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German Pages 326 Year 1861
Geſchichte
Vertraute
der
Sächſiſchen
Höfe
und
Staaten
ſeit Beendung des dreißigjährigen Krieges. Von Stanislaus Graf Grabowski.
home décdicch
Meine ec
Erfter Band.
Preis
5
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Sgr.
Vollftändig in 4 Bänden à 25 Sgr. oder 20 Lieferungen à 5 Sgr .
Berlin
1861.
Julius Abelsdorff's Verlag.
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Höfe
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Staaten
ſeit Beendung des dreißigjährigen
Krieges.
Von
Stanislaus Graf Grabowski.
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Erfter Band.
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Berlin Julius
1861.
A belsdorff's Verlag.
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Sächſiſchen
Höfe
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Staaten
ſeit Beendung des dreißigjährigen
Krieges.
Von Stanislaus Graf Grabowski.
Erfer Band.
Berlin Julius
1861.
Abelsdorff's Verlag.
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51,
ins Einleitung
Unter den Kurfürſten Moriß und Auguſt, der jüngeren al bertiniſchen
Linie, hatte der Staat Kurſachſen ſeinen
Blüthepunkt erreicht. politiſch in
Nach außen
hin
höchſten
der mächtigſte und
einflußreichſte Staat Deutſchlands nächſt Defterreich ,
ſeinem
Innern
vollftändig geordnet und glüdlich
durdy
das Einverſtändniß von Fürſt und Volt, ſeinen Nachbarn an Intelligenz und Kunſtfleiß überlegen , war es fein natürlicher Beruf, an der Spiße des proteſtantiſchen Deutſchlands deffen Confeffionsintereſſen gegenüber zu vertreten es
ein , ihm
den
katholiſchen
und zu
dieſen erhabenen
Reaktionsbeſtrebungen
bewahren .
Niemandem
fiel
Play ſtreitig zu machen , bis
die Nachfolger der beiden großen Fürſten , die diefen nur allzu wenig
glichen , durch ihr: „ kaiſerlich unevangeliſches Syſtem ,"
wie Senkenberg die damalige Politik Sachſens bezeichnet , fich in
vollſtändiger Verkennung
willig
ihrer Rechte und Pflichten
frei
diefes mächtigen Einfluffes auf die proteſtantiſdedeut
fchen Staaten begaben und es auf dieſe Weiſe einfichtsvollez ren
Nachbarn möglich machten , fich zu dem
Kurſtaate zu
er
beben und ihn allmählig von ſeiner glänzenden Höhe hinab zuziehen .
6
-
-
damals Kurpfalz und Kurbrandenburg, ers
Dies waren
ſteres an der Spiße der evangeliſchen Union ftehend, die fich Jahrhunderts gebildet hatte , um
zu Anfang des fiebzehnten der katholiſchen
Ligue ftets kampfbereit das Gleichgewicht zu
Dieſer
Plaß gebührte naturgemäß Kurſachſen , fein
halten .
hatte
Herrſcherhaus
ihn
aber
es fich
zurückgewieſen , weil
ſchmeichelte , die vermittelnde und 'verföhnende Rolle zwiſchen den beiden großen Religionspartheien durchführen zu können , und weil es von jeher die
Anſchluſſes an
Politik innigen
das öſterreichiſche Kaiſerhaus befolgt hatte. Johann Georg I. (geboren der Chriſtian II, am
1585 ) fuccedirte ſeinem
Brus
23. Juni 1611. Er war ein redlicher
und frommer, auf das Wohl ſeines Landes eifrig bedachter Fürſt, aber es fehlte ihm
an einem richtigen politiſchen Blide
und an der Straft des Entſchluſſes, die- eine ſo ſchwere Zeit wie die feinige erforderte. Getreu ſeinem
Wahlpruche: „ Ich
fürchte Gott , liebe die Gerechtigkeit und ehre den fohloß
er
fich
an
den
legteren
mit
Kaiſer !"
unerſchütterlichem
Ver
trauen an und blieb blind bei allen den Proteſtantismus be drohenden Maßnahmen , taub gegen alle noch
ſo eindringli
chen Vorſtellungen ſeiner fürſtlichen Glaubensgenoſſen , die ihn wiederholt zum
Anſöluß an die Union zu
bewegen
Man hat ihn beſchuldigt, ſeine Politik fei durch
ſuchten .
die jülich
fleviſchen Erbhändel, bei der er ſich der Hülfe des Kaiſers in eigennüßigem
Intereſfe verſichern wollte, hauptſächlich beſtimmt
worden , jedenfalls fielen die alten Traditionen feines Hauſes, das feine Größe und fein
Glück immer“an Deſterreichs Seite
geſucht hatte , und dann der durch ſeinen
Hofprediger Hoë
von
Hvenegg
der Union
genährte Haß
die kalviniſtiſchen Fürſten
aber ſtärker in das Gewicht bei ihm.vny sur
si Die böhmiſchen für
gegen
si
Händel brachen aus und eröffneten die
Deutſchland fo unbeſchreiblich unheilvolle dreißigjährige
Kriegsperiode.
Am
28. Auguſt 1619 ftimmte Johann Georg
für die Kaiſerwahl Ferdinand's er einen
II. und im März
noch entſcheidenderen Schritt auf dem
Mühlhaufen , indem
er gemeinfam
1620 that Convent zu
mit Mainz, Cóln, Trker,
Heffen - Darmſtadt u. A. den Beſcluß faßte , Ferdinands Room nigthum
Böhmen , das den
Pfalz zu
feinem -Könige gewählt hatte , mit Gewalt feiner
Pflicht gegen den
Kaiſer zu
kalviniſten
unterwerfen .
fachſen feine Stellung auf Seiten tholiſchen
*
Kurfürſten
So hatte Kurs
des Kaiſers und der
fa .
Parthet genommen .
Kaiſers Ferdinand : zögerte nicht, von
Nußen zu
von der
ziehen, und forderte ſchon
im
dieſem
Beſchluſſe
Juli deffelben
Fah
reg Johann Georg auf, Böhmen , fo wie Schleften und Mäh ren , die ſich demſelben ångeſchloſſen hatten , zu Kurfürſt beeilte ſich, zu 15,000 Mann in
gehorchen , und brach im
die Laufigen
(Baußen ) belagerte und eroberte. Ben
Berge bei
Prag: am
befeßen ; der Auguſt mit
ein , woſelbſt er Budiffin Die Schlacht auf dem
8. November
entſchied
Wete
durch den
Fall Friedrich's V. über das Geſchid der böhmiſchen Länder, und Schleſien unterwarf fich volftändig dem kaiſerlichen Achts vollſtrecker, dem huldigte ihm
im
evangeliſchen Kurfürſten Namen
Johann Georg , und
Ferdinand's II.
, !. Jeßt warf der Kaiſer die Maske, die er Johann Georg gegenüber vorzubehalten noch für gut befunden hatte, vollſtän dig ab; der den
Proteſtanten Schuß verheißende Majeſtäts
8
brief wurde bei Seite in den
geworfen , die proteſtantiſchen Kirchen
eroberten Ländern
Permittelung
der
teine Rede von
gefchloffen, die Reaktion
Jeſuiten
einen
ging durdy
ohne Verzug vor fich.
Danke gegen
Es war
Kurſachſen , nicht einmal
ſeine Kriegskoſten founte dieſes erhalten , der Kaiſer verpfändete ihm
dafür einſtweilen
die beiden Lauſißen ; dennod
der Kurfürft es auf dem daß man dem Kaiſer zu
brachte
Tüterbogter Kreistage zu Stande, ſeiner Unterſtüßung eine anſehnliche
Truppenmacht zuſagte. Das Reſtitutionsedikt des Kaiſerß vom
6. März
1629
erſt erregte auch Johann Georg & Unwillen , aber ſeine Vorſtel lungen dagegen blieben
erfolglos, obgleich fich felbft viele ka
tholiſche Fürſten mit ihnen vereinigten . , Da
landete um
die Mitte des
plößlich
1630
Jahres
Guſtav Adolph mit ſeinen Schweden auf Rügen und erklärte fich als Beſchüßer der proteſtantiſchen Glaubensfreiheit. Kurfürſt von Sadyfen befand genheit; er berief, am
ſich
in
keiner geringen
Der
Verles
10. Februar 1631 eine Verſammlung
fämmtlicher proteſtantiſcher Stände nach Leipzig, ihre Beſchlüſſe blieben
aber
ſo ſchwankend als
eben
die Politik Sachſens,
das bei dieſer Zuſammenkunft den Vorfiß. führte und um ket nen
Preis gern ganz mit dem Kaiſer gebrochen hätte; mant
machte dem
lepteren
nur Bedingungen , von
denen
34 : In der That war Ferdinand aud
fich vors
ve
ausſehen ließ , daß er ſie nicht erfüllen würde.
fehr erzürnt über die
Eigenmächtigkeit Kurſachſens, und ſein Feldherr Tilly erſchien im
Sommer 9.
I. 1631
an
forderte und drohte und nahm ten
Zuficherungen
den Gränzen
dieſes Staates ,
endlich, als er keine beſtimm
erlangen konnte, Leipzig
fort.
Jegt erft
9
entſchloß fich Johann Georg des Kaiſers gegen
Bon den feindſeligen
Abſichten
den Proteſtantismus überzeugt, ein ſchließen .
Es kam
݈ܙܗ
Bündniß mit Schweden zu
durch
offenes Guſtav
Adolphs weiſe und edle Nachgiebigkeit zu Stande und wurde am
7. September 1631 durch die ſiegreiche Schlacht bei Bret
tenfeld beſiegelt. ini Sachſens Aufgabe wurde es nun , ſich wieder der böha miſchen
Länder zu
verfichern
und
ſie von
dem
Drude des
Katholicismus zu befreien , die zweite, Mähren und Defter: reich anzugreifen .
Johann
Feldmarſchall Arnim
Georgs Heer rüdte unter deme
in Böhmen
ein , nahm
Prag mit einer
für damalige Kriegsverhältniffe feltenen Schonung , um Saiſer nicht unverſöhnlich zu erzürnen , ſen Siegeslauf, dem
den
anſtatt aber dies
Deſterreich fo ſchnell nicht ein neues Heer
entgegenzuſtellen vermochte, fortzuſeßen, ließ fich Arnim , von ſeinem mit
Herrn dazu autoriſirt, auf beimliche Unterhandlungen
den
Georg
Kaiſerlichen
noch immer war
ein ;
nicht ernft damit, dem
Kaiſer- und
vertretenen Katholicismus entſchieden
dem
Johann
es
von
ihm
die Spiße zu bteten .
So wurde es denn Wallenſtein, der in der großen Noth des Kaiſers zum
zweiten Male fein Heer übernommen hatte,
leicht, die Sachſen wieder aus Böhmen zu verdrängen einige feiner Heerestheile unter Gallas und dem
und
Plünderer
Holfe wieder in die Gränzen des Kurftaates zu werfen .
Jos
hann Georg ſchwankte noch immer, denn er beneidete Schwea den um den Einfluß , den es auf die deutſchen Angelegenheia ten gewann und allerdings auch zuweilen ausbeutete, die Wallenſteiner aber
im
als
Voigtlande und Erzgebirge ganz
entfeßlich hauſten , Leipzig nahmen und ſelbſt Dresden bedroh
10
ten , wußte
er ſich
Adolph , der ſich
keines beſſern
im
Rathes mehr, als Guſtav
Lager von Naumburg verſchanzt hatte,
dringend zu Hülfe zu rufen . Der
edle Schwedenkönig
ftegte bei Lüßen
und
tam
Man weiß , daß die deutſchen
(6. November 1632.)
Protes
ſtanten über dieſen blutigen Sieg nicht zu triumphiren Grund hatten, denn er beraubte fie ihrer unerfeßlichſten Stüße, des Heldenkönigs felbſt. Sein
Reichskanzler Arel Drenſtjerna , der Nachfolger in
feiner Politik , gab ſich nun
alle Mühe, behufs einheitlicher
Fortführung des Krieges Sachſen des aller proteſtantiſchen daß Schweden
zur Stiftung eines Buna
Reichsſtände unter
der Bedingung,
die militairiſche Oberleitung führe, zu vermös.
gen , aber dazu konnte ſich
der unträftige und in gewiſſer
Beziehung eigennüßige Johann Georg wieder nicht entſchlies Ben , denn er- fühlte recht gut, daß er, der natürliche Vertres ter der proteſtantiſchen ihrer
indeſſen
Intereffen
in
Deutſchland , det fich
anzunehmen verfäumt hatte, fich durch eine
folche Üebereinkunft demüthigen müſſe , der Spige ftehn , Schweden , dem
jeßt wollte er an
er doch ſo viel verdankte ,
follte dies nicht. Seine Unſchlüſſigkeit hatte die Folge, daß Wallenſtein fite benußte und von Neuem
in Sachſen
glückliche Land litt furchtbar durch
einfiel.
Das un
die Verbeerungen
ſeiner
roben Soldateška , Leipzig wurde wieder beſegt, und endlich wandte er ſich gar an den Kurfürſten , um gegen den Kaiſer zu verbinden .
Dieſem
ſich mit ihm
offen
verrätheriſchen Plane
ſtimmte Johann Georg denn aber doch nicht bei, und nach dem
er fich auf dem
Frankfurter
Congreffe gegen die ſchwes
-
diſche
11
Einmiſchung erklärt und feinen
nad Schleſien geſchidt hatte, um
Feldmarſchall Arnim
es günſtig für Sadlen zu
ſtimmen , brachte die Schlacht bet Nördlingen (5. und 6. Sepa tember 1634 ,) in
der Erzherzog Ferdinand's
ſpäterer Nadya
folger, Ferdinand III., einer entſcheidenden Sieg erfocht, eine vollſtändige Umwandlung in ſeinen Plänen hervor. jhluß an den Kaiſer ſchien und ſein
ihm
Der Ans
jeßt das Gerathenſte für ſich
Land , und der darauf bezügliche Vertrag kam
am
30. Mat 1635 zu Prag zu Stande ; er erreichte dadurch wea nigfteng
die definitive Belehnung mit den beiden
Laufigen
und den Duerfurter Aemtern . *
In Folge dieſes Friedeng mußte der Kurfürft am
6. Des
tober deſſelben Jahres den Schweden den Krieg erklären , hatte dies
indeffen bald zu bereuen , denn
wurde ſein
General
Baudis
Rütwen geſchlagen und am
am
22. October ſchon
bet Dömiß von
Banner und
7. Dezember rieben bei Küriß die
Schweden acht fächſiſche Regimenter, die dem Kaiſer zu Hülfe ziehen follten , beinahe vollſtändig auf. Die Schweden
zogen
ſich nach dieſen
Siegen
in
das
Brandenburgiſche zurück, und als ſich im März des-folgenden Jahres die Sachſen mit dem
Corps des kaiſerlichen Generals
Hagfeld bei Eisleben vereinigt hatten , folgten ſie ihnen , wure den
aber von
Banner am
dlagen , worauf dieſer und dem
ftatten wolle. Neuem
ſchwediſche Feldherr
Torgau
ge
befekte
Kurfürſten das Anerbieten machte , fein : Sand zu
verſchonen , wenn er ihm
von
24. September bei Wittſtoc
freten Durchzug nach Böhmen gea
Der Kurfürſt gab eine abfdlägliche Antwort, litt das Land auf das Graufamfte unter der
Rache der Schweden , und obgleich dieſe fich bald darauf nach
12
Pommerts und Medlenburg
zurückziehen
mußten , erſchienen
fie t. 3. 1639 wieder, nahmen Zwickau , belagerten Freiberg bei
und ſchlugen am 14. April die Kaiſerlichen und Sachſen Chemniß. 5.?
Nun erſchien
die Hauptmacht der Schweden
erft wieder
i. T. 1642. in Sadjen unter Torſtenſon , der mit der Belas gerung Leipzig's begann und am
2. November die unter Grze
und General Piccolomint heranzie
herzog Leopold Wilhelm
ſchlug .
henden Hülfstruppen bei Breitenfeld entſchieden zig wurde genommen
Leip :
und das Land ſchredlich geplündert;
andere Unfälle folgten , wie die Eroberung von Meißen und der Sieg der Schweden
Jankowiß
über die Kaiſerlichen bei
(24. Februar 1645 ), was Johann Georg endlich umſtimmen Waffenſtilſtande von Ketſchenbroda
zu dem
bet Dresdett am
27. Auguſt 1645 bewog . .
mußte und ihn
Dieſer Waffenſtilſtand, der anfänglich auf fechs Monate mit Schweden Kaiſers bis
abgeſchloſſen , wurde troß der Einſprache des zum
vollftändigen
Abſchluſſe des
Friedens
gu
Münſter und Osnabrück (14. October 1648 ) verlängert. Was Sadlen in dieſem
ſogenannten weſtphäliſchen Frie
den erlangte, war nicht vtel; -- Weiße ſagt: „ Es belam nen
ſet
Frieden , wie eg feinen Krieg geführt hatte." Das. Normaljahr der Reſtitutionen wurde auf 1624 feft
gelegt, die Johann
Forderung der
Georgs beſonderen
Kriegskoſten , der
Schweden 1 auf
Antrag auf ſieben
Reichskreiſe
vertheilt, ſo daß auf Sachfen eine Schuld von 267,107 Tha ler
fiel, die Belehnung Kurſachſens mit den Laufißen
und
Querfurter Aemtern wurde beſtätigt, das Erzſtift Magdeburg follte nach
dem
Tode des Adminiſtrators Auguft an Bran
13
denburg fallen ; Leipzig ſollte erſt nach Abzahlung der Kriego? Laſten von den Schweden geräumt werden , und dtes geſchah äud erſt im
Tahre 1650.75
**** Die geringen Vortheile , die Sachſen aus dieſem zog, g, konnten gegen
Striegsjahre gar nicht in Anſchlag ges
rend der furchtbaren bracht werden .
Frieden
ſeine Leiden und ſeine Schwächung wäh
Wenn es als ſelbſtverſtändlich zu betrachten
ift, daß jeder geiſtige Fortſchritt im
Staats- und Volfdleben
durch ſo lange andauernde blutige Ereigniſſe
gehemmt wers
den mußte, ſo war auch der materielle Nachtheil für das Land ein unberechenbarer . , Ausnahme einiger
Von
größerer
lagen doos, beſonders im Schweden
Aderbau
und
Handel war mit
Städte faſt keine Redemmehr,
Erzgebirge und Voigtlande, das die
und Kaiferlichen abwechſelnd am meiſten
fudt hatten , Dörfer und niedergebrannt ;
die
Städte auf meilenbreiten
Einwohner waren
heimgea Strecken
davongezogen
und
dachten vorerſt nicht mehr an das Aufbauen , wenn der Lana
$ déshérr ihnen auch freie Bauſtellen des Materials ltefern mochte. Stellen geweſen .
unter dem
Namen
und ſelbſt
einen
Theil
Noch lange nachher find ſolche der
,,wüſten
Marken " bekannt
Die Theuerung überſtteg alles Glaubhafte, das noch
vorhandene" baare Geld war durch das ſogenannte , stippen und Wipperi'" 'verdorben , der
Betrieb
in den
Bergwerken
durd deren Zerſtörung oder Verfall unterbrochen ; Ste Steuern mußten alſo 'nach dem
Frieden unmäßig erhöht werden , oba
gletch das arme Volt ſie kaum noch aufzubringen vermochte.
Sachſen hatte nad
ungefährer Schäßung eine Milton
Menſchen durch das Schwert des Feindes , Hungersnoth und Seuchen , wie ſie das Kriegsleben mit fich bringt, vešloren ;
14
beiſpielsweiſe zählte das mehrmals bedrängte viertauſend waffenfähigen Männern nach dem nur noch fünfhundert.
Freiberg von Friedensſchluſſe
Die Anſiedler, die ſchaarenweiſe aus
dem noch härter oder wenigſtens ebenſo mitgenommenen Böhs men heranſtrömten und von denen ein Theil auf dem Faſten berge Johann-Georgenſtadt (1654 ) gründete, gaben nur ges ringen
Erſaß für ſolche Verluſte.
Johann Georg
hätte beim
Wohlftande feines Landes
beſten Willen
dem
geſunkenen
fo . fchnell nicht wieder
aufhelfen
können , denn fein Schaß war leer und mit Schulden belaſtet; überdies liebte er, fich von fürſtlichem und
hielt
einen
zahlreichen
Prunt umgeben zu ſehn ,
Hofſtaat, audy die Beſoldung
angeworbener Truppen und während des Krieges, der land miliz koſtete große Summen . rüttet, Handel und zum
großen
die
Finanzen zet
Induſtrie lagen darnieder, das Volk wat
Theile entſittlicht oder entmuthigt, und
vielleicht das Schlimmſte war Hauſes
So waren
und fein
Einfluß
—
was
der Glanz des kurfürftlichen
auf Deutſchland
von
den Nach
barn , die eine weifere und feſtere Politik beobachtet hatten , perdunkelt. Zwar gelang eß
Johann Georg , im
Jahre
1653 , alb
die Direktion der evangeliſchen Religionsangelegenheiten wegen ܀ܢ
der immer noch fortdauernden Streitigkeiten wieder hergeſtellt wurde, diefelbe auf ſich übertragen zu laſſen , nachdem anfangs von
er fie
fich gewieſen hatte , dann aber den überwiegen
den Einfluß Kurbrandenburgs, das ſich darum
bewarb, fürch
tete ; er erreichte damit aber nicht mehr als einen ſchwachen Schein des alten Glanzes . entſcheidenden
Streich
gegen
Dagegen
führte er felbſt einen
Kurſachſens Größe durch
ſein
15
Teſtament vom
20. Juli 1652 und das unter dem
20. Juni
des folgenden Jahres hinzugefügte Codicill , in denen Staaten in
dem
unter feine vier Söhne in einem ſie zu neuer Hebung der feſten
thigſten bedurften .
er feine
Augenblide theilte, Vereinigung am
nos
Danach ſollte erhalten :1: 3
der älteſte Sohn
Johann
Georg mit der Kurwürde den
Aurkreis (Wittenberger), die Burggrafſchaft.Magdes •
burg ,
den Meißner,
Leipziger und
Erzgebirgiſchen
Kreis , die Oberlaufig , das Stift Meißen mit Wur zen , die Sequeſtration in Mansfeld , die Voigtet über Quedlinburg, der zweite
Auguſt (Reſidenz zu Weißenfels ) die
ſtration
des
Ndmint:
Erzſtifteß Magdeburg , die Aemter und
Städte Querfurt,
Jüterbogk, Dahme und Burg , die
Schlöffer , Städte und Aemter Langenſalza , Weißen fels , Sachfenburg , Edartsberga ,
Freyburg , Bibra,
Sangershauſen , Weißenſee , Heldrungen ,
Sittichen
bach, Wendelſtein , und die Anwartſchaft auf Barby , der dritte Chriſtian (Reſidenz zu Merſeburg ) das Stift
Merſeburg, die Niederlauſiß, die Städte und Aemter Delitid , Zörbig, Bitterfeld , Dobrilugk und Finſter walde, der vierte Moriß (Reſidenz zu Zeiß) das Stift Naumburg Zeiß , den voigtländiſchen die Herrſchaft
und neuſtädtiſchen
Tautenburg und das
Kreis ,
Amt Frauen
priesniß. Reichs- uud Kreistage zu beſchicken , ſollte ausſchließliches Recht
Johann Georgs bleiben , der
dafür feine fürſtlichen
Schweſtern mit je zwölftauſend Thaler auszuſtatten
habe, die
16
Anwartſchaften , Univerſitäten, Hofgerichte, Archive, Goldberg werke, Reichs- und Streislaften, ſo wie die Anſprüche an die
Am
Erbfolge - follteni allen Brüdern gemeinſchaftlich Forretninger
: *
Jülichſche bleiben .
8. October
Johann
1676 ftarb
Georg mit Hina
terlaſſung der genannten vier Söhne und dreier Töchter von feiner zweiten Gemahlin Magdalena Sibylle, Tochter Mark graf Albrecht Friedrichs von Brandenburg , fo wie von eins undfünfzig . Enteln und neunzehn Urenteln. 1 . 13. Er hinterließ Sachſen
in
einem
Zuſtande der Schwäche
und Zerſplitterung , der für das Land genug unſelige Folgen haben ſolltes vegetation
M
Matang yan)
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II.
( 1656--1680 .) E
r pe 8
fa p i telo
Johann Georgs Regierungsantritt. - Seine Erziehung und Religions anfichten . Seine Derheirathung und ſeine Kinder . Streitigkeiten der Freundbrüderlicher Hauptvergleich . Brüder über das väterliche Teftament. Weitere Verträge. Aufnahme in die frucht Reiſe zur Kaiſerwahl. Erwerbung der Grafſchaft Barby . bringende Geſellſchaft des Palmenordens. Anwart Aeußere Politik des Kurfürſten . - Die Erfurter Händel. Vergleich mit König Ludwig XIV . pon ſchaft auf Sach fen - Lauenburg . Bund mit dem Kaiſer vom frankreich und Bündniß mit Schweden . Muſterung der kaiſerlichen & ruppen zu Eger. 10. October 1672. Vertrag mit Baiern und Stellung von Hülfstruppen im Reichskriege. Friedensſchluß zu Mymwegen .
Am
8. Oktober 1656
nach einer mühevollen im
ſchloß Kurfürſt Johann Georg I.
Regierung von
Alter von zweiundfiebzig Jahren
fünfundvierzig und
die Augen .
liek vier Söhne und drei Töchter , von
Er hinter
ſeiner zweiten
Ge
mahlin Magdalena Sibylla , Tochter Markgraf Albrecht Fried richs zu Brandenburg und Herzogs in Die erſteren
waren
31. Mai 1613), Auguſti (geb. am tian , (geb. am
Preußen , geboren .
der Kurprinz Johann Georg (geb. am 13. Auguſt 1614 ), Chris
27. Oktober 1615) und Moriß, (geb. am
März 1619) ; der älteſte Sohn war am Bertraute Geſchichte. Sachſen . 1. Bb.
28 .
18. Juli 1608 todt 2
18
-
geboren worden , der zweite Chriſtian Albrecht ſtarb im von
fünf Monaten am
jüngſte Prinz Heinrich im Auguſt 1622.
9. Auguſt 1612 , der ſiebente und Alter von ſieben Wochen am
Die Prinzeſſinnen überlebten
Vater: Sophia Eleonora , (geb. am an
den
Landgraf Georg
Maria
Alter
zu
Eliſabeth , geb. 1610
15 .
ſämmtlich ihren
23. November 1609) und
Heſſen -Darmſtadt verheirathet, und
verheirathet an
Herzog
Friedrich zu Holſtein -Gottorp , Magdalena Sibyla, geb. am 17. November 1617, und an König Chriſtian
V. von Dä
nemark verheirathet, ſpäter verwittwet. Der Kurprinz feines
Namens den
Johann Georg , der nun
als der zweite
Kurhut auf das Haupt" fegte und einſt
weilen als Successor universalis alle Befißungen
ſeines Va
ters übernahm , war ſchon zu deſſen Lebzeiten ein ſehr pracht liebender Herr geweſen und hatte ſich die Einrichtungen der Hoffeſtlichkeiten , ſo wie ritterliche Spiele und gelegen
ſein laſſen .
den Magiſter meiſtern
Jagd ſehr an
Die Bildung, die er durch ſeinen Lehrer,
Johann Heidelberger , und unter ſeinen Hof
Volhardt von Waßdorf und ſpäter Kurt von Ein
ſiedel erhalten
hatte, war eine ſehr einſeitige, auf Theologie
und lateiniſche Sprachkenntniß beſchränkte, geweſen . über die Religion dachte , davon im
Wie er
legt eine Aeußerung, die er
Jahre 1654 bei Gelegenheit der Einführung des Super
intendenten Dr. Calovius zu Wittenberg that, Zeugniß ab. Hier ſagte er nämlich bei der
Tafel zu dem
Ober-Hofpredi
ger . Dr. Weller, der die Einführungspredigt gehalten hatte : , Herr Dr.
Weller, Ihr habt heute auf des neuen
Superintendenten Seele die Seelen der Zuhörer gebunden. Höret nun , ich binde auch die Seele meines jungen Prin zen auf Eure Seele, und weil der Herr Vater nun mehr durch göttliche Gnade ein hohes Alter erlebt, ich auch nicht
19
wiſfen kann , wann mich :Gott abfordern wird, will ich , jungen Herrn
in keiner
andern Lehre wolt erziehen laſſen , als darinnen
Ihr nach meinem
ich gebos
daß
Tode i den
ren , jegt lebe ; auch durch göttlichen Beiſtand und Hülfe :: bis an mein feliges Ende beſtändig verharren , darauf leben
und ſterben will, nämlich in der allein wahren lutheriſchen Religion der ungeänderten Augsburgiſchen Confeffion." Die Anhänglichkeit an das öſterreichiſche Kaiſerhaus hatte er von ſeinem
Vater geerbt, ebenſo aber auch deſſen Mangel
an feſter Willenskraft, und richtiger politiſcher Einſicht , wiė Verlaufe ſeiner Geſchichte zeigen wird. fich im Seit dem 13. November 1638 mit Magdalena Sibyla,
der Tochter Markgraf Chriſtians zu Brandenburg -Sulmbach,
. (geb. am
17. Oktober 1612) verheirathet, hatte er von dera
}
ſelben bei feiner Erhebung zur Kurwürde zwei Kinder, nach dem
die älteſte
Tochter, Sibylla Maria, (geb. am
tember 1642) ſchon
am
27. Februar
nämlich Erdmuth Sophia (geb. am den Kurprinzen
1643
16. Sep
geſtorben
war,
15. Februar 1644 ) und
Johann Georg , (geb. am
20.
Juni 1647.
zu Dresden ) Bereits am orgs
18. November 1656 wurde
Johann
Ges
I. Teftament, das wir in der Einleitung gegeben haben
und das noch manche Schwierigkeiten herbeiführen
ſollte , da
eß in vielen Beziehungen unklar blieb oder verſchiedene Deu tungen
zuließ , veröffentlicht.
Es war von
Sekretair Berlich aufgeſegt und von dem
dem
geheimen
verſtorbenen
Aura
fürſten , ſowie von fünf Räthen , Heinrich von Frieſen dem Pelteren , Abraham hann Georg Dpeln
von Sebottendorf, Friedrich Metfchen , Jo und Heinrich von Frieſen
dem
Jüngeren ,
nicht aber von den kurfürſtlichen Söhnen unterſchrieben wor den .
Das Recht der Primogenitur wurde darin ausdrüdlich 2 *
20
-
anerkannt, durch die Anwendung des römiſchen Rechtes aber Mißverſtändniſfe verurſacht, die allerdings der jüngeren Brü der Anſprüche auf vollſtändige Unabhängigkeit von teren
zu
rechtfertigen
ſchienen .
wenig der neue Kurfürſt als
durd
äl
Damit konnte aber ebenſo das Land ſelbſt einverſtanden
fein , welches leştere , durch den Krieg ohnehin ſchwächt,
dem
eine ſolche Zerſtüdelung
ſchon arg ge
in vier Theile alle
Kräfte, fich in politiſcher und materieller Hinficht wieder zu haben , verloren haben würde. Zum des
8. Februar 1657 hatte Johann Georg die Stände
Landes
Tage zuvor Freyberg dem
zum
erſten
fand
das
ſtatt .
Landtage zuſammenberufen . feierliche Begräbniß ſeines
Auf dieſem
Landtage huldigten
Vier
Vaters zu die Stände
neuen Kurfürſten , aber nur mit der ausdrücklichen Bes
dingung, daß ſie ihres Eides für entbunden gehalten werden ſollten , wenn der Kurfürſt eine Veränderung in der Religion vornehmen werde. Hier kam nun auch die Teſtamentsange legenheit zur Sprache , und die Stände" gaben ihr Bedenken und ihre Mißbilligung darüber zu erkennen , daß der Hochlea lige Kurfürſt
derartige wichtige Beſtimmungen
Nath und ihr Zuthun getroffen es wohl nicht gethan haben
habe, meinten
und die Verpflichtungen
hätte.
Beſonders
welche
durch
auch , daß er
würde , wenn man ihn an den
Brauch
ſchien
ohne ihren
ſeiner Vorfahren
die . Theilung
erinnert
der Landesſchulden ,
eine getrennte Steuerverwaltung nothwendig
wurde, unzuläſſig, und die Brüder einigten fich zuerſt dar ber, daß
die Beſeßung
dieſer
Verwaltung
in
den
oberen
Graden durch den Kurfürſten erfolgen und daß alle Steuern bis auf dierfür ihren Hofaufwand beſtimmten an ihn abges führt werden hann Georg
follten .
Ein
anderer Streitpunkt, auf den Jou
viel Werth legte, war die Abtretung der fchrift:
21
fäffigen Bafallen
der Mitterſchaft in den
Xemtern der alten
Erbländer , und bierbei , wie überhaupt im
Ganzen , obgleich
man das Teſtament nicht geradezu umzuſtoßen wagte, ftim die Stände bei.
meten ihm bei dieſem
Im
Uebrigen machten
legtere
Landtage mehrere Geldbewilligungen .
Herzog Friedrich Wilhelm
zu
Sachſen - Altenburg hatte
es übernommen , den Vergleich zwiſchen den Brüdern zu ver mitteln , und die jüngeren fügten
geſtellten Be
ſich bald den
dingungeni , Auguft. Dagegen , der Lieblingsſohn des Vaters , deſfenthalber lepterer wahrſcheinlich auch dieſes Teſtament ge macht hatte, ſtand ſchwerer von feinen hoheitlichen Anſprüchen auf ganz Thüringen
ab .
Am
22. April 1657 kam
endlich
der ſogenannte freundbrüderliche Hauptvergleich zu Dresden zu Stande. il 2.1
behielt Augüft den
Danach
ihm
menté zugewiefenen Befiß und bekam
im
väterlichen
außerdem
Teſta
noch einige
Städte , Xemter und Stifte, der Kurfürft aber die : Thürin giſche Ritterſchaft mit Ausnahme der Sachſenburgiſchen , ſo einige Aemter in Thüringen und den Erbſchuß in Er furt, Mühlhauſen und Nordhauſen , die beiden anderen Brüs
wie
der behielten mit geringen Abänderungen ebenfalls das ihnen Ausgefeßte
aber die geſammte Landeshoheit blieb dem
Kur
fürſten , ebenſo das Recht, Krieg zu erklären und Frieden oder Bünduiffe zu die
ſchließen , das Aufgebot der Ritterſchaft und
Truppenwerbung, die Beſchidung der Reichs- und Kreis
tage, fo wie das Appellationsgericht zu
Dredden , bei deſſen
Befegung er Rüdſicht auf die Empfehlungen
ſeiner Brüder
nehmen wollte ; die Beſchlüſſe wegen der Steuern und Schul den wurden beſtätigt, und alle fünftigen Streitigkeiten folten durch gütlichen Vergleich erledigt werden . Trop diefer Uebereinkunft wurden in den nächſten
Jahren
22
noch beſondere Verträge nothwendig , wie der vom dem
1660 , in
4. März
der Kurfürſt für ſeinen Bruder Auguſt auf
die Schriftfaſſen der Aemter Weißenfels und Freyberg verzich tete, ebenſo am
8. Oktober
1661 auf die von Eckartsberga,
Langenſalza , Weißenſee und Sangershauſen , welche leştere aber bald darauf wieder an die vier magdeburgiſchen Wendelſtein
ihn zurüdfielen ; dagegen ſollten
Aemter und
und Sittichenbach
von
die
Helbrungen,
ein beſonderes Reichsfürſten
thum Sachſen -Querfurt unter Auguſts Oberhoheit bilden und dieſes ſeine eigenen Landtage und Steuerverfaffung haben . Auch mit Moriß mußte der Kurfürſt noch einige weniger wichtige Vergleiche ſchließen , und kleine Streitigkeiten über die gegen feitigen Rechte hörten fo bald nicht auf. Am
2. April 1657 war Kaiſer Ferdinand III. geſtors
ben , und
das Reichsvikariat; fiel nun der
gemäß auf
goldenen Bulle
Johann Georg, der , beiläufig geſagt, eine Münze
darauf prägen
ließ.
Sowohl der
Pfalzgraf Karl Ludwig
als der Kurfürſt Ferdinand von Baiern beanſpruchte das Mit vikariat,
Johann Georg entſchied ſich aber für den
Am
11. Februari 1658
fich
durch
König
trat er , nachdem
Ludwigs
Interregnum
das
XIV : Umtriebe
verlängert hatte, ſeine Reiſe nach
letteren.
ungewöhnlich
Frankfurt" a. M. zur Stai
ferwahl an und ließ ſeinen Bruder Herzog Moriß als ſeinen Stellvertreter in der Landesregierung zurüc .
An demſelben
Tage traf er mit dem Kurfürſten von Brandenburg zu Lich tenberg zuſammen , und beide proteſtantiſche Fürſten einigten fich dahin , ihre Stimme dem geben
öſterreichiſchen Prinzen Leopold
und dahin wirken zu wollen , daß die übrigen prote
ftantiſchen Kurfürſten
daſſelbe thäten , damit Frankreichs Ein
fluß auf Deutſchland nicht überhand nehme, wenn ein ſchwa cher Fürft an des legteren
Spiße träte.
Das
beabſichtigte
23
-
Ludwig XIV . allerdings und ſuchte deshalb durch ſeine Ge fandten
in
von dem Fürſten
Frankfurt , Grammont" und Lyønnes, die
Wahl
Habsburger Hauſe abzulenken , hatte die katholiſchen auch ſchon
größtentheils für ſeinen
Plan ' gewonnen .
madu furfürſt Johann Georg reiſte, wie er es liebte, wieder Prunke und ſtarker Begleitung, was dem
.
mit großem
Lande natürlicy große Koſten perurſachte ;'nachdem Wilhelm er am
armen
er Herzog
von Weimar einen Befuch abgeſtattet hatte , langte 22. März zu Frankfurt an .
der franzöſiſchen
Troß der Bemühungen
Geſandten , die ſelbſt zu kleinlichen Streitig =
keiten zwiſchen ihnen und dem
Kurfürften von Sachſen
führ
ten, gelang es den proteſtantiſchen Fürſten doch , Leopold zum Kaiſer zu wählen . ein dem
Am
24.
prächtiges Banquet, ſo wie Leopold
begab
er
Junt feierte
ſich am
Georg
Tournier und Mitterſpiel, an
I. und alle . Kurfürften theilnahmen .
Hierauf
30. Juli wieder auf den "Rüdweg .
dieſes Mal unterließ
er nicht, Herzog Wilhelm
abermals zu beſuchen , und wurde am Wunſch
Johann
Auch
in Weimar
18. Auguft auf ſeinen
in die „ Fruchtbringende Geſellſchaft des Palmenor
deng“ aufgenommen . Dieſe Geſellſchaft, welche es fich zur Aufgabe machen follte, „ die durch das fremde ausländiſche Wortvermenge zu Grund aus verderbte Deutſche Heldens und Mutterſprache wieder aufzurichten, die hinfallenden benden
Gemüther aufzumuntern
Tugend und Kunſt lie
und das deutſche
Vertrauen zu erbauen ," war zu Weimar von vielen und , adligen gen
Herren
redliche
Fürſtlichen
auf Veranlaſſung des damaligen dorti
Hofmeiſters Caspar von Teutleben geſtiftet worden ; den
Statuten nach mußte ſtets ein
deutſcher Reichsfürſt an ihrer
Spiße ſtehn , und damals wurde der erſte
11
ܥܪ
ཀ་རྫོང་དུ་
Direktor der Fürſt
24
Ludwig zu Anhalt -Köthen , zur Zeit bekleidete Herzog Wila zu Weimar dieſes Amt.se
belm o
Die Aufnahmefeierlichkeiten Johann Georgs werden
gendermaßen
fola
beſchrieben .
Das Mittagsmahl wurde auf dem
kleinen Saale über
der fürſtlichen Dreh- und Reißſtube hergerichtet und nur die vornehmſten mußte
der
dazu
eingeladen .
weimariſche
Secretarius
Gäſte
Während
Tafel
der
und Erzſchreinhalter,
Georg Neumarck, die anweſenden bisher in den Orden Auf genommenen, ſo wie die Neuaufzunehmenden mit Geſellſchafts
des Mahles wurde der Kurfürſt von Herzog Wilhelm
noch
Drden wünſche,
den
mals befragt, ob er die Aufnahme in
**
verſehen . Nach Beendigung
namen , Gewächſen und Worten
und als er „ ſein ſonderbares Vergnügen und Wohlgefallen “ daran
gegeben hatte , ließen
zu erkennen
zwei
fich die an
Drten auf dem Altane und Dachumgange aufgeſtellten
Trom
peter und Heerpauker tapfer hören . Obengenannter Erzíchrein Ordensmitglieder der Reihe findet dabei die Beina
halter rief nun die bisherigen von
nach
der
Tafel auf ,
man
men , der Gekochte , der Vielgültige , der Entlähmende ; der Jagende, der Zierliche, der Kriechende“ u. a . - worauf die felben
ſich unter
Vortritt des Marſchalls Hans Ernſt von
Wißleben , fürſtlich fächſiſchen
Jägermeiſters zu
Eiſenach , ge
nannt der Gefochte, zu dem Kurfürſten begaben , ihn zu Her zog Wilhelm , den Schmachaften , führten den Herren , in einem Herzog Wilhelm
und um
Halbcirkel auf Stühlen hielt nun
die bei
Plaz nahmen .
eine wohlgefeßte Nede, in
der er auf den Zweck und die Statuten
der Geſellſchaft hin
wies und die Hoffnung ausſprach , daß
Anrfürſt. Johann
Georg als hoher deutſger Potentat und
Kurfürſt des bei
ligen
römiſchen
Reiches
die deutſche
Freiheit ſchüßen ,
das
25
deutfche Vertrauen erhalten , die deutſche Sprache lieben und deren Ausübung , Rein- und : Zierlichkeit kräftig zu befördern geruben wolle. ' Alles, was einem
Der Kurfürft erwiederte
darauf, daß
er
getreuen Mitglieder diefer fo: wohlgemein
ten und löblichen Geſellſchaft obliege, in Acht nehmen und halten wolle , worauf ihm „Der Preiswürdige“ , dem der Deviſe :
ein
Zettel" mit
Gewächſe, „ der
„ Beſtehet unwandelbar“ von
überreicht wurde.
ſeinem
Namen
Cederbaum “ und dem
Secretarius
1
43" Hierauf wurden idie Geſundheiten auf die ganze Gefell ſchaft und das neue erlauchte Mitglied
getrunken und zwar
beſonders dazu beſtimmten Glaſer in der Delberger "
aus einem
genannt, wobei die Trompeter und Pauker wieder ordentlich aufſpielten .
Dann folgte die Aufnahme von noch fieben , zu
dem Gefolge des Sturfürſten nämlich : ! " T,
gehörigen Herren in den Drden ,
tiasi ?
a 1991
Heinrich der Jüngere, Freiherr von Frieſen , kurfürſt
licher Geheimer Rath und Kammerherrn mit dem .
Namen
„ der Belohnende" , ** stretne 119**** Rudolph von Neitſchüß , kurfürfilicher Geheimer Math
.. und Kammerherr, Hof- Obriſter und Amtshauptmann Mühlberg , mit dem wächs
Namen
gefüllter Mitterſporn " und der Devife:
tige Biffe, 2. Ulrich
und
zu Ge
Wider gif
JDD, Graf von
und Obrifter, mit dem 3
der Mitterliche" , dem
Kinsky und Tettau ,
Kammerherr
Namen „ der Fechtende,"
T'
Wolff Lorenz Freiherr von Hofkirch , Kammerherr Cornet bei der Garde , mit dem Namen der
Freigebige,"",
con
Chriſtoph Vißthum
por
Eæffedt, Kammerherr und
26
Hofmeiſter, mit dem
Namen
der Freudige," dein Gewächs
'1' ,Stendelwurß " und Devife:
Zur Liebesglut," **
Friedrich von Werthern , des heiligen römiſchen Reiches Erb - Stammerthürhüter und kurfürſtlicher Hauptmann über a ' die Schriftfaffen I'
im
thüringiſchen Kretſe, mit dem Namen
der Ueberlegene," : Ludwig Gebhardt von
2,3 mit dem
Hoym , kurfürſtlicher Hofrath,
der Nachdenkliche."
Namen
Hierauf folgten noch einige Reden und eine abermalige Leerung des
Delbergers,"
was bei der ganzen
nicht ganz Nebenſache geweſen Am
zu fein
Ceremonie
ſcheint.
28. Auguſt traf der Surfürſt in Dresden wieder ein .
Nachdem
der legte Graf zu Barby
geſtorben war, kam
im
Dctober
1659
dieſe Grafſchaft, nach Johann Georgs I.
1
Verfügung , án Herzog Auguſt, den Adminiſtrator zu Halle, Johann Georg II. behielt aber die Oberhoheit über ſie und führte fie
in
feinen
Titeln mit auf , was der Kaiſer am
21. Juni 1661 beſtätigte." ; ; Viele Ungelegenheiten machte in der nächſter Stadt Erfurt, die
aus
dem
fünfzehnten
Zeit die
Jahrhundert her
unter Erbherrlichkeit der Kurfürften von Mainz , gleichzeitig aber unter der Schußboheit der fächfiſchen
Herzöge ſtand;
wegen mehrerer Streitigkeiten , die dieſes Verhältniß zur Folge hatte, erließ der Kaiſer ſchon am
10. October 1516 eine auss
drüdliche Anerkennung des Erzbiſchof8 von Mainz als herren und beſtätigte ſie
Erb
1521 nochmals, die Erfurter ſegten
dagegen ihre Widerſeßlichkeiten fort und verweigerten zu ver fchiedenen Malen die Abgaben . · Im hatte die Stadt ſich durch dieſelben
im
dreißigjährigen
den Schweden angeſchloſſen
weſtphäliſchen
Striege
und ſuchte
Frieden die Reichsunmittel
barkeit zu erlangen , was indeſſen nicht zur Ausführung kam
27
und Kuc=Mainz nur veranlaßtë, ifeine Rechte von Neuem mit mehr dahin
Entſchiedenheit
als bisher
geltend zu
machen ;
gehörte auch die Wiedereinführung des Kirchengebetes
für den zwar im
Kurfürſten
von Mainz:
Die Erfurter - fügten
ſich
Jahre 1660 nady langen Unterhandlungen , da aber
Sachfen ſeine Anſprüche gegen Kur :Mainz nun auch wieder geltend zu machen
begann , wurden
fiez zu
neuen Widerſek
lichkeiten ermuthigt, und obgleich die fächſiſchen Herzöge Com miffarien , folche beizulegen, auch Kurſachſen deshalb den Wolff von
Werthern
Abgeſandte
abſandte und der Kaiſer durch Befehle und
zum
Geborſam
Bürger doch ungebrochen
ermahnte , blieb
der
und nöthigte ſelbſt die
Troß , der kaiſerlichen
Geſandten , die Stadt zu verlaſſen . *?
In
Folge deffen wurde am
kaiſerliche Acht über
die
27. September
Stadt ausgeſprodhen
1663 die
und Kurfürſt
Johann Philipp von Mainz mit ihrer Volſtreckung beauf tragt, welches Amt eigentlich Kurfachſen gebührt hätte. der
kaiſerliche Reichsherold
ihn vom
Jakob Lydl von Schwangu nun dieſen kaiſerlichen Beſchluß zu -ver
in der Stadt eintraf, um kündigen , fpielte ihm
Als
der
aufgebrachte Pöbel übel niit, riß
Pferde , beſchimpfte und ſchlug ihn , ſo daß er ſich
nur mit Mühe retten
konnte.
Der Kurfürſt von Mainz
erließ nun die Erklärung, daß er die Acht mit Gewalt: voll ſtreden werde, an die Stadt Erfurt, und am 5. September 1664 erſchienen ſeine Truppen , die er durch franzöſiſche und loth ringiſche Hülføvölker verſtärkt hatte , unter Befehl des Gene ral-Wachtmeiſters Andreas Sommerfeld und des franzöſiſchen Generals von
Pradel, belagerten die Stadt und nahmen
ſie
nach Abſchluß einer Kapitulation , welche Religionsfreiheit und Amneſtie für das Geſchehente zuſicherte; am 15. October für
--
28
Mainz in felbſt am
Beſik , worauf fich Surfürft Johann Philipp das 18. October feierlich huldigen
Kurſadiyſen
fab
Verträgen
dies ruhig mit an , nachdem ' es
.
heimen
ließ .
ſich
die
Abtretung gewiffer
in
ge
erfurtiſcher
Dörfer ausbedüngen hatte, eg brachte ſogar den Vergleich zu Leipzig (20. December 1665 ) zwiſchen Mainz und den fiſchen
Herzögen
Fäch
erneſtiniſcher Linie zu Stande , demzufolge
legtere fich für eine Geldabfindung und einzelne Gerechtſame ihrer Anſprüche an Erfurt begaben ; ebenſo entfagte in bem Vertrage zu Schulpforta feinem
hoheitlichen
und
(22. März 1667)
Johann
Georg
Erbſchußrechte , in welches der Kur
fürft von Mainz eintrat, und erhielt ftatt feiner ausbedun genen
Dörfer eine baare Abfindungsſumme von hunderttau
fend Gulden. Georg
Wie man
ſpäter
hören “ wird ; 'war
Johann
III. mit dieſer Ausgleichung aber keineswege einder
ftanden, da er die Räthe ſeines Vaters beſchuldigte, denſelben, nachdem
fte durch Mainz beſtochen worden , falſche Rathſchläge
ertheilt und feine Einwilligung auf unrechtmäßige Weiſe ab I. gelockt zu haben . Die äußere Politik Johann Georgs blieb , feinem
Cha
rakter und ſeiner nicht weitreichenden Einſicht in dieſer Bes ziehung nach , ſtets eine hin und herſchwankende. Nachdem fich dem
Kaiſer bet deffen Wahl und im
dagegen
anſtrebenden
er
Kampfe mit dem
franzöſiſchen Einfluffe äußerſt ergeben
gezeigt, bet Gelegenheit der feierlichen Lehnsinveftitur, zu der er 10.
Geſandten Sunt 1660
nach
Wien
geſchidt
zur Belohnung die
hatte ,
auch
kaiſerliche
unterm
Beſtätigung
des von Kaifer Marimilian I. zu Conſtanz am 28. Jult 1507 dem
Kurfürſten Friedrich und Herzog Johann ' zu Sachſen
theilten Erpectanz-Briefe auf das Fürſtenthum Sachſen -Lauen burg erhalten hatte, ließ er ſich von Ludwig XIV . zu einem
29
Bertrage mit Frankreich bereden . Rheiniſche Schußbündniß
vom
Zwar trat er nicht in das
14. Auguſt 1658, das Schwe
den, Mainz, Trier, Cöln, Münſter, Pfalz - Neuburg, Braun fchweig-Lüneburg, Heffen -Caſſel und Frankreich zu dem
Zwecke
geſchloſſen hatten , die Uebereinkünfte des weſtphäliſchen
Frie
dens aufrecht zu erhalten , wohingegen dieſe deutſchen Fürſten keine Truppen , die
gegen Frankreich
beſtimmt wären , durch
ihr Gebiet marfchiren laſſen follten , aber er ſchloß mit dem franzöſiſchen
Könige am
vier Jahre; hiernach
16. April 1664 einen Vergleich auf
ſollte Frankreich die Abſichten Kurfach
ſens , die zur Sicherheit, dem
Wohle und der Freiheit des
deutſchen Reiches dienen würden , unterſtüßen und bei Strets
.
tigkeiten
mit
deutſchen
Mitgliedern
des rheiniſchen Schuß
bündniſſes die Vermittelung übernehmen , Kurſachſen dagegen verpflichtete ſich zu thätigem Frankreich
in den
Beiſtande, wenn der König von
ehemaligen , ihm
im
Frieden zu Münſter
abgetretenen Reichsländern angegriffen werden ſollte, und gea ftattete ihm Werbungen und. Truppenzüge durch
feine Länder.
Legtere kamen in der Erfurtiſchen Angelegenheit wirklich zur Ausführung , als die Franzoſen aus dem
Kriege gegen
die
Türken zurüdkehrten und Erfurt belägern halfen . Ebenſo war das zwei Jahre ſpäter (den 6. Juli 1666 ) mit Schweden abgefdloffene Bündniß , das gegenſeitige Una terſtüßung durch liſchen
Truppen
und Aufrechterhaltung der evanger
Religionsfreiheit bedingte ,
gewiſſermaßen
gegen
den
Kaiſer igerichtet, und der Verſuch des Kurfürſten von Brane denburg ( 1667) ,
Johann Georg svon
foibedenklichen
Ver
bindungen abzubringen , fcheiterte an deffen Eiferſucht auf die fo : fchnell Ludwig ten
anwachſende Größe
XIV nun aber im
Niederlander feindlich
des
letteren
Staates .
Jahre 1672 gegen auftrat, hielt
Als
die vereinig=
Johann
Georges
30
doch
für nöthig
fich dem
Katſer wieder r.zuzueignen
und,
ebenſo wie noch einige andere Reichsfürſten , mit ihm den Bund vom 10. October 1672.3zu ſchließen , der für Deutſch lands Intereffen und Würde einſtehen follte;"zu Anfang des nächſten Jahres verpflichtete er ſich ſogar, falls bis Ende des Monats Mai nicht
der
Friede mit Frankreich zu
komme, zweitauſend Mann zu zur Vertheidigung wollen . Als
des Reiches
der - Katſer
im
1
muſterte , reiſte Johann
Stande
Fuß und eintauſend zu Pferde gegen
Frankreich
ſtellen
Auguſt feine Truppen Georg
mit dem
bei
zu
Eger
Kurprinzen , dem
Herzog Morig zu Sachſen - Zeiß und Prinz Chriſtian zu Halle, feinen
Brüdern , dorthin , um
Der Kaiſer ſchicte ihm Gränze entgegen , um
ſeine Ergebenheit zu beweiſen .
den Grafen von Mansfeld bis an die ihn mit Ehren einzuholen , und fuhr
felbſt am 10. Auguſt, dem
Tage des Eintreffens, eine Stunde
weit vor die Stadt Eger hinaus, ihn
begrüßen .
zu
Die
Aufnahme, die der Kurfürſt fand, war fehr gnädig , und der Kaiſer erzeigte ihm der Rüdkehr in Am
die Ehre , ihn , ſo wie : ſeinen Sohnt, bei die Stadt
in
ſeinen Wagen
nehmen .
12. fand die Muſterung der Truppen ſtatt, und nach
derſelben bewirthete der Kaiſer die fächſiſchen nem
zu
Quartiere; ſie wurden
Fürſten
in ſet
auch während der ganzen Dauer
ihrer Anweſenheit mit freier Tafel verſehen und ihrer Dies nerſchaft Moftgeld gezahlt.
Am
15. reiſte Johann Georg
im
beſten Einverſtändniffe mit Kaiſer Leopold wieder heim . Die Vorſtellungen der folauen franzöſiſchen Unterhända
ler , die König Ludwig
an
dem
fächfiſchen
Hofe hielt, vera
mochten den Kurfürſten jeßt noch nicht von dieſem ſtändniſſe abzulenken
und erhielten von ihm
Einver
die entſchiedene
Antwort, , daß ihn Niemand abhalten werde, Gott , dem
rö
31
mifchen Kaiſersund dem
heiligen Reiche auch bis zu feinem
legten Blutstropfen getreu zu bleiben ." Wirklich ſchien es ihm
jeßt Ernſt damit zu ſein , denn
eher noch der Reichskrieg gegen Frankreich förmlich erklärt war, forderte er auf verſchiedenen tagen
zur Stellung
6500 Mann
der
zuſammen
deshalb ausgeſchriebenen Kreis Truppenkontingente auf, brachte
und ſchickte fie unter dem
feines Sohnes , des Kurprinzen , der ſich ſtets Uebungen ausgezeichnet hatte
in
Befehle
ritterlichen
und kriegeriſchen Sinnes war,
zu der kaiſerlichen Armee an den Rhein . Erſt am 31.März 1674 wurde der Reichskrieg erklärt und
Auguſt des folgenden
Jahres auch auf Schweden ausgedehnt, dennoch blieb Georg dem eß durch
Johann
lekteren wohlgewogen und fah dte Nachtheile, die
Brandenburg erlitt, nicht gern .
Die mehr als je gereizte für deffen
Eiferſucht auf Brandenburg,
wachſende Macht er
den
ſchwediſchen
Befiß
in
Deutſchland als das beſte Gegengewicht anſah , die geringen kriegeriſchen Erfolge die
ſeine Truppen
errangen , und die
Unzufriedenheit darüber , daß die Beſigungen von
dem
kaiſerlichen
Heere nicht mit
ſeiner Brüder
Einquartierung ver
fchont wurden , beſtimmten
Johann Georg fogar zu
des Jahres 1679 , ſich an
Kurfürſt Ferdinand von Batern ,
Anfang
der Deſterreich feindlich geſinnt war, zu wenden und ſich mit ihm
dahin zu verabreden , daß man den Kaiſer zum
Reichs
frieden nöthigen müſſe und denſelben
erforderlichenfalls mit
Gewalt durchſeßen wolle ; dazu wurden
zwanzigtauſend Mann
beſtimmt, die von follten.
franzöſiſdem
Glüdlicherweiſe kam
Gelde unterhalten werden
aber dieſer Vertrag nicht zur
Ausführung, denn der ſchon am
5. Februar d. do geldloſſene
1
Friede zu Nymwegen machte dem
Kriege ein
die nordiſchen Mächte anbetraf, die in
dieſem
Ende.
Was
Frieden ſich
32
nicht vereinigt hatten , nämlich Dänemark und Brandenburg gegen Schweden , fo gelang es dem heimen
Rath
auch zwiſchen ſelben
von
kurfürſtlich fächfiſchen Ges
Gersdorf auf Johann
Georg &
Dringen ,
ihnen den Frieden zu Cund im September bef
Jahres zu Stande zu bringen .
.
3 weite 8
Sa pitel.
Maßnahmen des Kurfürften im Innern feines Landes . Crledigung der Landesgebrechen . Verordnungen wegen der Univerſitäten . - Neue Polizeiordnung. – Hebung des Handels und der Münze. Neue Steuer ordnung. Bedenken der Stände. – Die Kriegsverfaſſung und der Armee Verminderung des ftehenden Heeres . Etat. Der Adel. Umtriebe des Katholicismus. Hatte nicht zum
Johann Georg mit ſeiner äußeren
Politik gewiß
Vortheile ſeines Landes gewirkt und nur dazu bei
getragen, deffen ſtaatliche Stellung in Deutſchland zu ſchwä dhen , fo läßt es ſich doch nicht leugnen , daß
er in der in
neren Verwaltung manche weiſe und vortheilhafte Anord nung traf. Was die Geſeßgebung anbetrifft, ſo erließ der Kurfürft auf wiederholte Beſchwerden der Landſtände im
Jahre 1661
dte fogenannte Erledigung der Landesgebrechen, die mit gro Ber Ausführlichkeit Kirchen- , Juſtiz-, Polizei- und Rammer ſachen behandelte, einúndneunzig zweifelhafte Rechtsfälle ent fchied, die Beaufſichtigung der Beamten
durch landeskommiſ
fairé anordnetë , die Pflichten der Kirchen -'-und Schuldiener durch das neue Synodaldekret genau beſtimmte , die Verwal
33
tung der geiſtlichen Güter ordnete und desgleichen mehr, was fich bald von unſchäßbarem Nußen erwies . Auch der Verfall der Univerſitäten wurde beſonders in das Auge gezogen und manche Mißbräuche, die ſich in der Verwirrung des langen frieges eingeſchlichen hatten , abgeſtellt.
So ließ ſich die neue
Ordnung tadelnd darüber aus, daß die Stipendien für Stu dirende nicht mehr nach Verdienſt und Bedürfniß , ſondern nad Gunft vertheilt worden ſeien und daß die Zucht auf den Univerſitäten
fo verfallen ſei.
Das „ ruchloſe und höchft är
gerliche Pennalweſen auf den beiden Univerſitäten Leipzig und Wittenberg ſollte gänzlich abgeſchafft ſein," und es wurde ernſt lich befohlen , „ daß alle und jede auf obigen
beiden Univer
fitäten anweſende Pennäle ihren bis dahin
getragenen lieder lichen Habit unverzüglich ablegen , wie auch die neu ankom
menden
Studioſi
fich
fo
bald
ehrbar
auskleiden
ſollten ."
(Schon am Sachſen und
2. Juli 1661 hatten die fämmtlichen Herzöge zu erneſtiniſcher Linie „ unter dem Namen der Rektoren
geſammten
ſcharfes
Profeſſoren
bei der Univerſität
Edikt drucken laſſen , den verfluchten
Jena
ein
Pennalismum ,
als eine leibhafte Brut und Geſchmeiße des leidigen Teufels, gänzlich zu tilgen und mit Stumpf und Stiel auszurotten .“) Ebenſo erſchien am 19. Juli 1665 ein anderes. Mandat Jos hann George
wegen des höchftverbotenen Rauffeng, Balgeng,
Schlagens und Duellireng.“ Dieſe Verbote waren aber auch wirklich höchſt von Nöthen , denn die Erceffe der Studirenden nahmen
immer mehr überhand und
Betreibung
der
Wiſſenſdaften
zu
führten neben läſſiger
den
beklagenswertheſten
Vorfällen , die manchen jungen Mann das Leben koſteten . 11.Mit dieſer Erledigung der Landesgebrechen war auch eine neue Polizeiordnung verbunden, die fich aufJergehen gegen die Gottesfurcht, Spiel, Räubereien , Gefindes, Tagelöhner und Bertraute Geſchichte. Sachſen . 1. BD. 3
34
Handwerkerdienft und beſonders auf den übertriebenen lurus In
erſtreckte .
legterer Beziehung hätte der Kurfürft ſeinen
die Stände wagten fam ken .
ſollen ,
Beiſpiele vorangehen
Unterthanen allerdings mit dem
fogar, ihn mehre Male darauf aufmerk
zu machen, leider aber, ohne eine Aenderung zu bewir Schon
bei dem Landtage von 1657 drüdte er ſelbft fich
in ſeiner Vorlage folgendermaßen aus: Es iſt am
hellen Tag und männiglich bekannt, wie ſo
gar alle Gottesfurcht, gute Sitten und Ehrbarkeit hintan in
Verachtung gefeßet, hingegen
Leben , in fonderheit und
Weibsperſonen
in
ein
der Kleidung
durch
und
leichtfertiges , üppiges
Erwählung
ſowohl bei Mannes neuer
ausländiſcher
Moden , Behängung der Kleidung mit vielen und allerlei far: bigen Bändern, heraushängenden Hemden an Hoſen und Aer meln , in
der Hand und auf dem
Arm
tragenden Mäntel,
Entblößung der Hälſe bei den Weibsperſonen , auch theure, köftliche Waaren werden,
über Standesgebühr beltebet und getrieben
— wie in den Gerichten die Unkoften
und Gebühren
erhöhen , daß Geſinde und Handwerksleute mit allzuhohem Lohn ihre Herrn und Verdinger überfeßen oder fich gänzlich der Arbeit und Dienſtleiſtung entziehn , – was ferner vor Uebermuth , Hoffahrt, Schwelgen
und
Fraß bei Hochzeiten ,
Kindtaufen, Begräbniſſen und Gaſtereien verübt wird.“ Die neue Ordnung beſtimmte nun
den
Lohn
für Ges
finde und Handwerksarbeiten , befahl den randächtigen " Beſuch der Kirchen , verbot öffentliches Zanken und Fluchen , gottega läſterliches Gaukelſpiel von Wahrſagern und Beſprechern, das Spiel, bei dem
ein Adliger im
Monat höchſtens einen
Tha
ler , ein Bürgerlicher zwölf Groſchen und die ärmeren Klaſ fen nicht mehr als höchſtens vier Groſchen verlieren dürften , fegte die Anzahl der Gäſte und den Speiſezettel bei Kindtau
35
fen , Hochzeiten
und dergleichen
Feſtlichkeiten feſt, ebenſo die
Geſchenke bei ſolchen Gelegenheiten
und verordnete eine ein
fachere Kleidungstracht, wie z. B. ein Adliger nicht mehr als fünfzig Ellen u. f.
.
Beſaßband, auf ſeinen
Kleidern tragen
Viele dieſer Beſtimmungen waren
praktiſch, bet anderen zu weit getrieben zu kontrolliren .
aber
ſollte,
recht weiſe und
die landesherrliche Fürſorge gar
und die Befolgung
des Ediktes ſchwerlich
Die Hebung des Handels war eine andere Sorge des Kurfürſten
und
ſeiner
Landſtände.
Auf verſchiedene
ihm
gemachte Vorſtellungen hob er den auf Erzeugniſſe der inlän diſchen
Induſtrie gelegten Zoll auf und ermäßigte auch den auf
einige: ausländiſche Waaren .
Die Errichtung einer Seiden
manufaktur hatte aber nicht den
erwarteten Erfolg, und das
Etabliſſement ging ſchon wieder nach zwei Jahren ein , ebenſo kam die Anlegung eines Arbeitshauſes gar nicht zu Stande ; dagegen birgeo.;
hob ſich die Spißenfabrikation des fächfiſchen Erzge der von
günſtige Reſultate.
Neuem
eifrig betriebene Bergbau lieferte
Mit dem Handel ſtand die Ordnung der
Münzangelegenheiten in
enger Verbindung ; ſie war äußerſt
nothwendig, da der Krieg eine Anzahl ſchlechter Scheidemünze in das Land gebracht hatte und der Wucher es ſich angelegen fein
ließ , das neugeprägte beſſere Geld einzuwechſeln und
1
außer Landes
zu
ſchaffen .
Hier ftießen
alle
Bemühungen
aber auf unüberwindliche Hinderniſſe , da die fremden leute, die zu den Märkten
Stauf
und beſonders zu der Leipziger
Meffe kamen, ſchlechtes Geld einführten und das beſſere wies der mit ſich fortnahmen . Der Kurfürſt traf deshalb zu deburgiſchen gehörigen Kloſter , am
Zinna, einem
zum Mag
27. Auguſt 1667 einen
Vergleich mit Kurbrandenburg, den dann auch Braunſchweig 3*
36
Lüneburg annahm ; danach ſollten in allen Münzſorten
aus der Mark- fein Silber
15 Gulden 45 Kreuzer oder 104 Tha
ler geprägt werden und wurden noch andere, auf die kleinen Münzen bezügliche Vereinbarungen getroffen . dies allerdings dem
Theilweiſe half
Uebelſtande ab, es blieb
dem
indeſſen
Wucher immer noch Feld genug, und erſt der Münzreceß zu (16. Januar
Leipzig
1690 ) , den
Johann
Georg
III. mit
Brandenburg und Braunſchweig -Lüneburg abídloß , wonach in den größeren Geldſorten aus der feinen Mark 12 Thaler oder 18 Gulden
geprägt werden
ſollten und die Annahme
allen ſchlechteren Geldes entſchieden verboten ward, wurde eine beffere Abhülfe. Was die Steuern
anbetraf, ſo
lagen
fie ganz
in
der
Verwilligung der Landſtände, die ungeachtet aller Ehrerbietung gegen den Landesherren
doch nachdrücklich auf ihrem
Rechte
zu beſtehen wußten und wenn ſie auch gewöhnlich den geſtellten
an fie
Forderungen nachgaben , fich nicht enthielten , recht
offen und entſchieden ihre Meinung darüber zu äußern . Als der Kurfürſt im
November 1660 mit ihnen durch
eine Des
putation ſeiner Räthe über die neue Steuerordnung zu terhandeln
gedachte , weigerten
ſie ſich
deſſen
un
und erklärten
dieſe indirekte Verhandlung nicht für zuläffig. · Mit Kammerſchulden ſchon
bei ſeinem
von 1657 um
überhäuft , fab
fich
der Kurfürft
Regierungsantritte genöthigt, den Landtag
viele Geldbewilligungen anzugehn , erhielt fie
auch meiſtens, aber nicht ohne die dringende Bitte um Reviſion
eine
des Steuerweſens , eine Ermahnung, die Verwal
tung der Aemter beſſer einzurichten , und folgende Erklärung :
Wir ſind durch Pflicht und Gewiffens halber genöthigt, Eurer
kurfürſtlichen Durchlaucht unterthänigft zu Gemüthe
zu führen , daß wir gegen
Dieſelben nicht als treue Stände,
37
noch gegen nicht als
unſere anvertrauten
Unterthanen
und Bürger
chriſtliche Obrigkeiten handeln würden , wenn wir
den Unterthanen durch die angeregten Bewilligungen ein mehs reres, als fte zu ertragen vermögen , aufbürden und ſie durch beſtändig fich mehrende Hülføvollſtredungen in großen mer und Elend ſtürzen ſollten , die ſchon wohner aus dem tigen,
fich
Lande getrieben
darin
und hingegen die Auswär
niederlaſſen , gänzlich
Viele getreue Unterthanen
ſeßen
Jam
nicht wenig . Ein
abgeſchredt haben .
auf gegenwärtigen Landtag
ihre legte Hoffnung ; folite dieſe nicht erfüllet werden , fo haben Eure Kurfürſtliche
Durchlaucht nichts Anderes zu
als daß eine noch weit größere Anzahl ſich an geben und das Land zu entblößt werde:
deffen
erwarten ,
die Derter be
unwiederbringlichem
Schaden
Ob wir wohl nachdenklich erwägert, daß Eure
Kurfürſtliche Durchlaucht eine ſehr beſchwerliche Landesregie rung übernommen , zu
deren Befeſtigung, wie auch zur Er
haltung Ihres hohen Anſehens faſt unermeßliche und unglaube liche Unkoſten erfordert werden , ſo haben wir doch nicht min der beherzigen müſſen; daß bei ſo vielen unterſchiedenen An = lagen , dergleichen
ſchwerlich bei einem
Lande des ganzen Rö
miſchen Reiches zu finden , die kundbare. Unmöglichkeit
auch
endlich dieſe Nothwendigkeit überſteigen muß. Wir bitten daher Shro Kurfürſtliche Durchlaucht, Sie wolle den fümmerlichen Buſtand
Ihrer zu Sumpf und Boden getriebenen Untertha
nen zu Herzen und Liebe gegen
nehmen ,
aus treuer landesväterlicher
ſie der unwiderſtehlichen
Noth
in
Huld Etwas
nachgeben , die Bedürfniſſe der Regierung über des Landes Vermögen nicht erſtreden , die Ausgaben nach den Einnahmen einrichten , alle Roften Ihrem
foviel wie möglich , inſonderheit bet
Hofſtaat, einziehen
und ſelbigen nach dem
Ihrer Vorfahren, welche bei weitem
Beiſpiel
ihn ſo koſtbar nicht ge
38
führt, da des Landes Zuſtand doch viel beffer geweſen , gnäs digſt einrichten .“ Der Landtag von
1660 brachte es endlich zu einer die
Stände befriedigenden neuen Steuerordnung vom 1661, wobei der Kurfürft deren
19. März
ſofortige Einführung
und
eine „wirthliche gute Hof- und Haushaltung" zu halten ver ſprach.
Deſſenungeachtet wurden
aber bei jedem
folgenden
Landtage doch noch beſondere Verwilligungen verlangt, befon ders für das Heer , und die Abgaben betrugen
in
der Zeit
von 1681–1687 nicht weniger als acht und eine halbe Mil lion
Gulden ; dabei zählte man im
Jahre 1666 ſchon
über
fünf Millionen Gulden Schulden , die feitdem zu einer immer größern Summe anwuchſen .
Die Stände hatten auf, fechs
im
Jahre 1661 ihre Verwilligungen
Jahre ertheilt; dabei beanſpruchten
ſie , da
fie in
der langen Zwiſchenzeit Eingriffe in ihre herkömmlichen Rechte fürchteten , und erlangten die kurfürftliche Erlaubniß , will führliche , durch den Erbmarſchall berufene Kreistage, in der ihre Deputirten vertreten ließen , abhalten zu dürfen , doch ſollten dieſe Zuſammenkünfte nur höchſtens acht fie fich durch
Tage dauern und res foll auch von ordentlichen Bewilligun gen , Verfaſſung neuer wichtigen einzig
Sachen
und
allein
Sanctionen
bei ihnen bei
und andern
dergleichen
ganz Nichts, ſondern
öffentlichen
folches
Landes - Verſammlungen
gehandelt werden ." Dieſes Recht der Stände erhielt ſich bis zum Jahre 1699 Landtagsabſchiede wiedererlangt. 1700 in dem
und wurde Ueberdem
wurde noch ausdrücklich feſtgefegt,
daſs der Kut
fürſt ſeine Lande ohne der Landſchaft Rath und Einwilligung nicht verpfänden , verſeßen oder durch Teſtament und legten Willen oder andere Dispoſition , Tauſch und Vergleich zer
39
gliedern , trennen oder veräußern wolle ," auch, „ daß er fich durch keinen ſeiner Räthe und Diener möge bewegen laſſen , die getreue Landſchaft oder die Unterthanen nicht zu
hören ,
ungehört durch Dekrete zu beſcheiden
oder den Landtagsab ſchieden , Neverſalien und der Landſchaft geſchehenen Zuſagen
im Geringſten entgegenzuhandeln , ſondern dergleichen Leuten den Zutritt verwehre , fie fogleich abweiſe, auch in ſeinen 4
Dienſten nicht dulde, noch weniger annehme." den
foeben
angeführten
1
Aus
Aktenſtüđen
gewiffeß Mißtrauen der Stände gegen
den
ſcheint
ein
Landesherrn her
vorzugehn , hauptſächlich war daffelbe aber wohl nur gegen ſeine Räthe gerichtet, die es
zum
Theil wirklich
verdienten ,
und wenn die Stände fich wegen der Vergrößerung des Hof ſtaates an
den
Kurfürſten direkt wandten , womit fie dem
gedrüdten Volke gegenüber eine Pflicht erfüllten und ſich die eigene Würde wahrten , ſo beeinträchtigte dies doch keineswegs die alte Treue und Ergebenheit, die das fächſiſche Volk ſeinem Fürſten immer zugetragen hatte, denn ſie gaben zu derſelben Zeit , was
ſich
nur unter hur
irgend einem
Rechtstitel bewila
ligen ließ . Wenn
in alter Zeit die Vertheidigung des Landes der
Ritterſchaft anheimfiel, wofür dieſelbe die Steuerfreiheit ihrer Güter
genoß , fo war es feit dem
fünfzehnten
Jahrhundert
ſchon Gebrauch geworden , jene nur in den dringendſten Fällen der Gefahr aufzubieten, übrigens aber Truppen anzuwerben ; dafür bewilligte die Mitterſchaft dem
Kurfürften
gewöhnlich
ein freiwilliges Geſchenk an Gelde (das ſogenannte Donatid ), um
die Koſten
der Werbung ganz oder zum
Theil zu
er
fegen ; die Beſtimmung über die Höhe dieſer Summe blieb dem
jedesmaligen
Frieden
Ermeſſen
der Ritterſchaft überlaſſen .
Im
befaß der Kurfürſt nur wenige Garden und Artille
40
riſten , die fortwährend befoldet
wurden ,
beiſammen blteben und regelmäßig
außerdem
waren
aber
Städte verpflichtet , die ſogenannten Landes nie 'verwandt werden zur
und
Kriegsfällen nur
jungen
Mannſchaft bereit zu halten , auch mußten Zeiten
Aemter
Defenſioner, die außer
durften , in
Landesvertheidigung , aus ihrer
zu gewiſſen
die
und
kräftigen
dieſe Leute ſich
zu Muſterungen ſtellen , damit man
Kontrolle über ſie behielte.
die
Dieſe Einrichtung aber erwies
fich bei der vollſtändigen Ungeübtheit dieſer Truppe in den Waffen Georg
bald
als
ganz
unpraktiſch,
und
ſobald
Johann
II. zur Regierung gelangte , legte er ( 1657) dieſes
Bedenken den Ständen vor, die es auch billigten ; an Stelle der Defenſioner wurden nun geworbene Truppen vorgeſchla gen ; dieſelben
ſollten
werden . Indeffen Defenſionsreceß zu feche
Fähnlein
abgetheilt
tenberger , Leipziger , den mit Wartegelb den
Aemtern
aber nur in
und
Nothfällen
aufgebracht
kam fchon am 25. October 1663. ein Stande , wonach viertauſend Mann , in (das
Dresdner ,
Zwickauer und und im
Kreiſen das
Torgauer , Wit
Freiberger) ;
Kriege mit vollem
im
Frie
Solde von
bereit gehalten werden mußten .
Der
Kurfürſt hatte
len ,
die aus der Steuer ihren
Recht , die Hauptleute zu Sold erhielten , die
wäh Kreiſe
ſtellten das untere Offizier- Perſonal mit höherer Genehmigung
} an .
Auch
dieſe Maunſchaft ſollte nur in dringenden
aufgeboten und nie außer Landes benugt werden. nants und Fähnrichs erhielten
Fällen
Die Lieutes
eine tägliche Auslöſung von
acht Groſchen , die Unteroffiziere von ſechs, die Gemeinen von drei Groſchen , außerdem dem
Wartegeld im
Frieden , das ſich bei
Lieutenant auf hundert Gulden jährlich belief. : Auch
dieſe Truppe wurde bald wieder für untauglich erkannt, und Johann Georg beantragte auf dem
Landtage von
1666 ihre
--
41
Auflöſung, worauf die Stände wenigſtens ihre einſtweilige Suspenſion verfügten . Auf dem
Landtage von 1657 idon hatten
auf des Kurfürften Antrag 4000 Mann Soldaten
die Stände
Gelder .zur Unterhaltung
ſtehenden Heeres aus der im
von
dreißig
jährigen Kriege eingeführten Quatemberſteuer bewilligt, näm
Thaler und auf die drei
ahë '96,000 lich auf das laufende Fahë folgenden für jedes 80,000 allmählig ,
Jahre
im
Thaler ;. dieſe Verwilligung ſtieg 1670 betrug fie 200,000 Thaler,
1673 300,000 , 1676 mehr als 400,000 Thaler. mau. Damals war der Etat des ſtehenden Heeres :
; , r'a
by it ?
Reiterei.
301 Mann
mit Leibgarde zu Pferde.dk
:
Kurfürſtliches Leibregiment.cc
6000 600S
Kurprinzliches Leibregiment .
: 272 Streisregiment des Herzog8 Moriş 90 Murfürſtliche Leibkompagnte Dragoner
rei in
'
Summa 1863 Reiter.
, *1931,14h
Fußvolt. 9. s
,
,
111
**PICHI
Leibgarde hochdeutſcher Trabanten . Feſtungsgarde in
Dresden . r
.
Garniſon von Wittenberg : musi ! 11h
vom
Königsſtein
,
61 Mann : 604 ( 2016: -Stig
... ,
, ;" ÇNIE
73
:: don der Pleißenburg : 52.100.1.6804 45 13 ) " pom Sonnenſtein
och 6.6. von Stolpen von Senftenberg Kurfürſtliches Leibregiment zu Fuß Latus 1.
1
45
teftate
1000- : 19 2174 Mann
!
. 42
2174 Mann
Transport 7 . Zweites Leibregiment zu Drei Freifähnlein
402
.
Neu -Leipzig
In
part
800 7001
Fuß
Summa- 4076 Mann Fußvolt. Artillerie
Dresden und in den
In
Im
Ganzen
noch ein von
150 Mann .
Feſtungen
alfo 6089 Mann
ſtehenden Heeres, wozu
bei der Reichsarmee ſtehendes
Regiment
Fußvolk
1000 Mann und ein ebendaſelbſt befindliches Regiment
Dragoner von 500 Pferden Dieſe
kam .
Truppen wurden
um
1676
von
dem
Feldmar
fchalllieutenant Grafen Dernath kommandirt, und unter ihm ftanden berg
die Generalwachtmeiſter von Gersdorf, von Schön
und von
Rochlit ).
–
Neitſchüß (Vater Im
Verpflegung von
der
ſpäteren
Gräfin von
Jahre 1666 mußten die Stände auch die zwei berittenen
Freikompagnien und zwei
Freifähnlein zu Fuß , im Ganzen von 900 Mann , übernehmen . Dieſe Laſt drückte ſchwer auf das verarmte Land, und die Stände gaben ſich alle Mühe, fie zu fie
fepten
durch , daß
dies erſt nach dem
vermindern , aber
Nymweger Frieden
14 Kompagnien . zu
in
Pferde und -9 zu
fo weit Fuß ein
gingen , was auch nur durch eine ſehr energiſche Vorſtellung vom
23. Januar 1680 gelang.
Sie ſagten darin :
II Wir können nicht bergen , wie es mit den verarmten Kontribuenten
dahin
gediehen
iſt,
daß mehr als viele , ja
ſtadt- und dorfweiſe an den Bettelſtab gerathen , flehentlich ihre Unterobrigkeiten bitten,rifie von ihren Gütern und Häu fern loszugeben , und um
ihnen nur das bloße Leben zu
ers
43
halten , ein
bischen trodenes , eitles Brod zu laſſen , Andere
aus Desperation
fich bald erſäufen , bald
erhenken , bald in
benachbarte Lande geflohn und aus Mangel nur nothdürf tiger Lebensmittel zu fremden Religionen auf mehrere Satans
Desperationdwege
geführet worden
durch
und um
ſtandes abzukommen , felbft den räumende Peſt wünſchen , nød
fich gewendet, bald Hülfe
des
leidigen
ihres kümmerlichen
Zu
Tod , ja wohl gar die auf Andere aus
Verzweiflung mit
Brand und aufrühreriſchen Mitteln fich durch angeſchlagene Zettel öffentlich vernehmen
laffen .“
Dieſe Bildung des ſtehenden Heeres und
einer hinrei
denden Wehrkraft hatte die gänzliche Aufhebung der Ritter dienſte zu Folge, obgleich der Kurfürſt noch Ritterpferde ſtets in
Bereitſchaft zu
1657 befahl, die
halten , und
anderen
Falles mit den ſtrengſten Strafen drobte ; zwar verlangte er für dieſe Pflichtbefreiung noch eine beſondere Ablöſung , die Stände verwieſen ihn aber auf das freiwillige Donativ, und dabei blieb es vorläufig . Mit dieſem
Austritte aus
feinem
alten Berufe wandte
der Abel fich jeßt einer ganz anderen Sphäre zu , nämlich dem
Hofdienſte , den
er
faſt ausſchließlich
in
ſeine Hände :
brachte und eiferſüchtig darüber zu wachen begann , daß Bürgerſtand von ihm beſondere Recht, von
Bürgerlichen
Berathungen
entfernt würde.
der
Er beanſpruchte das
daß die Leben- und Rittergüter nicht mehr erworben
werden
könnten
der Mitterſchaft nur Solche
follten , die wenigſtens
fechszehn Ahnen
und daß
zugelaffen
bei
werden
von väterlicher und
mütterlicher Seite zuſammen aufzuweiſen vermöchten ; er ging fogar nodi weiter , beſtritt die Braugerechtfamkeit der Städte und verlangte 1682, daß
die Landesſchule zu Meißen keine
andere Schüler als feine Söhne aufnehmen folle, damit die
-
44
Bänkereien
zwiſchen
den
Kindern
der
verſchiedenen
vermieden würden ; ſeine Forderung in der
L.
werbung
Rittergüter begründete
Stände
Bezug auf die Er er
einfach
durch die
Aeußerung, daß ,der Adel dadurch merklich ruinirt werde." Ein darauf bezügliches Gefeß
ging aber nicht
durch , weil
der Bürgerſtand energiſch dagegen proteſtirte, wohl aber be günſtigte ſchon
Johann Georg die
Anſprüche an
die sauð
fchließliche Aufnahme des" Adels diefen
dadurch um
in
den
Hofdienſt, weil er
ſo glänzender zu machen hoffte. :
Schon ſeit der Mitte des ſiebzehnten Jahrhunderts war es Mode geworden , daß die adligen ihrer Ausbildung im
jungen Herren Fich zu
äußerlichen eleganten Benehmen an den
Verſailler Hof begaben und daſelbſt einige Jahre zubrachten ; man begann
dies für ein nothwendiges
Erforderniß , zu der
höheren und gebildeten Geſellſchaft gezählt betrachten- und kümmerte
ſich
wenig
zu
werden , zu
darum , daß
dadurch
enorme Summen verſchleudert, Sittenloſigkeit und franzöfi ſcher Einfluß in das Land geſchleppt wurden , ſelbſt die Frans zöſiſche Sprache fing Cirkeln len
dadurch bei Hofe und in
vornehmen
zur Geltung zu kommen an , bis fie an dieſen Stel
ſpäter über die deutſche triumphirte .
dadurch aber auch
geſchloſſenheit des Adels, von dem die ſich zu einem
Außerdem
wurde
eine gewiß ſchädliche Sonderung und Ab übrigen Volte herbeigeführt,
ungemeſſenen Stolze des erſteren entwickelte.
Der alte Adel trat fogar gegen den neuen feindlich auf und aus feinen Reihen
felbft großen Schaden, indem lich aufrecht zu
zu drängen , under that ſich
.
fuchte ihn
er, um
erhalten , bedeutenden
fich die Quellen verſtopfter aus denen gen mit dem ten , die
reichen
ſeine Würde "vermeint Aufwand machte und ihm
durch Verbindun
Bürgerſtande Vortheile zufließen
jene Schäden
wieder
ausglichen ; fo: durfte
konn tein
-
45
Adliger eine Bürgerliche heirathen , wenn er von feinen Gea noſſen nicht verachtet und felbſt gefährlich bedroht ſein wollte ebenſo eine Beſchäftigung betreiben , die ſich zu bürgerlichen rechnen ließ , hatte man doch ſelbſt den Grafen Lynar , den
berühmten
Rochus von
Ingenieur und militairiſchen
meiſter, als er die Feſtungswerke zu
Bau :
Dresden baute , fo ans
gefeindet, daß er es vorzog , feine Wiſſenſchaft im
Auslande
zu verwerthen . Das verſchwenderiſche Leben in der neuen
des
Adels wurde übrigens
Polizeiordnung auch ernſtlich gerügt, das fou
genannte Umreiten , das in
überraſchenden Beſuchen nichtein
geladener junger Adliger bei Feſtlichkeiten
beſtand
und oft
zu Streitigkeiten Anlaß gab , verboten , das Spiel und der Kleiderlurus, wie oben ſchon geſagt, beſchränkt. In die Regterungszeit Johann Georgs fielen auch ſchon die erſten
Verſuche des Ratholicismus, fich
wieder in
den
proteſtantiſchen Staaten einzuführen , wie ein Befehl des Kura fürſten vom 27. März 1661 an 'den Rath weiſt, „weil dem
Dresden bes
Vernehmen nach in der Stadt das papiſtiſche
Meßopfer ſollte ſein gehalten werden , ſolchem ginnen in
zu
ärgerlichen Bes
befferer Sorgfalt entgegenzutreten, und da fie bet
}
ein
und ander ankommenden
argwöhnen
fremden
Perſonen etwas zu
finden würden , ſolches ungeſäumt zur Regierung
zu berichten .“
Geheime Emiffaire des Papſtes Lande und der Stadt Dresden
trieben ſich dennoch im
umher und brachten Bekeh
rungen unter dem Wege, von welchem
Bürger- und ſelbſt dem Adelftande zu lepteren einzelne Perſonen offen zur ka
tholiſchen Religion
übertraten ; man hatte felbft den Direktor
des kurfürſtlichen Geheimen Rathes, Abraham
von Sebottena
46
dorf, einen Günſtling
Johann Georgd , in
dem
Verdachte,
heimlich den Glauben gewechfelt zu haben . Der öſterreichiſche und franzöſiſche Geſandte begünſtigten dieſe Umtriebe, und im tholiſchen
Jahre 1668 fand man bei dem
Gottesdienſte in
zweihundert, bei die daran
dem
ihren
anderen
bei erſterem
hundert Dresdener Bürger,
theilnahmen , was einen
fürften an den Rath unter'm der
Hauskapellen
fa
zweiten
Erlaß
des Kur
9. Mai d. J. zur Folge hatte,
anderweit ernſtlich reſkribirt, gegen
diejenigen Perſonen ,
welche ihrer (des. Rathes) Botmäßigkeit unterworfen und über der Beiwohnung des bei den Kaiſerlichen
und franzöſiſchen
daſelbſt reſidirenden
päpſtlichen
Miniſtris
opfers betreten würden , denſelben
deshalb
Dero unter'm
erlaffenen
Dennoch mußte am
gen , worin verboten wurde ,
in
dem
Meßa
27. März 1661 an
Befehl gehorſamſt nachzuleben ."
27. Februar 1673 eine noch ſtrens
gere Verordnung durch ein
geliſchen
haltenden
gedrucktes Patent darüber erfol daß Niemand von
päpſtlichen Meſſehalten
den Evan
und Kirchenweſen , ſo
der Kaiſerlichen und königlich franzöſiſchen Miniſtres Be:
hauſungen zu Dresden
gehalten werden, beiwohnen
ſolle , mit
ausdrücklicher Verwarnung, daß die Verbrecher nach ereignen den Umſtänden
unnachläßlicy an Geld, Gefängniß , Ausſchaf
fung aus der Stadt, auch wohl härteren . Strafen angeſehen und beleget werden ſollen ." Der zuweilen felbſt ſich im
geäußerte Verdacht, daß
Geheimen
Johann Georg
der katholiſchen Kirche zugeneigt habe,
kann nach ſeinen Auslaſſungen und dem
Verhalten in ſeinem
ganzen Leben wohl durch nichts Underes als falſche Berichte von Emiſſairen , die ſich auch an ihn zu drängen ſuchten , an ſein , und der Umſtand, daß er den
den Papſt erweđt worden katholiſchen
Kaiſer Ferdinand III. bei der Taufe des ſur
1 -
47
prinzen "zu
Gewatter gebeten , beweiſt nicht mehr als feine
damalige Anhänglichkeit an das Kaiſerhaus, das er ſich über
dies der Jülich - Cleviſchen • verbinden wünſchte.
In
Erbſchaftsangelegenheit halber zu Religionsſachen war er keineswego
foi tolerant als ſein Vater und miſchte ſich ſelbſt hinein , zu welchem
Zwecke er noch in vorgerügten
tor der Kreuzſchule zu
Jahren bei dem
Ref
Dresden , Bobemus , drei Jahre hin
durch die hebräiſche Sprache ſtudirt hatte.
Drittes
fa pitel.
Taufe bei dem Oberhofmar Johann Beorgs II . glänzender Hofftaat. Heranziehung ſchall von Rechenberg. Die Hofämter. Die Garden . Bar von Ausländern . Die kurfürſtliche Kapelle. - Neue Moden. tholomeo de Sorlyfi. - Dergnügungen des Hofes . Des kurfürften Sagd leidenſchaft . — Beſondere Feſtlichkeiten . – Dermählung der kurfürftlichen Tochter Erdmuth Sophia und des Kurprinzen . Der Hoſenbandorden . Bauten und Anlagen . Herumziehende Komödianten , Die Staatsbehör Die Oberhofpre den . Johann Georgs Lieblinge und untreue Diener. diger.
Des Kurfürften dod . Von allen Laften , die furſachſen
unter Johann George
1
Regierung zu tragen
hatte, war die für den
Hofſtaat des
Kurfürften wohl eine der ſchwerſten , zumal das ohnehin ſchon durd
Abgaben gedrückte
Volt
in
keine Vortheile für ſich ſehen konnte.
dieſer
Prachtentwickelung
Hatte Johann Georg I.
in den väterlichen Ermahnungen , die einen
Theil ſeines
Te
ftaments bildeten , auch beſonders empfohlen, alle überflüfftge Verſchwendung zu vermeiden , und es ſich in den leßten Jah ren feiner Regierung ſelbſt angelegen ſein laſſen , feinen Hof
48
ſtaat zu vereinfachen , fo
doch keinen
vermochte dies
heilfas
men Einfluß auf die prachtliebenden und verſchwenderiſchen Neigungen feines älteſten Sohnes , die bei dieſem als Aur : prinzen ſchon deutlich genug hervorgetreten waren, auszuüben . Ebenſowenig Wirkung hatten die mehrmals wiederholten Bes denken und Erinnerungen an den Nothſtand des Landes von Seiten der Stände, und mochte er darauf auch erwidern , daß er ein
fie fich zu Herzen nehmen wolle , fo blieb dies eben nur Verſprechen , an deſſen Ausführung er nie ernftlich dachte .
das Beſtreben , durch äußeren
auch noch
fürſten
den perſönlichen Neigungen des Kur
zu
Ohne Zweiſel kam
verdeden , was er und ſein durch
ſeine unrichtige Politik verloren ;
als Entſchuldigung
wird man dies aber ſchwerlich gelten laſſen Dagegen Ausgaben
Glanz zu
Land an wirklicher Bedeutung
können .
läßt ſich auch nicht leugnen , daß manche große
Johann Georgs
für Aufführung von
Gebäuden ,
Sammlung von Kunſtſchäßen und Heranziehung ausländi ſcher Künſtler eine nachhaltige ſegensreiche Wirkung auf He bung der Bildung und des Kunſtfinnes feines Volkes hatten und daß er zu diefen , die bisher ganz vernachläffigt worden , Sen Grund legte. Von auf einen
ſeinem
Regierungsantritte an wurde der Hofſtaat
viel glänzenderen
Oberhofämter geſchaffen.
vornehmſte ; es wurde bis zum orge von
Rechenberg
Fuß gebracht und viele neue
Das Oberhofmarſchalsamtwar das Jahre 1664 von Hans Ge
bekleidet, einem
beſonderen
Johann Georgs , den der Kaiſer, 1652 , zum
Lieblinge
Reichsfreiherrn
erhob, nach deffen Tode von Graf Curt von Callenberg, ſeit 1672 von
dem
Baron don Kanne , der
in
dem
Kriege am
Rhein unter dem Kurprinzen die Armee kommandirte, ſeit 1677 von dem
Geheimen
Rathe Herrmann von Wolframsdorf.
49
.. ?
Der
zuerſt
14. November
erwähnte von 1660
Rechenberg war
die Landſtände von
es , der am
Ritterſchaft und
Städten des Kurfürſtenthums zur Taufe ſeines Sohnes ein lud , insgeſammt zu was einen
erſcheinen " oder fich vertreten zu laſſen,
Begriff von dem
Aufwande, den er machte, geben
mag ; - die Stände ließen fidy wirklich töfer und Dr. Kühlewein vertreten
durch den Erbmarſchall
und zum „ Pathenpfennige
500 Gulden und auf das Wochenbett 1000 Gulden einbin den und verehren ." Die
anderen Hofämter" wurden
bekleidet
Hofmarſchall , einen Hausmarſchall , einen
durch
einen
Oberkammerherrn,
einen Oberftallmeiſter und zwei Retſeftalmeiſter, einen Ober hofjägermeiſter , einen
Oberfalkenmeiſter , einen
Obermund
fdhenk und Oberküchenmeiſter , einen Hofobriſt und Kommandeur der adligen Leibſchwadron zu Pferde, einen mann und Kommandeur der Arcièren zu zerhauptmann und Kommandeur einer
Trabantenhaupt=
Fuß, einen Schwei
der Schweizer
Rittmeiſter der Troatenleibkompagnie zu
Fußgarde,
Pferde, einen
Mousquetonhauptmann und Kommandeur der deutſchen Leib garde zu Fuß, einen Obriſt der Leibgarde- Dragonter ; bei dem Tode des Kurfürſten zählte man außerdem
noch 42 Kammer
herrn und 68 Kammerjunker . Die Kurfürſtin , der Kurprinz, die Prinzeſſin Erdmuth Sophia und die beiden Söhne des Kur prinzen
hatten
ihre beſonderen
Hofmeiſter oder Marſchälle,
Kammerherrn , Stall- und Küchenmeiſter." Rechnet man hierzu nod
bas
ungefähren
zahlreiche Unterperſonal, ſo wird man
fich einen
Begriff von den Summen machen können , welche
die Befoldung und Unterhaltung eines folchen Hofſtaates er forderten .
Die drei Gardecorpe zu
Fuß und
die drei berittenen
waren auf das Prächtigſte gekleidet und bewaffnet, beſonders Bertraute Geſchichte. Sadſen . 1. Bd. 4
50
-
die dreihundert Pferde ſtarke Croatenkompagnie, deren Waf fen mit gediegenem
bingen
än
.
Außerdem
Silber beſchlagen waren . dem
Hofſtaate
noch eine Menge
von meiſtens ausländiſchen Muſikern , Malern , Sprach- und Tanzmeiſtern , Schauſpielern und Ballettänzern , die ihre Bea foldung aus der kurfürſtlichen Kaffe
bezogen . : Die Kapelle
allein koſtete jährlich gegen 26000 Thaler und ſegte ſich unter Leitung
des
Oberkapellmeiſters Heinrich
Schüß
aus
ſieben
Kapellmeiſtern und Komponiſten , 46 Muſikanten und Sän : gern zuſammen ; ſie ſoll aber auch Außerordentliches geleiſtet haben . Als die Vorliebe des Kurfürſten für fremde , beſonders fränzöſiſche und italieniſche Künſtler und die Begünſtigun gen , die er ihnen an ſeinem Hofe zu Theil werden ließ , im Auslande
bekannt wurden , ſtrömten
von
dort
genug
her
Abenteurer nach Dresden , wozu die unduldſamen Religions verhältniſfe ihrer Heimath wohl auch viele- getrieben
hatten ;
fie fanden willige Aufnahme und trugen mit den freilich oft fädlichen und tadelnswerthen
Gebräuchen
und Sitten
des
Auslandes doch auch zur Bildung und Verfeinrung des Ger ſchmades,bet.
Damit kamen auch die neuen Moden
in
der
Kleidertracht auf und der alte deutſche, ſteife Anzug der hö : heren
Stände verſchwand vor
dem
koſtbaren
dabei ſpielt auch die Einführung der
fangs von den
Perrüden
Die Geiftlichkeit. fogar eiferte an =
*
Keine unbedeutende Rolle .
franzöſiſchen ;
gepuderten
Stanzeln herab gegen die leßteren , nahm
ſie
aber endlich felbft an , und die Steuer , welche die Landſtände auf das Perrücentragen ſepten , verhinderte am alerwenigſten , daß fie von den Wohlhabenden
angenommen wurden .
Audi
die Wagen , damals Carethen genannt, fanden jegt allgemei nen Eingang.
51
-
' ? Mehrere" dieſer Fremden recfreuten
ſich ſo großer Gunft
des Kurfürſten , daß ihnen Hofämter verlieben
wurden ; am
bekannteſten von ihnen iſt der Geheime Kämmerierer Varthos lomeo de Sorlyſt, den
der Kaiſer auf Johann Georgs Für
ſprache , 1666 ,- geadelt hatte. Sänger und demſelben
Jahre
fich dagegen verſitäten
Er gehörte der Kapelle als
Saſtrati an , und ein
Fräulein
als : er
deffenungeachtet
Lichtwehr
in
heiratheter erhob
großes Geſchrei der Geiſtlichkeit und die Uni
ftritten ſich darüber, ob eine ſolche Ehe gültig ſein
könne ; fchließlich entſchied der Kurfürſt für ſeinen Günſtling, nachdem
dieſer eine Kirche zu bauen verſprochen hatte, und
damit fand der Streit, ein Ende, nicht aber die Spöttereien , die : 1685 noch ein Buch „ Eunuchi conjugium , à Delphino ober die Rapaunenbeirath " brachte :
Sorlyfi, der fehr reich
war, iſt noch dadurch bemerkenswerth geworden , "daß er Län = dereien vor
dem
den ſogenannten
Wilsdruffer
italieniſchen Garten , den
bei Dresden , anlegte ; den 2013
Die
Thore ankaufte und auf ihnen
ihm
Theater- und Balletvorſtellungen
Riefenſaale des Schloſſebi und ſtatt, fpäter in dem ſtein
am
ſchönen
erſten
fanden
Inventionshauſe zu
Comödienhauſe , zu dem
1. Auguſt 1664
Kunſtgarten
Johann Georg ſpäter abkaufte.
gelegt und das
in
dem
Dresden
der erſte Grund dann , von dem
harten Pirniſchen Steine von Grunde aus nach
ita
lieniſcher Struktur fo groß und geräumig aufgeführt wurde, daß zweitauſend Menſchen fönnen .“
Im
gar füglich
darinnen zuſchauen
Jahre 1668 wurde auch das Ballhaus (zum Ball:
dlagen ) zu Dresden erbaut und 1672 und im folgenden Jahre das für das Vergnügen der Bürgerſchaft eigentlich beſtimmte neue Schießhaus, in das der Hof aber auch öfter gekommen iſt. IsmoAndere Vergnügungen
der
kurfürſtlichen
Familie und
des Hofftaates , die ſich jämmtlich durch ihren großen Glanz
52
auszeichneten , waren
die Kingelrennen
zu
Pferde und die
Tourniere zu Fuß , die oft bei Fadelbeleuchtung des Nachts abgehalten wurden und an denen nur der alte Adel, der die Wappen ſeiner ſechzehn Ahnen dann in den Schilden führte, theilnehmen
durfte, die Wirthſchaften , bei denen
das kurs
fürſtliche Paar in ländlicher Kleidung dte . Wirthe, die Prin zen und Prinzeſſinnen. Aufwärter und Mägde , die Perſonen des Hofſtaates
endlich
die Gäſte , die von
jenen
bewirthet
wurden , vorſtellten , ferner Feuerwerke zu lande und zu Wal fer, die damals erſt in Aufnahme kamen , die Schlittenfahrtet , bei denen der Lurus in Ausſtattung der Schlitten und Pferde den höchſten Grad erreichte, Maskeraden Eines
der Lieblingsvergnügungen
u. a. Johann Georgs war
die Jagd, die ſchon ſein Vater ſo ſehr geliebt und hochgeſtellt hatte und die damals theils durch Hegen, theils durch Zuſam mentreiben des Wildes durch die Bauern bewerkſtelligt wurde. Ein Bericht vom
26. Oktober 1677 rühmt zwar, wie dadurch
bei denen Unterthanen viel Lamentirens, Schaden und Un: bes heil abgewendet worden ," es möchte aber doch ſtark zu
zweifeln ſein , ob die Unterthanen , die zum Treiben felbft zu ſammengetrieben wurden und deren Felder gewiß nicht zu ängſtlich geſchont worden ſind , mehr Vortheil als Nachtheil von 1
dieſen wilden Jagden des Hofes gehabt haben . Derſelbe Bericht fagt : Vom 9. Oktober 1656 bis zu
Ende dieſes Jahrs, und alfo in 21 Jahren , hat Kurfürſt Jos hann Georg II . zu Sachſen , in Ordinar-Schießungs -Zeiten , wie auch Hirſchfeiſten , Hirſch - Prunfften und wilden Schwein Hagen , inclus. deſſen , was Stadt in Haaren und in
ſo wohl vom
Lande zur Hof
Salze geliefert , als zum
Deputat
abgegeben und verſchendet worden , die Anzahl an Wildpret In
allen
gebracht auff 96862 Stüde, als
11175 Sirfbe,
53
21584
Stücke Wild, 3354 Wild - Kälber , 1945. Mehebode,
12885 Rebe, 91 Rehe-Kälber , 769 Thann -Hirſche, 481 Stüde Thannwild , 415 Thannwild-Kälber, 1951 hauende Schweine, ܘܬ 520 angehende Schweine, 1961 Reyler, 10074 Bachen, 6026 Friſchlinge.
Item
4 Löwen, 4 Löwinne, 2 Tyger, 1 Bragt,
142 Bähre, 61 Bährinne, 1363 Wölfe, 682 Wölffin, 90 Lüre, 92 Lürin , 14948 Haſen , 2339 Füchſe, 933 Dächfe, 558 Bie ber,1508 Fiſch-Ottern , 144 Marder, 243 wilde Staßen , 638 Elthiere, 699 Eichhörner, 65 Wiefeln, 75
Hamſter, 1 Indias
niſche Baum - Staße, 1 Affe , 2 Pavian , 1 Cascon, 1 Mummenet, 1 Ziebeth - Kaße , 2 Meer-ſaßen und 1
Indianiſche Mauß ."
Bei einzelnen beſonderen Gelegenheiten ging: es beſon ders rauſchend und glänzend mit Hoffeſtlichkeiten zur So
am
!
wurde am
19. Oktober 1662 , nachdem
die Verlobung ſchon
29. December deß vergangenen Jahres ſtattgefunden hatte,
das Beilager zwiſchen
des
Kurfürſten
Tochter Erdmuth So
phia und Markgraf Chriſtian Ernſt zu Brandenburg - Culma bach
in
überall liche
Dresden
vollzogen . „ Bei dieſen Solennien ging es
ſehr prächtig zu , indem Ring- Quintana, und
faft Königliche Aufzüge, ſtatt koſtbare
Gefellen - Rennen , uff
uhralte Römiſche Pracht und Helden -Manier, wie auch Stahl-Schießen nebſt einem und
ein
fürtrefflichen Feuerwerke gehalten
loßgebrandt, auch hierüber noch ein beſonderer Aufzug
von allerhand lebendigen Thieren fo man nur haben mögen , praesentiret wurden . würde
Zum
eine beſondere Münße
Andenken
des
Hauptſchteffens
gepräget, worauff
zu leſen :
V. G. G. Šobann Georgs des andern , Herzogs und Churfür: ſtens zu Sachſen , auch Burggrafens zu Magdeburg gehalte nes Hauptſchieſſen zu Dreſden , 1662. uff der andern Seite: Mediante Deo &
Amore , Existente Pace & Concordia .
Eine andere Gelegenheit zu
großer Feier nnd Hofluft
54
barkeit war die Einholung
des
Kurprinzen und ſeiner jun
gen Gemahlin Anna Sophia , älteſter Tochter König Fried richs III. von Dänemark, zu Dresden am 31. December 1666 . Das Verlöbniß penhagen
ſtattgefunden , wohin
tung feines ben
hatte bereits am
Vaters und
11. Oktober
1663 zu Ko
ſich der Kurprinz in
Beglei
des Hofpredigers Dr. Weller beges
und wo unter anderen
Seehundsjagd von Schiffen
Feſtlichkeiten
damals auch eine
aus mit Piſtolen
hatte, und das Beilager war am
ſtattgefunden
9. Oktober 1666 zu
to
penhagen vollzogen worden . Das Bruders
Jahr 1669 brachte: einen Beſuch des kurfürſtlichen Auguſt bei Gelegenheit der
genannter
Taufe des
erſten
aus
Ehe entſproffenen Sohnes, des ſpäteren Kurfürſten
Johann Georg IV ., und bald darauf eine englifche Geſand ſchaft, die dem
Kurfürſten von Rönig
Ritterorden
des
blauen
Carl II, den . englis
.
fchen
Hoſenbandes überreichte , was
dem hohen Herrn nicht wenig ſchmeichelhaft war und er wür big feierte. Vortheilhafter für das Land
als dieſe prunkreichen und
koſtbaren Vergnügungen , die Nichts hinterließen als umſtänd liche Beſchreibungen und den Ruf von des Kurfürſten Pracht liebe und Verſchwendung, waren
die Bauten
und Anlageni,
mit denen legterer beſonders Dresden verſchönerte, das damals noch fehr unanſehnlich war. ", Von
dem
Schauſpielhauſe , Balhauſe und Schießhauſe
haben wir ſchon geſprochen ; andere Bauten waren das Reit haus am Schloffe, an deffen Stelle fich jegt der Zwinger bes findet, die Elbbrüden zu
Dresden 'und Torgau , die Wieder
herſtellung und Ausſãmüdung des Dresdner Schlöffes , dann wurde der italieniſche Garten kurfürſtlich und der große Gar ten neu angelegt.
Die Kunſtkammer wurde um viele koſtbar
55
keiten und Seltenheiten
bereichert, die Bibliotheť aber mehr
vernachläffigt, wað nicht für die Behauptung Einzelner, daß Johann Georg große Gelehrſamkeit beſeffen
Von
einer anſehnlichen
habe, ſpricht. :*
herumziehenden Schauſpielerge
1
fellſchaft iſt damals auch ſchon die Redes Wandernde Cos mödianten und Saukler muß es allerdings ſchon genug gege ben
haben , denn
eine kurfürſtliche Verordnung vom
März
1661 verbietet ihr Auftreten außerhalb der Comödienhäuſer , wie bei derſelben Gelegenheit allen Bürger- und Bauerſpiel leuten
bei Familienfeſten , Fahrmärkten und
brauch
der Trompete und Poſaune bei einer Strafe von hun
Tänzen der Ge
dert rheiniſchen Goldgulden und Abnahme der Trompete una terſagt wurde.
Die vorgenannte
Leipziger Studenten
unter
Geſellſchaft, die fich aus
Johann
Velten
oder
Veltheim
bildete und fich kurſächſiſche Komödianten nannte, war aber befferen
Schlages
und zeichnete ſich durch
die Wahl ihrer
Aufführungen und Darſtellungsweiſe vortheilhaft aus; fie bez reiſte Berlin ; Nürnberg , Hamburg , Frankfurt, Breslau und Leipzig : Die kurfürſtlichen
Staatsbehörden waren
Geheime Rath , der die wichtigſten außen hann
und innen hin verhandeln
politiſchen
zunächſt der Fragen
nach
half; er zählte unter Jo
Georgs -Regierung anfangs ſteben , dann acht Mitglie
der, unter denen der Baron Heinrich von Frieſen gewiß der
1 redlichſte und gebildetſte war ; mit Ausnahme von Strauch und Kelengel war er nur aus. Adligen zuſammengefeßt. Kurprinz wurde den und nahm
11. Februar
1663 in
ihn
während feines Aufenthaltes“ zu Dresden
ſeinen Sißungen Theil.
Der
eingeführt oft an
Die zweite Behörde war die Regie
rung , die aus einen Kanzler und ſieben Hofrathen gebildet wurde ,
dann
die Kammer , aus
einem
Direktor und vier
56
Räthen beſtehend, das Oberkonfiftorium ein Vorſigender und vier geiſtliche Käthe, das Appellationsgericht, ein Präſident und acht Räthe,
die Oberhofgerichte zu Leipzig
und Wittenberg, die Kriegskanzelei , ſeit Georg III. der Ge heime Kriegsrath, der ſechs bis neun militairiſche Räthe hatte, und die Direktion der Steuern , die unter beſonderer Aufſicht der Stände blieb . Bei ſeiner natürlichen Gutmüthigkeit und ſeinem fhwan kenden Charakter wurde Johann Georg von
ſeinen
Näthen
die es nicht alle ſo ehrlich meinten und ſo unbeſtechlich waren wie der wacere Heinrich von Frieſen , nur zu leicht gelenkt; obgleich er dies felbft einſah, denn er klagte zuweilen trguen darüber, ſchwach, ſich ihrem
im
Vers
daß fie alle Schelme ſeien,“ war er doch zu Einfluſſe zu entziehen , und hatte gewöhn
lich einen Liebling, dem
er vollkommen vertraute und der ihn
gewiſſermaßen beherrſchte.' Abraham
von Sebottendorf und
Rechenberg waren die erſten, nach deren Tode aber noch ent ſchiedener der Geheime" Rath von Wolframsdorf, der wahr ſcheinlich auch den Hauptausſchlag in der für Kurſachſen ſo nachtheiligen Erfurter Angelegenheit und bei dem des Bündniſſes mit Ludwig XIV . von hat.
Abſchluffe
Frankreich gegeben
Man fagte damals , die Abtretung der Erbhoheit und
Schußrechte auf die Stadt Erfurt ſei gangen und viele unleidliche Dinge ſeien
mit Kräutern
zuge
bei des Kurfürſten
Indulgenz von ſeinen Dienern mißbräuchlich unter Blanquetten und anderen böſen Arten prakticiret worden ," weswegen Johann Georg
III. fich auch ein kaiſerliches Salvatorium
ſeiner Anſprüche auf Erfurt geben
ließ
in Betreff
und ſich über eine
folche „ illegale und beſchwerliche Alienation " verwahrte. Man
1
behauptete, es ſei viel Geld und Fuder Wein in die Hände und Keller der Miniſter gerathen ,
einige derfelben ſollten
57
fogar förmliche Gehälter von Frankreich beziehen . dorf, der die
Wolframs
Titel eines Oberhofmarſchals, Kammerherrn ,
Oberhauptmanns des Leipziger Kreiſes und Amthauptmanns von Leipzig, Coldiß , Rochliß, Leisnig und Borna bekleidete, wurde wohl mit Recht am
fchwerſten
beſchuldigt
Johann Georgs III. Regierungsantritt Nemtern entbunden .
und bei
ſofort von
ſeinen
Beſſer als die meiſten ſeiner Räthe bedienten , den Kur fürſten die beiden Oberhofprediger , die er in ſeiner Regierungs zeit hatte, anfangs der Dr. Weller bis 1664, dann Dr. Mar tin Geyer, der ſeines fürſtlichen Herrn Schwächen von der Kanzel herab oft übel mitſpielte, ihm aber doch aufrichtig ergeben war.
Dieſe beiden Männer
hatten großen Einfluß
auf Johann Georg, mißbrauchten ihn
aber nicht, obgleich er
fich ihnen in großer Frömmigkeit unterwarf. As im Jahre 1680 die Peſt Sachſen Heimſuchte, begab Johann Georg fich auf das Schloß Friedenſtein nach Frey berg , woſelbſt er nach der Einſegnung durch Dr. Geyer am 22. Auguſt***1680 im Ater von achtundſechszig Jahrenni ftar .
Von
ſeinen Kindern
Nachfolger
in
hinterließ
nur
er
der Kurwürde, denn
ſeinen
Sohn
und
Erdmuth Sophia war
fchon zehn Jahre früher geſtorben , feine Gemahlin ſtarb erſt im Jahre 1687. *
Die
feierliche Beiſeßung ſeines Leichnams erfolgte am
10. Detober
deſſelben
Domkirche zu Freyberg .
Jahres
in
dem
Erbbegräbniſſe
der
3d
este
oys
1 .
11.12
.
.
. .
,
میر و +
167" : ; "
sr
Season 1:
II .
Johann
Georg
III.
(1680-1691 .) V
i ert é $
a pite I.
f Regierungsantritt Johann Georgs II . Seine Erziehung und ſein Charakter. Proteftation gegen das Teftament Johann Georgs I. und Ver handlungen mit den Mébenlinien . - Huldigung. – Die Schlacht bei Wien. - Des Kurfürften Reiſe nach denedig und sädfiſche Gruppen in Morea . Belagerung von Ofen, - Streitigkeiten mit Sur-Brandenburg, - Der lauen burgiſche Erbfolgeftreit.' - Bemühungen Sohann Georgs gegen die Anmagun gen Ludwigs XIV. Der Reichskrieg gegen die Franzoſen . Belagerung Der von Mainz. God Herzogs Chriftian zu Sachſen - Weißenfels.
Hans Kurfürft übernimmt das Oberkommando über die Reidsarmee . Beiſetung der Leiche. Tod des Kurfürften . Adam von Schöning. ***
Der Regierungsantritt
Johann
jeder Beziehung, ein unruhiger .
Georgs
III. war in
Zunächſt verwüſtete die Peft,
1
übrigens die legte , welche nach Sachſen kam , das Land und eør ſtarben an ihr 11,517 und zu
und fonſten; und inſonderheit zu Dreßden
Leipzig 3212 Perſonen ."
Dann fand der
neue Kurfürſt eine ſo vollſtändige Zerrüttung des Finanzwe fens vor, daß der Staats- und Hofbanquerott vor der
Thür
zu ſtehen ſchien, und obenein brachte er den feſten Entſchluß mit fich , ſeinem
Hauſe wieder zu den Rechten zu
die
ſeines
ihm
durch
gen waren .
verhelfen,
Vaters Schwachheit verloren
gegan
59
Johann
Georg
III. hatte allerdings eine ebenſo
vollkommene Bildung genoffen als fein
una
Vater , denn ſie bes
ſchränkte ſich nur auf Lateiniſche und theologiſche Wiffen ſchaften , fein hatte ſich
Charakter, war aber
durch
ganz anderer Art und
die militairiſche Erziehung , die ihm
Hans Kuffer wurde, in andere Bahnen
gelenkt.
durch
Von Natur
lebhaft und, wenn man ſo ſagen darf, abenteuerlich geſinnt, voll Straft und Entſchloſſenheit, die allerdings nicht immer ſtichhaltig
blieb ,
in
allent ritterlichen
ausgebildet, felbft in fahren , neigte er
Uebungen vollſtändig
den Militairwiſſenſchaften
fich
vorzüglich dem
ziemlich
Kriegsweſen zu .
Proben von ſeiner
Befähigung als General, die er in
erſten
Feldzuge abgelegt
franzöſiſchen
nicht glänzend , Sdlacht bei
ſein
perſönlicher Muth ,
Sinzheim
Jahre
1672
der
(1674 ) beinahe in
gebracht hätte, war aber über allen dem
hatte, waren
Landvoigt der
ihn
er: Die dem
freilich in
der
Gefangenſchaft
Zweifel erhaben.
Seit
Oberlauſiß , hatte er mit
feiner Gemahlin zu Budiffin (Baußen ) eigenen Hof gehalten und hier bei Weitem widelt wie der
nicht eine fo übermäßige -Pracht enta
Dresdener Hof. : Erwartete man daher auch
einen für das Land weniger drückenden
Zuſtand unter ſeiner
Regierung; fo follte man doch bald gewahr werden, daß die ſchädliche Neigung des Vaters zur Entwickelung übertriebener Pracht durch
die' des Sohnes zur Kriegführung vollſtändig
erſeßt wurde und daß die
Forderungen , die
legterer an das
land ſtellte, demſelben noch ſchwerere Opfer zumutheten, als bisher hatten
gebracht werden müſſen.
.
Der erſte Schritt von
that, war , den
herrſchenden Peſt wegen hatten , durd
Bedeutung , den
Landſtänden , die
fich, der in
Johann Georg Dresden noch
dieſes Mal in Meißen
feinen Kanzler und Geheimen
verſammelt
Rath Gebhard
60
von Miltig
eine Proteſtation gegen den
Hauptvergleich vom
freundbrüderlichen
Jahre 1657 vorlegen zu laffen ; darin
verlangte er die vollſtändige Anerkennung ſeiner Dberhoheit, gegen welche die Nebenlinien manche Zweifel zu nen , und die Wiederherausgabe
erheben ſchie
der Schriftſaſſen
aus den
Aemtern Weißenfels, Freiburg, Delißich, Bitterfeld und Zör big.
Das Haupt der Weißenfelſer
Adolph , gab den
Forderungen
Linie, Herzog
des Kurfürſten am
Johann ſchnellſten
nach, und in zwei zu Torgau (den 12. Mai und 29. Juni 1681) abgefchloſſenen Vergleichen , fo wie in dem tionsreceffe vom
Dresdner Eluciða
12. September des folgenden Jahres einigte
man ſich dahin , daß die vorgenannten Anträge Johann George bewilligt, das Fürſtenthum Sachſen -Duerfurt in Form ewigen Bundes "
unter Kurſachſens Erbſchuß
Steuervereinigung abgeſchloſſen ausgegangenen gültig würden.
Dekrete
auch
eine
Kurfürſten
Herzogs Unterthanen
Die Verhandlungen mit der
wurden durch den im
geſtellt,
und die von dem für des
eines
Zeiger Linie
December erfolgenden Tod des dortigen
Herzoge Moriß unterbrochen , und fein noch unmündiger Sohn Morig Wilhelm , über den der Kurfürſt in Gemeinſchaft mit dem
Herzoge Friedrich von Gotha, dem
Teftamente des Hera
zogø Moriß gemäß , bis zu feinem einundzwanzigſten Jahre Johann Georg die Vormundſchaft führen ſollte , weshalb auch die Adminiſtration der Länder übernahm , fo wie Her zog Chriſtian von Merſeburg wandten Klage, daß
Johann Georg
ficy fogar mit einer
den freundbrüderlichen Vergleich
umſtoßen wolle, an den Staiſer.
Diefes Verhältniß hatte eine
Menge von Streitigkeiten und Proteſtationen zur Folge, die fich bei Johann Georgs Tode noch nicht erledigt hatten .
Erſt am 22. Juni 1681 ließ fich wegen der noch immer nicht ganz erloſchenen Peft, deren Aufhören erſt im
folgenden
61
Monate
durch
wurde,
ein
allgemeines
Dankfeſt im
Lande gefeiert
Johann Georg zu Leipzig von der Ritterfchaft, dem
dortigen
Kathe und
der Univerſität huldigen , worauf er
* wieder nach Baußen zurückkehrte, fich
dann am
9. Septem =
ber nach Dresden begab und hier acht Tage ſpäter die Hul digung empfing. Nachdem die vorgenannten Streitigkeiten den erſten Theil ſeiner Regierung ganz ausgefüllt hatten, erhielt er von Kai ſer Leopold die Aufforderung, ſich mit ihm
gegen
den dro
henden Einfall der Türken , die ſchnelle Fortſchritte machten und ſich durch Ungarn auf Wien warfen , zu perbinden , und am 4.
Juni 1683 kam
Schon
im
hierüber
ein
Bündniß zu
Stande.
nächſten Monat hatte der Kurfürſt 11,000 Mann
kampfbereit
und
bei
Dresden
geſammelt , und
rüdte
am
28. Juli mit dieſen Truppen ſchleunigſt nach Deſterreich , um zu der kaiſerlichen Armee unter des Herzogs Carl von Loth ringen Befehlen , die das durch Belagerung ſchwerbedrängte und vom
Feldmarſchall Stahremberg heldenmüthig vertheis
digte Wien
entſeßen ſollte , zu
ſtoßen ; unter
dirten der Generalfeldmarſchall von Golz und
ihm
komman
die Artillerie
der Oberft Ruffer. Die türkiſche Armee, unter dem nach dem sin
Ungarn erfolgten
Wien
ſeit
fchon
Bezier Stara Muſtapha
Tode des Sultans, belagerte
beinahe drei Monaten
250,000 Streiter; dem
Kaiſer , der
und
zählte ' gegen
ihr nicht viel mehr als
dreißigtauſend Mann gegenüberzuſtellen
hatte, ftrömten nun
von allen Seiten Hülføvölker zu ; außer den Sachſen : Baiern , Schwaben , Franken und
ſogar 26,000
Polen junter ihrem
Könige Johann Sobieski, fo daß die verbündete Armee auf die Stärke von mehr als 80,000 Mann
kam .
Am
12. Seps
tember griff Herzog Carl entſchloſſen anz fein Heer war in
62
drei Treffen formirt, die Sachſen ſtanden Anführung ihres Kurfürften auf dem dorf.
unter perſönlicher
linken Flügel bei Nuß :
Sie hatten einen harten Kampf zu beftehen , bei dem
1 ſich beſonders das Dragonerregiment Graf von
Reuß aus:
zeichnete und die Artillerie ſehr vortheilhaft wirkte; der Kur : fürſt ſelbſt ließ ſich von ſeinem
tapfern Ungeſtüm
zu weit
fortreißen und wurde nur mit Mühe von dem
Oberft oder
General Hans Rudolph von Minkwiß gerettet.
Den
Polen
und Sachſen beſonders verdankte man den glänzenden Sieg, der über die Türken 'erfochten wurde, ſo daß dieſe ihr Ges ſchüß, ihr Lager und reiche Beute
im
Stiche laſſen mußten
und ſich in vollſtändige Flucht auflöſten . Johann Georg
fiel keine große Beute zu , ſechs Kanonen
nämlich , einige türkiſche Zelte und ein Elephant; überhaupt zeigte ſich der Kaiſer ihm
gegenüber ebenſo " ſtolz und, un
dankbar wie den andern Fürſten und befonders dem könige , der ihm
Polen
ganz, unintereſſirt Beiſtand geleiſtet hatte.
Wahrſcheinlich dadurch gekränkt und erzärnt , reiſte er bald darauf nach Dresden zurück , woſelbſt er ſchon ben Monats eintraf.
Der inzwiſchen
am
19. deſſel:
nach Leipzig berufene
Kreistag , der, ehe man noch die Nachricht von der entſchei: denden Shladt bei Wien hatte , über weitere kräftige Maß nahmen
gegen
die
Türken, berathen
ſollte,' löfte 1fich
am
28. Auguſt unverrichteter Sache auf, weil die Gothaiſchen Geſandten
in ihrem
ceremoniellen Auftreten Anſprüche mach
ten , welche die kurſächfiſchen
Vertreter mit
der Würde ihres
Heren nicht für vereinbar hielten . 3430 Bu Ende des Jahres 1684 entſchloß
ſich Johann Georg
zu einer Reiſe nach Venedig, nicht politiſcher Angelegenheiten halber, ſondern nur um an den theilzunehmen.
Am
Puſtbarkeiten
28. December verlief
des Carnevals er Dresden
und
--
17
63
kam
am
15. Januar ,zu Venedig ån , wo er fich
incognito
1
aufhielt und
ſich ganz -ſeinem
Vergnügen
Vertrag zu
hingabe indeſſen
Dogen
***
verſäumte er dabei nicht, mit dem
ſchließen , demzufolge er ihm
Contarint einen
dret fächſiſche Regi
menter, jedes zu 800 bis 1000 Mann , zu dem
Türkenkriege
in Morea förmlich verkaufte.) Dieſe Truppen
fochten unter
den
Befehlen
der
Oberſten
Schönfeld
und
wacker in verſchiedenen Schlachten , und im der Kontrakt abgelaufen war , ihnen am
nach
der Heimath- zurück.
28. Februar 1685
nachdem
kehrte
von
Toppauer ſehr Jahre 1687, als
nur ein
Drittel von
Der Kurfürſt war ſchon
Venedig wieder abgereift , iund
er Augsburg beſucht hatte, kehrte er am
15. April
in ſeine Hauptſtadt zurück. ---
Johann Georg
hegte nicht eine ſo blinde Ergebenheit
für den Kaiſer wie ſeine Vorfahren , auch war für ihn gerade kein Grund vorhanden , ſich jenem weiſen , nachdem
beſonders dankbar zu be
er für die Entſegung Wiens keine Belohnung
erhalten und Leopold ihn in dem
Streite mit den Herzögen
von Zeiß und Weißenfels keineswegs begünſtigt hatte.
Daher
war es wohl nur ſeine Neigung zum Kriege und. Nuhmſucht, die ihn im
Jahre 1686 bewogen , das Kaiſerhaus mit fünf=
tauſend Mann
jeiner
Truppeu , unter
Anführung
Chriſtians von Sachſen -Weißenfels wiederum ken in Ungarn zu unterſtüßen .
Herzog
gegen die Tür
Die kaiſerliche Armee beſtand
aus Defterreichern , Brandenburgern, Batern, Sachſen, Fran = ken , Schwaben
und Rheinländern , im
dreihundert Geſchüßen , und
100,000 Mann mit mehr als wurde wieder von Es handelte
dem
Ganzen aus gegen
Herzog
fich vorzüglich um
von
Lothringen
befehligt.
die Einnahme der
Stadt
Ofen , die ſchon bunderfundfünfundvierzig Jahre früher an die Türken
gekommen
war.
Die Belagerung begann
am
64
Kämpfen
harten
und nach vielen
24. Junt,
Tage die beſonders
es am
tam
2. September zum Sturm , der die Stadt und am
folgenden
Citadelle in die Hände der Reichsarmee lieferte; ausgezeichnet hatte fich dabei der kurbrandenbur
giſche Generallieutenant von Schöning, unter deffen Befehlen an
dieſem
Tage auch die Sachſen
fochten und von dem
im
Centrum
der Armee
ſpäter noch weiter die Rede ſein wird.
Am 6. September rückten
Truppen wieder in ihre Hei
die
math ab. Am
9. September des folgenden
Jahres fand zu Wien
die feierliche Belehnung des Sturfürſten , der fich dabei durch feine Räthe Graf von Dr. Jacob Born
Zingendorff, Wolff Martini und
vertreten ließ , von Seiten des Kaiſere ſtatt.
Ein Streit mit Kurbrandenburg wegen der Voigtey über das Stift Quedlinburg , worauf erſteres jeßt feine Anſprüche erneuerte ,war durch den Conkordienreceß vom 18. Februar 1685 mit der Uebtiffin vou thea vom
Quedlinburg, Prinzeſſin
Anna Doros
Hauſe Weimar beſeitigt worden , ebenſo ein
rer, da Brandenburg Querfurt machte , am
ander
Anſprüche auf das Reichsfürſtenthum 22.
Juli
1687 dadurch
ausgeglichen ,
daß das Amt Burck ihm überlaſſen wurde. Als
bei dem
burg (September
Tode Herzog Julius Franz's von
1689) fich das lauenburgiſche Reichsleben
erledigte, traten eine Menge Bewerber darum oderi minber vollwichtige Anſprüche waren
auf, die meht
darauf vorbrachten ; es
dies Kurſachſen , die Herzöge der erneſtiniſchen
Herzog Georg Wilhelm und Anhalt.
Lauen
Linie,
von Braunſchweig - Celle , Meklenburg
Außer den
alten Anſprüchen begründete Kurs
fachfen fein Recht durch die zwiſchen Kurfürſt Johann Georg II. und Herzog Julius Franz am
3. September 1671 geſchloſſene
Erbverbrüderung über die Laufiß undSachſen -Lauenburgiſchen
65
Länder, wobei auch die Streitigkeiten über Führung der Kur fchwerter im war, daß
Lauenburgiſchen Wappen dahin erledigt worden
dieſe nicht im
Haupt-, fondern legten Schilde ge
führt werden ſollten . Der Kurfürſt war daher von allen Bewerbern wohl am meiſten im Recht, wenn er fymboliſch von dem
Lande Beſit ergriff, der Herzog" von Braunſchweig
Celle bediente fich aber der Gewalt, Bertrieb die ſchwache kur fächſiſche Garniſon , und da
Johann Georg, ſeinem
ſonſtigen
Charakter zuwider, die Gewalt nicht mit Gewalt vertrieb und dem Kaiſer die Entſcheidung überließ, blieb jener im
Beſige';
er verglidh fich ſpäter mit Kurfürſt Friedrich Auguft, der ihm ſeine Anſprüche an das Land gegen
1,100,000 Gulden" und
den Titel von Engern und Weſtphalen abtrat. Uebrigens war in Anſpruch
Johann Georg damals auch anderweitig
genommen .
waren nach dem
Die Anmaßungen
Frieden zu Nymwegen
der
Franzoſen
immer unerträglicher
geworden , fie hatten deutſche Landestheile unter allerlei Vor wänden an ſich zu bringen gewußt, wie neuerdings die Stadt Straßburg.
Johann Georg , von ächt
deutſchem
Patriotis
mus beſeelt, durchſchaute die Gefahr redit gut und war ent jchloſſen , ſich ihr
kräftig entgegenzuſeßen ; er hatte
auch mit Brandenburg , dem
er
abgerechnet, gewogener zeigte als ſein Vater, den Finſterwalde (8. April 1681) zu Frankreich
deshalb
fidy, einzelne Streitigkeiten Vertrag zu
gegenſeitiger Unterſtüßung,
abzuwehren , geſchloſſen , ſeine Vorſtellungen bei
Friedrich Wilhelm von Brandenburg aber , daß jegt die Stunde gekommen
fei, jene Verabredungen zur Ausführung zu brin
gen , „ da Ludwig's XIV: Uebermuth danach ſtrebe, die deutſche Kaiſerkrone an
fich zu bringen und Deutſchland
zu
unter
jochen ,4 ſcheiterten än des großeni Kurfürften Empfindlichkeit gegen das Raiferhaus. " Vertraute Geſchichte. Sadſen . 1. BD.
5
66
Der Augsburger Bund zwiſchen dem Schweden , Baiern und den
fächſiſchen
Kaiſer , Spanien, Herzogthümern war
bisher audy unthätig geblieben und verkannte die Gefahr, bis Ludwig XIV . ſelbſt den Krieg erklärte und die Rheinlande mit ſeinen Heeren überſchwemmte.
Da brachte Johann Georg
zuerſt eine ſchlagfertige Armee zuſammen und rückte mit ihr (23. October 1688 ) dem Reichsarmee unter dem ſammen war , langte am dem
begab
Feinde entgegen .
Als die deutſche
Herzoge von Lothringen er
ſich
für
endlich zu
ſeine Perſon
zurück und
1. Februar 1689 wieder in Dresden an .
er hier den Titel eines „ gefürſteten Grafen
zu
Nach Henne
berg “ angenommen hatte, reifte er im Mai ſchon wieder zur Armee, wohin ihn dieſes Mal ſeine Söhne begleiteten , und ſtimmte in dem
Striegsrathe zu Frankfurt , an dem
der Her
zog von Lothringen , der Kurfürſt von Baiern und der Land graf von Heſſen -Caſſel theilnahmen , für die Belagerung von Mainz, die auch am Hier wurde am
7. Juli ihren Anfang nahm . 24. Auguſt Herzog Chriſtian zu Sach
ſen -Weißenfels , der als kurſächſiſchen erſchoſſen .
Truppen
unter
dem
Ein Bericht darüber
Als dieſer Herzog er den
Generalfeldmarſchall- Lieutenant die
ganzen
Kurfürſten lautet im
an beſagtem
kommandirte,
Auszuge:
24. Auguſt, nachdem
Tag und auch vorher viel Ahnungen
auch davon geredet, gegen Abend um
4 Uhr mit dem
fürſten
geritten
in
Baiern in die Approchen
gehabt, Kurs
und bis auf
die Redoute , St. George genannt, gekommen , daſelbſt aber nebſt dem kurbaierſchen Generalmajor von Steinau eine Com munikationslinie außerhalb gegen die Kapelle zu ziehen laſſen, hat ſich ſolche Verrichtung bis 9 Uhr Nachts verzogen , wo rauf der Herzog zu dem Kurfürſten in Baiern wieder zurüc in
bemeldete Redoute fich verfüget , mit demſelben allein fürz
-
67
fich geſprochen , fich beurlaubt und nach ſeinem reiten im
Quartiere zu
Begriff geweſer, in Willen und Meinung, fich bei
Beiten zur Ruhe zu
legen .
Da er aber
zum
Anfange der
großen
Batterie, wo etwas hoch zu
iſt ihm
der Generalmajor Degenfeld begegnet und der Her
zog durch ſeine Anſprache vom worden , ungeachtet ihn Ort etwas gefährlich
gehen geweſen , gelangt,
Fortgehen
der Stallmeiſter erinnert , weil der
und
der Feind
gemeiniglich
fchießen pflegte, es wolle derſelbe doch der Herzog aber
dahin zu
etwas eilen , welches
alſo beantwortet: #Habt Ihr nicht Bes
fümmerniß , es ſeynd mir mein den
etwas aufgehalten
Kopf geflogen ."
Lebetage mehr Kugeln um
Wie er nun von der Höhe herabſtei
gen wollen , iſt der unglüdliche Schuß geſchehen , welcher unter dem linken Schulterblatt hinein
und dergeſtalt durch die Lunge
gegangen , daß die Kugel oben am Halſe ſteden geblieben iſt, da fich denn
der Herzog aus rechter Todesangſt rings herum
gedreht und dem Stallmeiſter mit dieſen Worten in die Arme gefallen :
vir Jeſus, wie geſchicht mir, nun hab ich genung,
nur fort, daß ich hinein komme." Der Herzog ging aber dennoch faſt hundert Schritte bis auf die Redoute St. Magdelene, wo er und dann
fich verbinden
in einer Sänfte nach Hauſe geſchafft wurde.
ließ Un=
terwegs bat er fich noch felbft den Degen abgegürtet und zu feinem
Stallmeiſter
Tham
von Milkau geſagt:
,, Ich bedaure anießo niemand als die armen Musque tirer ; mein
Kurfürſt iſt nicht da , und andere find bleſſiret
und krank," bald darauf:
Habe ich Euch nicht geſagt, daß
es mein
Als ſich ſein Uebelbefinden ver
Tod ſein würde ?"
mehrte, ſagte er: „ Ich ſterbe in meinem dat und weiß, wie ich mit meinem
Beruff als ein Sol
Gott ftebe; ich bin hof 5 *
68
fentlich meinem Gott in der Welt treu geweſen, er wird mich audy im
Himmel auffnehmen als einen treuen
As der Feldprediger
ihm
zugeſprochen , hat er ſich gar
andächtig, erzeiget, fonderlich bei dem Spruche : guten dem
Fenecht."
Kampff gefämpfet u . f. w . , welchen
Ich habe einen
der Feldprediger
Herzoge vorgeſprochen und dabei gefüget, daß fie nun
auch mit Paulo alfo fagen könnten , iſt der Herzog ihm mit dieſer legten Rede. in's Wort gefallen : gehalten gegen meinen Gott!"
„ Ich habe Glauben
Dabei er ſich zum
Deftern
an die Bruſt geſchlagen , fich geftredet und ohne einiges un anſtändiges Geberden
den bei der Sänfte Nebenhergehenden
und Reitenden gleichſam
unter den Händen und gerade bei
der Kirche ſanft und ſelig verſchieden
iſt.
Sein Symbolum
und Leibſpruch iſt geweſen : „ Gott iſt mein
Felß und Stärke."
Wenige Wochen vorher
in
Kurfürſten
zu
hat diefer. Herzog
Sachſen von Biſchoffsheim
am
einem
an den
Main erlaffe
nen Handbriefchen , da er vorher einer Religionsänderung her wähnt, mit dieſen nachdrücklichen Worten konteſtatiret: „ Ich wolte lieber betteln gehen
als dergleichen
thun u . ſ. w ." : --
Die Belagerung , bei der der. Kurfürſt einmal felbft in Lebensgefahr gekommen ſein tember, an welchem in
folt, dauerte bis zum
11. Sep
Tage die Stadt kapitulirte.
: Der Kurfürſt kränkelte in der legten Zeit ſehr und kehrte
deshalb wohl auch ſo zeitig, ohne an
den weiteren
Kriegs
operationen Theil zu nehmen , nach Dresden zurück, wo er am 23. Oktober eintraf. Im
Januar des folgenden Jahres begab
er fich auf das
Schloß Hartenfels zu Torgau , woſelbſt er die Geſandten übrigen Leiden
fächſiſchen wegen
die in dieſem
Herzöge
der
empfing und ſeiner körperlichen
erſt ſehr ſpät zur Armee
am
Rhein
Feldzuge mannigfache Verluſte erlitt.
abging, Wahr
69
fdheinlich hätte er ſich auf Anrathen
ſeiner Aerzte auch
im
folgenden Jahre gar nicht wieder in das Krieglager begeben , hätte der
Staiſer
ihm
nicht unter'm
16. Mais das Oberkome
mando über die ganze Reichsarmee angetragen . chelte dem
Dies ſchmei
ruhmbegierigen Herrn aber“ zu ſehr, als daß er ſich
von der bedenklichen Reiſe hätte abhalten laſſen ſollen , und bald war er wieder im Felde.
ཝཱན
Auch
dieſes Mal richtete
die Armee nichts Beſonderes
aus , denn ſie verfolgte die Franzoſen
bei Sondhofen
zwar
über den Rhein , wurde von ihnen aber wieder zum Rüdzuge genöthigt.
Die
Schuld
daran ,
daß
kein
Schlag geſchah , lag hauptſächlich an dem rale Caprara und dem
entſcheidenderer
kaiſerlichen Gene
Feldmarſchall von Schöning , die in
gegenſeitiger Eiferſucht i intriguirten . Da Schöning eine nicht unbedeutende Rolle ſpielt, geben wir hier kurz ſeine Geſchichte bis zu
Johann Georgs. Tode ... ,,,
Hans Adam
von Schöning wurde als Sohn eines frü
heren .ſchwediſchen Mittmeiſters und Befißers des Gutes. Tam = fel bei Küſtrin
am
1. October 1641 gehören .
Nachdem
er
zu Wittenberg und Straßburg die Univerſitäten beſucht hatte, bereiſte er Frankreich und Italien , machte ( 1662) von Malta aus ſogar einen Streifzug der Galeeren mit, worauf er ſeine Reiſen noch ſepte.
längere Zeit durch Spanien
Bei der Rückkehr übernahm
zwiſchen verſtorbenen Eltern
3
des großen Kurfürſten gationgrath ernannte.
1
Militairſtande , wurde
und England fort
er die Güter ſeiner in
und trat ſpäter in
von Brandenburg , der Von
1666- an
die Dienſte ihn zum
widmete er ſich
Rittmeiſter , 1670
Oberſt, nahm
folcher an den Feldzügen in Weſtphalen und im
Les dem als
Elſaß Theil,
1675 in Pommern , wo er ſich bei Eroberung der Inſel Wol lin und der Feſtung Wolgaſt beſonders auszeichnete und in
70
Folge deffen ein der
ihn
zum
beſonderer Liebling feines Kurfürften wurde,
Gouverneur der Feſtung Spandau
Neue Lorbeeren
im
Felde gewann
ernannte.
er ſich bei Stettin
und
Stralſund , wurde Generalmajor und führte als ſolcher ein brandenburgiſches Truppenkorps in
das Herzogthum
gegen die Schweden , focht dort tapfer in dem
Preußen
unentſchiedenen
Gefechte bei Telſchen und kehrte dann wieder auf ſeinen nach Spandau zurück.
Poſten
1684 wurde er Generallieutenant und
Gouverneur von Berlin , ſo wie Oberſt der
Leibgarde, im
folgenden Jahre Geheimer Staats- und Kriegsrath .
Bei der
Erſtürmung Ofens erwarb er fich ſo hohen Ruhm , daß ihm der Kaiſer einen Ehrendegen überſandte , nachdem hatte.
Bei folcher
im
12000 Thalerr
er jede andere Belohnung ausgeſchlagen Auszeichnung und den
gungen ſeines Landesfürſten fehlen , und ſein
Werthe von
hohen Gunſtbezeu .
konnte es ihm
nicht an Neidern
heftiges, auffahrendes Weſen , ſeine Eitelkeit
unterſtüßen zuweilen deren Kurfürſt bis zu ſeinem
Intriguen ; indeſſen hielt ihn der
Tode.
Unter
Friedrich III. wurde
er zwar ſogleich Feldmarſchallieutenant und begleitete neuen Kurfürſten in
den
die Rheinkampagne gegen die Franzoſen ,
wo er ſich wieder auszeichnete und bei Weſel über den Rhein ging; hier ſcheinen ſeine Feinde, zu
denen fich beſonders die
Generale Schomberg
und Barfus rechneten , das Mißtrauen
des Kurfürften
erweckt zu
aber
haben ,
fie beſchuldigten
ihn ſogar, gewiß unrechtmäßigerweiſe, daß er von den fran und ein Streit zwiſchen Schös
zofen beſtochen worden ſei, ning und Barfus , bei dem
beide fich
ſehr weit
vergaßen,
veranlaßte den Kurfürſten , eine Unterſuchung gegen ſie einzu leiten , während deren wurde.
erſterer auf ſein Gut Tamſel verwieſen
Tief gekränkt, beſchloß er, in
und als Kurſachſen
ihm
einen
fremde Dienſte zu gehn,
Tauſch mit ſeinem
General
-
71
von Flemming anbot, willigte er ein und trat an die Spiße der fächſiſchen Armee , wohin ihm
mehrere brandenburgiſche
Offiziere folgten . Die Verdrießlichkeiten mögen das Leiden
zwiſchen
Schöning und Caprara
Johann Georgs noch 'verſchlimmert haben ,
im Lager bei Termenß an der Enz befiel ihn am
23. Auguſt
plößlich eine der anſteckenden Krankheiten , die viel unter den Soldaten herrſchten , und er mußte ſich nach Tübingen gen laffen .
Hier ſtarb er am
Seine Leiche wurde am
24. September unter feierlicher
Begleitung nach Freyberg gebracht und am der Erbgruft im
brin
12. September.
dortigen Dome beigefeßt.
11. December in Auf feinen
Da
hingang wurde eine Münze geprägt, deren eine Seite eine aus den Wolfen hervorragende Hand mit einer Fahne, worin das Jehovahzeichen , ſein Wahlſpruch war geweſen : „ Jehova vexillum meum , darſtellte mit dieſem Wahlſpruche als Umſchrift, die andere Seite enthielt die Worte: Joh . Georg III. Dux Sax . I. C. M. A. & W. S. R. I. Archi - M. Gallisque 20.
&
Elect.
Heros
gloriosissimus.
Jun . A.
N.
defenso
Imp.
à
Turc .
A. M. DC. XLVII. d .
duodec . Electoratus
felicissimi
ineunte .
Tübingae obit, ann . M. DC. XCI. 12. Sept.“ Zum Schluffe dieſes Kapitels bringen wir noch eine alte Beſchreibung ſeiner Beifeßung zu Freyberg, da ſie einen Bes griff von dem
damals bei ſolchen
zur Schau getragenem ceffion foll drei
Pompe zu
feierlichen
Gelegenheiten
geben vermag.
ganze Stunden , von
Die Pro
zwölf bis
drei Uhr
Nachmittagø , gedauert haben . 1 ) Die Eskadron
entblößten
vom
Degen ;
Leibregimente mit
umgekehrten
72
2)
hundert Musketiere mit umgekehrtem
3 ) ein
Gewehr,
Zeuglieutenant, ein Oberzeugwärter, zwei Zeuga
diener und 24 Büchſenmeiſter der Artillerie mit einem Rottmeiſter, - Dahinter 24 Stück Geſchüß, darauf wie der ein Zug von 4)
das Bataillon von der Leibgarde zu
Fuß mit umge:
Gewehr,
kehrtem 5)
24 Büchſenmeiſtern , wie vorher, -
die Leibgarde der reitenden
Trabanten , in Collets und
ſchwarzen Röcken , auf deren Wappen und auf dem
Rücken das kurfürſtliche
linken Aermel der Namenszug
di geſtickt geweſen , 6 ): 9 ' adlige Marſchälle im überzogenen Stäben ,
Trauerbabit und mit ſchwarz -
7 ) der kurfürſtliche Hofkantor im dem Kreuze, daneben Trauermänteln , -
14,8 ) 216
2
langen Rode und mit
Kirchenvorſteher
Freyberg'ſche Schüler, daneben
in
langen
8 Schuldiener ,
1. dahinter 4 andere, alle in langen Mänteln und Flor, 9)
30
Geiſtliche, dabei der Oberkonſiſtorial- und
Stic
! Thenrath Samuel Carpzovius, der die Leichenpredigt .. ...
hielt, hielt,
10 ) 3 Hofofficianten
in
Trauerkleidern ,
11 ). 1 kurfürſtlicher Heerpauker , davor ein Anderer , der die ſchwarzüberzegenen 12 ) ...!!!
Pauken trug,
3 Hauptmarſchälle, der in der Mitte mit einem
gold
beſchlagenen undmit Edelſteinen beſegten Stabe, dabin ter ein Page, der den Degen trug, welcher in der Kirche
/ auf den Sarg gelegt wurde, 13 ). die Oberforſtmeiſter , Jagdjunker , Offiziere von Ritterpferden und Defenſionern ,
den
73
14 ) die Mitterſchaft des Markgrafthums Meißen ,- ( 78 an der Zahl)
15 ) die Mitterſchaft der Landgrafſchaft Thüringen , (16 an der Zahl) 16 ) die Mitterſchaft des Markgrafthums Ober-Laufik (28 an der Zahl) 17)
3
Trauerkleidung ,' ite !
in
Hofofficianten
*
18 ) das
zweite
Paar Heerpauken , dahinter
Trom
12 See
. * ? peter,
Offiziere und Kammerjunker ,
619 ) die kurfürſtlichen
120 ) die 25 Provinzfahnen , von Grafen, Herren und hohen Offizieren
getragen , nachy jeder 2. Irtegsoffiziere, die
ein mit schwarzem
Tuche behangenes , auf den Seiten Provinzwappen verſehenes
*** und an der Stirn mit dem Pferd führten, daneben
ein reiſiger Knecht in kurzem
Mantel und Degen , - ,: ; ! 21) die Hauptfahne mit dem
pen , getragen 13 :
am
großen
1.3 kurfürſtlichen Wap
von Heinrich VI. Grafi Neuß , Gene
ralfeldmarſchallteutenant , daneben
zwei
Trabanten ,
saboite etwas zurück ein Lieutenant; darauf, dasiganz armirte Pferd , geritten Pflug im
von dem
Leibpagen
reiſige Knechte, ***
It'' *** Haugwiß, daneben
Oberhofmarſchall von
zwei Tțabanten ,
23 ) das große Lehenſiegel, getragen vom Pölniß, daneben
24 ) der Kurhut; auf einem tragen
Heinrich
Sony
: 22 ) das Aurſchwert , getragen : vom
Ernſt von
Adam
Cuiraß, daneben zwei Trabanten und zwei
Kanzler: Ludwig
zwei Trabanten ,
ſchwarzen Sammetpolſter ge
vom Oberſtallmeiſter Hans Georg von Schlei
niß , daneben zwei Trabanten ,
74
25)
Georg Ernſt von Bohrau , genannt Steffel, Oberſter der ganzen Artillerie , Johann
Georg Starck , Oberſter und
Inſpektor
über die Sivilgebäude, Hans Kaſpar von Klengel, Oberſtlieutenant der
Artillerie, 26 ) die kurfürſtliche Leiche in einem
vergoldeten
zinnernen
Sarge, darunter ein ſchwarzſammetnes Leichentuch, auf dem
Leichenproceßwagen ; auf jeder Seite des
waren
4 , zu Haupt- und Fußenden 2
in
Tuches
Gold und
Silber geſtickte vollſtändige kurfürſtliche Wappen , vier Kammerherren
trugen
die Zipfel des
Tuches.
Wagen war mit acht ſchwarzbehangenen fpannt, die an
Pferden be
Flören von acht Kriegsoffizieren
führt wurden ; über der Leiche trugen 8 Oberſten Baldachin
Der
von ſchwarzem
ge einen
Sammet mit ſchwarz und
filbernen Feſtons und darauf ſchwarz und weißen Fe derbüſchen . Voran
gingen
zur Linken und Rechten 8 Ober
ften , den Baldachin an Flören zu halten, zum Haupte 8 24
hobe Kriegsoffiziere , zu beiden
Seiten
General- Wachtmeiſter, Kammerherrn
der Leiche und
hohe
Hofbeamte , nach der Leiche ein Kapitainlieutenant und ein Trabantenhauptmann mit umgekehrten Partiſanen , außerdem
nach
außerhalb neben
den
Leichenwagen
16 adlige Ariegsoffiziere mit brennenden weißen Wachs kerzen , dann zu beiden
Seiten
20 Unteroffiziere und
Trabanten und noch weiter auswärts 12 Handwerker mit den nothwendigen Werkzeugen zur Einſenkung, 27)
Johann Georg
IV ., Kurfürſt zu
Sachſen , daneben
der Kämmerer von Planig ; zwei Kammerjunker tru
-
gen
75
die Schleppe, und zu
beiden
Leibpage Freiherr von Radniß
Seiten
gingen der
und ein Kammerdie
auf beiden Seiten 8 Offiziere und Tra
ner, daneben
banten i , ii
28)
Friedrich Auguſt , Herzog zu Sachſen , mit ähnlicher Begleitung,
29) . das Geheime Raths - Colegium , Capitulares , Sam merhofjuſtitien
und
Appellationsräthe, (21
an
der
Zahr), 30 )
2 Hofoffizianten , welche die Leibärzte, geheime Sekre taire , Doktoren und Stammerdiener, alle in langen
Mänteln , führen , 31)
2 kurfürſtliche Bediente, welche die Amts-, Oberberga amtsraths- und Gericht@pecfonen führten ,
32 ) der Pagenhofmeiſter, die 4 Grercitienmeiſter, die Kam
+
mer-, Jagds und Silberpagen , 33 ) die Lafaien mit Flören auf den Hüten , 34 )
die
Vierteldmeiſter
der
Bürgerſchaft
und
Knappa
ſchaft, 35 ) die gewöhnlichen
Hofdiener ,
36 ) ein Grabbitter, dem
die Bürgerſchaft folgt,
37 ) 2 Eskadrong vom Leibregiment mit umgekehrten Degen . .
Als der Sarg in der Kirche niedergefegt war, hielt der
Oberkonſiſtorialrath
Carpzovius
die Leichenpredigt, worauf
Trauerlieder geſungen und der Segen geſprochen wurde. dem
Bet
Liede „Mit Fried' und Freud ' fahr' ich dahin " wurde
der Sarg in die Gruft geſenkt, darauf Geſchüß-, Bataillons und Eskadronsfalven gegeben, worauf ſich die Proceſſion , als die Gruft wieder geſchloſſen worden , Schloß zurüdbegab.
auf das kurfürſtliche
76
Fü nfte $
a pitel
.. Hoffeftlichkeiten und dereinfachung des Sofiates. - soferichkeiten und Meigungen Bleigungen des des Meue Der Armee -Etat. Kurfürſten . Seine Gemahlin und Kinder. Einwanderungen . Brand zu Dresden . Einrichtungen im Staatsweſen . Der Leibpage von Pflug. - Cin natürlicher Sohn des Kurfürſten . Religiöſe Intoleranz. Thomafius . Spener. Patriotiſche Geſinnung Johann Georgs , Ueber den Tod deſſelben . 35' ... Johann Georg III. war, wie ſchon geſagt, nicht ein ſo großer Freund des Prunkes am
***
er reg auch
Hofe wie ſein Vater ; wenn
für nöthig hielt, die Würde ſeines Haufes auch
in dieſer Beziehung zu wahren , und wenn nungen von früheſter
ſeine Angewöh
Jugend an , die er inmitten eines fol
chen Glanzes verlebte , ihn auch wohl nicht ganz, unempfind lich dafür gemacht hatten , ſo blieb. Doch der kriegeriſche Ruhm das Hauptziel, das ihm
vor Augen
ſchwebte. : Die Verſchwen
dung ſeines Vaters für unnüße Dinge hatte er nie gebilligt und ſich als Kurprinz an ſeinem gefühlt als an dem
Hofe zu Baußen
wobler
Dresdener.. Sobald er daher die Regie
rung übernahm , ließ
er - eß: eine ſeiner erſten Sorgen
ſein ,
den zahlreichen Hofſtaat zu vermindern ; er würde dies, viel
1
leicht noch eifriger förtgefegt haben , wenn ihr feine häufige Abweſenheit von der Hauptſtadt und dem feine Kriegszüge, zum litiſche Zwecke zum
Theil auch
fein
Lande, die meiſtens Vergnügen oder pos
Grunde hatte, nicht ferngehalten hätte.
2,5. Die italieniſchen Kapellmeiſter und Sänger , die unvers hältniſmäßig hohe Gehälter bezogen , hielt er für eine ganz überflüſſige Sache und verabſchiedete ſie daher fofort ; die Kapelle blieb zwar, aber unter
der Leitung von
Deutſchen ,
77
die geringere Anſprüche machten .
Ebenſo wurde eine Menge
der ausländiſchen Lakayen , Comödianten , Tanzmeiſter u . f. w .
mo*
entlaſſen.no Der Hofſtaat 'fegte
ſich unter
ihm
folgendermaßen zu
fammen : Kriegsrath
der : Geheime und
Oberhofmarfchall,
* Ein
Friedrich Adolph von Haugwiß, der ſich der beſondern Gunſt ides Kurfürſten erfreute, großen Einfluß auf ihn ausübte und þei dem aufhielt,
Jener gewöhnlich einkehrte , wenn er ſich in Dreøden 1
vi Zehn geheime Räthe, # 3 ? ! 12431 Vierzehn Generalwachtmeiſter- und Stammerherren , Vier
Kammer-
und Bergräthe 1 und
ein
merrath,
Landham .
Acht andere Hofchargen , als " Hofmeiſter, Stallmet fter u . 1. .. w crits ? Zwei Kämmerterer des Kurfürften , Achtunddreißig Kammerjunker. ; inis to
ti
Man
fteht, daß alſo eine Verminderung der zahlreichen
Hofämter unter
Johann Georg III. eingetreten war. !,1987
Auch die Hoffeſtlichkeiten , blieben
ſie auch noch glänzend
genug , fanden wenigſtens nicht ſo häufig ſtatt, wogegen hann Georg fich wieder im umgab und bet feinen
Jo
Felde mit zahlreicher Begleitung
Reiſen
viel Geld
verſchwendete; als
er mit der Armee nach Wien aufbrach , hatte
er gegen 350
Leute und gegert 400. Pferde bet fich , die nicht zu militairt fchen Zweder gebraucht wurden .
Außer feinen
kriegeriſchen
hatte der hohe Herr auch noch andere Neigungen , anadenen
+ er ſehr hing, nämlich eine gute Tafel und die Jagd, es heißt fogar, daß er auch dem wefen
ſchönen Geſchlechte ſehr zugethan ges
fein ſoll, aber man weiß nichts Beſtimmtes darüber,
78
und jedenfalls war nicht von nur den mindeſten
einer Geliebten
Einfluß auf ihn
die Rebe , die
ausgeübt hätte.
Ein
folches Treiben in dieſer Beziehung, wie es unter ſeinen Nach folgern offen
am
Tage lag , war damals an den
deutſchen
Fürſtenhöfen noch nicht Sitte und wurde erſt durch die An nahme der franzöſiſchen
Sitten
und Lafter hervorgerufen .
Das Verhältniß zu ſeiner Gemahlin muß wohl nicht das innigſte geweſen
ſein , denn ſie reſidirte gewöhnlich in
Gartenſchloffe außerhalb
Dregdens
wenn er von ſeinen Reiſen
ihr ab .
und der Kurfürft
ſtieg,
fam , früher bei Haugwiß als bei
Die Ehe war nur mit zwei Söhnen geſegnet, dem
Kurprinzen
Johann Georg , der am
Friedrich Auguſt, der am
18. Oktober 1668, und
12. Mai 1670
gefinnt und ſehr fromm , foll aber den
worden
geboren
Sie war eine ſehr kluge Frau , dabei ſtreng
war.
einem
lutheriſch
Fehler beſeffen haben ,
zuweilen allzuviel zu trinken . Sie hatte ihrem älteſten Sohne den Titel eines Erben von Dänemark und Norwegen zuges bracht,
der ſich
auf ſeine Nachfolger vererben
auch
ſollte ,
aber nur unter der Bedingung , daß ſie bei der lutheriſchen Confeſſion blieben . loren .
Deshalb ging er auch ſpäter wieder ver Lichtenberg.
Sie ſtarb erſt 1717 zu
Der Armee- Etat unter Johann Georg III. war natür lich ein noch größerer als unter ſeinem Heer erforderte ſeit dem
Vater.
Das ftehende
Jahre 1681 eine Ausgabe von fies
benhunderttauſend. Thalern, die der Kurfürſt gern noch erhöht hätte, wenn entſchteden gen
die Stände fich einer ſolchen Bewilligung nicht geweigert hätten ; die Abgaben des Landes betru
ohnehin , abgeſehen
von
Verwilligungen
zu beſonderen
Zwecken , in der Zeit von 1681 bis 1687 nicht weniger als 8,518,517 Gulden .
Im
Jahre
1686
beſtand . Das ſtehende
Beer, das ſich übrigens immer mehr an Tüchtigkeit ausbildete,
79
beſonders ſeit der Anſtellung fremder, meiſtens brandenbur giſcher Offiziere, aus 13,500 Mann , die in
13 Regimentern
formirt waren ; die Leibgarde , die keine beſondere Verände rung unter dieſer Regierung erlitt, machte davon Mann aus.
Die Ritterſchaft, die der Kurfürſt auch
allein 1500
zum
wirklichen
Dienſte heranzuziehen gewilt war, kaufte ſich durch anſehnliche freiwillige Geſchenke von
ihrer Pflicht los , im
bezahlte ſie 73,000 Gulden .
Jahre 1689
Dagegen ſollte die alte Einrichs
tung der Defenſioner alen Ernſtes wieder eingeführt werden , und die Landſtände ertheilten
1689 ihre Einwilligung dazu ,
unter Johann Georgs Regierung kam
es aber nicht zu einem
Aufgebote. Der Kurfürſt hatte zu viel außerhalb zu thun , um gerade um
die Geſeßgebung im
dennoch kamen
ſich
Innern fümmern zu können ;
eiuige weſentliche und vortheilhafte Einrich
tungen zu Stande, wie die Wechſelordnung vom
Jahre 1682
und bald darauf die Handelsgerichtsordnung, 1687 die Bü: cherkommiſſion in Leipzig.
Nicht unwichtig für die Hebung der Induſtrie war die Einwanderung franzöſiſcher
Familien , welche die Aufhebung
des Edikts von Nanted (1685 ) durch Ludwig XIV . aus der Heimath vertrieben hatte; eß waren meiſtens fleißige und ge fdicte Leute , die beſonders Kenntniß von der Seidenfabrikas tion beſaßen . Freilich zogen die Meiſten von ihnen vor, fich in
andere Länder , beſonders nach Brandenburg zu begeben ,
da Furſachſen
der Ausübung ihres reformirten Cultus Hin
derniſſe in den Weg legte, dennod Leipzig nieder , wo ihnen
ein
ließen fich aber viele bei
benachbarter Gutsbefißer mit
Erlaubniß des Kurfürſten ein Bethaus einrichtete . Zu erwähnen
iſt noch ein
berber Schlag, der die Stadt
80
Dresden traf.. Am den Pulperthurm ohne zü
22. Juli 1685 fchon hatte der
Blig
in
eingeſchlagen und beſchädigte denfelben , aber
zünden ; kurze Zeit darauf, am
6. Auguſt, brach
durch die Unvorſichtigkeit eines Mädchens in der alten Stadt eine Feuersbrunſt aus, die über dreihundert Häuſer, die Kirche und das Rathhaus verzehrte , ſo daß nur dreiundzwanzig Häu fer ſtehen blieben : Die Sonderung des Adels von dem
Bürgerthum
zeigte
ſich unter dieſer Regierung und den folgenden noch deutlicher als unter der
Johann Georgs II., doch ſcheint fie der Kurs
fürſt nicht gerade immer begünſtigt zu habent ; beſonders wurde auf den Landtagen der Streit zwiſchen Adel und Bürgerſchaft wegen der Braugerechtſame der Städte verhandelt und endlich (1688 ) von
Johann Georg nicht zu Gunſten
der
legteren
entſchieden . I -5:
So ſtark und entſchloſſen
Johann Georg fich
außen hin oft zeigte, war er gegen zu
oft ſchwach.
auch nach
ſeine Umgebung doch nur
Beſonders der Leibpage Hans Georg von
Pflug übte großen Einfluß auf ihn aus , beſaß fein ganzes Vertrauen , zumal er ſich
ſtets um
ihn
manches Wort, das Geheimniß bleiben die es dann ausbeuteten .
befand, und
trug
follite, den Käthen zu ,
Dieſes Leibpagen foll: fich der Mur
fürſti auch bei heimlichen , galanten
Abenteuern , die
ohne weitere Bedeutung blieben , meiſtens im
indeſſen
Haufe feines
Lieblings Haugwiß , bedient haben . ': Erfti nach ſeinem ' Tode erfuhr man , daß er einen natürlichen Sohn von einer Bür gerlichen ,i deren
Namen nicht zu
habe ; es war der erſt 1741 in hann Marimilian in
ermitteln
iſt, binterfaffen
den Adelſtand erhobene For
Fürſtenhof, der bürgerlich erzogen wurde,
den Militairſtand trat und als Generallieutenant, Chef
desi Ingenieurweſens und Kommandant des Königſtein ſtarb.
81
Auch wird von einem
jungen Mädchen
Johann Georg IV . um
erzählt, die Kurfürft
eine Penſion anging , weil fie eine
natürliche Tochter ſeines Vaters zu fein behauptete, doch iſt dieſe Angelegenheit nie aufgeklärt worden . g
In
religiöſer
Beziehung war
Johann
Georg
fam , wie die Weigerung, den vorgenannten freie Religionsübung zu
unduld
Einwanderern
geſtatten , beweiſt, obgleich er ſelbſt
fich nicht ſo zur Frömmigkeit hinneigte wie ſein Vorgänger. Es lag dies aber wohl hauptſächlich in dem Weſen des Landes und dem orthodor an der alten fortſchreitenden verkeßerten . dahin , daß
ganzen kirchlichen
Einfluſſe der Theologen , die ſtreng
lutheriſchen Lehre hingen und jede der
Aufklärung angemeſſene Abweichung
So brachten fie es bei dem der berühmte Gelehrte
Chriſtian Thomaſius, der in fcholaftiſchen Formen
davon
Kurfürſten
auch
der Leipziger Univerſität
fatyriſcher Weiſe zuerſt die alten
angriff, gefangen
geſegt werden ſollte,
und er war genöthigt, fich dieſem Schickſale durch die
Flucht
zu entziehen .
Theile
der
Er
ging damals, (1690 ) von
Leipziger Studenten
einem
begleitet , nach Halle , wo er
neue Univerſität ſtiftete ( 1694 ).1
eine
432."
Prop. In ähnlicher, nur beſcheidenerer Weiſe eiferte der fromme Philipp Facob Spener, Pfarrer zu
Frankfurt , ( 1670 ) gegen
die Orthodorie und ſtrebte, ſeinem
eigenen Ausdrucke nach,
dahin , mein Kirchlein Georg hatte ihn dann
in
der Kirche aufzubauen ."
Johann
in Frankfurt einmal predigen hören und
das Abendmahl bei ihm
nicht und bot ihm
genommen ;
er
vergaß
ihn
die Stelle ſeines Hofpredigers zu Dres
den (1684 ) an . Spener übernahm dieſes damals bedeutende Amt im
Juli 1686
und fand bald in
Sachſen
großen
An
hang, gleichzeitig aber auch zahlreiche Feinde, deren vorzüg Bertraute Geſchichte. Sadſen . 1. Bd. 6
82
lichfter aus perſönlichem ten
Neide der Bruder des ſchon genann
Conſiſtorialrath Carpzovius, Johann , Profeſſor zu Leip
zig , war.
Dieſe Feindſeligkeiten , ſo wie die freien Xeuße:
rungen , die er ſich
zuweilen ' gegen
Kurfürſten “ wegen
den
deffen Unregelmäßigkeiten erlaubte , drängten Spener aus ſei ner Stellung, obgleich unterſtüşte.
die Kurfürſtin
Zu Anfang des
thn hoch
achtete und
Jahres 1691 wurde
er verab:
1
ſchiedet und begab ſich nach Berlin , woſelbſt er eine Anſtel lung als Probſt erhalten
hatte und wo er unter
Verhältniſfen bis 1705 lebte ; die Kurfürſtin lich noch zweimal nach ihrem erhielt ihm
glüdlicheren
ließ
ihn jähr
Sige Lichtenburg kommen und
ihre Freundſchaft, empfing auch
oft
Troſtbriefe
von ihm . Johann Georg war vor allen Dingen ſeiner Neigung nach Soldat und ſchäßté als von Brandenburg ,
Jahre
1681
(6. April
in
des
großen
ab .
Dieſe
zu
Johann
brandenburgiſchen
Georgs
deutſch
im dann
Finſterwalde gegen
Freundſchaft litt allerdings Kurfürſten
thätig gegen Ludwig XIV . aufzutreten . von
Kurfürften
und ſchloß
Potsdam
1681) daß Schußbündniß
durch
den
Friedrich Wilhelm , fehr hoch ; fchon
beſuchte er ihn
Frankreich mit ihm ſpäter
ſolchen
patriotiſchen
Um
Weigerung,
einen Begriff
Geſinnungen zu
geben , führen wir hier noch die Vorſtellungen an, durch die er Friedrich Wilhelm
zu überzeugen verſuchte:
Man könnte
mit Ludwig XIV : nicht Frieden fehließen , wenn er ihn auch erſtrebe, denn auf ſeine nach Willkühr ausgelegten Verſprechun gen
könne man ſich nicht verlaffen , es ſei ihm nur darum
zu
thun , die Deutſchen zu unterjochen und Deutſchland und Eta lien durch befondere Kriege und Traktate zu
entwaffnen ;:er
würde auch nicht eher ruben , bis er die Kaiſerkroné erlangt
83
und Deutſchland ein ſchweres Joch auferlegt habe. müßten die deutſchen
Reichsſtände ſich in
Deshalb
engſter Einigkeit
an einander ſchließen und vergeſſen , daß fich das Betragen des kaiſerlichen Hofes nicht immer billigen laſſe, u . f. w ."
Ueber den
Tod des Kurfürſten
kamen nachmals fonder
bare Gerüchte in Umlauf, die wir bei dem
Proceſſe der Ge
neralin von Neitſchüß unter Friedrich Auguſts II. Regierung befonders erwähnen werden ; man ſprach von Zauberei oder Vergiftung. Eine e ſolche Vermuthung iſt durch urdh Nichts ge rechtfertigt, fie ſuchte fich, nur durch das Zeugniß des Leib
arztes Franke zu Gutachten
begründen , der nach der Sektion folgendes 1234rd the transit igralec treti estist ?
gab :
„ Die Lunge des Kurfürſten war auf beiden Seiten hart angewachſen , jab violett und röthlich aus , war mittelmäßig keiner ſonderlichen ohne wenig Blut, auch das s Herz von von keiner
Größe, fintemal in keinem nod
Ventriculo deſſelben einig Blut auch faft in dem ganzen übrigen Leibe befunden worden ."
6 *
III.
Johann Se dh 6 t.e &
IV .
Georg
sa p i tel .
Johann Georg's IV. Sugenderziehung und Charakter. - Magdalena Reifen Sibylla von Meitſchüß . - Jhre erſten Verehrer. Bauberkünfte. des Kurprinzen . Liebe zu der Meitſchüß . Ihre Erhebung zur erklär ten favorite. Bündniß mit Brandenburg und Stiftung des Ordens vom goldenen Armbande. – Dermählung des Kurfürſten. – Urkunde , wie so hann Georg fein Derhältniſ zu Sibylla angeſehen haben will. - Erhebung Sibylla's in den Grafenſtand.. – Hans Adam von Schöning. Baron von Beſtrebungen , die Grote. Aufhebung und Gefangenſchaft Schöning's. Beichling. Doppelehe für gültig zu erklären . Bündniß mit dem kai Ihre Grab God 'der Gräfin von Rodhlig. Feldzug am Rhein . Johann Georg's Tod . ſchrift, vom Kurfürften ſelbft verfaßt. Kind , der Gräfin von Rogliş . - Proceß gegen die Generalin von Neitſchüß. Johann Georg , der von wedten und bildungsfähigen
Jugend an Geift an
ſeine Erziehung zuſammen mit dem
den
einen
ſehr aufge
Tag legte , hatte
jüngeren
Bruder
Fried
rich Auguſt durch den Hofrath von Knoch, ſpäter in militai riſcher Beziehung durch den
Generalmajor von
Klengel er
halten , welcher lektere Chef des Ingenieurweſens und Vor ſteher der Dresdener Kunſtkammer war.
Durch dieſe Erzie
hung und ſeine glüdlichen Naturanlagen hatten ſich
eine für
damalige Zeit vortreffliche Bildung und geiſtige Kraft in entwidelt, die zu Sachſen
den
beſten Hoffnungen
berechtigten ; wie
aber damals das Unglück hatte , keinen Fürſten
große Fehler zu beſißen , ſo machten
ihm
fich auch
bei
ohne
Johann
George neben ſolchen Vorzügen gefährliche Leidenſchaften gel tend; er liebte die Pracht, in der er auferzogen worden , nur zu ſehr, war ruhmbegierig und ſinnlich leidenſchaftlich. Legtere Neigung ſollte den wichtigſten Einfluß auf ſeine
85
Regierung ausüben sund fogar Veranlaſſung zu
dem
früheni
Bejhluffe feiner Regentenlaufbahn geben. 1 il Im
Jahre
das Fräulein
1688 lernte der Kurprinz
Magdalena
Sie war die Tochter ſters
und Obriſten
Sibylla von
des fchon der
Johann Georg
Neitſchüß
erwähnten
kennen.
Generalwachtmei
herittenen Leibgarde Rudolph von
Neitſchüß und ſeiner Gemahlin , der Urſula Margaretha von , Haugwiß , die
in dem
Nufe einer ſehr ; koketten
Frau ſtand
und gerüchtsweiſe beſchuldigt wurde, in idem
rheiniſchen Felds:
zuge vom
den Kurprinzen ,
Jahre 1674 allzu gefällig
gegen
nadmaligen Kurfürſten Johann Georg III., geweſen
zu ſein.
5
Die Tochter wurde am
8. Februar 1675 geboren, und ſchon
in früher Jugend entwickelte ſich ihre außergewöhnliche Schöne heit , auf welche die Mutter
ſchon
Heirathspläne s baute und
dem
in
ihrem
Dreizehnten Jahre :
vorzeitig reifen
Kinde : ſtatt
jeder reinigermaßen wiſſenſchaftlichen Bildung Lehren Hand gab , die es in dieſem endeten Kokette machten . gutſtylifirten
an die
jugendlichen Alter ſchon zur volls, Sibylla konnte nicht einmal einen
Brief ſchreiben , als ſie es ſich ſchon
angelegen
fein ließ , den Herrn von Harthaufen , Hofmeiſter des Prinzen Friedrich Auguſt , durch
ihre
körperlichen
Reize
zu
feffeln .
Harthauſen machte ihr auch den Hof und, wohl gleichzeitig der Kammerjunker Friedrich von Vikthum ; ſo wie der Obriſt Klemm , alle zögen fich aber nach und nach zurüd , weiß nicht, aus welchem
Grunde.
man
Später wurde behauptet,
aber nie erwieſen, Klemm ſei von dem
dreizehnjährigen Mäde
then beſonders begünſtigt worden und ſie habe ihm
ein toda
tes Kind geboren , das heimlich vergraben worden ſei.
I
19de Der Aberglaube ſtand zu damaliger Zeit in feiner Höch. ften Blüthe
nicht allein
bei niederen und
höheren
Klaffen
der Gefelichaft, ſondern , wie die ſpätere Unterſuchung gegen
86
die Frau von gelehrten
Neitſchüt
recht deutlich erweiſt, auch bei den
Herren der Juſtiz und Theologie .
Man
kann
ſids
daher nicht wundern , daß die Generalin , fo wielihre Tochter, als lettere fich von
allen
ihren
Freiern verlaſſen ſah , zu lä
cherlichen Zauberfünften ihre Zuflucht nahmen. ſchon
Ob ſie damit
erſtrebten , die Aufmerkſamkeit des jungen Kurprinzen
auf Sibylla zu lenken , welcher Wunſch
ſich ſowohl durch den
ungemeſſenen Ehrgeiz der Mutter als die Schönheit und Ko ketterie der Tochter leicht erklären läßt, als auch darin ſeinen Grund gehabt haben mag , daß der Generalwachtmeiſter von Neitſchüz kurz vorher ſeinen Abſchied von Johann Georg III. erhalten hatte und die Frauen ſich ſeinethalben der Gunſt des Nachfolgers zu verſichern
gedachten , oder ob die Anwendung
von Baubermitteln nur für den rechnet war , um
Herrn
von
Harthauſen be
ſeine Leidenſchaft für Sibylla
von Neuem
anzufachen, läßt ſich nicht beſtimmen ; gewiß iſt aber , daß fie ein altes Weib aus Zimiß in der Niederlauſiß, die eigentlich Anna Schuſterin hieß , ſich aber Anna Margaretha Burmet ſterin nannte und die das Volk kurzweg als die
Here Mar
garetha " bezeichnete, wegen der angeblichen Zaubereten zu Rathe zogen , wobei auch der franzöſiſche Sprachlehrer des Fräuleing Saladin und ihre Kammerfrau Eliſabeth Nitſchin , fo wie ein
Dresdener Scharfrichter mitwirkten .
rstmujrotustila sva
1721 Genug, Harthauſen kehrte nicht zu Sibylla zurück, wohl aber wurde der Kurprinz, dem
ſie ſich ohne Zweifel bemerk
bar zu machen ſuchte, auf ſie aufmerkſam
und verliebte fich,
von ihrer Schönheit hingeriſſen , in fie.
Dieſes Verhältniſ
blieb übrigens anfangs
der Zurüdhaltung,
in
den Gränzen
und ſelbſt die Mutter will lange nichts davon gewußt haben und
ſpäter ihre
Tochter
davon
abzuhalten verſucht haben .
Die Eltern des Kurprinzen durchſchauten
aber das Verhält
87
niß und ichidten den Sohn im
Jahre 1690 auf Reiſen , nacha
dem
den
er ſolche ſchon vorher
in
Jahren 1685, und 1687
in Begleitung feines Hofmeiſters Knoch
und
einiger Cava
liere , unter denen ſich auch der mehrgenannte frühere Leib page Pflug, damals iſein
Kammerjunker, befand, nach Frank
reich , England, Holland und Dänemark ſeiner Ausbildung wegen unternommen hatte ; zum
Theil nahm
er neben
ſeinem
Vater auch an den Rheinfeldzügen Theil, und befand ſich zur Zeit ſeines Todes bei ihm . i usú bong Dieſe erzwungene Entfernung von dem Gegenſtande ſet= ner Leidenſchaft machte die leştere aber nur unbezwinglicher, und während ihrer wechſelten
die Liebenden , wenn man bei
Sibylla wirkliche Liebe vorausſeßen Fräulein
kann , Briefe , die dem
von ihrer gewandten Mutter diftirt wurden .
Frau
von Neitſchüß begünſtigte alſo jegt das heimliche Berhältniß , und der Kurfürſt
Johann Georg IV . fol ſpäter einmal zu
feiner Geliebten geäußert haben : „ Bilichen, es wäre mit un ſerer Inklination nicht ſo weit kommen , wenn nicht Deine Mutter dazu überreden ." Kaum
gethan ;
die
iſt kapable vrEinem
Alles
zu
hatte der neue Kurfürſt die Regierung übernom
men , ſo ſtellte er den verabſchiedeten Dbriſten
von
Neitſchüß
wieder als Generallieutenant an , ſchenkte Sibylla ein präch der Dresdener Elbbrücke dem
tiges Haus an
über, ( päter unter dem
Schloſſe gegen
Namen des Fürſtenbergiſchen bekannt )
die Kammergüter Pilniß, Gorbiß und Pennerich , einen Garten im
Dorfe Plauen und zwei Weinberge, gab ihr einen förmlichen
Hofſtaat, zeichnete ſie auf jede Weiſe. öffentlich aus und küm = merte ſich nicht
im
Mindeſten
um
die
fich laut äußernde
Mißbilligung des Volkes und die Vorſtellungen feiner Mut ter . Zwiſchen
dem Schloſſe und dem
Hauſe Sibylla's wurde
-
88
über die Straße fort eine Verbindung hergeſtellt, und durch dieſen Gang begab ſich die Favorite, gewöhnlich in Beglei tung
ihrer Mutter , allabendlich
wo dann
zu ihrem
hohen Geliebten,
die alte Generalin das Bett mit Kreuzen
nen pflegte.
einzuſega
Der General und ſeine drei Söhne, die fämmt
lich vortheilhafte Anſtellungen
im Militair erhielten , kümmer:
ten ſich nicht darum , zogen aber ihren Vortheil aus der ihrer Familie ganz zugewandten Gunſt; Sibylla's Schweſter Anna Katharina heirathete 1693
den kurfürſtlichen Hof- und
Ju
ſtizrath Wolfgang Dietrich von Beichling , wurde aber 1711 wegen überwieſener Untreue von ihm in
geſchieden .
Während Sibylla nun einen unbeſchränkten Einfluß auf
Johann Georg ausübte und, zum von ihm
erſten Male in Sachſen ,
öffentlich als Favorite anerkannt wurde, dachte ſeine
Mutter daran, ihn zu
einer paſſenden
Verebelichung zu ver
mögen , da ſie ihn durch eine folche von
der Neitſchüß ab
zuziehen hoffte; eine Verbindung mit Brandenburg : lag am nächſten , da die beiden Höfe ſich einander fehr genähert hatten . Hi
Johann Georg neigte ſich , als er die Regierung ange
treten hatte, ganz der Politik zu , die den Anſchluß an Defter: reich gegen Frankreich für erſprießlich hielt. So hatte er am 10. October
1991 : durch
Bofen mit dem deſſelben
außerdem
Rath
fränkiſchen Kreiſe
Jahres mit dem
fen , wonach er :ſie mit und
ſeinen
und
er mit dem
am
17. November
ſchwäbiſchen einen Vertrag geſchloſs ſeinen
Truppen , die
ſie verpflegen
noch gewiſſe Geldſummen bezahlen
gegen Frankreich zu vertheidigen verſprach. kam
Chriſtoph Friedrich
Im
mußten ,
Ianuar 1692
brandenburgiſchen Kurfürſten Friedrich III.
zu Torgau zuſammen ,iwo ſich beide zu feſtem
Zuſammenhal
ten gegen Frankreich verpflichteten und die alten freundſchaft lichen Hausverträge von Neuem
befeſtigten ; bei dieſer Gele
genheit : ſtifteten
fie
gemeinſchaftlich
Freundſchaft oder vom beiðen
Kurfürſten
den
Orden
der guten
goldenen Armband , in der jeder der
zwölf feiner i adligen
Herren
aufnahm .
Dieſer Orden war eine goldene Medaille, die auf einer Seite Sdwert und Scepter, in Form des Andreaskreuzes über ein ander
gelegt und von zwei Lorbeerzweigen
zwei geharniſchte , Umſchrift:
in
umgeben , und
einander geſchloffene Hände mit
,,Uny poura jamais“
trug , auf der andern
verſchlungenen Namenszüge Beider und die Deviſe:
der Sie
Aufrich
tige Freundſchaft."
2
Auf dieſe innige Verbindung gründete die Kurfürſtin Anna Sophia ihre Hoffnung und vermittelte die Verlobung ihres Sohnes , die zu
Anfang des Aprils 1692 zu Berlin
wirklich ſtattfand , mit Eleonore Erdmuth
--
--
89
Luiſe , verwittweter
Markgräfin von Brandenburg - Anſpach und geborener Prin zelfin von Sachſen -Eiſenach ; damals: dreißig noch von
Jahre alt, aber
außergewöhnlicher Schönheit , und ſanften
ters, war
fie feit dem
Jahre
1680 an
Charak
Markgraf Johann
Friedrich verheirathet geweſen , hatte aus dieſer Ehe drei Kina derrund war 1686. verwittwet. Zu dieſem Entſchluſſe des Kurfürften
hatten wohl nur
Intriguen
gegen Sibylla
von
Neitſchüß beigetragen , denn bei ſeiner Abreiſe nach Berlin follier fich fehr ungnädig. über ſie geäußert haben , überzeugt geweſen
ſein , daß ſie bereits ein Kind vom
gehabt habe , und mit dem
Obriſten : Klemm
Gedanken umgegangen ſein , fie
gänzlich aufzugeben, ihr aber eine jährliche Penſion von viera tauſend Thalern zu bewilligen .. Kaum
hatte er Sibylla
bei- feiner Rüdkehr : aber wie
dergeſehen , ſo gereute ihn ſeine. Verlobung , und als er fich zum Empfange der Braut und zu ſeiner Vermählung, die ſehr eilig , wahrſcheinlich auf Betrieb ider Mutter , vor fich
90
gebn ſollte, nach Leipzig begab, nahm dig in Gnaden
er die wieder volftän
aufgenommene Geliebte mit fich dorthin.
16. April deffelben Jahres kam
Am
die Braut mit dem branden :
burgiſchen Kurfürſten- und ſeiner Gemahlin Johann Georg empfing fie ;. neben
zu
Leipzig an ;
ſeiner Favoritest am
Fen
fter ſtehend , zeigte fich äußerſt unfreundlich und redete fie, auf ihr Sammetkleid deutend , mit den Worten
an :
„ Sie
müſſen wohl tol ſein , daß Sie in den Hundstagen ein metnes Kleid tragen ?"
fam
Dadurch mag die Abneigung vor
Volziehung der Verbindung wohl auf beiden Seiten
gleich
groß geworden ſein , und Kurfürſt Friedrich
III. hatte die
größte Mühe, fie
Am
Tage,
dem
zu Stande zu
bringen .
Sonntage. Jubilate, wurde
Trauung, die man
im
folgenden
indeſſen
doch
die
ganzen Lande nicht erwartet hatte,
Abends fechs Uhr ohne Prunk im
ſogenannten Welſchiſchen
Hauſe zu Leipzig durch den Hofprediger Carpzovius vollzogen. st
Man hatte fich arg verrechnet , wenn man Sibylla von
Neitſchüß geſtürzt zu haben glaubte, die Liebe des Kurfürften ſtieg nur noch zu gegen v neben ihm
ihr und er hatte einen folchen Widerwillen
ſeine Gemahlin , daß er ſeinem
Kammerdiener klagte,
derſelben werde ihm übel und der Angſtſchweiß breche
aus. - Er verließ fie dann und begab
ſich wieder zu
Sibylla , die er nach wie vor öffentlich als ſeine Geliebte hin ſtellte
und
felbft: fein legterem
auszeichnete, wie fehr Bruder
hatte
Friedrich
er ſogar
auch feine Mutter
Auguft dagegen
einen
und
eiferten ; mit
Streit deshalb,
der dieſen
bewog , Dresden für einige Zeit zu verlaſſen.;isto 119518 . in
Gegen Ende. 1692 wurde Sibylla
Johann Georg in
ſchwanger, worüber
einige Verlegenheit kam
und von
heimli
cher Erziehung des Kindes : ſprach ; demit widerfekte ſich aber die Generalin
entſchieden und bewirkte wahrſcheinlich damals
91
die ſeltſame ſchriftliche Erklärung idės. Kurfürſten , die den Datum
deg 116. Februar 1691 trägt, wahrſcheinlich aber ab
Fichtlich um vrstog
anberthalb
Jahre vordativt iſt. : Ste lautet :
|Kund und zu wiffen , daß ich folches für eine rechte
Ehe halte und erkenne, indem
jeneß nur eine zugeſepte
Sache von der Kirche , diefes aber ebenſo alſo Gott uns in folchem kennen
viel iſt; follte
diefen
Eheſtand ſegnen , fo be
frei vor männiglich , daß
ſolche vor meine rechte
und nicht unrechte Kinder zu halten fein ;. um
aber keine
Zerreitung und Streitigkeit in dem Kurhauſe anzufangen , follen dieſe meine rechten Kinder keinen Theil an denen Landen und Kurwürden haben und allein dieſe meine Ehe frau Gräffin und ſie Graffen genannt werden , den Namen und Schild verbinde mich bei kaiſerlicher Majeſtät auszu machen , kann
ihn
alſo
hier herein und noch
bis dato
(nicht) feßen , ferner auch will ich mir ausgenommen haben , frei zu gleichem führen
ſein , noch eine Frau zu nehmen und zwar von Geblüt mit mir, welche den Namen vom Kurfürſt und ihre durch Gottes Gnaden
von mir zeugende
Kinder die rechtmäßige Erben dieſer Kur und Lande fein follen , denn indem Weiber zu
keineſwegs in der Heiligen Schrift zwei
haben verboten , ſondern Erempla anzuführen
wären , worinnen ferner haben
auch
es ſelber von unſerer Kirche zugelaffen , gebethen
folche Schrift niemanden
zu
weiſen , es ſei denn höchſt nöthig, ſondern ſie unſern Kin modern
zu ihrem
Aufweiſen und beſſerer Sicherheit verwaha ihrer Mutter, meiner vor Gott recht
ren , welche den neben
mäßigen Frauen ehelich auskommen , bei meinem Leben vera ſprochen
und nach meinem
will, daß fie
ſich
nicht
Tode ſo vor fie geforget haben allein
haben, ſondern auch von allem
meiner nicht zu
ſchämen
rechtmäßigen Anſpruch mei
92
11 mer Succeffores befreiet ſein eben dieſem
meinen
ſollen .
Und obwohl ſie mit
Verſprechen , ob es wohl mündlich ges
weſen , zufrieden geſtanden , ſo habe dennoch folches zu ihrer mehrer Verſicherung nochmals ſchriftlich an Eidesſtatt geben * wollen und iſt dieſes alles meine ernſte Meinung , ſo wahr mir Gott helfe.
Dieſes alles habe zu mehrer Urkund noch
malen eigenhändig unterzeichnet und mein Stur- und Dau men -Sekret vorgedruckt. „So geſchehen Dresden
den
16. Februar 1691.- :
„ Johann Georgi Kurfürſt." 13. Bald nach der Zeit, in der dieſe Erklärung wahrſchein lich wirklich ausgeſtellt worden , würden Sibylla , deren Deſ cendenten , ihre ehelichen Leibeserben , Erbenderben und Nach kommen beiderlei Geſchlechts" auf des Kurfürften Antrag in den
Reichsgrafenſtand: mit dem
Namen
einer
Gräfin
von
Rochliß für die Neitſchüß fechoben (4. Februar 1693 ); das Wappen wurde ein vierfach getheilter Schild, zweii Felder mit dem
alten Wappen
der Neitſchüßiſchen Familie, zwei mit drei
1
idwarzen
Rochen
auf goldenem
Grunde, im
Herzſchild
das
jeßige fächfiſche Wappen . - Als Grund der Erhebung wurden inu dem
Diplom
die großen
Verdienſte des Kurfürſten , um
das heilige römiſche Reich und die Abſtammung der Sibylla Neitſchüß ;aus altem Wir: müſſen des vollkommenſten
berühmten
uns jeßt zu
Geſchlechte angegeben : 15.01 einem
Vertrauens de
Manne wenden , der Kurfürſten
genoß
auf feine Politik den wichtigſten Einfluß ausübte. dieß der fchon
früher erwähnte Hans Abam
der in der legten durd
und
Es war
von Schöning,
Zeit von
Johann Georgs . III, Regierung
einen Tauſd mit dem
kurſächſiſchen General von Flem
1 ming aus brandenburgiſchen in fächſiſche Dienſte übergetreten war.
Er bekleidete die Titel
eines
Generalfeldmarſchals,
93
wirklichen Geheimen Rathes und Kriegsrathes , fo wie eines Kommandeurs der Leibgarde zu Fuß und der neu errichteten Cadettenkompagnie. weil er die nach
Bei dem
Volke war er nicht beliebt,
Truppenwerbungen
brandenburgiſcher
Sitte
für die kurfürſtliche Armee gewaltſam
betrieb , und
mächtige Familie Neitſchüß hatte er gegen er ſich zuweilen
offen
ſich erbittert, da
und hart über ihre Anmaßungen und
ihre Habgier ausließ ; dennoch vertraute ihm unbedenklich und fchäfte den 101
Schon
die
Johann
Soldaten in ihm
in Brandenburg hatten
Georg
hoch. hiltaient
ihn feine Feinde eines
Heimlichen Einverſtändniſſes mit Frankreich beſchuldigt, ohne daß fich dafür der mindeſte Beweis aufbringen Gerüchte
regten
ſich
auch jeßt wieder.
ließ ; folche
Daß Schöning den
Anſchluß Sachfens an die öſterreichiſche Politik nicht billigte, iſt gewiß , vielleicht lag Dem neigung gegen
auch nur eine perſönliche Ab
das Kaiſerhaus, daß ihn
ſeiner Meinung nach
für die Erſtürmung Ofens nicht genügend belohnt und aus gezeichnet hatte , zu Grunde; überdies war er ehrgeizig und ſtrebte nach dem
Verdienſte, eine Macht zu errichten , die zwi
fidhen Frankreich und Deſterreich, gegen beide gerichtet, daſtände; deshalb
ſcheiterten alle Verſuche des Kaiſers, der feinen
fluß auf Johann Georg fürchtete , ihn für ſich zu man joli ihm
fogar den Reichsfürſtenſtand angeboten und er
ihn zurückgewieſen haben adni 19
Ein
gewinnen ;
semper gli altresla thun
Hannover, das ſchon lange nach der Kurwürde ſtrebte,
hatte auf Veranlaſſung ſeines ſchlauen Geheimen Rathes und Kammerpräſidenten
Baron Otto von Grote den Plan ent
worfen , ſich durch
falſches
bedienen . Dresden
Im
Anfange des
geſchi & t und
Spiel Schönings als Mittel zu Jahres 1692 wurde Grote nach
begann mit Schöningt eine geheime
Unterhandlung über eine Verbindung Sachfens und Hanno
94
-
vers in dem
Sinne, wie dieſer ſie ſchon längſt in Gedanken
hatte; mit Freuden ging er darauf ein undi wußte auch die Einwilligung des Kurfürſten zu erlangen , worauf Kurſachſen feine Truppen aus dem
Feldzuge gegen Frankreich am
Rhein
bis auf das Reichskontingent, das es dort ſtehen zu laſſen verpflichtet war, zurückzug .
Mehr hatte Grote nicht erlan
gen wollen ; er begab fich ſogleich nach Wien , entdeckte dort den ganzen Plan und drohte, daß ſich dieſes Bündniß
ver
wirklichen würde, wenn der Kaiſer Hannover nicht die Kur würde ertheilen wollte.
Dies geſchah, Hannover zog ſich von
der Allianz mit Sachſen zurück , und Schöning hatte außer dem
Unwillen , ſeinen
Lieblingsplan
vereitelt zu ſehen , auch
noch die ganze kaiſerliche Ungnade zu tragen , die ihn dings
unter dem
erreichen konnte.
1.1
Schuße ſeines Landesherrn io
ti
bu
11
verſchlimmerte ſeine Leiden
gewarnt würde, reiſte er im Teplig zu ſeiner Kur.
ero Podagra , der
noch , und obgleich er
Mai deſſelben Jahres noch nach
Er war aber nicht lange
ihn ein Detaſchement von
dort, als
200 kaiſerlichen Soldaten in einer
Nacht überfiel und troß ſeines Widerſtandes in einem fortführte.
aller
ſtrafend
glad
Der Generalfeldmarſchall litt ſchwer am
Verdruß
nicht
Wagen
Man behauptete, die Neitſchüße hätten zu dieſer
Neußerungen
Schönings
.
harten und nicht ganz rechtmäßigen Maßnahme des Kaiſers auch Veranlaſſung gegeben , indem
ſie barte und fpöttiſche
über ſeine Perſon
ihm
zu
Ohren
119 Schöning wurde nach Prag und dann auf den
Spiel
gebracht hätten . 1
berg gebracht; die Verbindung mit
Frankreich , die ihmi-zur
Laſt gelegt wurde, ließ fich nicht erweiſen ,' er war wohl auch ganz unſchuldig in dieſer Beziehung aber der Staifer gedachte,
ſeinen
feindlichen
Ginfluß auf den Kurfürſten von
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Sachſen ifürchtend, nicht, ihn wieder irzu
diefem
zurückkehren
zu laſſen . Johann Georg war empört" über die feinem und erſten
Rathgeber angethane Gewalt; er
Bieblinge
trat in
ſeiner
Beſchwerdeifehr energiſch dagegen auf, ebenſo auf dem Reiches tage zu
Regensburg , erlangte aber nicht Schönings Frei=
faffung ; man drohte ihm
ſogar mit dem
gegen Schöning , wenn er fich
dem
härteſten Verfahren
kaiſerlichen Hauſe nicht
wieder enger lanſchließen werde. Inzwiſchen
hatte die Generalin
die Erhebung ihrer Tochter noch voller geworden , den verdrängen
von
Neitſchüß, durch
ehrgeiziger und anſpruchs
Plan gemacht, die Kurfürſtin
ganz zu
oder eine öffentliche Doppelebe. Johann
mit Sibylla zu
Stande zu
bringen .
Georgs
Während , wohl mit
Uebereinſtimmung des Kurfürſten , Schriften unter das Volt geſtreut wurden , die beweiſen unter Umſtänden nehmen ,
ſollten , daß es einem
erlaubt: fei ,
fich
zwei
beſonders eine Schrift in
fogenannten
L. Icimander unter dem
Fürſten
Gemahlinnen
Verſen
von
zu
einem
Titel : „ Liebe zwiſchen
Prins Herzmuthen , Pringen in Albinien , und Fräulein Theo nilden , oder drey Fürſten
in
Reimſchafften , worinne die Eheonilde dem
Albinien ihre Liebe anträgt , der Durchlauchtigſte
Prins Herzmuth auf geſchehenen Vortrag an ſeine Gemahlin eingehet und die Durchlauchtigſte Prinßeffin Patientia Vick trip diesfalß
felbft entſchuldigt,
wobey zugleich von der
Frage : Ob das viele Weibernehmen zu geſtatten ? gehandelt wird."
während man
folche Frage ſelbſt philoſophiſchem
Gutachten vorlegte, brachte eis die Generalin dahin , daß der Kurfürſt bei dem
Kaiſer um
Erhebung ihrer Tochter in
den
Meichsfürſtenſtand einfommen folle. , , 3031 Zu dieſem
Zwecke, indeffen
unter dem
Vorwande, daß
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es fich hauptſächlich um
Schönings Befreiung handle, wurde
der Schwager der Gräfin von Rochliß, der Hof- und Juſtiz rath Wolfgang Dietrich
von Beichling , nach Wien geſchict;
obgleich 'er aber ein verſchlagener und gewandter Mann war, erreichte er die beiden Zwecke, die ihn dorthin führten , doch der Kaiſer Leopold wollte Nichts davon hören ;
nicht, denn
der Tod Sybillas und des Kurfürſten brach übrigens Unterhandlungen ab . i
*
Dit ng PITEST
dieſe
tomato
Was Schöning anbetrifft, ſo wurde ihm (1694 ) erlaubt, fich nach Wien zu begeben , doch durfte ser fich von dort nicht entfernen ;
erft
worauf ihm
Friedrich
Auguſt
bewirkte feine Befreiung,
der Kaiſer ſelbſt: eine Audienz ertheilte , bei der
er ihm
feiner Kränklichkeit wegen
und im
Auguſt deſfelben
ſogar zu fißen
erlaubte,
Jahres kehrte er wieder nach Dres:
den zurück, erhielt feine alten
Titel wieder, nahm
aber nicht
mehr an den Regierungsgeſchäften Theil und ſtarb zwei Jahre ſpäter.
Den vorzüglichſten Einfluß auf ſeine Befreiung foll
die Beſtechung der kaiſerlichen Miniſter durch ſeine Schwieger tochter, eine Frau von Rechenberg, gehabt haben . Schon am
20. Februar 1693 war von dem
kaiſerlichen
Geheimen Rath und Obriften -Burggrafen von Böhmen , Graf Adolph Vratislaus von mit dem
Sternberg im
Namen
des
Kaiſers
Kurfürſten ein Vertrag abgeſchloſſen worden , wonach
Sachſen 12,000 Mann Truppen gegen 400,000 Thaler Hülfs gelder zum
Frühjahr in das Feld ſtellen folte; Johann Georg
hatte ihn hauptſächlich unterzeichnet, um von
Rochlig
in Betreff der Gräfin
feine Wünſche erfüllt zu ſehen und Schönings
Entlaſſung zu erhalten , hatte ſich aber beides nicht zur auga drüdlichen Bedingung gemacht. Demgemäß rüdte er im an
Juni mit ſeinen
Truppen felbft
den Rhein , wo Prinz. Ludwig von Baden als kaiſerlicher
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Obergeneral die Armee kommandirte, focht bei Zwingenberg und
im
Heidelberg
von
Lager
half
und
die
Franzoſen
zurüdtreiben . Die Gräfin gemacht,
von
obgleich
fie
Rodhlig
hatte
fich
den
in
dieſen legten
Feldzug mit Monaten
ihrer
Schwangerſchaft befand; in Frankfurt wurde ſie von einer Tochter enthunden , tauft wurde. Seitdem
Jahres zu
Dresden
4. April.
von den
Der Kurfürſt, der fie demnach
haben muß , wich nicht von falt und
Friederike
ge
kränkelte fte fortwährend und wurde im März
des- folgenden befallen .
die Wilhelmine Marie
ärztlichen
ihrem
Bemühungen
Kinderblattern
aufrichtig geliebt
Lager , aber aller Sorg ungeachtet
ſtarb
fie
am
Der Kurfürſt war außer fich vor Schmerz und
fiel in eine tiefe Melancholie, die ihn nicht wieder verließ . Zunächſt ließ er der Leiche liche Ehren
zu
ſeiner Geliebten wahrhaft fürſt
Theil werden ; ſie wurde mit großer Pracht
vier Tage lang öffentlich ausgeſtellt, der ganze Hof mußte Trauerkleider anlegen , und bei dem Leichenbegängniffe am 12. April
wurde
Chaine für den
ſelbſt die
feierlicheu
Bürgerſchaft aufgeboten , eine
Zug zu ziehen .
in der furfürſtlichen Gruft hinter dem
Die Leiche wurde
Altare der Sophien
kirche beigefegt . Die Grabſchrift , die Johann Georg ſelbſt für ſie machte, lautete : „ Hier ruhet in Gott die
hoch
Frau , Frau Magdalena Sibylla , des Reichs Gräfin
und wohlgeborene heiligen
von Rochliß, welche Einem
bunden , eine allzeit
Römiſchen
Manne ver
treue, Eines Kindes Mutter , Ihres
Fürſten Unterthanin , auch Ihm Bertraute Gefdichte. Sadſen. 1. Bb.
doch gleich war, indem 7
98
-
{ an
Modal
1.Sie von ihm
ehelich geliebet wurde.
Weil ſie nun jung
Fahren , audy angenehmer Geſtalt, alſo war Sie mit
anſtändigen Sitten und mit Tugenden begabet, in Summa