetures as to distanees to their export markets. Finland, Norway and Sweden have eomparable distanees to the European market, but display different propensities of exporting to Europe and eountries outside Europe.
Table 3 Location 0/ most important export market Average/or 1991-1993, percent o/firms
Austria Belgium Finland Netherlamis Norway Sweden Switzerland All countries
Microfinns (1-9 eme.l0r!esl Neighbour Elsewhere Elsewhere World countz. Euro/!!.
77
14 20 40 12 19 73 34
18 76 57 52 70 71
16 56
5
10
23 8 18 10 II 10
Small & medium finns (10-499 eme.l0f.eesl Neighbour Elsewhere Elsewhere World countz. Euro/!!.
83 25 16 46 22 25 63 42
12 69 71 47 66 65 26 50
5 6
13
7 12 10 II
8
Source: INTERSTRATOS project
A similar pieture, albeit with a shift to more distant markets, appears when 'most distant market' is analysed in lieu of most important market. An important implieation of Table 3 is that know-how and administrative eapaeity required for reaehing distant markets must be available even to very small frrms. Further, there is no eoneeivable way of pieturing the development of these distailt export markets as a proeess of gradual expansion. N or do miero frrms have the eapaeity to investigate systematieally all potential export markets between their home eountry and these distant 'most important' markets. Tbe pieture presented by Table 3 suggests that the firms have deliberately, or haphazardly, entered and developed one or a few distant markets.
E. Marketing Channels A vailability of export marketing eapacity and know-how do not neeessarily mean that the firm has aeeess to internal resourees. In many instanees sueh eapaeity and know-how is available through use of external marketing ehannels,
The 'Smali Holes' in our Knowledge: Exporting by Micro Firms
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co-operation with other finns, etc. We can roughly classify these options as indirect marketing channels, where the finn exports through a domestic intermediary, and direct marketing channels, where the finn seIls directly to a foreign distributor, manufacturer or end user. The options of the questionnaire Were not all encompassing and mutually exclusive regarding these two above categories. Rence the percentages in the table do not add up to 100%. Never the less, Table 4 indicates quite clearly that large variations are found in choice of marketing strategies. Table 4 Use 01 direct and indirect marketing channels Average percent olfirms 1991-1993 Micro firms (1-9 employees) Direct Indirect Austria Belgium Finland Netherlands Norway Sweden Switzerland All countries
21 65 37 49 29 43 55 41
15 35 43 30 40 33 35 31
Small & medium firms (10-499 employees) Direct Indirect
66 85 71 79 67 72
70 73
46 41 56 46 54 38 46 46
Source: INTERSTRATOS project
The micro frrms have to a larger extent than small and medium sized finns not found their marketing strategies covered by the questions (hence percentages do not add up to 100). This may be an indication that the micro finns are less conscious of the typologies of their marketing strategies. The overall picture is that micro finns focus alm ost equallyon indirect and direct export marketing channels. Larger frrms, by contrast, focus consistently more on direct marketing channels. These observations coincide with the notion of micro finns using 'piggy backing' as an export strategy. Thinking along these lines makes it very natural to consider possible connections between choice of marketing channels and distance to markets. It is quite conceivable that micro finns could more easily serve a distant market using indirect marketing channels. Rowever, testing for relationships between distance to markets and marketing channels gives no support for such assumptions. Micro frrms and larger frrms alike use direct as weIl as indirect marketing channels for distant and near-by markets.
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Per-Anders Havnes
F.lmplications A research design is always a compromise between conflicting interests, so is also the case with the INTERSTRATOS project. It is therefore imperative to assess which implications may and may not be drawn from the fmdings. In the present context it is essential to be very precise as to which implications relate to OUT specific sampie and which may be assumed to be relevant also for a larger population. The specific percentages and export ratios are clearly not applicable to small and medium sized enterprises in general, most importantly since stratification under-represents the smallest firms. Further, self selection has very likely created bias in favour of exporting firms. But acknowledging this does not change the general observations that: - micro frrms from different countries have different patterns as to their export behavioUT, - the smallest firms have more temporal fluctuations in their approach to exporting than larger firms, - there are more variations between countries for micro frrms than for larger firms. Finally we must conclude that these analyses based on INTERSTRATOS data confrrm that some, but not all, important qualities of frrms performance are related to the size ofthe firm. Some ofthese characteristics are not visible when observed at one point of time or at one location, they require longitudinal and cross national data. This contribution complies weIl with the solid academic tradition of providing answers that immediately leads to further questions. Two important questions may be drawn from these analyses. The first one is known, but insufficiently researched: To what extent do micro firms use their flexibility as a strategy? The second question relates to the large national variations found among micro frrms, but not similarly among larger frrms: To what extent do micro frrms use local adaptation and larger firms use global adaptation? The presented analyses are examples of the wealth of information contained in the INTERSTRATOS data set, awaiting analyses. However, the pursuit of special themes, as in this contribution, also indicates that additional research is required before all the 'small holes', representing the missing knowledge of operational characteristics ofmicro frrms, are filled by knowledge.
The 'Smali Holes' in our Knowledge: Exporting by Micro Firms
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References European Network SME Research (1995) The SME Observatory Third Annual Report, EIM Small Business Research and Consultancy Zoetermeer European Network SME Research (1996) The SME Observatory Fourth Annual Report, EIM Small Business Research and Consultancy Zoetermeer Haahti, Antti J. (editor) (1995) INTERSTRATOS Internationalization of Strategie Orientations of European Small and Medium Enterprises, European Institute for Advaneed Studies in Management, Brussels Haahti, Antti J. (editor) (1996) INTERSTRATOS Internationalization of Strategie Orientations of European Small and Medium Enterprises, European Institute for Advaneed Studies in Management, Brussels Havnes, P.A. (1996) Mikrobedrifter og eksport (Miero firms and exporting) Agder Research Foundation, Kristiansand
67 Festschrift Pichler
Entrepreneurism, the Third Option By Raymond W. Y. Kao Capitalism facilitates capital accumulation giving ownership to the rich, Communism claims everything belongs to the people, but gives ownership to the state. It is Entrepreneurism that stems people's inner need for creativity and innovativeness for common good and gives ownership to the individual (Kao).
1. "Ism" "Ism", three short little letters that are meaning a lot to human histoty. The meaning of "ism" is no mystety. It is nonnally used in conjunction with another word, depending on the meaning of the other word. It could be very significant, describing a collective feeling about an ideology such as Liberalism, Spiritualism as weil as those feelings in religions such as Catholicism. On the other hand, it could simply be a description of a disposition or human action. Capitalism, despite its glamour and attention given by the faithful, is not an ideology but a description of human behaviour and action associated with desire for the satisfaction of greater "wants" for money or fmancial wealth: Le, the rapid accumulation of capital. Although Capitalism has no proud origin or roots of wisdom, it nevertheless has apparently more or less prompted a historical nightmare to people in some parts of the world-the not so noble human experience: colonialism and imperialism.
2. The Development of Capitalism in Retrospect From a scientific point of view, the origin of Capitalism can be traced to a biological des ire for expansion to maximize one's habitat within the environment. Historically, Capitalism was directly or indirectly associated with colonialism; the Dutch, British, French, Spanish, and Japanese colonization records are clear evidence of capitalistic expansion. As Capitalism has long and direct association with human endeavours, over aperiod of time, a number of varied definitions were offered by concemed individuals, the following are a few noted:
67·
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Raymond W. Y. Kao
Table 1. Definitions or Interpretations ofCapitalism in Retrospect Author
Definition
Source
E.Heckscher
Modem Capitalism as that "unwholesome Irish stew" .
Economic History Review, vol VII, p. 45
J.H.R. Cannwell &H.E. Czerwonky
True capitalism means an economy of free and fair competition for profit and continuous work opportunity for all.
In defining Capitalism
R. H. Tawney
As being no more than a political catchword.
Religion and the Rise of Capitalism (1937 edition)
Wemer Sombart
The origin of Capitalism is in the development of states of mind and human behaviour conducive to the existence of those economic forms and relationships which are characterized of the modem world.
Der Mederze Kapitalism (1928 edition)
Max Wener
Where the industrial provision for the needs of a a human group is carried out by the method of enterprise, and a rational capitalistic establishment as one with capital accounting; and seeks profit rationally and systematically.
General Economic Theory, p.275.
Earl Hamilton
The system in which wealth other than land is used for the definite purpose of seeking an income.
Economica, Nov. 1929, 339.
F. L. Nussbaum
A system of exchange economy in which the orienting principle of economic activity is unrestricted profit. Such system is marked by a dift·erentiation of the population into owner and propertyless workers.
History of Economic Institute of Europe, p. 61.
Karl Marx
A system of production for a distinct market. The mode of production is not merely to the state of technique, but also to the social relations between men which resulted from their connections with the process of production.
Capital, vol. 3. p. 914
G.Schmoller
The relation which exists between the production and consumption of goods, or the length of the route which the goods traverse in passing from production to consumer.
Principles d'Economie Politique, paSsim (Mercantile System, 8, 9)
Entrepreneurism, the Third Option
1029
Author
Definition
Source
E. Lipson
The fundamental feature of Capitalism is the wage-system under which the worker has no right of ownership in the wares which he manufactures: He sells not the fruits of his labour but the labour itself.
Economic History 3rd edition, vol. 11, xxxvi
Even Cunningham
Aphase when the possession of capital and the habit of pushing trade have became dominant in a11 the institutions of society.
The Progress of Capitalism in England, p. 24, p. 73
8.S.
Capitalism may be considered as "the process of net capital formation. However, it requires that productive resources be re-a11ocated to 'toolmaking' ... People with the monetary resources to buy the services of productive agents do so, and they direct these services into the production of capital. The people who accumulate the money resources and the people who make the decisions about what kinds of new tools to produce and in what quantities are not the same people. The first we shall call capitalists, and the second group entrepreneur.
Capital, Interest and Profits, Oxford, 8asil 8lackwell, 1959, pp 5, 6.
Keirstead
3. Capitalism is a Political Catch Word Among all of these definitions (Table 6.1.), it is perhaps R.H.Tawney (1937) who has made the meaning of capitalism so transparent, since it is his defmition that describes the present state. The U.S.S.R., after approximately seventy years of playing with the slogan, "working class revolution for the working class", has done its part to discredit Karl Marx's idea ofCommunism and the socialist ideology, and has disposed of them in space somewhere between the Earth and Sun. Keep in mind, that Communism is now a member of the walking dead, but it is not yet dead. While there is no suitable term to describe the good spirit of "wealth distribution" and money stimulation for creation and productivity, Capitalism seems to be a convenient and impressive enough catchword. Just look at the G-7: an international super star club consisting of seven powerful capitalistic nations, with no element of "Communism" in its political process (there may be socialist schemes such as
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Raymond W. Y. Kao
in Canada). And to nobody's surprise, all club members practise a certain or similar brand ofwestem "democracy", though a few ofthem have queens or kings, who may say: "people in our country just love to have a 'Crown' over their 'head'. Therefore, "Capitalism" really is the catchword, at least as spoken by politicalleaders. Friends in the academic community certainly do not wish to miss this "window" of opportunity, and must be credited by their "innovative" thinking, by linking "capitalism" and "entrepreneurship" as make them two of a kind. As they say: Capitalism stimulates entrepreneurship, and entrepreneurship prornotes economic growth. It sounds very much like a slogan used in a North American protesters' parade: impressive and inviting, therefore, as the "world turns ", so do its "ideologies". "Capitalism" is the order of the day, year, century, and who knows, may be forever. What a catchy word! However, ifthe question is raised in respect to the future ofhumanity, assume that we have no other options but only Capitalism continuing to be the "Ism" that TunS our lives? Although to predict the future is not a simple matter, Hollywood movies, at times, can provide surprising insight of the issue. For example, one of the movie described a large corporation with its financial power acquired virtually every inch of the land of a city and owning all available resources and making everything within and around the city all for the benefit of the corporation and its equity holders, with very little or no regard to the weIl beings of the people living in and working for the corporation. Someone in the city questioned the corporation's executives: why don't you have any concem for people? Since your corporation is already so rich and owns everything there is to be owned, why do you still want more? The C E o of the corporation responded immediately without hesitation: "We are in the market economy, you can always buy us off and be rich yourself". The C E 0 is right, but who has the power to temper the ownership under the circumstances, since they own nothing but themselves? It may come as a surprise, but despite the commotion and fanfare, and as noted earlier, Capitalism itself has no noble origin other than its direct and past association with colonialism. However, there are some thoughts about what is supposed to be "good" about "Capitalism". In essence, at least in the mind of faithful followers, Capitalism is to be the free application of matter, energy and property (property is also energy in a different form) to make things for trade in the open market, and open society, and both ends to be determined by individuals or by voluntary association of individuals. In an academic context, it is a process of economic reality. The capital accumulation process, thus, may be illustrated as folIows:
Entrepreneurism, the Third Option
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Fig. I. Development ofCapitalism (illustration I) Needs Driven
Acquire resources to satisfY needs Needs generate needs-more - - - - - More goods produced promoted trade needs prompted making tools (the use of capital + Trade geni:reates technology) surplus
I
Capital a!cumulation
Consumption Greater needs satisfaction shifting from needs to want
Tbe sprawl and positive feedback process of capital accumulation and desire for more can continue until it reaches abreaking point.
4. Entrepreneurs are not those who have the financial resources to solely invest for "profit", but those who use capital and engage in the wealth creation and value adding process Since Capitalism is prompted by human needs and wants, and functions in the human environment, the process of capital accumulation has never been meant for the common good (In the process of accumulation it may help to
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Raymond W. Y. Kao
create jobs, but the rapid accumulation of capital and high return on investment creates pressures for the substitution of labour for capital, subsequently shifting to cost of jobs lost to society). It is a self-governing and self-directed personal interest and human desire for greater "wants" that has sustained the capitalistic expansion. Capital accumulation itself has no element of innovation and creativity; hence, it has nothing to do with entrepreneurship. However, the availability of capital and the des ire for a high rate of capital accumulation stimulate and induce productive activities. In this connection, the process of capital accumulation and the process of wealth creation and value adding are two parts of the economy. One part originates the virtue of des ire for more money, and since money must be used to make more money that induces the second part of the economy: the entrepreneurial process, as noted by Kirstead (see Table 1.). Those who hold fmancial resources for investment with the desire for making profit are capitalists and those who use capital to engage in wealth creation and value adding process are entrepreneurs.
5. Socialism and Entrepreneurship Socialism (including communism) as an ideology has undisputable value to humanity. Who doesn't want a society with no distributive problems? Everyone in this world enjoys the fruits of hislher own labour, and let those who are committed to work for the common good for the planning of the production of goods and services to meet people's needs and the distribution of the harvest. There are several parts ofthis socialist ideology. Some ideologies with the notion of a "just" society are inherent in the old (some people would consider it to be primitive) society. For example, in the traditional Innuit society, (natives of Canada now mostly residing in the northern part of the country), people relied on fishing and hunting for a living. When old members were unable to hunt, they had their share of the action from the younger hunters' harvest simply by placing their hand on the animal, symbolizing their claim to the catch. It was a just system that works weil in a simple society, and it worked because everyone respected the system, and the elders were hunters themselves in their younger days. It should also be emphasized that the system worked weil in the Innuit community, because both production and distribution systems were simple enough and a recognized tradition. Moreover, the general populace was more inclined to work to satisfy its "needs", and to a lesser extent its "wants". There is another incident that can be used to illustrate the matter of distribution. It is a simple incident, but very much explains why distribution is not necessarily a problem, if there is nothing or so very little that can be
Entrepreneurism, the Third Option
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distributed. It occured in 1990, when I was giving a public lecture to a mixed audience. During the question and answer period, a participant asked me: "In your opinion, in our country, is there too much government intervention in the marketplace and too rigid regulation of business practice"? I did not answer the question directly, but rather gave the following illustration: Assurne that this audience consists of approximately 300 people, with a mixture of children, and younglold males/females, and none of us has had any food for days, so we are all hungry and desperatedly in need of food. Let us also assurne that here is only one bow I of rice ready for consumption. What should we do with the rice? Should we divide the rice into 300 portions each getting a few grains? should we allow the younger (children) to have the rice first? women? elderly? The one who has a gold and diamond Rolex watch? The weak? Or should we place the rice in the middle of the room, so the strongest will have it all and the weak ones will have none? The illustration was simple enough to comprehend. There is no satisfactory solution because the problem is not dealing with the matter of distribution, since there was so little or nothing to distribute. The real challenge then is how to produce more rice. In a country which has little or no natural resources, government intervention in the marketplace is almost inevitable. The question is not whether the govemment should intervene in the marketplace, but how to intervene by putting the responsibility in the hands of the people, to elect representatives that know how to intervene in the marketplace for the common good. This by no means condones the practice of Communism, because there is nothing to be "communed" ab out it. On the other hand, if production is the challenge of our society, then, productivity rests on the individual. If the practice does not permit individuals to identify themselves with their harvest (ownership) of their production, then there is little incentive for individuals to create. This is perhaps the greatest flaw in the communist ideology which led to the downfall of "pure" (or not so pure) Conmmunism, but not necessarily "pure" Socialist ideology. The greatest wisdom in the communist and socialist ideology is that there should be more equitable wealth distribution for the common good, therefore, central planning in both production and distribution is the core. Whereas Capitalism roots itself on the des ire of the individual to freely apply resources for "private property rights", it sharply divides "rich" and "poor". Hence, ifthe fate of Communism is a nation's economy controlled by its govemment, Capitalism, as we understand it and the way we practise it now, would be the reason for govemment intervention, unless we don't want to have a govemment at all.
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In summary, while Capitalism facilitates capital accumulation, giving ownership to the rich, Communism claims everything belongs to the people, but gives ownership to the State. What is there for "people"? So far, we cannot find any element of common good in practising capitalism, and its flaws were discussed earlier in the chapter of "The Cost of Capitalism" (Chapter 4) and throughout this book, however, there has been one "plus" that would make capitalists and faithful Capitalism supporters jump with both feet for joy: Capitalism creates jobs and new wealth by inducing entrepreneurial activities. Even though it is not the intention of capitalists, the "job creation" reality, however, can only happen before the accumulation of capital reaches a stage of saturation. Once capitalists fmd they are unable to acquire a desirable rate of return on their investment by creating jobs, they will begin to kill jobs instead. Socialism, on the other hand, is dedicated to the "common good", but fails miserably to appreciate the motivational factors associated with the direct linkage with the entrepreneurial initiative. As a matter of fact, by the nature of the communist ideology, entrepreneurship, ifnarrowly viewed as merely being the profit making scheme that breeds capital accumulation, under the circumstances there is no place in entrepreneurial activities, if "communism" is up-held as the centre piece in the altar of socialist society.
6. Entrepreneurism: The Third Option Entrepreneurism may not be easily found in the dictionary; it nevertheless has appeared in several published works. Most ofthese published works focus on new venture start-up, development or fmancing. Under the circumstances, these publications may be works of a practical value, but hardly make themselves an "ism", since "ism" refers to ideology. It is the ideological framework that encompasses elements of philosophy, an ideal that is implementable in the human environment. If we place it in its proper prospective, Entrepreneurism presupposes the involvement of at least three independent yet interrelated entities: The state, corporations (including other not-for profit organizations), and individuals: 1. The State: Entrepreneurial Government Under Entrepreneurism, the State is the infrastructure consisting of individuals committed to serving people for the common good that will facilitate individuals to realize their right to economic freedom, their right to acquire ownership for the harvest of their labour, and their right and obligation to the protection of the natural environment. 2. The Individual: Entrepreneurial person
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An individual is the centre of the economy, and as a stakeholder in any undertaking is responsible to himlherself. This individual views entrepreneurship and working as an entrepreneur as a way of life. 3. The corporate entity: Entrepreneurial corporation and corporate entrepreneurial managers The corporate entity, regardless of its size, is a community of entrepreneurs. Individuals in the entity are entrepreneurs in their own right. They are all agents for change working together as a body dedicated to the creation of wealth for every individual within the entity while adding value to society. Since the entity is a stakeholder in the community, its responsibility must not be limited to satisfy the shareholders' rate of return on investment. It must, instead, satisfy all those involved in the operations of the entity, particularly, the silent partner in business-the natural environment. Corporate managers under the circusmtances are entrepreneurial managers in the corporate entity. In the words used by Motorola University's advertising to attract students: They are agents for change, talented, supportive and motivated, they are motivated not because they are not merely inspired by the needs of consumers, but also strongly self-motivated individuals by a natural instinct in the entire operational process. Table 2. Entrepreneurism: The relationship between the Individual, the State and the Corporation Corporate Entity
A cunununity oe entrepreneurs conunitted to the conunon
aood to create 'WCalth f'or
Individual Rcsponsiblc to hilnlhcrsclC. A stakcholdcr underany
Cornittcd to scrvina pcoplc. to f'ocilitatina individuals to acquirc owncrship
throuahthc
circurnstancc8.
individuals
Acquirina owncrship
society
harvcst of' his/hcr fruit
in thc cntity end add valuc to
Public: thc State
harvcst of'thc
fruit of' thcir lobour, 10 thc protcction oe notural environment
throuahthc
Acquirina ....t - - - -.. owncrship
Individual
~~~fiti~in
owncrship in
thc cntity
Stakcholdcrship
dcrnocratic proccss
I
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Table 3. Capitalism, Entrepreneurism and Socialism as reflected in thefirm The Firm's
Capitalism
Entrepreneurism
Socialism
Ownership Individual in the entity Management
Shareholders Employees
Individual Stakeholders
Representing the shareholders
Each individual is the manager of his/her own task Investors investment + sweat capital of individuaIs in the firm and/or through their share participating scheme Investor's decision based on the firm's performlU)ce in the marketplace + individuals' commitment to the firm's long term growth potential A conciliatory process, with the possibility of workers' participation in the management, collective bargaining may not be necessary
State Employees of the Stare Representing the State
Sources of capital
Invested by investors
Competition for funds
Decisions made by investors on the basis of profitability
Individual's remuneration
Basedon the contractural agreement made beween the firm (tbe management) and employee (individually or collectively) Gocs to the shareholders, bonus totop executives Revenue after a11 costs deducted (accounting method) Bargaining with the management
Profit
Profit computation
Union's position
Supplied by the Stare
Allocated by people who have the position power based on the perceived state priorities Determined by the state
Residual (on a better cost base) goes to shareholders
Belongs to the Stare
Residual concept, taking inta opportunity cost and cost to the environment
Similar to Capitalism
A partner of firm's growth
Cooperate with the State
To conclude, we must realize that both Capitalism and Socialism is merely a process in our economy. What matters most is to explore the possible option that will provide economic freedom and ownership that all individuals need. Whilst Capitalism facilitates capital accumulation giving ownership to
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the rich, Socialism (including Communism) claims everything belongs to the people, but gives ownership to the state. It is Entrepreneurism that sterns people's inner need for creativity and innovativeness for the common good and gives ownership to the individual. Therefore, in our societal structure, Entrepreneurism is the alternative to the two extreme ideologies, Capitalism on one hand and Socialism on the other.
Innovationsimpulse ('ür Klein- und Mittelbetriebe Von JosefMugler Veränderung, Anpassung, Innovation sind mehr als Schlagwörter, sind reale Phänomene, die auch vor Klein- und Mittelbetrieben nicht halt machen. Sie entspringen der Wahrnehmung einer Dynamik, die es in dieser Intensität noch nicht gegeben haben soll. Als Indizien dafilr lassen sich kürzere "Halbwertszeiten" des Wissens, kürzere Produktlebenszyklen, kürzere Transportzeiten u.ä. anfilhren. Wie immer man zu dieser Einschätzung der Lage(veränderung) stehen mag: Innovation erscheint jedenfalls immer dann erforderlich, wenn die Entsprechung - einer der tragenden Begriffe der ganzheitlichen Schule - zwischen wirtschaftlicher Leistung und Bedarf (auch potentiellem Bedarf) gestört ist. Klein- und Mittelbetriebe wurden wiederholt als Meister dieser Entsprechung empfunden: durch ihre Anpassungsfähigkeit an individualisierten Bedarf. Empirische Befunde zeigen, daß Klein- und Mittelbetriebe in bestimmten Bereichen Innovation besser bewältigen als Großbetriebe (zur Übersicht über empirische Befunde dazu: Mugler 1995, 44), bei gegebenen persönlichen Voraussetzungen darin sogar ihre Kernkompetenz liegt, was u.a. auch in diversen Unternehmertypologien (z.B. Fröhlich und Pichler 1988, 72) zum Ausdruck kommt. Anderseits wurden Klein- und Mittelbetriebe aber auch als konservatives Element in wettbewerbsorientierten Volkswirtschaften empfunden: weil sie ihre Individualisierungsleistung auf einer durch Ausbildung und Übung gefestigten, tradierten und insofern auch traditionellen Grundlage erbringen. Die Überbetonung dieses traditionellen Elements kann zu Entsprechnungsstörungen wegen nicht wahrgenommener Innovationserfordernisse - oft bei gleichzeitig verstärkter Wahrnehmung von Innovationshemmnissen (Bornett und Neubauer 1985) -
filhren.
Das Innovationsproblem in Unternehmen wird heute von verschiedenen disziplinären Warten aus betrachtet: von sozialwissenschaftlichen, technischen und ökonomischen ebenso wie von sich als Überbau empfmdenden systemtheoretischen. Eine spezifisch betriebswirtschaftliche Sichtweise mit dem Ziel, Innovation zu bewirken (man könnte auch sagen: Innovationsmanagement zu betreiben), kann sich deshalb nicht auf eine "rein" ökonomische Position zurückziehen, sondern muß Erkenntnisse aus anderen Disziplinen berücksichtigen.
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Innovationsmanagement ist daher ein gewaltiger Komplex von potentiellen Maßnahmen, der nach verschiedenen Kriterien geordnet werden kann. Nicht auf alle möglichen Maßnahmen kann auf dem hier zur Verfilgung stehenden Raum eingegangen werden. Wenn in der Folge über einen Ausschnitt dieses Innovationsmanagements, nämlich über Innovationsimpulse für Klein- und Mittelbetriebe, die Rede sein soll, erscheint es sinnvoll, zunächst einen Bezugsrahmen zu entwickeln, innerhalb dessen der weiter zu behandelnde Ausschnitt möglichst klar positioniert werden kann. Nach dieser Vorstellung einer möglichen Strukturierung der Gestaltungsbereiche des Innovationsmanagements von Kleinund Mittelbetrieben sollen zwei Teilausschnitte daraus - soweit die hier zu beachtenden Grenzen des Umfangs es zulassen - etwas näher betrachtet werden, und zwar die Problematik der Impulse für Produktinnovationen und der Impulse für die Intensivierung der Innovationsorientierung von Unternehmern.
A. Struktur der Gestaltungsbereiche des Innovationsmanagement von Klein- und Mittelbetrieben Der in Abbildung 1 visualisierte Bezugsrahmen soll eine mögliche und nützliche Strukturierung der Gestaltungsbereiche des Innovationsmanagements als Ausgangspunkt für die anschließenden Überlegungen bieten. Darin werden einerseits die typisierten Phasen eines allgemeinen Managementprozesses und anderseits die hierarchischen Ebenen für Gestaltungsmaßnahmen angesprochen.
Prozeß
Ebene
Abbildung I: Heuristischer Bezugsrahmen fllr Maßnahmen des Innovationsmanagements
Innovationsimpulse für Klein- und Mittelbetriebe
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Die typisierten Phasen des Managementprozesses können in bezug auf das Innovationsmanagement z.B. wie folgt gegliedert werden: -
Auftreten von Innovationsimpulsen Suche nach Innovationsalternativen Bewertung von Innovationsalternativen Entscheidung und Umsetzung in die Realität Kontrolle der Zielerreichung
Kontrollergebnisse können neue Innovationsimpulse auslösen. Insofern kann man diese Phasen auch in der Struktur eines Zyklus sehen. Tatsächlich erweist sich die systematische Vorgangsweise als wichtiger Erfolgsfaktor rur Innovationen (Hübner und Jahnes 1992, 1632). Innovationsimpulse können aber auch unabhängig von den Erfahrungen innerhalb dieses Zyklus, gewissermaßen von außen kommen. Innovation erfordert oft das Überschreiten der Grenzen eines gegebenen Systems, das Ausbrechen aus einem Gleichgewicht (worauf schon Schumpeter 1912 hingewiesen hat). Insofern können Innovationsimpulse einen "neuen Anfang" eines Managementprozesses darstellen, der erst in den Folgephasen, im Heranreifen der Innovation, eine rationale Ordnung erhält. Die Anforderungen an das Innovationsmanagement können in den ideengenerierenden und den ideenrealisierenden Phasen stark voneinander abweichen (Becker 1987, 36). Hier prallen aber auch "Welten" (Kulturen und Basiskonzepte) aufeinander: "westliche" schöpferische Zerstörung (Schumpeter) und "östlicher" langsamer Wandel ("Kata"); Entwicklung von Innovationsstrategien durch systematische Planung und Emergenz (Mintzberg und Waters 1985, 257; Toulouse und Blais 1994, 317). Die Hierarchie der potentiellen Maßnahmen kann z.B. in folgende Ebenen gegliedert werden: - Gesamtpolitische, insbesondere - aber nicht nur - wirtschaftspolitische Ebene: Beispielsweise wird durch die staatliche Bildungspolitik das Innovationsverhalten in Unternehmen beeinflußt. - Verbandspolitische Ebene: Die Interessenvertretung der Wirtschaft, einzelner Sektoren oder Branchen kann eine Politik verfolgen, die sich auf innovative Unternehmen behindernd (z.B. Zugangsbeschränkungen) oder fördernd (z.B. Einrichtung von Branchen-Forschungsinstituten) auswirken kann. - Unternehmenspolitische Ebene: Als Beispiel kann hier die Entscheidung rur einen kreativitätsfördernden Führungsstil dienen. - Mikropolitische Ebene: Die Gestaltung von Beziehungen und Regeln in kleinen Gruppen innerhalb eines Unternehmens kann letztlich für die Verwirklichung konkreter Innovationschancen ebenso fördernd oder hemmend wirken wie Maßnahmen auf höheren politischen Ebenen. Diese Hierarchie der Entscheidungsebenen wird hier als Wegweiser dafür herangezogen, wo Unternehmer oder Repräsentanten unternehmerischer Inter68 Festschrift Pichler
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essen Ansatzpunkte für politische Gestaltungsmaßnahmen fmden und nach Alternativen dieser politischen Gestaltung suchen können. Dieser Teil unseres Bezugsrahmens will mit der Einbeziehung überbetrieblicher und mikropolitischer Gestaltungsebenen betonen, daß sich Unternehmer z.B. auch aktiv für ein innovationsfreundliches wirtschaftspolitisches Klima einsetzen können und sich nicht nur auf ihren unmittelbaren Gestaltungsspielraum innerhalb des eigenen Unternehmens beschränkt sehen müssen. Gleichzeitig soll - mit Blickrichtung auf interne Verhältnisse - auch bewußt gemacht werden, daß eine innovationsilirdernde Unternehmenspolitik durch eine unglückliche mikropolitische Konstellation (z.B. wenn zwei Mitarbeiter miteinander verfeindet sind) konterkariert werden kann und daher dieser Ebene ebenfalls Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Beide Aspekte müssen allerdings vor dem Hintergrund gesehen werden, daß die Einflußnahme auf diese seinem unmittelbaren Wirkungsbereich über- bzw. untergeordnete Gestaltungsebenen für einen Unternehmer natürlich mehr oder weniger stark eingeschränkt sein kann. Die Verknüpfung beider Strukturen (in Abbildung 1: der beiden Säulen "Prozeß" und "Ebene") bietet nun eine Heuristik an, die aufzeigt, aufweIche Gestaltungsbereiche sich die Alternativensuche jeder politischen Gestaltungsebene konzentrieren kann. Die Verbindung der einzelnen Felder legt eine Vielzahl von Möglichkeiten offen, die je nach den zugrundezulegenden Rahmenbedingungen viele verschiedene Variationen entstehen lassen. Innerhalb der sich so ergebenden Gestaltungsbereiche lassen sich in einem weiteren Schritt der Verfeinerung des Bezugsrahmens konkrete Gestaltungsmaßnahmen formulieren. Die Vielzahl möglicher Varianten wird allerdings dann so groß, daß eine taxative Aufzählung - zumindest im gegebenen Rahmen - nicht mehr möglich erscheint. Auch die Beschränkung auf Beispiele kann aber heuristische Wirkung entfalten, weil damit Analogien für die Entwicklung ähnlicher Varianten angeregt werden, die unter anderen Bedingungen durchaus neue Sichtweisen und Lösungen rur Probleme hervorbringen können. Wie diese Verfeinerung in einem weiteren Schritt vor sich gehen kann, sollen die folgenden Ausführungen zur Frage der Impulse für Innovationen in Kleinund Mittelbetrieben beispielhaft aufzeigen. Beide Beispiele konkretisieren mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen die im Bezugsrahmen (gemäß Abbildung 1) neben anderen sichtbar gemachten Verbindungen der Impulsphase mit der operativen, strategischen überbetrieblichen Gestaltungsebene.
B. Impulse rür Produktinnovationen Impulse für konkrete Produktinnovationen können danach gegliedert werden (siehe Abbildung 2), ob sie von "innen" oder von "außen" kommen und ob sie eher durch Angebot oder durch Nachfrage entstehen. Dabei handelt es sich
Innovationsimpulse rur Klein- und Mittelbetriebe
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zunächst wieder um eine typische Heuristik, denn in einer konkreten Situation in einem Unternehmen dürften - wenngleich mit unterschiedlicher Intensität meist alle vier Impulse miteinander verbunden auftreten. Bei genauer Betrachtung würde sowohl die Unterscheidung von "innen" und "außen" (in bezug auf eine Unternehmung) als auch die Unterscheidung von Angebot und Nachfrage (in bezug auf Innovationsimpulse) nicht trennscharf zu ziehen sein.
IS
Nachfrage
Angebot
von außen
11
12
von Innen
21
22
Herkunft
Abbildung 2: Struktur der Innovationsimpulse
(11) Von außerhalb des Unternehmens kommende Innovationsimpulse sind ftIr Unternehmen aller Größenordnungen sehr wichtig und empirisch vielfach bestätigt (Staudt u.a. 1992, 1000; Brodbeck u.a. 1994, 25; Karakaya und Kobu 1994,49; Bums und Lawless 1995, 1). "Von außerhalb" heißt in erster Linie: vom Markt, also von realen oder potentiellen Kunden, konkreter: von Konsumenten, von Intermediären im Absatzprozeß oder von kommerziellen Anwendern (Rothwelll989, 281; De Noble und Galbraith 1991,91; Hauschildt 1993, 137; Hahn u.a. 1995, 257). Das fl1r Produktinnovationen tendenziell hohe Risiko der Akzeptanz eines Neuprodukts durch die Kunden (Marktrisiko) kann ftIr Klein- und Mittelbetriebe in diesem Fall dadurch gesenkt werden, daß von vornherein Interessenten rur die Neuentwicklung vorhanden sind und ein Produkt nicht fl1r einen anonymen Markt entwickelt werden muß (Corsten 1989, 22). Im Verhältnis zwischen kommerziellem Verwender und Zulieferer kommen Kooperationen vor, in deren Rahmen die Neuentwicklung technisch und/oder finanziell unterstützt wird. (12) Durch Angebot von außen kommende Innovationsimpulse bestehen vor allem aus Maßnahmen der immateriellen Innovationsilirderung. Beispiele daftlr sind Schulungs- und Beratungsaktionen (in Österreich: Innovationsberatung der Wirtschaftsilirderungsinstitute), aber auch Qualitäts- und Designilirderungen, die anwendungs orientierte Verbreitung von Forschungsergebnissen in Medien, die 68'
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Subventionierung von Forschungspersonal für Klein- und Mittelbetriebe (in Österreich: die Aktion "Wissenschaftler für die Wirtschaft") und die Einrichtung von ForschungstransfersteIlen (in Österreich: Außeninstitute von Universitäten, Branchenforschungsinstitute auf Verbandsebene ). Allerdings erfordert allein schon die Wahrnehmung dieser Angebote durch die Unternehmen eine nicht geringe, von innen kommende Eigenleistung. Neben Impulsen von Förderleitstellen und Forschungsinstitutionen spielen vor allem für Klein- und Mittelbetriebe die Lieferanten eine sehr wichtige Rolle, besonders wenn es gelingt, solche Verbindungen als längerfristige Partnerschaften aufzubauen (Lipparini und Sobrero 1994, 135). Lieferanten sind in der Regel aus ihren Marketingbemühungen heraus gut mit den Problemen ihrer Kunden, hier den Klein- und Mittelbetrieben, vertraut und müssen aus Konkurrenzgründen versuchen, auf deren Sichtweise und deren Sprachweise einzugehen. Dies ist bei Forschungsinstituten nicht immer der Fall (Staudt u.a. 1992, 1003; Hahn u.a. 1995, 258) weshalb es zu beiderseitigen Schwellenängsten im Kontakt zwischen Forschern und Unternehmern kommt. (21) Von innen kommende und trotzdem durch Nachfrage ausgelöste Impulse für Produktinnovationen können so interpretiert werden, daß hier der Unternehmer selbst oder Mitarbeiter, die mit bestimmten Problemen konfrontiert sind, als Nachfrager gegenüber anderen Mitarbeitern auftreten. Impulse entstehen dann, wenn diese Probleme nicht unterdrückt, sondern kommuniziert und damit der Behandlung durch andere zugänglich gemacht werden. Zugleich besteht die Gefahr der Überforderung und Ideenblockade und der Informationsüberflutung (Corsten 1983,254). (22) Die aktive Förderung eines innovationsfreundlichen Klimas kann im Sinne des vierten Feldes der Matrix in Abbildung 2 als interne Angebotsgestaltung verstanden werden. Dazu ist ein spezielles motivationspolitisches Instrumentarium geeignet, in dem die Entwicklung einer Unternehmenskultur (Corsten 1989, 12) und damit der persönlichen Beziehungen (Gebert 1987,941; Bayad 1993,45; Raffa und Zollo 1994,481) eine wichtige, aber nur langfristig (strategisch) beeinflußbare (nicht im strengen Sinn gestaltbare) Komponente ist. Organisatorische und motivationspolitische Maßnahmen (Thom 1980, 140; Becker 1987,29; Vonlanthen 1995,93) können in der Regel erst dann wirksam eingesetzt werden, wenn die kulturelle Basis vorhanden ist (ähnlich: Corsten 1989, 33; Shane 1994, 397). Beispiele dafür sind Kreativitätstechniken, periodisch wiederkehrende Mitarbeiterbesprechungen (allgemein: hohe Kommunikationsdichte), Unterstützung von Experimenten, aber auch leistungsgerechte Formen der Entlohnung für Erfindungen (Zenger 1994, 708) u.ä. Die gerechte Entlohnung von Diensterfmdungen bereitet allerdings immer wieder Probleme, weil deren Ertrag in hohem Maß sowohl bezüglich seiner Höhe als auch bezüglich der Verursachung ungewiß ist (Staudt 1994, 7) und daher bei den betroffenen Mitarbeitern ebenso wie beim Unternehmer verzerrt wahrgenommen werden
Innovationsimpulse für Klein- und Mittelbetriebe
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kann. Diese Zurechnung wird umso schwieriger, je mehr Personen an der Innovation beteiligt sind. Anderseits zeigte gerade die Einrichtung von Projektteams (insbesondere aus Mitarbeitern im Marketing und in der Forschung und Entwicklung) gegenüber der Förderung von Einzelgängern Vorteile (Brodbeck u.a. 1994,24). Eine wichtige angebotsbezogene unternehmensinterne Ressource ist die Innovationsorientierung des Unternehmers selbst. Viele Versuche, diesen Aspekt in Unternehmertypologien näher zu beschreiben (Mugler und Neubauer 1990, 140; Lefebvre 1991, 7; Jones-Evans 1995, 26) oder gar zum Abgrenzungskriterium ftlr Unternehmer und Nicht-Unternehmer (die selbständig, aber nicht innovativ einen mehr oder weniger traditionellen Beruf ausüben) zu machen (z.B. D'Amboise und Muldowney 1986, 16), zeugen von der Bedeutung, die dieser Ressource als Erfolgsfaktor beigemessen wird. Ebenso wie die Förderung einer innovationsfreundlichen Unternehmenskultur kann diese Ressource nur langfristig entwickelt werden. Welche Hindernisse es daftlr geben kann und wie diese überwunden werden können, soll im nächsten Beispiel behandelt werden.
c. Impulse rtir das strategische Innovationsmanagement: Die Innovationsorientierung des Unternehmers
Unternehmertypologien sind zweifellos ftlr die Prognose unternehmerischen Verhaltens und ftlr die Konstruktion von betriebswirtschaftlichen Führungs- und Interventionsinstrumenten nützlich. Auch die Innovationsneigung eines kleinen oder mittleren Unternehmens läßt sich zur Innovationsneigung des Unternehmers in Beziehung setzen. Ob in der Produktgestaltung, in der Beschaffung, in der Produktion oder in welcher betrieblichen Teilfunktion auch immer Veränderungen geschehen, wird maßgeblich von dieser Veränderungsbereitschaft des Unternehmers geprägt. Damit kann man sich zufriedengeben und gegebenenfalls Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Innovationsgeschehen oder Innovationserfolgen zu messen versuchen. Die Veränderungen in der Umwelt der Klein- und Mittelbetriebe reizen aber auch zur Frage, wie man die Innovationsbereitschaft von Unternehmern erhöhen kann. Dabei müssen wir davon ausgehen, daß diese Offenheit rur Neues im Menschen zum Teil genetisch programmiert ist, zum Teil im Laufe seiner Persönlickeitsentwicklung in der Kindheit und Jugend als längerfristig stabile Einstellung verfestigt wurde. Welche Chancen bestehen dann noch rur Veränderungen in späteren Lebensphasen? Einstellungen sind situationsübergreifend stabil. Sie werden in der Regel daher nur über einen längeren Zeitraum hinweg wieder geändert. Manchmal werden diese Änderungen von Beobachtern zwar als plötzlich wahrgenommen.
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Es dürfte sich dabei aber oft nur um den nach außen sichtbaren Durchbruch von Einstellungsveränderungen handeln, die bis zu einem bestimmten Schwellenwert aufgestaut gewesen sein könnten. Manchmal haben Schockerlebnisse diese Durchbruchswirkung. Die wichtigsten Faktoren fUr Einstellungsveränderungen - speziell in bezug auf die Erhöhung der Bereitschaft zu Veränderungen - können mit den Begriffen "Wahrnehmen", "Lernen" und "Motivieren" umschrieben werden. Dabei handelt es sich um relativ abstrakte hypothetische Konstrukte, die einer Erklärung be-
dürfen:
Wahrnehmungen können als künstlich geschaffene Gebilde verstanden werden, die sich insofern im Alltag bewähren müssen, als sie relativ verläßliche Prognosen über den Ablauf der Dinge ermöglichen sollen. Bei diesen Abbildungsversuchen unterliegen wir allerdings leicht Täuschungen, die oft eine gewisse Ähnlichkeit zeigen, so daß man von Typen von Wahrnehmungsverzerrungen sprechen kann (z.B. Selektion von Reizen, Stereotypenbildung, HaloEffekt u.a.). Beispielsweise werden sowohl positive als auch negative Ergebnisse unternehmerischer Entscheidungen zur Selbstbestätigung uminterpretiert und bewirken so Folgeentscheidungen, die bei "objektiver" Wahrnehmung der Fakten irrational erscheinen (McCarthy u.a. 1993, 21). Diese Selbstbestätigungstendenz kann noch durch eine Tendenz zu interpersonaler Kohärenz verstärkt werden. Das bedeutet z.B., daß sich die "Sicht der Welt" innerhalb einer Gruppe von Personen, z.B. Unternehmern der gleichen Branche oder Region, angleicht. Mit Bezug auf die Innovationsorientierung des Unternehmers können solche Wahrnehmungsverzerrungen beispielsweise hinsichtlich des Innovationsbedarfs ebenso auftreten wie hinsichtlich des wirtschaftlichen Erfolgspotentials neuer technischer Lösungen (Bornett - Neubauer 1985, 58). TechnikerUnternehmer bewerten technische Problemlösungen anders als der Markt, dessen Bewertung letztlich aber entscheidet. Unter dem Begriff Lernen soll hier die Wirkung von Übungen und Erfahrungen verstanden werden, die zu einem Wandel von langfristig stabilem Verhalten fUhrt. Wie Lernprozesse genau funktionieren, wollen verschiedene Lerntheorien erklären. Details dazu sind fUr unsere Zwecke hier aber nicht notwendig und könnten auch im gegebenen Rahmen nicht befriedigend behandelt werden. Wichtig ist vielmehr, daß es - verschiedene Intensitätstufen und - verschiedene Methoden des Lernens gibt. Beide Unterscheidungen sind rur die Aktivierung von Lernprozessen von Unternehmern wichtig.
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Die Intensitätsstufen reichen vom Aufspüren von Fehlern in Systemen, die als solche unangetastet bleiben, und deren Korrektur (Single-Ioop-Learning) - über den Systemwechsel (Double-loop-Learning) - bis zur Veränderung von Lernprozessen selbst (Deutero-Learning), also dem Lernen, wie man lernt (Agryris und Schön 1978, 26). Diese drei Intensitätstufen des Lernens können sich zwar auch gegenseitig ergänzen, dürften sich aber oft gegenseitig mehr behindern: Erfolgreiche Methoden filr die Behandlung bekannter Probleme suggerieren deren wiederholten Einsatz, möglicherweise auch deren Übertragung auf andere Probleme, filr die sie weniger geeignet sind, und bremsen die Entwicklung von Methoden für die Bewältigung von neu auftretenden Problemen (Levintahl und March 1993, 102). Daraus entsteht eine dreifache Kurzsichtigkeit (Myopia): Kurzfristig wirksame Problemlösungen werden höher bewertet als längerfristig wirksame; unmittelbar berührende, aber partielle Problemlösungen werden höher bewertet als ganzheitliche; und bewährte Problemlösungen werden höher bewertet als gescheiterte. Single-Ioop-Learning erhöht die Fähigkeit, mit bekannten Problemen immer besser fertig zu werden. Dies erhöht kurzfristig die Wettbewerbsfähigkeit und ist zweifellos wichtig, weil ohne kurzfristiges Überleben sich die Frage des langfristigen Überlebens gar nicht mehr stellt. Daraus können aber auch gleichzeitig trügerische Signale über eine vermeintliche langfristige Wettbewerbsstärke herausgefiltert werden, die der Steigerung von Innovationsbereitchaft entgegenwirken. Unter den· Methoden des Lernens genießt das Konzept des sozialen Lernens heute besondere Aufmerksamkeit. Dabei handelt es sich um Lernen durch Auseinandersetzung mit einem Modell, z.B. durch Nachahmung eines Vorbilds (Bandura 1979, 31). Modellfunktion können andere Menschen, Gruppen, Organisationen oder auch Konstrukte, wie z.B. Fallstudien, ausüben. Die Eignung verschiedener Lemmethoden hängt allerdings auch von Persönlichkeitsmerkmalen ab (Kolb 1984,78). Wenn es daher ausgeprägte Unternehmertypen gibt, könnte es auch adäquate Lerntypen geben, auf die bei Beratung und Weiterbildung von Unternehmern zu achten wäre. Wahrnehmung und Lernen müssen als Faktoren filr die Erhöhung der Innovationsbereitschaft durch Motivation ergänzt werden. Motivation ist gewissermaßen der Motor des Vehikels, das durch Wahrnehmung und Lernen gesteuert wird. Wie bei Wahrnehmung und Lernen gibt es auch in bezug auf Motivation heute ein weitverzweigtes Theoriengebäude, auf das hier nicht weiter eingegangen werden kann und muß. Unter den Motivationsstrukturen von Unternehmern gibt es zweifellos mehr und weniger innovationsförderliche. Beispielsweise dürften das häufig beobachtete Streben nach Unabhängigkeit und das
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Streben nach höherem Einkommen weniger Innovationsorientierung signalisieren als das Streben nach Verwirklichung eigener Ideen. Wie können nun Wahmehmungs-, Lern- und Motivationsprozesse aktiviert werden? Hängt es nicht am Unternehmer selbst, diese Prozesse zu aktivieren? Kann er solche Prozesse überhaupt aktivieren, wenn ihm Wahrnehmungsvermögen, Lernvermögen und Motivationsfaktoren fehlen? Wir haben es hier mit einem typischen Teufelskreis (circulus vitiosus) zu tun, und, wie immer bei derartigen Problemsituationen, ist die Lösung nur über einen Eingriff in das betroffene System von außen möglich. Ein Unternehmer kann sich nicht wie die Märchenfigur des Baron von Münchhausen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen. Die potentiellen Interventionisten, die in dieses System eindringen können, lassen sich in zwei Gruppen gliedern (siehe auch Abbildung 3): - Personen aus dem mikrosozialen Umfeld des Unternehmers - Personen aus dem professionellen Umfeld des Unternehmers
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Lemvermögen
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Abbildung 3: Struktur der Interventionsbereiche und Interventionisten
In beiden Fällen spielt das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses eine Rolle, das Störungen eines als konsistent und harmonisch wahrgenommenen Weltbildes zu überstehen vermag. Die erstgenannte Gruppe von Personen aus dem mikrosozialen Umfeld sind z.B. Familienmitglieder, Freunde oder Unternehmerkollegen, die bereit sind, verzerrte Wahrnehmungen nicht zu verstärken, sondern zu helfen, Wahrnehmungsgrenzen zu überspringen; die bereit sind, ihre Erfahrungen nicht zu verstecken, sondern als Lernpartner oder Lernmodelle zur Verfügung zu stehen; die auch bereit sind, Handlungsanreize zu verstärken. Der isolierte, sein natürliches Streben nach Unabhängigkeit übertreibende Unternehmer hat weniger Chancen, mit solchen Interventionen aus dem mikrosozialen Umfeld konfrontiert zu werden als der in "Networks"(Birley 1985, 107; lohannisson 1986, 19) oder "Loosely Coupled Systems" eingebundene Unternehmer. Solche nicht streng formalisierten Verbindungen erhöhen die An-
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passungsfähigkeit an veränderte Umweltbedingungen und damit die Innovationsbereitschaft z.B. durch (Orton und Weick 1990,214) - Förderung der Experimentierfreude - vielfältigere Sichtweise mit der Folge einer Verbesserung der Urteilskraft - Toleranz und sogar Bewahrung von abweichenden Meinungen. Neben dem mikrosozialen Umfeld kann das professionelle, aufInterventionen spezialisierte Umfeld von klein- und mittelbetrieb lichen Unternehmern eine gewisse Rolle filr das Druchbrechen von Teufelskreisen spielen: Dazu zählen vor allem Beratungs- und Bildungsinstitutionen. In der Regel haben diese Interventionisten aber keine Chance, wenn sie nicht Vertrauen als Grundlage filr ihre Intervention aufbauen können. Ein anonymer Berater, der einem Unternehmer Veränderungen vorschlägt, die dessen persönliches Verhalten berühren, wird kaum über die Türschwelle kommen. Weiterbildungsprogramme für Unternehmer, die schulmäßig konzipiert sind und nicht die besonderen Lernvoraussetzungen und die Lernumgebung berücksichtigen, werden erfahrungsgemäß von Unternehmern wenig in Anspruch genommen (Gibb 1994, 11). Dem Aufbau von Vertrauen wird in neueren Ansätzen des Marketing, insbesondere des Dienstleistungsmarketing, besondere Aufmerksamkeit gewidmet (Gummesson 1994,5; Rößl 1994,371). In bezug auf die beiden Gruppen von Interventionisten kann man nun noch die Frage aufwerfen, ob sie für die drei Ansatzpunkte filr Interventionen, also Wahrnehmen, Lernen und Motivieren, unterschiedliche Stärken und Schwächen aufweisen. Diese Überlegungen werden durch die Matrix-Darstellung in Abbildung 3 unterstützt. Professionelle Interventionisten haben tendenziell die besseren Chancen, wenn es um die Verbesserung des Wahrnehmungsvermögens des Unternehmers geht (in Abbildung 3 durch die dunkle Schraffierung des Feldes 21 sichtbar gemacht). Hier tun sich Familienmitglieder oder Freunde schwerer, entweder weil die persönliche Beziehung auf gleicher Wahrnehmung, auf gleichem Weltbild beruht oder weil die Präsentation anderer Sichtweisen vorschnell als Vertrauensbruch interpretiert werden könnte. Besonders in patriarchalischen Verhältnissen kann das häufig vorkommen. Dagegen kann man beobachten, daß Unternehmer nicht selten weniger bekannten oder weniger vertrauten Personen geradezu spontan mehr glauben als "guten alten Freunden". Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Im Gegensatz dazu haben Mitglieder des mikrosozialen Umfeldes mehr Chancen, die Motivation des Unternehmers zu stärken (in Abbildung 3 durch die dunkle Schraffierung des Feldes 13 sichtbar gemacht). Damit können Phasen der Passivität und Resignation (Gebert 1987,950) leichter überwunden werden, wodurch allein schon die Bereitschaft, sich auch mit Neuem zu beschäftigen, steigen sollte. Professionelle Interventionisten haben hier den Startnachteil, daß
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ihre Motivationsbemühungen in der Regel nicht von ihrem Geschäftsinteresse trennbar sind und dadurch auf Mißtrauen stoßen können. Im Bereich der Steigerung des Lernvermögens sehe ich im groben Durchschnitt keine ausgeprägten Vor- oder Nachteile rur eine der beiden Interventionsgruppen. Wie immer bei derartigen Globalbetrachtungen, können natürlich Einzelfälle deutliche Ausprägungen in der einen oder anderen Richtung haben. Beispielsweise dürften die Lernerfolge - wie schon angedeutet - stark von der Fähigkeit der Interventionisten abhängen, wie sie Lernsituation und -methodik an die persönlichen Voraussetzungen anzupassen vermögen.
D. Zusammenfassung Mit diesem Beitrag wurde unter BerUcksichtigung der vorgegebenen Grenzen ein innerhalb eines größeren Bezugsrahmens wohldefinierter Ausschnitt des Innovationsmanagements in Klein- und Mittelbetrieben betrachtet. Innerhalb dieses Ausschnittes wurde anband von aktuellen, aus der Literatur verfllgbaren Forschungsergebnissen die Frage der Innovationsimpulse besonders diskutiert. Damit sollte eine ftlr Lösungsansätze nützliche Problemstruktur samt einigen Anregungen im Detail entstanden sein. Ansatzpunkte rur die Förderung von Innovationsimpulsen gibt es auf überbetrieblicher, betrieblicher strategischer und betrieblicher operativer Ebene. Die Herausforderung fllr Unternehmer besteht wohl darin, diese verschiedenen Ansatzpunkte wahrzunehmen, harmonisch miteinander zu verbinden und zur Entfaltung kommen zu lassen.
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Mitarbeitermotivation und Arbeitszufriedenheit in KMU unter dem Aspekt der Qualitätsorientierung Von Hans Jobst Pleitner
Einleitung Als Reaktion auf die Verschärfung des Wettbewerbs sind in den letzten Jahren die "Flaggschiffe" der Wirtschaft dazu übergegangen, modeme Unternehmenskonzepte wie Total Quality Management (TQM), Lean Management, Business Reengineering u.a. einzuftlhren. Besonders grosse Beachtung hat in diesem Zusammenhang das TQM gefunden, vor allem deshalb, weil es einem der wichtigsten Wettbewerbsparameter, der "Qualität", den gebotenen Stellenwert schenkt, und weil es sich mittlerweile auf international anerkannte Normen (z.B. ISO 9000 ff.) stützen kann. Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) haben von jeher die Qualität betont; sie bedeutet eine ihrer charakteristischen Stärken. Dennoch oder gerade deswegen beginnen sich auch KMU systematisch auf das Total Quality Management einzustellen und damit die Qualitätsorientierung konsequent zu verstärken. Sie impliziert, dass die Unternehmung strikt auf die (externen) Kunden ausgerichtet wird. Die zentrale Ressource jeden Unternehmens und in besonderem Masse der KMU ist der arbeitende Mensch. Obgleich die Einftlhrung von neuen Technologien und Strukturen kostenintensiv sein kann, ist sie immer noch einfacher zu realisieren als eine Bewusstseinsänderung bei den Mitarbeitern. Will ein Unternehmer aber seinen Betrieb konsequent an den Kunden ausrichten, so ist ein solcher Umdenkprozess ftlr viele Mitarbeiter fällig. Eine Änderung des Verhaltens, so mühsam sie zu erreichen ist, kann dann leichter bewerkstelligt werden, wenn die betreffenden Mitarbeiter mit der gegenwärtigen Situation selber unzufrieden sind, eine andere Situation als erstrebenswert erachten oder wenn beide Faktoren zusammen auftreten.! Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Situation lässt sich zwar nicht prinzipiell, aber faktisch oft auf externe Faktoren zurückfUhren, wie beispielsweise steigenden Leistungswettbewerb und mässige Produktqualität. Will der Unternehmer eine Veränderung herbeifUhren, könnte er nun versuchen, vorher diese Unzufriedenheit mutwillig noch zu verstärken. Dieses Vorgehen birgt allerdings die Gefahr negativer Konsequenzen ftlr die Unternehmenskultur und das Unternehmensimage in sich. Wird hingegen 1
.
vgl. dazu Lewm, K. (1947).
Hans lobst Pleitner
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von den Mitarbeitern schon jetzt eine andere Situation als erstrebenswert erachtet, ist die Aussicht grösser, dass es früher oder später zu einer Veränderung der Einstellung kommen wird. Ein Unternehmer seinerseits kann auf unterschiedliche Art versuchen, seine Mitarbeiter zur angestrebten Bewusstseinsbzw. Verhaltensänderung zu motivieren. Zentrales Anliegen der qualitätsgerichteten Motivationsversuche sind die Stimulierung, Bewahrung und Absicherung des Qualitätsbewusstseins in der Belegschaft2• Im folgenden sollen die Möglichkeiten der Motivation sowohl durch äussere wie durch innere Anreize dargestellt werden. Die Auswahl beschränkt sich auf die Beschreibung derjenigen Grössen, die filr KMU relevant erscheinen.
Motivation durch äussere Anreize Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über mögliche äussere Anreize im Sinne von "Rewards", die mit der besagten Zielsetzung den Mitarbeitern angeboten werden können:
Äussere Anreize
Monetäre~ I
Prörnlen
Nlcht-mo~relze
l'
WIaaena-
baalerte. - Individuell, Gehalt Teama -R _ _ _ lg'
Erfolgabeteiligungen
11'\
Ineentlve.
Beförderung
Lob
Spora_ch
---------
MIschformen
CafeterlaArwaIz
Vorschlagswesen
Abb. 1: Motivation durch äussere Anreize
2 von Diemer, R. (1994), S. 1062.
Mitarbeitermotivation und Arbeitszufriedenheit in KMU
1057
Die klassischen Entgeltformen Zeitlohn und Akkordlohn bedürfen im Zeichen einer qualitätsorientierten Entlohnung der Überprüfung. Beim Zeitlohn (im krassesten Fall der Bezahlung filr blosse zeitliche Präsenz) fehlen dem Mitarbeiter Anreize, die Arbeitsabläufe und die Leistungserstellung zu verbessern. Der Akkordlohn fUhrt zu einer primär mengenmässigen Ergebnisorientierung, die oftmals zu Lasten der Qualität geht. Eine Vergütungsvariante, mit der das TQM wesentlich besser unterstützt werden kann, stellt der Prämien/ahn dar. Dabei werden zusätzlich zum Grundgehalt variable Beträge fUr besondere Leistungen gezahlt. Ein solcher Prämienlohn kann sowohl an einzelne Mitarbeiter als auch an Teams vergeben werden. In der TQM-Philosophie spielt Gruppenarbeit eine zentrale Rolle) Andererseits bedeuten die traditionellen Lohnformen in der Regel die individuelle Entlohnung. In dieser Konstellation erscheint es sinnvoll, eine Kombination aus individuellen und gruppen bezogenen Anreizen zu implementieren. Der Schwerpunkt sollte dabei auf letzteren liegen, um den Teamgedanken zu propagieren; die Individualanreize können der Feinabstimmung dienen. Während das Grundentgelt beispielsweise anhand der technischen und organisatorischen Anforderungen des Arbeitsgebietes bestimmt werden könnte, sollte die Prämie bzw. der Leistungsanteil, welcher über das Grundentgelt hinausgeht, Kriterien wie etwa Qualität und Termineinhaltung belohnen. Die Verteilung innerhalb der Gruppe kann entweder zu gleichen Teilen oder nach Absprache im Team erfolgen. Als dritte Komponente lassen sich schliesslich Zulagen vorsehen, die besondere Fähigkeiten bzw. Leistungen einzelner Mitarbeiter oder wiederum ganzer Teams honorieren. Auch rur die Wahrnehmung bestimmter Funktionen, wie z. B. die Rolle des Gruppensprechers oder des Moderators eines Qualitätszirkels, können solche Zulagen vergeben werden. 4 Die Qualitätsprämien können ergänzt werden durch eine Vielzahl nicht-monetärer Anreize, wie beispielsweise Preise, Abendessen oder das Recht, den Abschlussbericht des erfolgreichen Projektes vor dem Unternehmer oder sogar dem gesamten Unternehmen präsentieren zu dürfen. Auch Teilnahme an einer Fachkonferenz, Erwähnung in der Betriebszeitung (soweit vorhanden) und Zertiftkate wären denkbare Belohnungszusätze. 5 Die Prämien müssen nicht regelmässig bezahlt, sondern können auch sporadisch vom Unternehmer an Mitarbeiter ausgegeben werden. In der Praxis, vor allem in "patriarchalisch" geruhrten Unternehmen, wird oft von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Ein Risiko besteht allerdings darin, dass bei den 3 vgl. dazu Bühner, R. (1993), S. 116ff. 4 Laucht, O./Lücke, O. (1994), S. 68.
5 Juran, J.M. (1992), S. 435; Staaf, R. (1990), S. 45; Gerner, J./Mc/ntire, R. (1993), S. 38; Idstein, J.R. (1993), S. 40; Juran, J.M. (1989), S. 67f. 69 Festschrift Pichler
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Mitarbeitern der Eindruck von Willkür entsteht, selbst wenn eine Art Prämienkonto geführt wird, um eine möglichst faire Behandlung aller Prämienkandidaten zu gewährleisten. Zudem konnte der Einfluss von Prämienanreizen auf die Qualität nicht nachgewiesen werden. Obwohl sie temporär in der Lage sind, Verbesserungen zu bewirken, müssen offenbar andere Anreize geboten werden, wenn es um langfristige Verhaltensänderungen geht. 6 Beim Einsatz von Qualitätsprämien besteht schliesslich die Gefahr, dass Fehlerfreiheit nicht mehr als selbstverständlich, sondern als prämienauslösende Zusatzleistung angesehen wird. 7 Eine eher langfristig wirkende Möglichkeit, Mitarbeiter zu entlohnen, besteht im sog. wissens basierten Gehalt (" Skill-Based Pay H), bei dem nicht die tatsächliche Leistung, sondern die Qualifikation vergütet wird. Der Nutzen fUr das Unternehmen hinsichtlich der Qualität ist dabei indirekt: Die Implementierung des TQM scheitert oft an mangelnder Qualifikation der Mitarbeiter. Eine solche Lohnform würde fUr die Beschäftigten Anreize schaffen, die eigene Qualifikation zu verbessern. Allerdings bedeutet diese noch nicht zwangsläufig bessere Leistung bzw. höhere Qualität. Ein aufgrund seines Wissens einmal gehaltlieh eingestufter Mitarbeiter könnte danach auch in Trägheit verfallen - die Voraussetzung seines Lohnes ist ja gegeben.
Erfolgsbeteiligungen stellen eine weitere Alternative dar, die darauf ausgerichtet ist, Mitarbeiter an der Leistung des Unternehmens oder am Gewinn zu beteiligen. Je transparenter dabei der Zusammenhang zwischen Arbeitsleistung und Erfolgsanteil, desto höher dürfte auch die Motivation der Mitarbeiter werden. KMU können vermutlich diese Möglichkeit vorteilhaft einsetzen, da sich die individuellen Leistungen der Mitarbeiter eher in der Unternehmensleistung und schliesslich im Erfolg niederschlagen, als dies bei Grossunternehmen der Fall ist.8 Problematisch wird die Erfolgsbeteiligung freilich, wenn sich - etwa aus exogenen Gründen - trotz hervorragender Mitarbeiterleistungen der Unternehmenserfolg nicht einstellt, also auch keine Erfolgsresultate zu verteilen sind. Das Ausbleiben einer Erfolgsbeteiligung ist denen, die sich darauf eingestellt haben, nicht immer leicht zu kommunizieren. Das gilt auch dann, wenn der Abstand zwischen einer von den Beteiligten wahrgenommenen Erfolgsperiode und der Auszahlung ungebührlich gross wird. Als Anreize kommen auch solche nicht-monetärer Natur in Betracht. So werden seit einigen Jahren "lncentives" propagiert - möglicherweise als Folge konzentrierter Marketinganstrengungen derjenigen Unternehmen, die solche Incentives liefern. Es handelt sich dabei um nicht-pagatorische Leistungen, die 6
Kohn, A. (1994), S. 16 ff.
7 Wildemann, H. (1992), S. 27. 8 vgl. dazu Bühner, R. (1993), S. 116ff.
Mitarbeitennotivation und Arbeitszufriedenheit in KMU
1059
Rewards für auszuzeichnende Mitarbeiter darstellen sollen. Das Spektrum reicht von speziellen Einladungen oder Reisen bis zu luxuriösen Gütern, mit denen sich ihre Verwender profilieren können. Legendär geworden sind die Luxusaktenkoffer des inzwischen untergegangenen Fondshändlers Bernie Cornfeld; Träger eines solchen Köfferchens erfreuten sich seinerzeit - auch unternehmensintern - besonderen Ansehens als Verkaufskanonen, und die Gegenstände schmeichelten ihrer Eitelkeit. Incentive-Reisen können den modischen Bedürfnissen nach Plausch und Abenteuer entgegenkommen. Ob die Aussicht auf "Incentives" besonders die Qualitätsorientierung fördert, ist eine andere Frage, ebenso, ob die Wirkung über längere Zeit vorhält. Ein traditionellerer Anreiz ist die Beförderung. Sie kommt dem gewichtigen Bedürfnis nach sozialer Anerkennung entgegen (und ist in der Regel zudem noch mit einer Gehaltserhöhung verbunden). Sie wird daher - nicht überraschend - in einschlägigen Erhebungen regelmässig als einer der wirksamsten Motivatoren identifiziert. 9 In Zeiten ausgeprägterer wirtschaftlicher Entwicklung als heute sollen Unternehmungen schon Hierarchieebenen nur zu dem Zweck eingefUhrt haben, junge Leute befördern und dadurch motivieren zu können. Diese Kaderebenen sind also für die betriebliche Leistungserstellung nicht unmittelbar notwendig. Auch wenn das inzwischen eingesehen wird, ist deren Wiederabschaffung indessen sehr schwierig.I O In kleineren Unternehmungen kommt der Anreiz der Beförderung aufgrund ihrer flachen Hierarchien und der begrenzten Anzahl KadersteIlen ohnehin weniger in Betracht. Einer der einfachsten, nächstliegenden, kostengÜDstigsten, aber oft vernachlässigten Anreize ist das Lob durch den Vorgesetzten bzw. den Unternehmer. Ein solches Lob kann entweder direkt und informell ausgesprochen oder in schriftlicher Form in der Betriebszeitung oder am Schwarzen Brett bekanntgemacht werden. Das öffentliche Lob anlässlich von Firmenveranstaltungen stellt eine weitere, die spektakulärste Variante dar. Aber selbst ein vermeintlich so harmloser Anreiz wie das Lob ist nicht unumstritten. Während die Befürworter sagen, vor allem öffentliches Lob wirke oftmals Wunder in bezug auf das Selbstvertrauen der Mitarbeiter, halten die Gegner dem entgegen, dass Lob, wie jeder Anreiz, manipulativ sei und die traditionellen Hierarchieebenen bestätige. Nicht durch Lob, sondern lediglich durch Anerkennung mit positiver Zuwendung, die sich in Form von Freundlichkeit und Aufinerksamkeit manifestiere, könne aus einem Verhältnis nach Art einer Eltern-Kind-Beziehung eine Erwachsenen-Beziehung werden. I I Wir halten 9 Vgl.u.a. Mank, P. (1991), S. 226; Pleitner, HJ. (1981), S. 247f. 10 Kramer, W.lWinter, H. (1980), S. 34; Drucker, P.F. (1993), S. 45. II Champy,1. (1994), S. 197, als Befilrworter von öffentlichem Lob, sowie Sprenger, R.K. (1990), S. 9ff., als Gegner. 69*
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es flir überzogen, zu behaupten, gelegentliches Lob sei Manipulation und somit verwerflich. Lob muss auch gar nicht prinzipiell von einer ranghöheren Stelle ausgehen; auch Kollegen können sich schliesslich gegenseitig Lob aussprechen. Bei zu häufigem Einsatz allerdings wird der betreffende Mitarbeiter entweder wirklich manipuliert, oder es tritt ein gewisser Sättigungseffekt ein, und das Lob verliert seine motivierende Wirkung. 12 Da die Motive der Mitarbeiter, die stimuliert werden können, vielfältig sind, liegt die Empfehlung nahe, die Mitarbeiter bei entsprechender Leistung selber aus einem menüartigen Angebot von Belohnungen auswählen zu lassen. Auf diese Weise erhalten sie die bevorzugte (und damit im Zweifel die wirksamste) Belohnung. Welche Rolle dieser "Cafeteria-Ansatz"l3 in der Praxis der KMU bereits spielt, entzieht sich unserer Kenntnis. Uns scheint, dass vorderhand (noch) nicht viele Unternehmungen über ein ausgestaltetes, menüartiges Sortiment von Rewards überhaupt verfilgen. Zweifellos häufiger als Anreizsystem praktiziert wird das betriebliche Vorschlagswesen. Dabei handelt es sich um ein mehr oder weniger formalisiertes Instrument, durch das Individuen oder Teams ihre Ideen einbringen können. Dabei wird von der plausiblen Annahme ausgegangen, dass sich Vorschläge aus den Reihen der Mitarbeiter durch besondere Praxisnähe und Unternehmenseignung auszeichnen. Das Unternehmen versucht damit, sich das kreative Potential der Mitarbeiter zu erschliessen. Ein solches Vorschlagswesen scheint in unserem westlichen Wertesystem jedoch nur im Zusammenhang mit materiellen Anreizen zu funktionieren. 14 Der Vorteil für das Unternehmen liegt im Potential einer generellen Verbesserung des Mitdenkens und der Kommunikation (vgl. "Intrapreneurship") sowie konkret in einer Vielzahl von kreativen Ideen. Die Mitarbeiter auf der anderen Seite haben die Möglichkeit, durch Anregungen ihr Einkommen zu steigern 15 und ihre Position zu festigen. Beim Einsatz eines betrieblichen Vorschlagswesens sind jedoch verschiedene Aspekte zu beachten. Zunächst scheint es uns wichtig, dass die Vorschläge gebührend zur Kenntnis genommen und ausgewertet werden. Sonst wird bei den "Absendern" leicht das Gegenteil von Anreizen erreicht. Zudem sollte gewährleistet sein, dass der administrative Aufwand keine allzu grossen Ausmasse annimmt. Dies gilt zwar auch flir Grossunternehmen; in KMU pflegt sich eine Zunahme der administrativen Tätigkeiten jedoch eher in einer Behinderung der operativen Geschäfte niederzuschlagen. Zum anderen muss sichergestellt sein, 12 Vg1. Hoyer, W./Rettig, R. (1984), S. 24: FUr das Lob gilt durchaus das Erste Gossen'sche Gesetz, wonach der Grenznutzen eines Gutes mit zunehmender Menge abnimmt und schliesslich sogar negativ werden kann.
13
Wunderer, R. (1993), S.64
14 Heidack, C. (1992), Sp. 2302. 15 Zander, E. (1990), S. 43; Shores, RA (1990), S. 129ff.
Mitarbeitermotivation und Arbeitszufriedenheit in KMU
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dass die Bewertungskriterien der Vorschläge rur alle Mitarbeiter transparent sind, so dass nicht der Eindruck von Willkür entstehen kann. Im Idealfall ist das Vorschlagswesen derart ausgestaltet, dass die Belohnung rur einen guten Vorschlag allen Beteiligten zugute kommt und nicht nur demjenigen, der den Vorschlag formuliert und präsentiert hat. Damit wird zugleich der rur das Anliegen TQM besonders wichtige Teamgeist gefordert. Der angedeutete Vorbehalt gilt rur alle bisher betrachteten Anreize im Sinne von aussen praktizierten Stimulierungen: Werden einzelne Mitarbeiter rur besondere Qualitätsleistungen ausgezeichnet, besteht die Gefahr, dass sich die restlichen als "Verlierer" ruhlen (auch wenn das objektiv nicht gerechtfertigt ist) und neidisch werden. Je stärker die Auszeichnungen hervorgehoben werden, um so stärker kann diese Konsequenz ausfallen. Die erörterten Anreize sind daher mit Bedacht einzusetzen. Eine breite Palette materieller und immaterieller äusserer Anreize in der Einrubrungsphase von TQM mag zwar zweckdienlich sein. Um langfristigen Erfolg zu sichern, scheint jedoch erforderlich, kognitive Elemente in die Mitarbeitermotivation zu integrieren und auch auf die intrinsische Motivation zu setzen.l 6
Motivation durch innere Anreize Im Gegensatz zur extrinsischen Motivation wirkt die intrinsische Motivation im Sinne eigenen Antriebs auf Einstellung und Verhalten des Menschen. I7 Sie ist mit der Frage nach Sinnzusammenhängen verbunden. Diese Frage nach dem Sinn gehört zu den zentralen Themen des Menschen. In der Psychologie wird der Mensch geradezu als das "Wesen auf der Suche nach dem Sinn" bezeichnet,I8 die auch eine Suche nach dem Verstehen noch unerklärter Phänomene bedeutet.l 9 Der Unternehmer sollte diesem fundamentalen Bedürfnis Rechnung tragen und zugunsten überzeugter Qualitätsorientierung seine Mitarbeiter über den Sinn ebenso wie den Inhalt des TQM informieren. Informationen über konkrete Beispiele, den erforderlichen Aufwand und die angestrebten Ergebnisse helfen dem Mitarbeiter, Sinn in einer bewussteren Qualitätshaltung zu erkennen. Zugleich kann sein Kompetenz- und Verantwortungs bereich erweitert werden, so dass er mehr Kontrolle über das Produkt bzw. die Dienstleistung bekommt, deren Qualität verbessert werden soll.2o 16 vgl. Von Diemer, R. (1994), S. 1064. 17 vgl. Schönpj1ug, W.lSchönpj1ug, U. (1989), S. 294 sowie von Diemer, R. (1991), S. 328; Wunderer, R. (1980), S. 104. 18 Frankl, V. E. (1990), S. 100. 19 Tschirky, H. (1991), S. 28.
20 vgl. Schmidhäusler, F.J. (1991), S. 16.
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Welche Ebene der Sinnvennittlung im Rahmen der intrinsischen Motivation zielftlhrend angestrebt wird, hängt massgeblich von der "Reife" der Mitarbeiter ab. Bei reiferen, arrivierten Mitarbeitern reichen fmanzielle bzw. materielle Anreize in der Regel nicht mehr aus. Bei ihnen ist es für die Verhaltensbeeinflussung wichtiger, dass die von der Unternehmung repräsentierten Werte und Überzeugungen mit ihren eigenen gut übereinstimmen. Dieses Ziel wird am besten von religiösen Gemeinschaften erreicht, bei denen die Mitglieder unentgeltlich arbeiten. Viele Unternehmen, in wachsender Zahl auch KMU, versuchen, durch Leitbilder und Visionen gemeinsame Werte zu schaffen. 21 Das TQM stellt eine solche Möglichkeit dar, indem sie den in der westlichen Wertekonstellation grundsätzlich positiv besetzten Wert der Qualität als Zielvorgabe in die Unternehmung transferiert. Das Gegenstück der Motivation, die Demotivation, bedeutet Blockierung von Energie und Behinderung von Faktoren der Leistungsfreude. Geringe Freiräume und pedantische Vorschriften weisen beispielsweise ein hohes Demotivationspotential auf. In diesem Fall führen die Mitarbeiter Erfolge bzw. Fortschritte nicht mehr auf die eigenen Fähigkeiten zurück. Der potentiell grösste demotivierende Faktor ist allerdings der direkte Vorgesetzte (das gilt ebenso wie die positive Umkehrung dieser Aussage). Demotivierend auf die Mitarbeiter wirkt er etwa dann, wenn er Angst davor hat, dass sie eine höhere Sachkompetenz aufweisen als er selbst, wenn er sich unkonsequent oder unglaubwürdig verhält, oder wenn er dem Mitarbeiter zu wenig zutraut. 22 Der Vorgesetzte sollte den Mitarbeiter so akzeptieren, wie er ist, was jedoch nicht heisst, dass er keine Ziele ihm vorgeben oder mit ihm vereinbaren kann. Ist der Mitarbeiter in die Gestaltung der Ziele involviert, akzeptiert er sie leichter und übernimmt sie in seine eigene Zielstruktur. 23 So verstandenes Konsensmanagement sollte nach und nach machtgestützte Entscheidungen ersetzen; Mitarbeiter sollten ernst genommen und als Partner betrachtet werden. 24 Der Ansatz der Venneidung von Demotivation läuft auf die intrinsische Motivation hinaus. Demnach kann Sinn an der Arbeit nicht von aussen geboten werden, sondern muss individuell durch den Mitarbeiter selber gefunden werden. Die Führungskraft kann ihm allenfalls die Bedingungen individueller Sinnfmdung vennitteln und ihm damit zu optimaler Leistungsentfaltung verhelfen. In intrinsischer Motivation spiegelt sich der Einfluss der inhaltlichen Ausgestaltung der Arbeit auf die inneren Antriebe der Mitarbeiter. M.a.W. kann die
21 von Rosenstiel, L. (1994), S. 237f.
22
vgl. Sprenger, R.K. (1991), S. 169ff. und 2 !Off.
23 vgl. von Diemer (1991), S. 329. 24 vgl. Sprenger, R.K. (1991), S. 159 und 186.
Mitarbeitermotivation und Arbeitszufriedenheit in KMU
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entsprechende Ausgestaltung eine positive Einstellung zur Arbeit bewirken und somit auch eine höhere Motivation, fehlerfreie Produkte herzustellen. Daher werden im folgenden einige Massnahmen vorgestellt, die Mitarbeitern zu einer solchen positiven Einstellung verhelfen können (s. Abb. 2 ).
Innere Anreize
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Weiterbildung
Abb. 2 " Motivation durch innere Anreize
Eine Möglichkeit, die Arbeitssituation positiv anzulegen, stellen die unterschiedlichen Arten der Arbeitsgestaltung (Job Design) dar. Unterschieden wird hier etwa Job Enlargement, Job Enrichment, Job Rotation und Job Design Participation. Beim Job Enlargement wird dem Mitarbeiter zugestanden, grössere vergleichbare Teilaufgaben eines Arbeitsprozesses als bisher selber zu erledigen statt in Arbeitsteilung mit anderen. Die Job Rotation gibt dem Mitarbeiter die Möglichkeit, verschiedene Arten von Tätigkeiten auszuüben, indem er nacheinander an unterschiedlichen Arbeitsplätzen bzw. in mehreren Teams arbeitet. Beim Job Enrichment erhält der Mitarbeiter qualitativ zusätzliche Funktionen, z.B. zur Ausftlhrung hinzu vorlaufende Planungsaufgaben oder nachlaufende Aufgaben der Qualitätskontrolle. Die Job Design Participation greift die Erkenntnis auf, dass ein Mitarbeiter nicht nur von einer Umgestaltung seiner Arbeitssituation passiv profitieren, sondern sie aktiv mittragen sollte. Diesem Ansatz liegt das Prinzip zugrunde, dass derjenige, der die Arbeit aus eigener Erfahrung am besten kennt, auch in ihre Ausgestaltung einbezogen werden sollte. 25 In KMU sind solche Gestaltungsmöglichkeiten leichter realisierbar als in Grossunternehmen. Da nicht fUr alle Aufgaben Spezialisten zur VerfUgung stehen, und die Tätigkeiten weniger atomisiert sind, ergibt sich oft sogar aus der Sache, dass sich Mitarbeiter mit anderen Aufgabenbereichen vertraut machen und auch diese Tätigkeiten wahrnehmen. Je nachdem, welcher Art diese Auf2S
vgl. o.V. (1987), S. 78f.
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gaben sind, kann es sich um Job Enlargement, Job Emichment oder Job Rotation handeln. In jedem Fall wird so das Aufgabenspektrum vielseitiger; die Wahrscheinlichkeit, dass Mitarbeiter Sinn in ihrer Arbeit erkennen, wird höher, und die intrinsische Motivation nimmt zu. Ein gezielter Einsatz dieser DesignArten unterbleibt jedoch vielfach in KMU, da man von der Notwendigkeit bzw. dem Nutzen dieser Massnahme nicht überzeugt ist oder die Möglichkeiten gar nicht wahrnimmt. Die Bildung von Teams stellt einen weiteren Weg dar, den intrinsischen Bedürfnissen der Mitarbeiter entgegenzukommen. Eine Umfrage bei amerikanischen Unternehmen ergab, dass etwa 80% der Befragten der Auffassung sind, Teams verbesserten Qualität und Produktivität und erhöhten den Gewinn. Mehr als drei Viertel bestätigten höhere Mitarbeiterzufriedenheit. Immerhin 10% stellten fest, die Bildung von Teams habe auch die Moral der Vorgesetzten angehoben. Zusammenfassend darf davon ausgegangen werden, dass mit dem Teamkonzept die Motivation ebenso wie die Arbeitszufriedenheit gesteigert werden kann. Die Bewertung fiel entsprechend positiv aus, in den kleineren Unternehmen sogar ausschliesslich positiv. 26 Entstehen solche Kleingruppenaktivitäten allein durch die Eigeninitiative der Mitarbeiter, verheissen sie geradezu klassisch eine intrinsische Motivation. Eine Förderung von aussen erübrigt sich dann. Ist dagegen ein externer Anstoss zur Teamarbeit beabsichtigt, sind einige Aspekte bzgl. der Leistungsanerkennung zu berücksichtigen. Juran, ein führender Vertreter der Qualitätsbewegung, meint, man müsse Teams nicht motivieren; es genüge, ihnen Aufgaben zuzuweisen. Dadurch, dass ein Mitarbeiter zu einem Team von Erfolgreichen gehöre, erfahre er Stolz und werde so intrinsisch motiviert.27 Dabei stellt sich allerdings die Frage, wie bzw. wodurch die Mitglieder motiviert sind, bevor sich ein Erfolg einstellt. Vermutlich darf dann von guten Kommunikationsbeziehungen oder dem erlebten Gemeinschaftsgefilhl als Motivatoren ausgegangen werden. 28 Flexible Einsatzregelungen sowie Fortbildungschancen können ebenfalls eine intrinsisch motivierende Rolle spielen. Wie erwähnt, können KMU Beförderungen nicht in dem Masse wie Grossunternehmen als Motivatoren einsetzen. (In Zukunft werden freilich auch Grossunternehmen flachere Hierarchien bekommen und somit weniger Mitarbeitern Aufstieg im klassischen Sinne anbieten können.) "Aufstieg" kann sich in KMU eher darin äussern, dass ein Mitarbeiter an verschiedenen Teams teilnehmen darf oder zum Teamleiter avanciert. Besonders motivierend mag es sein, wenn es um international tätige Teams
26 Vgl. Gordon, 1. (1992), S. 64f. Die Ergebnisse entsprechen denen aus vielen Studien zur Rolle der zwischenmenschlichen Beziehungen.
27 Vgl. Rohan, T.M. (1988), S. 58. 28
Vgl. Bullinger, H.-J./Fähnrich, K.-P./Niemeier (1993), S. 12.
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geht. Sie sind natürlich abhängig vom Ausrnass der internationalen Aktivitäten des Unternehmens. 29 Kann ein Mitarbeiter gestaltend auf seine Arbeitssituation einwirken, hat er einen eigenen Verantwortungsbereich und die entsprechenden Entscheidungsund Handlungskompetenzen, wird er sich aus eigenem, inneren Antrieb einsetzen und ist damit intrinsisch motiviert. Je nach Reifegrad des Mitarbeiters können diese Spielräume unterschiedlich gross sein und in der Praxis verschiedene Ausprägungen annehmen. Es ist beispielsweise möglich, dass jeder Mitarbeiter das fertig bearbeitete Produkt bzw. Teilprodukt in irgendeiner Form kennzeichnet, so dass nachher ersichtlich ist, wer gegebenenfalls einen Fehler zu verantworten hat. Dies kann sich auf der Ebene eines Mitarbeiters oder eines ganzen Teams vollziehen. Das Problem besteht allerdings in der Gewährleistung, dass durchgehend jedes Produkt auch wirklich gekennzeichnet wird. In diesem Zusammenhang wird vom Prinzip der verstärkten Eigenverantwortung gesprochen. Das bedeutet, dass jeder Mitarbeiter die Aufgaben innerhalb seines Handlungsspielraumes selbständig und entsprechend verantwortlich erledigt. Ein solches Organisationsprinzip entspricht - zumindest filr die Verfechter eines "fortschrittlichen" Menschenbildes30 - dem natürlichen Verhalten des Menschen. 31 Konkret bedeutet Eigenverantwortung autonomes, freiwilliges, engagiertes und kreatives Handeln. Einzelne Autoren vertreten die Meinung, das Prinzip der Eigenverantwortung sei überhaupt die einzige erfolgversprechende Form der Motivation, da sich derjenige, der lediglich aktiv wird, um dafilr in irgendeiner Form belohnt zu werden, von anderen abhängig macht. 32 Sehr reifen Mitarbeitern kann man in diesem Zusammenhang sicherlich einen sehr grossen Spielraum überlassen oder sich sogar gänzlich darauf verlassen, dass sie selbständig arbeiten und nur im Ausnahmefall den Unternehmer bzw. Vorgesetzten um Rat oder Erlaubnis fragen. Allerdings ist gerade in KMU seitens des Unternehmers die ständige Angst vorhanden, dass die Fehlentscheidung eines Mitarbeiters die Unternehmung in eine Krise stürzen könnte. Je kleiner das Unternehmen ist, desto grösser wird diese Angst, weil die Tragweite des Verhaltens eines einzelnen zunimmt. Während solche Vorbehalte etwa filr Investitionen gerechtfertigt sein mögen, sind blosse organisatorische Regelungen wie die individuelle Bestimmung der Arbeitszeit vermutlich weniger problematisch. Auch hier sind jedoch situative Restriktionen zu berücksichtigen. Bei einer Fliessbandfertigung ist es beispielsweise unmöglich, flexible Arbeitszeiten einzuführen, da alle Mitarbeiter 29 Vgl. Hinterhuber, H.H./Aichner, H./Lobenwein, W. (1994), S. 122f. 30 Vgl. etwa den Typ Y bei McGregor: McGregor, D. (1970), S. 61f. 31 . Tikart,1. (1994), S. 108. 32 Sprenger, R.K. (1995), S. 37 und S. 77.
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gleichzeitig benötigt werden (die Fliessbandfertigung ist allerdings nicht typisch filr KMU). Im günstigsten Fall ist eine Unternehmung primär nach den vorkommenden Prozessen aufgebaut, so dass von der strukturellen Seite her bereits ein gewisses Mass an Autonomie der Mitarbeiter besteht. Voraussetzung filr eine selbstbestimmte Arbeitszeitregelung ist allerdings, dass der Mitarbeiter beurteilen kann, wann der Kunde ihn braucht, wann er also anwesend sein muss. Der Begriff Kunde bezieht sich hierbei sowohl auf den externen als auch auf den internen Kommunikationspartner. Eine wesentliche Voraussetzung filr die Eigenverantwortung der Mitarbeiter sind demnach hoher Informationsstand und offene Informationspolitik. Nur gut informierte Mitarbeiter können alle Faktoren berücksichtigen und darauf basierend gute Entscheidungen treffen. Aus diesem Grunde kommt der innerbetrieblichen Kommunikation eine Schlüsselfunktion zu, auch und erst recht im Rahmen des TQM. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass oft auch in KMU die Kommunikation als schlecht zu bewerten ist, obwohl gern davon ausgegangen wird, dass sie sich wegen der Überschaubarkeit von selber ergibt.
Extrinsische vs. intrinsische Motivatoren im betrieblichen Einsatz Dem Unternehmer steht nun eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Verftlgung, seine Mitarbeiter filr die Qualitätsidee zu gewinnen. Es stellt sich filr ihn ebenso wie filr den aussenstehenden wissenschaftlichen Betrachter die Frage, ob er sich eher auf extrinsische oder intrinsische Massnahmen verlassen sollte. Extrinsische Motivation wird unterschiedlich bewertet. Während Vertreter der behavioristischen Denkrichtung Lohn- und Strafmechanismen als wirksames Mittel zur Bewältigung von Aufgaben und Problemen ansieht, betrachten die Kognitivisten sie als sozial bestimmte Massnahmen. Da einige Individuen von anderen abhängig sind, verträgt sich die äussere Motivation prinzipiell nicht mit den Idealen des Kognitivismus, Entscheidungsfreiheit und Selbstverantwortung. Während Belohnungen die Basis des behavioristischen Denkens darstellen, verneinen jedoch auch die Kognitivisten nicht grundsätzlich deren Nutzen. Auch sie sind der Auffassung, dass durch Verstärkung gewonnene Einsichten bestätigt werden. Aus diesem Grunde besteht in beiden Ansätzen Einigkeit darüber, dass Mitarbeiter auf jeden Fall eine Rückmeldung über ihre Leistungen bekommen sollten. Durch positive Verstärkung wird das Selbstvertrauen bezüglich der Bewältigung übernommener Aufgaben gesteigert. Die Kognitivisten warnen lediglich vor einer Überschätzung von Belohnungs- und Bestrafungssystemen.
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Wichtig ist bei der Frage nach der Bewertung extrinsischer vs. intrinsischer Motivierungsmassnahmen die Art der Tätigkeit. Ungeliebte, routinemässige Aufgaben profitieren eher von äusserer Motivation, während die Lösung von als reizvoll empfundenen, kreativ zu lösenden Aufgaben dadurch eher verzögert wird. Wenn das Interesse an der Arbeit an sich fehlt, ruft (wenn überhaupt) der Gedanke an die spätere Belohnung die notwendige Motivation hervor. Mangelt es jedoch nicht an Interesse für die Arbeit, sind zusätzliche Prämien o.ä. überflüssig und können sogar schaden, da die Tätigkeit, mit Blick auf die ausstehende Belohnung, einem schnellen Ende zugeführt wird. Die sog. Untergrabungshypothese besagt, dass extrinsische Motivation die intrinsische zerstören kann. Wird eine Tätigkeit ohne äussere Anreize ausgeübt, kann daraus geschlossen werden, dass die betreffende Person eine positive Einstellung zu der Aufgabe hat. Kommen aber externe Belohnungen ins Spiel, sind sowohl externe als auch interne Ursachen der Motivation möglich. Je mehr dann das Verhalten auf externe Ursachen zurückgeführt wird, desto weniger Bedeutung wird den internen beigemessen. Nur wenn keine externe Motivation erkennbar wird, wird intrinsische Motivation aufgenommen)3 Da zwar die Individuen mit Selbstwertgefühl und einem Verlangen nach Lernen geboren werden, der in den meisten Unternehmen praktizierte Motivationsansatz aber eher extrinsisch orientiert ist, werden die intrinsischen Qualitäten systematisch zerstört. 34 So etwa stellen sich die Zusammenhänge idealistischer Sicht dar. Sie bedeutet allerdings u.E. nicht, dass jegliche Form von externer Belohnung sich negativ auf die intrinsische Motivation auswirken muss. Verhalten wird nur dann ausschliesslich auf externe Ursachen zurückgeführt, wenn diese auffallend mit dem Verhalten variieren. Somit haben unerwartete Belohnungen keine abschwächende Wirkung auf die intrinsische Motivation, da das Individuum während der Erledigung der Tätigkeit diese nicht mit der Belohnung in Verbindung bringen konnte. Verbale Verstärker wie etwa die oben angesprochene Grösse Lob kann die intrinsische Motivation sogar fördern. Durch Lob erhält der Mitarbeiter Informationen über seine Begabung und entwickelt so verstärkten inneren Antrieb)5 Wenn man auf Belohnungen zur Mitarbeitermotivation zurückgreift, ist auch das Mass relevant. Werden diese zu grosszügig bemessen, bedeutet das in der Wahrnehmung des Belohnten eine Einengung seines Entscheidungs- und Handlungsfreiraums, und er wird nicht immer bereitwillig folgen. Wer seinen Spiel-
33 vgl. Schönpjlug, W.lSchönpjlug, U. (1989), S. 294f. und Herkner, W. (1986), S. 388f. 34 Deming, W.E. (1992). 35 vgl. Herkner, W. (1986), S. 388f.; zu den Untersuchungen bzgl. der Wirkung unerwarteter Belohnungen wurden vgl. Lepper, M.R.lGreene, D.T./Nisbett, R.E. (1973), S. 129ft".
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raum hoch einschätzt, wird sich gegen eine solche äussere Abhängigkeit wehren.3 6 Während, wie kurz erwähnt wurde, die extrinsische Motivation direkt auf das Verhalten des Menschen wirkt, beeinflusst die intrinsische Motivation Einstellung und Verhalten. Diese wiederum sind voneinander abhängig. Der Mensch handelt gemäss seinen Einstellungen; es ist aber möglich, dass er seine Einstellung durch Erfahrungen mit bestimmten Verhaltensweisen ändert. Ohne extrinsische Motivation würde er jedoch diese Erfahrungen nie machen. Deshalb spricht einiges fUr die Annahme, dass beiden Arten von Motivation Bedeutung zukommt. Diese Feststellung gilt zweifellos speziell fUr das TQM, weil es bei den Betroffenen Einstellungsänderungen verlangt.37 Die Entscheidung, ob intrinsische oder extrinsische Motivatoren eingesetzt werden, ist auch abhängig von der Phase eines Verbesserungs- bzw. Innovationsprozesses. Während im ersten Schritt, der Ideengenerierung, der intrinsischen Motivation eine sehr hohe Bedeutung zukommt, nimmt sie in den beiden folgenden Phasen, der Ideenakzeptanz und -realisierung, zugunsten der extrinsischen Motivation leicht ab. 38 Verallgemeinernd lässt sich festhalten, dass für kreative Tätigkeiten intrinsische Motivatoren, für Routinearbeiten extrinsische Motivatoren grössere Bedeutung haben.
Qualitätsorientierte Motivation und Arbeitszufriedenheit Die dargestellten Möglichkeiten der Mitarbeitermotivation zielen darauf ab, ein erhöhtes bzw. ein spezielles Qualitätsbewusstsein zu entwickeln und aufrechtzuerhalten und somit die Qualität der Marktleistungen (marktbestimmte oder marktfähige Produkte oder Dienstleistungen) und die Qualität der Arbeit, des Zusammenwirkens in der Unternehmung insgesamt zu erhöhen. Es fragt sich nun zusätzlich, welche Rolle der Arbeitszufriedenheit in diesem Kontext zukommt. Arbeitszufriedenheit kann verstanden werden als "positive Grundgestimmtheit in der Arbeitssituation, deren Mass abhängig ist vom Grad der Entsprechung zwischen den Erwartungen eines Individuums (an die einzelnen arbeitsverbundenen Faktoren und an die Arbeit insgesamt) und ihrer Erfüllung in der Realität".3 9 36 Den theoretischen Hintergrund hierzu stellt die sog. Reaktanztheorie von Brehm dar. Diese besagt, dass durch Einschränkung der Handlungsalternativen eines Individuums dessen Widerstand gegen diesen äusseren Druck zunimmt. Vgl. dazu Brehm, J.W. (1966), zitiert in: Schönpflug, W.lSchönpflug, U. (1989), S. 295. 37 vgl. von Diemer (1991), S. 328f. 38 Thom, N. (1980), S. 236f. 39 Pleitner, HJ. (1995), S. 249.
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Sind die Erwartungen, die ein Mitarbeiter an seine Arbeit knüpft, z.B. bezüglich des Arbeitsergebnisses erfllllt worden, so stellt sich Arbeitszufriedenheit ein. Die intrinsische Motivation liefert den eigenen inneren Antrieb zur Erfilllung der Aufgabe. Kommt sie zustande, ergibt sich also Arbeitszufriedenheit gleichsam "automatisch". Bei der extrinsischen Motivation ist es erforderlich, dass der Mitarbeiter die Belohnung als angemessen empfmdet. Auch hier kann aber die Motivation, wenn auch nicht unmittelbar, zur Arbeitszufriedenheit fUhren. Umgekehrt kann ein hohes Mass an Arbeitszufriedenheit entsprechend starke Motivation zu (weiterer) Qualitätssteigerung auslösen. Sind die Erwartungen des Mitarbeiters aber schon erfilllt, kann die Motivation auch nachlassen. Von diesem Blickwinkel aus betrachtet, kann also ein gewisses Mass an Arbeitsunzufriedenheit durchaus positiv mit einem hohen Motivationsniveau korrelieren. 4o Das folgende Bild veranschaulicht vereinfacht den Zusammenhang (Abb.3):
I
Äussere Voraussetzungen zur Qualitätsproduktion
1 Motivation zur Qualität
X
Fähigkeit zur Qualitätsproduktion
i
Qualitätsleistungen
I
~ Angemessene Belohnung
I
J
I
1 Arbeitszufriedenheit
Abb.3: Zusammenhang zwischen Qualitätsmotivation, Qualitätsleistung und Arbeitszufriedenheit Quelle: Pleitner, H.J. (1995), S. 149.
40
vgl. dazu Staehle, W.H. (1991), S. 238ft'.
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Bisher wurde vor allem die Qualität der Marktleistungen (Produkte oder Dienstleistungen) angesprochen; das TQM hingegen bezieht sich auf die Qualität in der Unternehmung insgesamt, in die kulturelle, personelle und strukturelle Aspekte einfliessen. Eine hohe Arbeitszufriedenheit dürfte die Qualität in der Unternehmung insgesamt, z.B. hinsichtlich des Zusammenwirkens, erhöhen, da sie sich bei den involvierten Mitarbeitern positiv auswirkt. Über die personelle Seite hinaus schlägt sie sich auch fmanziell in Form von geringerem Absentismus und niedrigerer Mitarbeiterfluktuation nieder. Mit dem Verhältnis zwischen Motivation und Arbeitszufriedenheit hat sich die Forschung (weniger die Unternehmungspraxis) lange intensiv beschäftigt, insbesondere seitdem festgestellt wurde, dass sie einen immensen Einfluss auf die betriebliche Produktionsleistung haben. Mit der Relativierung der Bedeutung der quantitativen Ausbringung zugunsten des Fokus auf Qualität in .unterschiedlichen Erscheinungsformen hat sich die Sichtweise bezüglich Motivation und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter verschoben. Es besteht aber Grund zur Annahme, dass diesen beiden Grössen in der Unternehmenspraxis auch fUr die Qualitätsorientierung eine erhebliche, wenn nicht auf längere Sicht existenzentscheidende Bedeutung zukommt. Es dürfte sich lohnen, die Zusammenhänge im einzelnen aufzuspüren. Literatur Brehm, J.W. (1966): A theory of psychological reactance, New York/London 1966 Bühner, R. (1993): Der Mitarbeiter im Total Quality Management, Düsseldorf,/uttgart 1993 Bul/inger, H.-J./Fähnrich, K.-P./Niemeier (1993): Informations- und Kommunikationssysteme für schlanke Unternehmungen"; in: Office Management, Heft 1/2, 1993, S. 6-19 Champy, J. (1994): Jeder filnfte fliegt; in: Manager Magazin, Heft 4/1994, S. 196-198 Deming, W.E. (1992): Präsentation an der University of Massachusetts, Amherst, 22. April 1992 Drucker, P.F.(1993): Wer Wissen hat, ist mobil; in: Schweizerische HandeIszeitung, Nr. 18,6. Mai 1993, S. 45 Frankl, V.E. (1990): Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn: eine Auswahl aus dem Gesamtwerk, München/Zürich 1990 Gerner, J./Mclntire, R. (1993): Q is for quality; in: Management Accounting, September 1993, S. 37-38 Gordon, J. (1992): Work Teams - How far have they come? in: Training, Oktober 1992, S. 59-65 Heidack, C. (1992): Betriebliches Vorschlagswesen, in: Gaugier, E./Weber, W. (Hrsg.): Handwörterbuch des Personalwesens, 2. Auflage, Stuttgart, Sp. 2299
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Managementinstrumente für kleine und mittelständische Unternehmen Von Herbert Strunz
Vorbemerkung Kritische Zeiten sind auch für kleine und mittelständische Unternehmen angebrochen. Managementfehler können nicht mehr so einfach ausgeglichen werden, wie dies früher sicherlich noch eher möglich war. Geeignete Instrumente zur Prävention von Fehlern bzw. zur gelingenden Formulierung von Strategien und Maßnahmen sind mehr denn je gefragt. Dieser Beitrag widmet sich diesbezüglichen Überlegungen mit Bedachtnahme auf das langjährige themenspezifische Interesse des Jubilars, so auch als Vorstand des traditionsreichen Instituts für Gewerbe- und Handwerksforschung in Wien, verbunden mit den besten Wünschen zum sechzigsten Geburtstag. In bezug auf die angesprochenen Überlegungen gilt es zunächst, typische Fehler bzw. (falsche) Annahmen, die beim Management von Unternehmen nicht selten getroffen werden, in den Blickpunkt zu stellen. Ausgehend von diesem durchaus auch selbstredenden - Bild ist es Ziel des Beitrags zu versuchen, derartigen Fehlern entgegenzuwirken. Ein diesbezügliches Instrumentarium soll dieses Anliegen unterstützen. Zunächst jedoch ein Streiflicht auf typische Fehler im Denken und Handeln beim Management von Unternehmen: Ungenügende Problematisierung - Unkritische Übernahme von Werten und Zielen - Unkritische Wahrnehmung der Situation Unrealistisches Modellieren und Interpretieren von Problemsituationen - Statisches Denken - Zu enge Abgrenzung der Situation - Nichterfassung von Wechselwirkungen und NichtberOcksichtigung von ''Nebenwirkungen'' Reduktives Planen und Entscheiden - Mangelndes kreatives Suchen nach Neuem - Rückfall in punktuelles Ursache-Wirkungs-Denken - Vernachlässigung von zeitlichen Dimensionen 70 Festschrift Pichler
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Unzweckmäßiges Ingangsetzen und Verwirklichen - "Machen" (vgl. auch Aktionismus) statt "Entwickeln" - Fehlende Frühwarnsysteme - Reaktives Handeln bei Störungen Vor dem Hintergrund dieser komprimierten, keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebenden Auflistung möglicher bzw. typischer Managementfehler wird nun versucht, sich dem obgenannten Ziel im Rahmen der folgenden sechs Abschnitte anzunähern: I. Formulierung von Zielen und Modellierung von Problemsituationen 11. Analyse der Wirkungsverläufe IIl. Erfassung und Interpretation der Veränderungsmöglichkeiten von Situationen IV. Abklärung der Lenkungsmöglichkeiten V. Planung von Strategien und Maßnahmen VI. Verwirklichung der Problemlösung
1. Formulierung von Zielen und ModelIierung von Problemsituationen Zu Beginn stellt sich die scheinbar triviale Frage, wann man einen "Problemlösungsprozeß" in Gang setzt. Zweifellos wohl dann, wenn eigene Zielvorstellungen ("Soll") mit der tatsächlichen Situation ("Ist") nicht übereinstimmen. Von Problemen kann man davon ausgehend sicherlich dann sprechen, wenn sich bei gleichbleibenden Zielvorstellungen eine reale Situation ändert, oder aber die Zielvorstellungen bei gleichbleibender Wirklichkeit abgeändert werden. Tangiert wird hier jedenfalls die Thematik der Zielformulierung, konkret die Frage "klarer" Ziele und "richtiger" Bilder von der Wirklichkeit. Bezogen auf die Funktion der Zielsetzung im Rahmen der Unternehmensfilhrung bedingt dies die Notwendigkeit einer: - klaren, präzisen und unmißverständlichen Definition von Zielen - konkreten Formulierung von Teilzielen - Priorisierung von unterschiedlichen Zielkomponenten im Falle des Auftretens von Zielbündeln - Überprüfung der Konsistenz der Ziele mit übergeordneten Wertvorstellungen und Normen - größtmöglichen Objektivität bei der Zielsetzung, dabei insbesondere der Bewußtseinmachung der Unwägbarkeiten selektiver Wahrnehmung.
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Diese grundlegenden Kriterien dienen gewissennaßen der Schärfung konkreter Vorstellungen in Hinblick auf ein gelingendes Management von Unternehmen, denn gewiß ist sicherlich: - ohne klare Zielvorstellungen bewegt sich ein Unternehmen in einer realen Welt einigennaßen richtungslos; - ohne klares Bild von der Wirklichkeit kann das Management die unternehmensrelevante Realität nicht erfolgreich im Sinne der Unternehmensziele beinflussen. Die heiden nachfolgend dargestellten Instrumente dienen als Hilfestellung im Rahmen der Fonnulierung von Zielen und der Modellierung von Problemsituationen.
Instrument 1: Die Zielprüfung Dieses Instrument dient der konkreten Hinterfragung von überlegten oder bereits gesetzten Zielen in obigem Sinne. In bezug auf die einzelnen Ziele erfolgt dabei eine Auseinandersetzung mit folgenden Fragen: Ist die betreffende Zielsetzung klar, präzise, konkret und ft1r alle Beteiligten unmißverständlich fonnuliert? 11. Wurden aus der übergeordneten Zielsetzung klare Teilziele abgeleitet? III. Wurden die Teilziele eindeutig mit Prioritäten gewichtet? IV. Stimmen die Teilziele mit den übergeordneten Zielvorstellungen des Unternehmens überein? V. Stimmen die betreffenden Ziele mit Wertvorstellungen der Betroffenen und Beteiligten sowie mit ethischen Verhaltensmustern überein? VI. Wurde der Zeitraum ft1r die angestrebte Realisierung der Ziele klar festgelegt? VII. Erscheint die Zielerreichung innerhalb des festgelegten Zeitraums tatsächlich auch realistisch? I.
Die Beantwortung dieser Fragen und Bewertung der Antworten unter Heranziehung mehrerer Kalküle I zeigt schließlich eine Art Polaritätsprofil, das auf einfache Weise einen vergleichsweise guten Aufschluß über die Qualität der Zielfonnulierung bietet.
I Als Kalkül rur die Beantwortung der Fragen kann beispielsweise eine von "trifft vollkommen zu" bis zu "trifft überhaupt nicht zu" reichende mehrstufige Spannweite herangezogen werden. 70'
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Instrument 2: Der Perspektivenfokus Dieses Instrument zielt - in gewissennaßen strategischer Absicht - darauf ab, die Stellung des zu betrachtenden Systems innerhalb der es umgebenden Einzelwirtschaft, Gesamtwirtschaft und Gesellschaft zu orten, um schließlich die fUr eine gesamthafte oder auch spezifische dieses System betreffende Problemsituation relevanten Perspektiven zu identifizieren. Konkret werden dabei folgende Schritte vorgenommen: I. 11.
m.
IV. V.
Bestimmung der betrachteten Ebene (z. B. Abteilung) 2 Identifizierung der nächsthöheren Ebene (z. B. Bereich) Festlegung der höchsten noch interessierenden Ebene (z.B. Unternehmen) Auswahl der nächsttieferen Ebene (z. B. Arbeitsgruppen) Erfassung der tiefsten noch interessierenden Ebene (z. B. einzelne Mit-
arbeiter)
VI. Bestimmung gleichrangiger Ebenen (z. B. andere Abteilungen) VII. Identifizierung der Umgebung des gegenständlichen Systems (z.B. Kapitalgeber, Lieferanten, Kunden, Verbände, staatliche Institutionen, Konkurrenten) IX. Aus allen identifizierten Ebenen sind in einem letzten Schritt sodann die fUr die gegenständliche Problemsituation jeweils relevanten Bezüge und Perspektiven auszuwählen.
2. Analyse der Wirkungsverläufe In Abschnitt 1 wurden die Zielgrößen präzisiert und eine Zusammenschau wesentlicher Einflußfaktoren aufProblemkonstellationen erstellt. Die genannten Zielgrößen und Einflußfaktoren sind einsichtigerweise nicht isoliert voneinander zu betrachten; vielmehr sind alle derartigen Elemente als zusammenhängend und einander beeinflussend zu betrachten. Soll zielgerichtet auf eine Problemsituation eingewirkt werden, ist demgemäß ein relativ genaues Bild dieses "Wirkungsgeftlges" bzw. "Beeinflussungsmusters" notwendig. Dabei stehen drei Fragen im Mittelpunkt der Betrachtung: - In welcher Richtung verläuft die Wirkung zwischen Einflußfaktoren? 2 Bei der Bestimmung der verschiedenen Ebenen ist zu beachten, daß die "betrachtete Ebene" nicht notwendigerweise die "mittlere" Ebene sein muß; beispielsweise wllre bei einem Problem der Gesamtuntemehmensftlhrung die betrachtete Ebene gleichzeitig die höchste interessierende Ebene, zu bestimmen folgend alle "tieferliegenden" Ebenen. Weiters ist darauf hinzuweisen, daß die gegenstllndlichen Ebenen nicht zu verwechseln sind etwa mit "Hierarchieebenen" oder "Abteilungsstrukturen" .
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Zu unterscheiden sind dabei gleichgerichtete und gegengerichtete Wirkungen. 3 - Wie gestaltet sich der Zeitverlauf zwischen "Ursache" und "Wirkung"? Es ist offensichtlich wichtig zu wissen, ob Wirkungen rasch oder erst mit zeitlichen Verzögerungen eintreten. - Welche Intensität hat die Wirkung? Anders ausgedrückt: wie hoch ist das Ausmaß der Beeinflussung, da naturgemäß nicht alle Wirkungen zwischen den einzelnen Einflußfaktoren gleich stark sind. Die folgenden Instrumente dienen dazu, Richtungen, Zeitverläufe und Intensitäten von Wirkungs verläufen zwischen Einflußfaktoren besser erkennen zu können. Instrument 3: Das Management-Netzwerk Dieses Instrument legt ein Wirkungsgefüge zugrunde, das unter Heranziehung der oben genannten Komponenten schrittweise ausgebaut wird und die Wirkungsbeziehungen in analytisch korrekter und anschaulicher Weise erarbeitet. Der Ausbau dieses Wirkungsgefüges vollzieht sich in drei Schritten: I.
11.
III.
Erstellung des WirkungsgefügeslFestlegung der Wirkungsverläufe. Die gegenständlichen Zielgrößen, Einflußfaktoren und beeinflußten Faktoren bilden aufgrund einer sich aus ihrer Zusammengehörigkeit ergebenden Verkettung die Grundlage des Wirkungsgefüges. Die zentrale Fragestellung lautet dabei: Gibt es eine direkte Einwirkung von einem Faktor auf einen anderen Faktor bzw. auf eine Zielgröße?4 Festlegung der Wirkungsintensitäten. Dieser Schritt dient der Identifizierung von gleichgerichteten und entgegengerichteten Wirkungsbeziehungen, die an sich und bezüglich ihrer Intensität im obigen Wirkungsgefllge Eingang fmden. 5 Kennzeichnung der Wirkungsfristigkeiten. Schließlich werden noch die Fristigkeiten (kurz-, mittel- oder langfristig) im Wirkungsgefüge vermerkt. 6
3 Z. B.: Wenn A aufB wirkt und A größer wird, wird dann auch B größer oder kleiner? 4 Es empfiehlt sich eine übersichtliche Netzwerkdarstellung mit entsprechenden Wirkungskennzeichnungen (z.B. Richtungspfeile). Zu beachten ist, daß jeder Faktor bezüglich seiner Wirkung auf jeden anderen Faktor bzw. jede Zielgröße zu überprüfen ist. 5 Gleichgerichtete Beziehungen (z. B. je größer - desto größer, je weniger - desto weniger) werden im Wirkungsgefllge üblicherweise mit "Plus", entgegengerichtete Beziehungen (z. B. je größer - desto kleiner, je weniger - desto mehr) mit "Minus" gekennzeichnet. 6 Idealerweise durch unterschiedliche Pfeildarstellungen oder verschiedene Farben.
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Instrument 4: Die Wirkungsmatrix Die Wirkungsmatrix dient über die Erfassung der Wirkungsbeziehungen hinaus der Bewertung ihrer Intensitäten. Dabei wird in 4 Schritten vorgegangen: Eintragung der Zielgrößen, Einflußfaktoren und beeinflußten Faktoren aus dem Management-Netzwerk in die Kopfspalten und -zeilen der Matrix. 11. Systematische Schätzung der Intensität der direkten Wirkung zwischen je zwei Faktoren, bis alle Wirkungsintensitäten erfaßt sind.? III. Bildung der Zeilen- und Spaltensummen aller Schätzergebnisse aus 11. IV. Interpretation der Ergebnisse aus m.8 Damit werden jene Faktoren "identifiziert", die ftlr spätere zielorientierte Eingriffs- bzw. Steuerungsmöglichkeiten von besonderer Bedeutung sind. I.
Instrument S: Das Intensitlts-Portfolio Unter Heranziehung der Ergebnisse aus der Wirkungsmatrix dient das Intensitäts-Portfolio dazu, die Einflußfaktoren nach Intensitäten zu kategorisieren bzw. zu positionieren. Bei der Anwendung des Intensitäts-Portfolios sind folgende Schritte vorzunehmen: I. 11.
Bereitstellung der Zeilen- bzw. Spaltensummen der Wirkungsmatrix. Konstruktion des Portfolios. - Berechnung der Maximalwerte der Achsen "Einflußnahme" (Abszisse) und "Beeinflußbarkeit" (Ordinate).9 - Zeichnung des Portfolio-Diagramms unter Beachtung der errechneten Achsen-Maximalwerte. Unterteilung der Achsen jeweils in die Abschnitte "niedrig" und "hoch". - Bildung von vier Feldern "kritisch", "aktiv", "reaktiv" und "träge".t O
7 Aus Gründen der Übersichtlichkeit empfiehlt sich die Verwendung etwa von 4 Bewertungsstufen (z.B.: 0 = keine oder äußerst geringe Intensität, I = geringe Intensität, 2 = starke Intensität, 3 = sehr starke Intensität). 8 Hohe Zeilensumme: Der betreffende Faktor beeinflußt viele/(a1le) andere(n) Faktoren sehr stark. Hohe Spaltensumme: Der betreffende Faktor wird von vielen/(a1len) anderen Faktoren sehr stark beeinßußt. 9 Maximalwert = (Anzahl der Einflußfaktoren in der Wirkungsmatrix ./. 1) x 3 10 "kritisch" = hohe Einßußnahmelhohe Beeinflußbarkeit; "aktiv" = hohe Einflußnahme/niedrige Beeinflußbarkeit; "reaktiv" = niedrige EinflußnahmeIhohe Beeinflußbarkeit; "trage" = niedrige Einflußnahme/niedrige Beeinflußbarkeit.
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III. IV.
Eintragung der einzelnen Einflußfaktoren aus der Wirkungsmatrix mit ihren "Koordinaten", d.h. der Kombination aus Zeilen- und Spaltensumme, in das Portfolio. Interpretation der Positionierung der Einflußfaktoren in den vier Feldern des Portfolios, wobei folgende Faktorengruppen unterschieden werden: - "kritische" Faktoren beeinflussen andere stark, werden aber auch selbst von anderen stark beeinflußt; - "aktive" Faktoren beeinflussen andere stark, werden aber selbst von anderen wenig beeinflußt; - "reaktive" Faktoren beeinflussen andere nur schwach, werden aber selbst von anderen stark beeinflußt; - "träge" Faktoren beinflussen andere nur schwach, werden auch selbst von anderen nur schwach beeinflußt.
3. Erfassung und Interpretation der Veränderungsmöglichkeiten von Situationen Die Planung und Verwirklichung von Problemlösungsmaßnahmen nimmt viel Zeit in Anspruch. Der Erfolg von Problemlösungsprozessen hängt deshalb nicht zuletzt auch davon ab, ob "heute" geplante Maßnahmen zur Problemsituation von "morgen" auch wirklich passen. Das zieht die Notwendigkeit einer gewissen Antizipationsleistung nach sich. Dabei geht es um die Erfassung und Interpretation kOnftiger Veränderungsmöglichkeiten von gegenwärtigen Problemsituationen. Nun lassen sich zukünftige Entwicklungen von komplexen Problemsituationen nie exakt prognostizieren, da ihre Einflußfaktoren und Wirkungen ständigen Änderungen unterliegen können. Aufgrund dessen ist es lediglich möglich, Szenarien zu identifIZieren. Szenarien beschreiben verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten einer Problemsituation, wie sie aufgrund im Moment verfllgbarer Informationen ermittelt werden können. Naturgemäß ist auch das Entwerfen von Szenarien mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet. Bei der Planung von Problemlösungsmaßnahmen ist es nicht zuletzt deshalb zu vermeiden, sich von vornherein auf nur ein einziges Szenario einzustellen. In diesem Abschnitt steht die Erfassung und Interpretation künftiger Veränderungsmöglichkeiten von Problemsituationen im Vordergrund. Dies unter der Annahme, daß (noch) keine Eingriffe erfolgen bzw. keine Problemlösungsmaßnahmen angewendet werden.
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Instrument 6: Das Szenarien-Tableau Das Szenarien-Tableau dient der Erarbeitung möglicher Enwicklungen von spezifischen gegenwärtigen Situationen. Es soll die Erfassung und Interpretation der Veränderungsmöglichkeiten derartiger Situationen erleichtern. Die Erstellung eines Szenarien-Tableaus umfaßt folgende Schritte: I. 11.
III. IV.
V. VI.
Festlegung des Zeithorizonts der Szenarien. Defmition von "Umweltfaktoren". Aus den Zielgrößen, Einflußfaktoren und beeinflußten Faktoren des Management-Netzwerks werden jene Faktoren ausgewählt, die nicht oder nur in geringem Maß steuerbar sind) 1 Defmition von "Umweltsegmenten". Diese kategorisieren wesensgleiche Zusammenhänge ausgehend von den Umwelt(schlüssel)faktoren. Projektion der Entwicklung. - Formulierung von Trendaussagen pro Umweltsegement und ftir jeden Umwelt(schlüssel)faktor,12 - Bewertung der Wirkung der jeweiligen Trendaussage auf die wesentlichste Zielgröße der Problemsituation,13 Ausformung der Szenarien in drei Varianten: wahrscheinliches, optimistisches und pessimistisches Szenario. Interpretation der fertiggstellten Szenarien und Überprüfung der erwarteten Veränderungen der Umwelt(schlüssel)faktoren auf ihre Auswirkungen im Management-Netzwerk.
4. Abklärung der Lenkungsmöglichkeiten In Hinblick auf die konkrete Planung und Umsetzung von Lenkungsmöglichkeiten bzw. Maßnahmen zur Problemlösung interessieren insbesondere drei Fragenkomplexe: - Abgesehen von der Eigendynamik von Problemsituationen stellt sich zunächst die Frage nach Eingriffs- bzw. Lenkungsmöglichkeiten.
11 Bei umfangreichen Netzwerken mit zahlreichen Faktoren ist es ratsam, die Betrachtung auf die wesentlichen Umweltfaktoren (= Umweltschlüsselfaktoren) zu reduzieren. 12 Die Formulierung der Trendaussagen sollte stichwortartig, möglichst einfach und übersichtlich erfolgen. 13 Die Bewertung der Trendaussagen kann mittels einer einfachen Skala (z. S.: +, +1-, -) vorgenommen werden.
Managementinstrumente
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- In bezug auf die zu erwartenden Ergebnisse von Eingriffen interessieren die Entscheidungskompetenzen der zu Eingriffen bzw. Steuerungsmaßnahmen berechtigten Personen. - Schließlich sind Informationen relevant, ob eine tatsächliche Lenkungsmöglichkeit auch nachhaltig erfolgreich ist. Damit stellt sich die Frage nach geeigneten Indikatoren, die eine Beurteilung der Wirksamkeit von Lenkungseingriffen ermöglichen. Instrument 7: Der Lenkungsprüfstand Der Lenkungsprüfstand dient dazu, die im Szenarien-Tableau identifizierten Umwelt(schlüssel)faktoren auf ihre Lenkbarkeit zu untersuchen, die Wirksamkeit der lenkbaren Faktoren zu beurteilen und deren Zeitvorlauf bis zur Wirkungsentfaltung zu prüfen. Die "Prüfroutine" vollzieht sich in folgenden Schritten: I.
11.
III.
Bestimmung der lenkbaren und nichtlenkbaren Faktoren. Die Zielgrößen, Einflußfaktoren und beeinflußten Faktoren des Management-Netzwerks werden dabei mit folgenden Fragen konfrontiert: - Welche Faktoren können durch Eingriffe wesentlich beeinflußt werden?; d. h. welche Faktoren gehören zur Gruppe der lenkbaren Faktoren. - Welche Faktoren können durch Eingriffe nicht oder nur unwesentlich beeinflußt werden?; d. h. welche Faktoren gehören zur Gruppe der nichtlenkbaren Faktoren. Beurteilung der Wirksamkeit der lenkbaren Faktoren. Dabei erfolgt eine Identifizierung der "kritischen" bzw. "aktiven" Faktoren aus der Gruppe der lenkbaren Faktoren (vgl. Wirkungsmatrix und Intensitäts-Portfolio). Verbunden ist damit auch die Frage, welche dieser Faktoren "rasch" wirken (vgl. Management-Netzwerk). Die Erfassung der lenkbaren und wirksamen Faktoren bildet selbstredend erste Ansatzpunkte für die Findung strategischer Handlungswege. Suche nach (Frühwarn)Indikatoren. Dazu werden zunächst aus der Gruppe der lenkbaren und insbesondere der nichtlenkbaren Faktoren die aktiven Größen bestimmt und im Management-Netzwerk geprüft, ob diese Größen bis zur Wirkungsentfaltung einen ausreichenden Zeitvorlauf haben. Anders ausgedrückt: welche der lenkbaren und nichtlenkbaren Faktoren sind aktiv (vgl. Wirkungsmatrix) und wirken "langsam" (vgl. Management-Netzwerk)? Diese Faktoren zeigen gewissermaßen als Frühwamindikatoren frühzeitig Veränderungen der Problem situation an.
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5. Planung von Strategien und Maßnahmen Abschnitt 4 thematisiert Problemsituationen in Hinblick auf Eingriffs- und Lenkungsmöglichkeiten. Damit ist allerdings keine Empfehlung von konkreten Handlungsalternativen verbunden, lediglich eine - wenngleich fUr die weitere Vorgangsweise unabdingbare - Unterscheidung von Einflußfaktoren nach lenkbaren bzw. nicht lenkbaren Faktoren, bzw. ihre Eignung als Indikatoren. Nunmehr steht im Vordergrund, verschiedene Handlungsmöglichkeiten zu durchdenken und tatsächliche Handlungen auszuwählen; somit der Prozeß der eigentlichen Entscheidungsfmdung. Dabei sind drei Problernkomplexe von Bedeutung: - Komplexe Problemsituationen eröffnen naturgemäß viele Handlungsmöglichkeiten. Für die Lösung von Problemen ist meist die Anwendung einer Vielzahl von konkreten Maßnahmen notwendig. Diese Maßnahmen wiederum müssen inhaltlich wie zeitlich aufeinander abgestimmt sein. Zunächst steht demgemäß die Auseinandersetzung mit grundsätzlichen Handlungswegen und -strategien im Blickpunkt, aus denen dann die einzelnen, aufeinander abgestimmten Maßnahmen abgeleitet werden können. - Wurden unterschiedliche Handlungswege bzw. Strategien defmiert, stellt sich im Anschluß daran konsequenterweise die Frage nach der Auswahl der "besten Strategie". Letztlich zielt dies auf die Beurteilung verschiedener Strategien auf ihre Erfolgswirksamkeit in Hinblick auf die Problemlösung ab. - Schließlich bedarf es der Klärung, was tatsächlich getan werden muß, um die Entscheidung fUr eine bestimmte Handlungsalternative in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Die folgenden Instrumente beschäftigen sich mit der Suche nach alternativen Strategien, der Beurteilung und Auswahl zu realisierender Strategien und schließlich mit Anleitungen fUr die Umsetzung solcher Strategien.
Instrument 8: Das "Mind-Map" Das Mind-Map ist ein Instrument zur Erleichterung der BrainstormingTechnik, indem Ideen im Rahmen einer graphischen Darstellung in Form von "Ästen" sofort systematisiert, bzw. nach ThemenlBereichen zugeordnet werden. Ein derartiges einfaches Hilfsmittel kann im Strategiesuchprozeß ideal in arbeitserleichternder Weise eingesetzt werden. Bei der Erstellung eines Mind-Maps wird wie folgt vorgegangen: I.
Ausgangspunkt ist der Kern bzw. Mittelpunkt des Mind-Maps. Diesen bildet jener Einflußfaktor oder jenes "System" von Einflußfaktoren, fUr den(das) Strategien gesucht werden sollen.
Managementinstrumente für kleine und mittelständische Unternehmen 1083
11.
III.
IV.
Ideen ftlr Strategien bilden die "Äste" des Mind-Maps. Eine "neue" Idee bildet einen neuen Hauptast; Ideen, die mit bereits eingezeichneten Ideen sachlich zusammenhängen, bilden einen Nebenast eines schon bestehenden Hauptastes.!4 Dieser Prozeß wird ständig fortgefUhrt und das Mind-Map auf diese Art sukzessive erweitert. Idealerweise wird ein Mind-Map im Team erstellt, wobei sich die Teammitglieder von den Ideen der anderen Teilnehmer inspirieren lassen (vgl. Brainstorming).1 5 Nach Abschluß des kreativen Prozesses erfolgt eine sachlogisch-analytische Überprüfung der Haupt- und Nebenäste auf ihre tatsächliche Verwendbarkeit. Instrument 9: Die strategische Umwelt-Einfluß matrix
Die strategische Umwelt-Einflußmatrix ähnelt in ihrem logischen Aufbau stark der Wirkungsmatrix (Instrument 4) und dient der Beurteilung von Einflußintensitäten mit dem Zweck der Entwicklung von Handlungsempfehlungen zur Evaluierung von Strategien. Die Erstellung der strategischen Umwelt-Einflußmatrix vollzieht sich in folgenden Schritten:
I.
11.
III.
Aufbau der Matrix. - Eintragung der Umwelt(schlüssel)faktoren aus dem SzenarienTableau (Instrument 6) in die Kopfspalten der Matrix. - Eintragung der als Ergebnis des Strategiesuchprozesses (vgl. MindMap) in Betracht kommenden strategischen Aktionsfelder in die Kopfzeilen der Matrix.1 6 Beurteilung der Einflußintensitäten. In Zuge dieses Schrittes wird die Einflußintensität jedes Umwelt(schlüssel)faktors auf jedes strategische Aktionsfeld mit Hilfe einer Skala!7 beurteilt und die Ergebnisse in die jeweiligen Felder der Matrix eingetragen. Interpretation der Beurteilungsergebnisse. Die grundsätzlichen Interpretationsmöglichkeiten verdeutlichen:
14 Die einzelnen Äste werden jeweils mit inhaltsbezogenen Stichworten bezeichnet. 15 Zu vermeiden ist ein gleichzeitiges Aufschreiben neuer Ideen mehrerer Teilnehmer, um die Aufmerksamkeit aller Teilnehmer auf jeweils jede neue Idee zu lenken. Bei langer werdenden Pausen sollte das Mind-Mapping bis zum "Eintreffen" neuer Ideen unterbrochen werden. 16 Dabei ist zu beachten, daß die "strategischen Aktionsfelder" im Moment noch Zusammenfassungen ganzer Maßnahmenbündel sind. 17 Dabei kommt beispielsweise folgende Skala zur Anwendung: 0 = kein Einfluß; I = geringer Einfluß; 2 = starker Einfluß; 3 = sehr starker Einfluß.
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IV.
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- pro Zeile: Wie stark werden strategische Aktionsfelder sowohl einzeln als auch insgesamt von den verschiedenen Umwelt(schlüssel)faktoren beeinflußt? - pro Spalte: Wie stark wirkt ein Umwelt(schlüssel)faktor auf die strategischen Aktionsfelder ein? Erarbeitung von Handlungsempfehlungen zur Evaluierung von Strategien. Im Zuge des nächsten Schritts werden aus der Interpretation der Beurteilungsergebnisse (s.III.) Handlungsempfehlungen zur weiteren Vorgangsweise in Hinblick auf die Evaluierung von Strategien entwickelt: - Strategische Aktionsfelder, die stark von Umwelt(schlüssel)faktoren beeinflußt werden (hohe Zeilensumme), wären nun anhand der Szenarien (vgl. Instrument 6) näher zu untersuchen. - Strategische Aktionsfelder, die nur wenig von Umwelt(schlüssel)faktoren beeinflußt werden (geringe Zeilensumme), sind bei der weiteren Entscheidungsfindung für die zielgerichtete Aktivierung im Auge zu behalten. Einzelne, trotz geringer Gesamtsumme dennoch stark wirkende Umwelt(schlüssel)faktoren wären ebenfalls anband der Szenarien zu überprüfen. - Umweltfaktoren, die die Aktionsfelder stark beeinflussen (hohe Spaltensumme), sollten in den Szenarien hinsichtlich ihres Risikopotentials untersucht werden. - Umwelt(schlüssel)faktoren, die die Aktonsfelder nur wenig beeinflussen (niedrige Spaltensumme), können in der Folge weitgehend vernachlässigt werden. Instrument 10: Das Lenkungs-Regelwerk
Das Lenkungs-Regelwerk soll die Funktions eines Korrektivs zur Überprüfung von Lenkungs- bzw. Steuerungsmaßnahmen zur Problemlösung erfüllen. Die Überprüfung der einzelnen Maßnahmen erfolgt anhand konkreter Fragestellungen bzw. "Lenkungsregeln"; als Ergebnis kann Übereinstimmung zwischen den geplanten Maßnahmen und den Lenkungsregeln erzielt oder ein bestimmter Anpassungsbedarf geortet werden. Folgende Lenkungsregeln stehen zur Diskussion: I.
Sind die geplanten Lenkungseingriffe der Komplexität der Problemsituation angemessen? - Wird an mehreren Orten gleichzeitig angesetzt? - Wurden monokausale Denkweisen vermieden? - Wurde die Konzentration etwa irrtümlich auf nur einen Schwerpunkt gerichtet?
Managementinstrumente für kleine und mittelständische Unternehmen 1085
11.
Wurde der unterschiedlichen Bedeutung der verschiedenen Größen im Gesamt Rechnung getragen? - Wurde bei der Planung der Maßnahmen bei den aktiven, evtl. bei den kritischen Größen angesetzt? III. Wird ausreichend Vorsorge gewährleistet, unkontrollierbare Entwicklungen durch stabilisierte Rückkopplungen zu venneiden? - Werden die vorhandenen stabilisierenden Kreisläufe genützt? - Wirken die Maßnahmen nicht kontraproduktiv auf die wichtigsten Kreisläufe? IV. Wird die Eigendynamik des Systems zur Erzielung von Synergieeffekten genützt? - Werden die positiven Kräfte der Mitarbeiter, der Umwelt etc. genützt? - Basieren die Überlegungen auf den Stärken des Systems? - Werden möglichst alle Synergiemöglichkeiten verfolgt? V. Besteht ein hannonisches Gleichgewicht zwischen Bewahrung und Wandel? - Wird auf Ausgewogenheit zwischen Sicherheit und Herausforderung, Stabilität und Veränderung, Flexbilität und Spezialisierung geachtet? VI. Werden Autonomie und Flexibilität der einzelnen Einheiten ausreichend gefördert? VII. Steht der Problemlösungsprozeß mit den Lern- und Entwicklungsfähigkeiten in positivem Zusammenhang? - Was lernt das System im Zuge des Problemlösungsprozesses? - Findet der Lernprozeß Unterstützung? - Wird die Lernfähigkeit und -geschwindigkeit erhöht? Bei der Auseinandersetzung mit dem Lenkungs-Regelwerk sind folgende Schritte vorzunehmen: I.
11. III.
Erlangung des Bewußtseins, daß jede komplexere Problemsituation als "System" zu begreifen ist; somit kann auch dessen Eigendynamik genützt werden. "Systemwidrige" Maßnahmen wären demgemäß wiederum zu venneiden. Überprüfung jeder Lenkungsregel in bezug auf die in Betracht gezogenen Strategien.I 8 Ennittlung der Übereinstimmungen bzw. Nichtübereinstimmungen zwischen Maßnahmen und Lenkungsregeln. 19
18 Jede einzelne Frage sollte ideal erweise im Rahmen eines ProblemlOsungsteams diskutiert werden. 19 Die als Diskussionsergebnisse ermittelten Übereinstimmungen bzw. Nichtübereinstimmungen sollten filr jede Frage wiederum in einem Tableau festgehalten werden.
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IV.
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Diskussion von denkbaren Anpassungsmöglichkeiten im Falle der Nichtübereinstimmungen.
6.Verwirklichung der Problemlösung Als letzter Baustein im Problemlösungsprozeß steht der konkrete Handlungsvollzug, nämlich das zielgerichtete Eingreifen in die Problemsituation zur Diskussion. Dabei gilt es - wenig verwunderlich - einer Vielzahl von Dysfunk:tionalitäten zu begegnen: Motivation und Verständnis betroffener Mitarbeiter, veränderte Organisations strukturen, zusätzlicher Ressourcenbedarf, kontrollierende Planungssysteme etc. Nun stehen weniger Überlegungen im Vordergrund, die sich auf das Bewältigen konkret auftretender Schwierigkeiten beziehen; vielmehr die "Philosophie" betreffend den Prozeß des Handlungsvollzugs an sich. Die folgenden drei Fragenkomplexe spiegeln diese Überlegungen wider: - Wie kann gewährleistet werden, daß die Wirkungen der ergriffenen Maßnahmen sowie Änderungen der Problemsituation künftig erfaßt und beurteilt werden können? Ausgangspunkt dieser Frage ist die Erkenntnis, daß komplexe Problemsituationen nicht durch einmalige Maßnahmen nachhaltig gelöst werden können, sondern demgegenüber eine ständige Weiterentwicklung der Problem lösung erforderlich ist. Dazu werden naturgemäß vielfltltige Informationen benötigt, um auch über den künftigen Status des Systems im Bilde zu sein. - Was kann getan werden, damit sich die vorgesehenen Problem lösungsprozesse möglichst "selbsttätig" vollziehen? Im wesentlichen ist in diesem Zusammenhang die Kenntnis von positiven oder negativen Regelkreisen angesprochen (vgl. auch Abschnitt 2) bzw. die Frage, wie diese Regelkreise rur sich automatisch verstärkende bzw. stabilisierende Prozeßverläufe genutzt werden können. - AufweIche Weise kann die Weiterentwicklung der Problemlösung geilirdert werden? Dieser Fragenkomplex stellt insbesondere darauf ab, wie die Lernflthigkeit der problem lösenden Institution im Kontext der konkreten Problemsituation entwickelt werden kann.
Instrument 11: Die Endkontrolle Im Unterschied zu den Instrumenten der Abschnitte 1 bis 5 zielt dieses Instrument - im Rahmen der Auseinandersetzung mit obigen Fragen - eher auf die "Bewußtrnachung" als auf eine detaillierte letztendliche Lösung der Fragenkomplexe ab.
Managementinstrumente fllr kleine und mittelständische Unternehmen 1087
Die Endkontrolle bezieht - gewissermaßen als letzte "Prüfinstanz" - verschiedene Gestaltungsebenen als zentrale Kriterien zur Endprüfung der ermittelten Strategien und Maßnahmen bzw. Handlungsalternativen in die Betrachtung ein. Diese Gestaltungsebenen sind das Frühwarnsystem, die Selbstlenkung und die Lernfähigkeit des Systems. Entlang dieser Gestaltungsebenen werden wiederum konkrete Fragen aufgeworfen, um die Prüfobjekte auf entsprechende Übereinstimmung oder eventuellen Handlungsbedarf zu untersuchen. Die drei Gestaltungsebenen im Rahmen der Endkontrolle stellen sich wie folgt dar: I.
11. III.
Qualität des Frühwarnsystems. - Ist die Relevanz der definierten Indikatoren (vgl. Abschnitt 4) auch nach der Strategiefestlegung noch gegeben? - Wurden ftlr die relevanten Indikatoren geeignete Meßgrößen festgelegt? - Gewährleistet ein entsprechendes Informationssystem die Übermittlung von Entwicklungen der Indikatoren an die verantwortlichen Stellen? Selbstlenkungskapazität des Systems. - Wurde bei der Realisierung der Strategien hinreichend auf "stabilisierende" Regelkreise (vgl. Management-Netzwerk) geachtet? Lernfähigkeit des Systems. - Wurde der Problemlösungsprozeß als Prozeß des "gemeinsamen Lernens" bewußt gemacht und somit Problembearbeitung und Weiterbildung miteinander verknüpft? - Wurden entsprechende selbständige Projektteams geschaffen? - Wurden aus dem Gelernten Konsequenzen für die Zukunft abgeleitet?
Bei der Durchführung der Endkontrolle sind folgende Schritte vorzunehmen: I.
11. III.
Im gemeinsamen Problemlösungsteam wird jede Prüffrage klar und unmißverständlich auf Übereinstimmung geprüft. Bei vollständiger Übereinstimmung sollte gewährleistet sein, daß die Weiterentwicklung der Problemlösung unabhängig vom Frühwarnsystem beachtet wird. 2o Bei Nichtübereinstimmung ist es notwendig, den entsprechenden Handlungsbedarf auszuloten, Maßnahmen zu planen und fUr geeignete Umsetzung Sorge zu tragen (vgl. Abschnitt 5).
20 Geeignete Maßnahmen in diesem Zusammenhang sind etwa periodische Evaluationsgespräche, Klausurtagungen, problembezogene Weiterbildungsveranstaltungen, Zufriedenheitsprofile sowie periodische Starken-/Schwächenanalysen.
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Resümee Die eingangs angesprochenen typischen Denkfehler im Management beim Umgang mit komplexen Situationen seien zum Abschluß - gewissermaßen rückkoppelnd - nochmals, wenngleich beispielhaft und in etwas abgewandelter Form, angesprochen und mit dem nunmehr entwickelten Managementinstrumentarium in Verbindung gebracht. Einer dieser typischen Denkfehler mündet etwa in der Aussage "Ziele und Probleme sind 'objektiv' gegebene Tatsachen". Abschnitt 1 zeigt, daß sich eine konsequente Bestimmung von Zielen und die Modellierung der Problemsituation in diesem Zusammenhang als hilfreich erweist. "Jedes Problem ist die direkte Konsequenz einer einzigen, auch zeitlich genau lokalisierbaren Ursache", ein Argument, dem eine Analyse der Wirkungsverläufe, wie in Abschnitt 2 dargestellt, entgegentritt. Die Einstellung "Verhalten und Zustände sind prognostizierbar; notwendig ist nur eine ausreichende Informationsbasis" sollte fundierterweise wiederum in der Erfassung und Interpretation der Veränderungsmöglichkeiten von Situationen, gezeigt in Abschnitt 3, münden. Dem sicherlich häufigen Wunsch "Problemsituationen lassen sich 'beherrschen', es ist lediglich eine Frage des 'Aufwandes'" steht die in Abschnitt 4 vorgestellte Abklärung der Lenkungsmöglichkeiten entgegen. Auf den Denkfehler "ein 'Macher' kann jede Problemlösung in der Praxis durchsetzen" kann mit der Notwendigkeit einer sinnvollen und rechtzeitigen Planung von Strategien und Maßnahmen,wie in Abschnitt 5 diskutiert, geantwortet werden. Schließlich sollte jedes Management an einer nachhaltigen Verwirklichung von Problem lösungen interessiert sein, eine Thematik, der in Abschnitt 6 nachgegangen wird. In diesem Zusammenhang ist das Argument "mit der Einfilhrung einer Lösung kann das Problem endgültig ad acta gelegt werden" sicherlich nicht zielfilhrend. Das vorgestellte Instrumentarium bietet - in gegenwärtig sicherlich schwierigen Zeiten - gerade auch dem Management kleiner und mittelständischer Unternehmen die Möglichkeit, perspektivische Überlegungen auf einfache Weise sinnvoll und konsequent zu entwickeln und dieserart kreative Ideen in erfolgreiche Strategien und Maßnahmen umzusetzen.
Schriftenverzeichnis von 1. Hanns Pichier (Chronologisch ab 1958)
Verwendete Kurztitel/Abkürzungen: Außenwirtschaft
Außenwirtschaft. Schweizerische Zeitschrift rur Internationale Wirtschaftsbeziehungen, Zürich
Betriebswirt
Der osterreichische Betriebswirt, Hochschule rur Welthandel, Wien Forschungsfbrderungsfonds rur die gewerbliche Wirtschaft, Wien
FFF FN hgg. Hrsg. IBRDIIDA
IfG
Finanznachrichten. Wochenschrift filr Wirtschaftspolitik, Wien herausgegeben Herausgeber International Bank for Reconstruction and DevelopmentlInternationai Developrnent Association, Washington D. C. Institut rur GewerbeforschunglGewerbe- und Handwerksforschung, Wien
11 Politico Internationale
11 Politico, UniversitA di Pavia, Milano Internationale Entwicklung. Berichte - Forschung - Dokumente, Entwicklung ÖFSE, Wien
KYKLOS
KYKLOS. Internationale Zeitschrift für Sozialwissenschaften! International Review of Social Sciences, Basel-Salem
MA Osthefte ÖFSE Schrifttumsspiegel UNIDO UNIUNDP
Volkswirt ZfG ZfN
ZWS
71 Festschrift Pichler
Mitautor Österreichische Osthefte. Zeitschrift des Österreichischen Ost- und Südosteuropa-Instituts (vormals Arbeitsgemeinschaft Ost), Wien Österreichische Forschungsstiftung filr Entwicklungshilfe Schrifttumsspiegel. Gesellschaft - Politik - Wirtschaft, Wien United Nations Industrial Development Organization, Vienna United NationslUnited Nations Development Program, New York Der Osterreichische Volkswirt, Wien Zeitschrift rur Ganzheitsforschung. Philosophie - Gesellschaft - Wirtschaft, Neue Folge, Wien (ab 1991 mit Schrifttumsspiegel) Zeitschrift rur NationalOkonomie (Journal of Economics), Wien-New York Zeitschrift rur Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Vierteljahresschrift der Gesellschaft rur Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Verein rur Socialpolitik, Berlin
1090
J. Hanns Pichler
I. Monographien, Bücher, HerausgeberlMitautor Bibliographie der Literatur über Betriebsverfassung der Jahre 1945/46 in Deutschland, Diplomarbeit, Hochschule filr Welthandel, Wien 1958 Reformen und Dezentralisationstendenzen in der Sowjetunion insbesondere in Handwerk, Landwirtschaft und Industrie, Dissertation, Wien 1960 Soviet Doctrine and Policy Toward Underdeveloped Economies, with Special Respect to South and Southeast Asia. Thesis, University of IlIinois, Urbana, IlI. 1963 Modellanalyse und Modellkritik, Habilitationsschrift, Wien 1965 Leitfaden zur Wirtschaftskunde. Einfilhrung in die Volkswirtschaftslehre, Arbeitskreis "Wirtschaft und Schule". Niederösterreichische Volkswirtschaftliche Gesellschaft, Wien-München 1965, 2. neubearbeitete und erweiterte Aufl 1967 (MA) Modellanalyse und Modellkritik. Darstellung und Versuch einer Beurteilung vom Standpunkte der ganzheitlichen Wirtschaftslehre, Beiträge zur ganzheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftslehre, Bd. 3, Berlin 1967 (teilw. überarbeitete, edierte Habilitationsschrift) Thousand My Lais. World Bank Study on Bangla Desh, Society for Human Rights, Bangla Desh, o. J. (1971, MA) Walter Heinrich zum 70. Geburtstage, gewidmet von seinen Freunden und Schülern, Graz 1973 (Hrsg./MA) Die Ganzheit von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Ausgewählte Schriften von Walter Heinrich aus Anlaß seines 75. Geburtstages, Berlin 1977 (Hrsg.lMA) Othmar Spann, Leben und Werk. Ein Gedenkband aus Anlaß der 100. Wiederkehr des Geburtstages, Othmar Spann Gesamtausgabe, Bd. 21 (Schlußband), Graz 1979 (MA) Ganzheitliche Wirtschaftslehre, aus: Othmar Spann, Leben und Werk. Ein Gedenkband aus Anlaß der 100. Wiederkehr des Geburtstages, Othmar Spann Gesamtausgabe, Bd. 21 (Schlußband), Graz 1979 Inflation und Indexierung. Theoretische Analyse, Instrumentarium, empirische Befunde und Kritik, Volkswirtschaftliche Schriften, Heft 290, Berlin 1979 (Hrsg./MA) Im Prisma des Geistes, Besprechungsaufsätze und ausgewählte Einzelrezensionen über sechs Jahrzehnte von Walter Heinrich. Eine Festgabe aus Anlaß seines 80. Geburtstages, Graz 1982 (Hrsg./MA) Walter Heinrich, Der Sonnenweg. Über die traditionelle Methode. Verklärung und Erlösung im Vedanta, bei Meister Eckhart und bei Schelling, mit einer Vorbemerkung, Interlaken 1985 (Hrsg.lMA) Strategien der Wechselkurspolitik, Volkswirtschaftliche Schriften, Heft 358, Berlin 1986 (Hrsg.lMA)
Schriftenverzeichnis
1091
Kooperative Forschungsinstitute der österreichischen Wirtschaft. Ihre arteigenen Leistungen, Zielsetzungen und Probleme, Schriftenreihe der Bundeswirtschafts"kammer, Heft 55, Wien 1986,2. Aufl. 1987 (Hrsg./MA) Österreich und die Weltbank in den 80er Jahren. Beiträge und Ergebnisse eines Symposions an der Wirtschaftsuniversität Wien, Schriftenreihe der Bundeswirtschaftskammer, Heft 57, Wien 1987 Werte und Typen mittelständischer Unternehmer, Beiträge zur ganzheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftslehre, Bd. 8, Berlin 1988 (MA) Othmar Spann oder die Welt als Ganzes, Monographien zur österreichischen Kultur- und Geistesgeschichte, hgg. v. P. Kampits, Bd. 4, Wien-Köln-Graz 1988 Liberale Marktwirtschaft 90. Ordnungspolitische und wirtschaftspolitische Ansätze zu einer Reform. Konzepte und Dokumente einer Initiative, Institut zur Förderung des Liberalismus und der Marktwirtschaft, Wien o. J. (1988, MA) Finanzmarktanalysen, internationaler Handel und Politikkoordination, Volkswirtschaftliche Schriften, Heft 394, Berlin 1990 (Hrsg./MA) The STRATOS Group: Strategic Orientations of Small European Businesses, Aldershot etc. 1990 (MA) Partnerships for the Renaissance of Small Business in Central and Eastern Europe, Proceedings, 36th ICSB World Conference, Vienna, June 1991 (Hrsg.) Medienpaket Gewerbe, Institut für GewerbeforschunglÖsterreichische Volkswirtschaftliche Gesellschaft, Wien 1991 (Hrsg.) Gewerbe und Handwerk 2000. Perspektiven und Szenarien, Institut für Gewerbeforschung, Schriftenreihe des Wirtschaftsförderungsinstitutes 216, Wien 1992 (Hrsg.lMA) Ökonomische Konsequenzen eines EG-Beitritts Österreichs, Schriften zu internationalen Wirtschaftsfragen, Bd. 15, Berlin 1993 (Hrsg./MA) Manual for Small Industrial Businesses. Project Design and Appraisal, UNIDO, General Studies Series, Vienna 1994 (MA) Management in KMU. Die Führung von Klein- und Mittelunternehmen, BerlinWien-Stuttgart 1996 (Hrsg.lMA) Zeitschrift für Ganzheitsforschung. Philosophie - Gesellschaft - Wirtschaft, Gesellschaft für Ganzheitsforschung, Wien, vierteljährlich (Hrsg. seit 1974; mit jeweiligen Iahresbänden separat) Schrifttums spiegel. Gesellschaft - Politik - Wirtschaft, Gesellschaft für Ganzheitsforschung, Wien, vierteljährlich (Hrsg. seit 1974; ab 1991 zusammen mit Zeitschrift für Ganzheitsforschung) Beiträge zur ganzheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftslehre, Duncker & Humblot, Berlin (Hrsg. seit 1974, in Nachfolge von W. Heinrich) Schriftenreihe, Institut für Gewerbe- und Handwerksforschung, Wien (Hrsg., seit 1995) 11"
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J. Hanns Pichler
ll. Aufsitze, BeitrAge zu Sammelwerken, ArtikellMiszeUen Wirtschaftliches Ost-West Gespräch in Prag, Osthefte, 3. Jg. (1961), 1. Heft Reformen in der Industrie der Sowjetunion, Osthefte, 3. Jg. (1961), 2. Heft Riforme nell' industria Sovietica, 11 Politico, anno XXVI (1961), no. 1 Nationalökonomie an unserer Hochschule und die Wirtschaftslehre des Ostens, hermes. Mitteilungsblatt der Österreichischen Hochschülerschaft an der Hochschule für Welthandel und des Verbandes Österreichischer Diplomkaufleute, Wien, 2. Jg. (1961), Folge 2 Griechische Reisenotizen. Entwicklungsstand und neue Aspekte der Wirtschaft Griechenlands, Osthefte, 3. Jg. (1961), 4. Heft Problemi ai margini d'Europa, 11 Politico, anno XXVI (1961), no. 4 Griechenland nach der Assoziierung mit der EWG. Die Chancen und Grenzen der wirtschaftlichen Entwicklung, Berichte und Informationen, Salzburg, 16. Jg. (1961), 789 Österreichisches Wirtschaftspanorama, Osthefte, 4. Jg. (1962), 1. Heft o. Prof. Dr. Walter Heinrich - 60 Jahre! Betriebswirt, 12. Jg. (1962), 1. Heft Der circulus vitiosus der "Unterentwicklung". Östliche und westliche Hilfe für Überseeländer, Osthefte, 4. Jg. (1962), 3. Heft Economic Key Points on the Way to National Destiny, in: The Concept of Nonalignment between East and West, IV. International Conference on World Politics, Athens 1962 Entwicklungspolitik auf großraum wirtschaftlicher und gebietswirtschaftlicher Stufe, Die Bodenkultur, Ausgabe B (Agrarwirtschaftlicher Teil), Bd. 13 (1962), Heft 1 Spanns Philosophie, Die Presse, Wien, 11./12. April 1964 Das Bild der amerikanischen Universität im Lichte der deutschen Universitätsidee und der gegenwärtigen Reformen, ZfG, 8. Jg., 11/1964 Steuerbürger und Fiskus, Die Presse, Wien, 29./30. Aug. 1964 Umstrittener Ladenschluß, Die Presse, Wien, 7. Sept. 1964 Die amerikanische Zinsausgleichsteuer. Ein Mittel zur Steuerung internationaler Kapitalbewegungen, Österreichisches Bankarchiv, Wien, 12. Jg. (1964), Heft VI (MA) Neoliberalismus, Neosozialismus und Katholische Soziallehre, ZfG, 8. Jg., IV/1964 Problem i della bilancia dei pagamenti degli Stati Uniti, 11 Politico, anno XXIX (1964), no. 3 Fiskus und Wissenschaftsförderung, Österreichische Hochschulzeitung, Wien, 17. Jg. (1965), Nr. 1 Agrarpolitischer Irrgarten. Hinter der Preisoberfläche verbirgt sich ein Strukturdilemma, Volkswirt, 51. Jg. (1965), Nr. 1
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Vom homo oeconomicus zum homo agens, ZfG, 9. Jg., 11/1965 Das Wesen der Input-Output-Analyse als Ausdruck von Leistungszusammenhang und Entsprechung. Ein einfaches Modell, ZfG, 9. Jg., III/1965 Wandlungen im Ostblock in westlicher Analysis, Osthefte, 8. Jg. (1966),2. Heft Towards a more International Economic Policy, Macroeconomica. Zeitschrift des Instituts rur Volkswirtschaftslehre und Weltwirtschaftslehre an der Hochschule rur Welthandel in Wien, Jg. XVI (1967), Heft 3 Entwicklungslinien im amerikanischen Gesellschafts- und Wirtschaftsdenken, ZfG, 12. Jg., 111/1968 World Bank Group, Pakistan Economist, Karachi, Oct. 1972 Wirtschaftspolitische Gegenwartsfragen und moderne Wirtschaftstheorie. Die Verfahrensfrage neu gestellt, ZfG, 16. Jg., III/1972 (Wiederabdruck in: Walter Heinrich zum 70. Geburtstage, Graz 1973) World Bank Group, United Nations in Pakistan, UNICP, Islamabad 1972, 2nd ed. 1973 Zum Geleit, in: WaIter Heinrich zum 70. Geburtstage gewidmet von seinen Freunden und Schülern, Graz 1973 Der Individualismus in der Wachstumstheorie und seine Folgen. Neue Ausblicke der Entwicklungspolitik, ZfG, 18. Jg., 111974 Erfahrungen und Zukunftsperspektiven der Integrationspolitik der Schweiz und Österreichs. Diskussionsbeitrag, in: Integrations- und Währungsprobleme. Europäischer Freihandel zwischen Währungschaos und Währungsintegration aus schweizerischer und österreichischer Sicht, Schriftenreihe des Österreichischen Forschungsinstitutes rur Sparkassenwesen, Wien, 14. Jg. (1974), Heft 2 Die wiederentdeckte Bedeutung der Landwirtschaft im Wandel weltweiter Entwicklungspolitik, Agrarische Rundschau, Wien 1975, Nr. 3 Wie real sind "3% real"? FN, Nr. 12, 1975 Austauschbedingungen, Rohstoffe und Zahlungsbilanz, in: SUMMA. Wirtschaftsberichte, Zentralsparkasse der Gemeinde Wien, 12/1975 "Sozialindikatoren" und Gewerbe. Einige grundlegende und methodische Betrachtungen, Internationales Gewerbearchiv, 23. Jg. (1975), Heft 4 Zur Menschheit am Wendepunkt, FN, Nr. 8, 1975 Inflation und Indexierung, in: X. Hochschulkurs aus Finanzwissenschaft, Institut rur Finanzwissenschaft, Innsbruck 1976 Adam Smith und der Spesenerlaß, Die Presse, Wien, 11. Juni 1976 Arbeitsweise und Personalbedarf der Weltbank, Internationale Entwicklung, 1976/IV Entwicklung und Entwicklungsstrategien vor den Konturen einer Neuen Weltwirtschaftsordnung. Einige grundlegende Betrachtungen zu einem "Nord-SüdDialog" im Nachklang zu UNCTAD IV, Internationale Entwicklung, 1977/1
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J. Hanns Pichler
"Vorwort" zu: Die Ganzheit von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Ausgewählte Schriften von Walter Heinrich aus Anlaß seines 75. Geburtstages, Berlin 1977 Alpbach und seine "Anpasser". Antworten erfordern Courage, Die Presse, Wien, 29. Aug. 1977 Austro-Porsche. "Innovation" am Schwanzende einer Technologie, FN, Nr. 38, 1977 "Vorbemerkung" zu: Heinrich, W., Horizonte wesensgerechter Mitbestimmung, ZfG, 21. Jg., 111/1977 Entwicklungspolitik im Widerstreit von Strategien, Die Vereinten Nationen und Österreich, 26. Jg. (1977) Die "Steuermoral" und die Moral der Steuern. Ein Spiegelbild des gesamten Systems, Die Presse, Wien, 1./2. Okt. 1977 Österreich und seine Entwicklungspolitik, Die Aussprache, Wien, Jg. 18 (1977), Nr. 11/12 Laudatio aufWalter Heinrich, ZfG, 22. Jg., 1/1978 "Vorwort" zu: Kroiss, A., Der Eurodollarmarkt. Grundlagen, Gegenwartsproblematik und seine Bedeutung als potentielle Finanzierungsquelle für Entwicklungsländer, Dissertationen der Wirtschaftsuniversität 25, Wien 1978 Walter Heinrich - 75 Jahre, Sudetenland. Böhmen-Mähren-Schlessien, Vierteljahresschrift rur Kunst, Literatur, Wissenschaft und Volkstum, 20. Jg. (1978), Heft I Gesellschaft rur Ganzheitsforschung, Österreichische Hochschulzeitung, Wien, 30. Jg. (1978), Nr. 4 (Sonderbeilage) Vademecum ft1r "Grüne Listen". Wachstums- und Umweltreport aus der Schweiz, FN, Nr. 31/32, 1978 Gedenken zum 20. Todestag Leopold Zieglers, ZfG, 22. Jg., IV/1978 Die Entdeckung des Klein- und Mittelbetriebes als "Neuland" weltweiter Entwicklungspolitik, IfG-Mitteilungen, Institut rur Gewerbeforschung, Wien, 1. Hj. 1979 "Vorwort" zu: Othmar Spann, Leben und Werk. Ein Gedenkband aus Anlaß der 100. Wiederkehr des Geburtstages, Othmar Spann Gesamtausgabe, Bd.21 (Schlußband), Graz 1979 (MA) "Schrifttumsverzeichnis" zu: Othmar Spann, Leben und Werk. Ein Gedenkband aus Anlaß der 100. Wiederkehr des Geburtstages, Othmar Spann Gesamtausgabe, Bd. 21 (Schlußband), Graz 1979 (MA) Zur Typologie von Entwicklungsstrategien. Grundmuster realen Strategieverhaltens, in: Clement, W./Socher, K. (Hrsg.), Empirische Wirtschaftsforschung und monetäre Ökonomik. Festschrift rur Stephan Koren zum 60. Geburtstag, Berlin 1979 Die Entwicklungsproblematik im Spiegel ihres europäisch-abendländischen Erbes. Auf der Wegsuche von der "alten" zu einer "neuen" Weltwirtschaftsordnung, in: Mosser, A. (Hrsg.), Der Unternehmer und die Geschichte. Festschrift rur Alois Brusatti, Veröffentlichungen des Vereines der wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiete der Unternehmerbiographie und Firmengeschichte, Heft 8, Wien 1979
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Zum Abschluß der Othmar Spann Gesamtausgabe. Eine inhaltliche Synopsis und Darstellung des Werkes, ZfG, 23. Jg., IV/1979 Strategiefrage entwicklungspolitisch-technologischer Anpassung: "Die Neuentdeckung der Klein- und Mittelbetriebe", Österreichische Hochschulzeitung, Wien, 31. Jg. (1979), Nr. 10 Die Auslandsverschuldung der Entwicklungsländer, in: Raffer, K. (Hrsg.), Probleme des Nord-SUd-Verhältnisses, Wien 1979 "Vorwort" zu: Hürni, B. S., Die Weltbank. Funktion und Kreditvergabepolitik nach 1970, Internationale Organisationen, Bd. 2, Diessenhofen 1980; engl. u. d. Titel.: The Lending Policy of the World Bank in the 1970s. Analysis and Evaluation, Boulder 1980 Auslandsverschuldung und Wandel der Finanzierungsmuster der Dritten Welt. Eine objektivierende Betrachtung, Außenwirtschaft, 35. Jg. (1980), Heft III "Vorwort" zu: Rabl, J., Das Sozialprodukt als Wohlstandsmaß. Problematik, Kritik, Alternativen, Dissertationen der Wirtschaftsuniversität 31, Wien 1980 "Vorwort" zu: Klausinger, H., Rationale Erwartungen und die Theorie der Stabilisierungspolitik, Europäische Hochschulschriften, Reihe Volks- und Betriebswirtschaft, Bd. 294, Bern-Frankfurt a. Main-Las Vegas 1980 Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Sedlmayr - 85 Jahre, ZfG, 24. Jg., IVfl980 Dimensionen weltwirtschaftlicher Anpassungsstrukturen. Nach dem "zweiten" Ölpreis-Schock, Österreichische Hochschulzeitung, 33. Jg. (1981), Nr. 9 Der klein- und mittelbetriebliche Sektor als Herausforderung und Anliegen weltweiter Entwicklungsstrategie, in: KemmetmUller, W.lSertl, W. (Hrsg.), Klein- und Mittelbetriebe. Chancen, Probleme, Lösungen. Erich Hruschka zum 70. Geburtstag, Wien 1981 "Vorwort" zu: Malinsky, A. H., Raumordnung und Standortverteilung. Agrar-, siedlungs- und umweltpolitische EinflUsse auf die Standortstruktur, Beiträge zur ganzheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftslehre, Bd. 7, Berlin 1981 Wirtschaftswachstum- exponentiell oder organisch? in: Neues Denken und politische Praxis. ResUmeeprotokolle, Politische Akademie (ÖVP), Wien 1981 Mednarodna zadolczenost dezel v razvoju in prestrukturiranje mednarodnih vzorcev financiranja v sedemesetih letih. Poskus v smeri racjonalizacije, Ekonomska revija. Glasilo zveze ekonomistov slovenije, Ljubljana, lelo XXXII, st. 4/1981 External Indebtedness of Less Developed Countries and the Changing International Financing Patterns in the Nineteen-Seventies, in: Les institutions de Bretton Woods, le systeme monetlHre international et la Suisse. Colloque, Universite de Neuchatel, o. J. (1982) . Ein "Konservativer" am Werk. Walter Heinrich zum 80. Geburtstag, Die Presse, Wien, 9. Juli 1982
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J. Hanns Pichler
Walter Heinrich - achtzig Jahre. Dem Begründer dieser Zeitschrift zugeeignet, ZfG, 26. Jg. , III1982 "Integrierte" oder ganzheitliche ländliche Entwicklung als Strukturfrage einer entsprechungsgerechten Weltlandwirtschaft, in: Malinsky, A. H. (Hrsg.), Agrarpolitik, Landentwicklung und Umweltschutz. Festschrift Hans Bach zum 70. Geburtstag, Linzer Universitätsschriften, Festschriften, Bd. 2, Wien-New York 1982 Systems of Indexation and their Impact on Capital Markets. Comments, in: Bruck, N. (ed.), Capital Markets under Inflation, New York 1982 Die Fachgruppe Volkswirtschaft, Österreichische Hochschulzeitung, Wien, 34. Jg.(1982), Nr. 10 (Beilage "Wirtschaftsuniversität Wien") Eine "viergeteilte" Dritte Welt, Industrie, Wien, 82. Jg. (1982), Nr. 35/36 "Vorbemerkung" zu: Im Prisma des Geistes. Besprechungsaufsätze und ausgewählte Einzelrezensionen über sechs Jahrzehnte von Walter Heinrich. Eine Festgabe aus Anlaß seines 80. Geburtstages, Graz 1982 Statt eines Geleits, in: Im Prisma des Geistes. Besprechungsaufsätze und ausgewählte Einzelrezensionen über sechs Jahrzehnte von Walter Heinrich. Eine Festgabe aus Anlaß seines 80. Geburtstages, Graz 1982 Sistemas de indexaci6n y su impacto sobre los mercados de capitales. Comentarios, in: Bruck, N. (ed.), Mercados de Capitales bajo Inflaci6n, Bolsa de Comercio de Buenos Aires y el Banco Interamericano de Desarollo, New York 1982 "Vorbemerkung" zu: Das Anlageverhalten der Kreditinstitute am österreichischen Kapitalmarkt, Arbeitshefte der Wirtschaftsuniversität Wien, Reihe Volkswirtschaft, Nr. 33/1982 Nochmals: Ausgleich rur Sovereign Borrowers? FN, Nr. 9, 1983 Arbeit in verschiedenen Kulturen und Epochen, IfG-Mitteilungen, 2. Hj. 1983 Die "Volkswirtschaft" an der WU, Österreichische Hochschulzeitung, Wien, 35. Jg. (1983), Nr. 11 "Geist als Leidenschaft". Walter Heinrich zum Gedenken, Die Presse, Wien, I.Feb.1984 Anstatt eines Nachrufes. Zum Heimgang des Begründers dieser Zeitschrift - Walter Heinrich, ZfG, 28. Jg., 1/1984 Internationale Gewerbestruktur- und -konjunktur-Beobachtung, IfG-Mitteilungen, 1. Hj. 1984 Konturen einer "informierten" Bildungsgesellschaft, IfG-Mitteilungen, 2. Hj. 1984 Herausforderung und Selbstbehauptung klein- und mittelbetrieblicher Strukturen in einer industrialisierten Umwelt, in: Pleitner, H. J.lSertl, W. (Hrsg.), Führung kleiner und mittlerer Unternehmen. Strategische Ausrichtung auf sich wandelnde Erfolgsfaktoren. Festschrift für Klaus Laub zum 60. Geburtstag, Institut für Handwerkswirtschaft, München 1984 Ganzheitliches Verfahren und sein Anspruch in einzelwissenschaftlicher wie erkenntnistheoretisch überhöhender Sicht, in: Die ganzheitlich-verstehende Betrach-
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tung der sozialen Leistungsordnung. Ein Beitrag zur Ganzheitsforschung und -lehre. Festschrift Josef Kolbinger zum 60. Geburtstag, dargebracht von Freunden, Kollegen und Schülern, Linzer Universitätsschriften, Festschriften, Bd. 6, WienNew York 1985 Genossenschaften in der Dritten Welt. Leistungsträger im Spannungsfeld zwischen einzelwirtschaftlicher Entfaltung und staatlich-zentralistischer Bevormundung, in: Kemmetmüller, W. (Hrsg.), Genossenschaften. Die Kooperationsform rur den Mittelstand, Wien 1985 Protectionism and Growth. "Comment", in: Protectionism and Growth. EFTA Round Table, January 1985, EFTA, Geneva o. J. (1985) "Vorwort" zu: Habermayer, W., Internationale Rohstoffabkommen als Beispiel des Nord-Süd Dialoges, Europäische Hochschulschriften, Reihe Volks- und Betriebswirtschaft, Bd. 639, Frankfurt a. Main-Bern-New York 1985 "Vorbemerkung" zu: Walter Heinrich, Der Sonnenweg. Über die traditionelle Methode. Verklärung und Erlösung im Vedanta, bei Meister Eckhart und bei Schelling, Interlaken 1985 Walter Heinrich zum Gedenken, Wiener Jahrbuch rur Philosophie, Bd. XVII, Wien 1985 "Vorwort" zu: Eine Überprüfung der empirischen Anwendbarkeit von Tests rur Markteffizienz im Rahmen der Capital Asset Pricing-Theorie, Arbeitshefte der Wirtschaftsuniversität Wien, Reihe Volkswirtschaft, Nr. 40/1985 Der Bildungsgesellschaft droht ein Informatik-Schock. Ein Plädoyer für die neualte Universalität, Die Presse, Wien, 18./19. Jan. 1986 (Spectrum) Vorbemerkung und inhaltliche Schwerpunkte der Studie, zu: Strategien der Wechselkurspolitik, Volkswirtschaftliche Schriften, Heft 358, Berlin 1986 "Vorbemerkung" zu: Christian Leipert und Udo E. Simonis, forschung. Eine Nachlese, ZfG, 30. Jg., 1/1986
Sozialindikator-
Bildung und "Bildungsgesellschaft" im Blickfeld postindustrieller Entwicklungen einer künftigen Arbeitswelt, ZfG, 30. Jg., II11986 Internationale monetäre Übertragungs- und Anpassungsmechanismen, WISUStudienblatt. Beilage "Das Wirtschaftsstudium - WISU", Köln-Düsseldorf, 16. Jg., Nr. 7 (MA) Kurzfristige Maßnahmen zur Verbesserung der betrieblichen Abfertigungsvorsorge, in: Genser, B. (Hrsg.), Abfertigungsregelungen im Spannungsfeld der Wirtschaftspolitik. Eine interdisziplinäre Analyse, Schriftenreihe des Ludwig BoltzmannInstituts rur ökonomische Analysen wirtschaftspolitischer Aktivitäten, Bd. 1, Wien 1987 (MA) Walter Heinrich. Zum Gedenken seines 85. Geburtstages, ZfG, 31. Jg., III/1987 Der universell-ganzheitliche Anspruch an Bildung und Ausbildung vor dem Anblick einer postindustriellen Gesellschaft und Arbeitswelt, in: Der Weg zum Ganzen. Ein Essay zum 50. Geburtstag von Dr. Wilfried StolI, FESTO, Esslingen 1987
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1. Hanns Pichler
Zum Geleit, in: Österreich und die Weltbank in den 80er Jahren, Schriftenreihe der Bundeswirtschaftskammer, Heft 57, Wien 1987 Themenschwerpunkte und Kommentare aus der Diskussion, in: Österreich und die Weltbank in den 80er Jahren, Schriftenreihe der Bundeswirtschaftskammer, Heft 57, Wien 1987 Financing Innovations in Austrian SMEs, in: Ratz, K. (ed.), Workshop on the Financing of Entrepreneurial Ventures and Innovation in SMEs. Six Countries Programme, Vienna 0.1. (1987) Österreich und die Weltbank in den achtziger Jahren, in: Absenger, A. G. (Hrsg.), Internationaler Währungsfonds und Weltbank. Zeitgeschichte - Politische Bildung X, Schriftenreihe zur Lehrerbildung im berufsbildenden Schulwesen, Heft 109 (1988) "Vorwort des Herausgebers" zu: Fröhlich, E./Pichler, J. H., Werte und Typen mittelständischer Unternehmer, Beiträge zur ganzheitlichen Wirtschafts- und GeselIschaftslehre, Bd. 8, Berlin 1988 Small Business Structures and Development, in: Alessi, L. de (ed.), Journal. People to People Economics Delegation to the People's Republic of China, May 1987, 0.0., o. J. (Spokane 1988) Wer war's? Gewinn, 7. Jg., Wien, 2/88 Kleine offene Volkswirtschaften und weltwirtschaftliche Verflechtung, Österreichische Hochschulzeitung, Wien, 40. Jg. (1988), Nr. 10 Outside of IS-LM, AlESEC news. Zeitschrift der internationalen Vereinigung der Studenten der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Wien, 4/88 Gewerbe und Entwicklung, IfG-Mitteilungen, I. u. 2. Hj. 1988 Werthaltungen: eine Unternehmertypologie, in: Strategische Ausrichtung kleiner und mittlerer Unternehmen, Internationales Gewerbearchiv, Sonderheft 2, BerlinMünchen-St.Gallen 1988 "Vorwort" zu: Eine empirische Überprüfung der Anwendbarkeit des "Market Model" und des "Capital Asset Princing Model" für den österreichischen Aktienmarkt, Arbeitshefte der Wirtschaftsuniversität Wien, Reihe Volkswirtschaft, Nr. 47/1988 Werte und Werthaltungen mittelständischer Unternehmer als Ausdruck sektorspezifischer "Unternehmenskultur", in: Unternehmer und Unternehmen. Festschrift für Alois Brusatti, Veröffentlichungen der Österreichischen Gesellschaft für Unternehmensgeschichte, Heft 13/14, Wien 1989 Werte, "Typen" und sektorspezifische Verhaltensmuster klein- und mittelbetrieblicher Unternehmer, in: Forschung für die Wirtschaft. WU Jahrestagung 1989, Wirtschaftsuniversität Wien, O.J. (1989) Ansätze zu einer inernationalen Sturkturberichterstattung über das Gewerbe und die Klein- und Mittelbetriebe in Europa, in: Neue Problemperspektiven und neue Erfolgsaussichten für kleine und mittlere Unternehmen. Festgabe für Professor Dr. Alfred Gutersohn zum 85. Geburtstag, Internationales Gewerbearchiv, Sonderheft 3, Berlin-München-St.Gallen 1989
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Alois Brusatti - 70 Jahre, ZfG, 33. Jg., 11/1989 "Wer war's?" Gewinn, 8. Jg., Wien, 4/89 Bildung und Bildungsauftrag in einer "informierten" Gesellschaft von morgen, in: Hrubi, F. R. (Hrsg.), Universität-Bildung-Humanität. Festschrift rur Alois Eder zum 70. Geburtstag, Wien 1989 Inhaltliche Schwerpunkte und zusammenfassende Ergebnisse, zu: Finanzmarktanalysen, internationaler Handel und Politikkoordination, Volkswirtschaftliche Schriften, Heft 394, Berlin 1990 Values: a typology of entrepreneurs, in: The STRATOS Group, Strategic Orientations of Small European Businesses, Aldershot etc. 1990 (MA) Internationalisierungsbeobachtung in Klein- und Mittelbetrieben ("INTERSTRATOS"). Österreichische Pilotstudie über MöbelhersteUer, in: Internationalisierung, Professionalisierung. WU Jahrestagung 1991, Wirtschaftsuniversität Wien, o. 1. (1991) "Preface" zu: Partnerships for the Renaissance of Small Business in Central and Eastern Europe, Proceedings, 36th ICSB World Conference, Vienna 1991 Floor Discussion, in: The Transition from Adjustment to Growth, Proceedings of the World Bank Annual Conference on Development Economics 1990, Supplement to the World Bank Economic Review and The World Bank Research Ob server, The World Bank, o. O. (Washington, D.C.) 1991 (passim) The "Dutch Desease" Phenomenon and its Theoretical Treatment in the Context of Development. An Application to Structural Adjustment Patterns, in: Dahiya, S. B. (ed.), Theoretical Foundations of Development Planning, 5 Vols., New Dehli 1991; esp. Volume Four: Sectoral and Regional Planning, Part B, Chpt. 24 (MA) Entwicklungsförderung unter besonderer Berücksichtigung der multilateralen Finanzinstitutionen. Schlaglichter und Dimensionen aktueller entwicklungsstrategischer Reorientierung, in: ÖFSE 25 Jahre. Jahresbericht 1991, ÖFSE, Wien o. J. (1992) "Universitätsreform" unter verfehlten Prämissen, in: freie Argumente. Freiheitliche Zeitschrift rur Politik, Wien, 19. Jg. (1992), Folge 1 Zusammenfassung und Abschluß des Symposiums. Symposium Gewerbe und Handwerk 2000, IfG-Mitteilungen, l. Hj. 1992 Der "post-materialistische" Europäer. Symposium Gewerbe und Handwerk 2000, IfG-Mitteilungen, l. Hj. 1992 EG-Reife am Prüfstand. Ökonomische Aspekte eines österreich ischen EG-Beitritts, in: L. Höbelt et al. (Hrsg.), Freiheit und Verantwortung. Jahrbuch rur politische Erneuerung 1993, Freiheitliches Bildungswerk, Wien 1992 Jenseits von Gut und Böse, CASHFLOW, Wien, Nr. 8 (1992) Internationalisierung von Klein- und Mittelbetrieben ("INTERSTRATOS"), Länderstudie Österreich. Ausgewählte Ergebnisse, Basis 1990/91, in: Pleitner, H.. J. (Hrsg.), Die veränderte Welt - Einwirkungen auf die Klein- und Mittelunter-
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nehmen. Beiträge zu den Recontres de St-Gall, Schweizerisches Institut fllr gewerbliche Wirtschaft, St. Gallen 1992 Sustainable Economy, in: Pleitner, H. J. (Hrsg.), Die veränderte Welt - Einwirkungen auf die Klein- und Mittelunternehmen. Beiträge zu den Recontres de St-Gall, Schweizerisches Institut für gewerbliche Wirtschaft, St. Gallen 1992 Betrachtungen zum Vaterunser. Im Gedenken des 90. Geburtstages von Walter Heinrich, ZfG, 36. Jg., IVI1992 Internationalisierung von KMU. (lNTERSTRATOS - Ergebnisse 1990/91 für Österreich), IfG-Mitteilungen, 2. Hj. 1992 (MA) "Sustainable Economy". Einige grundsätzlichere Aspekte und Diskussionsthesen, IfG-Mitteilungen, 2. Hj. 1992 Inhaltliche Schwerpunkte und zusammenfassende Ergebnisse, zu: PichIer, J. H. (Hrsg.), Ökonomische Konsequenzen eines EG-Beitritts Österreichs, Schriften zu .internationalen Wirtschaftsfragen, Bd. 15, Ber/in 1993 Ganzheitliches Verfahren in seinem universalistisch überhöhenden Anspruch, in: Klein, H.-D./Reikersdorfer, J. (Hrsg.), Philosophia perennis. Erich Heintel zum 80. Geburtstag, Teil I, Frankfurt a. Main-Berlin-Bern-New York-Wien 1993 Internationalisierung von Klein- und Mittelbetrieben im Lichte des Europäischen Binnenmarktes. Ausgewählte Problemfelder und "Branchenbilder" für Österreich, in: Höbelt, L. et al. (Hrsg.), Freiheit und Verantwortung. Jahrbuch fllr politische Erneuerung 1994, Freiheitliches Bildungswerk, Wien 1993 Entschuldung und Befreiung - Aspekte aus ökonomischer Sicht, in: Holley, H./Zapotoczky, K. (Hrsg.), Die Entdeckung der Eroberung. Reflexionen zum Bedenkjahr 500 Jahre Lateinamerika, LISEZ. Linzer Schriftenreihe fllr Entwicklungszusammenarbeit, Bd. I, Linz 1993 Gewerbliche bzw. klein- und mittelbetriebliehe Strukturen im Lichte gesellschaftlicher Wohlfahrt und Entwicklung, IfG-Mitteilungen, 1./2. Hj. 1993 Gesellschaft und Staat unter dem Vorrang des "Politischen". (Der "wahre Staat" bei O. Spann), IfG-Mitteilungen, 1./2. Hj. 1993 Das ethische Moment im Lichte ökonomischer Doktrin. Einige grundlegendere Diskussionsthesen, in: Eschenbach, R. (Hrsg.), Forschung für die Wirtschaft. Im Mittelpunkt - der Mensch, Jahrestagung 1993 der Wirtschaftsuniversität, Wien 1993 "Ökonomie, Ethik und Menschenbild" (Diskussionsbeitrag), in: Prat, E. H. (Hrsg.), Ökonomie, Ethik und Menschenbild, Veröffentlichungen der Katholischen Hochschulgemeinde, Wien 1993 Toward a "Technology Scenario" 2000 and Beyond. A systems-related approach geared to small business development, in: Pleitner, H. J. (ed.), Small and Mediumsized Enterprises on their way into the next century. 20th International Small Business Congress 1993, Swiss Research Institute of Small Business and Entrepreneurship, St. Gallen 1993
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Een specifiek KMO-beleid, macroeconomisch verantwoord? in: EKO-Berichten. Informatieblad van Ekonomika-Alumni, K. U. Leuven, 52. Jg., Mai 1993 Venen vreest voor zijn schone Alpen, Het Laatste Nieuws, Brussel, 15. Feb. 1994 Oostenrijk wil onderste nit Europese kan. Professor Pichier: "Toetreding tot EU is goede zaak voor ons", De Morgen, Brussel, 26. Feb. 1994 L'Autriche, bon eleve de I'UEM, L'Echo de la Bourse, Bruxelles, 5 Mars 1994 EWR ist Fegefeuer ftlr die Europäische Union, in: Der Kontakt, Brüssel, Nr. 3, März 1994 Technologie und Technologietransfer im Lichte klein- und mittelbetrieblicher Entwicklung. Bausteine eines "Technologie-Szenarios höherer Ordnung", Internationales Gewerbearehiv, l. Heft, 42. Jg., Berlin-München-St.Gallen 1994 Zur geistigen Dimension in der Frage europäischer Einigung. Aus Anlaß des 10. Todesjahres des Begründers dieser Zeitschrift, ZfG, 38. Jg., 1/1994 Issues and Comments, in: Satia, J. et al. (eds.), Managing a New Generation of Programmes. Challenges of the Nineties, Report from ICOMP's 13th International Seminar, Nanjing, May 1993, Management Contributions to Population Programmes Series, Vol. XII, ICOMP, Kuala Lumpur 1994 (passim) NAFTA Chancen. Clintons Antwort auf den Binnenmarkt, Internationale Wirtschaft, Nr. 20, Wien, 19. Mai 1994 ("iw-Übersee") Toward a "Technology Scenario" 2000 and Beyond. A systems-related approach geared to small business development, in: Pleitner, H. J. (ed.), Small and Mediumsized Enterprises on their way into the next century. 20th International Sm all Business Congress 1993 ,2nd ed., Swiss Research Institute of Small Business and Entrepreneurship, St. Gallen 1994 Strukturorientierte Entwicklung und die Rolle des klein- und mittelbetrieblichen Sektors. Ein "state of the art" Befund, in: Pleitner, H. J. (Hrsg.), Strukturen und Strategien in Klein- und Mittelunternehmen als Wegbereiter des Aufschwungs. Beiträge zu den Recontres de St-Gall, Schweizerisches Institut ftlr gewerbliche Wirtschaft, St. Gallen 1994 Avstrija in EU. Izbrani makro vidiki in ekonomski uciniki, in: XXI. Mednarodno znanstveno posvetovanje 0 podjetniskem planiranju, Nase Gospodarstvo. Revija za aktualna gospodarska vprasanja, st. 5, letnik 40, Maribor 1994 Österreich und die EU. Ausgewählte Makro-Aspekte und ökonomische Auswirkungen, in: Belak, J. et al. (Hrsg.), Unternehmen und Unternehmertum im Übergangsprozeß mit Fallbeispielen aus Slowenien, XXI. Internationales wissenschaftliches Symposium über Unternehmensplanung, Portoroz, Journal für Betriebswirtschaft, Schriftenreihe 9, Wien 1994 Blaginski ucinek in pomislaki, Gospodarski Vestnik. Siovenski poslovni tednik, Stevilka 43, 27. Okt. 1994 ("Aktualno") Zur Rolle der Klein- und Mittelbetriebe im Entwicklungsprozeß. Über "gewerbliche" Strategien weltweit, IfG-Mitteilungen, 2. Hj. 1994
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Jüngste Veränderungen im Hinblick auf den europäischen Markt. INTERSTRATOS 1994: Werte - Unternehmertypen - Anpassungsstrategien, IfG-Mitteilungen, 2. Hj. 1994 (MA) UNIDO-Handbuch für Gewerbe und Kleinindustrie, IfG-Mitteilungen, 2. Hj. 1994 "Vorwort" zu: Geiserich E. Tichy, Unternehmensbewertung in Theorie und Praxis, Wien 1994 SMEs in the Context of Structural Development. Agiobai perspective, in: Nase Gospodarstvo. Revija za aktual gospodarska vprasanja, st. 6, letnik 40, Maribor 1994 Schemen und Chimären von "Freiheit" im Lichte weltweiter Entwicklung, in: Höbelt, L. et al. (Hrsg.), Freiheit und Verantwortung. Jahrbuch für politische Erneuerung 1995, Freiheitliches Bildungswerk, Wien 1994 Sozio-ökonomische Entwicklung unter humanitären Kriterien als Friedenspostulat.
.Arm und Reich im Lichte von "Recht auf Entwicklung", in: Beck, H.lSchmirber, G.
(Hrsg.), Kreativer Friede durch Begegnung der Weltkulturen, Schriften zur Triadik und Ontodynamik, Bd. 9, Frankfurt a. Main etc. 1995 Strukturorientierte Entwicklung und die Rolle des klein- und mittelbetrieblichen Sektors, Internationales Gewerbearchiv, 2. Heft, 43. Jg., Berlin-München-St.Gallen 1995 Consequences of a Larger Europe for SMEs. In Quest of SME-specific Policy Formulation, in: Drillien, P. (ed.), Annuaire EuropeenlEuropean Yearbook, Vol. XLI, Dordrecht-Boston-London 1995 Internationalization of SMEs. Entrepreneurial Attitudes, Profiles and Strategic Orientations, in: The Role of SMEs in Changing Environment. Abstracts, The 22nd International Small Business Congress, Tel Aviv 1995
Internationalisierung als Erfolgspotential. Österreichische Klein- und Mittelbetriebe im Anblick des EU-Binnenmarktes, in: Stiegler, H. et al. (Hrsg.), Erfolgspotentiale für Klein- und Mittelbetriebe. Festschrift für Walter Sertl zum 65. Geburtstag, Linz 1995 Entwicklungspolitik als europäische Aufgabe, litterae. Zeitschrift der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste, Vol. 5/Issue 2, Salzburg 1995 Economic Aspects of Human Development, in: Evolutio Humana Europaea, Annals ofthe European Academy of Sciences and Arts, Vol. 10, Salzburg 1995 Wirtschaftswissenschaft als Leistungslehre in ganzheitlicher Fundierung, in: Schadei, E. (Hrsg.), Ganzheitliches Denken. Festschrift für Arnulf Rieber zum 60. Geburtstag, Schriften zur Triadik und Ontodynamik, Bd. 10, Frankfurt a. Main 1996 Möglichkeiten und Grenzen der Forschungsfinanzierung. Programme und Instrumente im Blick auf Österreich und die EU, in: Zapotoczky, K.lStrunz, H. (Hrsg.), Forschungsmanagement, Wien 1996 (MA)
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European Small Businesses Responding to the Larger Market. Entrepreneurial "profiles" in the context of business life-cycJes, in: Mugler, J./Nitsche, M. (Hrsg.), Versicherung, Risiko und Internationalisierung. Herausforderungen für Unternehmensführung und Politik. Festschrift für Heinrich Stremitzer zum 60. Geburtstag, Wien 1996 On the Role of SMEs in the Context of Structural Development, WASME News Letter, Vol. 2, No. 4, New Delhi, April 1996 A UNIDO - "Manual". Small Business Investment in Developing Countries, WASME News Letter, Vol. 2, No. 4, New Dehli, April 1996 Manual for Small Industrial Businesses. Project Design and Appraisal. Abstract, in: IX ICSME, Book of Abstracts, New Delhi 1996 The Role of SMEs in the Context of Structural Development. Abstract, in: IX ICSME, Book of Abstracts, New Dehli 1996 KMU Internationalisierung, Unternehmerverhalten und betriebliche Lebenszyklen, in: Mugler, J./Belak, 1./Kajzer, S. (Hrsg.), Theorie und Praxis der Unternehmensentwicklung mit Besonderheiten der Klein- und Mittelbetriebe, Symposium MER 96, Maribor 1996 KMU als dynamischer Faktor im Entwicklungsprozeß, in: Mugler, J./Belak, J./Kajzer, S. (Hrsg.), Theorie und Praxis der Unternehmensentwicklung mit Besonderheiten der Klein- und Mittelbetriebe, Symposium MER 96, Maribor 1996 Methodological Questions in Longitudinal Studies of SME Internationalization. Strategic Responses Relating to SME Internationalization, in: Proceedings, Vol. I, The 41st ICSB World Conference, Stockholm 1996 SMEs at the Frontiers of Development - Assessing Success Factors for Policy Formulation. The UNIDO Manual as a Guide. An Overview, in: Proceedings, Vol. 11, The 41st ICSB World Conference, Stockholm 1996 Gewerbe und Handwerk in Niederösterreich gestern - heute - morgen, in: 19461996. 50 Jahre Wirtschaftskammer Niederösterreich. Rückblick & Ausblick, Wien 0.1. (1996, MA) Socio-economic development under humanitarian criteria as a postulate for peace. Poor and rich in the light of a "right to development", in: Beck, H./Schmirber, G. (eds.), Creative Peace Through Encounter of World Cultures, Sri Garib Das Oriental Series No. 200, Delhi-India 1996 Desarollo socio-economico bajo criterios humanitarios corno postulado para la paz. Pobre y rico a la luz deI "derecho al desarollo", in: Beck, H. y Schmirber, G. (eds.), paz creativa a partir deI Encuentro de Culturas deI Mundo, Rectorado Universidad deI Zulia, Maracaibo 1996 Europäische Integration als Gratwanderung zwischen Zentralisation und Dezentralisation. Eine systemisch ganzheitliche Betrachtung; in: Mosser, A. (Hrsg.), Konzentration und Ausgliederung im Unternehmensbereich, Veröffentlichungen der Österreichischen Gesellschaft für Unternehmensgeschichte, Bd. 18, Wien 1996
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J. Hanns Pichler
Iß. Besprechungsaufsätze, Einzelrezensionen, Kommentare COMECON - sehr behutsam registriert, Osthefte, 3. Jg. (1961), 6. Heft Kommentar zu "Österreichisches Wirtschaftspanorama" des ungarischen Autors Nemes Pal, in: Festschrift des Bundesrealgymnasiums Steyr zur lOO-Jahr-Feier des Bestehens. 80. Jahresbericht 1962/63, Steyr 1963 Wachstum der Sowjetwirtschaft unter kritischer Lupe, Osthefte, 6. Jg. (1964), 6. Heft Anton Tautscher: Vom Arbeiter zum Mitarbeiter. Quantitative und qualitative Sozialpolitik, Berlin 1961, Betriebswirt, 14. Jg. (1964), l. Heft Günther Bäthge: Die logische Struktur der Wirtschaftsstufen. Wirklichkeit und Begriffsbild in den Stufentheorien, Meisenheim/Glan 1962, Betriebswirt, 14. Jg. (1964),4. Heft Helmut Haschka: Die englische Wirtschaftssprache. Auszüge aus "The Economist" (London) mit Kommentar und deutscher Übersetzung, Wien-Stuttgart 1964, ZfN, Bd. XXV (1965), Heft 1-2 Wirtschaftswissenschaftliche Spätlese, ZfG, 9. Jg. 1/1965 Sowjetideologie, Osthefte, 7. Jg. (1965), 5. Heft Bilanz der Entwicklungshilfe des Ostblocks. Im vergangenen Jahr wurde kürzer getreten, Volkswirt, 52. Jg. (1966), Nr. 29/30 H. BackIH. Cirullies/G. Marquard: polec. Dictionary of Politics and Economics, Berlin 1964, ZfN, Bd. XXVI (1966), Heft 1-3 Robert L. Heilbroner: The Limits of American Capitalism, New York 1966, ZfG, Il. Jg., IV/l967 Anton Schöpf: Das Prognoseproblem in der Nationalökonomie. Versuch einer Gesamtbetrachtung, Beiträge zur ganzheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftslehre, Bd. 2, Berlin 1966, Betriebswirt, 18. Jg. (1968), 4. Heft Walter Heinrich: Wirtschaftspolitik, Vois. I, 11/1, 2, Second Edition, Berlin 1964, 1966,1967, Journal ofEconomic Literature, Vol. IX (1971), No. I Charles A. Reich: The Greening of America, Toronto-New York-London 1971, Schrifttumsspiegel, 2. Jg. (1972), Heft II Henry A. Kissinger: American Foreign Policy. Three Essays, New York 1969, Schrifttumsspiegel, 2. Jg. (1972), Heft IV Robert S. McNamara: One Hundred Countries, Two Billion People. The Dimensions of Development, New York-Washington-London 1973, Schrifttumsspiegel, 4. Jg. (1974), Heft I Assar Lindbeck: Die Politische Ökonomie der Neuen Linken. Betrachtungen eines Außenseiters, New York-Evanston-San Francisco-London 1971, Schrifttumsspiegel, 4. Jg. (1974), Heft I Weltmodelle. Eine Betrachtung zu deren Ansätzen und Grenzen, Schrifttumsspiegel, 4. Jg. (1974), Heft I
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Richard LöwenthaI: Der romantische Rückfall. Wege und Irrwege einer rückwärts gewendeten Revolution, 2. Aufl., Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1970, Schrifttumsspiegel, 4. Jg. (1974), Heft 11 Judith Hart: Aid and Liberation. A Socialist Study of Aid Policies, London 1973, Schrifttumsspiegel, 4. Jg. (1974), Heft 11 Wolfram Engels: Soziale Marktwirtschaft. Verschmähte Zukunft? Streitschrift wider falsche Propheten mit Bart und Computer, Stuttgart 1972, Schrifttumsspiegel, 4. Jg. (1974), Heft 11 World Bank: Environmental, Health, and Human Ecologic Considerations in Economic Development Projects, Washington, D.C. 1973, zro, 18. Jg., IV/1974 Gerd-Klaus Kaltenbrunner (Hrsg.): Plädoyer für die Vernunft. Signale einer Tendenzwende, Initiative I, München 1974, Schrifttumsspiegel, 4. Jg. (1974), Heft III M. Mesarovic/E. Pestel: Menschheit am Wendepunkt. 2. Bericht an den Club of Rome zur Weltlage, Stuttgart 1974, Schrifttumsspiegel, 4. Jg. (1974), Heft III Erwin K. Scheuch: Kulturintelligenz als Machtfaktor? Intellektuelle zwischen Geist und Politik, Zürich 1974 Schrifttumsspiegel, 4. Jg. (1974), Heft IV Gerd-Klaus Kaltenbrunner (Hrsg.): Radikale Touristen. Pilger aus dem Westen Verbannte aus dem Osten, Initiative 4, München 1975, Schrifttumsspiegel, 4. Jg. (1974), Heft IV Wofgang Leonhard: Am Vorabend einer neuen Revolution. Die Zukunft des Sowjetkommunismus, München-Gütersloh-Wien 1975, Schrifttumsspiegel, 5. Jg. (1975), Heft I-IV Hans Schaffner: Die Multinationalen. Ausbeuter oder Triebkraft der Weltwirtschaft? Schrifttumsspiegel, 5. Jg. (1975), Heft I-IV Michael Landmann: Entfremdende Vernunft, Edition Alpha, Stuttgart 1975, Schrifttumsspiegel, 6. Jg. (1976), Heft III Michael Landmann: Anklage gegen die Vernunft, Edition Alpha, Stuttgart 1976, Schrifttumsspiegel, 6. Jg. (1976), Heft IV Zeitschrift für Philosophische Forschung - Redaktionswechsel, zro, 20. Jg., IVI1976 G. J. Tichy: Konjunkturschwankungen. Theorie, Messung, Prognose, BerlinHeidelberg-New York 1976, ZfN, Bd. XXXVI (1976), Heft III-IV Hermann Lübbe: Unsere stille Kulturrevolution, Zürich 1976, Schrifttumsspiegel, 7. Jg. (1977), Heft I Wolfgang Leonhard: Was ist Kommunismus? Wandlungen einer Ideologie, München-Gütersloh-Wien 1976, Schrifttumsspiegel, 7. Jg. (1977), Heft 11 Paul Lendvai: Die Grenzen des Wandels. Spielarten des Kommunismus im Donauraum, Wien 1977, Schrifttumsspiegel, 7. Jg. (1977), Heft IV
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H. Christof Günzl: Zwölf Essays zur politischen Philosophie des Salzburger Programms der Österreichischen Volkspartei, Linz 1978, Schrifttumsspiegel, 8. Jg. (1978), Heft I und ZfG, 22. Jg., III/1978 Gerd-Klaus Kaltenbrunner (Hrsg.): Der innere Zensor. Neue und alte Tabus in unserer Gesellschaft, Initiative 22, München 1978, Schrifttumsspiegel, 8. Jg. (1978), Heft I Karl Winnacker: Schicksalsfrage Kernenergie, Düsseldorf-Wien 1978, Schrifttumsspiegel, 8. Jg. (1978), Heft 11 Ingeborg Wendt: Japanische Dynamik und indische Stagnation? Eine Antwort auf theoretische Entwicklungsmodelle, Darmstadt 1978, ZfG, 22. Jg., III/1978 und Schrifttumsspiegel, 8. Jg. (1978), Heft III H. C. Binswanger/W. GeissbergerlTh. Ginsburg (Hrsg.): Der NA WU-Report. Wege aus der Wohlstandsfalle, Strategien gegen Arbeitslosigkeit und Umweltkrise, Frankfurt a. Main 1978, Schrifttumsspiegel, 8. Jg. (1978), Heft III Otto Schulmeister: Die erschöpfte Revolution. Von der politischen Utopie zum Leerlauf der Zeit, Schrifttumsspiegel, 8. Jg. (1978), Heft IV Eugen Wendler: Friedrich List. Leben und Wirken in Dokumenten, Reutlingen 1976, ZfG, 23. Jg., 1/1979 und Schrifttumsspiegel, 9. Jg. (1979), Heft I Theodor Dams: Weltwirtschaft im Umbruch. Konfrontation oder Kooperation mit der Dritten Welt? Freiburg-Würzburg 1978, Internationale Entwicklung, 1979/11 und Schrifttumsspiegel, 9. Jg. (1979), Heft I F. Haffner: Systemkonträre Beziehungen in der sowjetischen Planwirtschaft. Ein Beitrag zur Theorie der mixed economy, Berlin 1978, ZfN, Bd. XXXIX (1979), Heft 1-11 Wissenschafts-Handbuch zum 30-Jahr-Jubiläum des "Notrings", ZfG, 24. Jg., 111980 Alois Brusatti: Wirtschafts- und Sozialgeschichte des industriellen Zeitalters, Graz-Wien-Köln 1979, Schrifttumsspiegel, 10. Jg. (1980), Heft I, und ZfG, 24. Jg., 1111980 Anton Burghardt: Einführung in die allgemeine Soziologie, München 1979, Schrifttumsspiegel, 10. Jg. (1980), Heft I und ZfG, 24.Jg., 11/1980 Urs Heierli: Abkoppelung, Freihandel oder Entwicklung nach innen? Probleme der Binnenmarktentwicklung am Beispiel Kolumbiens, Diessenhofen 1979, Internationale Entwicklung, 1980/1 und ZfG, 24. Jg., IV/1980 Ludwig-Erhard-Stiftung: Symposion IV. Wilhelm Röpke, Beiträge zu seinem Leben und Werk. Mit Beiträgen von G. Curzon, J. Eick, O. Gigon, F. Neumark, E. Tuchtfeldt, Stuttgart-New York 1980, Gesellschaft und Politik. Schriftenreihe des Institutes für Sozialpolitik und Sozialreform, Wien, 16. Jg., Heft 3/1980 und Schrifttumsspiegel, 10. Jg. (1980), Heft III sowie ZfG, 27. Jg., III/1983 Rainer Tetzlaff: Die Weltbank. Machtinstrument der USA oder Hilfe für die Entwicklungsländer? Zur Geschichte und Struktur der modernen Weltgesellschaft, München-London 1980, Schrifttumsspiegel, 10. Jg. (1980) Heft III und Internationale Entwicklung, 1980/IV
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Anton Burghardt: Eigentumssoziologie. Versuch einer Systematisierung, Berlin 1980, Schrifttumsspiegel, 10. Jg. (1980), Heft IV und ZfG, 25. Jg., 1/1981 Gerd-Klaus Kaltenbrunner (Hrsg.): Absurdes Welttheater. Das Ärgernis UNO, Initiative 41, München 1981, Schrifttumsspiegel, 11. Jg. (1981), Heft I Gerd-Klaus Kaltenbrunner: Europa. Seine geistigen Quellen in Porträts aus zwei Jahrtausenden, Bd. I, Heroldsberg o. 1. (1981), Schrifttumsspiegel, 11. Jg. (1981), Heft 11 und ZfG, 25. Jg., 11/1981 Hans-Rimbert Hemmer: Wirtschaftsprobleme der Entwicklungsländer. Eine Einführung, München 1978, ZfN, Bd.XXXXI (1981), Heft III-IV und Internationale Entwicklung, 1979/III sowie Schrifttumsspiegel, 9. Jg. (1979), Heft III E. Roland Müller: Revitalizing America. Politics for Prosperity, New York 1980, Schrifttumsspiegel, 11. Jg. (1981), Heft 11 und ZfG, 26. Jg., IV/l982 Kurt Dopfer: The New Political Economy of Development. Integrated Theory and Asian Experience, London and Basingstoke 1979, ZfG, 25. Jg., IV/l981 Jack Baranson: North-South Technology Transfer. Financing and Institution Building, Mt. Airy 1981, Schrifttumsspiegel, 11. Jg. (1981), Heft IV Jack Baranson: The Japanese Challenge to U. S. Industry, Lexington Books, Lexington-Toronto 1981, Schrifttumsspiegel, 12. Jg. (1982), Heft I Alfred Klose und Gerhard Merk (Hrsg.): Bleibendes und Veränderliches in der Katholischen Soziallehre. Anton Burghardt zum Gedenken, Berlin 1982, Schrifttumsspiegel, 12. Jg. (1982), Heft 11 und ZfG, 27. Jg., III/l983 Helmut Slaby: Bindenschild und Sonnenlöwe. Die Geschichte der österreichischiranischen Beziehungen bis zur Gegenwart, Graz 1982, Schrifttumsspiegel, 12. Jg. (1982), Heft 11 und ZfG, 27. Jg., 1/1983 Gerd-Klaus Kaltenbrunner (Hrsg.): Was gehört mir? Vom Nutzen und Nachteil des Eigentums, Initiative 51, München 1982, Schrifttumsspiegel, 12. Jg. (1982), Heft III Schweizerisches Institut für Außenwirtschafts-, Struktur- und Marktforschung (Hrsg.): Längerfristige Aspekte der internationalen Verschuldung von Entwicklungsländern, Zürich 1981 (= Außenwirtschaft, 36. Jg., Heft IV), Schrifttumsspiegel, 12. Jg. (1982), Heft III und ZWS, 103. Jg. (1983), Heft 2 Udo Ernst Simonis (Hrsg.): Ordnungspolitische Fragen zum Nord-Süd-Konflikt, Schriften des Vereins für Socialpolitik, Neue Folge, Bd. 129, Berlin 1983, Schrifttumsspiegel, 13. Jg. (1983), Heft I und ZWS, 104. Jg. (1984), Heft 2 Gerd-Klaus Kaltenbrunner: Europa. Seine geistigen Quellen in Porträts aus zwei Jahrtausenden, Bd. 11, Heroldsberg o. J. (1983), Schrifttumsspiegel, 13. Jg. (1983), Heft 11 und ZfG, 27. Jg., IV/l983 Gerd-Klaus Kaltenbrunner (Hrsg.): Schluß der Debatte. Die Schwierigkeit, sich zu entscheiden, Initiative 54, München 1983, Schrifttumsspiegel, 13. Jg. (1983), Heft 11
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J. Hanns Pichler
Michael Beenstock: The World Economy in Transition, London-Boston-Sydney 1983, ZfN, Bd. XXXXIII (1983), Heft III und Schrifttumsspiegel, 13. Jg. (1983), Heft 11 Udo Ernst Simonis (Hrsg.): Entwicklungsländer in der Finanzkrise. Probleme und Perspektiven, Schriften des Vereins rür Socialpolitik, Neue Folge, Bd. 136, Berlin 1983, Schrifttumsspiegel, 14. Jg. (1984), Heft I und ZWS, 105. Jg. (1985), Heft 4 Ernst Löschner: Souveräne Risken und internationale Verschuldung, Schriftenreihe Recht-Wirtschaft-Außenhandel, Bd. 6, Wien 1983, Schrifttumsspiegel, 14. Jg. (1984), Heft 11 Daisy Ritterhaus: Der Gott Federschlange und sein Reich. Zur Symbolsprache Altmexikos, Freiburg i. Br. 1982, Zeitschrift für Lateinamerika, Wien 1984/Nr. 27 und ZfG, 28. Jg., 111/1984 Udo Ernst Simonis (Hrsg.): Mehr Technik - Weniger Arbeit? Plädoyers für sozialund umweltverträgliche Technologien, Alternative Konzepte 48, Schriftenreihe der G. M. Pfaff Gedächtnisstiftung, Karlsruhe 1984, Schrifttumsspiegel, 14. Jg. (1984), Heft III Peter Kampits: Zwischen Schein und Wirklichkeit. Eine kleine Geschichte der österreichischen Philosophie, Wien 1984, Schrifttumsspiegel, 14. Jg. (1984), Heft IV Udo Ernst Simonis (Hrsg.): Externe Verschuldung - Interne Anpassung. Entwicklungsländer in der Finanzkrise, Schriften des Vereins für Socialpolitik, Neue Folge, Bd. 144, Berlin 1984, Schrifttumsspiegel, 14. Jg. (1984), Heft IV Ernest Zahn: Das unbekannte Holland. Regenten, Rebellen und Reformatoren, Berlin 1984, Schrifttumsspiegel, 15. Jg. (1985), Heft I Silvio Borner/Felix Wehrle: Die Sechste Schweiz. Überleben auf dem Weltmarkt, Zürich-Schwäbisch Hall 1984, Schrifttumsspiegel, 15. Jg. (1985), Heft I Fritz Breuss: Österreichs Außenwirtschaft 1945-1982, Wien 1983, Schrifttumsspiegel, 15. Jg. (1985), Heft I Ernst, Löschner: Souveräne Risken und internationale Verschuldung, Schriftenreihe Recht - Wirtschaft - Außenhandel, Bd. 6, Wien 1983, Gesellschaft und Politik. Schriftenreihe des Institutes für Sozialpolitik und Sozialreform, Wien, 21. Jg., Heft 11/85 und ZWS, 105. Jg. (1985), Heft 6 Udo Ernst Simonis (Hrsg.): Externe Verschuldung - Interne Anpassung. Entwicklungsländer in der Finanzkrise, Schriften des Vereins für Socialpolitik, Neue Folge, Bd. 144, Berlin 1984, KYKLOS, Vol. 38 (1985), Fasc. 3 Gerd-Klaus Kaltenbrunner: Europa. Seine geistigen Quellen in Porträts aus zwei Jahrtausenden, Band III, Heroldsberg 1985, Schrifttumsspiegel, 15. Jg. (1985), Heft III Peter Kampits: Zwischen Schein und Wirklichkeit. Eine kleine Geschichte der österreichischen Philosophie, Wien 1984, ZfG, 29. Jg., IV/1985 Jack Baranson: The Japanese Challenge to U. S. Industry, Lexington Books, Lexington-Toronto 1981, ZfG, 30. Jg., 1/1986
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"Wer aussteigt bricht sich das Genick". Eduard Reuter: Vom Geist der Wirtschaft. Europa zwischen Technokraten und Mythokraten, Stuttgart 1986, Die Presse, Wien, 31. Mai/I. Juni 1986 (Spectrum) und Schrifttumsspiegel, 16. Jg. (1986), Heft 11 Hugh D. Purcel1: Private Investment. Microeconomics at the Personal Level, Wien 1986, Schrifttumsspiegel, 16. Jg. (1986), Heft III "Wider die Schlepplast des Sozialstaats. " Herbert Giersch: Gegen Europessimismus, Weltwirtschaftliehe Perspektiven, hgg. v. K. H. Frank, Stuttgart 1986, Die Presse, Wien, 1l./12. Okt. 1986 (Spectrum) und Schrifttumsspiegel, 16. Jg. (1986), Heft IV Hilde Schmölzer: Phänomen Hexe. Wahn und Wirklichkeit im Laufe der Jahrhunderte, Wien-München 1986, Schrifttumsspiegel, 16. Jg. (1986), Heft IV Udo Ernst Simonis (Hrsg.): Externe Verschuldung - interne Anpassung. Entwicklungsländer in der Finanzkrise, Schriften des Vereins fllr Socialpolitik, Neue Folge, Bd. 144, Berlin 1984, ZfG, 31. Jg., 1/1987 Michael Beenstock: The World Economy in Transition, London-Boston-Sydney 1983, ZfG, 31. Jg., 1/1987 Gerd-Klaus Kaltenbrunner: Europa. Seine geistigen Quellen in Porträts aus zwei Jahrtausenden, Band III, Heroldsberg 1985, ZFG, 31. Jg., 1/1987 Herbert Giersch: Gegen Europessimismus, Weltwirtschaftliehe Perspektiven, hgg. v. K. H. Frank, Stuttgart 1986, EFTA Gazette, 51/87 Jack Baranson: North-South Technology Transfer. Financing and Institution Building, Mt. Airy 1981, ZfG, 31. Jg., III/1987 Kenneth E. Boulding: The World as a Total System, Beverly Hills-London-New Dehli 1985, ZfG, 32. Jg., 1/1988 und Schrifttumsspiegel, 18. Jg. (1988), Heft I Udo Ernst Simonis: Ökologische Orientierungen. Vorschläge zur Strukturanpassung von Wirtschaft, Technik und Wissenschaft, Berlin 1988, Schrifttumsspiegel, 18. Jg. (1988), Heft I Leonhard BauerlHerbert Matis: Geburt der Neuzeit. Vom Feudalsystem zur Marktgesellschaft, München 1988, Schrifttumsspiegel, 18. Jg. (1988), Heft I und ZfG, 32. Jg., 111/1988 Eduard Pestel: Jenseits der Grenzen des Wachstums. Bericht an den Club of Rome, Stuttgart 1988, Schrifttumsspiegel, 18. Jg. (1988), Heft 11 Gerd-Klaus Kaltenbrunner (Hrsg.): Das Ende denken ... Hoffnung an der Grenze, Initiative 75, München 1988, ZfG, 33. Jg., 1/1989 und Schrifttumsspiegel, 19. Jg. (1989), Heft I Eduard Pestel: Jenseits der Grenzen des Wachstums. Bericht an den Club of Rome, Stuttgart 1988, ZfG, 33. Jg., 1/1989 Herbert Matis: Das Industriesystem. Wirtschaftswachstum und sozialer Wandel im 19. Jahrhundert, Wien 1988, Schrifttumsspiegel, 19. Jg. (1989), Heft I
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J. Hanns Pichler
Keith Tribe: Governing Economy. The Reformation of German Economic Discourse 1750-1840, Cambridge-New York etc. 1988, KYKLOS, Vol. 42 (1989), Fasc. 2 Keith Tribe: Governing Economy. The Reformation of German Economic Discourse 1750-1840, Cambridge-New York etc. 1988, Schrifttumsspiegel, 19. Jg. (1989), Heft I sowie ZfG, 33. Jg., IV/1989 Paul König: Gesang aus dem Feuerofen. Gedichte des geistlichen Jahres und Das Zürcher Spiel von Nebukadnezar, Neukirchen-Vluyn 1980, ZfG, 33. Jg., 11/1989 Leonhard BauerlHerbert Matis (Hrsg.): Evolution - Organisation - Management. Zur Entwicklung und Selbststeuerung komplexer Systeme, Beiträge zur Verhaltensforschung, hgg. v. G. Schmölders, Heft 27, Berlin 1989, ZfG, 33. Jg., IV/1989 Alois BrusattiNerena Hofstätter: Produktinnovationen, Band 2. 50 österreichische Produkte mit Weltgeltung, Wien o. J. (1988), Schrifttumsspiegel, 20. Jg. (1990), Heft I Alois Brusatti (Hrsg.): Zeuge der Stunde Null. Das Tagebuch Eugen Margarethas 1945-1947, bearbeitet v. H. Hemetsberger-Koller, Linz 1990, Schrifttumsspiegel, 20. Jg. (1990), Heft 11 Fritz Scheuch (Hrsg.): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Texte für das Grundstudium, Wien 1990, ZfG, 35. Jg., 11/1991 Helmut Wagner: Einführung in die Weltwirtschaftspolitik. Internationale Wirtschaftsbeziehungen - Internationale Organisationen - Internationale Politikkoordinierung, München-Wien 1991, ZfG, 35. Jg., III/1991 Blaug Mark: Economic Theories - True or False? Essays in the History and Methodology of Economics, Aldershot-Brookfield etc. 1990, KYKLOS, Vol. 44 (1991), Fasc.4 "Geld und Natur". Zum neuen Sammelband von Hans Christoph Binswanger, Schweizer Monatshefte für Politik, Wirtschaft, Kultur, 72. Jahr, Heft 3, Zürich 1992 Zdenek Mlynar: Was kann Gorbatschow ändern? Möglichkeiten, Grenzen und Zukunft sowjetischer Reformpolitik, Europäische Zeit-Zeugen 14, hgg. von W. Leonhard, Freiburg-Basel-Wien 1989, ZfG, 36. Jg., 1/1992 Julius Evola: Menschen inmitten von Ruinen. Mit einer Einführung von Dr.H.T.Hansen, Tübingen-Zürich-Paris 1991, ZfG, 36. Jg., 111/1992 Herbert MatislDieter Stiefel: Die Weltwirtschaft. Struktur und Entwicklung im 20. Jahrhundert, Wien 1991, ZfG, 36. Jg., IVIl992 Hans Christoph Binswanger: Geld und Natur. Das wirtschaftliche Wachstum im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie, Stuttgart-Wien 1991, ZfG, 37. Jg., 1/1993 Mark Blaug: Economic Theories - True or False? Essays in the History and Methodology of Economics, Aldershot-Brookfield etc. 1990, ZfG, 37. Jg., 1/1993 Ulrich Witt (Hrsg.): Studien zur evolutorischen Ökonomik I, Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 19511, Berlin 1990, ZfG, 37. Jg., 11/1993
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Josef Schmid: Das verlorene Gleichgewicht. Eine Kulturökologie der Gegenwart, Stuttgart-Berlin-Köln 1992, ZfG, 37. Jg., 11/1993 Ingo W. Rath: Der Mythos-Diskurs und sein Verlust. Eine Vor-Geschichte der abendländischen Vernunft, Conceptus-Studien 7, Wien 1990, ZfG, 37. Jg., 11/1993 Carl Friedrich von Weizsäcker: Der Mensch in seiner Geschichte, München-Wien 1991, ZfG, 37. Jg., IV/l993 Hans-Dieter Klein (Hrsg.): Wiener Jahrbuch rur Philosophie, Bd. XXIV, Wien 1993, ZfG, 38. Jg., 11/1994 Ivo Höllhubers "Jahrhundertbilanz", ZfG, 38. Jg., IV/1994 Roland Leuschel: Sonntags nie - am liebsten im Oktober. Mit Strategie zum Börsenerfolg, Keulenbach 1991, ZfG, 38. Jg., IV/l994 Theodor Veiter: Politik - Gesellschaft - Wirtschaft. Memoiren aus Politik und Zeitgeschichte, unter Mitarbeit von I. Ackerl und E. Wimmer, Thaur bei Innsbruck 1993, ZfG, 38. Jg., IV/1994 Lual Deng/Markus Kostnerl Crawford Young (eds.): Democratization and Structural Adjustment in Africa in the 1990s, African Studies Program, University of Wisconsin System, Madison 1991, ZfG, 39. Jg., 1/1995 Herbert MatislDieter Stiefel: "Mit der vereinigten Kraft des Capitals, des Credits und der Technik... " Die Geschichte des österreich ischen Bauwesens am Beispiel der Allgemeinen Baugesellschaft - A. Porr Aktiengesellschaft, Bd. I u. 11, Wien-KölnWeinmar 1994, ZfG, 39. Jg., 1/1995 Inhaltliche Schwerpunkte und zusammenfassende Ergebnisse, zu: Empirische Finanzmarktanalysen, OeNB-Jubiläumsfonds, Wien 1989 Andreas Bsteh (Hrsg.): Friede für die Menschheit. Grundlagen, Probleme und Zukunftsperspektiven aus islamischer und christlicher Sicht, Beiträge zur Religionstheologie, Bd. 8; und Christentum in der Begegnung. Der Islam als Anfrage an christliche Theologie und Philosophie, Studien zur Religionstheologie, Bd. I, beide St. GabriellMödling 1994, ZfG, 39. Jg., lVI 1995 Josef MuglerlKarl-Heinz Schmidt (Hrsg.): Klein- und Mittelunternehmen in einer dynamischen Wirtschaft. Ausgewählte Schriften von Hans Jobst Pleitner, Schriftenreihe des Schweizerischen Instituts rur gewerbliche Wirtschaft an der Hochschule St. Gallen, Bd. 12, Berlin-München-St.Gallen 1995, ZfG, 39. Jg., IV/1995 Gerd-Klaus Kaltenbrunner/Alois F. Kratochvil: TACUI. Johannes von Nepomuk BrUckenheiliger und Märtyrer des Beichtgeheimnisses, Gersau 1993, ZfG, 40. Jg., 1/1996 Bertram Schefold (Hrsg.): Studien zur Entwicklung der ökonomischen Theorie XI, Schriften des Vereins rur Socialpolitik, Neue Folge, Bd. 115/XI, Berlin 1992, ZfG, 40. Jg., 1/1996 Ingolf Bamberger (Hrsg.): ProductIMarket Strategies of Small and Medium-sized Enterprises, Aldershot etc. 1994, ZfG, 40. Jg., 11/1996
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J. Hanns Pichler
IV. Forschungsstudien, Berichte, ReferatelPapers, VorträgelLectures Wohnungswirtschaft - Struktur und Neuordnung, Forschungsgesellschaft für den Wohnungsbau, Wien 1962 (MA) Stellungnahme zum Entwurf "Kostenmieten", Forschungsgesellschaft für den Wohnungsbau, Wien 1962 (MA) Familiengerechte Wohnbauförderung, Forschungsgesellschaft für den Wohnungsbau, Wien 1962 (MA) Möglichkeiten einer Umstellung. Nachtrag zu "Familiengerechte Wohnbauförderung", Forschungsgesellschaft für den Wohnungsbau, Wien 1992 (MA) Probleme der Wohnbaufinanzierung, Forschungsgesellschaft für den Wohnungsbau, Wien 1963 (MA) Untersuchungen für eine österreichische Einsatz-Ausstoß-Analyse. Daten über Einsatzstruktur und Bezugsquellen in österreichischen Gewerbezweigen, Institut rur Integrationsfragen und Wirtschaftspolitik, Wien 1965 Education Project in Uganda, IBRD/IDA (TO-541b), Washington, D.C. 1967 (MA) Education Project in Malawi, IBRD/IDA (TO-556b), Washington, D.C. 1967 (MA) Current Economic Position and Prospects of Pakistan, 2 Vols., IBRD/IDA (AS124a), Washington, D.C. 1967 (MA) Recent Economic Performance of Mexico, IBRD/IDA (WH-174a), Washington, D.C. 1967 (MA) Economic Position and Prospects of Argentina, IBRD/IDA (WH-175a), Washington, D.C. 1967 (MA) Current Economic Position and Prospects of the Dominican Republic, IBRD/IDA (WH-176b), Washington, D.C. 1968 (MA) Economic Development in Mexico, IBRD/IDA (WH-183a), Washington, D.C. 1968 (MA) Current Economic Position and Prospects of Jamaica, IBRD/IDA (WH-187a), Washington, D.C. 1968 (MA) Current Economic Postion and Prospects of Trinidad and Tobago, 2 Vols., IBRD/IDA (WH-192a), Washington, D.C. 1969 (MA) The Role of Agriculture in Trinidad and Tobago, IBRD/IDA, Washington, D.C. 1969 (MA) Current Economic Position and Prospects of Pakistan, 4 Vols., IBRD/IDA (SA15a), Washington, D.C. 1970 (MA) Current Economic Position and Prospects of Guyana, 2 Vols., IBRD/IDA (CA-4a), Washington, D.C. 1970 (MA) Economic Situation and Prospects of Pakistan, 2 Vols., IBRD/IDA (74-PAK), Washington, D.C. 1973 (MA)
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Report of the Joint UNIIBRD Mission to Pakistan on Damage Caused by the Flood of 1973 and Recommendations for Assistance, UNIUNDP, 0.0. (New York) 1973 (MA) Flood Rehabilitation Program Pakistan, IBRD/IDA (304a-PAK), Washington, D.C. 1974 (MA) Economic Situation and Prospects of Pakistan, 2 Vols., IBRD/IDA (392-PAK), Washington, D.C. 1974 (MA) Austauschbedingungen (terms of trade). Empfehlungen "symposium rohstoffe und zukunft", Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie/Bundesministerium rur Wissenschaft und Forschung, Wien 1976 Die Kreditwirtschaft und das Gewerbe. Ergebnisbericht, in: Neue Grundlagen der Gewerbepolitik. Gewerbewissenschaft und ihre Anwendung, Institut rur Gewerbeforschung, Wien 1977 (Hrsg./MA) Perspektiven des Ost-West-Hande1s in der Automobilindustrie mit besonderer Berücksichtigung des LKW-Sektors, Wirtschaftsuniversität, Wien 1977 (MA) Indexierung. Theoretische Analyse, empirische Darstellung und Kritik von grundlegender Konzeption und Anwendungsinstrumentarium im Konnex zur Inflation, OeNB-Jubiläumsfonds, Wien 1977 (Projektleiter/MA) Wirtschafts- und gesellschaftsbezogenes Konzept einer umfassenden TechnologieDidaktik. Konzeptive Grundlegung, Wien 1979 Pakistan - Small Scale Industries Study (Selected Subsectors). Phase I: Sector Profiles, SampIe Survey and Tabulation; Phase 11: Subsector Analyses and Project Evaluation, WeltbankiUNIDO, 1979/1980 International Investment Strategy in the Post-Iran Environment of the '80s, REM Associates, Washington, D.C. 1980 Die Entdeckung des Klein- und Mittelbetriebes als "Neuland" weltweiter Entwicklungspolitik, Recontres de St-Gall, Montreux, Sept. 1980 Zur Typologie von Entwicklungsstrategien. Grundmuster realen Strategieverhaltens, Recontres de St-Gall, Montreux, Sept. 1980 Meinungen und Einstellungen zur Entwicklungspolitik. Politisch-ökonomische Problemdiskussion und sozialwissenschaftliche Modellkonzeption für eine Untersuchung im Bereich der österreichischen Industrie, OeNB-Jubiläumsfonds, Wien 1981 (Projektleiter/MA) Konzept für Rohstofforschung in Österreich. Teil I: Allgemeine Überlegungen; Teil II: Mineralische Rohstoffe und Wasser, Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, Wien 1981 (MA) External Debt of Developing Countries and Financial Readjustment Patterns after two "Oil-Price-Shocks", preprint 82-7, International Institute for Environment and Society, Science Center, Berlin 1982 Internationale Gewerbestruktur- und -konjunktur-Beobachtung. Ansatzpunkte und ausgewählte konkretisierende Ergebnisse, Partnerschaftssymposium "Bedrohung
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J. Hanns Pichler
oder Behauptung der Klein- und Mittelbetriebe im Wettbewerb", Wirtschaftsuniversität - Hochschule St. Gallen für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften, St.Gallen, Juli 1984 Strategien der Wechselkurspolitik, (Projektleiter/MA)
OeNB-Jubiläumsfonds,
Wien
1984
International Comparison and Analysis of Small Business Structures, Small Business Management Conference "Perspectives in European Small Business Research", Mikkeli, Okt. 1984 Multipolarization of the World Economy and Strategy Patterns in the East Asian and Pacific Area, Dialogue Congress "Western Europe - North and Southwest Pacific", Forum for Economics and Development, Alpbach, July 1985 Die informierte Bildungsgesellschaft in der Arbeitswelt von morgen, Europäisches Forum Alpbach, Aug. 1985 .How are SMEs Really Financed? Results ofan Austrian Inquiry, FFF Workshop "Six Countries Programme", Vienna, Sept. 1985 The Role of Industry in Economic Development, Lecture Series, EDIIRoyal Scientific Society of Jordan, Amman, Nov. 1985 Die Abfertigungsregelung aus betrieblicher und aus volkswirtschaftlicher Sicht. Ökonomische Problemanalyse und Lösungskonzepte, Wien 1985 (MA); im besonderen Heft 5: "Dezentrale Lösungsmuster zur Vermeidung der negativen Konsequenzen der gegenwärtigen Abfertigungsregelungen", Heft 7: "Empirische Daten zu den ökonomischen Analysen der Konsequenzen von Abfertigungsregelungen" Von "Bretton Woods" zur Genealogie der Sonderziehungsrechte als "neuartiges" internationales Währungs- und Wertmaß, Hochschule St. Gallen für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften, Feb. 1986 "Arbeit" in ihrem Stellenwert zwischen Mensch und Wirtschaft, IV. Kobersdorfer Kulturkreis-Gespräche, Schloß Kobersdorf, Juni 1986 Multipolarisierung der Weltwirtschaft und Restrukturierung internationaler Finanzierungsmuster, Internationale Serviceclubs, Zell am See, Juli 1986 Internationale Gewerbestruktur- und -konjunktur-Beobachtung. Ansatzpunkte und ausgewählte konkretisierende Ergebnisse, Recontres de St-Gall, Bissone, Sept. 1986 Werthaltungen und Strategien in Klein- und Mittelbetrieben. STRATOS-Studie (Strategische Orientierung von Klein- und Mittelbetrieben), Institut für Gewerbeforschung, Wien 1986 (Hrsg./MA) Financing from International Financial Institutions and Structural/Sectoral Adjustment Policies, Lecture Series, EDI/Royal Scientific Society of Jordan, Amman, Oct. 1986 UNIDO Manual for the Preparation of Feasibility Studies for Small Enterprise Investment Projects. Outline/Proposal, Institut für Gewerbeforschung, Vienna 1986 (MA)
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Folgen der Inflation für die lateinamerikanischen Länder, Österreichisches Lateinamerika-Institut, Wien, Nov. 1986 Input Costs, Market Structure and Price Determination of Austrian Export Industries, Ludwig Boltzmann Institut für ökonomische Analysen wirtschaftspolitischer Aktivitäten, Forschungsbericht 8702, März 1987 (Projektleiter/MA) Small Business Structures, Investment and Entrepreneurship in the Context of Development, People to People Program (China), May 1987 STRATOS. Strategie Orientations of Small and Medium-sized Enterprises: a summary of first descriptive results, EIASM, Report 87-91, Brussels, Sept. 1987 Positive und negative Aspekte des Erdöls im Entwicklungsprozeß Lateinamerikas, Österreichisches Lateinamerika-Institut, Wien, Okt. 1987 Beiträge zu einem menschenwürdigen Fortschritt. Grenzen, konkrete Möglichkeiten, Forschungsschwerpunkte, Symposium "Fortschritt und Menschenwürde", UNI 2000, Arbeitslcreis für Hochschulfragen, Dreistetten, Nov. 1987 Zum Anblick weltwirtschaftlicher Strukturen in den 80er Jahren, Vereinigung Akademischer Verbindungen (VAV), Wien, Nov. 1987 Weltwährungssystem und Rolle der Sonderziehungsrechte als "neues" internationales Wertmaß, 10. Volkswirtschaftliche Klausur der Handelshochschule Leipzig, Jena, März 1988 A Value-based Typology of Entrepreneurs, EIASM Workshop "Strategie Management of Small and Medium-sized Finns", Brussels, March 1988 Innovationsfinanzierung in Österreich (Innovation Financing in Austria), Recontres de St-Gall, Wildhaus, Sept. 1988 Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahre 2000 auf kleine und mittlere Unternehmen in Österreich, Recontres de St-Gall, Wildhaus, Sept. 1988 (MA) Ansätze zu einer internationalen Sturkturberichterstattung über das Gewerbe und die Klein- und Mittelbetriebe in Europa, Recontres de St-Gall, Wildhaus, Sept. 1988 (MA) Towards a System of International Structural Reporting on SMEs in Europe, Recontres de St-Gall, Wildhaus, Sept. 1988 Instruments of Innovation Financing. The Case of Austria, EIASM Workshop "Recent Research on Technological Innovation in Small and Medium-sized Finns", Brussels, Nov. 1988 Empirische Finanzmarktanalysen, OeNB-Jubiläumsfonds, Wien 1989 (Projektleiter/MA) Der österreichische Druckennarkt. Umfeldanalyse und Prognose, Teilbericht zur Studie Markt 2000. Marktorientierte Unternehmensführung im grafischen Gewerbe, Institut für Gewerbeforschung, Wien o. 1. (1989, Hrsg.) Markt 2000. Marktorientierte Unternehmensführung im grafischen Gewerbe. Kurzfassung der Studie über Marktentwicklung, Erfolgsfaktoren und Marketing-
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I. Hanns Pichler
konzepte rur das grafische Gewerbe, Hauptverband der grafischen Unternehmungen Österreichs/Institut rur Gewerbeforschung, Wien 1989 (Hrsg.) Europa als Großraum zwischen Zentralismus und Dezentralisation, Enquete "Ganzheitliche Aspekte der europäischen Integration", Oö. Volkswirtschaftliche Gesellschaft u. Arbeitskreis rur ganzheitliche Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, Iohannes Kepler Universität, Linz, Ian. 1989 Othmar Spanns Ganzheitliches System in seiner systematischen Entfaltung, Akademie der Wissenschaften, Kommission rur Philosophie und Pädagogik, Wien, Ian. 1989 Toward an International Comparison of Small Business Structures, European Association for Research in Industrial Economics (E.A.R.I.E.), Budapest, Aug.lSept. 1989 Führungsprobleme, Wissenschaftlicher Beirat, Süd-Ost Treuhand, Ottenstein, Okt. 1989 Inhaltliche Schwerpunkte und zusammenfassende Ergebnisse, zu: Empirische Finanzmarktanalysen, OeNB-Iubiläumsfonds, Wien 1989 Der Dependencia-Ansatz in entwicklungsstrategischer Sicht. Hintergründe, ökonomische Kernpunkte, Asymmetrien, Österreichisches Lateinamerika-Institut, Wien, Dez. 1989 Verschuldung und Verschuldungsprofile der Dritten Welt. Dimensionen, Hintergründe, Lösungsinstrumentarien, Club International Universitaire, Wien, Ian. 1990 Europa zwischen Zentralismus und Dezentralisation, Wissenschaftlicher Arbeitskreis, Institut rur Gewerbeforschung, Wien, Jan. 1990 Austria and the Two Europes. Choices for Politics and Economics, J. A. Schumpeter Colloquium, Center for European StudieslHarvard University, Feb. 1990 Auslandsorientierung des österreichischen Tischlergewerbes. Pilotstudie rur Internationalisierungsbeobachtung des europäischen Gewerbes, Institut rur Gewerbeforschung, Wien 1990 (MA) Woran könnte der Osten sich halten? Ganzheitliche Staatsidee und Wirtschaftsordnung als ein Programm der Mitte, Wissenschaftlicher Arbeitskreis, Institut rur Gewerbeforschung, Wien, Juni 1990 Entrepreneurship and Entrepreneurial Environment. Some selected discussion points, Recontres de St-Gall, ChaumontINeuchatel, Sept. 1990 Internationalisierungsbeobachtung in Klein- und Mittelbetrieben ("INTERSTRATOS"). Österreichische Pilotstudie über Möbelhersteller, Recontres de St Gall, ChaumontINeuchatel, Sept. 1990 (MA) Der österreich ische Gewerbe- und Kunsthandwerksexport, Institut rur Gewerbeforschung, Wien 1990 (Hrsg.) Forschungsförderungseffizienzanalyse 1986-1989 und Mehrjahresauswertung, Institut rur Gewerbeforschung, Wien 1990 (Hrsg.)
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Dachdecker-Strukturbericht. Die Entwicklung des österreich ischen Dachdeckergewerbes 1987-1990, Institut für Gewerbeforschung, Wien 1990 (Hrsg.) Entrepreneurial Values and Profiles in Small European Businesses, Institute of Economic Analysis, Universidad Complutense, Madrid, Nov. 1990 Internationalization of European Small Business Structures ("INTERSTRATOS"). Project Outline, Methodology and Design, Department of Economics, Universidad de Salamanca, Salamanca, Nov. 1990 AUFDAT. Außeruniversitäre Forschungsdatenbank - Benutzerhandbuch, Institut für Gewerbeforschung, Wien 1990 (Hrsg.) On the Evolution of the International Monetary System. From Bretton Woods to a "floating" regime, Faculteit Economische, Sociale en Politieke Wetenschappen, UFSAL, Brüssel, Mai 1991 Anblick und Wandel weltwirtschaftlicher Strukturen zu Beginn der 90er Jahre, 30. Humanistisches Gespräch "Über die neuen Ordnungen in den Ländern Osteuropas", Bad Ischl, Juni 1991 UNIDO Manual for the Preparation and Appraisal of Small Industrial Business Investment Projects, 36th ICSB World Conference, Vienna, June 1991 Entschuldung und Befreiung. Aspekte aus ökonomischer Sicht, Studientag "500 Jahre Lateinamerika", Johannes Kepler Universität, Linz, Sept. 1991 INTERSTRATOS - Internationalisierung der strategischen Orientierung europäischer Kleinbetriebe. Österreichischer Ergebnisbericht (Basis 1990), Institut für Gewerbeforschung, Wien, Okt. 1991 (MA) INTERSTRATOS - Internationalisierung und strategische Orientierung europäischer Klein- und Mittelbetriebe, Wissenschaftlicher Beirat, Süd-Ost TreuhandJErnst & Young, Wien, Nov. 1991 Financing the Development of Central and Eastern European Infrastructure, UR Conference, Vienna, Dec. 1991 Kooperativität als eine der Geistesströmungen Europas, Arbeitskreis 4, Institut für Gewerbeforschung, Wien, Dez. 1991 Das Solidaritätsprinzip auf weltwirtschaftlicher Ebene, Arbeitskreis 5, Institut für Gewerbeforschung, Wien, Dez. 1991 Ökonomische Konsequenzen eines EG-Beitritts Österreichs, OeNB-Jubiläumsfonds, Wien 1992 (ProjektleiterIMA) Inhaltliche Schwerpunkte und zusammenfassende Ergebnisse der Studie, zu: Ökonomische Konsequenzen eines EG-Beitritts Österreichs, OeNB-Jubiläumsfonds, Wien 1992 Ökonomie, Ethik und Menschenbild. Symposion, Katholische HochschulgemeindelWirtschaftsuniversität, Wien, März 1992 Economic Aspects of Human Development, Symposium, Academica Scientiarum et Artium Europaea, Salzburg, Juni 1992
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J. Hanns Pichier
Sm all and Medium-sized Enterprises in a Socio-economic Industrialized Setting, ECONOMICA, University Loewen, Kortrijk, Oct. 1992 Entrepreneurs and Entrepreneurship. Toward a Value-based Typology, Catholic University, Brussels, Oct. 1992 Österreich und die EG. Gesamtwirtschaftlich-strukturelle Konsequenzen, Enquete "Wirtschaftliche und soziale Konsequenzen eines EG-Beitritts Österreichs", Institut für Sozialpolitik und Sozialreform/Institut für Ethik und Sozialwissenschaft, Wien, Nov. 1992 Handelsprotektionismus und Dritte Welt, mit besonderer Berücksichtigung Lateinamerikas. Zum UNDP Human Development Report 1992, Forum Club Universitaire/Österreichisches Lateinamerika-Institut, Wien, Jan. 1993 INTERSTRA TOS - Internationalisierung der strategischen Orientierung europäischer Kleinbetriebe. Österreichischer Ergebnisbericht, Basis 1991 und Vergleich 1990/91, Institut für Gewerbe- und Handwerksforschung, Wien 1993 (Hrsg./MA) INTERSTRATOS - Internationalization in Strategie Orientations of Sm all European Businesses. Austrian Results, basis 1990-91, Institut für Gewerbe- und Handwerksforschung, Vienna 1993 (Hrsg./MA) Manual for Sm all Industrial Businesses. Project Design and Appraisal, UNIDO/Institut für Gewerbeforschung,Vienna 1993 (MA) Internationale Entwicklung in soziohumanitärer Entsprechung. Auf der Gratwanderung zwischen "neuen" Inhalten und überkommenen "Orthodoxien", Kolloquium "Recht auf Entwicklung", CARE International, Wien, Juni 1993 INTERSTRATOS. Internationalization of Strategie Orientations of European Small and Medium Enterprises, EIASM, Report 93-01 (ed. A. J. Haahti), Brussels, June 1993 (MA); esp. Chpts. 11 and V Gesellschaft und Staat unter dem Vorrang des "Politischen". (Der "wahre Staat"), Arbeitskreis "Hierarchie und Partizipation", Institut für Gewerbeforschung, Wien, Juni 1993 Internationalization of SMEs. Research Design and Selected Country Results (Austria, basis 90-91), 38th ICSB World Conference, Las Vegas, June 1993 KMU in Wirtschaft und Gesellschaft, Speziallehrgang/"Summer School" für Universitätslehrer aus Reformländem, Wirtschaftsuniversität Wien, Juli 1993 International Economic Structures and World Monetary System, Internationaler Sommerhochschulkurs, Wirtschaftsuniversität Wien, Juli 1993 "Welt und Wirtschaft", Vorlesungs-/Seminarreihe, Salzburger Hochschulwochen, Salzburg, August 1993 Toward a "Technology Scenario 2000" and Beyond, 20th International Small Business Congress (lCSB), Interlaken, Sept. 1993
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Monetäre Konfliktfelder der Weltwirtschaft. Zur EWS-Krise - "Konflikte" und mögliche Lehren? Partnerschaftssymposium Wirtschaftsuniversität - Hochschule st. Gallen rur Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, St. Gallen, Nov. 1993 International Structures, Development und World Monetary System, Vorlesungsreihe, Ökonomische Fakultät, Hochschule rur Landwirtschaft (VSZ), BrUnn, Dez. 1993 Austria's EU-Integration. Dimensions and Implications for a Small Open Economy, Catholic University, Brussels, Feb. 1994 Gewerbe im Aufschwung. Regionaltreffen Ost-Österreich - West-Slowakei - WestUngarn, Tagungsband, Institut ftIr Gewerbe- und Handwerksforschung, Wien, März 1994 (Hrsg./MA) Schumpeterian Entrepreneurship and the Subtlety of it's Dialectics, Catholic University, Brussels, Feb. 1994 Austria and the EU, Press Brief, Brussels, Feb. 1994 Struktur des Gewerbes in Mittel- und Westeuropa. Diskussionsbeitrag, Symposion aus Anlaß des 90. Geburtstages von A. Gutersohn, IGWlHochschule St. Gallen Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften, St. Gallen, Feb. 1994 Zentralismus und Dezentralisation in der Frage der europäischen Einigung, 11. Sonderseminar zu Fragen der Wirtschaft und Gesellschaft aus ganzheitlicher Sicht, Steirische Volkswirtschaftliche Gesellschaft, April 1994 Entrepreneurship, Entrepreneurial Values and Strategic Orientation in Small Business, EDI/World Bank Module "Corporate Strategy and Finance", Joint Vienna Institute, May 1994 NAFTA und "Naftamatics". Grundlagen und Auswirkungen, NAFTA-Seminar "Österreichs Chancen im größten Wirtschaftsraum der Weit", Wirtschaftskammer Österreich, Wien, Mai 1994 Internationalization of Strategic Orientations of European Small and Medium Enterprises. "Management Culture, Values and Attitudes", INTERSTRATOS Workshop, Kristiansand, May 1994 Internationalization of Strategic Orientations of European Small and Medium Enterprises: "Specialization", INTERSTRATOS Workshop, Kristiansand, May 1994 (MA) Internationalization of Strategic Orientation in European Small Businesses. INTERSTRATOS: Austrian Report 1991-93, Institut rur Gewerbe- und Handwerksforschung, Wien 1994 (Hrsg./MA) Small Business Investment for Development. The UNIDO concept for design and appraisal, Workshop, 39th ICSB World Conference, Strasbourg, June 1994 West-Ost Erfahrungstransfer. Regionalprojekt Gewerbe in der Grenzregion OstÖsterreich, West-Slowakei und West-Ungarn, IfG-Mitteilungen, Institut rur Gewerbe- und Handwerksforschung, Wien, I. Hj. 1994
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1. Hanns Pichler
Konturen und Perspektiven von NAFTA, LAI-Seminar "Lateinamerika heute", Eisenstadt, Aug. 1994 Schlaglichter lateinamerikanischer Entwicklung. Syndrome und Fundamentals, LAI-Seminar "Lateinamerika heute", Eisenstadt, Aug. 1994 SMEs in the Context of Structural Development. A reflection on the "state of the
art ", Recontres de St-Gall, Davos, Sept. 1994
INTERSTRATOS. Interim report referring to selected strategic questions, Institut für Gewerbe- und Handwerksforschung, Vienna, Dec. 1994 Reflexionen zu EU-Beitritt und "Maastricht-Fahrplan", Fritz Machlup Lecture, Paris Lodron Universität, Salzburg, Januar 1995 Klein- und Mittelunternehmen im Kontext internationaler Entwicklung, Studiengesellschaft für Mittelstandsfragen, Schliersee, Mai 1995 Syndrome lateinamerikanischer Entwicklung im Blick aktuellen Strategiewandels. Regionalismen vs. Globalisierung, 30 Jahre Österreichisches LateinamerikaInstitutl28. Lateinamerika-Tag, Wien, Mai 1995 INTERSTRATOS. European SMEs Responding to the Larger Market as reflected by entrepreneurial "types" in the context of business/product life-cycles, 40th ICSB World Conference, Sydney, June 1995 Manual for Small Industrial Businesses. Project Design and Appraisal, 40th ICSB World Conference, Sydney and INTENT '95 Conference, Bunbury, June 1995 Entrepreneurial "Types" for the Larger Market, INTENT '95 Conference, Bunbury, June 1995 INTERSTRATOS. Internationalization of Strategic Orientations of European Small and Medium Enterprises, EIASM, Report 95-01 (ed. A. J. Haahti), Brussels, July 1995 (MA); esp. Chpts. 11 and V Small Businesses in the Larger European Market and Entrepreneurial Profiles, MEDSME '95 Conference, Ankara, Sept. 1995 Manual for Small Industrial Businesses. An Overview, MEDSME '95 Conference, Ankara, Sept. 1995 The new UNIDO Manual. Introduction and Conceptualization, UNIDO Workshop on Application ofthe "Manual for Small Industrial Businesses", Vienna, Sept. 1995 Von "idealischer" Produktion zu ganzheitlicher Leistungslehre, Jahrestagung der Gesellschaft für Ganzheitsforschung, Filzmoos, Sept. 1995 Internationalization of SMEs. Entrepreneurial AUitudes, Profiles and Strategic Orientations, The 22nd International Small Business Congress, Tel Aviv, Nov. 1995 Manual for Small Industrial Businesses. Project Design and Appraisal. An Overview, The 22nd International Small Business Congress, Tel Aviv, Nov. 1995 Der Schumpeter'sche Unternehmer im Lichte seiner Dialektik, Universität St. Gallen, Feber 1996
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Weltwirtschaftliche Strukturen und Entwicklung. Ein Dialog, IranischÖsterreichische Konferenz "Gerechtigkeit in den internationalen und interreligiösen Beziehungen in islamischer und christlicher Perspektive", Sekretariat rur Interreligiösen Dialog/Religionstheologisches Institut St. Gabriel, Teheran, Feber 1996 The Role of SMEs in the Context of Structural Development, IX ICSMEIW ASME International Conference, New Delhi, April 1996 A UNIDO-"Manual". Small Business Investment in Developing Countries, IX ICSME/WASME International Conference, New Delhi, April 1996 KMU als dynamischer Faktor im Entwicklungsprozeß, Internationales wissenschaftliches Symposium MER '96, Portoroz, Mai 1996 KMU Internationalisierung, Unternehmerverhalten und betriebliche Lebenszyklen, Internationales wissenschaftliches Symposium MER'96, Portoroz, Mai 1996 Zur "Dialektik" des Schumpeter'schen Unternehmers als Umgliederungselement im Prozeß kapitalistischer Entwicklung, Wissenschaftlicher Beirat, Gesellschaft rur Ganzheitsforschung, Kraims/Seewalchen, Juni 1996 University Support for SMEs. Assessing Wants and Needs, Columbus Development Projects Workshop, The European Commission/The Swedish Institute, Stockholm, June 1996 SMEs at the Frontiers of Development. The UNIDO "Manual" as a guide. An Overview, 41st ICSB World Conference, Stockholm, June 1996 Entrepreneurial "Profiles" and Strategic Responses Relating to SME Internationalization, 41st ICSB World Conference, Stockholm, June 1996 On the Role of SMEs in the Context of Structural Development, 41st ICSB World Conference, Stockholm, June 1996 On the role and economic importance of sm all business structures. Sectoral and entrepreneurial characteristics, Lecture Series, Internationaler Sommerhochschulkurs "Small Business and Entrepreneurship", Wirtschaftsuniversität Wien, Aug. 1996 KMU Internationalisierung. Unternehmerprofile und strategische Verhaltensmuster, Recontres de St-Gall, Gottlieben, Sept. 1996 Regionalisierung vs. G1obalisierung. Gesamtwirtschaftliche und sektorale Aspekte demonstriert am "Fall" NAFTA, Recontres de St-Gall, Gottlieben, Sept. 1996 Europa und seine Begrifflichkeit im Spiegel von drei Jahrtausenden, Jahrestagung, Gesellschaft rur Ganzheitsforschung, Filzmoos, Okt. 1996 GewerbestrukturberichtlGewerbe- und Handwerksstrukturbericht. Zahlen, Daten, Fakten, Institut rur Gewerbe- und Handwerksforschung & Wirtschaftskammer Österreich/Sektion Gewerbe und Handwerk, Wien, zweijährlich (Hrsg. seit 1982) IfG Konjunkturbeobachtung, Institut rur Gewerbe- und Handwerksforschung, Wien, vierteljährlich (Hrsg. seit 1982) 73 Festschrift Pichler
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J. Hanns Pichler
Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (Hrsg.): Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft ("Mittelstandsbericht"), Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Wien, zweijährlich; unter Mitarbeit Institut für Gewerbe- und Handwerksforschung, insbes. Kap. "Gewerbe und Handwerk", "Verkehr" sowie z.T. "Tourismuswirtschaft" (seit 1982) Diskussionspapiere, Institut für Gewerbe- und Handwerksforschung, Wien (Hrsg., seit 1995)
Kurz-Curriculum o.Univ.-Professor Dkfm.Dr. rer. comm. Dr.h.c. J. Banns Pichier , M.Sc. Wirtschaftsuniversität, A-I090 Wien Geb. 12. Mai 1936; Aspach 00.; österr. Staatsbürger, verh. (mit Dkfm. Mag. Dr. Hannelore M., geb. Haslinger v. d. Linden), 3 Kinder Studium (mit Schwerpunkt Volkswirtschaft) an der Hochschule fllr Welthandel (heute Wirtschaftsuniversität), Wien: Dkfm. (1958), Dr.rer.comm. (1960); Univ.Assistent, Habilitation aus Nationalökonomie(1965/67) 1962-63 Studien und Lehrtätigkeit in den USA (M.Sc., Economicsl Econometrics); kürzere Studienaufenthalte u.a. in Deutschland, England, Griechenland; internationale Forschungstätigkeit, Expertisen etc.; Beteiligung bzw. Mitwirkung an internationalen wiss. Kongressen, Symposien 1965-71 EconomistiSenior Economist bei der Weltbank, Washington D.C., mit ausgedehnter Tätigkeit in Ost- bzw. SO-Afrika, Mittel- und Südamerika, Karibik, Süd- und Südostasien 1971-73 Resident Representative der Weltbank-Gruppe (IBRD, IDA, IFC) in Südasien, mit Zuständigkeitsbereich insbes. Pakistan einschI. Ost-Pakistan (später Bangladesh); in dieser Funktion auch Board-Mitglied regionaler Industrie- und Entwicklungsbanken Seit 1973/74 o.Univ.-Professor (Lehrstuhl: "Politische Ökonomie, Internationale Wirtschaft und Entwicklung"), Wirtschaftsuniversität Wien; Vorsitzender der Fachgruppe Volkswirtschaft (seit 1975) 1975-94 Gastprofessor, Universität fllr Bodenkultur, Wien Prüfungskommissär, Universität fllr Bodenkultur (seit 1983) und an der SOWIFakultät, Universität Wien (seit 1992); Komitee, MEDCAMPUS Engineering Management Postgraduate Certificate Program, Ankara (seit 1995) Schumpeter Fellow, Center for European StudieslHarvard University (1990) Wissenschaftliche Mitgliedschaften: Rencontres de St-Gall; American Economic Association; Gesellschaft fllr Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Verein fllr Socialpolitik); List-Gesellschaft; Gesellschaft für Ganzheitsforschung; Osterreichische Nationalökonomische Gesellschaft; Prodekan (Klasse 6), Academia Scientiarum et Artium Europaea; European Council for Small Business (ECSB, Past Vice-President); Österreich ische Gesellschaft fllr Unternehmensgeschichte 73'
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J. Hanns Pichier
Herausgeber/-komitees: "Zeitschrift für Ganzheitsforschung mit Schrifttumsspiegel" (Wien); "Internationales Gewerbearchiv" (Berlin-München-St.Gallen); "Journal of Small Business & Entrepreneurship" (Toronto); "Population ManagerICOMP Review" (Kuala Lumpur); "WASME Newsletter" (New Delhi) Vorstand: Institut für Gewerbe- und Handwerksforschung (IfG), Wien; Gesellschaft für Ganzheitsforschung, Wien Vorsitzender-Stellv.: Österreichische Forschungsstiftung für Entwicklungshilfe (ÖFSE), Senior Vice-President, International Council for Small Business (ICSB) Vorstandsmitglied: Österreichisches Lateinamerika-Institut (LAI); Österreichische Gesellschaft für Entwicklungszusammenarbeit (ade Austria); Schumpeter Gesellschaft Wien; Ökosoziales ForumlÖsterreichische Gesellschaft für Land- und Forstwirtschaftspolitik; Österreichische Gesellschaft für Parlamentarismusforschung; Institut für Angewandte Wirtschaftsethik (JA WE), Wien Beiratsmitglied: Österreichische Bundesregierung (für Entwicklungszusammenarbeit); Afro-Asiatisches Institut, Wien; Europa Treuhand Ernst & Young, Wien; CONNET-Beratungsnetzwerk, Wien; Studiengesellschaft für Mittelstandsfragen, München; The American Biographical Institute (abi); IDEA-International Development Enterprise Associates (Washington, D.C.) Konsulent Weltbank, UNIDO; Lecturer, E.D.I. (Weltbank) Repräsentant: ICOMP-International Council on Management of Population Programs (UN-NGO, Kuala Lumpur); I.C.S.I.D. (Weltbank) Ehrungen/Auszeichnungen: Arbeiterkammer Wien, Hauptpreis (Diss.) 1960 Kardinal Innitzer-Preis (1966) Wirtschaftsuniversitätspreis (1982) Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, I. Klasse (1988) Leopold Kunschak-Preis (1990) Ehrendoktorat für Wirtschaftswissenschaften, Kath. Univ. Brüssel (1994) Nennungen in: Who is Who in Österreich; Who's Who in the World; International Directory of Distinguished Leadership; Who's Who in Finance & Industry; Five Thousand Personalities of the World; Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender; Who is Who, Wirtschaftsuniversität Wien Sprachen: Englisch, Spanisch; Kenntnisse Russisch, Urdu
Autorenverzeichnis Dtto A. Altenburger, o.Univ.Prof.Mag.Dr., Regensburg, Betriebswirtschaftslehre; Beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Rene Clemens Andeßner, Univ.Ass.Mag.Dr., Linz, Betriebswirtschaftslehre. Hans Bach, em.Univ.Prof.Dr., Schlierbach, Altrektor Universität Linz I Agrarpolitik, Agrarsoziologie und Gesellschaftspolitik. Christoph Badelt, o.Univ.Prof.Mag.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität I Wirtschafts- und Sozialpolitik. Ingolf Bamberger, Univ.Prof.Dkfm.Dr., Essen, Betriebswirtschaftslehre. Leonhard Bauer, o.Univ.Prof.Dkfm.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversitätl Volkswirtschaft und Ökonometrie. Walter Becher, Dr., Pullach I Isartal, Abgeordneter zum Bundestag LR. Heinrich Beck, Univ.Prof.Dr.Dr.h.c., Bamberg, Philosophie; Mitglied der Internationalen Akademie der Wissenschaften und der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste. Werner Behrens, M.A. Dr., Wien, Deputy Director General LR., United Nations Industrial Development Organization (UNIDO). Christian Bellak, Univ.Ass.Mag.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität I Volkswirtschaft. Werner Bifjl, o.Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr., Wien, Altrektor Universität für Bodenkultur I Wasservorsorge, Gewässerökologie und Abfallwirtschaft. Rudolf Bratschitsch, o.Univ.Prof.Dkfm.Dr., Innsbruck, Altrektor Industrie und Fertigungswirtschaft. Fritz Breuss, a.o.Univ.Prof.Mag.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität I Volkswirtschaft; wissenschaftlicher Mitarbeiter, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). Bernulf Bruckner, Univ.Ass.Mag.Dr., Wien, Universität I Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Alois Brusatti, em.Univ.Prof.Dr., Baden, Altrektor 'Wirtschaftsuniversität I Wirtschafts- und Sozialgeschichte.
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Gerhard Buchinger, Dkfm.Dr., Wien, Geschäftsftlhrer der AED LR. Jürgen Bussiek, em.Prof.Dr., Bielefeld, Betriebswirtschaftslehre. Wilhelm Bühler, o.Univ.Prof.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität / Bankbetriebsund Betriebswirtschaftslehre. Vincenzo Cappeletti, Univ.Prof.Dr., Rom, Wissenschaftsgeschichte, Direttore Generale, Istituto della Enciclopedia Italiana. Thomas Chaimowicz, Hon.Prof.DDr., Salzburg, Klassische Philologie, Alte Geschichte, Antike Staatsphilosophie und Römisches Recht. Werner Clement, o.Univ.Prof.Dr.Dr.h.c., Wien, Wirtschaftsuniversität / Volkswirtschaft, Industrieökonomie; Konsulent OECD, UNO und State Planning Committee, HanoL Joachim Dalfen, o.Univ.Prof.Dr., Salzburg, Altrektor; Klassische Philologie; Korr. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; Ordentl. Mitglied, Polka Akademia UmiejentnoscL Jan Degadt, Univ.Prof.Dr., Brüssel, Catholic University / Economics and Statistics. Engelbert Dockner, o.Univ.Prof.DipI.Ing.Dr., Wien, Universität / Finanzwirtschaft und Banken. Rik Redder Donekels, Univ.Prof.Dr. M.Sc., Brüssel, Catholic University / Small Business Research. David E. Dowall, Univ.Prof.Dr., Berkeley, City and Regional Planning, Consultant World Bank, UNIDO. Alois Eder, em.Univ.Prof.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität / Allgemeine Pädagogik. Rudolf Eder, a.o./tit.o.Univ.Prof.lng.Dkfm.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversitätl Außenwirtschaft. Karin Ehlers, DipI.Vw., Kiel, Armutsökonomie, Armutsmessung. Rolf Eschenbach, o.Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversitätl Untemehmensftlhrung, Controlling. Inge Franz, Univ.Ass.Dr., Chemnitz, Germanistik, Slawistik, Geschichte, Ethik. Erwin A. Fröhlich, Prof.Dkfm.Dr., Wien, Leiter LR., Institut für Gewerbeund Handwerksforschung; Institut für Angewandte Wirtschafts ethik und Unternehmenskultur. Bernd Genser, Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr., Konstanz, Finanzwissenschaft.
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Stefan Griller, a.o.Univ.Prof.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität I Öffentliches Recht; Leiter, Forschungsinstitut ftlr Europafragen. Antti Haahti, Univ.Prof.Dr., Tampere, Entrepreneurship; Director, School of Business Administration. Hans Thomas Hak/, Dr., Graz, Verleger. Hans Haumer, Dr., Wien, Gen.-Direktor i.R.; Präsident des Verwaltungsrates der LGT Bank, Vaduz; Geschäftsführender Gesellschafter, E.M.C. Beratungsgesellschaft, Wien. K/aas Havenga, Univ.Prof.Dr., Potchefstroom, Economics and Management Sciences. Per-Anders Havnes, Univ.Prof.Dr., Kristiansand, Economics and Social Science. Erich Heinte/, em.Univ.Prof.Dr.Dr.h.c., Wien, Universität I Systematische und historische Philosophie; Wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Hans-Rimbert Hemmer, Univ.Prof.Dr., Giessen, Volkswirtschaftslehre und Entwicklungsforschung. Gera/d Hinteregger, B.A., DDr.Dr.h.c., Wien, Botschafter und Generalsekretär European Economic Commission i.R. Erich Hoch/eitner, Dr., Sekt.-Leiter und Botschafter i.R., Präsident, Österreichische Gesellschaft ftlr Entwicklungszusammenarbeit (adc Austria). H Peter Ho/zer, Univ.Prof.Dkfm.Dr., Wien I Illinois, Untemehmensrechnung. Kurt Ho/zer, em.Univ.Prof.Dkfm.Dr., Wien, Universität für Bodenkulturl Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik; Beeideter Buchprüfer und Steuerberater. Bettina S. Hurni, Univ.Doz.Dr., Neuenburg, Weltwirtschaft. Raymond W.Y. Kao, Univ.Prof.Dr., Toronto/Singapur, Sm all Business and Entrepreneurship Herbert Kess/er, Prof.Dr., Mannheim, Rechtsanwalt, Präsident der HumboldtGesellschaft ftlr Wissenschaft, Kunst und Bildung; Erster Vorsitzender der Sokratischen Gesellschaft; Ehrenvorsitzender der Leopold Ziegler-Gesellschaft. Hansjörg K/ausinger, Ass.Prof.Univ.Doz.Mag.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität I Volkswirtschaftstheorie und -politik. Aljred K/ose, a.o.Univ.Prof.DDDr., Wien, Universität I Theorie der Politik.
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Paul König, Dr., Baden, Privatgelehrter / Geschichte, Gennanistik und Philosophie. Ernest Kulhavy, Altrektor Senator h.c. em.Univ.Prof. Dkfm.Dr.Dr.h.c., Linz, Marketing. Alfred Kyrer, Altrektor o.Univ.Prof.Dkfm.Dr., Salzburg, Volkswirtschaftslehre und -politik. Sophie Latour, Privatdoz., Dr., Bordeaux, Gennanistik und Philosophie. Gerhard Lehner, Hon.Prof.Dkfm.Dr., Wien, Budget und Steuerpolitik; Referent rur Budget und Steuern, Österreichisches Institut rur Wirtschaftsforschung. Alfred Locker, em.Univ.Prof.Dr., Wien, Technische Universität / Theoretische Biophysik, Kybernetik, Wissenschaftskritik. Adolf Heinz Malinsky, o.Univ.Prof.lng.Mag.Dr., Linz, Betriebliche Umweltwirtschaft, Angewandte Ökologie und Umweltplanung. Herbert Matis, o.Univ.Prof.Dr., Wien, Altrektor WirtschaftsuniversitätlWirtschafts- und Sozialgeschichte; Wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Renate Meyer, Univ.Ass.Dr., Wien, Universität / Organisationstheorie, Organisation-Umwelt-Beziehungen, Mikropolitik. Ludwig Josej Mochty, Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr., Essen, Unternehmensrechnung. Reinhard Moser, o.Univ.Prof.Mag.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität / Betriebswirtschaftslehre des Außenhandels. Josej Mugler, o.Univ.Prof.Dkfm.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität / Betriebswirtschaftslehre des Gewerbes und der Klein- und Mittelbetriebe. Reinhard Neck, Univ.Prof.Mag.Dr., OsnabrUck, Finanzwissenschaft. Ewald Nowotny, o.Univ.Prof.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität / Finanzwirtschaft und Wirtschaftspolitik; Abgeordneter zum Nationalrat (Vorsitzender des Finanzausschusses). Gabriel Obermann, o.Univ.Prof.Mag.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität / Finanzwissenschaft. Helmut Pech, Dkfm.Dr., Wien, Leiter Volkswirtschaft, Oesterreichische Nationalbank. Herbert Pietschmann, o.Univ.Prof.Dr., Wien, Universität / Theoretische Physik. Hans Jobst Pleitner, Univ.Prof.Dr., St. Gallen, Betriebswirtschaftslehre rur Klein- und Mittelunternehmen.
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Arnulf Rieber, Univ.Prof.Dr., Bamberg, Philosophie und Sozialethik. Friedrich Romig, Univ.Doz.Dkfm.Dr., Wien, Volkswirtschaftslehre und -politik.
Karl Sandner, a.o.Univ.Prof.Mag.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität / Unternehmensfilhrung.
Herbert Schambeck, o.Univ.Prof. DDr.h.c., Linz-Wien, Öffentliches Recht, Politische Wissenschaften und Rechtsphilosophie; Vizepräsident des Österreichischen Bundesrates.
Maria Schaumayer, Senatorin h.c. Dkfm.Dr., Wien, Präsidentin der Oesterreichischen Nationalbank LR ..
JosefSchmid, Univ.Prof.Dipl.Vw.DDr., Bamberg, Bevölkerungswissenschafl:. Karl-Heinz Schmidt, Univ.Prof.Dr., Paderborn, Volkswirtschaftslehre. Anton L. Schöpf, o.Univ.Prof.Dkfm.DDr., Wien, Wirtschaftsuniversitätl Finanzwissenschaft; Praktischer Arzt.
Gerhard Seicht, o.Univ.Prof.Dkfm.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität / Betriebswirtschaftslehre der Industrie; Mitglied der Wissenschaftlichen Kommissionen filr Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Rechnungswesen des Deutschen Verbandes der Hochschullehrer filr Betriebswirtschaft.
Christian Seidl, Univ.Prof.Dkfm.Dr., Kiel, Finanzwissenschaft und Sozialpolitik; Korr. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Walter Sertl, o.Univ.Prof.Dkfm.Dr., Linz, Revisions-, Treuhand und Rechnungswesen.
Brigitte Sob, Univ.Lektorin Dr., Wien, Philosophie. Wolfgang Speyer, o.Univ.Prof.Dr., Salzburg, Klassische Philologie. Jan Stankovsky, Dkfm.Dr., Referent filr Außenhandel, Österreichisches Institut ft1r Wirtschaftsforschung. Dieter Ferdinand Stiefel, a.o.Univ.Prof.DDr., Wien, Universität / Wirtschaftsund Sozialgeschichte; Vorstand, Schumpeter Gesellschaft, Wien.
Wi/fried StoII, Dkfm.Dr., Esslingen, Gesellschafter FESTO KG, Mitglied des
Beirates des Verbandes der Metallindustrie und des Beirates der Deutschen Bank.
Walter B. Stöhr, em.Univ.Prof.Dkfm.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversitätl Raumordnung und Regionalentwicklung.
Herbert Strunz, Prof.Mag.Dr., Zwickau, Wirtschaftswissenschaften, Wirtschafts- und Verwaltungsfilhrung.
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Geiserich E. Tichy, tit.o.Univ.Prof.lng.Dkfm.Dr., Wien, Wirtschaftsuniversität / Volkswirtschaft, Wirtschafts- und Steuerpolitik; Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste; Geschäftsftlhrender Gesellschafter, Europa Treuhand fII Ernst & Young; Beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Gunther Tichy, o.Univ.Prof.Dr., Graz, Volkswirtschaftstheorie und -politik. Felix Unger, o.Univ.Prof.Dr.Dr.h.c., Salzburg, Herzchirurgie; Präsident der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste. Karl Vodrazka, Altrektor, o.Univ.Prof.Dkfm.Dr., Linz, Betriebswirtschaftslehre; Wirkl. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Willi A. Wapenhans, Doz.DDr., Königswinter, Wirtschaftswissenschaften; Entwicklungsausschuß, Internationaler Währungsfonds und Weltbank; Vizepräsident der Weltbank i.R. Thomas Wrona, Dkfm., Essen, Strategische Unternehmensfilhrung, Vertikale Integration in globalen Märkten. Klaus Zapotoczky, o.Univ.Prof.Dr., Linz, Soziologie; Kuratoriumsvorsitzender, Österreichische Forschungsstiftung filr Entwicklungshilfe (ÖFSE).