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German Pages 505 [508] Year 1980
Führungsprobleme industrieller Unternehmungen
Führungsprobleme industrieller Unternehmungen Festschrift für Friedrich Thomee zum 60. Geburtstag Herausgegeben von Dietger Hahn
W DE
G Walter de Gruyter • Berlin • New York 1980
CIP-Kurztitelaufnahme
der Deutschen
Bibliothek
Führungsprobleme industrieller Unternehmungen : Festschr. für Friedrich Thomée zum 60. Geburtstag / hrsg. von Dietger Hahn. - Berlin, New York : de Gruyter, 1980. ISBN 3-11-008181-4 NE: Hahn, Dietger [Hrsg.]; Thomée, Friedrich: Festschrift
© Copyright 1980 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Einbandentwurf: Rudolf Hübler, Berlin. Satz und Druck: Georg Wagner, Nördlingen. Bindung: Lüderitz & Bauer Buchgewerbe GmbH, Berlin.
Inhalt
Friedrich Thomee zum 60. Geburtstag Toni Schmücker, Vorsitzender des Vorstandes der Volkswagenwerk AG, Wolfsburg Dietger Hahn, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Unternehmungsplanung, Gießen
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I. Grundfragen im Zusammenhang mit der Führung industrieller Unternehmungen Management-Philosophie in einer sich wandelnden Gesellschaft Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Ulrich, Hochschule St. Gallen
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1. Vorbemerkungen zum Thema 2. Die Unternehmung als gesellschaftsbezogene Institution 3. Veränderungen der Werthaltungen in der Gesellschaft 4. Die Turbulenz der Umwelt 5. Konsequenzen für die Unternehmungsführung 6. Das Konzept der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmung
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Quantifizierungsprobleme im Rahmen der strategischen Unternehmensplanung Prof. Dr. Herbert Jacob, Universität Hamburg
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1. Begriff und Aufgaben der strategischen Unternehmensplanung 2. Strategische Projekte 3. Die Portfolio-Technik 4. Zur quantitativen Charakterisierung strategischer Projekte (strategischer Maßnahmen) 5. Gestaltungsformen strategischer Projekte 6. Das Problem der Unsicherheit 7. Ein Gesamtmodell
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Strategische Planung und Mitbestimmung Prof. Dr. Dietger Hahn, Universität Gießen
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1. Problemstellung 2. Gesetzliche Grundlagen der Bildung von Mitbestimmungsorganen in Unternehmungen in der Bundesrepublik Deutschland
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VI
Inhalt
3. Charakterisierung der strategischen Planung im Rahmen eines Gesamtplanungssystems 4. Einflußnahmemöglichkeiten der Arbeitnehmer(vertreter) auf die strategische Planung 5. Entwicklungstendenzen der Einflußnahmemöglichkeiten der Arbeitnehmer(Vertreter) auf die strategische Planung Probleme und Entwicklungstendenzen der Organisationspolitik industrieller Großunternehmungen Prof. Dr. Knut Bleicher, Universität Gießen 1. Kontextanalyse: Bürokratische Organisationssysteme werden bei zunehmender Komplexität und Varianz dysfunktional 2. Systemanalyse organisatorischer Gestaltung: Die Suche nach Modifikationen und Alternativen zur bürokratischen Strukturierung 3. Instrumentalität der Organisationsmodelle für die strategische Unternehmungsführung
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Beiträge der Universitäten zur Ausbildung von Führungskräften Prof. Dr. Karl Alewell, Universität Gießen 1. Problemstellung 2. Anforderungen an Führungskräfte 3. Gegenwärtige Struktur und Situation der Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland 4. Mögliche Beiträge der Universitäten zur Ausbildung von Führungskräften . . . .
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Die Beteiligung der Unternehmungsführung an der Gestaltung computer-gestützter Informationssysteme Prof. Dr. Dres. h. c. Erwin Grochla, Universität zu Köln
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1. Unternehmungsführung und computer-gestützte Informationssysteme 2. Entwicklung computer-gestützter Informationssysteme als Aufgabe der Unternehmungsführung 3. Organisation der Beteiligung der Unternehmungsführung an der Gestaltung computer-gestützter Informationssysteme
109
115 117
125 130 134
II. Unternehmungsführung im gesamtwirtschaftlichen Umfeld Zukunftsprobleme unserer Wirtschaft Prof. Dr. Dr. h. c. Herbert Giersch, Universität
139 Kiel
1. Einleitung 2. Der Konjunkturrhythmus 3. Über die Zukunft unserer Wirtschaft auf längere Sicht (Wachstum) 4. Schlußbemerkungen
139 140 142 148
Inhalt Zwei K o m p o n e n t e n des Wirtschaftswachstums: Technischer Fortschritt u n d Streß Dr. Karl Heinrich Oppenländer, Dr. Werner H. Strigel, Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung, München
VII
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Technischer Fortschritt 1. Siegeszug des technischen Fortschritts 2. Auswirkungen des technischen Fortschritts 3. Eine empirische Information: Produktivitätsfortschritt und seine Auswirkungen in der Bundesrepublik 4. Zukunftsprobleme im Zusammenhang mit dem technischen Fortschritt
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Streß 1. Psychosoziale Stressoren und Wirtschaftswachstum 2. Geringerer Wachstumsoptimismus empirisch nachweisbar 3. Ursachen für die wachsende Unsicherheit bei unternehmerischen Antizipationen .
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Mobilität und Gesellschaft - Die H e r a u s f o r d e r u n g an die U n t e r n e h m e n s politik der Automobilindustrie Prof. Dr. Gerd Aberle, Universität Gießen
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1. Zur produktspezifischen gesamtwirtschaftlichen Unternehmensverantwortlichkeit 2. Externe Effekte der Mobilitätsstruktur in entwickelten Volkswirtschaften 3. Das Mobilitätsproblem 4. Gesellschaftliche Erfordernisse und einzelwirtschaftliche Unternehmensplanung .
153 158
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III. Investitions- und Finanzierungspolitik als Führungsprobleme Entscheidungsprozesse bei privaten Auslandsinvestitionen - Entscheidungsgrößen u n d theoretische Grundlagen Prof. Dr. Hans E. Büschgen, Universität zu Köln 1. Ausgangstatbestände des Entscheidungsprozesses (Der ökonomische Hintergrund) 2. Die Unternehmungsziele als Entscheidungsdeterminanten 3. Organisationale Aspekte des Entscheidungsprozesses Joint Ventures - ein Mittel zur Ausweitung der O s t - W e s t - K o o p e r a t i o n ? Prof. Dr. Ehrenfried Pausenberger, Universität Gießen 1. Ausgangspunkt und Fragestellung 2. Begriff und Formen des Joint Venture 3. Erfahrungen in westlichen Ländern 4. Erfahrungen in östlichen Ländern 5. Ergebnis
. .
185
185 193 194 203 203 204 206 211 214
VIII
Inhalt
Z u m Finanzmarketing der U n t e r n e h m u n g Prof. Dr. Joachim Süchting, Universität Bochum 1. Grundlegende Begriffe und Übersicht über die Elemente einer Strategie des Finanzmarketing 2. Mögliche strategische Ziele im Finanzmarketing 3. Die Finanzmarktforschung 4. Produktpolitik und Preisgestaltung 5. Die Vertriebspolitik 6. Die Kommunikationspolitik
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218 220 223 228 230 231
IV. Rechnungswesen und U n t e r n e h m u n g s f ü h r u n g D a s Rechnungswesen als Instrument der U n t e r n e h m u n g s f ü h r u n g Prof. Dr. Hans Siegwart, Hochschule St. Gallen
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1. 2. 3. 4.
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Einleitung Die Grundlagen-Zielsystem und Führungsfunktionen Das führungsorientierte Rechnungswesen Zusammenfassung
Z u r finanziellen Steuerung und Kontrolle im internationalen Konzern mit Hilfe von Bilanzen Prof. Dr. Walther Busse von Cölbe, Universität Bochum 1. Problemstellung 2. Eignung von Einzelabschlüssen zur finanziellen Steuerung und Kontrolle von Konzernunternehmen 3. Finanzielle Steuerung und Kontrolle in Konzern- oder Landeswährung 4. Umgerechnete Einzelabschlüsse als Steuerungs-und Kontrollinstrument
Nationale Bewertungs- und Bilanzierungswahlrechte nach der 4. E G - R i c h t linie und deren B e d e u t u n g f ü r die handels- und steuerrechtliche Gewinnermittlung Prof. Dr. Klaus v. Wysocki, Universität München 1. Einführung 2. Der allgemeine Rechnungslegungsgrundsatz nach Art. 2 der 4. EG-Richtlinie . . 3. Handelsrechtliche und steuerrechtliche Auswirkungen der Neufassung von Bilanzansatzvorschriften 4. Neufassung der Bewertungsvorschriften 5. Schlußbemerkungen
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257 258 268 271
279
279 281 283 287 293
Inhalt Soll- und Mindest-Deckungsbeiträge als Steuerungselemente der betrieblichen Planung Prof. Dr. Wolfgang Kilger, Universität Saarbrücken 1. Die Grenzplankosten- und Deckungsbeitragsrechnung als entscheidungsorientiertes System der Kostenrechnung 2. Grenzkosten und Deckungsbeiträge als entscheidungsrelevante Daten 3. Soll-Deckungsbeiträge als Bindeglieder zwischen der kurzfristigen und der langfristigen Planung
IX
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299 303 318
N e u e A u f g a b e n der Kosten- und Erlösrechnung aus der Sicht der U n t e r n e h mensführung Prof. Dr. Gert Laßmann, Universität Bochum
327
1. 2. 3. 4. 5.
327 328 333 334 343
Einführung Abgrenzung und Erfassung von Qualitätskosten Primärkostendurchrechnung Erlösrechnung und -analyse Einflußgrößenrechnung als Grundlage von Betriebs-und Absatzmodeilen
. . . .
V. Steuerpolitik und U n t e r n e h m u n g s f ü h r u n g G r u n d ü b e r l e g u n g e n zur Konzernsteuerpolitik Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Selchert, Universität 1. 2. 3. 4. 5.
351 Gießen
Problemstellung Rechtsstruktur des Konzerns als Basis der Konzernsteuerpolitik Zielfunktion in der Konzernsteuerpolitik und ihre Determinanten Parameter der Konzernsteuerpolitik Zusammenfassung
Steuerplanung als Teil der U n t e r n e h m e n s p l a n u n g Prof. Dr. Alexander Marettek, Technische Universität
351 352 357 366 370
373 Clausthal
1. Überblick über die betrieblichen Teilpläne 2. Versuch zur Einordnung steuerplanerischer Aktivitäten in die Unternehmensplanung 3. Instrumente der Steuerplanung 4. Steuerbilanzplanung im Rahmen der betrieblichen Gesamtplanung 5. Ergebnis Anhang: Beispiele für die Bewertungswahlrechte i. w. S. für die Steuerbilanz . . . .
373 378 381 383 391 391
X
Inhalt
VI. Entscheidungswissenschaften, mungsführung
Innovationsforschung
und
Entscheidungswissenschaften und U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g Prof. Dr. Hans-Jürgen Zimmermann, Technische Hochschule
Unterneh-
395 Aachen
1. Wesen und Inhalt der Entscheidungswissenschaften 2. Entscheiden/Planen als zentrale Führungsaufgabe 3. Nutzen und Notwendigkeit der Interaktion
395 402 407
Innovationsmanagement als K n o w - H o w - M a n a g e m e n t Prof. Dr. Werner Pfeiffer, Universität Erlangen-Nürnberg
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1. Innovation als zentraler Wettbewerbsfaktor 2. Zum Innovationsbegriff 3. Zum Know-How-Begriff - Know-How als zweckorientiertes Wissen bzw. spezifische Information 4. Innovationsprozeß als Know-How-Substitution und/oder -Ergänzung im Sinne einer schöpferischen Zerstörung 5. Höhe der Know-How-Veränderungsstufe und -Veränderungsgeschwindigkeit als Determinanten von Schwierigkeitsgrad, Risiko und Kosten von Innovationsprozessen 6. Identifizierung von Schwachstellen bzw. kritischen Faktoren von Innovationsprozessen 7. Integrales Know-How-Management als zentrales Instrument zur Steuerung von Innovationsprozessen bei schnellen technologischen Veränderungen
421 421 426 436 437 441 444
Modellierung u n d Optimierung dynamischer Produktionssysteme Prof. Dr. Dieter B. Pressmar, Universität Hamburg
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1. Systemtheoretische Analyse des betrieblichen Produktionsbereichs 2. Merkmale dynamischer Systeme 3. Modellierung dynamischer Systeme 4. Besonderheiten des Produktionssystems 5. Ein praktisches Anschauungsbeispiel 6. Zusammenfassung und Ausblick
453 455 458 463 466 468
Modelldenken u n d der Entwurf von U n t e r n e h m e n s p l a n u n g s m o d e l l e n f ü r die Unternehmensführung Prof Dr. Heiner Müller-Merbach, Technische Hochschule Darmstadt
471
1. Modelle und das Verstehen des Unternehmensgeschehens 2. Die subjektiven Einflußgrößen der Modellbildung 3. Der Entscheidungsträger und der Analytiker - ein Spannungspaar 4. Aufbau und Einsatz von Unternehmensplanungsmodellen 5. Ausblick
471 472 476 482 488
Friedrich Thomée zum 60. Geburtstag
„Führungsprobleme industrieller Unternehmungen" beschäftigen Friedrich Thomee als Aufgabenkomplex in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied in der Spitze des Volkswagenkonzerns und auch als Generalthema in seiner Eigenschaft als Honorarprofessor an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Mit Beiträgen, die Führungsprobleme industrieller Unternehmungen behandeln, ehren Friedrich Thomee daher auch ihm nahestehende Hochschullehrer und gratulieren ihm zu seinem 60. Geburtstag. Friedrich Thomee verbindet in idealer Weise Theorie und Praxis. Er hat eine breite Brücke zwischen Wirtschaft und Hochschulen geschlagen. Um ihn ein wenig als Führungskraft, Hochschullehrer und Freund zu charakterisieren, erscheint es hilfreich, einen Blick auf seinen bisherigen Lebensweg zu werfen. Friedrich Thomee wurde am 1. Mai 1920 in Gennebreck im Ennepe-Ruhrkreis geboren und gehört zu jener Generation, die unmittelbar nach dem Abitur am 2. Weltkrieg teilnahm. Nach der Militärzeit - er wurde als Offizier verwundet - studierte er Volkswirtschaft an den Universitäten Münster, Breslau und Kiel. Am Institut für Weltwirtschaft der Universität Kiel schloß er das Studium als Diplom-Volkswirt im Juni 1946 ab. Von März 1947 bis Juni 1948 war er als wissenschaftlicher Assistent bei Professor Dr. Karl Schiller am Institut für Außenhandel und Überseewirtschaft der Universität Hamburg tätig. Von August 1948 bis März 1955 arbeitete er anschließend als wissenschaftlicher Angestellter in der volkswirtschaftlichen Abteilung der Landeszentralbank von Nordrhein-Westfalen. Zu seinen besonderen Aufgabengebieten zählten Fragen der Währungspolitik, des Kapitalmarktes und der öffentlichen Finanzen, über die er unter Bezug auf Tagesprobleme auch in der Wirtschaftspresse berichtete. Am 30. Januar 1954 wurde er von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn zum Dr. rer. pol. promoviert mit dem Thema: „Die Bedeutung der Geldschöpfung für den zeitlichen Aufbau der Produktion unter besonderer Berücksichtigung der Euckenschen Geldsysteme". Von April 1955 bis Ende 1959 war Friedrich Thomee sodann Stellvertreter des Finanzdirektors der Hüttenwerke Phoenix AG und später - nach der Fusion mit den Rheinischen Röhrenwerken - der Phoenix-Rheinrohr AG. Anschließend ging Friedrich Thomee in die Vereinigten Staaten und arbeitete dort als Officer im International Department des Head Office der Chase Manhattan
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Toni Schmücker / Dietger Hahn
Bank in New York bis Ende des Jahres 1960. Zu seinen besonderen Aufgabengebieten gehörten die Bankgeschäfte mit dem Gemeinsamen Markt, insbesondere mit Deutschland. Nach der Rückkehr wurde Friedrich Thomee von der Hauptverwaltung der Dresdner Bank AG, Düsseldorf, bis Mai 1962 mit Sonderaufgaben betraut. Im Juni 1962 ging Friedrich Thomee wieder in die Industrie - als Finanzdirektor der August Thyssen-Hütte AG. Von dort aus wurde er ab September 1964 in den Vorstand der Handels-Union AG, Düsseldorf, berufen und zeichnete in dieser Gesellschaft des Thyssen-Konzerns für das Finanzressort verantwortlich. Am 1. Oktober 1965 wurde Friedrich Thomee auf Wunsch von Professor H. Nordhoff in den Vorstand der Volkswagenwerk AG berufen. Ihm untersteht dort seit dieser Zeit der Bereich Finanzen - mit den Aufgabengebieten: Betriebswirtschaftliche Planung, Technische Betriebswirtschaft, Rechnungswesen, Finanzierung und Banken sowie Steuern und Versicherungen. Seit 1974 lehrt Friedrich Thomee als Honorarprofessor im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Mit Kollegen aus der Wirtschaftspraxis und der Hochschule gründete er dort die erste Gesellschaft für Unternehmungsplanung an einer Universität im deutschsprachigen Raum, die Trägerin des Instituts für Unternehmungsplanung ist und deren Vorstandsvorsitz er inne hat. Seit 1979 hält Friedrich Thomee auch betriebswirtschaftliche Vorlesungen an der Wirtschaftshochschule in St. Gallen. Friedrich Thomee gehört dem Aufsichtsrat von Banken, Versicherungen und Industrieunternehmungen an und hat den Aufsichtsratsvorsitz bei der Triumph Werke Nürnberg AG inne. Zudem ist er Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Volkswagenwerk und der C. Rudolf Poensgen-Stiftung e.V. zur Förderung des Führungsnachwuchses in der Wirtschaft. Aus seinem Lebensweg sind die Hauptinteressengebiete und Aktionsfelder ablesbar: Treasuring, Controlling und grundlegende Unternehmungspolitik. Friedrich Thomee ist ein Spitzenfachmann auf dem Gebiet der Finanzierung - vom Geldverkehr über die Kapitalbeschaffung bis zur Kapitalanlage. Diesem Gebiet gilt seine besondere Neigung, und er beherrscht das internationale Finanzgeschäft und Finanzparkett wie kaum ein anderer. „Die Finanzdispositionen eines multinationalen Konzerns, seien es nun Geldbewegungen im Konzern, Exporte und Importe mit Dritten oder die Verwaltung finanzieller Aktiva und Passiva, erfordern stets die Beobachtung und Anpassung an die jeweilige währungspolitische Situation" (Thomee in: „Kein Tummelplatz für Spekulanten", 1973). Friedrich Thomee beherrscht das finanzpolitische Instrumentarium zur zielgerichteten Anpassung an monetäre Entwicklungen und genießt hohes Ansehen und Vertrauen gerade auch bei international tätigen Banken. Vorstand und Mitarbeiter wissen Finanzierung und Liquiditätssicherung bei Friedrich Thomee in besten Händen. Im Hörsaal wird es geradezu spannend, wenn er über Finanzierungsprobleme und
Friedrich Thomée zum 60. Geburtstag
XIII
deren Lösungsmöglichkeiten insbesondere bei schwierigen unternehmungspolitischen Situationen referiert. Sein Erfolg liegt sicher nicht zuletzt darin begründet, daß sich Friedrich Thomée immer wieder zwingt, schwierige Themenkomplexe systematisch zu durchdringen, so zum Beispiel auch mit seiner Veröffentlichung über „Gefährdung des Investitionserfolges durch Inflation und Änderung von Währungsparitäten" (Thomée in: Controlling und Finanzplanung, Schriften zur Unternehmensführung 1979). Seit seiner Zeit bei der Volkswagenwerk A G beschäftigt sich Friedrich Thomée neben der Finanzierung sehr stark mit der Planung und dem Rechnungswesen. Auf der Basis einer klaren Konzeption hat er mit seiner Mannschaft eine rollende Kurz-, Mittel- und Langfristplanung für den Konzern nach Produkten, Bereichen und Objekten aufgebaut (Thomée/Hohn: „Integrierte Planungsrechnung im Planungssystem der Volkswagenwerk AG, Wolfsburg", 1974). Dieses ergebnis- und liquiditätsorientierte Planungs- und Kontrollsystem ist auch heute noch wichtigstes betriebswirtschaftliches Führungsinstrument im Konzern; in Koordination mit der operativen und strategischen Programmplanung hat es sich gerade auch in den schwierigen Jahren der Umstrukturierung bestens bewährt. Um unnötige Kosten erst gar nicht entstehen zu lassen, sondern sie bereits während der Konstruktion zu vermeiden oder sie zu kontrollieren, aber auch um alle Produktivitätssteigerungsmöglichkeiten zu unterstützen, hat Friedrich Thomée dem Aufbau einer Abteilung Technische Betriebswirtschaft mit der Durchführung von Wertanalysen und Konkurrenzanalysen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Um alle Funktionsbereiche in der Muttergesellschaft und in den Tochtergesellschaften noch stärker auf die Ergebnisorientierung in ihren Planungen und Entscheidungen auszurichten und ihnen auch entsprechende beratende Unterstützung direkt im jeweiligen Bereich zu geben, hat er in jüngster Zeit das sogenannte begleitende bzw. dezentrale Controlling eingeführt. Mit besonderer Intensität setzt sich Friedrich Thomée mit grundlegenden unternehmungspolitischen Fragen auseinander. So sind ihm die regionalorientierte und die produktorientierte Diversifikation zur langfristigen Sicherung der Ergebniserwirtschaftung besondere Anliegen. Sein Sachverstand, seine Erfahrung und sein unternehmerisches Gespür zeichnen ihn immer wieder als außerordentlich wertvollen Diskussionspartner gerade in Fragen der Konzernführung aus. Fragen der Konzernpolitik und Probleme der strategischen Unternehmungsführung stehen bei Friedrich Thomée in der Regel auch in Vorträgen und Vorlesungen im Vordergrund (vgl. auch Thomée: „Die Position der multinationalen Unternehmen in nationaler und internationaler Sicht", 1976; ferner derselbe: „Industrial Management Flexibility in Times of Economic Change", 1978). Strukturierungs- und Lenkungsmöglichkeiten der Unternehmung interessieren ihn seit je von grundlegendem Ansatz her (vgl. zum Beispiel Thomée: „Das Boardsystem - eine Alternative zum Aufsichtsrat?", 1974).
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Toni Schmücker / Dietger Hahn
Im Mittelpunkt der Führungsaufgabe steht auch für Friedrich Thomee der Mensch. Die faire und motivierende Behandlung der Mitarbeiter, der Belegschaft, als dem wichtigsten Träger der Unternehmung will Friedrich Thomee primär auf der Basis des Leistungsprinzips verwirklicht sehen - natürlich unter Beachtung des Sozialprinzips. Für unsere Zukunftssicherung fordert er die Heranbildung einer Elite, „die ihre Auszeichnung in der Leistung sieht und aus der Leistung heraus Autorität gewinnt" (Thomee, Gießen 1979). Friedrich Thomee besticht durch seine Gabe zur Erkennung des Wesentlichen und zur Systematisierung; er überzeugt durch Zielstrebigkeit, begründete Argumentation und Ausdauer. Er besitzt die Gabe, eine fachlich hervorragende Mannschaft um sich zu scharen, die loyal mit ihm auch in schwierigsten Zeiten und unter größter Belastung zusammenarbeitet. Friedrich Thomee hat eine mehr als wohltuende natürliche Freundlichkeit und Offenheit und ist ein pädagogisches Naturtalent - ja er neigt manchmal sogar zum Philosophieren. Wenn wir richtig sehen, sind seine Quellen vor allem tiefe ethischreligiöse Wertvorstellungen, eine breite humanistische Bildung und ein glückliches Familienleben. Es bereitet Freude und ist Gewinn, mit Friedrich Thomee zusammen zu sein - als Kollege im Vorstand, als Kollege in der Hochschule und als Freund. Wir wünschen ihm für die Zukunft weiter alles Gute. Wolfsburg/Gießen 1980
Toni Schmücker, Dietger Hahn
I. Grundfragen im Zusammenhang mit der Führung industrieller Unternehmungen
„Es ist die Aufgabe der Zukunft, gefährlich zu sein" A. N. Whitehead
Management-Philosophie in einer sich wandelnden Gesellschaft Hans
Ulrich
1. Vorbemerkungen zum Thema Unter „Management-Philosophie" werden im folgenden die grundlegenden Einstellungen, Überzeugungen, Werthaltungen verstanden, welche das Denken und Handeln der maßgeblichen Führungskräfte in einem Unternehmen beeinflussen. Bei diesen Grundhaltungen handelt es sich stets um Normen, um Werturteile, die aus den verschiedensten Quellen stammen und ebenso geprägt sein können durch ethische und religiöse Überzeugungen wie auch durch die Erfahrungen in der bisherigen Laufbahn einer Führungskraft. Nicht die persönliche Lebensphilosophie an sich interessiert uns jedoch hier, sondern die sich daraus ergebende unternehmungsbezogene Einstellung; es geht also um Werthaltungen, welche für das Handeln der Führungskraft im Unternehmen relevant sind und nicht um solche, die sein Verhalten in anderen Lebenssphären bestimmen. Diese unternehmungsrelevanten Werthaltungen spielen in der Unternehmungsführung eine im wörtlichen Sinn entscheidende Rolle, die oft den Führungskräften selbst nicht bewußt ist. Solche Vor-Urteile haben die Funktion von Entscheidungskriterien; ohne sie können Entscheide überhaupt nicht getroffen werden. Aus noch so vielen Analysen und Prognosen allein können noch keine Entscheide abgeleitet werden; immer müssen dazu normative Festlegungen kommen, die letztlich bestimmen, welche der Alternativen als „gut" und welche als „schlecht" bezeichnet werden. Die in einem Unternehmen bestehende Management-Philosophie ist daher von größter Bedeutung für die Zukunft dieses Unternehmens. Trotz ihrer tiefen und unbewußten Basis sind solche Werthaltungen keine uns angeborenen Instinkte, denen wir hilflos ausgeliefert sind, sondern der menschlichen Vernunft zugängliche, kritisierbare und veränderbare Normen. Es muß geradezu gefordert werden, daß Führungskräfte, von deren Entscheidungen andere Menschen abhängig sind, nicht stur an bestimmten Einstellungen festhalten, sondern sich intensiv bemühen, „richtige" Werthaltungen zu entwickeln. Hier liegt
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Hans Ulrich
meines Erachtens die erste und wichtigste Verantwortung der Führungskräfte in einer demokratischen Gesellschaft: Nicht nur das unter unkritischer Übernahme fremder oder eigener Werthaltungen und unter Berücksichtigung aller Sachzwänge Zweckmäßige zu tun, sondern das aufgrund eigener Einsichten Richtige zu wollen. Was aber ist das Richtige? Zu dieser Frage sollen im folgenden einige Überlegungen angestellt werden. Es ist klar, daß diese Erörterungen selbst nicht wertfrei sein können, sondern letztlich auf persönlichen Überzeugungen des Verfassers beruhen.
2. Die Unternehmung als gesellschaftsbezogene Institution Die Aufgaben und Probleme der Unternehmungsführung von heute und morgen können meines Erachtens nur verstanden werden, wenn wir das Unternehmen als ein offenes soziales System verstehen, das in einem kontinuierlichen Austausch von Materie, Energie und Information mit seiner Umwelt begriffen ist. Aus Distanz betrachtet ist das einzelne Unternehmen ein kleines Element in einem großen und vielschichtigen System der menschlichen Gesellschaft, das davon lebt, daß es für irgendwelche anderen Elemente nützliche Funktionen ausübt. Es ist durchaus richtig, wenn die Hauptfunktion des Unternehmens in der Erbringung wirtschaftlicher Leistungen für Dritte gesehen wird; es ist aber falsch, die Unternehmung lediglich als Bestandteil der Gesamtwirtschaft aufzufassen, ganz einfach deshalb, weil es keine von anderen gesellschaftlichen Bereichen isolierbare Gesamtwirtschaft gibt. Die Gesellschaft und damit die unternehmerische Umwelt muß vielmehr als eine komplexe Ganzheit angesehen werden, in der sich in vielfältigster Weise menschliche Bestrebungen aller Art manifestieren und sich auch auf die Unternehmungen auswirken. Mehr noch: die Unternehmungen selbst sind als kleine komplexe Gesamtheiten aufzufassen, weil sie aus Menschen bestehen, die sich in ihrem Denken, Fühlen und Tun nicht auf eine wirtschaftliche Dimension reduzieren lassen. Die einzelne Unternehmung hat kaum je die Macht, die das gesellschaftliche Geschehen bestimmenden Faktoren wesentlich zu beeinflussen; sie muß sich ihnen anpassen. Es ist aber andererseits auch nicht so, daß das Unternehmungsgeschehen einfach durch äußere Faktoren determiniert wird; in einer marktwirtschaftlichen Ordnung verfügt die Unternehmung vielmehr über einen erheblichen Freiheitsraum zur Selbstbestimmung des eigenen Verhaltens. Dieser muß so ausgenützt werden, daß daraus eine Anpassung resultiert. Da alle von der Unternehmungsleitung getroffenen Entscheide bis zu ihrer Verwirklichung Zeit benötigen, ist es Aufgabe der Führung, zukünftige Umweltveränderungen gedanklich vorwegzunehmen. Aufgrund des oben Gesagten ist es klar, daß sich diese zukunftsbezogene Umweltanalyse nicht nur auf Wirtschafts- und Marktdaten beziehen darf, sondern
Management-Philosophie in einer sich wandelnden Gesellschaft
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alle relevanten Aspekte der Gesellschaft erfassen muß. Es geht daraus aber auch hervor, daß auch das eigene Unternehmen nicht nur als technisch-wirtschaftlicher Apparat erfaßt werden kann, sondern als ein soziales System, in das durch die Mitarbeiter zahlreiche menschliche Werte und Bestrebungen einbezogen werden. Da Mitarbeiter keine von der Gesellschaft isolierten Arbeitskräfte sind, sondern gleichzeitig Konsumenten, Staatsbürger, Familienmitglieder, politisch und weltanschaulich denkende Wesen usw., verändert sich auch die Unternehmung mit der Gesellschaft ohne Zutun der Unternehmungsführung; sowohl die Umwelt wie die Unternehmung selbst sind dynamische Systeme, die sich ungeplant und von niemandem kontrollierbar stets verändern. Diese Vorstellung der Unternehmung als eines kleinen offenen Systems innerhalb des großen komplexen Systems Gesellschaft führt uns auch zur Einsicht, daß das Schicksal der Unternehmung unlösbar verknüpft ist mit demjenigen der Gesellschaft, in die sie eingebettet ist. Gefahren für das Überleben einer Nation, einer Zivilisation oder gar der Menschheit bedrohen selbstverständlich auch die Existenz des einzelnen Unternehmens; in Zeiten zunehmender Gefahren dieser Art hat dies erhebliche Konsequenzen für die Management-Philosophie, auf die weiter unten eingegangen werden soll.
3. Veränderungen der Werthaltungen in der Gesellschaft Ich gehe im folgenden von der These aus, daß die Management-Philosophie der Unternehmungsführung auf die Dauer nicht grundsätzlich von den Werthaltungen eines großen Teils der Bevölkerung abweichen darf, wenn nicht schwere gesellschaftliche Konflikte entstehen sollen; auch in dieser geistigen Beziehung besteht also das geschilderte Problem einer prospektiven Anpassung. Betrachten wir die in unserer westlichen, wirtschaftlich hoch entwickelten Gesellschaft vertretenen Werthaltungen, so stoßen wir auf ein Bild bunter Vielfalt. Früher lange Zeit stabile Grundeinstellungen sind abgelöst worden durch rascher wechselnde Auffassungen, die jeweils auch nicht von allen Menschen geteilt werden. Dieser Pluralismus und ständige Wechsel selbst wird von den einen als Befreiung einer sich emanzipierenden Menschheit von Fesseln einer sinnlos gewordenen Sitte und Moral, von den anderen als drohende Gefahr eines Weges ins Chaos empfunden. Trotz dieser „Auflösung aller Werte" lassen sich meines Erachtens rückblickend zwei gesellschaftspolitische Grundhaltungen erkennen, die die Entwicklung der westlichen Gesellschaften in den letzten Jahrzehnten wesentlich geprägt haben: Eine „liberale", individualistische und eine „sozialistische", kollektivistische Einstellung zu den Gestaltungsproblemen in Gesellschaft, Staat und Wirtschaft. Abb. 1 enthält Stichworte, welche diese beiden Haltungen andeutungsweise charakterisieren.
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Hans Ulrich
LIBERAL
SOZIALISTISCH
Individuelle Freiheit
Kollektive Sicherheit
Privateigentum
Gemeineigentum
Selbstregelung der Wirtschaft
Staatliche Lenkung der Wirtschaft
Dezentralisation
Zentralisation
Leistungsprinzip
Bedürfnisprinzip
Ungleichheit
Gleichheit
Abb. 1. Liberale und sozialistische Werthaltungen
Die Auseinandersetzungen zwischen diesen so konträr scheinenden Grundströmungen haben jedoch in den westlichen Demokratien nicht zu unlösbaren Konflikten, sondern zu ständig neu ausgehandelten Kompromissen geführt; nicht ein extremes „Entweder-Oder", sondern ein „Mehr-oder-Weniger" steht jeweils zur Diskussion. Ralf Dahrendorf vertritt die Auffassung, daß die große Mehrheit der Stimmbürger einem solchen „sozialdemokratischen Konsens" zustimmt und es sich deshalb keine große Volkspartei leisten kann, eine der Extrempositionen zu vertreten. 1 Lange Zeit schien es, daß die sozialistische Grundhaltung in diesem Aushandlungsprozeß immer mehr die Überhand gewinnen werde; so stellte Frau E. Noelle-Neumann aufgrund ihrer demoskopischen Umfragen in der Bundesrepublik einen wesentlichen Rückgang der liberalen, „bürgerlichen" Werthaltungen in den letzten 10 Jahren fest. 2 Meines Erachtens kann man jedoch auch feststellen, daß das sozialistische Gedankengut mehr und mehr ebenfalls an Überzeugungskraft und Attraktivität verliert. Die Auseinandersetzung zwischen „links" und „rechts" dominiert den gesellschaftspolitischen Alltag auch heute noch derart, daß wir geneigt sind, alle Werthaltungen in dieses einfache Denkschema einzuordnen. Wie aber immer deutlicher wird, artikulieren sich in rasch zunehmendem Maße Einstellungen, für welche dies nicht gelingt. Es sind dies Auffassungen, welche sich an Zielvorstellungen orientieren, die grundsätzlich von den kompromißfähigen Absichten liberaler und sozialistischer Prägung abweichen, also dem „Sowohl-als-Auch" eine wesentlich andere Alternative entgegensetzen. Grenzen des Wachstums, Lebensqualität, Umweltschutz, alternative Technologie sind Schlagworte, die dies andeuten. Konnte die
Management-Philosophie in einer sich wandelnden Gesellschaft
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Studentenbewegung Ende der 60er Jahre noch teilweise zu Recht als „sozialistisch" etikettiert werden, so stimmt eine solche Zuordnung der „grünen" Bewegung Ende der 70er Jahre mit Sicherheit nicht mehr. Nun verfügt heute - nüchtern betrachtet - wohl niemand über eine konkrete und realisierbare Vorstellung einer solchen „alternativen Gesellschaft". Alle Vorschläge zeigen bei näherem Zusehen, daß ihre konsequente und rasche Realisierung derart viel an Bestehendem und Geschätztem in Frage stellen würde, daß der Mut zur Veränderung rasch schwindet, wenn jemand dafür auch die Verantwortung auf sich nehmen muß. Trotzdem bin ich der Meinung, daß es sich dabei nicht um eine vorübergehende romantische Welle handelt, sondern um das sukzessive Vordringen von Werthaltungen, die bisher im „sozialdemokratischen Kompromiß" nicht zum Zuge kommen konnten. Ihr Gewicht stammt nicht vom sektiererischen Eifer, mit dem sie teilweise vertreten werden, sondern beruht auf Einsichten in die komplexen Zusammenhänge von Natur und Gesellschaft, wie sie in zunehmendem Maße von den modernen Wissenschaften vermittelt werden. Diese zeigen auf, daß wir die großen soziotechnischen Systeme, die wir geschaffen haben, nicht wirklich unter Kontrolle haben, daß wir ungewollt die natürlichen Lebensgrundlagen in immer größerem Maßstab zerstören und daß eine weitere wirtschaftliche Expansion in der bisherigen Richtung zu immer größeren Schwierigkeiten führen muß. In der weniger rationalistischen Sicht des Normalbürgers dürfte das Empfinden maßgebend sein, daß eine stets weitergehende Zunahme von Konsumgütern kein erstrebenswertes Ziel mehr darstellt, wenn sie mit weitergehendem Leistungsdruck, Streß und Verlust an Naturerlebnis erkauft werden muß. Beziehen wir, wenn auch nur sehr oberflächlich, die wirtschaftlich weniger entwikkelten Länder in unsere Betrachtungen ein, so können wir feststellen, daß in den letzten Jahren die liberalen und sozialistischen Ideologien der entwickelten Industriestaaten des Nordens immer mehr in diese Gebiete exportiert worden sind, obwohl sie kaum vereinbar sind mit Kulturen ganz anderer Tradition und Geschichte. Immer deutlicher stellen wir aber auch fest, daß der Widerstand gegen „Kapitalismus" und „Sozialismus" in diesen Ländern gleichermaßen wächst; der Aufstand des Islams ist eine in ihren Konsequenzen noch kaum absehbare Illustration dieser Abkehr von europäischen, amerikanischen und russischen Wirtschaftsund Gesellschaftsauffassungen.
4. Die Turbulenz der Umwelt Die zu Beginn eines neuen Jahrzehnts üblichen Prognosen über die zukünftige Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft unterscheiden sich 1980 in doppelter Hinsicht von denjenigen von 1970: Sie sind einerseits pessimistischer geworden, andererseits aber werden sie auch nur noch zögernd und mit vielen Vorbehalten geäußert. Beide Merkmale sind auf Erfahrungen der 70er Jahre zurückzuführen,
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haben diese doch einerseits gezeigt, daß weiteres Wachstum immer stärker auf Knappheit von Ressourcen und Widerstände aller Art stößt, und andererseits jedermann drastisch vor Augen geführt, wie viele wesentliche Ereignisse nicht vorausgesehen werden konnten. Wenn eine Prognose eine große Wahrscheinlichkeit für sich hat, dann ist es diejenige nach abnehmender Voraussagbarkeit der Zukunft. Die von Peter Drukker schon vor Jahren vorausgesagte Diskontinuität der Entwicklung ist heute für alle sichtbar geworden; leider spricht sehr wenig dafür, daß es der Menschheit in absehbarer Zeit gelingen wird, sie wieder in kontrollierbare, kontinuierliche Richtungen zu lenken. 3 Die Ursachen dafür liegen nämlich nicht in erster Linie in einzelnen Fehlleistungen, die man in Zukunft vermeiden kann, sondern im nicht vorgesehenen und unerwünschten Verhalten ganzer Systeme. Das durch viele Faktoren wie z. B. das Bevölkerungswachstum, den Abbau der Handelsschranken, die Entwicklung des Flugverkehrs und der Kommunikationstechnik usw. geförderte „Zusammenwachsen der Welt" hat zu weltweiten Verknüpfungen geführt, welche bewirken, daß Störungen sich in ihren Auswirkungen kaum mehr isolieren lassen, sondern sich unkontrollierbar auf das ganze System übertragen und irgendwo nicht voraussagbare Änderungen zur Folge haben. Dieses „intuitionswidrige Verhalten komplexer Systeme", wie dies R. Ashby genannt hat, 4 ist seit langem bekannt; aber wir beginnen erst heute, die Gesetze zu erkennen, welche das Funktionieren, Überleben oder Sterben großer dynamischer Systeme bestimmen. Hat man auch nur ein bescheidenes Wissen über diese neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, 5 so kann man den verzweifelten Bemühungen von Regierungen und internationalen Organisationen, mit gänzlich ungeeigneten Mitteln und Verfahren die Geschehnisse unter Kontrolle zu halten, keine Erfolgschancen einräumen; im Gegenteil muß erwartet werden, daß aufgrund unzulänglicher Maßnahmen immer mehr Instabilitäten eintreten werden. Mit einigem Recht kann dagegen eingewendet werden, daß die freie Marktwirtschaft ein sich selbst regelndes System mit hoher Fähigkeit zu Selbstorganisation und zu dynamischer Stabilisierung sei. Geht man jedoch davon aus, daß „die Wirtschaft" immer weniger ein autonomes System darstellt, sondern unlösbar sowohl mit der Natur, in die sie eingreift, wie auch mit den Politiksystemen aller Staaten verbunden ist, wird deutlich, daß immer weniger erwartet werden kann, daß die Selbstregulierungsfähigkeit der Märkte ausreicht, um die Störungen durch sogenannte „exogene Faktoren" zu bewältigen. Die durch das Wirtschaften selbst produzierten Störungen natürlicher Gleichgewichte wie auch die Turbulenz politischer Veränderungen müssen sich zwangsläufig auf die Wirtschaft übertragen; volkswirtschaftliche Prognosen, die von stabilen exogenen Faktoren ausgehen, verlieren deshalb immer mehr an praktischer Aussagekraft. Im Gegensatz zur mangelnden Voraussagbarkeit bestimmter politischer Ereignisse sind Ergebnisse technologischer Entwicklungen relativ gut prognostizierbar, da sich diese rational geplant, kontinuierlich und relativ langsam vollziehen. Wenn Unter-
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nehmungen sich von neuen Produkten und Verfahren der Konkurrenz überraschen lassen, so beruht dies auf mangelhaftem eigenem Wissen und Können und ungenügender Informationsbeschaffung. Viel schwieriger vorauszuerkennen sind jedoch die gesellschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen neuer technischer Entwicklungen, insbesondere wenn es sich um eine neue universelle Technologie handelt, wie dies bei der Mikroelektronik der Fall ist. Die massive Vergrößerung der Innovationskraft und der Produktivität in zahlreichen Wirtschaftszweigen muß notwendigerweise auf zahlreichen Märkten und in Ausmaß und Struktur der Beschäftigung zu wesentlichen Änderungen führen, wobei im Zusammenwirken mit anderen Faktoren eine starke Erhöhung der Arbeitslosigkeit nicht ausgeschlossen werden kann. Auch an diesem Beispiel zeigt sich, daß es in der Regel nicht ein einzelnes Ereignis ist, das zu kaum zu bewältigenden Störungen führt, sondern das gleichzeitige Eintreten von Entwicklungen, die sich gegenseitig verstärken. Insgesamt muß deshalb mit einer turbulenten, langfristig nicht prognostizierbaren Umweltentwicklung und mit einer zunehmenden Krisen- und Katastrophenanfälligkeit der Gesellschaft gerechnet werden. Zwischen den in Abschnitt 3 skizzierten Wandlungen in den Werthaltungen der Gesellschaft und den hier angedeuteten Turbulenzen besteht ein enger Zusammenhang. Wenn der übliche Lauf der Dinge gestört ist, sich Erwartungen nicht erfüllen und unerwartete Ereignisse aufgrund nicht verständlicher Ursachen eintreten, muß sich notwendigerweise Unsicherheit und Unzufriedenheit verbreiten und der Ruf nach etwas Neuem laut werden, was wiederum den gesellschaftlichen Wandel in zahlreichen Teilgebieten beschleunigen kann; andererseits könnte eine Häufung von politischen Krisen, Umweltzerstörungen, raschen technologisch bedingten Veränderungen usw. Auffassungen, die heute erst von einem kleinen Teil der Bevölkerung akzeptiert werden, sehr rasch zu einer breiten, politisch stark ins Gewicht fallenden Grundströmung anschwellen lassen.
5. Konsequenzen für die Unternehmungsführung Vorstehend haben wir das Bild einer Gesellschaft gezeichnet, die sich rasch in allen Bereichen und Aspekten und in kaum vorhersehbarer Weise ändert. Wenn wir diese These akzeptieren, so stellt sich die Frage, wie sich die Unternehmungsführung auf diesen ständigen Wandel und diesen Zustand der Ungewißheit einstellen soll. Man könnte die Frage dahingehend beantworten, daß unternehmerisches Handeln zu jeder Zeit Inkaufnahme von Risiken und Ungewißheiten bedeute, sich also nichts Grundlegendes geändert habe, und weiterhin auf Tatkraft, Risikobereitschaft und Erfindungsgabe des Unternehmers vertrauen. Dabei wird jedoch übersehen, daß sich unternehmerisches Handeln in den letzten Jahrzehnten im allge-
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meinen doch unter günstigen, kontinuierlich verlaufenden Rahmenbedingungen vollzog, daß sich die Unternehmungen an diese relative Konstanz gewöhnt haben und daß sich auch das Führungsinstrumentarium diesen relativ gut überschaubaren und prognostizierbaren Entwicklungen angepaßt hat. Tatsache ist auch, daß die früher übliche Anpassung an Nachfrageschwankungen durch kurzfristige Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern heute kaum mehr möglich ist und daß auch die teuren technischen Anlagen nach einer konstanten Beschäftigung rufen. Die Unternehmungen haben also an rascher Anpassungsfähigkeit verloren, so daß zwischen dem beschleunigten Wandel von Umweltfaktoren einerseits und der verlangsamten Änderungsgeschwindigkeit von Unternehmungsfaktoren andererseits eine gefährliche Diskrepanz entstehen kann. Die Unternehmungen sollten also meines Erachtens eine konsequente Politik der Flexibilitätssteigerung betreiben, die es ihnen erlaubt, sich in Zukunft kurzfristig an rasch eintretende Umweltänderungen anzupassen. Eine solche Politik muß sich auf sämtliche Unternehmungsbereiche und -aspekte beziehen; während die einzelne Maßnahme für sich allein genommen eher bescheiden wirkt, kann sich durch gegenseitige Verstärkungseffekte ein bedeutendes Gesamtresultat ergeben. Wesentlich ist, daß zu den üblichen Kriterien wie Wirtschaftlichkeit und Rentabilität, anhand derer Pläne und Maßnahmen beurteilt werden, stets das Kriterium der Flexibilität hinzukommen sollte, und daß immer auch nach Alternativen gesucht werden sollte, die für die Zukunft noch möglichst viel Handlungsspielraum offen lassen. Liquiditätserhöhung, Selbstfinanzierung und konservative Fremdfinanzierung erhalten auf finanziellem Gebiet gegenüber einer Rentabilitätsmaximierung ein größeres Gewicht, da auch mit Verlustperioden gerechnet werden muß. Noch mehr als bisher wird es für jedes Unternehmen von entscheidender Bedeutung sein, ein seinen Möglichkeiten und Stärken angemessenes Produkt-MarktKonzept zu haben. Dabei kann in unseren Ländern mit hohen Produktionskosten wohl nach wie vor jenen Firmen die größte Zukunftschance eingeräumt werden, die Produkte und Dienstleistungen mit hoher geistiger Wertschöpfung erzeugen, also in der Lage sind, auf einem speziellen Gebiet besonders qualifizierte Leistungen zu erbringen, und Unternehmungen, die ihr Marktrisiko durch geographische Streuung vermindern können. Konkret aber können diese Produkt-Markt-Strategien nur für das einzelne Unternehmen und von diesem selbst bestimmt werden. Besonders wichtig scheint mir zu sein, daß das gesamte Führungskonzept des Unternehmens daraufhin überprüft wird, ob es auf die Anforderungen einer sich rasch wandelnden Umwelt ausgerichtet ist.6 Namentlich in größeren Unternehmungen dürften in den Jahrzehnten der Hochkonjunktur auch im Führungsbereich Bürokratisierungstendenzen wirksam geworden sein, die mehr zu einer äußerlichen Perfektionierung des Führungsinstrumentariums als zu einer Erhöhung seiner Schlagkraft in turbulenten Zeiten geführt haben. Geht man davon aus, daß in Zukunft von Führungskräften aller Stufen und zahlreichen Sachbearbeitern eine Bereitschaft zu raschen Umstellungen, zur Übernahme neuartiger Aufgaben und
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Arbeitsverfahren und zum selbständigen Handeln in ungewissen Situationen gefordert werden wird, so muß der ganze Führungsapparat daraufhin überprüft werden, ob er ein solches flexibles Verhalten erleichtert oder nicht vielmehr erschwert. Beispielsweise dürfte eine eindimensionale Organisationsstruktur mit ausgebauten Stellenbeschreibungen kaum die geeigneten Rahmenbedingungen für eine rasche Anpassung der ganzen Unternehmung an veränderte Gegebenheiten abgeben. Nach wie vor wird ein ausgebautes Planungssystem für das Unternehmen von zentraler Bedeutung sein. Auch hier sollte jedoch vorurteilsfrei überprüft werden, ob die Planungsverfahren der erhöhten Ungewißheit und der Turbulenz der Umweltentwicklungen angepaßt sind. Computerisierung und Quantifizierung der Planung schließen die Gefahr der Reduktion auf das Meßbare und des Vortäuschens einer in Wirklichkeit nicht gegebenen Sicherheit der Voraussicht ein, was zu Illusionen über die Machbarkeit der Zukunft führen kann. Möglichkeiten, die Planung besser dem gesellschaftlichen Wandel anzupassen, sind etwa: Die Ausarbeitung mehrerer umfassender Szenarien über „mögliche Zukünfte" anstelle von isolierenden Prognosen über einzelne Umweltfaktoren,7 die bewußte Aufnahme von „schwachen Signalen" in die Basisinformationen,8 die verstärkte Besinnung und Konzentration auf eigene Stärken bei der Unternehmungsanalyse, die Bereitstellung alternativer Pläne für verschiedene Umweltentwicklungen und die stärkere Betonung von Projektplänen gegenüber der bloßen Periodenplanung. Meines Erachtens ist es auch angebracht, die Abgrenzung zwischen Unternehmungspolitik und Unternehmungsplanung neu zu überdenken. Zweifellos erhält durch die skizzierten Entwicklungen das strategische Denken der obersten Führungsorgane ein verstärktes Gewicht. Dieses ständige Sichbefassen mit den grundsätzlichen und langfristigen Existenzbedingungen und Erfolgspotentialen des Unternehmens sollte nicht durch den Formalismus eines Planungssystems eingeengt sein; es stellt notwendigerweise ein schöpferisches Denken dar, in dem qualitative Informationen, subjektive Wertungen und konstruktive Phantasie eine wesentliche Rolle spielen und für das nicht exakte analytische Verfahren, sondern allgemeine Heuristiken die geeigneten Methoden darstellen. Von größter Bedeutung ist naturgemäß der personelle Aspekt der Führung, zeigt doch die Erfahrung, daß der sehr große Zeitbedarf für wesentliche Neuerungen in erheblichem Ausmaß auf bewußte oder unbewußte Widerstände der daran beteiligten Menschen zurückzuführen ist. Nicht nur Arbeiter, sondern in zunehmendem Maße auch Führungskräfte fühlen sich durch den raschen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel verunsichert und durch mögliche Veränderungen im Unternehmen selbst bedroht. Es ist auch möglich, daß das Wissen und Können verschiedener Führungskräfte mit den rasch steigenden Anforderungen nicht Schritt gehalten hat und sie aus diesem Grunde neuen Aufgaben und Problemen nicht gewachsen sind. Daran ist oftmals die oberste Unternehmungsleitung nicht unschuldig, werden doch in vielen Unternehmungen untere und mittlere Führungskräfte immer noch zu wenig in Planungs- und Entscheidungsprozesse einbezogen
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und auch zu wenig intensiv in ihren Führungsfähigkeiten weitergebildet. Die Zeit, die damit vermeintlich durch eine raschere Willensbildung im kleinen Kreis oder durch Delegation von Problemen an Spezialisten gewonnen wird, geht in der Regel bei weitem wieder verloren durch die Zeitverluste beim um so mühsameren Prozeß der Willensverwirklichung und auch der Anpassung der „oben" getroffenen Entscheide an die tatsächlichen Verhältnisse. Gerade auf personellem Gebiet wird deutlich, daß das Streben nach vermehrter Flexibilität keineswegs einen Verzicht auf langfristiges Denken bedeutet. Meines Erachtens verschiebt sich das langfristige Planen lediglich auf eine grundsätzlichere, abstraktere Ebene: Wenn es aufgrund diskontinuierlicher Umweltentwicklungen nicht mehr möglich ist, relativ konkrete langfristige Pläne festzulegen, so ist es um so wichtiger, langfristig und dauerhaft dafür zu sorgen, daß das Unternehmen auf möglichst vielen Gebieten kurzfristig aktionsbereit ist. Es scheint mir deshalb außerordentlich wichtig zu sein, daß die obersten Unternehmungsleitungen versuchen, eine langfristig gezielte, umfassende Politik einer integrierten Unternehmungs- und Management-Entwicklung zu konzipieren, welche auf dieses Ziel gerichtet ist.9
6. Das Konzept der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmung In Abschnitt 3 wurde die These vertreten, daß in einer demokratischen Gesellschaft die Management-Philosophie der Führungskräfte der Unternehmungen auf die Dauer nicht grundlegend von den Uberzeugungen abweichen sollten, wie sie von weiten Kreisen der Bevölkerung vertreten werden. Stimmen wir dieser These zu, dann müssen die Unternehmungsleitungen bereit sein, eine Verantwortung zu übernehmen, die über das Erbringen wirtschaftlicher Leistungen in einer marktwirtschaftlichen Ordnung hinausgeht, ist es doch immer weniger so, daß sich Außenstehende mit einer derart eindimensional-wirtschaftlichen Betrachtungsweise begnügen. Eine soziale, sich nicht in wirtschaftlichen Leistungen erschöpfende Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern haben die meisten Unternehmungsleitungen durchaus anerkannt und damit nicht nur Bemühungen zur „Humanisierung der Arbeitswelt" aktiv gefördert, sondern auch wesentlich zur Vermeidung sozialer Konflikte in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg beigetragen. Wesentlich umstrittener ist das Konzept einer externen sozialen Verantwortung des Unternehmens, d. h. einer bewußten Akzeptierung nicht-wirtschaftlicher Anforderungen an Leistungen und Verhaltensweisen der Unternehmung. In Abb. 2 sind einige der am häufigsten geäußerten Argumente pro und kontra Übernahme einer solchen gesellschaftlichen Verantwortung durch die Unternehmungen einander gegenübergestellt. Zweifellos dürfen die Gegenargumente nicht
Management-Philosophie in einer sich wandelnden Gesellschaft KONTRA Übernahme wortung
gesellschaftlicher
Verant-
PRO Übernahme wortung
gesellschaftlicher
Verant-
1. rechtlich Unternehmungen gehören den Eigenkapitalgebern; das Management ist rechtlich gar nicht befugt, Kapital anders als im Investitionsinteresse der Eigentümer einzusetzen.
1. rechtlich a) Das Recht verbietet soziales Verhalten auch nicht; im übrigen hinkt das positive Recht nicht nur in dieser Beziehung hinter der gesellschaftlichen Entwicklung her. b) Das ausschließliche Abstellen auf staatliche Gesetze führt zur Inflation der Rechtsnormen und zur Allmacht des Staates; eine freiheitliche Gesellschaftsordnung setzt das Bestehen auch anderer Verhaltensnormen, die freiwillig eingehalten werden, voraus.
2. volkswirtschaftlich Das marktwirtschaftliche System beruht auf rein privatwirtschaftlich orientiertem Verhalten der Unternehmen; die Ausrichtung der Unternehmungen nach anderen Werthaltungen beeinträchtigt das Funktionieren des Systems und senkt die volkswirtschaftliche Produktivität.
2. volkswirtschaftlich Die homo-oeconomicus-Prämisse der klassischen Nationalökonomie ist ohnehin eine Fiktion; praktisch besteht schon eine soziale Marktwirtschaft. Die Maximierung volkswirtschaftlicher Produktivität ist in hochentwickelten Gesellschaften kein erstrebenswertes Ziel.
3. privatwirtschaftlich Selbst wenn sich Unternehmungen sozial verhalten wollen, ist ihnen das faktisch im Rahmen der Marktwirtschaft kaum möglich, da der unsozial handelnde Konkurrent bevorzugt ist.
3. privatwirtschaftlich Die einzelnen Unternehmungsleitungen müssen dahin wirken, daß sich alle an das Konzept gesellschaftlicher Verantwortung halten; es gibt auch andere Möglichkeiten der Bestrafung unsozialen Verhaltens.
4. gesellschaftspolitisch Die Wahrnehmung gesellschaftlicher Interessen ist nicht Sache der Unternehmungen; die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch die Unternehmer fördert privatwirtschaftliche Machtstellungen und ist gesellschaftlich unerwünscht.
4. gesellschaftspolitisch Die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch die zahllosen Unternehmungen wirkt der Machtkonzentration beim Staat entgegen und entspricht der Idee einer föderalistischen Machtdezentralisation.
5. faktisch Mit der explizierten Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung beschwören Großunternehmen die Gefahr ihrer Vergemeinschaftung herauf.
5. faktisch Wenn sich Großunternehmungen nicht gesellschaftlich verantwortlich verhalten, wächst die Abneigung gegen die privaten „Großen" und die Neigung, sie zu verstaatlichen.
Abb. 2. Argumente pro und kontra Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung
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leicht genommen werden, doch wiegen meines Erachtens die Gründe, die dafür sprechen, bedeutend schwerer. Der Vorstellung, daß die Wirtschaft „etwas für sich" sei, das man möglichst unabhängig nach Konkurrenz- und Effizienzkriterien funktionieren lassen sollte, stehen für jedermann sichtbare Tatbestände einer allseitigen Verflechtung von Natur, Gesellschaft, Staat und Wirtschaft gegenüber. Mit dem Nützlichen erzeugt die Wirtschaft in zunehmendem Maße auch offensichtlich Schädliches; wenn wir die Verantwortung für die Vermeidung solcher Schäden ausschließlich dem Staat zuordnen, muß zwangsläufig die Macht des Staates damit gefördert werden. Die Einstellung also, daß in der Wirtschaft alles erlaubt sei, was vom Staat nicht ausdrücklich verboten ist, muß zwangsläufig dazu führen, daß der Staat immer mehr verbieten wird, - wie wir gesehen haben, ohne daß erwartet werden kann, daß damit die grundlegenden gesellschaftlichen Probleme tatsächlich gelöst werden. Wenn die Unternehmungen einer solchen Entwicklung - die bereits in vollem Gange ist - entgegenwirken wollen, dann gibt es meines Erachtens keine andere Lösung als die, daß sie sich freiwillig, aufgrund eigener Einsichten und eigener gesellschaftlicher und moralischer Maßstäbe an selbstgesetzte Regeln halten. Damit wird ein Verhalten gefordert, das Realisten unter den Politikern und Wirtschaftsführern immer wieder als illusionär und nicht durchführbar erklären, nämlich eine freiwillige Beschränkung in der Verfolgung egoistischer Ziele zugunsten des Allgemeinwohls. Dazu muß gesagt werden, daß es dabei auch aus der egoistischen Sicht des einzelnen Unternehmens oder auch Staates teilweise um die Wahl zwischen kurzfristiger Interessenmaximierung und langfristiger Existenzsicherung geht. Was nützt uns die Erzielung von Gewinnen in der Gegenwart, wenn wir mit unserem heutigen Verhalten zu unserem späteren Untergang beitragen? Diese Frage ist vielleicht nicht so übertreibend und polemisch, wie sie auf den ersten Blick erscheint, sobald wir dramatische Veränderungen und Katastrophen nicht mehr ausschließen. Bekanntlich hat schon Lenin die These vertreten, daß die Kapitalisten die Stricke liefern werden, mit denen sie aufgehängt würden. Aber auch ohne Katastrophe eines dritten Weltkrieges spricht vieles dafür, daß zunehmende Instabilität das Weiterbestehen einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung in zunehmendem Ausmaß bedroht. Eine zeitliche Häufung von offensichtlichen Fehlleistungen unserer Systeme, wie etwa steigende Inflationsraten, instabile Währungsverhältnisse, steigende Arbeitslosigkeit, Streiks in öffentlichen Diensten, Energieversorgungsschwierigkeiten, massive Umweltverschmutzungen, Pannen in Atomkraftwerken, zunehmende Wirtschaftskriminalität, Terrorismus usw. könnte durchaus ein Umkippen der öffentlichen Meinung bewirken und Kräfte verstärken, die Ordnung und Sicherheit durch radikale Maßnahmen auf Kosten der Freiheit wiederherstellen wollen. Rückblickend kann man feststellen, daß in der Zeit von 1945 bis 1975 in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz eine recht große Übereinstimmung zwischen den Bestrebungen und Werthaltungen eines großen Teils der
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Bevölkerung und den Zielen und der Philosophie der Unternehmungsleitungen bestand. Wiederaufbau, technischer Fortschritt, Produktivitätssteigerung und Expansion der Unternehmungen standen sichtbar im Dienste des Strebens der Bürger nach mehr materiellem Wohlstand. Die positive Mitwirkung von Unternehmerverbänden und Gewerkschaften am politischen Spiel der laufenden Kompromißbildung zwischen liberalen und sozialistischen Tendenzen bei Konsens über die demokratische Grundordnung hat die Entstehung akuter Konflikte verhindert. Die Anerkennung der sozialen Komponente der freien Marktwirtschaft durch die Unternehmer und die Übernahme sozialer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern stellten weitere Anpassungen an sich verändernde Werthaltungen in der Gesellschaft dar. Wenn es auch zum politischen Spiel des Aushandelns gehörte, daß Meinungsverschiedenheiten über Tariflöhne, Arbeitszeit und Dividendenhöhe dramatisiert wurden, so konnte dies doch nicht darüber hinwegtäuschen, daß in bezug auf die großen Zielrichtungen durchaus ein weitgehender Konsens bestand. Kontinuierlich steigender individueller Wohlstand, geringe „Sterberate" von Unternehmungen und sehr stabile politische Verhältnisse waren das sichtbare Ergebnis. Die in den voranstehenden Abschnitten skizzierten Entwicklungen zeigen nun aber, daß diese relativ große Übereinstimmung in Zielen und Werthaltungen innerhalb unserer Gesellschaft im Laufe der 70er Jahre abgenommen hat. Die feststellbare Verhärtung der Positionen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, von Links und Rechts im politischen Willensbildungsprozeß, ist dabei viel weniger bedeutsam als die geschilderte Zunahme von Einstellungen und Überzeugungen, die gerade das in Frage stellen, was die Konsens- und Kompromißfähigkeit bisheriger Positionen ausmachte: Der Glaube an den Nutzen von Wissenschaft und Technik, an die Möglichkeit eines kontinuierlichen wirtschaftlichen Wachstums und an die Machbarkeit der Zukunft. Sollten tatsächlich immer mehr Menschen es vorziehen, weniger zu konsumieren, weniger wegzuwerfen, weniger zu arbeiten, um dafür andere Bedürfnisse zu befriedigen, dann könnte dies zu ganz erheblichen Veränderungen führen. Die größte Wahrscheinlichkeit spricht wohl dafür, daß eine solche geistige Umstellung zwar zunehmend an Gewicht gewinnt, ohne daß aber deswegen bisherige Werthaltungen verschwinden. Dieses Nebeneinanderbestehen von Grundhaltungen, die miteinander nicht vereinbar sind, stellt meines Erachtens das größte Konfliktpotential in der Gesellschaft dar, da sich auch zeigen könnte, daß unsere Mechanismen der demokratischen Kompromißbildung dieser Entwicklung nicht gewachsen sind. Gehen wir von diesem Bild einer Situation aus, in der sich gegensätzliche Werthaltungen in der Gesellschaft mehr oder weniger unversöhnlich gegenüberstehen, dann zeigt sich, daß eine bloß passive Anpassung der Management-Philosophie an dominierende Überzeugungen der Umwelt nicht mehr genügt; die Führungskräfte müssen sich zumindest entscheiden, welche von verschiedenen vertretenen Positionen sie selbst einnehmen wollen. Hier wird deutlich, daß von Führungskräften
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mehr erwartet werden darf als eine bloße opportunistische Übernahme der Auffassungen anderer Menschen; nichts ist - auch in einer Demokratie - so peinlich wie die eilfertige Anpassung der „eigenen" Meinung an das, was gerade populär ist. Je instabiler die Verhältnisse werden und je ungewisser die Zukunft ist, um so weniger können Führungskräfte bloße Sprecher und Willensvollstrecker von Mehrheiten sein, um so mehr muß von ihnen auch eine richtungsweisende Kraft ausgehen, um so deutlicher müssen sie auch die Verantwortung für die anzustrebenden Ziele übernehmen; kein Führer kann sich im Falle einer Katastrophe darauf berufen, daß er ja nur das getan hat, was andere wollten. Führungskräfte in allen Bereichen der Gesellschaft gehören funktions- und machtmäßig zur Elite, von der gefordert werden kann, daß sie besser und früher als andere erkennt, welche Ziele und Verhaltensweisen für die Sicherung der Zukunft richtig oder falsch sind. Die Übernahme einer gesellschaftlichen Verantwortung durch die Unternehmungsführung bedeutet, daß sie sich intensiv darum bemüht, nicht nur das im Interesse des zu führenden Unternehmens Zweckmäßige, sondern auch das für die umfassendere Gesellschaft Richtige zu tun. In diesem Sinne bedeutet Führung nicht nur Anpassung, sondern auch Widerstand gegen Bestrebungen und Entwicklungen, die man nach eigenem Urteil für verhängnisvoll hält. In Zeiten eines raschen und tiefgreifenden Wandels können dabei für Führungskräfte schwere Gewissenskonflikte entstehen, falls das, was für das eigene Unternehmen gut zu sein scheint, nicht mit dem übereinstimmt, was man aufgrund der Einsicht in größere Zusammenhänge für die Gesellschaft für richtig hält. „Systemphilosophisch" ausgedrückt kommt man nicht um die Feststellung herum: Wer für das Verhalten eines Teils verantwortlich ist, muß in seinen Entscheiden auch die Bedürfnisse des Ganzen berücksichtigen. Vieles spricht dafür, daß der sich beschleunigende Wandel einen „Evolutionsschub" der Gesellschaft bedeutet, der noch nicht voraussehbare neue Strukturen hervorbringen wird. So gesehen bedeuten die sich verstärkenden Instabilitäten eine notwendige Phase der Auflösung bestehender, für die Sicherung einer akzeptablen Zukunft aber nicht mehr ausreichender Strukturen. So verständlich und auch berechtigt die Sorge der Verantwortlichen dafür ist, daß diese Prozesse der Destabilisierung und Innovation nicht außer Kontrolle geraten und im Chaos enden, so wichtig ist auch die Erkenntnis, daß ein bloßes Festhalten an bestehenden Zielen und Strukturen keine ausreichende Lösung darstellt. Deutlicher als je ist heute sichtbar, daß Fortschritt nicht nur ein ständiges Fortschreiten auf bisherigen Wegen bedeutet, sondern auch Richtungsänderungen in sich schließt; diese zu bewirken stellt die eigentliche strategische Führungsaufgabe dar. Gut geführte Unternehmungen stellen hochentwickelte Institutionen zur rationellen Erstellung von Leistungen dar, die die Fähigkeit zur schöpferischen Innovation eindrücklich bewiesen haben. Diese Innovationskraft in den Dienst neuer gesellschaftlicher Ziele und Bedürfnisse zu stellen, ist meines Erachtens die zentrale Aufgabe der Unternehmensführung in den kommenden Jahren. Unter-
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nehmungen sind aus meiner Sicht die einzigen bestehenden Institutionen der Gesellschaft, die fähig sind, die Lösung äußerst schwieriger und neuartiger Probleme rasch, zielgerichtet und auf breiter Front in Angriff zu nehmen. Dazu ist es notwendig, daß sich die Management-Philosophie löst von der Vorstellung, eine erfolgreiche Unternehmungsführung sei nur bei Festhalten an den bisherigen Zielen einer konsumorientierten Gesellschaft möglich. Unternehmungen sind seit langem Zentren wirtschaftlicher und technischer Innovationen; nichts spricht dagegen, daß sie auch gesellschaftlich innovativ sein können. Das Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit des eigenen Unternehmens sollte der Unternehmungsführung auch den Mut geben, an den in Gang befindlichen Prozessen gesellschaftlichen Wandels aktiv gestaltend mitzuwirken.
Anmerkungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Vgl. Dahrendorf, R.: Widersprüche der Modernität und die Zukunft der Freiheit, St. Gallen 1979. Vgl. Noelle-Neumann, E.: Werden wir alle Proletarier? Wertewandel in unserer Gesellschaft. Zürich 1978. Vgl. Drucker, P.: The Age of Discontinuity. New York 1978. Asbhy, R.: Einführung in die Kybernetik. Frankfurt 1974. Vgl. Jantsch, E.: Die Selbstorganisation des Universums. München 1979. Vgl. Ulrich, H.: Unternehmungspolitik. Bern 1978. Vgl. Blecke, U.: Plausible Pfade in die Zukunft. In: Manager Magazin 12/1978, S. 120-125. Vgl. Ansoff, H. I.: Die Bewältigung von Überraschungen - Strategische Reaktionen auf schwache Signale. In: ZfbF 28 (1976), S. 129-152. Vgl. Malik, F.: Systemorientierte Management-Entwicklung. In: Malik, F. (Hrsg.): Praxis des Systemorientierten Managements. Bern 1979, S. 25-42.
Quantifizierungsprobleme im Rahmen der strategischen Unternehmensplanung Herbert Jacob
1. Begriff und Aufgaben der strategischen Unternehmensplanung Der Begriff „strategische Unternehmensplanung" wird in der Literatur unterschiedlich gebraucht. Zwar herrscht im wesentlichen Einigkeit über die Grundsubstanz des Begriffes, jedoch weichen Abgrenzung und Ausgestaltung voneinander ab. Die strategische Planung ist eine Globalplanung insofern, als das ganze Unternehmen ins Auge zu fassen ist. Sie ist eine Grundlagen- und Grundsatzplanung, in der die Weichen für die künftigen Aktivitäten des Unternehmens gestellt werden. Sie ist damit zugleich eine Rahmen- und Langfristplanung, weil ihre Wirkung weit in die Zukunft ausstrahlt. Soviel zur Grundsubstanz. Welche Maßnahmen und Entscheidungen im einzelnen dem Bereich der strategischen Unternehmensplanung in diesem Aufsatz zugerechnet werden sollen, ist in Abschnitt 2 dargelegt. Die Erfahrung insbesondere der letzten Jahre und Jahrzehnte hat gelehrt, daß es gefährlich sein kann, eine einmal eingeschlagene Richtung ohne laufende Überprüfung und ohne Beachtung der in der Umwelt eingetretenen Veränderungen, also mehr oder weniger dem Trägheitsprinzip folgend, blind beizubehalten. Veränderungen der Umwelt lassen in eine bestimmte Richtung gehende Aktivitäten, die gestern noch der Zielsetzung des Unternehmens förderlich waren, heute ungeeignet oder gar den Zielvorstellungen abträglich erscheinen. Was nützt es, mit hohem Aufwand (z. B. für eine erstklassige Werbung) Positionen in einem Markt behaupten zu wollen, der schrumpft und in absehbarer Zeit keinen Lebensraum mehr für die darauf anbietenden Unternehmen gewährt? Umweltveränderungen, die es für die Unternehmung, will sie ihre Existenz sichern und festigen, notwendig machen, neue Wege einzuschlagen und alte bisher begangene aufzugeben, treten in immer schnellerer Folge und mit zunehmender Stärke auf. Entwicklungen dieser Art möglichst schnell zu erkennen und das Unternehmen darauf auszurichten, ist eine wesentliche Aufgabe der strategischen Unternehmensplanung. 1 Hinzu tritt eine Erscheinung, die gerade in letzter Zeit besonders augenfällig wurde: Ein Teil der Umweltänderungen - und oft gerade die einschneidendsten - sind nur schwer oder gar nicht vorhersehbar. Sie stellen einen Bruch in einer bis
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dahin kontinuierlichen Entwicklung dar. Man denke z. B. an politische Maßnahmen oder Ereignisse, die den Export oder Import behindern, an plötzlich auftretende Schwierigkeiten in der Rohstoffversorgung, an spezielle Produktionsauflagen u. ä. Stellt die strategische Unternehmensplanung ein geeignetes Mittel dar, sich auch gegen solche abrupt auftretende, z. T. nicht vorhersehbare Umweltveränderungen abzusichern, ihnen wirksam zu begegnen? Die Hoffnung besteht; es wird zu prüfen sein, inwieweit sie berechtigt ist. Eine erfolgreiche strategische Planung setzt eine ihr entsprechende Unternehmensphilosophie voraus. So unterscheidet z. B. H. I. Ansoff zwischen einem „Wettbewerbsverhalten (competitive behavior)" und einem „unternehmerischen Verhalten (entrepreneurial behavior)" 2 . Wettbewerbsverhalten bedeutet die Nutzung bestehender Verbindungen zur Umwelt, während von einem (dynamisch) unternehmerischen Verhalten dann gesprochen werden kann, wenn die Bemühungen (auch) darauf gerichtet sind, in Anpassung an eingetretene Veränderungen die Verbindungen zur Umwelt neu zu ordnen, d. h. neue Verbindungen zu schaffen und alte aufzugeben. Wenn auch die damit gezogene Grenze von der Zwecksetzung dieses Aufsatzes her nicht voll akzeptierbar erscheint, so kennzeichnet die an diese Einteilung anknüpfende Darstellung der im einen oder anderen Falle vorherrschenden Anforderungen und Verhaltensbedingungen doch recht gut die Unterschiede in der Grundhaltung oder Unternehmensphilosophie, die vorhanden sein müssen, wenn die jeweilige Gesamtverhaltensweise folgerichtig und konsequent in die Wirklichkeit umgesetzt werden soll. Die dynamisch unternehmerische Auffassung ist gekennzeichnet durch das aktive Suchen nach zielfördernden Möglichkeiten. Dabei werden - u. U. erhebliche - Veränderungen des gegenwärtigen Zustandes angestrebt und die dabei auftretenden Risiken bewußt in Kauf genommen. Demgegenüber ist es nach Ansoff für das Wettbewerbsverhalten charakteristisch, daß Aktivitäten im wesentlichen nur bei auftretenden Problemen, nicht aber im Hinblick auf künftige Entwicklungen entfaltet werden. Die Suche richtet sich dabei vor allem auf mögliche Maßnahmen, die den status quo im wesentlichen belassen und dementsprechend auch den Erfolg der Durchführung solcher Maßnahmen relativ sicher erscheinen lassen. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche strategische Planung ist das Vorhandensein der ihr adäquaten Unternehmensphilosophie. Zur Verwirklichung der Ergebnisse der Planung bedarf es einer entsprechenden Organisation. Strategische Planung, die ihr adäquate Unternehmensphilosophie und eine geeignete Organisation einschließlich eines geeigneten Führungsstiles bilden die unabdingbaren Bestandteile des strategischen Managements 3 . Auf Fragen der Organisation und des Führungsstiles ist im weiteren nur am Rande eingegangen. Das Vorhandensein einer adäquaten Auffassung von der Art und Weise, wie die Unternehmensziele anzustreben sind, wird vorausgesetzt. Die
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Frage, die im folgenden behandelt wird, ist die nach den Möglichkeiten und Vorgehensweisen der strategischen Planung selbst. Dabei wird insbesondere der Versuch unternommen, im Rahmen dieser Planung zu quantitativ faßbaren Entscheidungen und Ergebnissen zu gelangen. Zu erörtern ist auch, inwieweit die strategische Planung ein geeignetes Mittel darstellt, relativ schnellen und wirkungsstarken Änderungen der Umwelt erfolgreich zu begegnen.
2. Strategische Projekte In der Literatur wird die Einteilung der Planung in strategische, operative und taktische Planung nicht einheitlich gehandhabt4. Daneben werden auch die Begriffe Langfrist-, Mittelfrist- und Kurzfrist-Planung gebraucht, wobei man sich dessen bewußt ist, daß die Unterscheidung nicht nur auf den Zeiträumen beruht, die der jeweiligen Planung zugrunde liegen, sondern auch substantieller Art ist. Die langfristige Produktionsprogrammplanung beispielsweise umfaßt die Auswahl und Kombination der Produktfelder 5 , auf denen das Unternehmen tätig werden will. Die Aufgabe der mittelfristigen Programmplanung besteht darin, für die gewählten Produktfelder konkret die Erzeugnisse zu entwickeln, die angeboten werden sollen, und die optimale Produktgruppe - optimal nach Anzahl und Ausgestaltung der Erzeugnisse - festzulegen. Mit der mittelfristigen Programmplanung geht der Aufbau des jeweils benötigten Produktionsapparates Hand in Hand. Die kurzfristige Programmplanung schließlich geht im wesentlichen von einem gegebenen Produktionsapparat aus und bestimmt, welche Erzeugnisse in welchen Mengen in der Planperiode effektiv hergestellt werden sollen. Lang- und Mittelfrist-Planung setzen den Rahmen, innerhalb dessen sich die Kurzfrist-Planung bewegen kann und den sie auszufüllen hat. Zur genauen Charakterisierung dessen, was im folgenden unter strategischer oder Langfrist-Planung verstanden werden soll, erscheint es angesichts der nicht einhelligen Handhabung in der Literatur am zweckmäßigsten, einen Katalog der unter diesen Begriff fallenden Maßnahmen und Entscheidungen zu entwickeln. Dabei kommt es nicht so sehr auf Vollständigkeit an, sondern vor allem darauf, eindeutige Anhaltspunkte zu geben, die es ermöglichen, auch nicht genannte Maßnahmen nach der hier für zweckmäßig erachteten Einteilung den Kategorien strategisch oder nicht-strategisch zuzuordnen. Für ein Wirtschaftsunternehmen gibt es nur einen Weg, sein Ziel zu erreichen, wobei es völlig gleichgültig ist, wie die Zielkombination aussieht, auf die man sich geeinigt hat: Es muß eine wirtschaftlich relevante Leistung erbringen. Wirtschaftlich relevant' heißt in diesem Zusammenhang: Die Leistung des Unternehmens, bestehend aus Gütern und/oder Diensten, muß derart sein, daß andere gewillt sind, dafür etwas zu bezahlen.
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Den Kern der strategischen Planung bilden mithin jene Entscheidungen, die die wirtschaftliche Leistung des Unternehmens sachlich und räumlich betreffen. Der Entschluß der Unternehmensleitung, auf einem Produktfeld tätig zu werden, das bislang noch nicht genutzt worden ist, stellt zweifellos eine strategische Entscheidung dar. Allerdings taucht hier die Frage auf, wann mit einem bestimmten Erzeugnis ein neues Produktfeld betreten wird. Diese Frage läßt sich zwar nicht generell beantworten, jedoch wird es in einem konkreten Fall unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit immer möglich sein, eine eindeutige Zuordnung vorzunehmen. Wenn eine Firma, die bisher ausschließlich Personenwagen hergestellt hat, sich entschließt, nun auch LKW in ihr Produktionsprogramm aufzunehmen, so wird man dies in der Regel als Vorstoß in ein neues Produktfeld ansehen müssen. Bringt die gleiche Firma hingegen ein neues Modell in der gleichen Klasse auf den Markt, das im wesentlichen dazu bestimmt ist, ein schon länger angebotenes Modell abzulösen, sollen also mit dem neuen Erzeugnis die gleichen Bedürfnisse (möglichst besser) befriedigt, die gleichen präsumtiven Käufer angesprochen werden wie mit dem abzulösenden Erzeugnis, so wird mit dieser Maßnahme sicher kein neues Produktfeld betreten. Nicht ganz so eindeutig ist die Zuordnung, wenn eine Firma, die bislang nur Wagen der unteren und Mittelklasse hergestellt hat, nun auch Fahrzeuge der oberen Klasse auf den Markt bringt. Es wird damit ein andersartiger Bedarf befriedigt, Käuferschichten angesprochen, die bisher noch nicht zu den präsumtiven Käufern des Unternehmens gehörten. Ist der Abstand zwischen den bislang angebotenen Erzeugnissen und dem neuen Erzeugnis, insbesondere gemessen an der Art des Bedarfes, der befriedigt werden soll, und dem mutmaßlichen Käuferkreis, relativ groß, so wird man auch eine solche Maßnahme in die Kategorie der strategischen Maßnahmen einzuordnen haben. Eine strategische Maßnahme im Rahmen der hier beabsichtigten Untersuchung ist in jedem Falle die Erschließung eines neuen Regionalmarktes - auch für bereits auf anderen Regionalmärkten angebotene Produkte. Damit eine solche Maßnahme in die Kategorie der strategischen Maßnahmen fällt, bedarf es also nicht des Angebots eines neuen, bisher im Programm noch nicht enthaltenen Erzeugnisses. Ein Unternehmen kann auf dem Markt eines Produktfeldes, auf dem es bereits tätig ist, versuchen, eine stärkere Position, einen größeren Marktanteil zu erobern. Dies kann durch einen entsprechend starken Einsatz des absatzpolitischen Instrumentariums geschehen, wie es erstmals umfassend und systematisch von E. Gutenberg dargestellt wurde 6 . Zu diesem Instrumentarium gehören u. a. alle preispolitischen Maßnahmen, Werbung, Produktgestaltung (z. B. die Erhöhung der Anzahl angebotener Produktvarianten auf dem in Betracht stehenden Produktfeld), verstärkte Absatzbemühungen durch Einführung effektiverer Methoden des Absatzes usw.
Quantifizierungsprobleme
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Um Mißverständnissen vorzubeugen sei nachdrücklich betont, daß es bei dem hier ins Auge gefaßten Einsatz der absatzpolitischen Instrumente nicht darum geht, eine einmal eingenommene Marktposition zu behaupten, sondern das Ziel des Einsatzes darin besteht, einen fühlbar höheren Marktanteil zu erlangen, der nachhaltig die Situation des Unternehmens in diesem Produktfeld verbessert. Daß mit einer derartigen Maßnahme ein erheblicher Kapitaleinsatz und ein besonderes Risiko verbunden sind, liegt auf der Hand. Anstrengungen dieser Art werden darum hier ebenfalls der Kategorie der strategischen Maßnahmen zugeordnet. Im Rahmen dieser Arbeit werden mithin als strategische Maßnahmen (strategische Projekte) betrachtet: 1. Maßnahmen, deren Ziel es ist, auf einem neuen Produktfeld tätig zu werden; 2. Maßnahmen, die der Erschließung neuer regionaler Märkte dienen, und 3. Maßnahmen, mit denen eine wesentliche Verbesserung der Position des Unternehmens in einem Produktfeld erreicht werden soll, auf dem das Unternehmen bereits tätig ist. Auch die entgegengesetzten Maßnahmen, also der Verzicht auf das weitere Tätigwerden in einem bestimmten Produktfeld, die Aufgabe eines regionalen Marktes, das Herabstufen der Intensität der Nutzung eines Marktes stellen strategische Maßnahmen dar. Nicht in den Bereich der strategischen Planung fallen hingegen alle Entscheidungen, die der Erhaltung der Position in einem Produktfeld oder auf einem Regionalmarkt dienen, z. B. also die Entwicklung eines neuen Produktes zur Ablösung eines bislang angebotenen, wobei beide Erzeugnisse gleichen oder ähnlichen Bedürfnissen zu dienen bestimmt sind und im wesentlichen die gleichen Käuferkreise ansprechen.
3. Die Portfolio-Technik 3.1. Darstellung der Methode In den letzten Jahren ist eine spezielle Technik in der Literatur dargestellt und empfohlen worden, die es ermöglichen soll a) die strategische Lage eines Unternehmens und b) die Qualität möglicher strategischer Maßnahmen zu beurteilen. Diese Technik tritt in verschiedenen Varianten auf. Allen diesen Formen ist gemeinsam, daß es sich um eine qualitative Analyse handelt. Das Unternehmen wird aufgefaßt als bestehend aus einer Reihe strategischer Einheiten. Daher der Name Portfolio-Technik. Eine strategische Einheit befaßt sich in der Regel mit Produktion und Absatz eines bestimmten Erzeugnisses oder einer
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bestimmten Erzeugnisgruppe auf einem bestimmten Markt. Der Begriff ist nicht eindeutig festgelegt. Seine Umschreibung hängt auch von der jeweils angewandten speziellen Technik ab. Die strategischen Einheiten eines Unternehmens (A, B, C, D) werden in eine Matrix eingetragen. Damit dies möglich wird, sind die Faktoren, die die „Güte" oder „Zieladäquanz" einer strategischen Einheit bestimmen, in zwei Gruppen zusammenzufassen. Zum besseren Verständnis und als Ausgangspunkt für unsere weiteren Überlegungen sei als repräsentatives Beispiel für die Portfolio-Technik die „Marktattraktivitäts-Wettbewerbsvorteils-Matrix'' dargestellt7. Die „Gütefaktoren" werden eingeteilt in solche, die einen Rückschluß auf die Stärke der Position des Unternehmens im Markt zulassen, und solche, die Auskunft über die Markt- oder auch Branchenattraktivität geben. Die Stärke der jeweiligen Gruppe wird an einer Skala mit der Einteilung hoch mittel niedrig gemessen. Auf diese Weise kommt die Matrix-Darstellung der Abbildung 1 zustande.
hoch
©
©
o m
©
mittel
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niedrig
niedrig
mittel
Abb. 1. MarktattraktivitätsWettbewerbsvorteils-Matrix hoch
Wettbewerbsvorteile
Welche Faktoren einen Hinweis auf die Markt- oder Branchen-Attraktivität geben und welche Faktoren es sind, die die Stärke der Position des Unternehmens im Markt bestimmen, hängt sicher auch von dem zu untersuchenden konkreten Falle ab. Es nimmt daher nicht wunder, daß die in der Literatur angebotenen Listen - z. T. erheblich - voneinander abweichen. Der Vorteil der Portfolio-Technik liegt in der Anschaulichkeit, die sie vermittelt. Zwar sind die Faktoren, die auf die Attraktivität eines bestimmten Marktes oder Produktfeldes hinweisen, schon lange vor dem Aufkommen dieser Technik bekannt gewesen und in der Literatur zusammengestellt worden, ebenso wie die Faktoren, die einem Unternehmen anderen gegenüber einen Wettbewerbsvor-
Quantifizierungsprobleme
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sprung verschaffen. Durch die besondere Art der Darstellung werden sie aber in eine grafisch anschauliche Form übertragen und dabei der Vergleich verschiedener strategischer Bereiche auf den ersten Blick ermöglicht. Allerdings wird dabei auch sehr stark vereinfacht: Es besteht die Gefahr, daß wesentliche Informationen nicht beachtet oder ihr Aussagegehalt unzulässig verkürzt wird, ferner entscheidungsrelevante Zusammenhänge nicht oder nicht hinreichend deutlich gemacht werden. Eine Verfeinerung des Konzeptes der ,Portfolio-Matrix' läßt sich durch Anwendung der Scoring-Methode erreichen. Gleichzeitig - und das erscheint noch wichtiger - können auf diese Weise die im Rahmen der Portfolio-Techniken notwendig werdenden weitgehenden Schätzungen und oft mehr oder weniger willkürlichen Annahmen aufgezeigt werden, die erkleckliche Zweifel an der Tragfähigkeit einer so gewonnenen Beurteilungsgrundlage aufkommen lassen. Bei der Scoring-Methode handelt es sich um ein Verfahren zur vergleichenden Beurteilung bestimmter Tatbestände oder Sachverhalte. Sie ist immer dann heranzuziehen, wenn quantitative Beurteilungskriterien nicht ermittelbar sind oder nicht quantifizierbare Faktoren neben quantitativen Größen eine wesentliche Rolle spielen 8 . Im Rahmen der Scoring-Methode ist zunächst eine Liste der Faktoren aufzustellen, die auf die Höhe des Beurteilungskriteriums, in unserem Falle „Markt- bzw. Branchen-Attraktivität" und „Wettbewerbsstärke des Unternehmens", einen Einfluß ausüben. Diese Liste muß möglichst vollständig sein und darf keine Überschneidungen aufweisen. Für jeden der aufgelisteten Faktoren sind Intensitätsklassen zu bilden; jeder Klasse wird ein bestimmter Punktwert zugeordnet. Dabei sollen die zugeordneten Punktwerte im gleichen Verhältnis zueinander stehen wie die Beiträge der in den verschiedenen Intensitätsklassen erfaßten unterschiedlichen Stärkeausprägungen des betrachteten Faktors zum Beurteilungskriterium, also z. B. der Marktattraktivität. Da die Faktoren auch von ihrer Art her in unterschiedlichem Maße zum Beurteilungskriterium beitragen, sind sie entsprechend zu gewichten. Die Summe der gewichteten Punkte zeigt alsdann an, in welchem Umfange der „bewertete" Sachverhalt dem Beurteilungskriterium entspricht, z. B. also, wie groß die Attraktivität des Marktes einer bestimmten strategischen Einheit ist. 3.2 Ein Beispiel Die strategischen Einheiten eines Unternehmens seien im Hinblick auf das Beurteilungskriterium „Marktattraktivität" zu bewerten. Zunächst sind alle Faktoren aufzulisten, die das Beurteilungskriterium „Marktattraktivität" beeinflussen. Die Liste muß möglichst vollständig und möglichst überschneidungsfrei sein. Diese Aufgabe befriedigend zu lösen, ist sicher nicht leicht, jedoch sei eine solche Lösung hier unterstellt. Die Liste enthalte u. a. die Faktoren: Marktwachstum, Rentabilität der Branche,
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Verhaltensstabilität der Abnehmer und Energie- und Rohstoffversorgung. 9 Da die Wirkung strategischer Maßnahmen weit in die Zukunft hineinreicht, muß sich die Aussage über das Marktwachstum auf einen entsprechend langen Zeitraum beziehen, für den ein Durchschnittswert anzugeben ist. Angenommen, das Wachstum auf den Märkten der strategischen Einheiten unseres Unternehmens liege für den ungünstigsten Markt bei —3% jährlich, für den günstigsten Markt jährlich bei 10%. Es sind nun Intensitätsklassen zu bilden und ihnen Punktwerte zuzuordnen. Dies kann in mannigfacher Weise geschehen, z. B. wie folgt: Klasse 1: Klasse 2: Klasse 3: Klasse 4:
Schrumpfen des Marktes um im Durchschnitt mehr als 3 %; Punktzahl: -1 Stagnation. Durchschnittliche Umsatzentwicklung zwischen — 2% und + 2% jährlich; Punktzahl: 0 Wachstum zwischen mehr als 2 bis 6% jährlich; Punktzahl: 1 Wachstum von mehr als 6 bis 10% jährlich; Punktzahl: + 2
Es wird deutlich, daß das Festlegen von Intensitätsklassen und das Zuordnen von Punktwerten nicht ohne Willkür vonstatten gehen kann. Statt mit — 1 hätte man die Bepunktung im Falle des Beispiels durchaus auch mit 0 oder mit 1 beginnen lassen können. Daß die Faktoren „Marktwachstum" und „Rentabilität der Branche" kaum überschneidungsfrei sind, bleibe dahingestellt. Wichtiger erscheint folgendes: Aussagen über die künftige Rentabilität müssen sich auf Zahlen stützen, die zu diesem Zwecke zu erheben sind. In die Maßzahl für die Marktattraktivität geht die Rentabilität - nach Klassenbildung, Bepunktung und Gewichtung - hingegen mit einem Punktwert ein, ebenso wie ein qualitativer Faktor - mit einem Punktwert, der häufig wesentlich weniger aussagt als die ursprünglich erhobenen Zahlen. Die Faktoren „Verhaltensstabilität der Abnehmer" und „Energie- und Rohstoffversorgung" weisen auf Risiken hin. Die dafür gegebenen Punkte messen nicht die Ertragskraft des Marktes, sondern bestimmte Risiken. Es taucht hier die Frage auf, ob allen Klassen ein negativer Punktwert beigelegt werden soll mit Ausnahme der Klasse, die volle Stabilität oder Sicherheit zum Ausdruck bringt. Außerdem wird deutlich, daß, um zu der Maßzahl für „Marktattraktivität" zu gelangen, Ertrags- und Risikopunkte addiert bzw. subtrahiert werden. Eine solche Vermischung ist zumindest bedenklich. Angenommen, es seien folgende Punktwerte ermittelt worden: Marktwachstum + 2 , Rentabilität + 4 , Verhaltensstabilität der Abnehmer —1, Energie- und Rohstoffversorgung — 3. Da nun offensichtlich nicht jeder der genannten Faktoren in gleichem Maße zu der Schlüsselgröße beiträgt, d. h., auch die günstigste Ausprägung z. B. des Faktors Marktwachstum nicht so viel bedeutet wie die günstigste Ausprägung des Faktors Rentabilität und vielleicht mehr als die günstigste Ausprägung des Faktors Verhaltensstabilität der Abnehmer, besteht die nächste Aufgabe darin, zutreffende
Quantifizierungsprobleme
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Gewichte zu finden, mit denen die den einzelnen Faktoren zugeteilten Punkte zu multiplizieren sind. Nehmen wir an, im hier vorliegenden Falle seien beziehentlich die Gewichtungsfaktoren 2; 3; 1; 2 festgelegt worden. Es ergibt sich dann für die Marktattraktivität der betrachteten strategischen Einheit ein Gesamtpunktwert von + 9 . Wären demgegenüber als Gewichte - was ebenfalls sinnvoll erscheint - die Größen 1; 3; 2; 3 gewählt worden, hätte sich ein Wert von + 3 ergeben - und damit ein beachtlicher Unterschied zwischen den beiden Punktwerten. 3.3
Kritik
Das Beispiel läßt deutlich die Schwächen erkennen, die der Portfolio-Technik, selbst in einer verfeinerten Form, unabwendbar anhaften. Diese Schwächen sind: 1. Erhebliche Schwierigkeiten bei der Erstellung einer brauchbaren, d. h. möglichst vollständigen und überschneidungsfreien Liste der Einflußfaktoren. 2. Notwendigkeit zu willkürlichen Annahmen bei der Klassenbildung, Bepunktung und Gewichtung - mit erheblichen Konsequenzen für das Ergebnis. 3. Vermischung von Faktoren, die einen Hinweis auf die Ertragskraft geben mit solchen, die bestimmte Risiken anzeigen. In unserem Beispiel gilt dies sowohl für die Schlüsselgröße „Marktattraktivität" als auch für die Schlüsselgröße „Wettbewerbsposition des Unternehmens". Es erscheint zumindest zweifelhaft, ob eine derartige Vermischung dem Treffen guter Entscheidungen förderlich ist. 4. Informationsverlust dadurch, daß vorliegende quantitative Werte in die qualitative Betrachtung einbezogen werden müssen und damit der gesamten Prozedur der Bepunktung und Gewichtung zu unterziehen sind. 5. Nichtberücksichtigung der Beziehungen, die zwischen den verschiedenen strategischen Einheiten oder Projekten bestehen: Für die Placierung einer strategischen Einheit in der Portfolio-Matrix ist es unerheblich, ob die Absatzzahlen und Gewinne dieser Einheit von den Absatzzahlen und Gewinnen anderer Einheiten unabhängig oder mit ihnen negativ oder positiv korreliert sind. Die risikomindernde Wirkung einer Diversifikation kann nicht in die Betrachtung einbezogen werden. Das Aufzeigen der Faktoren, die die „Güte" einer strategischen Einheit, eines strategischen Geschäftsbereiches, bestimmen, ist für das Finden guter Entscheidungen sicher von erheblicher Bedeutung. Solche Analysen sind aber keine Neuerung, die der Portfolio-Methode zu danken wäre, sondern wurden schon vordem in gleicher Weise durchgeführt. Allerdings wurden die gewonnenen Informationen in anderer Weise verarbeitet. Gerade in der spezifischen Art der Verarbeitung, wie sie die Portfolio-Technik vornimmt, liegen aber - bei aller Anschaulichkeit - erhebliche Gefahren.
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Jede qualitative Analyse vermag nur einen ersten Überblick über die strategische Lage eines Unternehmens zu vermitteln - immer dort, wo die Möglichkeit besteht - und dies dürfte überwiegend der Fall sein - sollte der qualitativen Betrachtung eine quantitative Analyse folgen. Diese quantitative Analyse ist so aufzubauen, daß sie die Gegebenheiten möglichst unverwischt darstellt, die wesentlichen Zusammenhänge sichtbar macht und gleichzeitig einen Weg aufzeigt, zu einer optimalen Lösung zu gelangen. Die folgenden Abschnitte befassen sich mit dieser Problemstellung.
4. Zur quantitativen Charakterisierung strategischer Projekte (strategischer Maßnahmen) 4.1 Die charakteristischen Kurven Der Zweck der strategischen Planung - und der Realisierung des Geplanten - besteht darin, dem Unternehmen neue Möglichkeiten für eine sinnvolle ökonomische Betätigung zu eröffnen, also letztlich neue Gewinnquellen zu erschließen. Ein Vergleich der strategischen Bemühungen eines Unternehmens mit dem Erschließen von Ölquellen liegt nahe und wird sich für die weiteren Überlegungen als nützlich erweisen. Strategisches Planen wirkt an sich schon risikomindernd infolge der damit verbundenen Bemühungen, zukünftige Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und sich ihnen anzupassen - sei es, um drohenden Gefahren entgegenzuwirken, sei es, um neu entstandene Chancen zu nutzen. Dadurch, daß die Aktivitäten eines Unternehmens auf verschiedene Projekte (zeitlich horizontale Diversifikation) und ferner auf Projekte in unterschiedlichen Erschließungs- oder Nutzungsstadien (zeitlich vertikale Diversifikation) verteilt werden, kann ein zusätzlicher Schutz gegen die Unsicherheit künftiger Entwicklungen und das daraus resultierende Risiko gewonnen werden. Dieser Schutz richtet sich auch gegen Ereignisse, die nicht vorhersehbar sind. Um eine Quelle zu erschließen, bedarf es des Einsatzes von Kapital. Erst wenn die Bohrung fündig geworden ist und das ö l fließt (Gewinne erzielt werden), wird dieses Kapital allmählich zurückgewonnen. Ist die Investition erfolgreich, so wird es einen Zeitpunkt geben, zu dem das eingesetzte Kapital voll zurückgeflossen sein wird. Diese Überlegungen seien im folgenden anhand eines konkreten strategischen Projektes nachvollzogen. In Abb. 2 mißt die Abszissenachse die Zeit, während auf der Ordinatenachse Geldeinheiten (GE) abgetragen sind. Die Kurve KKE(t) gibt den kumulierten Kapitaleinsatz wieder 10 . Bis zum Zeitpunkt 2 beispielsweise müssen insgesamt 12,5 Geldeinheiten zur Verfügung gestellt werden. Kapitalzuflüsse „von außen" werden bis zum Zeitpunkt 4 benötigt. Insgesamt betragen sie bis zu diesem Zeitpunkt
Quantifizierungsprobleme
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GE
25
20
15 12.5
10
5
0 ZEIT
(t)
Abb. 2. Kapitaleinsatz und -rückfluß eines strategischen Projektes.
15,4 GE. Gewinne werden vom Zeitpunkt 2 an erwirtschaftet — KG(t) ist die Kurve der kumulierten Gewinne - jedoch liegen sie zunächst noch unter den bis zum Zeitpunkt 4 zusätzlich benötigten Kapitalbeträgen. Vom Zeitpunkt 4 an setzen Kapitalrückflüsse ein. Bis zum Zeitpunkt 7,0 ist das gesamte von außen dem Projekt zur Verfügung gestellte Kapital zurückgeflossen. Von diesem Zeitpunkt an wirft das Projekt „echte" Gewinne ab. Zur Charakterisierung eines Projektes erscheinen hiernach die folgenden Größen bedeutsam: - die Kapitalbeträge, die dem Projekt ,von außen' jeweils (zu den Zeitpunkten t = 1 , 2 , . . . ) zur Verfügung gestellt werden müssen; - der Zeitpunkt, zu dem das Maximum des von außen zuzuführenden Kapitals erreicht ist, von dem an also Kapitalrückflüsse einsetzen; - der Zeitpunkt (T A ), bis zu dem das von außen zur Verfügung gestellte Kapital voll zurückgeflossen ist, und schließlich - die Höhe des Gewinnes, den das Projekt nach dem Zeitpunkt T A nachhaltig im Durchschnitt abzuwerfen verspricht. Die Kurve des kumulierten Kapitaleinsatzes und die Kurve des kumulierten Gewinnes stellen das Ergebnis umfassender Planungsrechnungen dar, auf die hier aus Platzgründen nicht näher eingegangen werden kann11. Ein weiteres Ergebnis dieser Planung, den beiden genannten Kurven vorgelagert, ist die Kurve der kumulierten Umsätze. Anhand dieser drei aus der vorausschauenden Planung resultierenden Kurven kann die Entwicklung des Projektes im Zeitablauf anschaulich verfolgt werden. Abweichungen der Istentwicklungen von den geplanten Verläufen machen darauf aufmerksam, wann besondere Maßnahmen - z. B. zur Verwirklichung der Umsatz-
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ziele - ergriffen und wann Korrekturen - z . B . erhöhter Kapitaleinsatz - der Plankurven in Kauf genommen werden müssen. 4.2 Die Unzweckmäßigkeit des Maßes „Return on Investment" Insgesamt ist im Beispiel der Abb. 2 Kapital in Höhe von rd. 23 GE einzusetzen. Diese Größe ist im weiteren jedoch ohne Bedeutung. Auf den ersten Blick mag dies verwundern. Schließlich stellt das .eingesetzte Kapital' einen wesentlichen Bestandteil bei der Ermittlung des ,Return on Investment' und ähnlicher Kriterien dar. Der entscheidende Grund dafür, daß im weiteren darauf verzichtet wird, diese Größe heranzuziehen, ist in folgendem Sachverhalt zu sehen: Bis zum Zeitpunkt 2 (Abb. 2) treten im deterministischen Falle keine Schwierigkeiten auf, die jeweilige Höhe des insgesamt eingesetzten Kapitals zu bestimmen. Vom Zeitpunkt 2 an, von dem Zeitpunkt also, von dem an das Projekt Gewinne abwirft, liegen die Dinge anders. Um den im weiteren notwendigen zusätzlichen Kapitaleinsatz bestimmen zu können, müßte genau feststellbar sein, welche Ausgaben den laufenden Produktionsprozeß betreffen, also sofort zu Aufwand werden, und welche Ausgaben zusätzliche Investitionen darstellen. So werden Ausgaben, die dem Aufbau einer Absatzorganisation dienen, das eingesetzte Kapital erhöhen, während Ausgaben zum laufenden Unterhalt der Absatzorganisation bei der Gewinnermittlung von den Erträgen abzuziehen sind. Eine exakte Zuordnung der Ausgaben zu der einen oder anderen Kategorie dürfte schwerfallen. Ferner: In welchem Umfange sind Abschreibungen gerechtfertigt und bei der Bestimmung des Gewinnes zu berücksichtigen? Welche Sachinvestitionen stellen Ersatz und welche zusätzliche Ausstattung dar? Die hier angedeuteten Abgrenzungsschwierigkeiten - die die in Abschnitt 4.1. genannten Größen nicht tangieren - lassen das Kriterium „Return on Investment (Rol)" problematisch erscheinen, wie folgendes Beispiel zeigt: Angenommen, bisher sei Kapital in Höhe von 100 GE eingesetzt worden. In der nächsten Periode entstehe ein Gewinn, der je nachdem, ob bestimmte Ausgaben als laufender Aufwand anzusehen sind oder aus zusätzlichen Investitionen resultieren, entweder 30 GE oder 20 GE beträgt. In ersterem Falle errechnet sich für den 20 betrachteten Zeitraum ein Rol in Höhe von j ^ q = 20%; im zweiten Falle ergibt sich ein Rol von ^30 = 28,6% 12 ). Der Verzicht auf das Kriterium ,Return on Investment' wird durch folgende Überlegungen erleichtert: Die Größe Rol stellt ein statisches Maß dar: Der Kapitaleinsatz in einem bestimmten Zeitraum wird mit dem in diesem Zeitraum erzielten Gewinn in Beziehung gesetzt. Bei strategischen Projekten würde dieses Kriterium von Zeitabschnitt zu Zeitabschnitt einen anderen Wert annehmen. Um
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aus diesen Einzelwerten, die jeweils für sich genommen nicht geeignet erscheinen, das Projekt zu charakterisieren, müßte ein Mittelwert gebildet werden, der aus verschiedenen Gründen - z.B.: Für welchen Zeitraum soll der Durchschnitt gebildet werden? - ebenfalls nur wenig aussagefähig wäre. Hinzu kommt, daß sich das Kriterium Rol im Rahmen optimierender Modelle nur mit Mühe oder gar nicht verwenden läßt und allein ohnehin nicht ausreicht, ein Projekt hinreichend zu charakterisieren. Es verbleibt die Frage, welche Größen aus den ein strategisches Projekt charakterisierenden Kurven abgeleitet werden können, die geeignet erscheinen, strategische Projekte miteinander zu vergleichen und - wenn möglich - im Rahmen eines dafür entwickelten Modelles eine optimale Auswahl aus einer Menge möglicher Projekte zu treffen. 4.3 Ableitung der charakteristischen Größen Der oben erwähnten Vorstellung folgend, daß die Verwirklichung strategischer Projekte verglichen werden kann mit der Erschließung neuer Gewinnquellen, liegt es nahe, das Opfer, das gebracht werden muß, um die Quelle zu erschließen, mit dem nachhaltigen Gewinn, der aus dieser Quelle fließen wird, zu vergleichen. Das zu bringende Opfer besteht darin, zeitweilig bestimmte Kapitalbeträge zur Verfügung zu stellen. Zur Verwirklichung des in Abb. 2 dargestellten Projektes bedarf es eines Gesamtkapitaleinsatzes, der der Fläche zwischen den beiden Kurven KKE(t) und KG(t) entspricht. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß ein - sagen wir - im vierten Jahr zur Verfügung zu stellender Kapitalbetrag weniger schwer wiegt als ein gleich hoher Betrag, der bereits im ersten Jahr verfügbar sein muß, unter Berücksichtigung kalkulatorischer Zinsen also, läßt sich der gesamte Kapitaleinsatz durch die Formel KE(gesamt) = Tjf ( K K E ( t ) - K G ( t ) ) e" 6 'dt
o
(la)
wiedergeben. In dieser Formel bedeuten: Ta >-et
Zeitpunkt, bis zu dem sämtliches eingesetztes Kapital zurückgeflossen, der Kapitaleinsatz also beendet ist. Zinsfaktor bei Momentanverzinsung; Q stellt die Verzinsungsintensität dar; es gilt die Beziehung log e mit i als dem Jahreszinssatz, bezogen auf 1.
Für die Zwecke einer konkreten Rechnung empfiehlt es sich, die Integraldarstellung durch eine Summendarstellung und die Momentanverzinsung durch die entsprechende jährliche Verzinsung zu ersetzen.
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Die Formel für den Kapitaleinsatz lautet dann: TA
KE(gesamt) = £ D K t ( l + i ) -"t ' t= 1 mit
(2)
D K , = - [ ( K K E t _ ! - K G t _ 1) + (KKGt — KGt)]
Dem „ O p f e r " steht der erschlossene nachhaltige Gewinn gegenüber. Auszugehen ist von dem durchschnittlich zu erwartenden nachhaltigen Gewinn. Er ergibt sich aus den erwarteten Erträgen abzüglich der dazu erforderlichen Aufwendungen einschließlich sämtlicher Aufwendungen, die zur Erhaltung der Ertragskraft des Projektes erforderlich sind. Unter der Voraussetzung, daß das Projekt unendlich lange den erwarteten nachhaltigen Jahresgewinn ( G ) erbringt, ist sein „Nutzen" gleich dem Barwert G/i dieser Gewinne, bezogen auf den Zeitpunkt T A , abgezinst auf den Anfangszeitpunkt des Projektes, also G = (G/i) (1 + ì ) " T a
(3 a)
Die Annahme eines unendlich lange fließenden Gewinnstromes führt zu einer Bewertung des Projektnutzens, die zutreffender ist, als es zunächst erscheinen mag. Dies wird klar, wenn die beiden folgenden Punkte beachtet werden: 1. Der Unterschied zwischen dem Barwert eines jährlichen Gewinnes von z. B. 1000 D M , der 20 Jahre lang erzielt wird und eines gleich hohen Jahresgewinnes, der für alle Zukunft, also unendlich lange, erwartet wird, beträgt bei einem Kalkulationszinsfuß von 10% nur (10 000 - 8514 = ) 1486 D M , also nur rd. 15% des Barwertes bei unendlich langer Dauer des Gewinnzuflusses. 2. Der Wert der Anlagen, Maschinen und Ausrüstungen, die bis zum Zeitpunkt T A angeschafft wurden und zu diesem Zeitpunkt noch vorhanden sind, der Bestand an Produktionsmitteln also, der erforderlich ist, damit die Quelle fließt, ist in unserer Rechnung nicht angesetzt: Diese Anlagen erhalten ihren Wert durch die Gewinne, die mit ihrer Hilfe erwirtschaftet werden können. Bei unendlich langer Lebensdauer des Projektes ist ihr Wert mit in dem Barwert der zufließenden Gewinne enthalten. Beträgt die erwartete Lebensdauer eines Projektes (nach T A ) hingegen z. B. nur 20 Jahre, so sind dem Barwert der in dieser Zeit erzielbaren Gewinne die (abgezinsten) Liquidationserlöse der Anlagen zuzuschlagen; die unter 1. genannte Differenz von rd. 15% vermindert sich entsprechend. Für den Fall, daß mit hinreichender Sicherheit eine begrenzte Lebensdauer des zu bewertenden Projektes vorausgesagt werden kann, ist in der zuletzt geschilderten Weise zu verfahren. Der „Nutzen" des Projekts beträgt dann
Quantifizierungsprobleme G
=
G
+0~ T a + L(1 +i)^< T A + n )
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(3 b)
Dabei bedeuten: n L
Lebensdauer des Projekts nach TA, Erlöse bei der Liquidation des Projekts.
Fassen wir zusammen: Jedes Projekt läßt sich charakterisieren durch den dafür notwendigen Kapitaleinsatz im oben definierten Sinne (Formel (1)) und den Barwert, der vom Zeitpunkt T a an fließenden durchschnittlichen Gewinne. Der Barwert dieser Gewinne ist, um die Vergleichbarkeit zwischen mehreren Projekten sicherzustellen, auf den gleichen Zeitpunkt (hier: den Beginn des Planungszeitraums) zu beziehen. Das gleiche gilt für den Kapitaleinsatz.
5. Gestaltungsformen strategischer Projekte Ein Unternehmen, das die Absicht hat, in einem bestimmten Produktfeld auf einem in bestimmter Weise regional abgegrenzten Markt tätig zu werden, kann als zunächst zu erreichendes Ziel unterschiedlich große Marktanteile anstreben. Je nachdem, welches Marktanteils- oder Umsatzniveau angestrebt wird, sind die dazu erforderlichen Aktivitäten unterschiedlich. So wird das Streben nach einem relativ hohen Marktanteil es notwendig machen, mehr Varianten des Grundprodukts anzubieten als es beim Streben nach einem geringeren Umsatzniveau notwendig und wünschenswert wäre. Generell wird der Einsatz des absatzpolitischen Instrumentariums je nach dem, welches Niveau angestrebt wird, in Art und Höhe variieren. Für unsere Untersuchung folgt daraus: Das gleiche Projekt kann oft alternativ in unterschiedlichen Größenausprägungen realisiert werden. Jede dieser Ausprägungen wird einen unterschiedlich hohen Kapitaleinsatz erfordern und einen unterschiedlich hohen nachhaltigen Gewinn erbringen. In Abb. 3 sind beiGE
/
Abb. 3. Alternative Verläufe von Kapitaleinsatz und -rückfluß nach Größenausprägung eines strategischen Projektes. t
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spielhaft zwei mögliche Größenausprägungen für das gleiche Projekt anhand ihrer Kapitaleinsatz- und Gewinnkurven dargestellt. Jede Größenausprägung eines Projektes kann überdies mit unterschiedlicher Intensität verfolgt werden. Bei geringerer Intensität werden die charakteristischen Kurven entsprechend flacher verlaufen. In Abb. 4 ist ein Beispiel für diesen Fall gegeben. GE
Abb. 4. Alternative Verläufe von Kapitaleinsatz und -rückfluß nach Intensität der Verfolgung eines strategischen Projektes.
Es leuchtet ein, daß ein Unternehmen ein Projekt,verhalten' in Angriff nehmen wird, wenn erhebliche Unsicherheiten existieren. Das langsame Anlaufen und die Erfahrungen, die dabei gesammelt werden, machen es möglich, das Projekt bei ungünstiger Entwicklung abbrechen zu können, ohne zu große Risiken eingegangen zu sein. Unter Risikogesichtspunkten kann es durchaus vorteilhaft sein, zunächst eine bescheidenere Größenausprägung des Projektes anzustreben und dies zudem noch mit verhaltener Intensität zu tun. Die Entscheidung darüber, welche Ausprägungsform eines Projektes mit welcher Intensität verfolgt werden soll, kann nur, wie noch zu zeigen sein wird, im Rahmen einer Gesamtplanung, d. h. unter Berücksichtigung des zu realisierenden Gesamtprogrammes getroffen werden. Hier genügt es festzustellen, daß sich für jede mögliche Kombination von „Ausprägungsform eines Projektes" und „Realisierungsintensität" ein im zeitlichen Verlauf in seiner Höhe jeweils charakteristischer Kapitaleinsatz (KKE(t) — KG(t)) und ein bestimmter, nachhaltig zu erwartender Gewinn angeben lassen.
6. Das Problem der Unsicherheit 6.1 Kennzeichnung der Risiken Entscheidungen, die weit in die Zukunft hineinreichen, müssen in jedem Falle auf Daten aufbauen, die nur innerhalb eines mehr oder weniger weiten Intervalls vorausgesagt werden können. Auch die Kurven, die der Charakterisierung eines strategischen Projekts dienen,
Quantifizierungsprobleme
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lassen sich nur innerhalb bestimmter Grenzen angeben. Das gleiche gilt damit auch für die daraus abgeleiteten charakteristischen Werte eines strategischen Projektes. Die Datenunsicherheit wirkt sich in zweierlei Weise aus: - Erstens kann die Höhe des notwendigen Kapitaleinsatzes insgesamt und zu den einzelnen Zeitpunkten unterschiedlich hoch sein. - Zweitens kann die Höhe des nachhaltig fließenden Gewinnes variieren. Für die weitere Behandlung des Unsicherheitsproblems erscheint es zweckmäßig, zwischen drei Verläufen der charakteristischen Kurven und damit Entwicklungsmöglichkeiten eines strategischen Projektes zu unterscheiden: 1. Es ist der wahrscheinlichste Kurvenverlauf zu prognostizieren (Kurven W). Besondere Ereignisse (sie mögen die Entwicklung positiv oder negativ beeinflussen), von denen man nicht weiß, ob sie überhaupt eintreten, werden nicht berücksichtigt. 2. Der Prognose des Kurvenverlaufs wird eine vorsichtig optimistische Beurteilung der die Entwicklung bestimmenden Faktoren zugrunde gelegt (Kurven OP). Von den besonderen Ereignissen sind die positiven zu berücksichtigen, sofern ihrem Eintreten mindestens eine subjektive Wahrscheinlichkeit von - sagen wir - 0,5 beizumessen ist13. 3. Der dritte zu schätzende Verlauf der charakteristischen Kurven beruht auf einer pessimistischen Einschätzung der künftigen Entwicklung (Kurven P). Positive besondere Ereignisse werden nicht, negative Ereignisse dann berücksichtigt, wenn ihre subjektive Wahrscheinlichkeit mit 0,3 oder höher anzusetzen ist13. Im Falle eines Abweichens der Entwicklung von den prognostizierten wahrscheinlichsten Kurven nach unten können in der Regel Maßnahmen ergriffen werden, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Derartige mögliche Eventualmaßnahmen sind bei der Festlegung der Kurven P mit zu berücksichtigen. Jedes strategische Projekt wird mithin auch durch drei Wertepaare charakterisiert: Durch den Kapitaleinsatz und den erwarteten nachhaltigen Gewinn mit der höchsten Wahrscheinlichkeit (Werte W) und die gleichen Größen bei optimistischer (Werte OP) und bei pessimistischer (Werte P) Beurteilung der künftigen Entwicklung. Wird bei der Planung, wie es hier geschehen soll, von den wahrscheinlichsten Werten ausgegangen, so besteht ein Risiko in zweifacher Hinsicht: 1. Es kann zu bestimmten Zeitpunkten ein höherer Kapitaleinsatz erforderlich werden. Eine Verschiebung des Amortisationszeitpunktes nach rechts führt zu einem Kapitaleinsatz auch noch nach T A (W). 2. Der nachhaltig zu erwartende Gewinn kann von dem wahrscheinlichsten nach unten abweichen. Im äußersten Falle kann der Amortisationszeitpunkt soweit nach rechts verla-
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Herbert Jacob gert sein, daß ein Schnittpunkt der Kurven KKE(t) und KG(t) gar nicht oder erst jenseits des Planungshorizontes zustande kommt.
Es ist nun die Frage zu beantworten, wie das einem bestimmten Projekt anhaftende Risiko zahlenmäßig erfaßt werden kann und soll. 6.2 Quantifizierung der Risiken 6.2.1 Fortführung oder Abbruch Zunächst sei auf einen Sachverhalt hingewiesen, der für die Bemessung des Risikos bedeutsam ist: Würde sich ein strategisches Projekt gemäß seiner pessimistischen Charakteristik entwickeln, so könnte es abgebrochen werden. Das Risiko bestünde dann nicht - wie im Falle der Fortführung - in einem niedrigeren nachhaltigen Gewinn und einem höheren Kapitaleinsatz, sondern in dem Nachteil, der dem Unternehmen im Falle des Abbruchs entstünde. Die Höhe dieses Nachteils hängt von zwei Umständen ab: - Wieviel Kapital ist bis zum Zeitpunkt des Abbruchs eingesetzt worden? - Wieviel von diesem Kapital läßt sich zurückgewinnen? Das Risiko liegt um so niedriger, je weniger Kapital bis zum Zeitpunkt des Abbruchs eingesetzt worden ist. Es kann darum unter Risikogesichtspunkten vorteilhaft sein, für ein bestimmtes Projekt Größe und Durchführungsintensität zunächst so zu wählen, daß sich ein vergleichsweise niedriger Kapitaleinsatz ergibt. Von Bedeutung ist ebenfalls (nach Punkt 2) wie,flexibel' die bereits vorgenommenen Investitionen sind, d. h. inwieweit sie anderweitig von dem Unternehmen selbst oder von anderen, die dafür bezahlen, verwendet werden können. Zu denken ist beispielsweise an die Veräußerung oder anderweitige Verwendung von Gebäuden und Anlagen, des gewonnenen Know-hows, von organisatorischen Einrichtungen u. ä. Könnte - im Extremfalle - das eingesetzte Kapital zuzüglich einer Verzinsung in Höhe des Kalkulationszinsfußes in voller Höhe zurückgewonnen werden, so wäre das dem betrachteten Projekt beizulegende Risiko gleich Null. Ein Projekt ist dann abzubrechen, wenn das Ergebnis bei Anlage des zurückgewonnenen Kapitals zum Kalkulationszinsfuß größer ist als das Ergebnis, das durch Fortführung des Projektes erreicht werden könnte 14 . Ob ein Probjekt bei ungünstiger Entwicklung abzubrechen ist oder nicht, läßt sich anhand der Kurven P bestimmen 15 .
Quantifizierungsprobleme
37
6.2.2 Gewinn und Gewinnrisiko Als für die Ertragskraft eines strategischen Projektes charakteristisch wird der Barwert des wahrscheinlichsten Gewinnes angesehen, korrigiert unter Berücksichtigung der Barwerte der Gewinngrößen, die sich bei optimistischer und bei pessimistischer Beurteilung des Projektes ergeben16. Ein Projekt ist nur dann in die engere Wahl zu ziehen, wenn es mindestens ein Ergebnis (Barwert des korrigierten wahrscheinlichsten nachhaltigen Gewinnes) zu erbringen verspricht, wie es bei gleichem Kapitaleinsatz und einer Verzinsung des jeweils eingesetzten Kapitals zum Kalkulationszinsfuß erreicht werden würde. Wie sich leicht anhand der Formeln (1) und (2) ausrechnen läßt, erbringt ein (zinsgewichteter) Kapitaleinsatz in Höhe von 1000 GE bei einer Verzinsung in Höhe von 10% - gleichmäßiges Zufließen der Erträge unterstellt - einen nachhaltigen Gewinn, dessen Barwert, bezogen auf den Beginn des Planungszeitraums, rd. 109 GE beträgt. Bei einem Kalkulationszinsfuß (Verzinsung) von 8% ergibt sich ein Barwert von rd. 86 GE, für einen Kalkulationszinsfuß von 20% steigt er auf 235 GE an. Ergibt sich auch bei pessimistischer Beurteilung (P) eines Projekts ein Verhältnis zwischen dem Barwert des nachhaltigen Gewinnes P und dem Kapitaleinsatz P, das dem Verhältnis bei dem gewählten Kalkulationszinsfuß (bei 10% also 109 GE pro 1000 GE Kapitaleinsatz) entspricht oder es übertrifft, so birgt das Projekt kein Ertragsrisiko in sich: Durch die Verwirklichung des Projektes wird selbst bei ungünstigem Verlauf die Ertragssituation des Unternehmens verbessert, zumindest nicht verschlechtert. Bestehen bleibt allerdings auch hier u. U. ein Kapitaleinsatzrisiko (s. Abschn. 6.2.3). Das Risiko im Hinblick auf den angestrebten nachhaltigen Gewinn beginnt dort, wo mit einer Unterschreitung des nachhaltigen Gewinnes gerechnet werden muß, der bei gleichem Kapitaleinsatz und Anlage der Mittel zum (vorher zu bestimmenden) Kalkulationszinsfuß erzielt werden könnte. Dazu folgendes Beispiel: Das Projekt A lasse bei pessimistischer Beurteilung einen nachhaltigen Gewinn mit einem Barwert von 230 GE erwarten. Der zugehörige zinsgewichtete, d. h. auf den Zeitpunkt Null bezogene Kapitaleinsatz beträgt 4431 GE. Bei dem gewählten Kalkulationszinsfuß von 10% entspricht diesem Einsatz ein nachhaltiger Gewinn mit einem Barwert von 483 GE. Die Differenz von 253 GE mißt das Risiko. Nun könnte das Projekt, wenn es sich entsprechend der ungünstigen Prognose entwickelt, nach 3 Jahren abgebrochen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt müßte ein Kapital von 500 GE investiert werden, von dem 300 GE zurückgewonnen werden könnten. Der Nachteil, den das Unternehmen im Falle des Abbruches in Kauf zu nehmen hat, errechnet sich dann wie folgt: Zunächst ist zu bestimmen, auf welchen Betrag das eingesetzte Kapital bei Erträgen in Höhe des Kalkulationszinsfußes bis zum Abbruchzeitpunkt anwachsen würde (hier: 540 GE). Die Differenz zwischen diesem Betrag und dem zurückgewonnenen Kapital stellt den Nachteil im Falle des
38
Herbert Jacob
Abbruches dar. Er ist, um einen Vergleich zu ermöglichen, auf den Kalkulationszeitpunkt, hier: den Beginn des Planungszeitraumes, abzuzinsen und beträgt somit im Beispiel (540 - 300) • 0,751 = 180 GE. Daraus folgt, da 180 ^ 253: Im Falle einer ungünstigen Entwicklung ist das Projekt abzubrechen; das ihm zuzurechnende Risiko beträgt 180 GE 17 . 6.2.3 Kapitaleinsatz und Kapitaleinsatzrisiko Der Kapitaleinsatz ergibt sich aus den Kurven W. Das Kapitaleinsatzrisiko besteht darin, daß infolge eines höheren als dem wahrscheinlichsten Investitionsbedarf und/oder eines flacheren Verlaufs der Kurve der kumulierten Gewinne zu bestimmten Zeitpunkten ein höherer Kapitaleinsatz erforderlich werden kann als er den Kurven W entspricht. Wird ein Projekt abgebrochen, so bedeutet dies einmal die Verfügbarkeit zusätzlichen Kapitals im Zeitpunkt des Abbruchs, und zwar in Höhe des zurückgewinnbaren Kapitals, zum anderen eine Ent- oder Belastung der folgenden Perioden. Für ein Unternehmen kann es darum unter Umständen vorteilhaft sein, ein Projekt auch dann abzubrechen, wenn das Gewinnrisiko bei Abbruch größer ist als bei Fortführung. Dem höheren Gewinnrisiko stehen die Vorteile gegenüber, die sich aus der Verfügbarkeit zusätzlichen Kapitals ergeben. Die Entscheidung läßt sich nur unter Berücksichtigung des Gesamtprogramms der Unternehmung treffen.
7. Ein Gesamtmodell Der Charakterisierung der strategischen Projekte im einzelnen muß eine Gesamtschau folgen. Von der Lage des Unternehmens insgesamt gesehen, hängt es ab, welche Mittel verfügbar sind und verfügbar sein werden, welche Risiken eingegangen werden können und sollen und damit, welche Kombinationen von Projekten, ausgewählt aus einer Menge möglicher, realisierbar erscheinen, und welche spezielle Kombination davon den Zielvorstellungen des Unternehmens am nächsten kommt. Im folgenden wird ein Modell vorgestellt, mit dessen Hilfe die zieloptimale Projektkombination bestimmt werden kann. Zieloptimal bedeutet: Das verfügbare Kapital ist so einzusetzen, daß möglichst ergiebige Gewinnquellen erschlossen werden. Dabei sind Gewinn- und Kapitaleinsatzrisiko - jeweils insgesamt gesehen - in bestimmten Grenzen zu halten. 7.1 Beschreibung des Modells Im Rahmen des Modelles ist unterstellt, daß zu jedem relevanten Zeitpunkt ein bestimmter Kapitalbetrag verfügbar ist, der zur Verwirklichung strategischer Pro-
Quantifizierungsprobleme
39
jekte eingesetzt werden kann. Die damit gegebenen Kapitalgrenzen sind jedoch nicht absolut starr; weiteres Kapital kann in Anspruch genommen werden, jedoch sind dafür besondere,Kosten' in Kauf zu nehmen (zweites Glied der Zielfunktion). Das Modell wird mithin die zunächst vorgegebenen Kapitalgrenzen nur dann überschreiten, wenn die Ertragskraft der Projekte, für die das zusätzliche Kapital benötigt wird, so groß ist, daß es günstig erscheint, sie trotz der entstehenden besonderen .Kosten' durchzuführen. Es handelt sich dabei nicht um echte Kapitalkosten, sondern um Steuergrößen, die gemäß der Gesamtsituation des Unternehmens und seiner Erwartungen hinsichtlich später möglich werdender Projekte festzulegen sind. Auf die dabei anzustellenden Überlegungen näher einzugehen, ist hier aus Platzgründen leider nicht möglich. Die Zielfunktion des Modelles lautet alsdann: Z = Z Uü Gij - I fo (KJ - 1 f, (Kt) = max (4) ö i t Die Bedeutung der einzelnen Größen ergibt sich aus nachfolgendem Symbolenverzeichnis, das auch die in den Nebenbedingungen zusätzlich verwendeten Größen enthält. Variable: Ujj: Null-Eins-Variable, u^ = 1: Projekt i wird in der Form j (vgl. Abschn. 5) realisiert; Uy = 0: Projekt i wird in der Form j nicht realisiert. uijo:
Null-Eins-Variable. uij0 = 1: Projekt ij wird realisiert und im Falle einer Entwicklung gemäß der pessimistischen Prognose fortgeführt. Null-Eins-Variable, u ^ = 1: Projekt ij wird realisiert und im Falle einer Entwicklung gemäß der pessimistischen Prognose abgebrochen.
K,:
Zusätzliche Mittel, die für die Projekte in Anspruch genommen werden können, jedoch besondere ,Kosten' verursachen.
Rt:
Nicht in Anspruch genommene Mittel des verfügbaren Kapitalfonds zum Zeitpunkt t. Sind die R, relativ klein, so brauchen sie, wie hier geschehen, in der Zielfunktion nicht berücksichtigt werden. Ansonsten wären die Barwerte der bei vorübergehender verzinslicher Anlage daraus fließenden Erträge (bzw. der ersparten Zinsen) zu addieren.
Kt:
Überschreitung der Grenze des vorgegebenen Gesamtkapitaleinsatzrisikos. Die Übeschreitung ist mit einer ,Strafe' verbunden, siehe letztes Glied der Zielfunktion.
Vorgegebene konstante Größen: Gy: Barwert, bezogen auf den Beginn des Planungszeitraumes, des nachhaltigen Gewinnes, resultierend aus dem Projekt i in der Gestaltungsform j.
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Herbert Jacob
KOJ:
Für strategische Projekte einsetzbare Mittel zum Zeitpunkt t.
kijt:
Notwendiger Kapitaleinsatz zum Zeitpunkt t bei Realisierung des Projektes i Gestaltungsform j.
K ot :
Grenze des Gesamtkapitaleinsatzrisikos zum Zeitpunkt t; ihre Überschreitung löst,Strafkosten' aus.
kjj0t:
Zusätzlicher Kapitalbedarf des Projektes ij zum Zeitpunkt t bei Fortsetzung im Falle einer Entwicklung gemäß der pessimistischen Prognose.
k ijlt :
Zusätzlicher Kapitalbedarf des Projektes ij zum Zeitpunkt t bei Abbruch des Projektes im Falle einer negativen Entwicklung.
f ot :
Funktion der ,Strafkosten' beim Überschreiten der Kapitalgrenze K ot ; im folgenden Beispiel gilt (einheitlich für alle t): f o (K o )=0,2 K o + 0 , 0 1 K 2 0 .
flt:
Funktion der , Straf kosten' beim Überschreiten der Grenze Kot des Gesamtkapitaleinsatzrisikos Zeitpunkt t; im Beispiel (einheitlich für alle t): f 1 (K o )=0,4 K o +0,02K 2 o . ,Strafkosten' lassen sich im konkreten Falle je nach Zweckmäßigkeit auch in anderer Weise formulieren.
V ijo :
Verlustrisiko Projekt ij im Falle seiner Fortsetzung bei negativer Entwicklung.
Vjj!:
Verlustrisiko Projekt ij im Falle des Abbruchs bei negativer Entwicklung.
V0:
Grenze des Gesamtverlustrisikos.
Die Zielfunktion (4) ist unter Beachtung der folgenden Nebenbedingungen zu maximieren: Kapitaleinsatzbedingungen: X U i j k i j t + Rt = K 0t + Kt
t = 0, 1, . . . , T
(5)
ij
Die Bedingungen (5) sorgen dafür, daß die vorgegebenen Kapitalgrenzen nicht bzw. nur dann überschritten werden, wenn dies zur Verwirklichung besonders günstiger Projekte erforderlich wird. Durch das Einfügen der Größe Kt und des korrespondierenden Gliedes in der Zielfunktion wird eine elastische Finanzierungsgrenze erzeugt, wie sie in der Realität meist anzutreffen ist. Alternativbedingungen 1: X u^ < 1 j
für alle i
(6)
Quantifizierungsprobleme
41
Von mehreren Gestaltungsformen eines Projektes kann höchstens nur eine realisiert werden. Dies bringen die Bedingungen (6) zum Ausdruck. Alternativbedingungen 2: u
ij = u ij0 + Uij i
für alle i und j
(7)
Ein Projekt, das realisiert werden soll, kann bei einer Entwicklung gemäß der pessimistischen Prognose entweder abgebrochen oder fortgeführt werden. Bedingungen zur Begrenzung des Gesamtverlustrisikos: X (u>jo Vijo + U;j! Vjj i) < V0 ü
(8)
Das Gesamtverlustrisiko, das im ungünstigsten Falle - sei es bei Abbruch, sei es bei Fortführung der Projekte - entstehen kann, darf eine bestimmte Grenze V„ nicht überschreiten. Die Bestimmung dieser Grenze hängt auch von den Beziehungen zwischen den zu realisierenden Projekten ab, d. h. davon ob sie im Hinblick auf Gewinn und Absatz voneinander unabhängig oder positiv oder negativ korreliert sind. Aus Platzgründen ist es leider nicht möglich, die dabei anzustellenden Überlegungen hier näher zu erläutern. Begrenzung des Kapitaleinsatzrisikos: X(u ij0 K i j0, + u i j I k i j l t ) < K 0 l + R t - K l + K1 ij
t = l, . . . , T
(9)
Das Kapitaleinsatzrisiko zum Zeitpunkt t, d. h. das Risiko, mehr Kapital einsetzen zu müssen als es den Kurven W der Projekte entspricht, ist zunächst auf K ot begrenzt. Bei der Festlegung dieser Grenze sind ähnliche Überlegungen anzustellen wie im Hinblick auf die Grenze VD. Das Kapitaleinsatzrisiko wird abgeschwächt (verstärkt), wenn die Kapitalgrenze K ot unter-(über)schritten wird. Dies wird durch Ansatz der Größen R t und K t berücksichtigt. Die Grenze des Kapitaleinsatzrisikos ist nicht starr formuliert, sondern kann in bestimmten Fällen überschritten werden. Es entstehen dann ,Strafkosten' (s. letztes Glied der Zielfunktion). Damit ist das Modell vollständig beschrieben. 7.2 Ein Beispiel Das soeben beschriebene Modell wird im folgenden auf eine konkrete Entscheidungssituation angewandt: Zur Auswahl stehen fünf strategische Projekte, von denen zwei in jeweils zwei alternativen Gestaltungsformen (unterschiedliche Größenausprägung und unterschiedliche Durchführungsintensität) verwirklicht werden können. (Projekte 1 und 5).
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Die Entscheidung darüber, ob ein Projekt bei negativer Entwicklung abgebrochen oder fortgeführt werden soll, wird bei den Projekten 1 und 2 dem Modell überlassen; für die Projekte 3, 4 und 5 ist sie vorab getroffen worden. Die charakteristischen Daten der Projekte enthält die folgende Tabelle (Abb. 5).
Proj. l
1
Form J
bei neg. Entwickl. Abbruch?
1
60
30 10 - 10
20 10 10
0 10 30
14 4 32
70 20 -30
50 30 10
0 20 60
23 7 61
ja ja
50 20 -40
30 20 0
0 10 30
16
ja
32
ja
60 15
20 10
- 10 0
14 3
_
20 20
10 10
0 10
11 3
ja ja
50 20
20 10
-10 10
18 4
ja ja
100 40
40 20
0 20
30 6
_
60 -
40 nein
-
ja
-
40 nein
_
-
60 nein
5
t= 3
-
3
1
-
80 nein
2
-
120 nein
Realisierung
t= 2
ja
2
G i j / V ^ / V ^
t= l
-
nein ja
ijlt
t=0
nein
2
4
k- /£••ljot
—
_ —
-
8
-
—
Folgende Kapitalgrenzen sind zu beachten: t = 0: 240; t = 1: 160; t = 2: 100; t = 3: 50. Für die Zeitpunkte 1 und 2 werden die jeweiligen Grenzen um 30 bzw. 10 GE überschritten. Die damit verbundenen ,Strafkosten' ergeben sich aus der Funktion fQ (s. Symbolverzeichnis). Die Grenzen für das Kapitaleinsatzrisiko sind mit 40 (t = 1), 30 (t = 2) und 10 (t = 3) vorgegeben. Das Gesamtverlustrisiko ist auf 65 GE begrenzt. Die zu realisierende Kombination strategischer Einheiten, die unter den genannten Bedingungen zum besten Ergebnis führt, ist aus der letzten Spalte der Tabelle zu ersehen.
Quantifizierungsprobleme
7.3
43
Ausgestaltungsmöglichkeiten
Wegen des beschränkten Platzes sind hier nur einige Andeutungen möglich. Eine ausführliche Darstellung muß einer späteren Arbeit vorbehalten bleiben. Ausgestaltungen sind u. a. in folgenden Richtungen möglich: 1. Das Modell läßt sich ohne besondere Schwierigkeiten um die Fragestellung erweitern, ob bereits realisierte strategische Geschäftsbereiche verkleinert oder aufgegeben werden sollen. Die charakteristischen Größen sind im wesentlichen die gleichen, lediglich die Vorzeichen kehren sich um. Hinsichtlich der Risiken sind besondere Überlegungen anzustellen18. 2. Durch die Kombination strategischer Einheiten soll auch ein im Hinblick auf künftige Ereignisse stabilisierender und damit risikomindernder Effekt erreicht werden. Es würde im Rahmen dieses Aufsatzes zu weit führen, auf die Möglichkeiten und Probleme der Diversifikation im einzelnen einzugehen; jedoch sei hier schon auf eine Möglichkeit hingewiesen, die das Modell bei entsprechender Ausgestaltung bietet19. Besteht zwischen zwei strategischen Projekten oder Geschäftsbereichen (A und B) eine enge negative oder positive Korrelation insbesondere im Hinblick auf Absatz und Ertrag, so kann dieser Tatsache in folgender Weise Rechnung getragen werden: Dem Modell sind die folgenden drei alternativen Möglichkeiten vorzugeben. a) Beide Projekte werden einheitlich behandelt, können also entweder nur zusammen abgelehnt oder zusammen akzeptiert werden. Dadurch wird es möglich, die aus der negativen/positiven Korrelation folgende Wirkung auf das Risiko exakter zu erfassen. b) Es ist nur über das Projekt A oder c) nur über das Projekt B zu befinden. Eine positive Entscheidung für eine dieser Alternativen schließt die andere aus. 3. Das Modell kann dahingehend erweitert werden, daß nicht nur zu Beginn des Planungszeitraumes (Zeitpunkt 0), sondern auch zu den späteren Zeitpunkten 1, 2, . . . mit der Verwirklichung strategischer Projekte begonnen werden kann. Der Sinn eines quantifizierenden Modells im Rahmen der strategischen Planung ist der aufzuzeigen, welche quantitativen Konsequenzen mit bestimmten Politiken und Einstellungen verbunden sind. Welche Folgen sind z. B. mit einer bestimmten Risikohaltung verbunden? Welche Veränderungen der ,Summe der Barwerte der zu erschließenden nachhaltigen Gewinne' tritt ein, wenn die Grenze des Gesamtverlustrisikos - als Ausdruck unterschiedlicher Risikoeinstellungen - angehoben oder gesenkt wird? Welche Wirkung geht von einer bestimmten Finanzpolitik und finanzpolitischen Einstellung aus, die ihren Niederschlag in den vorzugebenden Kapitalgrenzen, ferner in den Grenzen des Kapitaleinsatzrisikos und in der Höhe der ,Strafkosten' beim Überschreiten dieser Grenzen findet?
44
Herbert Jacob
Erst die Gesamtheit der Ergebnisse, gewonnen durch ein geeignetes Variieren der Daten stellt eine tragfähige Grundlage dar, von der ausgehend die endgültige Entscheidung zu finden ist - eine Entscheidung, die allein die Unternehmensleitung zu treffen hat und die ihr von keinem Modell abgenommen werden kann.
Anmerkungen Auf die zunehmende Bedeutung der strategischen Planung, insbesondere in Zeiten stärkerer Wechselwirkung zwischen internationaler Tätigkeit von Unternehmen und weltwirtschaftlichen Entwicklungsaussichten, und hierbei auftretende spezielle Probleme weist in umfassender Weise F. Thomée hin, siehe u. a.: „Integrierte Planungsrechnung im Planungssystem der Volkswagenwerk AG, Wolfsburg" (unter Mitarbeit von S. Höhn). In: PuK, Planungs- und Kontrollrechnung als Führungsinstrument (D. Hahn), Wiesbaden 1974; „Industrial Management Flexibility in Times of Economic Change". In: Risk in Modern Society, Geneva Papers on Risk and Insurance (Hrsg. v. Association Internationale pour L'Etude de L'Economie de L'Assurance), Heft 7, Januar 1978; „Gefährdung des Investitionserfolges durch Inflation und Änderung von Währungsparitäten". In: Schriften zur Unternehmensführung (Hrsg. H. Jacob) Heft 25. Wiesbaden 1979. Vgl. dazu: Pressmar, D. B.: Methoden und Probleme der computergestützten Unternehmensplanung. In: Neue Aspekte der betriebswirtschaftlichen Planung (Hrsg. v. H. Jacob). Schriften zur Unternehmensführung Band 28. Wiesbaden 1980, S. 7 ff. 2 Ansoff, H. I., R. P. Declerck and R. L. Hayes: From Strategie Planning to Strategie Management. London-New York-Sydney-Toronto 1976, S. 44 ff. Dem Sinne nach bedeutet der Ausdruck entrepreneurial behavior „dynamisch unternehmerisches Verhalten". 3 Vgl. Ansoff, H. I. u. a.: a. a. O. 1976. 4 Vgl. Koch, H.: Aufbau der Unternehmensplanung. Wiesbaden 1977. 5 Produktfeld bedeutet in diesem Zusammenhang die Gesamtheit der Erzeugnisse, die sich gedanklich auf ein allgemeineres Grundprodukt zurückführen lassen. Von der Wahl des Grundproduktes hängt es ab, ob die Grenzen eines Produktfeldes enger oder weiter gezogen sind. Vgl. Jacob, H.: Die Planung des Produktions- und Absatzprogramms. In: Industriebetriebslehre II: Planung und Planungsrechnungen. Wiesbaden 1972, S. 43 ff; Hilke, W.: Zielorientierte Produktions- und Programmplanung. In: Betriebswirtschaftliche Planungs- und Entscheidungsverfahren (Hrsg. v. W. Müller und J. Krink). Neuwied 1978. 6 Vgl. Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 2. Band: Der Absatz. 1. Aufl. Berlin-Göttingen-Heidelberg 1955. 7 Sie wurde erstmals von Clifford, Bridgewater und Hardy in dem Artikel, „The Game has Changed", The McKinsey Quarterly, Herbst 1975, S. 2, vorgestellt. 8 In welcher Weise diese Methode z. B. zur Beurteilung von betrieblichen Standorten herangezogen werden kann, beschreibt Lüder in dem Beitrag „Standortwahl", Industriebetriebslehre Bd. 1: Grundlagen (Hrsg. v. H. Jacob). Wiesbaden 1972, S. 52 ff.; Zur Bewertung von Forschungsprojekten wird das Verfahren u. a. von D. B. Hertz und Ph. G. Carlson herangezogen: „Selection, Evaluation, and Control of Research and Development projects". In: Operations Research in Research and Development (Hrsg. v. B. v. Dean). New York-London 1963. 1
45 9
Vgl. z. B. Hinterhuber, H. H.: Strategische Unternehmungsführung. Berlin-New York 1977, S. 73. 10 Auf das Problem der Datenunsicherheit wird im Hauptabschnitt 6 eingegangen. 11 Hinsichtlich der Einführung eines neuen Produktes siehe z. B.: Adam, D. und H. Wellensiek: Kapitalbedarfsrechnung bei Einführung eines neuen Produktes. In: Schriften zur Unternehmensführung (Hrsg. v. H. Jacob) Bd. 6/7: Kapitaldisposition, Kapitalflußrechnung und Liquiditätspolitik. Wiesbaden 1968. 12 105 sei das im Betrachtungszeitraum durchschnittlich eingesetzte Kapital. 13 Es handelt sich um einen Vorschlag, der in einem konkreten Fall ohne weiteres gemäß der Neigung des Entscheidungsträgers abgeändert werden kann. 14 Der Abbruch ist für den Zeitpunkt vorzusehen, für den der auf den Anfangszeitpunkt der Planung bezogene Barwert des zurückgewonnenen Kapitals am größten ist. 15 In bestimmten Fällen kann die Entscheidung einem Gesamtmodell überlassen werden; s. Abschnitt 7. 16 Es fehlt hier der Platz, im einzelnen darzulegen, wie solche Korrekturen vorgenommen werden können. Nicht zuletzt hängt dies auch davon ab, ob sich subjektive Wahrscheinlichkeiten oder Wahrscheinlichkeitsbereiche angeben lassen oder nicht. 17 Nicht immer wird bei pessimistischer Beurteilung ein nachhaltiger Gewinn prognostiziert werden können. Ergibt sich kein Schnittpunkt der beiden Kurven KKE(t) und KG(t) oder liegt er zu weit in der Zukunft, so ist das Risiko bei Abbruch maßgeblich. 18 Strategische Geschäftsbereiche, die in der bisherigen Form fortgeführt werden sollen, sind nur insofern für die Modellbetrachtung relevant, als die aus ihnen fließenden Gewinne nach Abzug von Steuern und Dividenden den Kapitalfonds zur Realisierung neuer strategischer Projekte verstärken. Als Gewinn kann dabei naturgemäß nur der Überschuß angesehen werden, der nach Abzug aller Ausgaben verbleibt, die zur Erhaltung der Ertragskraft der betrachteten strategischen Einheit erforderlich sind. 19 Eine weitere Möglichkeit, ,Vorsorge' im Hinblick auf künftige Ereignisse zu treffen, besteht darin, bestimmte strategische Projekte ,in Reserve zu halten'. Es werden Pläne erarbeitet (z. B. die Erschließung eines neuen Regionalmarktes betreffend), Voraussetzungen geschaffen und offengehalten, die einen relativ raschen Einstieg in das Projekt ermöglichen, sobald es erforderlich oder wünschenswert erscheint.
Strategische Planung und Mitbestimmung Dietger Hahn
1. Problemstellung Die strategische Planung - wie auch immer im einzelnen definiert - beinhaltet im Kern die Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsfällung über Richtung und Ausmaß der Entwicklung einer Unternehmung. Ausgehend von den generellen Zielen einer Unternehmung geht es zum einen um die Planung ihrer künftigen Geschäftsfelder bzw. Tätigkeitsfelder mit bestimmten Leistungs- bzw. Produktprogrammen auf der Basis entsprechender Kapazitäten an bestimmten Standorten. Zum anderen umfaßt die strategische Planung die Festlegung der Organisationsund Rechtsstruktur sowie des Führungssystems - insbesondere auch der Führungskräfte - der Unternehmung. Die strategische Planung besitzt damit grundlegende Bedeutung für die Unternehmung und alle an ihr interessierten Gruppen, insbesondere die Eigenkapitalgeber und Mitarbeiter. Entscheidungsträger der strategischen Planung sind die oberen Willensbildungszentren der Unternehmung. In der Bundesrepublik Deutschland sind bezüglich der Besetzung der oberen Willensbildungszentren nach geltendem Recht zwei Gruppen von Unternehmungen zu unterscheiden. Bei der ersten Gruppe von Unternehmungen sind für die Besetzung der oberen Willensbildungszentren - Geschäftsführung und ggf. Beirat und Gesellschafterversammlung - ausschließlich die Eigenkapitalgeber zuständig. Hierzu gehören die Einzelfirmen und die Personengesellschaften sowie kleinere und in Familienbesitz befindliche Kapitalgesellschaften, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Bei der zweiten Gruppe von Unternehmungen sind für die Besetzung der oberen Willensbildungszentren - im Hinblick auf den Aufsichtsrat bzw. Beirat und zum Teil auch den Vorstand - sowohl Eigenkapitalgeber bzw. Eigenkapitalgebervertreter als auch Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmervertreter zuständig. Es handelt sich hier grundsätzlich um alle Kapitalgesellschaften von einer bestimmten Unternehmungsgröße an (ferner um bestimmte Kommanditgesellschaften, sowie Genossenschaften und bergrechtliche Gewerkschaften). In diesen Unternehmungen besitzen Arbeitnehmer(vertreter) als Aufsichtsratsmitglieder oder als Arbeitsdirektoren Einflußnahmemöglichkeiten auf die strategische Planung. Art und Ausmaß der Einflußnahmemöglichkeiten der Arbeitnehmer(vertreter) sind hierbei allein aufgrund der gesetzlichen Vorschriften unterschiedlich - und zwar in Abhängigkeit davon, ob die jeweilige Unternehmung ausschließlich dem Betriebsverfassungsgesetz oder
48
Dietger Hahn
zusätzlich dem Montanmitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsgesetz 1976 unterliegt. Hiervon hängen der Anteil der Arbeitnehmer(vertreter) im Aufsichtsrat bzw. Beirat und die Bestellung eines Arbeitsdirektors ab. Im folgenden interessiert daher als Problem, welche Einflußnahmemöglichkeiten für Arbeitnehmer(vertreter) im Aufsichtsrat und ggf. Vorstand auf Grund der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften im Hinblick auf strategische Planungen bestehen und welche Verhaltensweisen der Arbeitnehmer(vertreter) hierbei in bestimmten Wirtschaftssituationen grundsätzlich denkbar sind. Da für alle Unternehmungen - Einzelfirmen, Personen- und Kapitalgesellschaften - mit mehr als fünf Personen ein Betriebsrat als Vertretungsorgan der Arbeitnehmer nach dem Betriebsverfassungsgesetz vorgesehen ist, interessiert als weiteres Problem, welche Einflußnahmemöglichkeiten dieses spezifische Willensbildungszentrum auf Vorbereitung und Verabschiedung strategischer Planungen besitzt und welche Verhaltensweisen des Betriebsrates in bestimmten Wirtschaftssituationen hierbei grundsätzlich zu erwarten sind. Diese Untersuchung macht zunächst eine Skizzierung des Wesens und der gesetzlichen Grundlagen der Mitbestimmung einerseits sowie des Wesens und der Gegenstände strategischer Planung andererseits erforderlich. Sodann sollen die Einflußnahmemöglichkeiten der Arbeitnehmer(vertreter) auf die strategische Planung in den jeweiligen Willensbildungszentren dargestellt werden - am Beispiel der Aktiengesellschaft (vgl. Abb. 1).
Abb. 1. Willensbildungs- und Willensdurchsetzungszentren in der Unternehmung (am Beispiel der Aktiengesellschaft)
Strategische Planung und Mitbestimmung
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2. Gesetzliche Grundlagen der Bildung von Mitbestimmungsorganen in Unternehmungen in der Bundesrepublik Deutschland Mitbestimmung wird allgemein interpretiert als Beteiligung (Teilhabe) der Arbeitnehmer(vertreter) am Entscheidungsprozeß1 - am Prozeß der Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsfällung zur Lösung von Problemen im Zusammenhang mit der Unternehmung. Mitbestimmung (i. w. S.) beinhaltet Mitwirkung (aktive und passive Information/ Beratung) und Mitentscheidung (Entscheidungsfällung - Zustimmung oder Widerspruch) der Arbeitnehmer(Vertreter). Von den oberen Willensbildungsorganen der Aktiengesellschaft ist nach geltendem Recht nur noch die Hauptversammlung alleiniges Vertretungsorgan der Eigenkapitalgeber. Aufsichtsrat und Vorstand unterliegen in der Regel der Mitbestimmung, zudem ist grundsätzlich in jeder Unternehmung ein Betriebsrat als gesondertes, ausschließlich mit Arbeitnehmern besetztes Mitbestimmungsorgan zu institutionalisieren, von dem auch Mitglieder in den sog. Wirtschaftsausschuß und in die Einigungsstelle zu entsenden sind. Die in der Bundesrepublik Deutschland primär nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte und stufenweise eingeführte Mitbestimmungsgesetzgebung verfolgt das Ziel, die ursprüngliche Alleinentscheidungsgewalt der Kapitalgeber durch Einführung von Mitentscheidungsbefugnissen für Arbeitnehmer zu modifizieren. 2 Als rechtliche Grundlage ist dabei zwischen folgenden drei Gruppen gesetzlicher Regelungen zu differenzieren: - Betriebsverfassungsgesetz 1952/1972 (BetrVG); • Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1952 (BGBl. I, S. 681), • Betriebsverfassungsgesetz vom 15. Januar 1972 (BGBl. I, S. 13); Montanmitbestimmungsgesetze; • Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951 (BGBl. I, S. 347) - (MontanMitbestG), • Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 7. August 1956 (BGBl. I, S. 707) (MontanMitbestErgG), • Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 27. April 1967 (BGBl. I, S. 505); - Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz - MitbestG 76) vom 4. Mai 1976 (BGBl. I, S. 1153).
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Dietger Hahn
Alle drei hier unterschiedenen Gruppen von gesetzlichen Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland bilden in sich geschlossene Teilkomplexe, die in ihrer Entstehung vor unterschiedlichem historisch-politischem Hintergrund zu sehen sind. So ist z. B. das MontanMitbestG unter Androhung des Generalstreiks in der Regierungszeit von Konrad Adenauer durchgesetzt worden und das MitbestG 76 unter der jetzigen Regierungskoalition von SPD und FDP als Kompromißlösung entstanden. Die vorhandenen Gesetze sind somit keine systematischen Bausteine einer planmäßigen Gesamtkonzeption3, sie bestehen für ihren jeweiligen Anwendungsbereich nebeneinander. 2.1 Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes Zum Geltungsbereich des BetrVG zählen grundsätzlich alle Betriebe - selbständige Unternehmungen sowie Gliedbetriebe - in der Bundesrepublik und in West-Berlin, die i. d. R. mindestens fünf wahlberechtigte und davon mindestens drei wählbare Arbeitnehmer ständig beschäftigen (§ 1 BetrVG 1972)4. Der personelle Geltungsbereich des BetrVG erstreckt sich auf alle Arbeitnehmer, d. h. Auszubildende, Arbeiter und Angestellte, sofern letztere nicht als leitende Angestellte anzusehen sind (§ 5 Abs. 2 BetrVG). Im Kern regelt das BetrVG 1972/52 die Beziehungen zwischen den Arbeitnehmer(vertreter)n einerseits und dem Arbeitgeber andererseits in der Unternehmung. Dabei erfolgt die Interessenvertretung der Arbeitnehmer in institutioneller Sicht zum einen durch den Betriebsrat und seine Organe, zum anderen durch Arbeitnehmer(Vertreter) im Aufsichtsrat. Ausgehend von der Leitidee, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber zum Wohle aller Beteiligten (§ 2 BetrVG) qua Gesetz gebieten zu können, wurden dem Betriebsrat einerseits allgemeine Aufgaben, andererseits Aufgaben in speziellen sozialen, arbeitssystemgestaltenden, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zugewiesen. Hierbei trägt das BetrVG von 1972 den Erfahrungen einer 20jährigen betriebsverfassungsrechtlichen Praxis und den veränderten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland Rechnung.5 Für die institutionelle Struktur des Betriebsrates und seiner zugehörigen Organe sind folgende Regelungen von Bedeutung: - In allen Betrieben (Unternehmungen sowie Gliedbetrieben/selbständigen Werken), für die das BetrVG anzuwenden ist, werden Betriebsräte gewählt (§ 1 BetrVG). Die Zahl der Mitglieder in diesen Betriebsräten richtet sich dabei nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer (§ 9 BetrVG). Besteht der Betriebsrat aus mehr als einer Person, so wählen die Arbeiter und die Angestellten in der Regel ihre Vertreter in getrennten Wahlgängen (§ 14 Abs. 2 BetrVG). - Die Betriebsräte der einzelnen Werke einer Unternehmung bilden einen Ge-
Strategische Planung und Mitbestimmung
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samt-Betriebsrat, in den jeder (Werks-)Betriebsrat, wenn ihm Vertreter der Arbeiter und der Angestellten angehören, je ein Gruppenmitglied, wenn ihm nur Vertreter einer Gruppe angehören, eines seiner Mitglieder entsendet (§47 Abs. 2 BetrVG). Auf der Unternehmungsführungsebene steht dieser GesamtBetriebsrat dann dem Vorstand und diesem unterstellten Führungskräften gegenüber Fakultativ kann darüber hinaus durch die verschiedenen Gesamt-Betriebsräte eines Konzerns ein sog. Konzern-Betriebsrat gebildet werden (§ 54 BetrVG). 6 - In allen Unternehmungen mit in der Regel mehr als 100 Beschäftigten ist überdies ein Wirtschaftsausschuß zu bilden. Dieser Wirtschaftsausschuß hat die Aufgabe, wirtschaftlich bedeutsame Angelegenheiten mit der Unternehmungsführung zu beraten und dem Betriebsrat darüber zu berichten (§ 106 BetrVG). - Treten Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Betriebsrat und der Unternehmungsführung auf, die sich zunächst für keine Seite befriedigend klären lassen, so ist hierfür die Einigungsstelle zuständig. Sie wird paritätisch durch Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter besetzt und von einem unparteiischen, unternehmungsexternen Vorsitzenden, der im Streitfall vom Arbeitsgericht einzusetzen ist, geleitet (§ 76 BetrVG). Die Entscheidung der Einigungsstelle ist für beide Partner bindend. Neben dem Betriebsrat erfolgt die Interessenvertretung der Arbeitnehmer in institutioneller Sicht nach dem BetrVG für Kapitalgesellschaften auch durch Besetzung des Aufsichtsrates zu einem Drittel mit Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmervertretern. Dies gilt für Aktiengesellschaften mit in der Regel nicht mehr als 2000 Arbeitnehmern, in Familiengesellschaften sind hierbei zudem nur dann Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat aufzunehmen, wenn mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt werden. 2.2 Regelungen des Montanmitbestimmungsgesetzes Zum Geltungsbereich des MontanMitbestG zählen alle Unternehmungen in der Form der AG (ferner auch der GmbH, der bergrechtlichen Gewerkschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit sowie der Einheitsgesellschaft), die in der Regel mehr als 1000 Arbeitnehmerbeschäitigen und deren überwiegender Betriebszweck in der Förderung und Aufbereitung von Kohle und/oder der Erzeugung von Eisen und Stahl liegt (§ 1 MontanMitbestG). Weiterhin gilt eine modifizierte Montanmitbestimmung für Konzerngesellschaften, die aufgrund eines Organschaftsverhältnisses eine solche Unternehmung beherrschen, die ihrerseits dem MontanMitbestG unterliegt (§ 1 Gesetz zur Ergänzung des MontanMitbestG). Das MontanMitbestG ermöglicht die Verwirklichung einer qualifizierten Mitbestimmung, für die im Kern folgende Regelungen charakteristisch sind:
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Dietger Hahn
- Der Aufsichtsrat ist - abgesehen von einem sog. „neutralen Mann", der entweder 11., 15. oder 21. Mitglied des Aufsichtsrates sein muß - zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen. - Als gleichberechtigtes Vorstandsmitglied ist ein Arbeitsdirektor (als neu geschaffene Institution) zu bestellen (§ 13 MontanMitbestG), der jedoch nicht gegen die Stimmen der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bestellt werden kann. 2.3 Regelungen des Mitbestimmungsgesetzes 1976 Unter den Geltungsbereich des MitbestG 76 fallen schließlich alle Unternehmungen in der Form einer AG (ferner einer KGaA, einer GmbH, einer bergrechtlichen Gewerkschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit oder einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft), soweit sie in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen. Ausgenommen sind hierbei solche Unternehmungen, auf die die Vorschriften des MontanMitbestG anzuwenden sind (sowie Tendenzunternehmen und Religionsgemeinschaften). Kernpunkt dieses jüngsten Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer, dem einige Jahre nach seiner Verabschiedung im Bundestag sogar noch einmal ausdrücklich vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe seine Konformität mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bescheinigt wurde, ist eine neuartige Mitbestimmungsregelung für den Aufsichtsrat. Entscheidend ist hier die Besetzung des Aufsichtsrates exakt zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern ( § 7 MitbestG 76). Im Gegensatz zu den Regelungen des BetrVG und des MontanMitbestG, die jeweils eine ungerade Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern vorschreiben, kann es bei der Beschlußfassung nach dem MitbestG 76 im Aufsichtsrat zu einer Patt-Situation kommen. In einem solchen Fall besitzt - nachdem eine zweite Abstimmung über denselben Gegenstand wiederum zur Stimmengleichheit geführt hat - der Aufsichtsratsvorsitzende eine zusätzliche Stimme, um dadurch die Patt-Situation auflösen zu können. Die Zusatzstimme ist ausschließlich an die Person des Aufsichtsratsvorsitzenden gebunden (§ 29 Abs. 2 MitbestG 76), der aufgrund des vorgeschriebenen Wahlmodus über den Vorsitz im Aufsichtsrat (§ 27 MitbestG 76) i. d. R. ein Vertreter der Anteilseigner sein dürfte. Daneben sieht das MitbestG 76 die Institution des Arbeitsdirektors vor, der wie im Montanbereich gleichberechtigtes Vorstandsmitglied ist. Die Bestellung des Arbeitsdirektors weicht allerdings insofern vom MontanMitbestG ab, als de jure für dessen Ernennung nicht die Mehrheit der Stimmen der Arbeitnehmervertreter zwingend erforderlich ist. Es ist offensichtlich, daß Unternehmungsgröße (gemessen an der Arbeitnehmer-
Strategische Planung und Mitbestimmung
53
zahl) und Branchenzugehörigkeit der Unternehmung nach den gesetzlichen Vorschriften die ausschlaggebenden Faktoren für Art und Umfang der Mitbestimmung durch Arbeitnehmer(vertreter) im Aufsichtsrat und Vorstand sind und sich in Abhängigkeit hiervon auch unterschiedliche Beeinflussungsmöglichkeiten auf die strategische Planung ergeben.
3. Charakterisierung der strategischen Planung im Rahmen eines Gesamtplanungssystems Planung beinhaltet die gedankliche Vorwegnahme künftigen Geschehens durch zielorientierte Alternativensuche, -beurteilung und -auswahl unter Zugrundelegung einer oder mehrerer Umweltsituation(en). Es handelt sich um zukunftsorientierte Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsfällung über Ziele und Maßnahmen, die in Plänen zum Ausdruck kommen und als Richtschnur für künftiges Handeln dienen. 3.1 Konzeption eines
Gesamtplanungssystems
Bei Interpretation der Unternehmung als zielorientiertes Aktionszentrum, in dem Ziele durch zielorientierte Aktionen bzw. Maßnahmen auf der Basis von Potentialen, d. h. Menschen und Betriebsmitteln, erreicht werden, 7 läßt sich für das sozio-technische System Unternehmung ein generelles Planungs- bzw. Plansystem mit vier Planungskomplexen ableiten. 8 Als periodisch zu erstellende Teilplanungskomplexe eines Planungssystems können unterschieden werden: - die generelle Zielplanung, die qualitativ und quantitativ formulierte Leitlinien für die angestrebte Entwicklung der Unternehmung umfaßt, mit generellen Umsatz-, Gewinn- und anderen Wertzielen, generellen Leistungszielen (Produkt- und Dienstleistungszielen) sowie generellen Sozialzielen; - die strategische Planung, deren Kern die Produkt-, Produktprogramm- und Potentialplanung bzw. die Geschäftsfeldplanung mit Investitionsplanung und Desinvestitionsplanung bildet und die um die Potentialstrukturplanung (Organisationsform, Führungssystem, Rechtsform/Rechtsstruktur) ergänzt wird; - die operative Planung, die auf der Basis gegebener und geplanter Potentiale bzw. Kapazitäten die mittel- und kurzfristige Produktprogrammplanung der Unternehmung sowie die Ziel- und Maßnahmenplanung in den Funktionsbereichen umfaßt; - die gesamtunternehmungsbezogene Ergebnis- und Finanzplanung zur wertmäßigen Abbildung und Integration des künftigen Geschehens in der Unternehmung.
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Dietger Hahn
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Kapital wert der Steuerzahlungen Konzernunternehmungen Perioden Gewinn der einzelnen Konzernunternehmungen in den einzelnen Perioden = Steuersatz = Abzinsungsfaktor.
In der Ermittlung des gemeinsamen Kapitalwerts der Steuerzahlungen und dessen Minimierung kommt die Einheitlichkeit der Steuerpolitik für den Konzern zum Ausdruck, in bezug auf die Gewinne und Steuersätze der einzelnen Konzernunternehmungen die Differenzierung aufgrund der Mehrheit der rechtlichen Einheiten. Die Bezugnahme auf die Gewinne der einzelnen Konzernunternehmungen bringt implizit auch zum Ausdruck, daß die konzernsteuerpolitische Zielfunktion wesentlich den Einsatz der in der einzelnen Unternehmung verfügbaren Parameter bestimmt. Die o. g. formale Darstellung der auf den Konzern bezogenen steuerlichen Zielfunktion steht nicht im Widerspruch zu der Feststellung, daß die einzelnen Konzernunternehmungen (mehr oder minder intensiv) versuchen, ihre individuelle Zielfunktion durchzusetzen. Dieses Bemühen kommt darin zum Ausdruck, daß die konzernunternehmungsspezifischen Annahmen über die Gewinnentwicklung und die verfügbaren Parameter in die Gesamtabstimmung der Konzernsteuerpolitik eingebracht werden sollen. Im übrigen geht es um die Durchsetzung von Nebenbedingungen, die als limitierte Ziele in der steuerpolitischen Auseinandersetzung durchaus bedeutsam sein können. Schließlich erstrecken sich die steuerpolitischen Auseinandersetzungen auf den Parametereinsatz. Hierfür können sich aus der Sicht der einzelnen Konzernunternehmung und des Gesamtkonzerns abweichende Erfordernisse ergeben. Denkbar erscheint, daß eine Untergesellschaft im Hinblick auf die Minimierung des Kapitalwerts ihrer Steuerzahlungen sämtliche, auch die aufschiebbaren Parameter einsetzen möchte, daran aber von der Obergesellschaft gehindert wird, weil diese wegen der Minimierung des Gesamtkapitalwerts der Steuerzahlungen für den Konzern nicht aufschiebbare Parameter einsetzen muß.
366
Friedrich Wilhelm Selchert
Aus diesen Zusammenhängen ist der Schluß zu ziehen, daß die aus den spezifischen Interessen der einzelnen Konzernunternehmung resultierende steuerliche Zielfunktion durch die Erfordernisse des Konzerns geändert werden kann. Diese Änderungen beziehen sich nicht auf die Grundstruktur der Zielfunktion: die Minimierung des Kapitalwerts der Steuerzahlungen. Vielmehr können sich aus den Konzernerfordernissen Nebenbedingungen auch für die einzelne Konzernunternehmung ergeben, die insbesondere einen geringeren Einsatz der Manövriermasse bewirken sollen als er ohne Beachtung der Konzernbelange erfolgen würde. Im Extremfall ist nicht auszuschließen, daß eine Konzernunternehmung in einer Periode wegen der Konzernbelange einmal vollständig auf den aus ihrer eigenen Sicht erforderlichen Einsatz von steuerlichen Parametern verzichtet und diesen Einsatz in späteren Perioden nachholt. Die Grundstruktur der Zielfunktion bleibt dennoch erhalten. Es vermindert sich lediglich der Spielraum für die individuelle Steuerpolitik. Wieweit sich dieser Spielraum vermindert, hängt wesentlich von den gesellschaftsrechtlich begründeten Weisungsrechten der Obergesellschaft, ggf. auch einem Nachteilsausgleich ab. Abgesehen davon kann die Obergesellschaft als Gesellschafter der Untergesellschaft auf die Gestaltung deren spezifischer Zielfunktion Einfluß nehmen.
4. Parameter der Konzernsteuerpolitik 4.1 Auf die Sachverhaltsgestaltung in und zwischen wirkende Parameter
Konzernunternehmungen
4.1.1 In zeitlicher Hinsicht wirkende Parameter Da die subjektive Steuerpflicht der Konzernunternehmungen durch die Unternehmungsverbindung unberührt bleibt, muß sich die Konzernsteuerpolitik - wie bereits im Zusammenhang mit der Zielfunktion deutlich wurde - auf den Konzern als Ganzes, aber auch auf die einzelne Konzernunternehmung erstrecken. Folglich sind sämtliche, auch in einer Ein-Firmen-Unternehmung zur Verfügung stehenden Parameter der Steuerpolitik als Parameter der Konzernsteuerpolitik anzusehen. Diesen, in der einzelnen Konzernunternehmung verfügbaren Parametern ist gemeinsam, daß sie in zeitlicher Hinsicht wirken, d. h. dazu geeignet sind, die zeitliche Verteilung des Ergebnisausweises zu gestalten. Dazu gehören - (steuerlich bedingte) Einflußnahmen auf die primär nicht steuerlichen Entscheidungen, insbesondere den Zeitpunkt von Investitionen und Desinvestitionen. Bei strenger Systematik sind hierzu auch alle Parameter zu rechnen, die in bezug auf die Handelsbilanz bestehen, also Alternativen in der Bilanzierung, dem Ausweis und der Bewertung. 33
Grundüberlegungen zur Konzernsteuerpolitik
367
- Alternativen primär steuerlicher Entscheidungen, also Ansätze in der Steuerbilanz, die in der Handelsbilanz nicht erfolgen müssen. Was die Parameter im einzelnen anbelangt, so kann auf die Literatur zur Steuerpolitik einzelner Unternehmungen verwiesen werden. 34
4.1.2 In institutioneller Hinsicht wirkende
Parameter
Institutionell wirkende Parameter gestatten, den Ausweis des im Konzern erzielten (Perioden-)Erfolgs auf einzelne Konzernunternehmungen zu konzentrieren oder auf mehrere zu verteilen. Der Einsatz der institutionell wirkenden Parameter wirkt nicht unmittelbar auf das steuerliche Formalziel. Er führt vielmehr dazu, daß die den einzelnen Konzernunternehmungen in unterschiedlich großem Umfang zur Verfügung stehende Manövriermasse aufgrund zeitlich wirkender Parameter besser genutzt werden kann. Ist einer Konzernunternehmung beispielsweise wegen § 7a Abs. 6 EStG (Verlustklausel) die Möglichkeit genommen, eine gesetzlich auf einen bestimmten Zeitpunkt fixierte Sonderabschreibung vorzunehmen, weil sie ein negatives (Perioden-)Ergebnis aufweist, so kann der Einsatz institutionell wirkender Parameter zu einem positiven Ergebnis und damit zur Voraussetzung für die Durchführung der Sonderabschreibung führen. Als Instrumente zur institutionellen Erfolgsverlagerung dienen Konzernverrechnungspreise und Konzernumlagen.35 Die steuerpolitische Effizienz der Erfolgsverlagerung mittels Konzernverrechnungspreisen hängt davon ab, ob der Leistungsaustausch aus schuldrechtlichen oder gesellschaftsrechtlichen Gründen zustandegekommen ist. Bei gesellschaftsrechtlich begründetem Leistungsaustausch sehen Gesetzgeber und steuerliche Rechtsprechung in der Erfolgsverlagerung eine verdeckte Gewinnausschüttung bzw. Einlage36 und verbinden damit die Pflicht zu einer entsprechenden rechnerischen Erfolgskorrektur. Die beabsichtigte Erfolgsverlagerung wird durch eine solche Korrektur vereitelt. Ob allerdings eine solche Korrektur überhaupt und ggf. in welcher Höhe zu erfolgen hat, hängt weitgehend von der Existenz und Konkretisierbarkeit eines gültigen Maßstabs zur Beurteilung von Leistung und Gegenleistung des zugrundeliegenden Leistungsaustauschs ab. Fehlt ein solcher Maßstab, was insbesondere bei innerkonzernlichen Dienstleistungen in Betracht kommt, so ist die durch das Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung bzw. Einlage geschaffene Schranke der Erfolgsverlagerung nicht wirksam. Der Konzern hat insoweit tatsächlich die Möglichkeit, institutionell wirkende Parameter einzusetzen.
4.2 Auf die Sachverhaltsgestaltung
des Konzerns als Ganzes wirkende
Parameter
Für den hier vornehmlich unter ertragsteuerlichen Gesichtspunkten erörterten nationalen Konzern kommen als Parameter, die nicht nur in den einzelnen
368
Friedrich Wilhelm Selchert
Konzernunternehmungen, sondern im Konzern als Ganzem wirken, die ertragsteuerliche Organschaft sowie das gewerbeertragsteuerliche Schachtelprivileg in Betracht.
4.2.1 Die ertragsteuerliche
Organschaft
Der Konzern kann sich die Vorteile der Organschaft zunutze machen, indem die Obergesellschaft ( = Organträger) und eine oder mehrere weitere Konzernunternehmungen ( = Organgesellschaften) die Voraussetzungen der §§ 14 ff. KStG ( = körperschaftsteuerliche Organschaft) bzw. des § 2 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG ( = gewerbesteuerliche Organschaft) erfüllen, insbesondere unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung vollziehen. Wichtig ist im Hinblick auf die unterschiedliche Rechtsstruktur von Konzernen, daß für die körperschaftsteuerliche Organschaft ein Gewinnabführungsvertrag i. S. d. § 291 Abs. 1 AktG abgeschlossen sein muß.37 Konsequenzen der gewerbesteuerlichen Organschaft resultieren daraus, daß gem. § 2 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG eine Betriebstättenfiktion für die Organgesellschaften besteht, in der Rechtsanwendung dieser Fiktion aber nur teilweise gefolgt wird. Zwar trifft allein den Organträger die objektive und subjektive Steuerpflicht, die Bemessungsgrundlagen müssen jedoch für Organträger und -gesellschaften wie für nicht verbundene Unternehmungen ermittelt werden. 38 Für die Berechnung der Gewerbesteuer werden die einzelnen Bemessungsgrundlagen ohne Ausschaltung von Konzernzwischengewinnen zusammengerechnet. Zur Vermeidung einer gewerbesteuerlichen Doppelbelastung unterbleiben jedoch Hinzurechnungen gem. § 8 GewStG insoweit, als sie schon in der Bemessungsgrundlage einer anderen Organgesellschaft enthalten sind. 39 Materielle Auswirkungen hat die gewerbeertragsteuerliche Organschaft auf Liquidität und Rentabilität des Konzerns. Liquiditätsvorteile sind dann gegeben, wenn der Gewerbeverlust einer Konzerngesellschaft mit Gewerbeerträgen der anderen Konzernunternehmungen im Wege der Zusammenrechnung intraperiodisch und nicht nach Maßgabe des § 10a GewStG interperiodisch ausgeglichen werden. Ein Rentabilitätsvorteil besteht zum einen in dem daraus resultierenden Zinseffekt, zum anderen dann, wenn der Verlust einer Konzerngesellschaft bei Nichtbestehen der gewerbesteuerlichen Organschaft im Wege des Verlustvortrags gem. § 10a GewStG nicht vollends durch künftige Gewerbeerträge ausgeglichen werden könnte, ein Ausgleich durch die Zusammenrechnung im Fall der Organschaft aber möglich ist. Nachteilig für den Konzern kann ggf. die Zerlegung des gemeinsamen Meßbetrags in die Anteile mehrerer Gemeinden sein, die sich nicht an den für die Konzerngesellschaften ermittelten Gewerbeerträgen orientiert, sondern an der allgemeinen Regelung des § 29 GewStG.
Grundüberlegungen zur Konzernsteuerpolitik
369
Als positive Auswirkungen der Verwirklichung der körperschaftsteuerlichen Organschaft sind zu nennen, - daß ein intraperiodischer Verlustausgleich während des Organschaftsverhältnisses zwischen den Konzerneinheiten aufgrund der Einkommenszurechnung gem. § 14 Satz 1 KStG erfolgt, - daß eine Verrechnung positiven Einkommens von Organgesellschaften mit vorvertraglichen Verlusten des Organträgers ermöglicht wird, - daß das Einkommen der Organgesellschaft beim Organträger der Steuerart und dem Tarif unterworfen ist, welche für den Organträger maßgebend sind, - daß steuerfreie Einnahmen der Organgesellschaft beim Organträger steuerfrei bleiben. Dem steht gegenüber, daß gem. § 15 Ziff. 1 KStG vorvertragliche Verluste der Organgesellschaft nicht mehr verrechnet werden dürfen. Für die Entscheidung, ob die Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft geschaffen werden sollen, müssen die steuerlichen Vorteile gegen die evtl. unvermeidbaren Nachteile abgewogen werden. Darüber hinaus ist zu prüfen, inwieweit die Folgen des Einsatzes institutionell wirkender Parameter neutralisiert bzw. vermindert werden.
4.2.2 Das gewerbeertragsteuerliche
Schachtelprivileg
Wenn schon nicht die Voraussetzungen für die ertragsteuerliche Organschaft geschaffen werden können, dann ist zu erwägen, ob nicht wenigstens durch Inanspruchnahme des gewerbeertragsteuerlichen Schachtelprivilegs die gewerbeertragsteuerlichen Nachteile ausgeglichen werden können, welche die Mehrheit der rechtlichen Einheiten innerhalb des Konzerns mit sich bringt. Im allgemeinen dürften die Voraussetzungen des § 9 Ziff. 2 und 2a GewStG im Konzern erfüllt sein. Denkbar ist allenfalls, daß die Mindestbeteiligungsquote zu Beginn des Erhebungszeitraums noch nicht erreicht ist. Aufgabe der Konzernsteuerpolitik ist in diesem Falle, die Entscheidung über einen Beteiligungserwerb bzw. die Aufstockung einer bestehenden Beteiligung wegen der steuerlichen Konsequenzen (Vermeidung der zweifachen Belastung des Gewerbeertrags mit Gewerbeertragsteuer) dahingehend zu beeinflussen, daß der Beteiligungserwerb rechtzeitig und in der erforderlichen Höhe erfolgt. Wie die ertragsteuerliche Organschaft, so darf auch das gewerbeertragsteuerliche Schachtelprivileg als steuerpolitischer Parameter nicht isoliert gesehen werden. Sollten die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Schachtelprivilegs erst im nächsten Erhebungszeitraum erfüllt sein, so ergeben sich hieraus Konsequenzen für den Einsatz der zeitlich wirkenden Parameter. Im Rahmen der Konzernsteuerpolitik ist es deshalb erforderlich, den Einsatz des gesamten Bündels an Parametern aufeinander abzustimmen.
370
Friedrich Wilhelm Selchert
5. Zusammenfassung Die zur Erklärung und Gestaltung der Steuerpolitik in nicht verbundenen Unternehmungen entwickelten Instrumente sind im Prinzip geeignet, um auch auf die Steuerpolitik von Konzernen übertragen zu werden. Hinsichtlich der Zielfunktion wurde festgestellt, daß sich im Grundsatz aus der konzernmäßigen Verbindung keine Veränderung ergibt. Die Maximierung des Kapitalwerts der Nettogewinne hat in Konzernen eine ebenso geringe Bedeutung wie in nicht verbundenen Unternehmungen. Dominierend ist die Minimierung des Kapitalwerts der Steuerzahlungen. Durch die Institutionalisierung von Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter werden allerdings Nebenbedingungen hinsichtlich des Mindestgewinnausweises bedeutsamer. Die ggf. aus verschiedenen Unternehmungen des Konzerns resultierenden Nebenbedingungen müssen in der gesamtkonzernbezogenen Zielfunktion berücksichtigt werden, wenn es - wie typischerweise anzunehmen ist - um die Minimierung des Kapitalwerts der bei Aufrechterhaltung der Aktivitäten in den nicht steuerlichen Funktionsbereichen zu leistenden Steuerzahlungen des Konzerns geht. Aus der Konzernbindung und der Abstimmung der steuerlichen Aktivitäten im Konzern resultieren umgekehrt Bedingungen, die bei der Steuerpolitik der einzelnen Konzernunternehmung beachtet werden müssen. Es ist also eine wechselseitige Abstimmung der Steuerpolitik der einzelnen Konzernunternehmungen erforderlich. In diese Abstimmung ist die unterschiedliche Art steuerlicher Parameter einzubeziehen. Solche Parameter stehen z. T. innerhalb der einzelnen Konzernunternehmung zur Verfügung und dienen der zeitlichen Verteilung des Ergebnisausweises. Z. T. wirken sie institutionell im Sinne einer Verteilung des Ergebnisausweises auf die verschiedenen Konzernunternehmungen. Schließlich wirken die auf den Konzern als Ganzes bezogenen Instrumente der Organschaft und des Schachtelprivilegs modifizierend. Insgesamt ist festzustellen, daß die Steuerpolitik im Konzern wegen der rechtlichen Selbständigkeit der Konzernunternehmungen einen höheren Komplexitätsgrad aufweist als die Steuerpolitik einer nicht konzernmäßig verbundenen Unternehmung.
Anmerkungen 1 2 3
Vgl. zur Trennung von Sach- und Formalzielen vor allem Kosiol, E.: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre. Wiesbaden 1968, S. 261 ff. Vgl. Selchert, F. W.: Unternehmungsbesteuerung und Unternehmungsorganisation. In: ZfO 47 (1978), S. 3. Vgl. dazu insbesondere Heigel, A.: Bedingungen der unternehmerischen Steuerplanung. In: StuW 48 (1971), S. 127 ff.; Melcher, H.-G.: Zu den Zielprämissen für eine
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371
betriebliche Steuerpolitik. In: StuW 50 (1973), S. 344 ff. und Marettek, A.: Steuerbilanz- und Unternehmenspolitik. Freiburg i. Br. 1971. Vgl. u. a. Klein, W.: Steuerpolitik im faktischen und Vertrags-Konzern. In: ZfB 42 (1972), S. 931 ff.; Haberstock, L.: Die Steuerplanung der internationalen Unternehmung. Wiesbaden 1976, S. 124 ff. Pausenberger, E.: Konzerninterne Gewinnrealisierung. In: BFuP 18 (1966), S. 536. Der Einfachheit halber seien Konzerne vernachlässigt, die nicht im Aktiengesetz geregelt sind. Zur besonderen Problematik solcher Konzerne vgl. Emmerich, V., J. Sonnenschein: Konzernrecht. 2. Aufl. München 1977, S. 228 ff. Eingliederung gem. § 319 AktG. Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß gem. § 320 AktG. Würdinger in Großkomm. AktG, Anm. 3 zu § 323, S. 199. § 308 Abs. 1 AktG. Godin/Wilhelmi, Anm. 2 zu § 324, S. 1784; vgl. auch Würdinger in Großkomm. AktG, Einleitung zu § 324, S. 205 f. Emmerich, V., J. Sonnenschein: a. a. O., S. 92. § 309 Abs. 1 AktG. Vgl. Würdinger in Großkomm. AktG. Anm. 7 zu § 323, S. 201. In Frage kommt auch eine Unternehmung in Form der KGaA. Auf diese Form wird im weiteren jedoch nicht eingegangen. Vgl. § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG. § 291 Abs. 1 AktG. § 317 Abs. 2 AktG. Siehe hierzu u. a. Emmerich, V., J. Sonnenschein: a. a. O., S. 214 ff.; Haesen, R.: Der Abhängigkeitsbericht im faktischen Konzern. Köln 1970; Richardt, H.: Der aktienrechtliche Abhängigkeitsbericht unter ökonomischen Aspekten. Wiesbaden 1974. Biedenkopf/Koppensteiner in Kölner Kommentar zum AktG, Anm. 12 zu Vorb. § 311, S. 138. Vgl. Würdinger in Großkomm. AktG, Anm. 4 zu § 311, S. 133 f. Zur Ausgleichsfähigkeit von Nachteilen vgl. Richardt, H.: a. a. O., S. 40 ff. Vgl. ähnlich Emmerich, V., J. Sonnenschein: a. a. O., S. 213 f. Vgl. u. a. Melcher, G.-H.: Planungskonzepte für die betriebliche Steuerpolitik, In: DB 24 (1971), S. 108 ff. Vgl. Siegel, Th.: Konzepte zur Ertragsteuerplanung in der Kontroverse. In: StuW 51 (1974), S. 76 ff. Vgl. Melcher, G.-H.: Zu den Zielprämissen . . . ; a. a. O., S. 345. Melcher, G.-H.: Ebd. Vgl. Siegel, Th.: Konzepte, a. a. O., S. 79; bei Außenanlage der Entnahmen könne rational ohnehin nur mit der Zielfunktion der Minimierung des Kapitalwerts der Steuerzahlungen gearbeitet werden. Vgl. Melcher, G.-H.: Zu den Zielprämissen: a. a. O., S. 350. Heigel, A. und G.-H. Melcher: Betriebliche Steuerpolitik. Köln 1974, S. 71. Melcher, G.-H.: Zu den Zielprämissen, a. a. O., S. 351. Bei Personengesellschaften als Untergesellschaften ergibt sich die besondere Frage, ob sich ein Gesellschafter (die Obergesellschaft) überhaupt im Gegensatz zu den Interessen der übrigen Gesellschafter verhalten darf. Vgl. Selchert, F. W.: Besteuerung und Unternehmungspolitik. In: ZfB 45 (1975), S. 429 ff. und 561 ff. sowie Selchert, F. W.: Bilanzpolitik und Jahresabschlußprüfung. In: WISU 7 (1978), S. 168 ff. und 221 ff. Vgl. u. a. Marettek, A.: a. a. O., S. 35 ff.
372 35 36 37 38 39
Friedrich Wilhelm Selchert Gegenstand einer Konzernumlage können u. a. Managementkosten, Werbeaufwand und bestimmte Steueraufwendungen im Falle der Organschaft sein. Zu den Voraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttung und Einlage siehe u. a. Döllerer, G.: Verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlage bei Kapitalgesellschaften. Heidelberg 1975, S. 19 ff. und 109 ff. Vgl. § 14 Ziff. 4 KStG. Vgl. Reuter, H.-P.: Die Besteuerung der verbundenen Unternehmen. München 1970, Tz. 593, S. 140. Vgl. Abschn. 42 Abs. 1 GewStR.
Steuerplanung als Teil der Unternehmensplanung Alexander
Marettek
1. Überblick über die betrieblichen Teilpläne* Die betriebliche Gesamtplanung läßt sich in eine strategische sowie in eine taktische Planung unterteilen. Während die strategische Planung eine Langfristplanung ist, die die unternehmenspolitischen Zielsetzungen in konkreten Zahlen über Erfolg, Liquidität, Investitionsvolumen und Bilanzstruktur wie auch Struktur der Aufwendungen und Erträge zum Ausdruck bringt, stellt die taktische Planung eine mittelfristig orientierte Planung dar. Diese kann als Ausführungsplanung der strategischen Planung verstanden werden. Sie enthält konkrete Einzelangaben z. B. über künftigen Absatz, künftiges Produktionsvolumen, künftig zu beschaffende Mengen an Roh-, Hilfsund Betriebsstoffen, das Investitionsbudget wie auch die Darstellung der Ein- und Auszahlungsströme zur Realisierung dieser Teilplanungen. Im folgenden wird ausschließlich die kürzerfristige taktische Planung betrachtet. Die taktische Planung, die in der Regel zwei bis fünf Jahre umfaßt, kann dabei als periodisch wiederkehrende sogenannte Anschlußplanung oder aber als periodisch wiederkehrende revolvierende (überlappende) Planung durchgeführt werden. Schaubild 1 verdeutlicht schematisiert Teilpläne und Zusammenhänge der betrieblichen Gesamtplanung. Wie dieses Schaubild zeigt, lassen sich die betrieblichen Einzelpläne in zwei große Planbereiche unterteilen: den Operativbereich sowie den Finanzbereich. Im Operativbereich sind vor allem Absatz- und Produktionsplan, verknüpft über die Programmplanung, sowie die Beschaffungsplanung enthalten. Demgegenüber wird der betriebliche Finanzbereich durch Investitions- sowie Finanzplanung gebildet. Während die Teilpläne des Operativbereichs insgesamt das eigentliche Unternehmensziel zum Ausdruck bringen, ergeben die Teilpläne des Finanzbereichs, ob und inwieweit diese Zielsetzungen finanzwirtschaftlich realisiert werden können. Diese Aufgabe schließt auch die Antwort auf die Frage ein, ob und inwieweit die vom Operativbereich konkretisierten Unternehmensteilziele durch Investitionen reali* Der Verfasser dankt den Herren wissenschaftlichen Assistenten, Dipl.-Kfm. M. Dedner und Dipl.-Kfm. R. Günther für die förderliche Kritik bei der Arbeit an diesem Manuskript.
374
Alexander Marettek
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Scheidung unmittelbar verbunden, zumindest nicht in dem Sinne, daß die im Modell durchgespielte Entscheidung für oder gegen die Investition alle diese Wirkungszweige und die Rückwirkung auf die Finanzierung anstößt. Im Gegensatz dazu wird bei Unternehmens/?/a«wMgsmodellen gerade die simultane Erfassung aller Konsequenzen einzelner Entscheidungen versucht. Durch die mathematischen Instrumente, die aus der Disziplin des Operations Research kommen und die sich zum Einsatz in Unternehmensplanungsmodellen anbieten, sind gerade die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Größen darstellbar und verarbeitbar. Beispielsweise kann eine begrenzte Produktionskapazität die Absatzmenge begrenzen, andererseits eine begrenzte Nachfrage den Produktionsausstoß beschneiden. Ein durch Kapazitätsengpässe begrenztes Produktionsprogramm kann Investitionen auslösen. Wenn diese allerdings durch begrenzte Finanzierungsmöglichkeiten nicht voll durchgeführt werden können, dann hat das über die verbleibenden Kapazitätsengpässe wiederum Rückwirkungen auf den Produktionsausstoß etc. Die modellhafte Erfassung dieser Wechselwirkungen ist für eine wirksame Planungsunterstützung erforderlich. 4.3 Gestaltungsempfehlungen für
Unternehmensplanungsmodelle
Die prinzipielle Überlegenheit von Unternehmens/j/anMngsmodellen gegenüber Unternehmens6ewrtei7urtgimodellen für Zwecke der Entscheidungsvorbereitung ist kaum bestreitbar. Dennoch scheinen die Beurteilungsmodelle - beispielsweise auf der Basis von PLANCODE oder COMET - eher von Entscheidungsträgern akzeptiert zu werden als anspruchsvollere und leistungsfähigere Unternehmensplanungsmodelle. Für diese Zurückhaltung gegenüber Unternehmensplanungsmodellen geben die in der Fußnote 20 genannten Autoren eine Reihe von Gründen an, u. a. die mangelhafte Dokumentation und die unzureichende Benutzerorientierung. Das bedeutet nichts anderes, als daß der mentale Zugang zu dem Modell in unnötiger Weise erschwert ist. Die Binsenweisheit von Woolsey: ,,A manager would rather live with a problem he cannot solve, than accept a Solution he cannot understand" 26 bestätigt sich dabei wieder eindrücklich. Daraus folgt eine erste Forderung für Unternehmensplanungsmodelle: Die Ergebnisse sollten so präsentiert werden, wie es dem Entscheidungsträger vertraut ist. Im Zweifel bedeutet das die Darstellung der Ergebnisse analog zum Jahresabschluß, also in Bilanzpositionen und Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung. Diese Idee wird insbesondere von Sommer 27 im Detail entwickelt. Er verwendet das Darstellungsschema der üblichen Unternehmensbeurteilungsmodelle für die Planungsergebnisse, setzt aber zur rechnerischen Durchdringung der Zusammenhänge zwischen Entscheidungen und ihren Konsequenzen Modelle ein, die sowohl Teiloptimierungen als auch What-If-Analysen ermöglichen. Eine zweite Forderung ist zu stellen: Ein Unternehmensplanungsmodell soll die Auswirkungen von Einzelentscheidungen ermitteln können. Beispielsweise sollen
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sich die Konsequenzen einzelner Großinvestitionen prüfen lassen, nicht aber nur die Auswirkungen eines bestimmten Investitionsbudgets. Es sollte also z. B. möglich sein, die Folgen einzelner Großinvestitionen, der Schließung einzelner Produktionsbetriebe, der Übernahme anderer Unternehmen, der Eröffnung neuer bzw. Schließung alter Produktionszweige, der Aufnahme neuer Produkte, der Produktionsverlagerungen etc. durch das Modell zu erforschen. Eine dritte Forderung sollte erfüllt werden: Die Entscheidungsträger, die künftig die Modellergebnisse als Unterlage für ihre Entscheidungen heranziehen sollen, müssen im Sinne des partizipativen Modellentwurfsprozesses (vgl. Abschnitt 3.2) am Modellentwurf mitwirken, also insbesondere ihre Wünsche, Bedürfnisse, Vorstellungen, Erwartungen etc. einbringen. Wird auf diese Mitwirkung verzichtet, so sind günstigenfalls Nacharbeiten als Konsequenz der nachträglich formulierten Wünsche der Entscheidungsträger zu erwarten, ungünstigenfalls eine völlige Ablehnung des Modells. Eine vierte Forderung betrifft die Modellstruktur: Anstelle eines in sich geschlossenen Gesamtmodells sollte ein flexibles modulares System von miteinander korrespondierenden Teilmodellen erstellt werden. Damit werden zwei andere Kritikpunkte gegenüber Corporate Models, die in den unter Fußnote 20 genannten Arbeiten vorgetragen wurden, berücksichtigt, nämlich die mangelnde Flexibilität und die geringe Modularität vieler Corporate Models. Beides hängt miteinander zusammen. Ein aus kleineren Moduln (Teilmodellen) bestehendes Modellsystem läßt sich eher neuen Anforderungen anpassen. In den bereits zitierten Entwicklungen von Sommer werden in Anlehnung an Hanssmann 28 Teilmodelle verschiedener Stufen zu einem System zusammengefügt: - Dabei steht im Zentrum ein Beurteilungsmodell (vgl. oben), das sich an der Struktur von Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen orientiert und ferner Bilanzkennzahlen und Ertragskennzahlen einschließt. - Im direkten Austausch mit dem Beurteilungsmodell stehen einzelne Funktionsbereichsmodelle, und zwar ein Realgütermodell (Beschaffung, Produktion, Absatz), ein Personalmodell, ein Sachanlagen-/Investitionsmodell sowie ein Finanzmodell. In diesen Funktionsbereichsmodellen, die auch gegenseitig miteinander verbunden sind, können Teiloptimierungen durchgeführt werden. Insbesondere dienen diese Modelle aber der unmittelbaren Verarbeitung von alternativen Entscheidungen in den einzelnen Funktionsbereichen. - Die Funktionsbereichsmodelle sind ihrerseits mit Marktmodellen verknüpft, in denen die Beziehungen zwischen den Funktionsbereichen und den entsprechenden Märkten zur Abbildung kommen. Das Realgütermodell korrespondiert so mit einem Beschaffungsmarktmodell und einem Absatzmarktmodell, das Personalmodell mit einem Personalmarktmodell, das Sachanlagen-/Investitionsmodell mit einem Investitionsgütermarktmodell und schließlich das Finanzmodell mit einem Kapitalmarktmodell.
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4.4 Die Einsatzorganisation von
Unternehmensplanungsmodellen
Die Entwicklung von Unternehmensplanungsmodellen und deren laufender Einsatz und Aktualisierung bedürfen der Mitwirkung von erfahrenen Analytikern. Dabei ist die Entwicklung eine Aufgabe für sich, die hier nicht im einzelnen dargestellt werden soll. Vielmehr seien hier insbesondere einsatzorganisatorische Aspekte betrachtet. Vielerorts ist es versucht worden, Entscheidungsträgern auf Vorstandsebene und auf Hauptabteilungsleiterebene EDV-Terminals in ihr Büro zu stellen, mit denen sie selbst in den Dialog mit Unternehmensmodellen - beispielsweise auch solchen auf PLANCODE-Basis oder COMET-Basis - treten können. Fast ausnahmslos sind diese Versuche gescheitert. Vielmehr erfordert der Dialog mit einem anspruchsvollen Unternehmensmodell den Einsatz eines Spezialisten, der das Modell in seinen Details kennt, den Dialog über das Terminal beherrscht und schließlich auch die notwendige Zeit hat, um die Anfragen an das Modell in geeigneter Weise aufzubereiten. Dieser Modellspezialist hat gewöhnlich die Aufgabe, einerseits das Modell laufend zu aktualisieren und andererseits vor allem die auftretenden Entscheidungssituationen am Modell zu analysieren und vorhandene alternative Entscheidungen auf ihre Konsequenzen hin zu untersuchen. Ferner wird es ihm obliegen, die am Modell gefundenen Ergebnisse in übersichtlicher und prägnanter Form zusammenzustellen und zu kommentieren, also den Entscheidungsträgern die relevanten Unterlagen aufzubereiten. Es kann sinnvoll sein, den Mitarbeitern verschiedener Entscheidungsträger den Abfrage-Zugriff zu Unternehmensplanungsmodellen zu ermöglichen, so daß auch sie eigene Alternativrechnungen durchführen können. Der Modellpflege-TMgnii sollte dagegen nur einer kleinen ausgewählten Gruppe möglich sein. Es bietet sich an, daß das Unternehmensplanungsmodell der genannten Art auch zur Plan-Bilanzierung und Plan-Gewinn- und Verlustrechnung eingesetzt wird und somit nicht zu einem Konkurrenzmodell für solche Rechnungen wird. Aus diesem Grunde erscheint es vernünftig, die Verantwortung für die Entwicklung und den laufenden Einsatz eines Unternehmensplanungsmodells in den Unternehmensbereich des Finanz- und Rechnungswesens zu legen.
5. Ausblick In diesem Beitrag wurden die folgenden Thesen vertreten: - Jeder Mensch arbeitet laufend mit Modellen der Realität, zumindest mit mentalen Modellen, überwiegend auch mit expliziten Modellen. - Die Bildung von mentalen Modellen vollzieht sich individuell unterschiedlich, und zwar in Abhängigkeit von der Gesamtheit der Kenntnisse, von der Psyche und von dem Wertesystem.
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- Zwischen „typischen" Entscheidungsträgern und „typischen" Analytikern als Entscheidungsvorbereitern sind grundsätzlich Unterschiede bezüglich der Gesamtheit der Kenntnisse, der Psyche und des Wertesystems anzunehmen, so daß auch von unterschiedlichen Denk- und Konzeptualisierungsweisen auszugehen ist. - Eine Kooperation zwischen Entscheidungsträgern und Analytikern ist insbesondere dann erforderlich, wenn in einem Unternehmen mit expliziten Modellen gearbeitet werden soll. Die Entwicklung und auch der spätere Einsatz von solchen Modellen setzen nicht nur das gegenseitige Verständnis (Mutual Understanding) zwischen Entscheidungsträger und Analytiker voraus, sondern ein gemeinsames Vorgehen (partizipativer Modellentwurfsprozeß). - Für die Vorbereitung von Entscheidungen sind insbesondere Planungsmodelle geeignet, mit denen entweder optimale Entscheidungen berechnet oder alternative Entscheidungen auf ihre Konsequenzen hin untersucht werden können. - Auf der Ebene der Unternehmensmodelle stehen den PlanungsmodeUen die Beurteilungsmodelle (Modelle des Rechnungswesens) gegenüber. Hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit sind die Planungsmodelle überlegen. - Unternehmensplanungsmodelle sollten unter Mitwirkung der Entscheidungsträger entwickelt werden, wobei insbesondere die Ergebnisdarstellung den gewohnten Schemata der Unternehmensbeurteilungsmodelle anzupassen sind. Sie sollten modular aufgebaut sein und die Auswirkungen von zentralen Einzelentscheidungen aufzeigen können. - Das Betreiben von Unternehmensplanungsmodellen sollte nicht den Entscheidungsträgern aufgebürdet werden. Vielmehr sollten hierfür kompetente Assistenten der Entscheidungsträger eingesetzt werden. Es ist anzunehmen, daß in der Zukunft verstärkt Unternehmensplanungsmodelle eingesetzt werden. Einerseits bietet die laufend verbesserte EDV-Hardware und EDV-Software günstige Bedingungen für diese Modelle. Andererseits wird durch die schwierigeren ökonomischen Umweltbedingungen für jedes Unternehmen der Nutzen solcher Planungsmodelle vermutlich steigen.
Anmerkungen 1 2 3 4
Vgl. Boulding, K. E.: The Image. Binghamton, N. Y. 1956. Vgl. Kirsch, W.: Entscheidungsprozesse, Band 1 - 3 . Wiesbaden 1970/71; insbesondere 1. Band, S. 76 f. Vgl. zur individuellen Modellbildung auch Bretzke, W.-R.: Zum Problembezug von Entscheidungsmodellen. Stuttgart 1980. Mit der Konzeptualisierung hat sich kürzlich insbesondere Gaitanides beschäftigt, vgl. Gaitanides, M.: Planungsmethodologie. Berlin 1979. Vgl. auch Mitroff, 1.1.: Towards a Theory of Systemic Problem Solving: Prospects and Paradoxes. In: International Journal of General Systems 4 (1977), Nr. 1, S. 47-59.
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Heiner Müller-Merbach Vgl. dazu Müller-Merbach, H.: The Modelling Process: Steps Versus Components. In: Design and Implementation of Computer-Based Information Systems. Hrsg. von N. Szyperski und E. Grochla. Alphen aan den Rijn 1979, S. 47-59. Auf diesen Gesichtspunkt hat Bretzke mit Nachdruck hingewiesen, vgl. Bretzke, W.-R.: Zum Problembezug von Entscheidungsmodellen. Stuttgart 1980. Eine umfassendere Zusammenstellung psychologischer Typologien ist erschienen von Müller-Merbach, H., und D. W. Neigen: Der Nutzen psychologischer Typologien für die modellgestützte Entscheidungsvorbereitung. In: Proceedings in Operations Research 9. Würzburg 1980. Hudson, L.: Contrary Imaginations. New York 1966. Vgl. auch Mitroff, 1.1.: The Myth of Objectivity or why Science Needs a New Psychology of Science. In: Management Science 18 (1972), Nr. 10, S. B-613-B-618. Diese Funktionsaufteilung zwischen beiden Gehirnhälften ist u. a. beschrieben bei Ornstein, R. F.: The Psychology of Consciousness. San Francisco 1972. Mintzberg, H.: Planning on the Left Side and Managing on the Right. In: Harvard Business Review 54 (1976), Nr. 1, S. 49-58; vgl. auch Mintzberg, H.: Beyond Implementation: An Analysis of the Resistance to Policy Analysis. In: Operational Research '78. Hrsg. von K. B. Haley. Amsterdam-New York-Oxford 1979, S. 106-162. Jung, C. G.: Psychologische Typen. 11. Aufl. Zürich 1971. Jung, C. G.: Psychologische Typen. 11. Aufl. Zürich 1971; de Waele, M.: Managerial Style and the Design of Decision Aids. In: OMEGA 6 (1978), Nr. 1, S. 5-13; Mitroff, 1.1., V. P. Barabba und R. H. Kilman: The Application of Behavioral and Philosophical Technologies to Strategic Planning: A Case Study of a Large Federal Agency. In: Management Science 24 (1977), Nr. 1, S. 44-58. Churchman, C. W., und A. H. Schainblatt: The Researcher and the Manager: A Dialectic of Implementation. In: Management Science 11 (1965), Nr. 4, S. B-69-B-87. Vgl. Management Science 12 (1965), Nr. 2, S. B-l-B-42. Schultz, R. L., und D. P. Slevin (Hrsg.): Implementing Operations Research/Management Science. New York 1975. Der partizipative Modellentwurfsprozeß ist von Hildebrandt verschiedentlich skizziert worden, u. a. in den folgenden Arbeiten. Hildebrandt S.: Implementation of the Operations Research/Management Science Process. In: European Journal of Operational Research 1 (1977), Nr. 5. S. 289-294; Hildebrandt, S.: From Manipulation to Participation in the Operations Research Process. In: Operational Research '78. Hrsg. von K. B. Haley. Amsterdam-New York-Oxford 1979, S. 163-180. Die Formulierung: „Gegeben sei das Problem . . ." findet man in vielen Veröffentlichungen des Operations Research. Sie kennzeichnet jedoch eine sehr enge Sicht von den Aufgaben des Operations Research. Daß nach Ansicht des Autors eben nicht von „gegebenen" Problemen auszugehen ist - und zwar sowohl in der Realität als auch entsprechend in der Ausbildung an Hochschulen - ist in dem folgenden Beitrag dargestellt. Müller-Merbach, H.: Operations Research - mit oder ohne Zukunftschancen? In: Industrial Engineering und Organisations-Entwicklung im kommenden Dezennium. Hrsg. von K. Krüger, G. Rühl und K. J. Zink. München 1979, S. 291-311. Daß die Mitwirkung an der Zieldefinition zu den Aufgaben eines Operations Researchers gehören sollte, wird u. a. von Eilon betont, der allerdings eingesteht, daß viele Operations Researcher eine Vorgabe der Ziele als bequemer ansehen: „Many OR analysts are plainly more comfortable when these goals are clearly defined for them, . . .". Eilon, S.: The Role of Management Science. In: The Journal of the Operational Research Society 31 (1980), Nr. 1, S. 17-28, insbesondere S. 17.
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Die Methode des „Cognitive Mapping" hat Sims in seiner Dissertation beschrieben. Sims, D.: Problem Construction in Teams. PhD. Thesis. University of Bath 1978; vgl. auch Sims, D., C. Eden und S. Jones: Facilitating Problem Definition in Teams (erscheint voraussichtlich im European Journal of Operational Research). Gershefski, G. W.: Corporate Models - The State of the Art. In: Management Science 16 (1970), Nr. 6, S. B-303-B-312; Grinyer, H., und J. Wooller: Corporate Models Today - A New Tool for Financial Management. London 1975; Naylor, T. H., und H. Schauland: A Survey of Corporate Planning Models. In: Management Science 22 (1976), Nr. 9, S. 927-937. Zur Risiko-Analyse vgl. Hertz, D. B.: Risk Analysis in Capital Investment. In: Harvard Business Review 42 (1964), Nr. 1, S. 95-106. Die Methode der Risiko-Analyse ist in fast allen neueren Lehrbüchern der Investitionsplanung und Investitionsrechnung ausführlich beschrieben. Vgl. zur Szenariotechnik einzelne Beiträge des Sammelbandes von Bright, J. R., und M. E. F. Schoeman (Hrsg.): A Guide to Practical Technological Forecasting. Englewood Cliffs 1973; ferner verschiedene Arbeitspapiere des Battelle-Instituts Frankfurt. Die Unterscheidung von Unternehmensbeurteilungsmodellen und Unternehmensplanungsmodellen geht auf H. Sommer zurück, einen Mitarbeiter des Autors, vgl. Sommer, H.: Unternehmensmodelle und Bilanzen (erscheint demnächst). Informationen über das IBM-System PLANCODE sind in den IBM-Broschüren mit den folgenden IBM Form-Nummern enthalten: GH12-1335-0, GH12-1246-2 und SH12-1271-1. Das Siemens-System COMET ist in den Siemens-Broschüren mit den folgenden Bestell-Nummern beschrieben: D15/5414-01 und D15/5497-01. Woolsey, R. E. D.: How to do Integer Programming in the Real World. In: Integer Programming. Hrsg. von H. M. Salkin. Reading, Mass. 1975, S. 505-526. Sommer, H.: Unternehmensmodelle und Bilanzen (erscheint demnächst). Hanssmann, F.: Modellgestützte strategische Planung im Unternehmen. Vortrag auf dem 32. Deutschen Betriebswirtschafter- Tag. Berlin, 2. bis 4. Oktober 1978. Unveröffentlichtes Manuskript.