Vertraute Geschichte der Sächsischen Höfe und Staaten seit Beendung des Dreißigjährigen Krieges [1]

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Geſchichte

Vertraute

der

Sächſiſchen

Höfe

und

Staaten

ſeit Beendung des dreißigjährigen Krieges. Von Stanislaus Graf Grabowski.

home décdicch

Meine ec

Erfter Band.

Preis

5

W

Sgr.

Vollftändig in 4 Bänden à 25 Sgr. oder 20 Lieferungen à 5 Sgr .

Berlin

1861.

Julius Abelsdorff's Verlag.

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Vertraute

Geſchichte

der

Europäiſchen

Höfe

und

Staaten

ſeit Beendung des dreißigjährigen

Krieges.

Von

Stanislaus Graf Grabowski.

Sweite Abtheilung. S

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Erfter Band.

30 D

Berlin Julius

1861.

A belsdorff's Verlag.

Geſchichte

Vertraute

ber

Sächſiſchen

Höfe

und

Staaten

ſeit Beendung des dreißigjährigen

Krieges.

Von Stanislaus Graf Grabowski.

Erfer Band.

Berlin Julius

1861.

Abelsdorff's Verlag.

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51,

ins Einleitung

Unter den Kurfürſten Moriß und Auguſt, der jüngeren al bertiniſchen

Linie, hatte der Staat Kurſachſen ſeinen

Blüthepunkt erreicht. politiſch in

Nach außen

hin

höchſten

der mächtigſte und

einflußreichſte Staat Deutſchlands nächſt Defterreich ,

ſeinem

Innern

vollftändig geordnet und glüdlich

durdy

das Einverſtändniß von Fürſt und Volt, ſeinen Nachbarn an Intelligenz und Kunſtfleiß überlegen , war es fein natürlicher Beruf, an der Spiße des proteſtantiſchen Deutſchlands deffen Confeffionsintereſſen gegenüber zu vertreten es

ein , ihm

den

katholiſchen

und zu

dieſen erhabenen

Reaktionsbeſtrebungen

bewahren .

Niemandem

fiel

Play ſtreitig zu machen , bis

die Nachfolger der beiden großen Fürſten , die diefen nur allzu wenig

glichen , durch ihr: „ kaiſerlich unevangeliſches Syſtem ,"

wie Senkenberg die damalige Politik Sachſens bezeichnet , fich in

vollſtändiger Verkennung

willig

ihrer Rechte und Pflichten

frei

diefes mächtigen Einfluffes auf die proteſtantiſdedeut

fchen Staaten begaben und es auf dieſe Weiſe einfichtsvollez ren

Nachbarn möglich machten , fich zu dem

Kurſtaate zu

er

beben und ihn allmählig von ſeiner glänzenden Höhe hinab zuziehen .

6

-

-

damals Kurpfalz und Kurbrandenburg, ers

Dies waren

ſteres an der Spiße der evangeliſchen Union ftehend, die fich Jahrhunderts gebildet hatte , um

zu Anfang des fiebzehnten der katholiſchen

Ligue ftets kampfbereit das Gleichgewicht zu

Dieſer

Plaß gebührte naturgemäß Kurſachſen , fein

halten .

hatte

Herrſcherhaus

ihn

aber

es fich

zurückgewieſen , weil

ſchmeichelte , die vermittelnde und 'verföhnende Rolle zwiſchen den beiden großen Religionspartheien durchführen zu können , und weil es von jeher die

Anſchluſſes an

Politik innigen

das öſterreichiſche Kaiſerhaus befolgt hatte. Johann Georg I. (geboren der Chriſtian II, am

1585 ) fuccedirte ſeinem

Brus

23. Juni 1611. Er war ein redlicher

und frommer, auf das Wohl ſeines Landes eifrig bedachter Fürſt, aber es fehlte ihm

an einem richtigen politiſchen Blide

und an der Straft des Entſchluſſes, die- eine ſo ſchwere Zeit wie die feinige erforderte. Getreu ſeinem

Wahlpruche: „ Ich

fürchte Gott , liebe die Gerechtigkeit und ehre den fohloß

er

fich

an

den

legteren

mit

Kaiſer !"

unerſchütterlichem

Ver

trauen an und blieb blind bei allen den Proteſtantismus be drohenden Maßnahmen , taub gegen alle noch

ſo eindringli

chen Vorſtellungen ſeiner fürſtlichen Glaubensgenoſſen , die ihn wiederholt zum

Anſöluß an die Union zu

bewegen

Man hat ihn beſchuldigt, ſeine Politik fei durch

ſuchten .

die jülich

fleviſchen Erbhändel, bei der er ſich der Hülfe des Kaiſers in eigennüßigem

Intereſfe verſichern wollte, hauptſächlich beſtimmt

worden , jedenfalls fielen die alten Traditionen feines Hauſes, das feine Größe und fein

Glück immer“an Deſterreichs Seite

geſucht hatte , und dann der durch ſeinen

Hofprediger Hoë

von

Hvenegg

der Union

genährte Haß

die kalviniſtiſchen Fürſten

aber ſtärker in das Gewicht bei ihm.vny sur

si Die böhmiſchen für

gegen

si

Händel brachen aus und eröffneten die

Deutſchland fo unbeſchreiblich unheilvolle dreißigjährige

Kriegsperiode.

Am

28. Auguſt 1619 ftimmte Johann Georg

für die Kaiſerwahl Ferdinand's er einen

II. und im März

noch entſcheidenderen Schritt auf dem

Mühlhaufen , indem

er gemeinfam

1620 that Convent zu

mit Mainz, Cóln, Trker,

Heffen - Darmſtadt u. A. den Beſcluß faßte , Ferdinands Room nigthum

Böhmen , das den

Pfalz zu

feinem -Könige gewählt hatte , mit Gewalt feiner

Pflicht gegen den

Kaiſer zu

kalviniſten

unterwerfen .

fachſen feine Stellung auf Seiten tholiſchen

*

Kurfürſten

So hatte Kurs

des Kaiſers und der

fa .

Parthet genommen .

Kaiſers Ferdinand : zögerte nicht, von

Nußen zu

von der

ziehen, und forderte ſchon

im

dieſem

Beſchluſſe

Juli deffelben

Fah

reg Johann Georg auf, Böhmen , fo wie Schleften und Mäh ren , die ſich demſelben ångeſchloſſen hatten , zu Kurfürſt beeilte ſich, zu 15,000 Mann in

gehorchen , und brach im

die Laufigen

(Baußen ) belagerte und eroberte. Ben

Berge bei

Prag: am

befeßen ; der Auguſt mit

ein , woſelbſt er Budiffin Die Schlacht auf dem

8. November

entſchied

Wete

durch den

Fall Friedrich's V. über das Geſchid der böhmiſchen Länder, und Schleſien unterwarf fich volftändig dem kaiſerlichen Achts vollſtrecker, dem huldigte ihm

im

evangeliſchen Kurfürſten Namen

Johann Georg , und

Ferdinand's II.

, !. Jeßt warf der Kaiſer die Maske, die er Johann Georg gegenüber vorzubehalten noch für gut befunden hatte, vollſtän dig ab; der den

Proteſtanten Schuß verheißende Majeſtäts

8

brief wurde bei Seite in den

geworfen , die proteſtantiſchen Kirchen

eroberten Ländern

Permittelung

der

teine Rede von

gefchloffen, die Reaktion

Jeſuiten

einen

ging durdy

ohne Verzug vor fich.

Danke gegen

Es war

Kurſachſen , nicht einmal

ſeine Kriegskoſten founte dieſes erhalten , der Kaiſer verpfändete ihm

dafür einſtweilen

die beiden Lauſißen ; dennod

der Kurfürft es auf dem daß man dem Kaiſer zu

brachte

Tüterbogter Kreistage zu Stande, ſeiner Unterſtüßung eine anſehnliche

Truppenmacht zuſagte. Das Reſtitutionsedikt des Kaiſerß vom

6. März

1629

erſt erregte auch Johann Georg & Unwillen , aber ſeine Vorſtel lungen dagegen blieben

erfolglos, obgleich fich felbft viele ka

tholiſche Fürſten mit ihnen vereinigten . , Da

landete um

die Mitte des

plößlich

1630

Jahres

Guſtav Adolph mit ſeinen Schweden auf Rügen und erklärte fich als Beſchüßer der proteſtantiſchen Glaubensfreiheit. Kurfürſt von Sadyfen befand genheit; er berief, am

ſich

in

keiner geringen

Der

Verles

10. Februar 1631 eine Verſammlung

fämmtlicher proteſtantiſcher Stände nach Leipzig, ihre Beſchlüſſe blieben

aber

ſo ſchwankend als

eben

die Politik Sachſens,

das bei dieſer Zuſammenkunft den Vorfiß. führte und um ket nen

Preis gern ganz mit dem Kaiſer gebrochen hätte; mant

machte dem

lepteren

nur Bedingungen , von

denen

34 : In der That war Ferdinand aud

fich vors

ve

ausſehen ließ , daß er ſie nicht erfüllen würde.

fehr erzürnt über die

Eigenmächtigkeit Kurſachſens, und ſein Feldherr Tilly erſchien im

Sommer 9.

I. 1631

an

forderte und drohte und nahm ten

Zuficherungen

den Gränzen

dieſes Staates ,

endlich, als er keine beſtimm

erlangen konnte, Leipzig

fort.

Jegt erft

9

entſchloß fich Johann Georg des Kaiſers gegen

Bon den feindſeligen

Abſichten

den Proteſtantismus überzeugt, ein ſchließen .

Es kam

݈‫ܙܗ‬

Bündniß mit Schweden zu

durch

offenes Guſtav

Adolphs weiſe und edle Nachgiebigkeit zu Stande und wurde am

7. September 1631 durch die ſiegreiche Schlacht bei Bret

tenfeld beſiegelt. ini Sachſens Aufgabe wurde es nun , ſich wieder der böha miſchen

Länder zu

verfichern

und

ſie von

dem

Drude des

Katholicismus zu befreien , die zweite, Mähren und Defter: reich anzugreifen .

Johann

Feldmarſchall Arnim

Georgs Heer rüdte unter deme

in Böhmen

ein , nahm

Prag mit einer

für damalige Kriegsverhältniffe feltenen Schonung , um Saiſer nicht unverſöhnlich zu erzürnen , ſen Siegeslauf, dem

den

anſtatt aber dies

Deſterreich fo ſchnell nicht ein neues Heer

entgegenzuſtellen vermochte, fortzuſeßen, ließ fich Arnim , von ſeinem mit

Herrn dazu autoriſirt, auf beimliche Unterhandlungen

den

Georg

Kaiſerlichen

noch immer war

ein ;

nicht ernft damit, dem

Kaiſer- und

vertretenen Katholicismus entſchieden

dem

Johann

es

von

ihm

die Spiße zu bteten .

So wurde es denn Wallenſtein, der in der großen Noth des Kaiſers zum

zweiten Male fein Heer übernommen hatte,

leicht, die Sachſen wieder aus Böhmen zu verdrängen einige feiner Heerestheile unter Gallas und dem

und

Plünderer

Holfe wieder in die Gränzen des Kurftaates zu werfen .

Jos

hann Georg ſchwankte noch immer, denn er beneidete Schwea den um den Einfluß , den es auf die deutſchen Angelegenheia ten gewann und allerdings auch zuweilen ausbeutete, die Wallenſteiner aber

im

als

Voigtlande und Erzgebirge ganz

entfeßlich hauſten , Leipzig nahmen und ſelbſt Dresden bedroh

10

ten , wußte

er ſich

Adolph , der ſich

keines beſſern

im

Rathes mehr, als Guſtav

Lager von Naumburg verſchanzt hatte,

dringend zu Hülfe zu rufen . Der

edle Schwedenkönig

ftegte bei Lüßen

und

tam

Man weiß , daß die deutſchen

(6. November 1632.)

Protes

ſtanten über dieſen blutigen Sieg nicht zu triumphiren Grund hatten, denn er beraubte fie ihrer unerfeßlichſten Stüße, des Heldenkönigs felbſt. Sein

Reichskanzler Arel Drenſtjerna , der Nachfolger in

feiner Politik , gab ſich nun

alle Mühe, behufs einheitlicher

Fortführung des Krieges Sachſen des aller proteſtantiſchen daß Schweden

zur Stiftung eines Buna

Reichsſtände unter

der Bedingung,

die militairiſche Oberleitung führe, zu vermös.

gen , aber dazu konnte ſich

der unträftige und in gewiſſer

Beziehung eigennüßige Johann Georg wieder nicht entſchlies Ben , denn er- fühlte recht gut, daß er, der natürliche Vertres ter der proteſtantiſchen ihrer

indeſſen

Intereffen

in

Deutſchland , det fich

anzunehmen verfäumt hatte, fich durch eine

folche Üebereinkunft demüthigen müſſe , der Spige ftehn , Schweden , dem

jeßt wollte er an

er doch ſo viel verdankte ,

follte dies nicht. Seine Unſchlüſſigkeit hatte die Folge, daß Wallenſtein fite benußte und von Neuem

in Sachſen

glückliche Land litt furchtbar durch

einfiel.

Das un

die Verbeerungen

ſeiner

roben Soldateška , Leipzig wurde wieder beſegt, und endlich wandte er ſich gar an den Kurfürſten , um gegen den Kaiſer zu verbinden .

Dieſem

ſich mit ihm

offen

verrätheriſchen Plane

ſtimmte Johann Georg denn aber doch nicht bei, und nach dem

er fich auf dem

Frankfurter

Congreffe gegen die ſchwes

-

diſche

11

Einmiſchung erklärt und feinen

nad Schleſien geſchidt hatte, um

Feldmarſchall Arnim

es günſtig für Sadlen zu

ſtimmen , brachte die Schlacht bet Nördlingen (5. und 6. Sepa tember 1634 ,) in

der Erzherzog Ferdinand's

ſpäterer Nadya

folger, Ferdinand III., einer entſcheidenden Sieg erfocht, eine vollſtändige Umwandlung in ſeinen Plänen hervor. jhluß an den Kaiſer ſchien und ſein

ihm

Der Ans

jeßt das Gerathenſte für ſich

Land , und der darauf bezügliche Vertrag kam

am

30. Mat 1635 zu Prag zu Stande ; er erreichte dadurch wea nigfteng

die definitive Belehnung mit den beiden

Laufigen

und den Duerfurter Aemtern . *

In Folge dieſes Friedeng mußte der Kurfürft am

6. Des

tober deſſelben Jahres den Schweden den Krieg erklären , hatte dies

indeffen bald zu bereuen , denn

wurde ſein

General

Baudis

Rütwen geſchlagen und am

am

22. October ſchon

bet Dömiß von

Banner und

7. Dezember rieben bei Küriß die

Schweden acht fächſiſche Regimenter, die dem Kaiſer zu Hülfe ziehen follten , beinahe vollſtändig auf. Die Schweden

zogen

ſich nach dieſen

Siegen

in

das

Brandenburgiſche zurück, und als ſich im März des-folgenden Jahres die Sachſen mit dem

Corps des kaiſerlichen Generals

Hagfeld bei Eisleben vereinigt hatten , folgten ſie ihnen , wure den

aber von

Banner am

dlagen , worauf dieſer und dem

ftatten wolle. Neuem

ſchwediſche Feldherr

Torgau

ge

befekte

Kurfürſten das Anerbieten machte , fein : Sand zu

verſchonen , wenn er ihm

von

24. September bei Wittſtoc

freten Durchzug nach Böhmen gea

Der Kurfürſt gab eine abfdlägliche Antwort, litt das Land auf das Graufamfte unter der

Rache der Schweden , und obgleich dieſe fich bald darauf nach

12

Pommerts und Medlenburg

zurückziehen

mußten , erſchienen

fie t. 3. 1639 wieder, nahmen Zwickau , belagerten Freiberg bei

und ſchlugen am 14. April die Kaiſerlichen und Sachſen Chemniß. 5.?

Nun erſchien

die Hauptmacht der Schweden

erft wieder

i. T. 1642. in Sadjen unter Torſtenſon , der mit der Belas gerung Leipzig's begann und am

2. November die unter Grze

und General Piccolomint heranzie

herzog Leopold Wilhelm

ſchlug .

henden Hülfstruppen bei Breitenfeld entſchieden zig wurde genommen

Leip :

und das Land ſchredlich geplündert;

andere Unfälle folgten , wie die Eroberung von Meißen und der Sieg der Schweden

Jankowiß

über die Kaiſerlichen bei

(24. Februar 1645 ), was Johann Georg endlich umſtimmen Waffenſtilſtande von Ketſchenbroda

zu dem

bet Dresdett am

27. Auguſt 1645 bewog . .

mußte und ihn

Dieſer Waffenſtilſtand, der anfänglich auf fechs Monate mit Schweden Kaiſers bis

abgeſchloſſen , wurde troß der Einſprache des zum

vollftändigen

Abſchluſſe des

Friedens

gu

Münſter und Osnabrück (14. October 1648 ) verlängert. Was Sadlen in dieſem

ſogenannten weſtphäliſchen Frie

den erlangte, war nicht vtel; -- Weiße ſagt: „ Es belam nen

ſet

Frieden , wie eg feinen Krieg geführt hatte." Das. Normaljahr der Reſtitutionen wurde auf 1624 feft

gelegt, die Johann

Forderung der

Georgs beſonderen

Kriegskoſten , der

Schweden 1 auf

Antrag auf ſieben

Reichskreiſe

vertheilt, ſo daß auf Sachfen eine Schuld von 267,107 Tha ler

fiel, die Belehnung Kurſachſens mit den Laufißen

und

Querfurter Aemtern wurde beſtätigt, das Erzſtift Magdeburg follte nach

dem

Tode des Adminiſtrators Auguft an Bran

13

denburg fallen ; Leipzig ſollte erſt nach Abzahlung der Kriego? Laſten von den Schweden geräumt werden , und dtes geſchah äud erſt im

Tahre 1650.75

**** Die geringen Vortheile , die Sachſen aus dieſem zog, g, konnten gegen

Striegsjahre gar nicht in Anſchlag ges

rend der furchtbaren bracht werden .

Frieden

ſeine Leiden und ſeine Schwächung wäh

Wenn es als ſelbſtverſtändlich zu betrachten

ift, daß jeder geiſtige Fortſchritt im

Staats- und Volfdleben

durch ſo lange andauernde blutige Ereigniſſe

gehemmt wers

den mußte, ſo war auch der materielle Nachtheil für das Land ein unberechenbarer . , Ausnahme einiger

Von

größerer

lagen doos, beſonders im Schweden

Aderbau

und

Handel war mit

Städte faſt keine Redemmehr,

Erzgebirge und Voigtlande, das die

und Kaiferlichen abwechſelnd am meiſten

fudt hatten , Dörfer und niedergebrannt ;

die

Städte auf meilenbreiten

Einwohner waren

heimgea Strecken

davongezogen

und

dachten vorerſt nicht mehr an das Aufbauen , wenn der Lana

$ déshérr ihnen auch freie Bauſtellen des Materials ltefern mochte. Stellen geweſen .

unter dem

Namen

und ſelbſt

einen

Theil

Noch lange nachher find ſolche der

,,wüſten

Marken " bekannt

Die Theuerung überſtteg alles Glaubhafte, das noch

vorhandene" baare Geld war durch das ſogenannte , stippen und Wipperi'" 'verdorben , der

Betrieb

in den

Bergwerken

durd deren Zerſtörung oder Verfall unterbrochen ; Ste Steuern mußten alſo 'nach dem

Frieden unmäßig erhöht werden , oba

gletch das arme Volt ſie kaum noch aufzubringen vermochte.

Sachſen hatte nad

ungefährer Schäßung eine Milton

Menſchen durch das Schwert des Feindes , Hungersnoth und Seuchen , wie ſie das Kriegsleben mit fich bringt, vešloren ;

14

beiſpielsweiſe zählte das mehrmals bedrängte viertauſend waffenfähigen Männern nach dem nur noch fünfhundert.

Freiberg von Friedensſchluſſe

Die Anſiedler, die ſchaarenweiſe aus

dem noch härter oder wenigſtens ebenſo mitgenommenen Böhs men heranſtrömten und von denen ein Theil auf dem Faſten berge Johann-Georgenſtadt (1654 ) gründete, gaben nur ges ringen

Erſaß für ſolche Verluſte.

Johann Georg

hätte beim

Wohlftande feines Landes

beſten Willen

dem

geſunkenen

fo . fchnell nicht wieder

aufhelfen

können , denn fein Schaß war leer und mit Schulden belaſtet; überdies liebte er, fich von fürſtlichem und

hielt

einen

zahlreichen

Prunt umgeben zu ſehn ,

Hofſtaat, audy die Beſoldung

angeworbener Truppen und während des Krieges, der land miliz koſtete große Summen . rüttet, Handel und zum

großen

die

Finanzen zet

Induſtrie lagen darnieder, das Volk wat

Theile entſittlicht oder entmuthigt, und

vielleicht das Schlimmſte war Hauſes

So waren

und fein

Einfluß



was

der Glanz des kurfürftlichen

auf Deutſchland

von

den Nach

barn , die eine weifere und feſtere Politik beobachtet hatten , perdunkelt. Zwar gelang eß

Johann Georg , im

Jahre

1653 , alb

die Direktion der evangeliſchen Religionsangelegenheiten wegen ‫܀ܢ‬

der immer noch fortdauernden Streitigkeiten wieder hergeſtellt wurde, diefelbe auf ſich übertragen zu laſſen , nachdem anfangs von

er fie

fich gewieſen hatte , dann aber den überwiegen

den Einfluß Kurbrandenburgs, das ſich darum

bewarb, fürch

tete ; er erreichte damit aber nicht mehr als einen ſchwachen Schein des alten Glanzes . entſcheidenden

Streich

gegen

Dagegen

führte er felbſt einen

Kurſachſens Größe durch

ſein

15

Teſtament vom

20. Juli 1652 und das unter dem

20. Juni

des folgenden Jahres hinzugefügte Codicill , in denen Staaten in

dem

unter feine vier Söhne in einem ſie zu neuer Hebung der feſten

thigſten bedurften .

er feine

Augenblide theilte, Vereinigung am

nos

Danach ſollte erhalten :1: 3

der älteſte Sohn

Johann

Georg mit der Kurwürde den

Aurkreis (Wittenberger), die Burggrafſchaft.Magdes •

burg ,

den Meißner,

Leipziger und

Erzgebirgiſchen

Kreis , die Oberlaufig , das Stift Meißen mit Wur zen , die Sequeſtration in Mansfeld , die Voigtet über Quedlinburg, der zweite

Auguſt (Reſidenz zu Weißenfels ) die

ſtration

des

Ndmint:

Erzſtifteß Magdeburg , die Aemter und

Städte Querfurt,

Jüterbogk, Dahme und Burg , die

Schlöffer , Städte und Aemter Langenſalza , Weißen fels , Sachfenburg , Edartsberga ,

Freyburg , Bibra,

Sangershauſen , Weißenſee , Heldrungen ,

Sittichen

bach, Wendelſtein , und die Anwartſchaft auf Barby , der dritte Chriſtian (Reſidenz zu Merſeburg ) das Stift

Merſeburg, die Niederlauſiß, die Städte und Aemter Delitid , Zörbig, Bitterfeld , Dobrilugk und Finſter walde, der vierte Moriß (Reſidenz zu Zeiß) das Stift Naumburg Zeiß , den voigtländiſchen die Herrſchaft

und neuſtädtiſchen

Tautenburg und das

Kreis ,

Amt Frauen

priesniß. Reichs- uud Kreistage zu beſchicken , ſollte ausſchließliches Recht

Johann Georgs bleiben , der

dafür feine fürſtlichen

Schweſtern mit je zwölftauſend Thaler auszuſtatten

habe, die

16

Anwartſchaften , Univerſitäten, Hofgerichte, Archive, Goldberg werke, Reichs- und Streislaften, ſo wie die Anſprüche an die

Am

Erbfolge - follteni allen Brüdern gemeinſchaftlich Forretninger

: *

Jülichſche bleiben .

8. October

Johann

1676 ftarb

Georg mit Hina

terlaſſung der genannten vier Söhne und dreier Töchter von feiner zweiten Gemahlin Magdalena Sibylle, Tochter Mark graf Albrecht Friedrichs von Brandenburg , fo wie von eins undfünfzig . Enteln und neunzehn Urenteln. 1 . 13. Er hinterließ Sachſen

in

einem

Zuſtande der Schwäche

und Zerſplitterung , der für das Land genug unſelige Folgen haben ſolltes vegetation

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II.

( 1656--1680 .) E

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Johann Georgs Regierungsantritt. - Seine Erziehung und Religions anfichten . Seine Derheirathung und ſeine Kinder . Streitigkeiten der Freundbrüderlicher Hauptvergleich . Brüder über das väterliche Teftament. Weitere Verträge. Aufnahme in die frucht Reiſe zur Kaiſerwahl. Erwerbung der Grafſchaft Barby . bringende Geſellſchaft des Palmenordens. Anwart Aeußere Politik des Kurfürſten . - Die Erfurter Händel. Vergleich mit König Ludwig XIV . pon ſchaft auf Sach fen - Lauenburg . Bund mit dem Kaiſer vom frankreich und Bündniß mit Schweden . Muſterung der kaiſerlichen & ruppen zu Eger. 10. October 1672. Vertrag mit Baiern und Stellung von Hülfstruppen im Reichskriege. Friedensſchluß zu Mymwegen .

Am

8. Oktober 1656

nach einer mühevollen im

ſchloß Kurfürſt Johann Georg I.

Regierung von

Alter von zweiundfiebzig Jahren

fünfundvierzig und

die Augen .

liek vier Söhne und drei Töchter , von

Er hinter

ſeiner zweiten

Ge

mahlin Magdalena Sibylla , Tochter Markgraf Albrecht Fried richs zu Brandenburg und Herzogs in Die erſteren

waren

31. Mai 1613), Auguſti (geb. am tian , (geb. am

Preußen , geboren .

der Kurprinz Johann Georg (geb. am 13. Auguſt 1614 ), Chris

27. Oktober 1615) und Moriß, (geb. am

März 1619) ; der älteſte Sohn war am Bertraute Geſchichte. Sachſen . 1. Bb.

28 .

18. Juli 1608 todt 2

18

-

geboren worden , der zweite Chriſtian Albrecht ſtarb im von

fünf Monaten am

jüngſte Prinz Heinrich im Auguſt 1622.

9. Auguſt 1612 , der ſiebente und Alter von ſieben Wochen am

Die Prinzeſſinnen überlebten

Vater: Sophia Eleonora , (geb. am an

den

Landgraf Georg

Maria

Alter

zu

Eliſabeth , geb. 1610

15 .

ſämmtlich ihren

23. November 1609) und

Heſſen -Darmſtadt verheirathet, und

verheirathet an

Herzog

Friedrich zu Holſtein -Gottorp , Magdalena Sibyla, geb. am 17. November 1617, und an König Chriſtian

V. von Dä

nemark verheirathet, ſpäter verwittwet. Der Kurprinz feines

Namens den

Johann Georg , der nun

als der zweite

Kurhut auf das Haupt" fegte und einſt

weilen als Successor universalis alle Befißungen

ſeines Va

ters übernahm , war ſchon zu deſſen Lebzeiten ein ſehr pracht liebender Herr geweſen und hatte ſich die Einrichtungen der Hoffeſtlichkeiten , ſo wie ritterliche Spiele und gelegen

ſein laſſen .

den Magiſter meiſtern

Jagd ſehr an

Die Bildung, die er durch ſeinen Lehrer,

Johann Heidelberger , und unter ſeinen Hof

Volhardt von Waßdorf und ſpäter Kurt von Ein

ſiedel erhalten

hatte, war eine ſehr einſeitige, auf Theologie

und lateiniſche Sprachkenntniß beſchränkte, geweſen . über die Religion dachte , davon im

Wie er

legt eine Aeußerung, die er

Jahre 1654 bei Gelegenheit der Einführung des Super

intendenten Dr. Calovius zu Wittenberg that, Zeugniß ab. Hier ſagte er nämlich bei der

Tafel zu dem

Ober-Hofpredi

ger . Dr. Weller, der die Einführungspredigt gehalten hatte : , Herr Dr.

Weller, Ihr habt heute auf des neuen

Superintendenten Seele die Seelen der Zuhörer gebunden. Höret nun , ich binde auch die Seele meines jungen Prin zen auf Eure Seele, und weil der Herr Vater nun mehr durch göttliche Gnade ein hohes Alter erlebt, ich auch nicht

19

wiſfen kann , wann mich :Gott abfordern wird, will ich , jungen Herrn

in keiner

andern Lehre wolt erziehen laſſen , als darinnen

Ihr nach meinem

ich gebos

daß

Tode i den

ren , jegt lebe ; auch durch göttlichen Beiſtand und Hülfe :: bis an mein feliges Ende beſtändig verharren , darauf leben

und ſterben will, nämlich in der allein wahren lutheriſchen Religion der ungeänderten Augsburgiſchen Confeffion." Die Anhänglichkeit an das öſterreichiſche Kaiſerhaus hatte er von ſeinem

Vater geerbt, ebenſo aber auch deſſen Mangel

an feſter Willenskraft, und richtiger politiſcher Einſicht , wiė Verlaufe ſeiner Geſchichte zeigen wird. fich im Seit dem 13. November 1638 mit Magdalena Sibyla,

der Tochter Markgraf Chriſtians zu Brandenburg -Sulmbach,

. (geb. am

17. Oktober 1612) verheirathet, hatte er von dera

}

ſelben bei feiner Erhebung zur Kurwürde zwei Kinder, nach dem

die älteſte

Tochter, Sibylla Maria, (geb. am

tember 1642) ſchon

am

27. Februar

nämlich Erdmuth Sophia (geb. am den Kurprinzen

1643

16. Sep

geſtorben

war,

15. Februar 1644 ) und

Johann Georg , (geb. am

20.

Juni 1647.

zu Dresden ) Bereits am orgs

18. November 1656 wurde

Johann

Ges

I. Teftament, das wir in der Einleitung gegeben haben

und das noch manche Schwierigkeiten herbeiführen

ſollte , da

eß in vielen Beziehungen unklar blieb oder verſchiedene Deu tungen

zuließ , veröffentlicht.

Es war von

Sekretair Berlich aufgeſegt und von dem

dem

geheimen

verſtorbenen

Aura

fürſten , ſowie von fünf Räthen , Heinrich von Frieſen dem Pelteren , Abraham hann Georg Dpeln

von Sebottendorf, Friedrich Metfchen , Jo und Heinrich von Frieſen

dem

Jüngeren ,

nicht aber von den kurfürſtlichen Söhnen unterſchrieben wor den .

Das Recht der Primogenitur wurde darin ausdrüdlich 2 *

20

-

anerkannt, durch die Anwendung des römiſchen Rechtes aber Mißverſtändniſfe verurſacht, die allerdings der jüngeren Brü der Anſprüche auf vollſtändige Unabhängigkeit von teren

zu

rechtfertigen

ſchienen .

wenig der neue Kurfürſt als

durd

äl

Damit konnte aber ebenſo das Land ſelbſt einverſtanden

fein , welches leştere , durch den Krieg ohnehin ſchwächt,

dem

eine ſolche Zerſtüdelung

ſchon arg ge

in vier Theile alle

Kräfte, fich in politiſcher und materieller Hinficht wieder zu haben , verloren haben würde. Zum des

8. Februar 1657 hatte Johann Georg die Stände

Landes

Tage zuvor Freyberg dem

zum

erſten

fand

das

ſtatt .

Landtage zuſammenberufen . feierliche Begräbniß ſeines

Auf dieſem

Landtage huldigten

Vier

Vaters zu die Stände

neuen Kurfürſten , aber nur mit der ausdrücklichen Bes

dingung, daß ſie ihres Eides für entbunden gehalten werden ſollten , wenn der Kurfürſt eine Veränderung in der Religion vornehmen werde. Hier kam nun auch die Teſtamentsange legenheit zur Sprache , und die Stände" gaben ihr Bedenken und ihre Mißbilligung darüber zu erkennen , daß der Hochlea lige Kurfürſt

derartige wichtige Beſtimmungen

Nath und ihr Zuthun getroffen es wohl nicht gethan haben

habe, meinten

und die Verpflichtungen

hätte.

Beſonders

welche

durch

auch , daß er

würde , wenn man ihn an den

Brauch

ſchien

ohne ihren

ſeiner Vorfahren

die . Theilung

erinnert

der Landesſchulden ,

eine getrennte Steuerverwaltung nothwendig

wurde, unzuläſſig, und die Brüder einigten fich zuerſt dar ber, daß

die Beſeßung

dieſer

Verwaltung

in

den

oberen

Graden durch den Kurfürſten erfolgen und daß alle Steuern bis auf dierfür ihren Hofaufwand beſtimmten an ihn abges führt werden hann Georg

follten .

Ein

anderer Streitpunkt, auf den Jou

viel Werth legte, war die Abtretung der fchrift:

21

fäffigen Bafallen

der Mitterſchaft in den

Xemtern der alten

Erbländer , und bierbei , wie überhaupt im

Ganzen , obgleich

man das Teſtament nicht geradezu umzuſtoßen wagte, ftim die Stände bei.

meten ihm bei dieſem

Im

Uebrigen machten

legtere

Landtage mehrere Geldbewilligungen .

Herzog Friedrich Wilhelm

zu

Sachſen - Altenburg hatte

es übernommen , den Vergleich zwiſchen den Brüdern zu ver mitteln , und die jüngeren fügten

geſtellten Be

ſich bald den

dingungeni , Auguft. Dagegen , der Lieblingsſohn des Vaters , deſfenthalber lepterer wahrſcheinlich auch dieſes Teſtament ge macht hatte, ſtand ſchwerer von feinen hoheitlichen Anſprüchen auf ganz Thüringen

ab .

Am

22. April 1657 kam

endlich

der ſogenannte freundbrüderliche Hauptvergleich zu Dresden zu Stande. il 2.1

behielt Augüft den

Danach

ihm

menté zugewiefenen Befiß und bekam

im

väterlichen

außerdem

Teſta

noch einige

Städte , Xemter und Stifte, der Kurfürft aber die : Thürin giſche Ritterſchaft mit Ausnahme der Sachſenburgiſchen , ſo einige Aemter in Thüringen und den Erbſchuß in Er furt, Mühlhauſen und Nordhauſen , die beiden anderen Brüs

wie

der behielten mit geringen Abänderungen ebenfalls das ihnen Ausgefeßte

aber die geſammte Landeshoheit blieb dem

Kur

fürſten , ebenſo das Recht, Krieg zu erklären und Frieden oder Bünduiffe zu die

ſchließen , das Aufgebot der Ritterſchaft und

Truppenwerbung, die Beſchidung der Reichs- und Kreis

tage, fo wie das Appellationsgericht zu

Dredden , bei deſſen

Befegung er Rüdſicht auf die Empfehlungen

ſeiner Brüder

nehmen wollte ; die Beſchlüſſe wegen der Steuern und Schul den wurden beſtätigt, und alle fünftigen Streitigkeiten folten durch gütlichen Vergleich erledigt werden . Trop diefer Uebereinkunft wurden in den nächſten

Jahren

22

noch beſondere Verträge nothwendig , wie der vom dem

1660 , in

4. März

der Kurfürſt für ſeinen Bruder Auguſt auf

die Schriftfaſſen der Aemter Weißenfels und Freyberg verzich tete, ebenſo am

8. Oktober

1661 auf die von Eckartsberga,

Langenſalza , Weißenſee und Sangershauſen , welche leştere aber bald darauf wieder an die vier magdeburgiſchen Wendelſtein

ihn zurüdfielen ; dagegen ſollten

Aemter und

und Sittichenbach

von

die

Helbrungen,

ein beſonderes Reichsfürſten

thum Sachſen -Querfurt unter Auguſts Oberhoheit bilden und dieſes ſeine eigenen Landtage und Steuerverfaffung haben . Auch mit Moriß mußte der Kurfürſt noch einige weniger wichtige Vergleiche ſchließen , und kleine Streitigkeiten über die gegen feitigen Rechte hörten fo bald nicht auf. Am

2. April 1657 war Kaiſer Ferdinand III. geſtors

ben , und

das Reichsvikariat; fiel nun der

gemäß auf

goldenen Bulle

Johann Georg, der , beiläufig geſagt, eine Münze

darauf prägen

ließ.

Sowohl der

Pfalzgraf Karl Ludwig

als der Kurfürſt Ferdinand von Baiern beanſpruchte das Mit vikariat,

Johann Georg entſchied ſich aber für den

Am

11. Februari 1658

fich

durch

König

trat er , nachdem

Ludwigs

Interregnum

das

XIV : Umtriebe

verlängert hatte, ſeine Reiſe nach

letteren.

ungewöhnlich

Frankfurt" a. M. zur Stai

ferwahl an und ließ ſeinen Bruder Herzog Moriß als ſeinen Stellvertreter in der Landesregierung zurüc .

An demſelben

Tage traf er mit dem Kurfürſten von Brandenburg zu Lich tenberg zuſammen , und beide proteſtantiſche Fürſten einigten fich dahin , ihre Stimme dem geben

öſterreichiſchen Prinzen Leopold

und dahin wirken zu wollen , daß die übrigen prote

ftantiſchen Kurfürſten

daſſelbe thäten , damit Frankreichs Ein

fluß auf Deutſchland nicht überhand nehme, wenn ein ſchwa cher Fürft an des legteren

Spiße träte.

Das

beabſichtigte

23

-

Ludwig XIV . allerdings und ſuchte deshalb durch ſeine Ge fandten

in

von dem Fürſten

Frankfurt , Grammont" und Lyønnes, die

Wahl

Habsburger Hauſe abzulenken , hatte die katholiſchen auch ſchon

größtentheils für ſeinen

Plan ' gewonnen .

madu furfürſt Johann Georg reiſte, wie er es liebte, wieder Prunke und ſtarker Begleitung, was dem

.

mit großem

Lande natürlicy große Koſten perurſachte ;'nachdem Wilhelm er am

armen

er Herzog

von Weimar einen Befuch abgeſtattet hatte , langte 22. März zu Frankfurt an .

der franzöſiſchen

Troß der Bemühungen

Geſandten , die ſelbſt zu kleinlichen Streitig =

keiten zwiſchen ihnen und dem

Kurfürften von Sachſen

führ

ten, gelang es den proteſtantiſchen Fürſten doch , Leopold zum Kaiſer zu wählen . ein dem

Am

24.

prächtiges Banquet, ſo wie Leopold

begab

er

Junt feierte

ſich am

Georg

Tournier und Mitterſpiel, an

I. und alle . Kurfürften theilnahmen .

Hierauf

30. Juli wieder auf den "Rüdweg .

dieſes Mal unterließ

er nicht, Herzog Wilhelm

abermals zu beſuchen , und wurde am Wunſch

Johann

Auch

in Weimar

18. Auguft auf ſeinen

in die „ Fruchtbringende Geſellſchaft des Palmenor

deng“ aufgenommen . Dieſe Geſellſchaft, welche es fich zur Aufgabe machen follte, „ die durch das fremde ausländiſche Wortvermenge zu Grund aus verderbte Deutſche Heldens und Mutterſprache wieder aufzurichten, die hinfallenden benden

Gemüther aufzumuntern

Tugend und Kunſt lie

und das deutſche

Vertrauen zu erbauen ," war zu Weimar von vielen und , adligen gen

Herren

redliche

Fürſtlichen

auf Veranlaſſung des damaligen dorti

Hofmeiſters Caspar von Teutleben geſtiftet worden ; den

Statuten nach mußte ſtets ein

deutſcher Reichsfürſt an ihrer

Spiße ſtehn , und damals wurde der erſte

11

‫ܥܪ‬

ཀ་རྫོང་དུ་

Direktor der Fürſt

24

Ludwig zu Anhalt -Köthen , zur Zeit bekleidete Herzog Wila zu Weimar dieſes Amt.se

belm o

Die Aufnahmefeierlichkeiten Johann Georgs werden

gendermaßen

fola

beſchrieben .

Das Mittagsmahl wurde auf dem

kleinen Saale über

der fürſtlichen Dreh- und Reißſtube hergerichtet und nur die vornehmſten mußte

der

dazu

eingeladen .

weimariſche

Secretarius

Gäſte

Während

Tafel

der

und Erzſchreinhalter,

Georg Neumarck, die anweſenden bisher in den Orden Auf genommenen, ſo wie die Neuaufzunehmenden mit Geſellſchafts

des Mahles wurde der Kurfürſt von Herzog Wilhelm

noch

Drden wünſche,

den

mals befragt, ob er die Aufnahme in

**

verſehen . Nach Beendigung

namen , Gewächſen und Worten

und als er „ ſein ſonderbares Vergnügen und Wohlgefallen “ daran

gegeben hatte , ließen

zu erkennen

zwei

fich die an

Drten auf dem Altane und Dachumgange aufgeſtellten

Trom

peter und Heerpauker tapfer hören . Obengenannter Erzíchrein Ordensmitglieder der Reihe findet dabei die Beina

halter rief nun die bisherigen von

nach

der

Tafel auf ,

man

men , der Gekochte , der Vielgültige , der Entlähmende ; der Jagende, der Zierliche, der Kriechende“ u. a . - worauf die felben

ſich unter

Vortritt des Marſchalls Hans Ernſt von

Wißleben , fürſtlich fächſiſchen

Jägermeiſters zu

Eiſenach , ge

nannt der Gefochte, zu dem Kurfürſten begaben , ihn zu Her zog Wilhelm , den Schmachaften , führten den Herren , in einem Herzog Wilhelm

und um

Halbcirkel auf Stühlen hielt nun

die bei

Plaz nahmen .

eine wohlgefeßte Nede, in

der er auf den Zweck und die Statuten

der Geſellſchaft hin

wies und die Hoffnung ausſprach , daß

Anrfürſt. Johann

Georg als hoher deutſger Potentat und

Kurfürſt des bei

ligen

römiſchen

Reiches

die deutſche

Freiheit ſchüßen ,

das

25

deutfche Vertrauen erhalten , die deutſche Sprache lieben und deren Ausübung , Rein- und : Zierlichkeit kräftig zu befördern geruben wolle. ' Alles, was einem

Der Kurfürft erwiederte

darauf, daß

er

getreuen Mitglieder diefer fo: wohlgemein

ten und löblichen Geſellſchaft obliege, in Acht nehmen und halten wolle , worauf ihm „Der Preiswürdige“ , dem der Deviſe :

ein

Zettel" mit

Gewächſe, „ der

„ Beſtehet unwandelbar“ von

überreicht wurde.

ſeinem

Namen

Cederbaum “ und dem

Secretarius

1

43" Hierauf wurden idie Geſundheiten auf die ganze Gefell ſchaft und das neue erlauchte Mitglied

getrunken und zwar

beſonders dazu beſtimmten Glaſer in der Delberger "

aus einem

genannt, wobei die Trompeter und Pauker wieder ordentlich aufſpielten .

Dann folgte die Aufnahme von noch fieben , zu

dem Gefolge des Sturfürſten nämlich : ! " T,

gehörigen Herren in den Drden ,

tiasi ?

a 1991

Heinrich der Jüngere, Freiherr von Frieſen , kurfürſt

licher Geheimer Rath und Kammerherrn mit dem .

Namen

„ der Belohnende" , ** stretne 119**** Rudolph von Neitſchüß , kurfürfilicher Geheimer Math

.. und Kammerherr, Hof- Obriſter und Amtshauptmann Mühlberg , mit dem wächs

Namen

gefüllter Mitterſporn " und der Devife:

tige Biffe, 2. Ulrich

und

zu Ge

Wider gif

JDD, Graf von

und Obrifter, mit dem 3

der Mitterliche" , dem

Kinsky und Tettau ,

Kammerherr

Namen „ der Fechtende,"

T'

Wolff Lorenz Freiherr von Hofkirch , Kammerherr Cornet bei der Garde , mit dem Namen der

Freigebige,"",

con

Chriſtoph Vißthum

por

Eæffedt, Kammerherr und

26

Hofmeiſter, mit dem

Namen

der Freudige," dein Gewächs

'1' ,Stendelwurß " und Devife:

Zur Liebesglut," **

Friedrich von Werthern , des heiligen römiſchen Reiches Erb - Stammerthürhüter und kurfürſtlicher Hauptmann über a ' die Schriftfaffen I'

im

thüringiſchen Kretſe, mit dem Namen

der Ueberlegene," : Ludwig Gebhardt von

2,3 mit dem

Hoym , kurfürſtlicher Hofrath,

der Nachdenkliche."

Namen

Hierauf folgten noch einige Reden und eine abermalige Leerung des

Delbergers,"

was bei der ganzen

nicht ganz Nebenſache geweſen Am

zu fein

Ceremonie

ſcheint.

28. Auguſt traf der Surfürſt in Dresden wieder ein .

Nachdem

der legte Graf zu Barby

geſtorben war, kam

im

Dctober

1659

dieſe Grafſchaft, nach Johann Georgs I.

1

Verfügung , án Herzog Auguſt, den Adminiſtrator zu Halle, Johann Georg II. behielt aber die Oberhoheit über ſie und führte fie

in

feinen

Titeln mit auf , was der Kaiſer am

21. Juni 1661 beſtätigte." ; ; Viele Ungelegenheiten machte in der nächſter Stadt Erfurt, die

aus

dem

fünfzehnten

Zeit die

Jahrhundert her

unter Erbherrlichkeit der Kurfürften von Mainz , gleichzeitig aber unter der Schußboheit der fächfiſchen

Herzöge ſtand;

wegen mehrerer Streitigkeiten , die dieſes Verhältniß zur Folge hatte, erließ der Kaiſer ſchon am

10. October 1516 eine auss

drüdliche Anerkennung des Erzbiſchof8 von Mainz als herren und beſtätigte ſie

Erb

1521 nochmals, die Erfurter ſegten

dagegen ihre Widerſeßlichkeiten fort und verweigerten zu ver fchiedenen Malen die Abgaben . · Im hatte die Stadt ſich durch dieſelben

im

dreißigjährigen

den Schweden angeſchloſſen

weſtphäliſchen

Striege

und ſuchte

Frieden die Reichsunmittel

barkeit zu erlangen , was indeſſen nicht zur Ausführung kam

27

und Kuc=Mainz nur veranlaßtë, ifeine Rechte von Neuem mit mehr dahin

Entſchiedenheit

als bisher

geltend zu

machen ;

gehörte auch die Wiedereinführung des Kirchengebetes

für den zwar im

Kurfürſten

von Mainz:

Die Erfurter - fügten

ſich

Jahre 1660 nady langen Unterhandlungen , da aber

Sachfen ſeine Anſprüche gegen Kur :Mainz nun auch wieder geltend zu machen

begann , wurden

fiez zu

neuen Widerſek

lichkeiten ermuthigt, und obgleich die fächſiſchen Herzöge Com miffarien , folche beizulegen, auch Kurſachſen deshalb den Wolff von

Werthern

Abgeſandte

abſandte und der Kaiſer durch Befehle und

zum

Geborſam

Bürger doch ungebrochen

ermahnte , blieb

der

und nöthigte ſelbſt die

Troß , der kaiſerlichen

Geſandten , die Stadt zu verlaſſen . *?

In

Folge deffen wurde am

kaiſerliche Acht über

die

27. September

Stadt ausgeſprodhen

1663 die

und Kurfürſt

Johann Philipp von Mainz mit ihrer Volſtreckung beauf tragt, welches Amt eigentlich Kurfachſen gebührt hätte. der

kaiſerliche Reichsherold

ihn vom

Jakob Lydl von Schwangu nun dieſen kaiſerlichen Beſchluß zu -ver

in der Stadt eintraf, um kündigen , fpielte ihm

Als

der

aufgebrachte Pöbel übel niit, riß

Pferde , beſchimpfte und ſchlug ihn , ſo daß er ſich

nur mit Mühe retten

konnte.

Der Kurfürſt von Mainz

erließ nun die Erklärung, daß er die Acht mit Gewalt: voll ſtreden werde, an die Stadt Erfurt, und am 5. September 1664 erſchienen ſeine Truppen , die er durch franzöſiſche und loth ringiſche Hülføvölker verſtärkt hatte , unter Befehl des Gene ral-Wachtmeiſters Andreas Sommerfeld und des franzöſiſchen Generals von

Pradel, belagerten die Stadt und nahmen

ſie

nach Abſchluß einer Kapitulation , welche Religionsfreiheit und Amneſtie für das Geſchehente zuſicherte; am 15. October für

--

28

Mainz in felbſt am

Beſik , worauf fich Surfürft Johann Philipp das 18. October feierlich huldigen

Kurſadiyſen

fab

Verträgen

dies ruhig mit an , nachdem ' es

.

heimen

ließ .

ſich

die

Abtretung gewiffer

in

ge

erfurtiſcher

Dörfer ausbedüngen hatte, eg brachte ſogar den Vergleich zu Leipzig (20. December 1665 ) zwiſchen Mainz und den fiſchen

Herzögen

Fäch

erneſtiniſcher Linie zu Stande , demzufolge

legtere fich für eine Geldabfindung und einzelne Gerechtſame ihrer Anſprüche an Erfurt begaben ; ebenſo entfagte in bem Vertrage zu Schulpforta feinem

hoheitlichen

und

(22. März 1667)

Johann

Georg

Erbſchußrechte , in welches der Kur

fürft von Mainz eintrat, und erhielt ftatt feiner ausbedun genen

Dörfer eine baare Abfindungsſumme von hunderttau

fend Gulden. Georg

Wie man

ſpäter

hören “ wird ; 'war

Johann

III. mit dieſer Ausgleichung aber keineswege einder

ftanden, da er die Räthe ſeines Vaters beſchuldigte, denſelben, nachdem

fte durch Mainz beſtochen worden , falſche Rathſchläge

ertheilt und feine Einwilligung auf unrechtmäßige Weiſe ab I. gelockt zu haben . Die äußere Politik Johann Georgs blieb , feinem

Cha

rakter und ſeiner nicht weitreichenden Einſicht in dieſer Bes ziehung nach , ſtets eine hin und herſchwankende. Nachdem fich dem

Kaiſer bet deffen Wahl und im

dagegen

anſtrebenden

er

Kampfe mit dem

franzöſiſchen Einfluffe äußerſt ergeben

gezeigt, bet Gelegenheit der feierlichen Lehnsinveftitur, zu der er 10.

Geſandten Sunt 1660

nach

Wien

geſchidt

zur Belohnung die

hatte ,

auch

kaiſerliche

unterm

Beſtätigung

des von Kaifer Marimilian I. zu Conſtanz am 28. Jult 1507 dem

Kurfürſten Friedrich und Herzog Johann ' zu Sachſen

theilten Erpectanz-Briefe auf das Fürſtenthum Sachſen -Lauen burg erhalten hatte, ließ er ſich von Ludwig XIV . zu einem

29

Bertrage mit Frankreich bereden . Rheiniſche Schußbündniß

vom

Zwar trat er nicht in das

14. Auguſt 1658, das Schwe

den, Mainz, Trier, Cöln, Münſter, Pfalz - Neuburg, Braun fchweig-Lüneburg, Heffen -Caſſel und Frankreich zu dem

Zwecke

geſchloſſen hatten , die Uebereinkünfte des weſtphäliſchen

Frie

dens aufrecht zu erhalten , wohingegen dieſe deutſchen Fürſten keine Truppen , die

gegen Frankreich

beſtimmt wären , durch

ihr Gebiet marfchiren laſſen follten , aber er ſchloß mit dem franzöſiſchen

Könige am

vier Jahre; hiernach

16. April 1664 einen Vergleich auf

ſollte Frankreich die Abſichten Kurfach

ſens , die zur Sicherheit, dem

Wohle und der Freiheit des

deutſchen Reiches dienen würden , unterſtüßen und bei Strets

.

tigkeiten

mit

deutſchen

Mitgliedern

des rheiniſchen Schuß

bündniſſes die Vermittelung übernehmen , Kurſachſen dagegen verpflichtete ſich zu thätigem Frankreich

in den

Beiſtande, wenn der König von

ehemaligen , ihm

im

Frieden zu Münſter

abgetretenen Reichsländern angegriffen werden ſollte, und gea ftattete ihm Werbungen und. Truppenzüge durch

feine Länder.

Legtere kamen in der Erfurtiſchen Angelegenheit wirklich zur Ausführung , als die Franzoſen aus dem

Kriege gegen

die

Türken zurüdkehrten und Erfurt belägern halfen . Ebenſo war das zwei Jahre ſpäter (den 6. Juli 1666 ) mit Schweden abgefdloffene Bündniß , das gegenſeitige Una terſtüßung durch liſchen

Truppen

und Aufrechterhaltung der evanger

Religionsfreiheit bedingte ,

gewiſſermaßen

gegen

den

Kaiſer igerichtet, und der Verſuch des Kurfürſten von Brane denburg ( 1667) ,

Johann Georg svon

foibedenklichen

Ver

bindungen abzubringen , fcheiterte an deffen Eiferſucht auf die fo : fchnell Ludwig ten

anwachſende Größe

XIV nun aber im

Niederlander feindlich

des

letteren

Staates .

Jahre 1672 gegen auftrat, hielt

Als

die vereinig=

Johann

Georges

30

doch

für nöthig

fich dem

Katſer wieder r.zuzueignen

und,

ebenſo wie noch einige andere Reichsfürſten , mit ihm den Bund vom 10. October 1672.3zu ſchließen , der für Deutſch lands Intereffen und Würde einſtehen follte;"zu Anfang des nächſten Jahres verpflichtete er ſich ſogar, falls bis Ende des Monats Mai nicht

der

Friede mit Frankreich zu

komme, zweitauſend Mann zu zur Vertheidigung wollen . Als

des Reiches

der - Katſer

im

1

muſterte , reiſte Johann

Stande

Fuß und eintauſend zu Pferde gegen

Frankreich

ſtellen

Auguſt feine Truppen Georg

mit dem

bei

zu

Eger

Kurprinzen , dem

Herzog Morig zu Sachſen - Zeiß und Prinz Chriſtian zu Halle, feinen

Brüdern , dorthin , um

Der Kaiſer ſchicte ihm Gränze entgegen , um

ſeine Ergebenheit zu beweiſen .

den Grafen von Mansfeld bis an die ihn mit Ehren einzuholen , und fuhr

felbſt am 10. Auguſt, dem

Tage des Eintreffens, eine Stunde

weit vor die Stadt Eger hinaus, ihn

begrüßen .

zu

Die

Aufnahme, die der Kurfürſt fand, war fehr gnädig , und der Kaiſer erzeigte ihm der Rüdkehr in Am

die Ehre , ihn , ſo wie : ſeinen Sohnt, bei die Stadt

in

ſeinen Wagen

nehmen .

12. fand die Muſterung der Truppen ſtatt, und nach

derſelben bewirthete der Kaiſer die fächſiſchen nem

zu

Quartiere; ſie wurden

Fürſten

in ſet

auch während der ganzen Dauer

ihrer Anweſenheit mit freier Tafel verſehen und ihrer Dies nerſchaft Moftgeld gezahlt.

Am

15. reiſte Johann Georg

im

beſten Einverſtändniffe mit Kaiſer Leopold wieder heim . Die Vorſtellungen der folauen franzöſiſchen Unterhända

ler , die König Ludwig

an

dem

fächfiſchen

Hofe hielt, vera

mochten den Kurfürſten jeßt noch nicht von dieſem ſtändniſſe abzulenken

und erhielten von ihm

Einver

die entſchiedene

Antwort, , daß ihn Niemand abhalten werde, Gott , dem



31

mifchen Kaiſersund dem

heiligen Reiche auch bis zu feinem

legten Blutstropfen getreu zu bleiben ." Wirklich ſchien es ihm

jeßt Ernſt damit zu ſein , denn

eher noch der Reichskrieg gegen Frankreich förmlich erklärt war, forderte er auf verſchiedenen tagen

zur Stellung

6500 Mann

der

zuſammen

deshalb ausgeſchriebenen Kreis Truppenkontingente auf, brachte

und ſchickte fie unter dem

feines Sohnes , des Kurprinzen , der ſich ſtets Uebungen ausgezeichnet hatte

in

Befehle

ritterlichen

und kriegeriſchen Sinnes war,

zu der kaiſerlichen Armee an den Rhein . Erſt am 31.März 1674 wurde der Reichskrieg erklärt und

Auguſt des folgenden

Jahres auch auf Schweden ausgedehnt, dennoch blieb Georg dem eß durch

Johann

lekteren wohlgewogen und fah dte Nachtheile, die

Brandenburg erlitt, nicht gern .

Die mehr als je gereizte für deffen

Eiferſucht auf Brandenburg,

wachſende Macht er

den

ſchwediſchen

Befiß

in

Deutſchland als das beſte Gegengewicht anſah , die geringen kriegeriſchen Erfolge die

ſeine Truppen

errangen , und die

Unzufriedenheit darüber , daß die Beſigungen von

dem

kaiſerlichen

Heere nicht mit

ſeiner Brüder

Einquartierung ver

fchont wurden , beſtimmten

Johann Georg fogar zu

des Jahres 1679 , ſich an

Kurfürſt Ferdinand von Batern ,

Anfang

der Deſterreich feindlich geſinnt war, zu wenden und ſich mit ihm

dahin zu verabreden , daß man den Kaiſer zum

Reichs

frieden nöthigen müſſe und denſelben

erforderlichenfalls mit

Gewalt durchſeßen wolle ; dazu wurden

zwanzigtauſend Mann

beſtimmt, die von follten.

franzöſiſdem

Glüdlicherweiſe kam

Gelde unterhalten werden

aber dieſer Vertrag nicht zur

Ausführung, denn der ſchon am

5. Februar d. do geldloſſene

1

Friede zu Nymwegen machte dem

Kriege ein

die nordiſchen Mächte anbetraf, die in

dieſem

Ende.

Was

Frieden ſich

32

nicht vereinigt hatten , nämlich Dänemark und Brandenburg gegen Schweden , fo gelang es dem heimen

Rath

auch zwiſchen ſelben

von

kurfürſtlich fächfiſchen Ges

Gersdorf auf Johann

Georg &

Dringen ,

ihnen den Frieden zu Cund im September bef

Jahres zu Stande zu bringen .

.

3 weite 8

Sa pitel.

Maßnahmen des Kurfürften im Innern feines Landes . Crledigung der Landesgebrechen . Verordnungen wegen der Univerſitäten . - Neue Polizeiordnung. – Hebung des Handels und der Münze. Neue Steuer ordnung. Bedenken der Stände. – Die Kriegsverfaſſung und der Armee Verminderung des ftehenden Heeres . Etat. Der Adel. Umtriebe des Katholicismus. Hatte nicht zum

Johann Georg mit ſeiner äußeren

Politik gewiß

Vortheile ſeines Landes gewirkt und nur dazu bei

getragen, deffen ſtaatliche Stellung in Deutſchland zu ſchwä dhen , fo läßt es ſich doch nicht leugnen , daß

er in der in

neren Verwaltung manche weiſe und vortheilhafte Anord nung traf. Was die Geſeßgebung anbetrifft, ſo erließ der Kurfürft auf wiederholte Beſchwerden der Landſtände im

Jahre 1661

dte fogenannte Erledigung der Landesgebrechen, die mit gro Ber Ausführlichkeit Kirchen- , Juſtiz-, Polizei- und Rammer ſachen behandelte, einúndneunzig zweifelhafte Rechtsfälle ent fchied, die Beaufſichtigung der Beamten

durch landeskommiſ

fairé anordnetë , die Pflichten der Kirchen -'-und Schuldiener durch das neue Synodaldekret genau beſtimmte , die Verwal

33

tung der geiſtlichen Güter ordnete und desgleichen mehr, was fich bald von unſchäßbarem Nußen erwies . Auch der Verfall der Univerſitäten wurde beſonders in das Auge gezogen und manche Mißbräuche, die ſich in der Verwirrung des langen frieges eingeſchlichen hatten , abgeſtellt.

So ließ ſich die neue

Ordnung tadelnd darüber aus, daß die Stipendien für Stu dirende nicht mehr nach Verdienſt und Bedürfniß , ſondern nad Gunft vertheilt worden ſeien und daß die Zucht auf den Univerſitäten

fo verfallen ſei.

Das „ ruchloſe und höchft är

gerliche Pennalweſen auf den beiden Univerſitäten Leipzig und Wittenberg ſollte gänzlich abgeſchafft ſein," und es wurde ernſt lich befohlen , „ daß alle und jede auf obigen

beiden Univer

fitäten anweſende Pennäle ihren bis dahin

getragenen lieder lichen Habit unverzüglich ablegen , wie auch die neu ankom

menden

Studioſi

fich

fo

bald

ehrbar

auskleiden

ſollten ."

(Schon am Sachſen und

2. Juli 1661 hatten die fämmtlichen Herzöge zu erneſtiniſcher Linie „ unter dem Namen der Rektoren

geſammten

ſcharfes

Profeſſoren

bei der Univerſität

Edikt drucken laſſen , den verfluchten

Jena

ein

Pennalismum ,

als eine leibhafte Brut und Geſchmeiße des leidigen Teufels, gänzlich zu tilgen und mit Stumpf und Stiel auszurotten .“) Ebenſo erſchien am 19. Juli 1665 ein anderes. Mandat Jos hann George

wegen des höchftverbotenen Rauffeng, Balgeng,

Schlagens und Duellireng.“ Dieſe Verbote waren aber auch wirklich höchſt von Nöthen , denn die Erceffe der Studirenden nahmen

immer mehr überhand und

Betreibung

der

Wiſſenſdaften

zu

führten neben läſſiger

den

beklagenswertheſten

Vorfällen , die manchen jungen Mann das Leben koſteten . 11.Mit dieſer Erledigung der Landesgebrechen war auch eine neue Polizeiordnung verbunden, die fich aufJergehen gegen die Gottesfurcht, Spiel, Räubereien , Gefindes, Tagelöhner und Bertraute Geſchichte. Sachſen . 1. BD. 3

34

Handwerkerdienft und beſonders auf den übertriebenen lurus In

erſtreckte .

legterer Beziehung hätte der Kurfürft ſeinen

die Stände wagten fam ken .

ſollen ,

Beiſpiele vorangehen

Unterthanen allerdings mit dem

fogar, ihn mehre Male darauf aufmerk

zu machen, leider aber, ohne eine Aenderung zu bewir Schon

bei dem Landtage von 1657 drüdte er ſelbft fich

in ſeiner Vorlage folgendermaßen aus: Es iſt am

hellen Tag und männiglich bekannt, wie ſo

gar alle Gottesfurcht, gute Sitten und Ehrbarkeit hintan in

Verachtung gefeßet, hingegen

Leben , in fonderheit und

Weibsperſonen

in

ein

der Kleidung

durch

und

leichtfertiges , üppiges

Erwählung

ſowohl bei Mannes neuer

ausländiſcher

Moden , Behängung der Kleidung mit vielen und allerlei far: bigen Bändern, heraushängenden Hemden an Hoſen und Aer meln , in

der Hand und auf dem

Arm

tragenden Mäntel,

Entblößung der Hälſe bei den Weibsperſonen , auch theure, köftliche Waaren werden,

über Standesgebühr beltebet und getrieben

— wie in den Gerichten die Unkoften

und Gebühren

erhöhen , daß Geſinde und Handwerksleute mit allzuhohem Lohn ihre Herrn und Verdinger überfeßen oder fich gänzlich der Arbeit und Dienſtleiſtung entziehn , – was ferner vor Uebermuth , Hoffahrt, Schwelgen

und

Fraß bei Hochzeiten ,

Kindtaufen, Begräbniſſen und Gaſtereien verübt wird.“ Die neue Ordnung beſtimmte nun

den

Lohn

für Ges

finde und Handwerksarbeiten , befahl den randächtigen " Beſuch der Kirchen , verbot öffentliches Zanken und Fluchen , gottega läſterliches Gaukelſpiel von Wahrſagern und Beſprechern, das Spiel, bei dem

ein Adliger im

Monat höchſtens einen

Tha

ler , ein Bürgerlicher zwölf Groſchen und die ärmeren Klaſ fen nicht mehr als höchſtens vier Groſchen verlieren dürften , fegte die Anzahl der Gäſte und den Speiſezettel bei Kindtau

35

fen , Hochzeiten

und dergleichen

Feſtlichkeiten feſt, ebenſo die

Geſchenke bei ſolchen Gelegenheiten

und verordnete eine ein

fachere Kleidungstracht, wie z. B. ein Adliger nicht mehr als fünfzig Ellen u. f.

.

Beſaßband, auf ſeinen

Kleidern tragen

Viele dieſer Beſtimmungen waren

praktiſch, bet anderen zu weit getrieben zu kontrolliren .

aber

ſollte,

recht weiſe und

die landesherrliche Fürſorge gar

und die Befolgung

des Ediktes ſchwerlich

Die Hebung des Handels war eine andere Sorge des Kurfürſten

und

ſeiner

Landſtände.

Auf verſchiedene

ihm

gemachte Vorſtellungen hob er den auf Erzeugniſſe der inlän diſchen

Induſtrie gelegten Zoll auf und ermäßigte auch den auf

einige: ausländiſche Waaren .

Die Errichtung einer Seiden

manufaktur hatte aber nicht den

erwarteten Erfolg, und das

Etabliſſement ging ſchon wieder nach zwei Jahren ein , ebenſo kam die Anlegung eines Arbeitshauſes gar nicht zu Stande ; dagegen birgeo.;

hob ſich die Spißenfabrikation des fächfiſchen Erzge der von

günſtige Reſultate.

Neuem

eifrig betriebene Bergbau lieferte

Mit dem Handel ſtand die Ordnung der

Münzangelegenheiten in

enger Verbindung ; ſie war äußerſt

nothwendig, da der Krieg eine Anzahl ſchlechter Scheidemünze in das Land gebracht hatte und der Wucher es ſich angelegen fein

ließ , das neugeprägte beſſere Geld einzuwechſeln und

1

außer Landes

zu

ſchaffen .

Hier ftießen

alle

Bemühungen

aber auf unüberwindliche Hinderniſſe , da die fremden leute, die zu den Märkten

Stauf

und beſonders zu der Leipziger

Meffe kamen, ſchlechtes Geld einführten und das beſſere wies der mit ſich fortnahmen . Der Kurfürſt traf deshalb zu deburgiſchen gehörigen Kloſter , am

Zinna, einem

zum Mag

27. Auguſt 1667 einen

Vergleich mit Kurbrandenburg, den dann auch Braunſchweig 3*

36

Lüneburg annahm ; danach ſollten in allen Münzſorten

aus der Mark- fein Silber

15 Gulden 45 Kreuzer oder 104 Tha

ler geprägt werden und wurden noch andere, auf die kleinen Münzen bezügliche Vereinbarungen getroffen . dies allerdings dem

Theilweiſe half

Uebelſtande ab, es blieb

dem

indeſſen

Wucher immer noch Feld genug, und erſt der Münzreceß zu (16. Januar

Leipzig

1690 ) , den

Johann

Georg

III. mit

Brandenburg und Braunſchweig -Lüneburg abídloß , wonach in den größeren Geldſorten aus der feinen Mark 12 Thaler oder 18 Gulden

geprägt werden

ſollten und die Annahme

allen ſchlechteren Geldes entſchieden verboten ward, wurde eine beffere Abhülfe. Was die Steuern

anbetraf, ſo

lagen

fie ganz

in

der

Verwilligung der Landſtände, die ungeachtet aller Ehrerbietung gegen den Landesherren

doch nachdrücklich auf ihrem

Rechte

zu beſtehen wußten und wenn ſie auch gewöhnlich den geſtellten

an fie

Forderungen nachgaben , fich nicht enthielten , recht

offen und entſchieden ihre Meinung darüber zu äußern . Als der Kurfürſt im

November 1660 mit ihnen durch

eine Des

putation ſeiner Räthe über die neue Steuerordnung zu terhandeln

gedachte , weigerten

ſie ſich

deſſen

un

und erklärten

dieſe indirekte Verhandlung nicht für zuläffig. · Mit Kammerſchulden ſchon

bei ſeinem

von 1657 um

überhäuft , fab

fich

der Kurfürft

Regierungsantritte genöthigt, den Landtag

viele Geldbewilligungen anzugehn , erhielt fie

auch meiſtens, aber nicht ohne die dringende Bitte um Reviſion

eine

des Steuerweſens , eine Ermahnung, die Verwal

tung der Aemter beſſer einzurichten , und folgende Erklärung :

Wir ſind durch Pflicht und Gewiffens halber genöthigt, Eurer

kurfürſtlichen Durchlaucht unterthänigft zu Gemüthe

zu führen , daß wir gegen

Dieſelben nicht als treue Stände,

37

noch gegen nicht als

unſere anvertrauten

Unterthanen

und Bürger

chriſtliche Obrigkeiten handeln würden , wenn wir

den Unterthanen durch die angeregten Bewilligungen ein mehs reres, als fte zu ertragen vermögen , aufbürden und ſie durch beſtändig fich mehrende Hülføvollſtredungen in großen mer und Elend ſtürzen ſollten , die ſchon wohner aus dem tigen,

fich

Lande getrieben

darin

und hingegen die Auswär

niederlaſſen , gänzlich

Viele getreue Unterthanen

ſeßen

Jam

nicht wenig . Ein

abgeſchredt haben .

auf gegenwärtigen Landtag

ihre legte Hoffnung ; folite dieſe nicht erfüllet werden , fo haben Eure Kurfürſtliche

Durchlaucht nichts Anderes zu

als daß eine noch weit größere Anzahl ſich an geben und das Land zu entblößt werde:

deffen

erwarten ,

die Derter be

unwiederbringlichem

Schaden

Ob wir wohl nachdenklich erwägert, daß Eure

Kurfürſtliche Durchlaucht eine ſehr beſchwerliche Landesregie rung übernommen , zu

deren Befeſtigung, wie auch zur Er

haltung Ihres hohen Anſehens faſt unermeßliche und unglaube liche Unkoſten erfordert werden , ſo haben wir doch nicht min der beherzigen müſſen; daß bei ſo vielen unterſchiedenen An = lagen , dergleichen

ſchwerlich bei einem

Lande des ganzen Rö

miſchen Reiches zu finden , die kundbare. Unmöglichkeit

auch

endlich dieſe Nothwendigkeit überſteigen muß. Wir bitten daher Shro Kurfürſtliche Durchlaucht, Sie wolle den fümmerlichen Buſtand

Ihrer zu Sumpf und Boden getriebenen Untertha

nen zu Herzen und Liebe gegen

nehmen ,

aus treuer landesväterlicher

ſie der unwiderſtehlichen

Noth

in

Huld Etwas

nachgeben , die Bedürfniſſe der Regierung über des Landes Vermögen nicht erſtreden , die Ausgaben nach den Einnahmen einrichten , alle Roften Ihrem

foviel wie möglich , inſonderheit bet

Hofſtaat, einziehen

und ſelbigen nach dem

Ihrer Vorfahren, welche bei weitem

Beiſpiel

ihn ſo koſtbar nicht ge

38

führt, da des Landes Zuſtand doch viel beffer geweſen , gnäs digſt einrichten .“ Der Landtag von

1660 brachte es endlich zu einer die

Stände befriedigenden neuen Steuerordnung vom 1661, wobei der Kurfürft deren

19. März

ſofortige Einführung

und

eine „wirthliche gute Hof- und Haushaltung" zu halten ver ſprach.

Deſſenungeachtet wurden

aber bei jedem

folgenden

Landtage doch noch beſondere Verwilligungen verlangt, befon ders für das Heer , und die Abgaben betrugen

in

der Zeit

von 1681–1687 nicht weniger als acht und eine halbe Mil lion

Gulden ; dabei zählte man im

Jahre 1666 ſchon

über

fünf Millionen Gulden Schulden , die feitdem zu einer immer größern Summe anwuchſen .

Die Stände hatten auf, fechs

im

Jahre 1661 ihre Verwilligungen

Jahre ertheilt; dabei beanſpruchten

ſie , da

fie in

der langen Zwiſchenzeit Eingriffe in ihre herkömmlichen Rechte fürchteten , und erlangten die kurfürftliche Erlaubniß , will führliche , durch den Erbmarſchall berufene Kreistage, in der ihre Deputirten vertreten ließen , abhalten zu dürfen , doch ſollten dieſe Zuſammenkünfte nur höchſtens acht fie fich durch

Tage dauern und res foll auch von ordentlichen Bewilligun gen , Verfaſſung neuer wichtigen einzig

Sachen

und

allein

Sanctionen

bei ihnen bei

und andern

dergleichen

ganz Nichts, ſondern

öffentlichen

folches

Landes - Verſammlungen

gehandelt werden ." Dieſes Recht der Stände erhielt ſich bis zum Jahre 1699 Landtagsabſchiede wiedererlangt. 1700 in dem

und wurde Ueberdem

wurde noch ausdrücklich feſtgefegt,

daſs der Kut

fürſt ſeine Lande ohne der Landſchaft Rath und Einwilligung nicht verpfänden , verſeßen oder durch Teſtament und legten Willen oder andere Dispoſition , Tauſch und Vergleich zer

39

gliedern , trennen oder veräußern wolle ," auch, „ daß er fich durch keinen ſeiner Räthe und Diener möge bewegen laſſen , die getreue Landſchaft oder die Unterthanen nicht zu

hören ,

ungehört durch Dekrete zu beſcheiden

oder den Landtagsab ſchieden , Neverſalien und der Landſchaft geſchehenen Zuſagen

im Geringſten entgegenzuhandeln , ſondern dergleichen Leuten den Zutritt verwehre , fie fogleich abweiſe, auch in ſeinen 4

Dienſten nicht dulde, noch weniger annehme." den

foeben

angeführten

1

Aus

Aktenſtüđen

gewiffeß Mißtrauen der Stände gegen

den

ſcheint

ein

Landesherrn her

vorzugehn , hauptſächlich war daffelbe aber wohl nur gegen ſeine Räthe gerichtet, die es

zum

Theil wirklich

verdienten ,

und wenn die Stände fich wegen der Vergrößerung des Hof ſtaates an

den

Kurfürſten direkt wandten , womit fie dem

gedrüdten Volke gegenüber eine Pflicht erfüllten und ſich die eigene Würde wahrten , ſo beeinträchtigte dies doch keineswegs die alte Treue und Ergebenheit, die das fächſiſche Volk ſeinem Fürſten immer zugetragen hatte, denn ſie gaben zu derſelben Zeit , was

ſich

nur unter hur

irgend einem

Rechtstitel bewila

ligen ließ . Wenn

in alter Zeit die Vertheidigung des Landes der

Ritterſchaft anheimfiel, wofür dieſelbe die Steuerfreiheit ihrer Güter

genoß , fo war es feit dem

fünfzehnten

Jahrhundert

ſchon Gebrauch geworden , jene nur in den dringendſten Fällen der Gefahr aufzubieten, übrigens aber Truppen anzuwerben ; dafür bewilligte die Mitterſchaft dem

Kurfürften

gewöhnlich

ein freiwilliges Geſchenk an Gelde (das ſogenannte Donatid ), um

die Koſten

der Werbung ganz oder zum

Theil zu

er

fegen ; die Beſtimmung über die Höhe dieſer Summe blieb dem

jedesmaligen

Frieden

Ermeſſen

der Ritterſchaft überlaſſen .

Im

befaß der Kurfürſt nur wenige Garden und Artille

40

riſten , die fortwährend befoldet

wurden ,

beiſammen blteben und regelmäßig

außerdem

waren

aber

Städte verpflichtet , die ſogenannten Landes nie 'verwandt werden zur

und

Kriegsfällen nur

jungen

Mannſchaft bereit zu halten , auch mußten Zeiten

Aemter

Defenſioner, die außer

durften , in

Landesvertheidigung , aus ihrer

zu gewiſſen

die

und

kräftigen

dieſe Leute ſich

zu Muſterungen ſtellen , damit man

Kontrolle über ſie behielte.

die

Dieſe Einrichtung aber erwies

fich bei der vollſtändigen Ungeübtheit dieſer Truppe in den Waffen Georg

bald

als

ganz

unpraktiſch,

und

ſobald

Johann

II. zur Regierung gelangte , legte er ( 1657) dieſes

Bedenken den Ständen vor, die es auch billigten ; an Stelle der Defenſioner wurden nun geworbene Truppen vorgeſchla gen ; dieſelben

ſollten

werden . Indeffen Defenſionsreceß zu feche

Fähnlein

abgetheilt

tenberger , Leipziger , den mit Wartegelb den

Aemtern

aber nur in

und

Nothfällen

aufgebracht

kam fchon am 25. October 1663. ein Stande , wonach viertauſend Mann , in (das

Dresdner ,

Zwickauer und und im

Kreiſen das

Torgauer , Wit

Freiberger) ;

Kriege mit vollem

im

Frie

Solde von

bereit gehalten werden mußten .

Der

Kurfürſt hatte

len ,

die aus der Steuer ihren

Recht , die Hauptleute zu Sold erhielten , die

wäh Kreiſe

ſtellten das untere Offizier- Perſonal mit höherer Genehmigung

} an .

Auch

dieſe Maunſchaft ſollte nur in dringenden

aufgeboten und nie außer Landes benugt werden. nants und Fähnrichs erhielten

Fällen

Die Lieutes

eine tägliche Auslöſung von

acht Groſchen , die Unteroffiziere von ſechs, die Gemeinen von drei Groſchen , außerdem dem

Wartegeld im

Frieden , das ſich bei

Lieutenant auf hundert Gulden jährlich belief. : Auch

dieſe Truppe wurde bald wieder für untauglich erkannt, und Johann Georg beantragte auf dem

Landtage von

1666 ihre

--

41

Auflöſung, worauf die Stände wenigſtens ihre einſtweilige Suspenſion verfügten . Auf dem

Landtage von 1657 idon hatten

auf des Kurfürften Antrag 4000 Mann Soldaten

die Stände

Gelder .zur Unterhaltung

ſtehenden Heeres aus der im

von

dreißig

jährigen Kriege eingeführten Quatemberſteuer bewilligt, näm

Thaler und auf die drei

ahë '96,000 lich auf das laufende Fahë folgenden für jedes 80,000 allmählig ,

Jahre

im

Thaler ;. dieſe Verwilligung ſtieg 1670 betrug fie 200,000 Thaler,

1673 300,000 , 1676 mehr als 400,000 Thaler. mau. Damals war der Etat des ſtehenden Heeres :

; , r'a

by it ?

Reiterei.

301 Mann

mit Leibgarde zu Pferde.dk

:

Kurfürſtliches Leibregiment.cc

6000 600S

Kurprinzliches Leibregiment .

: 272 Streisregiment des Herzog8 Moriş 90 Murfürſtliche Leibkompagnte Dragoner

rei in

'

Summa 1863 Reiter.

, *1931,14h

Fußvolt. 9. s

,

,

111

**PICHI

Leibgarde hochdeutſcher Trabanten . Feſtungsgarde in

Dresden . r

.

Garniſon von Wittenberg : musi ! 11h

vom

Königsſtein

,

61 Mann : 604 ( 2016: -Stig

... ,

, ;" ÇNIE

73

:: don der Pleißenburg : 52.100.1.6804 45 13 ) " pom Sonnenſtein

och 6.6. von Stolpen von Senftenberg Kurfürſtliches Leibregiment zu Fuß Latus 1.

1

45

teftate

1000- : 19 2174 Mann

!

. 42

2174 Mann

Transport 7 . Zweites Leibregiment zu Drei Freifähnlein

402

.

Neu -Leipzig

In

part

800 7001

Fuß

Summa- 4076 Mann Fußvolt. Artillerie

Dresden und in den

In

Im

Ganzen

noch ein von

150 Mann .

Feſtungen

alfo 6089 Mann

ſtehenden Heeres, wozu

bei der Reichsarmee ſtehendes

Regiment

Fußvolk

1000 Mann und ein ebendaſelbſt befindliches Regiment

Dragoner von 500 Pferden Dieſe

kam .

Truppen wurden

um

1676

von

dem

Feldmar

fchalllieutenant Grafen Dernath kommandirt, und unter ihm ftanden berg

die Generalwachtmeiſter von Gersdorf, von Schön

und von

Rochlit ).



Neitſchüß (Vater Im

Verpflegung von

der

ſpäteren

Gräfin von

Jahre 1666 mußten die Stände auch die zwei berittenen

Freikompagnien und zwei

Freifähnlein zu Fuß , im Ganzen von 900 Mann , übernehmen . Dieſe Laſt drückte ſchwer auf das verarmte Land, und die Stände gaben ſich alle Mühe, fie zu fie

fepten

durch , daß

dies erſt nach dem

vermindern , aber

Nymweger Frieden

14 Kompagnien . zu

in

Pferde und -9 zu

fo weit Fuß ein

gingen , was auch nur durch eine ſehr energiſche Vorſtellung vom

23. Januar 1680 gelang.

Sie ſagten darin :

II Wir können nicht bergen , wie es mit den verarmten Kontribuenten

dahin

gediehen

iſt,

daß mehr als viele , ja

ſtadt- und dorfweiſe an den Bettelſtab gerathen , flehentlich ihre Unterobrigkeiten bitten,rifie von ihren Gütern und Häu fern loszugeben , und um

ihnen nur das bloße Leben zu

ers

43

halten , ein

bischen trodenes , eitles Brod zu laſſen , Andere

aus Desperation

fich bald erſäufen , bald

erhenken , bald in

benachbarte Lande geflohn und aus Mangel nur nothdürf tiger Lebensmittel zu fremden Religionen auf mehrere Satans

Desperationdwege

geführet worden

durch

und um

ſtandes abzukommen , felbft den räumende Peſt wünſchen , nød

fich gewendet, bald Hülfe

des

leidigen

ihres kümmerlichen

Zu

Tod , ja wohl gar die auf Andere aus

Verzweiflung mit

Brand und aufrühreriſchen Mitteln fich durch angeſchlagene Zettel öffentlich vernehmen

laffen .“

Dieſe Bildung des ſtehenden Heeres und

einer hinrei

denden Wehrkraft hatte die gänzliche Aufhebung der Ritter dienſte zu Folge, obgleich der Kurfürſt noch Ritterpferde ſtets in

Bereitſchaft zu

1657 befahl, die

halten , und

anderen

Falles mit den ſtrengſten Strafen drobte ; zwar verlangte er für dieſe Pflichtbefreiung noch eine beſondere Ablöſung , die Stände verwieſen ihn aber auf das freiwillige Donativ, und dabei blieb es vorläufig . Mit dieſem

Austritte aus

feinem

alten Berufe wandte

der Abel fich jeßt einer ganz anderen Sphäre zu , nämlich dem

Hofdienſte , den

er

faſt ausſchließlich

in

ſeine Hände :

brachte und eiferſüchtig darüber zu wachen begann , daß Bürgerſtand von ihm beſondere Recht, von

Bürgerlichen

Berathungen

entfernt würde.

der

Er beanſpruchte das

daß die Leben- und Rittergüter nicht mehr erworben

werden

könnten

der Mitterſchaft nur Solche

follten , die wenigſtens

fechszehn Ahnen

und daß

zugelaffen

bei

werden

von väterlicher und

mütterlicher Seite zuſammen aufzuweiſen vermöchten ; er ging fogar nodi weiter , beſtritt die Braugerechtfamkeit der Städte und verlangte 1682, daß

die Landesſchule zu Meißen keine

andere Schüler als feine Söhne aufnehmen folle, damit die

-

44

Bänkereien

zwiſchen

den

Kindern

der

verſchiedenen

vermieden würden ; ſeine Forderung in der

L.

werbung

Rittergüter begründete

Stände

Bezug auf die Er er

einfach

durch die

Aeußerung, daß ,der Adel dadurch merklich ruinirt werde." Ein darauf bezügliches Gefeß

ging aber nicht

durch , weil

der Bürgerſtand energiſch dagegen proteſtirte, wohl aber be günſtigte ſchon

Johann Georg die

Anſprüche an

die sauð

fchließliche Aufnahme des" Adels diefen

dadurch um

in

den

Hofdienſt, weil er

ſo glänzender zu machen hoffte. :

Schon ſeit der Mitte des ſiebzehnten Jahrhunderts war es Mode geworden , daß die adligen ihrer Ausbildung im

jungen Herren Fich zu

äußerlichen eleganten Benehmen an den

Verſailler Hof begaben und daſelbſt einige Jahre zubrachten ; man begann

dies für ein nothwendiges

Erforderniß , zu der

höheren und gebildeten Geſellſchaft gezählt betrachten- und kümmerte

ſich

wenig

zu

werden , zu

darum , daß

dadurch

enorme Summen verſchleudert, Sittenloſigkeit und franzöfi ſcher Einfluß in das Land geſchleppt wurden , ſelbſt die Frans zöſiſche Sprache fing Cirkeln len

dadurch bei Hofe und in

vornehmen

zur Geltung zu kommen an , bis fie an dieſen Stel

ſpäter über die deutſche triumphirte .

dadurch aber auch

geſchloſſenheit des Adels, von dem die ſich zu einem

Außerdem

wurde

eine gewiß ſchädliche Sonderung und Ab übrigen Volte herbeigeführt,

ungemeſſenen Stolze des erſteren entwickelte.

Der alte Adel trat fogar gegen den neuen feindlich auf und aus feinen Reihen

felbft großen Schaden, indem lich aufrecht zu

zu drängen , under that ſich

.

fuchte ihn

er, um

erhalten , bedeutenden

fich die Quellen verſtopfter aus denen gen mit dem ten , die

reichen

ſeine Würde "vermeint Aufwand machte und ihm

durch Verbindun

Bürgerſtande Vortheile zufließen

jene Schäden

wieder

ausglichen ; fo: durfte

konn tein

-

45

Adliger eine Bürgerliche heirathen , wenn er von feinen Gea noſſen nicht verachtet und felbſt gefährlich bedroht ſein wollte ebenſo eine Beſchäftigung betreiben , die ſich zu bürgerlichen rechnen ließ , hatte man doch ſelbſt den Grafen Lynar , den

berühmten

Rochus von

Ingenieur und militairiſchen

meiſter, als er die Feſtungswerke zu

Bau :

Dresden baute , fo ans

gefeindet, daß er es vorzog , feine Wiſſenſchaft im

Auslande

zu verwerthen . Das verſchwenderiſche Leben in der neuen

des

Adels wurde übrigens

Polizeiordnung auch ernſtlich gerügt, das fou

genannte Umreiten , das in

überraſchenden Beſuchen nichtein

geladener junger Adliger bei Feſtlichkeiten

beſtand

und oft

zu Streitigkeiten Anlaß gab , verboten , das Spiel und der Kleiderlurus, wie oben ſchon geſagt, beſchränkt. In die Regterungszeit Johann Georgs fielen auch ſchon die erſten

Verſuche des Ratholicismus, fich

wieder in

den

proteſtantiſchen Staaten einzuführen , wie ein Befehl des Kura fürſten vom 27. März 1661 an 'den Rath weiſt, „weil dem

Dresden bes

Vernehmen nach in der Stadt das papiſtiſche

Meßopfer ſollte ſein gehalten werden , ſolchem ginnen in

zu

ärgerlichen Bes

befferer Sorgfalt entgegenzutreten, und da fie bet

}

ein

und ander ankommenden

argwöhnen

fremden

Perſonen etwas zu

finden würden , ſolches ungeſäumt zur Regierung

zu berichten .“

Geheime Emiffaire des Papſtes Lande und der Stadt Dresden

trieben ſich dennoch im

umher und brachten Bekeh

rungen unter dem Wege, von welchem

Bürger- und ſelbſt dem Adelftande zu lepteren einzelne Perſonen offen zur ka

tholiſchen Religion

übertraten ; man hatte felbft den Direktor

des kurfürſtlichen Geheimen Rathes, Abraham

von Sebottena

46

dorf, einen Günſtling

Johann Georgd , in

dem

Verdachte,

heimlich den Glauben gewechfelt zu haben . Der öſterreichiſche und franzöſiſche Geſandte begünſtigten dieſe Umtriebe, und im tholiſchen

Jahre 1668 fand man bei dem

Gottesdienſte in

zweihundert, bei die daran

dem

ihren

anderen

bei erſterem

hundert Dresdener Bürger,

theilnahmen , was einen

fürften an den Rath unter'm der

Hauskapellen

fa

zweiten

Erlaß

des Kur

9. Mai d. J. zur Folge hatte,

anderweit ernſtlich reſkribirt, gegen

diejenigen Perſonen ,

welche ihrer (des. Rathes) Botmäßigkeit unterworfen und über der Beiwohnung des bei den Kaiſerlichen

und franzöſiſchen

daſelbſt reſidirenden

päpſtlichen

Miniſtris

opfers betreten würden , denſelben

deshalb

Dero unter'm

erlaffenen

Dennoch mußte am

gen , worin verboten wurde ,

in

dem

Meßa

27. März 1661 an

Befehl gehorſamſt nachzuleben ."

27. Februar 1673 eine noch ſtrens

gere Verordnung durch ein

geliſchen

haltenden

gedrucktes Patent darüber erfol daß Niemand von

päpſtlichen Meſſehalten

den Evan

und Kirchenweſen , ſo

der Kaiſerlichen und königlich franzöſiſchen Miniſtres Be:

hauſungen zu Dresden

gehalten werden, beiwohnen

ſolle , mit

ausdrücklicher Verwarnung, daß die Verbrecher nach ereignen den Umſtänden

unnachläßlicy an Geld, Gefängniß , Ausſchaf

fung aus der Stadt, auch wohl härteren . Strafen angeſehen und beleget werden ſollen ." Der zuweilen felbſt ſich im

geäußerte Verdacht, daß

Geheimen

Johann Georg

der katholiſchen Kirche zugeneigt habe,

kann nach ſeinen Auslaſſungen und dem

Verhalten in ſeinem

ganzen Leben wohl durch nichts Underes als falſche Berichte von Emiſſairen , die ſich auch an ihn zu drängen ſuchten , an ſein , und der Umſtand, daß er den

den Papſt erweđt worden katholiſchen

Kaiſer Ferdinand III. bei der Taufe des ſur

1 -

47

prinzen "zu

Gewatter gebeten , beweiſt nicht mehr als feine

damalige Anhänglichkeit an das Kaiſerhaus, das er ſich über

dies der Jülich - Cleviſchen • verbinden wünſchte.

In

Erbſchaftsangelegenheit halber zu Religionsſachen war er keineswego

foi tolerant als ſein Vater und miſchte ſich ſelbſt hinein , zu welchem

Zwecke er noch in vorgerügten

tor der Kreuzſchule zu

Jahren bei dem

Ref

Dresden , Bobemus , drei Jahre hin

durch die hebräiſche Sprache ſtudirt hatte.

Drittes

fa pitel.

Taufe bei dem Oberhofmar Johann Beorgs II . glänzender Hofftaat. Heranziehung ſchall von Rechenberg. Die Hofämter. Die Garden . Bar von Ausländern . Die kurfürſtliche Kapelle. - Neue Moden. tholomeo de Sorlyfi. - Dergnügungen des Hofes . Des kurfürften Sagd leidenſchaft . — Beſondere Feſtlichkeiten . – Dermählung der kurfürftlichen Tochter Erdmuth Sophia und des Kurprinzen . Der Hoſenbandorden . Bauten und Anlagen . Herumziehende Komödianten , Die Staatsbehör Die Oberhofpre den . Johann Georgs Lieblinge und untreue Diener. diger.

Des Kurfürften dod . Von allen Laften , die furſachſen

unter Johann George

1

Regierung zu tragen

hatte, war die für den

Hofſtaat des

Kurfürften wohl eine der ſchwerſten , zumal das ohnehin ſchon durd

Abgaben gedrückte

Volt

in

keine Vortheile für ſich ſehen konnte.

dieſer

Prachtentwickelung

Hatte Johann Georg I.

in den väterlichen Ermahnungen , die einen

Theil ſeines

Te

ftaments bildeten , auch beſonders empfohlen, alle überflüfftge Verſchwendung zu vermeiden , und es ſich in den leßten Jah ren feiner Regierung ſelbſt angelegen ſein laſſen , feinen Hof

48

ſtaat zu vereinfachen , fo

doch keinen

vermochte dies

heilfas

men Einfluß auf die prachtliebenden und verſchwenderiſchen Neigungen feines älteſten Sohnes , die bei dieſem als Aur : prinzen ſchon deutlich genug hervorgetreten waren, auszuüben . Ebenſowenig Wirkung hatten die mehrmals wiederholten Bes denken und Erinnerungen an den Nothſtand des Landes von Seiten der Stände, und mochte er darauf auch erwidern , daß er ein

fie fich zu Herzen nehmen wolle , fo blieb dies eben nur Verſprechen , an deſſen Ausführung er nie ernftlich dachte .

das Beſtreben , durch äußeren

auch noch

fürſten

den perſönlichen Neigungen des Kur

zu

Ohne Zweiſel kam

verdeden , was er und ſein durch

ſeine unrichtige Politik verloren ;

als Entſchuldigung

wird man dies aber ſchwerlich gelten laſſen Dagegen Ausgaben

Glanz zu

Land an wirklicher Bedeutung

können .

läßt ſich auch nicht leugnen , daß manche große

Johann Georgs

für Aufführung von

Gebäuden ,

Sammlung von Kunſtſchäßen und Heranziehung ausländi ſcher Künſtler eine nachhaltige ſegensreiche Wirkung auf He bung der Bildung und des Kunſtfinnes feines Volkes hatten und daß er zu diefen , die bisher ganz vernachläffigt worden , Sen Grund legte. Von auf einen

ſeinem

Regierungsantritte an wurde der Hofſtaat

viel glänzenderen

Oberhofämter geſchaffen.

vornehmſte ; es wurde bis zum orge von

Rechenberg

Fuß gebracht und viele neue

Das Oberhofmarſchalsamtwar das Jahre 1664 von Hans Ge

bekleidet, einem

beſonderen

Johann Georgs , den der Kaiſer, 1652 , zum

Lieblinge

Reichsfreiherrn

erhob, nach deffen Tode von Graf Curt von Callenberg, ſeit 1672 von

dem

Baron don Kanne , der

in

dem

Kriege am

Rhein unter dem Kurprinzen die Armee kommandirte, ſeit 1677 von dem

Geheimen

Rathe Herrmann von Wolframsdorf.

49

.. ?

Der

zuerſt

14. November

erwähnte von 1660

Rechenberg war

die Landſtände von

es , der am

Ritterſchaft und

Städten des Kurfürſtenthums zur Taufe ſeines Sohnes ein lud , insgeſammt zu was einen

erſcheinen " oder fich vertreten zu laſſen,

Begriff von dem

Aufwande, den er machte, geben

mag ; - die Stände ließen fidy wirklich töfer und Dr. Kühlewein vertreten

durch den Erbmarſchall

und zum „ Pathenpfennige

500 Gulden und auf das Wochenbett 1000 Gulden einbin den und verehren ." Die

anderen Hofämter" wurden

bekleidet

Hofmarſchall , einen Hausmarſchall , einen

durch

einen

Oberkammerherrn,

einen Oberftallmeiſter und zwei Retſeftalmeiſter, einen Ober hofjägermeiſter , einen

Oberfalkenmeiſter , einen

Obermund

fdhenk und Oberküchenmeiſter , einen Hofobriſt und Kommandeur der adligen Leibſchwadron zu Pferde, einen mann und Kommandeur der Arcièren zu zerhauptmann und Kommandeur einer

Trabantenhaupt=

Fuß, einen Schwei

der Schweizer

Rittmeiſter der Troatenleibkompagnie zu

Fußgarde,

Pferde, einen

Mousquetonhauptmann und Kommandeur der deutſchen Leib garde zu Fuß, einen Obriſt der Leibgarde- Dragonter ; bei dem Tode des Kurfürſten zählte man außerdem

noch 42 Kammer

herrn und 68 Kammerjunker . Die Kurfürſtin , der Kurprinz, die Prinzeſſin Erdmuth Sophia und die beiden Söhne des Kur prinzen

hatten

ihre beſonderen

Hofmeiſter oder Marſchälle,

Kammerherrn , Stall- und Küchenmeiſter." Rechnet man hierzu nod

bas

ungefähren

zahlreiche Unterperſonal, ſo wird man

fich einen

Begriff von den Summen machen können , welche

die Befoldung und Unterhaltung eines folchen Hofſtaates er forderten .

Die drei Gardecorpe zu

Fuß und

die drei berittenen

waren auf das Prächtigſte gekleidet und bewaffnet, beſonders Bertraute Geſchichte. Sadſen . 1. Bd. 4

50

-

die dreihundert Pferde ſtarke Croatenkompagnie, deren Waf fen mit gediegenem

bingen

än

.

Außerdem

Silber beſchlagen waren . dem

Hofſtaate

noch eine Menge

von meiſtens ausländiſchen Muſikern , Malern , Sprach- und Tanzmeiſtern , Schauſpielern und Ballettänzern , die ihre Bea foldung aus der kurfürſtlichen Kaffe

bezogen . : Die Kapelle

allein koſtete jährlich gegen 26000 Thaler und ſegte ſich unter Leitung

des

Oberkapellmeiſters Heinrich

Schüß

aus

ſieben

Kapellmeiſtern und Komponiſten , 46 Muſikanten und Sän : gern zuſammen ; ſie ſoll aber auch Außerordentliches geleiſtet haben . Als die Vorliebe des Kurfürſten für fremde , beſonders fränzöſiſche und italieniſche Künſtler und die Begünſtigun gen , die er ihnen an ſeinem Hofe zu Theil werden ließ , im Auslande

bekannt wurden , ſtrömten

von

dort

genug

her

Abenteurer nach Dresden , wozu die unduldſamen Religions verhältniſfe ihrer Heimath wohl auch viele- getrieben

hatten ;

fie fanden willige Aufnahme und trugen mit den freilich oft fädlichen und tadelnswerthen

Gebräuchen

und Sitten

des

Auslandes doch auch zur Bildung und Verfeinrung des Ger ſchmades,bet.

Damit kamen auch die neuen Moden

in

der

Kleidertracht auf und der alte deutſche, ſteife Anzug der hö : heren

Stände verſchwand vor

dem

koſtbaren

dabei ſpielt auch die Einführung der

fangs von den

Perrüden

Die Geiftlichkeit. fogar eiferte an =

*

Keine unbedeutende Rolle .

franzöſiſchen ;

gepuderten

Stanzeln herab gegen die leßteren , nahm

ſie

aber endlich felbft an , und die Steuer , welche die Landſtände auf das Perrücentragen ſepten , verhinderte am alerwenigſten , daß fie von den Wohlhabenden

angenommen wurden .

Audi

die Wagen , damals Carethen genannt, fanden jegt allgemei nen Eingang.

51

-

' ? Mehrere" dieſer Fremden recfreuten

ſich ſo großer Gunft

des Kurfürſten , daß ihnen Hofämter verlieben

wurden ; am

bekannteſten von ihnen iſt der Geheime Kämmerierer Varthos lomeo de Sorlyſt, den

der Kaiſer auf Johann Georgs Für

ſprache , 1666 ,- geadelt hatte. Sänger und demſelben

Jahre

fich dagegen verſitäten

Er gehörte der Kapelle als

Saſtrati an , und ein

Fräulein

als : er

deffenungeachtet

Lichtwehr

in

heiratheter erhob

großes Geſchrei der Geiſtlichkeit und die Uni

ftritten ſich darüber, ob eine ſolche Ehe gültig ſein

könne ; fchließlich entſchied der Kurfürſt für ſeinen Günſtling, nachdem

dieſer eine Kirche zu bauen verſprochen hatte, und

damit fand der Streit, ein Ende, nicht aber die Spöttereien , die : 1685 noch ein Buch „ Eunuchi conjugium , à Delphino ober die Rapaunenbeirath " brachte :

Sorlyfi, der fehr reich

war, iſt noch dadurch bemerkenswerth geworden , "daß er Län = dereien vor

dem

den ſogenannten

Wilsdruffer

italieniſchen Garten , den

bei Dresden , anlegte ; den 2013

Die

Thore ankaufte und auf ihnen

ihm

Theater- und Balletvorſtellungen

Riefenſaale des Schloſſebi und ſtatt, fpäter in dem ſtein

am

ſchönen

erſten

fanden

Inventionshauſe zu

Comödienhauſe , zu dem

1. Auguſt 1664

Kunſtgarten

Johann Georg ſpäter abkaufte.

gelegt und das

in

dem

Dresden

der erſte Grund dann , von dem

harten Pirniſchen Steine von Grunde aus nach

ita

lieniſcher Struktur fo groß und geräumig aufgeführt wurde, daß zweitauſend Menſchen fönnen .“

Im

gar füglich

darinnen zuſchauen

Jahre 1668 wurde auch das Ballhaus (zum Ball:

dlagen ) zu Dresden erbaut und 1672 und im folgenden Jahre das für das Vergnügen der Bürgerſchaft eigentlich beſtimmte neue Schießhaus, in das der Hof aber auch öfter gekommen iſt. IsmoAndere Vergnügungen

der

kurfürſtlichen

Familie und

des Hofftaates , die ſich jämmtlich durch ihren großen Glanz

52

auszeichneten , waren

die Kingelrennen

zu

Pferde und die

Tourniere zu Fuß , die oft bei Fadelbeleuchtung des Nachts abgehalten wurden und an denen nur der alte Adel, der die Wappen ſeiner ſechzehn Ahnen dann in den Schilden führte, theilnehmen

durfte, die Wirthſchaften , bei denen

das kurs

fürſtliche Paar in ländlicher Kleidung dte . Wirthe, die Prin zen und Prinzeſſinnen. Aufwärter und Mägde , die Perſonen des Hofſtaates

endlich

die Gäſte , die von

jenen

bewirthet

wurden , vorſtellten , ferner Feuerwerke zu lande und zu Wal fer, die damals erſt in Aufnahme kamen , die Schlittenfahrtet , bei denen der Lurus in Ausſtattung der Schlitten und Pferde den höchſten Grad erreichte, Maskeraden Eines

der Lieblingsvergnügungen

u. a. Johann Georgs war

die Jagd, die ſchon ſein Vater ſo ſehr geliebt und hochgeſtellt hatte und die damals theils durch Hegen, theils durch Zuſam mentreiben des Wildes durch die Bauern bewerkſtelligt wurde. Ein Bericht vom

26. Oktober 1677 rühmt zwar, wie dadurch

bei denen Unterthanen viel Lamentirens, Schaden und Un: bes heil abgewendet worden ," es möchte aber doch ſtark zu

zweifeln ſein , ob die Unterthanen , die zum Treiben felbft zu ſammengetrieben wurden und deren Felder gewiß nicht zu ängſtlich geſchont worden ſind , mehr Vortheil als Nachtheil von 1

dieſen wilden Jagden des Hofes gehabt haben . Derſelbe Bericht fagt : Vom 9. Oktober 1656 bis zu

Ende dieſes Jahrs, und alfo in 21 Jahren , hat Kurfürſt Jos hann Georg II . zu Sachſen , in Ordinar-Schießungs -Zeiten , wie auch Hirſchfeiſten , Hirſch - Prunfften und wilden Schwein Hagen , inclus. deſſen , was Stadt in Haaren und in

ſo wohl vom

Lande zur Hof

Salze geliefert , als zum

Deputat

abgegeben und verſchendet worden , die Anzahl an Wildpret In

allen

gebracht auff 96862 Stüde, als

11175 Sirfbe,

53

21584

Stücke Wild, 3354 Wild - Kälber , 1945. Mehebode,

12885 Rebe, 91 Rehe-Kälber , 769 Thann -Hirſche, 481 Stüde Thannwild , 415 Thannwild-Kälber, 1951 hauende Schweine, ‫ܘܬ‬ 520 angehende Schweine, 1961 Reyler, 10074 Bachen, 6026 Friſchlinge.

Item

4 Löwen, 4 Löwinne, 2 Tyger, 1 Bragt,

142 Bähre, 61 Bährinne, 1363 Wölfe, 682 Wölffin, 90 Lüre, 92 Lürin , 14948 Haſen , 2339 Füchſe, 933 Dächfe, 558 Bie ber,1508 Fiſch-Ottern , 144 Marder, 243 wilde Staßen , 638 Elthiere, 699 Eichhörner, 65 Wiefeln, 75

Hamſter, 1 Indias

niſche Baum - Staße, 1 Affe , 2 Pavian , 1 Cascon, 1 Mummenet, 1 Ziebeth - Kaße , 2 Meer-ſaßen und 1

Indianiſche Mauß ."

Bei einzelnen beſonderen Gelegenheiten ging: es beſon ders rauſchend und glänzend mit Hoffeſtlichkeiten zur So

am

!

wurde am

19. Oktober 1662 , nachdem

die Verlobung ſchon

29. December deß vergangenen Jahres ſtattgefunden hatte,

das Beilager zwiſchen

des

Kurfürſten

Tochter Erdmuth So

phia und Markgraf Chriſtian Ernſt zu Brandenburg - Culma bach

in

überall liche

Dresden

vollzogen . „ Bei dieſen Solennien ging es

ſehr prächtig zu , indem Ring- Quintana, und

faft Königliche Aufzüge, ſtatt koſtbare

Gefellen - Rennen , uff

uhralte Römiſche Pracht und Helden -Manier, wie auch Stahl-Schießen nebſt einem und

ein

fürtrefflichen Feuerwerke gehalten

loßgebrandt, auch hierüber noch ein beſonderer Aufzug

von allerhand lebendigen Thieren fo man nur haben mögen , praesentiret wurden . würde

Zum

eine beſondere Münße

Andenken

des

Hauptſchteffens

gepräget, worauff

zu leſen :

V. G. G. Šobann Georgs des andern , Herzogs und Churfür: ſtens zu Sachſen , auch Burggrafens zu Magdeburg gehalte nes Hauptſchieſſen zu Dreſden , 1662. uff der andern Seite: Mediante Deo &

Amore , Existente Pace & Concordia .

Eine andere Gelegenheit zu

großer Feier nnd Hofluft

54

barkeit war die Einholung

des

Kurprinzen und ſeiner jun

gen Gemahlin Anna Sophia , älteſter Tochter König Fried richs III. von Dänemark, zu Dresden am 31. December 1666 . Das Verlöbniß penhagen

ſtattgefunden , wohin

tung feines ben

hatte bereits am

Vaters und

11. Oktober

1663 zu Ko

ſich der Kurprinz in

Beglei

des Hofpredigers Dr. Weller beges

und wo unter anderen

Seehundsjagd von Schiffen

Feſtlichkeiten

damals auch eine

aus mit Piſtolen

hatte, und das Beilager war am

ſtattgefunden

9. Oktober 1666 zu

to

penhagen vollzogen worden . Das Bruders

Jahr 1669 brachte: einen Beſuch des kurfürſtlichen Auguſt bei Gelegenheit der

genannter

Taufe des

erſten

aus

Ehe entſproffenen Sohnes, des ſpäteren Kurfürſten

Johann Georg IV ., und bald darauf eine englifche Geſand ſchaft, die dem

Kurfürſten von Rönig

Ritterorden

des

blauen

Carl II, den . englis

.

fchen

Hoſenbandes überreichte , was

dem hohen Herrn nicht wenig ſchmeichelhaft war und er wür big feierte. Vortheilhafter für das Land

als dieſe prunkreichen und

koſtbaren Vergnügungen , die Nichts hinterließen als umſtänd liche Beſchreibungen und den Ruf von des Kurfürſten Pracht liebe und Verſchwendung, waren

die Bauten

und Anlageni,

mit denen legterer beſonders Dresden verſchönerte, das damals noch fehr unanſehnlich war. ", Von

dem

Schauſpielhauſe , Balhauſe und Schießhauſe

haben wir ſchon geſprochen ; andere Bauten waren das Reit haus am Schloffe, an deffen Stelle fich jegt der Zwinger bes findet, die Elbbrüden zu

Dresden 'und Torgau , die Wieder

herſtellung und Ausſãmüdung des Dresdner Schlöffes , dann wurde der italieniſche Garten kurfürſtlich und der große Gar ten neu angelegt.

Die Kunſtkammer wurde um viele koſtbar

55

keiten und Seltenheiten

bereichert, die Bibliotheť aber mehr

vernachläffigt, wað nicht für die Behauptung Einzelner, daß Johann Georg große Gelehrſamkeit beſeffen

Von

einer anſehnlichen

habe, ſpricht. :*

herumziehenden Schauſpielerge

1

fellſchaft iſt damals auch ſchon die Redes Wandernde Cos mödianten und Saukler muß es allerdings ſchon genug gege ben

haben , denn

eine kurfürſtliche Verordnung vom

März

1661 verbietet ihr Auftreten außerhalb der Comödienhäuſer , wie bei derſelben Gelegenheit allen Bürger- und Bauerſpiel leuten

bei Familienfeſten , Fahrmärkten und

brauch

der Trompete und Poſaune bei einer Strafe von hun

Tänzen der Ge

dert rheiniſchen Goldgulden und Abnahme der Trompete una terſagt wurde.

Die vorgenannte

Leipziger Studenten

unter

Geſellſchaft, die fich aus

Johann

Velten

oder

Veltheim

bildete und fich kurſächſiſche Komödianten nannte, war aber befferen

Schlages

und zeichnete ſich durch

die Wahl ihrer

Aufführungen und Darſtellungsweiſe vortheilhaft aus; fie bez reiſte Berlin ; Nürnberg , Hamburg , Frankfurt, Breslau und Leipzig : Die kurfürſtlichen

Staatsbehörden waren

Geheime Rath , der die wichtigſten außen hann

und innen hin verhandeln

politiſchen

zunächſt der Fragen

nach

half; er zählte unter Jo

Georgs -Regierung anfangs ſteben , dann acht Mitglie

der, unter denen der Baron Heinrich von Frieſen gewiß der

1 redlichſte und gebildetſte war ; mit Ausnahme von Strauch und Kelengel war er nur aus. Adligen zuſammengefeßt. Kurprinz wurde den und nahm

11. Februar

1663 in

ihn

während feines Aufenthaltes“ zu Dresden

ſeinen Sißungen Theil.

Der

eingeführt oft an

Die zweite Behörde war die Regie

rung , die aus einen Kanzler und ſieben Hofrathen gebildet wurde ,

dann

die Kammer , aus

einem

Direktor und vier

56

Räthen beſtehend, das Oberkonfiftorium ein Vorſigender und vier geiſtliche Käthe, das Appellationsgericht, ein Präſident und acht Räthe,

die Oberhofgerichte zu Leipzig

und Wittenberg, die Kriegskanzelei , ſeit Georg III. der Ge heime Kriegsrath, der ſechs bis neun militairiſche Räthe hatte, und die Direktion der Steuern , die unter beſonderer Aufſicht der Stände blieb . Bei ſeiner natürlichen Gutmüthigkeit und ſeinem fhwan kenden Charakter wurde Johann Georg von

ſeinen

Näthen

die es nicht alle ſo ehrlich meinten und ſo unbeſtechlich waren wie der wacere Heinrich von Frieſen , nur zu leicht gelenkt; obgleich er dies felbft einſah, denn er klagte zuweilen trguen darüber, ſchwach, ſich ihrem

im

Vers

daß fie alle Schelme ſeien,“ war er doch zu Einfluſſe zu entziehen , und hatte gewöhn

lich einen Liebling, dem

er vollkommen vertraute und der ihn

gewiſſermaßen beherrſchte.' Abraham

von Sebottendorf und

Rechenberg waren die erſten, nach deren Tode aber noch ent ſchiedener der Geheime" Rath von Wolframsdorf, der wahr ſcheinlich auch den Hauptausſchlag in der für Kurſachſen ſo nachtheiligen Erfurter Angelegenheit und bei dem des Bündniſſes mit Ludwig XIV . von hat.

Abſchluffe

Frankreich gegeben

Man fagte damals , die Abtretung der Erbhoheit und

Schußrechte auf die Stadt Erfurt ſei gangen und viele unleidliche Dinge ſeien

mit Kräutern

zuge

bei des Kurfürſten

Indulgenz von ſeinen Dienern mißbräuchlich unter Blanquetten und anderen böſen Arten prakticiret worden ," weswegen Johann Georg

III. fich auch ein kaiſerliches Salvatorium

ſeiner Anſprüche auf Erfurt geben

ließ

in Betreff

und ſich über eine

folche „ illegale und beſchwerliche Alienation " verwahrte. Man

1

behauptete, es ſei viel Geld und Fuder Wein in die Hände und Keller der Miniſter gerathen ,

einige derfelben ſollten

57

fogar förmliche Gehälter von Frankreich beziehen . dorf, der die

Wolframs

Titel eines Oberhofmarſchals, Kammerherrn ,

Oberhauptmanns des Leipziger Kreiſes und Amthauptmanns von Leipzig, Coldiß , Rochliß, Leisnig und Borna bekleidete, wurde wohl mit Recht am

fchwerſten

beſchuldigt

Johann Georgs III. Regierungsantritt Nemtern entbunden .

und bei

ſofort von

ſeinen

Beſſer als die meiſten ſeiner Räthe bedienten , den Kur fürſten die beiden Oberhofprediger , die er in ſeiner Regierungs zeit hatte, anfangs der Dr. Weller bis 1664, dann Dr. Mar tin Geyer, der ſeines fürſtlichen Herrn Schwächen von der Kanzel herab oft übel mitſpielte, ihm aber doch aufrichtig ergeben war.

Dieſe beiden Männer

hatten großen Einfluß

auf Johann Georg, mißbrauchten ihn

aber nicht, obgleich er

fich ihnen in großer Frömmigkeit unterwarf. As im Jahre 1680 die Peſt Sachſen Heimſuchte, begab Johann Georg fich auf das Schloß Friedenſtein nach Frey berg , woſelbſt er nach der Einſegnung durch Dr. Geyer am 22. Auguſt***1680 im Ater von achtundſechszig Jahrenni ftar .

Von

ſeinen Kindern

Nachfolger

in

hinterließ

nur

er

der Kurwürde, denn

ſeinen

Sohn

und

Erdmuth Sophia war

fchon zehn Jahre früher geſtorben , feine Gemahlin ſtarb erſt im Jahre 1687. *

Die

feierliche Beiſeßung ſeines Leichnams erfolgte am

10. Detober

deſſelben

Domkirche zu Freyberg .

Jahres

in

dem

Erbbegräbniſſe

der

3d

este

oys

1 .

11.12

.

.

. .

,

‫میر و‬ +

167" : ; "

sr

Season 1:

II .

Johann

Georg

III.

(1680-1691 .) V

i ert é $

a pite I.

f Regierungsantritt Johann Georgs II . Seine Erziehung und ſein Charakter. Proteftation gegen das Teftament Johann Georgs I. und Ver handlungen mit den Mébenlinien . - Huldigung. – Die Schlacht bei Wien. - Des Kurfürften Reiſe nach denedig und sädfiſche Gruppen in Morea . Belagerung von Ofen, - Streitigkeiten mit Sur-Brandenburg, - Der lauen burgiſche Erbfolgeftreit.' - Bemühungen Sohann Georgs gegen die Anmagun gen Ludwigs XIV. Der Reichskrieg gegen die Franzoſen . Belagerung Der von Mainz. God Herzogs Chriftian zu Sachſen - Weißenfels.

Hans Kurfürft übernimmt das Oberkommando über die Reidsarmee . Beiſetung der Leiche. Tod des Kurfürften . Adam von Schöning. ***

Der Regierungsantritt

Johann

jeder Beziehung, ein unruhiger .

Georgs

III. war in

Zunächſt verwüſtete die Peft,

1

übrigens die legte , welche nach Sachſen kam , das Land und eør ſtarben an ihr 11,517 und zu

und fonſten; und inſonderheit zu Dreßden

Leipzig 3212 Perſonen ."

Dann fand der

neue Kurfürſt eine ſo vollſtändige Zerrüttung des Finanzwe fens vor, daß der Staats- und Hofbanquerott vor der

Thür

zu ſtehen ſchien, und obenein brachte er den feſten Entſchluß mit fich , ſeinem

Hauſe wieder zu den Rechten zu

die

ſeines

ihm

durch

gen waren .

verhelfen,

Vaters Schwachheit verloren

gegan

59

Johann

Georg

III. hatte allerdings eine ebenſo

vollkommene Bildung genoffen als fein

una

Vater , denn ſie bes

ſchränkte ſich nur auf Lateiniſche und theologiſche Wiffen ſchaften , fein hatte ſich

Charakter, war aber

durch

ganz anderer Art und

die militairiſche Erziehung , die ihm

Hans Kuffer wurde, in andere Bahnen

gelenkt.

durch

Von Natur

lebhaft und, wenn man ſo ſagen darf, abenteuerlich geſinnt, voll Straft und Entſchloſſenheit, die allerdings nicht immer ſtichhaltig

blieb ,

in

allent ritterlichen

ausgebildet, felbft in fahren , neigte er

Uebungen vollſtändig

den Militairwiſſenſchaften

fich

vorzüglich dem

ziemlich

Kriegsweſen zu .

Proben von ſeiner

Befähigung als General, die er in

erſten

Feldzuge abgelegt

franzöſiſchen

nicht glänzend , Sdlacht bei

ſein

perſönlicher Muth ,

Sinzheim

Jahre

1672

der

(1674 ) beinahe in

gebracht hätte, war aber über allen dem

hatte, waren

Landvoigt der

ihn

er: Die dem

freilich in

der

Gefangenſchaft

Zweifel erhaben.

Seit

Oberlauſiß , hatte er mit

feiner Gemahlin zu Budiffin (Baußen ) eigenen Hof gehalten und hier bei Weitem widelt wie der

nicht eine fo übermäßige -Pracht enta

Dresdener Hof. : Erwartete man daher auch

einen für das Land weniger drückenden

Zuſtand unter ſeiner

Regierung; fo follte man doch bald gewahr werden, daß die ſchädliche Neigung des Vaters zur Entwickelung übertriebener Pracht durch

die' des Sohnes zur Kriegführung vollſtändig

erſeßt wurde und daß die

Forderungen , die

legterer an das

land ſtellte, demſelben noch ſchwerere Opfer zumutheten, als bisher hatten

gebracht werden müſſen.

.

Der erſte Schritt von

that, war , den

herrſchenden Peſt wegen hatten , durd

Bedeutung , den

Landſtänden , die

fich, der in

Johann Georg Dresden noch

dieſes Mal in Meißen

feinen Kanzler und Geheimen

verſammelt

Rath Gebhard

60

von Miltig

eine Proteſtation gegen den

Hauptvergleich vom

freundbrüderlichen

Jahre 1657 vorlegen zu laffen ; darin

verlangte er die vollſtändige Anerkennung ſeiner Dberhoheit, gegen welche die Nebenlinien manche Zweifel zu nen , und die Wiederherausgabe

erheben ſchie

der Schriftſaſſen

aus den

Aemtern Weißenfels, Freiburg, Delißich, Bitterfeld und Zör big.

Das Haupt der Weißenfelſer

Adolph , gab den

Forderungen

Linie, Herzog

des Kurfürſten am

Johann ſchnellſten

nach, und in zwei zu Torgau (den 12. Mai und 29. Juni 1681) abgefchloſſenen Vergleichen , fo wie in dem tionsreceffe vom

Dresdner Eluciða

12. September des folgenden Jahres einigte

man ſich dahin , daß die vorgenannten Anträge Johann George bewilligt, das Fürſtenthum Sachſen -Duerfurt in Form ewigen Bundes "

unter Kurſachſens Erbſchuß

Steuervereinigung abgeſchloſſen ausgegangenen gültig würden.

Dekrete

auch

eine

Kurfürſten

Herzogs Unterthanen

Die Verhandlungen mit der

wurden durch den im

geſtellt,

und die von dem für des

eines

Zeiger Linie

December erfolgenden Tod des dortigen

Herzoge Moriß unterbrochen , und fein noch unmündiger Sohn Morig Wilhelm , über den der Kurfürſt in Gemeinſchaft mit dem

Herzoge Friedrich von Gotha, dem

Teftamente des Hera

zogø Moriß gemäß , bis zu feinem einundzwanzigſten Jahre Johann Georg die Vormundſchaft führen ſollte , weshalb auch die Adminiſtration der Länder übernahm , fo wie Her zog Chriſtian von Merſeburg wandten Klage, daß

Johann Georg

ficy fogar mit einer

den freundbrüderlichen Vergleich

umſtoßen wolle, an den Staiſer.

Diefes Verhältniß hatte eine

Menge von Streitigkeiten und Proteſtationen zur Folge, die fich bei Johann Georgs Tode noch nicht erledigt hatten .

Erſt am 22. Juni 1681 ließ fich wegen der noch immer nicht ganz erloſchenen Peft, deren Aufhören erſt im

folgenden

61

Monate

durch

wurde,

ein

allgemeines

Dankfeſt im

Lande gefeiert

Johann Georg zu Leipzig von der Ritterfchaft, dem

dortigen

Kathe und

der Univerſität huldigen , worauf er

* wieder nach Baußen zurückkehrte, fich

dann am

9. Septem =

ber nach Dresden begab und hier acht Tage ſpäter die Hul digung empfing. Nachdem die vorgenannten Streitigkeiten den erſten Theil ſeiner Regierung ganz ausgefüllt hatten, erhielt er von Kai ſer Leopold die Aufforderung, ſich mit ihm

gegen

den dro

henden Einfall der Türken , die ſchnelle Fortſchritte machten und ſich durch Ungarn auf Wien warfen , zu perbinden , und am 4.

Juni 1683 kam

Schon

im

hierüber

ein

Bündniß zu

Stande.

nächſten Monat hatte der Kurfürſt 11,000 Mann

kampfbereit

und

bei

Dresden

geſammelt , und

rüdte

am

28. Juli mit dieſen Truppen ſchleunigſt nach Deſterreich , um zu der kaiſerlichen Armee unter des Herzogs Carl von Loth ringen Befehlen , die das durch Belagerung ſchwerbedrängte und vom

Feldmarſchall Stahremberg heldenmüthig vertheis

digte Wien

entſeßen ſollte , zu

ſtoßen ; unter

dirten der Generalfeldmarſchall von Golz und

ihm

komman

die Artillerie

der Oberft Ruffer. Die türkiſche Armee, unter dem nach dem sin

Ungarn erfolgten

Wien

ſeit

fchon

Bezier Stara Muſtapha

Tode des Sultans, belagerte

beinahe drei Monaten

250,000 Streiter; dem

Kaiſer , der

und

zählte ' gegen

ihr nicht viel mehr als

dreißigtauſend Mann gegenüberzuſtellen

hatte, ftrömten nun

von allen Seiten Hülføvölker zu ; außer den Sachſen : Baiern , Schwaben , Franken und

ſogar 26,000

Polen junter ihrem

Könige Johann Sobieski, fo daß die verbündete Armee auf die Stärke von mehr als 80,000 Mann

kam .

Am

12. Seps

tember griff Herzog Carl entſchloſſen anz fein Heer war in

62

drei Treffen formirt, die Sachſen ſtanden Anführung ihres Kurfürften auf dem dorf.

unter perſönlicher

linken Flügel bei Nuß :

Sie hatten einen harten Kampf zu beftehen , bei dem

1 ſich beſonders das Dragonerregiment Graf von

Reuß aus:

zeichnete und die Artillerie ſehr vortheilhaft wirkte; der Kur : fürſt ſelbſt ließ ſich von ſeinem

tapfern Ungeſtüm

zu weit

fortreißen und wurde nur mit Mühe von dem

Oberft oder

General Hans Rudolph von Minkwiß gerettet.

Den

Polen

und Sachſen beſonders verdankte man den glänzenden Sieg, der über die Türken 'erfochten wurde, ſo daß dieſe ihr Ges ſchüß, ihr Lager und reiche Beute

im

Stiche laſſen mußten

und ſich in vollſtändige Flucht auflöſten . Johann Georg

fiel keine große Beute zu , ſechs Kanonen

nämlich , einige türkiſche Zelte und ein Elephant; überhaupt zeigte ſich der Kaiſer ihm

gegenüber ebenſo " ſtolz und, un

dankbar wie den andern Fürſten und befonders dem könige , der ihm

Polen

ganz, unintereſſirt Beiſtand geleiſtet hatte.

Wahrſcheinlich dadurch gekränkt und erzärnt , reiſte er bald darauf nach Dresden zurück , woſelbſt er ſchon ben Monats eintraf.

Der inzwiſchen

am

19. deſſel:

nach Leipzig berufene

Kreistag , der, ehe man noch die Nachricht von der entſchei: denden Shladt bei Wien hatte , über weitere kräftige Maß nahmen

gegen

die

Türken, berathen

ſollte,' löfte 1fich

am

28. Auguſt unverrichteter Sache auf, weil die Gothaiſchen Geſandten

in ihrem

ceremoniellen Auftreten Anſprüche mach

ten , welche die kurſächfiſchen

Vertreter mit

der Würde ihres

Heren nicht für vereinbar hielten . 3430 Bu Ende des Jahres 1684 entſchloß

ſich Johann Georg

zu einer Reiſe nach Venedig, nicht politiſcher Angelegenheiten halber, ſondern nur um an den theilzunehmen.

Am

Puſtbarkeiten

28. December verlief

des Carnevals er Dresden

und

--

17

63

kam

am

15. Januar ,zu Venedig ån , wo er fich

incognito

1

aufhielt und

ſich ganz -ſeinem

Vergnügen

Vertrag zu

hingabe indeſſen

Dogen

***

verſäumte er dabei nicht, mit dem

ſchließen , demzufolge er ihm

Contarint einen

dret fächſiſche Regi

menter, jedes zu 800 bis 1000 Mann , zu dem

Türkenkriege

in Morea förmlich verkaufte.) Dieſe Truppen

fochten unter

den

Befehlen

der

Oberſten

Schönfeld

und

wacker in verſchiedenen Schlachten , und im der Kontrakt abgelaufen war , ihnen am

nach

der Heimath- zurück.

28. Februar 1685

nachdem

kehrte

von

Toppauer ſehr Jahre 1687, als

nur ein

Drittel von

Der Kurfürſt war ſchon

Venedig wieder abgereift , iund

er Augsburg beſucht hatte, kehrte er am

15. April

in ſeine Hauptſtadt zurück. ---

Johann Georg

hegte nicht eine ſo blinde Ergebenheit

für den Kaiſer wie ſeine Vorfahren , auch war für ihn gerade kein Grund vorhanden , ſich jenem weiſen , nachdem

beſonders dankbar zu be

er für die Entſegung Wiens keine Belohnung

erhalten und Leopold ihn in dem

Streite mit den Herzögen

von Zeiß und Weißenfels keineswegs begünſtigt hatte.

Daher

war es wohl nur ſeine Neigung zum Kriege und. Nuhmſucht, die ihn im

Jahre 1686 bewogen , das Kaiſerhaus mit fünf=

tauſend Mann

jeiner

Truppeu , unter

Anführung

Chriſtians von Sachſen -Weißenfels wiederum ken in Ungarn zu unterſtüßen .

Herzog

gegen die Tür

Die kaiſerliche Armee beſtand

aus Defterreichern , Brandenburgern, Batern, Sachſen, Fran = ken , Schwaben

und Rheinländern , im

dreihundert Geſchüßen , und

100,000 Mann mit mehr als wurde wieder von Es handelte

dem

Ganzen aus gegen

Herzog

fich vorzüglich um

von

Lothringen

befehligt.

die Einnahme der

Stadt

Ofen , die ſchon bunderfundfünfundvierzig Jahre früher an die Türken

gekommen

war.

Die Belagerung begann

am

64

Kämpfen

harten

und nach vielen

24. Junt,

Tage die beſonders

es am

tam

2. September zum Sturm , der die Stadt und am

folgenden

Citadelle in die Hände der Reichsarmee lieferte; ausgezeichnet hatte fich dabei der kurbrandenbur

giſche Generallieutenant von Schöning, unter deffen Befehlen an

dieſem

Tage auch die Sachſen

fochten und von dem

im

Centrum

der Armee

ſpäter noch weiter die Rede ſein wird.

Am 6. September rückten

Truppen wieder in ihre Hei

die

math ab. Am

9. September des folgenden

Jahres fand zu Wien

die feierliche Belehnung des Sturfürſten , der fich dabei durch feine Räthe Graf von Dr. Jacob Born

Zingendorff, Wolff Martini und

vertreten ließ , von Seiten des Kaiſere ſtatt.

Ein Streit mit Kurbrandenburg wegen der Voigtey über das Stift Quedlinburg , worauf erſteres jeßt feine Anſprüche erneuerte ,war durch den Conkordienreceß vom 18. Februar 1685 mit der Uebtiffin vou thea vom

Quedlinburg, Prinzeſſin

Anna Doros

Hauſe Weimar beſeitigt worden , ebenſo ein

rer, da Brandenburg Querfurt machte , am

ander

Anſprüche auf das Reichsfürſtenthum 22.

Juli

1687 dadurch

ausgeglichen ,

daß das Amt Burck ihm überlaſſen wurde. Als

bei dem

burg (September

Tode Herzog Julius Franz's von

1689) fich das lauenburgiſche Reichsleben

erledigte, traten eine Menge Bewerber darum oderi minber vollwichtige Anſprüche waren

auf, die meht

darauf vorbrachten ; es

dies Kurſachſen , die Herzöge der erneſtiniſchen

Herzog Georg Wilhelm und Anhalt.

Lauen

Linie,

von Braunſchweig - Celle , Meklenburg

Außer den

alten Anſprüchen begründete Kurs

fachfen fein Recht durch die zwiſchen Kurfürſt Johann Georg II. und Herzog Julius Franz am

3. September 1671 geſchloſſene

Erbverbrüderung über die Laufiß undSachſen -Lauenburgiſchen

65

Länder, wobei auch die Streitigkeiten über Führung der Kur fchwerter im war, daß

Lauenburgiſchen Wappen dahin erledigt worden

dieſe nicht im

Haupt-, fondern legten Schilde ge

führt werden ſollten . Der Kurfürſt war daher von allen Bewerbern wohl am meiſten im Recht, wenn er fymboliſch von dem

Lande Beſit ergriff, der Herzog" von Braunſchweig

Celle bediente fich aber der Gewalt, Bertrieb die ſchwache kur fächſiſche Garniſon , und da

Johann Georg, ſeinem

ſonſtigen

Charakter zuwider, die Gewalt nicht mit Gewalt vertrieb und dem Kaiſer die Entſcheidung überließ, blieb jener im

Beſige';

er verglidh fich ſpäter mit Kurfürſt Friedrich Auguft, der ihm ſeine Anſprüche an das Land gegen

1,100,000 Gulden" und

den Titel von Engern und Weſtphalen abtrat. Uebrigens war in Anſpruch

Johann Georg damals auch anderweitig

genommen .

waren nach dem

Die Anmaßungen

Frieden zu Nymwegen

der

Franzoſen

immer unerträglicher

geworden , fie hatten deutſche Landestheile unter allerlei Vor wänden an ſich zu bringen gewußt, wie neuerdings die Stadt Straßburg.

Johann Georg , von ächt

deutſchem

Patriotis

mus beſeelt, durchſchaute die Gefahr redit gut und war ent jchloſſen , ſich ihr

kräftig entgegenzuſeßen ; er hatte

auch mit Brandenburg , dem

er

abgerechnet, gewogener zeigte als ſein Vater, den Finſterwalde (8. April 1681) zu Frankreich

deshalb

fidy, einzelne Streitigkeiten Vertrag zu

gegenſeitiger Unterſtüßung,

abzuwehren , geſchloſſen , ſeine Vorſtellungen bei

Friedrich Wilhelm von Brandenburg aber , daß jegt die Stunde gekommen

fei, jene Verabredungen zur Ausführung zu brin

gen , „ da Ludwig's XIV: Uebermuth danach ſtrebe, die deutſche Kaiſerkrone an

fich zu bringen und Deutſchland

zu

unter

jochen ,4 ſcheiterten än des großeni Kurfürften Empfindlichkeit gegen das Raiferhaus. " Vertraute Geſchichte. Sadſen . 1. BD.

5

66

Der Augsburger Bund zwiſchen dem Schweden , Baiern und den

fächſiſchen

Kaiſer , Spanien, Herzogthümern war

bisher audy unthätig geblieben und verkannte die Gefahr, bis Ludwig XIV . ſelbſt den Krieg erklärte und die Rheinlande mit ſeinen Heeren überſchwemmte.

Da brachte Johann Georg

zuerſt eine ſchlagfertige Armee zuſammen und rückte mit ihr (23. October 1688 ) dem Reichsarmee unter dem ſammen war , langte am dem

begab

Feinde entgegen .

Als die deutſche

Herzoge von Lothringen er

ſich

für

endlich zu

ſeine Perſon

zurück und

1. Februar 1689 wieder in Dresden an .

er hier den Titel eines „ gefürſteten Grafen

zu

Nach Henne

berg “ angenommen hatte, reifte er im Mai ſchon wieder zur Armee, wohin ihn dieſes Mal ſeine Söhne begleiteten , und ſtimmte in dem

Striegsrathe zu Frankfurt , an dem

der Her

zog von Lothringen , der Kurfürſt von Baiern und der Land graf von Heſſen -Caſſel theilnahmen , für die Belagerung von Mainz, die auch am Hier wurde am

7. Juli ihren Anfang nahm . 24. Auguſt Herzog Chriſtian zu Sach

ſen -Weißenfels , der als kurſächſiſchen erſchoſſen .

Truppen

unter

dem

Ein Bericht darüber

Als dieſer Herzog er den

Generalfeldmarſchall- Lieutenant die

ganzen

Kurfürſten lautet im

an beſagtem

kommandirte,

Auszuge:

24. Auguſt, nachdem

Tag und auch vorher viel Ahnungen

auch davon geredet, gegen Abend um

4 Uhr mit dem

fürſten

geritten

in

Baiern in die Approchen

gehabt, Kurs

und bis auf

die Redoute , St. George genannt, gekommen , daſelbſt aber nebſt dem kurbaierſchen Generalmajor von Steinau eine Com munikationslinie außerhalb gegen die Kapelle zu ziehen laſſen, hat ſich ſolche Verrichtung bis 9 Uhr Nachts verzogen , wo rauf der Herzog zu dem Kurfürſten in Baiern wieder zurüc in

bemeldete Redoute fich verfüget , mit demſelben allein fürz

-

67

fich geſprochen , fich beurlaubt und nach ſeinem reiten im

Quartiere zu

Begriff geweſer, in Willen und Meinung, fich bei

Beiten zur Ruhe zu

legen .

Da er aber

zum

Anfange der

großen

Batterie, wo etwas hoch zu

iſt ihm

der Generalmajor Degenfeld begegnet und der Her

zog durch ſeine Anſprache vom worden , ungeachtet ihn Ort etwas gefährlich

gehen geweſen , gelangt,

Fortgehen

der Stallmeiſter erinnert , weil der

und

der Feind

gemeiniglich

fchießen pflegte, es wolle derſelbe doch der Herzog aber

dahin zu

etwas eilen , welches

alſo beantwortet: #Habt Ihr nicht Bes

fümmerniß , es ſeynd mir mein den

etwas aufgehalten

Kopf geflogen ."

Lebetage mehr Kugeln um

Wie er nun von der Höhe herabſtei

gen wollen , iſt der unglüdliche Schuß geſchehen , welcher unter dem linken Schulterblatt hinein

und dergeſtalt durch die Lunge

gegangen , daß die Kugel oben am Halſe ſteden geblieben iſt, da fich denn

der Herzog aus rechter Todesangſt rings herum

gedreht und dem Stallmeiſter mit dieſen Worten in die Arme gefallen :

vir Jeſus, wie geſchicht mir, nun hab ich genung,

nur fort, daß ich hinein komme." Der Herzog ging aber dennoch faſt hundert Schritte bis auf die Redoute St. Magdelene, wo er und dann

fich verbinden

in einer Sänfte nach Hauſe geſchafft wurde.

ließ Un=

terwegs bat er fich noch felbft den Degen abgegürtet und zu feinem

Stallmeiſter

Tham

von Milkau geſagt:

,, Ich bedaure anießo niemand als die armen Musque tirer ; mein

Kurfürſt iſt nicht da , und andere find bleſſiret

und krank," bald darauf:

Habe ich Euch nicht geſagt, daß

es mein

Als ſich ſein Uebelbefinden ver

Tod ſein würde ?"

mehrte, ſagte er: „ Ich ſterbe in meinem dat und weiß, wie ich mit meinem

Beruff als ein Sol

Gott ftebe; ich bin hof 5 *

68

fentlich meinem Gott in der Welt treu geweſen, er wird mich audy im

Himmel auffnehmen als einen treuen

As der Feldprediger

ihm

zugeſprochen , hat er ſich gar

andächtig, erzeiget, fonderlich bei dem Spruche : guten dem

Fenecht."

Kampff gefämpfet u . f. w . , welchen

Ich habe einen

der Feldprediger

Herzoge vorgeſprochen und dabei gefüget, daß fie nun

auch mit Paulo alfo fagen könnten , iſt der Herzog ihm mit dieſer legten Rede. in's Wort gefallen : gehalten gegen meinen Gott!"

„ Ich habe Glauben

Dabei er ſich zum

Deftern

an die Bruſt geſchlagen , fich geftredet und ohne einiges un anſtändiges Geberden

den bei der Sänfte Nebenhergehenden

und Reitenden gleichſam

unter den Händen und gerade bei

der Kirche ſanft und ſelig verſchieden

iſt.

Sein Symbolum

und Leibſpruch iſt geweſen : „ Gott iſt mein

Felß und Stärke."

Wenige Wochen vorher

in

Kurfürſten

zu

hat diefer. Herzog

Sachſen von Biſchoffsheim

am

einem

an den

Main erlaffe

nen Handbriefchen , da er vorher einer Religionsänderung her wähnt, mit dieſen nachdrücklichen Worten konteſtatiret: „ Ich wolte lieber betteln gehen

als dergleichen

thun u . ſ. w ." : --

Die Belagerung , bei der der. Kurfürſt einmal felbft in Lebensgefahr gekommen ſein tember, an welchem in

folt, dauerte bis zum

11. Sep

Tage die Stadt kapitulirte.

: Der Kurfürſt kränkelte in der legten Zeit ſehr und kehrte

deshalb wohl auch ſo zeitig, ohne an

den weiteren

Kriegs

operationen Theil zu nehmen , nach Dresden zurück, wo er am 23. Oktober eintraf. Im

Januar des folgenden Jahres begab

er fich auf das

Schloß Hartenfels zu Torgau , woſelbſt er die Geſandten übrigen Leiden

fächſiſchen wegen

die in dieſem

Herzöge

der

empfing und ſeiner körperlichen

erſt ſehr ſpät zur Armee

am

Rhein

Feldzuge mannigfache Verluſte erlitt.

abging, Wahr

69

fdheinlich hätte er ſich auf Anrathen

ſeiner Aerzte auch

im

folgenden Jahre gar nicht wieder in das Krieglager begeben , hätte der

Staiſer

ihm

nicht unter'm

16. Mais das Oberkome

mando über die ganze Reichsarmee angetragen . chelte dem

Dies ſchmei

ruhmbegierigen Herrn aber“ zu ſehr, als daß er ſich

von der bedenklichen Reiſe hätte abhalten laſſen ſollen , und bald war er wieder im Felde.

ཝཱན

Auch

dieſes Mal richtete

die Armee nichts Beſonderes

aus , denn ſie verfolgte die Franzoſen

bei Sondhofen

zwar

über den Rhein , wurde von ihnen aber wieder zum Rüdzuge genöthigt.

Die

Schuld

daran ,

daß

kein

Schlag geſchah , lag hauptſächlich an dem rale Caprara und dem

entſcheidenderer

kaiſerlichen Gene

Feldmarſchall von Schöning , die in

gegenſeitiger Eiferſucht i intriguirten . Da Schöning eine nicht unbedeutende Rolle ſpielt, geben wir hier kurz ſeine Geſchichte bis zu

Johann Georgs. Tode ... ,,,

Hans Adam

von Schöning wurde als Sohn eines frü

heren .ſchwediſchen Mittmeiſters und Befißers des Gutes. Tam = fel bei Küſtrin

am

1. October 1641 gehören .

Nachdem

er

zu Wittenberg und Straßburg die Univerſitäten beſucht hatte, bereiſte er Frankreich und Italien , machte ( 1662) von Malta aus ſogar einen Streifzug der Galeeren mit, worauf er ſeine Reiſen noch ſepte.

längere Zeit durch Spanien

Bei der Rückkehr übernahm

zwiſchen verſtorbenen Eltern

3

des großen Kurfürſten gationgrath ernannte.

1

Militairſtande , wurde

und England fort

er die Güter ſeiner in

und trat ſpäter in

von Brandenburg , der Von

1666- an

die Dienſte ihn zum

widmete er ſich

Rittmeiſter , 1670

Oberſt, nahm

folcher an den Feldzügen in Weſtphalen und im

Les dem als

Elſaß Theil,

1675 in Pommern , wo er ſich bei Eroberung der Inſel Wol lin und der Feſtung Wolgaſt beſonders auszeichnete und in

70

Folge deffen ein der

ihn

zum

beſonderer Liebling feines Kurfürften wurde,

Gouverneur der Feſtung Spandau

Neue Lorbeeren

im

Felde gewann

ernannte.

er ſich bei Stettin

und

Stralſund , wurde Generalmajor und führte als ſolcher ein brandenburgiſches Truppenkorps in

das Herzogthum

gegen die Schweden , focht dort tapfer in dem

Preußen

unentſchiedenen

Gefechte bei Telſchen und kehrte dann wieder auf ſeinen nach Spandau zurück.

Poſten

1684 wurde er Generallieutenant und

Gouverneur von Berlin , ſo wie Oberſt der

Leibgarde, im

folgenden Jahre Geheimer Staats- und Kriegsrath .

Bei der

Erſtürmung Ofens erwarb er fich ſo hohen Ruhm , daß ihm der Kaiſer einen Ehrendegen überſandte , nachdem hatte.

Bei folcher

im

12000 Thalerr

er jede andere Belohnung ausgeſchlagen Auszeichnung und den

gungen ſeines Landesfürſten fehlen , und ſein

Werthe von

hohen Gunſtbezeu .

konnte es ihm

nicht an Neidern

heftiges, auffahrendes Weſen , ſeine Eitelkeit

unterſtüßen zuweilen deren Kurfürſt bis zu ſeinem

Intriguen ; indeſſen hielt ihn der

Tode.

Unter

Friedrich III. wurde

er zwar ſogleich Feldmarſchallieutenant und begleitete neuen Kurfürſten in

den

die Rheinkampagne gegen die Franzoſen ,

wo er ſich wieder auszeichnete und bei Weſel über den Rhein ging; hier ſcheinen ſeine Feinde, zu

denen fich beſonders die

Generale Schomberg

und Barfus rechneten , das Mißtrauen

des Kurfürften

erweckt zu

aber

haben ,

fie beſchuldigten

ihn ſogar, gewiß unrechtmäßigerweiſe, daß er von den fran und ein Streit zwiſchen Schös

zofen beſtochen worden ſei, ning und Barfus , bei dem

beide fich

ſehr weit

vergaßen,

veranlaßte den Kurfürſten , eine Unterſuchung gegen ſie einzu leiten , während deren wurde.

erſterer auf ſein Gut Tamſel verwieſen

Tief gekränkt, beſchloß er, in

und als Kurſachſen

ihm

einen

fremde Dienſte zu gehn,

Tauſch mit ſeinem

General

-

71

von Flemming anbot, willigte er ein und trat an die Spiße der fächſiſchen Armee , wohin ihm

mehrere brandenburgiſche

Offiziere folgten . Die Verdrießlichkeiten mögen das Leiden

zwiſchen

Schöning und Caprara

Johann Georgs noch 'verſchlimmert haben ,

im Lager bei Termenß an der Enz befiel ihn am

23. Auguſt

plößlich eine der anſteckenden Krankheiten , die viel unter den Soldaten herrſchten , und er mußte ſich nach Tübingen gen laffen .

Hier ſtarb er am

Seine Leiche wurde am

24. September unter feierlicher

Begleitung nach Freyberg gebracht und am der Erbgruft im

brin

12. September.

dortigen Dome beigefeßt.

11. December in Auf feinen

Da

hingang wurde eine Münze geprägt, deren eine Seite eine aus den Wolfen hervorragende Hand mit einer Fahne, worin das Jehovahzeichen , ſein Wahlſpruch war geweſen : „ Jehova vexillum meum , darſtellte mit dieſem Wahlſpruche als Umſchrift, die andere Seite enthielt die Worte: Joh . Georg III. Dux Sax . I. C. M. A. & W. S. R. I. Archi - M. Gallisque 20.

&

Elect.

Heros

gloriosissimus.

Jun . A.

N.

defenso

Imp.

à

Turc .

A. M. DC. XLVII. d .

duodec . Electoratus

felicissimi

ineunte .

Tübingae obit, ann . M. DC. XCI. 12. Sept.“ Zum Schluffe dieſes Kapitels bringen wir noch eine alte Beſchreibung ſeiner Beifeßung zu Freyberg, da ſie einen Bes griff von dem

damals bei ſolchen

zur Schau getragenem ceffion foll drei

Pompe zu

feierlichen

Gelegenheiten

geben vermag.

ganze Stunden , von

Die Pro

zwölf bis

drei Uhr

Nachmittagø , gedauert haben . 1 ) Die Eskadron

entblößten

vom

Degen ;

Leibregimente mit

umgekehrten

72

2)

hundert Musketiere mit umgekehrtem

3 ) ein

Gewehr,

Zeuglieutenant, ein Oberzeugwärter, zwei Zeuga

diener und 24 Büchſenmeiſter der Artillerie mit einem Rottmeiſter, - Dahinter 24 Stück Geſchüß, darauf wie der ein Zug von 4)

das Bataillon von der Leibgarde zu

Fuß mit umge:

Gewehr,

kehrtem 5)

24 Büchſenmeiſtern , wie vorher, -

die Leibgarde der reitenden

Trabanten , in Collets und

ſchwarzen Röcken , auf deren Wappen und auf dem

Rücken das kurfürſtliche

linken Aermel der Namenszug

di geſtickt geweſen , 6 ): 9 ' adlige Marſchälle im überzogenen Stäben ,

Trauerbabit und mit ſchwarz -

7 ) der kurfürſtliche Hofkantor im dem Kreuze, daneben Trauermänteln , -

14,8 ) 216

2

langen Rode und mit

Kirchenvorſteher

Freyberg'ſche Schüler, daneben

in

langen

8 Schuldiener ,

1. dahinter 4 andere, alle in langen Mänteln und Flor, 9)

30

Geiſtliche, dabei der Oberkonſiſtorial- und

Stic

! Thenrath Samuel Carpzovius, der die Leichenpredigt .. ...

hielt, hielt,

10 ) 3 Hofofficianten

in

Trauerkleidern ,

11 ). 1 kurfürſtlicher Heerpauker , davor ein Anderer , der die ſchwarzüberzegenen 12 ) ...!!!

Pauken trug,

3 Hauptmarſchälle, der in der Mitte mit einem

gold

beſchlagenen undmit Edelſteinen beſegten Stabe, dabin ter ein Page, der den Degen trug, welcher in der Kirche

/ auf den Sarg gelegt wurde, 13 ). die Oberforſtmeiſter , Jagdjunker , Offiziere von Ritterpferden und Defenſionern ,

den

73

14 ) die Mitterſchaft des Markgrafthums Meißen ,- ( 78 an der Zahl)

15 ) die Mitterſchaft der Landgrafſchaft Thüringen , (16 an der Zahl) 16 ) die Mitterſchaft des Markgrafthums Ober-Laufik (28 an der Zahl) 17)

3

Trauerkleidung ,' ite !

in

Hofofficianten

*

18 ) das

zweite

Paar Heerpauken , dahinter

Trom

12 See

. * ? peter,

Offiziere und Kammerjunker ,

619 ) die kurfürſtlichen

120 ) die 25 Provinzfahnen , von Grafen, Herren und hohen Offizieren

getragen , nachy jeder 2. Irtegsoffiziere, die

ein mit schwarzem

Tuche behangenes , auf den Seiten Provinzwappen verſehenes

*** und an der Stirn mit dem Pferd führten, daneben

ein reiſiger Knecht in kurzem

Mantel und Degen , - ,: ; ! 21) die Hauptfahne mit dem

pen , getragen 13 :

am

großen

1.3 kurfürſtlichen Wap

von Heinrich VI. Grafi Neuß , Gene

ralfeldmarſchallteutenant , daneben

zwei

Trabanten ,

saboite etwas zurück ein Lieutenant; darauf, dasiganz armirte Pferd , geritten Pflug im

von dem

Leibpagen

reiſige Knechte, ***

It'' *** Haugwiß, daneben

Oberhofmarſchall von

zwei Tțabanten ,

23 ) das große Lehenſiegel, getragen vom Pölniß, daneben

24 ) der Kurhut; auf einem tragen

Heinrich

Sony

: 22 ) das Aurſchwert , getragen : vom

Ernſt von

Adam

Cuiraß, daneben zwei Trabanten und zwei

Kanzler: Ludwig

zwei Trabanten ,

ſchwarzen Sammetpolſter ge

vom Oberſtallmeiſter Hans Georg von Schlei

niß , daneben zwei Trabanten ,

74

25)

Georg Ernſt von Bohrau , genannt Steffel, Oberſter der ganzen Artillerie , Johann

Georg Starck , Oberſter und

Inſpektor

über die Sivilgebäude, Hans Kaſpar von Klengel, Oberſtlieutenant der

Artillerie, 26 ) die kurfürſtliche Leiche in einem

vergoldeten

zinnernen

Sarge, darunter ein ſchwarzſammetnes Leichentuch, auf dem

Leichenproceßwagen ; auf jeder Seite des

waren

4 , zu Haupt- und Fußenden 2

in

Tuches

Gold und

Silber geſtickte vollſtändige kurfürſtliche Wappen , vier Kammerherren

trugen

die Zipfel des

Tuches.

Wagen war mit acht ſchwarzbehangenen fpannt, die an

Pferden be

Flören von acht Kriegsoffizieren

führt wurden ; über der Leiche trugen 8 Oberſten Baldachin

Der

von ſchwarzem

ge einen

Sammet mit ſchwarz und

filbernen Feſtons und darauf ſchwarz und weißen Fe derbüſchen . Voran

gingen

zur Linken und Rechten 8 Ober

ften , den Baldachin an Flören zu halten, zum Haupte 8 24

hobe Kriegsoffiziere , zu beiden

Seiten

General- Wachtmeiſter, Kammerherrn

der Leiche und

hohe

Hofbeamte , nach der Leiche ein Kapitainlieutenant und ein Trabantenhauptmann mit umgekehrten Partiſanen , außerdem

nach

außerhalb neben

den

Leichenwagen

16 adlige Ariegsoffiziere mit brennenden weißen Wachs kerzen , dann zu beiden

Seiten

20 Unteroffiziere und

Trabanten und noch weiter auswärts 12 Handwerker mit den nothwendigen Werkzeugen zur Einſenkung, 27)

Johann Georg

IV ., Kurfürſt zu

Sachſen , daneben

der Kämmerer von Planig ; zwei Kammerjunker tru

-

gen

75

die Schleppe, und zu

beiden

Leibpage Freiherr von Radniß

Seiten

gingen der

und ein Kammerdie

auf beiden Seiten 8 Offiziere und Tra

ner, daneben

banten i , ii

28)

Friedrich Auguſt , Herzog zu Sachſen , mit ähnlicher Begleitung,

29) . das Geheime Raths - Colegium , Capitulares , Sam merhofjuſtitien

und

Appellationsräthe, (21

an

der

Zahr), 30 )

2 Hofoffizianten , welche die Leibärzte, geheime Sekre taire , Doktoren und Stammerdiener, alle in langen

Mänteln , führen , 31)

2 kurfürſtliche Bediente, welche die Amts-, Oberberga amtsraths- und Gericht@pecfonen führten ,

32 ) der Pagenhofmeiſter, die 4 Grercitienmeiſter, die Kam

+

mer-, Jagds und Silberpagen , 33 ) die Lafaien mit Flören auf den Hüten , 34 )

die

Vierteldmeiſter

der

Bürgerſchaft

und

Knappa

ſchaft, 35 ) die gewöhnlichen

Hofdiener ,

36 ) ein Grabbitter, dem

die Bürgerſchaft folgt,

37 ) 2 Eskadrong vom Leibregiment mit umgekehrten Degen . .

Als der Sarg in der Kirche niedergefegt war, hielt der

Oberkonſiſtorialrath

Carpzovius

die Leichenpredigt, worauf

Trauerlieder geſungen und der Segen geſprochen wurde. dem

Bet

Liede „Mit Fried' und Freud ' fahr' ich dahin " wurde

der Sarg in die Gruft geſenkt, darauf Geſchüß-, Bataillons und Eskadronsfalven gegeben, worauf ſich die Proceſſion , als die Gruft wieder geſchloſſen worden , Schloß zurüdbegab.

auf das kurfürſtliche

76

Fü nfte $

a pitel

.. Hoffeftlichkeiten und dereinfachung des Sofiates. - soferichkeiten und Meigungen Bleigungen des des Meue Der Armee -Etat. Kurfürſten . Seine Gemahlin und Kinder. Einwanderungen . Brand zu Dresden . Einrichtungen im Staatsweſen . Der Leibpage von Pflug. - Cin natürlicher Sohn des Kurfürſten . Religiöſe Intoleranz. Thomafius . Spener. Patriotiſche Geſinnung Johann Georgs , Ueber den Tod deſſelben . 35' ... Johann Georg III. war, wie ſchon geſagt, nicht ein ſo großer Freund des Prunkes am

***

er reg auch

Hofe wie ſein Vater ; wenn

für nöthig hielt, die Würde ſeines Haufes auch

in dieſer Beziehung zu wahren , und wenn nungen von früheſter

ſeine Angewöh

Jugend an , die er inmitten eines fol

chen Glanzes verlebte , ihn auch wohl nicht ganz, unempfind lich dafür gemacht hatten , ſo blieb. Doch der kriegeriſche Ruhm das Hauptziel, das ihm

vor Augen

ſchwebte. : Die Verſchwen

dung ſeines Vaters für unnüße Dinge hatte er nie gebilligt und ſich als Kurprinz an ſeinem gefühlt als an dem

Hofe zu Baußen

wobler

Dresdener.. Sobald er daher die Regie

rung übernahm , ließ

er - eß: eine ſeiner erſten Sorgen

ſein ,

den zahlreichen Hofſtaat zu vermindern ; er würde dies, viel

1

leicht noch eifriger förtgefegt haben , wenn ihr feine häufige Abweſenheit von der Hauptſtadt und dem feine Kriegszüge, zum litiſche Zwecke zum

Theil auch

fein

Lande, die meiſtens Vergnügen oder pos

Grunde hatte, nicht ferngehalten hätte.

2,5. Die italieniſchen Kapellmeiſter und Sänger , die unvers hältniſmäßig hohe Gehälter bezogen , hielt er für eine ganz überflüſſige Sache und verabſchiedete ſie daher fofort ; die Kapelle blieb zwar, aber unter

der Leitung von

Deutſchen ,

77

die geringere Anſprüche machten .

Ebenſo wurde eine Menge

der ausländiſchen Lakayen , Comödianten , Tanzmeiſter u . f. w .

mo*

entlaſſen.no Der Hofſtaat 'fegte

ſich unter

ihm

folgendermaßen zu

fammen : Kriegsrath

der : Geheime und

Oberhofmarfchall,

* Ein

Friedrich Adolph von Haugwiß, der ſich der beſondern Gunſt ides Kurfürſten erfreute, großen Einfluß auf ihn ausübte und þei dem aufhielt,

Jener gewöhnlich einkehrte , wenn er ſich in Dreøden 1

vi Zehn geheime Räthe, # 3 ? ! 12431 Vierzehn Generalwachtmeiſter- und Stammerherren , Vier

Kammer-

und Bergräthe 1 und

ein

merrath,

Landham .

Acht andere Hofchargen , als " Hofmeiſter, Stallmet fter u . 1. .. w crits ? Zwei Kämmerterer des Kurfürften , Achtunddreißig Kammerjunker. ; inis to

ti

Man

fteht, daß alſo eine Verminderung der zahlreichen

Hofämter unter

Johann Georg III. eingetreten war. !,1987

Auch die Hoffeſtlichkeiten , blieben

ſie auch noch glänzend

genug , fanden wenigſtens nicht ſo häufig ſtatt, wogegen hann Georg fich wieder im umgab und bet feinen

Jo

Felde mit zahlreicher Begleitung

Reiſen

viel Geld

verſchwendete; als

er mit der Armee nach Wien aufbrach , hatte

er gegen 350

Leute und gegert 400. Pferde bet fich , die nicht zu militairt fchen Zweder gebraucht wurden .

Außer feinen

kriegeriſchen

hatte der hohe Herr auch noch andere Neigungen , anadenen

+ er ſehr hing, nämlich eine gute Tafel und die Jagd, es heißt fogar, daß er auch dem wefen

ſchönen Geſchlechte ſehr zugethan ges

fein ſoll, aber man weiß nichts Beſtimmtes darüber,

78

und jedenfalls war nicht von nur den mindeſten

einer Geliebten

Einfluß auf ihn

die Rebe , die

ausgeübt hätte.

Ein

folches Treiben in dieſer Beziehung, wie es unter ſeinen Nach folgern offen

am

Tage lag , war damals an den

deutſchen

Fürſtenhöfen noch nicht Sitte und wurde erſt durch die An nahme der franzöſiſchen

Sitten

und Lafter hervorgerufen .

Das Verhältniß zu ſeiner Gemahlin muß wohl nicht das innigſte geweſen

ſein , denn ſie reſidirte gewöhnlich in

Gartenſchloffe außerhalb

Dregdens

wenn er von ſeinen Reiſen

ihr ab .

und der Kurfürft

ſtieg,

fam , früher bei Haugwiß als bei

Die Ehe war nur mit zwei Söhnen geſegnet, dem

Kurprinzen

Johann Georg , der am

Friedrich Auguſt, der am

18. Oktober 1668, und

12. Mai 1670

gefinnt und ſehr fromm , foll aber den

worden

geboren

Sie war eine ſehr kluge Frau , dabei ſtreng

war.

einem

lutheriſch

Fehler beſeffen haben ,

zuweilen allzuviel zu trinken . Sie hatte ihrem älteſten Sohne den Titel eines Erben von Dänemark und Norwegen zuges bracht,

der ſich

auf ſeine Nachfolger vererben

auch

ſollte ,

aber nur unter der Bedingung , daß ſie bei der lutheriſchen Confeſſion blieben . loren .

Deshalb ging er auch ſpäter wieder ver Lichtenberg.

Sie ſtarb erſt 1717 zu

Der Armee- Etat unter Johann Georg III. war natür lich ein noch größerer als unter ſeinem Heer erforderte ſeit dem

Vater.

Das ftehende

Jahre 1681 eine Ausgabe von fies

benhunderttauſend. Thalern, die der Kurfürſt gern noch erhöht hätte, wenn entſchteden gen

die Stände fich einer ſolchen Bewilligung nicht geweigert hätten ; die Abgaben des Landes betru

ohnehin , abgeſehen

von

Verwilligungen

zu beſonderen

Zwecken , in der Zeit von 1681 bis 1687 nicht weniger als 8,518,517 Gulden .

Im

Jahre

1686

beſtand . Das ſtehende

Beer, das ſich übrigens immer mehr an Tüchtigkeit ausbildete,

79

beſonders ſeit der Anſtellung fremder, meiſtens brandenbur giſcher Offiziere, aus 13,500 Mann , die in

13 Regimentern

formirt waren ; die Leibgarde , die keine beſondere Verände rung unter dieſer Regierung erlitt, machte davon Mann aus.

Die Ritterſchaft, die der Kurfürſt auch

allein 1500

zum

wirklichen

Dienſte heranzuziehen gewilt war, kaufte ſich durch anſehnliche freiwillige Geſchenke von

ihrer Pflicht los , im

bezahlte ſie 73,000 Gulden .

Jahre 1689

Dagegen ſollte die alte Einrichs

tung der Defenſioner alen Ernſtes wieder eingeführt werden , und die Landſtände ertheilten

1689 ihre Einwilligung dazu ,

unter Johann Georgs Regierung kam

es aber nicht zu einem

Aufgebote. Der Kurfürſt hatte zu viel außerhalb zu thun , um gerade um

die Geſeßgebung im

dennoch kamen

ſich

Innern fümmern zu können ;

eiuige weſentliche und vortheilhafte Einrich

tungen zu Stande, wie die Wechſelordnung vom

Jahre 1682

und bald darauf die Handelsgerichtsordnung, 1687 die Bü: cherkommiſſion in Leipzig.

Nicht unwichtig für die Hebung der Induſtrie war die Einwanderung franzöſiſcher

Familien , welche die Aufhebung

des Edikts von Nanted (1685 ) durch Ludwig XIV . aus der Heimath vertrieben hatte; eß waren meiſtens fleißige und ge fdicte Leute , die beſonders Kenntniß von der Seidenfabrikas tion beſaßen . Freilich zogen die Meiſten von ihnen vor, fich in

andere Länder , beſonders nach Brandenburg zu begeben ,

da Furſachſen

der Ausübung ihres reformirten Cultus Hin

derniſſe in den Weg legte, dennod Leipzig nieder , wo ihnen

ein

ließen fich aber viele bei

benachbarter Gutsbefißer mit

Erlaubniß des Kurfürſten ein Bethaus einrichtete . Zu erwähnen

iſt noch ein

berber Schlag, der die Stadt

80

Dresden traf.. Am den Pulperthurm ohne zü

22. Juli 1685 fchon hatte der

Blig

in

eingeſchlagen und beſchädigte denfelben , aber

zünden ; kurze Zeit darauf, am

6. Auguſt, brach

durch die Unvorſichtigkeit eines Mädchens in der alten Stadt eine Feuersbrunſt aus, die über dreihundert Häuſer, die Kirche und das Rathhaus verzehrte , ſo daß nur dreiundzwanzig Häu fer ſtehen blieben : Die Sonderung des Adels von dem

Bürgerthum

zeigte

ſich unter dieſer Regierung und den folgenden noch deutlicher als unter der

Johann Georgs II., doch ſcheint fie der Kurs

fürſt nicht gerade immer begünſtigt zu habent ; beſonders wurde auf den Landtagen der Streit zwiſchen Adel und Bürgerſchaft wegen der Braugerechtſame der Städte verhandelt und endlich (1688 ) von

Johann Georg nicht zu Gunſten

der

legteren

entſchieden . I -5:

So ſtark und entſchloſſen

Johann Georg fich

außen hin oft zeigte, war er gegen zu

oft ſchwach.

auch nach

ſeine Umgebung doch nur

Beſonders der Leibpage Hans Georg von

Pflug übte großen Einfluß auf ihn aus , beſaß fein ganzes Vertrauen , zumal er ſich

ſtets um

ihn

manches Wort, das Geheimniß bleiben die es dann ausbeuteten .

befand, und

trug

follite, den Käthen zu ,

Dieſes Leibpagen foll: fich der Mur

fürſti auch bei heimlichen , galanten

Abenteuern , die

ohne weitere Bedeutung blieben , meiſtens im

indeſſen

Haufe feines

Lieblings Haugwiß , bedient haben . ': Erfti nach ſeinem ' Tode erfuhr man , daß er einen natürlichen Sohn von einer Bür gerlichen ,i deren

Namen nicht zu

habe ; es war der erſt 1741 in hann Marimilian in

ermitteln

iſt, binterfaffen

den Adelſtand erhobene For

Fürſtenhof, der bürgerlich erzogen wurde,

den Militairſtand trat und als Generallieutenant, Chef

desi Ingenieurweſens und Kommandant des Königſtein ſtarb.

81

Auch wird von einem

jungen Mädchen

Johann Georg IV . um

erzählt, die Kurfürft

eine Penſion anging , weil fie eine

natürliche Tochter ſeines Vaters zu fein behauptete, doch iſt dieſe Angelegenheit nie aufgeklärt worden . g

In

religiöſer

Beziehung war

Johann

Georg

fam , wie die Weigerung, den vorgenannten freie Religionsübung zu

unduld

Einwanderern

geſtatten , beweiſt, obgleich er ſelbſt

fich nicht ſo zur Frömmigkeit hinneigte wie ſein Vorgänger. Es lag dies aber wohl hauptſächlich in dem Weſen des Landes und dem orthodor an der alten fortſchreitenden verkeßerten . dahin , daß

ganzen kirchlichen

Einfluſſe der Theologen , die ſtreng

lutheriſchen Lehre hingen und jede der

Aufklärung angemeſſene Abweichung

So brachten fie es bei dem der berühmte Gelehrte

Chriſtian Thomaſius, der in fcholaftiſchen Formen

davon

Kurfürſten

auch

der Leipziger Univerſität

fatyriſcher Weiſe zuerſt die alten

angriff, gefangen

geſegt werden ſollte,

und er war genöthigt, fich dieſem Schickſale durch die

Flucht

zu entziehen .

Theile

der

Er

ging damals, (1690 ) von

Leipziger Studenten

einem

begleitet , nach Halle , wo er

neue Univerſität ſtiftete ( 1694 ).1

eine

432."

Prop. In ähnlicher, nur beſcheidenerer Weiſe eiferte der fromme Philipp Facob Spener, Pfarrer zu

Frankfurt , ( 1670 ) gegen

die Orthodorie und ſtrebte, ſeinem

eigenen Ausdrucke nach,

dahin , mein Kirchlein Georg hatte ihn dann

in

der Kirche aufzubauen ."

Johann

in Frankfurt einmal predigen hören und

das Abendmahl bei ihm

nicht und bot ihm

genommen ;

er

vergaß

ihn

die Stelle ſeines Hofpredigers zu Dres

den (1684 ) an . Spener übernahm dieſes damals bedeutende Amt im

Juli 1686

und fand bald in

Sachſen

großen

An

hang, gleichzeitig aber auch zahlreiche Feinde, deren vorzüg Bertraute Geſchichte. Sadſen . 1. Bd. 6

82

lichfter aus perſönlichem ten

Neide der Bruder des ſchon genann

Conſiſtorialrath Carpzovius, Johann , Profeſſor zu Leip

zig , war.

Dieſe Feindſeligkeiten , ſo wie die freien Xeuße:

rungen , die er ſich

zuweilen ' gegen

Kurfürſten “ wegen

den

deffen Unregelmäßigkeiten erlaubte , drängten Spener aus ſei ner Stellung, obgleich unterſtüşte.

die Kurfürſtin

Zu Anfang des

thn hoch

achtete und

Jahres 1691 wurde

er verab:

1

ſchiedet und begab ſich nach Berlin , woſelbſt er eine Anſtel lung als Probſt erhalten

hatte und wo er unter

Verhältniſfen bis 1705 lebte ; die Kurfürſtin lich noch zweimal nach ihrem erhielt ihm

glüdlicheren

ließ

ihn jähr

Sige Lichtenburg kommen und

ihre Freundſchaft, empfing auch

oft

Troſtbriefe

von ihm . Johann Georg war vor allen Dingen ſeiner Neigung nach Soldat und ſchäßté als von Brandenburg ,

Jahre

1681

(6. April

in

des

großen

ab .

Dieſe

zu

Johann

brandenburgiſchen

Georgs

deutſch

im dann

Finſterwalde gegen

Freundſchaft litt allerdings Kurfürſten

thätig gegen Ludwig XIV . aufzutreten . von

Kurfürften

und ſchloß

Potsdam

1681) daß Schußbündniß

durch

den

Friedrich Wilhelm , fehr hoch ; fchon

beſuchte er ihn

Frankreich mit ihm ſpäter

ſolchen

patriotiſchen

Um

Weigerung,

einen Begriff

Geſinnungen zu

geben , führen wir hier noch die Vorſtellungen an, durch die er Friedrich Wilhelm

zu überzeugen verſuchte:

Man könnte

mit Ludwig XIV : nicht Frieden fehließen , wenn er ihn auch erſtrebe, denn auf ſeine nach Willkühr ausgelegten Verſprechun gen

könne man ſich nicht verlaffen , es ſei ihm nur darum

zu

thun , die Deutſchen zu unterjochen und Deutſchland und Eta lien durch befondere Kriege und Traktate zu

entwaffnen ;:er

würde auch nicht eher ruben , bis er die Kaiſerkroné erlangt

83

und Deutſchland ein ſchweres Joch auferlegt habe. müßten die deutſchen

Reichsſtände ſich in

Deshalb

engſter Einigkeit

an einander ſchließen und vergeſſen , daß fich das Betragen des kaiſerlichen Hofes nicht immer billigen laſſe, u . f. w ."

Ueber den

Tod des Kurfürſten

kamen nachmals fonder

bare Gerüchte in Umlauf, die wir bei dem

Proceſſe der Ge

neralin von Neitſchüß unter Friedrich Auguſts II. Regierung befonders erwähnen werden ; man ſprach von Zauberei oder Vergiftung. Eine e ſolche Vermuthung iſt durch urdh Nichts ge rechtfertigt, fie ſuchte fich, nur durch das Zeugniß des Leib

arztes Franke zu Gutachten

begründen , der nach der Sektion folgendes 1234rd the transit igralec treti estist ?

gab :

„ Die Lunge des Kurfürſten war auf beiden Seiten hart angewachſen , jab violett und röthlich aus , war mittelmäßig keiner ſonderlichen ohne wenig Blut, auch das s Herz von von keiner

Größe, fintemal in keinem nod

Ventriculo deſſelben einig Blut auch faft in dem ganzen übrigen Leibe befunden worden ."

6 *

III.

Johann Se dh 6 t.e &

IV .

Georg

sa p i tel .

Johann Georg's IV. Sugenderziehung und Charakter. - Magdalena Reifen Sibylla von Meitſchüß . - Jhre erſten Verehrer. Bauberkünfte. des Kurprinzen . Liebe zu der Meitſchüß . Ihre Erhebung zur erklär ten favorite. Bündniß mit Brandenburg und Stiftung des Ordens vom goldenen Armbande. – Dermählung des Kurfürſten. – Urkunde , wie so hann Georg fein Derhältniſ zu Sibylla angeſehen haben will. - Erhebung Sibylla's in den Grafenſtand.. – Hans Adam von Schöning. Baron von Beſtrebungen , die Grote. Aufhebung und Gefangenſchaft Schöning's. Beichling. Doppelehe für gültig zu erklären . Bündniß mit dem kai Ihre Grab God 'der Gräfin von Rodhlig. Feldzug am Rhein . Johann Georg's Tod . ſchrift, vom Kurfürften ſelbft verfaßt. Kind , der Gräfin von Rogliş . - Proceß gegen die Generalin von Neitſchüß. Johann Georg , der von wedten und bildungsfähigen

Jugend an Geift an

ſeine Erziehung zuſammen mit dem

den

einen

ſehr aufge

Tag legte , hatte

jüngeren

Bruder

Fried

rich Auguſt durch den Hofrath von Knoch, ſpäter in militai riſcher Beziehung durch den

Generalmajor von

Klengel er

halten , welcher lektere Chef des Ingenieurweſens und Vor ſteher der Dresdener Kunſtkammer war.

Durch dieſe Erzie

hung und ſeine glüdlichen Naturanlagen hatten ſich

eine für

damalige Zeit vortreffliche Bildung und geiſtige Kraft in entwidelt, die zu Sachſen

den

beſten Hoffnungen

berechtigten ; wie

aber damals das Unglück hatte , keinen Fürſten

große Fehler zu beſißen , ſo machten

ihm

fich auch

bei

ohne

Johann

George neben ſolchen Vorzügen gefährliche Leidenſchaften gel tend; er liebte die Pracht, in der er auferzogen worden , nur zu ſehr, war ruhmbegierig und ſinnlich leidenſchaftlich. Legtere Neigung ſollte den wichtigſten Einfluß auf ſeine

85

Regierung ausüben sund fogar Veranlaſſung zu

dem

früheni

Bejhluffe feiner Regentenlaufbahn geben. 1 il Im

Jahre

das Fräulein

1688 lernte der Kurprinz

Magdalena

Sie war die Tochter ſters

und Obriſten

Sibylla von

des fchon der

Johann Georg

Neitſchüß

erwähnten

kennen.

Generalwachtmei

herittenen Leibgarde Rudolph von

Neitſchüß und ſeiner Gemahlin , der Urſula Margaretha von , Haugwiß , die

in dem

Nufe einer ſehr ; koketten

Frau ſtand

und gerüchtsweiſe beſchuldigt wurde, in idem

rheiniſchen Felds:

zuge vom

den Kurprinzen ,

Jahre 1674 allzu gefällig

gegen

nadmaligen Kurfürſten Johann Georg III., geweſen

zu ſein.

5

Die Tochter wurde am

8. Februar 1675 geboren, und ſchon

in früher Jugend entwickelte ſich ihre außergewöhnliche Schöne heit , auf welche die Mutter

ſchon

Heirathspläne s baute und

dem

in

ihrem

Dreizehnten Jahre :

vorzeitig reifen

Kinde : ſtatt

jeder reinigermaßen wiſſenſchaftlichen Bildung Lehren Hand gab , die es in dieſem endeten Kokette machten . gutſtylifirten

an die

jugendlichen Alter ſchon zur volls, Sibylla konnte nicht einmal einen

Brief ſchreiben , als ſie es ſich ſchon

angelegen

fein ließ , den Herrn von Harthaufen , Hofmeiſter des Prinzen Friedrich Auguſt , durch

ihre

körperlichen

Reize

zu

feffeln .

Harthauſen machte ihr auch den Hof und, wohl gleichzeitig der Kammerjunker Friedrich von Vikthum ; ſo wie der Obriſt Klemm , alle zögen fich aber nach und nach zurüd , weiß nicht, aus welchem

Grunde.

man

Später wurde behauptet,

aber nie erwieſen, Klemm ſei von dem

dreizehnjährigen Mäde

then beſonders begünſtigt worden und ſie habe ihm

ein toda

tes Kind geboren , das heimlich vergraben worden ſei.

I

19de Der Aberglaube ſtand zu damaliger Zeit in feiner Höch. ften Blüthe

nicht allein

bei niederen und

höheren

Klaffen

der Gefelichaft, ſondern , wie die ſpätere Unterſuchung gegen

86

die Frau von gelehrten

Neitſchüt

recht deutlich erweiſt, auch bei den

Herren der Juſtiz und Theologie .

Man

kann

ſids

daher nicht wundern , daß die Generalin , fo wielihre Tochter, als lettere fich von

allen

ihren

Freiern verlaſſen ſah , zu lä

cherlichen Zauberfünften ihre Zuflucht nahmen. ſchon

Ob ſie damit

erſtrebten , die Aufmerkſamkeit des jungen Kurprinzen

auf Sibylla zu lenken , welcher Wunſch

ſich ſowohl durch den

ungemeſſenen Ehrgeiz der Mutter als die Schönheit und Ko ketterie der Tochter leicht erklären läßt, als auch darin ſeinen Grund gehabt haben mag , daß der Generalwachtmeiſter von Neitſchüz kurz vorher ſeinen Abſchied von Johann Georg III. erhalten hatte und die Frauen ſich ſeinethalben der Gunſt des Nachfolgers zu verſichern

gedachten , oder ob die Anwendung

von Baubermitteln nur für den rechnet war , um

Herrn

von

Harthauſen be

ſeine Leidenſchaft für Sibylla

von Neuem

anzufachen, läßt ſich nicht beſtimmen ; gewiß iſt aber , daß fie ein altes Weib aus Zimiß in der Niederlauſiß, die eigentlich Anna Schuſterin hieß , ſich aber Anna Margaretha Burmet ſterin nannte und die das Volk kurzweg als die

Here Mar

garetha " bezeichnete, wegen der angeblichen Zaubereten zu Rathe zogen , wobei auch der franzöſiſche Sprachlehrer des Fräuleing Saladin und ihre Kammerfrau Eliſabeth Nitſchin , fo wie ein

Dresdener Scharfrichter mitwirkten .

rstmujrotustila sva

1721 Genug, Harthauſen kehrte nicht zu Sibylla zurück, wohl aber wurde der Kurprinz, dem

ſie ſich ohne Zweifel bemerk

bar zu machen ſuchte, auf ſie aufmerkſam

und verliebte fich,

von ihrer Schönheit hingeriſſen , in fie.

Dieſes Verhältniſ

blieb übrigens anfangs

der Zurüdhaltung,

in

den Gränzen

und ſelbſt die Mutter will lange nichts davon gewußt haben und

ſpäter ihre

Tochter

davon

abzuhalten verſucht haben .

Die Eltern des Kurprinzen durchſchauten

aber das Verhält

87

niß und ichidten den Sohn im

Jahre 1690 auf Reiſen , nacha

dem

den

er ſolche ſchon vorher

in

Jahren 1685, und 1687

in Begleitung feines Hofmeiſters Knoch

und

einiger Cava

liere , unter denen ſich auch der mehrgenannte frühere Leib page Pflug, damals iſein

Kammerjunker, befand, nach Frank

reich , England, Holland und Dänemark ſeiner Ausbildung wegen unternommen hatte ; zum

Theil nahm

er neben

ſeinem

Vater auch an den Rheinfeldzügen Theil, und befand ſich zur Zeit ſeines Todes bei ihm . i usú bong Dieſe erzwungene Entfernung von dem Gegenſtande ſet= ner Leidenſchaft machte die leştere aber nur unbezwinglicher, und während ihrer wechſelten

die Liebenden , wenn man bei

Sibylla wirkliche Liebe vorausſeßen Fräulein

kann , Briefe , die dem

von ihrer gewandten Mutter diftirt wurden .

Frau

von Neitſchüß begünſtigte alſo jegt das heimliche Berhältniß , und der Kurfürſt

Johann Georg IV . fol ſpäter einmal zu

feiner Geliebten geäußert haben : „ Bilichen, es wäre mit un ſerer Inklination nicht ſo weit kommen , wenn nicht Deine Mutter dazu überreden ." Kaum

gethan ;

die

iſt kapable vrEinem

Alles

zu

hatte der neue Kurfürſt die Regierung übernom

men , ſo ſtellte er den verabſchiedeten Dbriſten

von

Neitſchüß

wieder als Generallieutenant an , ſchenkte Sibylla ein präch der Dresdener Elbbrücke dem

tiges Haus an

über, ( päter unter dem

Schloſſe gegen

Namen des Fürſtenbergiſchen bekannt )

die Kammergüter Pilniß, Gorbiß und Pennerich , einen Garten im

Dorfe Plauen und zwei Weinberge, gab ihr einen förmlichen

Hofſtaat, zeichnete ſie auf jede Weiſe. öffentlich aus und küm = merte ſich nicht

im

Mindeſten

um

die

fich laut äußernde

Mißbilligung des Volkes und die Vorſtellungen feiner Mut ter . Zwiſchen

dem Schloſſe und dem

Hauſe Sibylla's wurde

-

88

über die Straße fort eine Verbindung hergeſtellt, und durch dieſen Gang begab ſich die Favorite, gewöhnlich in Beglei tung

ihrer Mutter , allabendlich

wo dann

zu ihrem

hohen Geliebten,

die alte Generalin das Bett mit Kreuzen

nen pflegte.

einzuſega

Der General und ſeine drei Söhne, die fämmt

lich vortheilhafte Anſtellungen

im Militair erhielten , kümmer:

ten ſich nicht darum , zogen aber ihren Vortheil aus der ihrer Familie ganz zugewandten Gunſt; Sibylla's Schweſter Anna Katharina heirathete 1693

den kurfürſtlichen Hof- und

Ju

ſtizrath Wolfgang Dietrich von Beichling , wurde aber 1711 wegen überwieſener Untreue von ihm in

geſchieden .

Während Sibylla nun einen unbeſchränkten Einfluß auf

Johann Georg ausübte und, zum von ihm

erſten Male in Sachſen ,

öffentlich als Favorite anerkannt wurde, dachte ſeine

Mutter daran, ihn zu

einer paſſenden

Verebelichung zu ver

mögen , da ſie ihn durch eine folche von

der Neitſchüß ab

zuziehen hoffte; eine Verbindung mit Brandenburg : lag am nächſten , da die beiden Höfe ſich einander fehr genähert hatten . Hi

Johann Georg neigte ſich , als er die Regierung ange

treten hatte, ganz der Politik zu , die den Anſchluß an Defter: reich gegen Frankreich für erſprießlich hielt. So hatte er am 10. October

1991 : durch

Bofen mit dem deſſelben

außerdem

Rath

fränkiſchen Kreiſe

Jahres mit dem

fen , wonach er :ſie mit und

ſeinen

und

er mit dem

am

17. November

ſchwäbiſchen einen Vertrag geſchloſs ſeinen

Truppen , die

ſie verpflegen

noch gewiſſe Geldſummen bezahlen

gegen Frankreich zu vertheidigen verſprach. kam

Chriſtoph Friedrich

Im

mußten ,

Ianuar 1692

brandenburgiſchen Kurfürſten Friedrich III.

zu Torgau zuſammen ,iwo ſich beide zu feſtem

Zuſammenhal

ten gegen Frankreich verpflichteten und die alten freundſchaft lichen Hausverträge von Neuem

befeſtigten ; bei dieſer Gele

genheit : ſtifteten

fie

gemeinſchaftlich

Freundſchaft oder vom beiðen

Kurfürſten

den

Orden

der guten

goldenen Armband , in der jeder der

zwölf feiner i adligen

Herren

aufnahm .

Dieſer Orden war eine goldene Medaille, die auf einer Seite Sdwert und Scepter, in Form des Andreaskreuzes über ein ander

gelegt und von zwei Lorbeerzweigen

zwei geharniſchte , Umſchrift:

in

umgeben , und

einander geſchloffene Hände mit

,,Uny poura jamais“

trug , auf der andern

verſchlungenen Namenszüge Beider und die Deviſe:

der Sie

Aufrich

tige Freundſchaft."

2

Auf dieſe innige Verbindung gründete die Kurfürſtin Anna Sophia ihre Hoffnung und vermittelte die Verlobung ihres Sohnes , die zu

Anfang des Aprils 1692 zu Berlin

wirklich ſtattfand , mit Eleonore Erdmuth

--

--

89

Luiſe , verwittweter

Markgräfin von Brandenburg - Anſpach und geborener Prin zelfin von Sachſen -Eiſenach ; damals: dreißig noch von

Jahre alt, aber

außergewöhnlicher Schönheit , und ſanften

ters, war

fie feit dem

Jahre

1680 an

Charak

Markgraf Johann

Friedrich verheirathet geweſen , hatte aus dieſer Ehe drei Kina derrund war 1686. verwittwet. Zu dieſem Entſchluſſe des Kurfürften

hatten wohl nur

Intriguen

gegen Sibylla

von

Neitſchüß beigetragen , denn bei ſeiner Abreiſe nach Berlin follier fich fehr ungnädig. über ſie geäußert haben , überzeugt geweſen

ſein , daß ſie bereits ein Kind vom

gehabt habe , und mit dem

Obriſten : Klemm

Gedanken umgegangen ſein , fie

gänzlich aufzugeben, ihr aber eine jährliche Penſion von viera tauſend Thalern zu bewilligen .. Kaum

hatte er Sibylla

bei- feiner Rüdkehr : aber wie

dergeſehen , ſo gereute ihn ſeine. Verlobung , und als er fich zum Empfange der Braut und zu ſeiner Vermählung, die ſehr eilig , wahrſcheinlich auf Betrieb ider Mutter , vor fich

90

gebn ſollte, nach Leipzig begab, nahm dig in Gnaden

er die wieder volftän

aufgenommene Geliebte mit fich dorthin.

16. April deffelben Jahres kam

Am

die Braut mit dem branden :

burgiſchen Kurfürſten- und ſeiner Gemahlin Johann Georg empfing fie ;. neben

zu

Leipzig an ;

ſeiner Favoritest am

Fen

fter ſtehend , zeigte fich äußerſt unfreundlich und redete fie, auf ihr Sammetkleid deutend , mit den Worten

an :

„ Sie

müſſen wohl tol ſein , daß Sie in den Hundstagen ein metnes Kleid tragen ?"

fam

Dadurch mag die Abneigung vor

Volziehung der Verbindung wohl auf beiden Seiten

gleich

groß geworden ſein , und Kurfürſt Friedrich

III. hatte die

größte Mühe, fie

Am

Tage,

dem

zu Stande zu

bringen .

Sonntage. Jubilate, wurde

Trauung, die man

im

folgenden

indeſſen

doch

die

ganzen Lande nicht erwartet hatte,

Abends fechs Uhr ohne Prunk im

ſogenannten Welſchiſchen

Hauſe zu Leipzig durch den Hofprediger Carpzovius vollzogen. st

Man hatte fich arg verrechnet , wenn man Sibylla von

Neitſchüß geſtürzt zu haben glaubte, die Liebe des Kurfürften ſtieg nur noch zu gegen v neben ihm

ihr und er hatte einen folchen Widerwillen

ſeine Gemahlin , daß er ſeinem

Kammerdiener klagte,

derſelben werde ihm übel und der Angſtſchweiß breche

aus. - Er verließ fie dann und begab

ſich wieder zu

Sibylla , die er nach wie vor öffentlich als ſeine Geliebte hin ſtellte

und

felbft: fein legterem

auszeichnete, wie fehr Bruder

hatte

Friedrich

er ſogar

auch feine Mutter

Auguft dagegen

einen

und

eiferten ; mit

Streit deshalb,

der dieſen

bewog , Dresden für einige Zeit zu verlaſſen.;isto 119518 . in

Gegen Ende. 1692 wurde Sibylla

Johann Georg in

ſchwanger, worüber

einige Verlegenheit kam

und von

heimli

cher Erziehung des Kindes : ſprach ; demit widerfekte ſich aber die Generalin

entſchieden und bewirkte wahrſcheinlich damals

91

die ſeltſame ſchriftliche Erklärung idės. Kurfürſten , die den Datum

deg 116. Februar 1691 trägt, wahrſcheinlich aber ab

Fichtlich um vrstog

anberthalb

Jahre vordativt iſt. : Ste lautet :

|Kund und zu wiffen , daß ich folches für eine rechte

Ehe halte und erkenne, indem

jeneß nur eine zugeſepte

Sache von der Kirche , diefes aber ebenſo alſo Gott uns in folchem kennen

viel iſt; follte

diefen

Eheſtand ſegnen , fo be

frei vor männiglich , daß

ſolche vor meine rechte

und nicht unrechte Kinder zu halten fein ;. um

aber keine

Zerreitung und Streitigkeit in dem Kurhauſe anzufangen , follen dieſe meine rechten Kinder keinen Theil an denen Landen und Kurwürden haben und allein dieſe meine Ehe frau Gräffin und ſie Graffen genannt werden , den Namen und Schild verbinde mich bei kaiſerlicher Majeſtät auszu machen , kann

ihn

alſo

hier herein und noch

bis dato

(nicht) feßen , ferner auch will ich mir ausgenommen haben , frei zu gleichem führen

ſein , noch eine Frau zu nehmen und zwar von Geblüt mit mir, welche den Namen vom Kurfürſt und ihre durch Gottes Gnaden

von mir zeugende

Kinder die rechtmäßige Erben dieſer Kur und Lande fein follen , denn indem Weiber zu

keineſwegs in der Heiligen Schrift zwei

haben verboten , ſondern Erempla anzuführen

wären , worinnen ferner haben

auch

es ſelber von unſerer Kirche zugelaffen , gebethen

folche Schrift niemanden

zu

weiſen , es ſei denn höchſt nöthig, ſondern ſie unſern Kin modern

zu ihrem

Aufweiſen und beſſerer Sicherheit verwaha ihrer Mutter, meiner vor Gott recht

ren , welche den neben

mäßigen Frauen ehelich auskommen , bei meinem Leben vera ſprochen

und nach meinem

will, daß fie

ſich

nicht

Tode ſo vor fie geforget haben allein

haben, ſondern auch von allem

meiner nicht zu

ſchämen

rechtmäßigen Anſpruch mei

92

11 mer Succeffores befreiet ſein eben dieſem

meinen

ſollen .

Und obwohl ſie mit

Verſprechen , ob es wohl mündlich ges

weſen , zufrieden geſtanden , ſo habe dennoch folches zu ihrer mehrer Verſicherung nochmals ſchriftlich an Eidesſtatt geben * wollen und iſt dieſes alles meine ernſte Meinung , ſo wahr mir Gott helfe.

Dieſes alles habe zu mehrer Urkund noch

malen eigenhändig unterzeichnet und mein Stur- und Dau men -Sekret vorgedruckt. „So geſchehen Dresden

den

16. Februar 1691.- :

„ Johann Georgi Kurfürſt." 13. Bald nach der Zeit, in der dieſe Erklärung wahrſchein lich wirklich ausgeſtellt worden , würden Sibylla , deren Deſ cendenten , ihre ehelichen Leibeserben , Erbenderben und Nach kommen beiderlei Geſchlechts" auf des Kurfürften Antrag in den

Reichsgrafenſtand: mit dem

Namen

einer

Gräfin

von

Rochliß für die Neitſchüß fechoben (4. Februar 1693 ); das Wappen wurde ein vierfach getheilter Schild, zweii Felder mit dem

alten Wappen

der Neitſchüßiſchen Familie, zwei mit drei

1

idwarzen

Rochen

auf goldenem

Grunde, im

Herzſchild

das

jeßige fächfiſche Wappen . - Als Grund der Erhebung wurden inu dem

Diplom

die großen

Verdienſte des Kurfürſten , um

das heilige römiſche Reich und die Abſtammung der Sibylla Neitſchüß ;aus altem Wir: müſſen des vollkommenſten

berühmten

uns jeßt zu

Geſchlechte angegeben : 15.01 einem

Vertrauens de

Manne wenden , der Kurfürſten

genoß

auf feine Politik den wichtigſten Einfluß ausübte. dieß der fchon

früher erwähnte Hans Abam

der in der legten durd

und

Es war

von Schöning,

Zeit von

Johann Georgs . III, Regierung

einen Tauſd mit dem

kurſächſiſchen General von Flem

1 ming aus brandenburgiſchen in fächſiſche Dienſte übergetreten war.

Er bekleidete die Titel

eines

Generalfeldmarſchals,

93

wirklichen Geheimen Rathes und Kriegsrathes , fo wie eines Kommandeurs der Leibgarde zu Fuß und der neu errichteten Cadettenkompagnie. weil er die nach

Bei dem

Volke war er nicht beliebt,

Truppenwerbungen

brandenburgiſcher

Sitte

für die kurfürſtliche Armee gewaltſam

betrieb , und

mächtige Familie Neitſchüß hatte er gegen er ſich zuweilen

offen

ſich erbittert, da

und hart über ihre Anmaßungen und

ihre Habgier ausließ ; dennoch vertraute ihm unbedenklich und fchäfte den 101

Schon

die

Johann

Soldaten in ihm

in Brandenburg hatten

Georg

hoch. hiltaient

ihn feine Feinde eines

Heimlichen Einverſtändniſſes mit Frankreich beſchuldigt, ohne daß fich dafür der mindeſte Beweis aufbringen Gerüchte

regten

ſich

auch jeßt wieder.

ließ ; folche

Daß Schöning den

Anſchluß Sachfens an die öſterreichiſche Politik nicht billigte, iſt gewiß , vielleicht lag Dem neigung gegen

auch nur eine perſönliche Ab

das Kaiſerhaus, daß ihn

ſeiner Meinung nach

für die Erſtürmung Ofens nicht genügend belohnt und aus gezeichnet hatte , zu Grunde; überdies war er ehrgeizig und ſtrebte nach dem

Verdienſte, eine Macht zu errichten , die zwi

fidhen Frankreich und Deſterreich, gegen beide gerichtet, daſtände; deshalb

ſcheiterten alle Verſuche des Kaiſers, der feinen

fluß auf Johann Georg fürchtete , ihn für ſich zu man joli ihm

fogar den Reichsfürſtenſtand angeboten und er

ihn zurückgewieſen haben adni 19

Ein

gewinnen ;

semper gli altresla thun

Hannover, das ſchon lange nach der Kurwürde ſtrebte,

hatte auf Veranlaſſung ſeines ſchlauen Geheimen Rathes und Kammerpräſidenten

Baron Otto von Grote den Plan ent

worfen , ſich durch

falſches

bedienen . Dresden

Im

Anfange des

geſchi & t und

Spiel Schönings als Mittel zu Jahres 1692 wurde Grote nach

begann mit Schöningt eine geheime

Unterhandlung über eine Verbindung Sachfens und Hanno

94

-

vers in dem

Sinne, wie dieſer ſie ſchon längſt in Gedanken

hatte; mit Freuden ging er darauf ein undi wußte auch die Einwilligung des Kurfürſten zu erlangen , worauf Kurſachſen feine Truppen aus dem

Feldzuge gegen Frankreich am

Rhein

bis auf das Reichskontingent, das es dort ſtehen zu laſſen verpflichtet war, zurückzug .

Mehr hatte Grote nicht erlan

gen wollen ; er begab fich ſogleich nach Wien , entdeckte dort den ganzen Plan und drohte, daß ſich dieſes Bündniß

ver

wirklichen würde, wenn der Kaiſer Hannover nicht die Kur würde ertheilen wollte.

Dies geſchah, Hannover zog ſich von

der Allianz mit Sachſen zurück , und Schöning hatte außer dem

Unwillen , ſeinen

Lieblingsplan

vereitelt zu ſehen , auch

noch die ganze kaiſerliche Ungnade zu tragen , die ihn dings

unter dem

erreichen konnte.

1.1

Schuße ſeines Landesherrn io

ti

bu

11

verſchlimmerte ſeine Leiden

gewarnt würde, reiſte er im Teplig zu ſeiner Kur.

ero Podagra , der

noch , und obgleich er

Mai deſſelben Jahres noch nach

Er war aber nicht lange

ihn ein Detaſchement von

dort, als

200 kaiſerlichen Soldaten in einer

Nacht überfiel und troß ſeines Widerſtandes in einem fortführte.

aller

ſtrafend

glad

Der Generalfeldmarſchall litt ſchwer am

Verdruß

nicht

Wagen

Man behauptete, die Neitſchüße hätten zu dieſer

Neußerungen

Schönings

.

harten und nicht ganz rechtmäßigen Maßnahme des Kaiſers auch Veranlaſſung gegeben , indem

ſie barte und fpöttiſche

über ſeine Perſon

ihm

zu

Ohren

119 Schöning wurde nach Prag und dann auf den

Spiel

gebracht hätten . 1

berg gebracht; die Verbindung mit

Frankreich , die ihmi-zur

Laſt gelegt wurde, ließ fich nicht erweiſen ,' er war wohl auch ganz unſchuldig in dieſer Beziehung aber der Staifer gedachte,

ſeinen

feindlichen

Ginfluß auf den Kurfürſten von

95

Sachſen ifürchtend, nicht, ihn wieder irzu

diefem

zurückkehren

zu laſſen . Johann Georg war empört" über die feinem und erſten

Rathgeber angethane Gewalt; er

Bieblinge

trat in

ſeiner

Beſchwerdeifehr energiſch dagegen auf, ebenſo auf dem Reiches tage zu

Regensburg , erlangte aber nicht Schönings Frei=

faffung ; man drohte ihm

ſogar mit dem

gegen Schöning , wenn er fich

dem

härteſten Verfahren

kaiſerlichen Hauſe nicht

wieder enger lanſchließen werde. Inzwiſchen

hatte die Generalin

die Erhebung ihrer Tochter noch voller geworden , den verdrängen

von

Neitſchüß, durch

ehrgeiziger und anſpruchs

Plan gemacht, die Kurfürſtin

ganz zu

oder eine öffentliche Doppelebe. Johann

mit Sibylla zu

Stande zu

bringen .

Georgs

Während , wohl mit

Uebereinſtimmung des Kurfürſten , Schriften unter das Volt geſtreut wurden , die beweiſen unter Umſtänden nehmen ,

ſollten , daß es einem

erlaubt: fei ,

fich

zwei

beſonders eine Schrift in

fogenannten

L. Icimander unter dem

Fürſten

Gemahlinnen

Verſen

von

zu

einem

Titel : „ Liebe zwiſchen

Prins Herzmuthen , Pringen in Albinien , und Fräulein Theo nilden , oder drey Fürſten

in

Reimſchafften , worinne die Eheonilde dem

Albinien ihre Liebe anträgt , der Durchlauchtigſte

Prins Herzmuth auf geſchehenen Vortrag an ſeine Gemahlin eingehet und die Durchlauchtigſte Prinßeffin Patientia Vick trip diesfalß

felbft entſchuldigt,

wobey zugleich von der

Frage : Ob das viele Weibernehmen zu geſtatten ? gehandelt wird."

während man

folche Frage ſelbſt philoſophiſchem

Gutachten vorlegte, brachte eis die Generalin dahin , daß der Kurfürſt bei dem

Kaiſer um

Erhebung ihrer Tochter in

den

Meichsfürſtenſtand einfommen folle. , , 3031 Zu dieſem

Zwecke, indeffen

unter dem

Vorwande, daß

96

es fich hauptſächlich um

Schönings Befreiung handle, wurde

der Schwager der Gräfin von Rochliß, der Hof- und Juſtiz rath Wolfgang Dietrich

von Beichling , nach Wien geſchict;

obgleich 'er aber ein verſchlagener und gewandter Mann war, erreichte er die beiden Zwecke, die ihn dorthin führten , doch der Kaiſer Leopold wollte Nichts davon hören ;

nicht, denn

der Tod Sybillas und des Kurfürſten brach übrigens Unterhandlungen ab . i

*

Dit ng PITEST

dieſe

tomato

Was Schöning anbetrifft, ſo wurde ihm (1694 ) erlaubt, fich nach Wien zu begeben , doch durfte ser fich von dort nicht entfernen ;

erft

worauf ihm

Friedrich

Auguſt

bewirkte feine Befreiung,

der Kaiſer ſelbſt: eine Audienz ertheilte , bei der

er ihm

feiner Kränklichkeit wegen

und im

Auguſt deſfelben

ſogar zu fißen

erlaubte,

Jahres kehrte er wieder nach Dres:

den zurück, erhielt feine alten

Titel wieder, nahm

aber nicht

mehr an den Regierungsgeſchäften Theil und ſtarb zwei Jahre ſpäter.

Den vorzüglichſten Einfluß auf ſeine Befreiung foll

die Beſtechung der kaiſerlichen Miniſter durch ſeine Schwieger tochter, eine Frau von Rechenberg, gehabt haben . Schon am

20. Februar 1693 war von dem

kaiſerlichen

Geheimen Rath und Obriften -Burggrafen von Böhmen , Graf Adolph Vratislaus von mit dem

Sternberg im

Namen

des

Kaiſers

Kurfürſten ein Vertrag abgeſchloſſen worden , wonach

Sachſen 12,000 Mann Truppen gegen 400,000 Thaler Hülfs gelder zum

Frühjahr in das Feld ſtellen folte; Johann Georg

hatte ihn hauptſächlich unterzeichnet, um von

Rochlig

in Betreff der Gräfin

feine Wünſche erfüllt zu ſehen und Schönings

Entlaſſung zu erhalten , hatte ſich aber beides nicht zur auga drüdlichen Bedingung gemacht. Demgemäß rüdte er im an

Juni mit ſeinen

Truppen felbft

den Rhein , wo Prinz. Ludwig von Baden als kaiſerlicher

97

Obergeneral die Armee kommandirte, focht bei Zwingenberg und

im

Heidelberg

von

Lager

half

und

die

Franzoſen

zurüdtreiben . Die Gräfin gemacht,

von

obgleich

fie

Rodhlig

hatte

fich

den

in

dieſen legten

Feldzug mit Monaten

ihrer

Schwangerſchaft befand; in Frankfurt wurde ſie von einer Tochter enthunden , tauft wurde. Seitdem

Jahres zu

Dresden

4. April.

von den

Der Kurfürſt, der fie demnach

haben muß , wich nicht von falt und

Friederike

ge

kränkelte fte fortwährend und wurde im März

des- folgenden befallen .

die Wilhelmine Marie

ärztlichen

ihrem

Bemühungen

Kinderblattern

aufrichtig geliebt

Lager , aber aller Sorg ungeachtet

ſtarb

fie

am

Der Kurfürſt war außer fich vor Schmerz und

fiel in eine tiefe Melancholie, die ihn nicht wieder verließ . Zunächſt ließ er der Leiche liche Ehren

zu

ſeiner Geliebten wahrhaft fürſt

Theil werden ; ſie wurde mit großer Pracht

vier Tage lang öffentlich ausgeſtellt, der ganze Hof mußte Trauerkleider anlegen , und bei dem Leichenbegängniffe am 12. April

wurde

Chaine für den

ſelbſt die

feierlicheu

Bürgerſchaft aufgeboten , eine

Zug zu ziehen .

in der furfürſtlichen Gruft hinter dem

Die Leiche wurde

Altare der Sophien

kirche beigefegt . Die Grabſchrift , die Johann Georg ſelbſt für ſie machte, lautete : „ Hier ruhet in Gott die

hoch

Frau , Frau Magdalena Sibylla , des Reichs Gräfin

und wohlgeborene heiligen

von Rochliß, welche Einem

bunden , eine allzeit

Römiſchen

Manne ver

treue, Eines Kindes Mutter , Ihres

Fürſten Unterthanin , auch Ihm Bertraute Gefdichte. Sadſen. 1. Bb.

doch gleich war, indem 7

98

-

{ an

Modal

1.Sie von ihm

ehelich geliebet wurde.

Weil ſie nun jung

Fahren , audy angenehmer Geſtalt, alſo war Sie mit

anſtändigen Sitten und mit Tugenden begabet, in Summa