Von der Gründung zur Pleite: Unternehmens-Lebenszyklus und Management der Unternehmensentwicklung [1 ed.] 9783886405145, 9783886401147

Das Thema Unternehmensentwicklung und deren Steuerung ist immer aktuell. Täglich können wir beobachten, dass Firmen gegr

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German Pages 306 [305] Year 2005

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Von der Gründung zur Pleite: Unternehmens-Lebenszyklus und Management der Unternehmensentwicklung [1 ed.]
 9783886405145, 9783886401147

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Von der Gründung zur Pleite

VON DER GRÜNDUNG ZUR PLEITE Unternehmens-Lebenszyklus und Management der Unternehmensentwicklung

von Prof. Dr. Norbert Zdrowomyslaw (Hrsg.) Autoren: Thomas Anklam, Eva Bergner, Christian Freericks, Michael Handy, Sabine Hillebrecht, Sina Liidtke, Fred Llidtke, Prof. Dr. Wilfried Müller, Chris Muszalik, Anja Rath, Dr. Bernd Rethmeier, Esther Schiigen, Prof. Dr. Gerhard Schünemann

Deutscher Betriebswirte-Verlag

Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-Bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar

© Deutscher Betriebswirte-Verlag, Gernsbach 2005 Satz: Claudia Wild, Stuttgart Druck: Stückle Druck, Euenheim ISBN: 3-88640-114-6

Vorwort Als Hochschullehrer, Berater und Moderator von Veranstaltungen bin ich fast täglich mit ökonomischen, gesellschaftlichen und sonstigen Aspekten konfrontiert, die sich mit der Unternehmensumwelt und der inneren Organisation und Gestaltung eines Unternehmens befassen. In Seminaren, Workshops und Konferenzen zu den Themen „Existenzgründung und -Sicherung" sind dabei Fragestellungen einer phasengerechten Führung sowie der Umgang mit Unternehmenskrisen immer präsent. Ein Thema, das Führungskräfte von mittelständischen wie auch von großen Unternehmen beschäftigt. Dieser Hintergrund sowie die Tatsache, dass ein Buch, das den Ansatz der genetischen Gliederung der Betriebswirtschaftslehre (Gründungs-, Umsatz- und Liquidationsphase) aufgreift, eine Lücke in der managementorientierten BWL schließen kann, haben mich motiviert, dieses Werk zu konzipieren und in Kooperation mit Wissenschaftlern, Studierenden und Praktikern zu schreiben. Das Thema Unternehmensentwicklung und deren Steuerung ist immer aktuell. Täglich können wir beobachten, dass Firmen gegründet werden, wachsen, in eine Krise kommen oder ihre Existenz aufgeben müssen. Modellhaft spricht man in diesem Zusammenhang vom „Unternehmens-Lebenszyklus". Das Konzept des Lebenszyklus, das seinen Ursprung in der Biologie hat, spiegelt sich in Aufbau und Titel unseres Werks „Von der Gründung zur Pleite" wider. Zielsetzung dieses Buches ist es, in komprimierter und nachvollziehbarer Form dem Leser ein „Unternehmensmodell" vorzustellen und die einzelnen Phasen der Unternehmensentwicklung (ζ. B. Gründung, Wachstum durch Kooperation und Akquisition, Krisen- und Krisenmanagement, Insolvenz) zu verdeutlichen. Die vorliegende Abhandlung möchte Anregungen für eine phasengerechte Unternehmensführung liefern. Im Vordergrund steht demzufolge die Systematisierung von Entscheidungsebenen und Problemfeldern im Hinblick auf die Gestaltung des Managements und der Beeinflussung einzelner Phasen der Unternehmensentwicklung. Mehr die Breite (im Sinne der Vermittlung eines systematischen Gesamtüberblicks) und weniger die Tiefe bestimmt das inhaltliche Konzept des Werkes. Wer sich tiefer mit einzelnen Phasen der Unternehmensentwicklung beschäftigen möchte, wie beispielsweise der Existenzgründung, wird auf die Spezialliteratur verwiesen. Die einzelnen Themenbereiche werden anhand von Beispielen und zahlreichen Abbildungen verdeutlicht und durch Literaturhinweise vervollständigt. Das Buch gliedert sich in vier Kapitel: • Gegenstand des ersten Kapitels ist, die Beziehungen von Unternehmen und Umwelt im weitesten Sinne aufzuzeigen. Der Zusammenhang zwischen Gründungen, Insolvenzen und Konjunktur wird dargelegt und die Differen-

6

Vorwort

ziertheit der Unternehmenswelt (vom Einzelunternehmen zum Global Player) sichtbar gemacht. Abschließend werden die Rahmenbedingungen und Unterschiede von Klein- und Mittelunternehmen (KMU) sowie Großunternehmen diskutiert. • In Kapitel zwei wird der Zusammenhang zwischen Unternehmensführung und Unternehmensentwicklung herausgearbeitet. Wichtig ist zu erkennen, dass klare Zielsetzungen und eindeutige Politiken und Strategien maßgeblich zur Unternehmenssicherung beitragen können. Mit einem controllinggerechten und empfängerorientierten Informationssystem wird die Grundlage für eine solide Steuerung der Unternehmensentwicklung gelegt. Führungskonzepte, wie Frühwarnsysteme sowie Risiko- bzw. Krisenmanagement, können zwar das Management der Unternehmensentwicklung unterstützen, aber trotz des Einsatzes diverser Führungskonzepte gibt es keine Garantie dafür, dass Unternehmen nicht in eine Krise geraten. • Gegenstand des dritten Kapitels ist der Unternehmens-Lebenszyklus, d. h. die Interpretation und Analyse der einzelnen Stadien bzw. Phasen der Unternehmensentwicklung. Obwohl eine schlichte Analogie von natürlichen Lebewesen und dem „künstlichen" Gebilde Unternehmung nicht möglich ist, kann jedoch im Sinne einer Modellbildung für ein Unternehmen durchaus ein gewisser Lebenszyklus konstatiert werden, und zwar - grob betrachtet - mit den vier Phasen Pionier-, Wachstums-, Reife- und WendeUnternehmen, jeweils begleitet von Krisen. Die Botschaft dieses Kapitels ist: Zwar werden alle Entwicklungsphasen durch die Rahmenbedingungen und die Stakeholder mehr oder weniger beeinflusst, sie sind aber grundsätzlich durch die Unternehmensführung gestaltbar. • Das vierte Kapitel bietet dem Leser unter Zugrundelegung der Unternehmens-Lebenszyklusphasen für die wichtigsten Bereiche Problemlösungen im Unternehmen in Checklistenform. Das Buch wendet sich an Praktiker und Führungspersonen in Unternehmen ebenso wie an Studierende an Hochschulen sowie an sonstige Bildungsinstitutionen, die sich in das spannende und wichtige Gebiet der Unternehmensentwicklung einarbeiten müssen oder wollen. Für die kritische Durchsicht und das Korrekturlesen des Manuskripts bedanken wir uns bei Anette Burke. Bei allen menschlichen Bemühungen können Irrtümer und Fehler nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Unrichtigkeiten gehen allein auf das Konto der Verfasser. Über kritische Anregungen und Vorschläge aller Art aus Theorie und Praxis würden wir uns deshalb freuen. Prof. Dr. Norbert Zdrowomyslaw [email protected]

Inhaltsverzeichnis Vorwort

5

Abbildungsverzeichnis

13

Abkürzungsverzeichnis

17

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt N. Zdrowomyslaw, B. Rethmeier, E. Schiigen, Ch. Freericks, Ch. Muszalik

21

1.

Einführung in das Phänomen Wirtschaft

21

2.

Wesentliche Umwelteinflüsse auf die Unternehmen

21

3.

Wirtschaftsschwankungen und unternehmerisches Handeln

25

4.

Unternehmen „leben" nicht ewig

28

5.

Kennzeichen der Wirtschaft: Unternehmens Vielfalt

31

6.

5.1 Unternehmen gleich Betrieb? 5.2 Unternehmenszusammenschlüsse und Fusionsfiber 5.3 Vielzahl von Unternehmenstypen prägt die Wirtschaft Dominanz der Konzerne oder Renaissance des Mittelstands? . . . . 6.1 Definitionsversuche von K M U und Großunternehmen 6.2 Gesamtwirtschaftliche Bedeutung von K M U 6.3 Alle Macht den Global Playern und Konzernen?

31 34 36 37 38 41 42

Vor- und Nachteile von K M U und Großunternehmen 7.1 Was unterscheidet K M U von Großunternehmen? 7.2 Typische Führungseigenschaften von K M U und Großunternehmen

46 46

7.

Kapitel II: Unternehmensführung und Unternehmensentwicklung N. Zdrowomyslaw, W. Müller, G. Schünemann, Th. Anklam, M. Handy, A. Rath

49

55

1.

Einführung

55

2.

Überleben der Unternehmung als Kernaufgabe des Managements

56

8 3.

4.

5.

nsverzeichni s

Unternehmenssicherung durch Unternehmenspolitik und Ziele . . 3.1 Führung in die Zukunft mit unternehmenspolitischen Grundsätzen 3.2 Ziele - ein unentbehrlicher Baustein erfolgsversprechender Führung Unternehmensführung und Manager 4.1 Führung und Führungsaufgaben 4.2 Managementprozess und das „black box"-Gebilde Unternehmen 4.3 Aufgaben- und personenorientierte Unternehmensführung 4.4 Manager - Unternehmenslenker oder „Nieten in Nadelstreifen"? 4.4.1 Managementhierarchie und Aufgaben 4.4.2 Führungskraft - Manager versus Führer 4.4.3 Gibt es den idealen Unternehmer-Typ? 4.4.4 Schlüsselqualifikationen - die Basis für gutes Management

57 58 60 62 63

.

64 66 68 69 70 73 74

Controlling als Subsystem des Managements 5.1 Definition und Einordnung des Controllings 5.2 Controlling bedeutet Gewinn- und Zukunftsgestaltung . . . . 5.3 Controlling bedeutet Unterstützung des Managements 5.4 Controlling - ein Führungskonzept für alle Branchen und Unternehmensgrößen 5.5 Unternehmensführungskonzepte - von der Buchhaltung zur ganzheitlichen Unternehmensführung 5.6 Controlling, Frühaufklärung, Krisen- und Risikomanagement 5.6.1 Controlling und Steuerung von Diskontinuitäten . . . 5.6.2 Frühwarnsysteme - der Wunsch einer überraschungsfreien Unternehmensentwicklung 5.6.3 Ansätze für unternehmenssichernde Normstrategien im Konjunkturverlauf

75 76 76 81

6.

Existenzsicherung durch Umwelt- und Unternehmensanalyse . . .

94

7.

Führungsinstrumente - Methoden oder Moden? 7.1 Zweck, Systematisierungsmöglichkeiten und Anwendung . . 7.2 Inflation der Managementmethoden 7.3 Controllinggerechtes und empfängerorientiertes Informationssystem

97 97 100

82 86 88 88 88 91

102

nsverzeichni s

Kapitel I I I : Unternehmens-Lebenszyklus: Von der Gründung zur Insolvenz N. Zdrowomyslaw, W. Müller, G. Schünemann, F. Lüdtke, Schiigen . 107 1.

Unser verwendetes Unternehmensmodell und Managerrealität . . .

107

2.

Verwendung von Lebenszyklus-Konzepten in der Betriebswirtschaftslehre

110

3.

Unternehmens-Lebenszyklus und Unternehmensentwicklung . . . .

112

4.

Krisen in den Modellen der Unternehmensentwicklung

115

5.

Wandel ist gestaltbar - ein Unternehmen muss nicht sterben

118

6.

Unternehmensstrategien zur Unternehmensentwicklung

122

7.

Unternehmens-Lebenszyklus: Fallbeispiel Siemens AG

124

8.

Besondere Aspekte im Rahmen des Unternehmens-Lebenszyklus 8.1 Krisenindikatoren für bestimmte Entwicklungsphasen 8.2 Unternehmens-Lebenszyklus und Finanzierung 8.3 Unternehmens-Lebenszyklus und Führungskräfte-Typen . . .

131 131 137 139

9.

Pionier-Unternehmen 9.1 Vorbereitung der Gründung 9.1.1 Gründungs- und Innovationsoffensive in Deutschland 9.1.2 Prinzipielle Möglichkeiten der Unternehmensgründung 9.1.3 Mit Überbrückungsgeld und „Ich-AG" selbstständig 9.1.4 Informations- und Orientierungsphase 9.1.5 Persönliche und wirtschaftliche Vorüberlegungen . . 9.2 Konzeptionsphase und eigentlich Unternehmensgründung . . 9.2.1 Geschäftsidee und wichtige Voraussetzungen zur Realisierung 9.2.2 Rechtsformwahl 9.2.3 Standortwahl 9.3.4 Organisation und Führung 9.2.5 Businessplan - Spiegelbild nach innen und Aushängeschild nach außen

140 140 142 143 147 150 151 153 153 155 158 161 164

10

nsverzeichni s

9.2.6 9.2.7

Risikoabsicherung von Unternehmen und Familie . . Anmeldungen und Genehmigungen zum Start der Geschäftstätigkeit

10. Wachstums-Unternehmen 10.1 Internes und externes Unternehmenswachstum 10.2 Markt-Wachstumsstrategien zur Stärkung der Kernkompetenzen 10.3 Wachstum durch Eigenaufbau 10.3.1 Wachstum durch Innovationen 10.3.2 Eigene Marktbearbeitung 10.4 Wachstum durch Kooperationen 10.5 Wachstum durch Akquisitionen und Zusammenschlüsse . . . 11. Reife-Unternehmen 11.1 Revitalisierung durch Diversifikationsmanagement 11.2 Revitalisierung durch Innovations- und Venture-Management 11.3 Erhöhung der Wachstumschancen durch den „Gang an die Börse" 11.4 Lösungsansätze zur Nachfolgeregelung 11.4.1 Nachfolgeregelung rechtzeitig und umfassend planen 11.4.2 Vier Modelle einer Nachfolgeregelung 11.4.3 Auswahl und Ausbildung des Nachfolgers 11.4.4 Nachfolge planmäßig regeln 12. Wende-Unternehmen 12.1 Unternehmenskrise und Krisenmanagement 12.1.1 Was ist eine Unternehmenskrise? 12.1.2 Wie manage ich eine Unternehmenskrise? 12.2 Sanierungsmanagement 12.3 Insolvenz - Niedergang oder Chance? 12.3.1 Insolvenzrecht und Insolvenzeröffnungsverfahren 12.3.2 Liquidation - Unternehmensverwertung 12.3.3 Sanierung unter Insolvenzrecht Unternehmensfortführung

167 168 171 171 174 176 176 179 180 186 190 191 196 201 204 205 207 209 211

.

212 213 213 217 221 226 227 229 230

nsverzeichni s

Kapitel IV: Checklisten zur Unternehmensentwicklung E. Bergner, S. Hillebrecht, Lüdtke 7: Persönliche Voraussetzungen für eine Selbstständigkeit 2: Fragen und Antworten als Entscheidungshilfe zur Existenzgründung 3: Gründe für die Selbstständigkeit 4: Analyse Ihrer Grundvoraussetzungen 5: Sie haben eine Idee? 6: Abschließende Fragen zu Ihrer Geschäftsidee 7: Anforderung an die Darstellung der Gründungsidee 8: Standortfragen (1) 9: Standortfragen (2) 70: Fragen zum Markt 7 7 : Zwanzig Schritte zur Existenzgründung 72: Rechtsformen 13: Besondere Zulassungsvoraussetzungen 14: Mindestumfang eines Business-Plans 75: Kontrollfragen zu Ihrem Business-Plan 16: Rechenmuster für die Gewinn- und Verlustvorschau (Plan-GuV) 77: Umsatzplanung 18: Liquiditätsplanung 79: Franchise-Projekte 20: Feststellung pionierhafter Elemente 27: Feststellung von Wachstums-Elementen 22: Feststellung von Reife-Elementen 23: Feststellung von Wende-Elementen 24: Akquisitionen 25: Tipps für das Krisenmanagement 26: Fragen zur Strategiekrise 27: Fragen zur Erfolgskrise 28: Fragen zur Liquiditätskrise 29: Aspekte bei der Unternehmensnachfolge 30: Wichtige Fragen der Übernahme einer bestehenden Unternehmung 31 : Aufdeckung und Abwehr von Insolvenzgefahren 32: Inhalte eines Insolvenzplans

Literaturverzeichnis Stichwortverzeichnis Herausgeber und Autoren

233 234 235 236 236 237 238 238 238 239 240 241 242 246 247 247 248 250 251 252 253 254 256 257 259 262 264 265 266 267 270 271 280

283 295 302

Abbildungsverzeichnis Abb.

1

Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

7 8 9 10 11 12 13

Abb. 14 Abb. 15 Abb. 16 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

17 18 19 20 21 22 23

Abb. 24 Abb. 25 Abb. 26 Abb. 27 Abb. 28 Abb. 29

Umweltfaktoren der Unternehmen und deren Einflussintensität Anspruchsgruppen des Unternehmens und ihre Interessen Die Phasen des Konjunkturzyklus Kondratieff-Zyklen - sogenannte lange Wellen der Wirtschaftsentwicklung Wirtschaftswachstum und Gewerbeanmeldungen in Deutschland 1996 - 2003 Konjunkturverlauf und Unternehmensinsolvenzen 1951-2003 Kooperation, Konzentration und Wachstum Formen von Zusammenschlüssen Mögliche Unterscheidungskriterien für Unternehmen Betriebsgrößenklasseneinteilung (EU) „Fusionsfieber" Beispiele Hitliste der 50 größten Unternehmen Deutschlands Die Gründe für die Marktschwierigkeiten von Klein- und Mittelbetrieben Charakterisierung der Betriebstypen „Klein- und Mittelbetrieb" und „Großbetrieb" Gliederungsmöglichkeiten der Betriebswirtschaftslehre. . . . Unternehmenspolitik und hierarchische Struktur der Unternehmensführung Betriebswirtschaftliche Zielkategorien Zielhierarchie/Ziele der Unternehmung Beispiele zur Zielformulierung Kernaufgaben der Führung Hauptfunktionen der Führung Integrativer Managementansatz Führungsfunktionen: Aufgaben- und Personenorientierung Managementebenen und Tätigkeitsfelder Unterschiede zwischen Managern und Führern nach Zaleznik Gegenüberstellung Manager/charismatischer Führer Typen des Unternehmers Handlungs- und Persönlichkeitskompetenz als Vermögen des Unternehmens Regelkreis des strategischen und operativen Controllings. . .

22 23 26 27 31 33 35 36 37 40 43 44 47 50 55 58 61 62 62 63 64 66 67 69 71 72 73 75 77

14

Abbildungsverzeichni s

Abb. 30 Abb. 31 Abb. 32 Abb. 33 Abb. 34 Abb. 35 Abb. Abb. Abb. Abb.

36 37 38 39

Abb. 40 Abb. 41 Abb. 42 Abb. 43 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

44 45 46 47 48

Abb. 49 Abb. 50 Abb. 51 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

52 53 54 55 56

Abb. 57 Abb. 58 Abb. 59 Abb. 60

Wesentliche Unterschiede zwischen klassischem Rechnungswesen und Controlling Gegenüberstellung von strategischem und operativem Controlling Verzahnung strategisches und operatives Controlling . . . . Zwei Schlüsselkonzepte im Bereich Management Controllerfunktionen am Beispiel eines Kleingewerbetreibenden Internes und externes Controlling in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße Aufgaben des Controllings Evolution der Führungssysteme Phasen einer Unternehmenskrise Externes und internes Unternehmensüberwachungssystem Normstrategien für einzelne Funktionsbereiche im Konjunkturverlauf Normstrategien im Konjunkturverlauf Instrumente der Umwelt- und Unternehmensanalyse Einige Instrumente für das strategische und das operative Controlling Ausgewählte Managementkonzepte Hierarchie des betrieblichen Informationsbedarfs Systemorientiert-ganzheitliches Unternehmensmodell . . . Der erweiterte Produkt-Lebenszyklus Vor- und Nachteile der Pionier-, Wachstums-, Reifeund Wende-Unternehmen Das Modell des wachsenden Unternehmens nach Greiner Entwicklungsphasen der IBM Interne und externe Nutzenpotenziale im UnternehmensLebenszyklus Strategien - Weg in die Zukunft Strategiearten auf den Ebenen des Planungssystems Ebenen der Führungsstruktur bei der Siemens AG Unternehmens-Lebenszyklus und Finanzierung Anforderungen an den Unternehmer in den Unternehmensentwicklungsphasen Anforderungen an den Unternehmer in den Unternehmensentwicklungsphasen Gründungsforschung Eine denkbare Systematik der Gründungsformen Gründungsvarianten

78 79 79 81 83 84 85 87 91 92 93 94 95 99 101 104 108 113 114 117 119 119 122 123 129 138 139 141 143 143 144

Abbildungsverzeichnis

Abb. 61 Abb. 62 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80

Abb. 81 Abb. 82 Abb. 83 Abb. 84 Abb. 85 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98

Rahmenbedingungen für „Ich-AG" und Überbrückungsgeld Mögliche Anlaufstellen für Informationen und Gründerberatung Gründe für den Schritt in die Selbstständigkeit Persönliche Gründe für einen Unternehmensmisserfolg . Die Schritte von der Geschäftsidee zur Realisierung Wichtige privatrechtliche Rechtsformen Mögliche Systematisierung von Standortkriterien Wie weit ist der Einzugsbereich des Standorts? Bewertungsschema Standorte Beschäftigungsverhältnisse Planungsmodule eines Businessplans Aufbau eines typischen Businessplans Ubersicht zu potenziellen Risiken Wichtige Meldepflichten Handelsregistereintragung Wege zum Unternehmenswachstum Marktstrategien und Investitionsaufwand Innovationen: Neu dem Grade nach Die Gestaltungsbereiche des Innovationsmanagements . Erfolgsversprechende Aktionsfelder mittelständischen Wirtschaftens Kooperationskonzepte im Vergleich Das merkmalsspezifische Konzept der Virtuellen Unternehmung Mögliche Synergie-Effekte durch Akquisitionen Verhandlungsspielraum beim Unternehmenskauf Mannesmann-Portfolio Ende der 60er und Ende der 90er Jahre Konzentration versus Diversifikation Die Diversifikation von Mannesmann 1995 -1998 Die Wahl der Diversifikationsform Outsourcing - Weg zur Reduzierung der Fertigungstiefe Quellen des wirtschaftlichen Wandels Venture-Wippe nach Servatius Gestaltungsmöglichkeiten des Venture Managements Β uy-Out-Konzepte Vor- und Nachteile verschiedener Beteiligungsformen. . Tangierte Bereiche der Unternehmensnachfolge Prozess der Nachfolgeregelung Phasen der Betriebsübergabe Krisenmerkmale

149

..

..

150 152 152 154 157 159 160 161 163 164 166 168 169 170 173 174 176 178 181 183 184 188 189

191 192 192 193 . . 194 197 198 199 200 . . 202 206 208 211 214

16

Abbildungsverzeichnis

Abb. 99 Abb. 100 Abb. 101 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

102 103 104 105 106

Konzept der Krisenursachen und Krisenstadien Genereller Prozess eines umfassenden Krisenmanagements Klassifikation des Krisenmanagements im engeren und weiteren Sinne Mögliche Träger des Sanierungsmanagements Von der Ursachenanalyse zur Sanierungsplanung Sanierungsprozess im Überblick Insolvenzeröffnungsverfahren Formen der Vermögensverwertung und -Verteilung

216 219 220 222 223 224 228 229

Abkürzungsverzeichnis % &

§

Abb. Abs. AG AKSI AktG AO Aufl. BA BBO BDI BDU BGB BIP BMWA BMWI Β PR BSC BWL bzw. ca. d.h. dar. DDR e.V. EDV EG EStG etc. EU Eurostat F&E f. ff. FuE GATT GbR GewO ggf·

Prozent und Paragraph Abbildung Absatz Aktiengesellschaft Arbeitskreises „Sanierung und Insolvenz" Aktiengesetzes Abgabenordnung Auflage Bundesagentur für Arbeit Belegschafts Buy-Outs Bundesverband der deutschen Industrie Bundesverband deutscher Unternehmenberater Bürgerliches Gesetzbuch Bruttoinlandsprodukt Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Business Process Reengineering Balanced Scorecard Betriebswirtschaftslehre beziehungsweise circa das heißt darunter Deutsche Demokratische Republik eingetragener Verein Elektronische Datenverarbeitung Europäische Gemeinschaft Einkommensteuergesetz etcetera Europäische Union Statistisches Amt der EU Forschung und Entwicklung folgende fortfolgende Forschung und Entwicklung General Agreement on Tariffs and Trade Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gewerbeordnung gegebenenfalls

18 GmbH GmbHG GWB Hartz II

HGB Hrsg. i. d. R. i.e.S. i.L. i.w.S. Ich-AG

ICM ICN IDW IfM IFO IHK InsO IPO IT KfW KG KMU KonTraG LBO LMBO M&A MAB MBI MBO MbO Mio. MIS Mrd. OHG PartG PartGG PIMS ROI

Abkürzungsverzeichnis

Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Von Peter Hartz erarbeitetes Konzept zur Reformierung des Arbeitsmarktes, welches den inzwischen gültigen gesetzlichen Regelungen zugrunde liegt. Handelsgesetzbuch Herausgeber in der Regel im engen Sinne in Liquidation im weiten Sinne Eine mehr euphemistische Bezeichnung für ein von einer Einzelperson aus der Arbeitslosigkeit heraus gegründetes und betriebenes Unternehmen, (auch als „Familien-AG" bezeichnet). Information und Communication Mobile Information and Communication Networks Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. Bonner Instituts für Mittelstandsforschung Institut für Wirtschaftsforschung München Industrie- und Handelskammer Insolvenzordnung Initial Public Offering Informationstechnologie Kreditanstalt für Wiederaufbau Kommanditgesellschaft Klein- und Mittelbetriebe Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Leverage Buy Out Leveraged Management Buy Out Mergers & Acquisitions (Unternehmenskäufe) Mitarbeiterbeteiligung Management Buy In Hier: Management Buy Out Management by objectives Millionen Management-Informationssystem Milliarden Offene Handelsgesellschaft Partnergesellschaft Partnergesellschaftsgesetz Profit Impact of Market Strategies Return on Investment

Abungsverzeichnis

Roi S. SE SEP SGB sog. SWOT TQM υ u. a. u.ä. U.S.W.

USA VCG vgl. VU z.B.

Return on Investment Seite Societas Europaea Spezifische Erfolgsposition Sozialgesetzbuch sogenannte Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats Total Quality Management Unternehmen unter anderem und ähnliche und so weiter United States of America Venture-Capital-Gesellschaften vergleiche Virtuelles Unternehmen zum Beispiel

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt 1.

Einführung in das Phänomen Wirtschaft

Jeder Mensch - unabhängig von seiner Stellung in der Gesellschaft - ist auf vielfältige Weise mit dem Phänomen verbunden, das allgemein „die Wirtschaft" genannt wird. Eng mit dem Begriff Wirtschaft sind Begriffe wie wirtschaftliche Entwicklung, Konjunkturzyklus, Bedürfnisse, Bedarf, Güter, Produktion, Verteilung, ökonomisches Prinzip (Wirtschaftlichkeitsprinzip), Angebot, Nachfrage, Haushalte, Unternehmen, Staat, Außenwirtschaft, Europäische Union (EU) usw. verbunden. In einer privaten Unternehmung geht es - rein ökonomisch betrachtet - darum, die Produktionsfaktoren nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip zu kombinieren und das erwerbswirtschaftliche Prinzip zu verfolgen. Dieses Prinzip stellt die eigentliche Triebfeder des unternehmerischen Handelns dar. Konkret bedeutet dies, dass ein Unternehmen nicht zum Selbstzweck eröffnet und betrieben wird, sondern zu dem Zweck, auf möglichst lange Dauer genügend Überschüsse (Gewinne) zu erwirtschaften. Die einem solchen Zweck verpflichtete „Unternehmenssicherung" kann i. d. R. nur dann erreicht werden, wenn sich das Unternehmen mit seiner Leistung und seinem Verhalten strategisch an den Erwartungen und Interessen der Anspruchsgruppen (Stakeholder) orientiert. Gegenstand unserer Betrachtung in diesem Kapitel ist, die Beziehungen von Unternehmen und Umwelt im weitesten Sinne aufzuzeigen. Der Zusammenhang zwischen Gründungen, Insolvenzen und Konjunktur wird dargelegt und die Differenziertheit der Unternehmenswelt (vom Einzelunternehmen zum Global Player) sichtbar gemacht. Abschließend werden die Rahmenbedingungen und Unterschiede von Klein- und Mittelunternehmen (KMU) sowie Großunternehmen diskutiert.

2.

Wesentliche Umwelteinflüsse auf die Unternehmen

Jedes Unternehmen (Organisation) wird durch seine (ihre) Umwelt bzw. Umweltfaktoren mitgeprägt. Aus der Handlungssicht der Unternehmen, ob in Brasilien, China, den USA, Deutschland oder in einem Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern, bedeutet dies, dass sie sich in einem Geflecht von Rahmenbedingungen und Beziehungen bewegen und diesen Rechung tragen müssen. Dies war vor 200 Jahren schon der Fall und gilt in verstärktem Ausmaße auch heute noch. Es ist Aufgabe der Unternehmensleitung, diese sich verändernden Bedingungen und Beziehungen zu beobachten und bei Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen.

22

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

Die Dynamik der Umwelt des Unternehmens kann aus drei Perspektiven betrachtet werden: • der systemischen Perspektive (Umsysteme) • der institutionellen Perspektive (Stakeholder) und • der problembezogenen Perspektive (Issues) (vgl. Thommen 2003, S. 19). Was bedeutet dies für die Unternehmen, ihre Strategie, Struktur und Kultur? Jedes Unternehmen sollte im Rahmen der Unternehmenspolitik sowie bei seinen Zielsetzungen die „Umwelteinflüsse" nicht außer Acht lassen. Kenntnisse über politisch-rechtliche, ökonomische, soziologische und ökologische Einflussgrößen (generelle, äußere bzw. globale Umwelt des Unternehmens) sowie über Macht und Einfluss der Konkurrenz, der Kunden usw. (spezielle, innere bzw. aufgabenspezifische Umwelt) sowie die Analyse von Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens sind nützlich, wenn nicht gar erforderlich, damit Prognose, Zielsetzung, Strategie, Detailplanung, Realisation und Kontrolle nicht im „luftleeren Raum" stattfinden, sondern an einer ausreichenden Anzahl „fester Punkte" ansetzen können.

Abbildung 1: Umweltfaktoren der Unternehmen und deren Einflussintensität

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwel t Abbildung 1 gibt einen Hinweis auf die zahlreichen Einflussfaktoren, differenziert nach der Einflussintensität, die bei unternehmerischen Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen sind. Während eine Organisation auf die generellen Umweltfaktoren bzw. Indikatoren höchstens mittelbar Einfluss nehmen kann, können die speziellen Umweltfaktoren des Marktes (Bezugs-, Interessen- oder Anspruchsgruppen) mehr oder weniger stark beeinflusst werden. Eine Differenzierung der zahlreichen Einflussfaktoren nach der Einflussintensität bezüglich des unternehmerischen Entscheidungsprozesses lässt sich allerdings nicht allgemein, sondern lediglich für das konkrete Unternehmen bzw. für ausgewählte Geschäftseinheiten vornehmen. Ein Ansatz zur Analyse und Handhabung der Beziehung „Systemteilnehmer der Unternehmung" ist das Stakeholder-Konzept (vgl. Thommen 2003, S. 13 ff.).

Abbildung 2: Anspruchsgruppen des Unternehmens und ihre Interessen

Anspruchsgruppen

Interne Anspruchsgruppen

Eigentümer (Prinzipal) • Kapitaleigentümer • Eigentümer-Unternehmer Management (Agent des Prinzipals) (Manager-Unternehmer)

Mitarbeiter

Interessen (Ziele) • Einkommen, Gewinn • Erhaltung, Verzinsung und Wertsteigerung des investierten Kapitals • Selbstständigkeit/Entscheidungsautonomie • Macht, Einfluss, Prestige • Entfaltung eigener Ideen und Fähigkeiten, Arbeit = Lebensinhalt • Einkommen (Arbeitsplatz) • Soziale Sicherheit • sinnvolle Betätigung, Entfaltung der eigenen Fähigkeiten, Umsetzung von Ideen • zwischenmenschliche Kontakte, Gruppenzugehörigkeit • Anerkennung, Status, Prestige

24

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

Anspruchsgruppen Fremdkapitalgeber

• sichere Kapitalanlage • günstige Konditionen • Vermögenszuwachs

Lieferanten

• stabile Liefermöglichkeiten • günstige Konditionen • Zahlungsfähigkeit der Abnehmer

Kunden

• qualitativ und quantitativ befriedigende Marktleistung • günstige Preise und Konditionen • Service

Konkurrenz

• Einhaltung fairer Grundsätze und Spielregeln der Marktkonkurrenz • Kooperationen auf branchenpolitischer Ebene

Staat und Gesellschaft • lokale und nationale Behörden • ausländische und internationale Organisationen • Verbände und Interessenlobbies aller Art • politische Parteien • Bürgerinitiativen • allgemeine Öffentlichkeit

• • • •

fl QJ & & = IH

ΟΧ ζ/3 Λ Ο Ρ U α ζ/3 fl fl U Χ tì

Interessen (Ziele)

• • •



Steuern Sicherung der Arbeitsplätze Sozialleistungen positive Beiträge an die Infrastruktur Einhalten von Rechtsvorschriften und Normen Teilnahme an der politischen Willensbildung Beiträge an kulturelle, wissenschaftliche Bildungseinrichtungen Erhaltung einer lebenswerten Umwelt

Ein Stakeholder ist demzufolge jede Person oder Institution, die einen Anspruch an ein Unternehmen hat, weil sie selbst oder Dritte durch das Handeln dieses Unternehmens direkt oder indirekt betroffen sind. Ob die Ansprüche tatsächlich gestellt (aktiver Anspruch) oder gestellt werden können (passiver Anspruch), ist dabei nicht relevant. Abbildung 2 zeigt die Anspruchsgruppen des Unternehmens und ihre Interessen, differenziert nach unternehmensinternen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Anspruchsgruppen sowie Anwaltsgruppen des Ökosystems.

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwel t

3.

25

Wirtschaftsschwankungen und unternehmerisches Handeln

Wirtschaftswachstum, Konjunktur und Wirtschaftskrise sind Phänomene, die real auftreten und wissenschaftlich betrachtet, Forschungsgebiete der Volkswirtschaftslehre sind. Es ist nicht erst seit Karl Marx bekannt, dass die wirtschaftliche Entwicklung von Industrienationen durch zwei grundsätzliche Erscheinungen geprägt ist: Einerseits durch eine nachhaltige Ausweitung und

Qualitätsänderung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität und andererseits durch periodisch wiederkehrende „Unstetigkeit", d. h. ein A u f und A b wirtschaftlicher Aktivität (= Konjunktur). Auch wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung (vgl. Arndt 1994, Schumpeter 1934) und die Wirtschaftsstruktur eines Staates bzw. eines Landes anhand von Daten wie Wachstum des Bruttosozialprodukts, Anzahl und Struktur der Bevölkerung usw. letztlich recht anschaulich darstellen bzw. messen lässt, so gestaltet es sich äußerst schwierig, den wirtschaftlichen Entwicklungsprozess in seiner Gesamtheit und Vielfalt zu erforschen und zu erläutern. Spätestens seit der Industrialisierungsphase können wir beobachten, dass die wirtschaftliche Entwicklung von Volkswirtschaften wirtschaftlichen Schwankungen (Konjunkturen, vgl. Baßeler/Heinrich/Koch 2002, S. 835 ff.; Bontrup 2004, S. 589 ff.) unterworfen ist. In Theorie und Praxis können grob vier Zeitreihen wirtschaftlicher Dynamik unterschieden werden:

• Die Saisonschwankungen bzw. kurzfristigen Schwankungen innerhalb eines Jahres: Beispielsweise die witterungsbedingte Schwankung der Produktionstätigkeit in der Baubranche bzw. i m Verkehrs- und Tourismusgewerbe; Feste, wie Ostern und Weihnachten, pflegen für eine Reihe von Branchen von Jahr zu Jahr wiederholende Umsatzrekorde auszulösen. • Der eigentliche Konjunkturzyklus: Er besteht aus einem Wechsel von Zeiten guter und schlechter Geschäftslage in einer Periode von vier bis zu zwölf Jahren. Aus den Konjunkturtheorien und empirischen Erkenntnissen wird ersichtlich, dass der Verlauf der konjunkturellen Wellenbewegungen von einer Reihe von Daten bestimmt wird, beispielsweise von der Einkommensverwendung (Konsum- und Spargröße), von der Investitionsrate, vom Beschäftigungsgrad, von der Höhe der Löhne und Gewinne, also der Verteilung des Volkseinkommens, aber auch vom Verhalten des Staates (z.B. von seiner Fiskalpolitik), wie auch von den außenwirtschaftlichen Beziehungen einer Volkswirtschaft. Der traditionelle Konjunkturzyklus wird üblicherweise in vier Phasen bzw. Teile zerlegt: Hochkonjunktur (Boomphase oberer Wendepunkt der Konjunktur), Abschwungs- oder Rezessionsphase, Krisen- oder Depressionsphase (unterer Wendepunkt der Konjunktur) und Aufschwungs- oder Expansionsphase (vgl. Abbildung 3). Grob schematisiert gleicht der Konjunkturverlauf einer Sinuskurve. Bei der Beschrei-

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt Abbildung 3: Die Phasen des Konjunkturzyklus

bung und Darstellung handelt es sich jedoch um ein stark vereinfachtes Schema des Konjunkturzyklus. Heute ist jedem bekannt, dass nicht jeder Konjunkturaufschwung zu Vollbeschäftigung und echter Prosperität führen muss. Spätestens seit John Maynard Keynes ist auch bekannt, dass kein gemeinsamer, synchron verlaufender internationaler Konjunkturzyklus existiert und dass aktive staatliche Konjunkturpolitik die Konjunktur glätten bzw. stabilisieren kann. • Die sogenannten langen Wellen: Die Theorie der „langen Wellen" - nach ihrem Entdecker auch Kondratiejf-Zyklen genannt - rechnet mit langfristigen Wachstumsprozessen und -Schwankungen in Zeitabschnitten von 50 bis 60 Jahren. Abbildung 4 zeigt die langen Konjunktur- und Innovationszyklen nach Kondratieff. • Der Trend: I m Gegensatz zu den ersten drei Zeitreihen mit periodisch wiederkehrenden Schwankungen handelt es sich beim Trend um eine langfristige Bewegung in eine bestimmte Richtung, um die Grundrichtung der Entwicklung. Dabei können verschiedene Größen (z.B. Bruttosozialprodukt, Investitionen, Beschäftigung) herangezogen werden, um daraus ein B i l d über die langfristige Entwicklung der Wirtschaft insgesamt zu erhalten.

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

27

Wie i m Zusammenhang mit den Innovationszyklen aus Abbildung 4 ersichtlich ist, haben sich i m Laufe von Jahrzehnten und Jahrhunderten die Bedürfnisse und Güter sowie ihre Struktur geändert, was sich u. a. anhand der Sektorenverschiebung in Deutschland nachvollziehen lässt. Bezogen auf Deutschland - dies gilt auch für viele andere „entwickelte" Staaten - kann als säkularer T r e n d die Entwicklung von der Agrar- über die Industrie- zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft konstatiert werden. In der langfristigen Entwicklung ist die primäre Produktion (Landwirtschaft) stark zurückgegangen, die sekundäre Produktion (Industrie) hat sich bis etwa 1970 anteilig weitgehend kontinuierlich erhöht und ist seither rückläufig. Dagegen wächst die tertiäre P r o d u k t i o n (Dienstleistungen) kontinuierlich weiter und macht heute den größten Anteil am Bruttosozialprodukt „reifer" Volkswirtschaften aus. In den letzten 200 Jahren wuchs nicht nur das quantitative Güterangebot, sondern auch die Produktarten und -Sorten sowie die Qualitäten der Güter nahmen zu bzw. änderten sich. In der heutigen sog. Wohlstandsgesellschaft sind es eben nicht nur lebensnotwendige Güter (bezogen auf alle drei Sektoren) die nachgefragt werden, sondern vermehrt auch sog. „Luxusgüter". M i t der Wohlstandsentwicklung hat vor allem die Nachfrage nach der Güterart „Dienstleistung" zugenommen. Allerdings zeigt sich außerdem, dass die Abbildung 4: Kondratieff-Zyklen - sogenannte lange Wellen der Wirtschaftsentwicklung Kondratieff - Theorie Horizont 200 Jahre Konjunktur (Wertzuwachs)

Übergang zur ca. 20 Jahre S T A G N A T I O N (Phase der Instabilität + Kreativität)

Dienstleistungs- und

ca. 30 Jahre A U F S T I E G (Phase der Stabilität + Effektivität)

Informations-

ca. 50 Jahre K O N J U N K T U R Z Y K L U S

gesellschaft ??

ca.20

ca.30

ca.20

ca.30

Pharmaindustrie . . (Chinm) ^ , . Lokomotive Telegraph

, Glühlampe „ ,. Turbine ^ , Telefon

Fotografie Elektromagnet „ , , , Tiegelschmelzverfahren

Dynamit

0 t t o m o t o r

A1

ca.20

ca.30

ca.20

Radar v

Neopren TV/Radio Kernreaktion

Laser Robotics

Aluminium Transformator

Elektronenmikroskop

Mikroprozessor

Katalytischer Cracker

Gentechnologie

Kunstdünger

Penicillin

bemannter Raumflug Sl-Solarzellen

Innovation (Ideenzuwachs) ca. 50 Jahre

Innovationszyklen ca. 50 Jahre

ca. 50 Jahre

ca. 50 Jahre

??

Dampfmaschine

Eisenbahn

Elektrotechnik

Automobil

Informationstechnik

Baumwolle

Stahl

Chemie

Petrochemie

Selbstlernende Systeme

bedeutender technologischer Wandel

28

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

Dreiteilung (Agrar-, Industrie- und Dienstleistungsgüter) zur Beschreibung von bestimmten Märkten nicht ausreicht und eigentlich eine differenzierte Betrachtung der Güterarten sowie der Wirtschaftsstruktur notwendig ist. Branchengrenzen „verwischen" immer mehr. Welche Produkte bzw. Dienstleistungen ein Unternehmen auf den Markt bringt und sich mit diesen i m regionalen, nationalen und internationalen Wettbewerb behaupten kann, hängt von vielen Umweltfaktoren ab. Allseits wird deshalb betont, dass die Entwicklung in der Unternehmenswelt in der jüngeren Vergangenheit mit einer zunehmenden Dynamik und Komplexität (steigende Wettbewerbsintensität, Internationalisierung, Technologiedynamik, Wertewandel usw.) verbunden ist. Kennzeichnend ist dabei, dass die Umweltveränderungen relativ überraschend erfolgen - d. h. Diskontinuitäten auftreten. Wie sich letztlich aber ein bestimmtes (einzelnes) Unternehmen entwickelt und welche Phasen es durchläuft, kann von vielen Ursachen abhängen. Es gibt Unternehmen, die mehrere Generationen überleben und andere, die sich nicht einmal ein Jahr auf dem Markt halten (können) und bereits kurz nach ihrer Gründung liquidiert werden (müssen). Die Entwicklung der Vitalität eines Unternehmens lässt sich dabei durchaus i m Zeitablauf strukturieren, wobei man - je nach Art der Abgrenzung - mehrere „Lebensphasen" unterscheiden kann: ζ. B. Konzeption - Realisierung - Reife - Optimierung - Alterung und Überalterung oder Gründung - Wachstum - Reifung - Fusion - Schrumpfung und Liquidation. Generell kann jedoch festgestellt werden, dass unternehmerisches Agieren in allen Phasen des Konjunkturzyklus stattfindet. Gründungen und Pleiten sind ständige Begleiter der kurz-, mittel- und langfristigen wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes. Dennoch - oder gerade deswegen - erhebt sich die Frage, ob ein empirischer Zusammenhang zwischen Konjunktur, Gründungen und Insolvenzen besteht, und wenn ja, wie er sich qualitativ und quantitativ charakterisieren lässt.

4.

Unternehmen „leben" nicht ewig

Zwar können wir festhalten, dass i m Trend über die Jahrzehnte ein Wirtschaftswachstum zu verzeichnen ist. Daraus folgt jedoch nicht notwendig, dass (einzelne) Unternehmen ewig „leben". Gibt es also einen Zusammenhang zwischen Konjunkturverlauf, Gründungen und Insolvenzen? Diverse exogene Faktoren beeinflussen den Konjunkturverlauf und spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle i m Rahmen des Unternehmens-Lebenszyklus. Sowohl für den Existenzgründer als auch für den gestandenen, seit Jahren am Markt mit seinem Unternehmen etablierten Unternehmer ist es von enormer Bedeutung sich einen genauen Überblick über diese exogenen Fak-

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt toren zu verschaffen. Sogenannte Frühindikatoren (z.B. Auftragseingänge, Investitionen) kündigen in groben Zügen den zukünftigen Konjunkturverlauf an. M i t Erhebungen und Veröffentlichungen wie ζ. B. dem regelmäßig ermittelten IFO-Geschäftsklimaindex, den Untersuchungen der Creditreform zur „Wirtschaftslage und Finanzierung i m Mittelstand" und den Gutachten des Sachverständigenrats zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Lage, soll dazu beigetragen werden, die Richtung der zukünftigen Wirtschaftsentwicklung aufzuzeigen. Preise, Löhne, Gewinne und die Arbeitslosenquote sind eher Spätindikatoren der Konjunktur. Es ist davon auszugehen, dass in Zeiten von gesamtwirtschaftlich prägenden Innovationen (ζ. B. Informationstechnik, Multimedia) der Anreiz grundsätzlich größer ist, Investitionen und Neugründungen zu tätigen. Allerdings sind, wie später noch aufgezeigt wird, die Motive von Pionier-Unternehmen bzw. Existenzgründern vielfältig. Ferner kann unterstellt werden, dass eine gute Konjunktur, die Erwartung, Gewinne zu machen, günstige Rahmenbedingungen sowie ein „gründerfreundliches" K l i m a in einer Gesellschaft Gründungen von Unternehmen durchaus begünstigen können. So ist beispielsweise i m Bericht der Creditreform zu lesen: „ D i e schwache Konjunktur hat Gründeraktivitäten in Deutschland gebremst. Die Zahl der Unternehmensneuanmeldungen der Gewerbe- und Handelsregister nahm von 384.000 (1. Halbjahr 2002) auf aktuell 370.000 ab" (Creditreform 2003, S. 29). I m Verlauf der letzten rund 200 Jahre hat es in Deutschland mehrere Gründerwellen und Pleitewellen gegeben. Erwähnt seien hier, ohne auf „Brüche" in der Statistik (gesetzliche Änderungen Mitte der 70er Jahre) einzugehen, nur einige Eckdaten: Die Gründerjahre, die Jahre der Weltwirtschaftskrise (1931: 28.000 Unternehmensinsolvenzen i m Deutschen Reich), die Jahre des „Wirtschaftswunders" ( 1 9 5 5 - 1 9 6 2 ) , die 1. Ölkrise 1974 und die 2. Ölkrise zu Beginn der 80er Jahre, die Periode vor und kurz nach der Wiedervereinigung, die Rezession ab 1993, unterbrochen durch einen kurzen Gründerboom i m Zuge der „ N e w Economy" und gleich darauf folgend der Einsturz des „Neuen Marktes" sowie schließlich die aktuell durch die sogenannten „IchA G s " und Gründerinitiativen in Gang gesetzte neue Gründerwelle (vgl. Creditreform 2004, S. 28 f.). Unternehmensgründungen waren und sind in der Regel mittelständisch geprägt. Aber auch Insolvenzen treffen eher die „ K l e i nen" als die „Großen". Fragt man nach dem quantitativen Zusammenhang von Gründungen, Insolvenzen und Löschungen in den letzten Jahren in Deutschland, so lässt sich diese Frage (auch unter Zugrundelegung von verfügbarer statistischer Daten) nicht eindeutig beantworten. A l l e i n schon deshalb nicht, da eine bestimmte Zahl noch nichts über Qualitäten und Bedeutung aussagt. Vor allem bei Interpretationen von Unternehmensneugriindungszahlen ist Vorsicht geboten. Nicht jede Neuanmeldung eines Gewerbes entspricht einer „echten" Betriebsgründung. Hinter Gewerbeanmeldungen verbergen sich oftmals Kleinst-

30

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

betriebsgründungen, also klassische „Ein-Personen-Unternehmen" wie Freiberufler oder Nebenerwerbstätige. Einer Studie der Deutschen Ausgleichbank zufolge war 2002 jede zweite Unternehmensgründung in Deutschland eine Nebenerwerbstätigkeit (vgl. Creditreform 2003, S. 31). Betrachtet man die Abbildung 5, so fällt der sprunghafte Anstieg der Gewerbeanmeldungen i m Jahre 2003 auf. Trotz nicht vorhandenen Wirtschaftswachstums stieg die Zahl der Gewerbeanmeldungen in diesem Jahr überdurchschnittlich stark an ( + 1 2 % gegenüber Vorjahr). Offensichtlich ist dies nicht der Konjunktur geschuldet, sondern eine Folge der veränderten politischen Rahmenbedingungen, verbunden mit den Arbeitsmarktreformen des Hartz-Konzeptes (Hartz II) sowie den Regelungen hinsichtlich der sogenannten „ I c h - A G " . Vergleichbar der Reaktion des Arbeitsmarktes, stellen Insolvenzen eher einen (typischen) Spätindikator des konjunkturellen Geschehens dar. Sie folgen der konjunkturellen Entwicklung mit einer gewissen Verzögerung. A l l gemein werden unter Insolvenzen Unternehmenszusammenbrüche bzw. „Pleiten" verstanden. Definitorisch und statistisch betrachtet sind Insolvenzen aber weiter zu fassen: „Insgesamt wurden 2003 von den Gerichten 100.723 Insolvenzfälle gemeldet. Davon entfielen 39.320 auf Unternehmen (+ 4,6 % gegenüber 2002), 33.609 auf Verbraucher ( + 5 7 % ) , 25.401 auf ehemals selbstständig Tätige und Gesellschafter (+ 10%) und 2.393 auf Nachlassinsolvenzen (+ 1,1 %) (Statistisches Bundesamt 2004, S. 5). Die Insolvenzen klettern in den letzten Jahren beträchtlich und bedeuten einen finanziellen Schaden für die Volkswirtschaft (Verlust von Arbeitsplätzen, Vernichtung von Vermögen). In Abbildung 6 werden das Wirtschaftswachstum (Bruttosozialprodukt in konstanten Preisen) und die Unternehmensinsolvenzen von 1951 bis 2003 gegenübergestellt. Legt man zugrunde, dass Zahlungsunfähigkeit, drohendende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, Anmeldungs- und Eröffnungsgründe für Insolvenzfahren darstellen, so ist bei den Unternehmenspleiten eine noch engere Beziehung zur Konjunktur, vor allem bezogen auf Krisenzeiten und Strukturkrisen, zu vermuten. Von einem antizyklischen Verlauf der Insolvenzen kann aber nicht gesprochen werden: „Nach dem Aufschwung in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung der deutschen Einheit geriet die deutsche wirtschaftliche Entwicklung 1993 in eine Rezession. Diese Schwäche blieb nicht ohne Folgen für die finanzielle Situation deutscher Unternehmen. Die Zahl der Unternehmenszusammenbrüche stieg 1993 um knapp 4 0 % . Die anhaltenden Strukturprobleme auf dem Arbeitsmarkt erwiesen sich als Beschäftigungs- und Wachstumsbremse. Es kam zu weiterhin zweistelligen Zunahmen der Unternehmensinsolvenzen. Erst gegen Ende der 90er Jahre kam es zu einer leichten Erholung der deutschen Wirtschaft, die sich in einem Rückgang der Insolvenzen

1997

-1

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1998

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1999

J

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2000

|J~

^

2001



2002

Π

2003

1999

1998

1996

213 305 755 172 728 978 723 333

780 935 2000 2001 2002

177 635

184 025

161233 199 994

163 425

132 674

137 002

409 779 148 887

Übernähme4)

405 193

399 871

32 796 400 701

33 038

37 209

37 717

125 055 36 730

103 296

107 365

117 747

129 638 130 545

30 701

24 307 | 126 534

432 505

432 587

158 418

165 370 | 411962

210 091

215 207

802 935

811377

1997

780 013 | 217 210

Anzahl

Zuzug

"Veränderung des BIP (in Preisen von 1995) gegenüber dem Vorjahr in %, 2> Veränderung der Zahl der Gewerbeanmeldungen gegenüber dem Vorjahr in %, 3) Ohne Automatenaufsteller und Reisegewerbe, 4) Ζ. B. Kauf, Pacht, Erbe, Rechtsformänderung (zugrunde liegende Daten entnommen aus: „Deutschland in Zahlen - 2004", Institut der deutschen Wirtschaft Köln, S. 17 und aus „Insolvenzen in Deutschland 2003", Statistisches Bundesamt, S. 45); Quelle für die Gewerbeanmeldungen: Statistisches Bundesamt

0

10

*

• Gewerbeanmeldungen • Bruttoinlandsprodukt

tätigkeit

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W i r t s c h a f t s w a c h s t u m 1 ) und

Betriebsgründung j zusamdar.: τι * men Haupt., nieder, lassung

G e w e r b e a n m e l d u n g e n 2) in D e u t s c h l a n d

insgesamt

Gewerbeanmeldungen3)

oder einer Neben-

Jahr

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

31

Abbildung 5: Wirtschaftswachstum und Gewerbeanmeldungen in Deutschland 1996-2003

32

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt von Unternehmen um 5 % widerspiegelte. Aber die Phase der konjunkturellen Abkühlung hatte zur Folge, dass die Unternehmensinsolvenzen wieder zweistellig zunahmen. Die Stagnation der deutschen Wirtschaft hielt auch 2003 noch an, führte jedoch nur noch zu einem leichten Anstieg der Unternehmenszusammenbrüche 4 ' (Statistisches Bundesamt 2004, S. 34.)

Vor dem Hintergrund der Diskussion um Unternehmens-Lebenszyklen und des Managements der Unternehmensentwicklung spielt der Aspekt, wie viele Jahre nach der Gründung ein Unternehmen pleite geht, eine wichtige Rolle. Zahlreiche Unternehmensgründungen überleben offensichtlich die ersten Jahre schon nicht, wie den Angaben des Statistischen Bundesamtes zu entnehmen ist: „ B i s 1998 wurden vor allem jüngere Unternehmen, also Unternehmen, die vor weniger als acht Jahren gegründet worden waren, insolvent. A u f die Insolvenz eines älteren Unternehmens kamen fast vier Insolvenzen jüngerer Unternehmen. In den letzten Jahren hat der Anteil der älteren Unternehmen deutlich zugenommen. I m Jahr 2003 war die Relation noch 2 zu 3. Knapp 30 % aller betroffenen Unternehmen mit Altersangaben bestanden 2003 zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags höchstens 3 Jahre, etwa ebenso viele 4 bis unter 8 Jahre. Die übrigen 40 % waren vor 1996 gegründet worden 4 ' (vgl. Statistisches Bundesamt 2004, S. 18).

5.

Kennzeichen der Wirtschaft: Unternehmens Vielfalt

Deutschlands Unternehmenslandschaft ist durch Einzelunternehmungen, Familienunternehmen, Klein- und Mittel- sowie Großbetriebe einschließlich unterschiedlicher Formen von Unternehmenszusammenschlüssen (Kooperationen, Konzerne), die auf begrenzte oder unbegrenzte Dauer ausgelegt sind, charakterisiert. Die Wirtschaft ist also durch eine Unternehmensvielfalt gekennzeichnet.

5.1

Unternehmen gleich Betrieb?

Das Realphänomen „Unternehmen" (vielfach gleichgesetzt mit Unternehmung und Betrieb) beschäftigt Vertreter unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen. V o m Standpunkt der Wissenschaft bzw. Theorie kann eine Menge von Sachverhalten herangezogen werden, die unter dem Gattungsnamen „ U n ternehmung" zusammengefasst werden können. Bei dem Terminus Unternehmung oder Unternehmen handelt es sich zunächst um einen umgangsprachlichen Begriff, „dessen Grenzen verwischen und dessen Kern unscharf

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

33

Abbildung 6: Konjunkturverlauf und Unternehmensinsolvenzen 1951-2003 Wirtschaftswachstum und Unternehmensinsolvenzen • Veränderung des BIP* mZu-/ Abnahme an Unternehmensinsoluenzen %

* Bis 1990 nur altes Bundesgebiet (ohne Berlin-Ost), ab 1991 einschließlich neuer Bundesländer und Berlin-Ost. Quelle: Statistisches Jahrbuch 2004, S. 728 f.. Statistisches Bundesamt: „Entwicklung der Insolvenzen", 2004

schillert" (Schneider 1997, S. 1). Je nach Sichtweise und Abgrenzung bildet einmal das Unternehmen und ein anderes mal der Betrieb den Oberbegriff (Hüttner/Heuer 2004, S. 7). Bezogen auf die begriffliche Abgrenzung von Unternehmen und Betrieb können folgende grundsätzliche Aussagen getroffen werden: • Zunächst sei festgehalten, dass in der Wirtschaftspraxis in der Regel das Unternehmen als größere Wirtschaftseinheit gesehen wird, wobei mehrere Betriebe eine „Unternehmung" bilden können. Vielfach findet allerdings eine synonyme Anwendung der Begriffe statt. • In der Wirtschaftspraxis finden wir unterschiedliche Formen der Produktion, des Angebots, der Bereitstellung und des Verkaufs von Gütern (Sachgütern und Dienstleistungen). Kleinstbetriebe (ζ. B. Gemüsehändler) sowie Großbetriebe (ζ. B. Volkswagen A G ) sind von (mindestens) drei Seiten mit dem Wirtschaftskreislauf verbunden, und zwar mit den Beschaffungs- und Absatz- sowie den Finanzmärkten. Zurecht wird deshalb von H. Ulrich „die U n t e r n e h m u n g als produktives soziales System" charakterisiert (Ulrich 1968). Denn, wie bereits dargelegt, agiert ein Unternehmen nicht isoliert, sondern hat i m Rahmen seiner Unternehmenspolitik und -führung

34

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

eine Vielzahl von Umweltfaktoren zu berücksichtigen, um erfolgreich zu sein. • I m weitesten Sinne handelt es sich also bei einem Unternehmen um eine wirtschaftliche Einheit, die der zielbewussten Produktion von Gütern durch die Kombination von Produktionsfaktoren i m weitesten Sinne (Boden, Arbeit, Kapital, Informationen) dient (im Unterschied zum Haushalt als Konsumeinheit) und in die „ U m w e l t " oder das „Umsystem" eingebettet ist. • Die amtliche Statistik kennt daneben örtliche Einheiten, auch in der Arbeitsstättenverordnung als Arbeitsstätten bezeichnet. • Eine weitere übliche Differenzierung ist die in „juristische" Einheiten, die mit den Begriffen Rechts- und Unternehmensformen belegt werden. Während die Rechtsform rein die juristische Fassung, sei es des Privatrechts oder des Öffentlichen Rechts, bezeichnet, soll der Begriff der Unternehmensform dagegen den Einfluss wirtschaftlicher Überlegungen zum Ausdruck bringen. M i t beiden Begriffen wird ein System rechtlicher Regelungen verbunden, mit dem die Beziehungen zwischen Eigentümern und Betrieb, zwischen Betrieb und Außenstehenden sowie zwischen den Eigentümern untereinander festgelegt werden. Unternehmen sind ohne Zweifel komplexe Gebilde, die einem ständigen Wandel unterliegen. Einen Weg der aktiven Gestaltung der Unternehmensentwicklung bilden dabei sogenannte Unternehmenszusammenschlüsse.

5.2

Unternehmenszusammenschlüsse und Fusionsfiber

In der Wirtschaft lassen sich unterschiedliche Formen der Kooperation und Konzentration sowie des Wachstums von Unternehmen beobachten. Abbildung 7 unternimmt den Versuch, den Begriff des Unternehmenszusammenschlusses (mitunter wird auch von Unternehmens- oder Betriebsverbindung gesprochen) abzugrenzen (Hüttner/Heuer 2004, S. 151). Maßgeblich für die Differenzierung zwischen Kooperation und Konzentration ist der Einfluss auf die wirtschaftliche und rechtliche Selbstständigkeit einer Unternehmung. W i r d auf vertraglichem Wege nur die wirtschaftliche Handlungsfreiheit in begrenztem Umfang eingeschränkt, so liegt eine Kooperation vor. Als Kooperationsformen seien die stillschweigende Kooperation (abgestimmtes Verhalten), die Interessengemeinschaft, das Konsortium (Arbeitsgemeinschaften), Kooperation i m engeren Sinne (ζ. B. freiwilliger Zusammenschluss mittelständischer Unternehmen) und das Kartell (vertragliche Zusammenschlüsse von Unternehmen zum Zwecke der Wettbewerbseinschränkung) erwähnt. Von Konzentration i m engeren Sinne spricht man, wenn eine weitgehende Aufgabe der wirtschaftlichen und darüber hinaus eventuell auch

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

35

noch der rechtlichen Selbstständigkeit erfolgt, und zwar über externes Wachstum (Unternehmenskauf). Bei Einbeziehung des internen (disproportionalen) Unternehmenswachstums kann von Konzentration im weiteren Sinne gesprochen werden. Abbildung 7: Kooperation, Konzentration und Wachstum Unternehmenszusammenschlüsse Kooperationen (i.w.S.) externes Wachstum = Konzentration i.e.S.

internes Wachstum disproportional proportional

Konzentration i.w.S. Unternehmenswachstum

Die Gründe für Unternehmenszusammenschlüsse sind vielfältig. Neben den auf die einzelnen betrieblichen Funktionen (Beschaffungs-, Produktions-, Absatzbereich usw.) gerichteten Zielen können auch solche steuerlicher oder sonstiger Art (ζ. B. Betriebsvergleiche) vorliegen. Im konkreten Fall wird der Anstoß zu einer Unternehmensverbindung häufig nicht von einem einzigen Motiv bewirkt werden, sondern durch ein Bündel von Teilzielen. Dementsprechend gibt es sehr verschiedene Formen der Kooperation und Konzentration. Abbildung 8 zeigt wesentliche Unternehmenszusammenschlüsse im Überblick. Zu den Konzentrationsformen zählen u.a. Gemeinschaftsunternehmen, der Konzern und die Fusion (Verschmelzung). Kooperations- und Konzentrationsformen besitzen einen zentralen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Typische Kooperationsvereinbarungen, die in der Praxis Bedeutung haben, sind z.B. Rationalisierungsvereinbarungen (§ 5 Abs. 2 bzw. Abs. 3. GWB/Gtsetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen), Spezialisierungsvereinbarungen (nach § 5a Abs. 2 GWB) und mittelständische Kooperationen (nach § 5b GWB). Zweck der Zusammenschlüsse ist bei den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der wirtschaftliche Vorteil oder die Risikominimierung. Bei Großunternehmen spielen auch andere Überlegungen eine große Rolle (z.B.Macht, Einfluss). Mit konstitutiven Unternehmensentscheidungen wie der Wahl der Rechts- bzw. Unternehmensform, der Standortwahl, der Organisation oder auch diverser Formen von Unternehmenszusammenschlüssen wollen wir uns näher in den entsprechenden Phasen des Unternehmens-Lebenszyklus beschäftigen. So ist beispielsweise die Wahl der Rechtsform und des Standortes vor allem für die Vorbereitung der Gründung und die Gründungsphase relevant.

36

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

Abbildung 8: Formen von Zusammenschlüssen

Konzentrationsformen

Kooperationsformen

• Gemeinschaftsunternehmen • Konzern • Eingliederung • Fusion (Verschmelzung)

• Stillschweigende Kooperation/abgestimmtes Verhalten • Interessengemeinschaft • Konsortium • Partizipation • Kooperation i.e.S. • Kartell • Vereine • Wirtschaftsverbände (ζ. B. BDI: Bundesverband der Deutschen Industrie) In gewisser Weise können auch Vereine und Verbände zu den Kooperationsformen gezählt werden, da sie freiwillige Zusammenschlüsse von Unternehmen zwecks gemeinschaftlicher Erfüllung bestimmter betrieblicher Teilaufgaben (Interessenvertretung, Öffentlichkeitsarbeit, Informationssammlung usw.) darstellen.

5.3

Vielzahl von Unternehmenstypen prägt die Wirtschaft

Am gesamtwirtschaftlichen Leistungsprozess ist eine Vielzahl von Unternehmen in unterschiedlicher Weise beteiligt. Oder anders ausgedrückt: Das Unternehmen als eine organisatorisch-rechtliche Einheit zur Verfolgung wirtschaftlicher und sonstiger Ziele, kommt in der Wirtschaftspraxis in vielfältigen Erscheinungsformen vor. Es gibt eine große Anzahl von Einzelunternehmen und Selbstständigen, kleinen und großen Unternehmen bis hin zu sog. „Virtuellen" Unternehmungen (Ringle 2/2004, S. 21 ff.). Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, dass im Zuge der fortschreitenden europäischen Zusammenarbeit auch das Bedürfnis nach supranationalen Unternehmensrechtsformen entsteht. Lange wurde über die Einrichtung einer „Europäischen Aktiengesellschaft" (Societas Europaea - SE) diskutiert, die zum 8. Oktober 2004 in kraft getreten ist (vgl. Theisen/Wenz 2002). Das Gebilde Unternehmen kann nach unterschiedlichen Kriterien differenziert werden. In der Literatur wird beispielsweise die Typenbildung in fünf verschiedenen Formen diskutiert: Typologie der Rechtsform, Typologie der

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

37

Branchen, Typologie der Größe, Typologie von Standortcharakteristika und Typologie von Unternehmensverbindungen (vgl. Abbildung 9). Abbildung 9: Mögliche Unterscheidungskriterien für Unternehmen

6.

Dominanz der Konzerne oder Renaissance des Mittelstands?

Wie dargelegt, waren in Deutschland in den letzten rund 200 Jahren zum einen Gründerwellen und Pleitewellen zu beobachten und zum anderen vollzog sich gleichzeitig bei den Unternehmen der Prozess in Richtung Konzentration und Kooperation von Wirtschaftseinheiten. Sogenannte transnationale und multinationale Unternehmungen mit großer ökonomischer Macht und mit viel Einfluss prägen heute die Unternehmenslandkarte. Nicht zuletzt das sogenannte „Fusionsfiber" seit den 80er Jahren hat die Bildung von Konglomeraten bzw. Konzernen weiter befördert. Aber trotz stetig stattfindender Konzentrationsprozesse gibt es weiterhin einige „Familienunternehmen" bzw. „Familiendynastien", die hundert und mehr Jahre überdauert haben. Oftmals ist jedoch eine trennscharfe Unterscheidung zwischen großen Familienunternehmen und Konzernen einerseits und dem Mittelstand andererseits kaum möglich. Dieser Prozess hat allerdings noch nicht zum prognostizierten „Aussterben" der K M U geführt. Sie bilden auch heute noch das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. In den USA erweisen Veröffentlichungen dem „small business" seit längerer Zeit schon Referenz. „Listen von den 500 besten Klein- und Mittelbetrie-

38

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

ben - sowohl mit den höchsten Wachstumsraten als auch mit den höchsten Gewinnen - werden veröffentlicht. Danach entdecken Großunternehmen, dass sie viele Qualitäten des Kleinbetriebes übernehmen müssen, um in der sich ändernden Marktsituation wettbewerbsfähig sein zu können" (Zander 1995, S. 10 und 14). Aber auch in Deutschland wird dem Mittelstand zusehends mehr Bedeutung geschenkt. Gelegentlich wird auch von der „mittelständischen Renaissance4' (vor allem bezogen auf die neuen Bundesländer) gesprochen. Der Mittelstand wird von der Wissenschaft durch Publikationen (vgl. Biallo 1993, Gruhler 1994, Simon 1996) hervorgehoben, immer mehr von der Gesellschaft anerkannt und nicht zuletzt sprechen auch die konkreten Zahlen eine deutliche Sprache. Unter anderem vor diesem Hintergrund beschäftigen sich in den letzten Jahren die Politiker aller Parteien und die Medien verstärkt mit den Fragen von Klein- und Mittelbetrieben. Zweifelsohne hat der Mittelstand in Deutschland, d. h. die Gesamtheit der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der Freien Berufe, eine gesellschafts- und ordnungspolitische Bedeutung und leistet einen Beitrag für die Wettbewerbskraft und Anpassungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Stark zugespitzt formuliert Horst Albach sogar: „Das Thema ,Die Bedeutung mittelständischer Unternehmen für die Marktwirtschaft 4 ist dazu angetan, uns von vornherein auf die falsche Fährte zu locken. Die mittelständischen Unternehmen sind die Marktwirtschaft 44 (nach Gruhler 1994, S. 91).

6.1

Definitions versuche von K M U und Großunternehmen

Trotz einer Vielzahl von Definitionsversuchen existiert bis heute noch keine einheitliche Sprachregelung darüber, was unter „kleinen und mittleren Unternehmen" oder dem „Mittelstand" zu verstehen ist. Bei den Abgrenzungsversuchen bzw. der begrifflichen Kennzeichnung des mittelständischen Unternehmens werden diverse qualitative und quantitative Kriterien herangezogen. Prinzipiell kann die Definition an einem einzelnen Kriterium oder an mehreren Kriterien vorgenommen werden. Aus der Reihe von Kriterien, die als typisch für mittelständische Unternehmen gelten und den qualitativen Kriterien zugerechnet werden können, wird relativ übereinstimmend die Personenbezogenheit bzw. die enge Verbindung zwischen Unternehmen und Inhaber genannt. Als zentrale Merkmale, die diese Verbindung idealtypisch dokumentieren, können angesehen werden: • Einheit von Eigentum und Haftung: Das Unternehmen befindet sich i m Eigentum einer Person oder einer kleinen Personengruppe, d. h., dass eine Einheit von wirtschaftlicher Existenz der Inhaber und deren Unternehmen gegeben ist.

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt • Entscheidende Erwerbsquelle: Das Unternehmen ist die alleinige oder zumindest entscheidende Erwerbsquelle für die Eigentümer. • Leitungsverantwortung: Der oder die Eigentümer sind maßgeblich für die Leitung des Unternehmens und alle unternehmensrelevanten Entscheidungen verantwortlich. • I n der Regel Konzernunabhängigkeit: Aus den obigen Merkmalen kann auf ein weiteres notwendiges Kriterium geschlossen werden, nämlich die völlige, zumindest aber weitgehende Konzernunabhängigkeit (vgl. Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. 1995, S. 10). Obwohl eine Abgrenzung mittelständischer Unternehmen anhand qualitativer Kriterien nur schwer vorgenommen werden kann, wird in der Literatur zurecht kritisiert, dass die ausschließliche Verwendung quantitativer Kriterien zu einer Vernachlässigung von Brancheneinflüssen, zur Vortäuschung einer trennscharfen Unterscheidungsgrenze sowie zur ungerechtfertigten Kennzeichnung der mittelständischen Unternehmen lediglich als „kleine Großunternehmen" führt. Vor diesem Hintergrund wird in der Literatur diskutiert, die rein quantitative Abgrenzung durch qualitative Kriterien zu ergänzen oder gar zu ersetzen (vgl. Daschmann 1994, S. 50 f., Bontrup 3/1999, S. 103 ff.). In einer vom Bundesminister für Wirtschaft herausgegebenen Studie ist i m Hinblick auf die quantitative Abgrenzung folgende einleitende Passage zu finden: „Aus quantitativer Sicht beschreibt der Begriff wirtschaftlicher Mittelstand4 über alle Branchen hinweg die Gesamtheit von Unternehmen und Freien Berufen, soweit sie eine bestimmte Größe nicht überschreiten. Die Identifikation dieser bestimmten Unternehmensgröße wirft allerdings in der Regel einige Probleme auf, da man einen geeigneten Größenindikator benötigt4' (Kayser/Hauser 1993, S. 1). Bei den quantitativen Abgrenzungskriterien steht meistens die Erfassung der Unternehmens- oder Betriebsgröße i m Mittelpunkt. Herangezogen werden Kriterien wie Mitarbeiterzahl, Umsatz, Wertschöpfung, Marktanteil, Bilanzsumme oder Gewinn. Solche Kennzahlen haben den Vorteil, dass sie

Messbarkeit und statistische Handhabbarkeit gewährleisten und so Vergleiche ermöglichen (vgl. Daschmann 1994, S. 50). Die wohl gebräuchlichste quantitative Abgrenzung des Mittelstandes in Deutschland stellt die Arbeitsdefinition des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) dar. Als Kriterien dienen die Beschäftigtenzahl und der Jahresumsatz.

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Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

Unternehmensgröße Klein Mittel Groß

Jahresumsatz in Euro unter 1 M i o . Euro 1 - 5 0 M i o . Euro über 50 M i o . Euro

Beschäftigte bis 9 10-499 500 und mehr

Hierbei handelt es sich allerdings eher um eine allgemeine Definition zur Grobstrukturierung von Unternehmen und zur ersten Abgrenzung des Mittelstandes in Deutschland. Für gesetzliche Erfordernisse (z.B. Rechenschaftslegung prüfungspflichtiger Unternehmen nach Handelsrecht) und konkrete Politiken (z.B. Förderprogramme) werden durchaus unterschiedliche Definitionen herangezogen und wirtschaftszweigbezogene Differenzierungen vorgenommen (vgl. Zdrowomyslaw/Dürig 1999, S. 8 ff.). Vor allem die M i t t e l standspolitik kommt bei der Gestaltung des Rechtsrahmens bzw. i m Rahmen bestimmter Förderprogramme nicht ohne unternehmensgrößenspezifische Regelungen aus. So gelten in der Mittelstandsförderung der Bundesregierung teilweise voneinander abweichende Definitionen, die sich an den Zielen der jeweiligen Maßnahme orientieren sowie zum Teil unterschiedliche Grenzziehungen nach Wirtschaftszweigen aufweisen. Es existieren u. a. Abgrenzungen für das öffentliche Auftragswesen, für die FuE-Förderung, für KfW-Programme, für die Beratungsförderung des Bundes und für das Wettbewerbsrecht (ausführlich in: Kayser/Hauser 1993, S. 5 ff.). Auch in den F ö r d e r p r o g r a m m e n der Europäischen U n i o n (EU) liegt eine Vielzahl von Abgrenzungen vor, die sich an der Beschäftigten- und Umsatzzahl sowie anderen Kriterien orientiert. Zu differenzieren ist u. a. zwischen der EU-Statistik und der EU-Beihilfenkontrolle (vgl. Abbildung 10).

Abbildung 10: Betriebsgrößenklasseneinteilung (EU)

Die EU-Statistik nimmt eine Aufteilung in folgende Betriebsgrößenklassen vor: Beschäftigte:

bis 9

Mikrobetriebe

Beschäftigte:

10-99

Kleine Betriebe

Beschäftigte:

100-499

Mittlere Betriebe

Für die EU-Beihilfenkontrolle gelten die folgenden Abgrenzungen: Beschäftigte bis 250 und entweder Jahresumsatz bis 20 M i o . Euro oder Bilanzsumme bis 10 M i o . Euro sowie Beteiligungen von Großunternehmen bis 25 %

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

41

M i t ihrer Größenklassenbildung orientiert sich die E U an der Definition der Mehrzahl der Mitgliedstaaten, die unterhalb der in Deutschland gebräuchlichen Größenklassen liegt. Das Statistische A m t der E U (Eurostat) veröffentlicht regelmäßig einen statistischen Bericht über den Mittelstand in der Gemeinschaft. Dabei beschränkt sich die Institution auf eine rein an der Zahl der Beschäftigten orientierten Definition. Als obere Grenze benutzt Eurostat den Wert von 500 Beschäftigten. Betriebe bis 9 Beschäftigte werden als Mikrobetriebe und Betriebe mit 10 bis 99 Beschäftigten als Kleinbetriebe bezeichnet. Den Mittelstand bzw. die K M U siedelt Eurostat i m Betriebsgrößenbereich zwischen 10 und 499 Beschäftigten an. Bei allen quantitativen Abgrenzungen des Mittelstands sollte aber nicht übersehen werden, dass die Verwendung der Begriffe „Familienunternehmen" und „Mittelstand" keineswegs synonym verwendet werden darf. „ D i e Bezeichnung ,Mittelstand 4 führt zu Missverständnissen, weil eine Vielzahl kleiner Tochtergesellschaften von Konzernen die größenabhängigen Merkmale des Mittelstandsbegriffs erfüllen und andererseits große Unternehmen, wie beispielsweise Freudenberg, Eckes, Oetker, Miele, Melitta, nicht zum Mittelstand gezählt werden, obwohl sie zweifelsohne Familienunternehmen sind" (Hennerkes 1999, S. 22). Dass die Problematik der Abgrenzung des Mittelstandes auch in Zukunft stark diskutiert werden wird, zeigt sich auch daran, dass mittlerweile in der L i teratur von einem „Neuen Mittelstand" gesprochen wird. Er besteht aus vielfältig unternehmerisch handelnden Einheiten, die aus einer umfassenden Dezentralisation und Öffnung von Großunternehmen hervorgehen. Der „Neue Mittelstand" umfasst Existenzgründer, junge Unternehmer, ausgegründete Tochtergesellschaften ebenso wie die neuen Selbstständigen in Gestalt von Subunternehmern, Vertriebspartnern und anderen Ein-Personen-Unternehmen (vgl. Reiß 1998, S. 11 ff.). Eine besondere Rolle werden wohl in den nächsten Jahren auch die sogenannten „ I c h - A G s " spielen.

6.2

Gesamtwirtschaftliche Bedeutung von K M U

Unverkennbar trägt der Mittelstand in der Europäischen Union und in Deutschland maßgeblich zum Wachstum und Wohlstand bei, so dass durchaus zurecht von der „Wirtschaftskraft Mittelstand" gesprochen werden kann. Den mittelständischen Unternehmen wird allerseits u. a. „Marktnähe und Vielseitigkeit", „Flexibilität", „Leistungsfähigkeit und Stabilität" zugeschrieben und außerdem ihre Bedeutung als „Beschäftigungsmotor" herausgestrichen. Ohne sich in differenzierte quantitative Betrachtungen zu begeben, sei anhand einiger komprimierter Daten die „Wirtschaftskraft" Mittelstand aufgezeigt. I m Jahre 2000 sind vom Bonner Institut für Mittelstandsforschung (IFM) rund 3,3 Millionen mittelständische Unternehmen mit ca. 20,1 Millionen Be-

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Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

schäftigten gezählt worden, die ca. 1,8 Mrd. Euro Umsatz tätigen. Den gesamtwirtschaftlichen Stellenwert des Mittelstandes dokumentieren eindrucksvoll die vom IFM ermittelten Daten, wonach kleinere und mittlere Unternehmen: • 99,7 % aller steuerpflichtigen Unternehmen ausmachen, • 43,9 % aller steuerpflichtigen Umsätze von ihnen erwirtschaftet werden, • 69,7 % aller Arbeitnehmer von ihnen beschäftigt werden, • 83 % der Auszubildenden auf sie fallen, • 48,8 % der Bruttowertschöpfung von ihnen getragen wird und • 44,1 % aller Bruttoinvestitionen von ihnen getätigt werden.

6.3

Alle Macht den Global Playern und Konzernen?

Auch wenn die volkswirtschaftliche Bedeutung des Mittelstands laut Statistik unverkennbar beachtlich ist, darf nicht verkannt werden, dass die Macht, der Einfluss und die ökonomische Stärke der Großunternehmen und Konzerne weiterhin wachsen. Das Finanzkapital (vgl. Huffschmid 1999) und die „Polit i k " der Global Player und Konzerne mit ihren Heerscharen von Lobbyisten verändern die Lebens- und Arbeitswelt mit Macht (vgl. König 1999). Der Konzentrationsprozess schreitet voran, und die Angebots- und Nachfragemacht von Industrie- und Handelsoligopolen nimmt zu. Anscheinend bestimmt die „Gier nach Größe" in allen Branchen das Handeln des Managements, und dies obwohl nach Untersuchungen von Beratungsfirmen und wirtschaftswissenschaftlichen Studien vielfach die erhofften Synergieeffekte ausbleiben (vgl. Abbildung 77). Noch in den 80er Jahren galten größere Firmenfusionen als wenig sinnvoll, weil sie nur zu häufig i m Fiasko endeten (vgl. König 1999, S. 21 ff.). Das Ende des 20. Jahrhunderts war vom „Fusionsfiber" gekennzeichnet (vgl. Behrens/Merkel 1992). Dem Shareholder Value Gedanken folgend, „wertorientiert zu wirtschaften" und die Maximierung des Aktien- und Börsenkurses anzustreben, nahmen Firmenkäufe und Zusammenschlüsse seit den 80er Jahren erheblich zu. Geleitet von der Notwendigkeit, sich der Globalisierung zu stellen, sind auch zahlreiche sogenannte „Elefantenhochzeiten" oder „ B i g Deals" zu verzeichnen, die die Presse gerne aufgreift. Manager scheinen an entsprechenden Akquisitionen gewisse Freude zu entwickeln. Oder wie es ein Autor kritisch beschreibt: Die Manager geraten außer Kontrolle und „Gier und Größenwahn ruinieren unsere Wirtschaft" (vgl. Riße 2003). Der mittlerweile in der Wirtschaftspresse und in Bankenkreisen zum Modebegriff eines dynamischen Boomgeschäfts hochstilisierte Begriff Investmentbanking bedeutet nichts anderes als Fusionen und Übernahmen von Unternehmen bzw. deren Teilbereiche oder Tochtergesellschaften, d.h. Mergers & Acquisitions ( M & A ) . Die Größenordnung von Fusionen mag das Beispiel DaimlerChrysler illus-

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

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trieren (Daimler: 300.000 Mitarbeiter und 124 Mrd. DM Umsatz; Chrysler: 121.000 Mitarbeiter und 110 Mrd. DM Umsatz). Beispiele für „Fusionsfieber" enthält Abbildung 11.

Abbildung 11: „Fusionsfieber" Beispiele

Branche

Akquisitionen/Fusionen



• Daimler-Benz/Chrysler; VW (Audi)/Bentley, Rolls-Royce, Lamborghini; Ford/Renault/ Volvo; Mannesmann VDO/Philips Autosysteme. • Bankers Trust/Deutsche Bank; Schweizerischer Bankverein/Schweizerische Bankgesellschaft; Allianz/AGF; Zürich Versicherung/ B.A.T.; Allianz/PIMCO. • Hoechst/Rhone-Poulenc; Sandoz/Ciba Geigy; Viag/Alusisse Lonza; Hüls/Degussa; Krupp/ Thyssen; Exxon/Mobil • MCI Worldcom/Sprint; Vodafone/Airtouch/ Mannesmann; SB/Ameritech; AOL/Netscape • Metro/Allkauf, Kriegbaum; Wal-Mart Stores/ Wertkauf, Interspar; Karstadt/Schickedanz Quelle; Preussag/Hapag Lloyd TUI; Bertelsmann/Random House; Deutsche Post/Danzas; Deutsche Bahn/Schenker

Automobil und Zulieferer

• Banken und Versicherungen



Chemie/Pharma/ Rohstoffe/Grundstoffe • Telekommunikation •

Konsumgüter/ Handel/Transport

Zweifelsohne sind „Größe" und „Macht", wichtige Kriterien, um Unternehmen in ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung zu charakterisieren. Abbildung 12 zeigt Deutschlands 50 größte Unternehmen im Jahr 2003, gemessen am Umsatz in Euro. Als weitere Maßgrößen sind die Beschäftigten und die Marktkapitalisierung benannt. Es wird deutlich, dass zwischen den einbezogenen Kriterien offensichtlich keine direkten Korrelationen bestehen. So bedeutet beispielsweise eine kleine Beschäftigungszahl nicht unbedingt einen kleinen Umsatz, wie dies bei Handelsunternehmen erkennbar wird. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus zweckmäßig, ein Unternehmen in bezug auf seine Größe nach mehreren Merkmalen gleichzeitig zu betrachten. Eine Klassifikation nach Unternehmensgrößen (Klein-, Mittel- und Großunternehmen) ist betriebswirtschaftlich, aber auch volkswirtschaftlich betrachtet, von großer Bedeutung. Sie unterscheiden sich in wesentlichen Merkmalen, wie es die folgenden Darlegungen zeigen werden.

44

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

Abbildung 12: Hitliste der 50 größten Unternehmen Deutschlands Rang Unternehmen 2002 2003 1 DaimlerChrysler 1 2 2 Volkswagen 3 3 Siemens1 4 4 Deutsche Telekom2 5 5 Metro 6 10 Eon 7 6 RWE 7 BMW 8 9 8 Deutsche Post 10 9 Rewe-Gruppe 11 12 Robert Bosch 11 ThyssenKrupp1 12 13 16 BASF 14 20 Schwarz-Gruppe (Lidl/Kaufland) 15 15 Edeka/AVA-Gruppe 17 Bayer2 16 17 29 Deutsche Bahn2 18 18 Tengelmann-Gruppe 19 19 Aldi-Gruppe 21 Franz Haniel & Cie 20 21 14 Deutsche BP 2 ' 3 22 23 TUI - Celesio4 23 24 24 Bertelsmann 25 30 Phoenix-Gruppe5 26 13 Shell Deutschland Oil GmbH 3,6 27 25 Deutsche Lufthansa 2 28 28 KarstadtQuelle 29 26 MAN 22 Otto-Konzern 30 27 Ford-Werke 2 31 32 31 Adam Opel2 32 RAG2 33 34 39 Continental 34 Hochtief 35 37 Degussa2 36 37 44 Energie Baden-Württemberg 2 38 40 Henkel 39 43 Linde 41 ZF Friedrichshafen 2 40 41 42 Vattenfall Europe2 42 47 Boehringer Ingelheim 43 35 Total Deutschland 44 58 Heraeus 52 Lekkerland/Tobaccoland 45 46 46 Thomas Cook 2,7 47 50 Merck 57 Vodafone Deutschland8 48 49 49 Fresenius 50 51 SAP

Branche Automobil Automobil Mischkonzern Telekommunikation Handel Energie Energie Automobil Logistik Handel Autozulieferer Mischkonzern Chemie Handel Handel Chemie, Pharma Logistik, Verkehr Handel Handel Mischkonzern Öl Touristik Pharmagroßhandel Medien Pharmagroßhandel Öl Luftverkehr Handel Maschinenbau Handel Automobil Automobil Energie Autozulieferer Bau Chemie Energie Chemie, Konsumartikel Maschinenbau Autozulieferer Energie Pharma Öl Metall, Chemie Handel Tourismus Chemie, Pharma Telekommunikation Pharma, Medizintechnik Informationstechnologie

Umsatz 2003 in Mio. Euro Veränd. 136 437 87 153 74 233 55 838 53 595 46 364 43 875 41 525 40 017 39 180 36 357 36 137 33 361 32 459 31 160 28 567 28 228 26 630 25 700 23 038 19 392 19215 18 540 16 801 16 165 16 108 15 957 15 270 15 021 14 315 14 000 13 941 12 864 11 534 11 503 11 427 10 609 9 436 8 992 8 928 8 456 7 839 7 600 7412 7 374 7 242 7 202 7 200 7 064 7 025

in % -7,4 0,2 -11,6 4,0 4,0 26,6 -5,9 -2,1 1,9 4,7 3,9 -1,5 3,6 12,5 2,0 -3,6 51,1 -6,5 5,5 2,6 -17,0 -5,4 0,9 -8,3 5,4 -6,0 -3,4 -6,4 -0,2 -11,9 -6,3 -1,2 1,1 -10,0 -2,9 25,0 -2,3 3,0 -2,6 -4,6 -1,4 6,6 15,5 0,2 -10,1 -2,7 5,4 -5,9 -5,2

Anmerkungen: 1 Geschäftsjahr endet am 30. September. 2 Wegen Verlusts beim Ergebnis keine Veränderung in Prozent. 3 ohne Mineralölsteuer. 4 vorher Gehe AG. 5 Geschäftsjahr endet zum 21. Januar. 6 Wegen der Übernahme von Dea in 2002 gibt es keine vergleichbaren Vorjahreszahlen. 7 Geschäftsjahr endet am 31. Oktober. 8 Geschäftsjahr endet zum 31. März.

Kapitel

Unternehmen und ihre Umwel

Überschuss/Fehlbetrag 2003 Beschäftigte Marktkapitalisierung (Ende 2003) in Mio. Euro Veränd. in % in Mio. Euro Veränd. in % 362 063 37 799 448 -90,5 20,5 1 118 -57,0 336 843 17 246 22,6 50,2 2 445 -5,9 417 000 56 837 1 253 248 519 61 035 13,1 571 13,7 11 344 56,4 242 010 4 647 28,7 67,3 66 549 35 936 -9,2 127 028 953 16 540 21,9 1 947 104 342 22 991 -3,6 21,8 1 309 98,6 383 173 18 161 55,5 k. A. n. b. 192 613 1 100 69,2 n. b. 229 439 512 8 077 137,0 190 102 40,5 910 -39,5 87 159 25 522 15,5 k. A. n. b. 80 000 k. A. n. b. 200 000 -1361 115 400 17 090 9,0 242 759 n. b. -245 k. A. n. b. 183 638 k. A. n. b. 200 000 11,4 n. b. 391 53 706 1 901 n. b. 8 973 64 257 315 668,3 2 955 -9,5 254 24 975 3 274 5,8 4,3 n. b. 208 -78,5 73 221 k. A. 17 224 n. b. 422 n. b. 4 826 -984 93 246 5 056 43,8 108 -33,6 100 956 2 320 13,8 64 158 235 59,9 3 390 74,3 -8,7 n. b. 188 55 406 n. b. -1120 19 000 -384 32 255 n. b. 77 680 n. b. -60 314 38,9 68 829 4 073 80,3 77 -14,4 34 039 71,2 1 610 -159 46 615 5 698 10,0 -29,4 -1193 34 719 2 701 8 662 530 23,0 48 328 1,6 5 092 108 -55,0 46 662 16,3 -162 n. b. 53 487 4 954 31,7 -139 18 773 34 000 n. b. 529 -1,5 k. A. n. b. 5219 37,7 n. b. 73 9219 4 687 n. b. 70 0,0 n. b. -251 25 978 1,4 34 206 218 1 629 35,8 k. A. 9 300 -14,2 1 782 60,7 115 66 264 1 077 42 142 111,6 29 098 79,1

k. A. keine Angaben n. b. nicht börsennotiert Quellen: Thomas Financial Datastream, Reuters, SZ; Angaben ohne Gewähr.

45

46

7.

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

Vor- und Nachteile von K M U und Großunternehmen

Obwohl Futurologen gelegentlich schon das Aussterben von K M U ankündigten, bilden sie weiterhin gesamtwirtschaftlich betrachtet das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Dennoch werden sie offensichtlich in gleicher Weise von der Politik hofiert. K M U haben durchaus ihre Stärken und weisen durchaus auch Vorteile auf. In der Tendenz überwiegen aber die Probleme und Schwachstellen gegenüber Großunternehmen.

7.1

Was unterscheidet K M U von Großunternehmen?

Die Unterschiede zwischen K M U und Großunternehmen (Konzernen) werden erkennbar, wenn nach den Stärken und Schwächen des Mittelstands gefragt wird. Erfolgreiche Unternehmen findet man in allen Größenkategorien genauso wie Insolvenzen. Allerdings sind K M U auch mit vielen Problemen konfrontiert und besitzen auch unverkennbare Schwachstellen. Z u m einen ergeben sich bei K M U Probleme aufgrund der Außenwelt (z.B. Entscheidungen der Politik, Unternehmenskonzentration in vielen Wirtschaftszweigen), und zum anderen lassen sich gewisse Schwachstellen ausmachen, die aus der inneren Organisation resultieren. Die meisten Studien, die sich mit den Nachteilen, Problemen und Schwächen von K M U beschäftigen, kommen zu dem Ergebnis, dass mittelständische Unternehmen vor allem durch die „Außenwelt" gewissen Benachteiligungen ausgesetzt sind. So wird vielfach die Ansicht vertreten, dass eine allgemeine Tendenz zur Bevorzugung von Großbetrieben bei Gemeinden, Politik, Lieferanten und bei Kreditgebern vorliegt (Tietz 1993, S. 633). Außerdem gibt es, wiε Abbildung 13 zeigt, neben unternehmensbezogenen Ursachen für Nachteile in mittelständischen Unternehmen weitere außerhalb des Unternehmens liegende Gründe für Marktschwierigkeiten von K M U (vgl. Tietz 1993, S. 634). Die Probleme, die die K M U in besonderem Maße belasten, werden nicht nur in Studien aufgelistet, sondern sind immer wieder Diskussionsgegenstand in Parteien, Verbänden usw. und führen vielfach zu politischen Resolutionen und Forderungskatalogen. Wissenschaftler, viele Unternehmer, aber auch große Teile der politisch Verantwortlichen sind der Auffassung, dass die K M U in Deutschland in ihrer Wettbewerbsposition gestärkt werden müssen. Dies gilt vor allem auch für die neuen Bundesländer, wie die Handlungsempfehlungen des Beirates für Fragen des gewerblichen Mittelstandes und der Freien Berufe beim Bundesministerium für Wirtschaft zeigen:

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt „Gegenwärtig und zukünftig reicht dies aber nicht mehr aus. Eine schwache konjunkturelle Entwicklung, verbunden mit einer hohen Erwartungshaltung der Menschen i m Osten Deutschlands, zwingen die Entscheidungsträger, neue Wege zu gehen, um vor allem auch den stark negativ wirkenden Kräften in den neuen Bundesländern entgegenzuwirken. Hierbei gilt es in erster L i nie, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu aktivieren, damit neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Dies geht jedoch nur, wenn ein starker Mittelstand die Wirtschaft Deutschlands wesentlich beeinflusst. Es ist längst überfällig, dass sich die politischen und administrativen Entscheidungsträger vom Leitbild der Großunternehmen verabschieden und ihre künftige Politik an den Belangen der mittelständischen Unternehmen ausrichten. 4 '

Abbildung 13: Die Gründe für die Marktschwierigkeiten von Klein- und Mittelbetrieben

I.

Die nicht unternehmerbezogenen Gründe

1. die Intensität des Wettbewerbs bei Waren und Diensten • bedingt durch das Lieferantenverhalten, auch Einkaufsnachteile, • bedingt durch das Konkurrentenverhalten, auch Verdrängungswettbewerb, • bedingt durch das Konsumentenverhalten, auch veränderte Mobilität und Affinität, 2. begrenzte Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes mit einer Begünstigung großer Betriebe 3. unzulängliche Funktionsfähigkeit des Personalmarktes • bei der Mitarbeitergewinnung, • bei der Ausbildung für eine Tätigkeit als Unternehmer, 4. generell veränderte Wachstumsbedingungen, 5. negative Rahmenbedingungen des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems, hohe Markteintrittsschranken, schlechte Möglichkeit zur Eigenkapitalbildung.

II. Die unternehmerbezogenen Gründe 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

fehlende Eignung für eine selbstständige Tätigkeit, fehlende fachliche Qualifikation, fehlende Spezialkenntnisse, Fehleinschätzung der Leistungsfähigkeit, Fehler in der Marktpolitik, Fehler in der Faktoreinsatz- und Kostenpolitik, Fehler in der Finanzierungspolitik, Fehler i m Management.

48

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt

Dies drückt sich in konkreten Handlungsempfehlungen aus. So fordert der Beirat in seiner Resolution in den Bereichen Steuer-, Arbeits- und Sozialpolitik, Entbürokratisierung, Privatisierung, öffentliches Auftragswesen, Wettbewerbs· und Förderpolitik eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Mittelstand, die dem gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland zugute kommen soll (vgl. Zdrowomyslaw/Dürig 1999, S. 406 f.). In diesem Zusammenhang sollte deshalb nicht übersehen werden, dass auch die besten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft nichts nutzen, „wenn der Unternehmer versagt, wenn er seine Chancen auf dem Markt falsch einschätzt, wenn er seine Konkurrenten unterschätzt und wenn er die notwendige Aufgeschlossenheit und ständige selbstkritische Überprüfung der eigenen Leistungen vermissen lässt" (Gruhler 1994, S. 201). Nicht nur die Politik, sondern vor allem auch die Führungskräfte in den K M U selbst sind gefordert, Nachteile zu vermeiden oder zu kompensieren und Vorteile zu intensivieren oder zu erschließen. Auch über Kooperationsmöglichkeiten (z.B. über die Bildung von „Netzwerken") muss nachgedacht werden. Durch die den mittelständischen Unternehmen zugeschriebenen Vorteile, wie ζ. B. „Marktnähe und Vielseitigkeit", „Flexibilität", „Leistungsfähigkeit und Stabilität" werden die Probleme bzw. Nachteile, hervorgerufen durch die äußeren Umweltfaktoren, keineswegs kompensiert. W o sind vor allem Schwachstellen bei der Unternehmensführung auszumachen? In der Regel weisen laut Erhebungen und Einschätzungen in der Literatur K M U folgende Schwachstellen auf, die i m wesentlichen dem Oberbegriff „Unternehmensführung" zugeordnet werden können: i m Personalbereich der Generationswechsel, i m Bereich des Rechnungswesens die ungenaue Zurechnung der Kosten auf die Kostenstellen und Kostenträger (Produkte bzw. Dienstleistungen), i m Marketingbereich die unzureichende Marktforschung, i m Informations- und Kommunikationsbereich das wenig zielgerichtete Informationsverhalten. Vor diesem Hintergrund formuliert Zander folgende 10 Punkte i m Sinne von Schwachstellen i n K M U : 1. „ D i e eindeutige Definition des Unternehmenszieles, eine Festlegung der Grundsätze der Geschäftspolitik und deren Weitergabe an die Führungskräfte, fehlt in vielen Familienunternehmen. 2. Ohne Delegation von Routinearbeit verzettelt man sich. 3. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Zukunftssicherung für mittelständische Betriebe ist die intensive Weiterbildung aller i m Unternehmen tätigen Personen. 4. Ein Unternehmen muss von Führungskräften (und solchen, die es werden wollen) Qualifikation in persönlicher und sachlicher Beziehung fordern. 5. Kontinuität i m Innovationsprozess ist die zweite Schwachstelle ,Nummer eins 4 . 6. Strategische Überlegungen zur Unabhängigkeit von Konjunkturzyklen fehlen.

Kapitel I: Unternehmen und ihre Umwelt 7. Gewinnmaximierung ist kein Unternehmensziel. 8. Die Interessen der Familie müssen sich mit denjenigen des Unternehmens decken. 9. Die Hoffnung auf Aufträge muss mit nachweislichen Stärken des Unternehmens und seiner Produkte begründbar sein. 10. Der Kommunikation mit dem ökonomischen Umfeld des Unternehmens wird zu wenig Bedeutung beigemessen" (Zander 1995, S. 16). Allerdings existieren nicht nur Nachteile bei K M U , sondern ihnen stehen durchaus auch einige unternehmensgrößenspezifische Vorteile gegenüber, wobei diese an eine Fülle von Voraussetzungen gebunden sind. Zu den Vorteilen werden üblicherweise gezählt: • „die Möglichkeit der Unternehmen zur schnellen Anpassung an Marktveränderungen aufgrund der Kundennähe, • die individualisierbare Produktion und Leistungserstellung, • eine schnelle Umsetzung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen, • die Spezialisierung der Betriebe, die zur optimalen Güterversorgung beiträgt" (Tietz 1993, S. 633). Zu Recht warnt jedoch der Handelswissenschaftler Bruno Tietz, die Vorteile zu überschätzen. „Jeder, der von Vorteilen kleinerer Unternehmer gegenüber größeren Unternehmen schwärmt, setzt sich dem Vorwurf aus, dass er • die betroffenen kleinen Unternehmen beruhigen w i l l , • auf die grundlegende Wandlung des sozialökonomischen Systems spekuliert, • nicht bereit ist, die Konsequenzen aus dem derzeitigen Steuerungsmechanismus der Wirtschaft zu ziehen. Übertriebene Hoffnungen sind für die kleinen Unternehmer gefährlich, da sie ihnen ein falsches B i l d von ihrer persönlichen Leistung oder von der sozialen Marktwirtschaft vermitteln" (Tietz 1993, S. 633).

7.2

Typische Führungseigenschaften von K M U u n d Großunternehmen

Nachdem die größenspezifischen Vor- und Nachteile von K M U dargelegt worden sind, sollen als „Überleitung" zu Kapitel 2, überblicksartig die zwischen K M U und Großunternehmen in allen Funktionsbereichen bestehenden Unterschiede vorgestellt werden. Pfohl/Kellerwessel haben diese Unterschiede - teils empirisch nachgewiesen, teils als plausibel angenommen - und in tabellarischer Form zusammengestellt. Abbildung 14 weist die „typischen"

50

Kapitel

: Unternehmen und ihre Umwe l

Eigenschaften bzw. Fähigkeiten von „Klein- und Mittelbetrieben" und „Großbetrieben" in einer vergleichenden Gegenüberstellung bezogen auf die zentralen Funktionsbereiche aus (vgl. Daschmann 1994, S. 54).

Abbildung 14: Charakterisierung der Betriebstypen „Klein- und Mittelbetrieb" und „Großbetrieb"

Unternehmensführung

Klein- und Mittelbetriebe (KMU)

Großbetriebe

• Eigentümer - Unternehmer • mangelnde Unternehmensführungskenntnisse • technisch orientierte Ausbildung

• Manager

• unzureichendes Informationswesen zur Nutzung vorhandener Flexibilitätsvorteile • patriarchalische Führung • kaum Gruppenentscheidungen • große Bedeutung von Improvisation und Intuition • kaum Planung • durch Funktionshäufung überlastet, soweit Arbeitsteilung personen-bezogen • unmittelbare Teilnahme am Betriebsgeschehen • geringe Ausgleichsmöglichkeiten bei Fehlentscheidungen • Führungspotenzial nicht austauschbar

• fundierte Unternehmensführungskenntnisse • gutes technisches Wissen in Fachabteilungen und Stäben verfügbar • ausgebautes formalisiertes Informationswesen

• Führung nach Management-by-Prinzip • häufig Gruppenentscheidungen • geringe Bedeutung von Improvisation und Intuition • umfangreiche Planung • hochgradig sachbezogene Arbeitsteilung • Ferne zum Betriebsgeschehen • gute Ausgleichsmöglichkeit bei Fehlentscheidungen • Führungspotenzial austauschbar

Kapitel /: Unternehmen und ihre Umwell

Personal

Organisation

51

Klein- und Mittelbetriebe (KMU)

Großbetriebe

• geringe Zahl von Beschäftigten • häufig unbedeutender Anteil von ungelernten und angelernten Arbeitskräften • kaum Akademiker beschäftigt • überwiegend breites Fachwissen vorhanden

• hohe Anzahl von Beschäftigten • häufig großer Anteil von ungelernten und angelernten Arbeitskräften

• vergleichsweise hohe Arbeitszufriedenheit • auf den Unternehmer ausgerichtetes Einliniensystem, von ihm selbst oder mit Hilfe weniger Führungspersonen bis in die Einzelheiten überschaubar • Funktionshäufung • kaum Abteilungsbildung • kurze direkte Informationswege • starke persönliche Bindung • Weisungen und Kontrolle im direkten personenbezogenen Kontakt • Delegation in beschränktem Umfang • kaum Koordinationsprobleme • geringer Formalisierungsgrad • hohe Flexibilität

• Akademiker in größerem Umfang eingesetzt • starke Tendenzen zum ausgeprägten Spezialistentum • geringe Arbeitszufriedenheit • personenunabhängig an den sachlichen Gegebenheiten orientierte komplexe Organisationsstruktur

• Arbeitsteilung • Umfangreiche Abteilungsbildung • Vorgeschriebene Informationswege • Geringe persönliche Bindung • Formalisierte unpersönliche Weisungs- und Kontrollbeziehung • Delegation in vielen Bereichen • große Koordinationsprobleme • hoher Formalisierungsgrad • geringe Flexibilität

52

Kapitel

Unternehmen und ihre Umwe l

Klein- und Mittelbetriebe (KMU)

Großbetriebe

Absatz

• Deckung kleindimensionierter individualisierter Nachfrage in einem räumlich und/oder sachlich schmalen Marktsegment • Wettbewerbsstellung sehr uneinheitlich

• Deckung großdimensionierter Nachfrage in einem räumlich und/oder sachlich breiten Marktsegment • gute Wettbewerbsstellung

Beschaffung und Materialwirtschaft

• schwache Position am Beschaffungsmarkt • häufig auftragsbezogene Materialbeschaffung (Ausnahme: Handel)

• starke Position am Beschaffungsmarkt • überwiegend auftragsunabhängige Materialbeschaffung, abgesichert durch langfristige Verträge mit Lieferanten

Produktion

• arbeitsintensiv • geringe Arbeitsteilung • überwiegend Universalmaschinen • geringe Kostendegression mit steigender Ausbringungsmenge • häufig langfristig gebunden an eine bestimmte Basisinnovation

• kapitalintensiv • hohe Arbeitsteilung • überwiegend Spezialmaschinen • starke Kostendegression mit steigender Ausbringungsmenge • keine langfristige Bindung an eine Basisinnovation

Forschungund Entwicklung

• keine dauernd institutionalisierte Forschungs- und Entwicklungsabteilung • kurzfristig-intuitiv ausgerichtete Forschung und Entwicklung • fast ausschließlich bedarfsorientierte Produkt· und Verfahrensentwicklung, kaum Grundlagenforschung • relativ kurzer Zeitraum zwischen Erfindung und wirtschaftlicher Nutzung

• dauernd institutionalisierte Forschungs- und Entwicklungsabteilung • langfristig-systematisch angelegte Forschung und Entwicklung • Produkt- und Verfahrensentwicklung in engem Zusammenhang mit Grundlagenforschung • relativ langer Zeitraum zwischen Erfindung und wirtschaftlicher Nutzung

Kapitel /: Unternehmen und_ ihre Umwell

Klein- und Mittelbetriebe (KMU) Finanzierung

• im Familienbesitz • kein Zugang zum anonymen Kapitalmarkt, dadurch nur begrenzte Finanzierungsmöglichkeiten

53

Großbetriebe

• in der Regel breit gestreuter Besitz • ungehinderter Zugang zum anonymen Kapitalmarkt, dadurch vielfältige Finanzierungsmöglichkeiten • keine unternehmensindi• unternehmensindividuelle viduelle, kaum allgemeine staatliche Unterstützung staatliche Unterstützung in Krisensituationen in Krisensituationen wahrscheinlich

Kapitel I I : Unternehmensführung und Unternehmensentwicklung 1.

Einführung

Weder in der Fachliteratur noch in der Praxis ist es bisher zu einer einheitlichen Abgrenzung der Begriffe Führung, Leitung und Management gekommen. Teils werden sie synonym gebraucht, teils wird der Versuch unternommen, diese Begriffe exakt gegeneinander abzugrenzen. Wenn i m folgenden von Unternehmensführung gesprochen wird, so ist damit sowohl die personenbezogene (Menschen- oder Mitarbeiterführung) als auch die sachbezogene Führung gemeint. Denn losgelöst von der institutionellen Struktur und unternehmerischen Führungsaufgaben bedeutet „Führen" oder „Managen" grundsätzlich eine zielorientierte personelle Einwirkung auf das Verhalten von Menschen. Das Führen von Unternehmen verlangt Entscheidungen ( W i l lensbildung und Willensumsetzung) bezüglich der Unternehmensentwicklung und Existenzsicherung. In Anlehnung an die (managementorientierte) Gliederung der Betriebswirtschaftslehre in eine institutionale, eine funktionale und eine genetische werden in gewisser Weise bereits vage die zu „führenden" bzw. zu steuernden Elemente in einem Unternehmen erkennbar (vgl. Abbildung 15). I m Rahmen der Unternehmensführung sind institutionelle Besonderheiten zu beachten, die funktionellen Bereiche zu analysieren und der Lebenszyklus des Unternehmens in den Entscheidungsprozess einzubeziehen.

Abbildung 15: Gliederungsmöglichkeiten der Betriebswirtschaftslehre

Gliederungsmöglichkeiten der Betriebswirtschaftslehre

-C Institutionale Gliederung

ι Funktionale Gliederung

Genetische Gliederung

— Führung und Organisation Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

— Materialwirtschaft

— Gründungsphase

— P r o d u k t ions Wirtschaft Spezielle Betriebswirtschaftslehre

Absatz und Marketing

—Umsatzphase

Kapitalwirtschaft _ Betriebswirtschaftliche Verfahrenstechnik

— Personalwirtschaft

— Liquidationsphase

— R e c h n u n g s w e s e n u. C o n t r o l l i n g

56

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

Sowohl große Konzerne als auch K M U müssen ihre Führungskonzepte so gestalten, dass sie Antworten auf spezifische Probleme ihrer Zeit liefern. Patentrezepte für Erfolg gibt es nicht. Sollen Unternehmensentwicklung und -Sicherung gewährleistet sein, müssen die Führungskräfte oder Manager ein breites Wissen (eher Generalisten als Spezialisten) haben. Unstrittig dürfte sein, dass Ergebnisse von Studien und Erfahrungen bei einer erfolgreichen Unternehmensführung hilfreich sein können. Die „Kleinen" können von den „Großen" etwas lernen und umgekehrt. Vor allem in den letzten Jahren wird die Übertragung der Stärken des Mittelstandes auf größere Unternehmen diskutiert. Zahlreiche Faktoren können für den Unternehmenserfolg verantwortlich sein (vgl. Zdrowomyslaw/Dürig 1999, S. 129 ff.). Einig ist man sich allerdings darüber, dass eine gut informierte Führungskraft unter Einsatz von geeigneten Führungsinstrumenten eher in der Lage ist, Gefahren und Chancen zu erkennen, die das eigene Unternehmen betreffen.

2.

Überleben der Unternehmung als Kernaufgabe des Managements

Die betriebswirtschaftliche Managementlehre geht davon aus, dass zumindest in allen privatwirtschaftlich orientierten Unternehmen die Kernaufgabe des Managements darin besteht, das Überleben der Unternehmung in einer sich verändernden Umwelt durch Anpassung an langfristig wirksame Entwicklungstrends zu sichern. „Überlebens-" oder „Existenzsicherung" darf also keineswegs mit der Forderung verbunden werden, „totkranke" Unternehmen nach dem Motto „koste es was es wolle" an den „ T r o p f " zu hängen und mit immer neuen „Geldspritzen" am „Leben" zu erhalten; vielmehr ist damit gemeint, dass die für ein aktives Agieren und adäquates Reagieren erforderliche Unternehmensdynamik über einen möglichst langen Zeitraum in dem Sinne sichergestellt wird, dass dadurch den Interessen der Stakeholder in optimaler Weise Rechnung getragen werden kann. In diesem Sinne sollte besser sogar von der Forderung nach „langfristiger Sicherung der Existenzberechtigung" gesprochen werden (vgl. auch 5.5). Angesichts der wachsenden Ungewissheit der ökonomischen Entwicklung sowie den zahlreichen Interessen der Stakeholder können Fehlentscheidungen rasche und spürbare Folgen für die Unternehmensentwicklung haben, womit die Erfüllung der Kernaufgabe „Existenzsicherung" erheblich schwieriger geworden ist. Die Anforderungen an das Wissen, die Erfahrung und das Können der Führungskräfte, vor allem bezüglich der Handhabung von Führungsinstrumenten, haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten zugenommen.

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

Zu den existenzsichernden Faktoren gehören neben einem guten Management vor allem auch motivierte und sich für das Unternehmen einsetzende Mitarbeiter. Die Organisation muss so gestaltet sein, dass sie rechtzeitig auf Änderungen am Markt und in der übrigen Umwelt zu reagieren vermag, zugleich aber auch in der Lage ist, zielsetzungsgerecht zu agieren. Gefragt sind hierbei sowohl die quantitative als auch qualitative Unternehmensführung. Hilfreich sind der Aufbau und die Etablierung eines strategischen und operativen Controllings als Subsystem des Managements.

3.

Unternehmenssicherung durch Unternehmenspolitik und Ziele

Ob zwischen den Zielen bzw. Ergebnissen der Existenzsicherung eine Art Gesetzmäßigkeit besteht, lässt sich empirisch nur schwer belegen. Aber grundsätzlich ist wohl davon auszugehen, dass eine Führung durch Zielsetzung (Management by Objektives) der Unternehmenssicherung und Stabilität dienlich ist. Allerdings ist es keineswegs selbstverständlich, dass ein Unternehmen von „sich aus dazu neigt", gesetzte Ziele ohne weiteres auch zu erreichen. Zur Klärung der unternehmenseigenen Absichten ist es auch angebracht, sich über die unternehmenspolitischen Grundsätze zu verständigen, die ihrerseits wiederum auf sinnvollen Zielvorstellungen basieren sollten. Ziele sind also für eine Planung der Unternehmenszukunft zweifelsohne von großer Bedeutung. Zu vermeiden ist jedoch jegliche Dogmatisierung i m Umgang mit einmal gesetzten Zielen, wobei u. a. auch der Gefahr zu begegnen ist, durch eine zu starre Orientierung an bestimmten (ursprünglich als sinnvoll erachteten) Zielvorgaben eine „Verkrustung" von (vorher funktionsfähigen) Strukturen zu erzeugen. Folgender Zusammenhang lässt sich ausmachen: „Zwischen Ergebniserwartungen einschließlich der Vorbedingungen - Bereitstellung der notwendigen Mittel für die Zielverwirklichung - und der Existenzsicherung bestehen reziproke Beziehungen. So kann die Existenz der Unternehmungen dadurch gefährdet werden, dass unzureichende oder unrealistische Ziele formuliert werden. Es kann aber auch sein, dass die Aufgaben nicht richtig erfüllt oder die Ziele aufgegeben werden, ohne dass nach neuen Mitteln und Wegen zu ihrer Erreichung und damit ihrer Bewahrung gesucht worden ist" (Siegwart 1998, S. 2). Die Zukunftsausrichtung äußert sich in einem Unternehmen letztlich vor allem in den zu setzenden Zielen und in der Planung.

58

Kapitel II: Unternehmensführung

3.1

F ü h r u n g i n die Z u k u n f t

und Unternehmensentwicklung

m i t unternehmenspolitischen Grundsätzen Unternehmenspolitik und strategische Unternehmensführung sollten in den heutigen turbulenten Zeiten, in denen das Risiko für die Unternehmen immer größer wird, durch Fehlentscheidungen den Weiterbestand des Unternehmens in Gefahr zu bringen, keine Fremdworte für die Führungskräfte sein. Zu häufig ist die Meinung anzutreffen, dass Unternehmenspolitik eher etwas für Großunternehmen sei und dass das Festlegen von Strategien den Handlungsspielraum zu sehr einschränke. Dem ist entgegenzuhalten, dass erst die Formulierung von unternehmenspolitischen Grundsätzen, unter Einbeziehung der Umweltbedingungen und der Kenntnis der Stärken u n d Schwächen des eigenen Unternehmens, die Festlegung strategischer Ziele gestattet (vgl. Abbildung 16, vgl. Mugler 1993, S. 125).

Abbildung 16: Unternehmenspolitik und hierarchische Struktur der Unternehmensführung

Die hierarchische S t r u k t u r der Unternehmensführung

Die D e t e r m i n a n t e n strategischer Ziele

I m Rahmen der Unternehmensführung kann dabei die Unternehmenspolitik als Kernaufgabe (Entscheidungen bzw. Ziele grundsätzlicher Art) eines Unternehmens interpretiert werden, während Planung, Organisation, Koordinierung, Kontrolle und Information eher als Mittel der Unternehmenspolitik zu betrachten sind. Die wesentlichen M e r k m a l e der Unternehmenspolitik sind folgendem Zitat von Ulrich zu entnehmen: 1. „ D i e Unternehmenspolitik umfasst die originären, allgemeinen und langfristig wirksamen Entscheide, welche das Verhalten der Unternehmung auf lange Sicht bestimmen sollen.

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

2. M i t unternehmenspolitischen Entscheidungen sollen das oberste Zielsystem der Unternehmung, das erforderliche Leistungspotenzial und die anzuwendenden Unternehmensstrategien festgelegt werden. 3. Unternehmenspolitische Entscheide müssen nicht nur getroffen werden, sondern ihre Verwirklichung muss auch in Gang gesetzt werden. Die unternehmenspolitischen Führungsprozesse müssen deshalb mit den planerischen und dispositiven Prozessen zu einem integrierten Führungssystem verknüpft werden, welche die operativen Vollzüge gestaltet und lenkt. 4. Unternehmenspolitische Entscheide haben vor allem zum Ziel, das Überleben der Unternehmung in einer sich verändernden Umwelt durch Anpassung an langfristig wirksame Entwicklungstrends zu sichern. Der geistigen Auseinandersetzung mit der Unternehmensumwelt kommt daher auf dieser Stufe größte Bedeutung zu. 5. Die für die Zukunft des Unternehmens grundlegenden Entscheidungen über die zu bearbeitenden Märkte und anzubietende Marktleistungen gehören auf die Stufe der Unternehmenspolitik" (Hopfenbeck 1990, S. 684). Während die Unternehmenspolitik den Grundzweck, die Ziele und Verhaltensgrundsätze, d. h. die N o r m e n für die Unternehmensplanung liefert, liefern die Informationen über das Unternehmen und die Umwelt die „harten" FakDie Chance, als Unternehmen zu überleben, wächst, wenn man sich als Führungskraft gewisse Strategien für die Zukunftsentwicklung des Unternehmens zurechtlegt. Es ist notwendig, zukünftige Umweltbedingungen zu erfassen, das Unternehmen darauf vorzubereiten und den Weg des Unternehmens in die Zukunft zu planen. Das Motto lautet: Ein Unternehmen zu führen heißt nicht nur Führung für die Gegenwart, sondern genauso Führung i n die Zukunft!

I m Vordergrund von strategischen Überlegungen steht die Frage, „ T u n w i r die richtigen D i n g e ? " und nicht die Frage, „ T u n wir die Dinge richtig?" Unter Beachtung der unternehmensspezifischen Rahmenbedingungen sind Strategien zu entwickeln, die die erste Frage beantworten. U m die Richtung und den Weg eines Unternehmens möglichst qualifiziert festlegen zu können, ist die Führungskraft auf Informationen angewiesen. Es müssen dabei nicht in jedem Fall zahlreiche Daten erfragt und umfassende Papiere verfasst werden. Wichtig ist jedoch, dass man sich mit der Zukunft auseinandersetzt und eine Orientierung an Zielen stattfindet.

60

3.2

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

Ziele - ein unentbehrlicher Baustein erfolgsversprechender Führung

Interessendominierte Systeme (z.B. Unternehmen) werden nach den Zielen der Interessenträger strukturiert und gesteuert. I m gesellschaftlichen Bereich wird häufig durch bestimmte Interessengruppen versucht, ein bestimmtes System (z.B. Staatsform, Wirtschaftssystem, Wirtschaftseinheit) zu nutzen, um es ihren Interessen auf möglichst lange Dauer dienlich zu machen. I m Lichte derartiger Bestrebungen erscheint dann meist die Sicherung der Überlebensfähigkeit des betreffenden Systems selbst als „Oberziel". Verbinden daher Stakeholder (vor allem die Eigner) längerfristig verfolgte Interessen mit der Existenz eines Unternehmens, so erscheint es durchaus sinnvoll, „Existenzsicherung" als grundlegendes Unternehmensziel zu formulieren. Besser noch sollte man allerdings von „Sicherung der Existenzberechtigung" sprechen - vgl. auch Abschnitt 5.5). Ziele beschreiben ganz allgemein einen erwünschten zukünftigen Zustand, den eine Organisation erreichen möchte. Jedes Unternehmen ist bestrebt, erfolgreich zu sein, und verfolgt mehr oder weniger konsequent bestimmte Ziele. Ziele können nach unterschiedlichen Kriterien systematisiert werden: in Sach- und Formalziele, in Haupt- und Nebenziele, in Ober- und Unterziele, in kurz-, mittel- und langfristige Ziele sowie monetäre und nicht-monetäre Ziele. Abbildung 17 zeigt beispielhaft, was unter Sachzielen und was unter Formalzielen zu verstehen ist. Zwar nehmen Erfolgsziele gegenüber den Sachzielen eine übergeordnete Stellung ein, aber man sollte nicht die Bedeutung des Sachziels „Liquidität" übersehen. M i t Siegwart kann in Hinblick auf die wirtschaftliche Orientierung eines Unternehmens folgende allgemeine Aussage getroffen werden: „ D i e Liquidität ist der Sauerstoff, der Überschuss, die Nahrung, das Eigenkapital die Substanz der Unternehmung. Ohne Sauerstoff (Liquidität) kann eine Unternehmung weder leben noch überleben, denn wenn eine Unternehmung nicht über genügend liquide M i t t e l verfügt, so bedeutet dies auch bei positivem Erfolg das Ende der Unternehmung. Andererseits kann eine Unternehmung bei gesicherter Liquidität auch bei anhaltenden Verlusten durchaus (für einige Zeit) weiterexistieren. In ihrer minimalen Ausprägung sind die genannten Größen daher als conditio sine qua non unternehmerischer Existenz aufzufassen. Erst wenn diese Mussbedingungen erfüllt sind, befindet sich die Unternehmung in einem finanzwirtschaftlichen Gleichgewicht 4 ' (Siegwart 1990, S. 11).

Oberstes Ziel der Unternehmensführung tung der Überlebensfähigkeit i m weiter dem Hintergrund der Existenzsicherung fristigen zeitlichen Betrachtungsebene -

muss jedoch die langfristige Erhaloben besprochenem Sinne sein. Vor kann - allerdings nur auf der kurzder Liquidität in der Zielhierarchie

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

Abbildung 17: Betriebswirtschaftliche Zielkategorien

Formalziele ( Erfolgsziele ) Arbeitsproduktivität _

Wirtschaftlichkeit _

Erzeugte Menge Arbeitsstunden

Eigenkapitalrentabilität Gewinn Eigenkapital

Leistungen Kosten

1

j

1

1

Sachziele Leistungsziek z.B. Umsatzvolumen

i

Organisations- u. Führungsziele z.B. Organi sations struktur

1

Finanzielle Ziele

Soziale u. ökologische Ziele

z.B. Liquiditätssicherung

z.B. Umwelt- u. Gesundheitsschutz

4

j Betriebliche Tätigkeiten

JI

der Unternehmung die „höchste" Priorität beigemessen werden (vgl. Abbildung 18). Die Liquidität (Zeitpunktgröße) kann insofern auch als unabdingbare „Nebenbedingung" zur Realisierung weiterer (auf langfristige Sicht ausgerichteter) Unternehmensziele aufgefasst werden. Innerhalb kurzfristiger zeitlicher Reichweite gilt zwar, dass Liquidität vor Rentabilität geht, dies bedeutet jedoch nicht, dass Unternehmen gegründet werden, um liquide zu sein. Aus mittel- und langfristiger Sicht stellt der Erfolg (Ergebnis/Gewinn/„Einkommensstrom") die zentrale Zielgröße der Unternehmenssteuerung dar. Für die Praxis ist es wichtig, dass Unternehmen klare Ziele anstreben und diese so formuliert sind, dass sie sich in Planziele und Handlungsziele auflösen lassen. Vor allem die Formulierung monetärer Ziele sollte von den verantwortlichen Führungskräften nach I n h a l t , Ausmaß und Zeit eindeutig sein, um prüfen zu können, inwieweit eine Zielerreichung erfolgt ist und um hierauf aufsetzend eine Abweichungsanalyse durchführen zu können (vgl. Abbildung 19).

61

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

Abbildung 18: Zielhierarchie/Ziele der Unternehmung

Überleben

Endziel

*

t

Liquidität

Teilziel

*

*

Gewinnstreben

Teilziel

*

*

Wirtschaftlichkeit

Teilziel

*

*

Produktivität

Teilziel

Abbildung 19: Beispiele zur Zielformulierung

Inhalt

Ausmaß

Zeit

Steigerung des Umsatzes ...

... 15% ...

. . . i m i . Quartal 2005

Verringerung der Mitarbeiterzahl...

... u m 2 Techniker, 3 Schreibkräfte.

... ab dem 1.1.2005

Auslastung des Drehautomaten ...

.. .mit maximaler Kapazität...

... v o m 1.4.2005 bis 15.6.2005

Als rationale Entscheidungshilfe sowie zur Überprüfung der Erreichung von Unternehmenszielen dienen vor allem Kennzahlen und Kennzahlensysteme sowie Vergleichsrechnungen, die betriebswirtschaftliche Tatbestände in konzentrierter Form aufzeigen (vgl. Zdrowomyslaw/Kasch 2002).

4.

Unternehmensführung und Manager

In Praxis und Theorie werden, wie bereits erwähnt, vielfach die Begriffe „ U n ternehmensführung" und „Management" gleichgesetzt. Für das Ergebnis des Managementprozesses und die getroffenen Entscheidungen (Willensbildung und Willensumsetzung) bezüglich der Unternehmensentwicklung und Existenzsicherung sind die Unternehmer, Führungskräfte bzw. Manager verantwortlich (vgl. Abbildung 20). Welche wesentlichen Führungsaufgaben unterschieden werden können, was den Managementprozess charakterisiert und

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

was unter einer Führungskraft verstanden werden kann, wird i m folgenden vorgestellt.

Abbildung 20: Kernaufgaben der Führung

4.1

F ü h r u n g u n d Führungsaufgaben

Ausgehend von dem Begriff „Führung" kann zunächst allgemein festgehalten werden, dass F ü h r u n g so alt ist wie die Menschheit. „Schon immer haben Personen die Aufgabe übernommen, andere Menschen zu führen, Vorhaben zu organisieren, ganze Institutionen zu gestalten und zu lenken. Nicht nur die Entwicklung und Bewahrung einer Zivilisation, sondern schon das Überleben in einer oft lebensfeindlichen Umwelt ist ohne Führung nicht möglich" (Jung 1996, S. 153). Damit wird u. a. zum Ausdruck gebracht, dass Führung überall dort erforderlich ist, wo das Verhalten einer oder mehrerer Gruppen von Menschen, vielfach mit divergierenden Interessen, auf bestimmte Ziele hin koordiniert werden muss. Deshalb spricht man in der Literatur vielfach auch von Mitarbeiter- oder Personalführung. Es gibt nicht nur zahlreiche Bücher zur Unternehmensführung bzw. zum Management (vgl. Korndörfer 1989; Rahn 1992; Staehle 1994; Ulrich/Fluri 1992), sondern auch diverse Managementansätze und Interpretationen des Begriffs „Management", auf die jedoch nicht weiter eingegangen werden soll. Es werden hier lediglich in knapper Form der Führungsprozess und die Aufgaben der Unternehmensführung vorgestellt. Nicht zu Unrecht hat Hans Ulrich i m Titel seiner schon Ende der 60er Jahre erschienenen Schrift „ D i e Unternehmung als produktives System" charakterisiert (vgl. Ulrich 1970). Ausgehend von einem systemorientierten (System als geordnete Gesamtheit von Elementen verstanden) bzw. ganzheitlichen Denk- und Handlungsansatz (vgl. Ulrich, Probst 1991) bezeichnet Ulrich die Führung als Gestalten, Lenken und E n t w i c k e l n gesellschaftlicher Institutionen. Dies sind die drei zentralen F u n k t i o n e n der Führung, die für das Überleben von Unternehmen

63

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

oder sonstigen Organisationen von hoher Relevanz sind (vgl. Abbildung Jung 1996, S.156).

21,

Abbildung 21: Hauptfunktionen der Führung

Führung Gestaltung • Entwerfen von Ordnung • Organisationsgestaltung - Aufbauorganisation - Ablauforganisation • Regeln schaffen • Das Unternehmen als handlungsfähige Ganzheit aufrecht erhalten

Lenkung

Entwicklung

• Festlegen, Auflösen und Kontrollieren von zielgerichteten Aktivitäten • Vollzug von Handlungen • Steuerung der Beschaffung, Produktion und Distribution • Nutzung von Informationen

• Suchen und Realisieren neuer Ziele und Verhaltensweisen • Beeinflussung der Unternehmenskultur • Förderung der Innovationsfähigkeit • Rahmenbedingungen zur Unternehmensevolution schaffen

Die drei Führungsfunktionen sind natürlich nicht statisch zu sehen; sie sind nicht unabhängig voneinander und können analytisch verschiedenen Managern zugeordnet werden. Generell kann festgehalten werden, dass die Funktionen des Gestaltens und des Entwickeins eher bei den höheren Führungsebenen angesiedelt sein sollten, da sie langfristig wirken und tiefgreifende Konsequenzen mit sich bringen.

4.2

Managementprozess u n d das „black-box"-Gebilde Unternehmen

Unternehmensführung beschränkt sich, wie bereits gesehen, nicht auf Führungsaufgaben. Unternehmen und Management sind komplexe Systeme. Es existieren einige Ansätze der Managementlehre (ζ. B. „optimale Kombination der Produktionsfaktoren" nach Gutenberg, der entscheidungsorientierte nach Heinen, Ergänzung des organisationstheoretischen Ansatzes durch verhaltenswissenschaftliche Aspekte), um realistisch integrierte Aussagen über das Untersuchungsobjekt der B W L - die Unternehmung - machen zu können

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

65

(Pichler/Pleitner/Schmidt 1996, S. 38). Gefolgt wird hier dem systemorientiert-ganzheitlichen Ansatz. Bei dieser systemorientierten Konzeption stehen nicht die einzelnen Funktionen i m Vordergrund, vielmehr bilden die Probleme der Geschäftsführung einer Organisation oder Institution den Ausgangspunkt von Entscheidungsprozessen. Das Unternehmen wird grundsätzlich als ein mit „Eigenleben" ausgestattetes Gebilde gesehen, in dem die leistenden Elemente (Unternehmer, Mitarbeiter, Betriebsmittel, Werkstoffe und Kapital), verknüpft durch das Gestaltungsmoment „Information", ihnen jeweils zurechenbare Funktionen erfüllen. Dies vollzieht sich i m Rahmen des Umfeldes oder der Umwelt eines Unternehmens. Das Unternehmen wird in diesem Ansatz als offenes, kybernetisches System definiert. Als weitere Dimension werden die Betriebslebensphasen der Unternehmung gesehen. Zwar werden die Entwicklungsphasen (Vorbereitung der Gründung, Gründungsphase, Wachstumsphase usw.) durch die äußeren Rahmenbedingungen beeinflusst, aber sie sind grundsätzlich durch die innerbetriebliche Organisation und die Unternehmensführung gestaltbar. Auch die Phasen i m Führungsprozess und die Mittel zur Zielerreichung sind unabhängig von der Unternehmensgröße und Branchenzugehörigkeit auf alle Unternehmen anzuwenden, wobei vor allem bei K M U der Unternehmer und die Mitarbeiter bzw. die Unternehmens- und Personalpolitik bei allen Funktionen i m Vordergrund stehen. Dieser Management-Ansatz ist demnach auch oder gerade für K M U von Bedeutung für eine erfolgreiche Unternehmensführung, wie u. a. Pichler/Pleitner/Schmidt (1996, S. 38 ff.) darlegen. Der Prozess der Unternehmensführung kann, abgeleitet aus der kybernetischen Betrachtungsweise von Lenkungsprozessen, als Management-Regelkreis mit den Komponenten Ziel-, Maßnahme- und Ressourcenplanung, Durchführung sowie Kontrolle (Resultate) verstanden werden. Dieser Prozess kann mit dem Begriff „Unternehmensplanung" belegt werden (vgl. Schlegel 1996, S.7). Abbildung 22 skizziert den integrativen Managementansatz (Thommen 1991, S. 736) Die Steuerungsfunktion kann in vier Teilfunktionen unterteilt werden: 1. Planung: Die Planung versucht ein Problem zu erkennen und zu analysieren, Lösungsvorschläge zu erarbeiten und zu beurteilen sowie die daraus resultierenden Ergebnisse vorherzusagen. 2. Entscheidung: Die Entscheidungsaufgabe besteht vor allem darin, die Ziele zu bestimmen, eine mögliche Variante der Problemlösung auszuwählen und über die Allokation der Mittel zu entscheiden. 3. Aufgabenübertragung: Bei arbeitsteiligen Problemlösungsprozessen müssen Aufgaben auf die an der Problemlösung beteiligten Mitarbeiter übertragen werden, um zu einer zielorientierten Problemlösung zu gelangen.

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

Abbildung 22: Integrati ver Managementansatz

1. Analyse der Ausgangslage

ι ^

\tistitutioneJ7

^strumenta;

2. Formulierung der Ziele \

Planung

ν — ^ C\ X / \ %• v ^ c w

• 3. Festlegung der Maßnahmen

Controllil c

Führung

Entscheidu«

4. Bestimmung des Mitteleinsatzes

Aufgabenübertragung 5. Durchführung (Realisation)

6. Resultate

Problemlösungsprozess

Steuerungsfunktionen

4. K o n t r o l l e : Diese Funktion besteht sowohl in der Überwachung der einzelnen Phasen des Problemlösungsprozesses als auch in der Kontrolle der daraus resultierenden Ergebnisse (vgl. Thommen 1991, S. 40). Abschließend sei betont: E r f o l g oder Misserfolg der unternehmerischen Tätigkeit hängt heute mehr denn je von der Q u a l i t ä t der Führungskräfte als vom optimalen Kapital- oder Materialeinsatz ab. Dem „Humankapital" i m allgemeinen und dem „dispositiven Faktor" i m speziellen muss unabhängig von Branche, Betriebsgröße oder Rechtsform, eine zentrale Bedeutung für den Bestand und die Entwicklung eines Unternehmens beigemessen werden.

4.3

Aufgaben- u n d personenorientierte Unternehmensführung

Die M i t a r b e i t e r und die Q u a l i t ä t der F ü h r u n g (des Führungspersonals) sind zentrale Erfolgsfaktoren eines Unternehmens und haben strategische Bedeutung für die Unternehmensentwicklung. „Es liegt im ureigensten, letztlich finanziell begründeten, Interesse eines Unternehmens, Aspekte des Personals in seine Überlegungen miteinzubeziehen. Nur die fachlich geeigneten Mitarbeiter, die zugleich entsprechend motiviert

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

67

sind, tragen letztlich zum Erfolg des Unternehmens bei. Die fachliche Qualifikation bei fehlender Motivation - oder die Motivation bei fehlender fachlicher Qualifikation - allein reicht für die Effektivität der Mitarbeiter nicht aus. Vielfach wird gerade von Kleinunternehmen die Personalseite vernachlässigt, zum Nachteil des Unternehmens. Eine gezielte Befassung mit der Personalthematik kann die Unternehmenseffizienz und damit die Ertragslage eines Kleinunternehmens verbessern."

Wie bereits dargelegt, muss jede Führungskraft, w i l l sie die betrieblich gesetzten Ziele erreichen, sowohl aufgabenorientiert (Koordination von A k t i vitäten, Arbeitsziele definieren, Anspornen) als auch personenorientiert (Förderung der Mitarbeiter, Förderung von Zusammenhalt und Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten) handeln (vgl. Abbildung 23, Zander 1995, S. 31). In gewisser Weise kann auch von quantitativer und quaAbbildung 23: Führungsfunktionen: Aufgaben- und Personenorientierung Führung - persönliche Einflussnahme auf das Verhalten anderer zur Realisierung bestimmter Ziel (d.h. Finden, Treffen, Durchsetzten und Durchführen von Entscheidungen und Kontrollieren von deren Auswirkungen)

Lokomotionsfunktion zur Erreich m g der Ziele

Kohäsionsfunktion in der Gruppe: Gruppenerhalt bzw. -Stärkung

aufgabenorientiert (initiieren, organisieren, anweisen)

personenorientiert (zuhören, vertrauen, ermutigen)

ι

Vorbild an Einsatz und Überzeugung

Achtung der Mitarbeiter als Menschen

Echtheit des Führungsverhaltens

68

Kapitel II: Unternehmensführung

und Unternehmensentwicklung

litativer Unternehmensführung gesprochen werden. Wichtig ist zu erkennen, dass es sich um ergänzende und miteinander verzahnte und nicht um ersetzende Führungsansätze handelt. Hieraus lässt sich mehr oder weniger die Frage nach der Gestaltung der F ü h r u n g (auf organisatorischer und personaler Ebene) beantworten, da in einer modernen Führung die zwei Zieldimen-

sionen wirtschaftliches Betriebsergebnis und Mitarbeiterzufriedenheit als gleichwertig betrachtet werden, auch wenn i m Einzelfall kurzfristig Prioritäten gesetzt werden. Zwar kann bzw. muss beispielsweise kurzfristig das wirtschaftliche Ziel, d.h. die Aufgabenerledigung i m Vordergrund stehen, langfristig „dürften Betriebe jedoch nur Bestand haben, wenn beide Ziele gleichrangig verfolgt werden, wobei durchaus ein Austausch eines notorisch unzufriedenen Mitarbeiters eine sinnvolle Maßnahme sein kann, um insgesamt zufriedene Mitarbeiter zu beschäftigen" (Hering/Baumgärtl 1989, S. 557).

Die strategische Bedeutung der Mitarbeiter für die Unternehmensentwicklung ist unverkennbar. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass Führungskräfte Menschen bzw. Charaktere einschätzen und beurteilen und sich Gedanken darüber machen, welches Führungsmodell bzw. welcher Führungsstil der richtige oder angemessene ist, um beiden Aspekten, d. h. der Aufgaben- und Personenorientierung, gerecht zu werden. Wobei i m Hinblick auf den Führungsstil wohl eher die Frage lautet: Welcher Führungsstil ist in welcher Situation richtig? (vgl. Zdrowomyslaw/Dürig 1999, S. 201 ff.). Patent-

rezepte der Personalführung gibt es nicht!

4.4

Manager - Unternehmenslenker oder „ N i e t e n i n Nadelstreifen"?

Manager, Führungskräfte und Unternehmer sind wichtige Hauptträger des wirtschaftlichen Fortschritts, die Motoren der Wirtschaft, und es gibt sie in Unternehmen aller Größe. Die Qualität dieser Führungspersonen ist maßgeblich für den Erfolg oder Misserfolg von Unternehmen verantwortlich. Nicht erst seit dem Buch von Günter Ogger (1992) mit dem reißerischen Titel „Nieten in Nadelstreifen. Deutschlands Manager i m Zwielicht" stellt sich u. a. die Frage, was eine Person zu einem Manager oder einer Führungsperson macht. Überhaupt scheint die Zunft der Manager und Kontrolleure in den letzten Jahre stark in Verruf gekommen zu sein (vgl. Gaulke 1997, Riße 2003).

Kapitel II: Unternehmensführung 4.4.1

und Unternehmensentwicklung

Managementhierarchie und Aufgaben

Geht man von der hierarchischen Einordnung der Mitarbeiter in einem Unternehmen aus, so wird nicht nur die oberste „Etage", sondern fast jede Person, die Mitarbeiterverantwortung trägt, dem Management zugerechnet bzw. mit der wohlklingenden Bezeichnung Manager versehen. Angesichts einer solch weiten Abgrenzung gibt es demnach in Deutschland mehrere hunderttausend Manager. Abbildung 24 zeigt schematisch die Einordnung von Managementebenen und Tätigkeitsfeldern. Wenn allerdings in Veröffentlichungen (Zeitschriften usw.) über Missmanagement berichtet wird und von „Anpassern", „Duckmäusern" und „Fachidioten" gesprochen wird, so ist i. d. R. das Top-Management bzw. die Chefetage gemeint. Sicherlich nicht völlig zu Unrecht, da vor allem die Geschäftsführung und ggf. die Verantwortlichen der Überwachungsorgane (ζ. B. Aufsichtsratsmitglieder) mit ihren Entscheidungen maßgeblich zum Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens beitragen. Allerdings sei hier kritisch angemerkt, dass es in jeder Institution und auf jeder Hierarchieebene die Erfolgreichen, die weniger Erfolgreichen und die Versager gibt. Außerdem sollte nicht übersehen werden, dass das Urteil darüber, wer ein Versager und wer keiner ist, nicht völlig wertneutral gefällt werden kann und durchaus von Interessen geprägt ist. Abbildung 24: Managementebenen und Tätigkeitsfelder

1 ö ω ö ω

/To

1 ö ο "S

A

X)

w ö ω

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Upper \

Tätigkeitsfeld

Personelle Besetzung

Oberste Spitze

Grundsatzentscheidungen

Unternehmer

des Unternehmens

Β

Bereichs-

Q bß Ö

Middle

\

Λ ο

\

Bereichsleiter

management

Umsetzung der Grundsatzentscheidungen im Bereich

Abteilungs-

Geschäftspolitik ausführen

Abteilungsleiter

management

Ausführung

Haupt-Abteilungsleiter

Obermeister Betriebsleiter

s

GruppenLower

Vorstand Geschäftsführer

bO JJ

Wasserköpfe< usw. Organisatorische Potenziale: Möglichkeiten zur gesteigerten Wertschöpfung durch die Neugestaltung innerbetrieblicher Abläufe und Strukturen, etwa mit dem Ziel der Reduktion von Durchlaufzeiten oder der Sicherstellung größerer Basisnähe bei den Entscheidungsträgern und vermehrter Eigeninitiative auf allen Unternehmensebenen Standortpotenziale: Die wertschöpfungssteigernden Vorteile ζ. B. aus dem Besitz von Verkaufspunkten in attraktiven Lagen, der Verlagerung von Produktions-

rungen (neue Instrumente, neue Anlegerpräferenzen, Preisschwankungen) auf den internationalen Geld-, Kapital- und Devisenmärkten ergeben. Imagepotenziale : Die Vorteile aus einem hohen Bekanntheits- und Prestigegrad der Produkte und Marken bei den Kunden, aber auch aus einem allgemein guten Ruf des Unternehmens in der Öffentlichkeit (ζ. B. als ökologisch sensibles, sozial vorbildliches, Sport und Kultur förderndes, mit seiner Standortgemeinde eng verbundenes Unternehmen). Informatikpotenziale: Möglichkeiten für die Modifikation (>UpgradingStandbeins< in einem nach außen protektionistischen Wirtschaftsraum usw. Synergiepotenziale : Möglichkeiten aus der geschäftsfeldübergreifenden gemeinsamen Nutzung von spezifischen Erfolgspositionen (SEPs) des Unternehmens (ζ. B. genaue Kundenkenntnisse, eine etablierte Verkaufsmannschaft, Zugang zu bestimmten Vertriebskanälen, eingeführte Marken, ein flexibel ein setzbarer Produktionsapparat, bestimmte F&E-Erkenntnisse, größenbedingte Verhandlungsmacht gegenüber Lieferanten, Abnehmen, Banken).

Abschließend sei hier lediglich nochmals betont, dass der Niedergang eines Unternehmens keine „naturgesetzliche Notwendigkeit" darstellt, sondern, dass seine Weiter-Entwicklung durch geeignete Maßnahmen beeinflussbar ist. Steinmann/Schreyögg fassen die Bedeutung der Kenntnisse über den Unternehmens-Lebenszyklus für die Unternehmensführung wie folgt zusammen. „Die Lebenszyklus-Betrachtung verweist auf die Adaptions-Fähigkeit, die Organisations-Strukturen besitzen müssen, um die Probleme bewältigen zu können, die sich aus den unterschiedlichen Phasen und deren Übergängen stellen. Natürlich gibt auch diese Lebenszyklusbetrachtung - ähnlich wie die der Umwelt und Technologie - nur einen groben Rahmen für die sich immer wieder verändernde Organisationsproblematik, keineswegs bestimmen die einzelnen Phasen die Strukturform im einzelnen. Darüber hinaus sei darauf verwiesen, dass die Entwicklung einer Unternehmung alles andere als ein automatischer Prozess ist, es ist ja gerade das Ziel der Unternehmensführung

122

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

und der strategischen Planung, diesen Prozess zu steuern" (Steinmann/ Schreyögg 2002, S. 442 f.).

6.

Unternehmensstrategien zur Unternehmensentwicklung

Eine strategisch ausgerichtete Unternehmens- und Personalführung hat die Sicherung der langfristigen Unternehmensentwicklung im Blick. Dies ist Chefsache oder der obersten Unternehmensebene (bei Großunternehmen i. d. R. die Konzernspitze bzw. die Holding). Das begründet das „Primat der Planung" und die Formulierung von Zielen. Wie Abbildung 52 zeigt, weisen Strategien im Prozess der strategischen Führung den Weg in die Zukunft (vgl. Ziegenbein 2002, S. 110)

Abbildung 52: Strategien - Weg in die Zukunft Wert

Strategie umfasst die langfristigen Ziele, Maßnahmen (Verhaltensweisen) u n d M i t t e l (Ressourcen) eines Unternehmens.

Zeit

Bereits an diesen Ausführungen wird erkennbar, dass zwischen der Formulierung von Strategien und der Unternehmensentwicklung ein sehr enger Zusammenhang besteht. Denn mit den Strategien auf Unternehmensebene wird die generelle Stoßrichtung im Hinblick auf die Entwicklung des Unternehmens angegeben. Es wird an dieser Stelle geklärt und entschieden, ob Wachstum, Stabilisierung oder Desinvestition die strategische Zielausrichtung be-

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

123

stimmen. Oder anders ausgedrückt: Die Marktausrichtung des Unternehmens bzw. die angestrebten Geschäftsfelder bestimmen zunächst die Grundstrategie, auf der die Entwicklung der einzelnen Strategischen Geschäftsfelder in ihrer Planung aufsetzen. D.h., auf Geschäftsbereichsebene ist der Rahmen auszufüllen, der von der Unternehmensstrategie vorgegeben ist. Die Geschäftsbereichsstrategie hat sich vor allem folgenden Fragen zuzuwenden: • Wie soll die Marktgrenze gezogen werden? • Mit welchen Mitteln soll der Wettbewerb ausgetragen werden? • Zwar gibt es mehrere Möglichkeiten, sich diesen Fragen anzunehmen, aber vielfach orientiert man sich an der Konzeption Porters, der drei Wettbewerbsstrategien unterscheidet: Kostenführerstrategie, Differenzierungsstrategie und Nischenstrategie (Konzentration auf Schwerpunkte oder Marktnischen). Welche Strategie ist für das Unternehmen und den Geschäftsbereich in der jeweiligen Situation die richtige? • Letztlich gilt es, konkrete Maßnahmen unter Berücksichtigung der Erfolgsfaktoren (wie z.B. Personal, Qualität, Kosten, Zeit) zu entwickeln und zu Aktionsprogrammen (Maßnahmen) zu bündeln und zwar mit der strikten Ausrichtung auf die strategisch gesetzten Ziele des Unternehmens. Die Entwicklung und Nutzung von Leistungspotenzialen erfolgen auf der jeweiligen Funktionsbereichsebene, so dass zwischen Beschaffungs-, Produktions-, Technologie-, Finanzierungs-, Marketing- und Personalstrategien unterschieden werden kann (vgl. Bea/Haas 2001, S. 163 ff.). Strategien stellen entscheidungstheoretisch Handlungsalternativen dar. Da es zahlreiche Wege gibt, die zum Ziel führen, sind auch die Strategiearten entsprechend umfangreich, wie Abbildung 53 verdeutlicht (vgl. Bea/Haas 2001,

Abbildung 53: Strategiearten auf den Ebenen des Planungssystems E b e n e des

Strategiearten

Planungssystems Unternehmensstrategie UnternehmensEbene (Corporate level)

^ ^ ^ ^ ^

Wachstumsstrategie Stabilisierungsstrategie - Produkt-Markt-Strategien - Lokale, nationale, internationalen u. globale Stragegien - Autonomie, Kooperations- u. Integrationsstrategien

Geschäftsbereichs-

Desinvestitionsstrategie

Geschäftsbereichsstrategie

Ebene

^ ^ ^ ^ ^ ^ ^

(business l e v e l ) Kostenführerstrategie

Produktdifferenzierungsstrategie

Nischenstrategie

Funktionsbereichsstrategien

Ebene der Funktionen (functional level)

Beschaffungs- Produktions-

Absatz-

Finanz-

Personal-

S

Technologiestrategie

mögliche Stragegien in Personalteilbereichen Finden

Binden^

Qualifizieren

Anreizsysteme schaffen

Karriereperspektiven aufzeigen

Schlüsselqualifikationen

Abwerben

Familienfreundliche Arbeitszeiten

Weiterbildung

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus S. 165). Die Frage kann also nur lauten: Welche Strategienkombination erweist sich als optimal und wie kann das Controlling dabei seiner koordinierenden Funktion gerecht werden? Allerdings gibt es nicht nur Unternehmensstrategien, die das Wachstum des Unternehmens i m Auge haben. Die Praxis kennt selbstverständlich Stabilisierungs-, Konsolidierungs- wie auch Desinvestitionsstrategien. Dass es sich bei dem Modell des Unternehmens-Lebenszyklus und der Diskussion bezüglich der Strategiearten um sehr praxisrelevante Erkenntnisse handelt, mag das Fallbeispiel über die Siemens AG verdeutlichen.

7.

Unternehmens-Lebenszyklus : Fallbeispiel Siemens A G

Wie sich der Unternehmens-Lebenszyklus der Siemens AG seit der Gründung vollzogen hat, ist von Macharzina (2003, S. 177 ff.) zusammengestellt worden und wird i m Folgenden zitiert.

Siemens AG Die Siemens A G ist schwerpunktmäßig in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnik, Anlagentechnik, Medizintechnik sowie Energieerzeugung, -Übertragung und -Verteilung tätig. I m Geschäftsjahr 2000/2001 hat das Unternehmen mit 484.000 Mitarbeitern einen Weltumsatz von 87 M i l liarden Euro erzielt. A m Beispiel der Siemens A G lässt sich treffend zeigen, wie sich Umweltentwicklungen, Unternehmensziele und -grundsätze, Unternehmensstrategie und Organisationsstruktur sowie das Controlling gegenseitig beeinflussen.

Pionierphase Das ursprünglich i m Jahr 1847 von Werner von Siemens und Johann Georg Halske als Telegraphenbauanstalt gegründete Unternehmen hat sich in seiner Pionierphase auf den Bereich der Schwachstromtechnik konzentriert und ist dabei bis zum Jahre 1854 schwerpunktmäßig auf dem Inlandsmarkt tätig gewesen. Aufgrund der zunächst geringen Umweltkomplexität konnten nahezu sämtliche Entscheidungen zur Führung des Unternehmens von den beiden Eigentümern selbst getroffen werden. Bereits i m Jahr 1854 hat sich jedoch die Handlungssituation grundlegend verändert, als das Unternehmen einen Großauftrag für den Aufbau eines Telegraphennetzes in Russland zugeschlagen bekam. M i t der Übernahme dieses Großauftrags wurde die mittlerweile als

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

125

traditionell zu bezeichnende starke internationale Orientierung des Hauses Siemens begründet. Angesichts der durch die Internationalisierung erhöhten Umweltkomplexität und des angestiegenen Geschäftsvolumens mussten sich die Inhaber auf wichtige Unternehmensentscheidungen konzentrieren. Operative Entscheidungen i m Produktionsbereich, in der Buchhaltung, i m Vertrieb und in der Montage wurden hingegen dezentralisiert. Dies geschah i m Zuge einer ersten i m Jahr 1854 vollzogenen Reorganisation, bei der eine funktionale Organisationsstruktur und mit ihr eine zweite Führungsebene eingerichtet wurden. Die funktionale Organisationsstruktur wurde auch beibehalten, als nach dem Ableben der Firmengründer in den Jahren 1890 bzw. 1892 die Nachfahren der Siemens-Familie das Unternehmen leiten. Die zweite Reorganisation des Unternehmens ist ebenfalls durch Umweltentwicklungen sowie auf sie abgestimmte Strategieänderungen ausgelöst worden. Nach der Erfindung des dynamoelektrischen Prinzips hat sich nämlich auch Siemens & Halske gegen Ende des 19. Jahrhunderts verstärkt dem Starkstrombereich zugewandt und damit ein zweites „Geschäftsfeld" aufgebaut. Der Starkstrombereich hat jedoch insbesondere i m Jahr 1903, als sich das seit 1897 in der Rechtsform einer A G firmierende Unternehmen mehrheitlich an den i m Starkstrombereich tätigen Schuckertwerken beteiligt, erheblich an Bedeutung gewonnen. U m Verbundeffekte (Economies of Scope) nutzen zu können, hat man sich bereits damals entschlossen, die Starkstromaktivitäten der Siemens & Halske in die neu gegründete Siemens-Schuckertwerke A G einzubringen. Neben der Unterschiedlichkeit der Technologien dürften vor allem die stark angewachsene Größe des Starkstromgeschäfts, die zunehmende Wettbewerbsintensität und die dynamische Entwicklung der Auslandsmärkte zu der organisatorischen Trennung des Stark- und Schwachstromgeschäfts geführt haben. Die organisatorische Separation von Stark- und Schwachstromgeschäft kann dabei als Vorläufer einer Spartenorganisation angesehen werden, die dem idealtypischen Spartenkonzept jedoch insofern nicht entsprach, als das Unternehmen nach wie vor zentralistisch und damit in einer Weise geführt wurde, die dem Spartenkonzept weitgehend fremd ist. Seit dem Jahr 1924 wurde das Tätigkeitsspektrum durch die Akquisition der Reiniger, Gebbert & Schall A G (später Siemens-Reinigerwerke A G ) erweitert und mit der Medizintechnik ein weiteres Standbein geschaffen, welches als dritte Sparte in die Gesamtstruktur des Unternehmens integriert wurde. Die so geschaffene geschäftsbereichsorientierte Grundstruktur des Unternehmens hat mehr als vier Jahrzehnte Bestand gehabt und ist erst anlässlich der Mitte der 1960er Jahre vollzogenen rechtlichen Integration der bis dahin getrennt nebeneinander bestehenden Gesellschaften Siemens & Halske A G , SiemensSchuckertwerke A G und Siemens-Reinigerwerke A G zu der neuen Siemens A G modifiziert worden.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus Phase starken Unternehmenswachstums Umweltentwicklungen in der Form eines starken Wachstums auf den Märkten für das Anlagen- und Behördengeschäft, der rasche technologische Wandel mit dem Übergang auf die Computer- und Halbleitertechnik und damit eine Verkürzung der Produktlebenszyklen sowie die beginnende Globalisierung des Geschäfts führten ebenso wie unternehmensbezogene Veränderungen, die zunehmende Größe des Unternehmens und die erhöhte räumliche und leistungsprogrammbezogene Diversifikation zu Überlegungen für eine Reorganisation des Unternehmens. Durch die Neuorganisation mit Wirkung von Herbst 1969 wurde die Siemens A G dergestalt neu gegliedert, dass sechs Unternehmensbereiche, fünf Zentralabteilungen, daneben aber auch regionale Einheiten sowie in- und ausländische Beteiligungsgesellschaften in der Organisationsstruktur ihre Berücksichtigung fanden. M i t dieser neuen Struktur sollte das Spartenkonzept insofern deutlicher als zuvor verwirklicht werden, als die sechs Unternehmensbereiche weitgehend selbstständig agieren sollten. Die fünf Zentralabteilungen Betriebswirtschaft, Finanzen, Personal, Technik und Vertrieb sollten die Unternehmensbereiche beraten und koordinieren sowie das Top-Management bei der Verwirklichung der Unternehmenspolitik unterstützen. Das Top-Management versprach sich von der Reorganisation insbesondere die Sicherung des Unternehmenswachstums, den Ausbau der Marktstellung, eine hohe Leistungsfähigkeit und -bereitschaft aller Mitarbeiter und damit letztlich gute Erträge. Bei der faktischen Umsetzung der neuen Organisationsstruktur wurde jedoch vom Spartenkonzept insofern abgewichen, als den Zentralabteilungen - wohl aus Gründen der Sicherung einer einheitlichen, bereichsübergreifenden Unternehmenspolitik - bei allen gemeinsamen Fragen eine sehr weitreichende Richtlinienkompetenz eingeräumt wurde. Von unternehmerisch selbstständigen Unternehmensbereichen, wie sie für das Spartenkonzept typisch sind, konnte somit auch jetzt nicht gesprochen werden. Aufgrund der weitreichenden Kompetenzen der Zentralabteilungen glich die 1969 in Kraft getretene Organisationsstruktur stärker dem Matrixkonzept als dem Spartenkonzept. Dass dieses durch die d r i t t e Reorganisation geschaffene Strukturkonzept aber trotzdem durchaus nützlich gewirkt hat, zeigt sich daran, dass sich das Unternehmen zwischen 1969 und 1989 zu einem Weltunternehmen von beachtlicher Größe und wirtschaftlicher Bedeutung entwickelt hat. So konnte Siemens seinen Umsatz in dieser Zeitspanne von 5,1 Milliarden Euro auf 32,2 Milliarden Euro steigern. Die von der starken Betonung der Zentralabteilungen ausgehende intensive Koordination der Unternehmensbereiche dürfte in dieser Phase insbesondere auch deshalb zweckmäßig gewesen sein, da in den 1970er und beginnenden 1980er Jahren noch nicht in dem selben Maße wie heute die Notwendigkeit zur Erzielung globaler Skaleneffekte und zu rascher Reaktion auf Marktveränderungen bestand.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

127

Konsolidierungsphase Bei der vierten Reorganisation i m Jahre 1989 hat man sich bei der Siemens A G für die Spartenorganisation unter Beibehaltung des Stammhauskonzepts und nicht für einen lockeren Subsystemverbund in der Form einer Holdinggeführten Gesellschaft entschieden, um damit dem hohen Diversifikationsgrad des Unternehmens ebenso wie der Notwendigkeit zur Erzielung von Flexibilitäts- und Effizienzvorteilen sowie dem Wunsch nach einheitlichem Auftreten nach Außen hin gerecht zu werden. Schwerpunkte der Geschäftstätigkeit des mittlerweile zu den führenden Technologiekonzernen gehörenden Unternehmens bestanden in der Energietechnik, der Anlagentechnik, der Informations- und Kommunikationstechnik einschließlich entsprechender Softwareprodukte sowie der Medizintechnik. Bei der neuen Organisationsstruktur handelt es sich insofern nunmehr um eine „richtige" Spartenorganisation, als den mittlerweile 17 Geschäftsbereichen ebenso wie den zahlreichen Auslandsgesellschaften ein relativ hohes Maß an Autonomie eingeräumt wurde, wobei die Gewinnsituation der Einheiten als letztendliches Koordinationsmedium diente. Die Aufgabe der Zentralabteilungen bestand stärker als i m Vorgängerkonzept in der Zurverfügungstellung von Serviceleistungen für die Unternehmensbereiche, die diese den eigenen Erfordernissen entsprechend abrufen und nutzbar machen konnten. U m besser auf die Kundenwünsche eingehen zu können, wurde eine weitere Regionalisierung der Vertriebsorganisation realisiert. Diese Maßnahme dient ebenso der Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit wie die ebenfalls i m Zuge der Reorganisation vorgenommene Abflachung der Hierarchie. U m mit dem raschen technologischen W a n d e l auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie - hervorgerufen insbesondere durch Entwicklungen in der Mikroelektronik, dort vor allem durch eine M i niaturisierung der Bauelemente und Integration der Schaltkreise vorangetrieben - Schritt halten zu können, waren bei der Siemens A G eine Intensivierung der Forschung und Entwicklung, aber auch umfängliche Kapitalinvestitionen erforderlich. So erreichten die Forschungs- und Entwicklungskosten bei Siemens innerhalb von fünf Jahren (Geschäftsjahr 1983/84 bis 1988/89) einen Gesamtanstieg um mehr als 80 Prozent. Insgesamt bedeutet dies, dass von 100 Euro Umsatzerlösen fast 20 Euro für Forschungs-, Kapital- und Bildungsaufwendungen verzehrt wurden und ein Achtel der Mitarbeiter i m F&E-Bereich tätig waren. U m die hohen Forschungs- und Entwicklungskosten bei den gegebenen kurzen Produktlebenszyklen tragen zu können, musste die Siemens A G immer größere Produktions- und Absatzmengen erzielen, was wiederum nur durch eine breite, auf den Weltmarkt zugeschnittene Vermarktung der Produkte und Dienstleistungen möglich war.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus Wandel der Märkte und Dezentralisierung In einer zweiten Welle der Globalisierung Anfang der 1990er Jahre sorgten der Niedergang planwirtschaftlicher Systeme, die Welle der Privatisierung und Deregulierung der Märkte sowie der Abbau von Handelshemmnissen durch die Institutionalisierung der G A T T , aber auch die rasante Verbesserung der Informations- und Kommunikationswege und der bessere Zugang zum weltweiten Kapital für Schwellen- und Wachstumsländer durch die Liberalisierung der Kapitalmärkte dafür, dass sich die Wettbewerbsmärkte um wesentliche Teile Asiens, Südamerikas und Osteuropas vergrößerten. Die zunehmende Internationalisierung erforderte von den weltweit tätigen Unternehmen verstärkt maßgeschneiderte Lösungen, um den Kundenanforderungen auf den unterschiedlichen lokalen und regionalen Märkten gerecht zu werden. Die bisherige Orientierung der Kunden an Produkten wurde zunehmend durch eine Nachfrage nach Dienstleistungen und Lösungen verdrängt. A u f den etablieren Märkten verschärfte sich der Wettbewerb mit ruinösem Preiswettbewerb, verkürzten Technologiezyklen und neuen Konkurrenten aus den bisherigen Schwellenländern. Diese Entwicklung auf dem globalen Markt erforderte auch von der Siemens A G , die 2001 einen Auslandsanteil am Gesamtumsatz von 78 Prozent hatte, eine stärkere regionale Präsenz und Kompetenzausstattung, um bei zunehmender Innovationsgeschwindigkeit i m Zeitwettbewerb bestehen zu können. Dies prägte auch das B i l d vom SiemensKonzern als einem „Global Network of Innovation". Die Strategie der Siemens A G ist durch den globalen Absatz der vom Unternehmen erstellten Leistungen geprägt. U m die Skalen- und Verbundsvorteile zu realisieren, die für einen Erfolg am globalen Markt notwendig sind, hat auch Siemens in der Vergangenheit immer wieder mit anderen Unternehmen fusioniert, Bereiche aufgekauft oder ist strategische Partnerschaften mit Wettbewerbern eingegangen. So wurde unter anderem i m Geschäftsjahr 1999/2000 i m Bereich Information and Communication Mobile ( I C M ) mit Fujitsu Computers Europe Ltd. Ein Joint Venture zu Fujitsu Siemens Computers B.V. geschaffen sowie ein weiteres Joint Venture i m Bereich Automation and Drives mit der japanischen Yaskawa Electric Corporation. I m Geschäftsjahr 2000/2001 zählten zu den gewichtigsten Käufern die Shared Medical Systems Corporation sowie die Acuson Corporation durch den Bereich Medical Solutions, die Efficient Networks, Inc., durch den Bereich Information and Communication Networks (ICN) und der Kauf der Mehrheitsbeteiligung an der Atecs Mannesmann AG. In anderen Bereichen, die strategisch als weniger ertragsreich erachtet wurden, wurde desinvestiert bzw. wurden diese Geschäftsgebiete an die Börse gebracht. Hierzu zählten i m Geschäftsjahr 1999/2000 der Börsengang der Epcos A G sowie der Infineon Technologies AG. Siemens Nixdorf Retail and Banking Systems wurde an ein Finanzkonsortium verkauft, der Bereich Elektromechanische Komponenten an Tyco International Ltd., das Geschäft mit Lichtwellenleitern und Glasfaserkabeln an

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

129

die Corning, Inc., USA sowie der Anteil am schweizerischen Kabelnetzgeschäft an N T L , Inc., USA. Das internationale Joint Venture Fujitsu Siemens, das der größte PC-Hersteller Europas mit einem Weltmarktanteil von 7,6 Prozent in 2003 hinter HP (19,3 Prozent) und Dell (11,2 Prozent) bildet, kann als Erfolgsstory gewertet werden, da es nach 18 Monaten bereits einen R o l ausweisen, sein Betriebsergebnis in 2002 verdoppeln konnte und um 5,3 Prozent gewachsen ist; dieses nimmt sich allerdings gegenüber dem mit 40 Prozent gewachsenen ACER, der I B M von Platz vier verdrängt hat, relativ bescheiden aus. Abb. 54: Ebenen der Führungsstruktur bei der Siemens AG

Bei einem weltweit agierenden Unternehmen können nur schlanke, flexible und unternehmerisch geführte Einheiten vor Ort garantieren, dass für den Erfolg des Unternehmens wesentliche Marktentwicklungen rechtzeitig erkannt werden. Dementsprechend ist auch die Organisationsstruktur bei Siemens ausgerichtet (vgl. Abbildung 54): Sie besteht aus den sechs Arbeitsgebieten Information and Communication, Automation and Control, Power, Transportation, Medical and Lighting, die sich wiederum in 14 Bereiche aufgliedern. Diese Bereiche sind in ihren Tätigkeitsfeldern zu unterschiedlich, um sie einheitlich betrachten und steuern zu können. Ergänzt werden diese sechs Arbeitsgebiete um die Bereiche Financing und Real Estât sowie um Zentralabteilungen und Zentralstellen. Den 40 Bereichen unterstehen 90 Geschäftsgebiete, die eigene strategische Businesspläne vorlegen. Die eigentlichen Geschäftsstrategien werden jedoch erst auf der Ebene der 170 Geschäftsfelder entwickelt, da diese die notwendige Nähe zu Markt, Kunden, Technologien und Wettbewerbern aufweisen. Die hohe Priorität von Flexibilität und Schnelligkeit äußert sich darin, dass die Verantwortlichen für die Geschäftsfelder weitgehende Entscheidungsautonomie haben und so die Entscheidung an den Ort des Geschehens verlagert wird. Da die einzelnen Geschäfte sehr unterschiedlich ausgerichtet sind und die Produktlebenszyklen stark variieren, ist die Heterogenität von Unternehmenskulturen notwendig und gewollt. Die Aufgabe der Unternehmenslei-

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus tung besteht darin, Finanzmittel und Managementpotenzial optimal einzusetzen, eine ausgeglichene Geschäftsstruktur des gesamten Unternehmens sicherzustellen, die Nutzung bereichsübergreifender Synergien zu garantieren und neue Arbeitsgebiete aufzubauen. U m ein derart komplexes Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich zu führen, ist ein präziser Planungs- und Berichtsprozess notwendig. I m A p r i l jeden Jahres werden bei der Siemens A G die Rahmenziele von der Unternehmensleitung für das gesamte Unternehmen und die Bereiche festgelegt. Anschließend werden die Geschäftspläne und Budgets in den operativen Einheiten erarbeitet und zum Geschäftsjahreswechsel i m September/Oktober mit dem Zentralvorstand besprochen. Die Quartalsdaten auf der Ebene der Geschäftsgebiete und -felder werden in so genannten Quartalsgesprächen ausführlich mit dem erweiterten Vorstand erörtert. Während der Plandurchsprache i m September werden auch „Geschäftspolitische Durchsprachen" festgelegt, in denen Geschäftsfelder oder -gebiete mit Ertragsproblemen oder solche, die auf besonders innovativen Märkten tätig sind, vertieft behandelt werden. Zudem werden jährlich oder i m zwei- bis dreijährigem Rhythmus auch Durchsprachen für einzelne Regionen vorgenommen. Das Ziel für alle Geschäftseinheiten, Projekte und Investitionen ist die Steigerung des Economic Value Added, bei Siemens „Geschäftswertbeitrag" genannt. Er wird berechnet, indem man vom Geschäftsergebnis die Kapitalkosten für das eingesetzte Geschäftsvermögen abzieht. Da der Geschäftswert also die Differenz zwischen dem Marktwert und dem investierten Geschäftsvermögen darstellt, reflektiert er die Erwartung des Kapitalmarktes hinsichtlich der zukünftigen Geschäftsentwicklung. Anhand des Strategischen Geschäftsinformationssystems wird die Wirtschaftlichkeit eines jeden Geschäftsfeldes einmal jährlich zur Planungsrunde auf einem standardisierten Datenblatt dargestellt. Dort werden der Gegenstand des jeweiligen Geschäftes, das geschäftliche Umfeld, die strategische Ausgangssituation sowie die Strategien und wirtschaftlichen Zielsetzungen charakterisiert.

Ausblick: Siemens - die virtuelle Organisation? Siemens hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem stark diversifizierten Unternehmen entwickelt. Sicherlich ist es dieser Diversifizierungsstrategie zu verdanken, dass die turbulenten Marktentwicklungen i m Zusammenhang mit dem Aufstieg und Fall der New Economy dem Unternehmen weit weniger geschadet haben als manchen Wettbewerbern. Allerdings haben die Entwicklungen in der jüngeren Vergangenheit auch den großen, weltweit tätigen Firmen gezeigt, dass der Erfolg eines Unternehmens stark von den situativen Gegebenheiten an den interdependenten Weltmärkten abhängig ist. Einerseits ist eine Differenzierung, Individualisierung sowie Zentralisierung in den Strategien und Strukturen erforderlich, um rasch und flexibel auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren zu können, andererseits eine gewisse Homogeni-

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s tät, Vereinheitlichung und Zentralisation, um dem Wirtschaftlichkeitsziel gerecht zu werden. Als Unternehmen der Zukunft kann Siemens folglich sich eine virtuelle Organisation vorstellen. Siemens versteht darunter ein Netz von lose gekoppelten Organisationseinheiten bzw. Kompetenzeinheiten mit dezentraler Entscheidungskompetenz und Ergebnisverantwortung. Insbesondere durch die Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken besteht die Möglichkeit, temporär einzelne Kompetenzen zu neuen Geschäften zu bündeln, um so das i m Unternehmen verstreute Wissen effizient zu nutzen und neue Wertschöpfungsmöglichkeiten zu erschließen.

8.

Besondere Aspekte im Rahmen des Unternehmens-Lebenszyklus

Interessante Gesichtspunkte, die in engem Zusammenhang zu einzelnen Phasen des Unternehmens-Lebenszyklus betrachtet werden können, sind zum einen die Einordnung von Krisenindikatoren und zum anderen, die Frage nach den Finanzierungsmöglichkeiten.

8.1

K r i s e n i n d i k a t o r e n f ü r bestimmte Entwicklungsphasen

Wie bereits besprochen, werden auftretende Krisen, je nach dem welcher Aspekt i m Vordergrund steht, i m Verlauf des Unternehmens-Lebenszyklus unterschiedlich benannt. So macht Bleicher die Professionalisierungs-Krise, die Innovations-Krise, die Synergie-Krise, die Autonomie-Krise und die Unternehmenskonzept-Krise aus. Bei der nun folgenden Beschreibung der K r i senindikatoren werden die Inkompetenz-, Fehlprognose-, Verzettlungs-, Überexpansions-, Diversifikations-, Identitäts-, Nachfolge-, Macht- und Bürokratie· sowie Wendekrise näher beleuchtet (vgl. Pümpin/Prange 1991, S. 224 ff.).

Krisenindikatoren der Inkompetenzkrise: • Intuitives Finanzmanagement bei der Gründung. Der Gründer meint, das Aufstellen von Budgets, Cash-flow-Prognosen und Kostenrechnungen sei überflüssig. Seine Geschäftsidee sei ohnehin ein „Knüller", den man nur „totrechnen" könne. • Managementpannen. I m Unternehmen treten vermehrt Kosten- und Terminüberschreitungen auf, zunehmend bleiben Aufgaben unerledigt, und

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

die Friktionen zwischen einzelnen Mitgliedern häufen sich. Wichtige Kunden wandern ab. • Fehlende Firmentransparenz. Der Unternehmer weiß nicht, wie weit bestimmte Aufträge bearbeitet sind, welche(r) Mitarbeiter für welche Aufgaben zuständig bzw. geeignet sind (ist), mit welchen Aufträgen/Produkten/Kunden das Unternehmen effektiv Geld verdient bzw. verliert, welche Forderungen noch offen sind usw. Forderungen verjähren, es fallen keine Skontoverträge an. • Offensichtliche Überforderung. Der Gründer ist immer zu gereizt, hat zunehmend Probleme mit seiner Familie, seinen Freunden usw. Er zeigt auch körperliche Stress-Symptome: Schlaf- und Appetitlosigkeit, Magengeschwüre, nervöse Zuckungen. • Freizeitorientierung. Der (potenzielle) Unternehmensgründer meint, auf das freie Wochenende mit der Familie, die vielen Abenden mit Freunden usw. auch als Selbstständiger nicht verzichten zu wollen. Umgekehrt wäre allerdings aber auch eine Überidentifikation, die keinen Raum für kreative Pausen zulässt, gefährlich.

K r i s e n i n d i k a t o r e n der Fehlprognosekrise: • Umsatzabweichungen. Der tatsächlich realisierte Umsatz bleibt weit (40 % und mehr) hinter dem budgetierten Umsatz zurück. Das Unternehmen vermag den erhofften Marktanteil nicht zu erreichen bzw. zu halten. • Unverkäuflichkeit Der Großteil der vom Unternehmen angebotenen Produkte wird i m Markt nicht akzeptiert, der Handel schickt Waren massenweise retour, und die Läger schwellen an. Die Abgrenzung zum etablierten Angebot gelingt nicht. • Verspätete Produktlancierungen. I m Vergleich zum Budget schreiten die Entwicklungsprojekte langsamer voran, und die kalkulierten Markteinführungstermine werden markant verfehlt. • Erhöhte Kapitalintensität. Die in Anlage- plus betriebsnotwendigem Umlaufvermögen gebundenen Finanzmittel machen einen wesentlich höheren Anteil am Umsatz aus als kalkuliert. • Stark überlegene Wettbewerber. Das Unternehmen schafft es trotz aller Bemühungen nicht, den Vorsprung gegenüber der Konkurrenz zu verringern, und fällt i m Gegenteil immer weiter zurück. • Technologiegläubigkeit. Produkte werden nach rein technischen Kriterien spezifiziert und „ i m stillen Kämmerlein" entwickelt. Niemand i m Unternehmen vermag die Gründe zu nennen, warum das Produkt i m Markt nicht akzeptiert wird.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

133

K r i s e n i n d i k a t o r e n der Verzettelungskrise: • Fehlprojekte. Der Anteil der fehlgeschlagenen Projekte an den gesamten Entwicklungsprojekten (neue Produkte, neue Anwendungen/Märkte) ist ungewöhnlich hoch. • Übergewichtung von Neuprojekten. Der Unternehmer selbst, aber auch die Mitarbeiter verwenden einen Großteil ihrer Zeit für neu initiierte Projekte und vernachlässigen das Stammgeschäft. • Streichung von Produkten. Der Handel streicht Produkte/Produktvarianten aus seinem Sortiment. • Relativer Marktanteil. Der Marktanteil des Unternehmens in seinen drei umsatzstärksten Geschäften bleibt i m Vergleich zum jeweils stärksten Wettbewerber i m Markt stark zurück.

K r i s e n i n d i k a t o r e n der Überexpansionskrise: • Stark negativer Free-Cash- flow. Das Unternehmen investiert fortlaufend weit mehr Finanzmittel, als es intern generiert. • Dynamischer Verschuldungsgrad. Das Verhältnis von Nettoschulden (Verbindlichkeiten minus Forderungen) zum jährlich erwirtschafteten Cash-flow steigt. • Margendruck. Die Umsatzrendite (Cash-flow/Umsatz) geht zurück, während der Umsatz stark steigt. Rabatte werden zum Normalfall. • Mindere Qualität des neu akquirierten Geschäfts. Das durchschnittlich gewährte Zahlungsziel steigt an, Vertragsrücktritte und Stornogeschäft mehren sich, zunehmend beschweren sich die Kunden über „aggressive" Verkäufer. • Lageraufbau. Die Produktion des Unternehmens steigt in einem Maße, das vom Absatzmarkt nicht mehr aufgenommen wird. Das Unternehmen muss auf Lager produzieren. • Fluktuationen in der Finanzfunktion. Die Austritte von Mitgliedern i m Finanz- und Rechnungswesenbereich häufen sich. Höchster Alarm ist beim Weggang des obersten Finanzchefs oder bei der Mandatsniederlegung durch den Wirtschaftsprüfer geboten.

K r i s e n i n d i k a t o r e n der Diversifikationskrise: • Sinkende Umsatzrendite. Das Verhältnis von Cash-flow zu Umsatz ist in den neu aufgenommenen Geschäften markant geringer als i m Stammgeschäft. Dennoch wird an der Strategie der Diversifikation festgehalten.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus • Ausbleibende Synergien. Die erhofften Synergien zwischen dem Stammgeschäft und den neu aufgenommenen Geschäften lassen sich nicht realisieren. I m Gegenteil zeigt sich, dass das Management des Unternehmens nicht das nötige Know-how zur Führung der neuen Geschäftsbereiche besitzt. • Starke Heterogenität. Die angestammten und die neu aufgenommenen Produkte bzw. Märkte weisen eine sehr große Unterschiedlichkeit bezüglich Lebenszyklusphase, Entwicklungsdynamik, Wettbewerbsintensität, technologischer Intensität usw. auf. • Unprofessionelle Projektevaluation. Über mögliche Diversifikationsprojekte wird rasch, ohne sorgfältige Analyse und Zielplanung und (bei Akquisitionen) ohne persönliche Prüfung vor Ort entschieden. Bereits nach Aufnahme des neuen Geschäfts bzw. nach Akquisition einer neuen Tochtergesellschaft treten die ersten negativen Überraschungen (hoher Abschreibungsbedarf, umkippende Branchenkonjunktur, Technologiesprung u.ä.) auf. • Überheblichkeit gegenüber Drittmeinungen. Das oberste Management, das zentral über Diversifikationsvorhaben entscheidet, nimmt warnende Stimmen aus dem Kreis der internen Führungskräfte und Spezialisten nicht ernst. Auch der Ratschlag von Beratern gilt nichts. • Machtprobleme. Konflikte entstehen bei der Nachfrage nach detaillierten (Finanz-)Zahlen, weil sich das nach Autonomie strebende Management der neuen Diversifikationseinheit nicht „ i n die Karten schauen lassen" will. Oder das Top Management eines akquirierten Unternehmens verlässt sehr rasch nach der Übernahme das Feld. • Kulturelle Konflikte. Die Unternehmenskulturen zwischen dem Stammhaus und den Diversifikationseinheiten bzw. den akquirierten Tochtergesellschaften sind zu unterschiedlich. Gegenseitiges Unverständnis und Misstrauen breiten sich aus.

Krisenindikatoren der Identitätskrise: • Altersstruktur des Produktprogramms. Der Umsatz- und Gewinnanteil junger Produkte (das Attribut „ j u n g " gilt es je nach Branche zu operationalisieren, ζ. B. weniger als fünf Jahre auf dem Markt) nimmt über die Jahre beständig ab. • Altersstruktur der Produktionsanlagen. Das Durchschnittsalter des Maschinenparks steigt, immer weniger Anlagen entsprechen dem neuesten technologischen Stand. • F&E-Produktivität. Der Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Umsatz geht zurück. Ehrgeizige Entwicklungsziele werden verpasst, die technologische Führerschaft ist gefährdet.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

135

• Auftragseingänge. Der Auftragseingang ist ein guter Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Eine Stagnation oder gar ein Nachlass in diesem Bereich müssen zu denken geben. • Preisniveau der eigenen Produkte. Das Unternehmen ist im Vergleich zur Konkurrenz und/oder zu Substitutionsprodukten zu größeren Preisreduktionen gezwungen. Eine allfällige Differenzierungsstrategie wird vom Markt nicht honoriert, die Produkte degenerieren zu austauschbaren „commodities". • Austritte von Mitgliedern. A u f allen Unternehmensebenen ist eine verstärkte Fluktuation zu beobachten, hochqualifizierte Mitglieder verlassen gehäuft das Unternehmen. Headhunters geben einander die Klinke in die Hand, Abwerbungsversuche der Konkurrenz zeitigen Erfolg. • Demotivation. Die Stimmung im Unternehmen ist gedrückt, es ist kein Stolz mehr zu verspüren. Fälle von „innerer Kündigung" mehren sich.

Krisenindikatoren der Nachfolgekrise: • Altersstruktur der Führungsmannschaft Der Alters-Mix im Management stimmt nicht, es fehlen die jungen Führungskräfte um die 40 Jahre. • Fluktuationsrate. Die Abgänge und Krankenstände auf der zweiten und dritten Führungsebene häufen sich. • Drang nach Selbstbestätigung. Der alternde Unternehmer verbringt den größten Teil seiner Zeit im Geschäft, w i l l sich beweisen, dass er noch „wie ein Junger" arbeiten kann. Er trifft vermehrt autoritäre Entscheidungen und umgibt sich mit Ja-Sagern.

Krisenindikatoren der M a c h t - u n d Bürokratiekrise: • Wachstum der Stäbe. Das zahlenmäßige Verhältnis von Stabs- und Linienmitarbeitern verschiebt sich zugunsten ersterer: Das Top Management verwendet einen Großteil seiner Zeit für Kontakte mit Stäben statt mit Linienkräften aus Verkauf, Produktion, F & E usw. • Ausbau der Hierarchie. Die Anzahl der Hierarchieebenen wie auch die Zahl der Führungskräfte insgesamt steigen bedeutend schneller als der Umsatz. • Kompetenzstreitigkeiten. Unklare Hierarchie (Doppelunterstellungen), ungeklärte Kompetenzen an Schnittstellen. • Repräsentationssucht Der Anteil der Repräsentationskosten für das Top Management (Limousinen, Chauffeur, Flugzeuge, Klubmitgliedschaften, Reisen, Gästebewirtung) am Umsatz steigt. Die Verwaltung erhält „ihren" Büro türm.

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

• Personalexpansion. Die Wertschöpfung pro Mitarbeiter geht zurück, der Lohnkostenanteil am Umsatz steigt. Die Führungskräfte bauen „Königreiche" auf, für die das Effizienzdenken immer weniger gilt. • Unabhängigkeitsdrang der Tochtergesellschaften. Die Manager der Tochtergesellschaften, insbesondere i m Ausland, versuchen den Einfluss und die Kontrolle durch die Konzernleitung zurückzudrängen bzw. diese irrezuführen. • Aufwand für Schlichtungsbemühungen. Die oberen Führungskräfte verwenden einen bedeutenden Teil ihrer Zeit für die Schlichtung von persönlichen Konflikten i m Managerkreis. • Freizeitorientierung. Das Management verwendet Arbeitszeit für persönliche Interessen wie Golf, Tennis, Freundinnen.

K r i s e n i n d i k a t o r e n der Wendekrise: • Überaltertes Produktprogramm. Der Umsatz- und Gewinnanteil „junger" Produkte (ζ. B. weniger als fünf Jahre i m Markt) nimmt i m Zeitverlauf beständig ab. • Altersstruktur der Produktionsanlagen. Das Durchschnittsalter des Maschinenparks steigt, die wenigsten Anlagen entsprechen dem neuesten technologischen Stand. • Schwergewicht auf Rationalisierung. Die für Rationalisierungsmassnahmen investierten Mittel überwiegen klar i m Vergleich zu den Erweiterungsinvestitionen. • Blindflug durch die Zahlen. Die interne Datenbasis ist mangelhaft, es existiert keine korrekte Deckungsbeitragsrechnung, Planzahlen müssen immer wieder nach unten korrigiert werden. • Das Großprojekt. Die Finanzmittel, die kumuliert in das derzeit bedeutendste Entwicklungsprojekt investiert worden sind bzw. noch investiert werden sollen, übertreffen den jährlich erwirtschafteten Cash-flow erheblich. Sollte das Projekt fehlschlagen, so wäre das Überleben des Unternehmens gefährdet. • Reklamationen. Die Kundenreklamationen über schlechte Qualität nehmen zu, ebenso die Beschwerden des Handels über arrogante Behandlung und verspätete Belieferung. • Fluktuation. A u f allen Ebenen sind massive Austritte zu verzeichnen. Umgekehrt ist die Rekrutierungserfolgsquote auf ausgeschriebene Stellen für Fach- und Führungskräfte äußerst gering.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s 8.2

137

Unternehmens-Lebenszyklus u n d Finanzierung

Jedes Unternehmen braucht in Abhängigkeit von der Entwicklungsphase (Gründung, Wachstum, usw.) in der es sich befindet, Kapital. Abbildung 55 zeigt schematisch die Finanzierung i m Verlauf des Unternehmens-Lebenszyklus. Grundsätzlich kann dabei zwischen Eigen- und Fremdkapital unterschieden werden. Der Bedarf an externer Finanzierung (Kredit- sowie Einlagen· und Beteiligungsfinanzierung) wird mehr oder weniger durch den idealtypischen Unternehmens-Lebenszyklus bestimmt. Die Phasen „Unternehmensgründung" und „Unternehmenswachstum" benötigen üblicherweise eine intensive Außenfinanzierung, während Unternehmen sich in den Phasen der „Reife" und „Degeneration" eher über ihre eigenen operativen Cash Flows (Innenfinanzierung durch Gewinne, Rückstellungen) finanzieren können. Auch wenn, wie bereits gesagt, die Entwicklung eines Unternehmens nicht zwingend diesem Ablauf folgen muss, werden stets verschiedene, aufeinander folgende, Phasen durchlaufen. Gelingt einem Unternehmen in der Phase der „Reife" ein Turn-around, werden die Entwicklungsschritte „Reife" und „Degeneration" - je nach Zeitpunkt des Turnarounds - in eine Phase der „Restrukturierung" transformiert. Das Unternehmen wird i m idealtypischen Entwicklungszyklus eine bzw. zwei Stufen zurückversetzt und durchlebt diesen von neuem. Da die Phase „Restrukturierung" ähnliche Eigenschaften und Bedürfnisse aufweist wie die Phase „Wachstum", entspricht der Kapitalbedarf bei der „Restrukturierung" in etwa demjenigen eines Unternehmens in der Wachstumsphase (z.B. als Folge von Unternehmenskäufen und -Verkäufen, strategischen Expansionen usw.). Es existieren zahlreiche Möglichkeiten an Kapital, insbesondere an Beteiligungskapital, zu kommen (vgl. Brezski/Kinne 2004, S. 82 ff., Prätsch/Schikorra/Ludwig 2003, S. 87 ff.). So sind nicht selten Gründerfirmen gefordert, zusätzlich zu den Eigenmittel neben öffentlichen F ö r d e r m i t t e l n , Ausschau nach sog. Business Angels (vermögende Privatpersonen) oder nach V e n t u r e Capital (Risiko-, Wagnis- oder Chancenkapital) zu halten (vgl. Geigenberger 1999). Dabei handelt es sich um Beteiligungskapital, das zu Beginn sehr risikoreich ist, langfristig aber zu überdurchschnittlichem Gewinn führen kann. Venture-Capital-Gesellschaften engagieren sich eher in den frühen Phasen des Unternehmens-Lebenszyklus, und zwar für eine begrenzte Zeit (i. d. R. drei bis acht Jahre). Vor allem in den Entwicklungsphasen „Wachstum", „Reife" und „Restrukturierung" bereichert sog. Mezzanine Finance die klassischen Finanzierungsarten Fremd- und Eigenkapital um eine Finanzierungsvariante (vgl. Müller-Känel 2003, S. 8 f.). Zahlreiche Buy-Out-Konzepte (Mitarbeiterbeteiligung, Management Buy-Out/-In, Spin-Off), strategische Investoren, „Turn around-Kapital", die vorbörsliche Platzierung von Aktien eines Unternehmens bei Privatpersonen, Beteiligungsgesellschaften oder Kapitalsammelstellen (Private Placement) bis hin zur Beschaffung von Eigenkapital durch

138

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

den Gang an die Börse (Initial Public Offering) kommen für die Finanzierung in den einzelnen Entwicklungsphasen grundsätzlich in Frage. Je nach der Stufe des Gründungsvorhabens und der weiteren Entwicklung des Unternehmenswachstums werden in der Literatur verschiedene Finanzierungsbegriffe - insbesondere bezogen auf die Venture-Capital-Finanzierung - unterschieden. Dabei wird vielfach die Unternehmensfinanzierung in die Frühphasen-Finanzierung (Early-Stage-Financing) und Expansions-Finanzierung (Expansion-Stage-Financing), gegliedert, die aus jeweils drei Phasen bestehen. Abbildung 55: Unternehmens-Lebenszyklus und Finanzierung

Die Frühphasen-Finanzierung unterteilt sich dabei in • Seed-Stage (ζ. Β. Marktanalyse, Erarbeitung eines Unternehmenskonzepts), • Start-Up-Stage (Produktreife, Vorbereitung auf die Markterschließung) und • First-Stage-Financing (Markteinführung),

Die Expansionsphasen-Finanzierung i. d. R. in • Second-Stage (Wachstumsphase, Produktionsoptimierung, Aufbau Vertriebskanälen) • Third-Stage (Entwicklung strategischer Konzepte, Wettbewerb) und • Fourth-Stage (weiterer Unternehmensausbau).

von

Üblicherweise haben mit Beginn der sechsten Lebensphase (Fourth-Stage-Financing) Venture-Capital-Gesellschaften ihre Rolle als Berater und Finanzier

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus erfüllt. In dieser Phase, die durch weiteren Ausbau von Marktanteilen und Erschließung neuer Märkte sowie einer Stärkung der eigenen Wettbewerbsposition gekennzeichnet ist, bereiten die Venture-Capital-Gesellschaften ihren Ausstieg (Desinvestition) vor. Sie versuchen dann den Wertzuwachs des von ihnen investierten Kapitals durch den Verkauf ihrer Geschäftsanteile ζ. B. an der Börse, nach erfolgreicher Börsenplatzierung, zu realisieren (vgl. Prätsch/ Schikorra/Ludwig 2003, S. 94). M i t Bridge-Finanzierung wird die Überbrückung des Finanzbedarfs bis zur Vorbereitung der Börseneinführung umschrieben (Börsengang = Initial Public Offering).

8.3

Unternehmens-Lebenszyklus u n d Führungskräfte-Typen

Die bisherigen Darlegungen zum Unternehmens-Lebenszyklus lassen vermuten, dass an die Unternehmensführung in den einzelnen Phasen unterschiedliche Anforderungen gestellt werden. W i r d versucht die Führungsaufgaben mit den jeweils unternehmensphasenspezifischen Bedingungen bzw. Anforderungen zu verknüpfen, so kann grundsätzlich der in Abbildung 56 skizzierte Zusammenhang hergestellt werden, der aufzeigt, dass in den einzelnen Phasen der Unternehmensentwicklung jeweils ganz spezifische Anforderungen an Führungs- und Managementqualitäten gestellt werden. In den verschiedenen Phasen sind deshalb jeweils andere Führungskräfte-Typen bzw. Unternehmerprofile gefragt (vgl. Becker 2002, S.897). Abbildung 56: Phasen des Unternehmens-Lebenszyklus und FührungskräfteTypen 1

Führungskräftetypen Pionier

Stratege

Führer

Restrukturierer

Pionier

Wichtige Elemente des Unternehmerprofils mutig, durchsetzungsstark, probierfreudig

planend, konzept-treu, vorausschauend

motivierend, ressourcenmobilisierend, management-^^ orientiert

hinterfragend, änderungs-bereit, anpackend

Zeit

Pionierphase

Wachstumsphase

Reifephase

Wendephase Sättigungsphase

Schrumpfungsphase

140

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Zweifellos stellen die unterschiedlichen Entwicklungsphasen eines Unternehmens auch unterschiedliche Anforderungen an die Fähigkeiten der Führungskräfte. Die geforderten Fähigkeiten an einen Manager bzw. Unternehmer sind vielfältig und können in ihrer Wichtigkeit durchaus, wie es Pleitner tut, den einzelnen Phasen des Unternehmens-Lebenszyklus zugeordnet werden. In Abbildung 57 werden die Manager- bzw. Unternehmerfähigkeiten, eingeteilt in fünf Klassen (intellektuelle, charakterliche, typisch unternehmerische und personale sowie Führungsfähigkeiten), in ein Ranking innerhalb der vier Entwicklungsphasen des Unternehmens (Pionier-/Gründer-, Wachstums-, Reife-/ Stagnation und Wendephase = Schrumpfungsphase/Schließung) gebracht (vgl. Kußmaul 2003, S. 520). Legt man diese Erkenntnis zugrunde, so bedeutet dies, dass das Führungspersonal entweder i m Zuge neuer Entwicklungsphasen ausgewechselt wird wie es häufig in der Unternehmenspraxis es der Fall ist - oder sich den neuen Anforderungen entsprechend weiterentwickeln muss.

9.

Pionier-Unternehmen

Was ein Pionier-Unternehmen auszeichnet, ist bereits ausführlich behandelt worden. Wie jedes Unternehmen durchlaufen selbstverständlich auch die Gründer die einzelnen Phasen des Unternehmens-Lebenszyklus von der „Idee" bis hin zur eventuellen Wendephase (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 165). Unser Augenmerk richtet sich hier jedoch auf die „Vorbereitungsphase" sowie die „Konzeptionsphase und eigentliche Unternehmensgründung", wobei die Trennlinie zwischen diesen beiden in Theorie und Praxis nicht eindeutig zu ziehen ist. Zu verdeutlichen gilt es ferner, dass die Existenz-Neugründung („Start-up") nicht die einzige Form ist, sich selbständig zu machen.

9.1

Vorbereitung der Gründung

Gründungen sind gut vorzubereiten, damit es zu nachhaltigen Existenzgründungen kommt (vgl. Dieterle/Winckler 1990). I m Rahmen der „Vorbereitungsphase" wird zunächst auf das Gründungs- und Innovationsklima in Deutschland eingegangen, um anschließend die prinzipiellen Möglichkeiten und Besonderheiten der Unternehmensgründung zu betrachten sowie auf die Wichtigkeit der ,,Ideenfindungs-/Orientierungsphase)" hinzuweisen. Fundierte Informationen stellen dabei zweifelsohne eine wichtige Basis für den Entscheidungsprozess und damit für eine erfolgreiche Konzeptions- und Realisierungsphase dar.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus Abbildung 57: Anforderungen an den Unternehmer in den Unternehmensentwicklungsphasen

Gründungsphase

Wachstumsphase

Reifephase/Stagnation

Schrumpfungsphase/Schließung

Wichtigkeit differiert nach Phase (J/N)

llnlcrschicdlichc Wichli^keil in Phase: ( 1 sehr wicliiij!. 2 \\ iclniii. 3 weniger wicliiij!)

Ν Ν Ν Ν

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

J J J Ν

1 1 1

2 2 2

3 3 3

3 3 3

Intellektuelle Fähigkeiten Wissen Intelligenz Analytisches Denken Schnellligkeit des Denkens Intuition Fachtechnischer Ausbildungsstand Kreativität, Phantasie Auffassungsgabe Urteilskraft und Klarheit Sprachgewandtheit Denken in Zusammenhängen

-

-

-

-

Ν Ν

-

-

-

-

-

-

-

-

J

3

2

2

1

Psychische Belastbarkeit Geduld, Fleiß Integrität Mut Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit Eigenmotivation, Arbeitsbereitschaft Stehvermögen, Durchsetzungsfähigkeit Konsequenz Toleranz Ehrlichkeit Selbstbewusstsein Freundlichkeit Unternehmerische Fähigkeiten

J J Ν

1 2

3 1

2 1

3

-

-

-

1 2

2 2

2 1

-

-

-

1 2 2

1 2

2

Zielstrebigkeit

J J J Ν

Charaktcrlichc Fähigkeiten

Risikofreude, M u t zur Veränderung Initiative Entscheidungsfreude, Entschlusskraft Pionierbereitschaft Dynamik, Agilität Extrovertiertheit Kommunikationsfähigkeit Verhandlungsgeschick, Schlagfertigkeit

J J Ν

1

1 1 3 1 1

J J J Ν

-

J Ν

1

2

3

-

-

-

1 1 1

2 2 1

3 3 2

-

-

-

1 1 1 2 2

2 1 I 1 1

3 2 2 2 2

3 3 3 3 1

2 1

1 1

1 2

J J J J J

2

1 2 -

3

3 1 3

Führungsfähigkeiten Autorität Führungsstärke Motivationsfähigkeit Problemlösungsfähigkeit Management-, Planungs- und

J J Ν Ν

3 2

J

2

1

1

2

J J

2

2

1

3

3

1 2

Erfahrung, Lebenserfahrung Alter Geschlecht

J J Ν

3 1

2 2

1 3

3

-

-

-

Familiäre Rückendeckung Zivilstand Physische Belastbarkeit Auftreten, Umgangsformen

J J Ν Ν

1 1

3 2

3 3

2

-

-

-

-

-

-

Organisationsfähigkeiten Umsicht in finanziellen Dingen Führungsausbildung

-

Personale Fähigkeiten 1

3

142 9.1.1

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus Gründungs- und Innovationsoffensive in Deutschland

Dem Entrepreneurship-Gedanken (Unternehmertum) sowie den Unternehmensgründungen wird in jüngster Zeit in Wissenschaft und Praxis große Bedeutung beigemessen (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 143 ff.). Existenzgründer sind die „Lieblingskinder" deutscher Politiker. Sie versprechen sich von den innovativen (Neu-)Unternehmern ein Aufbrechen verkrusteter Unternehmensorganisationen, neue dynamische Wachstumspotenziale und eine Belebung auf dem Arbeitsmarkt („Jobmaschine"). In diesem Zusammenhang beruft man sich gerne auf Schumpeter . Für ihn ist der dynamische Unternehmer der Motor, der den Fortschritt vorantreibt und neue Verfahren oder Produkte entwickelt, um einen Vorsprung vor seinen Konkurrenten zu erringen oder neue Märkte zu erschließen (vgl. Schumpeter 1997). Den gesamten Prozess, der die Wirtschaftsstruktur i m Kapitalismus „von innen heraus revolutioniert", bezeichnet Schumpeter als „Prozess der schöpferischen Zerstörung" (1980, S. 134 ff.). In diesem Sinne werden Entrepreneurship und Innovationen als Motor der Wirtschaft und als entscheidende Faktoren für den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie die Modernisierung der Gesellschaft angesehen. Von innovativen Neu-Gründungen verspricht sich die Politik einen Beitrag zum zukunftsorientierten Strukturwandel. Existenzgründungen stellen offensichtlich auch „Hoffnungsträger" für eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts dar, und zwar die strukturelle Arbeitslosigkeit. Unternehmensgründungen werden als eine Möglichkeit gesehen, das Arbeitslosenproblem zu lindern. Vor diesem Hintergrund werden deshalb verschiedene Initiativen zur Förderung von Unternehmensgründungen aus der Arbeitslosigkeit gestartet, die ihren Niederschlag i m Sozialgesetzbuch (SGB) finden (Überbrückungsgeld und Ich-AG) Die Steigerung der Innovationsfähigkeit wird aber nicht nur als gesellschafts-politische Aufgabe aufgefasst, sondern viele (vor allem größere) Unternehmen sehen in ihr auch eine zentrale unternehmenssichernde Funktion (hierzu detaillierter unter Abschnitt 11 Reife-Unternehmen). Die in Politik und Unternehmen geförderte „Unternehmerkultur" spiegelt sich auch in der Wissenschaft und i m Bildungswesen wider. Abbildung 58 zeigt die Felder der Gründungsforschung aus betriebswirtschaftlicher Sicht (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 158). Mittlerweile gibt es an vielen Hochschulen Entrepreneurship-Lehrstühle und besondere Lehrangebote sowie zahlreiche Initiativen, die dazu beitragen sollen, in Gesellschaft, Schulen und Hochschulen ein Gründungs-Klima zu schaffen (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 151 f.).

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

143

Abbildung 58: Gründungsforschung

9.1.2

Prinzipielle Möglichkeiten der Unternehmensgründung

U m Gründungssituationen und die damit verbunden Umstände zu typisieren, werden in der Literatur sog. Gründungsformen unterschieden. Zur Differenzierung können grundsätzlich verschiedene Strukturierungsmerkmale herangezogen werden. Abbildung 59 zeigt eine denkbare Systematisierung der Gründungsformen. Der Unterscheidung in originäre und derivative Gründungen wird ein zweites Strukturmerkmal hinzugefügt, um auch sog. Ausgründungen zu erfassen. „ V o n einer Ausgründung soll dabei gesprochen werden, wenn eine Vorgängerorganisation existiert, aus der Person und

Abbildung 59: Eine denkbare Systematik der Gründungsformen Originäre Gründung

Kein Fortbestehen Vorgängerorganisation

Fortbestehen Vorgängerorganisation

Derivative Gründung

Unternehmensneugründung

Übernahme, Tätige Beteiligung

Spin-off

Split-off

1 1

! 1

1 1 Franchising 1

1

144

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Know-how oder Vermögensgegenstände auf das Gründerunternehmen übergehen. Die Vorgängerorganisation besteht dabei in den nicht übergehenden Teilen unverändert fort. I m weiteren Sinne ist dabei auch keine aktive M i t w i r kung der Vorgängerorganisation erforderlich. (...) Hinzuweisen ist darauf, dass die Grenzen zwischen diesen Formen fließend sind und sich auch nicht alle denkbaren Gründungsfälle zweifelsfrei einordnen lassen", wie z.B. die Übernahme eines kompletten Franchise-Systems (vgl. Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 54). A n dieser Systematik wird bereits erkennbar, dass der Wunsch nach einer selbstständigen Existenz in verschiedenen, zum Teil innovativen Formen verwirklicht werden kann. Abbildung 60 gibt einen Überblick über prinzipielle Möglichkeiten der Unternehmensgründung. Nicht nur nach Rom, sondern auch zur Unternehmensgründung führen viele Wege. Unter anderem in Abhängigkeit von den persönlichen Voraussetzungen und Vorstellungen, den Markterfordernissen und dem notwendigen Gründungskapital sowie unter Berücksichtigung sonstiger, auf die Entscheidung einwirkenden Umweltfaktoren, sind die Alternativen zu bewerten. In aller Kürze seien die wichtigsten Möglichkeiten der Unternehmensgründung vorgestellt: Abbildung 60: Gründungs Varianten

• Existenz-Neugründung („Start-up"): Die Umsetzung einer Gründungsidee durch eine Neu-Gründung ist die wohl anspruchvollste Form für den Gründer, da bei „ N u l l " , quasi auf „der grünen Wiese" angefangen wird.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

145

Nicht nur der Informations- und Planungsaufwand ist sehr hoch, sondern vielfach muss man sich gegenüber etablierten Konkurrenten behaupten. Für Neugründungen sind deshalb bereits bestehende Geschäftskontakte, beispielsweise aus der Zeit als Arbeitnehmer/in, eine wesentliche Einstiegshilfe. In jedem Fall ist mit einer „Durststrecke" (z.B. Aufbau von Marktbeziehungen, Verluste der ersten Monate usw.) in der Anlauf- und Aufbauphase zu rechnen. Eine Neugründung birgt aber nicht nur Risiken. Sie bringt auch die Chance, das Unternehmen nach den eigenen Vorstellungen völlig neu zu gestalten. Neugründungen werden vor allem (wie auch die „Ich-AGs" zeigen) in Dienstleistungsbereichen durchgeführt. Insbesondere beratende Berufe, Dozenten, Friseure, Grafiker, Kosmetiker, Programmierer, Übersetzer und ähnliche Dienstleistungsanbieter gründen neu. • Übernahme eines bestehenden Unternehmens (Unternehmensnachfolge, Betriebsübernahme): Die Übernahme eines bestehenden Unternehmens hunderttausend mittelständische Unternehmen stehen in den nächsten Jahren vor ungelösten Nachfolgerproblemen - erscheint bei erster Betrachtung attraktiver und weniger risikoreich als eine Neugründung, da zum Teil auf etablierte Strukturen zurückgegriffen werden kann („ins gemachte Nest setzen"). Das Konzept scheint erprobt, die Kunden sind vorhanden, das Personal weiß, was es zu tun hat. Aber eine Nachfolge kann oft schwieriger als eine Neugründung sein. Oftmals sind bei der Übernahme, insbesondere im Falle des Kaufs, nämlich auch Nachteile auszumachen. So sind viele Unternehmen (gerade im KMU-Bereich) von ihrem Eigentümer geprägt, ferner besteht die Gefahr, dass nicht alle Kontakte bestehen bleiben oder Mitarbeiter verunsichert sind und sogar das Unternehmen verlassen, die bisherigen Strategien (Produkte, Märkte usw.) eventuell nachhaltig verändert werden müssen und notwendige Investitionen fällig werden, da sie in Kenntnis der Nachfolge in den letzten Jahren unterblieben sind. Nicht zu übersehen ist auch, dass der Bekanntheitsgrad des Unternehmens und seine Marktpräsenz seinen Niederschlag in der Höhe des Kaufpreises findet, der möglicherweise später sich als zu hoch erweist. Die Ermittlung der Übernahmekosten bzw. des angemessenen Kaufpreises ist keine einfache Angelegenheit. Dieses Problem taucht in dieser Form nicht beim Erben und bei einer Schenkung auf (eher steuerrechtliche u. a. Aspekte). Wird ein Unternehmen gepachtet, so bleibt das Unternehmen weiterhin Eigentum des Verpächters. Auch die Beteiligung an einem Unternehmen ist eine mögliche Form des Einstiegs in die Selbstständigkeit. Der Existenzgründer kommt als Partner hinzu durch Kauf von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH) oder wird Miteigentümer bei einer Personengesellschaft. Die Vorteile sind vor allem: weniger Finanzierungsbedarf, Möglichkeit der komplementären Ergänzung von Kenntnissen und stufenweise Integration in das Unternehmen. Die Nachteile können sein: „Chemie" stimmt nicht, hoher Abstimmungsbedarf, Haftungsfragen sowie unklare

146

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Vertragsgestaltung. Während Betriebsübernahmen insbesondere in Produktions- und Handwerksbranchen, aber auch bei Kanzleien und Praxen praktiziert werden, sind Beteiligungen durchaus in beratenden Branchen, bei Agenturen und in Heilberufen populär. • Unternehmenskauf durch eigenes oder fremdes Management (Unternehmensübernahme): Im organisatorischen Sinn stellen MBOs keine Gründungen im eigentlichen Sinn dar. Die unterschiedlichen Formen von Buyouts (vgl Hoffmann/Ramke 1992, Prätsch/Schikorra/Ludwig 2003, S. 97 ff.) stellen mehr im rechtlichen Sinne eine „Variante der „Übernahme eines bestehenden Unternehmens" dar und können zum Teil auch als besondere Formen der Unternehmenskooperation gewertet werden. Eine große Rolle im Rahmen von Buy-Outs kommt nämlich der Fremdfinanzierung zu. Buy-Outs sind vor allem beim Generationswechsel in Unternehmensleitungen eine mögliche Form der Übernahme. Dabei wird das Unternehmen durch das eigene (interne: i.d. R. leitende Angestellte oder die Geschäftsführung) Management (Management-Buy-Out = MBO) oder durch fremde (externe) Manager (Management-Buy-In = MBI) übernommen, wobei die Finanzierung meistens zu einem großen Teil über Fremdkapital geschieht (Leveraged Buy-Out = LBO) auch unter Einbezug von Beteiligungsgesellschaften. Selbstverständlich sind auch Kombinationen denkbar und sinnvoll. • Unternehmensausgründungen („Spin-offs")' Ein wesentlicher Unterschied bei Unternehmensausgründungen, den sog. Spin-Offs/Splits, ist der, dass der bzw. die Gründer in weit höherem Maße über branchenspezifische Erfahrungen, fachliches Know-how und spezifische Marktkenntnisse und -kontakte verfügen. An solchen „Neugründungen" oder Outsourcing-Aktivitäten sind oftmals Großunternehmen bzw. Konzerne in unterschiedlicher Form und Intensität mit beteiligt. So können besonders bei einem friendly Spin-Off bestehende Vertriebs- und Kommunikationskanäle sowie andere Synergiepotenziale der ehemaligen Muttergesellschaft in die Gründungsstrategie eingebunden werden, wodurch Zeit gespart und präventiv hohe Eintrittsbarrieren überwunden werden. Unternehmensausgründungen findet man insbesondere auch noch im Bereich der Hochschulen bzw. Forschungseinrichtungen (so unterhält etwa das Max-Planck-Institut mit der Garching Innovation GmbH extra dafür eine Technologietransferstelle). Bei dieser Form der Unternehmensausgründung kann i. d. R. für einen befristeten Zeitraum noch auf eine Hilfestellung gebaut werden; z.B. durch ein Zurverfügungstellen von Infrastrukturleistungen, durch die Überlassung von Geräten zum Zeitwert, durch Vermietung von Räumlichkeiten sowie gemeinsame Forschungsprojekte (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 160 f.). • Franchising („Miete" einer Unternehmens-Idee): Franchising wird gerne als eine Gründungsvariante beschrieben, bei der dem Gründer viele Probleme und Risiken erspart bleiben, da er ein bestehendes Konzept prakti-

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

147

ziert. Der deutsche Franchisingmarkt (bekannte Franchise-Geber: Benetton, Coca-Cola, McDonald's) ist beachtlich und wächst in vielen Branchen ungebrochen und bietet Existenzgründern gute Einstiegschancen, sich selbstständig zu machen. Der Franchise-Nehmer (Gründer) investiert sein Geld, ist ein Selbstständiger, wobei das Franchise-System (Vertrag) die unternehmerische „Marschroute" sehr genau festlegt. Beim Franchise-Verfahren überlässt ein Unternehmen, eben ein Franchise-Geber, dem Franchise-Nehmer gegen Gebühr (einmalige Einstiegsgebühr und laufende Franchisegebühren) Name, Know-how usw. Der Franchise-Nehmer ist berechtigt, Waren und Dienstleistungen zu verkaufen und genießt Gebietsschutz. Die Franchising-Zentrale gibt Beratung, bietet Schulungen an und bestimmt weitgehend die Marketingpolitik (z.B. Gestaltung der Einrichtung, Sortimentsgestaltung, Werbung, zentraler Einkauf). Das komplette Unternehmens-Konzept wird den Franchise-Nehmern in einem Handbuch zur Verfügung gestellt. Zur Entscheidung bezüglich eines Franchise-Systems siehe Checkliste 19. • Kooperationsformen: Zahlreiche Vorteile sprechen dafür, auf Kooperationen, besonders bei innovativen, technologieorientierten Gründungen, zu setzen. Die Zusammenarbeit mit anderen Partnern und Unternehmen (selbst mit konkurrierenden Unternehmen der gleichen Branche) bietet u. a. höheres Know-how, Verteilung von Verantwortung und Risiko und eine bessere Möglichkeit, Kapital aufzubringen. Eine (freiwillige) lose oder enge Kooperation bringen i. d. R. folgende Vorteile: Ergänzung des eigenen Produkt- bzw. Dienstleistungsangebots, Erweiterung der Kundenkontakte und fachlichen Kenntnisse, gemeinsame Markterschließung, Mengenrabatte beim Einkauf, Bearbeitung von Großaufträgen möglich und bessere Auslastung in Bereichen wie Fertigung, Vertrieb sowie Forschung und Entwicklung. In vielen Fällen sind die Befürchtungen der Existenzgründer vor einem zu großen Koordinierungsaufwand, vor auftretenden Informationsund Kommunikationsproblemen und vor allem die Angst, ihre unternehmerische Freiheit einzubüßen, nicht begründet. Eine gute Zusammenarbeit zeichnet sich durch folgende Prinzipien aus: die Zusammenarbeit der kooperierenden Unternehmen geschieht freiwillig, die Partner sind und bleiben während der Kooperation rechtlich und wirtschaftlich selbständig und außerhalb der vereinbarten Kooperation sind sie voneinander unabhängig.

9.1.3

Mit Überbrückungsgeld und „Ich-AG" selbstständig

In den letzten Jahren hat die Förderung von Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit oder der drohenden Arbeitslosigkeit zusehends an Bedeutung gewonnen. Wer arbeitslos ist und sich selbstständig machen möchte, kann zwischen zwei alternativen Leistungen, die von der Bundesagentur für Arbeit

148

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

gefördert werden, wählen (vgl. Füser 2004, S. 75 ff., Nickel 2004, Zeh/ Schnell 2004): dem sog. Überbrückungsgeld und dem sog. Existenzgründerzuschuss, auch als Ich-AG (Familien-AG) bezeichnet. • Überbrückungsgeld: Der Gründer erhält gemäß § 57 SGB III ein halbes Jahr Überbrückungsgeld, das andere Zuschüsse vom Staat nicht ausschließt. • „Ich-AG" (oder „Familien-AG"): Seit Januar 2003 (bis Ende 2005 befristet) existiert der Existenzgründerzuschuss gemäß § 421 1 SGB III als Hilfestellung für Gründungen aus der Arbeitslosigkeit. Darüber hinaus kann jeder Gründer aus der Arbeitslosigkeit alle anderen Bundes- und Landesförderprogramme für Existenzgründer nutzen, sofern er die Voraussetzungen dafür erfüllt. Wer sich intensiver mit der Frage der Gründung aus der Arbeitslosigkeit auseinandersetzen möchte, der sei auf die Spezialliteratur zu diesem Thema hingewiesen. Bevor wir eine kurze Gegenüberstellung der beiden Alternativen Überbrückungsgeld und „Ich-AG" vornehmen, sei darauf aufmerksam gemacht, dass sich manchmal die Frage stellt - beispielsweise auf Bitte des Arbeitgebers - , ob es sinnvoll ist, eine geringfügige Beschäftigung („MiniJob" oder „Midi-Job") in eine „Ich-AG" zu wandeln (vgl. Nickel. 2004, S. 22 ff., Bofinger 2005, S. 167 ff.). Ob sich Unternehmertum lohnt, kann letztlich jedoch nur der „Betroffene" für sich selbst entscheiden und sollte nicht in erster Linie von Zuschüssen oder den Sozialversicherungsbeiträgen abhängig gemacht werden. An dieser Stelle sei lediglich gesagt: Jedem sollte bewusst sein, dass das Arbeitseinkommen eines Unternehmers prinzipiell nicht mit dem Brutto- oder Nettoeinkommen eines Arbeitnehmers verglichen werden kann. So trägt der Unternehmer seine „Arbeitgeberanteile" zu den Sozialversicherungen selbst und kann darüber hinaus ein Wahlrecht zur privaten Vorsorge ausüben. Im Jahr 2003 wählten knapp 92.000 Gründer die „Ich-AG" (Rechtsform: Einzelunternehmen). Dies entspricht 35 % aller Gründungen und 37 % der Gründungen aus der Arbeitslosigkeit. Diese Zahl ist auch nicht verwunderlich, da grundsätzlich alle Empfänger von Ersatzleistungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) gefördert werden, also von Arbeitslosengeld und -hilfe, von Unterhaltsgeld sowie Leistungen im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsoder Strukturanpassungsmaßnahmen. Gründer einer „Ich-AG" sind Kleinunternehmer im Inland, welche Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einer Person sind und die durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlicher Betätigung ihre Arbeitslosigkeit beenden. Sie sind nicht mit den sog. „Freelancern" (Freie Mitarbeiter) in zahlreichen freiberuflichen Bereichen gleichzusetzen. Den Gründern der „Ich-AG" stehen prinzipiell alle Möglichkeiten einer selbstständigen Tätigkeit im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen (Handwerksordnung, Gewerberecht) offen.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

149

Vielfach handelt es sich um mobile oder sonstige Dienstleistungen (wie ζ. B. PC-Notdienst, Gartenpflege, Mobile Pflegedienste, (Nachhilfe-)Lehrer, Bügel-/Wäscheservice, Dozenten). Abbildung 61 zeigt die wichtigsten Eckpunkte von „Ich-AG" und „Überbrückungsgeld" im Vergleich.

Abb. 61: Rahmenbedingungen für „Ich-AG" und Überbrückungsgeld Kriterium

„Ich-AG"

Überbrückungsgeld

Grundlage

§ 421 I SGB II

§ 57 SGB III

Max. Förderzeitraum

36 Monate

6 Monate

Max. Förderhöhe

14.400,00 €

(Arbeitslosengeld zzgl. rd. 1/3) · 6 Monate einmalig

Beantragung

jährlich

Λ

fi

Zweck

soziale Sicherung

Existenzsicherung

ΐΟ

Voraussetzung für Erstanträge

keine

Geschäftsplan und Stellungnahme einer fachkundigen Stelle

Voraussetzung für Folgeanträge

GuV der 10 Monate des letzten Wirtschaftsjahres; ESt-Bescheid

kein Folgeantrag möglich

Ü-

ίΛ »

u

Ό

e ο ςΛ ÛQ

Max. Arbeitseinkommen

25.000,00 €

unbegrenzt

Zurückzahlungspflicht

keine

keine

Geschäftspartner

keine

unbegrenzt

Rechtsform

Einzelunternehmen

freie Wahl

Mitarbeiter

bedingt

unbegrenzt

Mitarbeitende Familienangehörige

möglich

Umsatzsteuerpflicht

befreit

wahlweise

Gewerbesteuerpflicht

befreit

bis zum Gewerbeertrag von 24.500,00 € befreit

IH K/H WK-Beiträg e in den ersten vier Jahren

befreit

bis zum Gewinn von 25.000 € befreit

Inanspruchnahme weiterer Förderprogramme Krankenversicherung S Λ CL,

Pflegeversicherung

möglich Privat oder gesetzlich zum ermäßigten Satz

wie Krankenversicherung

Unfallversicherung Rentenversicherung für die ersten drei Jahre

Privat oder gesetzlich Regelsatz privat

Gesetzlich zum Regelsatz

Privat oder gesetzlich zum halben Regelsatz

150

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

Was passiert nach der „ I c h - A G " ? Die „ I c h - A G " kann durch A b l a u f der Förderung oder Überschreiten der Einkommens- bzw. Gewinngrenze in ein Unternehmen mit freier Rechtsformwahl (also auch in eine Kapitalgesellschaft) übergehen oder durch Betriebsaufgabe eingestellt werden. Nach maximal dreijähriger Förderung entfallen die Privilegien, und der Gründer wird automatisch ein „normaler" Kleinunternehmer. Bei Scheitern der „ I c h - A G " bzw. Betriebsaufgabe besteht Anspruch auf die Restdauer der Entgeltersatzleistungen (Arbeitslosengeld/-hilfe), welche vor der Gründung bezogen wurden (§§ 147, 196 SGB III). Bereits erhaltene Zuschüsse müssen in den genannten Fällen nicht zurückgezahlt werden (vgl. Nickel 2004, S. 14 f.).

9.1.4

Informations- und Orientierungsphase

Jede Entscheidung birgt Unsicherheiten in sich. Sich selbstständig zu machen und ein Unternehmen zu gründen, ist ein weitreichender Schritt i m Leben einer Person. U m sich der Chancen und Risiken bewusst zu werden und eine solide Planung seines eigenen Konzeptes in Angriff zu nehmen, sind die Sichtung und Verarbeitung umfangreicher Informationen erforderlich. Nicht selten tragen Informationsdefizite zu einem frühzeitigen Scheitern einer Existenzgründung bei. Grundsätzlich gilt: Je besser Sie sich vorbereiten, je mehr Informationen Sie zielorientiert sammeln, je qualifizierter Sie sich beraten lassen und geschult werden, desto geringer ist das Risiko, mit der Unternehmensgründung zu scheitern. Abbildung 62: Mögliche Anlaufstellen für Informationen und Gründerberatung Informations- und Beratungsangebote

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

15J_

Informationen und Beratung werden zwar besonders in der Phase der Gründungsvorbereitung, aber sie sind auch in den ersten Jahren nach der Gründung i. d. R. unverzichtbar. Abbildung 62 zeigt wesentliche Anlaufstellen, die Informations- und Beratungsangebote unterbreiten. Potenziellen Gründern sowie Interessierten steht ein umfangreiches Informations-, Kommunikations-, Beratungs-, Qualifizierungs-, Unterstützungsund Schulungsangebot zur Verfügung, in vielen Fällen auch online i m Internet (vgl. Kapitel I V dieses Buches). Die Literatur bietet zahlreiche „Handbücher", „Ratgeber", „Leitfäden" an, in denen betriebswirtschaftliches Grundlagenwissen vermittelt sowie die Schritte einer Existenzsicherung systematisch und praxisorientiert besprochen werden. Vielfältig, wenn nicht gar unüberschaubar, sind mittlerweile das Netz an Ratgebern (Kammern, Verbände, Hochschulen usw.) und die zahlreichen Schulungs- und Qualifizierungsangebote (Seminare, spezifische Kampagnen usw.).

9.1.5

Persönliche und wirtschaftliche Vorüberlegungen

Die Konsequenzen einer Entscheidung für die „Selbstständigkeit" sind sehr weitreichend. Zwar kann eine gute Informationsbasis, vor allem die intensive Auseinandersetzung mit relevanten Checklisten (vgl. Kapitel I V dieses Buches) bei der Entscheidungsfindung behilflich sein, aber zunächst sollten persönlich Motive und Eignungen überprüft sowie wirtschaftliche Vorüberlegungen („Rechnet" sich die Selbstständigkeit für mich?) getroffen werden. Existenzgründungen sind eher erfolgreich, wenn sie wohlüberlegt und sorgfältig geplant sind. Damit der Traum nicht zu einem Albtraum wird, ist es sinnvoll zu hinterfragen, welche Gründe einen persönlich veranlassen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen. Wie Abbildung 63 zeigt, spielen dabei offensichtlich „Verdienstmöglichkeit und Ansehen" eine eher untergeordnete Rolle. Die Motive, unternehmerisch tätig zu werden, sind vielschichtig, wie folgende Auflistung darlegt: • der Arbeitslosigkeit entfliehen • Unzufriedenheit mit der jetzigen/vorherigen Arbeitssituation (keine Aufstiegsmöglichkeiten, geringes Einkommen, unangenehmer Vorgesetzter, Führungsstil usw.), d. h. berufliche Frustrationen vermeiden oder beenden • eine günstige Gelegenheit beim Schöpf packen • den eigenen beruflichen Aufstieg in die Hand zu nehmen • mehr Unabhängigkeit erleben und sich besser selbst verwirklichen • den unternehmerischen Tatendrang ausleben • Umsetzen eigener, kreativer Ideen • Streben nach Selbstständigkeit

152

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

• mehr Erfolgserlebnisse genießen • Streben nach höherem Einkommen

Abbildung 63: Gründe für den Schritt in die Selbstständigkeit Gründe für den Schritt in die Selbstständigkeit Angaben in % 64,6

60,1

25,2 9,2

13,1 7,8

7,3

0 Unternehmerische Der Wunsch, VerdienstGeschäftsidee Alternative Weiterführen und persönliche selbstständig möglichkeit zur der (Familien-) Freiheit zu sein und Ansehen Arbeitslosigkeit Tradition

Sonstiges

Bei den Überlegungen und Planungen sollten die Risiken bzw. Gefahren (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 151) nicht außer acht gelassen werden, die eine erfolgreiche Gründung sowie die spätere Unternehmensentwicklung beeinträchtigen können. „Das H a u p t r i s i k o liegt häufig i n der Person des G r ü n ders selbst: Selbstständig zu sein bedeutet, i m wahrsten Sinne in vielen Dingen selbst für sich zuständig zu sein" (Kußmaul 2003, S. 518). Abbildung 64 zeigt die wesentlichen Einflüsse, die eine erfolgreiche Geschäftsentwicklung be- bzw. gar verhindern können.

Abbildung 64: Persönliche Gründe für einen Unternehmensmisserfolg

Es gibt umfangreiche Checklisten zur Selbsteinschätzung/-bewertung bzw. zum Persönlichkeitstest (siehe Checklisten 1 - 4 ) , ob man ein Unternehmertyp

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

153

ist. Allerdings lässt sich die persönliche Eignung zur Selbstständigkeit bereits recht prägnant anhand weniger Kriterien prüfen: • Leistungsbereitschaft • Kontaktfähigkeit • innovative, aber auch kreative Veranlagungen • organisatorische Fähigkeiten • Risikobereitschaft Kann der potenzielle Gründer diese Kriterien allesamt mit ja beantworten, so ist es der erste Hinweis für eine erfolgversprechende Gründung. Grundsätzlich sollten bei einer Gründung durch mehrere Personen Synergieeffekte (ergänzende Fähigkeiten und Erfahrungen) auftreten. U m Probleme und Reibungsverluste (z.B. durch eine unterschiedliche Zielsetzung der einzelnen Gründer, durch mangelnde Koordination der individuellen Fähigkeiten) möglichst zu vermeiden, sollte einerseits auf eine klare Kompetenzabgrenzung und andererseits auf eine einheitliche Position bei strategischen Entscheidungen geachtet werden.

9.2

Konzeptionsphase und eigentliche Unternehmensgründung

Eine Idee ist sehr wichtig, reicht jedoch für die eigentliche Unternehmensgründung nicht aus. Zwar können Überlegungen zur Gründung eines Unternehmens auch intuitiv getroffen werden, aber ein systematisches Vorgehen und Planen dürften zur Nachhaltigkeit einer Existenzgründung maßgeblich beitragen. Ihren Niederschlag findet die systematische Planung u. a. i m Erstellen eines Geschäftsplans (Business-Plan). Der Konzeptionsphase ordnen wir deshalb auch die konstitutiven Entscheidungen wie Rechtsform, Standort und Organisation zu, die nach Abwägung der Alternativen durch den Gründer bzw. durch eine Gründer-Gruppe, sich u. a. i m individuellen Geschäftsplan widerspiegeln. Außerdem wird in knapper Form auf notwendige Formalitäten und gesetzliche Anmeldevorschriften sowie steuerliche und finanzielle Aspekte aufmerksam gemacht, die mit einer Gründung zusammenhängen.

9.2.1

Geschäftsidee und wichtige Voraussetzungen zur Realisierung

A m Anfang stehen die Geschäftsidee und der Wille zur Selbstständigkeit. Wer noch keine Idee hat, kann durchaus systematisch nach Ideen „suchen". Die wenigsten Geschäftsideen sind wirklich neu und sind weniger Glück als vielmehr Verstand (vgl. Füser 2004, S. 15, B M W I 39/2000). Von der Geschäftsidee zur Realisierung ist es oft ein langer und beschwerlicher Weg. Als grobe Richtlinie gilt, dass je nach Umfang des Gründungsvorhabens zwischen

154

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

sechs und 24 Monaten benötigt werden, um von einer Idee zu ihrer Realisierung zu gelangen (vgl. Abbildung 65, Nickel 2004, S. 78).

Abbildung 65: Die Schritte von der Geschäftsidee zur Realisierung

Ist man sich seiner Geschäftsidee sicher, so gilt es zu prüfen, welche Vorschriften und Rahmenbedingungen für die Realisierung dieser Idee zu berücksichtigen sind. Zu klären ist beispielsweise, ob die Idee auf freiberuflicher, gewerblicher oder handwerklicher Basis umzusetzen ist. Denn der Begriff „Selbstständigkeit" an sich sagt noch nichts über die Art der Unternehmenstätigkeit aus. So ist i m Steuerrecht die Unterscheidung zwischen einer freiberuflichen oder einer gewerblichen Tätigkeit relevant. Wer sich freiberuflich selbstständig machen kann, spart zur Zeit (noch) die Gewerbesteuer. Zu den sog. „Katalogberufen" gemäß § 18 Abs. 1 EStG, d. h. zu den freiberuflichen Tätigkeiten gehören die „selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigten Bücherrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe. 4'

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

155

Gewerbliche Tätigkeiten werden durch die Gewerbeordnung (GewO) geregelt. Neben einer Anzeigepflicht beim zuständigen Gewerbeamt sind insbesondere Zulassungsvoraussetzungen für besondere Tätigkeiten zu beachten (GewO Abschnitt II, siehe hierzu die Checkliste 13). Als ein besonderes Problem kann sich die Abgrenzung der gewerblichen von der handwerklichen Tätigkeit darstellen. Während für das Handwerk besondere Zulassungsvoraussetzungen in Form der beruflichen Qualifikation erforderlich sind (ζ. B. Meisterprüfung), gestalten sich die Anforderungen an das Gewerbe regelmäßig nicht so groß. Am Schluss des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) wird in den Anlagen A und Β ausgewiesen, welche Handwerksberufe seit dem 1.1.2004 nur mit einem Meisterbrief ausgeübt werden können und welche von der Meisterpflicht befreit sind. Anlage A umfasst die Handwerksberufe, für deren Ausübung der Meisterbrief vorgeschrieben ist. Die Abschnitte 1 und 2 der Anlage Β umfassen die zulassungsfreien Handwerke und alle handwerksähnlichen Gewerke. Für die Berufe ist kein Meisterbrief erforderlich, jedoch mindestens ein Gesellenbrief oder eine vergleichbare Ausbildung (vgl. Zeh/Schnell 2004, S. 26 ff.). Wer die fachlichen und sonstigen Voraussetzungen zur Realisierung seiner Idee nicht selbst mitbringt, ist auf Partner angewiesen. Diese Tatsache muss dann beispielsweise auch bei der Wahl der Rechtsform berücksichtigt werden (ζ. B. Offene Handelsgesellschaft, Partnerschaftsgesellschaft).

9.2.2

Rechtsformwahl

Die Einflussgrößen auf die Entscheidung über die Wahl und Ausgestaltung der Rechtsform sind vielfältig. Insofern lässt sich die Rechtsformentscheidung als Problem keiner allgemeingültigen Lösung zuführen. Es gilt vielmehr: Die optimale Rechtsform für ein Unternehmen gibt es nicht. Jede Form hat Vor- und Nachteile. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die für die Rechtsformwahl maßgeblichen Faktoren durchaus miteinander konkurrieren können. In folgenden Fragen unterscheiden sich die verschiedenen Rechtsformen (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 199): • Rechtsfähigkeit (nicht rechtsfähig: Personengesellschaften, rechtsfähig: Kapitalgesellschaften) • Namen der Gesellschaft (Personen-, Sach-, gemischte Firma/Geschäftsbezeichnung) • Haftungsumfang (beschränkt oder unbeschränkt) • Steuerbelastung (einmalig bei Gründung bzw. Umwandlung/laufend; Gesellschaft und/oder Gesellschafter) • Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis im Innen- und Außenverhältnis (Gesellschafter/Dritte, Selbst-/Fremdorganschaft) • Kontrollmöglichkeiten (Gesellschafter/Aufsichtsrat)

156 • • • • • • • • • • •

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten (Eigen-/Fremdfinanzierung) Gewinn- und Verlustbeteiligung Flexibilität der Vertragsgestaltung Rechnungslegung, Prüfung und Publizität Kosten (Gründung/laufend) Veräußerung von Anteilen Weiterbestand beim Ausscheiden eines Gesellschafters Nachfolgeregelungen in Familienunternehmen Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung Umwandlungsmöglichkeit bei Liquidation usw.

Welche Rechtsform bei einer (Neu-)Gründung gewählt wird, müssen letztlich die Gründer unter Berücksichtigung des verfolgten Zwecks entscheiden (vgl. BMWI 1999, S. 34 f., Kußmaul 2003, S. 456 ff., siehe Checkliste 12). Wesentlichen Einfluss auf die Rechtsformentscheidung in der Praxis hat offensichtlich der Aspekt der laufenden Besteuerung (vgl. Hüttner/Heuer 2004, S. 138, Kußmaul 2003, S. 478 ff.). Bei der Wahl der Rechtsform ist es ratsam, sich möglichst von Rechts- und Wirtschaftsexperten beraten zu lassen (vgl. Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 45 ff.). Checklisten und Kriterienkataloge bezüglich der Rechtsformwahl sind für eine erste persönliche Einschätzung der Anforderungen hilfreich. Einige Fragen, die sich ein Gründer stellen sollte, seien hier angeführt: Wie viel Eigenkapital kann aufgebracht werden? Wie risikoreich ist das Vorhaben? Soll die Haftung beschränkt werden? Welche Rechtsform ist für die Betriebsgröße passend? Wollen Sie Ihr Unternehmen allein betreiben? Wollen Sie das Unternehmen selbst leiten? Wollen Sie die alleinige Entscheidungsbefugnis haben? Soll die Rechtsform ein möglichst hohes Ansehen haben? Wollen Sie möglichst wenig Formalitäten bei der Gründung haben? Abbildung 66 zeigt einen Überblick über die wesentlichen privatrechtlichen Rechtsformen. Bei den Rechtsformen ist zu beachten, dass es bei der Schaffung einer eigenen Rechtspersönlichkeit, der sog. „juristischen Person" (ζ. B. Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG) - als Gegensatz zur „natürlichen" (menschliche Wesen) - , zur Regelung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis (nach innen und außen) besonderer Organe (z.B. Geschäftsführer, Aufsichtsrat, Hauptversammlung) bedarf. Juristische Personen sind also selbstständige Träger von Rechten und Pflichten, können vor Gericht klagen und verklagt werden. Im Folgenden wird nur kurz auf ausgewählte Rechtsformen eingegangen und ansonsten auf die umfangreichen Darlegungen in der Spezialliteratur sowie den Lehrbüchern für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre verwiesen.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

157

Abbildung 66: Wichtige privatrechtliche Rechtsformen

Grundsätzlich lassen sich drei Kategorien an Rechtsformen unterscheiden: Einzelunternehmen, Personengesellschaften (GbR, KG, OHG, PartG, stille Gesellschaft einschließlich Mischformen wie G m b H & Co. KG) und K a p i t a l gesellschaften (GmbH, AG). Die Mischformen und besonderen Rechtsformen bleiben, wie auch die des öffentlichen Rechts, hier unberücksichtigt (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 195 ff.). Kurze Erläuterungen seien hier lediglich zu drei relativ „neuen" bzw. noch nicht so bekannten Rechtsformen gegeben. • Partnerschaftsgesellschaft (PartG): Seit dem 1.7.1995 gibt es diese Rechtsform. Die Partnerschaftsgesellschaft ist eine neue Rechtsform für Angehörige freier Berufe. Es handelt sich dabei um eine Art OHG, bei der als P a r t n e r nur Freiberufler zugelassen sind. Für Berufsgruppen, denen die Rechtsform der G m b H verwehrt oder zu aufwändig ist, ist die PartG eine attraktive Alternative zur Sozietät (GbR). Voraussetzung für diese Gesellschaftsform ist, dass mindestens zwei freiberuflich qualifizierte Partner möglich ist auch eine Kombination unterschiedlicher freier Berufe - sich zur Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen. Die Partnerschaftsgesellschaft haftet mit ihrem Geschäftsvermögen und dem Privatvermögen der Gesellschafter; für Fehler in der Berufsausübung haftet jeweils nur der handelnde Partner. Freiberufler, deren Haftung per Berufsgesetze und -Verordnungen beschränkt ist, müssen eine Haftpflichtversicherung abschließen. Nach dem PartG-Gesetz (PartGG) ist der Abschluss eines Partnerschaftsvertrags erforderlich. Die Gesellschaft muss in das Partnerschaftsregister beim Amtsgericht eingetragen werden. • E i n - M a n n - G m b H : Ein Einzelunternehmer kann seinen Betrieb durch eine notariell beurkundete Erklärung in eine G m b H umwandeln. In dieser sog. „Ein-Mann-GmbH" sind die Vorteile eines Einzelunternehmers mit denen der G m b H vereint. Das bedeutet, „Sie sind Chef/in i m eigenen Haus, führen

158

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

als Angestellte/r Ihres Unternehmens die Geschäfte, haften aber nur in Höhe des Gesellschaftsvermögens, nicht mit Ihrem Privatvermögen" ( B M W I 1999, S. 35). • Sog. „Kleine A G " : Es wurde kein neuer Typ der Aktiengesellschaft geschaffen und das Kriterium „ k l e i n " ist auch nicht an irgendwelche Bezugsgrößen (wie Umsatz, Beschäftigte usw.) gekoppelt. Der Begriff „kleine A G " wird i m Gesetz nicht verwendet. A l l e Aktiengesellschaften sind dieselben, für die „kleinen A G " sind lediglich Erleichterungen eingefügt worden, so dass die A G eine Alternative für Mittelständler wird. Gemäß § 2 AktG ist die Einpersonengründung zulässig (als alleiniger Aktionär und Vorstand - , jedoch zusätzlich drei Aufsichtsräte) und es ist keine Einreichung des Gründungsberichts bei der Industrie- und Handelskammer/ I H K erforderlich (§§ 34, 37, 40, 183 AktG). Der Gründer kann weitere Anleger an seinem Vorhaben durch die Ausgabe von Aktien oder durch die Aufnahme von Kunden als Gesellschafter beteiligen. Die Haftung entspricht der Höhe des Grundkapitals von 50.000 Euro. Durch die Rechtsform der A G ist die Nachfolgeplanung bzw. der Generationenwechsel leichter zu bewerkstelligen. Welche Rechtsform auch immer für das Gründungsvorhaben gewählt wird: Ein späterer Wechsel ist immer möglich. Zwar kann man an der Firma erkennen, in welcher Rechtsform ein Unternehmen betrieben wird. Aber die Bezeichnung „Firma" ist nicht etwa, wie umgangssprachlich üblich, mit Unternehmen, Betrieb oder Geschäft des Kaufmanns gleichzusetzen. Vielmehr ist mit diesem Begriff der feststehende Name bzw. die korrekte Bezeichnung eines „Kaufmanns" (vgl. zur Kaufmannseigenschaft Kußmaul 2003, S. 457 f.), unter dem die Handelsgeschäfte betrieben und Unterschriften abgegeben werden. Sie ist damit abhängig von den jeweiligen Inhabern. Die Eintragung erfolgt in das beim zuständigen Amtsgericht geführte „Register" (Handels- oder Genossenschaftsregister).

9.2.3

Standortwahl

Da ein Unternehmen (besonders i m Dienstleistungs- und Handelsbereich) an den Standort in noch stärkerer Weise als an die Rechtsform gebunden ist, sollte deshalb die Frage nach dem optimalen Standortwahl eine zentrale Rolle bei der Erstellung des Geschäftsplans und den eigentlichen Gründungsüberlegungen spielen. Jeder Gründer sollte sich vor Augen führen, dass die Entscheidung für oder gegen einen Standort alle wichtigen Faktoren eines Unternehmenskonzepts berührt, wie Kunden, Lieferanten, Konkurrenz, Arbeitskräfte, Kosten, Verkehrsanbindungen, Infrastruktur usw. (vgl. Abbildung 67, Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 87 sowie Checkliste 8-9) und in hohem Maße

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

1

den späteren Erfolg des Unternehmens beeinflusst. Der Gründer muss einen Standort finden, der das Konzept und die Zielsetzung sowie die Strategien am besten unterstützt.

Abbildung 67: Mögliche Systematisierung von Standortkriterien

marktbezogene

rechtliche • Konzessionen • Baurecht • Umweltrecht • Vertrag

• Absatzmarkt und Kunden • Beschaffungsmarkt • Personalmarkt • Konkurrenzsituation

infrastrukturbezogene » » » »

Verkehrsanbindung Verfügbare Flächen Medienanschlüsse Dienstleister

umfeldbezogene

finanzbezogene • Kosten • Fördermittel

• • • •

Behörden Image Lebensqualität Netzwerke

A u f Grund der zentralen Bedeutung des Standorts sollte der Gründer sich nicht von subjektiven Kriterien (eigner Wohnsitz, vertrautes Umfeld usw.) für einen Standort leiten lassen, sondern seine Entscheidung einer Alternativbetrachtung unterziehen. Wichtig ist dabei, einen Kriterienkatalog zu entwickeln, der für das geplante Unternehmen die relevanten Erfolgsfaktoren erfasst und anschließend eine Bewertung vorzunehmen. Der optimale Standort kann nicht allgemein gültig beschrieben werden - nur firmenindividuell ist zu bestimmen, welche Faktoren für die Erfüllung der betrieblichen Zielsetzung wichtig sind. Bei der Kriterienauswahl sollten dabei sowohl sog. „harte" (z.B. Markt, Flächen, Kosten) als auch „weiche" (z.B. Lebensqualität, Image, Beratungsangebote vor Ort) Standortfaktoren einbezogen werden. Dabei kommt insbesondere i m Einzelhandel sowie bei zahlreichen Dienstleistungen der Frage eine besondere Bedeutung zu (vgl. Abbildung 68): Wie weit ist der Einzugsbereich des Standorts? Die Standortanalyse und -Optimierung ist sehr komplex und erfordert ein systematisches Vorgehen - Intuition reicht hier nicht aus (zu möglichen Methoden siehe Fallgatter 2001, S. 220 ff.). Stehen mehrere Standorte zur Auswahl, kann der Gründer i m Rahmen einfacher Verfahren, ζ. B. eines sog. Scoring-Modells auf Basis einer Checkliste eine ansatzweise Bewertung nach verschiedenen, die Qualität des Standorts bestimmenden Kriterien durchfüh-

160

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

ren. Zuerst werden dabei diese Kriterien entsprechend ihrer relativen Bedeutung zueinander „gewichtet", wobei häufig gefordert wird, dass die Summe der „Gewichte" eins (oder 100 %) ergeben soll. Desweiteren wird jedem Kriterium bezüglich jedes Standortes entsprechend des erreichten „Erfüllungsgrades" ein „Notenwert" (z.B. auf einer 1 bis 5 reichenden Skala, wobei 1 = schlecht und 5 = sehr gut bedeuten könnte) zugeordnet. Schließlich werden für jeden Standort die erreichten Erfüllungsgrade („Noten") der Kriterien mit den jeweiligen Kriterien-„Gewichten" multipliziert. Summiert man nun bezüglich eines jeden Standortes die eben ermittelten Produkte, so erhält man für jeden dieser Standorte die Gesamtbewertung. Derjenige Standort mit der höchsten Gesamtbewertung kann nun als der geeignetste ausgewählt werden.

Abbildung 68: Wie weit ist der Einzugsbereich des Standorts?

Wie weit ist der Einzugsbereich des Standorts? Einzelhandel/Dienstleistungen

5 Minuten zu Fuß = 70% der Kunden

Ihr Standort

8 Minuten zu Fuß = 20% der Kunden

l 10 Minuten zu Fuß = 10% der Kunden

30 Minuten per Auto = äußerste Grenze

Abbildung 69 zeigt beispielhaft ein Bewertungsschema, wobei in diesem speziellen Bewertungsvorgang bei der Aufstellung von Sollwerten auch sog. „k.o.-Faktoren" einbezogen werden. Folgende Schritte kennzeichnen die Vorgehensweise der hier gewählten Methode: • Identifizierung der für das Unternehmen relevanten Standortfaktoren (ZielKriterien) und Zuordnung der „Gewichte"

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

16J_

• Aufstellung von Sollwerten für diese Faktoren (Zuordnung der Ausprägungen der Faktoren zu Werten/„Noten" einer von 1 bis 5 reichenden NotenSkala) • Erfassung der Ausprägungen der Faktoren bei den einzelnen Standortalternativen • Bewertung der Faktoren je Standortalternative hinsichtlich der Erreichung der Sollvorstellung (den oben ermittelten Ausprägungen der Faktoren werden nun entsprechend der weiter oben festgelegten „Zuordnungsvorschrift" die entsprechenden „Noten" der Noten-Skala zugeordnet) • Komprimierung der Faktoren zu einer Bewertung des Standorts (der „ N o tenwert" eines jeden Faktors wird mit dem „Gewicht" dieses Faktors multipliziert, und die auf diese Weise erhaltenen Produkte werden addiert) • Vergleich und Auswahl des Standorts (vgl. Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 85) I m Beispielfall erhält Alternative C die höchste Gesamtbewertung, während Alternative Β „durchfällt", weil sie das k.o.-Kriterium „Autobahnanschluss" nicht erfüllt. Abbildung 69: Bewertungsschema Standorte Bewertungskriterium

Gewicht

Alternative A Erreichung BeSollwert* wertung

Alternative Β Erreichung BeSollwert* wertung

Autobahnanschluss

k.o.

X

Kundennähe

25%

5

125

5

125

Gewerbemiete

20%

3

60

4

Alternative C Erreichung BeSollwert* wertung X

-

4

100

80

5

100 80

Fördermittel

20%

1

20

5

100

4

Lohnkosten

15%

3

45

5

75

3

45

Kommunale Abgaben

10%

4

40

2

20

2

20

Nähe zur Hochschule

5%

4

20

1

5

2

10

5%

5

25

4

20

3

Wohnumfeld Gesamtbewertung

100%

Platzierung

2.

* I = schlecht ... 5 = sehr gut

9.2.4

335

-

15 370 1.

X = v orhanden, - = nicht vorhanden

Organisation und Führung

Zu den konstitutiven - also i m Grunde nur einmalig, bei Unternehmensgründungen bzw. in größeren Zeitabständen zu treffenden - Entscheidungen zählt auch die Frage nach der „Organisation". Vereinfacht gesprochen, handelt es sich bei der Organisation um die Gestaltung bzw. Regelung des gesamten be-

162

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

trieblichen Leistungsprozesses und aller damit in Verbindung stehenden Personen und Tätigkeiten i m und außerhalb des Unternehmens. A n dieser allgemein gehaltenen Definition wird erkennbar, wie facettenreich die Organisationslehre ist. Lange Zeit stand dabei i m Vordergrund eine Organisationslehre, die i m wesentlichen Praxis-Regeln bzw. Empfehlungen zusammenfasste. Dabei wurde davon ausgegangen, dass die Tätigkeit des Organisierens eine Struktur schafft: Beim sog. funktionellen Organisationsbegriff steht demnach der Prozess des Organisierens i m Mittelpunkt (Was soll und wie soll es gemacht werden? oder „Das Unternehmen wird organisiert.")· Das Ergebnis dieser Tätigkeit führt zur „Organisation" i m instrumenteilen Sinne („Das Unternehmen hat eine Organisation."). Diese Organisationsstruktur ist damit Instrument zur Umsetzung von Strategien und Zielen. Die dritte Grundrichtung geht von einem institutionellen Organisationsbegriff aus („Das Unternehmen ist eine Organisation."). Das Unternehmen wird als ganzheitliches System gesehen, und muss selbst prüfen, welche Teile bzw. Elemente (z.B. Umweltfaktoren, Stakeholder) zu seinem System gehören. M i t der Beantwortung dieser Frage grenzt sich das System „Unternehmen" von seiner Umwelt und vor allem seinen Konkurrenten ab. Die Sichtweise dieses Begriffsverständnisses lässt sich mit: „Das Unternehmen ist eine Organisation" umschreiben. Die Frage, was letztlich alles zu den organisatorischen Bestandteilen zu rechnen ist, soll hier nicht weiter verfolgt werden, vielmehr wird auf spezielle Ausführungen verwiesen (vgl. Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 124 ff., Steinmann/Schreyögg 2002, S. 397 ff., Thommen/Achleitner 1998, S. 673 ff.). Folgt man dem Aufbau von Businessplänen, so wird klar, dass zur Organisation meistens die Ausgestaltung der Unternehmensleitung und der Personalplanung gezählt werden, darüber hinaus aber auch organisatorische Aspekte des Leistungsprozesses wie ζ. B. maschinelle Ausstattung, Kooperations- und Distributionspolitik sowie das Controlling in den Bereich eingeordnet werden können (vgl. Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 29). Wie zentral heute die Bedeutung der Führungs- und Organisationsqualitäten sind, zeigt sich u. a. bei Kreditverhandlungen. Die Frage der Managerqualität steht in enger Beziehung zu Begriffen wie „Unternehmensrating", „Basel I I " oder „Risikomanagement" sowie „Corporate Governance" (vgl. Füser/Heidusch 2002, Haunerdinger 2003, Lück 2003, Martin/Bär 2002, Thommen 2003). Einige spezielle Aufgaben (des Organisierens), die nicht nur für den Geschäftsplan von Relevanz sind, sondern vor allem für eine erfolgsversprechende und zielorientierte Unternehmensführung Bedeutung haben, sind: • Bildung, Verteilung und Koordination von Aufgaben • Verteilung, Legitimation und Sicherung von Macht • Steuerung, Disziplinierung und Motivation der Organisationsmitglieder • Bestimmung der Grenzen der Unternehmung

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

163

• Kanalisierung der Selbstorganisation • Sicherung der Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 320) Welche Aufbaustruktur (Organigramm), ob das Einlinien-, das StabLinien-, das Mehrlinien-System oder eine Matrix-Organisation gewählt wird, muss sich letztlich nach den zu erfüllenden Aufgaben richten. Soll beispielweise auf Grund branchenspezifischer Notwendigkeiten (industrielle Fertigung) geteilt werden in einen technischen und einen kaufmännischen Bereich, so muss aus dem Business-Plan die Qualifikation und der berufliche Werdegang aller Stelleninhaber von Schlüsselpositionen ersichtlich sein. Wesentliche Elemente der Aufbauorganisation sind: Stellenbildung (Organigramm) sowie Stellenbeschreibung mit Aufgaben-, Kompetenz- und Anforderungsfestlegung. Intensive Überlegungen sind auch bezüglich der Ablauforganisation (räumliche und zeitlicher Strukturierung der Arbeitsabläufe) erforderlich und möglichst auf „Papier" zu bringen. Handelt es sich nicht um eine „Ein-Mann-Gründung", so ist für den ersten Personalplan eine Vielzahl von Fragen zu beantworten, u. a. (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 177): • Was mache ich selbst und was will, kann bzw. muss ich delegieren? • Wie viele Mitarbeiter brauche ich im letzten Fall? Damit sind Fragen zur Personalbedarfsplanung, Personalauswahl, Personalführung sowie tarifvertragliche und arbeitsrechtliche sowie zu den Personalaufwendungen (einschließlich Lohnnebenkosten) verbunden. • Können neben Vollbeschäftigung auch andere Formen zum Einsatz kommen (vgl. Abbildung 70)1 • Welche Qualifikationen müssen die Mitarbeiter mitbringen (Stellenbeschreibungen, Anforderungsprofile?) • Wie finde ich die geeigneten Mitarbeiter (Agentur für Arbeit, Anzeigen?)

Abbildung 70: Beschäftigungsverhältnisse Beschäftigungsverhältnisse I Vollzeit, beschaftigung

I Teilzeit, , beschaftigung

I y

Zeitarbeit

1

1 ^ Aushilfen

1 ^ Ü g i g e Beschaftigungs, .. Verhältnisse

R

G

1 Freie _ , Mitarbeit

Abschließend sei hier betont, dass empirische Ergebnisse darauf hinweisen, dass ein nicht unerheblicher Teil aller Existenzgründungen an Zerwürfnissen

164

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

innerhalb des Führungsteams, etwa bei gegensätzlichen Ansichten über zu treffende strategische Entscheidungen, scheitert.

9.2.5

Businessplan - Spiegelbild nach innen und Aushängeschild nach außen

Ein Businessplan (synonym: Geschäftsplan, Unternehmenskonzept, Unternehmensexposé) ist das Spiegelbild nach innen und das Aushängeschild nach außen. Ein detaillierter Businessplan beschreibt ein unternehmerisches Gesamtkonzept. Er ist eben nicht nur für das Niederschreiben der eigenen „Idee" sinnvoll, sondern auch für Verhandlungen mit den Kreditinstituten sowie im Zusammenhang mit sonstigen Informations- und Beratungsgesprächen (z. B. bei Unternehmensberatern oder den Kammern) unumgänglich. Abbildung 71 zeigt die zentralen Planungsmodule (vgl. Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 27). Dort werden, durch Pfeile gekennzeichnet, auch wesentliche inhaltliche Verknüpfungen zwischen den einzelnen Planungsinhalten aufgezeigt. Zweifelsohne erhöht ein schlüssiges, auf Papier festgehaltenes, Konzept nicht nur die Erfolgsaussichten einer Gründung, sondern erleichtert zugleich auch die Verhandlungen, da es

Abbildung 71: Planungsmodule eines Businessplans

Grundlagen

Externe Aspekte

Interne Aspekte

Finanzierung

Qualifikation Gründer/Manager

Idee/Geschäft/ Produktdefinition

Markt- und Wettbewerbsanalyse

Marketing und Wettbewerbsstrategie

Ressourcen und Geschäftssystem

Umsatz- und Kostenplanung

Investitions- und Kapitalbedarfsplanung

Finanzierungsplanung

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

165

• Externen (Stakeholdern) ein fundiertes Bild des Projekts und seiner Erfolgsfaktoren (Kundennutzen, Grad der Innovation, Marktpotenzial, Absatzkonzept, Finanzierbarkeit) bietet, • die unternehmerische Vision des Gründungsvorhabens durch klare betriebswirtschaftliche Daten erhärtet (Annahmen über Märkte, Finanzierung usw.), • den aktuellen Stand der Planungsvorhaben und Aktivitäten zeigt (den „Fahrplan"), • den (Plan-) „Kurs" und Meilensteine aufzeigt und damit auch eine Steuerung und Kontrolle ermöglicht • und insgesamt die „Professionalität" des Vorhabens bestätigt (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 171). Insofern sollte ein erfolgversprechender Business-Plan durch Klarheit beeindrucken, durch Sachlichkeit überzeugen, auch für technische Laien verständlich, wie „aus einem Guss" und ein wirkliches „Aushängeschild" sein. Insbesondere Gründer ohne betriebswirtschaftlichen Hintergrund sollten mit Hilfe von Externen (z.B. Unternehmensberatern) klären, welche einzelnen Punkte in den Geschäftsplan aufgenommen und konkretisiert werden müssen. Es gibt keinen einheitlichen Standard für die Abfassung des Konzepts. In der Literatur werden verschiedenen Musterpläne bzw. Checklisten mit gründungsrelevanten Faktoren (z.B. Gründerzeiten hrsg. vom BMWI, Nr. 7/8, vgl. Checkliste 77). Abbildung 72 zeigt eine in vielen Fällen sinnvolle Gliederung für einen typischen Businessplan. Vielfach ähneln sich die Elemente, wobei ihr Konkretisierungsgrad stark vom „Typ" der Unternehmensgründung abhängt (Branche, Größe usw., siehe auch Checklisten 14,15). Was ist zu beachten? • Als unverzichtbare Kernelemente sind die Zusammenfassung (Executive Summary), die Produkt- bzw. Leistungsdarstellung, das Marketingkonzept sowie insbesondere der Finanz- und Liquiditätsplan zu nennen. • Executive Summary ist ein eigener Baustein; verwechseln Sie ihn nicht mit einer Einführung oder der kurzen Beschreibung Ihrer Geschäftsidee auf dem Deckblatt. Die Zusammenfassung soll dem jeweiligen Leser (z.B. wichtigen Entscheidungsträgern in Kreditinstituten) einen ersten schnellen Überblick verschaffen. Diese kurze, klare und vor allem schlüssige Darstellung der Geschäftsidee und der wichtigsten entscheidungsrelevanten Informationen (ζ. B. Innovationscharakter der Gründung, erforderliche Investitionen, geplante Ziele, konkrete Schritte, welche zur Erreichung der Ziele führen, Kapitalbedarf, Kundennutzen, Kostenplanung usw.) soll Interesse wecken, d. h. einen positiven Eindruck und Neugierde (auf den „Rest") vermitteln. • Der Geschäftsplan sollte nicht mehr als 20 bis 35 Seiten umfassen.

166

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

Abbildung 72: Aufbau eines typischen Business-Plans 1. Executive Summary • • • • • •

Geschäftsidee Wettbewerbsvorsprung/Eifolgsfaktoren Unternehmensziele Finanzbedarf Anforderungen an den Eigenkapitalgeber Planzahlen im Überblick

2. Geschäftsidee • Gegenstand des Unternehmens • Jetzige und zukünftige Produkte/Dienstleistungen • Stand der Technik, Patente, Lizenzen, F&E • Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenz (Zusatznutzen, Attraktivität, Image, Preis, Service, Managementteam) • Risiken (Substitutionsmöglichkeiten)

3. Gründerteam • Lebensläufe der Kernmitarbeiter und Initiatoren • Qualifikationen, berufliche Tätigkeiten, Defizite • Motivation • Beteiligungen an anderen Unternehmen • Neue Mitarbeiter (Anzahl, Qualifikation, Aufgabenverteilung, Umsatz pro Mitarbeiter) • Berater (Anzahl, Aufgaben)

4. Marktübersicht/Unternehmensziele • Markteinschätzung (Zielmärkte, Marktvolumen, Marktpotential/Wachstum) • Marktanteile (aktuelle/geplante) • Preisstrategie, Servicepolitik • Markteintrittsbarrieren (Skaleneffekte etc.)

5. Wettbewerber • Wettbewerber und wettbewerbsrelevante Produkte (Stärken- und Schwächenprofil) • Marktstellung, Marktanteile • Reaktionsfähigkeit auf Stärken der Konkurrenten

6. Angaben zum Unternehmen • Firma bzw. Geschäftsbezeichnung, Anschrift, Gründung • Gründe für die Wahl der Rechtsform • Gesellschafterverhältnisse, Geschäftsführung • Branche • Standortbeschreibung, Standort vorteile • Besitzverhältnisse der Gebäude und Grundstücke • Evtl. Höhe des einzuwerbenden Kapitals/ Bereitschaft zur Abgabe von Gesellschaftsanteilen

7. Organisation • Unternehmensleitung, Funktionen und Zuordnungen, Personal • Produktion, masch. Ausstattung, Umweltschutz, Kooperationen • Marketing, Werbung • Distributionspolitik • Einkauf, Lieferantenabhängigkeit Abnahmeverträge • Rechnungswesen, Kostenrechnung Controlling

8. Finanzplanung • Gewinn- und Verlustrechnung • Cash-flow-Planung • Bilanzplanung

9. Anhang • • • •

Lebensläufe der Gründungsmitglieder Referenzen, Empfehlungen Gesellschaftsvertrag, Handelsregisterauszug Zeitplan und sonstige Verträge (Lizenz-, Abnahme-, Vertriebs-, Gewinnabführungsverträge, Letter of Intents, Lead-User-Verträge, Grundstücks-, Miet-/Pachtvertrag, etc.) • Zulassung, Konzession, sonstige behördliche Genehmigungen • Name und Anschrift des Steuer-, Rechtsund sonstigen Beraters

Mittlerweile finden in Deutschland zahlreiche Business-Plan-Wettbewerbe statt, in denen das Transferieren der „Geschäftsidee" in konkrete Geschäftspläne im Rahmen von Planspielen quasi als Trockenübung praxisnah „trainiert" wird. Dahinter steckt vor allem die Grundidee der regionalen Zusammenführung von Know-how der Hochschulen, der Kapitalgeber und des unternehmerischen Umfelds, um die Gründung innovativer Unternehmen anzuregen. Die Ausrichter solcher Wettbewerbe unterstützen i. d. R. die Teil-

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

167

nehmer bei der Erstellung des Geschäftsplans durch Seminare, Jour fixes, Entrepreneurship-Foren oder Crash-Kurse. Dabei ist dieser Know-how-Transfer zusammen mit den Kontakten bzw. dem Aufbau von Netzwerken zu Investoren und Kapitalgebern wichtiger als die ausgelobten Preisgelder für die Business-Pläne zu betrachten, die von einer qualifizierten Jury vertraulich bewertet werden. Die Ideenträger werden schrittweise (Stufe 1 : Ideenformulierung/Geschäftsidee formulieren, 2. Schritt: Grobkonzept und 3. Stufe detaillierten Businessplan erstellen) zum Endprodukt tragfähiges „Unternehmenskonzept" herangeführt. Durch eine kontinuierliche Unterstützung und Beratung während des gesamten Prozesses wird der Gründungsgedanke gestärkt und Hilfestellung bei den ersten Schritten ins Unternehmertum geleistet (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 172 f.).

9.2.6

Risikoabsicherung von Unternehmen und Familie

Vor der endgültigen Aufnahme der Geschäftstätigkeit sollte der Existenzgründer sich intensive Gedanken über die Risikoabsicherung von Unternehmen und Familie machen. Abbildung 73 zeigt die potenziellen Risiken (vgl. Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 92). Es gilt die zahlreichen Risikofelder für sich zu identifizieren und abzuwägen, welche Vorsorgemaßnahmen notwendig und sinnvoll sind. Vor allem für zentrale Risiken sind sowohl die vertragliche Risikoreduzierung (z.B. Haftungsbeschränkung) als auch die Versicherung des Risikos (ζ. B. Haftpflichtversicherung) zu erwägen. Wie Abbildung 73 zu entnehmen ist, kann grundsätzlich zwischen Risiken durch Ihr Unternehmen, Risiken für das Unternehmen und gesellschafterbezogene Risiken unterschieden werden. • Risiken für das Unternehmen: Zunächst ist an typische versicherbare Sachrisiken zu denken (Beschädigung von Sachen oder Gebäuden durch Feuer, Wasser usw.) sowie an bestimmte branchenbezogene Absicherungen (ζ. B. Elektronik-, Datenträgerschäden). Zusätzlich ist zu prüfen, ob es angebracht ist, bestimmte unternehmerische Vermögensschäden (ζ. B. Betriebsunterbrechung, Rechtsstreitigkeiten) zu versichern. • Risiken durch Ihr Unternehmen und Sie und die Mitarbeiter: Mit Haftpflichtversicherungen können Personen, Sach- und darauf beruhende Vermögensschäden, die vom Unternehmen ausgehen, aber Dritte betreffen, abgedeckt werden. Zu denken ist vor allem an die Betriebshaftpflicht-, Produkthaftpflicht-, Umwelthaftpflicht- und Kraftfahrzeugversicherung. Personenversicherungen decken teilweise eng mit dem Unternehmen assoziierte Risiken (z.B. Folgen von Betriebsunfällen) und konkretisieren ansonsten die Fürsorgepflicht der unternehmerischen Tätigkeit für die Mitarbeiter und sich selbst als Unternehmer (gesetzliche Unfallversicherung,

168

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

gesetzliche Sozialversicherung: Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung sowie zusätzliche private Personenversicherungen in bestimmten Risikosparten). • Gesellschafterbezogene Risiken: Zu überprüfen ist ebenfalls, wie mit Risiken, die sich aus familienrechtlichen Situationen wie Eheschließung, Ehescheidung oder Erbfall ergeben können, umgegangen wird und in welcher Form Vorsorge getroffen werden sollte (vgl. Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 92 ff., Gründerzeiten hrsg. vom BMWI Nr. 24 und Nr. 41).

Abbildung 73: Übersicht zu potenziellen Risiken

9.2.7

Anmeldungen und Genehmigungen zum Start der Geschäftstätigkeit

Bereits im Rahmen der Beschäftigung mit der Rechtsformwahl ist sehr deutlich geworden, dass mit der Gründung eine Vielzahl von gesetzlichen Vorschriften verbunden sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie in der Broschüre „GründerZeiten hrsg. vom BMWI Nr. 36" darauf aufmerksam gemacht wird: „Achtung Amtsschimmel: Anmeldung und Start der Geschäftstätigkeit". Dabei sind besonders die verschiedenen Anmeldevorschriften zu beachten. Abbildung 74 gibt einen Überblick über die wichtigsten Meldepflichten (vgl. Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 101).

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus Abbildung 74: Wichtige Meldepflichten

Aktiv selbst anzumelden

Anmeldung durch Dritte

Die Gründungsformalien sind beträchtlich (vgl. Kußmaul 2003, S. 501 ff., Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 101 ff.). Die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit ist im Rahmen der Gewerbefreiheit zwar im Allgemeinen nicht an eine Genehmigung gebunden, muss aber bei der zuständigen Gemeinde angezeigt werden. Bei der Aufnahme einer nichtgewerblichen Tätigkeit, beispielsweise für Freiberufler, ist keine Anmeldung erforderlich. Wichtig ist auch zu wissen, dass neben dem Beginn der Geschäftstätigkeit auch die Verlegung des Betriebs, der Wechsel des Gegenstands des Unternehmens und die Betriebsaufgabe angezeigt werden müssen. Die Anzeige erfolgt beim Ordnungsamt der Gemeinde auf einem Formblatt, wobei die Anmeldung persönlich oder durch einen bevollmächtigten Vertreter erfolgen kann. Bei einer Personengesellschaft sind alle haftenden Gesellschafter zur Anmeldung verpflichtet, während bei einer Kapitalgesellschaft die Anzeige durch die vertretungsberechtigte(n) Person(en) erfolgt. Innerhalb einiger Tage nach Anmeldung erhält man eine Bescheinigung, den sog. Gewerbeschein. Gleichzeitig leitet das Ordnungsamt die Anmeldung an weitere Ämter und Behörden weiter, u. a. an Kammern, Finanzamt und Berufsgenossenschaft. Allerdings ist zu beachten, dass dadurch zumeist nur die Zusendung der benötigten Anmeldeformulare ausgelöst wird. Wie bereits erwähnt, ist für die Aufnahme einer Reihe von handwerklichen Gewer-

170

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

ben die Eintragung in die Handwerksrolle Voraussetzung. Eine Reihe von gewerblichen Tätigkeiten setzt zusätzlich zur Anmeldung noch Genehmigungen voraus (z. B. Privatkrankenanstalten, Spielgeräte, Bewachungsgewerbe), und für einzelne Branchen gelten besondere Regelungen (Hotel- und Gaststättengewerbe, Einzelhandel und Verkehrswesen). Bei einigen Gewerben ist neben der Gewerbeanmeldung auch eine nachfolgende Überprüfung des Gewerbetreibenden vorgesehen (z.B. Detekteien und Auskunfteien, Partnervermittlungen). Zur Eintragung ins Handelsregister sind alle Einzelkaufleute und sog. Handelsgesellschaften (dazu gehören sowohl die Personen· als auch Kapitalgesellschaften) verpflichtet. Das Handelsregister informiert als amtliches Verzeichnis über wichtige Sachverhalte (z. B. Inhaber, Haftung, Firma) im rechtlichen Umfeld der eingetragenen Unternehmen. Wie Abbildung 75 zeigt, hängt die Entscheidung darüber, ob eine Eintragung ins Handelsregister vorgenommen werden kann oder darf, von der Kaufmannseigenschaft ab (vgl. Kußmaul 2003, S. 505).

Abbildung 75: Handelsregistereintragung

Kaufmannsart

Registereintag

Kaufmann

Eintragungspflicht Eintragung ist deklatorisch (rechtsbekundend), d. h. ein Kaufmann ist auch schon vor Eintragung ins Handelsregister Kaufmann.

Kannkaufmann

Eintragungsberechtigung Eintragung ist konstitutiv (rechtsbegründend), d. h. ein Kannkaufmann wird erst durch Eintragung zum Kaufmann.

Formkaufmann

Eintragungspflicht

Scheinkaufmann

Eintragungspflicht

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass gemäß § 238 HGB jeder Kaufmann verpflichtet ist Bücher zu führen. Der Begriff des Kaufmanns ist hier gebunden an das Vorliegen eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs; nicht buchführungspflichtig sind andere Kaufleute, Freiberufler sowie Land- und Forstwirte. Die Verbindung zur Steuergesetzgebung ist in § 140 AO (Abgabenordnung) festgehalten. Dieser Paragraf bestimmt, dass jeder, der nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, die Verpflichtungen, die ihm nach anderen Gesetzen unterliegen, auch für die Be-

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

T7J_

Steuerung zu erfüllen hat. In § 141 AO wird die Grenze zwischen buchführungspflichtigen und nicht buchführungspflichtigen Betrieben gezogen. Grundsätzlich sind auch die steuerlichen Aspekte der Gründungsphase zu berücksichtigen (vgl. Kußmaul 2003, S. 505 ff.).

10.

Wachstums-Unternehmen

Eine eindeutige Grenzziehung zwischen Gründungs-, Wachstums- und Reife-Unternehmen lässt sich, wie bereits zu Beginn des Kapitels erwähnt, nicht vornehmen. Stellt sich der Unternehmer bzw. das Management die Frage, ob die Unternehmens-Ziele besser i m Alleingang oder in einem Zusammenschluss verwirklicht werden können, so ist diese Fragestellung zunächst grundsätzlich losgelöst von den einzelnen Phasen des Unternehmens-Lebenszyklus zu sehen. Dies wird u. a. daran sichtbar, dass wir, wie auch andere Autoren, i m Rahmen der prinzipiellen Möglichkeiten der Unternehmensgründung nicht nur die eigentliche Neugründung besprechen, sondern auch die Formen wie z.B. Kooperationen, Franchising, Management-Buy-Out/-BuyIn, Spin-Off oder Kauf eines Unternehmens. Gerade Akquisitionen oder Zusammenschlüsse (Beteiligungen, M & A ) werden üblicherweise den Unternehmensaktivitäten zugeordnet, die eher in der Wachstums- bzw. Reifephase stattfinden. I m folgenden geht es nicht darum, eine möglichst korrekte Definition und Abgrenzung bezüglich der Phase „Wachstums-Unternehmen" zu geben, sondern darauf aufmerksam zu machen, dass der Begriff „Unternehmenswachstum" durchaus Interpretationen zulässt. Vor allem soll aber aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten das Management besitzt, Wachstumspotenziale i m und für das Unternehmen zu erschließen. In der Wachstumsphase steht das Managen von Kernkompetenzen i m Vordergrund oder wie es Pümpin/ Prange (1991, S. 172) festhalten: „ I m Mittelpunkt steht dabei die zügige und konsequente Ausschöpfung nunmehr erkannter Nutzenpotenziale mittels Multiplikation und damit einer klaren Konzentrationsstrategie."

10.1

Internes und externes Unternehmens Wachstum

Der Begriff „Wachstum" (Brutto- bzw. Nettosozialprodukt) ist nicht nur in der Volkswirtschaftslehre kritisch zu betrachten, wie u. a. die Diskussion über „quantitatives" oder „qualitatives" Wirtschaftswachstum zeigt. Können wir beispielsweise bereits von einem Unternehmenswachstum sprechen, wenn die Umsätze in einem Unternehmen zum Vorjahr nominal gestiegen sind, oder erst dann, wenn ein realer (preisbereinigter) Anstieg des Umsatzes zu verzeichnen ist? Kann überhaupt von einem internen Unternehmenswachs-

172

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

tum gesprochen werden, wenn das Unternehmen unterhalb der Wachstumsrate der Konkurrenten bzw. Branche liegt (Verlust von Marktanteilen)? Was sagen die Anzahl der Mitarbeiter, die Bilanzsumme oder andere Kenngrößen über ein Unternehmenswachstum aus? Oder gibt nur der „Markt- oder Börsenwert" Auskunft über das Wachstum eines Unternehmens? Die zahlreichen Fragen und Aspekte, die mit dem Unternehmenswachstum zusammenhängen, sollen hier nicht beantwortet werden. Sie sollen lediglich für das „Problem" Ermittlung und Ausweis von Unternehmenswachstum sensibilisieren. Einem Unternehmen stehen zur Umsetzung seiner Wachstums-, Wettbewerbsvorteils- oder Wertsteigerungs-Strategien sowohl i m nationalen als auch internationalen Rahmen („Globalisierung") grundsätzlich drei Wege zur Verfügung, mit alten oder neuen Geschäftsfeldern Umsatz- und Gewinnwachstum zu erzeugen (vgl. Becker 2001, S. 914, Hopfenbeck 2002, S. 245): • aus eigener Kraft (mit eigenen Ressourcen); • zusammen mit einem Partner (und Ressourcenbündelung) in Formen von Kooperationen (strategische Allianzen, Joint Ventures); • Akquisitionen oder Zusammenschlüsse (Beteiligungen, Mergers & Acquisitions). Unternehmenswachstum lässt sich demzufolge grundsätzlich mit unterschiedlichen Graden der Eigenaktivität herbeiführen und zwar durch eine • Autonomiestrategie, d. h. Aktivierung eigener Potenziale beispielsweise über eigene Erfolge in der Forschung und Entwicklung, • Kooperationsstrategie, d.h. durch Zusammenarbeit von Firmen z.B. i m Forschungs- und Entwicklungsbereich oder • Integrationsstrategie, also durch Unternehmenszusammenschlüsse, d.h. den Erwerb eines Unternehmens mit entsprechenden Ressourcen i m F&E-Bereich. Abbildung 76 zeigt die drei Wege zum Unternehmenswachstum und wesentliche Umsetzungsformen i m Überblick. U m seine Ziele und Markt-Wachstumsstrategien zu realisieren, kann ein Unternehmen auf einen ganzen „Baukasten" möglicher Umsetzungsformen zurückgreifen. Dabei bewegt sich die Skala nach Becker auf einem Kontinuum zwischen 100 % Eigenrealisierung (intern) - über Lizenz, Franchising, Kooperation, Strategische Allianz, Joint Venture, Mergers & Acquisitions (Unternehmenskäufe) - und Fremdrealisierung (extern). Üblicherweise wird von internem (endogenem, natürlichem) Wachstum gesprochen, wenn mit Hilfe eigener Ressourcen eine Marktausweitung realisiert wird oder neuerstellte eigene Kapazitäten geschaffen bzw. gewonnen werden. Dies erfolgt entweder über den Weg des internen Ausbaus, der Gründung und Erweiterung von Betriebsstätten oder der Gründung neuer Einheiten. Von externem (exogenem) Wachstum wird gesprochen, wenn auf Kooperationen und/oder Unternehmensvereinigungen gebaut wird, also Wachstum

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

173

durch Erwerb von Verfügungsmacht über bereits bestehende Kapazitäten erzeugt wird (vgl. Theisen 1991, S. 133 ff., Schröder 2000, S. 531). Als „Treiber" für die verstärkten internationalen Unternehmenskooperationen und -Zusammenschlüsse können die gravierenden Veränderungen auf den Kapital- und Produktmärkten der Unternehmen ausgemacht werden: • Die Hinwendung vom Stakeholder-Ansatz zum Shareholder-Value-Ansatz als Antwort auf Veränderungen im Kapitalmarktbereich mit dem Ziel der Unternehmenswertsteigerung. • Um die Zielgröße „Unternehmenswertsteigerung für die Kapitaleigner" zu realisieren, muss eben nicht zwingend eine Wachstumsstrategie stehen, sondern es kann auch eine entgegengesetzte Strategie, nämlich die Desinvestition von wesentlichen Teilen des Unternehmens (im Extremfall bis zur Zerschlagung des Unternehmens) angestrebt werden. • Als Antwort auf die Veränderungen im Marktbereich (Marktdynamik, Globalisierungserfordernisse usw.) wird die Sicherung weltweiter Wettbewerbsfähigkeit (u.a. durch Outsourcing, Internationalisierung usw.) verfolgt (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 297). Abbildung 76: Wege zum Unternehmens Wachstum Wege zum Unternehmenswachstum

Je nach Markt- und Wettbewerbsverhältnissen bzw. -zwängen werden von den Unternehmen zur Stabilisierung und Erweiterung ihrer Wettbewerbsposition unterschiedliche Umsetzungsformen der Marktbearbeitung gewählt und oftmals in Kombination zum Einsatz gebracht. In der jüngsten Zeit genießen insbesondere die neueren Formen der Unternehmenskooperation (z.B. strategische Allianzen, Joint Ventures) und Unternehmensakquisition (ζ. B. Spin-Off, Venture-Management) große Beachtung.

174

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Grundsätzlich kommen die genannten drei Wege bzw. Strategien mit den möglichen Umsetzungsformen auch für das Managen der Reifephase in Frage. Dies gilt vor allem für die zuletzt erwähnten neueren Formen der Kooperation und Akquisition, weshalb wir diese auch dort besprechen.

10.2

Markt-Wachstumsstrategien zur Stärkung der Kernkompetenzen

Im Rahmen einer Marketingstrategie kommt der Festlegung der Strategierichtung in bezug auf alternative Produkt-Markt-Kombinationen eine besondere Bedeutung zu. Als klassisches Hilfsmittel zur Verdeutlichung bzw. Bestimmung von Strategien bietet sich die von Ansoff entwickelte ProduktMarkt-Matrix an, in der Alternativen zwischen neuen und alten Produkten und Märkten dargestellt sind. Die schematische Darstellung zeigt als Orientierungsrahmen für strategische Handlungsalternativen dabei vier Strategien unter Einbeziehung des Investitionsaufwands und der Kosten (vgl. Abbildung 77): Abbildung 77: Marktstrategien und Investitionsaufwand

Märkte Produkte

alt/gegenwärtig

neu

alt/gegenwärtig

• 1. Marktdurchdringung => Verkaufsintensivierung => Neukundengewinnung => Konkurrenzverdrängung

• 2. Marktentwicklung => Unternehmenskauf => Expansion => Franchising => Jointventure Investitionsaufwand und Kosten recht unterschiedlich

Investitionsaufwand eher gering und Kosten unterschiedlich neu

• 3. Produktentwicklung => Eigene Entwicklung => Vertragsentwicklung => Lizenzen => Austausch von Produkten

• 4. Diversifikation => Eigenaufbau => Kooperation => Mergers & Acquisitions

Hoher Zeitaufwand, unterschiedliches Investitionsvolumen und recht hohe Kosten

Investitionsaufwand sehr hoch und Kosten i. d. R. auch hoch

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

175

1. Bei der Strategie der Marktdurchdringung steht der bisherige Markt mit den „alten" Produkten i m Mittelpunkt. U m hier weiteres Wachstum zu erzielen, muss der bisherige Markt intensiver bearbeitet werden. Es ist somit mit einem tendenziell überschaubaren Investitionsvolumen zu kalkulieren, und die Kosten sind je nach Intensität der Aktivitäten unterschiedlich hoch. 2. Gemäß der Strategie der Marktentwicklung sollen die bisherigen Produkte auf neuen Märkten abgesetzt werden. Diese Alternative ist dann zu erwägen, wenn die bisherigen Märkte gesättigt sind und weiteres Wachstum nur auf neuen Märkten möglich ist. Eine eindeutige Aussage über das Investitionsvolumen und die Kosten kann bei dieser Strategie kaum gemacht werden. Z u m Beispiel ist beim Unternehmenskauf das Investitionsvolumen hoch und die Kosten unterschiedlich und bei der Kooperation (ζ. B. Joint Venture) das Investitionsvolumen unterschiedlich hoch und die Kosten niedrig. 3. Bei der Strategie der Produktentwicklung werden neue Produkte für die bisherigen Märkte geschaffen, um einen Vorsprung vor den Mitbewerbern zu erreichen bzw. mittelfristig der einzige Anbieter zu werden. Da Forschung und Entwicklung i. d. R. sehr zeitaufwendig ist und die Ergebnisse erst nach einer gewissen Zeit auf den Markt gebracht werden können, sind die Kosten einschließlich der Markteinführung des Produktes recht hoch, und das Investitionsvolumen ist u. a. abhängig von der Art der neu entwickelten Produkte. 4. Bei der Strategie der Produkt-Diversifikation werden neue Produkte i m Sinne von Produktdifferenzierung und/oder Produktdiversifikation für neue Märkte gesucht. Wie jede Marktstrategie hat auch die Diversifikation Vor- und Nachteile i m Hinblick auf das erforderliche Investitionsvolumen, die Schnelligkeit der Realisierung, das Risiko, die Abhängigkeit von anderen Unternehmen sowie die Gewinnmöglichkeiten. In den meisten Fällen ist davon auszugehen, dass sowohl das Investitionsvolumen als auch die Kosten vergleichsweise sehr hoch sind. Einer Marketingstrategie kommt demnach die Aufgabe zu, den Weg vorzugeben, auf dem durch den Einsatz von absatzpolitischen Instrumenten (Marketing-Mix) die Marketingziele sukzessive erreicht werden können. Damit stellt

die Marketingstrategie einen langfristigen Verhaltensplan dar, dessen Hauptzielsetzung es ist, i m und für den Markt die richtigen Entscheidungen zu treffen. Zielsetzung einer jeden Marketingstrategie muss dabei sein, dem Unternehmen einen strategischen Wettbewerbsvorteil bzw. eine strategische Erfolgsposition zu verschaffen.

176 10.3

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus Wachstum d u r c h Eigenaufbau

Das Wachstum mit eigenen Ressourcen ist für viele Unternehmen schwer zu realisieren. Innovationen aus dem eigenen Unternehmen und M a r k t b e a r b e i t u n g sind dabei grundsätzliche Möglichkeiten, über angestammte oder neue Geschäftsfelder Umsatz- und Gewinnwachstum zu erzeugen. Allerdings fehlen hierzu vielfach die Finanzressourcen. Welche Strategie letztlich zu mehr Unternehmensstabilität und Erfolg führt, lässt sich nicht eindeutig beantworten. So sind selbst in der Pharmabranche, wo die meisten Firmen die Zukunftssicherung über Fusionen anstreben (Begründung i. d. R.: Aufwendungen für F & E zu decken), die derzeit erfolgreichsten Unternehmen, Merck und Pfizer diejenigen, die auf Autonomie setzen und aus eigner Kraft gewachsen sind (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 245).

10.3.1 Wachstum durch Innovationen Dass Innovationen volkswirtschaftlich und einzelwirtschaftlich (d. h. für eine Organisation) betrachtet notwendig und maßgeblich für Leistungssteigerung und Wachstum von Unternehmen verantwortlich sind, ist unbestritten. Innovationen sind demzufolge auch als strategische Potenzialträger zu interpretieren. P r o d u k t - und Prozessinnovationen (vgl. Abbildung 78) schaffen neue Märkte bzw. verändern diese und gewährleisten Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Innovationen dienen der Existenzsicherung und dem Wachstum von morgen, so dass Entscheidungen für Innovationen frühzeitig zu treffen sind. Innovationen haben grundsätzlich Einfluss auf die Strategien eines Unternehmens (ζ. B. bezüglich der Frage, ob eher Defensivstrategie oder eher Offensivstrategie), und Produktinnovationen i m speziellen sind „Impulsgeber" des Produktlebenszyklus zu sehen (vgl. Zdrowomyslaw/Dürig 1999, S. 212 f.). Abbildung 78: Innovationen: Neu dem Grade nach

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus Innovation ist durchaus ein schillernder und zuglich modischer Begriff, wie Hauschildt (1993, S. 3) betont. Z u m einen existieren zahlreiche Definitionen von Innovation und zum anderen gestaltet sich die Abgrenzung zwischen kleineren Verbesserungen und sprunghaften Entwicklungen (die i. d. R. erst als Innovation bezeichnet werden) als sehr schwer. Hieran wird bereits deutlich, dass es bei Innovationen tatsächlich um etwas wirklich „Neues" (Neuerungen oder Veränderungen) geht, d.h., um neue Produkte, neue Verfahren, neue Vertriebswege, neue Werbeaussagen, neue Corporate Identity usw., womit demzufolge mit diesem Begriff mehr als nur die Einführung eines neuen Produkts verbunden wird. Als Innovationen gelten (vgl. Pichler/ Pleitner/Schmidt 1996, S. 89): • neue oder verbesserte Produkte (Produktinnovationen), • neue oder verbesserte Produktionsprozesse und -verfahren (Prozessinno-

vationen oder Verfahrensinnovationen), • veränderte soziale Beziehungen i m Unternehmen (Sozial- oder Personal-

innovationen). Allgemein können Innovationen wie folgt definiert werden: Innovationen sind alle Veränderungen (Neuerungen), die i n einem Unternehmen erstmals zur Anwendung gelangen und damit einen konkreten wirtschaftlichen und/oder sozialen Nutzen hervorrufen.

Innovationen können somit alle Bereiche eines Unternehmens betreffen, und die Innovationsarten lassen sich in der Unternehmenspraxis nicht immer „sauber" von einander trennen, da technische, wirtschaftliche, organisatorische und soziale Veränderungen i m betrieblichen Ablauf oftmals miteinander verknüpft sind. Grundsätzlich sind K M U - mit gewissen Vor- und Nachteilen - genauso innovationsfähig wie Großunternehmen. Innovationen kommen i. d. R. nicht zufällig zustande. Üblicherweise bedarf es der Einführung eines betrieblichen Vorschlagswesens oder in einer etwas weiter gefassten Form eines Innovationsmanagements (vgl. Geschka 1990, Hauschildt 1993, Pichler/Pleitner/ Schmidt 1996); verkürzt zusammengefasst: Es geht um die Planung und Steuerung von Innovationen. Innovationsvorhaben sind komplexe Prozesse, die in einem Unternehmen nicht „nebenbei" bewältigt werden können. Sie werden prinzipiell gefördert, wenn ein Betriebsklima vorherrscht, in dem Ideen entstehen und auch umgesetzt werden können. Darüber hinaus ist ein systematisches Vorgehen nebst der Schaffung bestimmter Rahmenbedingungen und gegebenenfalls „externer Unterstützungen" erforderlich. Abbildung 79 zeigt die Gestaltungsbereiche des Innovationsmanagements. Da Ideen „nicht vom Himmel fallen" ist es sinnvoll, sog. Kreativitätstechniken (ζ. B.

178

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Brainstorming-Methoden, Morphologisches Tableau) zur Generierung von Alternativen und zur Lösung von Problemen zu nutzen (vgl. Zdrowomyslaw/ Dürig 1999, S. 211 f.). Die gefundenen Ideen sind zu bewerten, d.h. nach nicht erfolgsversprechenden und erfolgsversprechenden Ideen zu trennen und letztere auf potenzielle Marktchancen zu beurteilen. Das Ergebnis der Auswahl der besten Ideen ist ein Produktvorschlag (Produkt- oder Prozessinnovation). Er stellt die Grundlage für das weitere Vorgehen dar. Nachfolgend gilt es, die Wirtschaftlichkeit des Produktvorschlags zu analysieren (z. B. mit Hilfe der Nutzwertanalyse). M i t dem Produktentscheid ist die Planung der Realisierung des Forschungs- und Entwicklungsprozesses bis hin zur erfolgreichen Markteinführung vorzunehmen. Hier wird die Schnittstelle zum Marketing und zur Produktion ersichtlich; Innovation, Programmplanung und Marketing fließen zusammen und bilden letztlich eine Einheit. Abbildung 79: Die Gestaltungsbereiche des Innovationsmanagements

Interne Rahmenbedingungen Einstellungen/Verhalten der obersten Führungsebenen

Strategische

Personalpolitik

Ideen-

\

Organisation

Information und Kommunikation

Finanzierung

\

/ "7 Vorphase

* Beratung

Proj ektmanagement (Innovationsproj ek)

t

i · Ii Fmanzielle ^.. ι Forderung

t _ r, Transfer^.. ι Forderung

# Infrastrak^ „ turelle Dienst, . ^ leistungen

* Kredite und Kredithilfen

Externe Unterstützungen Es wird also insgesamt deutlich, dass eine kreative Idee nicht „automatisch" zu einer Innovation führt; letztlich filtert der Wettbewerb (genauer: die Anforderungen des Wettbewerbs) aus der Menge der kreativen Ideen diejenigen he-

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

179

raus, die zu Innovationen werden (Kurzformel: Innovation = durch Wettbewerb gefilterte Kreativität). Wachstum durch Innovation kann daher nur dann nachhaltig erreicht und gesichert werden, wenn es dem Unternehmen gelingt, entsprechende Wettbewerbspotenziale aufzubauen und i m Komplex zur Entfaltung zu bringen.

10.3.2 Eigene Marktbearbeitung Vergegenwärtigt man sich noch einmal die Produkt-Markt-Matrix von Ansoff (vgl. Abbildung 77), so fokussiert sich die eigene Marktbearbeitung vor allem auf die Marktdurchdringung. Unternehmen können den Absatz ihrer eingeführten („alten") Produkte und Dienstleistungen grundsätzlich durch Verkaufsintensivierung, Neukundengewinnung und Konkurrenzverdrängung erweitern. In diesem Zusammenhang darf man nicht immer nur an Großunternehmen denken, die global agieren. Es gibt internationale, nationale, regionale, aber eben auch lokale Absatzmärkte. Beispielsweise muss ein mittelständischer Bäcker in einer Kreisstadt zum Teil andere Marketing-Mix-Instrumente einsetzen, als dies ein Unternehmen tut, das mehrere Standorte in Deutschland hat. M i t einer systematischen Branchen-, Markt- und Konkurrenzanalyse sowie der Analyse der Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens können mit relativ geringem Aufwand, die Chancen für die Bereiche der Marktbearbeitung herausgearbeitet werden. Vor allem eine tiefergehende Kundenanalyse (z.B. nach Alter, Geschlecht, Einkommen) kann sehr hilfreich sein, geeignete Instrumente für die Verkaufsintensivierung sowie Kundengewinnung zu finden. Bei einem gut etablierten Vorschlagswesen bzw. Innovationsmanagement, wie oben dargelegt, kann die Marktbearbeitung auch durch Produkt- und Prozessinnovationen gelingen. Zur eigenen Stärkung und möglichen Verdrängung von Wettbewerbern tragen gerade in mittelständischen Unternehmen neue oder verbesserte Produktionsprozesse und -verfahren sowie veränderte soziale Beziehungen i m Unternehmen (z.B. Unternehmenskultur, Motivation) bei. Indirekt fördern somit solche Prozessinnovationen auch die Marktdurchdringung. Verbesserte Betriebsabläufe und engagierte M i t arbeiter wirken sich positiv auf die Betreuung der bestehenden Kundschaft aus und führen außerdem über Mundpropaganda i. d. R. auch zu Neukunden. Einer Marktbearbeitung i m Sinne der „Marktentwicklung" und „Diversifikation" sind oftmals allein schon auf Grund der erforderlichen finanziellen Ressourcen Grenzen gesetzt. Ist eine Realisierung mit eigenen Ressourcen nicht möglich, stellt sich zwangsläufig die Frage nach möglichen Kooperations- oder Akquisitionsformen.

180

10.4

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Wachstum durch Kooperationen

Die verschiedenen Kooperationsformen können grundsätzlich in allen Unternehmens-Lebensphasen als Instrument der Unternehmenssicherung und -entwicklung zum Einsatz kommen. Zurecht wird dabei immer wieder auf die Notwendigkeit und die Vorteile der Nutzung kooperativer Beziehungen zwischen Unternehmen - vor allem für K M U - hingewiesen. A u f letztere soll in den folgenden beiden Abschnitten Bezug genommen werden. Den inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten und möglichen Mischformen von Kooperationen sind keine Grenzen gesetzt. Folgende Grundmuster können jedoch identifiziert werden (vgl. Köhler 1994, S. 48 f.): • Vertriebskooperationen (auf ein bestimmtes Marktgebiet oder Produkt bezogen) • Beschaffungskooperationen (durch eine größere Marktmacht gegenüber Lieferanten können günstigere Einkaufskonditionen erzielt werden, die Versorgung mit knappen Vormaterialien wird für den einzelnen sichergestellt) • Produktionskooperationen (mittels horizontaler Kooperation kann eine größere Differenzierung der Angebotspalette des einzelnen Kooperationspartners erreicht werden, vertikale Kooperation als Zusammenarbeit einer Kette von Herstellern eines Endproduktes) • Forschungs- und Entwicklungskooperationen (die noch am wenigsten praktizierte Form, der aber zukünftig eine sehr große Bedeutung zukommen wird; denken Sie bei dieser Kooperationsform nicht unbedingt an eine Grundlagenforschung, sie sollte sich vielmehr auf die Entwicklung/Weiterentwicklung von Produkten oder neuen/verwandten Produktideen richten; in Japan ist diese Kooperationsform staatlich mehr oder weniger institutionalisiert und wird dementsprechend gefördert) • Investitions- und Finanzierungskooperationen (eine projektbezogene Zusammenarbeit bei der Errichtung einer neuen Anlage oder bei der Erschließung eines neuen Marktgebietes ist bei Beteiligung mehrerer Unternehmen für jedes einzelne mit einem geringeren finanziellen Aufwand verbunden). Obwohl in der Literatur der Nutzen von Kooperationen immer wieder herausgestellt wird, kann in der Praxis eine eher „zögerliche Nutzung" dieses Instrumentes durch K M U konstatiert werden (vgl. Buse 1997). Da aber alle Einzelelemente/Faktoren des Unternehmens von einer Kooperation tangiert werden können, ist es wichtig, sich immer wieder die Grundsatzfrage nach Kooperationsmöglichkeiten zu stellen. Deren Beantwortung kann für die weitere Entwicklung des eigenen Geschäftsplans von grundsätzlicher, d. h. strategischer Bedeutung sein. Die Kooperation kann als Instrument der Nachteilskompensation, zugleich aber auch zur Entfaltung der Vorteile, betrachtet werden. M i t Abbildung 80

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

18J_

(vgl. Gruhler 1994, S. 204) wird der Versuch unternommen, die für die K M U in diesem Zusammenhang erfolgsversprechenden Aktionsfelder und Managementstrategien zu systematisieren. Die jeweiligen unternehmenspolitischen Strategien werden grob in zwei Hauptzweige untergliedert: erstens den mehr defensiven der strukturellen Nachteilsminderung (über Nachteilsmeidung und -kompensation), zweitens den mehr offensiven der V o r t e i l s a k t i v i e r u n g (über Vorteilsintensivierung und -erschließung).

Abbildung 80: Erfolgsversprechende Aktionsfelder mittelständischen Wirtschaftens

Kooperationsmodelle sind und werden offensichtlich zusehends auch zwischen Großunternehmen als attraktive Formen betrachtet, Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Folgende Text-Passage aus der Rede von Jürgen Strube, dem Vorsitzenden des Vorstands der B A S F A G , gehalten i m Rahmen der Hauptversammlung am 19. M a i 1998, möge dies unterstreichen (zitiert in: Bea/Haas 2003, S. 417 f.): „Starke Markstellungen lassen sich auch durch Kooperationen aufbauen. Das zeigen unsere beiden neuen Gemeinschaftsunternehmen Targor und Elenac auf dem Gebiet der Polyolefine. Beide neu gegründeten Gesellschaften haben zu den europäischen Marktführern aufgeschlossen. Gemeinschaftsunternehmen sind auch ein wichtiges Instrument, um in neue Märkte oder

182

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

neue Technologien einzusteigen. Die Kooperation mit Merck und Cerestar bei der Produktion von V i t a m i n C oder mit DuPont auf dem Gebiet der Faservorprodukte belegen das. Auch große kapitalintensive Investitionen können in Gemeinschaftsunternehmen effizient realisiert werden. Als Beispiele nenne ich Kooperationen in China und Malaysia zum Aufbau der Verbundstandorte in Nanjing und Kuantan. Ein besonderer Vorteil von Gemeinschaftsunternehmen wird bei der Vereinigung mit Fina zum gemeinsamen Bau eines Crackers in Nordamerika deutlich. Hier werden w i r mit einem Rohölveredler zusammenarbeiten. Der neue Cracker wird damit optimal in die Stoffströme einer Raffinerie eingeklinkt werden und Kostenvorteile erreichen. Zugleich wird er über Pipelines i m Verbund mit unseren Standorten Geismar und Freeport stehen. Damit verwirklichen w i r das bewährte BASFVerbundkonzept in einer neuen Dimension. 4 '

In der Wirtschaftspraxis sind verstärkt sowohl vertikale (Unternehmen, die in einem Zuliefer-Abnehmer-Verhältnis zueinander stehen) als auch horizontale (Unternehmen, die sich auf derselben Markt- bzw. Wertschöpfungsstufe befinden) Kooperationen zu registrieren. Erklärt wird diese Entwicklung der wachsenden Bedeutung von Kooperationen zwischen Großunternehmen durch den Transformationskostenansatz (insbesondere für die vertikale) und den Umwelt-Strategie-Struktur-Ansatz (insbesondere für die horizontale). Die Umwelt-Unternehmen-Beziehungen haben sich verändert und verändern sich weiter (sich verkürzende Produkt-Lebenszyklen, Globalisierung der Nachfrage, Veränderung bzw. Auflösung von Branchengrenzen), was die Frage nach den „richtigen" bzw. geeigneten Kooperations- und Akquisitionsstrategien bei den meisten Firmen aufwirft. Die diversen Ausprägungsformen von Kooperationen sind u. a. als Reaktion auf den ständigen Wandel in der Umwelt zu interpretieren (vgl. Ringle 2/2004, S. 21 ff.). Abbildung 81 zeigt wesentliche in der Diskussion stehende Kooperationskonzepte. I m Folgenden werden in kurzer Form die fünf genannten Kooperationskonzepte vorgestellt (vgl. Ringle 2/2004, S. 27), wobei die Strukturierung prinzipiell nach verschiedenen Kriterien erfolgen kann (vgl. Bea/Haas 2001, S. 423 ff.). Eine seit langem bekannte Form ist das Konsortium (Arbeitsgemeinschaft). Konsortien bezeichnen vertikale und/oder horizontale Partnerschaften zur gemeinsamen Erfüllung bestimmter, genau abgegrenzter Aufgaben, zumeist eines einzelnen Projekts. Umfangreiche vertraglich Regelungen legen die Rechte und Pflichten einzelner Partner fest. Solche Arbeitsgemeinschaften zur Bündelung von Finanzkraft und sonstiger Leistungspotenziale kommen sowohl für K M U als auch für Großunternehmen in Frage. Eher der horizontalen Kooperation werden das Joint Venture und die strategische Allianz zugerechnet. M i t dem Begriff Joint Venture wird eine horizontale, meistens länderübergreifende Kooperation von zwei oder mehreren rechtlich und wirtschaftlich selbstständigen Unternehmen zur gemeinsamen

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

183

Abbildung 81: Kooperationskonzepte im Vergleich Kooperationskonzept

Ansatz Aufbau einer formalisierten, länger-

Strategische Allianzen, Koalitionen, Bündnisse

fristigen Kooperationsbeziehung zu anderen Unternehmen unter integrativer strategischer Führung, die bestimmte Maßnahmen vorschreibt

Joint Ventures, Gemeinschaftsunternehmen

Wertschöpfungsketten

Vereinigung unternehmensindividueller Stärken in einzelnen Geschäftsfeldern zwecks Sicherung/Verbesserung der strategischen Wettbewerbsposition; Öffnung eines neuen Marktzugangs

Gründung eines bzw. Beteiligung an

Gemeinsame Erfüllung bestimmter

einem strategisch geführten

unternehmerischer Funktionen (z.B.

verselbständigten Unternehmen

F & E , Beschaffung, Produktion),

durch z w e i oder mehr beteiligte

häufiger Erschließung v o n M ä r k t e n

Unternehmen i n der Regel aus

m i t großen Absatzchancen

verschiedenen Ländern

und/oder Risiken

Optimierung einer Wertschöpfüngs-

Wertschöpfungspartnerschaften,

Primäre Ziele

kette durch eine strategischvertikale A l l i a n z v o n Unternehmen, die ihre A k t i v i t ä t e n auf bestimmte Stufen bzw. Elemente einer Wertkette konzentrieren Z e i t l i c h befristeter Zusammenschluss

Konsortien,

zur Durchführung bestimmter, genau

Arbeitsgemeinschaften

abgegrenzter Aufgaben ( i m allgemeinen Großaufträge)

Zusammenführung v o n Kernkompetenzen a u f den vertikal miteinander verbundenen Wertschöpfüngsstufen; Risikoteilung Bündelung v o n Finanzkraft und sonstiger Leistungspotentiale oder v o n Platzierungsmöglichkeiten (z.B. Bankenkonsortium) ; Risikoverteilung

Projektbezogen zeitlich begrenzte

Überwindung räumlicher und

Virtuelle Unternehmungen

Konfiguration v o n Unternehmen eines

zeitlicher Begrenzungen;

Netzwerkes, die über die zur

Erschließung der Vorteile arbeits-

(Unternehmung ohne

Erledigung konkreter Kundenaufträge

teiligen Operierens zwecks kollektiver

Grenzen)

jeweils a m besten geeigneten

Nutzung kurzfristiger und innovativer

Kompetenzen verfugen

Marktchancen

Erfüllung unternehmerischer Aufgaben (z.B. gemeinsame Erschließung von Märkten) umschrieben. Die Partnerunternehmen gründen gemeinsam eine rechtlich selbstständige Gesellschaft, an der sie jeweils Kapitalanteile halten. In der Regel hält jeder Partner einen gleich großen Anteil an diesem Gemeinschaftsunternehmen; bei zwei Partnern spricht man dann von einem „50:50 Joint Venture". Grundsätzlich kann aber muss eine strategische A l lianz nicht zwingend horizontalen Charakter aufweisen. Strategische Allianzen i m Sinne einer horizontalen, vertraglichen Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Unternehmen ohne G r ü n d u n g einer rechtlich selbstständigen Einheit können die unterschiedlichsten Unternehmensbereiche betreffen. Dabei ist zwischen einer gemeinschaftlichen Aufgabenerfüllung mit der Bündelung der Ressourcen der Partner (ζ. B. i m Bereich Internet und Banking mit der Allianz von Comdirect und T-Online) und einer Funktionsspezialisier u n g (beispielsweise auf den Bereich F & E bezogen, wobei innerhalb des Bereichs eine Spezialisierung der Unternehmen erfolgt oder der ganze Bereich in den Verantwortungsbereich eines Partners gelegt wird) unterschieden (vgl. Bea/Haas 2001, S. 425 f.)

184

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Zur vertikalen Kooperation sind eher die Formen strategische Netzwerke oder Wertschöpfungspartnerschaften und Virtuelle Unternehmen einzuordnen. Bei sog. strategischen Netzwerken handelt es sich meist um langfristige, institutionelle Arrangements der Prozessoptimierung entlang der W e r t schöpfungskette, bei denen ein führendes Unternehmen die Rolle des Koordinators einer relativ großen Zahl rechtlich selbstständiger, wirtschaftlich aber tendenziell abhängiger Zulieferer übernimmt. Hieran wird zum einen die Nähe zu den sog. „Wertschöpfungspartnerschaften" deutlich und zum anderen ersichtlich, dass es schwer fällt, diese beiden Formen der Kooperation klar abzugrenzen. Denn auch bei den strategischen Netzwerken werden Kernkompetenzen (z.B. werden sowohl Preis als auch hierarchische Koordinationsinstrumente wie Pläne, Programme und Weisungen eingesetzt) zusammengeführt, so dass sich die beteiligten Unternehmen durchaus treffend als Wertschöpfungspartner bezeichnen lassen. Als klassische Beispiele können die Zulieferer-Hersteller-Netzwerke in der Automobilindustrie angeführt

Abbildung 82: Das merkmalsspezifische Konzept der Virtuellen Unternehmung

rechtliche u n d wirtschaftliche Selbstständigkeit

• Patnerauswahl

A • · • Α Ύ · Α Ύ ^^

= Projektspezifische Bildung Virtueller Unternehmungen = Auflösung nach Beendigung des Projekts U 1 bis U 5 = Unternehmen 1 bis 5 ^ ^^ φ Kernkompetenzen der Unternehmen 1 bis 5

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

185

werden. Bei Netzwerken verschwimmen die Grenzen der Unternehmen, da die faktische Autorität einzelner Unternehmen über die rechtlichen Grenzen hinaus geht (vgl. Bea/Haas 2001, S. 429). V i r t u e l l e Unternehmen sind noch schwieriger einzugrenzen und werden deshalb auch als „Unternehmung ohne Grenzen" bezeichnet. Es handelt sich hierbei um ein zeitlich begrenztes und kooperierendes Netzwerk rechtlich selbstständiger Unternehmen, die ihre jeweiligen Kernkompetenzen in die gemeinsame Organisation oder besser zur Bearbeitung eines gemeinsamen Projekts (z.B. Erledigung konkreter Kundenaufträge) einbringen. M i t jedem neuen Projekt sind neue organisatorische Strukturen erforderlich sowie neue Partner zu suchen. Insofern handelt es sich bei der Virtuellen Unternehmung um eine sehr dynamische und flexible Kooperationsform, die räumliche und zeitliche Begrenzungen überwindet. Dagegen sind strategische Netzwerke und Joint Ventures noch durch eine relativ stabile Situation sowie durch relative Beständigkeit in der zeitlichen Dimension gekennzeichnet (vgl. Abbildung 82, vgl. Ringle 2/2004, S. 24). Ob man besser auf Kooperationen oder auf Akquisitionen setzt, obliegt der Unternehmenspolitik. Beide Formen haben ihre V o r - und Nachteile. Vor dem Hintergrund eher zunehmender Diskontinuitäten i m Wettbewerbsumfeld

können die größere Flexibilität und geringere Bindungsintensität als wesentliche Vorteile von Kooperationen herausgestellt werden. Auch die gezielte Einsetzbarkeit kann als Vorteil der Kooperation gelten; bei Akquisitionen ist häufig nur ein Anteil der übernommenen Ressourcen für das übernehmende Unternehmen von Interesse (Geschäftsfelder passen nicht ins zukünftige Portfolio). So trennte sich ζ. B. Thyssen vor der Fusion mit Krupp von seiner Tochter Thyssen Haniel Logistic . Als Vorteil kann auch gewertet werden, dass durch die Beibehaltung der rechtlichen Selbstständigkeit die Kooperation weniger öffentlichkeitswirksam als die Akquisition und auch unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten mit geringeren Problemen behaftet ist. Eine Übernahme eines Unternehmens führt oftmals bei den „übernommenen" Mitarbeitern zur Demotivierung; nicht vereinbare Unternehmenskulturen schaffen enorme Integrationsprobleme. Ein Negativ-Beispiel in dieser Hinsicht stellte die Übernahme der Nixdorf Computer AG durch die Siemens AG dar. Bei Kooperationen stellt sich diese Frage nur sehr bedingt. Allerdings darf andererseits nicht übersehen werden, dass eine Kooperation durch die geringe Bindungsintensität auch mit einer größeren Unsicherheit (z.B. Nutzung der erworbenen Kenntnisse nach Beendigung der Partnerschaft zur Untergrabung der Wettbewerbsposition) behaftet ist als die Akquisition. Unter Zugrundelegung des Wandels in der Umwelt und den Unternehmen kann davon ausgegangen werden, dass in Zukunft die Vorteile von Kooperationen durchaus noch an Gewicht gewinnen werden (vgl. Bea/Haas 2001, S. 423). Letztlich hängt der Erfolg der verschiedenen Kooperationen davon ab, inwieweit es den Beteiligten gelingt, eine W i n - W i n - S i t u a t i o n zu schaffen, bei der also alle beteiligten Partner von den Vorteilen profitieren.

186 10.5

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

Wachstum d u r c h Akquisitionen u n d Zusammenschlüsse

I m allgemeinen spricht man von Unternehmensakquisitionen (Takeover) oder Mergers-&Acquisitions-Transactions ( M & A ) , wenn sich ein Unternehmen mittels Direktinvestitionen auf Dauer an einem anderen Unternehmen kapitalmäßig beteiligt. Bei der Unternehmensvereinigung ist dabei zwischen K o n z e r n b i l d u n g und Fusion (Verschmelzung) zu unterscheiden. Aus der rechtlichen Perspektive lassen sich drei Formen von Fusionen/Akquisitionen unterscheiden (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 310): • Erwerb von Vermögensgesamtheiten (durch Kauf rechtlich unselbständiger Betriebe/Betriebseinheiten), • Erwerb der Kapital- und/oder Stimmrechtsmehrheit an rechtlich selbständigen Unternehmen (Mehrheitserwerb) und • Vereinigung zweier rechtlich selbständiger Unternehmen zu einer rechtlichen Einheit (Fusion durch Aufnahme). Was spricht aber eigentlich für die Unternehmenskonzentration bzw. Unternehmensvereinigung? M i t einer Strategie des externen Unternehmenswachstums, d. h. über Akquisitionen und Zusammenschlüsse, werden als generelle

Ziele • das Erreichen leistungsfähiger („optimaler") Betriebsgrößen angestrebt, • der rasche Zugriff auf Know-how und Produktionskapazitäten verfolgt, also die Erzielung von „economies of scale" und die Realisierung von Synergieeffekten (economies of scope) und • durch strategische Diversifikationspolitik Unternehmenssicherung betrieben (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 259, Bea/Hass 2001, S. 421). Die M o t i v e auf der Käuferseite können u. a. sein: sofortiger Markteintritt (d.h. zeitlicher Vorteil, da eigener Geschäftsaufbau nicht erforderlich ist), Umgehen von Markteintrittsbarrieren, eventuell können, i m Vergleich zu Eigenentwicklungen kostengünstigere Lösungen erreicht werden, Verwertung vorhandenen Know-hows, Vermeidung von Wettbewerbsverschärfung (Ausschaltung von Konkurrenz), Beibehaltung der Marktstruktur (kein Aufbau zusätzlicher Kapazitäten), Schaffung eines neuen Wertsteigerungspotenzials (Nutzung von Synergien), Eintritt in Wachstumsmärkte (Umstrukturierung in „reifen" Branchen) und Internationalisierungsbemühungen (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 259). Was sich hinter dem Gebilde Konzern bzw. verbundene Unternehmen verbirgt, soll hier nicht weiter thematisiert werden (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 258 ff., Theisen 1991). Gegenstand unserer Betrachtung sind Unternehmenswachstums-, Wertsteigerungs- und Wettbewerbsvorteilsaspekte. Neben den grundständigen Gründen bzw. Motiven gibt es eine weite Reihe von Argumenten, die zur strategischen Begründung von Unternehmensakquisitionen

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

187

herangezogen werden, wie folgender Checkliste zu entnehmen ist (vgl. Schröder 2000, S. 533 f.).

Checkliste: Strategische Gründe für Akquisitionsprojekte 1. Gewinnsteigerung durch Synergie in der Kombination von Marketingpotenzialen 2. Gewinnsteigerung durch Synergie in der Kombination von Produktionspotenzialen 3. Gewinnsteigerung durch Synergie in der Kombination von Managementpotenzialen 4. Gewinnsteigerung durch Einführung neuer Managementtechniken beim Target 5. Gewinnsteigerung je Aktie beim Erwerber 6. Steigerung von Marktanteilen 7. Diversifikation in ein neues, aber mit dem bisherigen Geschäftsfeld zusammenhängendes Gebiet 8. Diversifikation in ein völlig neues Gebiet 9. Erwerb einer neuen Produktlinie zur Abrundung des eigenen Angebotes 10. Sicherung der Rohstoff- und Halbfabrikatversorgung 11. Realisierung von Unterbewertungen und Nutzung eines niedrigen Kurs/ Gewinn-Verhältnisses 12. Mobilisierung der liquiden Mittel und des Verschuldungspotenzials des Target 13. Verwertung der liquiden Mittel und des Verschuldungspotenzials des Erwerbers 14. Ablösung eines suboptimalen Führungsteams 15. Größen Wachstum des Erwerbers 16. Erwerb einer Quelle stetigen und hohen Cash-flows 17. Einkauf von Managementtalent 18. Spekulation auf spätere inflationäre Entwicklung, die Schuldendienst mit abgewertetem Geld ermöglicht 19. Nutzung vorübergehend reduzierter Aktionärsloyalität 20. Elimination eines Konkurrenten 21. Erwerb eines Rechts oder Status des Target (Lizenz, Standort, Privilegien, ...) 22. Verbesserung des Rating am Kapitalmarkt 23. Adaption an einen Modetrend samt Kapitalstrukturierung 24. Ablenkung von inneren Schwierigkeiten oder Blockierung interner Opposition 25. Turnaround- und Sanierungsvorhaben 26. Politisch-außenwirtschaftliche Motive

188

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

27. Public Relations und Imagepflege: Beleg für Dynamik 28. Vergleichbarkeit von Zahlenreihen und Zeitgewinn unter dem Vorwand der Konsolidierung der Akquisition nicht möglich 29. Personal- und Gewerkschaftspolitik 30. Mobilisierung des Potenzials von beruflichen Vorsorgeeinrichtungen Die Übernahme eines anderen Unternehmens kann in freundlicher (Friendly Takeover) oder feindlicher (Hostile Takeover) Absicht erfolgen. Bereits bei einer freundlichen Übernahme ist dem Problem unterschiedlicher Unternehmenskulturen ein besonderes Augenmerk zu widmen. Bei einer feindlichen Übernahme, wo ein Zielunternehmen bzw. die erforderlichen Kapitalanteile gegen den W i l l e n seines Managements erworben werden, verschärft sich dieses Problem noch. Häufig erfolgt das feindliche Übernahmeangebot an die Anteilseigner eines unterbewerteten Unternehmens aus Gründen der Res t r u k t u r i e r u n g und der Gewinnsteigerung durch Freisetzung stiller Reserven, was dann möglich ist, wenn das Übernahmeobjekt zerlegt und in Teilen verkauft wird (Zerschlagung der Einheit, vgl. Ziegenbein 2002, S. 281 f., zu stillen Reserven siehe Zdrowomyslaw 2001, S. 501). Viele Unternehmen sind auch von der Zielsetzung getragen, für das eigene Unternehmen Synergie-Effekte oder Verbundeffekte („1+1 = 3-Effekte") umzusetzen. Abbildung 83 zeigt, von welchem Grad der Durchsetzbarkeit bei Akquisitionen bezüglich erwarteter Synergie-Effekte ausgegangen werden kann (vgl. Schröder 2002, S. 541). Abbildung 83: Mögliche Synergie-Effekte durch Akquisitionen Unternehm bereiche

ensZentrale Integrationsprobleme: Harmonisierung unterschiedlich ausgeprägter Unternehmenskulturen

Finanzen Controlling EDV Β eschaffung M arketing Forschung und Entwicklung Produktion Vertrieb

^ ^ ^

Gering

E n t s c h e i d e n d für den E r f o l g oder M i s s e r f o l g v o n A k q u i s i t i o n e n ist der „menschliche F a k t o r " (wie Ängste, Unsicherheiten, Abwehrhaltung des M a n a g e m e n t s )

D u r c h s e t z b a r k e i t von Synergieeffekten nach einer A k q u i s i t i o n

Hoch

^ ^

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

Soweit es sich um die Absicht einer freundlichen Übernahme handelt, sollte diese nach Möglichkeit erst dann bekannt gegeben werden, wenn die entsprechenden Verhandlungen abgeschlossen sind und ein Vertrag paraphiert wurde. Ein Übernahmeobjekt ist nach bestimmten „Spielregeln" zu überprüfen, wobei Checklisten sehr hilfreich sind (vgl. Schröder 2000, S. 542 ff. und Kapitel IV;). Eine intensive Unternehmensanalyse und -bewertung bzw. eine sog. Due Diligence durch ein „neutrales" Prüfungsteam ist erforderlich, um Schwächen (vor allem auf der Käuferseite) und Stärken (insbesondere auf der Verkäuferseite) aufzudecken (vgl. Born 2003, S. 68 ff.; einen äußerst umfangreichen Fragebogen zur Sammlung von Informationen und Daten liefert Born auf den S. 217 ff.). „Schwerpunkt innerhalb des nach internationalen Standards durchgeführten Bewertungs- und Verhandlungsprozesses ist die auf Überwindung von Informationsasymmetrien zwischen Käufer und Verkäufer ausgerichtete Due D i l i gence. Dabei handelt es sich um einen aus der US-amerikanischen Transaktionspraxis stammenden Sachverhalt der Analyse und Bewertung, der sich übersetzen lässt mit ,sorgsame Erfüllung 4 oder ,im Verkehr erforderliche Sorgfalt 4 bezüglich des Kaufobjekts 44 (vgl. Ziegenbein 2002, S. 283). Letztlich kommt ein Kauf nur dann zu Stande, wenn sich Käufer und Verkäufer auf einen Preis einigen, der i m Rahmen eines „Verhandlungsspielraums 44 ausgehandelt wird (vgl. Abbildung 84). Allein die Tatsache, dass es verschiedene Unternehmensbewertungsmethoden (z.B. unter Rückgriff auf Substanzwerte: Rekonstruktions- und Liquidationswert; Zukunftserfolgswerte: Discounted Cash-flow, Economic Value Added, Ertragswert; Markt-/Vergleichswerte: aus Börsenkursen und Transaktionen, vgl. Coenenberg/Schultze/Biberacher 2002, S. 184 ff.) gibt, lässt vermuten, dass es einen „ v ö l l i g objektiven 44 Preis nicht geben kann.

Abbildung 84: Verhandlungsspielraum beim Unternehmenskauf

190

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

So manches „Schnäppchen" kann sich später als Enttäuschung erweisen. Bei zahlreichen Übernahmen sind die erhofften Synergie-Effekte ausgeblieben, wie in Zeitungen häufig berichtet wird. Die hohe Fehlschlagquote ist dabei vielfach auf den „menschlichen Faktor" (wie Ängste, Unsicherheiten, Abwehrhaltungen der Führungskräfte) zurückzuführen. Es gibt außerdem viele Meldungen von Fusionen mit hinterher festgestellten Altlasten (wie die Immobiliengeschäfte der Hypobank) oder von gescheiterten Fusionsbemühungen (z. B. H U K Coburg und H D I , Deutsche Bank und Dresdner Bank, B M W und Rover). Bei Akquisitionen sind deshalb Integrations- und Synergiemanagement gefragt (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 314 ff.). Vor dem Hintergrund der bereits weiter oben geschilderten Umweltveränderungen waren in den 80er Jahren Entwicklungen zu beobachten, die man schon als „Übernahmefieber" bezeichnen kann. I m Zuge der M & A - W e l l e haben, auch angesichts der Finanzierung(snotwendigkeiten) für die Realisierung von Unternehmenswachstum und Maximierung des Unternehmensgesamtwerts (Shareholder-Value), „neuere Formen" der Akquisition an Relevanz gewonnen. So gewann beispielsweise in Deutschland, insbesondere i m Gefolge der Wiedervereinigung, das Instrument des Buy-Outs (Unternehmenskauf) stark an Bedeutung (vgl. Hoffmann/Ramke 1992). Wenn es um Unternehmenswachstum, Gründungen bzw. Ausgründungen geht, wird man fast schon zwangsläufig mit Begriffen wie „Going Public", „Spin-Off", „Outsourcing", „Venture Capital" und Konzepten wie „Venture-Management" oder „Innovations-Management" konfrontiert. M i t den hinter den genannten Begriffen oder Konzepten stehenden Inhalten und Managementideen - wenn sie durchaus auch anderen Lebensphasen zugeordnet werden können - wollen wir uns i m folgenden i m Rahmen der Reifephase beschäftigen.

11.

Reife-Unternehmen

Die Reifephase eines Unternehmens ist dadurch gekennzeichnet, dass das Management gegen Ende der Wachstumsphase - trotz i. d. R. guter Cashflows und meistens vorhandener stiller Reserven - es versäumt hat, neue Nutzenpotenziale zu entwickeln und für das Unternehmen zu erschließen. I m Mittelpunkt steht die Revitalisierung des gesamten Unternehmens. U m dies zu erreichen, sind neben dem Vorstoß in verwandte Geschäftsfelder vor allem Diversifikations-, Innovations- und Venture-Management gefragt. Neue Impulse für neue Technologien, Produkte und Märkte erhofft man sich auch aus der Erschließung des Kooperations- und Akquisitionspotenzials. Nicht selten kann durch geeignete Maßnahmen (ζ. B. wiederholte, kleinere Innovationen) der Lebenszyklus der Reifephase, mit ansprechenden Cash-flows, ausgeweitet werden. „ I n der strategischen Dimension gilt es, eine Programmkonzeption zu realisieren, die sowohl die angestammten „Cash cows" pflegt

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

19J_

als auch den Weg für Neues eröffnet. Um dieses Vorhaben zu realisieren, müssen neue Strukturen geschaffen und Managementsysteme angepasst bzw. differenziert werden" (vgl. Pümpin/Prange 1991, S. 184). Obwohl die Problematik der Nachfolgeregelung durchaus auch im Rahmen der Unternehmensgründungsphase oder Wendephase („Nachfolgekrise") besprochen werden könnte, erfolgt die Vorstellung denkbarer Lösungsansätze diesbezüglich an dieser Stelle (Reifephase).

11.1

Revitalisierung d u r c h Diversifikationsmanagement

Solange die Wachstumschancen für bestimmte Geschäftsfelder günstig bleiben und ihre weitere Entwicklung durch keine wesentlichen Barrieren gehemmt ist, richten die meisten Unternehmen ihre Energie und Aufmerksamkeit weiterhin auf ihre angestammten Geschäftsfelder. Allerdings gilt für größere Unternehmenseinheiten, dass sie in der Regel mehrere Produkte und Geschäftseinheiten in ihrem Unternehmensportfolio haben (vgl. beispielhaft Abbildung 85).

Abbildung 85: Mannesmann-Portfolio Ende der 60er und Ende der 90er Jahre

Verschlechtern sich die Wachstumsmöglichkeiten oder bieten sich neue lukrative Geschäftsfelder, so ist zu fragen, ob es sinnvoll ist, sich wie bisher auf das traditionelle Geschäftsfeld zu konzentrieren oder ob es nicht besser wäre zu diversifizieren. Wie Abbildung 86 zeigt, lassen sich für beide Varianten stichhaltige Argumente anführen (vgl. Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 210).

192

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

Abbildung 86: Konzentration versus Diversifikation

Gründe nicht zu diversifizieren

Gründe zu diversifizieren

• • • • •

• Partizipation an neuen Wachstumsfeldern • Verringerung zyklischer Entwicklungen • Unterstützung beim Aufbau neuer Geschäfte • Nutzung von Synergien • Bessere Auslastung der Kapazitäten, etc.

Klare Ausrichtung und Mission Konzentration der Ressourcen Vertiefte Kenntnis des Geschäfts Gezielte Marktbearbeitung Nachhaltigkeit, etc.

Während einige Firmen in dieser Situation auf die Konzentration gesetzt haben (z.B. A l d i , Intel), entschieden sich andere dazu, ihre Aktivitäten signifikant zu erweitern, und diversifizierten in neue Geschäftsfelder (wie z.B. Deutsche Post A G , Daimler-Benz). Als sehr erfolgreiches Beispiel gilt die Diversifikation von Mannesmann in den Telekommunikationsbereich (vgl. Abbildung 87, Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 211).

Abbildung 87: Die Diversifikation von Mannesmann 1995-1998

n

%

54% ll/o Telecom in uTubes/Trading n i c a t i o n

Automotive

42,10 M r d 38,56 M r d .

3 % Rest

32,09 M r d .

Engineering

13,7

Automotive

7,1

Telecommunication

2,7

Tubes and Trading

16,2

6,3

8,6 '95

'96

'97

'98

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

193

Wann von einer Diversifikation in neue Geschäftsfelder gesprochen werden kann, lässt sich nicht allgemein verbindlich festlegen, sondern ist je nach Geschäft (Produkt) im Einzelfall zu bestimmen. Es können unterschiedliche Diversifikationsrichtungen (verwandte oder horizontale, vertikale, konzentrische und laterale oder konglomerate) ausgemacht werden. Als spezielle Richtung ist der Rückzug aus einem Geschäftsfeld (Desinvestition) zu benennen. Die Diversifikation kann dabei grundsätzlich auf drei Wegen erfolgen: die interne Entwicklung, die Kooperation und die Akquisition (vgl. MüllerStewens/Lechner 2001, S. 213 ff.). Auf Grund der Geschwindigkeit des derzeitigen tief greifenden Strukturwandels in vielen Branchen (ζ. B. Deregulierung, neue Technologien usw.) und dem Verwischen von Branchengrenzen stellt sich die Diversifikationsfrage durchaus bei vielen Unternehmen. Eine kleine Hilfestellung bei der Wahl der Diversifikationsform mag die Abbildung 88 geben, in der die Wahl von der Vertrautheit mit Markt und Technologie abhängig gemacht wird (vgl. Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 224).

Abbildung 88: Die Wahl der Diversifikationsform

neu; unvertraut

neu; vertraut

Vertrautheit mit dem Markt

bestehend; vertraut

bestehend; vertraut

neu; vertraut

neu; unvertraut

Vertrautheit mit der Technologie

Nicht nur Wachstum und Diversifikation sind zu planen, sondern eventuell auch eine Desinvestition. Ein Rückzug aus einem Geschäftsfeld kann erforderlich werden, wenn z.B. die Nachfrage in einem Markt nachhaltig schrumpft (ζ. B. durch Wertewandel, Änderung staatlicher Rahmenbedingun-

194

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

gen) oder auch wenn Finanzressourcen für ein anderes weiter oder neu zu entwickelndes Geschäftsfeld fehlen. Bei Rückzug bieten sich drei Optionen an (vgl. Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 215): • Man kann das gesamte Geschäft verkaufen. Dabei bietet sich entweder ein anderes Unternehmen an, das an diesem Geschäftsfeld interessiert ist, oder alternativ im Rahmen eines „Management Buy-outs", d. h. eines Verkaufs an das bisherige Management, das neuer Eigentümer wird. • Der Ertrag kann abgeschöpft werden, ohne das weitere Investitionen getätigt werden. Durch Rationalisierungsmaßnahmen wird in der Regel versucht, noch so viel wie möglich Cash-flow zu generieren. • Man kann das Geschäft umgehend liquidieren und die Aktivitäten beenden. Grundsätzlich hat der Begriff Desinvestition auch eine gewisse Nähe zum Begriff Outsourcing. Die Frage nach dem richtigen Ausmaß an vertikaler Integration bzw. die Frage nach dem richtigen Verhältnis von Eigen- und Fremdfertigung („make or buy") steht schon längere Zeit auf der Agenda des strategischen Managements und wird dort unter den Begriffen Out- und Insourcing diskutiert. Durch Outsourcing (d. h. der Auslagerung von Wertschöpfungsaktivitäten) soll die Fertigungstiefe reduziert und sollen nicht genügend ausgelastete Kapazitäten desinvestiert werden, um den Fixkostenanteil zu reduzieren. Unter Outsourcing versteht man einen Sachverhalt, der aus den Begriffen „Outside Resource Using" abgeleitet wurde und eine langfristig ausgerichtete Entscheidung zu Gunsten des Fremdbezugs bedeutet. Das Unternehmen als Outsourcing-Subjekt lagert Aktivitäten aus (Outsourcing-Partner), wobei - wie Abbildung 89 zeigt (vgl. Ziegenbein 2002, S. 101) Abbildung 89: Outsourcing - Weg zur Reduzierung der Fertigungstiefe

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

195

- sich die Aktivitäten klassifizieren lassen als Kern, als kernnah oder -fern sowie als ubiquitär (letzteres i m Sinne von überall erhältlich, allgemein, ergänzend). I m Falle der Ausgründung von Funktionen, um diese auch anderen Unternehmen anzubieten, wird auch von Spin-Out gesprochen. In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass der Trend zum Outsourcing auch Gefahren birgt: Z . B . durch den Verlust strategisch wichtiger Fähigkeiten und Fertigkeiten kann es zu ungewollten Abhängigkeiten kommen. Zur Steuerung und Absicherung der internen und externen Wertkette bezüglich bestimmter Fähigkeiten werden durchaus auch „Stakeholder Allianzen" geschaffen und i m Unternehmen sog. Kompetenzzentren" benannt. Vielfach kommt es allerdings auch zu einer räumlichen oder sogar juristischen Ausgründung dieser Centers. Dies kann in Form einer 100%igen Tochtergesellschaft geschehen, aber auch unter einer Beteiligung des Managements, die bis zu 100% reichen kann, also durch „Management Buy-outs". Eine Verbindung zur ausgegründeten Gesellschaft besteht dann i. d. R. nur noch über ein zeitlich befristetes Kooperationsabkommen. Ein wesentliches Ziel ist - wie i m nächsten Gliederungspunkt eingehender besprochen wird - die Revitalisierung organisatorischer Einheiten zu mehr Innovationsfähigkeit und unternehmerischem Handeln. Das folgende Fallbeispiel IT-Outsourcing mag abschießend das Problemfeld von Outsourcing-Entscheidungen skizzieren (vgl. Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 318): „Häufiger Gegenstand derartiger Outsourcing-Aktivitäten sind z.B. die sehr kostenträchtigen und schwer kontrollierbaren IT-Abteilungen von Großunternehmen. Betrachtet man z.B. eine Großbank, so hat sie hier verschiedene Optionen: Sie gründet den Bereich als Tochterunternehmen aus. Um die Eigenverantwortlichkeit zu stärken, organisiert sie dies als Management Buy-out, d. h. Mitarbeiter der ausgegründeten Abteilung können sich an der Neugründung beteiligen. Gleichzeitig behält die Bank aber daran noch eine wesentliche Beteiligung. Den Start kann sie der Tochter dadurch erleichtern, indem sie ihr eine Auslastungsgarantie für einen gewissen Zeitraum einräumt, danach aber ihre IT-Leistungen auch am freien Markt einkaufen kann. Im Gegenzug ist es der Tochter erlaubt, dass freie Kapazitäten am Markt angeboten werden (Insourcing). Man geht hier allerdings recht hohe Risiken ein, wenn man sich verdeutlicht, dass ein Gesamtausfall des IT-Systems ein solches Unternehmen praktisch bereits nach wenigen Tagen in den Konkurs treiben würde. 4' Desinvestitionen können durchaus verschiedene Gründe haben. So geht es i m Rahmen des Asset Stripping um die Veräußerung von Gegenständen des Anlagevermögens, die für das Unternehmen keine strategische Bedeutung mehr haben, für die ein günstiges Angebot Dritter vorliegt oder die i m Zusammenhang mit Outsourcing von Randleistungen operativ nicht mehr benötigt

196

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

werden. Vor dem Hintergrund des Shareholder- Value-Gedankens kann es auch dazu kommen, dass ganze Unternehmensbereiche, die nicht die von der Unternehmensleitung geforderte Mindestverzinsung bringen, stillgelegt oder an Dritte verkauft werden (vgl. Ziegenbein 2002, S. 280). Als eine besondere Form der Desinvestition kann der Ausstieg von beteiligten Venture-Capital-Gesellschaften ( V C G ) mit Beginn der 6. Unternehmens-Finanzierungsphase (Fourth-Stage-Financing), wo die Börsenreife des Unternehmens erreicht ist und die V C G ihre Rolle als Berater und Finanzier erfüllt haben, bezeichnet werden. In dieser reifen Unternehmensphase, die für die Unternehmen einhergeht mit dem weiteren Ausbau von Marktanteilen und der Erschließung neuer Märkte und einer Stärkung der eigenen Wettbewerbsposition, bereiten die V C G den Ausstieg vor. Sie versuchen dann den Wertzuwachs des von ihnen investierten Kapitals durch den Verkauf ihrer Geschäftsanteile ζ. B. an der Börse, nach erfolgreicher Börsenplatzierung, zu realisieren. Denkbar ist aber auch ein früherer Verkauf an eine andere Kapitalgesellschaft (Finanzinvestor), an ein größeres Unternehmen, welches das junge Unternehmen als strategische Beteiligung übernimmt, außerdem, dass der Entrepreneur bzw. nachfolgende Manager den Eigenkapitalanteil i m Zuge eines Buy back als M B O selbst zurückkaufen oder andere Manager das Beteiligungsunternehmen i m Zuge eines M B I aufkaufen (vgl. Prätsch/Schikorra/Ludwig 2003, S. 94, Henke/Rudolph 2002, S. 597 f.).

11.2

Revitalisierung durch Innovationsund Venture-Management

Unternehmen werden gezwungen, sich mit den komplexen Strukturen des Wandels auseinander zu setzen. Wie bereits die bisherigen Darlegungen zeigen, wird der wirtschaftliche Wandel in Unternehmen durch drei „Eckpunkte" organisiert, die allerdings zunehmend mehr Verbindungen aufweisen (vgl. Abbildung 90, Knyphausen zu 2003, S. 349). Wie eingangs bei der Darstellung der Pionier-Unternehmen erwähnt, sehen viele größere Unternehmen in der Erhöhung der eigenen Innovationsfähigkeit eine zentrale unternehmenssichernde Funktion. Unternehmenspolitik und Strategien werden nicht zuletzt auf die Einbindung innovativer Mitarbeiter ausgerichtet, d. h. (angestellte) Manager sollen sich als „Unternehmer" fühlen und dementsprechend i m Unternehmen handeln. M i t der Förderung des unternehmerischen Verhaltens von Mitarbeitern innerhalb des Unternehmens (Intrapreneurship), soll auch verhindert werden, dass wissenshungrige und innovative Mitarbeiter die Organisation verlassen. Ob sie nun zur Konkurrenz wechseln, oder ob sie von Venture-Capital-Gebern „weggeködert" werden und als Entrepreneur ein eigenes Pionier-Unter-

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

197

A b b i l d u n g 90: Quellen des w i r t s c h a f t l i c h e n Wandels

Interner W a n d e l bestehender Unternehmen • V e r ä n d e r u n g der Geschäftsmodelle • Venture-Capital ( R i s i k o k a p i t a l oder Chancen kapital)

•Intrapreneurship • Spin-Off-Programme • Buy-Out-Formen

Wirtschaftlicher Wandel ( Ausgründungen aus bestehenden \ Unternehmen

nehmen gründen, schwächen sie in beiden Fällen das Unternehmen. Aber selbst wenn die früheren Mitarbeiter in einem „outgesourcten" Spin-off in Netzwerken weiterhin mit „ihrem" Unternehmen eng zusammenarbeiten, werden sie ihre Leistungen zu „Marktpreisen" anbieten. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass sich der Versuch durchaus auszahlen kann, die Mitarbeiter stärker als „Mitunternehmer" ins Unternehmen mit einzubinden. Dieser Vorgang wird vielfach mit dem Begriff Intrapreneurship belegt. Abbildung 91 zeigt die sog. „Venture-Wippe" nach Servatius, die verdeutlichen soll, dass die Gruppe der Intrapreneure zwischen dem klassischen Linienmanager und dem Entrepreneur, der sich lieber selbstständig macht, steht (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 147). Um betriebliche Innovationsstrategien zu fördern und abzusichern, wird in vielen Großunternehmen ein sog. Venture Management eingesetzt. Es kann grundsätzlich in zwei Formen durchgeführt werden, und zwar (vgl. Abbildung 92, Macharzina 2003, S. 687): • als internes Venture: d. h. die Aufnahme neuer, innovativer Aktivitäten innerhalb der bestehenden Unternehmung, die in relativer Autonomie zu den vorhandenen Geschäftsbereichen erfolgen (typische Formen sind: Product Champions, Venture-Team/Venture-Division); • als externes Venture: d. h. die Gründung neuer Unternehmen oder die Beteiligung an selbstständigen, jungen Unternehmen und die Kooperation mit

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Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

A b b i l d u n g 91: V e n t u r e - W i p p e nach Servatius

innovativen Forschungsorganisationen (Formen sind: Joint Venture, Vergabe von Venture Capital sowie Spin-Offs). Um neue Geschäfte zu erschließen und die eigene Innovationsfähigkeit zu verbessern, haben viele multinationale Unternehmen eigene Venture-CapitalGesellschaften gegründet (vgl. Hopfenbeck 2002, S. 149). Zu den Instrumenten der Gestaltung des wirtschaftlichen Wandels im Sinne des externen Venture Managements (insbesondere bei Großunternehmen) sind vor allem Spin-Off-Programme und das sog. Buy-Out in zahlreichen Formen einzuordnen. Zwischen beiden Begriffen kann eine enge Verbindung hergestellt werden. Während Buy-Out ein Sammelbegriff für Übernahmetransaktionen einzelner Unternehmensbereiche oder ganzer Unternehmen ist, stellen Spin-Offs eine Form des Buy-Out dar, bei denen Aktiva, also Substanzwerte eines Unternehmens, ausgegliedert und verselbstständigt werden. Spin-Offs und Management Buy-Outs stellen eine Mischform zwischen Existenzgründungen und Tochtergründungen dar. Allerdings finden Spin-Offs fast ausschließlich in Konzernunternehmen statt. Sowohl bei MBOs als auch bei Spin-Offs ist die Erreichung unternehmerischer Selbstständigkeit eine wichtige Zielgröße.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

199

A b b i l d u n g 92: Gestaltungsmöglichkeiten des V e n t u r e M a n a g e m e n t s

Mit Spin-Off-Programmen soll erreicht werden, dass Innovationen, die innerhalb eines Unternehmens keinen Raum finden, durch organisatorische Zellteilung in Form einer wirtschaftlichen und rechtlichen Neugründung zu Unabhängigkeit und zu betriebswirtschaftlichen Erfolgen führen. Es ist eine Möglichkeit, neues Marktpotenzial außerhalb des Konzerns zu erschließen. Um sog. Split-Offs, d. h. aus der Perspektive der „Mutter"unternehmen nicht gewünschte Ausgründungen zu kanalisieren und den „Brain Drain" abzuschwächen, setzt das Management auf „Sponsored Spin-Offs". Hierbei handelt es sich um eine Neugründung im ursprünglichen Sinne, wobei häufig eine finanzielle und wirtschaftliche Unterstützung des Spin-Off durch die Muttergesellschaft erfolgt. Stehen eher Wachstums- (z.B. Standort-, Patentnutzung) und Diversifikationsüberlegungen (Stärkung bzw. Ausweitung eigener Marktanteile) im Vordergrund, und wird hierfür ein Buy-Out-Kandidat gesucht, welcher der Konzernstrategie entspricht, so handelt es sich um ein sog. Wachstums Buy-Out. Je nach Situation und den Erfordernissen sind für die Revitalisierung bzw. Unternehmenssicherung auch verschiedene Formen des Buy-Outs gut nutzbar (vgl. Prätsch/Schikorra/Ludwig 2003, S. 97 ff., Abbildung 93). Sie sind allerdings nicht mit den verschiedenen Formen (materieller und immaterieller Art) der Mitarbeiterbeteiligung (MAB) am und im Unternehmen gleichzusetzen (vgl. Bontrup/Springob 2002). An dieser Stelle sei angemerkt, dass Buy-Outs nicht nur ein Instrument der Konzerne sind. Die Motive für den Verkauf eines Unternehmens oder Unternehmensteils können im Einzelfall unterschiedlicher Art sein, die nicht zuletzt von der Größe der zu veräußern-

200

Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

den Unternehmung abhängen (vgl. Hoffman/Ramke 1992, S. 28 ff., Hopfenbeck 2002, S. 317). Reine Management Buy-Outs, bei denen Führungskräfte die Geschäftsanteile ihres Unternehmens (oder wesentliche Teile) übernehmen und damit Unternehmer oder Miteigentümer werden, sind eher selten. Dies liegt vor allem daran, dass die Eigenmittel bzw. Verschuldungskapazitäten nicht ausreichen, so dass oftmals eine direkte Verbindung zum Leveraged-Buy-Out (LBO) und institutionellen LBO (spezielle Investment Fonds, Venture Capital Firmen) gegeben ist. Die Form Management Buy-In (MBI), bei der eine Gruppe externer Manager das Unternehmen ganz oder teilweise erwirbt, ist vor allem für Unternehmen interessant, in denen kein funktionierendes Management vorhanden ist. Diese Form des Buy-Out, bei der sich Führungskräfte von außen einkaufen als Geschäftsführer, kommt bei vielen Familienunternehmen in Betracht, in denen neben dem ausscheidenden Unternehmer innerhalb des Unternehmens kein ausreichendes Managementpotenzial existiert. Sind geeignete Führungskräfte im Unternehmen vorhanden, bietet sich eher ein MBO an. Zur Nachfolgeregelung unter Integration einer Managementbeteiligung bietet sich auch das Modell „Owner BuyOut" (partieller Eigentümer Buy-Out) an. Belegschafts Buy-Outs (BBO), bei denen dominierende Geschäftsanteile eines Unternehmens auf eine Vielzahl von Mitarbeitern übertragen wird, kommen in Deutschland fast nur als sog. letzte Alternative in Frage, um wirtschaftlich in Schwierigkeiten geratene Unternehmen wieder „aufzufangen". D.h., BBOs werden gelegentlich dann vorgenommen, wenn Unternehmen saniert werden müssen. A b b i l d u n g 93: B u y - O u t - K o n z e p t e

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

201

Als eine spezielle Form des Beteiligungskapitals, das sich ausschließlich an Unternehmen wendet, die sich in der Verlustphase oder i m Rahmen der Sanierung i m wirtschaftlichen Aufstieg befinden, also die Reifephase hinter sich haben, ist das sog. T u r n around-Kapital. Inwieweit dieses FinanzierungsMarktsegment in Deutschland, u. a. angesichts der Bemühungen vieler Landesregierungen als Antwort auf die steigenden Insolvenzzahlen entsprechende Fonds für Sanierungsengagements zu implementieren, zukünftig an Bedeutung gewinnen wird, bleibt abzuwarten (vgl. Brezski/Kinne 2004, S. 86 f.).

11.3

Erhöhung der Wachstumschancen durch den „Gang an die Börse"

U m Revitalisierung i m weitesten Sinne betreiben und um vor allem (eventuell verpasste) Wachstumschancen besser ausnutzen sowie Diversifikationsstrategien verfolgen zu können, werden von mittleren und großen Unternehmen u.a. Finanzierungsstrategien wie Cash Management, Strategisches Portfolio-Management, Investor Relations und eben auch „Going Public" (Gang an die Börse, auch als IPO = Initial Public Offering bezeichnet) eingesetzt (vgl. Bea/Haas 2001, S. 526 ff.). Ist die Bereitstellung von Risikokapital vor allem i m Hinblick auf eine Verwendung für innovative Zwecke (ζ. B. Gründungen) zu sehen, kann Beteiligungskapital, und dazu zählt auch der Gang an die Börse, eine grundsätzliche Chance sein, Investitionen in mittelständischen Firmen zu finanzieren (vgl. Tippeiskirch 1997, S. 37 ff.). Als grundsätzlich positive Finanzierungseffekte eines Börsengangs können herausgestellt werden: • Eine mit dem Börsengang verbundene Kapitalerhöhung (Eigenkapital) • verbesserte Fremdfinanzierungsmöglichkeiten durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen (Industrieobligationen) und Wandelschuldverschreibungen sowie • eine allgemeine Verbesserung der Kreditwürdigkeit u. a. auf Grund erhöhter Prüfungs- und Publizitätserfordernisse (vgl. Bea/Haas 2001, S. 527). Zu beachten ist aber, dass die Kapitalbeschaffung nicht der einzige - wenn auch wesentliche - Grund für einen Börsengang oder die Wahl anderer Beteiligungsformen ist. Jede Beteiligungsform hat gewisse Vor- und Nachteile, wiε Abbildung 94 (vgl. Kaufmann 1997, S. 99) zeigt.

202

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Abbildung 94: Vor- und Nachteile verschiedener Beteiligungsformen

Form

Vorteile

Nachteile

Börsengang

• Besserer Zugang zu Eigenkapital • Höherer Bekanntheitsgrad • Kompetenztrennung von Geschäftsführung und Eigentümern • Bessere Risikoteilung • Einfacherer Generationswechsel • Reorganisation der Unternehmensleitung möglich • Aufnahme neuer Gesellschafter einfacher

• Höhere Publizität • „Überfremdungsgefahr" (der kann durch die Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien begegnet werden) • Mitbestimmung • Steuerliche Nachteile • Kosten des Börsengangs • Striktere Rechtsformvorschriften • Hohe Qualitätsstandards

Beteiligungsgesellschaft/ Venture Capital (Risikokapital)

• Relativ geringe Interessenkonflikte • Finanzierungsberatung möglich • Individuelle Beteiligungsverträge • Öffentlich geförderte Beteiligungen sind kostengünstig

• •

informelle Beteiligung (Privates Risikokapital, Business Angels)

• Eher lang- als kurzfristige Ertragsorientierung • Individuelle Gestaltung • Keine Publizität • Geringe Transaktionskosten

• Begrenzte Kapitalressourcen • Abhängigkeit von persönlichen Motiven • Intransparenter Markt • Keine öffentlich Reputation

Mitarbeiterbeteiligungen

• Bindung von Kapital und • Mitarbeiter können größeren Einfluss auf Mitarbeitern an das ManagemententscheiUnternehmen, Erhöhung dungen fordern, unter der MitarbeitermotivaUmständen könnten tion und -Zufriedenheit rasch zu treffende Entscheidungen dadurch

Rechenschaftspflicht Risikobereitschaft begrenzt • Finanzierungsvolumina begrenzt • Ausstieg aus der Beteiligung schwierig

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus Form

Vorteile

Nachteile v e r z ö g e r t oder gar verhindert werden. •

Risiko bei den Mitarbeitern, V e r l u s t m ö g l i c h k e i t des eingesetzten K a p i t a l s

A n h a n d der f o l g e n d e n Textpassagen v o n Dr. Jan B. Berentzen, des Vorstandes Berentzen-Gruppe ,rBerentzen"

d e m Sprecher

AG, der m i t t e l s t ä n d i s c h e n T r a d i t i o n s f i r m a

sei b e i s p i e l h a f t k u r z d i e B e d e u t u n g des „ G o i n g P u b l i c " f ü r den

Mittelstand skizziert. „Die Berentzen-Gruppe A G blickt mittlerweile auf eine fast 250jährige Tradition zurück. Die Keimzelle des Unternehmens, die Kornbrennerei I. B. Berentzen, wurde bereits 1758 vom Ackerbürger und Müller Johann Bernhard Berentzen im emsländischen Haselünne gegründet - später kam EmslandGetränke, unser erster Brunnen- und Limonadenbetrieb, als Diversifikation in den alkoholfreien Bereich hinzu, und heute ist ein nationales Standort- und Distributionsnetz für alkohlfreie Getränke im Aufbau (...) Ende der 80er Jahre stellte sich für die Berentzen-Gruppe grundsätzlich die Frage nach der weiteren strategischen Ausrichtung. Es gab drei Möglichkeiten, dem ständig zunehmenden Konzentrationsprozess in Lebensmittelhandel und -industrie vor allem der wachsenden internationalen Konkurrenz im Spirituosenmarkt zu begegnen: Verkauf des Unternehmens, Konzentration auf eine der Nischen im deutschen Markt oder Expansion durch internes, qualitatives und externes Wachstum. Die Entscheidung lautete, selbständig zu bleiben und den Weg der Expansion einzuschlagen, um auch auf Dauer im Verdrängungswettbewerb erfolgreich bestehen zu können. Für Unternehmen, die sich offensiv den Chancen und Herausforderungen ihres Marktes stellen, wird die Ausstattung mit ausreichendem Eigenkapital zum Schlüsselfaktor für Wachstum, Erfolg und Unabhängigkeit. Für uns in der Berentzen-Gruppe stand im Gefolge der strategischen Grundentscheidung bald fest: Die beste Möglichkeit, externes Eigenkapital für fortgesetztes, vor allem externes Wachstum zu beschaffen, bietet die börsennotierte Aktiengesellschaft mit ihrem dauerhaften Zugang zum organisierten Kapitalmarkt 4 ' (Berentzen 1997, S. 75 f.). D e r E r f a h r u n g s b e r i c h t über d i e B ö r s e n e i n f ü h r u n g der F i r m a Berentzen

zeigt

auf, dass es e i n i g e r A n s t r e n g u n g e n u n d S t r u k t u r v e r ä n d e r u n g e n bedurfte, sich aber d i e E n t s c h e i d u n g l e t z t l i c h als e r f o l g r e i c h erweist. So z i e h t Dr. Jan Β. Berentzen

d a n n auch f o l g e n d e n Schluss: „ D a s G o i n g P u b l i c hat sich f ü r uns ins-

gesamt unter v i e l e r l e i A s p e k t e n ausgezahlt ( v g l . B e r e n t z e n 1997, S. 84).

204

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Als wesentliche Vorteile des Börsengangs für mittelständische Unternehmen lassen sich, neben dem besseren Zugang zum Eigenkapital, insbesondere die Möglichkeit der Reorganisation der Unternehmensleitung und die Schaffung besserer Voraussetzungen für den Generationenwechsel anführen. Zu beachten ist allerdings einerseits, dass das Unternehmen eine gewisse Größe haben sollte sowie ein starkes Umsatzwachstum und hohe eine Rendite aufweist. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass der Börsengang mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist. Neben Kapitalmangel und steuerlichen Gründen spielt bei Akquisitionsentscheidungen auf der Verkäuferseite sehr häufig auch das M o t i v „Regelung der Nachfolgeproblematik bei Familienunternehmen" eine große Rolle.

11.4

Lösungsansätze zur Nachfolgeregelung

Die Kenntnis von Lösungsansätzen zur Nachfolgeregelung ist ein erster Baustein zur Unternehmenssicherung (vgl. Braunschweig/Zdrowomyslaw/Saß/ Kasch 24/1997, S. 941 ff.). „Irgendwann kommt i m Lebenszyklus eines Unternehmens immer der Moment, in dem der Gründer abgelöst wird, sei es durch freiwilliges Ausscheiden und Übergabe des Unternehmens an einen Nachfolger, sei es durch Tod. Die Unternehmer machen sich zu Lebzeiten zwar Gedanken über die Nachfolge, häufig unterbleiben aber trotzdem konkrete Planungen unter Berücksichtigung aller juristischen, steuerlichen, wirtschaftlichen und menschlichen Gesichtspunkte" (vgl. Bussiek 1994, S. 303). Das Thema der Unternehmensnachfolge ist von höchster Aktualität. Nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit werden bis 2010 in ganz Deutschland etwa 500.000 Unternehmen die Nachfolge lösen müssen; ein Generationswechsel steht auch bei zahlreichen Freiberuflern ins Haus (vgl. Senking 2004, S. 215). Besonders in Familienbetrieben wird die Planung der Unternehmensnachfolge vernachlässigt. Wenn der Firmensenior ausscheidet, stellt sich für kleine und mittlere Betriebe in drei von zehn Fällen die Existenzfrage. A l l z u oft versäumen es die abtretenden Betriebsinhaber, die richtigen Vorkehrungen für einen reibungslosen Übergang auf die nächste Generation zu treffen. Damit aber ein mittelständisches Unternehmen infolge des Erbgangs nicht ums Überleben kämpfen muss, hat der Chef einen entscheidenden Schritt zu tun: Seine Nachfolge in der Firma betriebswirtschaftlich vernünftig und juristisch unanfechtbar zu regeln. Angesichts der Komplexität der Unternehmensnachfolgeproblematik (vgl. Sobanski/Gutmann 1998) können hier allerdings nur einige ausgewählte Problemfelder beleuchtet werden.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus 11.4.1 Nachfolgeregelung rechtzeitig und umfassend planen Unabhängig von der gesellschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Fragestellung, ob Familienunternehmen Auslaufmodell oder Erfolgstyp (vgl. Wimmer 1996, Hummel/Zander 1998, S. 34 ff.) sind, besteht Handlungsbedarf, sich wissenschaftlich mit der Nachfolgeproblematik zu beschäftigen. Nach einer Untersuchung der Handwerkskammer Stuttgart aus dem Jahr 1992 haben 52 Prozent der Betriebsinhaber die Frage ihrer Nachfolge noch nie bedacht. Nur 14 Prozent sind aktiv geworden und haben - ohne Fachleute zu konsultieren - dann Vorkehrungen getroffen, die rechtlich nicht bestehen können. Immerhin 90 Prozent aller Unternehmer-Testamente halten einer betriebwirtschaftlichen und rechtlichen Prüfung nicht stand. Trotzdem wird jedes sechste Erbe zu einem Fall, der die Gerichte beschäftigt. Allein schon das Erbrecht ist mit seinen 400 Einzelbestimmungen so kompliziert, dass viele Betroffene davor zurückschrecken, sich mit dem Thema Nachfolge auseinander zu setzen. Psychische Barrieren gibt es ohnehin bei dem Gedanken, für den eigenen Abschied vom Unternehmen vorsorgliche Regelungen zu treffen. Die Regelung der Unternehmensnachfolge in Familiengesellschaften, die gründliche Vorbereitung und der rechtzeitige Vollzug des Generationswechsels sowie schließlich der Erbfall selbst bringt eine Vielzahl von Problemen mit sich, die einer Familie nicht zuletzt auch menschliche Schwierigkeiten bereiten. Daraus ergeben sich Lebenssachverhalte, die mit einem Komplex von Organisations-, Gestaltungs-, und Rechtsfragen beladen sind. Vor allem die Bereiche Familien- und Erbrecht, Gesellschafts- und Steuerrecht, Sozial- und Arbeitsrecht und sogar EU-Recht sind hier zu berücksichtigen. A u f jedem dieser Gebiete gibt es zudem spezielle Gesetze, Verwaltungsanweisungen sowie eine umfangreiche Rechtssprechung. Zu beachten ist darüber hinaus, dass sich diese Rechts- und Verfahrensgrundlagen ständig ändern. Einige spektakuläre Fälle aus der jüngsten Vergangenheit zeigen, wie Familienunternehmen zum Beispiel wegen Erbauseinandersetzungen zerbrechen oder wegen einer unbefriedigend geregelten Entscheidungsgewalt handlungsunfähig werden können. Wenn Erben sich streiten, bleibt oft nichts anderes übrig, als unter Wert zu verkaufen oder sogar zu liquidieren. Die rechtzeitige und umfassende Regelung der Nachfolge ist also von existenzieller Bedeutung - für das Unternehmen und meist auch für den Familienfrieden. Es bedarf besonderer Lösungen für die Nachfolge nicht nur, um Abfindungsansprüche mehrerer Erben zu befriedigen. In mehrfacher Hinsicht muss für eine ausreichende Finanzierungsgrundlage gesorgt werden: für den Betriebsübergang, für eventuelle Abfindungs- und Ausgleichszahlungen an weichende Erben beziehungsweise Miterben und für eine adäquate Altersversorgung des (beziehungsweise der) Ausscheidenden. W o allerdings allein der Steuerberater tätig wird, fehlt es oft an juristischen Kenntnissen über das Güter- und Erbrecht sowie über das juristische Instrumentarium für den Fall ei-

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Kapitel III:

Unternehmens-Lebenszyklus

ner vorweggenommenen Regelung der Erbfolge. Gewöhnlich setzt ein Notar oder Rechtsanwalt nur das Testament auf, von einer gezielten Planung der Nachfolge i m Sinne eines dynamischen Unternehmensprozesses kann dann nicht die Rede sein. Nur von der Augenblickssituation ausgehend und auf nichts als den Todesfall bezogen, ist diese Beratung eher statisch. Das Unternehmertestament bildet die formaljuristische Schnittstelle zwischen dem Privatbereich und dem Unternehmen. Das Unternehmertestament beziehungsweise dessen gedankliche Grundlage muss das gesamte Vermögen sowie sämtliche Familienmitglieder und diejenigen Personen, die sonst bedacht werden sollen, berücksichtigen. Auch das, was man nicht w i l l , muss i m Testament festgehalten werden und stellt deshalb bei der Konzeption des Testaments einen wichtigen Merkposten dar. Denn ansonsten diktiert das Gesetz den Gang der Dinge. Spätestens durch die inhaltlichen Festlegungen des Testamentes entscheidet sich, wer die Firma bekommt. Insbesondere in den Fällen, in denen die Nachfolgeprobleme i m Unternehmen kompliziert sind, macht sich das Fehlen nötiger betriebswirtschaftlicher Kenntnisse sehr ungünstig bemerkbar. Demgegenüber bedeutet Nachfolgeregelung i m englischsprachigen Rechtskreis eine umfassende unternehmerische Beratung aus einer Hand. Bei diesem sogenannten Estate Planning handelt es sich um eine fortlaufende Beratung mit dynamischer Perspektive. Zu ihr gehört nicht nur die Anfertigung des Testamentes, sondern auch die Regelung der vorweggenommenen Erbfolge sowie eine streitvermeidende Vorsorge gegenüber einer möglichen Erbauseinandersetzung sowie einen natürlichen Weg, möglichst viel an Steuern zu sparen. M i t der Unternehmensnachfolge sind zahlreiche Probleme verbunden (vgl. Riedel 1996, S. 14). Eine generelle Übersicht über die tangierten Bereiche

Abbildung 95: Tangierte Bereiche der Unternehmensnachfolge

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

207

zeigt die Abbildung 95. Die Nachfolgeregelung kann deshalb nicht rechtzeitig genug in Angriff genommen werden. Damit der Unternehmensbestand nicht gefährdet wird, müssen die verflochtenen wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und menschlichen Probleme rechtzeitig angegangen und sorgfältig geregelt werden. Umfassende bzw. ganzheitliche Konzepte und nicht partielle Lösungen der Nachfolgeregelung sind anzustreben. Geplante Nachfolgeregelungen sorgen hinsichtlich der zukünftigen Unternehmensentwicklung für Klarheit und Kontinuität. Nur auf diese Weise lassen sich Zielvorstellungen verwirklichen wie: • den wirtschaftlichen Fortbestand des Unternehmens sicherstellen; • das Erbe in der Familie gerecht verteilen; • die Altersabsicherung der hinterbliebenen Ehefrau garantieren; • Liquiditätsschwierigkeiten für den Erbfall vermeiden (vor allem durch rechtzeitigen Aufbau eines ausreichenden Privatvermögens); • gerichtlichen Erbstreitigkeiten vorbauen; • dem Unternehmen eine stetige Entwicklung bewahren durch rechtzeitige Einführung eines geeigneten Nachfolgers; • die Entscheidungsgewalt eindeutig zuordnen.

11.4.2 Vier Modelle einer Nachfolgeregelung Nicht jeder Betriebsinhaber hat einen natürlichen Nachkommen, der „in seine Fußstapfen treten" kann und auch will. Dennoch sollte es für jedes Unternehmen gelingen, die Hürde des Generationswechsels oder einer anderen Nachfolgeform schadlos zu überstehen, sofern man den Übergang frühzeitig und sorgfältig vorbereitet. Zunächst sollte die Unternehmensnachfolge stets auch Anlass zu einer grundsätzlichen Verbesserung der Wirtschaftlichkeit sein, um damit die Altersvorsorge für den Senior und die Zukunftssicherung für den Junior sicherzustellen. Rentabilität, Liquidität und Sicherheit des Betriebes müssen beim Geschäftsübergang gewährleistet sein. Letztlich sichert nur nachhaltige Rentabilität auf Dauer den Fortbestand des Unternehmens. Grundsätzlich stehen dem Chef eines Familienunternehmens vier Möglichkeiten zur Verfügung, die Unternehmensnachfolge vorausschauend zu regeln: vorweggenommene Erbfolge, Betriebsfortführung, Verkauf oder Betriebsaufgabe (vgl. Abbildung 96). Vorweggenommene Erbfolge: Dieser Weg der vorweggenommenen Erbfolge eröffnet dem Senior fünf Optionen, seine Kinder in das Unternehmen einzubinden. Er kann sie entweder: • als Kommanditisten aufnehmen, • sie als Unterbeteiligte oder stille Gesellschafter an einer bestehenden oder zu gründenden GmbH beteiligen, • ihnen Nießbrauch am Unternehmen oder an der Beteiligung gewähren,

208

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Abbildung 96: Prozess der Nachfolgeregelung

• den Betrieb an sie verpachten (und bei richtiger Gestaltung dadurch die Gewerbesteuer einsparen) oder unter ihnen aufteilen oder schließlich, • den Kindern das Unternehmen, beziehungsweise die eigene Beteiligung an ihm, gegen wiederkehrende Bezüge, also etwa Rentenzahlungen, übertragen. Der Vorteil der vorweggenommenen Erbfolge liegt vor allem im Bereich der Schenkungsteuer (vgl. Braunschweig/Zdrowomyslaw/Saß/Kasch 24/1997). Betriebsfortführung: Die Fortführung des Betriebs entspricht einer unentgeltlichen Übertragung. Als Nachfolgeregelung wird sie in aller Regel gegenüber der eigenen Nachkommenschaft angewandt. Ihr Vorteil besteht darin, dass die stillen Reserven im Betriebsvermögen verdeckt und unversteuert bleiben. Der Nachfolger führt den Betrieb gemäß den steuerlich erfassten Werten fort. Auch wenn das Modell der Betriebsfortführung vordergründig als das einfachste erscheint, sollten maßgeschneiderte Regelungen für den Übergang frühzeitig entwickelt werden, damit es zu keinen „bösen Überraschungen" kommt. Was die Übertragung von Personengesellschaften einerseits und Kapitalgesellschaften andererseits angeht, so sind die unterschiedliche Bemessung des Betriebsvermögens und der Steuerfreibetrag nach dem Standortsicherungsgesetz für Personengesellschaften zu beachten. Wo Anteile an einer GmbH

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

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übertragen (das heißt verschenkt) oder vererbt werden sollen, muss die Familie bei der Besteuerung einige Besonderheiten bedenken. Die wichtigsten sind: Für Kapitalgesellschaften gibt es beim Verschenken oder Vererben von Betriebsvermögen keinen Extrafreibetrag. Zählen GmbH-Beteiligungen zum Privatvermögen, so dürfen sie außerdem nicht abgeschrieben werden. Meistens kosten sie außer Erbschaft- und Schenkungsteuer zusätzlich noch Einkommensteuer. Zudem darf der Unternehmensnachfolger Abfindungen an seine Miterben nicht bei der Steuer absetzen. Schließlich müssen die Angehörigen Einkommenssteuer auf die stillen Reserven zahlen, falls der Senior mit über 25 Prozent an der GmbH beteiligt ist. Verkauf: Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, das Unternehmen zu verkaufen bzw. die Übernahme der Unternehmung durch ein Management Buy-Out und/oder die Variante des Management Buy-In zu organisieren. „Für den Verkäufer eines mittelständischen Unternehmens bietet ein Management Buy-Out erhebliche Vorteile: die Verkaufsabsicht wird in der Branche nicht bekannt und die damit verbundenen Nachteile - wie etwa die Verunsicherung der Kundschaft - damit vermieden. Kein interessierter Konkurrent hat die Möglichkeit, sich durch Einblick in das Zahlenmaterial über die Schwächen und Stärken des Unternehmens zu informieren" (vgl. Flick/Kappe 1997, S. 34). Besteht die Nachfolgeregelung darin, das Unternehmen zu veräußern, so müssen die stillen Reserven aufgedeckt und entsprechend versteuert werden. Dieser Aspekt muss beachtet und in seinen Auswirkungen vorausgeplant werden. Betriebsaufgabe: Grundsätzlich ist auch eine Betriebsaufgabe ins Auge zu fassen. Bei einer Betriebsaufgabe führt allerdings an der Nachversteuerung der stillen Reserven kein Weg vorbei, denn sie sind steuerrechtlich den Verkaufserlösen gleichgestellt. Folge: Wie für Veräußerungsgewinne gilt auch im Fall der Betriebsaufgabe die vorteilhafte Besteuerung mit einem niedrigen Einkommensteuersatz. Das Unternehmen ist verpflichtet, spätestens drei Monate nach dem festgelegten Aufgabezeitpunkt dem Finanzamt eine Aufgabeerklärung vorzulegen.

11.4.3 Auswahl und Ausbildung des Nachfolgers Eine weitere Hauptschwierigkeit im Rahmen der Unternehmensnachfolgeproblematik liegt in der richtigen Auswahl und Ausbildung des Nachfolgers (vgl. Riedel 1996). In der Praxis wird dieser Frage vielfach nicht die notwendige ausführliche und kritische Behandlung zuteil, denn all zu oft herrscht immer noch das „Stammhalter-" und „Erbhofprinzip" beziehungsweise das „Söhneprinzip" vor. Mittlerweile setzt sich jedoch die Erkenntnis durch, dass das persönliche Element, der dispositive Faktor, die Schlüsselfunktion für Gedeih und Verderb eines mittelständischen Betriebes darstellt; der Inhaber oder Ge-

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Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

schäftsführer ist der wichtigste Träger der Führungsfunktion (vgl. Hamer 1990, S.43). Mittelständische Unternehmen werden sich in Zukunft nur noch dann im schärferen Wettbewerb behaupten können, wenn ihre oberste Spitze leistungsfähig ist. Deshalb muss in mittelständischen Familienbetrieben die Qualifikation des Unternehmensnachfolgers sichergestellt werden. Die Methoden der Betriebsführung ändern sich, die Anforderungen steigen. Was gestern zu Erfolgen führte (das Wissen des Seniors), erlaubt heute das Existieren und reicht morgen nicht mehr zum Überleben. Selbst der ausbaufähige Nachfolger wird nach der Methode des Hochdienens entweder Führungskraft oder flüchtet in die Position des Lebemanns oder des Verbandsaktivisten. Bezüglich des kaufmännischen Wissens herrscht oft die Meinung, dies sei zweitrangig und komme automatisch durch die Erfahrung. Erfahrung allein reicht jedoch nicht aus, wenn die Grundlagen fehlen, und bis die Erfahrungen vorhanden sind, ist der Betrieb bereits ruiniert. Es ist also in jedem Fall eine angemessene theoretische Ausbildung erforderlich. Diese kann über ein Hochschulstudium oder andere geeignete Weiterbildungsmaßnahmen erlangt werden. Neben der fundierten theoretischen Ausbildung empfiehlt sich für den Unternehmensnachfolger eine mindestens dreijährige berufliche Praxis, am besten in branchengleichen (oder -ähnlichen), gut geführten, eventuell größeren Unternehmen. Manche Nachfolger haben das richtige Alter (zwischen 30 und 35 Jahren) und sogar die geforderte Ausbildung, und sie scheitern dennoch, weil ihnen das charakteristische unternehmerische Talent fehlt. Wichtig ist u. a., dass der Führungsstil zum bewussten Problembereich beim Betriebsübergang erhoben werden: Die Unterschiede zwischen Senior und Junior müssen erkannt, teilweise berücksichtigt, teilweise abgestellt werden. Für eine systematisch vorbereitete Nachfolge lässt sich folgende beispielhafte Zeitfolge aufstellen: • Die konkrete Geschäftsübergabe muss als Fall der mittelfristigen Unternehmensplanung - Zeitraum rund drei Jahre - begriffen werden; • Die Vorbereitung der Nachfolgeregelung ist Teil der langfristigen Unternehmensplanung und umfasst den Zeitraum von zehn Jahren; • Das Problem des Geschäftsübergangs generell sollte ständig im Auge behalten werden und deshalb der strategischen Planung mit einem Zeitraum von zehn bis zwanzig Jahren zugeordnet werden; • Alle Regelungen sollten jährlich, mindestens im Fünfjahresabstand, überprüft werden. Bei diesen Maßgaben spielen folgende Überlegungen eine Rolle: • Typischerweise wird sich ein Betriebsinhaber mit 65 Jahren zurückziehen, mit 60 Jahren wird er es langsamer angehen lassen. • Die Ausbildung theoretischer und praktischer Art - ohne Schulzeit - erfordert in der Regel zehn Jahre.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

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• Die Freigrenzen der Erbschaftsteuer sind an eine Frist von zehn Jahren gebunden; wer die vorweggenommene Vermögensübertragung nutzen möchte, benötigt zehn bis 30 Jahre für die Verminderung der steuerlichen Last. Die unmittelbare Vorbereitung des Eintritts des Nachfolgers bedeutet mehr als Kenntnis der Branche und des Betriebes, es geht um die Hilfe bei der Übergabe der Führungsaufgabe. Abbildung 97 zeigt die Phasen der Betriebsübergabe, die notwendig sind, um eine reibungslose Übergabe zu gewährleisten (vgl. Riedel 1996, S. 178).

11.4.4 Nachfolge planmäßig regeln Letztlich geht es bei jeder Nachfolgeregelung auch um ein Minimieren der Kosten. Soll das gelingen, empfiehlt es sich, externe Beratungsleistungen einzukaufen. Eine solche Beratung liefert Erkenntnisse von Spezialisten, die sich mit der facettenreichen Problematik der Nachfolgeregelung und Betriebsübergabe genauestens auskennen und imstande sind, eine ins Auge gefasste Lösung von allen Seiten aus zu beleuchten. Wichtig ist, dass es zu einer Beratung aus einer Hand kommt. Nur so werden die Überlegungen zum Betriebsübergang in einem geeigneten betriebswirtschaftlichen Konzept münden, in das die relevanten erb-, familien- und gesellschaftsrechtlichen sowie steuerlichen Gestaltungsmaßnahmen eingeflossen sind.

Abbildung 97: Phasen der Betriebsübergabe

Realisierungsphase I I

• Bestandsaufnahme . Vorbereitungsgespräche

»Abstimmung

· Umsetzung der notwendigen Verträge u n d Maßnahmen

des Juniors ( c a . ein halbes Jahr) . Alleingeschäftsführung des Juniors bei Kontrolle des Seniors (zum Beispiel als Beirat)

212

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Durch eine rechtzeitige Nachfolgeregelung können sowohl für den Firmensenior als auch für den potenziellen Nachfolger solche Rahmenbedingungen für die Betriebsübergabe geschaffen werden. Grundsätzlich sind hinsichtlich einer planmäßigen Nachfolgeregelung folgende Dinge zu beachten: • I m Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge sollten steuerliche Freibeträge konsequent ausgenutzt werden. • Der 50. Geburtstag des Firmeninhabers sollte in jedem Fall Anlass sein, die Nachfolge konkret zu planen. • Die Altersversorgung (inklusive Krankheits- und Invaliditätsvorsorge) sollte ebenfalls spätestens mit dem 50. Lebensjahr beginnen. • Die richtige Auswahl des potenziellen Nachfolgers muss ebenso wie eine Ausbildung für ihn rechtzeitig durchdacht werden. • Die entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Regelungen müssen mit dem Testament beziehungsweise Erbvertrag abgestimmt werden. • Die Absicherung des überlebenden Ehegatten gilt es durch den richtigen Güterstand beziehungsweise Ehevertrag zu verbessern. • Die für die Überlebensfähigkeit des Unternehmens gefährlichen Pflichtteilansprüche, die die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruches ausmachen und innerhalb von vier Wochen nach dem Erbfall in bar fällig werden, müssen einkalkuliert werden. • Erbauseinandersetzungen sollte - zumindest für eine bestimmte Zeit - vorgebeugt werden, um so das Unternehmen vor einem allzu hohen Liquiditätsentzug („Ausbluten") zu schützen. • Die Durchsetzung des Willens des Erblassers lässt sich sicherstellen durch Anordnung der Testamentsvollstreckung. Nie darf das Testament als etwas Endgültiges betrachtet werden. Vielmehr muss es regelmäßig überprüft werden. Wenn der Unternehmer sein Testament abfasst, muss das konkret vorbereitet sein. Bei der Erbfolgeregelung gilt die alte Erfahrung: Es gibt nur wenige andere Kriterien, an denen sich die historische Größe eines Unternehmens bemessen lässt, als die Art und Weise, in der er seine eigene Nachfolge plant und durchführt. U m eine systematische Planung der Unternehmernachfolge durchführen zu können, ist es sinnvoll, entsprechende Checklisten zu diesem Thema zu nutzen (vgl. Checkliste 29).

12.

Wende-Unternehmen

Das Management eines Wende-Unternehmens ist i m Kern auf den notwendig gewordenen Turnaround zugespitzt. Hinter diesem Begriff verbirgt sich der Sachverhalt, das ein sich in einer akuten Überlebenskrise befindliches Unternehmen, wieder zu einer lebensfähigen wirtschaftlichen Einheit trans-

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus formiert wird. Der Focus liegt in der Konzentration auf die lebensfähigen

Kernbereiche. Wie wir gesehen haben, können Unternehmens-Krisen in jeder Phase des Unternehmens-Lebenszyklus und dabei in unterschiedlicher Ausprägung und Schärfe auftreten. Wenn es um einen von innen gewollten oder von außen erzwungenen Wandel in einem Unternehmen geht bzw. um die Frage, wie einer Unternehmenskrise begegnet werden kann, stößt man in der Literatur auf Begriffe wie Restrukturierung (vgl. Lüthy 1988), Turnaround, Re-engineering (vgl. Macharzina 2003, 898 ff.), Sanierung (vgl. Hess/Fechner/Freund/Körner 1998, Fechner 1999, Turnheim 1988), die oft synonym verwendet werden und deren Inhalte sich zum Teil überschneiden. Bei allen Konzepten wird aber letztlich der Grundgedanke verfolgt: W i e kann ich das angeschlagene Unternehmen wieder lebens- und entwicklungsfähig ausgestalten? I m folgenden soll geklärt werden, was unter einer Unternehmenskrise und einem Krisenmanagement zu verstehen ist. Ebenfalls behandelt wird das Sanierungsmanagement sowie der Aspekt der Insolvenz.

12.1

Unternehmenskrise und Krisenmanagement

Sowohl Existenzgründer (trotz ausgefeiltem Business-Plan und Controlling) als auch Familien- und große Traditionsfirmen können in Krisensituationen geraten. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit des Überlebens; von der Gefahr einer Insolvenz sind mehr oder wenige alle Unternehmen bedroht. Vor allem junge Unternehmen geraten schnell in Krisensituationen (z.B. Großkunden springen ab, wichtige Kunden können nicht zahlen und die Liquidität ist gefährdet). Befindet sich ein Unternehmen in einer Krise, bedarf es eines Krisenmanagements, sonst droht fast unweigerlich die Insolvenz.

12.1.1 Was ist eine Unternehmenskrise? Dem Krisenbegriff begegnen wir in vielen Wissenschaftsdisziplinen. Er wird in der Medizin, den Geschichtswissenschaften, den politischen Wissenschaften sowie den Wirtschafts-, Sozial- und Rechtswissenschaften verwandt. Der Begriff „Krise" ist den meisten Personen bestens vertraut. Es gibt Krisen der Persönlichkeit, weltweite Krisenherde usw. Was allerdings unter einer Unternehmenskrise zu verstehen ist, darüber sind sich sowohl die Wissenschaftler als auch die Praktiker keineswegs einig. Kann man schon von einer Unternehmenskrise sprechen, wenn kontinuierlich die Krankenquote steigt? Oder wenn die Gewinne ausbleiben? Oder erst dann, wenn das Unternehmen Liquiditätsprobleme hat bzw. vor der Insolvenz steht?

214

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Grundsätzlich hat jede Unternehmenskrise - wie Birker (2000, S. 25) es formuliert - ihre eigene Geschichte, geprägt von den unternehmensinternen und umfeldbedingten Einflüssen, der Individualität der Beteiligten und dem vernetzten Zusammenspiel aller Faktoren. In der Literatur bemüht man sich dennoch, Typisierungen vorzunehmen, um besser verallgemeinernde Aussagen treffen und Schlussfolgerungen ziehen zu können. Ein recht komplexes, mehrdimensional angelegtes Modell ist von Krystek entwickelt worden, in dem er ursachenbezogene Elementartypen, verlaufsbezogene Elementartypen und wirkungsbezogene Elementartypen von Unternehmenskrisen unterscheidet (vgl. Krystek 1987, S. 85 ff.). Nach Hess/Fechner/Freund/Körner (1998) sind, wie Abbildung 98 zeigt, Unternehmenskrisen durch drei Merkmale gekennzeichnet: Krisenherd, Krisenart und Krisenstadium, die jeweils unterschiedliche Merkmalsausprägungen aufweisen können.

Abbildung 98: Krisenmerkmale

Fragt man nach dem Krisenherd, so stellt sich die Frage nach den Ursachen bzw. Gründen einer Unternehmenskrise. In der Regel wird dabei zwischen „endogenen" (ζ. B. Fehlkalkulation, falsche Finanzvorschau) und „exogenen" (z.B. extrem hohe Zinsen, Streiks) Ursachen differenziert (vgl. Schwarzecker/Spandl 1993, S. 12). Krise ist jedoch nicht gleich Krise, d. h. zahlreiche Ursachen - oftmals in Kombination - können die Unternehmenskrise hervorrufen. Abbildung 99 zeigt ein Konzept der Krisenursachen, in dem differen-

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus ziert wird zwischen „ i n der Person des Unternehmers oder des dominanten Managers", „ i n der Institution liegende" sowie „erfolgs-" und „finanzwirtschaftliche" Krisenursachen (vgl. Hauschildt 1988, S. 5). Selbstverständlich sind externe bzw. endogene Ursachen nicht zu vernachlässigen, aber wichtig hier ist festzuhalten, dass nicht selten, wie empirische Ergebnisse zur Krisenund Insolvenzforschung belegen - Managementfehler (Stichworte: mangelnde Unternehmerqualifikation, ungenügende Führungskenntnisse, mangelnde Praxiserfahrung und unzureichende kaufmännische Fachkenntnisse) zu krisenhaften Entwicklungen oder gar zur Insolvenz eines Unternehmens führen (vgl. Kroll 1995, S. 14, Birker 2000, S. 34). In den meisten Büchern zur Finanzierung wird der Kapitalstruktur als Grund für Insolvenzen eine zentrale Rolle zugeschrieben. In ihrer Untersuchung kommen Reske, Brandenburg und Mortsiefer zu dem Ergebnis, dass Ursachen, die dem Finanzierungsbereich zuzurechnen sind, für rund 80 Prozent der Insolvenzen mittelständischer Unternehmen verantwortlich sind, wobei der Eigenkapitalmangel die dominierende Ursache ist. Auch andere Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass Finanzierungsmängel allgemein und Eigenkapitalmangel i m besonderen als Hauptinsolvenzursachen zu betrachten sind (vgl. Vormbaum 1995, S. 264 f.). Vormbaum sieht zwischen Eigenkapitalmangel und Insolvenz eines Unternehmens folgenden Kausalzusammenhang: „Eine niedrige Eigenkapitalquote ist gleichbedeutend mit einem hohen Verschuldungsgrad. Ein hoher Verschuldungsgrad bedingt hohe Zins- und Tilgungszahlungen, die unabhängig von der Gewinn- und Liquiditätssituation festgeschrieben sind. Werden nun Risiken wirksam, d.h, wird ein niedriger Sachzins realisiert oder steigt der Marktzins, so kann dies zur Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Betriebes führen. M i t einer niedrigen Eigenkapitalquote ist der Betrieb so weniger widerstandsfähig gegenüber Risiken, beispielsweise gegenüber rezessiven Einflüssen oder auch gegenüber einem längerfristigen Streik" (vgl. Vormbaum 1995, S. 265). Ergebnisse von Erhebungen der Deutschen Bundesbank, anderer Kreditinstitute sowie der Creditreform bestätigen seit Jahren, dass vor allem innerbetriebliche Ursachen (insbesondere Managementfehler, Finanzierungsprobleme) für das Scheitern eines Unternehmens verantwortlich sind. Der Verlauf der Unternehmenskrise wird sehr häufig in drei Kategorien bzw. Stadien unterteilt, die vielfach als Krisenarten bezeichnet werden. Man unterscheidet die strategische Krise (Bedrohung der Erfolgspotenziale der Unternehmung), die Ertrags- bzw. Erfolgskrise (Bedrohung der Gewinnziele, Umsatzziele usw.) und die Liquiditätskrise (Gefahr der Illiquidität und/ oder Überschuldung). Diese Krisenarten stehen in enger Beziehung zum Grad der konkreten Zielbedrohung.. Die letztere führt nicht selten zur Insolvenz oder Liquidation, der vierten „endgültigen" Phase. In der dynamischen Betrachtung kann das Ergebnis wie folgt zusammengefasst werden: „ D i e Insolvenz ist die Folge bzw. das Endstadium nichtbewältigter strategischer Fehler,

Unternehmers oder

In cjer person cjes

• Rechtsform

Aussperrung -Obstruktion

ÇtrpiW >MrelK/

π

· l.

^ Information

^ Beziehungen ZU ™ c|en Arbeitnehmern

Kontrollsystem

-Mängel im Planungssystem -Mängel im

-zu tiefe/flache Hierarchie -ungenügende ^ Organisation Kommunikation -Uber-/UnterOrganisation

(Unternehmungs-

In der Institution

^

^J ψ

^^

^^

Krisenstadium

~I

^

" -Mengen , ,

Im Absatzbereich

Qualität

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Im Beschaffungs- ^ „ . -Preis -Lieferant/Weg

,nsoivcn*

L

Ausgaben-Ausfal,

^ Nachzahlungen)

-Versagen der Reserve fehlende Koordinaten nicht VOn Einnahmen Und -Abzug VOn Krediten Ausgaben -Drängender Zahlungsempfänger auf vorzeitige Zahlung, . kürzere Zahlungsziele nicht erwarteter ^ , ^ , ,

nicht erwarteter M _ Rücknahme/ Einnahmenausfall Nichtgewährung von Krediten

>

\

. .

-Forschung und Entwicklung . . . -Investitionsvolumen . -Investitionszeitpunkt -Investitionsobjekt

-Produkt/Programm

^produktlons. -Technologie und Logistik^ "Y*1™1 ,+ , -Flexibilität sektor liegend -Standort

y y . . Im mvestitions- ^ , . , .. , ~ bereich liegend

bereich liegend

V^

beherrschbare akute Krise rschbare

sir,tc8ickrisc Rcni,hHii«iskrisc Erfolgskrise

abnehmende Bonität

i

latente Krise Krise

w

fmanzwirtschaftliche Krisenursachen

L· ψ w

liegend

Krisenursachen

aktuell gefährdete beginnende mittlere höchste BestandsBestandsBestandsBestandsBestandsSicherheit Sicherheit gefahrdung gefahrdung gefahrdung ^

ausreichende

g

g

f

f

s

potenzielle Krise

liegende Ursachen

Χ

A

-WettbewerbsVerfassung) beschränkung ^Verbun d -Autonomieder ^ Verbundglieder

nachfolge

~ -steuerliche Nachteile ^ -Erbschaft/Rechts-

Insolvenz

A

erfolgswirtschaftliche

Verschwendung / Spekulation des dominanten Κ. —ι Familienprobleme ^^ \LatenteKnse * ^ Familienprobleme ^^ < Manifeste Krise > Krankheit, Tod —W η — Γ ^^

^ ^ Führungsmängel Unerfahrenheit / Unfähigkeit

-Autoritäre Zentralisierung -Entscheidungsschwäche -fehlende Koordination -fehlende Kontrolle

216 Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

Abbildung 99: Konzept der Krisenursachen und Krisenstadien

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

217

ertragswirtschaftlicher Schwächen und in der Folge unbewältigter Liquiditätskrisen" (vgl. Schwarzecker/Spandl 1993, S. 13). Eine ähnliche Beschreibung des Krisen Verlaufs nimmt Hauschildt (vgl. Abbildung 96) vor. Er unterteilt den Verlauf wie folgt: Den vorgelagerten Krisenursachen folgt die latente Krise, der sich die manifeste Krise anschließt und letztlich die Insolvenz. Die Schnittstelle ist äußerst schwer zu ziehen, wann ein Unternehmen noch gesund ist und ab wann bereits von einer strategischen oder latenten Krise gesprochen werden kann. Unstrittig liegt eine Unternehmenskrise und eine echte Bestandsgefährdung vor, wenn die Unternehmung überschuldet und zahlungsunfähig ist (Liquiditätskrise). Spätestens dann muss man sich intensiv mit der Unternehmenskrise bzw. den „Tipps" bzw. Vorschlägen bezüglich eines geeigneten Krisenmanagements befassen (vgl. Checkliste 25). Empirische Ergebnisse belegen, dass häufig die Erkennungsfolge der Entstehungsfolge entgegenläuft. M i t anderen Worten: „ D i e strategische Krise wird erst offengelegt, nachdem zunächst die Liquiditätskrise sichtbar wurde und diese zur Erkenntnis der Erfolgskrise geführt hat" (vgl. Fechner 1999, S. 25). Einer Schätzung zufolge (Müller 1986) entfallen 6 0 % der Unternehmenskrisen auf den „Krisentyp A " , in dem alle drei Krisenarten (strategische Krise, Erfolgskrise und Liquiditätskrise) auftreten. A u f den „Krisentyp B " (Erfolgs- und Liquiditätskrise) entfallen ca. 30 % und auf den „Krisentyp C " (Liquiditätskrise) nur ca. 10 % aller Krisen. Die Kenntnis des Krisenstadiums, d. h. der Grad der Bedrohung, ist sehr entscheidend für eine richtige Reaktion seitens des Managements auf eine Unternehmenskrise. Handelt es sich um eine existenzbedrohende Krise, so besteht noch die Möglichkeit, durch rasches Handeln und richtiges gegensteuern das Unternehmen zu erhalten. Bei einer existenzvernichtenden Krise ist die Möglichkeit zur Fortführung des Unternehmens in der bisherigen Form nicht mehr gegeben. Je höher die Ausprägung der Krisensymptome ist, desto weniger Handlungsspielräume verbleiben dem Management. Bei einer Ergebnis· und Liquiditätskrise ist jedenfalls von einem „akuten" Restrukturierungsanfall auszugehen (vgl. Klingebiel 2000, S. 65).

12.1.2 Wie manage ich eine Unternehmenskrise? Für das Managen einer Krise gibt es keine Patentrezepte. Krisenmanagement hat letztlich immer eine unternehmensindividuelle Ebene. Die Effektivität und der Einsatz von Instrumenten hängt stark davon ab, in welcher konkreten Situation sich das Unternehmen befindet: In der Frühphase einer Krise oder unmittelbar vor der Insolvenz. So wie die Unternehmenskrise als eine besondere Stufe der Unternehmensentwicklung zu betrachten ist, kann Krisenmanagement als eine spezifische Form der Führung in einer bestimmten Phase betrachtet werden. „ I m Zentrum

218

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

steht die Vermeidung oder Bewältigung all jener Prozesse in der Unternehmung, die in der Lage wären, den Fortbestand der Unternehmung substantiell zu gefährden oder sogar unmöglich zu machen" (vgl. Weidl 1996, S. 60). Differenziertere Betrachtungen des Begriffs können vorgenommen werden. So kann der Begriff Krisenmanagement - wie Management (Führung) schlechthin - aus der institutionalen und funktionalen Sicht und schließlich als System betrachtet werden: • Träger des Krisenmanagements: Dem Krisenmanagement i m institutionellen Sinne sind alle die natürlichen Personen zuzurechnen, die als Bevollmächtigte der Kapitaleigner oder kraft Gesetzes das Unternehmen in der Krise mit dem Ziel der Sanierung führen. • Prozess des Krisenmanagements: Das Krisenmanagement i m funktionellen Sinne stellt die Leitung eines Unternehmens dar, die das Ziel verfolgt, das Unternehmen aus der Krise zu führen und langfristig überlebensfähig zu machen. Demnach umfasst es i m Sinne eines Prozesses die Phasen der Planung, Steuerung (Realisation) und Kontrolle. • Schließlich kann Krisenmanagement als ein System unterschiedlicher Aktionsfelder von Krisenvermeidungs- und Krisenbewältigungsaufgaben verstanden werden, die miteinander in Beziehung stehen (vgl. Harz/Hub/ Schiarb 1996, S. 33). Die Kenntnisse über die Felder des Krisenmanagements können i m konkreten Fall durchaus hilfreich sein. Nach dem Motto: Wissen und Transparenz bei den Führungskräften bilden die Grundlage für ein zielorientiertes Handeln. Wie Abbildung 100 zeigt, beginnt der generelle Prozess eines umfassenden Krisenmanagements bereits mit der Identifikation (Frühwarnung) der Unternehmenskrise und nicht erst mit deren Eintritt (vgl. Krystek 1987, S.92). W i r d die Unternehmenskrise aus zeitlicher Perspektive betrachtet, so ist erkennbar, dass Risikomanagement und Krisenmanagement eng miteinander verbunden sind, denn ein erkanntes Risiko zieht als Folge eine Krisenvorsorge nach sich. Krisenmanagement hat als konkreter Ansatz der Krisenvorsorge zum einen Gegenmaßnahmen zur Vermeidung von Krisen und zum anderen Aktivitäten zur besseren Bewältigung von noch nicht abwendbaren Krisen zur Aufgabe. Wie Abbildung 101 zeigt, kann das Krisenmanagement i m engeren und i m weiteren Sinne einer Betrachtung unterzogen werden. K r i senmanagement i.w.S. deckt das gesamte auf Krisen bezogene Spektrum von Aktivitäten eines Unternehmens ab, sowohl vor dem Ausbruch einer Krise mit der Krisenvorsorge (Krisenprävention, Früherkennung) als auch danach mit der Krisenbewältigung und dem Lernen aus der Krise. Aktivitäten, die sich auf das Handeln nach dem Krisenfall beziehen, werden als Krisenmanagement i.e.S. oder Krisenbewältigung (Kriseneindämmung und Recovery als Neustart) bezeichnet und haben demnach eine begriffliche Nähe zur Sanierung. Legt man zugrunde, dass unterschiedliche Krisenphasen ein unter-

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

219

Abbildung 100: Genereller Prozess eines umfassenden Krisenmanagements Reguläre Führung

Genereller Prozess eines umfassenden Krisenmanagements

Phasen des Krisenmanagement Prozesses

Identifikation von Unternehmungskrisen

schiedliches Handeln des Managements erfordern, so ist zu fragen und abzuwägen, welche Instrumente und Maßnahmen in der Situation am geeignetsten sind (vgl. Töpfer 1999, S. 18 ff.). In Anlehnung an die obigen Darlegungen kann auch von aktivem und reaktivem Krisenmanagement gesprochen werden (vgl. Dreßler 1995, S. 212). Während aktives Krisenmanagement sich auf die Früherkennung und Frühvermeidung von noch nicht akuten Unternehmenskrisen bezieht, hat reaktives Krisenmanagement die Bewältigung bereits eingetretener bzw. akuter Un-

220

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

ternehmenskrisen zum Gegenstand, wobei auch Formen einer nicht mehr unternehmenserhaltenden Auseinandersetzung (z.B. Liquidation) mit einbezogen werden (vgl. Krystek 1987, S. 108). Wie wichtig ein gut funktionierendes Controlling für die Steuerung der Unternehmensentwicklung ist, haben wir bereits in Kapitel 2 dargelegt. M i t einem etablierten Risiko- und aktiven Krisenmanagement werden Gefahren und Chancen einer Krise i. d. R. eher erkannt. Nicht selten wird i m Rahmen von Sanierungsprozessen festgestellt, dass z.B. das Rechnungswesen lediglich eine Dokumentations- und nicht Steuerungsfunktion erfüllte bzw. Führungsinstrumente prinzipiell kaum genutzt wurden. Sowohl die „Intuition" des Unternehmers als auch der Einsatz von Führungsinstrumenten (z.B. hierarchisches Berichtswesen, Teilnahme an Betriebsvergleichen und Auswertung dieser in Erfa-Gruppen) bieten zwar keine grundsätzliche Gewähr zur Vermeidung einer Unternehmenskrise, aber zweifelsohne benötigen Unternehmen ein unternehmensspezifisches Management-Informationssystem (Frühwarnsystem), um möglichst rechtzeitig die drohende Krise wahrzunehmen. Unternehmensentwicklung fordert aktives Entwicklungs- und Krisenmanagement, wobei Kennzahlen und Kennzahlensysteme hierbei sehr hilfreich sind. Vor allem die Daten aus dem betrieblichen Rechnungswesen dienen der Navigation. Denn sie zeigen gegebenenfalls die Ausgangssituation und bisherige Entwicklung, die gegenwärtige Situation und Entwicklungstendenz, die Abweichung vom angestrebten Kurs sowie die künftige Entwicklung und deren Konsequenzen (ζ. B. drohende Insolvenz). Abbildung 101: Klassifikation des Krisenmanagements im engeren und weiteren Sinne

Krisenmanagement im weiteren Sinne

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklu s

221

Die Forderung nach brauchbaren Systemen der Insolvenzfrüherkennung oder Insolvenzdiagnose sowie der Krisendiagnose ist nicht neu und durchaus nachzuvollziehen. Zurecht betont Hauschildt: „ I m Gegensatz zur betriebswirtschaftlichen Literatur wenden wir uns also nicht sogleich dem Krisenmanagement zu, sondern fordern eine intensive Krisendiagnose. Sie wird benötigt, um ein Krisenmanagement auszulösen und auszurichten. Sie hat die Aufgabe, Frühwarnungen abzugeben, dass eine krisenhafte Entwicklung droht. Sie hat darüber hinaus die Aufgabe, zu zeigen, wo die eigentlichen Krisenursachen liegen, die es durch ein Krisenmanagement zu bekämpfen gilt" (vgl. Hauschildt 1994, S. 100). Die traditionellen Vorläufer der Krisendiagnose und damit auch der Insolvenzdiagnose sind Kennzahlen und Kennzahlensysteme, die nach wie vor als Instrument der Frühwarnung in der Praxis hohe Bedeutung besitzen. In Kreditinstituten dienen nach wie vor ins-

besondere statistische Jahresabschlussanalysen als Frühwarnsysteme. Kennzahlen aus Jahresabschlüssen bzw. sog. Alarm-Kennziffern (vgl. Oehler 1980) werden zur Frühdiagnose von Insolvenzen und Unternehmenskrisen eingesetzt und genießen i m Rahmen des Rating von Firmen nach wie vor eine große Bedeutung (vgl. Zdrowomyslaw 2001, S. 647 ff.). Inwieweit Frühwarn- oder Früherkennungssysteme Unternehmenspleiten verhindern können, lässt sich nicht klar beantworten. Denn trotz der Euphorie vieler Autoren ist es - ähnlich wie bei der Installierung von Management-Informationssystemen (MIS) - bisher nur wenigen Unternehmen gelungen, funktionsfähige Frühaufklärungssysteme nachhaltig und erfolgreich zu betreiben (vgl. Eggers/Eikhoff 1996, S. 48). Fakt ist jedenfalls, dass nicht selten erst i m Rahmen von Sanierungsprozessen festgestellt wird, dass z.B. das Rechnungswesen lediglich eine Dokumentations- und nicht Steuerungsfunktion erfüllte bzw. Führungsinstrumente prinzipiell kaum genutzt wurden. Unbestritten ist deshalb auch, dass Unternehmen, die ein unternehmensspezifisches Management-Informationssystem (Frühwarnsystem) aufgebaut haben, in der Regel eine drohende Krise eher wahrnehmen.

12.2

Sanierungsmanagement

Ist man trotz aller Maßnahmen der Krisenvorbeugung in eine manifeste bzw. akute aber beherrschbare Unternehmenskrise geraten, gilt es die Krise zu managen. Allerdings gibt es kein Patentrezept, das aus der Krise führen könnte. Denn ein konkretes Krisenmanagement hängt u. a. davon ab, in welcher konkreten Situation sich das Unternehmen befindet: in der Frühphase einer Krise oder unmittelbar vor dem Konkurs (siehe Checkliste 26-28). Das konkrete Krisenmanagement kann auch mit dem Begriff „Sanierung" charakterisiert werden, wobei der Begriff nicht völlig losgelöst vor dem Hintergrund um-

222

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

weltbezogener Rahmenbedingungen (ζ. B. Wirtschaftspolitik) betrachtet werden sollte (vgl. Zdrowomyslaw/Spies/Gellink 2/1994, S. 25 ff.). Als Sanierungsmanagement i m institutionellen Sinne bezeichnet man jene Personen oder Personengruppen, die die treibende Kraft bei der Planung, Durchsetzung und Kontrolle von Zielen, Strategien und Maßnahmen zur Krisenvermeidung oder Krisenbewältigung sind und die damit die faktische Führung des krisenbefallenen Unternehmens für die Dauer des überlebenskritischen Prozesses übernehmen. Abbildung 102 weist denkbare oder mögliche Träger auf, wobei i m Falle der Insolvenz ein bestätigter Insolvenzverwalter die bisherige Geschäftsführung ersetzt.

Abbildung 102: Mögliche Träger des Sanierungsmanagements

Unter dem Begriff „Sanierung" (sanare = heilen, gesund machen) sind alle Maßnahmen unternehmenspolitischer, organisatorischer, finanz- und leistungswirtschaftlicher Art zu verstehen, welche dazu beitragen, die Wiederherstellung existenzerhaltender und später gewinnversprechender Grundlagen zu schaffen. Unterstellt man eine Unternehmenskrise, so gilt es zunächst die Krisenursachen zu ermitteln und hierauf aufsetzend Sanierungsstrategien (vgl. Turnheim 1988) zu entwickeln und eine Sanierungsplanung vorzunehmen. Zu den unterschiedlichen Ansätze zur Bewältigung akuter, aber beherrschbarer Unternehmenskrisen siehe u. a. auch Krystek (1987, S. 219 ff.). Bezogen auf die Frühphase einer K r i s e werden in der Literatur folgende Strategien zur Krisenbewältigung unterschieden: • Aufgabenstrategien: A l l e Geschäftsfelder überprüfen: veraltete Produkte und schrumpfende Märkte erkennen und abstoßen. • Konsolidierungsstrategien: Verbleib auf übrigen bisherigen Märkten sichern; Kosten überprüfen und senken. • Verdrängungsstrategien: Unternehmenskapazitäten sichern und erweitern durch aggressives Marketingkonzept (Radikaler Preiskampf und/oder konsequenter Qualitätswettbewerb).

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus • Tätigkeitsfelder-Erweiterungsstrategie: Märkte erschließen.

Produktpalette erweitern, neue

I m Rahmen einer Sanierung sollte die Kenntnis der unternehmensbezogenen Ursachen (Ursachenanalyse) die Basis für Sanierungsmaßnahmen darstellen (vgl. Abbildung 103). Der Sanierungsprozess läuft durchaus nach einem gewissen „Muster" ab.

Abbildung 103: Von der Ursachenanalyse zur Sanierungsplanung A b l a u f der Sanierung

Unternehmen vor der Krise

Unternehmen nach der Krise

Krisenursachen

^

Sanierungsmaßnahmen

^

Unternehmen i n der Krise

Jahre

jetzt Ursachenanalyse

Vergangenheit: Bilanzanalyse, Kapitalflussrechnung, Kostenrechnung, Soll-Ist-Vergleiche

Jahre Sanierungsplan

Zukunft: Finanzplanung, Budgets, Planbilanzen, Plankostenrechnung, Frühwarnsystem

Die Frage, wie bei der Bewältigung einer Unternehmenskrise vorzugehen ist, wird unterschiedlich beantwortet. Während Praktiker darauf hinweisen, dass die Krise schnelles Erkennen und Handeln erfordert („Primat des Handelns"), da keine Zeit für umfangreiche Untersuchungen bleiben, erkennt zwar auch die wissenschaftliche Literatur die Zeitnot bei Sanierungsbemühungen, verweist aber mit Nachdruck auf die Risiken und die ausgelassenen Chancen beim „improvisierten Vorgehen" (vgl. Hess/Fechner/Freund/Körner 1998, S. 9). Grundsätzlich sollte angestrebt werden, ein Sanierungskonzept zu entwickeln. Nach der Vorstellung des Arbeitskreises „Sanierung und Insolvenz'' (AKSI) des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. ( I D W ) sollten Wirtschaftsprüfer, die mit der Erarbeitung oder Begutachtung eines Sanierungskonzeptes beauftragt sind, in ihrer Stellungnahme folgende Punkte behandeln:

224

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

1. Beschreibung des Unternehmens; 2. Analyse des Unternehmens: a) Krisenursachenanalyse, b) Lagebeurteilung des Unternehmens; 3. Leitbild des sanierten Unternehmens; 4. Maßnahmen zur Sanierung des Unternehmens; 5. Plan-Verprobungsrechnung (vgl. I D W 1992, S. 221). Vor dem Hintergrund, dass eine Sanierung systematisch vorzubereiten und durchzuführen ist, sind Darstellungen eines idealtypischen Ablaufs von Sanierungsprozessen entwickelt worden, die trotz aller Modellhaftigkeit Praxisbezug besitzen. Abbildung 104 skizziert den Prozess einer Sanierung.

Abbildung 104: Sanierungsprozess im Überblick

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

225

Wird der Sanierungsprozess als komplexe, zukunftsorientierte Aktionsfolge zur Wiederherstellung der nachhaltigen Ertragskraft krisenbefallener Unternehmen verstanden, so beginnt er mit der Wahrnehmung der akuten Krise durch die Entscheidungsträger (Führungs- und Aufsichtsratsgremien). Es folgt u. a. unter Zuhilfenahme des Rechnungswesens eine Situations- und Ursachenanalyse, die den Charakter einer „Strategischen Bilanz" (mittel- und langfristige Betrachtung) haben sollte. Nach erfolgter Klärung der Ausgangslage ist im nächsten Schritt zu klären, ob das Unternehmen fortgeführt oder liquidiert werden soll und welche Maßnahmen jeweils zu ergreifen sind. Aber selbst wenn zukunftsorientierte Erfolgspotentiale (z.B. zukunftsorientierte qualifizierte Führungskräfte, zukunftsträchtiges FuE-Potential, zukunftsträchtige Produkte und Dienstleistungen) erkannt werden, hat eine geplante Sanierung meist nur den Charakter einer Vorentscheidung, da selbst bei Vorhandensein von Erfolgspotenzialen die Sanierungsbemühungen in späteren Phasen aus anderen Gründen scheitern können. Im dritten Schritt erfolgt eine möglichst genaue Bestimmung der Sanierungsziele mit den direkt und indirekt beteiligten Personen(-gruppen), um die Akzeptanz für Sanierungsstrategien und -maßnahmen zu schaffen. Im Mittelpunkt der Sanierungsbemühungen steht die Ableitung von Sanierungsstrategien, welche die Basis für Sanierungsmaßnahmen bilden. Es gibt eine Vielzahl möglicher Maßnahmen, die die Geschäftsfelder der Unternehmung (mit Produkten, Produktgruppen in jeweiligen Märkten, Potentialen), die Rechts- und Organisationsstruktur und die Führungskräfte der Unternehmung betreffen. Alle Sanierungsstrategien und -maßnahmen zusammen ergeben dann das Sanierungsprogramm. In Anbetracht der Einmaligkeit und zeitlichen Begrenztheit der Aktionsfolgen im Rahmen des Sanierungsprogramms erfolgt die Verwirklichung i. d. R. in Form von Projekten. Im Verlauf der Realisation gehört letztlich zu den schwersten Aufgaben die Koordination und Überwachung der zeitgleich ablaufenden Sanierungsprojekte. Die Führungsinstanzen müssen mögliche Widerstände, sich ergebende Chancen und Risiken rechtzeitig erkennen und gegebenenfalls gegensteuern. Da es sich bei Sanierungsmaßnahmen um Detailplanungen bzw. konkrete Aktionen handelt, sollten die Bestimmung der Sanierungsziele und -Strategien im Sanierungsprozess diesen vorangehen. In der Literatur werden zur Unterstützung des Sanierungsprozesses in der Regel Maßnahmenkataloge (vgl. Hess/Fechner/Freund/Körner 1998, S. 189 ff.) aufgestellt bzw. Checklisten (vgl. Checkliste 31) zur Aufdeckung und Abwehr von Insolvenzgefahren (vgl. Wilcke 1993, S. 31 ff.) vorgeschlagen. Vor allem dann, wenn es sich um eine akute, aber beherrschbare Krise handelt, sind Sanierungsmaßnahmen mit Sofortcharakter gefragt. Dabei ist der Erhaltung der Zahlungsfähigkeit zunächst die absolute Priorität unter allen Sanierungsmaßnahmen einzuräumen. Sicherlich geht es in der ersten Sanierungsphase primär um die Sicherung des unmittelbaren Überlebens vor dem Hintergrund der akuten Krise (ζ. B.

226

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

kurzfristige Zahlungsfähigkeit ist sicherzustellen). Allerdings dürfte es nur in den seltensten Fällen möglich und ausreichend sein, eine erfolgreiche Krisenbewältigung allein auf der Grundlage kurzfristig orientierter Maßnahmen (originärer Sanierungsmaßnahmen) durchzuführen. In einer zweiten Phase muss eine unternehmenspolitische und strategische Neuorientierung vorgenommen werden. In erster Linie sind tragfähige und langfristig orientierte Konzepte gefragt, die die Existenzsicherung der Unternehmung unter Beachtung des „Faktors" Mensch im Auge haben. „Ein noch so strategisch orientiertes, allen ökonomischen Aspekten Rechnung tragendes Sanierungskonzept kann wertlos werden, wenn es nicht von einer motivierten Führungsmannschaft getragen und von der Mitarbeiterschaft Vertrauens- und hoffnungsvoll akzeptiert wird" (vgl. Krystek 5/1991, S. 336 f.). Eine Sanierung ruft immer auch Widerstände hervor (Hemmnisse) und erzeugt Gewinner und Verlierer. Insofern handelt es sich bei der Sanierung nicht nur um den Einsatz der richtigen betriebswirtschaftlichen Mittel zur Wiedergewinnung der Rentabilität, sondern auch um einen politischen Prozess mit Verhandlungskonflikten und Aushandlungsprozessen (vgl. Bichlmeier/Engberding/Oberhofer 2003, S. 64). Grundsätzlich kann die Sanierung unter Erhaltung oder Aufgabe der bisherigen Unternehmensform verwirklicht werden (vgl. Fechner 1999, S. 157 ff.). Abschließend kann das Resümee gezogen werden: Eine offensive Unternehmenspolitik und ein aktives bzw. antizipatives (gedankliche Vorwegnahme von Krisen) Krisenmanagement schließen zwar nicht aus, dass ein Unternehmen immer wirtschaftlich gesund bleibt, aber sie mindern das Risiko einer Unternehmenskrise und die Notwendigkeit von Sanierungskonzepten. Zurecht wird von Bleicher betont: „Krisenhafte Schwellenübergänge von einer Phase in eine andere lassen sich nur durch eine vorauseilende Veränderung von Aktivitäts-, Struktur- und Verhaltensprofilen bewältigen, soll nicht eine Restrukturierung einen Rückfall in frühere Entwicklungsphasen oder gar die Aufgabe der Unternehmung notwendig machen" (vgl. Bleicher 1994, S. 116).

12.3

Insolvenz - Niedergang oder Chance?

Bei einer Insolvenz handelt es sich um eine nicht beherrschbare Unternehmenskrise mit höchster Bestandsgefährdung. Ist das Unternehmen nicht mehr zu retten, so kommt es zu einer zwangsweisen Auflösung (Liquidation) des Unternehmens. Das bedeutet das Ende der krisenbefallenen Unternehmung, zumindest in ihrer bisherigen Struktur und/oder Ziel- und Zwecksetzung. Zu unterscheiden hiervon ist die freiwillige (laut Satzung, Beschluss) Liquidation (vgl. Birker 2000, S. 328 ff.). Neben der zwangsweisen Liquidation ist aber im Rahmen der Insolvenzordnung auch die auf Erhalt des Betriebs bzw. von Teilbetrieben ausgerichtete Sanierung möglich und vorgesehen.

Kapitel III: Unternehmens-Lebenszyklus

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12.3.1 Insolvenzrecht und Insolvenzeröffnungsverfahren Natürlich haben Insolvenzen in erster Linie Konsequenzen für das Unternehmen, d. h. die Inhaber und Mitarbeiter. Aber die Insolvenzstatistik gibt auch einen ersten Hinweis auf die erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung von Insolvenzen (geschätzte Vernichtung von Vermögen von ca. 45 Mrd. Euro in 2003). Natürlich haben Bedeutungsvoll ist auch die neue Insolvenzordnung für Privatpersonen, der sog. Privatinsolvenz. Nach dem bis 1998 geltenden Recht wurden im Falle einer „Pleite" die meisten Betroffenen ihre Schulden ein Leben lang nicht mehr los. Dies hat sich mit dem neuen Insolvenzrecht vom 1.1.1999 geändert, das die alte Konkurs- und Vergleichordnung (DDR = Gesamtvollstreckung) ablöste. Die Voraussetzungen für die Eröffnung des Verfahrens wurden so gestaltet, dass die Abweisung mangels Masse wieder zur Ausnahme wird, womit gescheiterten Unternehmen ein Neuanfang erleichtert werden soll. Im Rahmen des Insolvenzrechts sind dabei die Unternehmens· und Verbraucherinsolvenz sowie die Restschuldbefreiung zu unterscheiden (vgl. Birker 2000, S. 314 ff., Bichlmeier/Engberding/Oberhofer 2003). Mit der Verabschiedung des Insolvenzrechts hat sich nicht nur eine neue Bewusstseinslage ergeben, sondern es wurde den beiden bekannten Anmeldungs- bzw. Eröffnungsgründen für die Insolvenz nämlich der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung (nur bei juristischen Personen bzw. Gesellschaften ohne persönlich haftende natürliche Personen) ein neuer Tatbestand hinzugefügt, die drohende Zahlungsunfähigkeit (nur als Eigenantrag) hinzugefügt. Abbildung 105 (vgl. Birker 2000, S. 316) informiert über die gesetzlichen Gründe - die aber eher hinweisenden als erklärenden Charakter haben (dies gilt insbesondere für den Überschuldungsstatus (vgl. Garhammer 1996, S. 83 f.). Im Rahmen der neuen Insolvenzordnung (InsO) hat der Gläubiger bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ein Antragswahlrecht und bei drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 22) besteht ein Antrags verbot. Auch das neue Insolvenzgesetz kann selbstverständlich nicht die allgemeine wirtschaftliche Rezession bewältigen oder gar beseitigen; geschweige denn Unternehmensprobleme lösen. „Ein effizientes Insolvenzgesetz kann allenfalls Regelungen treffen, wie eine betriebswirtschaftlich vertretbare Reorganisation oder Sanierung unter Beteiligung der Gesellschafter und der Gläubiger durchgeführt wird, und erforderlichenfalls, wie die Liquidation als zwangsweiser Marktaustritt des Unternehmens rechtlich zu bewältigen ist" (Uhlenbruck 1977, S. 212). Nach Eröffnung eines einheitlichen Insolvenzverfahrens und der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters bestimmt das Insolvenzgericht im Eröffnungsbeschluss auch den Termin für eine Gläubigerversammlung, in der auf der Basis eines Berichts des Insolvenzverwalters über den Fortgang des Insolvenzverfahrens beschlossen wird. Mit der Eröffnung des Insolvenz-

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Verfahrens verliert der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen. Diese geht auf den Insolvenzverwalter über, der zunächst vom Gericht bestellt wird, den allerdings die Gläubiger in ihrer ersten Gläubigerversammlung abwählen können (vgl. Birker 2000, S. 318).

Abbildung 105: Insolvenzeröffnungsverfahren

Schuldner (Eigenantrag)

Insolvcnzcröffnungsvcrfahrcn antragsberechtigt

1

Gläubiger Fremd- bzw. Gläubigerantrag

I

Insolvenzantrag Insolvcnzcröffnungsvcrfahrcn (Prüfungsphase)

Zuständigkeit des Gerichtes

Insolvenzfähigkeit des Schuldners

Amtsgericht mit Sitz am Ort

natürliche und juristische

des Landgerichts

Personen etc.

Insolvenzgrund = Eröffnungsgrund • Zahlungsunfähigkeit • Überschuldung (nur bei juristischen Personen bzw. Gesellschaften ohne persönlich haftende natürliche Personen) • drohende Zahlungsunfähigkeit (nur als Eigenantrag)

unbegründet J)4-

(^mangcls Masse^)